Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 11. Sept. 2015 - 3 S 411/15

bei uns veröffentlicht am11.09.2015

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 6. Februar 2015 - 2 K 1060/14 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung eines Bauantrags und die damit verbundene Erhebung von Verwaltungsgebühren durch den Beklagten.
Der Kläger erwarb eine durch Auflassungsvormerkung gesicherte Option, bis zum 27.9.2013 ein im Eigentum eines Dritten stehendes, auf der Gemarkung Ortenberg gelegenes Grundstück erwerben zu können. Dieses Grundstück liegt im Geltungsbereich des „Teilbebauungsplans für das Baugebiet Gewann Lindle“ der Gemeinde Ortenberg aus dem Jahr 1957.
Am 10.6.2013 beantragte der Kläger beim Landratsamt Ortenaukreis die Erteilung einer Baugenehmigung zum Abbruch des auf dem betreffenden Grundstück vorhandenen Wohnhauses mit Schuppen und Garage und einer - nach Angaben des Klägers - überbauten Grundfläche von 165 m2 sowie zum Neubau eines Fünffamilienhauses mit einer überbauten Grundfläche einschließlich Nebenanlagen von 311 m2. Die zum Bauantrag angehörten Angrenzer erhoben Einwendungen gegen das Bauvorhaben, insbesondere gegen die damit verbundene Grundflächenausnutzung.
Der Gemeinderat der Gemeinde Ortenberg beschloss in seiner Sitzung vom 15.7.2013 die Aufstellung des Bebauungsplans „Lindle 2013“ für ein auch das Baugrundstück umfassendes Plangebiet. Ziel der Planung solle „die Sicherstellung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung mit einer sich in die Umgebung einfügenden Innenbereichsbebauung“ sein. Gleichzeitig beschloss der Gemeinderat zur Sicherung dieser Planung eine Veränderungssperre. Sowohl der Aufstellungsbeschluss als auch die Satzung über die Veränderungssperre wurden im Amtsblatt der Gemeinde vom 19.7.2013 bekannt gemacht.
Mit Schreiben vom 16.7.2013 verweigerte die Gemeinde Ortenberg ihr Einvernehmen zum Bauvorhaben des Klägers.
Daraufhin lehnte das Landratsamt mit Bescheid vom 11.9.2013 den Bauantrag des Klägers ab (Nr. 1 des Tenors des Bescheids) und setzte für diese Entscheidung gegenüber dem Kläger eine Gebühr in Höhe von 192 EUR fest (Nr. 2 des Tenors). Zur Begründung verwies das Landratsamt auf die Veränderungssperre und darauf, dass der Gemeinderat der Gemeinde sich bislang mit der Erteilung einer Ausnahme von der Veränderungssperre nicht befasst habe.
Mit Schreiben vom 25.9.2013 erhob der Kläger unter Hinweis auf die Unwirksamkeit der Veränderungssperre und die Genehmigungsfähigkeit seines Vorhabens im Übrigen Widerspruch. Dieser wurde mit Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 24.3.2014 unter Festsetzung einer Gebühr von 380 EUR zurückgewiesen. Zur Begründung wies das Regierungspräsidium im Wesentlichen darauf hin, die Veränderungssperre beziehe sich auf einen hinreichend konkreten Aufstellungsbeschluss, könne nicht als reine Verhinderungsplanung angesehen werden und sei daher wirksam.
Am 25.4.2014 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Freiburg erhoben und beantragt, Bescheid und Widerspruchsbescheid aufzuheben sowie festzustellen, dass das Landratsamt verpflichtet gewesen sei, ihm die beantragte Baugenehmigung zu erteilen. Zur Begründung hat er vorgetragen, sein Bauantrag habe sich unmittelbar vor Klageerhebung erledigt, da nicht nur die bis zum 27.9.2013 befristete Erwerbsoption ausgelaufen sei, sondern der bisherige Grundstückseigentümer das Grundstück an einen anderen übereignet habe. Ihm stünden gegenüber dem Beklagten und der Gemeinde Ortenberg Schadenersatzansprüche zu, da die Veränderungssperre als reine Verhinderungsplanung nichtig sei und deshalb die Baugenehmigung zu erteilen gewesen wäre. Diese Ansprüche wolle er in einem nachfolgenden Zivilprozess geltend machen. Anders als sein Bauantrag hätten sich der ablehnende Bescheid und der Widerspruchsbescheid auch nicht erledigt, da er durch die ihm in diesen Bescheiden auferlegten Verwaltungsgebühren belastet bleibe.
Mit Urteil vom 30.1.2015 hat das Verwaltungsgericht die Klage des Klägers insgesamt abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Fortsetzungsfeststellungsantrag des Klägers sei unzulässig. Zwar habe sich sein ursprünglich verfolgtes Verpflichtungsbegehren erledigt, doch fehle es an einem berechtigten Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung des Bestehens eines Anspruchs auf Erteilung einer Baugenehmigung. Da die Verwaltungsgerichte - wie sich aus dem Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO und dem systematischen Zusammenhang mit § 42 VwGO ergebe - nur ausnahmsweise für die Überprüfung erledigter Verwaltungsakte in Anspruch genommen werden könnten, müsse dieses berechtigte Interesse an einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme immer über das bloße Interesse des Klägers an der Klärung der Rechtswidrigkeit der Verfügung hinausgehen. An einem solchen besonderen Interesse fehle es hier. Weder sei mit einer Wiederholungsgefahr hinsichtlich desselben Bauvorhabens zu rechnen, noch reiche die Absicht aus, Schadenersatzansprüche gegen den Beklagten und die Gemeinde geltend machen zu wollen. Da sich das Verpflichtungsbegehren des Klägers vor Klageerhebung erledigt habe, könne er Schadenersatzansprüche sogleich bei den Zivilgerichten geltend machen. Den Verlust von Früchten des Verwaltungsprozesses habe er nicht zu befürchten.
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Die isolierte Anfechtung von Nr. 1 des Bescheids des Landratsamts sei unzulässig, da anderenfalls die dargelegten Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgangen würden. Die Anfechtung von Nr. 2 des Bescheids des Landratsamts - der Verwaltungsgebühr - sowie der Gebührenfestsetzung im Widerspruchsbescheid sei zwar zulässig, aber unbegründet. Argumente gegen die Höhe dieser Gebühren seien weder vorgebracht, noch sonst erkennbar. Die Frage der Rechtmäßigkeit der diesen Gebühren zugrunde liegenden Amtshandlungen (Ablehnung des Bauantrags, Ablehnung des Widerspruchs) könne bei einer isolierten Anfechtung der Gebührenbescheide nicht überprüft werden.
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Gegen das ihm am 23.2.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 6.3.2015 - die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene - Berufung eingelegt und begründet. Er trägt vor, aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts lasse sich nicht hinreichend erkennen, in welchem Umfang die Berufung beschränkt worden sei. Jedenfalls die Klage gegen die Festsetzung der Verwaltungsgebühren in Bescheid und Widerspruchsbescheid müsse Gegenstand der zugelassenen Berufung sein. Diese Klage, die er mit seinem Hauptantrag verfolge, sei auch zulässig und begründet. Denn den Bestimmungen des Landesgebührengesetzes lasse sich entnehmen, dass Verwaltungsgebühren nur für rechtmäßige Amtshandlungen erhoben werden könnten. Die Ablehnung seines Bauantrags und die Zurückweisung seines Widerspruchs hätten aber nicht dem Gesetz entsprochen. Denn die Veränderungssperre der Gemeinde Ortenberg sei unwirksam und sein Vorhaben habe sich in die Eigenart der näheren Umgebung eingefügt. Sei es nicht möglich, im Rahmen einer Anfechtung der Gebühren die Rechtmäßigkeit der Ablehnung seines Bauantrags zu überprüfen, beantrage er hilfsweise die Feststellung, dass das Landratsamt zur Erteilung der beantragten Baugenehmigung verpflichtet gewesen sei.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 6.2.2015 abzuändern und die Festsetzung der Verwaltungsgebühr im Bescheid des Landratsamts Ortenaukreis vom 11.9.2013 sowie die Festsetzung der Gebühr im Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 24.3.2014 aufzuheben,
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hilfsweise,
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unter Aufhebung des Bescheids des Landratsamts Ortenaukreis vom 11.9.2013 sowie des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 24.3.2014 festzustellen, dass das Landratsamt verpflichtet war, die am 10.6.2013 beantragte Baugenehmigung zur Errichtung eines Mehrfamilienwohnhauses auf dem Grundstück ......... in Ortenberg zu erteilen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er erwidert, das Verwaltungsgericht habe die Berufung nur insoweit zugelassen, als der Kläger die Ablehnung der Erteilung der Baugenehmigung isoliert angefochten habe. Für eine solche isolierte Anfechtung bestehe aber kein Rechtsschutzbedürfnis, auch nicht im Blick auf die festgesetzten Verwaltungsgebühren. Denn die Festsetzung von Verwaltungsgebühren erfordere nur die Wirksamkeit der gebührenpflichtigen Handlung, nicht aber deren Rechtmäßigkeit oder Bestandskraft. Ungeachtet dessen seien die Ablehnung des Bauantrags und somit auch die Zurückweisung des Widerspruchs in Übereinstimmung mit dem Gesetz erfolgt, da die Veränderungssperre der Gemeinde Ortenberg wirksam sei.
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Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
20 
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf die Verwaltungsakten des Landratsamts und des Regierungspräsidiums sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
21 
Der Senat entscheidet gemäß § 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
A.
22 
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Dem Tenor des angefochtenen Urteils lässt sich keine Beschränkung der Zulassung der Berufung entnehmen. Zwar kann sich eine Zulassungsbeschränkung auch aus den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils ergeben (vgl. etwa Bay. VGH, Beschl. v. 12.7.2010 - 14 BV 09.1792 - juris; Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 124a Rn. 4; Meyer-Ladewig/Rudisile, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand März 2015, § 124a Rn. 9). Das setzt aber sowohl eine eindeutige Erkennbarkeit der erfolgten Beschränkung als auch eine hinreichende Teilbarkeit der Streitgegenstände voraus (vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 21.12.2004 - 1 B 68.04 - juris). An beidem fehlt es im vorliegenden Fall.
23 
Auf Seite 10 des Urteilsabdrucks hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, „die Zulassung der Berufung beruht auf § 124 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die Sache hat insoweit grundsätzliche Bedeutung, als in der bundes- und oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung nicht geklärt ist, inwieweit im Fall der Erledigung eines Verpflichtungsbegehrens ein Rechtsschutzbedürfnis für eine isolierte Anfechtung der Ablehnungsentscheidung und dem Gesichtspunkt der gleichzeitigen Belastung mit einer Gebührenfestsetzung begründet werden kann“. Bereits diese Formulierungen legen es nahe, dass das Verwaltungsgericht nur zur Begründung der von ihm angenommenen grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache auf einen bestimmten Aspekt abstellen, nicht aber die Zulassung der Berufung insoweit beschränken wollte. Hinzu kommt, dass die Streitgegenstände des vorliegenden Verfahrens (Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Genehmigungserteilung, Rechtmäßigkeit der Verwaltungsgebühren für die Ablehnungsentscheidung/Wider-spruchsentscheidung) im Hinblick auf die vom Verwaltungsgericht genannte Problematik miteinander verschränkt sind, worauf auch der Klägervertreter zutreffend hingewiesen hat.
B.
24 
Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Der mit der Berufung verfolgte Hauptantrag des Klägers, die Festsetzung der Verwaltungsgebühren im Ausgangs- und Widerspruchsbescheid aufzuheben, ist zulässig, aber unbegründet (dazu I.). Daher hat der Senat über den Hilfsantrag zu entscheiden, der jedenfalls in der Sache ohne Erfolg bleibt (II.).
I.
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Die Anfechtungsklage gegen die Festsetzung von Verwaltungsgebühren in Ausgangs- und Widerspruchsbescheid ist zulässig, aber unbegründet.
26 
1. Die Festsetzung einer Verwaltungsgebühr im Ablehnungsbescheid des Landratsamts vom 11.9.2013 ist ein belastender Verwaltungsakt, der sich noch nicht erledigt hat, so dass gegen ihn die Erhebung einer Anfechtungsklage statthaft ist. Das Verwaltungsgericht ist weiter davon ausgegangen, dass der Kläger in erster Instanz sein Begehren auch ausdrücklich gegen die Gebühr im Widerspruchsbescheid gerichtet hat, die damit nach § 79 Abs. 1 Nr. 2 VwGO zulässiger weiterer Gegenstand seiner Klage ist. Sonstige Zulässigkeitshindernisse sind nicht erkennbar. Insbesondere lässt § 24 Satz 1 LGebG eine selbständige Anfechtung von Verwaltungsgebühren zu.
27 
2. Die zulässige Klage dringt in der Sache nicht durch. Die festgesetzten Gebühren sind rechtmäßig und können daher den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
28 
a) Rechtsgrundlage für die Festsetzung der Gebühr im Bescheid vom 11.9.2013 ist die auf § 4 Abs. 3 LGebG gestützte Verordnung des Landratsamts über die Erhebung von Gebühren für die Wahrnehmung von Aufgaben als untere Verwaltungsbehörde und untere Baurechtsbehörde i.d.F.v. 21.3.2011. Nach Nr. 10.01.01.01 des dazugehörigen Gebührenverzeichnisses setzt das Landratsamt für die Ablehnung eines Bauantrags eine Gebühr innerhalb eines bestimmten Rahmens fest. Rechtsgrundlage für die Festsetzung der Gebühr im Widerspruchsbescheid durch das Regierungspräsidium ist die auf § 4 Abs. 2 LGebG gestützte Verordnung des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur über die Festsetzung der Gebührensätze für öffentliche Leistungen der staatlichen Behörden für den Geschäftsbereich des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur (GebVO MVI) i.d.F.v. 7.12.2012. Nach Nr. 7.1 des angefügten Gebührenverzeichnisses wird für die Zurückweisung eines Rechtsbehelfs eine Gebühr innerhalb eines bestimmten Rahmens erhoben.
29 
b) Gegen die Höhe beider Gebühren bestehen keine Bedenken. Insoweit wendet auch der Kläger nichts ein.
30 
c) Der Kläger macht jedoch geltend, da beide Gebührenverzeichnisse auf „die Ablehnung“ des Bauantrags bzw. „die Zurückweisung“ des Widerspruchs abstellten und nicht nur auf die Bearbeitung von Bauantrag oder Widerspruch, hätten beide Gebühren in seinem Fall nicht festgesetzt werden dürfen, da er bis zur Veräußerung des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks an einen Dritten einen Anspruch auf Erteilung der von ihm beantragten Baugenehmigung gehabt habe. Dieser Auffassung begegnen mehrere Bedenken:
31 
aa) In Rechtsprechung und Literatur ist es umstritten, ob es für die Rechtmäßigkeit der Festsetzung einer Verwaltungsgebühr überhaupt auf die Rechtmäßigkeit der zugrundeliegenden Amtshandlung bzw. des Grundverwaltungsakts ankommt. Die Beantwortung dieser Frage richtet sich nach Landesrecht (BVerwG, Urt. v. 15.11.1990 - 3 C 49.87 - NVwZ 1991, 570). Dem Landesgebührengesetz Baden-Württembergs lässt sich nach Auffassung des Senats eine eindeutige Antwort hierzu nicht entnehmen, auch nicht den vom Kläger zitierten §§ 1, 5 und 7 LGebG. Teilweise wird vertreten, eine Gebühr, die bei richtiger Sachbehandlung nicht entstanden wäre, könne auch nicht erhoben werden (so etwa Schlabach, Aktuelle Rechtsprechung der baden-württembergischen Verwaltungsgerichte zu den Verwaltungsgebühren, VBlBW 2010, 104, 107; Faiß, Kommunalabgabenrecht in Bad.-Württ., Stand April 2015, § 11 Rn. 3 wohl auch für den Fall, dass der Grundverwaltungsakt unanfechtbar geworden ist). Stattdessen könnte aber nur auf die Wirksamkeit oder die Vornahme der Amtshandlung abgestellt werden (so im Ergebnis VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.3.2005 - 5 S 2421/03 - VBlBW 2005, 391 die Festsetzung einer Gebühr im Ausgangsbescheid; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 25.7.1996 - 8 S 1127/96 - NVwZ-RR 1997, 44 jedenfalls für die Festsetzung einer Gebühr für den Erlass des Widerspruchsbescheids).
32 
bb) Ebenso umstritten ist, wie dem Fortbestand der Belastung des Klägers durch die Verwaltungsgebühren nach Wegfall seines Interesses an der Erteilung des von ihm begehrten begünstigenden Verwaltungsakts im Rahmen einer Anfechtung der Gebühren Rechnung getragen werden kann.
33 
(1) Nach Ansicht des Senats spricht Vieles für die vom Verwaltungsgericht angenommene Lösung, wonach eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der der Gebühr zugrundeliegende Amtshandlung (hier der Versagung der Erteilung der vom Kläger beantragten Baugenehmigung) im Verwaltungsrechtsweg nach Erledigung des Verpflichtungsbegehrens (oder auch eines Anfechtungsbegehrens gegen einen belastenden Grundverwaltungsakt) keiner Überprüfung mehr zugänglich ist (so Lascho, Die Erledigung des Verwaltungsakts als materiell-rechtliches und verwaltungsprozessuales Problem, S. 239; Ule, Verwaltungsprozessrecht, 9. Aufl., S. 257). Diese Auffassung stellt den Kläger nicht rechtsschutzlos, da er im Rahmen eines unmittelbar in der ordentlichen Gerichtsbarkeit zu verfolgenden Schadenersatzbegehrens auch zu Unrecht erhobene Gebühren als Schaden geltend machen kann. Zu berücksichtigen ist außerdem, dass der Kläger im Falle einer Erteilung der von ihm begehrten Baugenehmigung eine um das Vielfache höhere Gebühr hätte entrichten müssen (vgl. Nr. 52.10.02.01 des Gebührenverzeichnisses der Gebührenverordnung des Landratsamts).
34 
(2) Denkbar wäre auch, dass die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der der Gebühr zugrundeliegenden Amtshandlung jedenfalls im Rahmen einer Anfechtungsklage deswegen nicht erreicht werden kann, weil dem Kläger dazu die Fortsetzungsfeststellungsklage offensteht. Der Senat geht mit dem Verwaltungsgericht und beiden Beteiligten davon aus, dass sich das Verpflichtungsbegehren des Klägers unmittelbar vor Klageerhebung erledigt hat. Ein Verpflichtungsbegehren ist i. S. des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erledigt, wenn es aus dem Kläger nicht zurechenbaren Gründen unzulässig oder unbegründet geworden ist, also das Rechtsschutzziel aus Gründen, die nicht in der Einflusssphäre des Klägers liegen, nicht mehr zu erlangen ist, weil es entweder außerhalb des Prozesses erreicht wurde oder überhaupt nicht mehr erreicht werden kann (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.6.2012 - 8 S 2245/10 - VBlBW 2013, 140 juris Rn. 24; Bay. VGH, Beschl. v. 30.9.2014 - 20 ZB 11.1890 - juris Rn. 21; ähnlich Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand März 2015, § 113 Rn. 65). Das war hier deswegen der Fall, weil unmittelbar vor Klageerhebung manifest geworden ist, dass der Klägers das Grundstück, für das er die Erteilung einer Baugenehmigung begehrt hat, wegen der Veräußerung an einen Dritten auf absehbare Zeit nicht erwerben und bebauen kann. Eine Auftrennung in eine Erledigung des Verpflichtungsbegehrens einerseits und eine fehlende Erledigung der Ablehnungsentscheidung als solcher andererseits ist nicht möglich, da mit einem Verpflichtungsantrag regelmäßig nur ein behaupteter Anspruch durchgesetzt werden soll (so auch Lascho, Die Erledigung des Verwaltungsakts als materiell-rechtliches und verwaltungsprozessuales Problem, S. 209).
35 
Das für eine Fortsetzungsfeststellungsklage ferner notwendige besondere Feststellungsinteresse könnte mit dem Fortwirken der Verwaltungsgebührenentscheidung begründet werden. Die in der Rechtsprechung entwickelten Fallgruppen für die Bejahung des besonderen Feststellungsinteresses sind jedenfalls nicht abschließend (Wolff, in: Nomos-Komm. zur VwGO, 4. Aufl. 2014, § 113 Rn. 284; Gerhardt, a.a.O., § 113 Rn. 94). Gegen die Bejahung eines besonderen Feststellungsinteresses allein durch eine Belastung mit Verwaltungsgebühren spricht allerdings, dass mit der weit überwiegenden Anzahl von belastenden Verwaltungsakten ebenso wie der Ablehnung von beantragten begünstigen Verwaltungsakten die Festsetzung von Verwaltungsgebühren einhergeht, so dass in nahezu allen Fällen trotz einer Erledigung des Begehrens in der Hauptsache eine Feststellung zum Erledigten erlangt werden könnte. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO wäre dann überflüssig, weil eine Überprüfung erledigter Verwaltungsakte (oder erledigter Begehren auf deren Erlass) nahezu immer erreicht werden könnte.
36 
(3) In Betracht kommt schließlich auch, nach Erledigung des Verpflichtungsbegehrens im Rahmen der Anfechtung der Verwaltungsgebühren die Rechtmäßigkeit der Amtshandlung, die der Festsetzung der Verwaltungsgebühr zugrunde liegt, nur noch nach dem Maßstab des § 161 Abs. 2 VwGO summarisch zu überprüfen (so Bay. VGH, Beschl. v. 18.10.1993 - 24 B 93.92 - NVwZ RR 1994, 548 für den Fall der Erledigung einer Anfechtungsklage gegen eine belastende Grundverfügung; Szechenyi, Das Verhältnis von Grundverwaltungsakt und Kostenentscheidung, BayVBl 2013, 9, 11). Denn dieser Maßstab gilt auch dann, wenn die Beteiligten einen Rechtsstreit - in der Regel auf Grund einer eingetretenen Erledigung - übereinstimmend für erledigt erklären.
37 
d) Welcher der unter aa) und bb) genannten Lösungsansätze zutreffend ist, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, da der Bauantrag des Klägers zu Recht abgelehnt worden ist. Das Landratsamt und das Regierungspräsidium haben zutreffend angenommen, dass § 3 Nr. 1 der Veränderungssperre der Gemeinde Ortenberg für das Gebiet „Lindle 2013“ der Erteilung der beantragten Baugenehmigung entgegengestanden hat. Die gegen die Wirksamkeit der Veränderungssperre erhobenen Argumente des Klägers greifen nicht durch.
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aa) Eine Gemeinde kann gemäß § 14 Abs. 1 BauGB zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre beschließen mit dem Inhalt, dass Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen (Nr. 1) bzw. erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen (Nr. 2), sobald der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist. Auf Grund des vom Gemeinderat der Gemeinde Ortenberg am 15.7.2015 erlassenen Aufstellungsbeschlusses für den Bebauungsplan „Lindle 2013“ konnte mithin am 15.7.2015 auch die angegriffene Veränderungssperre beschlossen werden.
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bb) Die Veränderungssperre liegt eine hinreichend konkretisierte Planungsvorstellung der Gemeinde Ortenberg zugrunde.
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Eine Veränderungssperre darf erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Wesentlich ist dabei, dass die Gemeinde bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt hat. Das Mindestmaß an planerischen Vorstellungen, die vorliegen müssen, um eine Veränderungssperre zu rechtfertigen, muss - gewissermaßen als inhaltlicher Kontrollmaßstab des Konkretisierungsgebots - zugleich geeignet sein, die Entscheidung der Genehmigungsbehörde zu steuern, wenn sie über die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung zu befinden hat (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 1 BauGB mit Blick auf den praktisch wichtigsten öffentliche Belang, nämlich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung). Diese Vorstellungen können sich nicht nur aus Niederschriften über die Gemeinderatssitzung, sondern auch aus allen anderen erkennbaren Unterlagen und Umständen ergeben. Hierzu kann beispielsweise auch die anderen Akten zu entnehmende oder bekannte Vorgeschichte gehören. Soll mit dem in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan (auch) die Art der baulichen Nutzung gesteuert werden, ist der Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans noch offen, wenn Vorstellungen über die angestrebte Art der baulichen Nutzung fehlen (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.12.2013 - 4 BN 18.13 - BRS 81 Nr. 130; Urt. des Senats v. 18.3.2015 - 3 S 601/14 - juris).
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Für den Erlass einer Veränderungssperre ist jedoch keine Planreife erforderlich. Es reicht aus, wenn absehbar ist, dass sich das von einer hinreichend konkreten positiven Konzeption getragene Planziel im Wege bauplanerischer Festsetzungen überhaupt erreichen lässt; die Auswahl der Mittel zur Realisierung des Planziels ist hingegen typischerweise Aufgabe der im Bebauungsplanverfahren vorzunehmenden planerischen Abwägung (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.9.2007 - 8 S 1584/06 - VBlBW 2008, 143; Urt. v. 24.11.2005 - 8 S 794/05 - VBlBW 2006, 275).
42 
Unter Anwendung dieser Grundsätze ist die in Rede stehende Veränderungssperre nicht zu beanstanden. Nach dem ihr zugrunde liegenden Entwurf des Bebauungsplans „Lindle 2013“ soll ein Gebiet überplant werden, in dem vorwiegend Wohnbebauung vorhanden ist sowie am südlichen Rand das Gebäude einer Winzergenossenschaft. Für dieses Gebiet gilt bislang der auf Grundlage des Badischen Aufbaugesetzes vom 25.1.1949 (Bad. GVBl. 1950, 29 - BadAufbauG -) erlassene „Teilbebauungsplan für das Baugebiet Gewann Lindle“ der Gemeinde Ortenberg aus dem Jahr 1957 als übergeleiteter Bebauungsplan (vgl. § 173 Abs. 3 BauGB 1960). Er besteht, § 8 BadAufbauG entsprechend, aus drei Bestandteilen: einem Baufluchtenplan, der Baugrenzen und Baulinien festsetzt, einem Gestaltungsplan, der die Anzahl der Vollgeschosse regelt, sowie der „Polizeiverordnung über Bebauungsvorschriften“ (im Folgenden PolV). Die Polizeiverordnung ist auf §§ 10 ff. PolG 1955 gestützt und enthält auch Reglungen zur Art der baulichen Nutzung (vgl. § 2 Abs. 1 PolV, wonach im Baugebiet „nur Gebäude erstellt werden dürfen, die ausschließlich zum Wohnen bestimmt sind. Einzelne gewerbliche und landwirtschaftliche Betriebe können zugelassen werden, soweit sich diese mit dem Charakter des Wohngebiets vereinbaren lassen“) und zur überbaubaren Grundstücksfläche (vgl. § 3 PolV, „die Überbauung eines Grundstücks darf nicht mehr als 30 % der Grundstücksfläche betragen“).
43 
Nach § 18 Abs. 1 PolG 1955 traten solche Polizeiverordnungen allerdings spätestens 20 Jahre nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft. Das galt auch für nach § 173 Abs. 3 BBauGB 1960 als Bebauungspläne übergeleitete baupolizeiliche Vorschriften (Urt. des Senats v. 12.3.2008 - 3 S 2588/06 - VBlBW 2009, 17; Urt. v. 22.10.1993 - 8 S 3087/92 - VBlBW 1994, 280). Die Wirksamkeit von Baufluchtenplan und Gestaltungsplan bleibt davon unberührt (vgl. nochmals Urt. des Senats vom 12.3.2008, a.a.O.). Somit sind derzeit im Geltungsbereich der Veränderungssperre nur noch Baugrenzen, Baulinien und die Anzahl der Vollgeschosse festgesetzt. Ein erheblicher Teil der dem Planungswillen der Gemeinde entsprechenden Festsetzungen, die die Grundstückseigentümer im Plangebiet bislang beachtet haben, ist dagegen außer Kraft getreten. Nur noch ein „Plantorso“ besteht fort.
44 
Zur Erläuterung der aktuell verfolgten Planung führt die Begründung zum Entwurf des Bebauungsplans „Lindle 2013“ aus: „Anlass, Ziel und Zweck der Planung ist die Sicherstellung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung mit einer sich in die Umgebung einfügenden Innenbereichsbebauung“. Damit ist die Planung der Gemeinde Ortenberg darauf gerichtet, die im Plangebiet auf Grund der vormals gültigen Baupolizeiverordnung realisierte Art der baulichen Nutzung (vgl. nochmals § 2 PolV) und der erheblich beschränkten Grundflächenausnutzung (§ 3 PolV) erneut in vergleichbarer Weise festzusetzen („in die Umgebung einfügende Bebauung“). Zum Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre stand somit nicht nur der planerische Ausgangspunkt für begrenzende Regelungen zum Maß der baulichen Nutzung innerhalb ihres Geltungsbereichs fest. Noch hinreichend konkretisiert war auch die angestrebte Art der baulichen Nutzung innerhalb des Plangebiets, auf die es im Blick auf die Bestimmtheit der Planung besonders ankommt (so OVG Niedersachsen, Urt. v. 15.1.2015 - 1 KN 61/14 - BauR 2015, 630). Dieser Annahme steht nicht entgegen, dass der Bürgermeister der Gemeinde Ortenberg nach dem Auszug aus der Niederschrift über die Sitzung vom 15.7.2013 ausgeführt hat, „welche Gebietscharakterisierungen in diesem Bereich sinnvoll werden, müsse allerdings im Verlauf des Aufstellungsverfahrens geprüft und überdacht werden“. Denn diese Äußerung ist vor dem Hintergrund der aus den Akten zu entnehmenden Vorgeschichte mit dem entstandenen „Planungstorso“ gerade nicht so zu verstehen, dass die Art der baulichen Nutzung als völlig offen angesehen worden ist, sondern vielmehr so, dass es - richtigerweise - dem Planaufstellungsverfahren vorbehalten bleibt, die in der außer Kraft getretenen Polizeiverordnung gewählten Begrifflichkeit zur Art der baulichen Nutzung in die Kategorien der heute geltenden Baunutzungsverordnung „zu übersetzen“.
45 
cc) Der angefochtenen Veränderungssperre mangelt es auch nicht am erforderlichen Sicherungsbedürfnis.
46 
Eine Veränderungssperre ist als Sicherungsmittel ungeeignet und damit unwirksam, wenn die beabsichtigte Bauleitplanung zwar im oben aufgezeigten Sinne schon hinreichend konkretisiert ist, aber von vornherein verfehlt ist. Solches ist anzunehmen, wenn sich das erkennbare Planungsziel im Wege planerischer Festsetzung nicht erreichen lässt oder wenn dieses der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind, oder wenn der beabsichtigte Bauleitplan schon jetzt erkennbar schlechterdings nicht behebbare rechtliche Mängel aufweist (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.1988 - 4 C 48.86 - BVerwGE 81, 111; Urt. des Senats v. 18.3.2015 - 3 S 601/14 - juris). Anknüpfungspunkt für die Beurteilung, ob sich nach diesen Maßgaben die Veränderungssperre als ungeeignet und damit als unwirksam erweist, ist § 1 Abs. 3 BauGB. Danach haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Nicht erforderlich in diesem Sinn und damit unzulässig ist ein Bebauungsplan, der aus zwingenden rechtlichen Gründen vollzugsunfähig ist oder der auf unabsehbare Zeit aus tatsächlichen Gründen keine Aussicht auf Verwirklichung bietet (BVerwG, Beschl. v. 8.9.1999 - 4 BN 14.99 - ZfBR 2000, 275; BayVGH, Urt. v. 23.12.1998 - 26 N 98.1675 - BauR 1999, 873). Dies ist dann anzunehmen, wenn keinerlei Anhaltspunkte für eine Realisierung der Planung gegeben sind bzw. wenn von Anfang an feststeht, dass mit der Verwirklichung des Bebauungsplans oder einzelner Festsetzungen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen auf absehbare Zeit nicht gerechnet werden kann (BVerwG, Urt. v. 6.5.1993 - 4 C 15.91 - NVwZ 1994, 274 m.w.N.).
47 
Nach diesen Maßgaben unterliegt das Sicherungsbedürfnis der angefochtenen Veränderungssperre keinen rechtlichen Bedenken.
48 
(1) Die von der Gemeinde Ortenberg angestrebte Regelung von Art und Maß der baulichen Nutzung, die sich in den Rahmen des in der Umgebung vorhandenen halten soll, kann unter Geltung von § 34 BauGB nicht in identischer Weise erreicht werden. Denn häufig lässt sich nur mit Schwierigkeiten abgrenzen, welchen Umgriff die nach § 34 Abs. 1 und 2 BauGB maßgebliche „nähere Umgebung“ hat. Eine zeichnerische Festlegung über den Geltungsbereich einer Festsetzung durch einen Bebauungsplan führt zu eindeutigeren Ergebnissen. Ebenso kann es zu Streit führen, ob ein bestimmtes in der Umgebung vorhandenes Vorhaben noch zum zu beachtenden „Rahmen“ gehört, oder einen Fremdkörper bildet. Auch ein solcher Streit wird durch Festsetzungen zu Art und Maß der baulichen Nutzung vermieden.
49 
(2) Die Gemeinde Ortenberg hat auch keine unzulässige Verhinderungsplanung betrieben. Zwar trifft der Vortrag des Klägers zu, dass die Gemeinde gerade sein Bauvorhaben zum Anlass genommen hat, ein Planbedürfnis zu bejahen und eine Veränderungssperre zu beschließen. Das führt aber noch nicht zur Annahme einer unzulässigen Negativplanung. Eine derartige Planung liegt erst dann vor, wenn positive Planungsvorstellungen nur vorgeschoben sind, um eine in Wahrheit auf bloße Verhinderung gerichtete Planung zu verdecken (BVerwG, Urt. v. 19.2.2004 - 4 CN 16.03 - BVerwGE 120, 138; Urt. v. 30.8.2012 - 4 C 1.11 - BVerwGE 144, 82). Festsetzungen in einem Bebauungsplan sind aber selbst dann nicht als „Negativplanung“ wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 BauGB unwirksam, wenn ihr Hauptzweck in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen besteht. Denn die Verhinderung bestimmter - von der Gemeinde unerwünschter Nutzungen - gehört gerade zu den Aufgaben der Bauleitplanung. Ein Bauleitplanung ist vielmehr nur unzulässig, wenn sie nicht dem planerischen Willen der Gemeinde entspricht und also vorgeschoben ist, um eine andere Nutzung zu verhindern (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.12.1990 - 4 NB 8.90 - DÖV 1991, 744; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 3.3.2005 - 3 S 1524/04 - VBlBW 2006, 142).
50 
Das - oben - dargestellte positive Planungsziel der Gemeinde Ortenberg beinhaltet notwendigerweise die Verhinderung der Zulassung von Bauvorhaben mit hoher Grundflächenausnutzung. Das vom Kläger zur Genehmigung gestellte Vorhaben würde den konkreten Planungsabsichten der Gemeinde zuwiderlaufen, so das auch die Erteilung einer Ausnahme (§ 14 Abs. 2 BauGB) offensichtlich nicht in Betracht gekommen ist. Dass diese Ziele nur vorgeschoben sind, die Gemeinde stattdessen beschlossen hat, im gesamten Gemeindegebiet eine starke „Nachverdichtung“ durchzuführen, behauptet auch der Kläger nicht.
II.
51 
Bleibt der Hauptantrag somit ohne Erfolg, hat der Senat über den Hilfsantrag des Klägers, festzustellen, dass das Landratsamt verpflichtet war, ihm die beantragte Baugenehmigung zur Errichtung eines Mehrfamilienwohnhauses zu erteilen, zu entscheiden.
52 
Dabei kann offen bleiben, ob dieser Fortsetzungsfeststellungsantrag zulässig ist oder ob dem Kläger nicht das erforderliche besondere Feststellungsinteresse fehlt (vgl. nochmals I.2c)bb)(2)). Denn jedenfalls bleibt der Antrag in der Sache ohne Erfolg. Das Landratsamt hat den Bauantrag des Klägers zu Recht abgelehnt (vgl. I.2d)).
III.
53 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
54 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind.
55 
Beschluss vom 11. September 2015
56 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 1, 47 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 2 u. 3 GKG auf 50.000 EUR festgesetzt.
57 
Denn der Senat musste über den Hilfsantrag, den Fortsetzungsfeststellungsantrag, entscheiden, der dem Inhalt nach allerdings denselben Gegenstand wie die mit dem Hauptantrag verfolgte Anfechtung der Gebührenentscheidung für die Ablehnung des Bauantrags betrifft. Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass der Streitwert eines Fortsetzungsfeststellungsantrags dem des erledigten Antrags entspricht (vgl. Bay. VGH, Beschl. v. 24.10.2005 - 1 C 04.2381 - BauR 2006, 671; Urt. des Senats v. 10.12.2014 - 3 S 950/14 -). Das war hier ein Verpflichtungsantrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für ein Fünffamilienhaus (vgl. Nr. 9.1.1.3 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
58 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
21 
Der Senat entscheidet gemäß § 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
A.
22 
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Dem Tenor des angefochtenen Urteils lässt sich keine Beschränkung der Zulassung der Berufung entnehmen. Zwar kann sich eine Zulassungsbeschränkung auch aus den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils ergeben (vgl. etwa Bay. VGH, Beschl. v. 12.7.2010 - 14 BV 09.1792 - juris; Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 124a Rn. 4; Meyer-Ladewig/Rudisile, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand März 2015, § 124a Rn. 9). Das setzt aber sowohl eine eindeutige Erkennbarkeit der erfolgten Beschränkung als auch eine hinreichende Teilbarkeit der Streitgegenstände voraus (vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 21.12.2004 - 1 B 68.04 - juris). An beidem fehlt es im vorliegenden Fall.
23 
Auf Seite 10 des Urteilsabdrucks hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, „die Zulassung der Berufung beruht auf § 124 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die Sache hat insoweit grundsätzliche Bedeutung, als in der bundes- und oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung nicht geklärt ist, inwieweit im Fall der Erledigung eines Verpflichtungsbegehrens ein Rechtsschutzbedürfnis für eine isolierte Anfechtung der Ablehnungsentscheidung und dem Gesichtspunkt der gleichzeitigen Belastung mit einer Gebührenfestsetzung begründet werden kann“. Bereits diese Formulierungen legen es nahe, dass das Verwaltungsgericht nur zur Begründung der von ihm angenommenen grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache auf einen bestimmten Aspekt abstellen, nicht aber die Zulassung der Berufung insoweit beschränken wollte. Hinzu kommt, dass die Streitgegenstände des vorliegenden Verfahrens (Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Genehmigungserteilung, Rechtmäßigkeit der Verwaltungsgebühren für die Ablehnungsentscheidung/Wider-spruchsentscheidung) im Hinblick auf die vom Verwaltungsgericht genannte Problematik miteinander verschränkt sind, worauf auch der Klägervertreter zutreffend hingewiesen hat.
B.
24 
Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Der mit der Berufung verfolgte Hauptantrag des Klägers, die Festsetzung der Verwaltungsgebühren im Ausgangs- und Widerspruchsbescheid aufzuheben, ist zulässig, aber unbegründet (dazu I.). Daher hat der Senat über den Hilfsantrag zu entscheiden, der jedenfalls in der Sache ohne Erfolg bleibt (II.).
I.
25 
Die Anfechtungsklage gegen die Festsetzung von Verwaltungsgebühren in Ausgangs- und Widerspruchsbescheid ist zulässig, aber unbegründet.
26 
1. Die Festsetzung einer Verwaltungsgebühr im Ablehnungsbescheid des Landratsamts vom 11.9.2013 ist ein belastender Verwaltungsakt, der sich noch nicht erledigt hat, so dass gegen ihn die Erhebung einer Anfechtungsklage statthaft ist. Das Verwaltungsgericht ist weiter davon ausgegangen, dass der Kläger in erster Instanz sein Begehren auch ausdrücklich gegen die Gebühr im Widerspruchsbescheid gerichtet hat, die damit nach § 79 Abs. 1 Nr. 2 VwGO zulässiger weiterer Gegenstand seiner Klage ist. Sonstige Zulässigkeitshindernisse sind nicht erkennbar. Insbesondere lässt § 24 Satz 1 LGebG eine selbständige Anfechtung von Verwaltungsgebühren zu.
27 
2. Die zulässige Klage dringt in der Sache nicht durch. Die festgesetzten Gebühren sind rechtmäßig und können daher den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
28 
a) Rechtsgrundlage für die Festsetzung der Gebühr im Bescheid vom 11.9.2013 ist die auf § 4 Abs. 3 LGebG gestützte Verordnung des Landratsamts über die Erhebung von Gebühren für die Wahrnehmung von Aufgaben als untere Verwaltungsbehörde und untere Baurechtsbehörde i.d.F.v. 21.3.2011. Nach Nr. 10.01.01.01 des dazugehörigen Gebührenverzeichnisses setzt das Landratsamt für die Ablehnung eines Bauantrags eine Gebühr innerhalb eines bestimmten Rahmens fest. Rechtsgrundlage für die Festsetzung der Gebühr im Widerspruchsbescheid durch das Regierungspräsidium ist die auf § 4 Abs. 2 LGebG gestützte Verordnung des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur über die Festsetzung der Gebührensätze für öffentliche Leistungen der staatlichen Behörden für den Geschäftsbereich des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur (GebVO MVI) i.d.F.v. 7.12.2012. Nach Nr. 7.1 des angefügten Gebührenverzeichnisses wird für die Zurückweisung eines Rechtsbehelfs eine Gebühr innerhalb eines bestimmten Rahmens erhoben.
29 
b) Gegen die Höhe beider Gebühren bestehen keine Bedenken. Insoweit wendet auch der Kläger nichts ein.
30 
c) Der Kläger macht jedoch geltend, da beide Gebührenverzeichnisse auf „die Ablehnung“ des Bauantrags bzw. „die Zurückweisung“ des Widerspruchs abstellten und nicht nur auf die Bearbeitung von Bauantrag oder Widerspruch, hätten beide Gebühren in seinem Fall nicht festgesetzt werden dürfen, da er bis zur Veräußerung des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks an einen Dritten einen Anspruch auf Erteilung der von ihm beantragten Baugenehmigung gehabt habe. Dieser Auffassung begegnen mehrere Bedenken:
31 
aa) In Rechtsprechung und Literatur ist es umstritten, ob es für die Rechtmäßigkeit der Festsetzung einer Verwaltungsgebühr überhaupt auf die Rechtmäßigkeit der zugrundeliegenden Amtshandlung bzw. des Grundverwaltungsakts ankommt. Die Beantwortung dieser Frage richtet sich nach Landesrecht (BVerwG, Urt. v. 15.11.1990 - 3 C 49.87 - NVwZ 1991, 570). Dem Landesgebührengesetz Baden-Württembergs lässt sich nach Auffassung des Senats eine eindeutige Antwort hierzu nicht entnehmen, auch nicht den vom Kläger zitierten §§ 1, 5 und 7 LGebG. Teilweise wird vertreten, eine Gebühr, die bei richtiger Sachbehandlung nicht entstanden wäre, könne auch nicht erhoben werden (so etwa Schlabach, Aktuelle Rechtsprechung der baden-württembergischen Verwaltungsgerichte zu den Verwaltungsgebühren, VBlBW 2010, 104, 107; Faiß, Kommunalabgabenrecht in Bad.-Württ., Stand April 2015, § 11 Rn. 3 wohl auch für den Fall, dass der Grundverwaltungsakt unanfechtbar geworden ist). Stattdessen könnte aber nur auf die Wirksamkeit oder die Vornahme der Amtshandlung abgestellt werden (so im Ergebnis VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.3.2005 - 5 S 2421/03 - VBlBW 2005, 391 die Festsetzung einer Gebühr im Ausgangsbescheid; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 25.7.1996 - 8 S 1127/96 - NVwZ-RR 1997, 44 jedenfalls für die Festsetzung einer Gebühr für den Erlass des Widerspruchsbescheids).
32 
bb) Ebenso umstritten ist, wie dem Fortbestand der Belastung des Klägers durch die Verwaltungsgebühren nach Wegfall seines Interesses an der Erteilung des von ihm begehrten begünstigenden Verwaltungsakts im Rahmen einer Anfechtung der Gebühren Rechnung getragen werden kann.
33 
(1) Nach Ansicht des Senats spricht Vieles für die vom Verwaltungsgericht angenommene Lösung, wonach eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der der Gebühr zugrundeliegende Amtshandlung (hier der Versagung der Erteilung der vom Kläger beantragten Baugenehmigung) im Verwaltungsrechtsweg nach Erledigung des Verpflichtungsbegehrens (oder auch eines Anfechtungsbegehrens gegen einen belastenden Grundverwaltungsakt) keiner Überprüfung mehr zugänglich ist (so Lascho, Die Erledigung des Verwaltungsakts als materiell-rechtliches und verwaltungsprozessuales Problem, S. 239; Ule, Verwaltungsprozessrecht, 9. Aufl., S. 257). Diese Auffassung stellt den Kläger nicht rechtsschutzlos, da er im Rahmen eines unmittelbar in der ordentlichen Gerichtsbarkeit zu verfolgenden Schadenersatzbegehrens auch zu Unrecht erhobene Gebühren als Schaden geltend machen kann. Zu berücksichtigen ist außerdem, dass der Kläger im Falle einer Erteilung der von ihm begehrten Baugenehmigung eine um das Vielfache höhere Gebühr hätte entrichten müssen (vgl. Nr. 52.10.02.01 des Gebührenverzeichnisses der Gebührenverordnung des Landratsamts).
34 
(2) Denkbar wäre auch, dass die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der der Gebühr zugrundeliegenden Amtshandlung jedenfalls im Rahmen einer Anfechtungsklage deswegen nicht erreicht werden kann, weil dem Kläger dazu die Fortsetzungsfeststellungsklage offensteht. Der Senat geht mit dem Verwaltungsgericht und beiden Beteiligten davon aus, dass sich das Verpflichtungsbegehren des Klägers unmittelbar vor Klageerhebung erledigt hat. Ein Verpflichtungsbegehren ist i. S. des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erledigt, wenn es aus dem Kläger nicht zurechenbaren Gründen unzulässig oder unbegründet geworden ist, also das Rechtsschutzziel aus Gründen, die nicht in der Einflusssphäre des Klägers liegen, nicht mehr zu erlangen ist, weil es entweder außerhalb des Prozesses erreicht wurde oder überhaupt nicht mehr erreicht werden kann (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.6.2012 - 8 S 2245/10 - VBlBW 2013, 140 juris Rn. 24; Bay. VGH, Beschl. v. 30.9.2014 - 20 ZB 11.1890 - juris Rn. 21; ähnlich Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand März 2015, § 113 Rn. 65). Das war hier deswegen der Fall, weil unmittelbar vor Klageerhebung manifest geworden ist, dass der Klägers das Grundstück, für das er die Erteilung einer Baugenehmigung begehrt hat, wegen der Veräußerung an einen Dritten auf absehbare Zeit nicht erwerben und bebauen kann. Eine Auftrennung in eine Erledigung des Verpflichtungsbegehrens einerseits und eine fehlende Erledigung der Ablehnungsentscheidung als solcher andererseits ist nicht möglich, da mit einem Verpflichtungsantrag regelmäßig nur ein behaupteter Anspruch durchgesetzt werden soll (so auch Lascho, Die Erledigung des Verwaltungsakts als materiell-rechtliches und verwaltungsprozessuales Problem, S. 209).
35 
Das für eine Fortsetzungsfeststellungsklage ferner notwendige besondere Feststellungsinteresse könnte mit dem Fortwirken der Verwaltungsgebührenentscheidung begründet werden. Die in der Rechtsprechung entwickelten Fallgruppen für die Bejahung des besonderen Feststellungsinteresses sind jedenfalls nicht abschließend (Wolff, in: Nomos-Komm. zur VwGO, 4. Aufl. 2014, § 113 Rn. 284; Gerhardt, a.a.O., § 113 Rn. 94). Gegen die Bejahung eines besonderen Feststellungsinteresses allein durch eine Belastung mit Verwaltungsgebühren spricht allerdings, dass mit der weit überwiegenden Anzahl von belastenden Verwaltungsakten ebenso wie der Ablehnung von beantragten begünstigen Verwaltungsakten die Festsetzung von Verwaltungsgebühren einhergeht, so dass in nahezu allen Fällen trotz einer Erledigung des Begehrens in der Hauptsache eine Feststellung zum Erledigten erlangt werden könnte. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO wäre dann überflüssig, weil eine Überprüfung erledigter Verwaltungsakte (oder erledigter Begehren auf deren Erlass) nahezu immer erreicht werden könnte.
36 
(3) In Betracht kommt schließlich auch, nach Erledigung des Verpflichtungsbegehrens im Rahmen der Anfechtung der Verwaltungsgebühren die Rechtmäßigkeit der Amtshandlung, die der Festsetzung der Verwaltungsgebühr zugrunde liegt, nur noch nach dem Maßstab des § 161 Abs. 2 VwGO summarisch zu überprüfen (so Bay. VGH, Beschl. v. 18.10.1993 - 24 B 93.92 - NVwZ RR 1994, 548 für den Fall der Erledigung einer Anfechtungsklage gegen eine belastende Grundverfügung; Szechenyi, Das Verhältnis von Grundverwaltungsakt und Kostenentscheidung, BayVBl 2013, 9, 11). Denn dieser Maßstab gilt auch dann, wenn die Beteiligten einen Rechtsstreit - in der Regel auf Grund einer eingetretenen Erledigung - übereinstimmend für erledigt erklären.
37 
d) Welcher der unter aa) und bb) genannten Lösungsansätze zutreffend ist, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, da der Bauantrag des Klägers zu Recht abgelehnt worden ist. Das Landratsamt und das Regierungspräsidium haben zutreffend angenommen, dass § 3 Nr. 1 der Veränderungssperre der Gemeinde Ortenberg für das Gebiet „Lindle 2013“ der Erteilung der beantragten Baugenehmigung entgegengestanden hat. Die gegen die Wirksamkeit der Veränderungssperre erhobenen Argumente des Klägers greifen nicht durch.
38 
aa) Eine Gemeinde kann gemäß § 14 Abs. 1 BauGB zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre beschließen mit dem Inhalt, dass Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen (Nr. 1) bzw. erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen (Nr. 2), sobald der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist. Auf Grund des vom Gemeinderat der Gemeinde Ortenberg am 15.7.2015 erlassenen Aufstellungsbeschlusses für den Bebauungsplan „Lindle 2013“ konnte mithin am 15.7.2015 auch die angegriffene Veränderungssperre beschlossen werden.
39 
bb) Die Veränderungssperre liegt eine hinreichend konkretisierte Planungsvorstellung der Gemeinde Ortenberg zugrunde.
40 
Eine Veränderungssperre darf erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Wesentlich ist dabei, dass die Gemeinde bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt hat. Das Mindestmaß an planerischen Vorstellungen, die vorliegen müssen, um eine Veränderungssperre zu rechtfertigen, muss - gewissermaßen als inhaltlicher Kontrollmaßstab des Konkretisierungsgebots - zugleich geeignet sein, die Entscheidung der Genehmigungsbehörde zu steuern, wenn sie über die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung zu befinden hat (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 1 BauGB mit Blick auf den praktisch wichtigsten öffentliche Belang, nämlich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung). Diese Vorstellungen können sich nicht nur aus Niederschriften über die Gemeinderatssitzung, sondern auch aus allen anderen erkennbaren Unterlagen und Umständen ergeben. Hierzu kann beispielsweise auch die anderen Akten zu entnehmende oder bekannte Vorgeschichte gehören. Soll mit dem in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan (auch) die Art der baulichen Nutzung gesteuert werden, ist der Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans noch offen, wenn Vorstellungen über die angestrebte Art der baulichen Nutzung fehlen (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.12.2013 - 4 BN 18.13 - BRS 81 Nr. 130; Urt. des Senats v. 18.3.2015 - 3 S 601/14 - juris).
41 
Für den Erlass einer Veränderungssperre ist jedoch keine Planreife erforderlich. Es reicht aus, wenn absehbar ist, dass sich das von einer hinreichend konkreten positiven Konzeption getragene Planziel im Wege bauplanerischer Festsetzungen überhaupt erreichen lässt; die Auswahl der Mittel zur Realisierung des Planziels ist hingegen typischerweise Aufgabe der im Bebauungsplanverfahren vorzunehmenden planerischen Abwägung (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.9.2007 - 8 S 1584/06 - VBlBW 2008, 143; Urt. v. 24.11.2005 - 8 S 794/05 - VBlBW 2006, 275).
42 
Unter Anwendung dieser Grundsätze ist die in Rede stehende Veränderungssperre nicht zu beanstanden. Nach dem ihr zugrunde liegenden Entwurf des Bebauungsplans „Lindle 2013“ soll ein Gebiet überplant werden, in dem vorwiegend Wohnbebauung vorhanden ist sowie am südlichen Rand das Gebäude einer Winzergenossenschaft. Für dieses Gebiet gilt bislang der auf Grundlage des Badischen Aufbaugesetzes vom 25.1.1949 (Bad. GVBl. 1950, 29 - BadAufbauG -) erlassene „Teilbebauungsplan für das Baugebiet Gewann Lindle“ der Gemeinde Ortenberg aus dem Jahr 1957 als übergeleiteter Bebauungsplan (vgl. § 173 Abs. 3 BauGB 1960). Er besteht, § 8 BadAufbauG entsprechend, aus drei Bestandteilen: einem Baufluchtenplan, der Baugrenzen und Baulinien festsetzt, einem Gestaltungsplan, der die Anzahl der Vollgeschosse regelt, sowie der „Polizeiverordnung über Bebauungsvorschriften“ (im Folgenden PolV). Die Polizeiverordnung ist auf §§ 10 ff. PolG 1955 gestützt und enthält auch Reglungen zur Art der baulichen Nutzung (vgl. § 2 Abs. 1 PolV, wonach im Baugebiet „nur Gebäude erstellt werden dürfen, die ausschließlich zum Wohnen bestimmt sind. Einzelne gewerbliche und landwirtschaftliche Betriebe können zugelassen werden, soweit sich diese mit dem Charakter des Wohngebiets vereinbaren lassen“) und zur überbaubaren Grundstücksfläche (vgl. § 3 PolV, „die Überbauung eines Grundstücks darf nicht mehr als 30 % der Grundstücksfläche betragen“).
43 
Nach § 18 Abs. 1 PolG 1955 traten solche Polizeiverordnungen allerdings spätestens 20 Jahre nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft. Das galt auch für nach § 173 Abs. 3 BBauGB 1960 als Bebauungspläne übergeleitete baupolizeiliche Vorschriften (Urt. des Senats v. 12.3.2008 - 3 S 2588/06 - VBlBW 2009, 17; Urt. v. 22.10.1993 - 8 S 3087/92 - VBlBW 1994, 280). Die Wirksamkeit von Baufluchtenplan und Gestaltungsplan bleibt davon unberührt (vgl. nochmals Urt. des Senats vom 12.3.2008, a.a.O.). Somit sind derzeit im Geltungsbereich der Veränderungssperre nur noch Baugrenzen, Baulinien und die Anzahl der Vollgeschosse festgesetzt. Ein erheblicher Teil der dem Planungswillen der Gemeinde entsprechenden Festsetzungen, die die Grundstückseigentümer im Plangebiet bislang beachtet haben, ist dagegen außer Kraft getreten. Nur noch ein „Plantorso“ besteht fort.
44 
Zur Erläuterung der aktuell verfolgten Planung führt die Begründung zum Entwurf des Bebauungsplans „Lindle 2013“ aus: „Anlass, Ziel und Zweck der Planung ist die Sicherstellung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung mit einer sich in die Umgebung einfügenden Innenbereichsbebauung“. Damit ist die Planung der Gemeinde Ortenberg darauf gerichtet, die im Plangebiet auf Grund der vormals gültigen Baupolizeiverordnung realisierte Art der baulichen Nutzung (vgl. nochmals § 2 PolV) und der erheblich beschränkten Grundflächenausnutzung (§ 3 PolV) erneut in vergleichbarer Weise festzusetzen („in die Umgebung einfügende Bebauung“). Zum Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre stand somit nicht nur der planerische Ausgangspunkt für begrenzende Regelungen zum Maß der baulichen Nutzung innerhalb ihres Geltungsbereichs fest. Noch hinreichend konkretisiert war auch die angestrebte Art der baulichen Nutzung innerhalb des Plangebiets, auf die es im Blick auf die Bestimmtheit der Planung besonders ankommt (so OVG Niedersachsen, Urt. v. 15.1.2015 - 1 KN 61/14 - BauR 2015, 630). Dieser Annahme steht nicht entgegen, dass der Bürgermeister der Gemeinde Ortenberg nach dem Auszug aus der Niederschrift über die Sitzung vom 15.7.2013 ausgeführt hat, „welche Gebietscharakterisierungen in diesem Bereich sinnvoll werden, müsse allerdings im Verlauf des Aufstellungsverfahrens geprüft und überdacht werden“. Denn diese Äußerung ist vor dem Hintergrund der aus den Akten zu entnehmenden Vorgeschichte mit dem entstandenen „Planungstorso“ gerade nicht so zu verstehen, dass die Art der baulichen Nutzung als völlig offen angesehen worden ist, sondern vielmehr so, dass es - richtigerweise - dem Planaufstellungsverfahren vorbehalten bleibt, die in der außer Kraft getretenen Polizeiverordnung gewählten Begrifflichkeit zur Art der baulichen Nutzung in die Kategorien der heute geltenden Baunutzungsverordnung „zu übersetzen“.
45 
cc) Der angefochtenen Veränderungssperre mangelt es auch nicht am erforderlichen Sicherungsbedürfnis.
46 
Eine Veränderungssperre ist als Sicherungsmittel ungeeignet und damit unwirksam, wenn die beabsichtigte Bauleitplanung zwar im oben aufgezeigten Sinne schon hinreichend konkretisiert ist, aber von vornherein verfehlt ist. Solches ist anzunehmen, wenn sich das erkennbare Planungsziel im Wege planerischer Festsetzung nicht erreichen lässt oder wenn dieses der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind, oder wenn der beabsichtigte Bauleitplan schon jetzt erkennbar schlechterdings nicht behebbare rechtliche Mängel aufweist (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.1988 - 4 C 48.86 - BVerwGE 81, 111; Urt. des Senats v. 18.3.2015 - 3 S 601/14 - juris). Anknüpfungspunkt für die Beurteilung, ob sich nach diesen Maßgaben die Veränderungssperre als ungeeignet und damit als unwirksam erweist, ist § 1 Abs. 3 BauGB. Danach haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Nicht erforderlich in diesem Sinn und damit unzulässig ist ein Bebauungsplan, der aus zwingenden rechtlichen Gründen vollzugsunfähig ist oder der auf unabsehbare Zeit aus tatsächlichen Gründen keine Aussicht auf Verwirklichung bietet (BVerwG, Beschl. v. 8.9.1999 - 4 BN 14.99 - ZfBR 2000, 275; BayVGH, Urt. v. 23.12.1998 - 26 N 98.1675 - BauR 1999, 873). Dies ist dann anzunehmen, wenn keinerlei Anhaltspunkte für eine Realisierung der Planung gegeben sind bzw. wenn von Anfang an feststeht, dass mit der Verwirklichung des Bebauungsplans oder einzelner Festsetzungen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen auf absehbare Zeit nicht gerechnet werden kann (BVerwG, Urt. v. 6.5.1993 - 4 C 15.91 - NVwZ 1994, 274 m.w.N.).
47 
Nach diesen Maßgaben unterliegt das Sicherungsbedürfnis der angefochtenen Veränderungssperre keinen rechtlichen Bedenken.
48 
(1) Die von der Gemeinde Ortenberg angestrebte Regelung von Art und Maß der baulichen Nutzung, die sich in den Rahmen des in der Umgebung vorhandenen halten soll, kann unter Geltung von § 34 BauGB nicht in identischer Weise erreicht werden. Denn häufig lässt sich nur mit Schwierigkeiten abgrenzen, welchen Umgriff die nach § 34 Abs. 1 und 2 BauGB maßgebliche „nähere Umgebung“ hat. Eine zeichnerische Festlegung über den Geltungsbereich einer Festsetzung durch einen Bebauungsplan führt zu eindeutigeren Ergebnissen. Ebenso kann es zu Streit führen, ob ein bestimmtes in der Umgebung vorhandenes Vorhaben noch zum zu beachtenden „Rahmen“ gehört, oder einen Fremdkörper bildet. Auch ein solcher Streit wird durch Festsetzungen zu Art und Maß der baulichen Nutzung vermieden.
49 
(2) Die Gemeinde Ortenberg hat auch keine unzulässige Verhinderungsplanung betrieben. Zwar trifft der Vortrag des Klägers zu, dass die Gemeinde gerade sein Bauvorhaben zum Anlass genommen hat, ein Planbedürfnis zu bejahen und eine Veränderungssperre zu beschließen. Das führt aber noch nicht zur Annahme einer unzulässigen Negativplanung. Eine derartige Planung liegt erst dann vor, wenn positive Planungsvorstellungen nur vorgeschoben sind, um eine in Wahrheit auf bloße Verhinderung gerichtete Planung zu verdecken (BVerwG, Urt. v. 19.2.2004 - 4 CN 16.03 - BVerwGE 120, 138; Urt. v. 30.8.2012 - 4 C 1.11 - BVerwGE 144, 82). Festsetzungen in einem Bebauungsplan sind aber selbst dann nicht als „Negativplanung“ wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 BauGB unwirksam, wenn ihr Hauptzweck in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen besteht. Denn die Verhinderung bestimmter - von der Gemeinde unerwünschter Nutzungen - gehört gerade zu den Aufgaben der Bauleitplanung. Ein Bauleitplanung ist vielmehr nur unzulässig, wenn sie nicht dem planerischen Willen der Gemeinde entspricht und also vorgeschoben ist, um eine andere Nutzung zu verhindern (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.12.1990 - 4 NB 8.90 - DÖV 1991, 744; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 3.3.2005 - 3 S 1524/04 - VBlBW 2006, 142).
50 
Das - oben - dargestellte positive Planungsziel der Gemeinde Ortenberg beinhaltet notwendigerweise die Verhinderung der Zulassung von Bauvorhaben mit hoher Grundflächenausnutzung. Das vom Kläger zur Genehmigung gestellte Vorhaben würde den konkreten Planungsabsichten der Gemeinde zuwiderlaufen, so das auch die Erteilung einer Ausnahme (§ 14 Abs. 2 BauGB) offensichtlich nicht in Betracht gekommen ist. Dass diese Ziele nur vorgeschoben sind, die Gemeinde stattdessen beschlossen hat, im gesamten Gemeindegebiet eine starke „Nachverdichtung“ durchzuführen, behauptet auch der Kläger nicht.
II.
51 
Bleibt der Hauptantrag somit ohne Erfolg, hat der Senat über den Hilfsantrag des Klägers, festzustellen, dass das Landratsamt verpflichtet war, ihm die beantragte Baugenehmigung zur Errichtung eines Mehrfamilienwohnhauses zu erteilen, zu entscheiden.
52 
Dabei kann offen bleiben, ob dieser Fortsetzungsfeststellungsantrag zulässig ist oder ob dem Kläger nicht das erforderliche besondere Feststellungsinteresse fehlt (vgl. nochmals I.2c)bb)(2)). Denn jedenfalls bleibt der Antrag in der Sache ohne Erfolg. Das Landratsamt hat den Bauantrag des Klägers zu Recht abgelehnt (vgl. I.2d)).
III.
53 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
54 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind.
55 
Beschluss vom 11. September 2015
56 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 1, 47 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 2 u. 3 GKG auf 50.000 EUR festgesetzt.
57 
Denn der Senat musste über den Hilfsantrag, den Fortsetzungsfeststellungsantrag, entscheiden, der dem Inhalt nach allerdings denselben Gegenstand wie die mit dem Hauptantrag verfolgte Anfechtung der Gebührenentscheidung für die Ablehnung des Bauantrags betrifft. Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass der Streitwert eines Fortsetzungsfeststellungsantrags dem des erledigten Antrags entspricht (vgl. Bay. VGH, Beschl. v. 24.10.2005 - 1 C 04.2381 - BauR 2006, 671; Urt. des Senats v. 10.12.2014 - 3 S 950/14 -). Das war hier ein Verpflichtungsantrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für ein Fünffamilienhaus (vgl. Nr. 9.1.1.3 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
58 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 11. Sept. 2015 - 3 S 411/15

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 11. Sept. 2015 - 3 S 411/15

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 11. Sept. 2015 - 3 S 411/15 zitiert 16 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Baugesetzbuch - BBauG | § 1 Aufgabe, Begriff und Grundsätze der Bauleitplanung


(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten. (2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und d

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 161


(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden. (2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 1

Baugesetzbuch - BBauG | § 29 Begriff des Vorhabens; Geltung von Rechtsvorschriften


(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30

Baugesetzbuch - BBauG | § 14 Veränderungssperre


(1) Ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass 1. Vorhaben im Sinne des § 29 nicht durchgefüh

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 79


(1) Gegenstand der Anfechtungsklage ist 1. der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat,2. der Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält. (2) Der

Baugesetzbuch - BBauG | § 173 Genehmigung, Übernahmeanspruch


(1) Die Genehmigung wird durch die Gemeinde erteilt; § 22 Absatz 5 Satz 2 bis 5 ist entsprechend anzuwenden. Ist eine baurechtliche Genehmigung oder an ihrer Stelle eine baurechtliche Zustimmung erforderlich, wird die Genehmigung durch die Baugenehmi

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 11. Sept. 2015 - 3 S 411/15 zitiert oder wird zitiert von 11 Urteil(en).

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 11. Sept. 2015 - 3 S 411/15 zitiert 8 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 30. Sept. 2014 - 20 ZB 11.1890

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Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 200.000,- € festgese

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 18. März 2015 - 3 S 601/14

bei uns veröffentlicht am 18.03.2015

Tenor Der Antrag wird abgewiesen.Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand   1 Die Antragstellerin wendet sich gegen die als Satzung beschlossene Veränderungssperre der Antragsgegneri

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 19. Juni 2012 - 8 S 2245/10

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Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 16. Februar 2010 - 6 K 4127/09 - wird zurückgewiesen.Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand  1 Die

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 12. März 2008 - 3 S 2588/06

bei uns veröffentlicht am 12.03.2008

Tenor Die Anträge werden abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin zu 1. zur Hälfte und die Antragstellerinnen zu 2. und 3. zu je einem Viertel. Die Revision wird nicht zuge

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 19. Sept. 2007 - 8 S 1584/06

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Tenor Der Antrag wird abgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand   1 Der Antragsteller wandte sich m

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 24. Nov. 2005 - 8 S 794/05

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Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand   1 Die Antragstellerin wendet sich gegen die Satzung über die Veränderungssperre für den Bereich des

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 11. März 2005 - 5 S 2421/03

bei uns veröffentlicht am 11.03.2005

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. Januar 2003 - 9 K 1354/02 - insoweit geändert, als auch der Gebührenbescheid der Beklagten vom 15. März 2001 aufgehoben worden ist. Insoweit wird die Klag

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 03. März 2005 - 3 S 1524/04

bei uns veröffentlicht am 03.03.2005

Tenor Die Anträge werden abgewiesen. Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand   1 Die Antragstellerinnen wenden sich gegen die am 3.2.2004 vom Gemeinderat de
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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 10. Mai 2016 - 10 BV 15.958

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Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Die Kosten des Verfahrens in der ersten Instanz trägt die Beklagte, die Kosten für das Berufungsverfahren trägt die Klägerin. III. Die Kostenentscheidung ist vorläuf

Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 05. Apr. 2017 - 4 K 2347/16

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Tenor Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 17.06.2016 wird aufgehoben, soweit er den Widerspruch gegen den Kostenbescheid vom 16.02.2016 betrifft und eine Widerspruchsgebühr festsetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.Die Kosten des Verfah

Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 11. Feb. 2016 - 6 K 5412/15

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Tenor Soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf di

Referenzen

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Gegenstand der Anfechtungsklage ist

1.
der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat,
2.
der Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Der Widerspruchsbescheid kann auch dann alleiniger Gegenstand der Anfechtungsklage sein, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält. Als eine zusätzliche Beschwer gilt auch die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift, sofern der Widerspruchsbescheid auf dieser Verletzung beruht. § 78 Abs. 2 gilt entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. Januar 2003 - 9 K 1354/02 - insoweit geändert, als auch der Gebührenbescheid der Beklagten vom 15. März 2001 aufgehoben worden ist. Insoweit wird die Klage abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Gerichtskosten und ihren außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen tragen der Kläger 1/6 und die Beklagte 5/6. Ferner trägt der Kläger die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 im erstinstanzlichen Verfahren.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen eine Gebührenforderung der Beklagten sowie den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid einschließlich der darin festgesetzten Gebühr.
Der Kläger beabsichtigte, anlässlich des Landtagswahlkampfs in Baden-Württemberg am 16.03.2001 in der Zeit von 9.00 Uhr bis 20.00 Uhr Informationsmaterial an interessierte Bürger in der Fußgängerzone Westliche Karl-Friedrich-Straße der Beklagten zu verteilen, um im Rahmen der politischen Gruppierung „D. D. I.“ für kleine Parteien zu werben. Die zu verteilenden Handzettel sollten auf einem seitlich an der Häuserwand stehenden Tisch (Pult) mit einer Fläche von 90 cm x 45 cm ausgelegt werden. Am 13.03.2001 beantragte er „wie soeben telefonisch besprochen“ für „D. D. I.“ die Genehmigung zur Aufstellung eines Informationsstands von ca. 1 m² Größe. Mit Bescheid vom 15.03.2001 erteilte die Beklagte dem Kläger die jederzeit widerrufliche Erlaubnis, am 16.03.2001 während der Ladenöffnungszeiten in der Fußgängerzone Westliche Karl-Friedrich-Straße zwischen Kaufhof und Westliche 23 einen Informationsstand mit der Größe von maximal 1 m x 2 m zu errichten, wobei Sicht und Zugang zur Lammstraße nicht verdeckt werden dürfen; für die Erlaubnis wurde eine Gebühr in Höhe von 55,-- DM (= 28,12 EUR) festgesetzt.
Mit Telefax vom 16.03.2001 legte der Kläger Widerspruch ein und forderte die Annullierung der Gebühr: Er werde von der Erlaubnis keinen Gebrauch machen. Es sei weder üblich noch zulässig, für einen Informationsstand im Rahmen demokratischer Wahlen eine Gebühr festzusetzen. Kleine demokratische Gruppierungen würden dadurch gehindert, ihre Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten, was gegen Art. 5 und 8 GG verstoße.
Den Widerspruch wies das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Bescheid vom 05.07.2001 zurück, wobei es zur Begründung ausführte: Mit der Errichtung eines Informationsstandes werde im öffentlichen Verkehrsraum ein Hindernis i. S. des § 32 Abs. 1 StVO bereitet, so dass eine Erlaubnis nach § 46 StVO erforderlich sei. Zugleich werde der Gemeingebrauch überschritten, so dass auch eine Sondernutzung vorliege, für die jedoch neben der straßenverkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung keine Sondernutzungserlaubnis erforderlich sei. Die straßenverkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung sei gebührenpflichtig. Ein Ermessensspielraum bestehe nicht. Die festgesetzte Gebühr in Höhe von 55,-- DM bewege sich im unteren Bereich des vorgegebenen Rahmens von 20,-- DM bis 600,-- DM. Sie entspreche dem Verwaltungsaufwand und sei verhältnismäßig. Eine Gebührenbefreiung für Parteien oder politische Gruppierungen gebe es nicht. Dass der Kläger aus Protest gegen die Gebührenerhebung von der Ausnahmegenehmigung keinen Gebrauch gemacht habe, könne der Behörde nicht angelastet werden. Diese habe ihn nicht an der Ausübung seiner Grundrechte gehindert. Da die behördliche Entscheidung auf seinen Antrag hin ergangen sei, falle die Gebühr an, auch wenn er von der Genehmigung keinen Gebrauch gemacht habe. Die Widerspruchsgebühr wurde auf 240,-- DM (= 122,71 EUR) festgesetzt.
Am 02.08.2001 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben, mit der er zuletzt beantragt hat, den Gebührenbescheid der Beklagten vom 15.03.2001 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 05.07.2001 einschließlich des Gebührenbescheids aufzuheben. Er hat geltend gemacht: Mit Rücksicht auf Art. 5 Abs. 1 GG könne bei Informationsständen und sonstigen Vorrichtungen eine Sondernutzung nur angenommen werden, wenn im konkreten Einzelfall der Straßenverkehr behindert werde. Eine solche Störung sei hier gänzlich unwahrscheinlich gewesen; er habe den Tisch seitlich an der Häuserwand aufstellen wollen, so dass insbesondere die Flächen der Rettungswege in der Fußgängerzone nicht beeinträchtigt worden wären. Die Praxis der Beklagten, bei Wahlen keine Sondernutzungsgebühr zu verlangen, dürfe nicht durch die Erhebung einer Verwaltungsgebühr umgangen werden. Außerdem würden kleinere politische Gruppierungen und Parteien in ihrer Betätigung beeinträchtigt, was gegen Art. 21 GG verstoße. Bei seiner telefonischen Anfrage habe ihn die Beklagte nicht auf die anfallende Gebühr hingewiesen. In den benachbarten Städten Karlsruhe, Ettlingen, Bruchsal und Bretten werde bei Landtagswahlen weder eine Sondernutzungsgebühr noch eine Verwaltungsgebühr erhoben. Jedenfalls müsse eine Gebührenfreiheit aus Gründen des öffentlichen Interesses bejaht werden. Die erhobene Verwaltungsgebühr sei auch zu hoch, da der Beklagten durch die Amtshandlung keine zusätzlichen Kosten entstanden seien. Für kleine Parteien und Gruppierungen bedeute die Gebührenerhebung eine unverhältnismäßig hohe Belastung, da sie im Gegensatz zu den etablierten Parteien nicht über Geld verfügten. Die Widerspruchsgebühr belaste ihn zusätzlich; auch sie sei unverhältnismäßig hoch. Zudem habe über den Widerspruch nicht die zuständige Kommunalabteilung beim Regierungspräsidium entschieden.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat vorgebracht: Das Aufstellen eines Informationsstands in der Fußgängerzone sei nicht mehr Gemeingebrauch und auch verkehrsrechtlich genehmigungspflichtig, weil dadurch der Verkehr gefährdet oder zumindest erschwert werden könnte; der Nachweis einer konkreten Gefährdung oder Erschwerung sei nicht erforderlich. Im Bereich der Fußgängerzone habe die Stadt dafür zu sorgen, dass die Rettungswegeflächen und die Zugangsmöglichkeit zur Lammstraße sowie die Schaufensterflächen der Ladengeschäft frei blieben. Außerdem müsse der in den Vormittagsstunden gestattete Andienungsverkehr beachtet werden. Es sei Sache der Behörde, die widerstreitenden Interessen abzuwägen und zu bestimmen, wo ein Informationsstand ohne vermeidbare Behinderungen aufgestellt werden könne. Die erhobene Gebühr sei angesichts des Umfangs der entstandenen Aufwendungen für die Bearbeitung und Ausfertigung der Genehmigung gerechtfertigt. Da der Verwaltungsaufwand mit Erteilung der Genehmigung entstanden sei, könne von der Erhebung der Gebühr nicht deshalb abgesehen werden, weil der Kläger die Genehmigung nicht ausgenutzt habe. Die Chancengleichheit sei gewahrt, weil auch von anderen politischen Gruppierungen und Parteien für eine verkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung Gebühren erhoben würden.
Die wegen der Widerspruchsgebühr zunächst gegen das Land Baden-Württemberg (Beklagter zu 2) erhobene Klage hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht zurückgenommen und die Klage auch insoweit gegen die Beklagte gerichtet.
Mit Urteil vom 23.01.2003 hat das Verwaltungsgericht der Klage antragsgemäß stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Gebührenbescheid vom 15.03.2001 sei rechtswidrig. Zwar könne nach § 6a StVG i.V.m der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr und Nr. 264 des Gebührentarifs für Maßnahmen im Straßenverkehr grundsätzlich für eine Entscheidung über eine Ausnahme von den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung eine Gebühr von 20,-- DM bis 600,-- DM erhoben werden. Mit dem Bescheid vom 15.03.2001 über die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 8 StVO für das Aufstellen eines Informationsstandes in der Fußgängerzone liege auch eine Amtshandlung vor. Diese sei jedoch nicht - wie erforderlich - rechtmäßig gewesen. Denn das Vorhaben des Klägers falle nicht unter das Verbot des § 32 Abs. 1 StVO, Hindernisse (Gegenstände) auf die Straße zu bringen. Es sei nämlich keine erhebliche Gefährdung des Fußgängerverkehrs im Sinn dieser Vorschrift, die kein Verletzungs-, sondern ein Gefährdungsdelikt sei, zu befürchten gewesen. Ein Informationstisch mit einer Fläche von ca. 1 m², der zudem mangels Verankerung leicht weg geräumt werden könne, sei angesichts der gerichtsbekannten Breite bzw. Weite der Fußgängerzone im umstrittenen Bereich nicht geeignet, den Fußgängerverkehr zu gefährden oder zu erschweren. Der Einwand der Beklagten, es müsse gewährleistet sein, dass die Rettungswege, die Zufahrt zur Lammstraße und die Schaufenster der Ladengeschäfte frei blieben, was eine abwägende behördliche Entscheidung gebiete, greife nicht durch. Denn auch wenn das Aufstellen des Tisches nicht unter den Verbotstatbestand des § 32 Abs. 1 StVO falle, bleibe es doch eine erlaubnispflichtige Sondernutzung und sei kein - auch kommunikativer - Gemeingebrauch mehr. Entfalle die Notwendigkeit einer verkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung, so bleibe es dennoch bei der Sondernutzungserlaubnispflicht. Für die Beklagte bestehe damit die Möglichkeit, die angesprochenen Belange anderer Verkehrsteilnehmer, die abwägend miteinander in Einklang zu bringen seien, in dem Verfahren auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zu berücksichtigen. Ob in diesem Fall für einen Informationstisch im Rahmen eines Wahlkampfs eine Sondernutzungsgebühr und/oder eine Verwaltungsgebühr erhoben werden könne bzw. müsse, sei nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Für eine solche Amtshandlung sei die umstrittene Gebühr nicht festgesetzt worden. Eine Umdeutung komme insoweit nicht in Betracht.
Gegen das am 12.02.2003 zugestellte Urteil hat die Beklagte Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, dem der Senat mit Beschluss vom 20.10.2003 - 5 S 710/03 -, zugestellt am 06.11.2003, entsprochen hat. Mit am 08.12.2003 (einem Montag) eingegangenen Schriftsatz hat die Beklagte die Berufung begründet.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. Januar 2003 - 9 K 1354/02 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
12 
Sie trägt vor: Die dem Kläger erteilte Ausnahmegenehmigung sei zu Recht auf die straßenverkehrsrechtliche Ermächtigungsgrundlage gestützt worden. Denn das Aufstellen des Informationsstandes sei ein Hindernis i. S. von § 32 Abs. 1 StVO gewesen, das geeignet gewesen sei, den Verkehr zu gefährden oder zu erschweren. Auf Grund der laufenden „heißen“ Wahlkampfphase habe ein erheblicher verkehrsrechtlicher Regelungsbedarf in der Fußgängerzone bestanden. Insbesondere sei sicherzustellen gewesen, dass die dort verlaufenden Rettungswege freigehalten würden. Darüber hinaus habe ein Abstimmungsbedarf mit einer Vielzahl von parallel gestellten Anträgen auf weitere Wahlkampfstände anderer politischer Parteien und Gruppierungen (u. a. Bündnis 90/Die Grünen, CDU, FDP und SPD) bestanden, denen ebenfalls Ausnahmegenehmigungen erteilt worden seien. Ferner gebe es für Gewerbetreibende und Anwohner ca. 80 bis 100 Ausnahmegenehmigungen zum Befahren der Fußgängerzone sowie für das Jahr 2001 ca. 130 Einzelausnahmegenehmigungen und für Handwerksbetriebe 2747 Blankoausnahmegenehmigungen, die je nach Bedarf ausgefüllt werden könnten und dann jeweils einen Tag gültig seien. Dies zeige, dass im streitgegenständlichen Bereich der Fußgängerzone auch außerhalb der Lieferzeiten in nicht unerheblichem Umfang noch Fahrzeugverkehr stattfinde. Daher bestehe für das Aufstellen von Informationsständen im Wahlkampf ein erheblicher verkehrlicher Regelungsbedarf. Im Einzelnen seien dabei die in Betracht kommenden Standorte zu benennen und sei durch Auflagen sicherzustellen gewesen, dass bei Kollisionen von Standortwünschen die definierten Rettungswege sowie ausreichend Raum für Fußgänger frei blieben. Gerade die Kumulation von Informationsständen in Wahlkampfzeiten bringe diese Erfordernisse mit sich. Dies gelte auch für kleinere Stände von etwa 1 m² Größe, die in Verbindung mit der Ansammlung Interessierter dazu führten, dass in Teilen der Fußgängerzone die Räume so eingeengt würden, dass nicht jeder gewünschte Standort geeignet und zulässig sei. Selbst wenn sich die Stadt bei Erteilung der Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 8 i.V.m. § 32 Abs. 1 StVO auf eine falsche Rechtsgrundlage gestützt haben sollte, änderte dies nichts daran, dass diese Entscheidung mit Fristablauf bestandskräftig geworden sei; Nichtigkeitsgründe lägen nicht vor. Damit könne die Rechtmäßigkeit der erteilten Ausnahmegenehmigung nicht mehr in Frage gestellt werden. Ein aus den Grundrechten abzuleitender Rechtsanspruch auf Befreiung von Verwaltungsgebühren bestehe auch dann nicht, wenn politischen Parteien Sondernutzungserlaubnisse im Zusammenhang mit Wahlkämpfen erteilt würden. Im Falle ihrer Rechtswidrigkeit sei die verkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung in eine straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis umzudeuten. Die angefochtene Gebührenentscheidung wäre dann eine Verwaltungsgebühr nach § 16 Abs. 1 StrG i.V.m. § 8 KAG und der städtischen Verwaltungsgebührensatzung. Die Voraussetzungen des § 47 LVwVfG für eine Umdeutung lägen vor. In die umstrittene Verwaltungsgebühr seien keine fiskalischen Interessen der Stadt eingeflossen, sondern lediglich der im Genehmigungsverfahren angefallene Personal-, Material-, Raum- und Technikaufwand, ferner der Verwaltungsaufwand für die Ausarbeitung eines Gesamtkonzepts für die Zeit des Wahlkampfs (Übersichtsplan und Belegungsplan) und für die Sicherstellung der Kontrolle. Über Anträge für mehrere Standorte und mehrere Tage könne ohne großen zusätzlichen Zeitaufwand entschieden werden. Die Zuständigkeit des Regierungspräsidiums Karlsruhe als Widerspruchsbehörde folge daraus, dass die Gebührenerhebung nicht auf einer städtischen Satzung, sondern auf Bundesrecht beruhe und die Stadt auch insoweit die Aufgabe einer unteren Verwaltungsbehörde wahrgenommen habe. Die Widerspruchsgebühr in Höhe von 240,-- DM schöpfe deutlich weniger als die Hälfte des nach Nr. 400 i.V.m. Nr. 264 des Gebührentarifs eröffneten Rahmens aus.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Er erwidert: Die beabsichtigte Inanspruchnahme der Fußgängerzone habe allenfalls eine erlaubnispflichtige straßenrechtliche Sondernutzung dargestellt, für die nur bei tatsächlicher Ausübung eine Sondernutzungsgebühr hätte verlangt werden können. Dies könne die Beklagte nicht dadurch umgehen, dass sie eine verkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung mit Gebühr erteile. Zudem wäre bei einer Sondernutzungsgebühr eine Befreiung nach § 8 oder eine Rückerstattung nach § 9 der einschlägigen Satzung der Beklagten in Betracht gekommen. Die erteilte verkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung sei nicht in Bestandskraft erwachsen, da sie nichtig sei. Für das Aufstellen des Tisches mit einer Größe von ca. 1 m² habe es keiner verkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung bedurft, da am konkreten Aufstellort weder der Pas-santenverkehr noch Rettungswege hätten beeinträchtigt werden können. Im Übrigen hätte der Stand innerhalb von Sekunden zusammengeklappt werden können. Die von der Beklagten angeführten Berufungsfälle hinsichtlich der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen für andere politische Gruppierungen und Parteien bezögen sich auf andere Aufstellorte. Die erhobene Gebühr diene nicht dem Ausgleich des verursachten Verwaltungsaufwands, der bereits durch anderweitige gemeindliche Einnahmen gedeckt sei, sondern allein der aufwandsunabhängigen Einnahmenerzielung. Auch das Äquivalenzprinzip sei verletzt; die Gebühr stehe in einem Missverhältnis zum Wert der erbrachten Gegenleistung, die sich auf eine Auskunft beschränke. Da er sein Vorhaben (wegen der Gebührenforderung) nicht realisiert, er also das gemeindliche Angebot nicht angenommen habe, könnten auch keine Kosten angefallen sein. Auf die Erhebung einer Gebühr habe ihn die Beklagte bei seiner Anfrage nicht hingewiesen. Anlässlich des Landtagswahlkampfs 2001 seien in den umliegenden Städten Karlsruhe, Ettlingen, Bruchsal und Bretten für das Aufstellen von Tischen weder Sondernutzungsgebühren noch Verwaltungsgebühren erhoben worden. Dadurch habe eine Selbstbindung aller Verwaltungen im Land bestanden. Dies gelte vor allem gegenüber kleineren Parteien und Gruppierungen, die bei ihrem Aufbau kein Geld hätten. Deren Recht auf Meinungsfreiheit erfasse auch die Werbung auf öffentlichem Straßengrund. An dessen Inanspruchnahme bestehe kein wirtschaftliches, sondern nur ein ideelles Interesse. Eine Umdeutung nach § 47 LVwVfG komme nicht in Betracht. In der der SPD erteilten Ausnahmegenehmigung vom 31.01.2001 sei eine Vielzahl von Aufstellorten für Informationsstände zugewiesen, aber - wie von ihm für das einmalige Aufstellen eines Informationsstandes - ebenfalls nur eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 55,-- DM verlangt worden. Mit einer solchen Gebührenpraxis würden er und andere kleine Parteien oder Gruppierungen massiv benachteiligt. Die Art der Erteilung der Ausnahmegenehmigung an die großen Parteien widerlege die Behauptung der Beklagten, in jedem Fall eine konkrete Prüfung des Rettungswegeplans durchgeführt zu haben. Die Mehrzahl der Kommunen habe im Landtagswahlkampf 2001 für Wahlwerbung weder Sondernutzungsgebühren noch Verwaltungsgebühren erhoben. An der Unzuständigkeit des Regierungspräsidiums Karlsruhe für den Erlass des Widerspruchsbescheids, dessen Gebühr ebenfalls unverhältnismäßig hoch sei, werde festgehalten.
16 
Dem Senat liegen die einschlägigen Behördenakten vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die nach Zulassung durch Senatsbeschluss vom 20.10.2003 - 5 S 710/03 - statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht begründete Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte deren Gebührenbescheid vom 15.03.2001 mangels Rechtsverletzung des Klägers nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht aufheben dürfen (I.). Demgegenüber ist die Aufhebung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 05.07.2001 - einschließlich der darin festgesetzten Widerspruchsgebühr - im Ergebnis zu Recht erfolgt (II.).
18 
I. Rechtsgrundlage für den Gebührenbescheid der Beklagten vom 15.03.2001
19 
ist § 6a Abs. 1 Nr. 1a StVG. Danach werden Kosten (Gebühren und Auslagen) für Amtshandlungen nach diesem Gesetz oder nach den auf diesem Gesetz beruhenden Rechtsvorschriften erhoben. Gemäß § 6a Abs. 2 Satz 1 StVG wird das Bundesministerium für Verkehr ermächtigt, die Gebühren für die einzelnen Amtshandlungen durch Rechtsverordnung zu bestimmen und dabei feste Sätze oder Rahmensätze vorzusehen. Nach § 1 Abs. 1 der auf Grund dieser Ermächtigung erlassenen Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr - GebOSt - vom 26.06.1970 (BGBl. I S. 865, berichtigt S. 1298) in der - hier maßgeblichen - Fassung vom 20.07.2000 (BGBl. I S. 1090) werden für Amtshandlungen u. a. i. S. des § 6a StVG Gebühren nach dieser Verordnung erhoben (Satz 1); die gebührenpflichtigen Tatbestände und die Gebührensätze ergeben sich aus dem als Anlage beigefügten Gebührentarif für Maßnahmen im Straßenverkehr - GebTSt - (Satz 2). Nach Nr. 264 des Gebührentarifs beträgt die Gebühr für eine „Entscheidung über eine Ausnahme von einer Vorschrift der StVO je Ausnahmetatbestand und je Fahrzeug/Person“ 20,-- DM bis 600,-- DM (nunmehr 10,20 EUR bis 767,-- EUR). Ergänzt werden diese materiellen Gebührenvorschriften durch das Verwaltungskostengesetz (VwKostG), das allgemeine und formale kostenrechtliche Fragen regelt. Für den Vollzug von Bundesgesetzen - wie hier des Straßenverkehrsgesetzes und der Straßenverkehrsordnung - kann der Bund auch die Erhebung von Verwaltungskosten regeln. Macht der Bund insoweit von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch, sind die Länder am Erlass eigener Gebührenregelungen gehindert (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.01.2000 - 11 C 5.99 - NVwZ-RR 2000, 533). Bundesrecht verdrängt insoweit Landesrecht. Eine bundesrechtliche Gebührenregelung in diesem Sinne ist die Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 VwKostG gilt dieses Gesetz für Kosten (Gebühren und Auslagen) öffentlich-rechtlicher Verwaltungstätigkeit der Behörden der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände, wenn sie Bundesrecht ausführen. Während die Regelungen im 2. Abschnitt des Verwaltungskostengesetzes (§§ 2 bis 7) sich an den Verordnungsgeber richten, haben die Vorschriften des 3. Abschnitts (§§ 8 bis 22) unmittelbare Geltung.
20 
Auf die genannten Regelungen gestützt hat die Beklagte für die dem Kläger antragsgemäß mit Bescheid vom 15.03.2001 erteilte Erlaubnis (Ausnahmegenehmigung), am 16.03.2001 in der Fußgängerzone Westliche Karl-Friedrich-Straße zwischen Kaufhof und Westliche 23 während der Ladenöffnungszeiten einen Informationsstand in der Größe von maximal 1 m x 2 m zu errichten, eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 55,-- DM festgesetzt. Das ist nicht zu beanstanden.
21 
Es liegt eine Amtshandlung im Sinne der genannten gebührenrechtlichen Regelungen vor, da dem Kläger mit Bescheid der Beklagten vom 15.03.2001 gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 8 StVO eine Ausnahmegenehmigung vom Verbot des § 32 Abs. 1 StVO erteilt wurde, Hindernisse auf die Straße zu bringen; damit sind Gegenstände gemeint, wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann. Unter Hinweis auf das Urteil des erkennenden Gerichtshofs vom 08.02.1991 - 10 S 2674/90 - (VBlBW 1991, 303) hat das Verwaltungsgericht die Auffassung vertreten, dass eine Verwaltungsgebühr nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nur für rechtmäßiges Verwaltungshandeln erhoben werden könne, dass die hier zugrunde liegende Ausnahmegenehmigung vom 15.03.2001, die sich durch Zeitablauf erledigt habe, jedoch rechtswidrig gewesen sei, weil mit der Errichtung des Informationsstandes an der vorgesehenen Stelle in der Fußgängerzone der Beklagten der Gefährdungstatbestand des § 32 Abs. 1 StVO nicht erfüllt sei. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
22 
Eine „Akzessorietät“ zwischen der Amtshandlung (Sachentscheidung) und der ihr gegenüber eigenständigen Festsetzung einer Verwaltungsgebühr ist materiell-rechtlich nur insoweit gegeben, als Voraussetzung für eine Gebührenfestsetzung die Vornahme einer gebührenpflichtigen Amtshandlung ist, die wirksam ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 19.04.2004 - 2 S 340/04 - VBlBW 2004, 352). Das ist hier der Fall. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 15.03.2001 dem Kläger die beantragte Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 8 StVO erteilt. Unerheblich ist insoweit, dass der Kläger ihr nur das Gewicht einer Auskunft beimessen will und von ihr - wegen der Höhe der festgesetzten und von ihm als unzulässig empfundenen Gebühr - keinen Gebrauch gemacht hat. Unerheblich ist ferner, dass der Kläger den Antrag auf „Aufstellung eines Informationsstands“ erst nach vorheriger telefonischer Anfrage bei der Beklagten („wie soeben besprochen“) gestellt hat und dabei nicht auf eine Gebührenpflicht hingewiesen wurde. Entscheidend ist im vorliegenden Zusammenhang, dass der Kläger die Ausnahmegenehmigung antragsgemäß erhalten hat und damit eine - von ihm veranlasste - Amtshandlung vorliegt. Gründe für deren Nichtigkeit sind nicht ersichtlich.
23 
Selbst wenn man als Voraussetzung für die Erhebung einer Verwaltungsgebühr auch die Rechtmäßigkeit der zugrunde liegenden Amtshandlung verlangen wollte, führt dies nicht zum Erfolg der Klage. Insoweit stünde einer Überprüfung allerdings nicht schon die - eine Bindungs- bzw. Legalisierungswirkung auslösende - Bestandskraft der in Rede stehenden Amtshandlung entgegen. Auch wenn man insoweit die Möglichkeit einer (isolierten) Anfechtung unter dem Aspekt für zulässig hielte, dass die dem Kläger erteilte Ausnahmegenehmigung konkludent auch die vorgelagerte Feststellung ihrer Erforderlichkeit mit Blick auf den Verbotstatbestand des § 32 Abs. 1 StVO enthalten habe, hätte sich die Ausnahmegenehmigung mit Ablauf des 16.03.2001 - nur für diesen Tag hat die Beklagte das Aufstellen des Informationsstandes erlaubt - und damit vor Eintritt der Bestandskraft erledigt, so dass eine Aufhebung dieser Amtshandlung - womit das „Substrat“ für die festgesetzte Verwaltungsgebühr entfallen wäre - nicht mehr in Betracht gekommen ist. Die Frage der Rechtmäßigkeit der Amtshandlung stellt sich nur (und erstmals) im Zusammenhang der beanstandeten Verwaltungsgebühr, so dass der Kläger Einwendungen gegen die erteilte Ausnahmegenehmigung mit Blick auf den zugrunde liegenden Verbotstatbestand des § 32 Abs. 1 StVO erstmals im Rahmen der vorliegenden Anfechtungsklage gegen die für die (erledigte) Amtshandlung festgesetzte Verwaltungsgebühr erheben kann (vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.03.1986 - 1 S 2654/85 - ESVGH 36, 217).
24 
Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts unterfiel die vom Kläger geplante Aufstellung eines Informationsstandes in der Fußgängerzone der Beklagten der Vorschrift des § 32 Abs. 1 StVO, wonach es verboten ist, Gegen-stände auf die Straße zu bringen (oder dort liegen zu lassen), wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann, so dass der Kläger einer Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 8 StVO bedurfte. Diese straßenverkehrsrechtliche Regelung kommt vorliegend - im Verhältnis zum Straßenrecht - zum Zuge.
25 
Straßenrecht und Straßenverkehrsrecht sind selbständige Rechtsmaterien (vgl. BVerfGE 40, 371 und 67, 299) mit unterschiedlichen Regelungszwecken. Mit dem Straßenverkehrsrecht, das nach Art. 74 Nr. 22 GG Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes ist, soll die Teilnahme am Straßenverkehr, vor allem aber dessen Sicherheit und Leichtigkeit gewährleistet werden. Es dient als „sachlich begrenztes Ordnungsrecht“ der Abwehr von typischen Gefahren, die vom Straßenverkehr ausgehen und die dem Straßenverkehr von außen oder durch Verkehrsteilnehmer erwachsen. Aufgabe des zur originären Gesetzgebungskompetenz der Länder gehörenden Straßen- und Wegerechts ist es hingegen, die Rechtsverhältnisse an den öffentlichen Straßen und ihre Bereitstellung für den Verkehr durch Widmung zu regeln. Das Straßenrecht befasst sich daher vor allem mit der Entstehung, der Ein- und Umstufung öffentlicher Straßen und der Abgrenzung von Gemeingebrauch zur Sondernutzung. Beide Rechtsmaterien stehen allerdings in einem sachlichen Zusammenhang. Zum einen setzt das Straßenverkehrsrecht, insbesondere durch das Erfordernis der straßenrechtlichen Widmung, das Straßenrecht voraus (sogenannter Vorbehalt des Straßenrechts). Zum anderen wird der durch die Widmung eröffnete Gemeingebrauch wesentlich vom Straßenverkehrsrecht „mitbestimmt“. Dem wird in § 13 Abs. 1 StrG ausdrücklich dadurch Rechnung getragen, dass der Gemeingebrauch „im Rahmen der Widmung und der Straßenverkehrsvorschriften“ eröffnet wird. Hieraus folgt, dass ein Verkehrsvorgang, der im Rahmen der Verkehrsvorschriften liegt, sich gleichzeitig innerhalb des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs bewegt (sogenannter Vorrang des Straßenverkehrsrechts). Der Bund hat von der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für das Straßenverkehrsrecht insbesondere im Straßenverkehrsgesetz und zu dessen Ausführung u. a. in der Straßenverkehrsordnung weitgehend abschließend Gebrauch gemacht (vgl. BVerfGE 32, 319). Das gilt auch in Bezug auf das in § 32 Abs. 1 StVO enthaltene Verbot, für das - der Zielrichtung des Straßenverkehrsrechts entsprechend - tatbestandliche Voraussetzung ist, dass durch die umschriebene Handlung des Einbringens von Gegenständen „der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann“. Die Abgrenzung der beiden Rechtsgebiete ist also danach vorzunehmen, ob es (im Schwerpunkt) um die Abwehr von Gefahren für den Straßenverkehr geht oder ob einer Überschreitung des Gemeingebrauchs (Sondernutzung) begegnet werden soll.
26 
Bei der vom Kläger im Rahmen des Landtagswahlkampfes 2001 geplanten Aufstellung eines Informationsstandes in der Fußgängerzone der Beklagten war - im Verbund mit einer Vielzahl anderer gleichartiger Vorhaben - primär der verkehrsrechtliche Aspekt berührt, so dass das Straßenverkehrsrecht als Regelungsmaterie eingreift, das zur Legalisierung der in Rede stehenden Nutzung der Verkehrsfläche die Erteilung einer verkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung vorsieht, und nicht das Straßenrecht mit dem Legalisierungsmittel der Sondernutzungserlaubnis nach § 16 Abs. 1 StrG. Verstärkt wird diese verkehrsrechtliche Sicht durch die damit zusammenhängende Genehmigung, zum Zwecke des Auf- und Abbaus des Informationsstands mit einem Fahrzeug in die Fußgängerzone einfahren und dort halten zu dürfen, um das Fahrzeug zu beladen und zu entladen. Zum (Rang-)Verhältnis der beiden Gestattungsmöglichkeiten bestimmt § 16 Abs. 6 Satz 1 StrG, dass es keiner Sondernutzungserlaubnis bedarf, wenn nach den Vorschriften des Straßenverkehrsrechts eine Ausnahmegenehmigung erforderlich ist (Satz 1); vor ihrer Entscheidung hat die hierfür zuständige Behörde die sonst für die Sondernutzungserlaubnis zuständige Behörde zu hören (Satz 2); die von dieser geforderten Bedingungen, Auflagen und Sondernutzungsgebühren sind dem Antragsteller in der Genehmigung aufzuerlegen, soweit Träger der Straßenbaulast eine Gemeinde oder ein Landkreis ist (Satz 3). Auf diese Weise werden die spezifisch straßenrechtlichen Aspekte in die verkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung, die im Außenverhältnis gegenüber dem Bürger allein ergeht, eingebracht.
27 
Die Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 StVO, bei dem es sich - wie bereits erwähnt - um ein Gefährdungs-, nicht um ein Verletzungsdelikt handelt, sind gegeben. Das Verwaltungsgericht geht insoweit zu Recht davon aus, dass der Tatbestand dieser Vorschrift schon erfüllt ist, wenn der Verkehr durch den eingebrachten Gegenstand nicht unerheblich gefährdet oder erschwert werden kann (vgl. auch Senatsbeschl. v. 14.10.1996 - 5 S 1775/96 - NVwZ-RR 1997, 679 = VBlBW 1997, 1029). Eine Gefährdung muss möglich und darf nicht ganz unwahrscheinlich sein. Als möglicherweise betroffener Verkehr i. S. des § 32 Abs. 1 StVO kommt hier (nur) der - allein widmungsgemäße - Fußgängerverkehr in der Fußgängerzone Westliche Karl-Friedrich-Straße der Beklagten in Betracht. Zu fragen ist, ob der hier eröffnete Fußgängerverkehr durch die Aufstellung eines Informationsstandes mit einer Größe von ca. 1 m² (so der maßgebliche Antrag des Klägers vom 13.03.2001) am vorgesehenen Standort (vor der Westecke des „Kaufhofs“) gefährdet oder erschwert werden kann. Dies hat das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die (gerichtsbekannte) Breite/Weite der Fußgängerzone im Bereich Westliche Karl-Friedrich-Straße sowie im Hinblick auf die Größe des Tisches (1 m²), der zudem nicht fest verankert sei und deshalb leicht weggeräumt werden könne, verneint, wobei es angenommen hat, dass auf dem Tisch nur die zu verteilenden Flugblätter abgelegt werden sollten. Demgegenüber verweist die Beklagte jedoch zu Recht auf den gerade während der „heißen“ Wahlkampfphase - Wahltermin war der 25.03.2001 - erheblichen Regelungsbedarf für das Aufstellen von Informationsständen in der Fußgängerzone. Es war sicherzustellen, dass die dort verlaufenden Rettungswege freigehalten werden. Zudem war eine Abstimmung erforderlich mit einer Vielzahl von Anträgen anderer politischer Parteien und Gruppierungen auf weitere Wahlkampf- bzw. Informationsstände; so sind im betreffenden Zeitraum Ausnahmegenehmigungen auch für die sogenannten etablierten Parteien erteilt worden; hierzu hat die Beklagte beispielhaft die der SPD erteilte Ausnahmegenehmigung vom 31.01.2001 vorgelegt. Dabei waren im Einzelnen die Standorte zu benennen und es war sicherzustellen, dass bei Kollisionen von Standortwünschen die definierten Rettungswege sowie ausreichend Raum für die Fußgänger frei geblieben sind. Insoweit können auch kleinere Stände mit einer Größe von lediglich ca. 1 m² - wie der vom Kläger zur Aufstellung vorgesehene - in Verbindung mit weiteren Wahlkampfständen und den um diese Stände sich versammelnden Personen dazu beitragen, dass in Teilbereichen der Fußgängerzone die Räume so eingeengt werden, dass nicht jeder gewünschte Standort als verkehrlich „verträglich“ zugelassen werden kann. So heißt es in der der SPD erteilten Ausnahmegenehmigung vom 31.01.2001, dass bei der Aufstellung von Informationsständen auf Gehwegen eine Durchgangsbreite von mindestens 1,50 m freizuhalten ist. Ferner ist in der Fußgängerzone auch Kfz-Verkehr zugelassen, einmal der Lieferverkehr bis 10.30 Uhr, zum anderen Verkehr auf Grund zahlreicher Ausnahmegenehmigungen für Handwerker, Anlieger und Personenbeförderungsunternehmen. Somit können Fußgänger je nach Verkehrsaufkommen durchaus gezwungen sein, Randbereiche der Fußgängerzone - wie etwa Schaufensterbereiche - zu nutzen. Jedenfalls in einer solchen Situation, in der während eines bestimmten Zeitraums („heiße“ Wahlkampfphase) in einer Fußgängerzone, die ihrerseits schon mit anderweitigem, ausnahmsweise zugelassenen Fahrzeugverkehr belastet ist, eine Vielzahl von Informationsständen aufgestellt werden soll, kann zur Frage einer Gefährdung des (Fußgänger-)Verkehrs nicht nur auf den einzelnen Informationsstand und dessen Größe im Verhältnis zur Breite der Fußgängerzone abgestellt werden. Vielmehr führt die Vielzahl der geplanten Informationsstände zu einem Gefährdungspotential i. S. des § 32 Abs. 1 StVO, das seinerseits einen Regelungsbedarf durch koordinierte Ausnahmegenehmigungen auslöst.
28 
Die Erhebung der umstrittenen Verwaltungsgebühr ist ferner nicht schon deshalb grundsätzlich unzulässig, weil - wie der Kläger (insbesondere schon mit dem Widerspruch) geltend macht - das Aufstellen des Informationsstandes in der Fußgängerzone der Beklagten im Rahmen (der „heißen“ Phase) des Landtagswahlkampfes 2001 vorgesehen gewesen sei und durch die Festsetzung einer Verwaltungsgebühr gerade kleinere demokratische Gruppierungen unter Verstoß gegen Art. 5 und 8 GG gehindert würden, ihre Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. Insoweit ist höchstrichterlich anerkannt (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.06.1978 - 7 C 5.78 - BVerwGE 56, 63 = NJW 1978, 1933), dass die Erhebung von Sondernutzungsgebühren und Verwaltungsgebühren für das Aufstellen eines Informationsstandes oder für das Anbringen von Plakatträgern im innerstädtischen Gehwegraum von Bundesstraßen und Gemeindestraßen zum Zwecke parteipolitischer Werbung nicht gegen Bundesrecht, insbesondere nicht gegen Art. 5, 8 und 21 GG verstößt.
29 
Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg darauf verweisen, dass er in zahlreichen anderen Städten, in denen er im Rahmen des Landtagswahlkampfes 2001 ebenfalls einen Informationsstand aufgestellt habe, nicht zu einer Verwaltungsgebühr für die jeweilige behördliche Gestattung herangezogen worden sei. Diese „Gebührenpraxis“ anderer Hoheitsträger entfaltet keine Bindungswirkung für die Beklagte, die den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG nur innerhalb ihres eigenen Verwaltungshandelns beachten muss. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang ferner der Einwand des Klägers, die Beklagte habe ihn bei seiner Anfrage nicht auf die Erhebung einer Verwaltungsgebühr für eine Ausnahmegenehmigung hingewiesen.
30 
Der Kläger ist Kostenschuldner i. S. des § 4 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt, § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG, da er die auf §§ 46 Abs. 1 Nr. 8, 32 Abs. 1 StVO gestützte Ausnahmegenehmigung durch seinen Antrag vom 13.03.2001 veranlasst hat. Er (bzw. „D. D. I.“) gehört auch nicht zu den Personen und Institutionen, für die gemäß § 5 Abs. 1 GebOSt, § 8 Abs. 1 VwKostG persönliche Gebührenfreiheit besteht.
31 
Auch die Höhe der festgesetzten Verwaltungsgebühr unterliegt keinen rechtlichen Bedenken.
32 
Für eine verkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung nach §§ 46 Abs. 1 Nr. 8, 32 Abs. 1 StVO sieht Nr. 264 GebTSt - in der damals gültigen Fassung - einen Gebührenrahmen von 20,-- DM bis 600,-- DM vor. Nach § 9 VwKostG sind, wenn Rahmensätze für Gebühren vorgesehen sind, bei der Festsetzung der Gebühr im Einzelfall zu berücksichtigen - erstens - der mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand, soweit Aufwendungen nicht als Auslagen gesondert berechnet werden, und - zweitens - die Bedeutung, der wirtschaftliche Wert oder sonstige Nutzen der Amtshandlung für den Gebührenschuldner sowie dessen wirtschaftliche Verhältnisse. Bemessungskriterien sind danach das Kostenüberdeckungsverbot und das Äquivalenzprinzip. Letzteres verlangt, dass ein angemessenes Verhältnis zwischen der Gebühr und dem Wert der Amtshandlung für deren Empfänger bestehen muss; insoweit genügt, dass die Gebühr an dem typischen Nutzen, den die Amtshandlung erbringt, ausgerichtet ist. Demgegenüber ist es nach dem Kostenüberdeckungsverbot nicht gestattet, Verwaltungsgebühren zur Erzielung von Überschüssen zu erheben; ein Verstoß hiergegen liegt allerdings erst dann vor, wenn die Gesamtheit der Gebühren für besondere Leistungen bestimmter Art die Gesamtheit der Aufwendungen für diese besonderen Leistungen übersteigt (vgl. Schlabach, Verwaltungskostenrecht, RdNrn. 2 ff. zu § 9 VwKostG sowie RdNr. 6 ff. § 3 VwKostG, jeweils m.w.N.). Beim Ansatz einer Gebühr innerhalb eines Gebührenrahmens steht der Behörde für die Festlegung der konkreten Höhe ein Ermessensspielraum zu (zur vergleichbaren Regelung des § 8 LGebG vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.03.1991 - 14 S 2616/90 - KStZ 1991, 110 sowie Schlabach, a.a.O., RdNr. 9 zu § 8 LGebG m.w.N.). Die Beklagte hat plausibel darauf hingewiesen und in der mündlichen Verhandlung nochmals erläutert, dass in die Gebühr (nur) eingeflossen seien der Personal-, Material-, Raum- und Technikaufwand für die Erstellung und Ausfertigung des Bescheids, ferner der Aufwand für die Ausarbeitung eines Gesamtkonzepts für die Aufstellung von Informationsständen während des Landtagswahlkampfes, bestehend aus einem Übersichtsplan für die in Betracht kommenden Standortalternativen und einem (Tages-)Belegungsplan, wobei die Erkenntnisse und Ergebnisse aus vergangenen Wahlkämpfen Eingang gefunden hätten, sowie der Aufwand für die Sicherstellung der Kontrolle durch den gemeindlichen Vollzugsdienst, der durch den zuständigen Vorgesetzten in seine Aufgabe der Überwachung anhand des Konzepts und der erteilten Genehmigung eingewiesen werde; die Kontrolle vor Ort selbst hat die Beklagte dagegen nicht in die Kalkulation des Verwaltungsaufwands einbezogen. Mit Blick auf das Kostenüberdeckungsverbot wendet der Kläger nur pauschal und damit in unbeachtlicher Weise ein, dass die Gebühr nicht dem Ausgleich des verursachten Verwaltungsaufwands, der bereits durch anderweitige gemeindliche Einnahmen gedeckt sei, sondern allein der aufwandsunabhängigen Einnahmenerzielung gedient habe. Mit einer Höhe von 55,-- DM bewegt sich die umstrittene Verwaltungsgebühr, welche der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung als „Sockelbetrag“ bezeichnet hat, im untersten Bereich des eröffneten Gebührenrahmens. Den (ideellen) Wert bzw. Nutzen der Ausnahmegenehmigung für den Kläger hat die Beklagte dagegen - wie auch in den anderen Fällen - nicht in die Bemessung der Gebühr einbezogen. Unabhängig davon sieht der Kläger einen Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip gleichwohl darin, dass die erteilte Ausnahmegenehmigung für ihn nur den Wert einer Auskunft gehabt und er sie auch gar nicht in Anspruch genommen habe; beide Einwände sind im vorliegenden Zusammenhang unerheblich.
33 
Die Beklagte hat mit der umstrittenen Gebührenforderung auch nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen hat. Dieser verbietet es, wesentlich Gleiches willkürlich und ohne sachlichen Grund ungleich sowie wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.03.1995 - 2 S 1595/93 - NVwZ 1995, 1029). In diesem Zusammenhang wendet der Kläger ein, dass die Beklagte für die ihm erteilte Ausnahmegenehmigung zum Aufstellen eines einzigen Informationsstandes mit einer Größe von 1 m² an einem einzigen Tag (nur am 16.03.2001) mit 55,-- DM die gleiche Verwaltungsgebühr verlangt habe wie - beispielsweise - von der SPD, der mit Bescheid vom 31.01.2001 ohne Beschränkung auf einen einzigen Tag die Ausnahmegenehmigung zur Errichtung von Informationsständen mit einer Größe von maximal 2 m x 2 m an insgesamt 13 Standorten (davon 8 in der Fußgängerzone) erteilt worden sei. Hierzu hat die Beklagte plausibel dargelegt, dass sich auf der Grundlage des erstellten Gesamtkonzepts (Übersichtsplan und Belegungsplan) der Zeitaufwand für die Bearbeitung eines Antrags zur Aufstellung von Informationsständen an verschiedenen Standorten und an mehreren Tagen nur geringfügig und damit in vernachlässigbarer Weise erhöhe. Der Verwaltungsaufwand fiel - wie bereits dargelegt - primär für die Ausarbeitung des Konzepts, für die Erstellung und Ausfertigung des Bescheids sowie für das Verfahren zur Sicherstellung der Kontrolle durch den gemeindlichen Vollzugsdienst an. Der Aufwand für die Kontrolle vor Ort, der bei mehreren Standorten und/oder an mehreren Tagen in entsprechend erhöhtem Umfang anfällt, wurde nicht einbezogen. Auch vom Kläger wäre nur der „Sockelbetrag“ in Höhe von 55,-- DM erhoben worden, wenn er - für die von ihm vertretene Gruppierung - die Genehmigung zum Aufstellen von Informationsständen an verschiedenen Standorten und/oder an mehreren Tagen beantragt hätte. Dass ihn die Entrichtung der (einheitlich) festgesetzten, am Verwaltungsaufwand orientierten Gebühr härter treffe als eine größere Gruppierung oder eine etablierte Partei, kann der Kläger gegen die Gebührenforderung nicht einwenden.
34 
II. Den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 05.07.2001, einschließlich der festgesetzten Widerspruchsgebühr in Höhe von 240,-- DM, hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht aufgehoben. Denn das Regierungspräsidium war zur Entscheidung über den Widerspruch nicht zuständig.
35 
1. Der Kläger hat im Verfahren gegen die Beklagte (§ 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), die den angefochtenen Gebührenbescheid vom 15.03.2001 erlassen hat, neben diesem Ausgangsbescheid (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) zulässigerweise auch den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 05.07.2001 zum selbständigen Anfechtungsgegenstand gemacht (vgl. hierzu BVerwG, Urt. 25.08.1982 - 8 C 50.80 - Buchholz 310 § 79 VwGO Nr. 18 sowie Senatsurt. v. 17.08.1995 - 5 S 71/95 - NVwZ-RR 1996, 61 = DVBl. 1996, 65). Der Kläger hat eigenständig - wenn auch Anfangs mit unzutreffenden Erwägungen - die Zuständigkeit des Regierungspräsidiums zur Entscheidung über den von ihm gegen den Gebührenbescheid der Beklagten vom 15.03.2001 eingelegten Widerspruch und damit die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift (§ 79 Abs. 2 Satz 2 VwGO) gerügt und sich vor allem gesondert auch gegen die festgesetzte Widerspruchsgebühr in Höhe von 240,-- DM zur Wehr gesetzt (zu diesem Aspekt vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.03.1991 - A 14 S 2616/90 - KStZ 1991, 110 sowie Beschluss vom 28.01.1991 - 2 S 2384/90 - VBlBW 1991, 344).
36 
2. Das Regierungspräsidium Karlsruhe war zur Entscheidung über den Widerspruch des Klägers gegen den Gebührenbescheid der Beklagen vom 15.03.2001 nicht zuständig.
37 
Nach § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO entscheidet über den Widerspruch die nächsthöhere Behörde, soweit nicht durch Gesetz eine andere höhere Behörde bestimmt ist. Allerdings entscheidet in Selbstverwaltungsangelegenheiten gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO die Selbstverwaltungsbehörde, vorbehaltlich einer anderweitigen gesetzlichen Regelung. Die Beklagte hält die erstgenannte Regelung für einschlägig, da sie bei der Erteilung der verkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 8 StVO als - Bundesrecht ausführende - untere Verwaltungsbehörde gehandelt habe (§ 44 Abs. 1 StVO, § 13 Abs. 1 Nr. 2 LVG), was auch die Erhebung der Verwaltungsgebühr erfasse, die (demnach) nicht auf einer kommunalen Satzung beruhe; eine - wie erforderlich - einheitliche Gebührenerhebungspraxis sei auch nur gewährleistet, wenn insoweit der staatlichen Aufsichtsbehörde die Möglichkeit der Überprüfung im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens eröffnet sei. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Vielmehr handelt es sich (auch) bei der Gebührenerhebung für eine Amtshandlung, welche die Beklagte (Stadtkreis) - wie vorliegend - als untere staatliche Verwaltungsbehörde vorgenommen hat, um eine Selbstverwaltungsangelegenheit i. S. des § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO (so auch Hess. VGH, Urt. v. 15.12.1966 - OS V 50/66 - ESVGH 17, 235 sowie Dolde, in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, RdNr. 14 zu § 73, Redeker/von Oertzen, VwGO, 13. Aufl., RdNr. 2 zu § 73 u. Pietzner/Ronellenfitsch, Das Assessorexamen im Öffentlichen Recht, 10. Aufl., § 37 RdNr. 14).
38 
Ausgangspunkt für diese rechtliche Einordnung ist die Eigenständigkeit der Gebührenfestsetzung gegenüber der zugrunde liegenden Amtshandlung, vorbehaltlich der unter I. erörterten „Akzessorietät“ zur Sachentscheidung im Hinblick auf deren Wirksamkeit (bzw. Rechtmäßigkeit). Im vorliegenden Zusammenhang kommt es darauf an, ob das materielle Recht zugunsten der Beklagten einen eingriffsgeschützten Anspruch auf die erhobene Verwaltungsgebühr begründet. Das ist nach Auffassung des Senats der Fall. Der Anspruch der Beklagten auf die nach den genannten gebührenrechtlichen Tatbeständen erhobene Verwaltungsgebühr folgt aus § 3 Abs. 1 GebOSt, § 12 VwKostG, wonach Kostengläubiger der Rechtsträger ist, dessen Stelle (Behörde) die kostenpflichtige Amtshandlung vornimmt. Das ist hier die Beklagte als Gemeinde (Stadtkreis), für deren Verwaltungstätigkeit die umstrittene Gebühr erhoben worden ist (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 VwKostG). Wie bereits dargelegt, wird damit der Verwaltungsaufwand abgedeckt, welcher der Beklagten in personeller und sachlicher Hinsicht aus Anlass der vom Kläger beantragten Amtshandlung entstanden ist. Auch soweit die Beklagte dabei die Funktion einer unteren staatlichen Verwaltungsbehörde wahrgenommen hat, obliegt es allein ihrer Personal- und Organisationshoheit, die dafür notwendigen personellen und sachlichen Voraussetzungen zu schaffen. Bei den Verwaltungsgebühren handelt es sich auch um eine wesentliche Einnahmequelle der Beklagten für ihren kommunalen Haushalt. Dass ihr (auch) die Einnahmen zufließen, die aus der Gebührenerhebung für Amtshandlungen im staatlichen (übertragenen) Verwaltungsbereich resultieren, hat die Beklagte selbst eingeräumt (vgl. Schrifts. v. 15.02.2005). Die etwaige Herabsetzung oder vollständige Aufhebung einer Gebührenforderung bedeutete für die Beklagte einen unmittelbaren Einnahmeausfall und berührt damit unmittelbar ihre Finanzhoheit (Abgabenhoheit) als Bestandteil des kommunalen Selbstverwaltungsrechts nach Art. 28 Abs. 2 GG (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.01.2001 - 8 B 258.00 - NVwZ-RR 2001, 326 = DVBl. 2001, 918). Der Vertreter der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung selbst auf den in § 78 GemO verankerten Grundsatz der Einnahmebeschaffung hingewiesen, wozu nach Abs. 1 der Regelung auch die Erhebung von Abgaben nach den gesetzlichen Vorschriften gehört. Dass Rechtsgrundlage für die vorliegend festgesetzte Verwaltungsgebühr nicht das Kommunalabgabengesetz in Verbindung mit der Gebührensatzung der Beklagten, sondern die genannte bundesrechtliche Regelung ist, steht der vorgenommenen Zuordnung der Gebühr zum Selbstverwaltungsbereich der Beklagten nicht entgegen. Die - verfahrensrechtlich unbefriedigende - Konsequenz einer Aufsplitterung der Zuständigkeit für den Widerspruch gegen die Amtshandlung einerseits und gegen die festgesetzte Verwaltungsgebühr andererseits ist als Folge der materiellen Rechtslage hinzunehmen, kann jedoch verwaltungstechnisch gemildert bzw. bewältigt werden durch ein Zuwarten der Selbstverwaltungsbehörde mit der Entscheidung über den Widerspruch gegen die Gebührenforderung, bis die nächsthöhere Behörde über den Widerspruch gegen die zugrunde liegende Amtshandlung entschieden hat (vgl. auch Pietzner/Ronellenfitsch, a.a.O., RdNr. 14).
39 
Das Gesetz zur Neuregelung des Gebührenrechts vom 14.12.2004 (GBl. S. 895) steht der dargestellten Sichtweise des Senats nicht entgegen. § 4 Abs. 3 LGebG - i. d. F. von Art. 1 des Neuregelungsgesetzes - bestimmt, dass die Landratsämter, Verwaltungsgemeinschaften und Gemeinden für ihren Bereich, sofern sie Aufgaben der unteren Verwaltungsbehörde im Sinne des Landesverwaltungsgesetzes oder Aufgaben der unteren Baurechtsbehörde im Sinne der Landesbauordnung wahrnehmen, die gebührenpflichtigen Tatbestände und die Höhe der Gebühren festsetzen; die Landratsämter treffen die Festsetzungen durch Rechtsverordnung, die Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften durch Satzung (S. 1); für die Festsetzung und Erhebung der Gebühren und Auslagen gilt für die Landratsämter dieses Gesetz, für die Verwaltungsgemeinschaften und Gemeinden das Kommunalabgabengesetz (S. 3). Nach der Begründung (LT-Drucks. 13/3477 S. 24) setzen die sachnäheren Behörden wie Landratsämter, Stadtkreise, Große Kreisstädte, Verwaltungsgemeinschaften und Gemeinden erstmals - in eigener Zuständigkeit und Verantwortlichkeit - die gebührenpflichtigen Tatbestände, die Gebührensätze sowie Gebührenerleichterungen fest (obligatorische dezentrale Gebührenfestsetzung). Das Gesetz gilt jedoch nicht für die Erhebung und Festsetzung von Gebühren, die - wie vorliegend - bundesgesetzlich geregelt sind (vgl. LT-Drucks. a.a.O. S. 37). Begründet wird die obligatorische dezentrale Festsetzung der Gebührentatbestände wie auch der Höhe mit dem Bedürfnis nach Verwaltungsvereinfachung durch Aufgabenverlagerung sowie mit der Notwendigkeit, der Vielgestaltigkeit des Gebührenrechts angemessen Rechnung zu tragen; Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften bemessen die Höhe der Gebühr aus Vereinfachungsgründen nach dem Kommunalabgabengesetz, sie wenden damit nur noch ein Gebührenrecht an; dass danach zur Umsetzung der Dezentralisierung der Gebührenfestsetzung zusätzliche - in der Regel auf ihren kommunalen Wirkungskreis begrenzte - Regelungen erforderlich sind, wird in Kauf genommen; mit der Aufgabenverlagerung wird - neben der Stärkung der Kommunen - auch eine Verwaltungsvereinfachung angestrebt, da künftig die sachnähere Behörde die Gebühren selbst festsetzen kann (vgl. LT-Drucks. a.a.O. S. 28 f. u. S. 43). Dass mit der Einführung der obligatorischen dezentralen Gebührenfestsetzung erstmals auch eine materielle Neuzuweisung dieser Verwaltungsgebühren zum kommunalen Selbstverwaltungsbereich bewirkt worden wäre, lässt sich der Neuregelung nicht entnehmen.
40 
Mangels Zuständigkeit für den Erlass des Widerspruchsbescheids selbst war das Regierungspräsidium Karlsruhe auch nicht zuständig für die Festsetzung der Verwaltungsgebühr (Widerspruchsgebühr) in Höhe von 240,-- DM als einer eigenständigen, den Kläger belastenden Gebührenforderung.
41 
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
42 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Gründe

 
17 
Die nach Zulassung durch Senatsbeschluss vom 20.10.2003 - 5 S 710/03 - statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht begründete Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte deren Gebührenbescheid vom 15.03.2001 mangels Rechtsverletzung des Klägers nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht aufheben dürfen (I.). Demgegenüber ist die Aufhebung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 05.07.2001 - einschließlich der darin festgesetzten Widerspruchsgebühr - im Ergebnis zu Recht erfolgt (II.).
18 
I. Rechtsgrundlage für den Gebührenbescheid der Beklagten vom 15.03.2001
19 
ist § 6a Abs. 1 Nr. 1a StVG. Danach werden Kosten (Gebühren und Auslagen) für Amtshandlungen nach diesem Gesetz oder nach den auf diesem Gesetz beruhenden Rechtsvorschriften erhoben. Gemäß § 6a Abs. 2 Satz 1 StVG wird das Bundesministerium für Verkehr ermächtigt, die Gebühren für die einzelnen Amtshandlungen durch Rechtsverordnung zu bestimmen und dabei feste Sätze oder Rahmensätze vorzusehen. Nach § 1 Abs. 1 der auf Grund dieser Ermächtigung erlassenen Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr - GebOSt - vom 26.06.1970 (BGBl. I S. 865, berichtigt S. 1298) in der - hier maßgeblichen - Fassung vom 20.07.2000 (BGBl. I S. 1090) werden für Amtshandlungen u. a. i. S. des § 6a StVG Gebühren nach dieser Verordnung erhoben (Satz 1); die gebührenpflichtigen Tatbestände und die Gebührensätze ergeben sich aus dem als Anlage beigefügten Gebührentarif für Maßnahmen im Straßenverkehr - GebTSt - (Satz 2). Nach Nr. 264 des Gebührentarifs beträgt die Gebühr für eine „Entscheidung über eine Ausnahme von einer Vorschrift der StVO je Ausnahmetatbestand und je Fahrzeug/Person“ 20,-- DM bis 600,-- DM (nunmehr 10,20 EUR bis 767,-- EUR). Ergänzt werden diese materiellen Gebührenvorschriften durch das Verwaltungskostengesetz (VwKostG), das allgemeine und formale kostenrechtliche Fragen regelt. Für den Vollzug von Bundesgesetzen - wie hier des Straßenverkehrsgesetzes und der Straßenverkehrsordnung - kann der Bund auch die Erhebung von Verwaltungskosten regeln. Macht der Bund insoweit von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch, sind die Länder am Erlass eigener Gebührenregelungen gehindert (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.01.2000 - 11 C 5.99 - NVwZ-RR 2000, 533). Bundesrecht verdrängt insoweit Landesrecht. Eine bundesrechtliche Gebührenregelung in diesem Sinne ist die Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 VwKostG gilt dieses Gesetz für Kosten (Gebühren und Auslagen) öffentlich-rechtlicher Verwaltungstätigkeit der Behörden der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände, wenn sie Bundesrecht ausführen. Während die Regelungen im 2. Abschnitt des Verwaltungskostengesetzes (§§ 2 bis 7) sich an den Verordnungsgeber richten, haben die Vorschriften des 3. Abschnitts (§§ 8 bis 22) unmittelbare Geltung.
20 
Auf die genannten Regelungen gestützt hat die Beklagte für die dem Kläger antragsgemäß mit Bescheid vom 15.03.2001 erteilte Erlaubnis (Ausnahmegenehmigung), am 16.03.2001 in der Fußgängerzone Westliche Karl-Friedrich-Straße zwischen Kaufhof und Westliche 23 während der Ladenöffnungszeiten einen Informationsstand in der Größe von maximal 1 m x 2 m zu errichten, eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 55,-- DM festgesetzt. Das ist nicht zu beanstanden.
21 
Es liegt eine Amtshandlung im Sinne der genannten gebührenrechtlichen Regelungen vor, da dem Kläger mit Bescheid der Beklagten vom 15.03.2001 gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 8 StVO eine Ausnahmegenehmigung vom Verbot des § 32 Abs. 1 StVO erteilt wurde, Hindernisse auf die Straße zu bringen; damit sind Gegenstände gemeint, wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann. Unter Hinweis auf das Urteil des erkennenden Gerichtshofs vom 08.02.1991 - 10 S 2674/90 - (VBlBW 1991, 303) hat das Verwaltungsgericht die Auffassung vertreten, dass eine Verwaltungsgebühr nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nur für rechtmäßiges Verwaltungshandeln erhoben werden könne, dass die hier zugrunde liegende Ausnahmegenehmigung vom 15.03.2001, die sich durch Zeitablauf erledigt habe, jedoch rechtswidrig gewesen sei, weil mit der Errichtung des Informationsstandes an der vorgesehenen Stelle in der Fußgängerzone der Beklagten der Gefährdungstatbestand des § 32 Abs. 1 StVO nicht erfüllt sei. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
22 
Eine „Akzessorietät“ zwischen der Amtshandlung (Sachentscheidung) und der ihr gegenüber eigenständigen Festsetzung einer Verwaltungsgebühr ist materiell-rechtlich nur insoweit gegeben, als Voraussetzung für eine Gebührenfestsetzung die Vornahme einer gebührenpflichtigen Amtshandlung ist, die wirksam ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 19.04.2004 - 2 S 340/04 - VBlBW 2004, 352). Das ist hier der Fall. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 15.03.2001 dem Kläger die beantragte Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 8 StVO erteilt. Unerheblich ist insoweit, dass der Kläger ihr nur das Gewicht einer Auskunft beimessen will und von ihr - wegen der Höhe der festgesetzten und von ihm als unzulässig empfundenen Gebühr - keinen Gebrauch gemacht hat. Unerheblich ist ferner, dass der Kläger den Antrag auf „Aufstellung eines Informationsstands“ erst nach vorheriger telefonischer Anfrage bei der Beklagten („wie soeben besprochen“) gestellt hat und dabei nicht auf eine Gebührenpflicht hingewiesen wurde. Entscheidend ist im vorliegenden Zusammenhang, dass der Kläger die Ausnahmegenehmigung antragsgemäß erhalten hat und damit eine - von ihm veranlasste - Amtshandlung vorliegt. Gründe für deren Nichtigkeit sind nicht ersichtlich.
23 
Selbst wenn man als Voraussetzung für die Erhebung einer Verwaltungsgebühr auch die Rechtmäßigkeit der zugrunde liegenden Amtshandlung verlangen wollte, führt dies nicht zum Erfolg der Klage. Insoweit stünde einer Überprüfung allerdings nicht schon die - eine Bindungs- bzw. Legalisierungswirkung auslösende - Bestandskraft der in Rede stehenden Amtshandlung entgegen. Auch wenn man insoweit die Möglichkeit einer (isolierten) Anfechtung unter dem Aspekt für zulässig hielte, dass die dem Kläger erteilte Ausnahmegenehmigung konkludent auch die vorgelagerte Feststellung ihrer Erforderlichkeit mit Blick auf den Verbotstatbestand des § 32 Abs. 1 StVO enthalten habe, hätte sich die Ausnahmegenehmigung mit Ablauf des 16.03.2001 - nur für diesen Tag hat die Beklagte das Aufstellen des Informationsstandes erlaubt - und damit vor Eintritt der Bestandskraft erledigt, so dass eine Aufhebung dieser Amtshandlung - womit das „Substrat“ für die festgesetzte Verwaltungsgebühr entfallen wäre - nicht mehr in Betracht gekommen ist. Die Frage der Rechtmäßigkeit der Amtshandlung stellt sich nur (und erstmals) im Zusammenhang der beanstandeten Verwaltungsgebühr, so dass der Kläger Einwendungen gegen die erteilte Ausnahmegenehmigung mit Blick auf den zugrunde liegenden Verbotstatbestand des § 32 Abs. 1 StVO erstmals im Rahmen der vorliegenden Anfechtungsklage gegen die für die (erledigte) Amtshandlung festgesetzte Verwaltungsgebühr erheben kann (vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.03.1986 - 1 S 2654/85 - ESVGH 36, 217).
24 
Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts unterfiel die vom Kläger geplante Aufstellung eines Informationsstandes in der Fußgängerzone der Beklagten der Vorschrift des § 32 Abs. 1 StVO, wonach es verboten ist, Gegen-stände auf die Straße zu bringen (oder dort liegen zu lassen), wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann, so dass der Kläger einer Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 8 StVO bedurfte. Diese straßenverkehrsrechtliche Regelung kommt vorliegend - im Verhältnis zum Straßenrecht - zum Zuge.
25 
Straßenrecht und Straßenverkehrsrecht sind selbständige Rechtsmaterien (vgl. BVerfGE 40, 371 und 67, 299) mit unterschiedlichen Regelungszwecken. Mit dem Straßenverkehrsrecht, das nach Art. 74 Nr. 22 GG Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes ist, soll die Teilnahme am Straßenverkehr, vor allem aber dessen Sicherheit und Leichtigkeit gewährleistet werden. Es dient als „sachlich begrenztes Ordnungsrecht“ der Abwehr von typischen Gefahren, die vom Straßenverkehr ausgehen und die dem Straßenverkehr von außen oder durch Verkehrsteilnehmer erwachsen. Aufgabe des zur originären Gesetzgebungskompetenz der Länder gehörenden Straßen- und Wegerechts ist es hingegen, die Rechtsverhältnisse an den öffentlichen Straßen und ihre Bereitstellung für den Verkehr durch Widmung zu regeln. Das Straßenrecht befasst sich daher vor allem mit der Entstehung, der Ein- und Umstufung öffentlicher Straßen und der Abgrenzung von Gemeingebrauch zur Sondernutzung. Beide Rechtsmaterien stehen allerdings in einem sachlichen Zusammenhang. Zum einen setzt das Straßenverkehrsrecht, insbesondere durch das Erfordernis der straßenrechtlichen Widmung, das Straßenrecht voraus (sogenannter Vorbehalt des Straßenrechts). Zum anderen wird der durch die Widmung eröffnete Gemeingebrauch wesentlich vom Straßenverkehrsrecht „mitbestimmt“. Dem wird in § 13 Abs. 1 StrG ausdrücklich dadurch Rechnung getragen, dass der Gemeingebrauch „im Rahmen der Widmung und der Straßenverkehrsvorschriften“ eröffnet wird. Hieraus folgt, dass ein Verkehrsvorgang, der im Rahmen der Verkehrsvorschriften liegt, sich gleichzeitig innerhalb des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs bewegt (sogenannter Vorrang des Straßenverkehrsrechts). Der Bund hat von der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für das Straßenverkehrsrecht insbesondere im Straßenverkehrsgesetz und zu dessen Ausführung u. a. in der Straßenverkehrsordnung weitgehend abschließend Gebrauch gemacht (vgl. BVerfGE 32, 319). Das gilt auch in Bezug auf das in § 32 Abs. 1 StVO enthaltene Verbot, für das - der Zielrichtung des Straßenverkehrsrechts entsprechend - tatbestandliche Voraussetzung ist, dass durch die umschriebene Handlung des Einbringens von Gegenständen „der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann“. Die Abgrenzung der beiden Rechtsgebiete ist also danach vorzunehmen, ob es (im Schwerpunkt) um die Abwehr von Gefahren für den Straßenverkehr geht oder ob einer Überschreitung des Gemeingebrauchs (Sondernutzung) begegnet werden soll.
26 
Bei der vom Kläger im Rahmen des Landtagswahlkampfes 2001 geplanten Aufstellung eines Informationsstandes in der Fußgängerzone der Beklagten war - im Verbund mit einer Vielzahl anderer gleichartiger Vorhaben - primär der verkehrsrechtliche Aspekt berührt, so dass das Straßenverkehrsrecht als Regelungsmaterie eingreift, das zur Legalisierung der in Rede stehenden Nutzung der Verkehrsfläche die Erteilung einer verkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung vorsieht, und nicht das Straßenrecht mit dem Legalisierungsmittel der Sondernutzungserlaubnis nach § 16 Abs. 1 StrG. Verstärkt wird diese verkehrsrechtliche Sicht durch die damit zusammenhängende Genehmigung, zum Zwecke des Auf- und Abbaus des Informationsstands mit einem Fahrzeug in die Fußgängerzone einfahren und dort halten zu dürfen, um das Fahrzeug zu beladen und zu entladen. Zum (Rang-)Verhältnis der beiden Gestattungsmöglichkeiten bestimmt § 16 Abs. 6 Satz 1 StrG, dass es keiner Sondernutzungserlaubnis bedarf, wenn nach den Vorschriften des Straßenverkehrsrechts eine Ausnahmegenehmigung erforderlich ist (Satz 1); vor ihrer Entscheidung hat die hierfür zuständige Behörde die sonst für die Sondernutzungserlaubnis zuständige Behörde zu hören (Satz 2); die von dieser geforderten Bedingungen, Auflagen und Sondernutzungsgebühren sind dem Antragsteller in der Genehmigung aufzuerlegen, soweit Träger der Straßenbaulast eine Gemeinde oder ein Landkreis ist (Satz 3). Auf diese Weise werden die spezifisch straßenrechtlichen Aspekte in die verkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung, die im Außenverhältnis gegenüber dem Bürger allein ergeht, eingebracht.
27 
Die Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 StVO, bei dem es sich - wie bereits erwähnt - um ein Gefährdungs-, nicht um ein Verletzungsdelikt handelt, sind gegeben. Das Verwaltungsgericht geht insoweit zu Recht davon aus, dass der Tatbestand dieser Vorschrift schon erfüllt ist, wenn der Verkehr durch den eingebrachten Gegenstand nicht unerheblich gefährdet oder erschwert werden kann (vgl. auch Senatsbeschl. v. 14.10.1996 - 5 S 1775/96 - NVwZ-RR 1997, 679 = VBlBW 1997, 1029). Eine Gefährdung muss möglich und darf nicht ganz unwahrscheinlich sein. Als möglicherweise betroffener Verkehr i. S. des § 32 Abs. 1 StVO kommt hier (nur) der - allein widmungsgemäße - Fußgängerverkehr in der Fußgängerzone Westliche Karl-Friedrich-Straße der Beklagten in Betracht. Zu fragen ist, ob der hier eröffnete Fußgängerverkehr durch die Aufstellung eines Informationsstandes mit einer Größe von ca. 1 m² (so der maßgebliche Antrag des Klägers vom 13.03.2001) am vorgesehenen Standort (vor der Westecke des „Kaufhofs“) gefährdet oder erschwert werden kann. Dies hat das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die (gerichtsbekannte) Breite/Weite der Fußgängerzone im Bereich Westliche Karl-Friedrich-Straße sowie im Hinblick auf die Größe des Tisches (1 m²), der zudem nicht fest verankert sei und deshalb leicht weggeräumt werden könne, verneint, wobei es angenommen hat, dass auf dem Tisch nur die zu verteilenden Flugblätter abgelegt werden sollten. Demgegenüber verweist die Beklagte jedoch zu Recht auf den gerade während der „heißen“ Wahlkampfphase - Wahltermin war der 25.03.2001 - erheblichen Regelungsbedarf für das Aufstellen von Informationsständen in der Fußgängerzone. Es war sicherzustellen, dass die dort verlaufenden Rettungswege freigehalten werden. Zudem war eine Abstimmung erforderlich mit einer Vielzahl von Anträgen anderer politischer Parteien und Gruppierungen auf weitere Wahlkampf- bzw. Informationsstände; so sind im betreffenden Zeitraum Ausnahmegenehmigungen auch für die sogenannten etablierten Parteien erteilt worden; hierzu hat die Beklagte beispielhaft die der SPD erteilte Ausnahmegenehmigung vom 31.01.2001 vorgelegt. Dabei waren im Einzelnen die Standorte zu benennen und es war sicherzustellen, dass bei Kollisionen von Standortwünschen die definierten Rettungswege sowie ausreichend Raum für die Fußgänger frei geblieben sind. Insoweit können auch kleinere Stände mit einer Größe von lediglich ca. 1 m² - wie der vom Kläger zur Aufstellung vorgesehene - in Verbindung mit weiteren Wahlkampfständen und den um diese Stände sich versammelnden Personen dazu beitragen, dass in Teilbereichen der Fußgängerzone die Räume so eingeengt werden, dass nicht jeder gewünschte Standort als verkehrlich „verträglich“ zugelassen werden kann. So heißt es in der der SPD erteilten Ausnahmegenehmigung vom 31.01.2001, dass bei der Aufstellung von Informationsständen auf Gehwegen eine Durchgangsbreite von mindestens 1,50 m freizuhalten ist. Ferner ist in der Fußgängerzone auch Kfz-Verkehr zugelassen, einmal der Lieferverkehr bis 10.30 Uhr, zum anderen Verkehr auf Grund zahlreicher Ausnahmegenehmigungen für Handwerker, Anlieger und Personenbeförderungsunternehmen. Somit können Fußgänger je nach Verkehrsaufkommen durchaus gezwungen sein, Randbereiche der Fußgängerzone - wie etwa Schaufensterbereiche - zu nutzen. Jedenfalls in einer solchen Situation, in der während eines bestimmten Zeitraums („heiße“ Wahlkampfphase) in einer Fußgängerzone, die ihrerseits schon mit anderweitigem, ausnahmsweise zugelassenen Fahrzeugverkehr belastet ist, eine Vielzahl von Informationsständen aufgestellt werden soll, kann zur Frage einer Gefährdung des (Fußgänger-)Verkehrs nicht nur auf den einzelnen Informationsstand und dessen Größe im Verhältnis zur Breite der Fußgängerzone abgestellt werden. Vielmehr führt die Vielzahl der geplanten Informationsstände zu einem Gefährdungspotential i. S. des § 32 Abs. 1 StVO, das seinerseits einen Regelungsbedarf durch koordinierte Ausnahmegenehmigungen auslöst.
28 
Die Erhebung der umstrittenen Verwaltungsgebühr ist ferner nicht schon deshalb grundsätzlich unzulässig, weil - wie der Kläger (insbesondere schon mit dem Widerspruch) geltend macht - das Aufstellen des Informationsstandes in der Fußgängerzone der Beklagten im Rahmen (der „heißen“ Phase) des Landtagswahlkampfes 2001 vorgesehen gewesen sei und durch die Festsetzung einer Verwaltungsgebühr gerade kleinere demokratische Gruppierungen unter Verstoß gegen Art. 5 und 8 GG gehindert würden, ihre Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. Insoweit ist höchstrichterlich anerkannt (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.06.1978 - 7 C 5.78 - BVerwGE 56, 63 = NJW 1978, 1933), dass die Erhebung von Sondernutzungsgebühren und Verwaltungsgebühren für das Aufstellen eines Informationsstandes oder für das Anbringen von Plakatträgern im innerstädtischen Gehwegraum von Bundesstraßen und Gemeindestraßen zum Zwecke parteipolitischer Werbung nicht gegen Bundesrecht, insbesondere nicht gegen Art. 5, 8 und 21 GG verstößt.
29 
Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg darauf verweisen, dass er in zahlreichen anderen Städten, in denen er im Rahmen des Landtagswahlkampfes 2001 ebenfalls einen Informationsstand aufgestellt habe, nicht zu einer Verwaltungsgebühr für die jeweilige behördliche Gestattung herangezogen worden sei. Diese „Gebührenpraxis“ anderer Hoheitsträger entfaltet keine Bindungswirkung für die Beklagte, die den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG nur innerhalb ihres eigenen Verwaltungshandelns beachten muss. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang ferner der Einwand des Klägers, die Beklagte habe ihn bei seiner Anfrage nicht auf die Erhebung einer Verwaltungsgebühr für eine Ausnahmegenehmigung hingewiesen.
30 
Der Kläger ist Kostenschuldner i. S. des § 4 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt, § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG, da er die auf §§ 46 Abs. 1 Nr. 8, 32 Abs. 1 StVO gestützte Ausnahmegenehmigung durch seinen Antrag vom 13.03.2001 veranlasst hat. Er (bzw. „D. D. I.“) gehört auch nicht zu den Personen und Institutionen, für die gemäß § 5 Abs. 1 GebOSt, § 8 Abs. 1 VwKostG persönliche Gebührenfreiheit besteht.
31 
Auch die Höhe der festgesetzten Verwaltungsgebühr unterliegt keinen rechtlichen Bedenken.
32 
Für eine verkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung nach §§ 46 Abs. 1 Nr. 8, 32 Abs. 1 StVO sieht Nr. 264 GebTSt - in der damals gültigen Fassung - einen Gebührenrahmen von 20,-- DM bis 600,-- DM vor. Nach § 9 VwKostG sind, wenn Rahmensätze für Gebühren vorgesehen sind, bei der Festsetzung der Gebühr im Einzelfall zu berücksichtigen - erstens - der mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand, soweit Aufwendungen nicht als Auslagen gesondert berechnet werden, und - zweitens - die Bedeutung, der wirtschaftliche Wert oder sonstige Nutzen der Amtshandlung für den Gebührenschuldner sowie dessen wirtschaftliche Verhältnisse. Bemessungskriterien sind danach das Kostenüberdeckungsverbot und das Äquivalenzprinzip. Letzteres verlangt, dass ein angemessenes Verhältnis zwischen der Gebühr und dem Wert der Amtshandlung für deren Empfänger bestehen muss; insoweit genügt, dass die Gebühr an dem typischen Nutzen, den die Amtshandlung erbringt, ausgerichtet ist. Demgegenüber ist es nach dem Kostenüberdeckungsverbot nicht gestattet, Verwaltungsgebühren zur Erzielung von Überschüssen zu erheben; ein Verstoß hiergegen liegt allerdings erst dann vor, wenn die Gesamtheit der Gebühren für besondere Leistungen bestimmter Art die Gesamtheit der Aufwendungen für diese besonderen Leistungen übersteigt (vgl. Schlabach, Verwaltungskostenrecht, RdNrn. 2 ff. zu § 9 VwKostG sowie RdNr. 6 ff. § 3 VwKostG, jeweils m.w.N.). Beim Ansatz einer Gebühr innerhalb eines Gebührenrahmens steht der Behörde für die Festlegung der konkreten Höhe ein Ermessensspielraum zu (zur vergleichbaren Regelung des § 8 LGebG vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.03.1991 - 14 S 2616/90 - KStZ 1991, 110 sowie Schlabach, a.a.O., RdNr. 9 zu § 8 LGebG m.w.N.). Die Beklagte hat plausibel darauf hingewiesen und in der mündlichen Verhandlung nochmals erläutert, dass in die Gebühr (nur) eingeflossen seien der Personal-, Material-, Raum- und Technikaufwand für die Erstellung und Ausfertigung des Bescheids, ferner der Aufwand für die Ausarbeitung eines Gesamtkonzepts für die Aufstellung von Informationsständen während des Landtagswahlkampfes, bestehend aus einem Übersichtsplan für die in Betracht kommenden Standortalternativen und einem (Tages-)Belegungsplan, wobei die Erkenntnisse und Ergebnisse aus vergangenen Wahlkämpfen Eingang gefunden hätten, sowie der Aufwand für die Sicherstellung der Kontrolle durch den gemeindlichen Vollzugsdienst, der durch den zuständigen Vorgesetzten in seine Aufgabe der Überwachung anhand des Konzepts und der erteilten Genehmigung eingewiesen werde; die Kontrolle vor Ort selbst hat die Beklagte dagegen nicht in die Kalkulation des Verwaltungsaufwands einbezogen. Mit Blick auf das Kostenüberdeckungsverbot wendet der Kläger nur pauschal und damit in unbeachtlicher Weise ein, dass die Gebühr nicht dem Ausgleich des verursachten Verwaltungsaufwands, der bereits durch anderweitige gemeindliche Einnahmen gedeckt sei, sondern allein der aufwandsunabhängigen Einnahmenerzielung gedient habe. Mit einer Höhe von 55,-- DM bewegt sich die umstrittene Verwaltungsgebühr, welche der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung als „Sockelbetrag“ bezeichnet hat, im untersten Bereich des eröffneten Gebührenrahmens. Den (ideellen) Wert bzw. Nutzen der Ausnahmegenehmigung für den Kläger hat die Beklagte dagegen - wie auch in den anderen Fällen - nicht in die Bemessung der Gebühr einbezogen. Unabhängig davon sieht der Kläger einen Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip gleichwohl darin, dass die erteilte Ausnahmegenehmigung für ihn nur den Wert einer Auskunft gehabt und er sie auch gar nicht in Anspruch genommen habe; beide Einwände sind im vorliegenden Zusammenhang unerheblich.
33 
Die Beklagte hat mit der umstrittenen Gebührenforderung auch nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen hat. Dieser verbietet es, wesentlich Gleiches willkürlich und ohne sachlichen Grund ungleich sowie wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.03.1995 - 2 S 1595/93 - NVwZ 1995, 1029). In diesem Zusammenhang wendet der Kläger ein, dass die Beklagte für die ihm erteilte Ausnahmegenehmigung zum Aufstellen eines einzigen Informationsstandes mit einer Größe von 1 m² an einem einzigen Tag (nur am 16.03.2001) mit 55,-- DM die gleiche Verwaltungsgebühr verlangt habe wie - beispielsweise - von der SPD, der mit Bescheid vom 31.01.2001 ohne Beschränkung auf einen einzigen Tag die Ausnahmegenehmigung zur Errichtung von Informationsständen mit einer Größe von maximal 2 m x 2 m an insgesamt 13 Standorten (davon 8 in der Fußgängerzone) erteilt worden sei. Hierzu hat die Beklagte plausibel dargelegt, dass sich auf der Grundlage des erstellten Gesamtkonzepts (Übersichtsplan und Belegungsplan) der Zeitaufwand für die Bearbeitung eines Antrags zur Aufstellung von Informationsständen an verschiedenen Standorten und an mehreren Tagen nur geringfügig und damit in vernachlässigbarer Weise erhöhe. Der Verwaltungsaufwand fiel - wie bereits dargelegt - primär für die Ausarbeitung des Konzepts, für die Erstellung und Ausfertigung des Bescheids sowie für das Verfahren zur Sicherstellung der Kontrolle durch den gemeindlichen Vollzugsdienst an. Der Aufwand für die Kontrolle vor Ort, der bei mehreren Standorten und/oder an mehreren Tagen in entsprechend erhöhtem Umfang anfällt, wurde nicht einbezogen. Auch vom Kläger wäre nur der „Sockelbetrag“ in Höhe von 55,-- DM erhoben worden, wenn er - für die von ihm vertretene Gruppierung - die Genehmigung zum Aufstellen von Informationsständen an verschiedenen Standorten und/oder an mehreren Tagen beantragt hätte. Dass ihn die Entrichtung der (einheitlich) festgesetzten, am Verwaltungsaufwand orientierten Gebühr härter treffe als eine größere Gruppierung oder eine etablierte Partei, kann der Kläger gegen die Gebührenforderung nicht einwenden.
34 
II. Den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 05.07.2001, einschließlich der festgesetzten Widerspruchsgebühr in Höhe von 240,-- DM, hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht aufgehoben. Denn das Regierungspräsidium war zur Entscheidung über den Widerspruch nicht zuständig.
35 
1. Der Kläger hat im Verfahren gegen die Beklagte (§ 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), die den angefochtenen Gebührenbescheid vom 15.03.2001 erlassen hat, neben diesem Ausgangsbescheid (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) zulässigerweise auch den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 05.07.2001 zum selbständigen Anfechtungsgegenstand gemacht (vgl. hierzu BVerwG, Urt. 25.08.1982 - 8 C 50.80 - Buchholz 310 § 79 VwGO Nr. 18 sowie Senatsurt. v. 17.08.1995 - 5 S 71/95 - NVwZ-RR 1996, 61 = DVBl. 1996, 65). Der Kläger hat eigenständig - wenn auch Anfangs mit unzutreffenden Erwägungen - die Zuständigkeit des Regierungspräsidiums zur Entscheidung über den von ihm gegen den Gebührenbescheid der Beklagten vom 15.03.2001 eingelegten Widerspruch und damit die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift (§ 79 Abs. 2 Satz 2 VwGO) gerügt und sich vor allem gesondert auch gegen die festgesetzte Widerspruchsgebühr in Höhe von 240,-- DM zur Wehr gesetzt (zu diesem Aspekt vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.03.1991 - A 14 S 2616/90 - KStZ 1991, 110 sowie Beschluss vom 28.01.1991 - 2 S 2384/90 - VBlBW 1991, 344).
36 
2. Das Regierungspräsidium Karlsruhe war zur Entscheidung über den Widerspruch des Klägers gegen den Gebührenbescheid der Beklagen vom 15.03.2001 nicht zuständig.
37 
Nach § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO entscheidet über den Widerspruch die nächsthöhere Behörde, soweit nicht durch Gesetz eine andere höhere Behörde bestimmt ist. Allerdings entscheidet in Selbstverwaltungsangelegenheiten gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO die Selbstverwaltungsbehörde, vorbehaltlich einer anderweitigen gesetzlichen Regelung. Die Beklagte hält die erstgenannte Regelung für einschlägig, da sie bei der Erteilung der verkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 8 StVO als - Bundesrecht ausführende - untere Verwaltungsbehörde gehandelt habe (§ 44 Abs. 1 StVO, § 13 Abs. 1 Nr. 2 LVG), was auch die Erhebung der Verwaltungsgebühr erfasse, die (demnach) nicht auf einer kommunalen Satzung beruhe; eine - wie erforderlich - einheitliche Gebührenerhebungspraxis sei auch nur gewährleistet, wenn insoweit der staatlichen Aufsichtsbehörde die Möglichkeit der Überprüfung im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens eröffnet sei. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Vielmehr handelt es sich (auch) bei der Gebührenerhebung für eine Amtshandlung, welche die Beklagte (Stadtkreis) - wie vorliegend - als untere staatliche Verwaltungsbehörde vorgenommen hat, um eine Selbstverwaltungsangelegenheit i. S. des § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO (so auch Hess. VGH, Urt. v. 15.12.1966 - OS V 50/66 - ESVGH 17, 235 sowie Dolde, in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, RdNr. 14 zu § 73, Redeker/von Oertzen, VwGO, 13. Aufl., RdNr. 2 zu § 73 u. Pietzner/Ronellenfitsch, Das Assessorexamen im Öffentlichen Recht, 10. Aufl., § 37 RdNr. 14).
38 
Ausgangspunkt für diese rechtliche Einordnung ist die Eigenständigkeit der Gebührenfestsetzung gegenüber der zugrunde liegenden Amtshandlung, vorbehaltlich der unter I. erörterten „Akzessorietät“ zur Sachentscheidung im Hinblick auf deren Wirksamkeit (bzw. Rechtmäßigkeit). Im vorliegenden Zusammenhang kommt es darauf an, ob das materielle Recht zugunsten der Beklagten einen eingriffsgeschützten Anspruch auf die erhobene Verwaltungsgebühr begründet. Das ist nach Auffassung des Senats der Fall. Der Anspruch der Beklagten auf die nach den genannten gebührenrechtlichen Tatbeständen erhobene Verwaltungsgebühr folgt aus § 3 Abs. 1 GebOSt, § 12 VwKostG, wonach Kostengläubiger der Rechtsträger ist, dessen Stelle (Behörde) die kostenpflichtige Amtshandlung vornimmt. Das ist hier die Beklagte als Gemeinde (Stadtkreis), für deren Verwaltungstätigkeit die umstrittene Gebühr erhoben worden ist (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 VwKostG). Wie bereits dargelegt, wird damit der Verwaltungsaufwand abgedeckt, welcher der Beklagten in personeller und sachlicher Hinsicht aus Anlass der vom Kläger beantragten Amtshandlung entstanden ist. Auch soweit die Beklagte dabei die Funktion einer unteren staatlichen Verwaltungsbehörde wahrgenommen hat, obliegt es allein ihrer Personal- und Organisationshoheit, die dafür notwendigen personellen und sachlichen Voraussetzungen zu schaffen. Bei den Verwaltungsgebühren handelt es sich auch um eine wesentliche Einnahmequelle der Beklagten für ihren kommunalen Haushalt. Dass ihr (auch) die Einnahmen zufließen, die aus der Gebührenerhebung für Amtshandlungen im staatlichen (übertragenen) Verwaltungsbereich resultieren, hat die Beklagte selbst eingeräumt (vgl. Schrifts. v. 15.02.2005). Die etwaige Herabsetzung oder vollständige Aufhebung einer Gebührenforderung bedeutete für die Beklagte einen unmittelbaren Einnahmeausfall und berührt damit unmittelbar ihre Finanzhoheit (Abgabenhoheit) als Bestandteil des kommunalen Selbstverwaltungsrechts nach Art. 28 Abs. 2 GG (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.01.2001 - 8 B 258.00 - NVwZ-RR 2001, 326 = DVBl. 2001, 918). Der Vertreter der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung selbst auf den in § 78 GemO verankerten Grundsatz der Einnahmebeschaffung hingewiesen, wozu nach Abs. 1 der Regelung auch die Erhebung von Abgaben nach den gesetzlichen Vorschriften gehört. Dass Rechtsgrundlage für die vorliegend festgesetzte Verwaltungsgebühr nicht das Kommunalabgabengesetz in Verbindung mit der Gebührensatzung der Beklagten, sondern die genannte bundesrechtliche Regelung ist, steht der vorgenommenen Zuordnung der Gebühr zum Selbstverwaltungsbereich der Beklagten nicht entgegen. Die - verfahrensrechtlich unbefriedigende - Konsequenz einer Aufsplitterung der Zuständigkeit für den Widerspruch gegen die Amtshandlung einerseits und gegen die festgesetzte Verwaltungsgebühr andererseits ist als Folge der materiellen Rechtslage hinzunehmen, kann jedoch verwaltungstechnisch gemildert bzw. bewältigt werden durch ein Zuwarten der Selbstverwaltungsbehörde mit der Entscheidung über den Widerspruch gegen die Gebührenforderung, bis die nächsthöhere Behörde über den Widerspruch gegen die zugrunde liegende Amtshandlung entschieden hat (vgl. auch Pietzner/Ronellenfitsch, a.a.O., RdNr. 14).
39 
Das Gesetz zur Neuregelung des Gebührenrechts vom 14.12.2004 (GBl. S. 895) steht der dargestellten Sichtweise des Senats nicht entgegen. § 4 Abs. 3 LGebG - i. d. F. von Art. 1 des Neuregelungsgesetzes - bestimmt, dass die Landratsämter, Verwaltungsgemeinschaften und Gemeinden für ihren Bereich, sofern sie Aufgaben der unteren Verwaltungsbehörde im Sinne des Landesverwaltungsgesetzes oder Aufgaben der unteren Baurechtsbehörde im Sinne der Landesbauordnung wahrnehmen, die gebührenpflichtigen Tatbestände und die Höhe der Gebühren festsetzen; die Landratsämter treffen die Festsetzungen durch Rechtsverordnung, die Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften durch Satzung (S. 1); für die Festsetzung und Erhebung der Gebühren und Auslagen gilt für die Landratsämter dieses Gesetz, für die Verwaltungsgemeinschaften und Gemeinden das Kommunalabgabengesetz (S. 3). Nach der Begründung (LT-Drucks. 13/3477 S. 24) setzen die sachnäheren Behörden wie Landratsämter, Stadtkreise, Große Kreisstädte, Verwaltungsgemeinschaften und Gemeinden erstmals - in eigener Zuständigkeit und Verantwortlichkeit - die gebührenpflichtigen Tatbestände, die Gebührensätze sowie Gebührenerleichterungen fest (obligatorische dezentrale Gebührenfestsetzung). Das Gesetz gilt jedoch nicht für die Erhebung und Festsetzung von Gebühren, die - wie vorliegend - bundesgesetzlich geregelt sind (vgl. LT-Drucks. a.a.O. S. 37). Begründet wird die obligatorische dezentrale Festsetzung der Gebührentatbestände wie auch der Höhe mit dem Bedürfnis nach Verwaltungsvereinfachung durch Aufgabenverlagerung sowie mit der Notwendigkeit, der Vielgestaltigkeit des Gebührenrechts angemessen Rechnung zu tragen; Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften bemessen die Höhe der Gebühr aus Vereinfachungsgründen nach dem Kommunalabgabengesetz, sie wenden damit nur noch ein Gebührenrecht an; dass danach zur Umsetzung der Dezentralisierung der Gebührenfestsetzung zusätzliche - in der Regel auf ihren kommunalen Wirkungskreis begrenzte - Regelungen erforderlich sind, wird in Kauf genommen; mit der Aufgabenverlagerung wird - neben der Stärkung der Kommunen - auch eine Verwaltungsvereinfachung angestrebt, da künftig die sachnähere Behörde die Gebühren selbst festsetzen kann (vgl. LT-Drucks. a.a.O. S. 28 f. u. S. 43). Dass mit der Einführung der obligatorischen dezentralen Gebührenfestsetzung erstmals auch eine materielle Neuzuweisung dieser Verwaltungsgebühren zum kommunalen Selbstverwaltungsbereich bewirkt worden wäre, lässt sich der Neuregelung nicht entnehmen.
40 
Mangels Zuständigkeit für den Erlass des Widerspruchsbescheids selbst war das Regierungspräsidium Karlsruhe auch nicht zuständig für die Festsetzung der Verwaltungsgebühr (Widerspruchsgebühr) in Höhe von 240,-- DM als einer eigenständigen, den Kläger belastenden Gebührenforderung.
41 
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
42 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Sonstige Literatur

 
43 
Rechtsmittelbelehrung
44 
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
45 
Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen.
46 
Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
47 
In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
48 
Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
49 
Beschluss
50 
Der Streitwert des Verfahrens wird gemäß § 13 Abs. 2 GKG a. F. i.V.m. § 5 ZPO analog auf 150,83 EUR festgesetzt.
51 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 16. Februar 2010 - 6 K 4127/09 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über die Genehmigungsfähigkeit einer Nutzungsänderung auf dem Baugrundstück Flst.Nr. ... der Gemarkung Giengen an der Brenz vor Inkrafttreten einer Veränderungssperre.
Das am Ostrand der Giengener Kernstadt gelegene Baugrundstück ist mit Gebäudekomplex "..." ...... und einem Parkhaus bebaut. Seine Errichtung geht auf den Bebauungsplan "Ehemalige Filzfabriken" von 1979 zurück, der für das Baugrundstück ein Sondergebiet für ein Einkaufszentrum sowie Gemeinbedarfsflächen festsetzte. Mit dem Änderungsbebauungsplan "Ehemalige Filzfabriken, 1. Änderung“ vom 25.01.1996 wurde für die Gemeinbedarfsflächen ebenfalls ein "Sondergebiet für zentralen Einkauf und Wohnen" (SO 2) und für das Baugrundstück ein "Sondergebiet für zentralen Einkauf" (SO 1) festgesetzt. Danach sind im SO 1 "Einkaufszentren, großflächige Handelsbetriebe, Dienstleistungsbetriebe" und im SO 2 "Einkaufszentren, großflächige Handelsbetriebe, Dienstleistungsbetriebe, Betriebe des Beherbergungsgewerbes, Wohnen" zulässig.
Im September 2008 stellten die Firma ......GmbH in Ulm ..., eine weitere Firma sowie die Klägerin Bauanträge für Spielhallen im "...". Die Beklagte bewertete die Vorhaben als eine einheitliche kerngebietstypische Spielhalle, die im SO 1 unzulässig sei. Daraufhin nahmen die Klägerin sowie die weitere Firma ihre Anträge zurück. Die Firma ... erhielt auf ihren modifizierten Bauantrag am 16.12.2008 eine Baugenehmigung zur Nutzungsänderung von Räumen im Erdgeschoss des "..." für eine Spielhalle mit acht Geldspielgeräten sowie ein angrenzendes Café mit drei Geldspielgeräten.
Mit Schreiben vom 15.07.2009, eingegangen am 22.07.2009, reichte die Firma ... einen neuen Bauantrag der Klägerin vom 06.07.2009 zur Nutzungsänderung des Cafés in ein “Freizeit- und Eventcenter (Spielothek)“ mit acht Geldspielgeräten mit der Erläuterung ein, ihre vorhandene Spielhalle sei nicht konkurrenzfähig. In einer Bauzeichnung der Bauvorlagen ist in der Wand zur vorhandenen Spielhalle eine Tür eingezeichnet.
Das Baurechtsamt der Beklagten teilte der Klägerin mit Schreiben vom 19.08.2009 mit, es beabsichtige, den Bauantrag abzulehnen, weil die geplante Spielhalle kerngebietstypisch sei. Sie bilde mit der vorhandenen eine betriebliche Einheit. Die Aufsichtsflächen seien nur durch eine Tür voneinander getrennt. Es sei daher zu vermuten, dass das Personal für beide Spielhallen zuständig sei. Es werde um Mitteilung bis zum 15.09.2009 gebeten, ob die Klägerin den Antrag zurücknehme oder dessen Ablehnung wünsche. Mit Schreiben vom 31.08.2009, eingegangen am 01.09.2009, legte die Klägerin dar, beide Spielhallen seien baulich und organisatorisch getrennt. Die Tür zwischen den Aufsichtsflächen werde verschlossen gehalten. Das könne durch Nebenbestimmung zur Baugenehmigung gesichert werden. Sie diene nur im äußersten Notfall dazu, dass das Personal eines Betriebes demjenigen im anderen Betrieb schnell zu Hilfe kommen könne, ohne die Betriebsräume verlassen zu müssen. Die Klägerin betreibe selbst Spielhallen und sei mit der Firma ... nicht identisch. Es werde um einen Bescheid gebeten.
Mit Schreiben an die Klägerin vom 16.09.2009 bestätigte das Baurechtsamt die Vollständigkeit der Bauvorlagen und gab als Datum der voraussichtlichen Entscheidung den 30.10.2009 an. Mit weiteren Schreiben vom selben Tag bat es die Ordnungsverwaltung bei der Beklagten und die Gewerbeaufsicht beim Landratsamt um Äußerung bis zum 30.09. bzw. 16.10.2009. Am 01.10.2009 ging die Äußerung der Ordnungsverwaltung ein, diejenige des Landratsamts folgte am 09.10.2009 als E-Mail und am 13.10.2009 per Post. Beide Stellen hatten keine Bedenken gegen das Vorhaben, das Landratsamt bat um Aufnahme von Nebenbestimmungen in die Baugenehmigung.
Am 22.10.2009 beschloss der Gemeinderat der Beklagten die Aufstellung eines Änderungsbebauungsplans, um zur Erhaltung und Weiterentwicklung der Einzelhandelsstruktur im Plangebiet die zulässigen Nutzungsarten neu zu definieren und Vergnügungsstätten auszuschließen. Ferner beschloss er eine Satzung über eine Veränderungssperre für das Gebiet des zu ändernden Bebauungsplans, die mit ihrer ortsüblichen Bekanntmachung am 06.11.2009 in Kraft trat. Ende September 2011 beschloss er eine Satzung zur Verlängerung der Veränderungssperre um ein Jahr, die mit ihrer ortsüblichen Bekanntmachung am 21.10.2011 in Kraft trat.
Bereits am 05.11.2009 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben mit dem Antrag, die Beklagte zur Erteilung der begehrten Baugenehmigung zu verpflichten. Die Klage wurde der Beklagten am 10.11.2009 zugestellt. Mit Bescheid vom selben Tag lehnte sie den Bauantrag wegen Verstoßes gegen die Satzung über die Veränderungssperre ab; eine Ausnahme nach § 14 Abs. 2 BauGB scheide aus. Über den Widerspruch der Klägerin ist noch nicht entschieden. In der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts hat die Klägerin nur noch die Feststellung beantragt, dass die Beklagte vor Inkrafttreten der Veränderungssperre zur Erteilung einer Baugenehmigung gemäß ihrem Bauantrag vom 06.07.2009 verpflichtet gewesen sei. Sie wolle Schadensersatzansprüche wegen Amtspflichtverletzung geltend machen. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Mit Urteil vom 16.02.2010 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die Klage sei unzulässig. Der Feststellungsantrag sei zwar statthaft, da sich das Verpflichtungsbegehren mit Inkrafttreten der Veränderungssperre erledigt habe. Er sei gleichwohl unzulässig, weil die Verpflichtungsklage unzulässig gewesen sei und weil die Klägerin kein berechtigtes Feststellungsinteresse habe. Die Untätigkeitsklage sei unzulässig gewesen, weil die Beklagte einen zureichenden Grund für ihre Untätigkeit gehabt habe. Denn die ihr nach der Landesbauordnung eingeräumte zweimonatige Entscheidungsfrist sei bei Inkrafttreten der Veränderungssperre noch nicht abgelaufen gewesen. Diese Frist habe erst mit Eingang der Stellungnahme des Landratsamtes am 13.10.2009 zu laufen begonnen. Die Beklagte habe die Entscheidungsfrist ausschöpfen dürfen. Das sei ein besonderer Umstand i. S. des § 75 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO. Die Beklagte sei auch nicht zu einer früheren Anhörung der Behörden verpflichtet gewesen. Zwar verlange die Landesbauordnung die unverzügliche Einleitung der Anhörung nach vollständigem Eingang des Bauantrags und der Bauvorlagen. Dies bedeute ohne schuldhaftes Zögern. Es sei der Behörde aber nicht verwehrt, den Bauherrn zunächst auf rechtliche Bedenken hinzuweisen. Denn ziehe dieser den Bauantrag zurück, könnten Kosten gespart werden, was seinem Interesse diene. Bestehe er auf einer Entscheidung, könne es sachgerecht sein, das Verfahren nun zu betreiben. Zwar dürfe die Behörde es dann nicht mutwillig verzögern. Auch könne sie gehalten sein, die Verzögerung auszugleichen. Die Beklagte habe das Verfahren aber nicht mutwillig verzögert. Zwar habe sie erst am 16.09.2009 mit der Anhörung begonnen. Sie habe den beteiligten Stellen aber eine relativ knappe Frist von einem Monat gesetzt und das Verfahren zügig betrieben. Das Feststellungsinteresse fehle wegen der verfrühten Untätigkeitsklage ebenfalls. Die Klägerin hätte nach Inkrafttreten der Veränderungssperre und Ablehnung des Bauantrags beim Zivilgericht Schadensersatzklage erheben können. Die Klage sei aber auch unbegründet. Die Beklagte sei bei Inkrafttreten der Veränderungssperre mangels Ablaufs der Entscheidungsfrist nicht zur Erteilung einer Baugenehmigung verpflichtet gewesen. Darauf, ob der Bauantrag damals genehmigungsfähig gewesen sei, komme es daher nicht an.
10 
Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung legt die Klägerin im Wesentlichen dar: Sie habe nach Ablauf der dreimonatigen Sperrfrist zulässig Untätigkeitsklage erhoben. Das Vorliegen eines zureichenden Grundes i. S. des § 75 Satz 3 VwGO ändere daran nichts. Die Klage sei mit dem Feststellungsantrag auch begründet. Die Entscheidungsfrist sei bei Klageerhebung abgelaufen gewesen. Diese Frist habe mit Eingang des vollständigen Bauantrags am 22.07.2009 zu laufen begonnen. Die Beklagte habe gerade wegen der vorangegangenen Genehmigungsverfahren der Klägerin und ihrer "Schwestergesellschaften" sofort mit der Bearbeitung begonnen. Ihr Schreiben vom 19.08.2009 fordere nicht zur Ergänzung oder Änderung unvollständiger Bauvorlagen auf, sondern interpretiere nur den Bauantrag falsch. Die Entscheidungsfrist sei daher am 22.09.2009 abgelaufen. Bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre sei ihr Vorhaben genehmigungsfähig gewesen.
11 
Die Klägerin beantragt,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 16.02.2010 - 6 K 4127/09 - zu ändern und festzustellen, dass die Unterlassung der Beklagten, der Klägerin eine Baugenehmigung gemäß ihrem Bauantrag vom 06.07.2009 zu erteilen, vor dem 06.11.2009 rechtswidrig gewesen ist.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Sie erwidert: Die dreimonatige Sperrfrist nach § 75 VwGO habe erst mit Eingang des Schreibens der Klägerin vom 31.08.2009 zu laufen begonnen. Jedenfalls sei die weitere Zulässigkeitsvoraussetzung nach § 75 Satz 2 VwGO nicht erfüllt gewesen, weil über den Bauantrag mit zureichendem Grund noch nicht entschieden worden sei. Dieser Grund liege darin, dass die Entscheidungsfrist nach der Landesbauordnung selbst bei früherer Einleitung der Anhörung frühestens am 12.11.2009 geendet hätte. Die Anhörung müsse erst nach Ablauf einer Frist von zehn Arbeitstagen zur Prüfung des Bauantrags und der Bauvorlagen auf Vollständigkeit unverzüglich eingeleitet werden. Dafür stünden weitere drei bis fünf Arbeitstage zur Verfügung. Demzufolge hätte die Anhörung frühestens 15 Arbeitstage nach dem 22.07.2009, also am 12.08.2009 eingeleitet sein müssen. Bei einer angemessenen einmonatigen Anhörungsfrist hätte die zweimonatige Entscheidungsfrist danach frühestens am 12.09.2009 begonnen. Abgesehen davon sei der Bauantrag erst mit Eingang des Schreibens der Klägerin vom 31.08.2009 vollständig gewesen. Der Feststellungsantrag sei auch unbegründet. Das Vorhaben sei auch vor Inkrafttreten der Veränderungssperre nicht genehmigungsfähig gewesen.
16 
Wegen Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die dem Senat vorliegenden Bau- und Bebauungsplanakten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
A.
17 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klage ist zwar entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts zulässig (I.). Sie ist jedoch unbegründet. Der Senat kann die begehrte Feststellung nicht treffen. Denn die Unterlassung der Beklagten, der Klägerin eine Baugenehmigung gemäß ihrem Bauantrag vom 06.07.2009 zu erteilen, ist vor dem 06.11.2009 nicht rechtswidrig gewesen, wobei sich dies noch nach der Landesbauordnung vom 08.08.1995 (GBl. S. 617) vor Inkrafttreten des Änderungsgesetzes vom 10.11.2009 (GBl. S. 615) beurteilt - LBO a.F. - (II.).
I.
18 
Die zunächst mit einem Verpflichtungsbegehren erhobene und später nur noch mit einem Feststellungsantrag fortgesetzte Klage ist entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft und auch sonst zulässig.
19 
Hat sich ein angefochtener Verwaltungsakt nach Klageerhebung durch Zurücknahme oder anders erledigt, spricht das Gericht nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Ein solcher Feststellungsantrag ist in entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO auch bei Erledigung eines Verpflichtungsbegehrens statthaft (BVerwG, Urteil vom 06.09.1962 - VIII C 78.60 - NJW 1963, 553, seither st. Rspr.), und zwar auch dann, wenn - wie hier - das Verpflichtungsbegehren als Untätigkeitsklage erhoben worden ist (BVerwG, Urteil vom 27.03.1998 - 4 C 14.96 - BVerwGE 106, 295). Der Übergang zum Feststellungsantrag ist, soweit der Klagegrund unverändert bleibt, nicht als Klageänderung anzusehen (§ 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 3 ZPO; BVerwG, Urteil vom 22.05.1987 - 4 C 77.84 - NVwZ 1987, 1074, juris Rn. 13). Der Feststellungsantrag ist aber nur zulässig, wenn die ursprüngliche Verpflichtungsklage zulässig gewesen ist, nach Rechtshängigkeit ein erledigendes Ereignis eingetreten ist, ein klärungsfähiges Rechtsverhältnis besteht und der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat (BVerwG, Urteil vom 28.04.1999 - 4 C 4.98 - BVerwGE 109, 74 und Senatsurteil vom 22.03.2010 - 8 S 3293/08 - DVBl. 2010, 717 jeweils m.w.N., st. Rspr.). Alle vier Voraussetzungen sind erfüllt.
20 
1. Die ursprüngliche Verpflichtungsklage war ohne vorherigen Erlass einer Entscheidung der Beklagten über den Bauantrag der Klägerin nach Ablauf der dreimonatigen Sperrfrist gemäß § 75 Satz 2 VwGO zulässig. Die Sperrfrist begann mit dem Eingang des Bauantrags bei der Beklagten am 22.07.2009 und endete am 22.10.2009 und damit vor dem Eingang der Klage beim Verwaltungsgericht am 05.11.2009.
21 
Anhaltspunkte dafür, dass der Bauantrag die für den Beginn der Sperrfrist erforderlichen Angaben und Unterlagen nicht enthielt, die die Baurechtsbehörde für eine Sachentscheidung über einen Bauantrag benötigt und wie sie § 52 LBO a.F. und die nach § 73 LBO a.F. erlassene Verfahrensordnung zur Landesbauordnung (LBOVVO a.F.) konkretisierten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.02.2003 - 5 S 1279/01 - BauR 2003, 1345, juris Rn. 24), sind nicht ersichtlich. Die Beklagte hat insbesondere nicht i. S. des § 54 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F. auf eine Unvollständigkeit oder sonstige erhebliche Mängel des Bauantrags oder der Bauvorlagen hingewiesen. Mit ihrem Schreiben an die Klägerin vom 19.08.2009 hat sie vielmehr auf die ihrer Ansicht nach mangelnde Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens hingewiesen und die Ablehnung des Bauantrags in der Sache angekündigt. Der Einwand der Beklagten in der Berufungsverhandlung, ungeachtet dieser Verfahrensweise seien Bauantrag und Bauvorlagen i. S. des § 54 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F. objektiv mangelhaft gewesen, geht fehl. Die Beklagte meint, wegen der im Grundriss des Erdgeschosses in der Wand zur vorhandenen Spielhalle eingezeichneten Tür zwischen beiden Spielhallen sei unter Berücksichtigung der früheren Genehmigungsverfahren sowie der Einreichung des neuen Bauantrags der Klägerin durch die Firma ... ohne ergänzende Angaben unklar gewesen, ob eine neue Spielhalle als selbständiges Vorhaben der Klägerin oder ob eine Erweiterung der vorhandenen Spielhalle der Firma ... Gegenstand des Bauantrags sei. Das trifft nicht zu. Bauantrag und Bauvorlagen waren in dieser Hinsicht von vornherein hinreichend klar und bestimmt. Sowohl im Bauantrag als auch in der ihm beigefügten Baubeschreibung werden als "Bauherr" allein die Klägerin angegeben und als "Bauvorhaben" nur die "Nutzungsänderung eines Cafés in ein Freizeit- und Eventcenter" bezeichnet, nicht aber die Erweiterung der vorhandenen Spielhalle. Ebenso eindeutig sind die entsprechenden Angaben in der "Beschreibung der Betriebsstätte" (Anlage zur Baubeschreibung). Die verfahrensrechtliche Vorgeschichte sowie die Tatsachen, dass der Bauantrag von einer "Schwestergesellschaft" der Klägerin als Inhaberin der angrenzenden Spielhalle unter Hinweis auf deren unzureichende Wirtschaftlichkeit eingereicht wurde und dass in der Bauvorlage zwischen beiden Spielhallen eine Tür eingezeichnet ist, konnten nach der Rechtsansicht der Beklagten vielleicht Zweifel an der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens begründen (vgl. das Schreiben der Beklagten an die Klägerin vom 19.08.2009). Sie ließen aber keinen Zweifel daran zu, dass sich Bauantrag und Bauvorlagen allein auf ein neues selbständiges Vorhaben der Klägerin bezogen und nur ein solches Vorhaben zur Genehmigung gestellt sein sollte.
22 
Ob die Beklagte nach Eingang des vollständigen Bauantrags einen zureichenden Grund für ihre Untätigkeit hatte, ist für die Zulässigkeit der nach Ablauf der dreimonatigen Sperrfrist erhobenen Untätigkeitsklage unerheblich (BVerwG, Urteil vom 23.03.1973 - IV C 2.71 - BVerwGE 42, 108 <112>, juris Rn. 25 ff.). Bei Vorliegen eines zureichenden Grundes hat vielmehr das Gericht gemäß § 75 Satz 3 VwGO der Verwaltungsbehörde eine Frist zur Entscheidung über den beantragten Verwaltungsakt zu setzen (BVerwG, Urteil vom 22.05.1987 - 4 C 30.86 - NVwZ 1987, 969, juris Rn. 12), was hier aber nach Erlass des Ablehnungsbescheids der Beklagten vom 10.11.2009 nicht mehr in Betracht kam. Aus dem Urteil des 5. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 27.02.2003 (a.a.O.) folgt entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nichts Anderes. Soweit darin die zweimonatige Entscheidungsfrist nach § 54 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO a.F. als "besonderer Umstand" i. S. des § 75 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO erwogen wird (a.a.O., juris Rn. 27), betrifft das nur eine mögliche Verkürzung der gesetzlichen Sperrfrist von drei Monaten. Eine Verlängerung dieser Sperrfrist wegen eines "besonderen Umstands" sieht § 75 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO gerade nicht vor.
23 
2. Es ist auch nach Rechtshängigkeit ein erledigendes Ereignis eingetreten.
24 
Ein Verpflichtungsbegehren ist i. S. des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erledigt, wenn es nach Klageerhebung aus dem Kläger nicht zurechenbaren Gründen unzulässig oder unbegründet wurde, insbesondere aufgrund einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage (BVerwG, Urteil vom 30.06.2011 - 4 C 10.10 - NVwZ 2012, 51 m.w.N.). Bei einer Rechtsänderung ist aber nicht erforderlich, dass sich das Verpflichtungsbegehren auch im strengen Sinne des Wortes "erledigt" hat. Denn diese Tatsache ändert nichts an der grundlegenden Wendung, die das Verfahren infolge der Rechtsänderung nimmt und die Interessenlage kennzeichnet, welche die entsprechende Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 rechtfertigt (BVerwG, Urteil vom 24.10.1980 - 4 C 3.78 - BVerwGE 61, 128 <135>). Das Inkrafttreten einer Satzung über eine Veränderungssperre (§ 14 BauGB) ist eine Rechtsänderung, die wegen der materiell-rechtlichen Wirkung der Veränderungssperre (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BauGB) zum Erlöschen eines Baugenehmigungsanspruchs (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.1971 - 4 C 32.69 - BRS 24 Nr. 148 S. 221 <224>, juris Rn. 33) und damit auch zur Erledigung eines Verpflichtungsbegehrens i. S. einer grundlegenden Wendung des Verfahrens führen kann. Voraussetzung ist allerdings, dass die Satzung rechtswirksam ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.02.2003, a.a.O, juris Rn. 20).
25 
Ausgehend davon hat sich der mit der Klage behauptete Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung gemäß den Festsetzungen des Bebauungsplans "Ehemalige Filzfabriken, 1. Änderung“ der Beklagten vom 25.01.1996 nach Rechtshängigkeit aus der Klägerin nicht zurechenbaren Gründen mit Inkrafttreten der Satzung über eine Veränderungssperre für das Plangebiet vom 22.10.2009 am 06.11.2009 erledigt. Denn nach § 2 Abs. 1 dieser Satzung dürfen Vorhaben i. S. des § 29 BauGB nicht mehr durchgeführt werden. Die Nutzungsänderung einer baulichen Anlage ist ein solches Vorhaben (§ 29 Abs. 1 BauGB). Anhaltspunkte für die Unwirksamkeit dieser Satzung oder für einen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme von der Veränderungssperre nach § 14 Abs. 2 BauGB sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Die Erledigung ist auch nach Rechtshängigkeit eingetreten. Denn die Rechtshängigkeit beginnt bereits mit der Erhebung der Klage (§ 90 VwGO). Das war der 05.11.2009 und damit einen Tag vor Eintritt des erledigenden Ereignisses. Auf den späteren Zeitpunkt der Zustellung der Klage beim Beklagten (10.11.2009) kommt es nicht an.
26 
3. Schließlich sind auch die beiden weiteren Voraussetzungen erfüllt. Für den Feststellungsantrag liegt ein klärungsfähiges Rechtsverhältnis vor (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.04.1999, a.a.O., juris Rn. 14 m.w.N.). Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Zur Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses ist die gewählte Klageform geeignet. Dass im Streitfall eine derartige Klage von vornherein als aussichtslos zu gelten hätte, lässt sich nicht sagen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.04.1999, a.a.O., juris Rn. 14 m.w.N.). Das Feststellungsinteresse ist auch nicht etwa wegen "verfrühter" Klageerhebung unberechtigt. Denn die Klage war aus den oben dargelegten Gründen ohne vorangehende Entscheidung über der Bauantrag als Untätigkeitsklage zulässig. Die vom Verwaltungsgericht zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Nichtvorliegen eines berechtigten Interesses wegen der Absicht eines Amtshaftungsprozesses bei Erledigung vor Klageerhebung (Urteil vom 20.01.1981 - 8 C 30.87 - BVerwGE 81, 226 und Beschluss vom 09.05.1989 - 1 B 166.88 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 202) ist nicht einschlägig, weil das erledigende Ereignis erst nach Klageerhebung eingetreten ist. Dass dies lediglich einen Tag nach Klageerhebung und damit zu einem Zeitpunkt war, als das Klageverfahren gerade erst begonnen hatte, ist unerheblich. Für das mit der Absicht eines Amtshaftungsprozesses begründete berechtigte Feststellungsinteresse genügt es, dass die Klägerin ihre auf Erteilung der Baugenehmigung gerichtete Verpflichtungsklage vor Inkrafttreten der Veränderungssperre erhoben und damit das Verfahren gemäß § 75 VwGO in zulässiger Weise begonnen hatte (BVerwG, Urteil vom 27.03.1998, a.a.O., juris Rn. 18).
II.
27 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Unterlassung der Beklagten, der Klägerin eine Baugenehmigung gemäß ihrem Bauantrag vom 06.07.2009 zu erteilen, ist vor dem 06.11.2009 nicht rechtswidrig gewesen. Die Beklagte war damals schon deshalb nicht zur Erteilung der Baugenehmigung verpflichtet, weil die in der Landesbauordnung bestimmte Frist zur Entscheidung über den Bauantrag, welche die Baurechtsbehörde voll ausschöpfen darf, zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war. Ob das Vorhaben genehmigungsfähig war, kann der Senat daher offen lassen.
28 
1. Die Baurechtsbehörde ist vor Ablauf der Entscheidungsfrist nach § 54 Abs. 4 LBO a.F. (jetzt § 54 Abs. 5 LBO) nicht zur Erteilung einer Baugenehmigung verpflichtet. Der Landesgesetzgeber hat mit der am 01.01.1996 in Kraft getretenen Fristenregelung in § 54 LBO im Interesse sowohl des Bauherrn als auch der Baurechtsbehörde an einer einfachen, zweckmäßigen und zügigen Durchführung des Baugenehmigungsverfahrens (vgl. § 10 Satz 2 LVwVfG; LT-Drs. 11/5337, S. 115) die Höchstdauer für eine formell ordnungsgemäße Bearbeitung des Bauantrags und eine sachgerechte Entscheidung darüber normativ konkretisiert. Die formell ordnungsgemäße Bearbeitung umfasst die Prüfung des Bauantrags und der Bauvorlagen auf Vollständigkeit innerhalb von zehn Arbeitstagen mit einer eventuell anschließenden individuellen Frist zur Mängelbeseitigung (§ 54 Abs. 1 LBO a.F.), die Mitteilung an den Bauherrn über Eingang des Bauantrags und voraussichtlichen Entscheidungszeitpunkt (§ 54 Abs. 2 Nr. 1 LBO a.F.) sowie eine bis zu zwei Monate, ausnahmsweise auch einen Monat länger dauernde Anhörung der Gemeinde und berührter Stellen (§ 54 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 und Abs. 5 LBO a.F.). Daran schließt sich eine Entscheidungsfrist von einem Monat bei Wohngebäuden, zugehörigen Stellplätzen, Garagen und Nebenanlagen (§ 14 BauNVO) oder von zwei Monaten bei sonstigen Vorhaben an (§ 54 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 LBO a.F.). Die Entscheidungsfrist beginnt, sobald die vollständigen Bauvorlagen und alle für die Entscheidung notwendigen Stellungnahmen und Mitwirkungen vorliegen, spätestens jedoch nach Ablauf der Anhörungsfrist (§ 54 Abs. 4 Satz 2 LBO a.F.). Die Baurechtsbehörde darf die Entscheidungsfrist voll ausschöpfen (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.02.2003, a.a.O., juris Rn. 32). Vor ihrem Ablauf ist ein Genehmigungsanspruch gleichsam noch nicht "fällig". Ob ein Bauantrag im Einzelfall schon vor Ablauf der Entscheidungsfrist objektiv entscheidungsreif und genehmigungsfähig ist, ist daher jedenfalls öffentlich-rechtlich unerheblich (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.02.2003, a.a.O., juris Rn. 32). Mit ihrer Anknüpfung an die Anhörung (vgl. § 54 Abs. 4 Satz 2 LBO a.F.) bezweckt die Entscheidungsfrist mittelbar auch, der anzuhörenden Gemeinde zu ermöglichen, auf ein Bauvorhaben, das nach der bestehenden Rechtslage zulässig, von ihr aber nicht erwünscht ist, mit (Sicherungs-)Maßnahmen der Bauleitplanung zu reagieren (vgl. BGH, Urteil vom 23.01.1992 - III ZR 191/90 - NVwZ 1993, 293 m.w.N.). Mit diesen Zielsetzungen ist § 54 LBO auch mit verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung präventiver Erlaubnisvorbehalte zur Grundrechtsausübung (vgl. BVerfG, Urteil vom 05.08.1966 - 1 BvF 1/61 - BVerfGE 20, 150, juris Rn. 18 ff.; Beschluss vom 12.06.1979 - 1 BvL 19/76 - BVerfGE 52, 1, juris Rn. 149) als Inhalts- und Schrankenbestimmung der Baufreiheit nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 GG vereinbar.
29 
Für den Ablauf der Entscheidungsfrist ist im Einzelfall unerheblich, welches Datum die Baurechtsbehörde in ihrer Mitteilung gegenüber dem Bauherrn (§ 54 Abs. 2 Nr. 1 LBO a.F.) angegeben hat. § 54 Abs. 4 LBO a.F. regelt Beginn und Dauer der Entscheidungsfrist abschließend, ohne an das nach § 54 Abs. 2 Nr. 1 LBO a.F. mitgeteilte Datum anzuknüpfen. Die Mitteilung der Baurechtsbehörde ist kein Verwaltungsakt, insbesondere keine Zusicherung (§ 38 LVwVfG), sondern eine Auskunft ohne Rechtsbindungswille (Wissenserklärung). Für die Dauer der Entscheidungsfrist kommt es allein auf die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 54 Abs. 4 LBO a.F. an. Es ist daher unerheblich, dass die Beklagte in ihrem Schreiben an die Klägerin vom 16.09.2009 als "Datum der voraussichtlichen Entscheidung" mit dem "30.10.2009" einen Zeitpunkt vor Inkrafttreten der Veränderungssperre angegeben hat.
30 
2. Die gesetzliche Entscheidungsfrist betrug im vorliegenden Fall zwei Monate (§ 54 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO a.F.) und war bei Inkrafttreten der Veränderungssperre am 06.11.2009 noch nicht abgelaufen.
31 
a) Nach § 54 Abs. 4 Satz 2 LBO a.F. beginnt die Entscheidungsfrist, sobald die vollständigen Bauvorlagen und alle für die Entscheidung notwendigen Stellungnahmen und Mitwirkungen vorliegen, spätestens jedoch nach Ablauf der gemäß § 54 Abs. 3 LBO a.F. bestimmten Anhörungsfrist. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein. Dabei kommt es im Grundsatz auf den tatsächlichen Ablauf des konkreten Verfahrens an. Wegen der Abhängigkeit des Beginns der Entscheidungsfrist von der Anhörung setzt die Vorschrift insoweit aber auch voraus, dass die Anhörung i. S. des § 54 Abs. 2 Nr. 2 LBO a.F. "unverzüglich" nach dem Ende der Prüfungsfrist (§ 54 Abs. 1 LBO a.F.) eingeleitet worden ist. Denn andernfalls hätte die Baurechtsbehörde es bei rechtswidriger Verzögerung der Anhörung in der Hand, Beginn und Ende der Entscheidungsfrist und damit auch die rechtliche Durchsetzbarkeit des Genehmigungsanspruchs über die gesetzlichen Zeitvorgaben hinaus zu steuern. Das widerspräche Sinn und Zweck der gesetzlichen Fristenregelung. Leitet die Baurechtsbehörde die Anhörung nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 LBO a.F. nicht “unverzüglich“ ein, darf der Beginn der Entscheidungsfrist folglich nicht nach dem tatsächlichen Ablauf des konkreten Verfahrens, sondern er muss hypothetisch bestimmt werden. Die Entscheidungsfrist beginnt in diesem Falle analog § 54 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 LBO a.F. (jetzt § 54 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 LBO) nach Ablauf einer angemessenen Anhörungsfrist ab hypothetisch unverzüglicher Einleitung der Anhörung. Entgegen der Ansicht der Klägerin kann insoweit nicht auch alternativ entsprechend § 54 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 LBO a.F. auf einen mutmaßlich früheren Zeitpunkt des Eingangs erforderlicher Mitwirkungen und Stellungnahmen von Behörden abgestellt und insoweit berücksichtigt werden, dass dies auch im tatsächlichen Ablauf des Verfahren so geschehen ist. Denn dass alle Mitwirkungen und Stellungnahmen auch bei nicht rechtswidrig verzögerter Anhörung ebenfalls vor Ablauf der Anhörungsfrist eingegangen wären, ist bloße Spekulation. Dafür ist bei einer Bestimmung des Beginns der Entscheidungsfrist nach § 54 Abs. 4 LBO a.F. schon aus Gründen der Rechtssicherheit kein Raum.
32 
b) Gemessen daran gilt hier Folgendes:
33 
Nach dem tatsächlichen Ablauf des Verfahrens hätte die Entscheidungsfrist frühestens am 09.10.2009 zu laufen begonnen. Denn alle notwendigen Stellungnahmen und Mitwirkungen lagen der Beklagten erst mit Eingang der letzten Stellungnahme des Landratsamts am 09.10.2009 (per E-Mail) vor Ablauf der bis zum 16.10.2009 bestimmten Anhörungsfrist vollständig vor. Die zweimonatige Entscheidungsfrist wäre danach erst Mitte Dezember 2009 und damit nach dem 06.11.2009 abgelaufen. Ihr Beginn richtet sich aber nicht nach dem tatsächlichen Ablauf des Verfahrens, weil die Beklagte die Anhörung nicht gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 2 LBO a.F. "unverzüglich" eingeleitet hat (aa)). Aber auch bei der daher gebotenen hypothetischen Bestimmung analog § 54 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 LBO a.F. begann die Entscheidungsfrist frühestens am 08.09.2009 und lief damit ebenfalls erst nach dem 06.11.2009 ab (bb)).
34 
aa) Nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 LBO a.F. hat die Baurechtsbehörde die Gemeinde und die berührten Stellen nach § 53 Abs. 2 LBO a.F. unverzüglich zu hören, sobald der Bauantrag und die Bauvorlagen vollständig sind. Die Formulierung "sobald der Bauantrag und die Bauvorlagen vollständig sind" knüpft erkennbar nicht an den bloßen Eingang dieser Unterlagen bei der Baurechtsbehörde, sondern an das Ende der amtlichen Prüfung nach § 54 Abs. 1 LBO a.F. an. Die Baurechtsbehörde darf daher zunächst die zehn Arbeitstage umfassende Prüfungsfrist nach § 54 Abs. 1 Satz 1 LBO a.F. ausschöpfen, bevor sie zur unverzüglichen Einleitung der Anhörung verpflichtet ist. Würde bei der Berechnung der Entscheidungsfrist ex post darauf abgestellt, dass Bauantrag und Bauvorlagen objektiv gesehen schon am Tag ihres Eingangs bei der Baurechtsbehörde vollständig waren, wäre diese Prüfungsfrist im Ergebnis sinnlos.
35 
Das an den Ablauf dieser amtlichen Prüfung anknüpfende Gebot zur "unverzüglichen" Einleitung der Anhörung verlangt ein behördliches Handeln ohne schuldhaftes Zögern (vgl. § 121 BGB). In Anlehnung an Zeitvorgaben des Gesetzgebers für ähnliche bürokratische Vorgänge (§ 53 Abs. 3 und 5, § 55 Abs. 1 LBO a.F.) dürfte dafür im Regelfall eine Zeitspanne von drei bis fünf Arbeitstagen genügen. Konkrete Umstände des Einzelfalles können aber auch einen anderen zeitlichen Rahmen rechtfertigen (vgl. Sauter, LBO, Kommentar, 3. Auflage, § 54 Rn. 9). Rechtliche Bedenken der zuständigen Baurechtsbehörde an der Genehmigungsfähigkeit eines Vorhabens rechtfertigen eine Verzögerung der Anhörung allerdings nicht. Die Einschätzung der Behörde, das Vorhaben sei nicht genehmigungsfähig, mag zwar einen Hinweis gegenüber dem Bauherrn nahelegen, um ihm die Möglichkeit zur Darlegung seines Rechtsstandpunktes oder zur Rücknahme des Bauantrags und zu einer damit einhergehenden Kostenersparnis einzuräumen. Sie ist aber kein sachlicher Grund, vorläufig von der nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 LBO a.F. zwingend und ohne Ausnahme gebotenen Anhörung abzusehen, deren Ablauf den Beginn der Entscheidungsfrist und damit die rechtliche Durchsetzbarkeit des Genehmigungsanspruchs des Bauherrn steuert. Zudem dienen die Beteiligung der Gemeinde und die Anhörung der berührten Stellen (§ 53 Abs. 2 LBO a.F.) gerade - auch - dazu, den entscheidungserheblichen Sachverhalt zur Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens von Amts wegen aufzuklären (§ 24 LVwVfG). Rechtliche Bedenken können dadurch gegebenenfalls auch ausgeräumt werden. Schließlich ist zu bedenken, dass andernfalls der Beginn der Entscheidungsfrist mittelbar von der subjektiven behördlichen Einschätzung über die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens abhinge. Das wäre mit Sinn und Zweck des strikten Fristenregimes nach § 54 LBO nicht zu vereinbaren. Ein Absehen von der Anhörung im "wohlverstandenen (Kosten-)Interesse" des Bauherrn widerspräche zudem mittelbar § 54 Abs. 4 Satz 3 LBO a.F., wonach die Entscheidungsfrist nicht zur Disposition des Bauherrn steht.
36 
Ausgehend davon war die Beklagte frühestens am Tag nach Ablauf der Prüfungsfrist von zehn Arbeitstagen (§ 54 Abs. 1 Satz 1 LBO a.F.) seit Eingang des vollständigen (s.o. I.1.) Bauantrags am 22.07.2009 zur unverzüglichen Anhörung verpflichtet. Dies war Donnerstag, der 06.08.2009 (vgl. § 31 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. § 187 Abs. 1, 188 Abs. 1 BGB). Tatsächlich eingeleitet hat sie die Anhörung erst am 16.09.2009. Diese Verzögerung überschreitet die im Regelfall insoweit allenfalls angemessene Zeitspanne von drei bis fünf Arbeitstagen ganz erheblich. Sie ist auch schuldhaft. Die Beklagte beruft sich insoweit ausschließlich auf die von ihrer Baurechtsbehörde im Schreiben an die Klägerin vom 19.08.2009 mitgeteilten rechtlichen Bedenken an der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens und meint, sie habe wegen dieser Bedenken mit dem Beginn der Anhörung zuwarten dürfen. Das trifft, wie oben dargelegt, nicht zu. Auch Anhaltspunkte für die von der Beklagten in der Berufungsverhandlung ergänzend behauptete Mangelhaftigkeit des Bauantrags wegen Unbestimmtheit gab es nicht (s.o. I.1.). Abgesehen davon hätte die Beklagte in diesem Falle nach § 54 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F. verfahren und der Klägerin eine Frist zur Mängelbeseitigung setzen müssen. Im Übrigen wäre die hier eingetretene Verzögerung selbst dann schuldhaft, wenn materiell-rechtliche Bedenken der Baurechtsbehörde eine Verzögerung der Anhörung durch einen Hinweis gegenüber dem Bauherrn rechtfertigen könnten. Denn in diesem Falle müsste ein entsprechender Hinweis gegenüber dem Bauherrn jedenfalls unverzüglich nach Ablauf der Prüfungsfrist (§ 54 Abs.1 Satz 1 LBO a.F.) mit knapper Äußerungsfrist erteilt werden. Beides ist hier nicht geschehen. Der Hinweis wurde erst mit Schreiben vom 19.08.2009 und damit erst weitere zehn Arbeitstage nach Ablauf der zehntägigen Prüffrist und zudem mit mehr als dreiwöchiger Äußerungsfrist bis zum 15.09.2009 erteilt. Schließlich stand spätestens mit Eingang des Schriftsatzes der Klägerin vom 30.08.2009 am 01.09.2009 fest, dass die Klägerin auf einer Durchführung des Verfahrens bestand. Die Anhörung hätte danach bereits am 01.09.2009 eingeleitet werden müssen. Tatsächlich ist auch das erst am 16.09.2009 geschehen.
37 
Anhaltspunkte für sonstige Verzögerungsgründe sind nicht ersichtlich und auch nicht geltend gemacht.
38 
bb) Bei der daher gebotenen hypothetischer Bestimmung analog § 54 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 LBO a.F. kann der Senat zugunsten der Klägerin unterstellen, dass die Beklagte bereits am Tag nach Ablauf der Prüfungsfrist von zehn Arbeitstagen seit Eingang des Bauantrags (22.07.2009), also am Freitag, dem 07.08.2009 zur Einleitung der Anhörung verpflichtet war, obwohl hierfür im Regelfall wohl drei bis fünf Arbeitstage anzusetzen sein dürften (s.o. aa)). Ferner ist insoweit von einer angemessenen Anhörungsfrist (§ 54 Abs. 3 Satz 1 LBO a.F.) von einem Monat auszugehen, die der damals vom Gesetzgeber unterstellten Regelfallfrist im gesetzlichen Rahmen von zwei Monaten entspricht (vgl. LT-Drs. 11/5337, S. 114; Schlotterbeck/von Arnim, LBO, Kommentar, 4. Auflage § 54 Rn. 15). Bei Einleitung der Anhörung am 07.08.2009 wäre diese Monatsfrist am Montag, dem 07.09.2009 abgelaufen. Die zweimonatige Entscheidungsfrist hätte analog § 54 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 LBO a.F. am Tag danach, also am Dienstag, dem 08.09.2009, zu laufen begonnen und wäre frühestens am Montag, dem 09.11.2009 (§ 31 Abs. 1 und 3 LVwVfG i.V.m. § 187 Abs. 1, 188 Abs. 1 BGB) und damit nach Inkrafttreten der Veränderungssperre abgelaufen.
B.
39 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
40 
Beschluss vom 19. Juni 2012
41 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 60.000,00 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG, in Anlehnung an Nr. 1.3 i.V.m. Nr. 9.1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit Fassung Juli 2004, NVwZ 2004, 1327).
42 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
A.
17 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klage ist zwar entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts zulässig (I.). Sie ist jedoch unbegründet. Der Senat kann die begehrte Feststellung nicht treffen. Denn die Unterlassung der Beklagten, der Klägerin eine Baugenehmigung gemäß ihrem Bauantrag vom 06.07.2009 zu erteilen, ist vor dem 06.11.2009 nicht rechtswidrig gewesen, wobei sich dies noch nach der Landesbauordnung vom 08.08.1995 (GBl. S. 617) vor Inkrafttreten des Änderungsgesetzes vom 10.11.2009 (GBl. S. 615) beurteilt - LBO a.F. - (II.).
I.
18 
Die zunächst mit einem Verpflichtungsbegehren erhobene und später nur noch mit einem Feststellungsantrag fortgesetzte Klage ist entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft und auch sonst zulässig.
19 
Hat sich ein angefochtener Verwaltungsakt nach Klageerhebung durch Zurücknahme oder anders erledigt, spricht das Gericht nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Ein solcher Feststellungsantrag ist in entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO auch bei Erledigung eines Verpflichtungsbegehrens statthaft (BVerwG, Urteil vom 06.09.1962 - VIII C 78.60 - NJW 1963, 553, seither st. Rspr.), und zwar auch dann, wenn - wie hier - das Verpflichtungsbegehren als Untätigkeitsklage erhoben worden ist (BVerwG, Urteil vom 27.03.1998 - 4 C 14.96 - BVerwGE 106, 295). Der Übergang zum Feststellungsantrag ist, soweit der Klagegrund unverändert bleibt, nicht als Klageänderung anzusehen (§ 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 3 ZPO; BVerwG, Urteil vom 22.05.1987 - 4 C 77.84 - NVwZ 1987, 1074, juris Rn. 13). Der Feststellungsantrag ist aber nur zulässig, wenn die ursprüngliche Verpflichtungsklage zulässig gewesen ist, nach Rechtshängigkeit ein erledigendes Ereignis eingetreten ist, ein klärungsfähiges Rechtsverhältnis besteht und der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat (BVerwG, Urteil vom 28.04.1999 - 4 C 4.98 - BVerwGE 109, 74 und Senatsurteil vom 22.03.2010 - 8 S 3293/08 - DVBl. 2010, 717 jeweils m.w.N., st. Rspr.). Alle vier Voraussetzungen sind erfüllt.
20 
1. Die ursprüngliche Verpflichtungsklage war ohne vorherigen Erlass einer Entscheidung der Beklagten über den Bauantrag der Klägerin nach Ablauf der dreimonatigen Sperrfrist gemäß § 75 Satz 2 VwGO zulässig. Die Sperrfrist begann mit dem Eingang des Bauantrags bei der Beklagten am 22.07.2009 und endete am 22.10.2009 und damit vor dem Eingang der Klage beim Verwaltungsgericht am 05.11.2009.
21 
Anhaltspunkte dafür, dass der Bauantrag die für den Beginn der Sperrfrist erforderlichen Angaben und Unterlagen nicht enthielt, die die Baurechtsbehörde für eine Sachentscheidung über einen Bauantrag benötigt und wie sie § 52 LBO a.F. und die nach § 73 LBO a.F. erlassene Verfahrensordnung zur Landesbauordnung (LBOVVO a.F.) konkretisierten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.02.2003 - 5 S 1279/01 - BauR 2003, 1345, juris Rn. 24), sind nicht ersichtlich. Die Beklagte hat insbesondere nicht i. S. des § 54 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F. auf eine Unvollständigkeit oder sonstige erhebliche Mängel des Bauantrags oder der Bauvorlagen hingewiesen. Mit ihrem Schreiben an die Klägerin vom 19.08.2009 hat sie vielmehr auf die ihrer Ansicht nach mangelnde Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens hingewiesen und die Ablehnung des Bauantrags in der Sache angekündigt. Der Einwand der Beklagten in der Berufungsverhandlung, ungeachtet dieser Verfahrensweise seien Bauantrag und Bauvorlagen i. S. des § 54 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F. objektiv mangelhaft gewesen, geht fehl. Die Beklagte meint, wegen der im Grundriss des Erdgeschosses in der Wand zur vorhandenen Spielhalle eingezeichneten Tür zwischen beiden Spielhallen sei unter Berücksichtigung der früheren Genehmigungsverfahren sowie der Einreichung des neuen Bauantrags der Klägerin durch die Firma ... ohne ergänzende Angaben unklar gewesen, ob eine neue Spielhalle als selbständiges Vorhaben der Klägerin oder ob eine Erweiterung der vorhandenen Spielhalle der Firma ... Gegenstand des Bauantrags sei. Das trifft nicht zu. Bauantrag und Bauvorlagen waren in dieser Hinsicht von vornherein hinreichend klar und bestimmt. Sowohl im Bauantrag als auch in der ihm beigefügten Baubeschreibung werden als "Bauherr" allein die Klägerin angegeben und als "Bauvorhaben" nur die "Nutzungsänderung eines Cafés in ein Freizeit- und Eventcenter" bezeichnet, nicht aber die Erweiterung der vorhandenen Spielhalle. Ebenso eindeutig sind die entsprechenden Angaben in der "Beschreibung der Betriebsstätte" (Anlage zur Baubeschreibung). Die verfahrensrechtliche Vorgeschichte sowie die Tatsachen, dass der Bauantrag von einer "Schwestergesellschaft" der Klägerin als Inhaberin der angrenzenden Spielhalle unter Hinweis auf deren unzureichende Wirtschaftlichkeit eingereicht wurde und dass in der Bauvorlage zwischen beiden Spielhallen eine Tür eingezeichnet ist, konnten nach der Rechtsansicht der Beklagten vielleicht Zweifel an der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens begründen (vgl. das Schreiben der Beklagten an die Klägerin vom 19.08.2009). Sie ließen aber keinen Zweifel daran zu, dass sich Bauantrag und Bauvorlagen allein auf ein neues selbständiges Vorhaben der Klägerin bezogen und nur ein solches Vorhaben zur Genehmigung gestellt sein sollte.
22 
Ob die Beklagte nach Eingang des vollständigen Bauantrags einen zureichenden Grund für ihre Untätigkeit hatte, ist für die Zulässigkeit der nach Ablauf der dreimonatigen Sperrfrist erhobenen Untätigkeitsklage unerheblich (BVerwG, Urteil vom 23.03.1973 - IV C 2.71 - BVerwGE 42, 108 <112>, juris Rn. 25 ff.). Bei Vorliegen eines zureichenden Grundes hat vielmehr das Gericht gemäß § 75 Satz 3 VwGO der Verwaltungsbehörde eine Frist zur Entscheidung über den beantragten Verwaltungsakt zu setzen (BVerwG, Urteil vom 22.05.1987 - 4 C 30.86 - NVwZ 1987, 969, juris Rn. 12), was hier aber nach Erlass des Ablehnungsbescheids der Beklagten vom 10.11.2009 nicht mehr in Betracht kam. Aus dem Urteil des 5. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 27.02.2003 (a.a.O.) folgt entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nichts Anderes. Soweit darin die zweimonatige Entscheidungsfrist nach § 54 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO a.F. als "besonderer Umstand" i. S. des § 75 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO erwogen wird (a.a.O., juris Rn. 27), betrifft das nur eine mögliche Verkürzung der gesetzlichen Sperrfrist von drei Monaten. Eine Verlängerung dieser Sperrfrist wegen eines "besonderen Umstands" sieht § 75 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO gerade nicht vor.
23 
2. Es ist auch nach Rechtshängigkeit ein erledigendes Ereignis eingetreten.
24 
Ein Verpflichtungsbegehren ist i. S. des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erledigt, wenn es nach Klageerhebung aus dem Kläger nicht zurechenbaren Gründen unzulässig oder unbegründet wurde, insbesondere aufgrund einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage (BVerwG, Urteil vom 30.06.2011 - 4 C 10.10 - NVwZ 2012, 51 m.w.N.). Bei einer Rechtsänderung ist aber nicht erforderlich, dass sich das Verpflichtungsbegehren auch im strengen Sinne des Wortes "erledigt" hat. Denn diese Tatsache ändert nichts an der grundlegenden Wendung, die das Verfahren infolge der Rechtsänderung nimmt und die Interessenlage kennzeichnet, welche die entsprechende Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 rechtfertigt (BVerwG, Urteil vom 24.10.1980 - 4 C 3.78 - BVerwGE 61, 128 <135>). Das Inkrafttreten einer Satzung über eine Veränderungssperre (§ 14 BauGB) ist eine Rechtsänderung, die wegen der materiell-rechtlichen Wirkung der Veränderungssperre (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BauGB) zum Erlöschen eines Baugenehmigungsanspruchs (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.1971 - 4 C 32.69 - BRS 24 Nr. 148 S. 221 <224>, juris Rn. 33) und damit auch zur Erledigung eines Verpflichtungsbegehrens i. S. einer grundlegenden Wendung des Verfahrens führen kann. Voraussetzung ist allerdings, dass die Satzung rechtswirksam ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.02.2003, a.a.O, juris Rn. 20).
25 
Ausgehend davon hat sich der mit der Klage behauptete Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung gemäß den Festsetzungen des Bebauungsplans "Ehemalige Filzfabriken, 1. Änderung“ der Beklagten vom 25.01.1996 nach Rechtshängigkeit aus der Klägerin nicht zurechenbaren Gründen mit Inkrafttreten der Satzung über eine Veränderungssperre für das Plangebiet vom 22.10.2009 am 06.11.2009 erledigt. Denn nach § 2 Abs. 1 dieser Satzung dürfen Vorhaben i. S. des § 29 BauGB nicht mehr durchgeführt werden. Die Nutzungsänderung einer baulichen Anlage ist ein solches Vorhaben (§ 29 Abs. 1 BauGB). Anhaltspunkte für die Unwirksamkeit dieser Satzung oder für einen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme von der Veränderungssperre nach § 14 Abs. 2 BauGB sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Die Erledigung ist auch nach Rechtshängigkeit eingetreten. Denn die Rechtshängigkeit beginnt bereits mit der Erhebung der Klage (§ 90 VwGO). Das war der 05.11.2009 und damit einen Tag vor Eintritt des erledigenden Ereignisses. Auf den späteren Zeitpunkt der Zustellung der Klage beim Beklagten (10.11.2009) kommt es nicht an.
26 
3. Schließlich sind auch die beiden weiteren Voraussetzungen erfüllt. Für den Feststellungsantrag liegt ein klärungsfähiges Rechtsverhältnis vor (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.04.1999, a.a.O., juris Rn. 14 m.w.N.). Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Zur Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses ist die gewählte Klageform geeignet. Dass im Streitfall eine derartige Klage von vornherein als aussichtslos zu gelten hätte, lässt sich nicht sagen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.04.1999, a.a.O., juris Rn. 14 m.w.N.). Das Feststellungsinteresse ist auch nicht etwa wegen "verfrühter" Klageerhebung unberechtigt. Denn die Klage war aus den oben dargelegten Gründen ohne vorangehende Entscheidung über der Bauantrag als Untätigkeitsklage zulässig. Die vom Verwaltungsgericht zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Nichtvorliegen eines berechtigten Interesses wegen der Absicht eines Amtshaftungsprozesses bei Erledigung vor Klageerhebung (Urteil vom 20.01.1981 - 8 C 30.87 - BVerwGE 81, 226 und Beschluss vom 09.05.1989 - 1 B 166.88 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 202) ist nicht einschlägig, weil das erledigende Ereignis erst nach Klageerhebung eingetreten ist. Dass dies lediglich einen Tag nach Klageerhebung und damit zu einem Zeitpunkt war, als das Klageverfahren gerade erst begonnen hatte, ist unerheblich. Für das mit der Absicht eines Amtshaftungsprozesses begründete berechtigte Feststellungsinteresse genügt es, dass die Klägerin ihre auf Erteilung der Baugenehmigung gerichtete Verpflichtungsklage vor Inkrafttreten der Veränderungssperre erhoben und damit das Verfahren gemäß § 75 VwGO in zulässiger Weise begonnen hatte (BVerwG, Urteil vom 27.03.1998, a.a.O., juris Rn. 18).
II.
27 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Unterlassung der Beklagten, der Klägerin eine Baugenehmigung gemäß ihrem Bauantrag vom 06.07.2009 zu erteilen, ist vor dem 06.11.2009 nicht rechtswidrig gewesen. Die Beklagte war damals schon deshalb nicht zur Erteilung der Baugenehmigung verpflichtet, weil die in der Landesbauordnung bestimmte Frist zur Entscheidung über den Bauantrag, welche die Baurechtsbehörde voll ausschöpfen darf, zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war. Ob das Vorhaben genehmigungsfähig war, kann der Senat daher offen lassen.
28 
1. Die Baurechtsbehörde ist vor Ablauf der Entscheidungsfrist nach § 54 Abs. 4 LBO a.F. (jetzt § 54 Abs. 5 LBO) nicht zur Erteilung einer Baugenehmigung verpflichtet. Der Landesgesetzgeber hat mit der am 01.01.1996 in Kraft getretenen Fristenregelung in § 54 LBO im Interesse sowohl des Bauherrn als auch der Baurechtsbehörde an einer einfachen, zweckmäßigen und zügigen Durchführung des Baugenehmigungsverfahrens (vgl. § 10 Satz 2 LVwVfG; LT-Drs. 11/5337, S. 115) die Höchstdauer für eine formell ordnungsgemäße Bearbeitung des Bauantrags und eine sachgerechte Entscheidung darüber normativ konkretisiert. Die formell ordnungsgemäße Bearbeitung umfasst die Prüfung des Bauantrags und der Bauvorlagen auf Vollständigkeit innerhalb von zehn Arbeitstagen mit einer eventuell anschließenden individuellen Frist zur Mängelbeseitigung (§ 54 Abs. 1 LBO a.F.), die Mitteilung an den Bauherrn über Eingang des Bauantrags und voraussichtlichen Entscheidungszeitpunkt (§ 54 Abs. 2 Nr. 1 LBO a.F.) sowie eine bis zu zwei Monate, ausnahmsweise auch einen Monat länger dauernde Anhörung der Gemeinde und berührter Stellen (§ 54 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 und Abs. 5 LBO a.F.). Daran schließt sich eine Entscheidungsfrist von einem Monat bei Wohngebäuden, zugehörigen Stellplätzen, Garagen und Nebenanlagen (§ 14 BauNVO) oder von zwei Monaten bei sonstigen Vorhaben an (§ 54 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 LBO a.F.). Die Entscheidungsfrist beginnt, sobald die vollständigen Bauvorlagen und alle für die Entscheidung notwendigen Stellungnahmen und Mitwirkungen vorliegen, spätestens jedoch nach Ablauf der Anhörungsfrist (§ 54 Abs. 4 Satz 2 LBO a.F.). Die Baurechtsbehörde darf die Entscheidungsfrist voll ausschöpfen (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.02.2003, a.a.O., juris Rn. 32). Vor ihrem Ablauf ist ein Genehmigungsanspruch gleichsam noch nicht "fällig". Ob ein Bauantrag im Einzelfall schon vor Ablauf der Entscheidungsfrist objektiv entscheidungsreif und genehmigungsfähig ist, ist daher jedenfalls öffentlich-rechtlich unerheblich (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.02.2003, a.a.O., juris Rn. 32). Mit ihrer Anknüpfung an die Anhörung (vgl. § 54 Abs. 4 Satz 2 LBO a.F.) bezweckt die Entscheidungsfrist mittelbar auch, der anzuhörenden Gemeinde zu ermöglichen, auf ein Bauvorhaben, das nach der bestehenden Rechtslage zulässig, von ihr aber nicht erwünscht ist, mit (Sicherungs-)Maßnahmen der Bauleitplanung zu reagieren (vgl. BGH, Urteil vom 23.01.1992 - III ZR 191/90 - NVwZ 1993, 293 m.w.N.). Mit diesen Zielsetzungen ist § 54 LBO auch mit verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung präventiver Erlaubnisvorbehalte zur Grundrechtsausübung (vgl. BVerfG, Urteil vom 05.08.1966 - 1 BvF 1/61 - BVerfGE 20, 150, juris Rn. 18 ff.; Beschluss vom 12.06.1979 - 1 BvL 19/76 - BVerfGE 52, 1, juris Rn. 149) als Inhalts- und Schrankenbestimmung der Baufreiheit nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 GG vereinbar.
29 
Für den Ablauf der Entscheidungsfrist ist im Einzelfall unerheblich, welches Datum die Baurechtsbehörde in ihrer Mitteilung gegenüber dem Bauherrn (§ 54 Abs. 2 Nr. 1 LBO a.F.) angegeben hat. § 54 Abs. 4 LBO a.F. regelt Beginn und Dauer der Entscheidungsfrist abschließend, ohne an das nach § 54 Abs. 2 Nr. 1 LBO a.F. mitgeteilte Datum anzuknüpfen. Die Mitteilung der Baurechtsbehörde ist kein Verwaltungsakt, insbesondere keine Zusicherung (§ 38 LVwVfG), sondern eine Auskunft ohne Rechtsbindungswille (Wissenserklärung). Für die Dauer der Entscheidungsfrist kommt es allein auf die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 54 Abs. 4 LBO a.F. an. Es ist daher unerheblich, dass die Beklagte in ihrem Schreiben an die Klägerin vom 16.09.2009 als "Datum der voraussichtlichen Entscheidung" mit dem "30.10.2009" einen Zeitpunkt vor Inkrafttreten der Veränderungssperre angegeben hat.
30 
2. Die gesetzliche Entscheidungsfrist betrug im vorliegenden Fall zwei Monate (§ 54 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO a.F.) und war bei Inkrafttreten der Veränderungssperre am 06.11.2009 noch nicht abgelaufen.
31 
a) Nach § 54 Abs. 4 Satz 2 LBO a.F. beginnt die Entscheidungsfrist, sobald die vollständigen Bauvorlagen und alle für die Entscheidung notwendigen Stellungnahmen und Mitwirkungen vorliegen, spätestens jedoch nach Ablauf der gemäß § 54 Abs. 3 LBO a.F. bestimmten Anhörungsfrist. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein. Dabei kommt es im Grundsatz auf den tatsächlichen Ablauf des konkreten Verfahrens an. Wegen der Abhängigkeit des Beginns der Entscheidungsfrist von der Anhörung setzt die Vorschrift insoweit aber auch voraus, dass die Anhörung i. S. des § 54 Abs. 2 Nr. 2 LBO a.F. "unverzüglich" nach dem Ende der Prüfungsfrist (§ 54 Abs. 1 LBO a.F.) eingeleitet worden ist. Denn andernfalls hätte die Baurechtsbehörde es bei rechtswidriger Verzögerung der Anhörung in der Hand, Beginn und Ende der Entscheidungsfrist und damit auch die rechtliche Durchsetzbarkeit des Genehmigungsanspruchs über die gesetzlichen Zeitvorgaben hinaus zu steuern. Das widerspräche Sinn und Zweck der gesetzlichen Fristenregelung. Leitet die Baurechtsbehörde die Anhörung nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 LBO a.F. nicht “unverzüglich“ ein, darf der Beginn der Entscheidungsfrist folglich nicht nach dem tatsächlichen Ablauf des konkreten Verfahrens, sondern er muss hypothetisch bestimmt werden. Die Entscheidungsfrist beginnt in diesem Falle analog § 54 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 LBO a.F. (jetzt § 54 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 LBO) nach Ablauf einer angemessenen Anhörungsfrist ab hypothetisch unverzüglicher Einleitung der Anhörung. Entgegen der Ansicht der Klägerin kann insoweit nicht auch alternativ entsprechend § 54 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 LBO a.F. auf einen mutmaßlich früheren Zeitpunkt des Eingangs erforderlicher Mitwirkungen und Stellungnahmen von Behörden abgestellt und insoweit berücksichtigt werden, dass dies auch im tatsächlichen Ablauf des Verfahren so geschehen ist. Denn dass alle Mitwirkungen und Stellungnahmen auch bei nicht rechtswidrig verzögerter Anhörung ebenfalls vor Ablauf der Anhörungsfrist eingegangen wären, ist bloße Spekulation. Dafür ist bei einer Bestimmung des Beginns der Entscheidungsfrist nach § 54 Abs. 4 LBO a.F. schon aus Gründen der Rechtssicherheit kein Raum.
32 
b) Gemessen daran gilt hier Folgendes:
33 
Nach dem tatsächlichen Ablauf des Verfahrens hätte die Entscheidungsfrist frühestens am 09.10.2009 zu laufen begonnen. Denn alle notwendigen Stellungnahmen und Mitwirkungen lagen der Beklagten erst mit Eingang der letzten Stellungnahme des Landratsamts am 09.10.2009 (per E-Mail) vor Ablauf der bis zum 16.10.2009 bestimmten Anhörungsfrist vollständig vor. Die zweimonatige Entscheidungsfrist wäre danach erst Mitte Dezember 2009 und damit nach dem 06.11.2009 abgelaufen. Ihr Beginn richtet sich aber nicht nach dem tatsächlichen Ablauf des Verfahrens, weil die Beklagte die Anhörung nicht gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 2 LBO a.F. "unverzüglich" eingeleitet hat (aa)). Aber auch bei der daher gebotenen hypothetischen Bestimmung analog § 54 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 LBO a.F. begann die Entscheidungsfrist frühestens am 08.09.2009 und lief damit ebenfalls erst nach dem 06.11.2009 ab (bb)).
34 
aa) Nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 LBO a.F. hat die Baurechtsbehörde die Gemeinde und die berührten Stellen nach § 53 Abs. 2 LBO a.F. unverzüglich zu hören, sobald der Bauantrag und die Bauvorlagen vollständig sind. Die Formulierung "sobald der Bauantrag und die Bauvorlagen vollständig sind" knüpft erkennbar nicht an den bloßen Eingang dieser Unterlagen bei der Baurechtsbehörde, sondern an das Ende der amtlichen Prüfung nach § 54 Abs. 1 LBO a.F. an. Die Baurechtsbehörde darf daher zunächst die zehn Arbeitstage umfassende Prüfungsfrist nach § 54 Abs. 1 Satz 1 LBO a.F. ausschöpfen, bevor sie zur unverzüglichen Einleitung der Anhörung verpflichtet ist. Würde bei der Berechnung der Entscheidungsfrist ex post darauf abgestellt, dass Bauantrag und Bauvorlagen objektiv gesehen schon am Tag ihres Eingangs bei der Baurechtsbehörde vollständig waren, wäre diese Prüfungsfrist im Ergebnis sinnlos.
35 
Das an den Ablauf dieser amtlichen Prüfung anknüpfende Gebot zur "unverzüglichen" Einleitung der Anhörung verlangt ein behördliches Handeln ohne schuldhaftes Zögern (vgl. § 121 BGB). In Anlehnung an Zeitvorgaben des Gesetzgebers für ähnliche bürokratische Vorgänge (§ 53 Abs. 3 und 5, § 55 Abs. 1 LBO a.F.) dürfte dafür im Regelfall eine Zeitspanne von drei bis fünf Arbeitstagen genügen. Konkrete Umstände des Einzelfalles können aber auch einen anderen zeitlichen Rahmen rechtfertigen (vgl. Sauter, LBO, Kommentar, 3. Auflage, § 54 Rn. 9). Rechtliche Bedenken der zuständigen Baurechtsbehörde an der Genehmigungsfähigkeit eines Vorhabens rechtfertigen eine Verzögerung der Anhörung allerdings nicht. Die Einschätzung der Behörde, das Vorhaben sei nicht genehmigungsfähig, mag zwar einen Hinweis gegenüber dem Bauherrn nahelegen, um ihm die Möglichkeit zur Darlegung seines Rechtsstandpunktes oder zur Rücknahme des Bauantrags und zu einer damit einhergehenden Kostenersparnis einzuräumen. Sie ist aber kein sachlicher Grund, vorläufig von der nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 LBO a.F. zwingend und ohne Ausnahme gebotenen Anhörung abzusehen, deren Ablauf den Beginn der Entscheidungsfrist und damit die rechtliche Durchsetzbarkeit des Genehmigungsanspruchs des Bauherrn steuert. Zudem dienen die Beteiligung der Gemeinde und die Anhörung der berührten Stellen (§ 53 Abs. 2 LBO a.F.) gerade - auch - dazu, den entscheidungserheblichen Sachverhalt zur Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens von Amts wegen aufzuklären (§ 24 LVwVfG). Rechtliche Bedenken können dadurch gegebenenfalls auch ausgeräumt werden. Schließlich ist zu bedenken, dass andernfalls der Beginn der Entscheidungsfrist mittelbar von der subjektiven behördlichen Einschätzung über die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens abhinge. Das wäre mit Sinn und Zweck des strikten Fristenregimes nach § 54 LBO nicht zu vereinbaren. Ein Absehen von der Anhörung im "wohlverstandenen (Kosten-)Interesse" des Bauherrn widerspräche zudem mittelbar § 54 Abs. 4 Satz 3 LBO a.F., wonach die Entscheidungsfrist nicht zur Disposition des Bauherrn steht.
36 
Ausgehend davon war die Beklagte frühestens am Tag nach Ablauf der Prüfungsfrist von zehn Arbeitstagen (§ 54 Abs. 1 Satz 1 LBO a.F.) seit Eingang des vollständigen (s.o. I.1.) Bauantrags am 22.07.2009 zur unverzüglichen Anhörung verpflichtet. Dies war Donnerstag, der 06.08.2009 (vgl. § 31 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. § 187 Abs. 1, 188 Abs. 1 BGB). Tatsächlich eingeleitet hat sie die Anhörung erst am 16.09.2009. Diese Verzögerung überschreitet die im Regelfall insoweit allenfalls angemessene Zeitspanne von drei bis fünf Arbeitstagen ganz erheblich. Sie ist auch schuldhaft. Die Beklagte beruft sich insoweit ausschließlich auf die von ihrer Baurechtsbehörde im Schreiben an die Klägerin vom 19.08.2009 mitgeteilten rechtlichen Bedenken an der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens und meint, sie habe wegen dieser Bedenken mit dem Beginn der Anhörung zuwarten dürfen. Das trifft, wie oben dargelegt, nicht zu. Auch Anhaltspunkte für die von der Beklagten in der Berufungsverhandlung ergänzend behauptete Mangelhaftigkeit des Bauantrags wegen Unbestimmtheit gab es nicht (s.o. I.1.). Abgesehen davon hätte die Beklagte in diesem Falle nach § 54 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F. verfahren und der Klägerin eine Frist zur Mängelbeseitigung setzen müssen. Im Übrigen wäre die hier eingetretene Verzögerung selbst dann schuldhaft, wenn materiell-rechtliche Bedenken der Baurechtsbehörde eine Verzögerung der Anhörung durch einen Hinweis gegenüber dem Bauherrn rechtfertigen könnten. Denn in diesem Falle müsste ein entsprechender Hinweis gegenüber dem Bauherrn jedenfalls unverzüglich nach Ablauf der Prüfungsfrist (§ 54 Abs.1 Satz 1 LBO a.F.) mit knapper Äußerungsfrist erteilt werden. Beides ist hier nicht geschehen. Der Hinweis wurde erst mit Schreiben vom 19.08.2009 und damit erst weitere zehn Arbeitstage nach Ablauf der zehntägigen Prüffrist und zudem mit mehr als dreiwöchiger Äußerungsfrist bis zum 15.09.2009 erteilt. Schließlich stand spätestens mit Eingang des Schriftsatzes der Klägerin vom 30.08.2009 am 01.09.2009 fest, dass die Klägerin auf einer Durchführung des Verfahrens bestand. Die Anhörung hätte danach bereits am 01.09.2009 eingeleitet werden müssen. Tatsächlich ist auch das erst am 16.09.2009 geschehen.
37 
Anhaltspunkte für sonstige Verzögerungsgründe sind nicht ersichtlich und auch nicht geltend gemacht.
38 
bb) Bei der daher gebotenen hypothetischer Bestimmung analog § 54 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 LBO a.F. kann der Senat zugunsten der Klägerin unterstellen, dass die Beklagte bereits am Tag nach Ablauf der Prüfungsfrist von zehn Arbeitstagen seit Eingang des Bauantrags (22.07.2009), also am Freitag, dem 07.08.2009 zur Einleitung der Anhörung verpflichtet war, obwohl hierfür im Regelfall wohl drei bis fünf Arbeitstage anzusetzen sein dürften (s.o. aa)). Ferner ist insoweit von einer angemessenen Anhörungsfrist (§ 54 Abs. 3 Satz 1 LBO a.F.) von einem Monat auszugehen, die der damals vom Gesetzgeber unterstellten Regelfallfrist im gesetzlichen Rahmen von zwei Monaten entspricht (vgl. LT-Drs. 11/5337, S. 114; Schlotterbeck/von Arnim, LBO, Kommentar, 4. Auflage § 54 Rn. 15). Bei Einleitung der Anhörung am 07.08.2009 wäre diese Monatsfrist am Montag, dem 07.09.2009 abgelaufen. Die zweimonatige Entscheidungsfrist hätte analog § 54 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 LBO a.F. am Tag danach, also am Dienstag, dem 08.09.2009, zu laufen begonnen und wäre frühestens am Montag, dem 09.11.2009 (§ 31 Abs. 1 und 3 LVwVfG i.V.m. § 187 Abs. 1, 188 Abs. 1 BGB) und damit nach Inkrafttreten der Veränderungssperre abgelaufen.
B.
39 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
40 
Beschluss vom 19. Juni 2012
41 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 60.000,00 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG, in Anlehnung an Nr. 1.3 i.V.m. Nr. 9.1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit Fassung Juli 2004, NVwZ 2004, 1327).
42 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 200.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Rahmen von Fortsetzungsfeststellungsklagen um die Befristung einer lebensmittelrechtlichen Zulassung, um die Frage, ob der Widerruf dieser Zulassung rechtmäßig war und ob die Klägerin einen Anspruch auf eine unbedingte und unbefristete Zulassung hatte.

Die Klägerin betrieb ein Gefrierhaus. Sie erhielt mit Wirkung zum 23. April 2007 durch Bescheid der Regierung von Schwaben vom 11. April 2007 vorläufig befristet die Zulassung für folgende Tätigkeiten: Kühllagerung von Lebensmitteln aller Art (Ziffer 1.1 des Bescheides). Frosten, Sortieren, Palettieren, Verpacken und Umverpacken von Fleisch, Innereien und Nebenprodukten der Schlachtung (lebensmitteltaugliche Frischware), soweit dies nicht Dienstleistungen für Firmen sind, an denen Herr …, Herr … oder Herr … beteiligt sind. Diese Tätigkeiten seien hinsichtlich Plasma und Blut uneingeschränkt zulässig (Ziffer 1.2 des Bescheides). Die Kühlräume K10, K11 und K12 seien von der oben genannten Zulassung ausgenommen (Ziffer 2 des Bescheides). Die Zulassung wurde bis 23. Juli 2007 befristet (Ziffer 3 des Bescheides) und erfolgte unter dem Vorbehalt eines jederzeitigen Widerrufs (Ziffer 7 des Bescheids) sowie unter zahlreichen Nebenbestimmungen.

Mit Schreiben vom 11. Mai 2007 ließ die Klägerin durch ihren damaligen Bevollmächtigten Widerspruch gegen den Bescheid vom 11. April 2007 erheben. Dieser beziehe sich auf die Punkte 1.2, 3, 4, 6.1.2, 6.2 und 6.5.

Mit Bescheid der Regierung von Schwaben vom 31. Mai 2007 widerrief der Beklagte die Nummer 1.2 des Bescheids vom 11. April 2007 ab sofort mit Wirkung für die Zukunft insoweit, als dies das Frosten, Sortieren, Palettieren, Verpacken und Umverpacken von Fleisch, Innereien und Nebenprodukten der Schlachtung betrifft (Ziffer 1 des Bescheides).

Mit Schreiben vom 19. Juni 2007 hat die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid des Beklagten vom 31. Mai 2007 erhoben.

Mit weiterem Bescheid vom 10. Juli 2007 wurde der mit Schreiben vom 11. Mai 2007 eingelegte Widerspruch zurückgewiesen (Ziffer 1). Die mit Bescheid vom 11. April 2007 erteilte bedingte Zulassung wurde mit Wirkung vom 23. Juli 2007 widerrufen, soweit diese nicht bereits mit Bescheid vom 31. Mai 2007 widerrufen wurde (Ziffer 2). Die bedingte Zulassung wurde nicht verlängert (Ziffer 3 des Bescheids).

Mit Schriftsatz vom 13. Juli 2007 hat die Klägerin Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben und beantragt, den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 10. Juli 2007 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung der Nummern 2 und 3 des Bescheides der Regierung von Schwaben vom 10. Juli 2007 zu verpflichten, eine unbedingte Zulassung unter der Veterinärkontrollnummer DE-BY-70003-EG zu erteilen, hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die Befristung um drei Monate zu verlängern.

Mit Schriftsatz vom 26. Juli 2007 hat die Klägerin Klage erhoben und beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 31. Mai 2007 aufzuheben und die Klage mit dem anhängigen Verfahren Au 7 K 07.776 zu verbinden.

Bei einem Großbrand am 17. August 2007 sind die Betriebshallen der Klägerin weitgehend zerstört worden.

Mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2007 beantragte die Klägerin, nunmehr gemäß § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 31. Mai 2007 rechtswidrig gewesen sei und in der mündlichen Verhandlung festzustellen, dass die Klägerin am 11. April 2007 einen Anspruch auf Erteilung einer unbefristeten Zulassung, hilfsweise einen Anspruch auf Verlängerung der Zulassung um drei Monate ab dem 23. Juli 2007 hatte. Die Klage sei zulässig, weil die Klägerin durch die Behauptung der Zulassungsbehörde, dass die Wareneingangskontrolle der Klägerin versagt habe, in der Öffentlichkeit verurteilt und angeprangert worden sei. Selbst ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss befasse sich mit dieser Angelegenheit.

Mit Urteil vom 4. Juli 2011 wies das Verwaltungsgericht Augsburg die Klage ab. Die Fortsetzungsfeststellungsklage sei zulässig, weil die Klägerin ein Rehabilitationsinteresse habe. Sie sei aber nicht begründet.

Mit Schreiben des Berichterstatters des Senats vom 9. Mai 2014 und 18. Juli 2014 wurden die Beteiligten angehört und u. a. um Mitteilung gebeten, warum sie von einer Erledigung der Klagebegehren ausgegangen seien und, ob die ursprünglich genehmigte Tätigkeit der Klägerin vor Ort weiter geführt werden soll.

Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 24. Juli 2014 mitgeteilt hat, dass die ursprünglich genehmigte Tätigkeit vor Ort weiter geführt werden solle, hörte der Senat die Beteiligten mit Schreiben des Berichterstatters vom 18. August 2014 erneut an und wies darauf hin, dass es fraglich sei, ob sich der Rechtsstreit tatsächlich erledigt habe und welches besondere Interesse die Klägerin an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Bescheide des Beklagte habe. Der Senat wies auch ausdrücklich darauf hin, dass, sollte sich die Klage als unzulässig erweisen, der Antrag auf Zulassung der Berufung aus diesem Grund abgelehnt werden müsste.

Hierauf teilte der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 15. September 2014 unter Verweis auf sein bisheriges Vorbringen mit, der ehemalige Bevollmächtigte der Klägerin sei von einer Erledigung des Rechtsstreits ausgegangen. Das besondere Feststellungsinteresse liege zum einen im Rehabilitationsinteresse und in dem Interesse begründet, Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten geltend zu machen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Behördenakten und die Gerichtsakten verwiesen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Die begehrte Zulassung der Berufung kann nicht nach den geltend gemachten Zulassungsgründen nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 5 VwGO erfolgen, da das angefochtene Urteil (jedenfalls) aus anderen als den vom Verwaltungsgericht angeführten Gründen, zu denen die Klägerin vor der Entscheidung des Senats mit Verfügung vom 18. August 2014 angehört worden ist, im Ergebnis richtig ist. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die geltend gemachten Zulassungsgründe der Klägerin den Anforderungen an eine hinreichende Darlegung genügen und durchgreifen.

Der der Vorschrift des § 144 Abs. 4 VwGO zugrunde liegende allgemeine Rechtsgedanke, dass allein die fehlerhafte Begründung einer Entscheidung, welche sich im Ergebnis als richtig erweist, dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg verhilft, ist auch in einem - hier vorliegenden - Verfahren auf Zulassung der Berufung zu berücksichtigen. Auch ein solches Antragsverfahren soll unabhängig davon, dass insoweit eine dem § 144 Abs. 4 VwGO vergleichbare Vorschrift fehlt, aus prozessökonomischen Gründen nicht um eines Fehlers willen fortgeführt werden, der mit Sicherheit für das endgültige Ergebnis des Rechtsstreits bedeutungslos bleiben wird (vgl. BVerwG, B. v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - juris, U. v. 26.2.2003 - 8 C 1.02 - NVwZ 2003, 1129; BayVGH, B. v. 24.1.2011 - 20 ZB 10.30418 - juris).

So liegt der Fall hier. Das Verpflichtungsbegehren der Klägerin auf Erteilung einer unbedingten und unbefristeten, hilfsweise einer befristeten Zulassung nach Art. 31 Abs. 2 c der Verordnung 882/2004/EG hat sich durch den Brand in den Betriebsgebäuden der Klägerin am 17. August 2007 nicht erledigt, weil die Klägerin nach wie vor erklärt, dort die ursprünglich genehmigte Tätigkeit fortführen zu wollen.

Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht für den Fall, dass sich der angegriffene Verwaltungsakt erledigt hat, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn die Klägerin ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Die auf Anfechtungsklagen zugeschnittene Bestimmung ist nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf Verpflichtungsklagen entsprechend anwendbar (vgl. Urteile v. 24.1.1992 - 7 C 24.91 - BVerwGE 89, 354 <355>, v. 29.4.1992 - 4 C 29.90 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 247 S. 90 und vom 19.9.2002 - 4 C 13.01 - BVerwGE 117, 50 <51>). Da die Fortsetzungsfeststellungsklage u. a. dem Zweck dient zu verhindern, dass ein Kläger um die „Früchte“ seiner bisherigen Prozessführung gebracht wird (vgl. BVerwG, U. v. 29.4.1992 a. a. O.), ist das Verpflichtungsbegehren erledigt, wenn es nach Klageerhebung aus dem Kläger nicht zurechenbaren Gründen unzulässig oder unbegründet wurde, wenn also das Rechtsschutzziel aus Gründen, die nicht in der Einflusssphäre des Klägers liegen, nicht mehr zu erlangen ist, weil es entweder außerhalb des Prozesses erreicht wurde oder überhaupt nicht mehr erreicht werden kann (BVerwG, B. v. 15.8.1988 - 4 B 89.88 - NVwZ 1989, 48). Letzteres ist der Fall, wenn eine nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage zum Erlöschen eines Anspruchs führt (U. v. 24.7.1980 - 3 C 120.79 - BVerwGE 60, 328 <332 f.> und vom 24.10.1980 - BVerwG 4 C 3.78 - 61, 128 <134>; B. v. 15.8.1988 a. a. O.; Schmidt: in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2010, § 113 Rn. 77). So liegt es hier nicht. Wiederholt hat die Klägerin erklärt, trotz des Brandes ihrer Betriebsstätte, die ursprünglich ausgeführte und zunächst befristet genehmigte Tätigkeit vor Ort fortführen zu wollen. Dass ihr dies tatsächlich nicht möglich ist, wie z.B. durch eine Instandsetzung der früher vorhandenen Gebäude, ist nicht ersichtlich und wurde von den Beteiligten auch nicht schlüssig vorgetragen. Zwar führt der Beklagte an, dass der ursprünglich gestellte Antrag der Klägerin wohl nicht genehmigungsfähig sei. Dies ist jedoch für die Frage der Erledigung des ursprünglich erhobenen Verpflichtungsbegehrens ohne Belang, weil sich dessen Streitgegenstand aus der Sicht der Klägerin gestaltet und sich dagegen nicht aus der Beurteilung der Genehmigungsbehörde herleiten lässt. Aufgrund des Willens der Klägerin die ursprünglich ausgeübte Tätigkeit vor Ort fortsetzen zu wollen, kann gerade nicht davon ausgegangen werden, dass sie beabsichtigt einen anderen Betrieb (vgl. hierzu BVerwG, U. v. 15.11.1990 - 3 C 49.87 - BayVBl. 1991, 313) zu führen. Darüber hinaus fehlt es ebenso an einer Erledigung, wenn die Klägerin lediglich das Interesse an ihrem ursprünglichen Begehren verloren hätte (BVerwG, U. v. 15.11.1990 - 3 C 49.87 - BayVBl. 1991, 313). Damit stellt sich der Streitgegenstand der Fortsetzungsfeststellungklage hinsichtlich der Verpflichtungsklage auf Erteilung einer lebensmittelrechtlichen Erlaubnis bereits aus diesem Grunde als unzulässig heraus. Dies gilt auch für den hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer befristeten Genehmigung, denn bei der Auslegung dieses Klagebegehrens der Klägerin ist davon auszugehen, dass sie auch nach Ablauf des angegebenen Zeitraumes ihr Hilfsbegehren weiter verfolgen wollte.

Weil die Klägerin ihr hauptsächliches Klagebegehren, die Erteilung einer unbedingten und unbefristeten Genehmigung, hilfsweise einer befristeten Erlaubnis, weiter hätte verfolgen können, ist zudem nicht ersichtlich, welches darüber hinausgehende Feststellungsinteresse die Klägerin hinsichtlich des Widerrufs der befristeten Erlaubnis besitzen könnte. Im Falle des Obsiegens der Klägerin mit ihrem Verpflichtungsbegehren kann im hier zu entscheidenden Fall ein darüber hinaus gehendes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit des Widerrufes der ursprünglich erteilten befristeten Genehmigung nicht erkannt werden, denn es ist nicht ersichtlich, wie die rechtliche Position der Klägerin darüber hinaus verbessert werden könnte (vgl. BVerwG, U. v. 20.6.2013 - 8 C 39.12 - NVwZ-RR 2014, 94). Hierzu hätte es einer konkreten Darlegung durch die Klägerin bedurft. Dies ist jedoch nicht erfolgt. Das von der Klägerin behauptete Rehabilitationsinteresse hätte durch ihr nicht erledigtes Verpflichtungsbegehren weiter verfolgt werden können. Davon ging sie wohl selbst aus, weil sie in ihrem Schriftsatz vom 9. Dezember 2007 ausführt, sollte sich im anhängigen Verfahren (gegen den Widerruf der befristeten Erlaubnis) herausstellen, dass der Entzug der EU-Zulassung rechtswidrig gewesen sei, würde eine erneute Betriebsaufnahme der Klägerin erfolgen. Auch die von der Klägerin angekündigte Erhebung einer Schadensersatzklage kann bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage nur insoweit berücksichtigt werden, als es allein den Widerruf der befristeten Genehmigung betrifft. Bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage, die - wie hier - der Vorbereitung eines Amtshaftungsverfahrens vor dem Zivilgericht dienen soll, ist das Feststellungsinteresse zu bejahen, wenn ein solcher Prozess bereits anhängig, mit Sicherheit zu erwarten oder ernsthaft beabsichtigt ist, die begehrte Feststellung in diesem Verfahren erheblich und die Rechtsverfolgung nicht offensichtlich aussichtslos ist (vgl. OVG NRW, U. v. 25.3.2014 - 2 A 2679/12 - juris Rn. 47 m. w. N.). Dass diese Voraussetzungen erfüllt sind, muss die Klägerin von sich aus substantiiert darlegen. Insbesondere muss sie aufzeigen, was sie konkret anstrebt, welchen Schaden oder welche Schadens- oder Entschädigungspositionen sie im Zivilrechtsweg geltend machen will und dass ein Schadensersatz- bzw. Entschädigungsprozess bereits anhängig oder mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist. Die bloße Behauptung, einen Schadensersatzprozess führen zu wollen, genügt hierfür nicht (vgl. BayVGH, B. v. 27.3.2014 - 15 ZB 12.1562 - juris Rn. 12 m. w. N. OVG NRW, U. v. 25.3.2014 - 2 A 2679/12 - juris Rn. 47 m. w. N.). Zwar dürfen an den Vortrag keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Insbesondere bedarf es regelmäßig keiner Vorlage einer genauen Schadensberechnung. Jedoch muss der Vortrag zur Rechtfertigung des mit der Fortsetzung des Prozesses verbundenen Aufwands über die bloße Behauptung hinaus nachvollziehbar erkennen lassen, dass sie einen Amtshaftungsprozess tatsächlich anstrebt und dieser nicht offensichtlich aussichtslos ist. Hierzu gehört auch eine zumindest annähernde Angabe der Schadenshöhe (vgl. BayVGH, B. v. 24.10.2011 - 8 ZB 10.957 - Rn. 13; OVG NRW, B. v. 5.7.2012 - 12 A 1423/11 - juris Rn. 22 ff.; OVG NRW, U. v. 25.3.2014 - 2 A 2679/12 - juris Rn. 47 m. w. N.; OVG MV, B. v. 27.5.2010 - 2 L 351/06 - ZfB 2010, 144 Rn. 7; Wolff in Sodann/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 113 Rn. 277 ff.). Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Klägerin nicht.

Die Darlegungspflicht der Klägerin wird dadurch nicht überspannt. Sie wurde mit Verfügung des Senats vom 18. August aufgefordert, zu den Fragen der Erledigung und des Fortsetzungsfeststellungsinteresses Stellung zu nehmen und darauf hingewiesen, dass der Antrag auf Zulassung der Berufung wegen Fehlens der Sachurteilsvoraussetzungen abgelehnt werden könnte.

Folglich sind die zuletzt gestellten Fortsetzungsfeststellungsanträge der Klägerin bereits unzulässig und der Antrag auf Zulassung der Berufung abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Der Streitwert ergibt sich aus § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 und 3 GKG.

Mit dieser Entscheidung wird das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts gemäß § 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO rechtskräftig.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) Ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass

1.
Vorhaben im Sinne des § 29 nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen;
2.
erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen.

(2) Wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen, kann von der Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden. Die Entscheidung über Ausnahmen trifft die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde.

(3) Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden sind, Vorhaben, von denen die Gemeinde nach Maßgabe des Bauordnungsrechts Kenntnis erlangt hat und mit deren Ausführung vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre hätte begonnen werden dürfen, sowie Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung werden von der Veränderungssperre nicht berührt.

(4) Soweit für Vorhaben im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder im städtebaulichen Entwicklungsbereich eine Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 besteht, sind die Vorschriften über die Veränderungssperre nicht anzuwenden.

(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30 bis 37.

(2) Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass

1.
Vorhaben im Sinne des § 29 nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen;
2.
erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen.

(2) Wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen, kann von der Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden. Die Entscheidung über Ausnahmen trifft die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde.

(3) Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden sind, Vorhaben, von denen die Gemeinde nach Maßgabe des Bauordnungsrechts Kenntnis erlangt hat und mit deren Ausführung vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre hätte begonnen werden dürfen, sowie Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung werden von der Veränderungssperre nicht berührt.

(4) Soweit für Vorhaben im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder im städtebaulichen Entwicklungsbereich eine Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 besteht, sind die Vorschriften über die Veränderungssperre nicht anzuwenden.

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragstellerin wendet sich gegen die als Satzung beschlossene Veränderungssperre der Antragsgegnerin vom 19.3.2014.
Die Antragstellerin - ein Unternehmen der chemieverarbeitenden Industrie ist Eigentümerin eines am Rhein gelegenen, rund 37 ha großen Areals auf der Gemarkung der Antragsgegnerin. Auf diesem Grundstück, für das bislang kein Bebauungsplan existiert, befinden sich unter anderen auch Industrieanlagen der Antragstellerin.
Der Gemeinderat der Antragsgegnerin beschloss am 19.3.2013 die Aufstellung eines Bebauungsplans für das Gebiet „Rheinvorland West“. Der räumliche Geltungsbereich des beabsichtigten Bebauungsplans umfasst wesentliche Teile des Areals der Antragstellerin und ist im Westen durch die Kläranlage, im Norden durch die Köchlinstraße, im Osten durch die Irgarstraße/Rheinallee und im Süden durch den Rhein begrenzt. Ebenfalls am 19.3.2013 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin zur Sicherung der Planung eine Satzung über eine Veränderungssperre, die sich auf das Gebiet des künftigen Bebauungsplans erstreckt. Beide Beschlüsse wurden im Amtlichen Mitteilungsblatt der Antragsgegnerin vom 3.5.2013 ortsüblich bekanntgemacht.
Mit dem weiteren Beschluss vom 19.3.2013 versagte der Gemeinderat der Antragsgegnerin das Einvernehmen zu dem Vorhaben der Firma Z... zur Errichtung und zum Betrieb einer Abfallbehandlungsanlage auf dem Areal der Antragstellerin.
Die Antragstellerin hat am 26.3.2014 das Normenkontrollverfahren eingeleitet.
Zur Begründung trägt die Antragstellerin im Wesentlichen vor: Das gesamte Grundstück, auf welches sich die Veränderungssperre räumlich beziehe, stehe in ihrem Eigentum. Das Betriebsgelände diene als Standort für die industrielle Produktion von Chemikalien. Zwar seien bestimmte Produktionen aufgegeben worden. Produkte aus anderen Bereichen würden indessen weiterhin an dem Standort produziert. Gegenwärtig finde eine Intensivierung der chemischen Produktion am Standort statt. Ihre langfristige Strategie beinhalte eine Fortführung des Standorts für die chemische Produktion. Insoweit werde auf die von der ... (...-...)erstellte „... GmbH - Masterplanung Standort Grenzach-Wyhlen“ vom 11.5.2012 verwiesen. Die ...-Masterplanung (Vorzugsvariante A) sehe einen Kernbereich ... zur industriellen Produktion störfallrelevanter chemischer Produkte in entsprechenden Anlagen vor. In den Randbereichen werde zum Schutz der angrenzenden Wohnbebauung gewerbliche Nutzung in bereits vorhandenen Anlagen vorgesehen.
Für die eigene Produktion nicht genutzte Teile des Areals sollten für ein „Ansiedlungsmanagement“ genutzt werden. Das bedeute, dass externen Unternehmen Flächen und Räumlichkeiten gegen Entgelt zur Verfügung gestellt werden sollten, wozu auch die Mitbenutzung der vorhandenen Infrastruktur- und Logistikeinrichtungen gehören solle. Das „Ansiedlungsmanagement“ sei auf eine Ansiedlung von Industriebetrieben ausgerichtet. Die Ansiedlung von Industrie erfolge daher aus ihrem eigenen betriebswirtschaftlichen Interesse. In dieses Standortkonzept füge sich die seit 2011 betriebene Ansiedlung einer Abfallbehandlungsanlage der Firma Z... im südöstlichen Teil des Areals ein. Aus dem Vorstehenden ergebe sich, dass die Planung der Antragsgegnerin, die eine reine Gewerbe- und Dienstleistungsentwicklung von hoher Qualität vorsehe, zwangsläufig „ins Leere laufen“ müsse. Denn an der industriellen Nutzung der „Kernbereich ...“-Fläche ändere sich auch zukünftig nichts. Ferner widerspreche das mit entsprechenden Investitionen bereits in Gang gesetzte „Ansiedlungsmanagement“ der von der Antragsgegnerin beabsichtigten Bauleitplanung. Auch sei der Standort umzäunt, so dass ein Publikumsverkehr ausgeschlossen sei. Lediglich in Randbereichen außerhalb dieser Umzäunung käme eine isolierte gewerbliche Nutzung in Betracht.
Die Veränderungssperre beruhe außerdem auf einer fehlerhaften Entscheidungsgrundlage der Antragsgegnerin. Diese sei zu Unrecht von einer mittelfristigen Reduzierung der chemischen Produktion der ... am Standort Grenzach auf oder gegen Null und einer mittelfristigen Aufgabe der chemischen Produktion der ... ausgegangen. Dies gelte auch für die Annahme in der von der Antragsgegnerin vorgelegten Präsentation „Bürgerversammlung Grenzach-Wyhlen zur möglichen Ansiedlung der Firma Z... auf dem ...-Gelände“, dass die ... absehbar kein Störfallbetrieb mehr sein werde. Auch die Aussage im Aufstellungsbeschluss, sie, die Antragstellerin, sei bestrebt, das vormals allein genutzte Areal zu öffnen, sei insoweit unrichtig, als damit nahegelegt werde, das Areal könne in Zukunft frei zugänglich sein. Die weitere Aussage, sie wolle das Areal neuen unterschiedlichen Nutzern und Nutzungen zuführen, suggeriere eine Offenheit für Gewerbe- und Dienstleistungen. Die Planung der Antragsgegnerin habe daher keinerlei Aussicht auf Realisierung. Sie widerspreche der ausgeübten und zukünftigen Nutzung des Areals, da sie ihr Areal auch künftig als Industriegebiet und als geschlossenen Industriestandort erhalten und nutzen wolle.
Zwar habe die Antragsgegnerin in einer Besprechung am 13.2.2014 die Neigung erkennen lassen, Modifizierungen an den in dem Aufstellungsbeschluss und der Veränderungssperre zugrunde gelegten Planungen insoweit vorzunehmen, als für das Kerngebiet des Areals die Ausweisung eines - wenn auch eng gefassten - Industriegebiets in Betracht gezogen werde. Hierauf komme es aber nicht an. Allein maßgeblicher Zeitpunkt für die Überprüfung der Wirksamkeit einer Veränderungssperre sei die Beschlussfassung. Ein zu diesem Zeitpunkt nicht verwirklichungsfähiges Planungsziel könne nicht nachträglich gegen ein rechtlich unbedenkliches Planungskonzept ausgetauscht werden. Überdies hätten sich die in Betracht gezogenen Modifizierungen in der Planung bislang nicht in förmlicher Weise manifestiert.
10 
Die Veränderungssperre sei ferner wegen mangelnder rechtlicher Umsetzbarkeit der Planung unwirksam. Die Umsetzung der beabsichtigten Planung in einen Bebauungsplan führe zwangsläufig zu einer Verletzung ihrer Eigentumsrechte und damit zu einem Abwägungsfehler. Art. 14 Abs. 1 GG schütze das Interesse des Eigentümers an der Beibehaltung der bisherigen Nutzung. Der Bestandsschutz umfasse auch etwaige Nutzungsänderungen. Es sei nicht ersichtlich, welche überwiegenden öffentlichen Interessen hier in Betracht kommen könnten, um ihr Interesse an der Erhaltung und Fortführung der industriellen Nutzung planerisch „zurückzudrängen“.
11 
Einer Verwirklichung der in dem Aufstellungsbeschluss konkretisierten Planungsziele stehe auch entgegen, dass auf dem von der Veränderungssperre betroffenen Areal Störfallbetriebe angesiedelt seien, in deren Umfeld sich die von der Gemeinde gewünschte Planung nicht realisieren lasse. Die sogenannten Achtungsabstände stellten eine störfallspezifische Umsetzung des Trennungsgrundsatzes dar. Mit Blick auf die im Störfallgutachten eingezeichneten Achtungsradien sei nicht ersichtlich, wie sich auf dem Areal eine freie Nutzung für Gewerbe- und Dienstleistungsbetriebe entwickeln solle.
12 
Der Erlass der angegriffenen Veränderungssperre stelle sich ferner als „vorgeschobene“ Verhinderungsplanung dar. Der Antragsgegnerin sei es mit der Veränderungssperre letztlich darum gegangen, den Ansiedlungswunsch der Firma Z... zu durchkreuzen. Zu dem Zeitpunkt, als das Genehmigungsverfahren für die Zulassung der Anlage soweit fortgeschritten gewesen sei, dass eine Genehmigung hätte erteilt werden können, habe der Gemeinderat der Antragsgegnerin wegen der massiven Proteste in der Bürgerschaft das Einvernehmen zu dem Vorhaben der Fa. Z... versagt und die Veränderungssperre in Kraft gesetzt. Bestätigt werde dies dadurch, dass der räumliche Geltungsbereich keiner bauplanerischen Sachlogik folge. Die ursprüngliche Planung habe neben ihrem eigenen Areal auch die benachbarten Areale von D..., R... und B... eingeschlossen. Der räumliche Geltungsbereich der angegriffenen Veränderungssperre beziehe sich aber weder auf ihr komplettes Areal noch auf die benachbarten Areale mit industrieller Nutzung.
13 
Sie beantragt,
14 
die Satzung über die Veränderungssperre zum Bebauungsplan für das Gebiet „Rheinvorland West“ der Antragsgegnerin vom 19.3.2013 für unwirksam zu erklären.
15 
Die Antragsgegnerin beantragt,
16 
den Antrag abzuweisen.
17 
Sie erwidert: Der von der Veränderungssperre umfasste Bereich befinde sich in einer erheblichen tatsächlichen Umstrukturierungsphase. Das zeige sich daran, dass die Antragstellerin selbst umfangreich Gebäude auf dem Areal beseitigt habe. Diese heute unbebauten Flächen würden derzeit baulich nicht genutzt. Die Planungsziele des künftigen Bebauungsplans ergäben sich aus der Gemeinderatsvorlage zum Zeitpunkt des Bebauungsplanaufstellungsbeschlusses und des Beschlusses der Veränderungssperre. Auf die zunächst ins Auge gefasste planerische Ausweisung eines sogenannten industriellen Kerns sei zu Gunsten einer verbesserten Gewerbe- und Dienstleistungsentwicklung vollständig verzichtet worden. Aus diesen Überlegungen ergebe sich eine hinreichende Konkretisierung der mit dem Bebauungsplan verfolgten städtebaulichen Ziele. Die Zielvorgabe eines verbesserten Gewerbe- und Dienstleistungsbereichs stehe unter dem ausdrücklichen, unter dem Gesichtspunkt des Abwägungsgebotes auch einzig richtigen Vorbehalt, dass dieses Ziel entweder weiter konkretisiert werden müsse oder im Rahmen der Abwägung, insbesondere mit Blick auf den vorhandenen Bestand, aber auch aufgrund sonstiger rechtlicher Rahmenbedingungen - z.B. Achtungsabstand bei Störfallbetrieben - eine Differenzierung vorgenommen werden müsse, z.B. in Form eines eingeschränkten Industriegebiets. Es bestünden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass im Aufstellungsbeschluss Planüberlegungen angestellt worden seien, die unter keinem denkbaren Umstand zu einer rechtlich zulässigen Bebauungsplanfestsetzung führen könnten. In diesem Zusammenhang sei von besonderer Bedeutung, dass im Rahmen des für dieses Gebiet erstmalig aufzustellenden Bebauungsplans auch die Umgebungsbebauung und die dortigen Planausweisungen mit einbezogen werden müssten. Dazu zählten die nördlich liegenden reinen und allgemeinen Wohngebiete, Mischgebiete und Flächen für Gemeinbedarf. Dies gelte auch für die zwischenzeitlich von der Antragstellerin umfangreich freigeräumten Flächen im Gebiet der Veränderungssperre. Die immissionsschutzrechtlichen bzw. baurechtlichen Genehmigungen seien insoweit entfallen. Ein Bestandsschutz sei nicht gegeben, insbesondere nachdem auch die Antragstellerin eine Ansiedlung externer Industriebetriebe anstrebe. Hinzu komme, dass die Antragsgegnerin neben den Überlegungen zum baulichen Nutzungskonzept weitere städtebauliche Ziele verfolge. Hierzu gehörten die Etablierung einer wirksamen Grünzone im Übergang zur B 34-neu, Bahnlinie und Wohn- und Mischbebauung im Norden, eine erhebliche Aufwertung der Grünzone entlang des Rheins, eine erhebliche Verbesserung des Rheinuferwegs, die ökologisch wirksame Durchgrünung einzelner Areale sowie die Wiederherstellung einer wirksamen Verbindung zwischen Ortszentrum Grenzach und Rhein und schließlich die Weiterentwicklung als Rheinquerung. Auch diese städtebaulichen Ziele seien für sich genommen hinreichend konkret. Es sei die Aufgabe einer Gemeinde, ein industriell und gewerblich genutztes Gebiet, das sich historisch ohne Bauleitplanung entwickelt habe, sich jetzt aber in einem deutlichen Umbruch befinde, einer zukunftsorientierten Planung zuzuführen, die den heutigen Kriterien einer Ausgewogenheit der Nutzungen unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Umgebungsnutzungen entspreche. Im Rahmen dieser städtebaulichen Planung seien Überlegungen anzustellen, welche Nutzungen zukünftig unter Beachtung der bestandsgeschützten und der umgebenden Nutzungen möglich seien und der städtebaulichen Entwicklung der Antragsgegnerin dienten. Insoweit sei eine hinreichende Konkretisierung der Planungsüberlegungen gegeben. Eine weitere Detaillierung hinsichtlich Planreife und Baugebietstyp, sei im Stadium des Beschlusses über eine Veränderungssperre nicht erforderlich.
18 
Die das Bebauungsplanverfahren und das Verfahren zum Erlass einer Veränderungssperre betreffenden Akten der Antragsgegnerin liegen dem Senat vor. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf sie und auf die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Der Normenkontrollantrag bleibt ohne Erfolg.
I.
20 
An der Zulässigkeit des Normenkontrollantrags bestehen keine Bedenken.
21 
Der Normenkontrollantrag ist statthaft, denn die Antragstellerin wendet sich gegen eine Veränderungssperre, die als Satzung nach dem Baugesetzbuch beschlossen worden ist und deren Gültigkeit vom erkennenden Senat gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO überprüft werden kann.
22 
Der fristgemäß gestellte Antrag ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist die Antragstellerin gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Denn ihre Antragsberechtigung ergibt sich aus ihrer Eigentümerstellung hinsichtlich des von der Veränderungssperre erfassten Grundstücks.
II.
23 
Der Normenkontrollantrag ist jedoch nicht begründet.
24 
Die Satzung der Antragsgegnerin über die Veränderungssperre leidet weder an formellen noch an materiellen Fehlern. Formelle Mängel sind nicht vorgetragen; solche sind auch nicht ersichtlich. Die Veränderungssperre ist insbesondere nicht deshalb unwirksam, weil der Gemeinderat über den Beschlussvorschlag, für den in der Anlage dargestellten Bereich den Bebauungsplan „Rheinvorland West“ aufzustellen und zur Sicherung der Bauleitplanung für das Plangebiet eine Veränderungssperre zu beschließen, nicht getrennt, sondern in einer Sitzung abgestimmt hat (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 5.8.2014 - 3 S 1673/12 - NVwZ-RR 2014, 931). Die Satzung steht auch in materiell-rechtlicher Hinsicht in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Voraussetzungen.
25 
1. Eine Gemeinde kann gemäß § 14 Abs. 1 BauGB zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre beschließen mit dem Inhalt, dass Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen (Nr. 1) bzw. erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen (Nr. 2), sobald der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist. Auf Grund des vom Gemeinderat der Antragsgegnerin am 19.3.2013 erlassenen Aufstellungsbeschlusses für den Bebauungsplan „Rheinvorland West“ konnte mithin am 19.3.2013 auch die angegriffene Veränderungssperre beschlossen werden.
26 
2. Allein der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans genügt für die Wirksamkeit einer Satzung über eine Veränderungssperre jedoch nicht.
27 
Eine Veränderungssperre darf erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Wesentlich ist dabei, dass die Gemeinde bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt hat. Das Mindestmaß an planerischen Vorstellungen, die vorliegen müssen, um eine Veränderungssperre zu rechtfertigen, muss - gewissermaßen als inhaltlicher Kontrollmaßstab des Konkretisierungsgebots - zugleich geeignet sein, die Entscheidung der Genehmigungsbehörde zu steuern, wenn sie über die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung zu befinden hat (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 1 BauGB mit Blick auf den praktisch wichtigsten öffentliche Belang, nämlich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung). Diese Vorstellungen können sich nicht nur aus Niederschriften über die Gemeinderatssitzung, sondern auch aus allen anderen erkennbaren Unterlagen und Umständen ergeben. Hierzu kann beispielsweise auch die anderen Akten zu entnehmende oder bekannte Vorgeschichte gehören. Soll mit dem in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan (auch) die Art der baulichen Nutzung gesteuert werden, ist der Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans noch offen, wenn Vorstellungen über die angestrebte Art der baulichen Nutzung fehlen (st. Rspr. vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.12.2013 – 4 BN 18.13 - BRS 81 Nr. 130 [2013]; Beschl. v. 22.1.2013 – 4 BN 7.13 – BBB 2013, Nr. 4, 61; Urt. v. 30.8.2012 – 4 C 1.11 – BVerwGE 144, 82; Beschl. v. 1.10 2009 – 4 BN 34.09 – NVwZ 2010, 42; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.6.2014 – 5 S 203/13 – ZfBR 2015, 163; Beschl. v. 14.11.2001 - 3 S 605/01 - VBlBW 2002, 200).
28 
Für den Erlass einer Veränderungssperre ist jedoch keine Planreife erforderlich. Es ist insbesondere nicht erforderlich, dass bereits der angestrebte Baugebietstyp i. S. d. Baunutzungsverordnung feststeht. Es reicht aus, wenn absehbar ist, dass sich das von einer hinreichend konkreten positiven Konzeption getragene Planziel im Wege bauplanerischer Festsetzungen überhaupt erreichen lässt; die Auswahl der Mittel zur Realisierung des Planziels ist hingegen - ebenso wie die Lösung von Nutzungskonflikten - typischerweise Aufgabe der im Bebauungsplanverfahren vorzunehmenden planerischen Abwägung (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.9.2007 – 8 S 1584/06 – VBlBW 2008, 143; Urt. v. 24.11.2005 - 8 S 794/05 - VBlBW 2006, 275).
29 
Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die angefochtene Veränderungssperre nicht zu beanstanden.
30 
a) In der Beschlussvorlage vom 14.3.2013 zur Aufstellung des Bebauungsplans „Rheinvorland West“ wird ausgeführt, dass sich für das Industrieareal der Antragstellerin ein grundlegender Wandel abzeichne. Die Antragstellerin habe in den vergangenen Jahren ganz erhebliche Teile der Produktion eingestellt bzw. an andere Standorte außerhalb Grenzachs verlagert. Der Restrukturierungsprozess des Areals habe unmittelbar nach Übernahme der C... durch die Antragstellerin im Jahre 2009 begonnen. Im Jahr 2011 sei für den Standort Grenzach von der Antragstellerin ein Rückbauplan mit mehreren Phasen vorgelegt worden, der für den Zeitraum von 2011 bis 2013 den Abbruch von etwa 2/3 aller Gebäude vorsehe. Mittlerweile sei der größte Teil der Gebäude (Phase 1 und 2) bereits abgebrochen worden, die Phase 3 solle noch 2013 abgeschlossen werden. Ein parallel zum Rückbauplan der Antragstellerin in 2012 vorgelegter Entwicklungsplan habe den Verbleib eines sogenannten ...-Kernbereiches vorgesehen, in dem weiterhin chemische Produktion stattfinden solle, die übrigen Flächen sollten für andere industrielle und/oder gewerbliche Nutzungen zur Verfügung stehen. Die Antragstellerin wolle das vormals allein genutzte Areal öffnen und neuen unterschiedlichen Nutzern und Nutzungen zuführen. Daraus ergebe sich die Notwendigkeit, die zukünftige Nutzung des Areals aktiv zu steuern. Ziel der Gemeinde sei es, Teile dieses Industrieareals zu einem Gewerbe- und Dienstleistungsstandort hoher Qualität zu entwickeln. Damit sollten gleichzeitig die Qualitäten des unmittelbar angrenzenden Ortes Grenzach wiederbelebt und gestärkt werden. Diesen Zielen entgegenstehende Nutzungen sollten innerhalb des Areals künftig nicht mehr zulässig sein.
31 
Im Weiteren wird in der Beschlussvorlage ausgeführt, ursprünglich sei vorgesehen worden, als flexible Grundlage für die schrittweise Umsetzung der Planungsziele eine Kernzone industrieller Nutzung mit kompatiblen gewerblichen Nutzungen in breiten Randbereichen zu schaffen. Dieser Rahmenplan, der bereichsweise mit dem von der Antragstellerin 2012 vorgelegten Entwicklungsplan prinzipiell übereingestimmt habe (z. B. Gewerbenutzungen in verschiedenen Bereichen des Areals), sei auf der Grundlage der jüngsten Aussagen von Februar 2013 zwischenzeitlich in Teilflächen weiterentwickelt worden. Im Rahmen eines Gesprächstermins zwischen der Gemeinde und der ...-Konzernleitung am 14.2.2013 sei seitens der Antragstellerin jedoch eindeutig klargestellt worden, dass mit eigenen Investitionen in neue Produktionen nicht zu rechnen sei. Auch auf wiederholte Nachfrage habe die Antragstellerin keinerlei Aussagen über die Zukunft und den Verbleib der bestehenden Produktion machen wollen. Die städtebaulichen Überlegungen gingen nunmehr dahin, auf die planerische Ausweisung eines sog. industriellen Kerns (mit planungsrechtlicher Ausweisung als „Industriegebiet“) im Bereich der Antragstellerin zugunsten einer verbesserten Gewerbe- und Dienstleistungsentwicklung vollständig zu verzichten. Der Bestandschutz der genehmigten und noch vorhandenen industriellen Nutzung werde davon selbstverständlich nicht berührt. In den vergangenen Jahren sei für Grenzach-Wyhlen eine nachweisbare, kontinuierliche Nachfrage nach Grundstücken für gewerbliche Nutzungen verschiedenster Art zu verzeichnen. Um der Nachfrage gerecht zu werden, müsse die Gemeinde mittelfristig ein neues Gewerbegebiet planungsrechtlich etablieren und erschließen. Dem Bedarf an Flächen für eine gewerbliche Entwicklung stehe jedoch ein wesentlich geringerer Bedarf an Flächen für neue industrielle Nutzungen entgegen, sodass die im ...-Areal freiwerdenden Flächen für eine gewerbliche Entwicklung durchaus zur Verfügung stehen könnten. Dies würde vor allem auch dem landesplanerischen Ziel der Innenentwicklung vor Neuerschließung entsprechen.
32 
b) Die Antragsgegnerin hat danach hinreichend konkrete und positive Planungsvorstellungen für das Gebiet des aufzustellenden Bebauungsplans „Rheinvorland West“ entwickelt. Den Erwägungen lässt sich unschwer entnehmen, dass die Antragsgegnerin beabsichtigt, den vorgesehenen Planungsraum als Gewerbegebiet auszuweisen und dies auch bereits näher begründet hat.
33 
3. Der angefochtenen Veränderungssperre mangelt es auch nicht an dem erforderlichen Sicherungsbedürfnis.
34 
Eine Veränderungssperre ist als Sicherungsmittel ungeeignet und damit unwirksam, wenn die beabsichtigte Bauleitplanung zwar im oben aufgezeigten Sinne schon hinreichend konkretisiert ist, aber von vornherein verfehlt ist. Solches ist anzunehmen, wenn sich das erkennbare Planungsziel im Wege planerischer Festsetzung nicht erreichen lässt oder wenn dieses der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind, oder wenn der beabsichtigte Bauleitplan schon jetzt erkennbar schlechterdings nicht behebbare rechtliche Mängel aufweist (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 - BVerwGE 34, 301; Urt. v. 16.12.1988 - 4 C 48.86 - BVerwGE 81, 111; Beschl. v. 21.12.1993 - 4 NB 40.93 - NVwZ 1994, 685; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 3.3.2005 - 3 S 1524/04 - VBlBW 2006, 142; Beschl. v. 14.11.2001 - 3 S 605/01 - VBlBW 2002, 200).
35 
Anknüpfungspunkt für die Beurteilung, ob sich nach diesen Maßgaben die Veränderungssperre als ungeeignet und damit als unwirksam erweist, ist § 1 Abs. 3 BauGB. Danach haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Nicht erforderlich in diesem Sinn und damit unzulässig ist ein Bebauungsplan, der aus zwingenden rechtlichen Gründen vollzugsunfähig ist oder der auf unabsehbare Zeit aus tatsächlichen Gründen keine Aussicht auf Verwirklichung bietet (BVerwG, Beschl. v. 8.9.1999 - 4 BN 14.99 - ZfBR 2000, 275; Beschl. v. 11.5.1999 - 4 BN 15.99 - NVwZ 1999, 1338 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 23.12.1998 - 26 N 98.1675 - BauR 1999, 873). Dies ist dann anzunehmen, wenn keinerlei Anhaltspunkte für eine Realisierung der Planung gegeben sind (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.11.2001 - 3 S 605/01 - VBlBW 2002, 200; Urt. v. 7.12.1998 - 3 S 3113/97 - VBlBW 1999, 174; Urt. v. 25.10.1996 - 5 S 1040/95 -) bzw. wenn von Anfang an feststeht, dass mit der Verwirklichung des Bebauungsplans oder einzelner Festsetzungen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen auf absehbare Zeit nicht gerechnet werden kann (BVerwG, Urt. v. 6.5.1993 - 4 C 15.91 - NVwZ 1994, 274 m.w.N.).
36 
Nach diesen Maßgaben unterliegt das Sicherungsbedürfnis der angefochtenen Veränderungssperre keinen rechtlichen Bedenken. Die dagegen unter dem Gesichtspunkt der mangelnden Erforderlichkeit des beabsichtigten Bebauungsplans erhobenen Einwendungen der Antragstellerin greifen nicht durch.
37 
a) Zunächst ist festzustellen, dass die Antragsgegnerin bei der Fassung des Aufstellungsbeschlusses entgegen der Auffassung der Antragstellerin von zutreffenden Tatsachen ausgegangen ist. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die bereits in der Beschlussvorlage dargelegten Rückbauaktivitäten, die auch nach dem Beschluss vom 19.3.2013 über die Veränderungssperre in der Folgezeit fortgesetzt wurden. Dies bestätigt der Vergleich der Gebäudebestandssituation auf dem Grundstück der Antragstellerin im Jahr 2012 und 2014, wie er auf den von der Antragsgegnerin vorgelegten Luftbildern dokumentiert wird. Diesen ist ein deutlicher Gebäuderückbau zu entnehmen. Auch in dem von der Antragstellerin vorgelegten - von Dr. H. Spangenberger erstellten - Standortgutachten der Gesellschaft für Anlagen- und Betriebssicherheit mbH. für die Antragsgegnerin zur Ermittlung von Achtungsabständen auf Basis des Leitfadens KAS-18 für die Betreiber ... GmbH, ...... GmbH, ...-... GmbH & Co. KG am Standort Grenzach und ... GmbH am Standort Wyhlen vom Oktober 2013 (im Folgenden: Standortgutachten zur Ermittlung von Achtungsabständen) wird mehrfach darauf hingewiesen, dass einige der in den Bildern dargestellten Gebäude zwischenzeitlich zurückgebaut worden seien bzw. sich im Rückbau befänden. Die Richtigkeit der Annahmen der Antragsgegnerin wird schließlich durch das von der Antragstellerin selbst dargelegte „Ansiedlungsmanagement“ für ihr Areal - insbesondere im Hinblick auf die Ansiedlung fremder Unternehmen industriellen Charakters - bestätigt.
38 
b) Der Einwand der Antragstellerin, sie wolle die industriellen Produktionsanlagen fortführen, weshalb wegen der bestandsgeschützten andersartigen Bebauung und Nutzung ihres Grundstücks der Bebauungsplan auf Dauer oder jedenfalls auf unabsehbare Zeit nicht vollzugsfähig sei, greift nicht durch.
39 
Die Vollzugsfähigkeit eines Bebauungsplans wird grundsätzlich nicht allein dadurch in Frage gestellt, dass seine Festsetzungen mit den bestehenden tatsächlichen Verhältnissen im Plangebiet nicht (voll) übereinstimmen. Denn die Planungsbefugnis der Gemeinde umfasst auch das Recht, sich im Interesse der langfristigen städtebaulichen Entwicklung eines Gebiets über die tatsächlichen Verhältnisse hinwegzusetzen (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.8.2000 - 4 CN 6.99 - BVerwGE 112, 41; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.7.2014 - 8 S 1202/12 -; Urt. v. 6.2.2014 - 3 S 207/13 - VBlBW 2015, 37; vgl. auch BayVGH, Urt. v. 13.11.2013 - 1 N 11.2263 - juris).
40 
Was im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen planerischen Konzeption. Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die „Städtebaupolitik“ zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Hierzu gehört auch die Entscheidung, in welchem Umfang sie Gemeindegebietsteile zur Unterbringung von Gewerbebetrieben zur Verfügung stellt.
41 
Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB sind nur solche Bauleitpläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind. Ist es - wie im vorliegenden Fall - das erklärte Ziel der Gemeinde, dem Gewerbe ein größeres Maß an Entfaltungsmöglichkeiten zu sichern, so hängt die Planungsbefugnis nach § 1 Abs. 3 BauGB nicht von dem Nachweis ab, dass hierfür deshalb ein unabweisbares Bedürfnis vorhanden ist, weil von Seiten des Gewerbes ein spürbarer Nachfragedruck besteht. Erforderlich ist eine bauleitplanerische Regelung nicht nur dann, wenn sie dazu dient, Entwicklungen, die bereits im Gange sind, in geordnete Bahnen zu lenken, sondern auch dann, wenn die Gemeinde die planerischen Voraussetzungen schafft, die es ermöglichen, einer Bedarfslage gerecht zu werden, die sich erst für die Zukunft abzeichnet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.5.1999 – 4 BN 15.99 – NVwZ 1999, 1338; Beschl. v. 8.9.1999 - 4 BN 14.99 - ZfBR 2000, 275).
42 
Vor dem Hintergrund der auf dem Areal der Antragstellerin stattfindenden Veränderungen erscheint das - oben dargestellte - bauplanerische Konzept der Antragsgegnerin im maßgeblichen Zeitpunkt des Aufstellungsbeschlusses und dem Erlass der streitgegenständlichen Veränderungssperre nicht als von vornherein vollzugsunfähig. Die Konflikte, die ein Nebeneinander von gewerblichen und industriellen Nutzungen gegebenenfalls hervorrufen, können gerade mit Blick auf die in § 1 Abs. 4 bis Abs. 9 BauNVO aufgeführten bauleitplanerischen Instrumente der vertikalen und horizontalen Gliederung von Baugebieten und die von § 1 Abs. 10 BauNVO begründete Möglichkeit, Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen bestimmter vorhandener baulicher und sonstiger Anlagen für allgemein oder ausnahmsweise zulässig zu erklären (vgl. hierzu Nonnenmacher/Thomale, VBlBW 2011, 89), bauplanungsrechtlich in zulässiger Weise bewältigt werden.
43 
c) Die Antragstellerin meint weiter, dem beabsichtigten Bebauungsplan mangele es deshalb an der Erforderlichkeit, weil ihre Industrieanlagen - zumindest teilweise - Störfallbetriebe im Sinne der Richtlinie 96/82/EG des Rates zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen in der Fassung der Richtlinie 2003/105/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2003 zur Änderung der vorgenannten Richtlinie - Seveso II-RL - (im Folgenden: RL 96/82/EG) seien. Wegen des gebotenen angemessenen Abstands zu ihnen sei eine Ausweisung des Grundstücks als Gewerbegebiet auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen. Der angefochtenen Veränderungssperre fehle es daher an der erforderlichen Sicherungsfähigkeit. Auch dem vermag der Senat nicht zu folgen.
44 
aa) Nach Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2 RL 96/82/EG sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass in ihrer Politik der Flächenausweisung oder Flächennutzung und/oder anderen einschlägigen Politiken sowie den Verfahren für die Durchführung dieser Politiken langfristig dem Erfordernis Rechnung getragen wird, dass zwischen den unter diese Richtlinie fallenden Betrieben einerseits und Wohngebieten, öffentlich genutzten Gebäuden und Gebieten, wichtigen Verkehrswegen (so weit wie möglich), Freizeitgebieten und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvollen bzw. besonders empfindlichen Gebieten andererseits ein angemessener Abstand gewahrt bleibt und dass bei bestehenden Betrieben zusätzliche technische Maßnahmen nach Artikel 5 ergriffen werden, damit es zu keiner Zunahme der Gefährdung der Bevölkerung kommt (ebenso Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2003 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen - Seveso III-RL -, die nach ihrem Art. 32 Abs. 1 mit Wirkung vom 1.6.2015 an die Stelle der RL 96/82/EG tritt).
45 
(1) Auf welche Weise diese Anforderungen erfüllt werden, richtet sich zunächst danach, ob die Genehmigung eines konkreten Vorhabens in der Nachbarschaft des Störfallbetriebs in Rede steht oder ob mit den Mitteln des Planungsrechts Nutzungsmöglichkeiten im Bereich eines Störfallbetriebs geschaffen werden sollen. In beiden Fällen ist - in einem ersten Schritt - der angemessene Abstand des vorhandenen Störfallbetriebs entweder zu dem zur Genehmigung gestellten konkreten Vorhaben oder den Vorhaben, die nach der Planung grundsätzlich zulassungsfähig sind, zu ermitteln. Liegen diese Vorhaben innerhalb des ermittelten angemessenen Abstands, führt dies zu einer Berücksichtigungspflicht entweder der Genehmigungsbehörde oder des Planungsträgers.
46 
(2) Wenn auch mit jedem Vorhaben, das den angemessenen Abstand unterschreitet, der störfallrechtlich unerwünschte Zustand in der Regel weiter verfestigt wird, zwingt Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG und die sich hieraus ergebende Berücksichtigungspflicht die Genehmigungsbehörden oder den Planungsträger nicht dazu, Neuansiedlungen in der Nachbarschaft eines Störfallbetriebs ausnahmslos abzulehnen und das Abstandskriterium damit zum alleinigen Genehmigungs- oder Ablehnungskriterium zu machen oder - im Falle einer Planung - zu unterlassen. Art. 12 Abs. 1 RL 96/82/EG gestattet es vielmehr, den „störfalltechnisch“ ermittelten angemessenen Abstand zu unterschreiten, wenn im Einzelfall hinreichend gewichtige Belange für die Zulassung des Vorhabens streiten. In Betracht kommen insbesondere soziale, ökologische und wirtschaftliche Belange (EuGH, Urt. v. 15.9.2011 - C-53/10 - UPR 2011, 443; BVerwG, Urt. v. 20.12.2012 - 4 C 11.11 -BVerwGE 145, 290).
47 
(3) In welcher Weise dieser Wertungsspielraum auszufüllen ist, gibt Art. 12 Abs. 1 RL 96/82/EG den Mitgliedstaaten nicht vor. Die Richtlinie lässt den Mitgliedstaaten in instrumenteller Hinsicht Spielräume, um der Berücksichtigungspflicht des Abstandserfordernisses - mit den Worten des EuGH - „in allgemeiner Weise bei der Aufstellung der Flächenausweisungs- oder Flächennutzungspläne“ oder - mangels einer Planung - „in spezifischer Weise ... beim Erlass von Entscheidungen über Baugenehmigungen“ nachzukommen (EuGH, Urt. v. 15.9.2011 - C-53/10 - UPR 2011, 443 Rn. 50; BVerwG, Urt. v. 20.12.2012 - 4 C 11.11 - BVerwGE 145, 290). Die Planungsbehörden sind deshalb nicht gehindert, die Pflicht zur Berücksichtigung angemessener Abstände auf die Genehmigungsbehörden zu übertragen (EuGH, Urt. v. 15.9.2011 - C-53/10 - a.a.O. Rn. 26).
48 
(4) Entscheidet sich die Gemeinde für das Instrument der Bauleitplanung, ist den Erfordernissen des Art. 12 Abs. 1 RL 96/82/EG in planerischer Weise Rechnung zu tragen. Die von der Richtlinie geforderten Wertungsspielräume gehen im bauleitplanerischen Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7, § 2 Abs. 3 BauGB) auf, in dessen Rahmen der Trennungsgrundsatz (§ 50 BImSchG) als Abwägungsdirektive zu beachten ist (BVerwG, Urt. v. 20.12.2012 - 4 C 11.11 -BVerwGE 145, 290; vgl. auch Beschl. v. 16.3.2010 - 4 BN 66.09 - NVwZ 2010, 1246; Beschl. v. 21.12.2011 - 4 B 14.11 - BauR 2012, 600). Den Anforderungen der RL 96/82/EG wird genügt, wenn im Rahmen der Abwägung auch die Belange des Störfallrechts und des Störfallschutzes beachtet werden (Reitberger, I+E 2012, 145; Berkemann, ZfBR 2010, 18; Moench/Henning, DVBl. 2009, 223; Steiff, NZBau 2007, 363; Hendler, DVBl. 2012, 532; Uechtritz, BauR 2012, 1039, Reidt, BauR 2012, 1182; Lau, DVBl. 2012, 678).
49 
bb) Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist auch in Ansehung der im Planungsbereich vorhandenen Störfallbetriebe eine Ausweisung des von der Veränderungssperre erfassten Areals als Gewerbegebiet nicht auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen.
50 
(1) Zwar wird im Rahmen einer Bauleitplanung dem störfallschutzrechtlichen Abstandsgebot nach Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2. RL 96/82/EG und in deren Umsetzung dem Trennungsgebot des § 50 Satz 1 BImSchG ein besonderes Gewicht in der planerischen Abwägung beigemessen werden müssen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 6.3.2008 - 10 D 103/06.NE - BRS 73 Nr. 33 [2008]). Gleichwohl ist das störfallschutzrechtliche Abstandsgebot im Einzelfall überwindbar. Insbesondere können geringere Abstände hingenommen werden, wenn - vor allem in bestehenden Gemengelagen - andere Maßnahmen zur Risikovorsorge festgesetzt werden (Reitberger, I+E 2012, 154). Eine ordnungsgemäße Abwägung setzt daher in erster Linie voraus, dass die vorhandenen Störfallbetriebe - oder bei projektbezogenen oder vorhabenbezogenen Bebauungsplänen die sich künftig ansiedelnden Störfallbetriebe - hinreichend erfasst werden und in Bezug auf diese der jeweilig angemessene Abstand ermittelt wird. Hierbei kann der Leitfaden der Kommission für Anlagesicherheit beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (KAS) „Empfehlungen für Abstände zwischen Betriebsbereichen nach der Störfall-Verordnung in schutzbedürftigen Gebieten im Rahmen der Bauleitplanung - Umsetzung § 50 BImSchG“ vom November 2010 eine Orientierungshilfe darstellen. Eine fehlerfreie Abwägung setzt nach zutreffender Ermittlung der Störfallbetriebe ferner voraus, dass die Belange des Störfallschutzes in ihrer Bedeutung richtig erkannt werden. Dies gilt insbesondere, wenn ausgehend von der konkreten Lage und Beschaffenheit des Betriebsbereichs eines Störfallbetriebs der hierauf bezogene angemessene Abstand unterschritten werden soll. Entscheidende Kriterien für die Gewichtung der Belange des Störfallschutzes werden insbesondere die Quantität und die Qualität der schutzbedürftigen Nutzungen sowie neben dem Ausmaß von möglichen Störfällen auch deren Eintrittswahrscheinlichkeit - soweit diagnostizierbar - sein.
51 
(2) Neben der reinen Abstandswahrung können auch weitere Maßnahmen zur Reduzierung der Auswirkungen von Störfällen in den Blick zu nehmen sein. Hierbei ist an passive Schutzmaßnahmen wie die Anlegung von Gräben, Mauern oder Wällen zu denken. Ferner können Festsetzungen zur Gebäudestellung und besondere Anforderungen an Gebäude, insbesondere Fenster, Türen und Lüftung in Betracht zu ziehen sein. Weiterhin können Gesichtspunkte der Koordinierung von Alarmierungs- und Evakuierungsplänen, deren Effektivität in städtebaulichen Verträgen sichergestellt werden können, bei der planerischen Bewältigung des Störfallschutzes mitbedacht werden. Bei all diesen Maßnahmen ist deren eigene Störfallanfälligkeit bei der Frage ihrer Effektivität zur Sicherstellung eines Störfallschutzes zu berücksichtigen.
52 
Die vorgenannten Maßnahmen können auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB festsetzungsfähiger Inhalt eines Bebauungsplans sein. Ein weiteres Instrumentarium zur Bewältigung des Störfallschutzes bei einem Nebeneinander von Störfallbetrieb und anderen Nutzungen sind die in § 1 Abs. 4 - 9 BauNVO aufgeführten Möglichkeiten der vertikalen und horizontalen Innengliederung von Baugebieten einschließlich der Fremdkörperfestsetzung nach § 1 Abs. 10 BauNVO. Hierbei kann eine In-Sich-Gliederung nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO in Betracht kommen, der nicht nur eine Gliederung nach der Art der Betriebe und Anlagen ermöglicht, sondern auch nach besonderen Bedürfnissen sowie besonderen Eigenschaften (vgl. Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, 4. Aufl. 2010, Rn. 540 f.). Insoweit ist insbesondere auf § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO hinzuweisen, der in Bezug auf Gewerbe- und Industriegebiete bestimmt, dass diese auch im Verhältnis zueinander gegliedert werden können. § 1 Abs. 5 und Abs. 9 BauNVO ermöglicht zudem beispielsweise einen Ausschluss bestimmter Nutzungen, die aufgrund ihrer Eigenart von der Störfallgefahr bereits vorhandener Störfallbetriebe in besonderem Maße betroffen sind. Diese bauleitplanerischen Instrumente sind geeignet, gerade bei der Überplanung von Gemengelagen mit bereits bestehenden Störfallbetrieben einen planungsrechtlichen Störfallschutz zu ermöglichen.
53 
Das bauleitplanerische Instrumentarium bietet danach ausreichend Möglichkeiten für die Gemeinde, auch bei der Überplanung von Gemengelagen einen den Anforderungen der RL 96/82/EG genügenden Störfallschutz zu gewährleisten. Allein der Umstand, dass im räumlichen Geltungsbereich der Veränderungssperre Störfallbetriebe vorhanden sind, führt daher nicht dazu, dass dem beabsichtigten Bebauungsplan tatsächliche oder rechtliche Hindernisse auf unabsehbare Zeit entgegenstehen. Dies gilt im vorliegenden Fall insbesondere auch deshalb, weil nicht der gesamte räumliche Geltungsbereich des beabsichtigen Bebauungsplans von den „Achtungsabständen“ erfasst wird, die nach dem von der Antragstellerin vorgelegten Standortgutachten zur Ermittlung von Achtungsabständen den darin liegenden Störfallbetrieben zugeordnet werden. Im Übrigen erfolgten gegenüber der Situation im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens weitere Rückbaumaßnahmen.
54 
c) Eine unzulässige Negativplanung, die - wie die Antragstellerin meint allein auf Verhinderung der von der Fa. Z... beabsichtigten Abfallentsorgungsanlage gerichtet ist, liegt gleichfalls nicht vor.
55 
Eine Planung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht für den Erlass einer Veränderungssperre nicht aus. Sind positive Planungsvorstellungen nur vorgeschoben, um eine in Wahrheit auf bloße Verhinderung gerichtete Planung zu verdecken, so handelt es sich um eine Negativplanung, die den Erlass einer Veränderungssperre nicht rechtfertigt (BVerwG, Urt. v. 19.2.2004 - 4 CN 16.03 - BVerwGE 120, 138; Urt. v. 30.8.2012 - 4 C 1.11 – BVerwGE 144, 82).
56 
Festsetzungen in einem Bebauungsplan sind aber selbst dann nicht als „Negativplanung“ wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 BauGB unwirksam, wenn ihr Hauptzweck in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen besteht. Sie sind vielmehr nur unzulässig, wenn sie nicht dem planerischen Willen der Gemeinde entsprechen und also vorgeschoben sind, um eine andere Nutzung zu verhindern. Festsetzungen dürfen mithin nicht nur das vorgeschobene Mittel sein, um einen Bauwunsch zu durchkreuzen. Letzteres kann aber nicht bereits dann angenommen werden, wenn die negative Zielrichtung im Vordergrund steht. Denn auch eine zunächst nur auf die Verhinderung einer - aus der Sicht der Gemeinde -Fehlentwicklung gerichtete Planung kann einen Inhalt haben, der rechtlich nicht zu beanstanden ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.12.1990 - 4 NB 8.90 -DÖV 1991 S. 744; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 3.3.2005 - 3 S 1524/04 - VBlBW 2006, 142).
57 
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin liegt bei Anwendung dieser Grundsätze eine unzulässige Negativplanung nicht vor. Dies gilt selbst dann, wenn der Bauwunsch der Fa. Z... die Einleitung des Bauplanungsverfahrens mitbeeinflusst haben sollte. Das - oben - dargestellte positive Planungsziel der Antragsgegnerin beinhaltet notwendigerweise die Verhinderung weiterer Gewerbebetriebe mit für ein Industriegebiet typischen Nutzungen, wie dies von der Antragstellerin im Rahmen ihres „Ansiedlungsmanagements“ angestrebt wird. Das auf dem Grundstück der Antragstellerin beabsichtigte - und bereits zur Genehmigung gestellte - Vorhaben der Fa. Z... würde den derzeitigen von der Antragsgegnerin unerwünschten planungsrechtlichen Zustand perpetuieren und ihren konkreten Planungsabsichten zuwiderlaufen. Wenn die Antragsgegnerin den Bauwunsch der Fa. Z... zum Anlass genommen haben sollte, ihre ersichtlich von städtebaulichen Gründen getragenen Planungsabsichten mit den Instrumenten des Bauplanungsrechts zu sichern, kann dies daher rechtlich nicht beanstandet werden.
58 
d) Schließlich führt auch der weitere Einwand der Antragstellerin, eine abwägungsgerechte Planung sei im vorliegenden Fall unter keinem möglichen Gesichtspunkt denkbar, nicht zur Unwirksamkeit der Veränderungssperre.
59 
Zu einer sachgerechten Abwägung im Zusammenhang mit dem Störfallschutz bei der Überplanung von Gemengelagen mit bereits vorhandenen Störfallbetrieben zählt zwar zweifellos nicht allein der Schutz von Nachbarschaft und Umweltgütern vor den Schadensfolgen im Falle eines Störfallereignisses. Vielmehr sind auch die Belange der Störfallbetriebe einschließlich etwaiger Erweiterungsinteressen abwägungsbedeutsam (§ 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst. a BauGB). Es bestehen jedoch - entgegen der pauschalen Behauptung der Antragstellerin - keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Planung der Antragsgegnerin im Hinblick auf die Belange der im Plangebiet vorhandenen Störfallbetriebe sowie der grundrechtlich geschützten Freiheit des Betriebsinhabers (Art. 12 und Art. 14 GG) zwangsläufig zu keinem mit den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Abwägung vereinbaren Ergebnis führen wird.
60 
Zudem unterliegt die Veränderungssperre selbst nicht dem allgemeinen Abwägungsgebot gemäß § 1 Abs. 7 BauGB, sondern nur der Prüfung, ob sie zur Erreichung des mit ihr verfolgten Sicherungszwecks erforderlich ist. Darauf, ob der noch nicht beschlossene künftige Bebauungsplan in seinen Festsetzungen möglicherweise dem Abwägungsgebot entsprechen wird, kommt es deshalb nicht an. Entscheidend ist allein, ob die beabsichtigte Planung auf ein Ziel gerichtet ist, das im konkreten Fall mit den Mitteln der Bauleitplanung zulässigerweise erreicht werden kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.9.1992 - 4 NB 35.92 - DÖV 1993, 250; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 3.3.2005 - 3 S 1524/04 - VBlBW 2006, 170). Wie dargestellt, ist das hier der Fall.
61 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
62 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
63 
Beschluss vom 10. März 2015
64 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG endgültig auf 30.000,-- EUR festgesetzt.
65 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
19 
Der Normenkontrollantrag bleibt ohne Erfolg.
I.
20 
An der Zulässigkeit des Normenkontrollantrags bestehen keine Bedenken.
21 
Der Normenkontrollantrag ist statthaft, denn die Antragstellerin wendet sich gegen eine Veränderungssperre, die als Satzung nach dem Baugesetzbuch beschlossen worden ist und deren Gültigkeit vom erkennenden Senat gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO überprüft werden kann.
22 
Der fristgemäß gestellte Antrag ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist die Antragstellerin gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Denn ihre Antragsberechtigung ergibt sich aus ihrer Eigentümerstellung hinsichtlich des von der Veränderungssperre erfassten Grundstücks.
II.
23 
Der Normenkontrollantrag ist jedoch nicht begründet.
24 
Die Satzung der Antragsgegnerin über die Veränderungssperre leidet weder an formellen noch an materiellen Fehlern. Formelle Mängel sind nicht vorgetragen; solche sind auch nicht ersichtlich. Die Veränderungssperre ist insbesondere nicht deshalb unwirksam, weil der Gemeinderat über den Beschlussvorschlag, für den in der Anlage dargestellten Bereich den Bebauungsplan „Rheinvorland West“ aufzustellen und zur Sicherung der Bauleitplanung für das Plangebiet eine Veränderungssperre zu beschließen, nicht getrennt, sondern in einer Sitzung abgestimmt hat (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 5.8.2014 - 3 S 1673/12 - NVwZ-RR 2014, 931). Die Satzung steht auch in materiell-rechtlicher Hinsicht in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Voraussetzungen.
25 
1. Eine Gemeinde kann gemäß § 14 Abs. 1 BauGB zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre beschließen mit dem Inhalt, dass Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen (Nr. 1) bzw. erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen (Nr. 2), sobald der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist. Auf Grund des vom Gemeinderat der Antragsgegnerin am 19.3.2013 erlassenen Aufstellungsbeschlusses für den Bebauungsplan „Rheinvorland West“ konnte mithin am 19.3.2013 auch die angegriffene Veränderungssperre beschlossen werden.
26 
2. Allein der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans genügt für die Wirksamkeit einer Satzung über eine Veränderungssperre jedoch nicht.
27 
Eine Veränderungssperre darf erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Wesentlich ist dabei, dass die Gemeinde bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt hat. Das Mindestmaß an planerischen Vorstellungen, die vorliegen müssen, um eine Veränderungssperre zu rechtfertigen, muss - gewissermaßen als inhaltlicher Kontrollmaßstab des Konkretisierungsgebots - zugleich geeignet sein, die Entscheidung der Genehmigungsbehörde zu steuern, wenn sie über die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung zu befinden hat (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 1 BauGB mit Blick auf den praktisch wichtigsten öffentliche Belang, nämlich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung). Diese Vorstellungen können sich nicht nur aus Niederschriften über die Gemeinderatssitzung, sondern auch aus allen anderen erkennbaren Unterlagen und Umständen ergeben. Hierzu kann beispielsweise auch die anderen Akten zu entnehmende oder bekannte Vorgeschichte gehören. Soll mit dem in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan (auch) die Art der baulichen Nutzung gesteuert werden, ist der Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans noch offen, wenn Vorstellungen über die angestrebte Art der baulichen Nutzung fehlen (st. Rspr. vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.12.2013 – 4 BN 18.13 - BRS 81 Nr. 130 [2013]; Beschl. v. 22.1.2013 – 4 BN 7.13 – BBB 2013, Nr. 4, 61; Urt. v. 30.8.2012 – 4 C 1.11 – BVerwGE 144, 82; Beschl. v. 1.10 2009 – 4 BN 34.09 – NVwZ 2010, 42; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.6.2014 – 5 S 203/13 – ZfBR 2015, 163; Beschl. v. 14.11.2001 - 3 S 605/01 - VBlBW 2002, 200).
28 
Für den Erlass einer Veränderungssperre ist jedoch keine Planreife erforderlich. Es ist insbesondere nicht erforderlich, dass bereits der angestrebte Baugebietstyp i. S. d. Baunutzungsverordnung feststeht. Es reicht aus, wenn absehbar ist, dass sich das von einer hinreichend konkreten positiven Konzeption getragene Planziel im Wege bauplanerischer Festsetzungen überhaupt erreichen lässt; die Auswahl der Mittel zur Realisierung des Planziels ist hingegen - ebenso wie die Lösung von Nutzungskonflikten - typischerweise Aufgabe der im Bebauungsplanverfahren vorzunehmenden planerischen Abwägung (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.9.2007 – 8 S 1584/06 – VBlBW 2008, 143; Urt. v. 24.11.2005 - 8 S 794/05 - VBlBW 2006, 275).
29 
Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die angefochtene Veränderungssperre nicht zu beanstanden.
30 
a) In der Beschlussvorlage vom 14.3.2013 zur Aufstellung des Bebauungsplans „Rheinvorland West“ wird ausgeführt, dass sich für das Industrieareal der Antragstellerin ein grundlegender Wandel abzeichne. Die Antragstellerin habe in den vergangenen Jahren ganz erhebliche Teile der Produktion eingestellt bzw. an andere Standorte außerhalb Grenzachs verlagert. Der Restrukturierungsprozess des Areals habe unmittelbar nach Übernahme der C... durch die Antragstellerin im Jahre 2009 begonnen. Im Jahr 2011 sei für den Standort Grenzach von der Antragstellerin ein Rückbauplan mit mehreren Phasen vorgelegt worden, der für den Zeitraum von 2011 bis 2013 den Abbruch von etwa 2/3 aller Gebäude vorsehe. Mittlerweile sei der größte Teil der Gebäude (Phase 1 und 2) bereits abgebrochen worden, die Phase 3 solle noch 2013 abgeschlossen werden. Ein parallel zum Rückbauplan der Antragstellerin in 2012 vorgelegter Entwicklungsplan habe den Verbleib eines sogenannten ...-Kernbereiches vorgesehen, in dem weiterhin chemische Produktion stattfinden solle, die übrigen Flächen sollten für andere industrielle und/oder gewerbliche Nutzungen zur Verfügung stehen. Die Antragstellerin wolle das vormals allein genutzte Areal öffnen und neuen unterschiedlichen Nutzern und Nutzungen zuführen. Daraus ergebe sich die Notwendigkeit, die zukünftige Nutzung des Areals aktiv zu steuern. Ziel der Gemeinde sei es, Teile dieses Industrieareals zu einem Gewerbe- und Dienstleistungsstandort hoher Qualität zu entwickeln. Damit sollten gleichzeitig die Qualitäten des unmittelbar angrenzenden Ortes Grenzach wiederbelebt und gestärkt werden. Diesen Zielen entgegenstehende Nutzungen sollten innerhalb des Areals künftig nicht mehr zulässig sein.
31 
Im Weiteren wird in der Beschlussvorlage ausgeführt, ursprünglich sei vorgesehen worden, als flexible Grundlage für die schrittweise Umsetzung der Planungsziele eine Kernzone industrieller Nutzung mit kompatiblen gewerblichen Nutzungen in breiten Randbereichen zu schaffen. Dieser Rahmenplan, der bereichsweise mit dem von der Antragstellerin 2012 vorgelegten Entwicklungsplan prinzipiell übereingestimmt habe (z. B. Gewerbenutzungen in verschiedenen Bereichen des Areals), sei auf der Grundlage der jüngsten Aussagen von Februar 2013 zwischenzeitlich in Teilflächen weiterentwickelt worden. Im Rahmen eines Gesprächstermins zwischen der Gemeinde und der ...-Konzernleitung am 14.2.2013 sei seitens der Antragstellerin jedoch eindeutig klargestellt worden, dass mit eigenen Investitionen in neue Produktionen nicht zu rechnen sei. Auch auf wiederholte Nachfrage habe die Antragstellerin keinerlei Aussagen über die Zukunft und den Verbleib der bestehenden Produktion machen wollen. Die städtebaulichen Überlegungen gingen nunmehr dahin, auf die planerische Ausweisung eines sog. industriellen Kerns (mit planungsrechtlicher Ausweisung als „Industriegebiet“) im Bereich der Antragstellerin zugunsten einer verbesserten Gewerbe- und Dienstleistungsentwicklung vollständig zu verzichten. Der Bestandschutz der genehmigten und noch vorhandenen industriellen Nutzung werde davon selbstverständlich nicht berührt. In den vergangenen Jahren sei für Grenzach-Wyhlen eine nachweisbare, kontinuierliche Nachfrage nach Grundstücken für gewerbliche Nutzungen verschiedenster Art zu verzeichnen. Um der Nachfrage gerecht zu werden, müsse die Gemeinde mittelfristig ein neues Gewerbegebiet planungsrechtlich etablieren und erschließen. Dem Bedarf an Flächen für eine gewerbliche Entwicklung stehe jedoch ein wesentlich geringerer Bedarf an Flächen für neue industrielle Nutzungen entgegen, sodass die im ...-Areal freiwerdenden Flächen für eine gewerbliche Entwicklung durchaus zur Verfügung stehen könnten. Dies würde vor allem auch dem landesplanerischen Ziel der Innenentwicklung vor Neuerschließung entsprechen.
32 
b) Die Antragsgegnerin hat danach hinreichend konkrete und positive Planungsvorstellungen für das Gebiet des aufzustellenden Bebauungsplans „Rheinvorland West“ entwickelt. Den Erwägungen lässt sich unschwer entnehmen, dass die Antragsgegnerin beabsichtigt, den vorgesehenen Planungsraum als Gewerbegebiet auszuweisen und dies auch bereits näher begründet hat.
33 
3. Der angefochtenen Veränderungssperre mangelt es auch nicht an dem erforderlichen Sicherungsbedürfnis.
34 
Eine Veränderungssperre ist als Sicherungsmittel ungeeignet und damit unwirksam, wenn die beabsichtigte Bauleitplanung zwar im oben aufgezeigten Sinne schon hinreichend konkretisiert ist, aber von vornherein verfehlt ist. Solches ist anzunehmen, wenn sich das erkennbare Planungsziel im Wege planerischer Festsetzung nicht erreichen lässt oder wenn dieses der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind, oder wenn der beabsichtigte Bauleitplan schon jetzt erkennbar schlechterdings nicht behebbare rechtliche Mängel aufweist (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 - BVerwGE 34, 301; Urt. v. 16.12.1988 - 4 C 48.86 - BVerwGE 81, 111; Beschl. v. 21.12.1993 - 4 NB 40.93 - NVwZ 1994, 685; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 3.3.2005 - 3 S 1524/04 - VBlBW 2006, 142; Beschl. v. 14.11.2001 - 3 S 605/01 - VBlBW 2002, 200).
35 
Anknüpfungspunkt für die Beurteilung, ob sich nach diesen Maßgaben die Veränderungssperre als ungeeignet und damit als unwirksam erweist, ist § 1 Abs. 3 BauGB. Danach haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Nicht erforderlich in diesem Sinn und damit unzulässig ist ein Bebauungsplan, der aus zwingenden rechtlichen Gründen vollzugsunfähig ist oder der auf unabsehbare Zeit aus tatsächlichen Gründen keine Aussicht auf Verwirklichung bietet (BVerwG, Beschl. v. 8.9.1999 - 4 BN 14.99 - ZfBR 2000, 275; Beschl. v. 11.5.1999 - 4 BN 15.99 - NVwZ 1999, 1338 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 23.12.1998 - 26 N 98.1675 - BauR 1999, 873). Dies ist dann anzunehmen, wenn keinerlei Anhaltspunkte für eine Realisierung der Planung gegeben sind (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.11.2001 - 3 S 605/01 - VBlBW 2002, 200; Urt. v. 7.12.1998 - 3 S 3113/97 - VBlBW 1999, 174; Urt. v. 25.10.1996 - 5 S 1040/95 -) bzw. wenn von Anfang an feststeht, dass mit der Verwirklichung des Bebauungsplans oder einzelner Festsetzungen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen auf absehbare Zeit nicht gerechnet werden kann (BVerwG, Urt. v. 6.5.1993 - 4 C 15.91 - NVwZ 1994, 274 m.w.N.).
36 
Nach diesen Maßgaben unterliegt das Sicherungsbedürfnis der angefochtenen Veränderungssperre keinen rechtlichen Bedenken. Die dagegen unter dem Gesichtspunkt der mangelnden Erforderlichkeit des beabsichtigten Bebauungsplans erhobenen Einwendungen der Antragstellerin greifen nicht durch.
37 
a) Zunächst ist festzustellen, dass die Antragsgegnerin bei der Fassung des Aufstellungsbeschlusses entgegen der Auffassung der Antragstellerin von zutreffenden Tatsachen ausgegangen ist. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die bereits in der Beschlussvorlage dargelegten Rückbauaktivitäten, die auch nach dem Beschluss vom 19.3.2013 über die Veränderungssperre in der Folgezeit fortgesetzt wurden. Dies bestätigt der Vergleich der Gebäudebestandssituation auf dem Grundstück der Antragstellerin im Jahr 2012 und 2014, wie er auf den von der Antragsgegnerin vorgelegten Luftbildern dokumentiert wird. Diesen ist ein deutlicher Gebäuderückbau zu entnehmen. Auch in dem von der Antragstellerin vorgelegten - von Dr. H. Spangenberger erstellten - Standortgutachten der Gesellschaft für Anlagen- und Betriebssicherheit mbH. für die Antragsgegnerin zur Ermittlung von Achtungsabständen auf Basis des Leitfadens KAS-18 für die Betreiber ... GmbH, ...... GmbH, ...-... GmbH & Co. KG am Standort Grenzach und ... GmbH am Standort Wyhlen vom Oktober 2013 (im Folgenden: Standortgutachten zur Ermittlung von Achtungsabständen) wird mehrfach darauf hingewiesen, dass einige der in den Bildern dargestellten Gebäude zwischenzeitlich zurückgebaut worden seien bzw. sich im Rückbau befänden. Die Richtigkeit der Annahmen der Antragsgegnerin wird schließlich durch das von der Antragstellerin selbst dargelegte „Ansiedlungsmanagement“ für ihr Areal - insbesondere im Hinblick auf die Ansiedlung fremder Unternehmen industriellen Charakters - bestätigt.
38 
b) Der Einwand der Antragstellerin, sie wolle die industriellen Produktionsanlagen fortführen, weshalb wegen der bestandsgeschützten andersartigen Bebauung und Nutzung ihres Grundstücks der Bebauungsplan auf Dauer oder jedenfalls auf unabsehbare Zeit nicht vollzugsfähig sei, greift nicht durch.
39 
Die Vollzugsfähigkeit eines Bebauungsplans wird grundsätzlich nicht allein dadurch in Frage gestellt, dass seine Festsetzungen mit den bestehenden tatsächlichen Verhältnissen im Plangebiet nicht (voll) übereinstimmen. Denn die Planungsbefugnis der Gemeinde umfasst auch das Recht, sich im Interesse der langfristigen städtebaulichen Entwicklung eines Gebiets über die tatsächlichen Verhältnisse hinwegzusetzen (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.8.2000 - 4 CN 6.99 - BVerwGE 112, 41; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.7.2014 - 8 S 1202/12 -; Urt. v. 6.2.2014 - 3 S 207/13 - VBlBW 2015, 37; vgl. auch BayVGH, Urt. v. 13.11.2013 - 1 N 11.2263 - juris).
40 
Was im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen planerischen Konzeption. Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die „Städtebaupolitik“ zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Hierzu gehört auch die Entscheidung, in welchem Umfang sie Gemeindegebietsteile zur Unterbringung von Gewerbebetrieben zur Verfügung stellt.
41 
Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB sind nur solche Bauleitpläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind. Ist es - wie im vorliegenden Fall - das erklärte Ziel der Gemeinde, dem Gewerbe ein größeres Maß an Entfaltungsmöglichkeiten zu sichern, so hängt die Planungsbefugnis nach § 1 Abs. 3 BauGB nicht von dem Nachweis ab, dass hierfür deshalb ein unabweisbares Bedürfnis vorhanden ist, weil von Seiten des Gewerbes ein spürbarer Nachfragedruck besteht. Erforderlich ist eine bauleitplanerische Regelung nicht nur dann, wenn sie dazu dient, Entwicklungen, die bereits im Gange sind, in geordnete Bahnen zu lenken, sondern auch dann, wenn die Gemeinde die planerischen Voraussetzungen schafft, die es ermöglichen, einer Bedarfslage gerecht zu werden, die sich erst für die Zukunft abzeichnet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.5.1999 – 4 BN 15.99 – NVwZ 1999, 1338; Beschl. v. 8.9.1999 - 4 BN 14.99 - ZfBR 2000, 275).
42 
Vor dem Hintergrund der auf dem Areal der Antragstellerin stattfindenden Veränderungen erscheint das - oben dargestellte - bauplanerische Konzept der Antragsgegnerin im maßgeblichen Zeitpunkt des Aufstellungsbeschlusses und dem Erlass der streitgegenständlichen Veränderungssperre nicht als von vornherein vollzugsunfähig. Die Konflikte, die ein Nebeneinander von gewerblichen und industriellen Nutzungen gegebenenfalls hervorrufen, können gerade mit Blick auf die in § 1 Abs. 4 bis Abs. 9 BauNVO aufgeführten bauleitplanerischen Instrumente der vertikalen und horizontalen Gliederung von Baugebieten und die von § 1 Abs. 10 BauNVO begründete Möglichkeit, Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen bestimmter vorhandener baulicher und sonstiger Anlagen für allgemein oder ausnahmsweise zulässig zu erklären (vgl. hierzu Nonnenmacher/Thomale, VBlBW 2011, 89), bauplanungsrechtlich in zulässiger Weise bewältigt werden.
43 
c) Die Antragstellerin meint weiter, dem beabsichtigten Bebauungsplan mangele es deshalb an der Erforderlichkeit, weil ihre Industrieanlagen - zumindest teilweise - Störfallbetriebe im Sinne der Richtlinie 96/82/EG des Rates zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen in der Fassung der Richtlinie 2003/105/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2003 zur Änderung der vorgenannten Richtlinie - Seveso II-RL - (im Folgenden: RL 96/82/EG) seien. Wegen des gebotenen angemessenen Abstands zu ihnen sei eine Ausweisung des Grundstücks als Gewerbegebiet auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen. Der angefochtenen Veränderungssperre fehle es daher an der erforderlichen Sicherungsfähigkeit. Auch dem vermag der Senat nicht zu folgen.
44 
aa) Nach Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2 RL 96/82/EG sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass in ihrer Politik der Flächenausweisung oder Flächennutzung und/oder anderen einschlägigen Politiken sowie den Verfahren für die Durchführung dieser Politiken langfristig dem Erfordernis Rechnung getragen wird, dass zwischen den unter diese Richtlinie fallenden Betrieben einerseits und Wohngebieten, öffentlich genutzten Gebäuden und Gebieten, wichtigen Verkehrswegen (so weit wie möglich), Freizeitgebieten und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvollen bzw. besonders empfindlichen Gebieten andererseits ein angemessener Abstand gewahrt bleibt und dass bei bestehenden Betrieben zusätzliche technische Maßnahmen nach Artikel 5 ergriffen werden, damit es zu keiner Zunahme der Gefährdung der Bevölkerung kommt (ebenso Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2003 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen - Seveso III-RL -, die nach ihrem Art. 32 Abs. 1 mit Wirkung vom 1.6.2015 an die Stelle der RL 96/82/EG tritt).
45 
(1) Auf welche Weise diese Anforderungen erfüllt werden, richtet sich zunächst danach, ob die Genehmigung eines konkreten Vorhabens in der Nachbarschaft des Störfallbetriebs in Rede steht oder ob mit den Mitteln des Planungsrechts Nutzungsmöglichkeiten im Bereich eines Störfallbetriebs geschaffen werden sollen. In beiden Fällen ist - in einem ersten Schritt - der angemessene Abstand des vorhandenen Störfallbetriebs entweder zu dem zur Genehmigung gestellten konkreten Vorhaben oder den Vorhaben, die nach der Planung grundsätzlich zulassungsfähig sind, zu ermitteln. Liegen diese Vorhaben innerhalb des ermittelten angemessenen Abstands, führt dies zu einer Berücksichtigungspflicht entweder der Genehmigungsbehörde oder des Planungsträgers.
46 
(2) Wenn auch mit jedem Vorhaben, das den angemessenen Abstand unterschreitet, der störfallrechtlich unerwünschte Zustand in der Regel weiter verfestigt wird, zwingt Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG und die sich hieraus ergebende Berücksichtigungspflicht die Genehmigungsbehörden oder den Planungsträger nicht dazu, Neuansiedlungen in der Nachbarschaft eines Störfallbetriebs ausnahmslos abzulehnen und das Abstandskriterium damit zum alleinigen Genehmigungs- oder Ablehnungskriterium zu machen oder - im Falle einer Planung - zu unterlassen. Art. 12 Abs. 1 RL 96/82/EG gestattet es vielmehr, den „störfalltechnisch“ ermittelten angemessenen Abstand zu unterschreiten, wenn im Einzelfall hinreichend gewichtige Belange für die Zulassung des Vorhabens streiten. In Betracht kommen insbesondere soziale, ökologische und wirtschaftliche Belange (EuGH, Urt. v. 15.9.2011 - C-53/10 - UPR 2011, 443; BVerwG, Urt. v. 20.12.2012 - 4 C 11.11 -BVerwGE 145, 290).
47 
(3) In welcher Weise dieser Wertungsspielraum auszufüllen ist, gibt Art. 12 Abs. 1 RL 96/82/EG den Mitgliedstaaten nicht vor. Die Richtlinie lässt den Mitgliedstaaten in instrumenteller Hinsicht Spielräume, um der Berücksichtigungspflicht des Abstandserfordernisses - mit den Worten des EuGH - „in allgemeiner Weise bei der Aufstellung der Flächenausweisungs- oder Flächennutzungspläne“ oder - mangels einer Planung - „in spezifischer Weise ... beim Erlass von Entscheidungen über Baugenehmigungen“ nachzukommen (EuGH, Urt. v. 15.9.2011 - C-53/10 - UPR 2011, 443 Rn. 50; BVerwG, Urt. v. 20.12.2012 - 4 C 11.11 - BVerwGE 145, 290). Die Planungsbehörden sind deshalb nicht gehindert, die Pflicht zur Berücksichtigung angemessener Abstände auf die Genehmigungsbehörden zu übertragen (EuGH, Urt. v. 15.9.2011 - C-53/10 - a.a.O. Rn. 26).
48 
(4) Entscheidet sich die Gemeinde für das Instrument der Bauleitplanung, ist den Erfordernissen des Art. 12 Abs. 1 RL 96/82/EG in planerischer Weise Rechnung zu tragen. Die von der Richtlinie geforderten Wertungsspielräume gehen im bauleitplanerischen Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7, § 2 Abs. 3 BauGB) auf, in dessen Rahmen der Trennungsgrundsatz (§ 50 BImSchG) als Abwägungsdirektive zu beachten ist (BVerwG, Urt. v. 20.12.2012 - 4 C 11.11 -BVerwGE 145, 290; vgl. auch Beschl. v. 16.3.2010 - 4 BN 66.09 - NVwZ 2010, 1246; Beschl. v. 21.12.2011 - 4 B 14.11 - BauR 2012, 600). Den Anforderungen der RL 96/82/EG wird genügt, wenn im Rahmen der Abwägung auch die Belange des Störfallrechts und des Störfallschutzes beachtet werden (Reitberger, I+E 2012, 145; Berkemann, ZfBR 2010, 18; Moench/Henning, DVBl. 2009, 223; Steiff, NZBau 2007, 363; Hendler, DVBl. 2012, 532; Uechtritz, BauR 2012, 1039, Reidt, BauR 2012, 1182; Lau, DVBl. 2012, 678).
49 
bb) Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist auch in Ansehung der im Planungsbereich vorhandenen Störfallbetriebe eine Ausweisung des von der Veränderungssperre erfassten Areals als Gewerbegebiet nicht auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen.
50 
(1) Zwar wird im Rahmen einer Bauleitplanung dem störfallschutzrechtlichen Abstandsgebot nach Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2. RL 96/82/EG und in deren Umsetzung dem Trennungsgebot des § 50 Satz 1 BImSchG ein besonderes Gewicht in der planerischen Abwägung beigemessen werden müssen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 6.3.2008 - 10 D 103/06.NE - BRS 73 Nr. 33 [2008]). Gleichwohl ist das störfallschutzrechtliche Abstandsgebot im Einzelfall überwindbar. Insbesondere können geringere Abstände hingenommen werden, wenn - vor allem in bestehenden Gemengelagen - andere Maßnahmen zur Risikovorsorge festgesetzt werden (Reitberger, I+E 2012, 154). Eine ordnungsgemäße Abwägung setzt daher in erster Linie voraus, dass die vorhandenen Störfallbetriebe - oder bei projektbezogenen oder vorhabenbezogenen Bebauungsplänen die sich künftig ansiedelnden Störfallbetriebe - hinreichend erfasst werden und in Bezug auf diese der jeweilig angemessene Abstand ermittelt wird. Hierbei kann der Leitfaden der Kommission für Anlagesicherheit beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (KAS) „Empfehlungen für Abstände zwischen Betriebsbereichen nach der Störfall-Verordnung in schutzbedürftigen Gebieten im Rahmen der Bauleitplanung - Umsetzung § 50 BImSchG“ vom November 2010 eine Orientierungshilfe darstellen. Eine fehlerfreie Abwägung setzt nach zutreffender Ermittlung der Störfallbetriebe ferner voraus, dass die Belange des Störfallschutzes in ihrer Bedeutung richtig erkannt werden. Dies gilt insbesondere, wenn ausgehend von der konkreten Lage und Beschaffenheit des Betriebsbereichs eines Störfallbetriebs der hierauf bezogene angemessene Abstand unterschritten werden soll. Entscheidende Kriterien für die Gewichtung der Belange des Störfallschutzes werden insbesondere die Quantität und die Qualität der schutzbedürftigen Nutzungen sowie neben dem Ausmaß von möglichen Störfällen auch deren Eintrittswahrscheinlichkeit - soweit diagnostizierbar - sein.
51 
(2) Neben der reinen Abstandswahrung können auch weitere Maßnahmen zur Reduzierung der Auswirkungen von Störfällen in den Blick zu nehmen sein. Hierbei ist an passive Schutzmaßnahmen wie die Anlegung von Gräben, Mauern oder Wällen zu denken. Ferner können Festsetzungen zur Gebäudestellung und besondere Anforderungen an Gebäude, insbesondere Fenster, Türen und Lüftung in Betracht zu ziehen sein. Weiterhin können Gesichtspunkte der Koordinierung von Alarmierungs- und Evakuierungsplänen, deren Effektivität in städtebaulichen Verträgen sichergestellt werden können, bei der planerischen Bewältigung des Störfallschutzes mitbedacht werden. Bei all diesen Maßnahmen ist deren eigene Störfallanfälligkeit bei der Frage ihrer Effektivität zur Sicherstellung eines Störfallschutzes zu berücksichtigen.
52 
Die vorgenannten Maßnahmen können auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB festsetzungsfähiger Inhalt eines Bebauungsplans sein. Ein weiteres Instrumentarium zur Bewältigung des Störfallschutzes bei einem Nebeneinander von Störfallbetrieb und anderen Nutzungen sind die in § 1 Abs. 4 - 9 BauNVO aufgeführten Möglichkeiten der vertikalen und horizontalen Innengliederung von Baugebieten einschließlich der Fremdkörperfestsetzung nach § 1 Abs. 10 BauNVO. Hierbei kann eine In-Sich-Gliederung nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO in Betracht kommen, der nicht nur eine Gliederung nach der Art der Betriebe und Anlagen ermöglicht, sondern auch nach besonderen Bedürfnissen sowie besonderen Eigenschaften (vgl. Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, 4. Aufl. 2010, Rn. 540 f.). Insoweit ist insbesondere auf § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO hinzuweisen, der in Bezug auf Gewerbe- und Industriegebiete bestimmt, dass diese auch im Verhältnis zueinander gegliedert werden können. § 1 Abs. 5 und Abs. 9 BauNVO ermöglicht zudem beispielsweise einen Ausschluss bestimmter Nutzungen, die aufgrund ihrer Eigenart von der Störfallgefahr bereits vorhandener Störfallbetriebe in besonderem Maße betroffen sind. Diese bauleitplanerischen Instrumente sind geeignet, gerade bei der Überplanung von Gemengelagen mit bereits bestehenden Störfallbetrieben einen planungsrechtlichen Störfallschutz zu ermöglichen.
53 
Das bauleitplanerische Instrumentarium bietet danach ausreichend Möglichkeiten für die Gemeinde, auch bei der Überplanung von Gemengelagen einen den Anforderungen der RL 96/82/EG genügenden Störfallschutz zu gewährleisten. Allein der Umstand, dass im räumlichen Geltungsbereich der Veränderungssperre Störfallbetriebe vorhanden sind, führt daher nicht dazu, dass dem beabsichtigten Bebauungsplan tatsächliche oder rechtliche Hindernisse auf unabsehbare Zeit entgegenstehen. Dies gilt im vorliegenden Fall insbesondere auch deshalb, weil nicht der gesamte räumliche Geltungsbereich des beabsichtigen Bebauungsplans von den „Achtungsabständen“ erfasst wird, die nach dem von der Antragstellerin vorgelegten Standortgutachten zur Ermittlung von Achtungsabständen den darin liegenden Störfallbetrieben zugeordnet werden. Im Übrigen erfolgten gegenüber der Situation im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens weitere Rückbaumaßnahmen.
54 
c) Eine unzulässige Negativplanung, die - wie die Antragstellerin meint allein auf Verhinderung der von der Fa. Z... beabsichtigten Abfallentsorgungsanlage gerichtet ist, liegt gleichfalls nicht vor.
55 
Eine Planung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht für den Erlass einer Veränderungssperre nicht aus. Sind positive Planungsvorstellungen nur vorgeschoben, um eine in Wahrheit auf bloße Verhinderung gerichtete Planung zu verdecken, so handelt es sich um eine Negativplanung, die den Erlass einer Veränderungssperre nicht rechtfertigt (BVerwG, Urt. v. 19.2.2004 - 4 CN 16.03 - BVerwGE 120, 138; Urt. v. 30.8.2012 - 4 C 1.11 – BVerwGE 144, 82).
56 
Festsetzungen in einem Bebauungsplan sind aber selbst dann nicht als „Negativplanung“ wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 BauGB unwirksam, wenn ihr Hauptzweck in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen besteht. Sie sind vielmehr nur unzulässig, wenn sie nicht dem planerischen Willen der Gemeinde entsprechen und also vorgeschoben sind, um eine andere Nutzung zu verhindern. Festsetzungen dürfen mithin nicht nur das vorgeschobene Mittel sein, um einen Bauwunsch zu durchkreuzen. Letzteres kann aber nicht bereits dann angenommen werden, wenn die negative Zielrichtung im Vordergrund steht. Denn auch eine zunächst nur auf die Verhinderung einer - aus der Sicht der Gemeinde -Fehlentwicklung gerichtete Planung kann einen Inhalt haben, der rechtlich nicht zu beanstanden ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.12.1990 - 4 NB 8.90 -DÖV 1991 S. 744; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 3.3.2005 - 3 S 1524/04 - VBlBW 2006, 142).
57 
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin liegt bei Anwendung dieser Grundsätze eine unzulässige Negativplanung nicht vor. Dies gilt selbst dann, wenn der Bauwunsch der Fa. Z... die Einleitung des Bauplanungsverfahrens mitbeeinflusst haben sollte. Das - oben - dargestellte positive Planungsziel der Antragsgegnerin beinhaltet notwendigerweise die Verhinderung weiterer Gewerbebetriebe mit für ein Industriegebiet typischen Nutzungen, wie dies von der Antragstellerin im Rahmen ihres „Ansiedlungsmanagements“ angestrebt wird. Das auf dem Grundstück der Antragstellerin beabsichtigte - und bereits zur Genehmigung gestellte - Vorhaben der Fa. Z... würde den derzeitigen von der Antragsgegnerin unerwünschten planungsrechtlichen Zustand perpetuieren und ihren konkreten Planungsabsichten zuwiderlaufen. Wenn die Antragsgegnerin den Bauwunsch der Fa. Z... zum Anlass genommen haben sollte, ihre ersichtlich von städtebaulichen Gründen getragenen Planungsabsichten mit den Instrumenten des Bauplanungsrechts zu sichern, kann dies daher rechtlich nicht beanstandet werden.
58 
d) Schließlich führt auch der weitere Einwand der Antragstellerin, eine abwägungsgerechte Planung sei im vorliegenden Fall unter keinem möglichen Gesichtspunkt denkbar, nicht zur Unwirksamkeit der Veränderungssperre.
59 
Zu einer sachgerechten Abwägung im Zusammenhang mit dem Störfallschutz bei der Überplanung von Gemengelagen mit bereits vorhandenen Störfallbetrieben zählt zwar zweifellos nicht allein der Schutz von Nachbarschaft und Umweltgütern vor den Schadensfolgen im Falle eines Störfallereignisses. Vielmehr sind auch die Belange der Störfallbetriebe einschließlich etwaiger Erweiterungsinteressen abwägungsbedeutsam (§ 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst. a BauGB). Es bestehen jedoch - entgegen der pauschalen Behauptung der Antragstellerin - keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Planung der Antragsgegnerin im Hinblick auf die Belange der im Plangebiet vorhandenen Störfallbetriebe sowie der grundrechtlich geschützten Freiheit des Betriebsinhabers (Art. 12 und Art. 14 GG) zwangsläufig zu keinem mit den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Abwägung vereinbaren Ergebnis führen wird.
60 
Zudem unterliegt die Veränderungssperre selbst nicht dem allgemeinen Abwägungsgebot gemäß § 1 Abs. 7 BauGB, sondern nur der Prüfung, ob sie zur Erreichung des mit ihr verfolgten Sicherungszwecks erforderlich ist. Darauf, ob der noch nicht beschlossene künftige Bebauungsplan in seinen Festsetzungen möglicherweise dem Abwägungsgebot entsprechen wird, kommt es deshalb nicht an. Entscheidend ist allein, ob die beabsichtigte Planung auf ein Ziel gerichtet ist, das im konkreten Fall mit den Mitteln der Bauleitplanung zulässigerweise erreicht werden kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.9.1992 - 4 NB 35.92 - DÖV 1993, 250; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 3.3.2005 - 3 S 1524/04 - VBlBW 2006, 170). Wie dargestellt, ist das hier der Fall.
61 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
62 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
63 
Beschluss vom 10. März 2015
64 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG endgültig auf 30.000,-- EUR festgesetzt.
65 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Antragsteller wandte sich mit seinem Normenkontrollantrag zunächst gegen die Gültigkeit einer von der Antragsgegnerin am 29.6.2004 für das ehemalige Bahngelände Ehrenstein im Ortsteil Ehrenstein beschlossene und seitdem wiederholt verlängerte Veränderungssperre. Nachdem der zu sichernde Bebauungsplan im Laufe des Verfahrens in Kraft getreten ist (öffentliche Bekanntmachung am 20.7.2007), begehrt er die Feststellung, dass die Veränderungssperre unwirksam war.
Der Gemeinderat der Antragsgegnerin beschloss am 29.6.2004 die Aufstellung des Bebauungsplans „Bahnhofsbereich Ehrenstein“. Durch das bisher im unbeplanten Innenbereich liegende Plangebiet, das sich zunächst im Wesentlichen auf das Grundstück des Antragstellers beschränkte, sollte nach den im Gemeinderatsprotokoll festgehaltenen gemeindlichen Planungsvorstellungen eine städtebaulich geordnete Nutzung des unmittelbaren Ortskerns sichergestellt werden. Geplant war eine Fläche für „Wohnen, Handel, Dienstleistungen“, wobei die Ausweisung eines Mischgebiets nach § 6 BauNVO und eines Gewerbegebiets nach § 8 BauNVO ins Auge gefasst wurde. Zur Sicherung dieser Planung wurde eine Veränderungssperre beschlossen. Der Aufstellungsbeschluss und die Veränderungssperre wurden am 16.7.2004 in den „Blausteiner Nachrichten“ öffentlich bekanntgemacht. Mit Gemeinderatsbeschluss vom 10.5.2005 wurde das Plangebiet erweitert. Die flächenmäßig unverändert gebliebene Veränderungssperre wurde durch Gemeinderatsbeschluss vom 22.6.2006, öffentlich bekanntgemacht in den „Blausteiner Nachrichten“ am 7.7.2006, und erneut mit Beschluss vom 19.6.2007, bekanntgemacht am 29.6.2007, um jeweils ein weiteres Jahr verlängert.
Der Antragsteller ist Eigentümer des ca. 2.406 qm großen früheren Eisenbahnbetriebsgrundstücks Flst. Nr. .../6, das er von der Deutschen Bahn AG und der DB Station & Service AG im Jahr 2004 erworben hat und das u. a. mit einem ehemaligen Bahnhofsgebäude und einer ehemaligen Güterhalle bebaut ist. Das Grundstück wird schon seit längerem nicht mehr zu Bahnbetriebszwecken benötigt. Die von der Antragsgegnerin beantragte Freistellung nach § 23 AEG erfolgte mit Wirkung vom 26.9.2006 durch - bestandskräftigen - Bescheid des Eisenbahn-Bundesamtes vom 25.8.2006. Die Güterhalle mit zugehöriger Freifläche hatte der Antragsteller bereits seit 1993 gemietet; er betreibt darin eine Gaststätte; die im Bahnhofsgebäude untergebrachten Wohnungen werden vermietet. Die seinerzeit durch Kauf und später durch Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts angestrebte Übernahme des Grundstücks durch die Antragsgegnerin scheiterte; der entsprechende Bescheid vom 29.11.2004 wurde mit Widerspruchsbescheid des Landratsamtes Alb-Donau-Kreis vom 13.5.2005 aufgehoben, weil es an dem für die Ausübung des Vorkaufsrechts erforderlichen, in öffentlicher Sitzung zu treffenden Gemeinderatsbeschluss gefehlt hatte; das gegen den Widerspruchsbescheid von der Antragsgegnerin angestrengte verwaltungsgerichtliche Verfahren wurde durch Klagerücknahme beendet (vgl. Einstellungsbeschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 26.4.2006 - 7 K 882/05 -). Der Antrag des Antragstellers auf Erteilung einer Baugenehmigung für den Anbau eines Wintergartens an die bestehende Gaststätte, einer WC-Erweiterung und eines Vordachs wurde vom Landratsamt Alb-Donau-Kreis mit Bescheid vom 23.12.2005 unter Hinweis auf das wegen der Veränderungssperre versagte gemeindliche Einvernehmen abgelehnt; der Widerspruch blieb erfolglos, das Klageverfahren beim Verwaltungsgericht Sigmaringen ruht (7 K 1420/06). Bereits laufende Bauarbeiten wurden - ebenfalls unter Hinweis auf die Veränderungssperre - mit weiterem Bescheid des Landratsamtes vom 13.4.2006 eingestellt.
Der Antragsteller erhielt bereits unter dem 16.5.2000 einen Bauvorbescheid für die Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses auf seinem Grundstück, der bestandskräftig und am 28.7.2003 bis 15.5.2006 verlängert wurde. Mit Antrag vom 3.5.2006 beantragte der Antragsteller unter Vorlage entsprechender Planunterlagen die Erteilung einer Baugenehmigung zum Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses, was jedoch vom Landratsamt Alb-Donau-Kreis mit Bescheid vom 8.8.2006 unter Hinweis auf das versagte Einvernehmen der Antragsgegnerin abgelehnt wurde. Der Widerspruch des Antragstellers wurde mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 24.1.2007 zurückgewiesen; über die beim Verwaltungsgericht Sigmaringen anhängige Klage (7 K 345/07) ist noch nicht entschieden.
Mit Verfügung vom 14.9.2006 untersagte das Landratsamt Alb-Donau-Kreis die Nutzung des Bahnhofsgebäudes als Eisdiele. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 14.11.2006 zurückgewiesen; über die insoweit beim Verwaltungsgericht Sigmaringen anhängigen Verfahren (7 K 360/07 und 7 K 361/07) ist ebenfalls noch nicht entschieden.
Der Antragsteller hat am 12.7.2006 Normenkontrollantrag gestellt. Er bringt vor: Er sei antragsbefugt, weil wegen der Veränderungssperre sowohl die beantragte Baugenehmigung abgelehnt wie auch die Baueinstellung verfügt worden sei. Die Veränderungssperre sei nichtig. Das betroffene Gebiet sei dem Bahnverkehr gewidmet und eine Freistellung dieser betriebsnotwendigen Flächen sei nicht absehbar. Sein Grundstück sei daher der Planungshoheit der Gemeinde entzogen. Dementsprechend seien auch Sicherungsmaßnahmen wie eine Veränderungssperre unzulässig. Außerdem liege eine reine Negativplanung vor, da lediglich seine Bauvorhaben bzw. die eines potenziellen Käufers seines Grundstücks verhindert werden sollten. Der Erlass einer Individualsperre bedürfe im Übrigen der pflichtgemäßen Ausübung des Planungsermessens, was aber nicht erfolgt sei. Es bestehe ferner nicht das erforderliche Mindestmaß an positiven Vorstellungen über die Art der geplanten Nutzung. Die Nutzung „Wohnen, Handel und Dienstleistungen“ erlaube neben einem Reinen Wohngebiet auch die Ausweisung eines Allgemeinen Wohngebiets, eines Mischgebiets und eines Kerngebiets. Auf dieser Grundlage könne aber nicht entschieden werden, welche Vorhaben ausnahmsweise nach § 14 Abs. 2 BauGB gestattet werden könnten. Daran ändere auch die öffentliche Äußerung des Bürgermeisters der Antragsgegnerin nichts, nach der sowohl die Ausweisung eines Mischgebiets wie auch die Ausweisung eines Gewerbegebiets in Frage komme, denn die Zulässigkeit von Vorhaben divergiere in beiden Gebieten erheblich. Unabhängig davon führe auch der Austausch der Planungsabsichten zur Nichtigkeit der Veränderungssperre; selbst eine Konkretisierung der Planung nach Erlass der Sperre sei unzulässig. Die Antragsgegnerin plane aber nunmehr entgegen der ursprünglich beabsichtigten Nutzung „Wohnen, Handel und Dienstleistungen“ eine Verlegung der Ehrensteiner Straße verbunden mit einem Abriss des Bahnhofsgebäudes. Diese Planung könne jedoch nicht durchgeführt werden, da er als Eigentümer des Grundstücks einer entsprechenden Verlegung der Straße nicht zustimmen werde. Darüber hinaus sehe die derzeitige Planung der Antragsgegnerin Änderungen von Eisenbahnbetriebsanlagen vor, was jedoch mit Mitteln der Bauleitplanung nicht durchgesetzt werden könne. Damit bestehe aber auch kein Sicherungsbedürfnis, das den Erlass einer Veränderungssperre rechtfertigen könne. Schließlich habe der Gemeinderat einen Aufstellungsbeschluss über einen einfachen Bebauungsplan gefasst, in der Bekanntmachung sei aber über die Aufstellung eines qualifizierten Bebauungsplans informiert worden. Der Aufstellungsbeschluss sei daher nicht wirksam und eine Veränderungssperre habe deshalb nicht wirksam erlassen werden können.
Nachdem der Bebauungsplan „Bahnhofsbereich Ehrenstein“ am 17.7.2007 als Satzung beschlossen und am 20.7.2007 bekanntgemacht wurde, hat der Antragsteller seinen Antrag umgestellt. Er beantragt nunmehr,
festzustellen, dass die Veränderungssperre der Gemeinde Blaustein über das Bahnhofsgelände Ehrenstein im Ortsteil Ehrenstein vom 29. Juni 2004, verlängert am 22. Juni 2006 und am 19. Juni 2007, unwirksam war.
Zur Begründung des Feststellungsantrags trägt er im Wesentlichen noch vor: Er habe ein Rechtsschutzbedürfnis, da die Rechtswidrigkeit der Veränderungssperre Präjudizwirkung für die Frage der Rechtswidrigkeit eines auf die Norm gestützten behördlichen Verhaltens habe. Es seien diverse gerichtliche Verfahren anhängig, bei denen die Gültigkeit der Veränderungssperre entscheidungserheblich sei. Es handele sich dabei um den Bauantrag zur Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses, die Untersagung der Nutzung des Bahnhofsgebäudes als Eisdiele und den Bauantrag zum Ausbau des Bahnhofsgebäudes mit einem Wintergarten und einer WC-Erweiterung. Unabhängig davon kämen wegen des rechtswidrigen Erlasses der Veränderungssperre Schadensersatzansprüche gegen die Antragsgegnerin in Betracht.
10 
Die Antragsgegnerin beantragt,
11 
den Antrag abzuweisen.
12 
Sie erwidert, dass der vorliegende Bebauungsplanentwurf der Intention des Gemeinderats entspreche, den Geltungsbereich mit der Nutzung „Wohnen, Handel und Dienstleistungen“ auszugestalten. Der Flächenumgriff von Bebauungsplan und Veränderungssperre müsse nicht identisch sein. Ihr sei es darum gegangen, im Bereich des Bahnhofs die Straßenplanung für die Ehrensteiner Straße zu sichern. Die Bahnhofsfläche sei mittlerweile freigestellt; im Übrigen könne auch auf Flächen, deren Freistellung ersichtlich zu erwarten sei, geplant werden. Es liege keine Negativplanung vor, vielmehr solle genau dort, wo jetzt das Bahnhofsgebäude stehe, die Trasse der Ehrensteiner Straße verlaufen. Diese Straßenplanung komme auch trotz des Eigentums des Antragstellers in Betracht. Der Geltungsbereich des beabsichtigten Bebauungsplanes sei mit Beschluss des Gemeinderats vom 10.5.2005 auf den umgebenden Zentrumsbereich ausgedehnt worden. In der Begründung der Plankonzeption heiße es unter anderem bei 7.1, dass es zur Entwicklung des Ortszentrums notwendig sei, vor allem das vorhandene Potenzial der Freiflächen optimal zu nutzen. Deshalb werde die Ehrensteiner Straße im gesamten Planbereich so nahe wie möglich entlang der Bahnlinie geplant. Dadurch könne ein städtebaulich gefasster Vorplatz mit einem Solitärgebäude, in welchem z. B. ein Cafe mit Außenbewirtschaftung untergebracht werden könne, entstehen. Zudem werde eine Erweiterung des bestehenden Supermarktes möglich. Für das östlich der Hummelstraße angesiedelte Einkaufszentrum könne durch die Verlegung der Ehrensteiner Straße die dringend benötigte Parkplatzerweiterung ermöglicht werden. Die Veränderungssperre sei in Anbetracht der laufenden baulichen Aktivitäten des Antragstellers erforderlich gewesen. Der künftige Planinhalt sei weit über ein Mindestmaß hinaus konkretisiert und absehbar. Er sei auf das zulässige Ziel der Straßenführung über Privatflächen gerichtet. Die verbindliche Bauleitplanung sei Voraussetzung für die nach dem Baugesetzbuch mögliche Bodenordnung.
13 
Zum Rechtsschutzinteresse des Antragstellers nach Umstellung seines Antrags äußert sich die Antragsgegnerin noch wie folgt: Das Verwaltungsgericht Sigmaringen, bei dem die genannten Verfahren anhängig seien, könne die materiell-rechtlichen Anforderungen an die Veränderungssperre bei der gebotenen Inzidentkontrolle selbst überprüfen, so dass der Antragsteller hinreichenden effektiven Rechtsschutz habe. Soweit es um Verpflichtungsklagen gehe, sei sowieso auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts abzustellen und daher der zwischenzeitlich in Kraft getretene Bebauungsplan, der den Vorhaben entgegenstehe, zu berücksichtigen. Schadensersatzansprüche seien weder vom Grund noch von der Höhe des Schadens her plausibel und substantiiert dargelegt.
14 
Dem Senat liegen die Behördenakten der Antragsgegnerin über die Veränderungssperre vor. Auf sie und auf die gewechselten Schriftsätze wird wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Der Normenkontrollantrag ist statthaft. Die Veränderungssperre ist eine auf Grund der §§ 14 ff. BauGB erlassene Satzung, über deren Gültigkeit der erkennende Gerichtshof im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag zu entscheiden hat (vgl. § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
16 
Der Antrag ist auch sonst zulässig, insbesondere ist der Antragsteller als Eigentümer eines von der Veränderungssperre betroffenen Grundstücks antragsbefugt und der Antrag rechtzeitig gestellt worden (vgl. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Obwohl die Veränderungssperre durch das zwischenzeitliche Inkrafttreten des zu sichernden Bebauungsplans am 21.7.2007 - ungeachtet einer etwaigen Ungültigkeit des Bebauungsplans - außer Kraft getreten ist (vgl. § 17 Abs. 5 BauGB; BVerwG, Beschluss vom 28.2.1990 - 4 B 174.89 -, NVwZ 1990, 656), fehlt dem Antragsteller auch nicht das notwendige Rechtsschutzinteresse. Der zuletzt gestellte Antrag auf Feststellung, dass die - bei Stellung des Normenkontrollantrags bereits in Kraft gesetzte - Veränderungssperre ungültig war, ist zulässig, wenn er der Vorbereitung einer Entschädigungsklage dient (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2.9.1983 - 4 N 1.83 -, VBlBW 1984, 207) und diese nicht offensichtlich aussichtslos ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.5.2005 - 4 BN 22.05 -, BauR 2005, 1761). Dabei ist es nicht erforderlich, in eine eingehende Untersuchung der Begründetheit der vom Antragsteller beabsichtigten Entschädigungs- oder Schadensersatzansprüche einzutreten; dies ist Sache des mit der etwaigen Klage angerufenen Zivilgerichts (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.5.2005, a.a.O.). Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass durch die Entscheidung des erkennenden Senats eine Frage verbindlich entschieden wird, die in einer Reihe weiterer vom Antragsteller in Gang gebrachter gerichtlicher Verfahren von u. U. entscheidungserheblicher Bedeutung ist (sog. Bündelungsfunktion des Normenkontrollverfahrens, vgl. u. a. BVerwG, Beschluss vom 14.7.1978 - 7 N 1.78 -, NJW 1978, 2522; Ziekow, BauR 2007, 1169 m. w. N.).
17 
Der Normenkontrollantrag ist jedoch nicht begründet. Die Satzung der Antragsgegnerin über die Veränderungssperre und deren zweimalige Verlängerung begegnet weder in formeller noch in materiell-rechtlicher Hinsicht durchgreifenden Bedenken.
18 
Formelle Mängel sind nicht ersichtlich. Der Aufstellungsbeschluss und die Veränderungssperre wurden in der Gemeinderatssitzung vom 29.6.2004 ordnungsgemäß beschlossen und danach ortsüblich bekanntgemacht. Dies gilt auch für den ersten und den zweiten Verlängerungsbeschluss vom 22.6.2006 (öffentliche Bekanntmachung am 7.7.2006) bzw. 19.6.2007 (öffentliche Bekanntmachung am 29.6.2007). Der Einwand des Antragstellers, dass im Aufstellungsbeschluss von einem einfachen Bebauungsplan, in der Bekanntmachung dagegen von einem qualifizierten Bebauungsplan die Rede sei, findet - ungeachtet seiner rechtlichen Relevanz - weder im Gemeinderatsprotokoll noch im Wortlaut der Bekanntmachung eine Stütze.
19 
Die Satzung stand auch materiell-rechtlich in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Voraussetzungen. Die Veränderungssperre war von einer hinreichend konkreten positiven Planungskonzeption getragen, insbesondere war es entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht erforderlich, dass beim Erlass der Veränderungssperre bereits der angestrebte Baugebietstyp i. S. d. Baunutzungsverordnung feststand. Eine Veränderungssperre darf erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre eine bestimmte Art der baulichen Nutzung im betroffenen Gebiet ins Auge gefasst hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.9.1976 - IV C 39.74 -, NJW 1977, 400; Beschluss vom 27.7.1990 - 4 B 156.89 -, NVwZ 1991, 62; Beschluss vom 15.8.2000 - 4 BN 35.00 -, BRS 64 Nr. 109; Beschluss vom 25.11.2003 - 4 BN 60.03 -, NVwZ 2004, 477; Urteil vom 19.2.2004 - 4 CN 13.03 -, NVwZ 2004, 984). Die Veränderungssperre soll die Gemeinde in die Lage versetzen, planerische Vorstellungen umzusetzen. Sie ist unzulässig, wenn sich der Inhalt der beabsichtigten Planung noch in keiner Weise absehen lässt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9.8.1991 - 4 B 135.91 - Buchholz 406.11 § 14 BauGB Nr. 17). Umgekehrt ist jedoch nicht erforderlich, dass die Planung bereits einen Stand erreicht hat, der nahezu den Abschluss des Verfahrens ermöglicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.9.1976, a.a.O.). Es genügt vielmehr, dass sich aus dem Planaufstellungsbeschluss oder weiteren Verfahrensschritten wenigstens ansatzweise ersehen lässt, was Inhalt des zukünftigen Bebauungsplans sein soll (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 5.2.1990 - 4 B 191.89 -, NVwZ 1990, 558 = PBauE § 15 BauGB Nr. 1 und vom 27.4.1992 - 4 NB 11.92 -, VBlBW 1992, 468). Ein detailliertes und abgewogenes Planungskonzept muss daher noch nicht vorliegen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.12.1993 - 4 NB 40.93 -, NVwZ 1994, 685). Der Erlass einer Veränderungssperre kann nicht davon abhängig gemacht werden, dass bereits Aussagen zur Lösung derjenigen Nutzungskonflikte getroffen werden, die bei ungeschmälerter Realisierung des Planziels auftreten würden, weil dies typischerweise erst im weiteren Verlauf des Bebauungsplanverfahrens im Rahmen einer umfassenden Abwägung unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung möglich ist. Es reicht aus, wenn bei Erlass der Veränderungssperre absehbar ist, dass sich das Planziel im Wege bauplanerischer Festsetzungen überhaupt erreichen lässt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.7.1990, a.a.O.; Urteil vom 19.2.2004, a.a.O.). Die Auswahl der Mittel zur Realisierung des Planziels ist hingegen - ebenso wie die Lösung von Nutzungskonflikten - typischerweise Aufgabe der im Bebauungsplanverfahren vorzunehmenden planerischen Abwägung (vgl. Senatsurteil vom 24.11.2005 - 8 S 794/05 -, VBlBW 2006, 275 = NVwZ-RR 2006, 522).
20 
Diesen Anforderungen entsprach die von der Antragsgegnerin beschlossene Veränderungssperre, insbesondere bestanden hinreichend konkrete planerische Vorstellungen in dem geforderten Sinn. Nach den im Gemeinderatsprotokoll festgehaltenen gemeindlichen Planungsvorstellungen sollte durch das bisher im unbeplanten Innenbereich liegende Plangebiet, das sich zunächst im Wesentlichen auf das Grundstück des Antragstellers beschränkte, eine städtebaulich geordnete Nutzung des unmittelbaren Ortskerns sichergestellt werden. Geplant war eine Fläche für „Wohnen, Handel, Dienstleistungen“, wobei die Ausweisung eines Mischgebiets nach § 6 BauNVO und eines Gewerbegebiets nach § 8 BauNVO ins Auge gefasst wurde. Damit war die zu sichernde Planung hinreichend konkretisiert. Sie galt einem räumlich bestimmten Gebiet mit einer hinreichend bestimmten Nutzungsart. Insoweit genügt es jedenfalls, dass die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre die in Frage kommenden Baugebietstypen - hier: MI bzw. GE - benennt. Welcher der ins Auge gefassten Gebietstypen letztlich festgesetzt wird, kann und muss zu Beginn des Planungsverfahrens noch nicht feststehen, solange sich - wie bereits erwähnt - das Planziel im Wege bauplanerischer Festsetzungen überhaupt erreichen lässt (vgl. Senatsurteil vom 24.11.2005, a. a. O.). Das Argument des Antragstellers, dass bei nicht feststehender Gebietsart eine Entscheidung nach § 14 Abs. 2 BauGB (Ausnahme von der Veränderungssperre) nicht möglich sei, überzeugt nicht. Anders als im Fall des § 33 BauGB ist für den Erlass einer Veränderungssperre keine Planreife erforderlich. Vorstellungen über die vorgesehene Art der baulichen Nutzung, wie sie die Antragsgegnerin im vorliegenden Fall entwickelt und geäußert hat, genügen für die Entscheidung der Frage, ob der praktisch wichtigste öffentliche Belang, nämlich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung, beeinträchtigt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.2.2004, a.a.O.). § 14 Abs. 2 BauGB schreibt nicht vor, dass die Ausnahmeerteilung ausschließlich am Maßstab des § 33 BauGB zu messen ist; in Frage kommt auch die Erteilung nach § 34 Abs. 1 BauGB oder nach den Festsetzungen eines älteren Bebauungsplans (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 10. Aufl., § 14 Rn. 19).
21 
Entgegen der Meinung des Antragstellers lag auch kein Fall einer sog. Negativplanung, d. h. einer gegen § 1 Abs. 3 BauGB verstoßenden Planung vor, die - mit städtebaulich zu missbilligender Zielsetzung (vgl. zum Begriff: BVerwG, Beschluss vom 18.12.1990 - 4 NB 8.90 -, NVwZ 1991, 875) - sich ohne positives Planungskonzept darin erschöpfte, einzelne Vorhaben auszuschließen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5.2.1990, a.a.O; Beschluss des Senats vom 9.2.1998 - 8 S 2770/97 -, VBlBW 1998, 310; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 14 Rn. 47). Denn die von der Antragsgegnerin beabsichtigte Planung wurde schon zum Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre von einer positiven Konzeption getragen. Ihr eigentliches Ziel war es nicht, das bzw. die Vorhaben des Antragstellers zu verhindern; vielmehr hatte die Antragsgegnerin plausible städtebauliche Gründe für die Überplanung des Grundstücks des Antragstellers angeführt. Die Planungsvorstellungen der Antragsgegnerin waren positiv auf die hinreichend bestimmte Nutzung „Wohnen, Handel, Dienstleistungen“ gerichtet. Diese Planungsvorstellungen wurden auch in der Bekanntmachung vom 16.7.2004 zum Ausdruck gebracht („Mischgebiet und Gewerbegebiet“). Dass nur die Absicht bestanden hätte, ein bestimmtes Vorhaben des Antragstellers zu verhindern, kann daraus nicht abgelesen werden. Zwar kann davon ausgegangen werden, dass die in den diversen Bauanträgen des Antragstellers zum Ausdruck kommenden Bauabsichten für den Erlass der Veränderungssperre eine Rolle spielten. Jedoch ging es der Antragsgegnerin erkennbar lediglich darum, die für den Bahnhofsbereich bestehenden Planungsabsichten nicht von vornherein durch Zwangspunkte bestimmen zu lassen. Dies ist ein für den Erlass einer Veränderungssperre billigenswertes Ziel und stellt für sich genommen keine Negativplanung dar.
22 
Auch die Tatsache, dass sich der Geltungsbereich der Veränderungssperre auf das Grundstück des Antragstellers beschränkt hat, begegnet keinen grundsätzlichen Bedenken. Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass das Vorliegen einer sog. „Individualsperre“ weder von Gesetzes wegen noch sonst rechtlichen Bedenken begegnet (vgl. im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 10.9.1976, a.a.O.). Der Antragsteller hat keine Gründe vorgetragen, die es in seinem Fall gebieten würden, diese Frage erneut einer vertieften Untersuchung zuzuführen oder gar die genannte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Frage zu stellen. Dies gilt umso mehr, als vorliegend der Geltungsbereich des zu sichernden Bebauungsplans und der Geltungsbereich der Veränderungssperre deckungsgleich waren und der Antragsteller daher nicht schwerer als andere Grundstückseigentümer belastet wurde, weil es innerhalb des Planbereichs keine weiteren Grundstückseigentümer gab. Es gibt daher auch keinen Anlass zu der Annahme, die Antragsgegnerin habe ihr Planungsermessen fehlerhaft ausgeübt (vgl. dazu ebenfalls BVerwG, Urteil vom 10.9.1976, a.a.O.).
23 
Dem Erlass der Veränderungssperre stand auch nicht entgegen, dass es sich zum damaligen Zeitpunkt bei dem von der beabsichtigten Planung erfassten Grundstück des Antragstellers um eine Zwecken des Bahnbetriebs dienende Fläche handelte. Zwar kann eine Veränderungssperre nur dann rechtmäßig erlassen werden, wenn die zu sichernde Planung auch realisiert werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.12.1988 - 4 C 48.86 - NVwZ 1989, 655; Beschluss vom 21.12.1993, a.a.O.). Der Realisierung einer gemeindlichen Planung kann der Fachplanungsvorbehalt des § 38 Satz 1 BauGB entgegenstehen, weil dieser Fachplanungsvorbehalt die Planungshoheit der Gemeinde überlagert (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.12.1988, a.a.O.; Senatsurteil vom 23.8.1996 - 8 S 269/96 -, VBlBW 1997, 59). Das bedeutet, dass in Bezug auf eine Zwecken des Bahnbetriebs dienende Fläche eine Bauleitplanung jedenfalls insoweit nicht möglich ist, als diese der Zweckbestimmung der Anlage widerspricht. Dagegen ist eine Planung zulässig, die inhaltlich der bestehenden Zweckbestimmung nicht zuwiderläuft. Steht mit hinreichender Sicherheit die Aufhebung der bahnrechtlichen Zweckbestimmung bevor, kann die Gemeinde die Bauleitplanung einleiten und von den zu deren Sicherung gegebenen Instrumenten der Veränderungssperre und der Zurückstellung von Baugesuchen Gebrauch machen (vgl. Senatsurteil vom 23.8.1996, a.a.O.).
24 
Im vorliegenden Fall waren die Planung und damit auch deren Sicherung durch die erlassene Veränderungssperre zulässig, weil die Aufhebung der bahnrechtlichen Zweckbestimmung mit hinreichender Sicherheit bevorstand. Dies wird bereits dadurch belegt, dass die Bahn das fragliche Gelände an den Antragsteller veräußert hat. In dem notariellen Kaufvertrag vom 28.9.2004 hat sich die Bahn zwar einzelne bahnbetriebsbedingte Nutzungsmöglichkeiten vorbehalten (vgl. § 12 Nr. 4 Nutzungsvorbehalte hinsichtlich einzelner Betriebsanlagen und Einrichtungen im Bahnhofsgebäude und im Keller der Güterhalle - Kabel und Energieanlage -; § 12 Nr. 6 Verpflichtung des Antragstellers, einen Zuweg zu schaffen - Zugänglichkeit des Bahnsteigs für Bahnkunden -; § 13 Einfriedigung des Grundstücks gegenüber dem Betriebsgelände; § 14 Nr. 2 Zutrittsrecht für Bahnbedienstete aus Gründen der Sicherheit). Jedoch wurde der Antragsteller gleichzeitig ermächtigt, Abriss- und Bauanträge jeder Art zu stellen und Baugenehmigungsverfahren durchzuführen (§ 5 Nr. 4). Außerdem war seitens der Gemeinde zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses eine bauliche Nutzung geplant, die mit diesen Nutzungsvorbehalten der Bahn nicht zwingend kollidieren musste („Wohnen, Handel, Dienstleistungen“, „Mischgebiet und Gewerbegebiet“). Da für die Frage der Realisierbarkeit der beabsichtigten Nutzung auf den Zeitpunkt des Aufstellungsbeschlusses und des Erlasses der Veränderungssperre abzustellen ist, ist es unerheblich, dass die Nutzungsmöglichkeiten der Bahn jedenfalls mit der nunmehr beschlossenen Planung insoweit kollidieren dürften, als die Straße über den jetzigen Standort des Bahnhofs und der Güterhalle geführt werden soll. Zudem hat die Bahn zwischenzeitlich das Gelände mit Wirkung vom 26.9.2006 förmlich nach § 23 AEG freigegeben. Nicht zuletzt deshalb braucht auch nicht der vom Antragsteller weiter aufgeworfenen Frage nachgegangen zu werden, ob die Änderung von Bahnbetriebsanlagen (Unterführung) durch Bebauungsplan möglich ist oder nicht. Darüber hinaus betrifft die Änderung allenfalls einzelne Aspekte des jetzt beschlossenen Bebauungsplans, lässt aber die ursprünglich zu sichernde Plankonzeption - insbesondere soweit diese das Grundstück des Antragstellers betraf - unberührt.
25 
Wegen des genannten maßgeblichen Zeitpunkts ist es auch unerheblich, dass sich der Antragsteller mit der nunmehr planerisch vorgesehenen Nutzung eines Teils seines Grundstücks als Straße nicht einverstanden erklärt hat. Denn die letztlich beschlossene Straßenführung entsprach nicht den ursprünglichen Planungsabsichten der Antragsgegnerin. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass ein Bebauungsplan auch dann umgesetzt werden kann, wenn ein betroffener Eigentümer sich weigert, den Festsetzungen nachzukommen. Wie u. a. aus § 85 Abs. 1 Nr. 1 und aus § 176 Abs. 1 Nr. 2 BauGB zu ersehen ist, gibt der Gesetzgeber der Gemeinde Instrumente an die Hand, die es ihr ermöglichen, ihre Planungsziele gegebenenfalls auch gegen den Willen des Eigentümers durchzusetzen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.8.2000, a.a.O.).
26 
Die Veränderungssperre war auch nicht deshalb unwirksam (geworden), weil sich die Planungsabsichten der Antragsgegnerin während des Verfahrens geändert haben. Zwar bestimmt § 17 Abs. 4 BauGB sowohl in der zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 29.6.2004 geltenden Fassung wie auch in der seit 20.7.2004 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 23.9.2004 (BGBl. I S. 2414), dass die Veränderungssperre bereits vor Ablauf ihrer Geltungsdauer ganz oder teilweise außer Kraft zu setzen ist, sobald die Voraussetzungen für ihren Erlass weggefallen sind. Selbst wenn man also davon ausgeht, dass die geänderten Planungsabsichten Einfluss auf die Gültigkeitsvoraussetzungen der Veränderungssperre hätten, ergäbe sich daraus lediglich die Verpflichtung der Gemeinde, die Veränderungssperre außer Kraft zu setzen. Dagegen zeigt die gesetzliche Regelung, dass die W i r k s a m k e i t der Veränderungssperre auch in einem solchen Fall unberührt bliebe. Das bedeutet aber, dass die Gültigkeit einer Veränderungssperre nicht davon berührt wird, dass sich die Planungsabsichten der Gemeinde im Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans ändern (ebenso der 5. Senat des erkennenden Gerichtshofs, Beschluss vom 26.9.1988 - 5 S 2131/88 -, ZfBR 1989, 172; OVG Berlin, Urteil vom 2.12.1988, NVwZ-RR 1990, 124; a. A. wohl OVG Lüneburg, Beschluss vom 15.10.1999, NVwZ 2000, 1061). Im Übrigen besteht auch kein Anlass zu der Annahme, dass sich die im Laufe des Planungsverfahrens eingetretenen Änderungen in den konkreten Auswirkungen für das Grundstück des Antragstellers als Ausdruck einer von der ursprünglichen Planung vollkommen abweichenden neuen Plankonzeption dargestellt hätten, bei der die Frage nach der Zulässigkeit einer begleitenden Sicherung durch die angegriffene Veränderungssperre vollkommen neu geprüft und bewertet hätte werden müssen.
27 
Schließlich bestehen auch gegen die wiederholte Verlängerung der Veränderungssperre keine durchgreifenden Bedenken. Es kann insbesondere nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Planungsabsichten der Antragsgegnerin in einem solchen Ausmaß geändert hätten, dass eine Verlängerung der Veränderungssperre nicht mehr in Frage kommen konnte, sondern ein Beschluss über den Erlass einer neuen, nach anderen Maßstäben zu beurteilenden Veränderungssperre hätte herbeigeführt werden müssen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Veränderungssperre lediglich auf das Grundstück des Antragstellers bezog und dass es sich insoweit bei den Änderungen in Wahrheit um die Konkretisierung der Planung innerhalb desselben Verfahrens handelte. Die Planungsabsichten hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung wurden insoweit geändert, als letztlich statt eines Misch- und Gewerbegebiets ein Kerngebiet festgesetzt wurde, was aber ebenfalls noch innerhalb des allgemeinen Planungsziels „Wohnen, Handel, Dienstleistungen“ lag. Über den Verlauf der Straße gab es ursprünglich keine Planungsabsichten, so dass streng genommen auch nicht von einer Änderung gesprochen werden kann. Von einer völlig neuen Plankonzeption, deren Realisierung die Frage nach der Erforderlichkeit einer Veränderungssperre neu aufgeworfen hätte (vgl. § 17 Abs. 3 BauGB), konnte jedenfalls nicht die Rede sein.
28 
Die erste Verlängerung der Veränderungssperre durch Beschluss vom 22.6.2006, öffentlich bekanntgemacht in den „Blausteiner Nachrichten“ am 7.7.2006, und die zweite Verlängerung durch Beschluss vom 19.6.2007, öffentlich bekanntgemacht am 29.6.2007, um jeweils ein weiteres Jahr sind ebenso wenig zu beanstanden. Die erste Verlängerung setzte lediglich voraus, dass die Planung noch nicht abgeschlossen war und die Sicherungsbedürftigkeit weiterhin bestand (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 3 BauGB). Dies war der Fall. Die zweite Verlängerung war dagegen nur zulässig, wenn „besondere Umstände“ es erforderten (vgl. § 17 Abs. 2 BauGB). Besondere Umstände liegen vor, wenn ein Planverfahren durch eine „Ungewöhnlichkeit“ gekennzeichnet wird, sei es wegen der Besonderheiten des Umfanges, des Schwierigkeitsgrades oder des Verfahrensablaufes. Weiterhin ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der „Ungewöhnlichkeit“ des Falls und der für die Aufstellung des Planes mehr als üblichen Zeit erforderlich. Die besonderen Umstände und die Ursachen der Verzögerung dürfen darüber hinaus nicht in einem der Gemeinde vorwerfbaren Fehlverhalten begründet sein (wie z. B. Überforderung der mit der Planung beschäftigten Dienstkräfte oder ein sich als zu umfangreich erweisender Zuschnitt des Plangebietes, vgl. BVerwG, Urteil vom 10.9.1976, a.a.O.). Die Antragsgegnerin sieht die Besonderheit des Verfahrens einerseits in der Größe des Plangebiets und andererseits in der Komplexität des Vorganges an der Schnittstelle zwischen kommunaler Bauleitplanung und Eisenbahnfachplanungsrecht; die Freistellung sei erst am 23.8.2006 erteilt worden, wodurch sich das Verfahren verzögert habe; Grunderwerbsverhandlungen mit der Bahn könnten voraussichtlich erst in den nächsten Wochen zu Ende geführt werden. Diese Angaben rechtfertigen die erneute Verlängerung. Auch der Antragsteller hat dagegen keine substantiierten Einwendungen erhoben.
29 
Die beantragte Feststellung kann daher nicht ausgesprochen werden, weshalb der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen ist.
30 
Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
31 
Beschluss
32 
Der Streitwert des Verfahrens wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-EUR festgesetzt.
33 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
15 
Der Normenkontrollantrag ist statthaft. Die Veränderungssperre ist eine auf Grund der §§ 14 ff. BauGB erlassene Satzung, über deren Gültigkeit der erkennende Gerichtshof im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag zu entscheiden hat (vgl. § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
16 
Der Antrag ist auch sonst zulässig, insbesondere ist der Antragsteller als Eigentümer eines von der Veränderungssperre betroffenen Grundstücks antragsbefugt und der Antrag rechtzeitig gestellt worden (vgl. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Obwohl die Veränderungssperre durch das zwischenzeitliche Inkrafttreten des zu sichernden Bebauungsplans am 21.7.2007 - ungeachtet einer etwaigen Ungültigkeit des Bebauungsplans - außer Kraft getreten ist (vgl. § 17 Abs. 5 BauGB; BVerwG, Beschluss vom 28.2.1990 - 4 B 174.89 -, NVwZ 1990, 656), fehlt dem Antragsteller auch nicht das notwendige Rechtsschutzinteresse. Der zuletzt gestellte Antrag auf Feststellung, dass die - bei Stellung des Normenkontrollantrags bereits in Kraft gesetzte - Veränderungssperre ungültig war, ist zulässig, wenn er der Vorbereitung einer Entschädigungsklage dient (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2.9.1983 - 4 N 1.83 -, VBlBW 1984, 207) und diese nicht offensichtlich aussichtslos ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.5.2005 - 4 BN 22.05 -, BauR 2005, 1761). Dabei ist es nicht erforderlich, in eine eingehende Untersuchung der Begründetheit der vom Antragsteller beabsichtigten Entschädigungs- oder Schadensersatzansprüche einzutreten; dies ist Sache des mit der etwaigen Klage angerufenen Zivilgerichts (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.5.2005, a.a.O.). Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass durch die Entscheidung des erkennenden Senats eine Frage verbindlich entschieden wird, die in einer Reihe weiterer vom Antragsteller in Gang gebrachter gerichtlicher Verfahren von u. U. entscheidungserheblicher Bedeutung ist (sog. Bündelungsfunktion des Normenkontrollverfahrens, vgl. u. a. BVerwG, Beschluss vom 14.7.1978 - 7 N 1.78 -, NJW 1978, 2522; Ziekow, BauR 2007, 1169 m. w. N.).
17 
Der Normenkontrollantrag ist jedoch nicht begründet. Die Satzung der Antragsgegnerin über die Veränderungssperre und deren zweimalige Verlängerung begegnet weder in formeller noch in materiell-rechtlicher Hinsicht durchgreifenden Bedenken.
18 
Formelle Mängel sind nicht ersichtlich. Der Aufstellungsbeschluss und die Veränderungssperre wurden in der Gemeinderatssitzung vom 29.6.2004 ordnungsgemäß beschlossen und danach ortsüblich bekanntgemacht. Dies gilt auch für den ersten und den zweiten Verlängerungsbeschluss vom 22.6.2006 (öffentliche Bekanntmachung am 7.7.2006) bzw. 19.6.2007 (öffentliche Bekanntmachung am 29.6.2007). Der Einwand des Antragstellers, dass im Aufstellungsbeschluss von einem einfachen Bebauungsplan, in der Bekanntmachung dagegen von einem qualifizierten Bebauungsplan die Rede sei, findet - ungeachtet seiner rechtlichen Relevanz - weder im Gemeinderatsprotokoll noch im Wortlaut der Bekanntmachung eine Stütze.
19 
Die Satzung stand auch materiell-rechtlich in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Voraussetzungen. Die Veränderungssperre war von einer hinreichend konkreten positiven Planungskonzeption getragen, insbesondere war es entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht erforderlich, dass beim Erlass der Veränderungssperre bereits der angestrebte Baugebietstyp i. S. d. Baunutzungsverordnung feststand. Eine Veränderungssperre darf erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre eine bestimmte Art der baulichen Nutzung im betroffenen Gebiet ins Auge gefasst hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.9.1976 - IV C 39.74 -, NJW 1977, 400; Beschluss vom 27.7.1990 - 4 B 156.89 -, NVwZ 1991, 62; Beschluss vom 15.8.2000 - 4 BN 35.00 -, BRS 64 Nr. 109; Beschluss vom 25.11.2003 - 4 BN 60.03 -, NVwZ 2004, 477; Urteil vom 19.2.2004 - 4 CN 13.03 -, NVwZ 2004, 984). Die Veränderungssperre soll die Gemeinde in die Lage versetzen, planerische Vorstellungen umzusetzen. Sie ist unzulässig, wenn sich der Inhalt der beabsichtigten Planung noch in keiner Weise absehen lässt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9.8.1991 - 4 B 135.91 - Buchholz 406.11 § 14 BauGB Nr. 17). Umgekehrt ist jedoch nicht erforderlich, dass die Planung bereits einen Stand erreicht hat, der nahezu den Abschluss des Verfahrens ermöglicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.9.1976, a.a.O.). Es genügt vielmehr, dass sich aus dem Planaufstellungsbeschluss oder weiteren Verfahrensschritten wenigstens ansatzweise ersehen lässt, was Inhalt des zukünftigen Bebauungsplans sein soll (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 5.2.1990 - 4 B 191.89 -, NVwZ 1990, 558 = PBauE § 15 BauGB Nr. 1 und vom 27.4.1992 - 4 NB 11.92 -, VBlBW 1992, 468). Ein detailliertes und abgewogenes Planungskonzept muss daher noch nicht vorliegen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.12.1993 - 4 NB 40.93 -, NVwZ 1994, 685). Der Erlass einer Veränderungssperre kann nicht davon abhängig gemacht werden, dass bereits Aussagen zur Lösung derjenigen Nutzungskonflikte getroffen werden, die bei ungeschmälerter Realisierung des Planziels auftreten würden, weil dies typischerweise erst im weiteren Verlauf des Bebauungsplanverfahrens im Rahmen einer umfassenden Abwägung unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung möglich ist. Es reicht aus, wenn bei Erlass der Veränderungssperre absehbar ist, dass sich das Planziel im Wege bauplanerischer Festsetzungen überhaupt erreichen lässt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.7.1990, a.a.O.; Urteil vom 19.2.2004, a.a.O.). Die Auswahl der Mittel zur Realisierung des Planziels ist hingegen - ebenso wie die Lösung von Nutzungskonflikten - typischerweise Aufgabe der im Bebauungsplanverfahren vorzunehmenden planerischen Abwägung (vgl. Senatsurteil vom 24.11.2005 - 8 S 794/05 -, VBlBW 2006, 275 = NVwZ-RR 2006, 522).
20 
Diesen Anforderungen entsprach die von der Antragsgegnerin beschlossene Veränderungssperre, insbesondere bestanden hinreichend konkrete planerische Vorstellungen in dem geforderten Sinn. Nach den im Gemeinderatsprotokoll festgehaltenen gemeindlichen Planungsvorstellungen sollte durch das bisher im unbeplanten Innenbereich liegende Plangebiet, das sich zunächst im Wesentlichen auf das Grundstück des Antragstellers beschränkte, eine städtebaulich geordnete Nutzung des unmittelbaren Ortskerns sichergestellt werden. Geplant war eine Fläche für „Wohnen, Handel, Dienstleistungen“, wobei die Ausweisung eines Mischgebiets nach § 6 BauNVO und eines Gewerbegebiets nach § 8 BauNVO ins Auge gefasst wurde. Damit war die zu sichernde Planung hinreichend konkretisiert. Sie galt einem räumlich bestimmten Gebiet mit einer hinreichend bestimmten Nutzungsart. Insoweit genügt es jedenfalls, dass die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre die in Frage kommenden Baugebietstypen - hier: MI bzw. GE - benennt. Welcher der ins Auge gefassten Gebietstypen letztlich festgesetzt wird, kann und muss zu Beginn des Planungsverfahrens noch nicht feststehen, solange sich - wie bereits erwähnt - das Planziel im Wege bauplanerischer Festsetzungen überhaupt erreichen lässt (vgl. Senatsurteil vom 24.11.2005, a. a. O.). Das Argument des Antragstellers, dass bei nicht feststehender Gebietsart eine Entscheidung nach § 14 Abs. 2 BauGB (Ausnahme von der Veränderungssperre) nicht möglich sei, überzeugt nicht. Anders als im Fall des § 33 BauGB ist für den Erlass einer Veränderungssperre keine Planreife erforderlich. Vorstellungen über die vorgesehene Art der baulichen Nutzung, wie sie die Antragsgegnerin im vorliegenden Fall entwickelt und geäußert hat, genügen für die Entscheidung der Frage, ob der praktisch wichtigste öffentliche Belang, nämlich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung, beeinträchtigt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.2.2004, a.a.O.). § 14 Abs. 2 BauGB schreibt nicht vor, dass die Ausnahmeerteilung ausschließlich am Maßstab des § 33 BauGB zu messen ist; in Frage kommt auch die Erteilung nach § 34 Abs. 1 BauGB oder nach den Festsetzungen eines älteren Bebauungsplans (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 10. Aufl., § 14 Rn. 19).
21 
Entgegen der Meinung des Antragstellers lag auch kein Fall einer sog. Negativplanung, d. h. einer gegen § 1 Abs. 3 BauGB verstoßenden Planung vor, die - mit städtebaulich zu missbilligender Zielsetzung (vgl. zum Begriff: BVerwG, Beschluss vom 18.12.1990 - 4 NB 8.90 -, NVwZ 1991, 875) - sich ohne positives Planungskonzept darin erschöpfte, einzelne Vorhaben auszuschließen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5.2.1990, a.a.O; Beschluss des Senats vom 9.2.1998 - 8 S 2770/97 -, VBlBW 1998, 310; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 14 Rn. 47). Denn die von der Antragsgegnerin beabsichtigte Planung wurde schon zum Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre von einer positiven Konzeption getragen. Ihr eigentliches Ziel war es nicht, das bzw. die Vorhaben des Antragstellers zu verhindern; vielmehr hatte die Antragsgegnerin plausible städtebauliche Gründe für die Überplanung des Grundstücks des Antragstellers angeführt. Die Planungsvorstellungen der Antragsgegnerin waren positiv auf die hinreichend bestimmte Nutzung „Wohnen, Handel, Dienstleistungen“ gerichtet. Diese Planungsvorstellungen wurden auch in der Bekanntmachung vom 16.7.2004 zum Ausdruck gebracht („Mischgebiet und Gewerbegebiet“). Dass nur die Absicht bestanden hätte, ein bestimmtes Vorhaben des Antragstellers zu verhindern, kann daraus nicht abgelesen werden. Zwar kann davon ausgegangen werden, dass die in den diversen Bauanträgen des Antragstellers zum Ausdruck kommenden Bauabsichten für den Erlass der Veränderungssperre eine Rolle spielten. Jedoch ging es der Antragsgegnerin erkennbar lediglich darum, die für den Bahnhofsbereich bestehenden Planungsabsichten nicht von vornherein durch Zwangspunkte bestimmen zu lassen. Dies ist ein für den Erlass einer Veränderungssperre billigenswertes Ziel und stellt für sich genommen keine Negativplanung dar.
22 
Auch die Tatsache, dass sich der Geltungsbereich der Veränderungssperre auf das Grundstück des Antragstellers beschränkt hat, begegnet keinen grundsätzlichen Bedenken. Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass das Vorliegen einer sog. „Individualsperre“ weder von Gesetzes wegen noch sonst rechtlichen Bedenken begegnet (vgl. im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 10.9.1976, a.a.O.). Der Antragsteller hat keine Gründe vorgetragen, die es in seinem Fall gebieten würden, diese Frage erneut einer vertieften Untersuchung zuzuführen oder gar die genannte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Frage zu stellen. Dies gilt umso mehr, als vorliegend der Geltungsbereich des zu sichernden Bebauungsplans und der Geltungsbereich der Veränderungssperre deckungsgleich waren und der Antragsteller daher nicht schwerer als andere Grundstückseigentümer belastet wurde, weil es innerhalb des Planbereichs keine weiteren Grundstückseigentümer gab. Es gibt daher auch keinen Anlass zu der Annahme, die Antragsgegnerin habe ihr Planungsermessen fehlerhaft ausgeübt (vgl. dazu ebenfalls BVerwG, Urteil vom 10.9.1976, a.a.O.).
23 
Dem Erlass der Veränderungssperre stand auch nicht entgegen, dass es sich zum damaligen Zeitpunkt bei dem von der beabsichtigten Planung erfassten Grundstück des Antragstellers um eine Zwecken des Bahnbetriebs dienende Fläche handelte. Zwar kann eine Veränderungssperre nur dann rechtmäßig erlassen werden, wenn die zu sichernde Planung auch realisiert werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.12.1988 - 4 C 48.86 - NVwZ 1989, 655; Beschluss vom 21.12.1993, a.a.O.). Der Realisierung einer gemeindlichen Planung kann der Fachplanungsvorbehalt des § 38 Satz 1 BauGB entgegenstehen, weil dieser Fachplanungsvorbehalt die Planungshoheit der Gemeinde überlagert (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.12.1988, a.a.O.; Senatsurteil vom 23.8.1996 - 8 S 269/96 -, VBlBW 1997, 59). Das bedeutet, dass in Bezug auf eine Zwecken des Bahnbetriebs dienende Fläche eine Bauleitplanung jedenfalls insoweit nicht möglich ist, als diese der Zweckbestimmung der Anlage widerspricht. Dagegen ist eine Planung zulässig, die inhaltlich der bestehenden Zweckbestimmung nicht zuwiderläuft. Steht mit hinreichender Sicherheit die Aufhebung der bahnrechtlichen Zweckbestimmung bevor, kann die Gemeinde die Bauleitplanung einleiten und von den zu deren Sicherung gegebenen Instrumenten der Veränderungssperre und der Zurückstellung von Baugesuchen Gebrauch machen (vgl. Senatsurteil vom 23.8.1996, a.a.O.).
24 
Im vorliegenden Fall waren die Planung und damit auch deren Sicherung durch die erlassene Veränderungssperre zulässig, weil die Aufhebung der bahnrechtlichen Zweckbestimmung mit hinreichender Sicherheit bevorstand. Dies wird bereits dadurch belegt, dass die Bahn das fragliche Gelände an den Antragsteller veräußert hat. In dem notariellen Kaufvertrag vom 28.9.2004 hat sich die Bahn zwar einzelne bahnbetriebsbedingte Nutzungsmöglichkeiten vorbehalten (vgl. § 12 Nr. 4 Nutzungsvorbehalte hinsichtlich einzelner Betriebsanlagen und Einrichtungen im Bahnhofsgebäude und im Keller der Güterhalle - Kabel und Energieanlage -; § 12 Nr. 6 Verpflichtung des Antragstellers, einen Zuweg zu schaffen - Zugänglichkeit des Bahnsteigs für Bahnkunden -; § 13 Einfriedigung des Grundstücks gegenüber dem Betriebsgelände; § 14 Nr. 2 Zutrittsrecht für Bahnbedienstete aus Gründen der Sicherheit). Jedoch wurde der Antragsteller gleichzeitig ermächtigt, Abriss- und Bauanträge jeder Art zu stellen und Baugenehmigungsverfahren durchzuführen (§ 5 Nr. 4). Außerdem war seitens der Gemeinde zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses eine bauliche Nutzung geplant, die mit diesen Nutzungsvorbehalten der Bahn nicht zwingend kollidieren musste („Wohnen, Handel, Dienstleistungen“, „Mischgebiet und Gewerbegebiet“). Da für die Frage der Realisierbarkeit der beabsichtigten Nutzung auf den Zeitpunkt des Aufstellungsbeschlusses und des Erlasses der Veränderungssperre abzustellen ist, ist es unerheblich, dass die Nutzungsmöglichkeiten der Bahn jedenfalls mit der nunmehr beschlossenen Planung insoweit kollidieren dürften, als die Straße über den jetzigen Standort des Bahnhofs und der Güterhalle geführt werden soll. Zudem hat die Bahn zwischenzeitlich das Gelände mit Wirkung vom 26.9.2006 förmlich nach § 23 AEG freigegeben. Nicht zuletzt deshalb braucht auch nicht der vom Antragsteller weiter aufgeworfenen Frage nachgegangen zu werden, ob die Änderung von Bahnbetriebsanlagen (Unterführung) durch Bebauungsplan möglich ist oder nicht. Darüber hinaus betrifft die Änderung allenfalls einzelne Aspekte des jetzt beschlossenen Bebauungsplans, lässt aber die ursprünglich zu sichernde Plankonzeption - insbesondere soweit diese das Grundstück des Antragstellers betraf - unberührt.
25 
Wegen des genannten maßgeblichen Zeitpunkts ist es auch unerheblich, dass sich der Antragsteller mit der nunmehr planerisch vorgesehenen Nutzung eines Teils seines Grundstücks als Straße nicht einverstanden erklärt hat. Denn die letztlich beschlossene Straßenführung entsprach nicht den ursprünglichen Planungsabsichten der Antragsgegnerin. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass ein Bebauungsplan auch dann umgesetzt werden kann, wenn ein betroffener Eigentümer sich weigert, den Festsetzungen nachzukommen. Wie u. a. aus § 85 Abs. 1 Nr. 1 und aus § 176 Abs. 1 Nr. 2 BauGB zu ersehen ist, gibt der Gesetzgeber der Gemeinde Instrumente an die Hand, die es ihr ermöglichen, ihre Planungsziele gegebenenfalls auch gegen den Willen des Eigentümers durchzusetzen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.8.2000, a.a.O.).
26 
Die Veränderungssperre war auch nicht deshalb unwirksam (geworden), weil sich die Planungsabsichten der Antragsgegnerin während des Verfahrens geändert haben. Zwar bestimmt § 17 Abs. 4 BauGB sowohl in der zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 29.6.2004 geltenden Fassung wie auch in der seit 20.7.2004 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 23.9.2004 (BGBl. I S. 2414), dass die Veränderungssperre bereits vor Ablauf ihrer Geltungsdauer ganz oder teilweise außer Kraft zu setzen ist, sobald die Voraussetzungen für ihren Erlass weggefallen sind. Selbst wenn man also davon ausgeht, dass die geänderten Planungsabsichten Einfluss auf die Gültigkeitsvoraussetzungen der Veränderungssperre hätten, ergäbe sich daraus lediglich die Verpflichtung der Gemeinde, die Veränderungssperre außer Kraft zu setzen. Dagegen zeigt die gesetzliche Regelung, dass die W i r k s a m k e i t der Veränderungssperre auch in einem solchen Fall unberührt bliebe. Das bedeutet aber, dass die Gültigkeit einer Veränderungssperre nicht davon berührt wird, dass sich die Planungsabsichten der Gemeinde im Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans ändern (ebenso der 5. Senat des erkennenden Gerichtshofs, Beschluss vom 26.9.1988 - 5 S 2131/88 -, ZfBR 1989, 172; OVG Berlin, Urteil vom 2.12.1988, NVwZ-RR 1990, 124; a. A. wohl OVG Lüneburg, Beschluss vom 15.10.1999, NVwZ 2000, 1061). Im Übrigen besteht auch kein Anlass zu der Annahme, dass sich die im Laufe des Planungsverfahrens eingetretenen Änderungen in den konkreten Auswirkungen für das Grundstück des Antragstellers als Ausdruck einer von der ursprünglichen Planung vollkommen abweichenden neuen Plankonzeption dargestellt hätten, bei der die Frage nach der Zulässigkeit einer begleitenden Sicherung durch die angegriffene Veränderungssperre vollkommen neu geprüft und bewertet hätte werden müssen.
27 
Schließlich bestehen auch gegen die wiederholte Verlängerung der Veränderungssperre keine durchgreifenden Bedenken. Es kann insbesondere nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Planungsabsichten der Antragsgegnerin in einem solchen Ausmaß geändert hätten, dass eine Verlängerung der Veränderungssperre nicht mehr in Frage kommen konnte, sondern ein Beschluss über den Erlass einer neuen, nach anderen Maßstäben zu beurteilenden Veränderungssperre hätte herbeigeführt werden müssen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Veränderungssperre lediglich auf das Grundstück des Antragstellers bezog und dass es sich insoweit bei den Änderungen in Wahrheit um die Konkretisierung der Planung innerhalb desselben Verfahrens handelte. Die Planungsabsichten hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung wurden insoweit geändert, als letztlich statt eines Misch- und Gewerbegebiets ein Kerngebiet festgesetzt wurde, was aber ebenfalls noch innerhalb des allgemeinen Planungsziels „Wohnen, Handel, Dienstleistungen“ lag. Über den Verlauf der Straße gab es ursprünglich keine Planungsabsichten, so dass streng genommen auch nicht von einer Änderung gesprochen werden kann. Von einer völlig neuen Plankonzeption, deren Realisierung die Frage nach der Erforderlichkeit einer Veränderungssperre neu aufgeworfen hätte (vgl. § 17 Abs. 3 BauGB), konnte jedenfalls nicht die Rede sein.
28 
Die erste Verlängerung der Veränderungssperre durch Beschluss vom 22.6.2006, öffentlich bekanntgemacht in den „Blausteiner Nachrichten“ am 7.7.2006, und die zweite Verlängerung durch Beschluss vom 19.6.2007, öffentlich bekanntgemacht am 29.6.2007, um jeweils ein weiteres Jahr sind ebenso wenig zu beanstanden. Die erste Verlängerung setzte lediglich voraus, dass die Planung noch nicht abgeschlossen war und die Sicherungsbedürftigkeit weiterhin bestand (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 3 BauGB). Dies war der Fall. Die zweite Verlängerung war dagegen nur zulässig, wenn „besondere Umstände“ es erforderten (vgl. § 17 Abs. 2 BauGB). Besondere Umstände liegen vor, wenn ein Planverfahren durch eine „Ungewöhnlichkeit“ gekennzeichnet wird, sei es wegen der Besonderheiten des Umfanges, des Schwierigkeitsgrades oder des Verfahrensablaufes. Weiterhin ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der „Ungewöhnlichkeit“ des Falls und der für die Aufstellung des Planes mehr als üblichen Zeit erforderlich. Die besonderen Umstände und die Ursachen der Verzögerung dürfen darüber hinaus nicht in einem der Gemeinde vorwerfbaren Fehlverhalten begründet sein (wie z. B. Überforderung der mit der Planung beschäftigten Dienstkräfte oder ein sich als zu umfangreich erweisender Zuschnitt des Plangebietes, vgl. BVerwG, Urteil vom 10.9.1976, a.a.O.). Die Antragsgegnerin sieht die Besonderheit des Verfahrens einerseits in der Größe des Plangebiets und andererseits in der Komplexität des Vorganges an der Schnittstelle zwischen kommunaler Bauleitplanung und Eisenbahnfachplanungsrecht; die Freistellung sei erst am 23.8.2006 erteilt worden, wodurch sich das Verfahren verzögert habe; Grunderwerbsverhandlungen mit der Bahn könnten voraussichtlich erst in den nächsten Wochen zu Ende geführt werden. Diese Angaben rechtfertigen die erneute Verlängerung. Auch der Antragsteller hat dagegen keine substantiierten Einwendungen erhoben.
29 
Die beantragte Feststellung kann daher nicht ausgesprochen werden, weshalb der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen ist.
30 
Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
31 
Beschluss
32 
Der Streitwert des Verfahrens wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-EUR festgesetzt.
33 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Satzung über die Veränderungssperre für den Bereich des Bebauungsplans „Windenergieanlagen Lenthalde“ der Gemeinde R. vom 25.3.2004.
Der Bereich „Lenthalde“ wird in der am 19.1.1999 genehmigten 6. Fortschreibung des Flächennutzungsplans für den Verwaltungsraum Bad U./Gemeinde R. als Standort für maximal drei Windenergieanlagen dargestellt. Der Bereich befindet sich innerhalb des Flugbeschränkungsgebiets ED-R 130 für den Truppenübungsplatz Münsingen, der eine Bauhöhenbeschränkung festlegt (Gesamthöhe 100 m, Nabenhöhe 74 m). Nachdem der Truppenübungsplatz inzwischen aufgegeben wurde, soll auch das Flugbeschränkungsgebiet und die daraus folgende Bauhöhenbeschränkung bis spätestens März 2006 aufgehoben werden, wie die Wehrbereichsverwaltung Süd dem Senat im Schreiben vom 18.10.2005 mitgeteilt hat.
Der bestehende Regionalplan Neckar-Alb 1993 befindet sich hinsichtlich der Festlegung von Vorrang- und Ausschlussgebieten für Standorte regionalbedeutsamer Windenergieanlagen im Verfahren der Fortschreibung. Im Beschlussvorschlag des Planungsausschusses des Regionalverbands zur Fortschreibung vom 2.3.2004 (RV-Drucks. Nr. VI-74) heißt es unter anderem, dass die in den Flächennutzungsplänen genehmigten Standorte und Ausschlussbereiche für die Gesamtplanung übernommen werden sollen, um eine doppelte Prüfung bereits untersuchter Flächen zu vermeiden (unter http://www.regionalverband-neckar-alb.de/drucksachen/rv-ds_6-74.htm ). Dementsprechend enthält auch der am 6.12.2005 von der Verbandsversammlung zu beschließende Anhörungsentwurf für eine Fortschreibung den Bereich „Lenthalde“ als Standort für Windenergieanlagen (ohne Bauhöhenbeschränkung).
Mit Schreiben vom 20.2.2004 beantragte die Antragstellerin eine Baugenehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage mit einer Nabenhöhe von 114,09 m (Gesamthöhe ca. 150 m) auf Flst.Nr. 4597 der Gemarkung der Gemeinde R. auf der im Flächennutzungsplan als Standort für Windenergieanlagen dargestellten Fläche am Standort „Lenthalde“ mit der Auflage, dass das Vorhaben erst errichtet werden darf, wenn die militärische Bauhöhenbeschränkung aufgehoben ist. Die Antragstellerin hat sich die für die Errichtung benötigte Fläche durch einen Nutzungsvertrag mit den Eigentümern privatrechtlich gesichert. Für denselben Standort hatte die Antragstellerin auf ihren Antrag vom 7.12.2001 die Baugenehmigung zur Errichtung von drei Windkraftanlagen mit einer Nabenhöhe von 50 m und einer Gesamthöhe von 74 m erhalten; dieses Vorhaben will die Antragstellerin nicht mehr weiter verfolgen. Das Regierungspräsidium Tübingen verweigerte mit Schreiben vom 19.4.2004 an die Baurechtsbehörde (Landratsamt Reutlingen) die gemäß § 14 Abs. 1 LuftVG erforderliche Zustimmung zu dem nunmehr beabsichtigten Vorhaben aus „militärischen Flugsicherungsgründen“.
Am 25.3.2004 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin die Aufstellung des Bebauungsplans „Windenergieanlagen Lenthalde“. In der Sitzungsniederschrift wird ausgeführt, dass in der 6. Fortschreibung des Flächennutzungsplans, welche den Standort „Lenthalde“ für Windkraftanlagen ausweise, keine Höhenbegrenzung festgelegt worden sei; denn „im Gremium“ sei damals bekannt gewesen, „dass aufgrund des Flugbetriebs eine Höhenbegrenzung galt, die nicht explizit durch einen Bebauungsplan festgelegt werden musste“. Weiter heißt es in der Sitzungsniederschrift:
„Nachdem der Gemeinde nun bekannt ist, dass die Höhenbegrenzung der Windkraftanlage nach Wegfall des militärischen Flugbetriebes aufgehoben wird, sieht sich die Gemeindeverwaltung dazu veranlasst, eine bereits bei der Änderung des Flächennutzungsplanes gewollte Höhenbegrenzung festzuschreiben, die bisher mit als Voraussetzung für den Standort „Lenthalde“ maßgebend war. Zudem will man auch das Gebiet für Windkraftanlagen genau abgrenzen. Die Gemeindeverwaltung hält nach wie vor an dem Windkraftstandort „Lenthalde“ wie im Flächennutzungsplan ausgewiesen fest, allerdings mit der Maßgabe, einen Bebauungsplan aufzustellen, in dem die bisher geltende Höhenbegrenzung von derzeit 74 m, die durch den militärischen Flugbetrieb vorgegeben war, im Bebauungsplan festgeschrieben wird, da ansonsten nachteilige Auswirkungen auf den betroffenen Landschaftsraum zu erwarten sind. Dieser Eingriff muss im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens noch gesondert überprüft, bewertet und nachgewiesen werden. Ebenso muss noch nachgewiesen werden, dass durch die Höhenbegrenzung die Umsetzung des Flächennutzungsplanes nicht unmöglich gemacht wird, indem der Betrieb der Anlage dadurch unwirtschaftlich wird.“
In derselben Sitzung am 25.3.2004 beschloss der Gemeinderat sodann eine Veränderungssperre zur Sicherung der Planung im künftigen Geltungsbereich des Bebauungsplans „Windenergieanlagen Lenthalde“. Im Amtsblatt der Gemeinde R. vom 1.4.2004 wurde auf Seite 5 sowohl der Satzungsbeschluss über die Veränderungssperre als auch der Beschluss zur Aufstellung des Bebauungsplans öffentlich bekannt gemacht; dabei wurde der Aufstellungsbeschluss in der Reihenfolge nach dem Beschluss über die Veränderungssperre abgedruckt.
Nach dem aktuellen Entwurf des Bebauungsplans „Windenergieanlagen Lenthalde“ zur Anhörung der Träger öffentlicher Belange vom 12.8.2005 soll der Bereich „Lenthalde“ als Sondergebiet für maximal zwei Windenergieanlagen mit einer Anlagenhöhe von 101 m über natürlichem Gelände ohne genaue Festlegung des Standorts der Anlagen ausgewiesen werden.
Am 9.8.2004 hat die Antragstellerin im Wege der Untätigkeitsklage die Verpflichtung der Baurechtsbehörde zur Erteilung der beantragten Baugenehmigung beantragt (Verwaltungsgericht Sigmaringen, Az.: 7 K 1570/04). Mit Beschluss vom 20.4.2005 hat der Senat den Antrag der Antragstellerin auf vorläufige Außervollzugsetzung der Veränderungssperre im Wege der einstweiligen Anordnung abgelehnt (- 8 S 680/05 -). Am 13.4.2005 hat die Antragstellerin das Normenkontrollverfahren mit dem Antrag eingeleitet,
10 
die Satzung der Gemeinde R. über die Veränderungssperre für den Bereich des Bebauungsplans „Windenergieanlagen Lenthalde“ vom 25.3.2004 für unwirksam zu erklären.
11 
Sie trägt vor: Die Aufhebung der militärischen Bauhöhenbeschränkung stehe unmittelbar bevor, so dass keine Zweifel am Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses bestünden. Die Veränderungssperre sei ohne einen wirksamen Aufstellungsbeschluss erlassen worden. Denn innerhalb des Amtsblatts der Antragsgegnerin sei die Bekanntmachung der Veränderungssperre vor der Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses erfolgt, so dass der Aufstellungsbeschluss erst „eine juristische Sekunde“ nach Bekanntmachung der Veränderungssperre wirksam geworden sei. Zum Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre hätten keine hinreichend konkretisierten positiven Planvorstellungen bestanden. Es handle sich um eine reine Verhinderungsplanung. Für die beabsichtigte Höhenbegrenzung seien keine städtebaulichen Gründe genannt worden; vielmehr gehe es allein darum, die militärische Begrenzung der Höhe baulicher Anlagen auf 74 m auch für die Zukunft festzuschreiben. Auch die im Bebauungsplanverfahren erstellte Sichtbarkeitsanalyse zeige, dass es nicht um den Schutz der Landschaft, sondern nur darum gehe, die Aussicht auf eine unbebaute Landschaft zu erhalten, was für sich genommen keinen schutzwürdigen städtebaulichen Belang darstelle. Der Gemeinderat habe auch nicht erkennen lassen, mit welchen Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung die Standorte für Windenergieanlagen ausgewiesen werden sollten. Insoweit bestünden mehrere Möglichkeiten. So könnten neben einem Sondergebiet für Windenergieanlagen auch weitere Nutzungsarten oder „sich überlagernde Baugebietsausweisungen“ vorgesehen werden; zudem könnten Standorte für Windenergieanlagen als Versorgungsflächen nach § 9 Abs. 1 Nr. 12 BauGB neben anderen Baugebietstypen festgesetzt werden. Die Veränderungssperre sei schließlich auch deshalb unwirksam, weil der in Aufstellung befindliche Bebauungsplan gegen das Entwicklungsgebot verstoßen werde. Dieses Gebot werde unter anderem dann verletzt, wenn der Bebauungsplan aus einem unwirksamen Flächennutzungsplan abgeleitet werde. So liege es hier, weil die 6. Fortschreibung des Flächennutzungsplans abwägungsfehlerhaft sei. Im Flächennutzungsplan werde der Standort „Lenthalde“ als Konzentrationsfläche dargestellt, die nach dem planerischen Willen der Antragsgegnerin die Errichtung von Windenergieanlagen im übrigen Gemeindegebiet ausschließen solle. Dieser Darstellung liege jedoch keine flächendeckende Untersuchung aller hierfür geeigneten Standorte im Gemeindegebiet zugrunde. Die Untersuchung sei stattdessen von vornherein auf acht Standorte begrenzt worden, die nach einer Veröffentlichung des Regionalverbandes Neckar-Alb besonders günstige Voraussetzungen haben sollten. Rechtfertigende Gründe für diese vorab erfolgte Aussonderung der übrigen geeigneten Flächen fehlten. Nach Aussonderung von weiteren fünf Flächen seien neben dem Standort „Lenthalde“ noch die Gebiete „Aelbe“ und „Beuren“ übrig geblieben. Diese seien schließlich von einer Darstellung als Standorte für Windenergieanlagen mit Blick auf die in der Verwaltungsvorschrift Windkraftanlagen des Wirtschafts- und des Umweltministeriums vorgesehene Einhaltung eines Abstands von 200 m zu Biotopen bzw. sonstigen Schutzzonen ausgenommen worden. Dabei sei die Abstandsregelung jedoch zu Unrecht als strikte Vorgabe gehandhabt worden, obwohl die Verwaltungsvorschrift selbst die Errichtung von Windenergieanlagen in der Abstandszone zulasse, wenn konkret keine negativen Auswirkungen drohten oder durch Ausgleichsmaßnahmen ein gleichartiges Biotop geschaffen werde. Die beiden Standorte seien außerdem wegen ihrer Nähe zu Brutplätzen von Vögeln ausgeschlossen worden. Die oben genannte Verwaltungsvorschrift nenne als Ausschlusskriterium indes nur die Nähe zu Brutplätzen besonders geschützter Tierarten. Ob es sich bei den Brutplätzen in der Nähe der beiden ausgeschiedenen Standorte um solche besonders geschützter Vogelarten handle, sei bei Verabschiedung des Flächennutzungsplans nicht untersucht worden. Mithin sei die 6. Fortschreibung des Flächennutzungsplans jedenfalls hinsichtlich der Darstellungen zur Windenergienutzung teilweise unwirksam. Aus ihr könne der Bebauungsplan „Windenergieanlagen Lenthalde“ daher nicht entwickelt werden. In der mündlichen Verhandlung hat die Antragstellerin ergänzend vorgebracht, im Zeitpunkt des Beschlusses über die Veränderungssperre sei offenkundig gewesen, dass die Darstellungen des Flächennutzungsplans zur Windenergienutzung, die auf einer Eignungsuntersuchung im Jahre 1996 beruhten, jedenfalls unwirksam geworden seien. Die Standortplanung zu Windkraftanlagen müsse im Abstand von wenigen Jahren überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden. Denn wegen des ständigen Rückgangs der Fördermittel müssten die potentiellen Standorte immer windhöffiger und die Bauhöhe der Anlagen immer mehr gesteigert werden, um die Windenergie noch wirtschaftlich nutzen zu können. Außerdem änderten sich auch die meteorologischen Verhältnisse laufend. Der Flächennutzungsplan beruhe daher auf überholten Annahmen.
12 
Die Antragsgegnerin beantragt,
13 
den Antrag abzuweisen.
14 
Sie trägt vor: Die Antragstellerin könne eine Antragsbefugnis nur aus dem Nutzungsvertrag mit den Eigentümern und ihrem Baugenehmigungsantrag herleiten. Solange die militärische Bauhöhenbeschränkung bestehe, handle es sich insoweit jedoch allenfalls um eine rechtliche Chance, die geplante Anlage im Verhältnis zum Verpächter errichten zu können. Eine Unwirksamkeitserklärung der Veränderungssperre ändere daran nichts. Daher fehle es an der Antragsbefugnis. Der Veränderungssperre liege im Übrigen ein wirksamer Aufstellungsbeschluss zugrunde. In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg sei geklärt, dass die Beschlüsse über die Aufstellung des Bebauungsplans und über die Veränderungssperre gleichzeitig ortsüblich bekannt gemacht werden könnten. Dann könne es aber nicht darauf ankommen, in welcher Reihenfolge der Leser von den Beschlüssen Kenntnis nehme, sondern allein darauf, dass die ortsübliche Bekanntmachung einheitlich mit demselben Amtsblatt am selben Tag erfolgt sei. Die Veränderungssperre sei auch auf eine hinreichend konkretisierte Planung gestützt. Nach dem Aufstellungsbeschluss des Gemeinderats der Antragsgegnerin stehe fest, dass der künftige Bebauungsplan nach der Art der baulichen Nutzung einen Standort für Windenergieanlagen ausweisen werde. Auch liege keine unzulässige Negativplanung vor. Zwar sei Anlass der Planung der absehbare Wegfall der militärischen Höhenbegrenzung von 74 m. Ob diese Höhenbegrenzung schließlich bauplanerisch festgesetzt werde, sei zum Zeitpunkt des Beschlusses über die Veränderungssperre jedoch offen gewesen. Aus der Niederschrift zum Aufstellungsbeschluss werde deutlich, dass es darum gehe, den Bebauungsplan auf der Grundlage vorangegangener Untersuchungen so auszugestalten, dass eine sowohl landschaftsverträgliche als auch wirtschaftliche Nutzung der Windenergie am Standort „Lenthalde“ ermöglicht werde. Diese Gesichtspunkte seien überdies städtebaulicher Natur. Im Normenkontrollverfahren über eine Veränderungssperre könne es nicht auf die Frage der Wirksamkeit des Flächennutzungsplan ankommen, aus dem der künftige Bebauungsplan zu entwickeln sei. Eine Veränderungssperre sei als Sicherungsmittel erst dann ungeeignet, wenn sich das aus dem Aufstellungsbeschluss ersichtliche Planungsziel im Wege planerischer Festsetzungen nicht erreichen lasse. Hier könnten Mängel des Flächennutzungsplans jedoch gegebenenfalls im Parallelverfahren bis zum Satzungsbeschluss behoben werden. Im übrigen bestünden an der grundsätzlichen Eignung des Standorts „Lenthalde“ ohnehin keine Zweifel, so dass der Erlass des Bebauungsplans „Windenergieanlagen Lenthalde“ die geordnete städtebauliche Entwicklung nicht beeinträchtigen werde. Dementsprechend solle dieser Standort auch nach dem bisherigen Stand des Verfahrens zur Fortschreibung des Regionalplans Neckar-Alb als Vorranggebiet für Windenergieanlagen festgelegt werden. Abgesehen davon beruhten die Aussagen des Flächennutzungsplans zur Nutzung der Windenergie auf dem Gebiet der Beklagten auf flächendeckenden Untersuchungen des Regionalverbands zur Standorteignung und auf einer ordnungsgemäßen planerischen Abwägung.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die dem Senat vorliegenden Akten zur Veränderungssperre, die Baugenehmigungsakten sowie die Akten zur Aufstellung des Bebauungsplans „Windenergieanlagen Lenthalde“ verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
16 
I. Der Normenkontrollantrag ist statthaft und zulässig.
17 
Die Antragstellerin ist als Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach § 61 Nr. 2 VwGO beteiligungsfähig. Das folgt jedenfalls aus ihrer in § 42 Abs. 7 Satz 1 LBO verankerten Bauherrenfähigkeit; danach war sie grundsätzlich berechtigt, einen Baugenehmigungsantrag zu stellen, dessen Erfolg jedenfalls auch davon abhängt, ob die angegriffene Veränderungssperre wirksam ist oder nicht (vgl. Senatsbeschluss vom 22.12.1992 - 8 S 2794/92 - , VBlBW 1993, 177; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16.6.2005 - 2 K 278/02 - m.w.N.; für eine allgemeine, von der Zuweisung einzelner Rechte unabhängige Beteiligungsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts BGH, Urteil vom 29.1.2001 - II ZR 331/00 - , NJW 2001, 1056). Die Antragstellerin ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt, weil sie den Antrag auf baurechtliche Genehmigung der geplanten Windkraftanlage auf der Grundlage einer Vereinbarung mit den Grundeigentümern gestellt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.2.2004 - 4 CN 13.03 - , NVwZ 2004, 984). Die Antragsbefugnis ist auch nicht deshalb entfallen, weil Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 m seit 1.7.2005 nicht mehr einer baurechtlichen, sondern einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen (Nr. 1.6 Spalte 2 der Anlage zur 4. BImSchV). Denn nach der Übergangsregelung des § 67 Abs. 9 Satz 3 BImSchG gilt dies nicht für Verfahren auf Erteilung einer Baugenehmigung für Windkraftanlagen, die - wie hier - vor dem 1.7.2005 rechtshängig geworden sind (Verfahren 7 K 1570/04, VG Sigmaringen). Davon abgesehen setzt die Antragsbefugnis nicht voraus, dass die Zulassung des Vorhabens bereits förmlich beantragt wurde. Vielmehr genügt die ernsthafte Absicht, das Vorhaben in dem von der Veränderungssperre betroffenen Gebiet zu realisieren (vgl. VGH Baden-Württ., Urteil vom 9.6.2005 - 3 S 1545/04 - ). Daran besteht hier kein Zweifel. Schließlich ist das Rechtsschutzbedürfnis gegeben. Die beantragte Unwirksamkeitserklärung der Veränderungssperre ist für die Antragstellerin nicht nutzlos, weil die ihrem Vorhaben entgegenstehende militärische Bauhöhenbeschränkung demnächst aufgehoben wird.
18 
II. Der Normenkontrollantrag ist jedoch nicht begründet. Die Veränderungssperre ist rechtmäßig.
19 
1. Der öffentlichen Bekanntmachung der Veränderungssperre liegt ein wirksamer Beschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplans zugrunde (vgl. zu diesem Erfordernis Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 8. Aufl., § 14 Rn. 6 m.w.N.).
20 
In der Rechtsprechung ist geklärt, dass der Aufstellungsbeschluss und die Veränderungssperre gleichzeitig öffentlich bekannt gemacht werden können (vgl. Beschluss des Senats vom 9.2.1998 - 8 S 2770/97 -, VBlBW 1998, 310; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.8.1990 - 3 S 1139/90 -; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 9.2.1989 - 4 B 236.88 -, BRS 49, Nr. 21). Das ist hier geschehen. Sowohl der Aufstellungsbeschluss als auch die Veränderungssperre sind in derselben Ausgabe des Amtsblatts der Antragsgegnerin vom 1.4.2004 gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 DVO GemO „eingerückt“ und damit am selben Tag öffentlich bekannt gemacht worden. Die Reihenfolge der Abdrucke im Amtsblatt ist für den Zeitpunkt der öffentlichen Bekanntmachungen ohne Bedeutung, weil es für deren Wirksamkeit nicht darauf ankommt, ob und wann sie von Betroffenen gelesen werden, sondern allein auf die Tatsache des „Einrückens“ in das Amtsblatt selbst (vgl. BVerwG, Urteil vom 7.12.2000 - 4 A 22.00 - Juris).
21 
2. Die Veränderungssperre ist von einer hinreichend konkreten positiven Planungskonzeption getragen.
22 
Eine Veränderungssperre darf erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre eine bestimmte Art der baulichen Nutzung im betroffenen Gebiet ins Auge gefasst hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.2.2004 a.a.O., m.w.N.; Beschluss vom 25.11.2003 - 4 BN 60.03 -, NVwZ 2004, 477). Dieses Planziel muss auf eine positive städtebauliche Gestaltung gerichtet sein; eine Negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht nicht aus (vgl. BVerwG, Beschl. vom 5.2.1990 - 4 B 191.89 - , NVwZ 1990, 558 = PBauE § 15 BauGB Nr. 1; Beschl. des Senats vom 9.2.1998, a.a.O.; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 1, § 14 Rn 47). Danach ist die Veränderungssperre hier nicht zu beanstanden.
23 
a) Bei Erlass der Veränderungssperre bestanden hinreichend konkrete planerische Vorstellungen.
24 
Der Beschluss des Gemeinderates der Antragsgegnerin vom 25.3.2004 hat zum Inhalt, dass für den Bereich „Lenthalde“ ein Bebauungsplan zur Errichtung von Windenergieanlagen aufgestellt werden soll. In der Begründung des Aufstellungsbeschlusses wird weiter ausgeführt, dass es darum geht, die Darstellung des Bereichs „Lenthalde“ im Flächennutzungsplan als Standort für Windkraftanlagen hinsichtlich der Bauhöhe und der räumlichen Lage weiter zu entwickeln. Nach dem - parzellenscharfen - Lageplan, der dem Aufstellungsbeschluss zugrunde liegt, soll der Geltungsbereich des künftigen Bebauungsplans kleinräumig auf lediglich sieben Grundstücke begrenzt werden. Damit ist die zu sichernde Planung hinreichend konkretisiert. Sie gilt einem bestimmten Baugebiet mit einer eindeutig bestimmten Nutzungsart. Ob und wenn ja welche anderen Nutzungen im Plangebiet zulässig sein sollen, bedurfte entgegen der Auffassung der Antragstellerin keiner Festlegung. Denn Planziel ist allein die Vorhaltung des Bereichs „Lenthalde“ zur Errichtung von Windenergieanlagen, nicht die Sicherung oder der Ausschluss sonstiger Nutzungen. Auch angesichts der geringen Größe des Plangebiets steht die Frage der Regelung sonstiger Nutzungsmöglichkeiten nicht gleichrangig neben dem Ziel, es als Standort für Windenergieanlagen vorzusehen (vgl. demgegenüber BVerwG, Urteil vom 19.2.2004, a.a.O., bei einer Veränderungssperre für große Teile des Gemeindegebiets). Die anderweitige Nutzung des künftigen Plangebiets ist daher allenfalls insoweit von planerischer Relevanz, als es um die Lösung von durch Windenergieanlagen möglicherweise ausgelöste Nutzungskonflikte geht. Der Erlass einer Veränderungssperre kann jedoch nicht davon abhängig gemacht werden, dass bereits Aussagen zur Lösung von Nutzungskonflikten infolge der Realisierung des Planziels getroffen werden, weil dies typischerweise erst im weiteren Verlauf des Aufstellungsverfahrens im Rahmen einer umfassenden Abwägung unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung möglich ist.
25 
Die Antragstellerin meint ferner, bereits bei Erlass der Veränderungssperre hätte feststehen müssen, ob die Ausweisung des Gebiets „Lenthalde“ als Windkraftstandort durch Festsetzung eines entsprechenden Sondergebiets nach § 11 Abs. 2 BauNVO oder einer Fläche nach § 9 Abs. 1 Nr. 12 BauGB erfolgen soll. Das trifft nicht zu. Es reicht aus, wenn bei Erlass der Veränderungssperre absehbar ist, dass sich das Planziel im Wege bauplanerischer Festsetzungen überhaupt erreichen lässt (vgl. BVerwG, Beschl. vom 27.7.1990 - 4 B 156.89 - Buchholz 406.11 § 17 BauGB Nr. 4), was hier zweifellos der Fall ist. Die Auswahl der Mittel zur Realisierung des Planziels ist hingegen - ebenso wie die Lösung von Nutzungskonflikten - typischerweise Aufgabe der im Aufstellungsverfahren vorzunehmenden planerischen Abwägung.
26 
b) Die beabsichtigte Planung ist auch von einer positiven Konzeption getragen.
27 
Ihr eigentliches Ziel ist nicht, das Vorhaben der Antragstellerin zu verhindern; vielmehr hat die Antragsgegnerin plausible städtebauliche Gründe für eine weitere Konkretisierung der im Flächennutzungsplan bereits erfolgten Darstellung des Bereichs „Lenthalde“ als Windkraftstandort angeführt. Insbesondere geht es nicht um eine bloße Übernahme der demnächst wegfallenden militärischen Bauhöhenbeschränkung ohne eigene städtebauliche Überlegungen. Zwar wird ausweislich der Sitzungsniederschrift eine entsprechende Höhenbegrenzung angestrebt. Dies soll jedoch zum einen zum Schutz des Landschaftsraums erfolgen, also aufgrund einer städtebaulichen Erwägung. Zum anderen wird die künftige Höhenbegrenzung ausdrücklich unter den Vorbehalt gestellt, dass sie eine wirtschaftliche Nutzung der Windenergie zulässt. Zu diesem Zweck sollen im Planverfahren die Auswirkungen der Anlagenhöhe auf den Landschaftsraum und die Wirtschaftlichkeit der Windenergienutzung am Standort „Lenthalde“ untersucht und bewertet und der Konflikt zwischen Landschaftsverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit der Windenergienutzung einem planerischen Ausgleich zugeführt werden. Die Planung ist damit auf eine positive städtebauliche Gestaltung gerichtet. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesichtspunkt des Schutzes des Landschaftsraums nur vorgeschoben ist. Dass dieser Aspekt bei der Beschlussfassung über die Aufstellung eines Bebauungsplans und den Erlass einer Veränderungssperre nicht näher konkretisiert wurde, stellt hierfür kein Indiz dar. Denn die konkrete Untersuchung und Bewertung der Auswirkungen von Windenergieanlagen bestimmter Höhe auf den Landschaftsraum hat die Antragsgegnerin - zu Recht - dem Aufstellungsverfahren vorbehalten. Im Übrigen dürfte dem Gemeinderat bereits bei Erlass der Veränderungssperre eine „Grobeinschätzung“ möglich gewesen sein. Im Erläuterungsbericht zur 6. Fortschreibung des Flächennutzungsplans wird die Notwendigkeit, die Errichtung von Windenergieanlagen auf dem Gemeindegebiet zu steuern, unter anderem damit begründet, dass die Gemeinde R. als eines ihrer wichtigsten Ziele die Stärkung und Weiterentwicklung des Fremdenverkehrs ansehe, wofür wesentliche Voraussetzung der Erhalt der vorhandenen Landschaft mit herausragenden ästhetischen Reizen und einer nur sehr geringen Vorbelastung durch technische Bauwerke sei. Da es sich bei der Antragsgegnerin um eine kleine Gemeinde handelt, kann angenommen werden, dass den Gemeinderäten diese Konfliktsituation bei der Beschlussfassung bekannt war. Auch die im Bebauungsplanverfahren inzwischen vorgenommene „Sichtbarkeitsanalyse“ in Gestalt eines Vergleichs fiktiver Ansichten von Windenergieanlagen mit Höhen von jeweils 100 m und 150 m bestätigt nicht die Einschätzung der Antragstellerin, es bestehe offensichtlich keine Notwendigkeit, den Landschaftsraum durch eine Höhenbegrenzung zu schützen.
28 
3. Die Sicherung des Planziels durch Veränderungssperre ist auch sonst gerechtfertigt.
29 
Die Veränderungssperre soll die Erarbeitung eines tragfähigen Plankonzepts ermöglichen. Das schließt eine „antizipierte Normenkontrolle“ des zu erstellenden Bebauungsplans aus. Eine Veränderungssperre ist nur dann als Sicherungsmittel nicht mehr gerechtfertigt, wenn die aus dem Aufstellungsbeschluss ersichtliche Planung offensichtlich unheilbar rechtswidrig oder nicht realisierbar ist (vgl. Beschluss des Senats vom 9.2.1998, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 2.3.1993 - 5 S 2091/92 -, NVwZ 1994, 797; Berliner Kommentar, Bd. 1, § 14 Rn. 10; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Bd. 1, a.a.O., § 14, Rn. 53 ff.). Das ist hier nicht der Fall. Insbesondere stand nicht bereits zum Zeitpunkt des Beschlusses über die Veränderungssperre mit Gewissheit fest, dass der künftige Bebauungsplan „Windenergieanlagen Lenthalde“ gegen das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 BauGB verstoßen wird, weil ihm keine wirksamen Darstellungen des Flächennutzungsplans zur Nutzung der Windenergie zugrunde liegen werden (vgl. zur Verletzung des Entwicklungsgebots bei Unwirksamkeit des Flächennutzungsplans BVerwG, Beschl. vom 18.12.1991 - 4 N 2.98 - , DVBl. 1992, 574).
30 
a) Dies gilt zum einen selbst dann, wenn die von der Antragstellerin geltend gemachte Unwirksamkeit der Darstellungen des Flächennutzungsplans zur Nutzung der Windenergie auf dem Gebiet der Antragsgegnerin unterstellt wird. Denn es spricht viel dafür, dass diese Darstellungen durch eine regionalplanerische Standortplanung „ersetzt“ werden.
31 
Die Regelung des § 11 Abs. 3 Nr. 11 in Verbindung mit Abs. 7 Satz 1 Halbs. 2 LPlG verpflichtet die Regionalverbände, Standorte für regionalbedeutsame Windkraftanlagen als Vorranggebiete und die übrigen Gebiete der Region als Ausschlussgebiete festzulegen, in denen Windkraftanlagen nicht zulässig sind. Durch diese zwingend vorgeschriebene flächendeckende regionale Standortplanung soll eine ungeordnete oder nur durch örtliche Interessen bestimmte Nutzung der Windenergie und letztlich eine „Verspargelung“ der Landschaft verhindert werden (vgl. LT-Drucks. 13/1883, 35 f.). Eine eigenständige Standortplanung mit Alternativenprüfung ist den Gemeinden daher künftig nur für Windenergieanlagen von untergeordneter Bedeutung eröffnet. Hinsichtlich der regional bedeutsamen Anlagen wird die eigentliche Standortentscheidung hingegen von der Regionalplanung getroffen. Den Gemeinden bleibt insoweit nur noch die Möglichkeit, diese Entscheidung etwa mit Blick auf die Bauhöhe der einzelnen Anlagen oder deren parzellenscharfen Standort zu konkretisieren (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. vom 25.11.2003, a.a.O.; zur Vereinbarkeit der „Heraufzonung“ der Standortplanung auf die regionale Ebene mit der gemeindlichen Planungshoheit vgl. VGH Baden-Württ., Urt. vom 9.6.2005, a.a.O.). Beschränkt sich ein Bebauungsplan auf diese Möglichkeit zur weiteren „Entwicklung“ eines regionalplanerischen Vorranggebiets für Windkraftanlagen nach Maßgabe des § 1 Abs. 4 BauGB, besteht gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 BauGB kein Gebot, einen solchen Bebauungsplan außerdem auch aus dem Flächennutzungsplan herzuleiten. Angesichts des geringen Spielraums zur planerischen Konkretisierung der regionalplanerischen Standortentscheidung besteht kein Bedarf, das Vorranggebiet auch noch auf der Ebene der Flächennutzungsplanung näher auszugestalten, zumal diese gemäß § 5 Abs. 2 BauGB auf die Darstellung von Flächen beschränkt ist und daher keine Aussage etwa zur Bauhöhe der Anlagen treffen könnte. Soweit es nur darum geht, ein Vorranggebiet für Windkraftanlagen gemäß § 1 Abs. 4 BauGB auszuformen, ist daher ein Flächennutzungsplan im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 2 BauGB nicht erforderlich, um die städtebauliche Entwicklung zu ordnen. Vielmehr kann die Ebene der Flächennutzungsplanung „übersprungen“ und die Ausformung durch einen Bebauungsplan ohne Bindung an das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB erfolgen, unabhängig davon, ob ein Flächennutzungsplan vorliegt und welche Aussagen er trifft. Insoweit „verdrängt“ das Zielanpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Soweit in der Literatur darauf verwiesen wird, dass § 8 Abs. 2 Satz 2 BauGB nur Anwendung findet, wenn überhaupt kein Flächennutzungsplan vorliegt (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., § 8 Rn. 7; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 8 Rn. 12; Brügelmann, BauGB, Bd. 1, § 8 Rn. 115), betrifft dies ersichtlich nur die Ebenen des Flächennutzungsplans und des Bebauungsplans; insoweit ist das Vorhandensein eines Flächennutzungsplans in der Tat Indiz dafür, dass die Gemeinde selbst einen solchen für erforderlich hält, um die städtebauliche Entwicklung des Gemeindegebiets zu ordnen. Hier geht es jedoch um den anders gelagerten Fall, dass ein vorhandener Flächennutzungsplan durch die regionalplanerische Standortplanung teilweise überlagert wird und insoweit keinen eigenständigen, über die Möglichkeiten des Bebauungsplans hinaus reichenden Beitrag leisten kann, um diese Standortaussage in die städtebauliche Gesamtentwicklung zu integrieren.
32 
Ausgehend davon ist kein Raum für die Feststellung, dass der künftige Bebauungsplan „Windenergieanlagen Lenthalde“ offensichtlich gegen das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB verstoßen wird. Der hier maßgebliche Regionalplan Neckar-Alb wird derzeit entsprechend der oben genannten gesetzlichen Verpflichtung zur Festlegung von Vorrang- und Ausschlussgebieten für Standorte regionalbedeutsamer Windkraftanlagen fortgeschrieben. Unstreitig sieht der vom Planungsausschuss des Regionalverbands beschlossene Anhörungsentwurf der Fortschreibung den Bereich „Lenthalde“ als Vorrangstandort für Windenergieanlagen (ohne Höhenbegrenzung) vor (so bereits der Vorschlag des Planungsausschusses vom 2.3.2004: Die in den Flächennutzungsplänen genehmigten Standorte und Ausschlussgebiete sollen übernommen werden, um eine doppelte Prüfung der Standorteignung zu vermeiden). Somit erscheint es jedenfalls möglich, dass bei Erlass des Bebauungsplans „Windenergieanlagen Lenthalde“ der Bereich „Lenthalde“ bereits als Vorranggebiet und das übrige Gemeindegebiet als Ausschlussbereich für regionalbedeutsame Windkraftanlagen festgelegt sein wird oder sich eine entsprechende regionalplanerische Absicht hinreichend verfestigt haben wird. Wie ausgeführt, müsste der Bebauungsplan, der sich nach den bisherigen Vorstellungen darauf beschränkt, die Nutzung des Bereichs „Lenthalde“ für die Windkraft näher zu konkretisieren, in diesem Fall gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 BauGB nicht aus dem Flächennutzungsplan entwickelt werden, gleichgültig, ob dessen Aussagen zur Nutzung der Windkraft auf dem Gemeindegebiet wirksam sind oder nicht.
33 
Unabhängig von der Frage der Anwendbarkeit des § 8 Abs. 2 Satz 2 BauGB gilt Folgendes: Sollte noch ein Verfahren zur erneuten Fortschreibung des Flächennutzungsplans eingeleitet werden, wofür derzeit allerdings nichts ersichtlich ist, könnte der Bebauungsplan gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 BauGB vor dem geänderten Flächennutzungsplan bekannt gemacht werden. Denn mit Blick auf das Zielanpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB und den geringen Spielraum für eine bauleitplanerische Konkretisierung der regionalplanerischen Vorgabe stünde ohnehin fest, dass der Bebauungsplan aus den künftigen Darstellungen des Flächennutzungsplans entwickelt sein wird. Ansonsten könnte der Bebauungsplan jedenfalls gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 BauGB als vorzeitiger Bebauungsplan erlassen werden. Nach dieser Vorschrift kann ein Bebauungsplan unter anderem aufgestellt werden, bevor der Flächennutzungsplan aufgestellt ist, wenn dringende Gründe es erfordern und wenn der Bebauungsplan der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung des Gemeindegebiets nicht entgegenstehen wird. Sie ist auch dann anwendbar, wenn ein Flächennutzungsplan zwar existiert, aber - wie hier unterstellt - unwirksam ist, und zwar auch dann, wenn die Gemeinde selbst den Flächennutzungsplan als gültig angesehen hat; entscheidend ist allein, dass die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür objektiv vorliegen (vgl. BVerwG, Beschl. vom 18.12.1991, a.a.O.; vgl. auch Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, a.a.O., § 8 Rn. 7; zur Anwendung des § 8 Abs. 4 auf die Veränderungssperre vgl. auch VGH Bad.-Württ., Beschl. vom 26.5.1981 - 3 S 2491/80 -). Angesichts des oben bezeichneten, eng begrenzten Spielraums zur Konkretisierung eines regionalplanerisch festgelegten Vorrangstandorts für Windenergieanlagen würde der künftige Bebauungsplan bei einer entsprechenden Aussage des Regionalplans zum Bereich „Lenthalde“ der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung des Gemeindegebiets offensichtlich nicht entgegenstehen. Wegen der - von der Antragsgegnerin plausibel begründeten - Notwendigkeit einer planerischen Bewältigung des Konflikts zwischen einer landschaftsgerechten und einer möglichst wirtschaftlichen Nutzung der Windenergie am Standort „Lenthalde“ hätte ein Abwarten auf das Inkrafttreten eines geänderten Flächennutzungsplans größere Nachteile zur Folge, als die Aufstellung des Bebauungsplans vor diesem Zeitpunkt, zumal die Flächennutzungsplanung ohnehin keinen eigenständigen Beitrag zur Konkretisierung der regionalplanerischen Vorrangfestlegung leisten könnte; daher dürfte auch die nach § 8 Abs. 4 Satz 1 BauGB geforderte Dringlichkeit für die vorzeitige Aufstellung des Bebauungsplans gegeben sein (vgl. dazu Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 8 Rn. 23).
34 
Nach allem ist wegen der möglichen regionalplanerischen Festlegung des Bereichs „Lenthalde“ als Vorrangstandort für regional bedeutsame Windkraftanlagen kein Raum für die Feststellung, dass der künftige Bebauungsplan aller Voraussicht nach offensichtlich gegen das Entwicklungsgebot verstoßen wird.
35 
b) Unabhängig von den vorgenannten Konsequenzen einer regionalplanerischen Standortplanung für Windkraftanlagen für die Einhaltung des Entwicklungsgebots steht auch nicht evident fest, dass die Aussagen des Flächennutzungsplans zur Windkraftnutzung auf dem Gebiet der Antragsgegnerin unwirksam sind oder jedenfalls bei Aufstellung des Bebauungsplans „Windenergieanlagen Lenthalde“ unwirksam sein werden, wie die Antragstellerin meint.
36 
Sie macht geltend, der Flächennutzungsplan sei insoweit abwägungsfehlerhaft, weil er nicht auf einer flächendeckenden Untersuchung der Eignung aller in Betracht kommenden Standorte auf dem Gemeindegebiet beruhe. Es gibt jedoch keine evidenten Anhaltspunkte für einen solchen Abwägungsfehler. Die 6. Fortschreibung des Flächennutzungsplans ist von einer Veröffentlichung des Regionalverbands Neckar-Alb vom April 1996 und einer Untersuchung der EVS aus dem Jahre 1997 ausgegangen, die zum Ergebnis gelangten, dass das Gemeindegebiet acht für die Nutzung der Windenergie „besonders geeignete“ Standorte aufweise (vgl. Seite 11 der Erläuterungen zur 6. Fortschreibung, Bl. 141 der Gerichtsakte). Die Antragstellerin hat weder dieses Untersuchungsergebnis substantiiert in Frage gestellt noch andere Standorte genannt, deren Windhöffigkeit sich als noch günstiger darstellt. Insbesondere drängt sich auch nicht auf, dass der Bereich „Lenthalde“ wegen der militärischen Bauhöhenbeschränkung, deren Wegfall zum Zeitpunkt der Verabschiedung der 6. Fortschreibung des Flächennutzungsplans im Jahre 1999 eventuell noch nicht absehbar war, als Windkraftstandort ungeeignet war. Dagegen spricht bereits, dass die Antragstellerin noch im Jahre 2001 die Genehmigung zur Errichtung von drei Windkraftanlagen auf diesem Standort unter Wahrung der Bauhöhenbeschränkung beantragt hat. Es ist daher nicht nachvollziehbar geschweige denn offensichtlich, dass und weshalb aus Anlass der Fortschreibung des Flächennutzungsplans weitere Untersuchungen zur Standorteignung hätten angestellt werden müssen.
37 
Die Antragstellerin trägt ferner vor, der Ausschluss der übrigen, in der Studie des Regionalverbands als „besonders geeignet“ bezeichneten Standorte beruhe auf einer zu hohen Gewichtung der Belange, die gegen die Errichtung von Windkraftanlagen sprächen. Auch dieser Einwand dringt nicht durch. Die Antragsgegnerin hat in einer ersten Bewertungsstufe fünf potenzielle Standorte wegen zu großer Nähe zur Ortslage und in einem Fall wegen Exponiertheit sowie deshalb ausgeschieden, weil sie sich im Umkreis von 200 m zu Biotopen und Schutzzonen befinden (vgl. Erläuterungen zur 6. Fortschreibung, Bl. 147 der Gerichtsakte, sowie Ziff. 2.1 der Gemeinsamen Richtlinie des Umweltministeriums und des Wirtschaftsministeriums für die gesamt-ökologische Beurteilung und baurechtliche Behandlung von Windenergieanlagen, Bl. 147 f. der Gerichtsakte). Wegen des zuletzt genannten Gesichtspunkts der Wahrung eines Schutzabstands zu Biotopen und Schutzzonen wurden zwei weitere Standorte ausgeschieden. Dieser Ausschluss wurde außerdem darauf gestützt, dass sich beide Standorte in der Nähe zu Brutplätzen von Vögeln befänden sowie ein Standort in einer Trasse von Zugvögeln am Albtrauf (vgl. Bl. 147 der Gerichtsakte). Die Antragstellerin meint, entsprechend den Vorgaben der Richtlinie hätte geprüft werden müssen, ob im 200 m-Umkreis gleichwohl ausnahmsweise Windenergieanlagen errichtet werden könnten, weil keine konkreten Anhaltspunkte für erhebliche negative Auswirkungen auf Biotope oder Schutzgebiete vorliegen oder weil geeignete Ausgleichsmaßnahmen möglich sind und ob überhaupt besonders geschützte Vogelarten berührt sind. Damit verkennt sie jedoch die den Gemeinden für die Bauleitplanung eingeräumte Abwägungsfreiheit, deren Ausübung nicht durch Richtlinien gelenkt werden kann. Dementsprechend bezieht sich die genannte Richtlinie auch nicht auf die Bauleitplanung, sondern ausdrücklich auf die Anwendung der - strikten - Eingriffsregelung des § 11 Abs. 3 Satz 1 NatSchG. Die Antragsgegnerin hat die in der Richtlinie aufgeführten Beurteilungskriterien lediglich als Anknüpfungspunkte für die eigenständige Standortplanung genommen und zusätzlich insbesondere auf die überragende Bedeutung der Erhaltung der ungestörten Landschaft „mit herausragenden ästhetischen Reizen“ für ihre Stellung als Fremdenverkehrsgemeinde abgestellt. Nach allem ist jedenfalls für eine evidente Abwägungsfehlerhaftigkeit der Aussagen des Flächennutzungsplans zur Windkraftnutzung nichts ersichtlich.
38 
In der mündlichen Verhandlung hat die Antragstellerin der Sache nach ergänzend vorgetragen, im Zeitpunkt des Beschlusses über die Veränderungssperre am 25.3.2004 sei offenkundig gewesen, dass die auf die Nutzung der Windenergie bezogene Standortplanung des Flächennutzungsplans jedenfalls bei Aufstellung des Bebauungsplans „Windenergieanlagen Lenthalde“ nicht mehr wirksam sein werde. Denn die der Standortplanung zugrunde liegenden Daten zur Windhöffigkeit aus dem Jahre 1996 und zur Wirtschaftlichkeit der Windenergienutzung seien zu diesem Zeitpunkt bereits überholt gewesen. Die Förderung der Windenergienutzung werde immer mehr „zurückgefahren“, so dass an die Windhöffigkeit der Standorte und die Bauhöhe ständig höhere Anforderungen gestellt werden müssten, um Windkraftanlagen wirtschaftlich betreiben zu können. Außerdem änderten sich auch die meteorologischen Verhältnisse laufend. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Dabei kann dahinstehen, ob die Grundsätze zum Unwirksamwerden von Bebauungsplänen wegen nachträglicher Funktionslosigkeit auf Flächennutzungspläne übertragen werden können. Denn jedenfalls haben sich hier die tatsächlichen Verhältnisse nicht so verändert, dass sich die Darstellungen des Flächennutzungsplans zur Nutzung der Windenergie offensichtlich auf unabsehbare Zeit nicht mehr verwirklichen lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.4.1977 - IV C 39.75 - , BVerwGE 54, 5). Auf den Gesichtspunkt der Bauhöhenbeschränkung kann die Antragstellerin insoweit nicht abstellen. Denn der Flächennutzungsplan selbst enthält keine solche Beschränkung und die militärische Bauhöhenbeschränkung wird in Kürze aufgehoben. Allein die Tatsache, dass die Antragstellerin im Bereich „Lenthalde“ eine Windkraftanlage errichten will, zeigt auch, dass sich die meteorologischen Verhältnisse jedenfalls nicht so verändert haben können, dass sich dort die Errichtung einer Windkraftanlage nicht mehr lohnt.
39 
c) Schließlich folgt bereits aus den vorstehenden Ausführungen, dass der künftige Bebauungsplan „Windenergieanlagen Lenthalde“ voraussichtlich auch nicht gegen das Zielanpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB verstoßen wird. Nach dem bisherigen Stand der Planungen zur Fortschreibung des Regionalplans Neckar-Alb wird er vielmehr in Einklang stehen mit der künftigen regionalplanerischen Festlegung von Vorrang- und Ausschlussgebieten für regionalbedeutsame Windkraftanlagen. Mit Blick darauf, dass die bauplanerische Bauhöhenbeschränkung nach dem Aufstellungsbeschluss unter dem Vorbehalt einer wirtschaftlich sinnvollen Nutzung der Windkraft steht, kann insbesondere nicht angenommen werden, dass der beabsichtigte Bebauungsplan ein künftiges regionalplanerisches Vorranggebiet für Windkraftanlagen faktisch unterlaufen wird.
40 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
41 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für die Zulassung einer Revision liegen nicht vor.

Gründe

 
16 
I. Der Normenkontrollantrag ist statthaft und zulässig.
17 
Die Antragstellerin ist als Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach § 61 Nr. 2 VwGO beteiligungsfähig. Das folgt jedenfalls aus ihrer in § 42 Abs. 7 Satz 1 LBO verankerten Bauherrenfähigkeit; danach war sie grundsätzlich berechtigt, einen Baugenehmigungsantrag zu stellen, dessen Erfolg jedenfalls auch davon abhängt, ob die angegriffene Veränderungssperre wirksam ist oder nicht (vgl. Senatsbeschluss vom 22.12.1992 - 8 S 2794/92 - , VBlBW 1993, 177; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16.6.2005 - 2 K 278/02 - m.w.N.; für eine allgemeine, von der Zuweisung einzelner Rechte unabhängige Beteiligungsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts BGH, Urteil vom 29.1.2001 - II ZR 331/00 - , NJW 2001, 1056). Die Antragstellerin ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt, weil sie den Antrag auf baurechtliche Genehmigung der geplanten Windkraftanlage auf der Grundlage einer Vereinbarung mit den Grundeigentümern gestellt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.2.2004 - 4 CN 13.03 - , NVwZ 2004, 984). Die Antragsbefugnis ist auch nicht deshalb entfallen, weil Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 m seit 1.7.2005 nicht mehr einer baurechtlichen, sondern einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen (Nr. 1.6 Spalte 2 der Anlage zur 4. BImSchV). Denn nach der Übergangsregelung des § 67 Abs. 9 Satz 3 BImSchG gilt dies nicht für Verfahren auf Erteilung einer Baugenehmigung für Windkraftanlagen, die - wie hier - vor dem 1.7.2005 rechtshängig geworden sind (Verfahren 7 K 1570/04, VG Sigmaringen). Davon abgesehen setzt die Antragsbefugnis nicht voraus, dass die Zulassung des Vorhabens bereits förmlich beantragt wurde. Vielmehr genügt die ernsthafte Absicht, das Vorhaben in dem von der Veränderungssperre betroffenen Gebiet zu realisieren (vgl. VGH Baden-Württ., Urteil vom 9.6.2005 - 3 S 1545/04 - ). Daran besteht hier kein Zweifel. Schließlich ist das Rechtsschutzbedürfnis gegeben. Die beantragte Unwirksamkeitserklärung der Veränderungssperre ist für die Antragstellerin nicht nutzlos, weil die ihrem Vorhaben entgegenstehende militärische Bauhöhenbeschränkung demnächst aufgehoben wird.
18 
II. Der Normenkontrollantrag ist jedoch nicht begründet. Die Veränderungssperre ist rechtmäßig.
19 
1. Der öffentlichen Bekanntmachung der Veränderungssperre liegt ein wirksamer Beschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplans zugrunde (vgl. zu diesem Erfordernis Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 8. Aufl., § 14 Rn. 6 m.w.N.).
20 
In der Rechtsprechung ist geklärt, dass der Aufstellungsbeschluss und die Veränderungssperre gleichzeitig öffentlich bekannt gemacht werden können (vgl. Beschluss des Senats vom 9.2.1998 - 8 S 2770/97 -, VBlBW 1998, 310; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.8.1990 - 3 S 1139/90 -; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 9.2.1989 - 4 B 236.88 -, BRS 49, Nr. 21). Das ist hier geschehen. Sowohl der Aufstellungsbeschluss als auch die Veränderungssperre sind in derselben Ausgabe des Amtsblatts der Antragsgegnerin vom 1.4.2004 gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 DVO GemO „eingerückt“ und damit am selben Tag öffentlich bekannt gemacht worden. Die Reihenfolge der Abdrucke im Amtsblatt ist für den Zeitpunkt der öffentlichen Bekanntmachungen ohne Bedeutung, weil es für deren Wirksamkeit nicht darauf ankommt, ob und wann sie von Betroffenen gelesen werden, sondern allein auf die Tatsache des „Einrückens“ in das Amtsblatt selbst (vgl. BVerwG, Urteil vom 7.12.2000 - 4 A 22.00 - Juris).
21 
2. Die Veränderungssperre ist von einer hinreichend konkreten positiven Planungskonzeption getragen.
22 
Eine Veränderungssperre darf erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre eine bestimmte Art der baulichen Nutzung im betroffenen Gebiet ins Auge gefasst hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.2.2004 a.a.O., m.w.N.; Beschluss vom 25.11.2003 - 4 BN 60.03 -, NVwZ 2004, 477). Dieses Planziel muss auf eine positive städtebauliche Gestaltung gerichtet sein; eine Negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht nicht aus (vgl. BVerwG, Beschl. vom 5.2.1990 - 4 B 191.89 - , NVwZ 1990, 558 = PBauE § 15 BauGB Nr. 1; Beschl. des Senats vom 9.2.1998, a.a.O.; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 1, § 14 Rn 47). Danach ist die Veränderungssperre hier nicht zu beanstanden.
23 
a) Bei Erlass der Veränderungssperre bestanden hinreichend konkrete planerische Vorstellungen.
24 
Der Beschluss des Gemeinderates der Antragsgegnerin vom 25.3.2004 hat zum Inhalt, dass für den Bereich „Lenthalde“ ein Bebauungsplan zur Errichtung von Windenergieanlagen aufgestellt werden soll. In der Begründung des Aufstellungsbeschlusses wird weiter ausgeführt, dass es darum geht, die Darstellung des Bereichs „Lenthalde“ im Flächennutzungsplan als Standort für Windkraftanlagen hinsichtlich der Bauhöhe und der räumlichen Lage weiter zu entwickeln. Nach dem - parzellenscharfen - Lageplan, der dem Aufstellungsbeschluss zugrunde liegt, soll der Geltungsbereich des künftigen Bebauungsplans kleinräumig auf lediglich sieben Grundstücke begrenzt werden. Damit ist die zu sichernde Planung hinreichend konkretisiert. Sie gilt einem bestimmten Baugebiet mit einer eindeutig bestimmten Nutzungsart. Ob und wenn ja welche anderen Nutzungen im Plangebiet zulässig sein sollen, bedurfte entgegen der Auffassung der Antragstellerin keiner Festlegung. Denn Planziel ist allein die Vorhaltung des Bereichs „Lenthalde“ zur Errichtung von Windenergieanlagen, nicht die Sicherung oder der Ausschluss sonstiger Nutzungen. Auch angesichts der geringen Größe des Plangebiets steht die Frage der Regelung sonstiger Nutzungsmöglichkeiten nicht gleichrangig neben dem Ziel, es als Standort für Windenergieanlagen vorzusehen (vgl. demgegenüber BVerwG, Urteil vom 19.2.2004, a.a.O., bei einer Veränderungssperre für große Teile des Gemeindegebiets). Die anderweitige Nutzung des künftigen Plangebiets ist daher allenfalls insoweit von planerischer Relevanz, als es um die Lösung von durch Windenergieanlagen möglicherweise ausgelöste Nutzungskonflikte geht. Der Erlass einer Veränderungssperre kann jedoch nicht davon abhängig gemacht werden, dass bereits Aussagen zur Lösung von Nutzungskonflikten infolge der Realisierung des Planziels getroffen werden, weil dies typischerweise erst im weiteren Verlauf des Aufstellungsverfahrens im Rahmen einer umfassenden Abwägung unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung möglich ist.
25 
Die Antragstellerin meint ferner, bereits bei Erlass der Veränderungssperre hätte feststehen müssen, ob die Ausweisung des Gebiets „Lenthalde“ als Windkraftstandort durch Festsetzung eines entsprechenden Sondergebiets nach § 11 Abs. 2 BauNVO oder einer Fläche nach § 9 Abs. 1 Nr. 12 BauGB erfolgen soll. Das trifft nicht zu. Es reicht aus, wenn bei Erlass der Veränderungssperre absehbar ist, dass sich das Planziel im Wege bauplanerischer Festsetzungen überhaupt erreichen lässt (vgl. BVerwG, Beschl. vom 27.7.1990 - 4 B 156.89 - Buchholz 406.11 § 17 BauGB Nr. 4), was hier zweifellos der Fall ist. Die Auswahl der Mittel zur Realisierung des Planziels ist hingegen - ebenso wie die Lösung von Nutzungskonflikten - typischerweise Aufgabe der im Aufstellungsverfahren vorzunehmenden planerischen Abwägung.
26 
b) Die beabsichtigte Planung ist auch von einer positiven Konzeption getragen.
27 
Ihr eigentliches Ziel ist nicht, das Vorhaben der Antragstellerin zu verhindern; vielmehr hat die Antragsgegnerin plausible städtebauliche Gründe für eine weitere Konkretisierung der im Flächennutzungsplan bereits erfolgten Darstellung des Bereichs „Lenthalde“ als Windkraftstandort angeführt. Insbesondere geht es nicht um eine bloße Übernahme der demnächst wegfallenden militärischen Bauhöhenbeschränkung ohne eigene städtebauliche Überlegungen. Zwar wird ausweislich der Sitzungsniederschrift eine entsprechende Höhenbegrenzung angestrebt. Dies soll jedoch zum einen zum Schutz des Landschaftsraums erfolgen, also aufgrund einer städtebaulichen Erwägung. Zum anderen wird die künftige Höhenbegrenzung ausdrücklich unter den Vorbehalt gestellt, dass sie eine wirtschaftliche Nutzung der Windenergie zulässt. Zu diesem Zweck sollen im Planverfahren die Auswirkungen der Anlagenhöhe auf den Landschaftsraum und die Wirtschaftlichkeit der Windenergienutzung am Standort „Lenthalde“ untersucht und bewertet und der Konflikt zwischen Landschaftsverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit der Windenergienutzung einem planerischen Ausgleich zugeführt werden. Die Planung ist damit auf eine positive städtebauliche Gestaltung gerichtet. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesichtspunkt des Schutzes des Landschaftsraums nur vorgeschoben ist. Dass dieser Aspekt bei der Beschlussfassung über die Aufstellung eines Bebauungsplans und den Erlass einer Veränderungssperre nicht näher konkretisiert wurde, stellt hierfür kein Indiz dar. Denn die konkrete Untersuchung und Bewertung der Auswirkungen von Windenergieanlagen bestimmter Höhe auf den Landschaftsraum hat die Antragsgegnerin - zu Recht - dem Aufstellungsverfahren vorbehalten. Im Übrigen dürfte dem Gemeinderat bereits bei Erlass der Veränderungssperre eine „Grobeinschätzung“ möglich gewesen sein. Im Erläuterungsbericht zur 6. Fortschreibung des Flächennutzungsplans wird die Notwendigkeit, die Errichtung von Windenergieanlagen auf dem Gemeindegebiet zu steuern, unter anderem damit begründet, dass die Gemeinde R. als eines ihrer wichtigsten Ziele die Stärkung und Weiterentwicklung des Fremdenverkehrs ansehe, wofür wesentliche Voraussetzung der Erhalt der vorhandenen Landschaft mit herausragenden ästhetischen Reizen und einer nur sehr geringen Vorbelastung durch technische Bauwerke sei. Da es sich bei der Antragsgegnerin um eine kleine Gemeinde handelt, kann angenommen werden, dass den Gemeinderäten diese Konfliktsituation bei der Beschlussfassung bekannt war. Auch die im Bebauungsplanverfahren inzwischen vorgenommene „Sichtbarkeitsanalyse“ in Gestalt eines Vergleichs fiktiver Ansichten von Windenergieanlagen mit Höhen von jeweils 100 m und 150 m bestätigt nicht die Einschätzung der Antragstellerin, es bestehe offensichtlich keine Notwendigkeit, den Landschaftsraum durch eine Höhenbegrenzung zu schützen.
28 
3. Die Sicherung des Planziels durch Veränderungssperre ist auch sonst gerechtfertigt.
29 
Die Veränderungssperre soll die Erarbeitung eines tragfähigen Plankonzepts ermöglichen. Das schließt eine „antizipierte Normenkontrolle“ des zu erstellenden Bebauungsplans aus. Eine Veränderungssperre ist nur dann als Sicherungsmittel nicht mehr gerechtfertigt, wenn die aus dem Aufstellungsbeschluss ersichtliche Planung offensichtlich unheilbar rechtswidrig oder nicht realisierbar ist (vgl. Beschluss des Senats vom 9.2.1998, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 2.3.1993 - 5 S 2091/92 -, NVwZ 1994, 797; Berliner Kommentar, Bd. 1, § 14 Rn. 10; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Bd. 1, a.a.O., § 14, Rn. 53 ff.). Das ist hier nicht der Fall. Insbesondere stand nicht bereits zum Zeitpunkt des Beschlusses über die Veränderungssperre mit Gewissheit fest, dass der künftige Bebauungsplan „Windenergieanlagen Lenthalde“ gegen das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 BauGB verstoßen wird, weil ihm keine wirksamen Darstellungen des Flächennutzungsplans zur Nutzung der Windenergie zugrunde liegen werden (vgl. zur Verletzung des Entwicklungsgebots bei Unwirksamkeit des Flächennutzungsplans BVerwG, Beschl. vom 18.12.1991 - 4 N 2.98 - , DVBl. 1992, 574).
30 
a) Dies gilt zum einen selbst dann, wenn die von der Antragstellerin geltend gemachte Unwirksamkeit der Darstellungen des Flächennutzungsplans zur Nutzung der Windenergie auf dem Gebiet der Antragsgegnerin unterstellt wird. Denn es spricht viel dafür, dass diese Darstellungen durch eine regionalplanerische Standortplanung „ersetzt“ werden.
31 
Die Regelung des § 11 Abs. 3 Nr. 11 in Verbindung mit Abs. 7 Satz 1 Halbs. 2 LPlG verpflichtet die Regionalverbände, Standorte für regionalbedeutsame Windkraftanlagen als Vorranggebiete und die übrigen Gebiete der Region als Ausschlussgebiete festzulegen, in denen Windkraftanlagen nicht zulässig sind. Durch diese zwingend vorgeschriebene flächendeckende regionale Standortplanung soll eine ungeordnete oder nur durch örtliche Interessen bestimmte Nutzung der Windenergie und letztlich eine „Verspargelung“ der Landschaft verhindert werden (vgl. LT-Drucks. 13/1883, 35 f.). Eine eigenständige Standortplanung mit Alternativenprüfung ist den Gemeinden daher künftig nur für Windenergieanlagen von untergeordneter Bedeutung eröffnet. Hinsichtlich der regional bedeutsamen Anlagen wird die eigentliche Standortentscheidung hingegen von der Regionalplanung getroffen. Den Gemeinden bleibt insoweit nur noch die Möglichkeit, diese Entscheidung etwa mit Blick auf die Bauhöhe der einzelnen Anlagen oder deren parzellenscharfen Standort zu konkretisieren (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. vom 25.11.2003, a.a.O.; zur Vereinbarkeit der „Heraufzonung“ der Standortplanung auf die regionale Ebene mit der gemeindlichen Planungshoheit vgl. VGH Baden-Württ., Urt. vom 9.6.2005, a.a.O.). Beschränkt sich ein Bebauungsplan auf diese Möglichkeit zur weiteren „Entwicklung“ eines regionalplanerischen Vorranggebiets für Windkraftanlagen nach Maßgabe des § 1 Abs. 4 BauGB, besteht gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 BauGB kein Gebot, einen solchen Bebauungsplan außerdem auch aus dem Flächennutzungsplan herzuleiten. Angesichts des geringen Spielraums zur planerischen Konkretisierung der regionalplanerischen Standortentscheidung besteht kein Bedarf, das Vorranggebiet auch noch auf der Ebene der Flächennutzungsplanung näher auszugestalten, zumal diese gemäß § 5 Abs. 2 BauGB auf die Darstellung von Flächen beschränkt ist und daher keine Aussage etwa zur Bauhöhe der Anlagen treffen könnte. Soweit es nur darum geht, ein Vorranggebiet für Windkraftanlagen gemäß § 1 Abs. 4 BauGB auszuformen, ist daher ein Flächennutzungsplan im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 2 BauGB nicht erforderlich, um die städtebauliche Entwicklung zu ordnen. Vielmehr kann die Ebene der Flächennutzungsplanung „übersprungen“ und die Ausformung durch einen Bebauungsplan ohne Bindung an das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB erfolgen, unabhängig davon, ob ein Flächennutzungsplan vorliegt und welche Aussagen er trifft. Insoweit „verdrängt“ das Zielanpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Soweit in der Literatur darauf verwiesen wird, dass § 8 Abs. 2 Satz 2 BauGB nur Anwendung findet, wenn überhaupt kein Flächennutzungsplan vorliegt (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., § 8 Rn. 7; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 8 Rn. 12; Brügelmann, BauGB, Bd. 1, § 8 Rn. 115), betrifft dies ersichtlich nur die Ebenen des Flächennutzungsplans und des Bebauungsplans; insoweit ist das Vorhandensein eines Flächennutzungsplans in der Tat Indiz dafür, dass die Gemeinde selbst einen solchen für erforderlich hält, um die städtebauliche Entwicklung des Gemeindegebiets zu ordnen. Hier geht es jedoch um den anders gelagerten Fall, dass ein vorhandener Flächennutzungsplan durch die regionalplanerische Standortplanung teilweise überlagert wird und insoweit keinen eigenständigen, über die Möglichkeiten des Bebauungsplans hinaus reichenden Beitrag leisten kann, um diese Standortaussage in die städtebauliche Gesamtentwicklung zu integrieren.
32 
Ausgehend davon ist kein Raum für die Feststellung, dass der künftige Bebauungsplan „Windenergieanlagen Lenthalde“ offensichtlich gegen das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB verstoßen wird. Der hier maßgebliche Regionalplan Neckar-Alb wird derzeit entsprechend der oben genannten gesetzlichen Verpflichtung zur Festlegung von Vorrang- und Ausschlussgebieten für Standorte regionalbedeutsamer Windkraftanlagen fortgeschrieben. Unstreitig sieht der vom Planungsausschuss des Regionalverbands beschlossene Anhörungsentwurf der Fortschreibung den Bereich „Lenthalde“ als Vorrangstandort für Windenergieanlagen (ohne Höhenbegrenzung) vor (so bereits der Vorschlag des Planungsausschusses vom 2.3.2004: Die in den Flächennutzungsplänen genehmigten Standorte und Ausschlussgebiete sollen übernommen werden, um eine doppelte Prüfung der Standorteignung zu vermeiden). Somit erscheint es jedenfalls möglich, dass bei Erlass des Bebauungsplans „Windenergieanlagen Lenthalde“ der Bereich „Lenthalde“ bereits als Vorranggebiet und das übrige Gemeindegebiet als Ausschlussbereich für regionalbedeutsame Windkraftanlagen festgelegt sein wird oder sich eine entsprechende regionalplanerische Absicht hinreichend verfestigt haben wird. Wie ausgeführt, müsste der Bebauungsplan, der sich nach den bisherigen Vorstellungen darauf beschränkt, die Nutzung des Bereichs „Lenthalde“ für die Windkraft näher zu konkretisieren, in diesem Fall gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 BauGB nicht aus dem Flächennutzungsplan entwickelt werden, gleichgültig, ob dessen Aussagen zur Nutzung der Windkraft auf dem Gemeindegebiet wirksam sind oder nicht.
33 
Unabhängig von der Frage der Anwendbarkeit des § 8 Abs. 2 Satz 2 BauGB gilt Folgendes: Sollte noch ein Verfahren zur erneuten Fortschreibung des Flächennutzungsplans eingeleitet werden, wofür derzeit allerdings nichts ersichtlich ist, könnte der Bebauungsplan gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 BauGB vor dem geänderten Flächennutzungsplan bekannt gemacht werden. Denn mit Blick auf das Zielanpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB und den geringen Spielraum für eine bauleitplanerische Konkretisierung der regionalplanerischen Vorgabe stünde ohnehin fest, dass der Bebauungsplan aus den künftigen Darstellungen des Flächennutzungsplans entwickelt sein wird. Ansonsten könnte der Bebauungsplan jedenfalls gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 BauGB als vorzeitiger Bebauungsplan erlassen werden. Nach dieser Vorschrift kann ein Bebauungsplan unter anderem aufgestellt werden, bevor der Flächennutzungsplan aufgestellt ist, wenn dringende Gründe es erfordern und wenn der Bebauungsplan der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung des Gemeindegebiets nicht entgegenstehen wird. Sie ist auch dann anwendbar, wenn ein Flächennutzungsplan zwar existiert, aber - wie hier unterstellt - unwirksam ist, und zwar auch dann, wenn die Gemeinde selbst den Flächennutzungsplan als gültig angesehen hat; entscheidend ist allein, dass die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür objektiv vorliegen (vgl. BVerwG, Beschl. vom 18.12.1991, a.a.O.; vgl. auch Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, a.a.O., § 8 Rn. 7; zur Anwendung des § 8 Abs. 4 auf die Veränderungssperre vgl. auch VGH Bad.-Württ., Beschl. vom 26.5.1981 - 3 S 2491/80 -). Angesichts des oben bezeichneten, eng begrenzten Spielraums zur Konkretisierung eines regionalplanerisch festgelegten Vorrangstandorts für Windenergieanlagen würde der künftige Bebauungsplan bei einer entsprechenden Aussage des Regionalplans zum Bereich „Lenthalde“ der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung des Gemeindegebiets offensichtlich nicht entgegenstehen. Wegen der - von der Antragsgegnerin plausibel begründeten - Notwendigkeit einer planerischen Bewältigung des Konflikts zwischen einer landschaftsgerechten und einer möglichst wirtschaftlichen Nutzung der Windenergie am Standort „Lenthalde“ hätte ein Abwarten auf das Inkrafttreten eines geänderten Flächennutzungsplans größere Nachteile zur Folge, als die Aufstellung des Bebauungsplans vor diesem Zeitpunkt, zumal die Flächennutzungsplanung ohnehin keinen eigenständigen Beitrag zur Konkretisierung der regionalplanerischen Vorrangfestlegung leisten könnte; daher dürfte auch die nach § 8 Abs. 4 Satz 1 BauGB geforderte Dringlichkeit für die vorzeitige Aufstellung des Bebauungsplans gegeben sein (vgl. dazu Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 8 Rn. 23).
34 
Nach allem ist wegen der möglichen regionalplanerischen Festlegung des Bereichs „Lenthalde“ als Vorrangstandort für regional bedeutsame Windkraftanlagen kein Raum für die Feststellung, dass der künftige Bebauungsplan aller Voraussicht nach offensichtlich gegen das Entwicklungsgebot verstoßen wird.
35 
b) Unabhängig von den vorgenannten Konsequenzen einer regionalplanerischen Standortplanung für Windkraftanlagen für die Einhaltung des Entwicklungsgebots steht auch nicht evident fest, dass die Aussagen des Flächennutzungsplans zur Windkraftnutzung auf dem Gebiet der Antragsgegnerin unwirksam sind oder jedenfalls bei Aufstellung des Bebauungsplans „Windenergieanlagen Lenthalde“ unwirksam sein werden, wie die Antragstellerin meint.
36 
Sie macht geltend, der Flächennutzungsplan sei insoweit abwägungsfehlerhaft, weil er nicht auf einer flächendeckenden Untersuchung der Eignung aller in Betracht kommenden Standorte auf dem Gemeindegebiet beruhe. Es gibt jedoch keine evidenten Anhaltspunkte für einen solchen Abwägungsfehler. Die 6. Fortschreibung des Flächennutzungsplans ist von einer Veröffentlichung des Regionalverbands Neckar-Alb vom April 1996 und einer Untersuchung der EVS aus dem Jahre 1997 ausgegangen, die zum Ergebnis gelangten, dass das Gemeindegebiet acht für die Nutzung der Windenergie „besonders geeignete“ Standorte aufweise (vgl. Seite 11 der Erläuterungen zur 6. Fortschreibung, Bl. 141 der Gerichtsakte). Die Antragstellerin hat weder dieses Untersuchungsergebnis substantiiert in Frage gestellt noch andere Standorte genannt, deren Windhöffigkeit sich als noch günstiger darstellt. Insbesondere drängt sich auch nicht auf, dass der Bereich „Lenthalde“ wegen der militärischen Bauhöhenbeschränkung, deren Wegfall zum Zeitpunkt der Verabschiedung der 6. Fortschreibung des Flächennutzungsplans im Jahre 1999 eventuell noch nicht absehbar war, als Windkraftstandort ungeeignet war. Dagegen spricht bereits, dass die Antragstellerin noch im Jahre 2001 die Genehmigung zur Errichtung von drei Windkraftanlagen auf diesem Standort unter Wahrung der Bauhöhenbeschränkung beantragt hat. Es ist daher nicht nachvollziehbar geschweige denn offensichtlich, dass und weshalb aus Anlass der Fortschreibung des Flächennutzungsplans weitere Untersuchungen zur Standorteignung hätten angestellt werden müssen.
37 
Die Antragstellerin trägt ferner vor, der Ausschluss der übrigen, in der Studie des Regionalverbands als „besonders geeignet“ bezeichneten Standorte beruhe auf einer zu hohen Gewichtung der Belange, die gegen die Errichtung von Windkraftanlagen sprächen. Auch dieser Einwand dringt nicht durch. Die Antragsgegnerin hat in einer ersten Bewertungsstufe fünf potenzielle Standorte wegen zu großer Nähe zur Ortslage und in einem Fall wegen Exponiertheit sowie deshalb ausgeschieden, weil sie sich im Umkreis von 200 m zu Biotopen und Schutzzonen befinden (vgl. Erläuterungen zur 6. Fortschreibung, Bl. 147 der Gerichtsakte, sowie Ziff. 2.1 der Gemeinsamen Richtlinie des Umweltministeriums und des Wirtschaftsministeriums für die gesamt-ökologische Beurteilung und baurechtliche Behandlung von Windenergieanlagen, Bl. 147 f. der Gerichtsakte). Wegen des zuletzt genannten Gesichtspunkts der Wahrung eines Schutzabstands zu Biotopen und Schutzzonen wurden zwei weitere Standorte ausgeschieden. Dieser Ausschluss wurde außerdem darauf gestützt, dass sich beide Standorte in der Nähe zu Brutplätzen von Vögeln befänden sowie ein Standort in einer Trasse von Zugvögeln am Albtrauf (vgl. Bl. 147 der Gerichtsakte). Die Antragstellerin meint, entsprechend den Vorgaben der Richtlinie hätte geprüft werden müssen, ob im 200 m-Umkreis gleichwohl ausnahmsweise Windenergieanlagen errichtet werden könnten, weil keine konkreten Anhaltspunkte für erhebliche negative Auswirkungen auf Biotope oder Schutzgebiete vorliegen oder weil geeignete Ausgleichsmaßnahmen möglich sind und ob überhaupt besonders geschützte Vogelarten berührt sind. Damit verkennt sie jedoch die den Gemeinden für die Bauleitplanung eingeräumte Abwägungsfreiheit, deren Ausübung nicht durch Richtlinien gelenkt werden kann. Dementsprechend bezieht sich die genannte Richtlinie auch nicht auf die Bauleitplanung, sondern ausdrücklich auf die Anwendung der - strikten - Eingriffsregelung des § 11 Abs. 3 Satz 1 NatSchG. Die Antragsgegnerin hat die in der Richtlinie aufgeführten Beurteilungskriterien lediglich als Anknüpfungspunkte für die eigenständige Standortplanung genommen und zusätzlich insbesondere auf die überragende Bedeutung der Erhaltung der ungestörten Landschaft „mit herausragenden ästhetischen Reizen“ für ihre Stellung als Fremdenverkehrsgemeinde abgestellt. Nach allem ist jedenfalls für eine evidente Abwägungsfehlerhaftigkeit der Aussagen des Flächennutzungsplans zur Windkraftnutzung nichts ersichtlich.
38 
In der mündlichen Verhandlung hat die Antragstellerin der Sache nach ergänzend vorgetragen, im Zeitpunkt des Beschlusses über die Veränderungssperre am 25.3.2004 sei offenkundig gewesen, dass die auf die Nutzung der Windenergie bezogene Standortplanung des Flächennutzungsplans jedenfalls bei Aufstellung des Bebauungsplans „Windenergieanlagen Lenthalde“ nicht mehr wirksam sein werde. Denn die der Standortplanung zugrunde liegenden Daten zur Windhöffigkeit aus dem Jahre 1996 und zur Wirtschaftlichkeit der Windenergienutzung seien zu diesem Zeitpunkt bereits überholt gewesen. Die Förderung der Windenergienutzung werde immer mehr „zurückgefahren“, so dass an die Windhöffigkeit der Standorte und die Bauhöhe ständig höhere Anforderungen gestellt werden müssten, um Windkraftanlagen wirtschaftlich betreiben zu können. Außerdem änderten sich auch die meteorologischen Verhältnisse laufend. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Dabei kann dahinstehen, ob die Grundsätze zum Unwirksamwerden von Bebauungsplänen wegen nachträglicher Funktionslosigkeit auf Flächennutzungspläne übertragen werden können. Denn jedenfalls haben sich hier die tatsächlichen Verhältnisse nicht so verändert, dass sich die Darstellungen des Flächennutzungsplans zur Nutzung der Windenergie offensichtlich auf unabsehbare Zeit nicht mehr verwirklichen lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.4.1977 - IV C 39.75 - , BVerwGE 54, 5). Auf den Gesichtspunkt der Bauhöhenbeschränkung kann die Antragstellerin insoweit nicht abstellen. Denn der Flächennutzungsplan selbst enthält keine solche Beschränkung und die militärische Bauhöhenbeschränkung wird in Kürze aufgehoben. Allein die Tatsache, dass die Antragstellerin im Bereich „Lenthalde“ eine Windkraftanlage errichten will, zeigt auch, dass sich die meteorologischen Verhältnisse jedenfalls nicht so verändert haben können, dass sich dort die Errichtung einer Windkraftanlage nicht mehr lohnt.
39 
c) Schließlich folgt bereits aus den vorstehenden Ausführungen, dass der künftige Bebauungsplan „Windenergieanlagen Lenthalde“ voraussichtlich auch nicht gegen das Zielanpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB verstoßen wird. Nach dem bisherigen Stand der Planungen zur Fortschreibung des Regionalplans Neckar-Alb wird er vielmehr in Einklang stehen mit der künftigen regionalplanerischen Festlegung von Vorrang- und Ausschlussgebieten für regionalbedeutsame Windkraftanlagen. Mit Blick darauf, dass die bauplanerische Bauhöhenbeschränkung nach dem Aufstellungsbeschluss unter dem Vorbehalt einer wirtschaftlich sinnvollen Nutzung der Windkraft steht, kann insbesondere nicht angenommen werden, dass der beabsichtigte Bebauungsplan ein künftiges regionalplanerisches Vorranggebiet für Windkraftanlagen faktisch unterlaufen wird.
40 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
41 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für die Zulassung einer Revision liegen nicht vor.

Sonstige Literatur

 
42 
Rechtsmittelbelehrung
43 
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
44 
Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen.
45 
Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
46 
In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
47 
Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt
48 
sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
49 
Beschluss
50 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf EUR 20.000,- festgesetzt.
51 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die Genehmigung wird durch die Gemeinde erteilt; § 22 Absatz 5 Satz 2 bis 5 ist entsprechend anzuwenden. Ist eine baurechtliche Genehmigung oder an ihrer Stelle eine baurechtliche Zustimmung erforderlich, wird die Genehmigung durch die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde erteilt; im Baugenehmigungs- oder Zustimmungsverfahren wird über die in § 172 Absatz 3 bis 5 bezeichneten Belange entschieden.

(2) Wird in den Fällen des § 172 Absatz 3 die Genehmigung versagt, kann der Eigentümer von der Gemeinde unter den Voraussetzungen des § 40 Absatz 2 die Übernahme des Grundstücks verlangen. § 43 Absatz 1, 4 und 5 sowie § 44 Absatz 3 und 4 sind entsprechend anzuwenden.

(3) Vor der Entscheidung über den Genehmigungsantrag hat die Gemeinde mit dem Eigentümer oder sonstigen zur Unterhaltung Verpflichteten die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu erörtern. In den Fällen des § 172 Absatz 4 und 5 hat sie auch Mieter, Pächter und sonstige Nutzungsberechtigte zu hören. In den Fällen des § 172 Absatz 4 Satz 3 Nummer 6 hat sie die nach Satz 2 anzuhörenden Personen über die Erteilung einer Genehmigung zu informieren.

(4) Die landesrechtlichen Vorschriften, insbesondere über den Schutz und die Erhaltung von Denkmälern, bleiben unberührt.

Tenor

Die Anträge werden abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin zu 1. zur Hälfte und die Antragstellerinnen zu 2. und 3. zu je einem Viertel.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragstellerinnen wenden sich gegen den Bebauungsplan „Ebersteinburger Straße/Zimmerhardtstraße“ der Antragsgegnerin vom 24.04.2006 (Satzungsbeschluss). Sie sind Eigentümerinnen von Grundstücken im Plangebiet. Die Antragstellerin zu 1 ist Eigentümerin der Grundstücke Flst.-Nrn. ..., ... und ..., deren Töchter, die Antragstellerinnen zu 2 und zu 3, sind Eigentümerinnen der daran östlich angrenzenden Grundstücke Flst.-Nrn. ..., ... und .... Das Grundstück Flst.-Nr. ... ist auf seiner Nordwestseite an der ... mit einem 1980 genehmigten Wohnhaus, das große Grundstück Flst.-Nr. ... ist im mittleren Teil mit einer freistehenden Villa mit Garagen und einem Nebengebäude bebaut; letzteres ragt teilweise in das Flurstück-Nr. ... hinein. Der nordwestliche Teil des Grundstücks Flst.-Nr. ... und die Grundstücke Flst.-Nrn. ... - ... bestehen aus Wiesengelände mit Obstbäumen und Buschgruppen. Das Plangebiet liegt an einem nach Südosten abfallenden Hang; an dessen unterem Rand verläuft eine steile Hangkante, unterhalb derer sich das Krankenhaus Ebersteinburg und bestehende Wohnbebauung anschließen. Im Norden und Nordwesten wird das Plangebiet von der ..., der ... mit dem alten Friedhof von Ebersteinburg begrenzt. Die vorhandene aufgelockerte Bebauung im Plangebiet besteht aus 1- bis 2-geschossigen Wohnhäusern und Villen mit dazwischenliegenden unversiegelten naturbelassenen Freiflächen. Im Ost- und Westteil des Plangebiets ist die Wohnbebauung wesentlich dichter als in der Gebietsmitte im Bereich der Grundstücke der Antragstellerinnen.
Das Plangebiet ist Teil des räumlichen Geltungsbereichs des alten Bebauungsplans für die Gewanne „Brügel, Zieläcker, Herrenäcker, Großbühnäcker und Langenäcker“ der ehemals selbstständigen Gemeinde Ebersteinburg. Dieser Bebauungsplan bestand aus einem Straßen- und Baufluchtenplan vom 14.08.1954 nebst Bebauungsvorschriften. Der Straßen- und Baufluchtenplan wurde vom Regierungspräsidium Südbaden mit Bescheid vom 14.12.1954 gemäß § 7 Abs. 3 des Badischen Aufbaugesetzes als wesentlicher Bestandteil des Bebauungsplans „grundsätzlich genehmigt“. Mit Bescheid vom 27.11.1957 stellte das Landratsamt Rastatt den Straßen- und Baufluchtenplan als wesentlichen Bestandteil des Bebauungsplans aufgrund von § 3 Abs. 5 des Badischen Ortsstraßengesetzes fest. Die Bebauungsvorschriften wurden am 09.02.1961 vom Landratsamt Rastatt als Polizeiverordnung erlassen. Mit Schreiben vom 16.03.1965 erteilte das Regierungspräsidium Südbaden nachträglich die Genehmigung zu dem Bebauungsplan „in seiner Gesamtheit“ gemäß § 7 Abs. 3 Bad. Aufbaugesetz i.V.m. § 174 BBauG. Diese Genehmigung wurde ortsüblich bekannt gemacht. Am 09.09.1968 beschloss der Gemeinderat der Gemeinde Ebersteinburg mittels Satzung eine Änderung des Bebauungsplans für die Gewanne „Brügel, Zieläcker, Herrenäcker, Großbühnäcker und Langenäcker“. Geändert wurden der Straßen- und Baufluchtenplan vom 14.08.1954 (durch einen Straßen- und Baulinienplan für das Gebiet „Herrenäcker und Zieläcker“), der Gestaltungsplan von 1954 (durch Gestaltungsplan vom 05.04.1964 für das Gebiet “Herrenäcker und Zieläcker“) sowie die Polizeiverordnung über Bebauungsvorschriften vom 09.02.1961 (durch Bebauungsvorschriften vom 05.04.1964 zur Ergänzung für das Umlegungsgebiet „Herrenäcker und Zieläcker“). Die Planbegründung datiert vom 13.05.1968. Der geänderte Plan wurde vom Landratsamt Rastatt genehmigt und die Genehmigung wurde öffentlich bekannt gemacht.
Der Straßen- und Baufluchtenplan von 1954/1957 geriet nach unbestrittenen Angaben der Antragsgegnerin im Zuge der 1972 erfolgten Eingemeindung von Ebersteinburg in Vergessenheit und wurde erst 1992 wieder aufgefunden. Er setzt im westlichen Plangebiet zahlreiche Baufluchten zu den umgebenden Straßen hin fest. Im östlichen Plangebiet verläuft eine lange Bauflucht nahe der und parallel zur .... Für das mittlere Plangebiet weist der Plan lediglich drei Baufluchten aus, die zwischen ca. 75 und 85 m unterhalb der ... liegen. Entlang der mittleren und östlichen dieser Baufluchten ist seit langem Bebauung vorhanden (Wohnhäuser auf Flst.-Nrn. ... und ...). Ein in den 70er-Jahren bis zur Planoffenlegung fortgeschrittenes Verfahren zur Verabschiedung des Bebauungsplans „Luxenäcker, Großbühnäcker, Bühnel“ wurde nicht weiterverfolgt; dieser Entwurf sah eine bauliche Verdichtung im Plangebiet und talwärts anschließend eine Bebauung mit einem 18-geschossigen Terrassenhaus sowie zwei 7-geschossigen Hochhäusern vor.
Die Aufstellung des streitigen Bebauungsplans „Ebersteinburger Straße/Zimmerhardtstraße“ wurde ausgelöst u.a. durch eine Bauvoranfrage der Antragstellerinnen zum Bau eines Wohnhauses auf den Flst.-Nrn. ...- ... nahe der .... Der Bebauungsplan setzt Baufenster und private Zufahrtsflächen fest. Die Baufenster knüpfen überwiegend an die vorhandenen Gebäude an und gewähren gewisse Erweiterungsmöglichkeiten, wobei Bauflächen vergleichbarer Größe angestrebt werden. Nur in drei Fällen werden neue Bebauungsmöglichkeiten geschaffen. Es handelt sich um ein Baufenster auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... (...) im ansonsten bebauten südöstlichen Planbereich, um ein Baufenster auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... und ... der Antragstellerin zu 1 (künftig Nr. ...) im mittleren Plangebiet sowie um ein Baufenster auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... (künftig Nr. ...) im nordöstlichen Planbereich. Für das Baufenster Nr. 7 besteht ein 1984 erteilter und seither mehrfach verlängerter positiver Bauvorbescheid. Die Bebauung im Baufenster Nr. 10/2 wurde 2005 auf Grundlage eines 2003 erteilten Bauvorbescheids genehmigt. Die westlich angrenzenden Grundstücke Flst.-Nrn. ... und ... (... … und …) sind aufgrund von Baugenehmigungen von 2000 und 2002 bebaut; diese fußen auf einem dem Ehemann der Antragstellerin zu 3. erteilten Bauvorbescheid von 1993, der unter der Bedingung erging, dass durch Baulast auf die Bebauung der Flst.-Nrn. ... und ... an der Bauflucht verzichtet werde; diese Verzichtsbaulast wurde übernommen, „sofern eine Bebauung nicht durch eine Änderung der planungsrechtlichen Situation künftig zulässig ist“. Im Übrigen bleibt der mittlere Planbereich wie bisher unbebaut, die vegetationsfähigen Freiflächen sind als solche herzustellen und dauerhaft zu unterhalten. Für die einzelnen Baufenster werden Festsetzungen über die maximalen Grund- und Geschossflächen sowie zur Höhenlage der Gebäude getroffen, die Zahl der Wohneinheiten wird jeweils auf zwei begrenzt. Zur inneren Erschließung des Plangebiets werden private Erschließungsflächen ausgewiesen und zahlreiche Geh-, Fahr- und Leitungsrechte festgesetzt. Zusätzlich enthält der Bebauungsplan örtliche Bauvorschriften, u.a. zur Farbgebung von Dächern, zu Dachaufbauten, zur maximalen First- und Gebäudehöhe sowie zur Anzahl von Stellplätzen. Zweck des Bebauungsplans ist es nach der Planbegründung unter anderem, im Plangebiet eine eindeutige Rechtssituation zu schaffen, unter Übernahme und Ergänzung des alten Ortsbauplans und unter Berücksichtigung der teilweise unveränderbaren Verkehrssituation die Gebietsstrukturen zu erhalten und zu sichern (locker bebautes Wohngebiet mit Ein- und höchstens Zweifamilienhäusern und Villen), das Landschaftsbild zu erhalten und zu entwickeln, die örtlichen Blickbeziehungen zu erhalten (Erhalt der Obstbaumwiese gegenüber dem alten Friedhof, Lage des neuen Baufelds entlang der bestehenden Bauflucht) sowie den Siedlungsrand auszuformen. Das neue Baufenster Nr. 10/1 wird für vertretbar gehalten, da es die Baureihe oberhalb der steil abfallenden Hangkante vervollständige, zusammen mit dem Baubestand den südlichen Siedlungsrand darstelle und die Sichtbeziehungen von der Zimmerhardtstraße aus zum Merkur und den Höhenlagen des Schwarzwaldes an dieser Stelle nicht beeinträchtige.
Am 18.02.2004 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin die Aufstellung des Bebauungsplans und am 25.10.2004 die frühzeitige Bürgerbeteiligung. Beide Beschlüsse wurden ortsüblich bekannt gemacht. Der räumliche Geltungsbereich umfasste seinerzeit auch die Rosen- und die Zimmerhardtstraße sowie die östlich des Friedhofs im Norden an die Zimmerhardtstraße angrenzenden Grundstücke. Dabei waren zwei Alternativen (A + B) angedacht und wurden zur Diskussion gestellt. Beide Alternativen sahen als Möglichkeit „maßvoller Nachverdichtung“ zwei bzw. drei zusätzliche Baufenster auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... und ... vor. In der Alternative A war zusätzlich ein Baufenster im hinteren, hangabwärts gelegenen Teil der Flst.-Nrn. ... - ... vorgesehen. Gegen beide Alternativen wurden Einwendungen anderer Gebietsbewohner erhoben, die im Wesentlichen die unzureichende Erschließung beklagten und sich gegen das Nachverdichtungskonzept wandten. Die frühzeitige Unterrichtung der Nachbargemeinden und der beteiligten Behörden fand zwischen Dezember 2004 und März 2005 statt. Am 16.11.2005 billigte der Gemeinderat den - sowohl im räumlichen Geltungsbereich verkleinerten als auch unter überwiegender Aufgabe des Nachverdichtungskonzepts geänderten - Planentwurf. Dieser sah nur noch ein neues Baufenster auf dem Grundstück Flst.-Nrn. ... sowie den Wegfall des Baufensters aus den Flurstücken-Nrn. ... - ... vor, die Planalternativen A und B wurden nicht weiter verfolgt. Die beschlossenen Pläne lagen, entsprechend der öffentlichen Bekanntmachung vom 22.12.2005, vom 02.01. bis zum 03.02.2006 öffentlich aus (1. Offenlage). Die Stellungnahme der Träger öffentlicher Belange wurde mit Schreiben vom 20.12.2005 eingeholt. Im Rahmen der Offenlage gingen Einwendungen ein, u.a. auch solche der Antragstellerinnen, die eine Bebauungsmöglichkeit auch auf den Freiflächen entlang der Zimmerhardtstraße „auf der Grundlage von § 34 BauGB“ forderten. Der daraufhin - an anderer Stelle (private Zufahrtsfläche im südwestlichen Plangebiet) - geringfügig geänderte Entwurf wurde im vereinfachten Verfahren vom 20.02. - 06.03.2006 ausgelegt, worauf am 11.02.2006 durch öffentliche Bekanntmachung hingewiesen worden war. Am 24.04.2006 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin über die eingegangenen Bedenken und Anregungen. Die Anregungen der Antragstellerinnen wurden zurückgewiesen. Auf den Grundstücken entlang der Zimmerhardtstraße sei eine Bebauung auch jetzt schon unzulässig. Mit der Aufstellung des Bebauungsplans sollten die bestehenden Festsetzungen des Ortsbauplans neu geregelt werden. Um die alten Planungsziele aufzugreifen, werde neben der Bestandssicherung eine Neubebauung nur entlang der Baufluchten des Ortsbauplans zugelassen. Der Erhalt des Orts- und Landschaftsbildes mit seinen spezifischen örtlichen Sichtbeziehungen unter Einbezug der naturschutzrechtlichen Belange habe bei der neuen Planung Priorität. Die Grundstücke entlang der Zimmerhardtstraße seien demnach für eine Bebauung nicht geeignet. Es handle sich um eine exponiert liegende Fläche am Ortsrand gegenüber dem alten Friedhof von Ebersteinburg. Eine Bebauung an dieser Stelle hätte nachteilige Auswirkungen auf die freie Sichtbeziehung ins Tal, zum Merkur und in die freie Landschaft. Mit einer baulichen Verdichtung an dieser Stelle würde die heutige Siedlungsstruktur verändert mit erheblichen, nicht vertretbaren Eingriffen in das Orts- und Landschaftsbild. Die ortsbildprägende Grünzäsur würde aufgehoben und damit eine wichtige Zielsetzung des Bebauungsplans in Frage gestellt. Gleiches gelte auch bei einer von den Antragstellerinnen gewünschten weiteren Bebauung der Grundstücke Flst.-Nrn. ... und .... Anschließend beschloss der Gemeinderat den Bebauungsplan sowie die örtlichen Bauvorschriften als Satzung. Der Beschluss wurde am 12.05.2006 ortsüblich bekannt gemacht, die Ergebnisse der Abwägung wurden den Einwendern mitgeteilt.
Am 06.11.2006 haben die Antragstellerinnen ein Normenkontrollverfahren eingeleitet. Sie machen zusammengefasst geltend: Als Grundstückseigentümerinnen im Plangebiet seien sie antragsbefugt und auch ein Rechtsschutzinteresse sei gegeben. Dieses fehle nicht etwa deswegen, weil sich die Rechtslage für sie auf Grundlage des bei Plannichtigkeit wieder auflebenden alten Baufluchtenplans nicht verbessere. Denn dieser alte Baufluchtenplan sei seinerseits nichtig. Er sei vor Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes nicht wirksam genehmigt worden und habe daher auch nicht wirksam zum 29.06.1961 nach § 173 Abs. 3 BBauG übergeleitet werden können; daran ändere die nachträgliche Genehmigung durch das Regierungspräsidium Freiburg von 1965 nichts. Unabhängig davon seien auch die Bebauungsvorschriften nach 20 Jahren außer Kraft getreten, was sich auch auf den Baufluchtenplan auswirke. Im Übrigen sei der Straßen- und Baufluchtenplan von 1954 aber aufgrund der Änderungssatzung der Gemeinde Ebersteinburg vom 09.09.1968 durch den neuen Straßen- und Baulinienplan vom 05.04.1964 ersetzt worden. Dies sei, auch wenn sich dieser neue Plan nur auf die Bereiche „Herrenäcker“ und „Zieläcker“ beziehe, zumindest konkludent so geschehen. Schließlich sei der Straßen- und Baufluchtenplan von 1954 auch wegen abweichender tatsächlicher Bebauung auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ..., ..., ..., ... und ... funktionslos geworden. Das Rechtsschutzinteresse müsse zumindest wegen der Chance bejaht werden, dass die Antragsgegnerin den Baufluchtenplan, seine Gültigkeit unterstellt, bei erfolgreichem Ausgang des Normenkontrollverfahrens ändern bzw. einen neuen Bebauungsplan mit für den Antragstellerinnen günstigeren Festsetzungen aufstellen werde.
Die Anträge seien auch begründet. Die Eigentümerinteressen der Antragstellerinnen seien unverhältnismäßig hintangesetzt worden. Den Antragstellerinnen zu 2 und 3 (Eigentümerinnen der Grundstücke Flst.-Nrn. ..., ... und ...) sei als einzigen Grundstückseigentümern im Plangebiet keine Bebauungsmöglichkeit eingeräumt worden. Auch die Eigentumsinteressen der Antragstellerin zu 1 an einer Bebaubarkeit des Grundstücks Flst.-Nr. ... seien unangemessen zurückgesetzt worden. Verglichen mit der sonstigen Bebauung im Plangebiet würden vier bis sechs Baufelder auf dieses große Grundstück „passen“. Der pauschale Ausschluss einer Bebauung entlang der Zimmerhardtstraße unter Hinweis auf Sichtbeziehungen und Landschaftsschutz stelle eine gleichheitswidrige und unverhältnismäßige Inanspruchnahme Privater für öffentliche Zwecke dar. Die ins Feld geführten Belange für die Freihaltung des Grundstücks seien objektiv nicht hinreichend gewichtig und es bestünden zudem auch die Eigentumsinteressen schonendere Alternativen. Dies habe auch die Antragstellerin in der früheren Planalternative A so gesehen. Die Sicht- und Blickbeziehungen ins Tal und zum Merkur erforderten es nicht, die Bebauung der Flurstücke entlang der Zimmerhardtstraße vollständig auszuschließen. Der Ausblick bleibe auch bei einer schonenden Bebauung der Grundstücke Flst.-Nrn. ..., ... und ... sowie des westlichen Teils des Flurstücks Nr. ... in mehr als ausreichendem Maß erhalten, und zwar sowohl von der Zimmerhardtstraße wie vom Sonnenweg (oberhalb des alten Friedhofs) aus. Dies ergebe sich aus den von den Antragstellerinnen vorgelegten Fotos und Fotomontagen, während die Lichtbilder und Modelle der Antragsgegnerin übertrieben und unrealistisch seien. Der Verzicht auf Baufluchten im alten Bebauungsplan, dessen Gültigkeit unterstellt, könnten einen Bebauungsausschluss nach heutigen städtebaulichen Vorstellungen (§ 1 Abs. 5 Satz 1 BauGB) nicht mehr ohne weiteres rechtfertigen. Wenn der Gemeinderat auf den damaligen Plan abstelle, so könne dies nur als abwägungsdefizitär bezeichnet werden. Entgegen der Planbegründung würde mit einer randständigen und behutsamen Bebauung der betroffenen Grundstücke auch nicht erheblich in das Orts- und Landschaftsbild eingegriffen. Das Orts- und Landschaftsbild würde sich lediglich und in Übereinstimmung mit der vorhandenen Siedlungsstruktur verändern. Auch eine das Ortsbild prägende Grünzäsur würde nicht aufgegeben, sondern der Kernbereich der unbebauten Obstbaumwiese unterhalb des Friedhofs bliebe erhalten.
Die Antragstellerinnen beantragen,
den Bebauungsplan „Ebersteinburger Straße/Zimmerhardtstraße“ der Antragsgegnerin vom 24.04.2006 für unwirksam zu erklären.
10 
Die Antragsgegnerin beantragt,
11 
die Anträge abzulehnen.
12 
Sie hält die Anträge mangels Rechtsschutzinteresse bereits für unzulässig. Die Antragstellerinnen könnten ihre Grundstücke auch im Falle einer Plannichtigkeit nicht bebauen. Einer Bebauung stehe dann der 1957 festgestellte Straßen- und Baufluchtenplan von 1954 entgegen, der weiter gelte und auch nicht funktionslos geworden sei. Die Anträge seien jedenfalls aber unbegründet. Die Planziele - Erhaltung des Landschaftsbildes und der besonderen Blickbeziehungen - könnten angesichts der bestehenden Bebauung entlang der Zimmerhardtstraße nur durch eine weitgehende Freihaltung der Grundstücke der Antragstellerinnen erreicht werden. Dies schließe eine Bebauung der Grundstücke Flst.-Nrn. ..., ..., ... und ... aus. Die höhere Gewichtung eines freien Blicks gegenüber den Eigentümerbelangen halte sich in jedem Fall innerhalb des der Gemeinde eingeräumten Abwägungsspielraums. Die Freihalteplanung sei auch mit heutigen städtebaulichen Grundsätzen vereinbar. Der Gemeinderat habe auch keinesfalls die Festsetzungen des früheren Bebauungsplans einfach übernommen, sondern sich anhand einer eigenständigen Abwägung für die Freihaltung des Bereichs unterhalb der Zimmerhardtstraße entschieden.
13 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Bebauungsplanakten (3 Bände), auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze samt den wechselseitig vorgelegten Lichtbildern sowie auf das Ergebnis der mündlichen Verhandlung und den dort vom Prozessbevollmächtigen der Antragstellerinnen gestellten Beweisantrag sowie auf die Gründe für dessen Ablehnung verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
A.
14 
Die Anträge der Antragstellerinnen sind gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist gegeben.
I.
15 
Die Antragstellerinnen können geltend machen, durch den Bebauungsplan in ihren Rechten verletzt zu werden. Sie sind sämtlich Eigentümerinnen von Grundstücken innerhalb des Plangebiets. Der Bebauungsplan bestimmt mithin unmittelbar Inhalt und Schranken der Nutzung ihres Grundeigentums nach Art. 14 Abs. 1 GG. Die Antragstellerinnen wenden sich auch gegen Festsetzungen im Bebauungsplan, die unmittelbar ihre Grundstücke betreffen. Sie beanstanden, dass auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... - ... einerseits und auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... andererseits nicht, wie gewünscht, ein oder mehrere Baufenster ausgewiesen sind, sondern dass der Bebauungsplan diese Grundstücke vollständig (Flst.-Nrn. ... - ...) bzw. ganz überwiegend (Flst.-Nr. ... mit Ausnahme der bestehenden Villa und einer geringfügigen Erweiterungsmöglichkeit) mit einem Bauverbot belegt (nicht überbaubare Grundstücksflächen nach § 23 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 BauNVO) und den Eigentümern zudem aufgibt, sie als Vegetationsflächen zu unterhalten. Die Antragstellerinnen tragen, was für die an die Anforderungen des § 42 Abs. 2 VwGO angeglichene Antragsbefugnis ausreicht, auch substantiiert Tatsachen vor, die es möglich erscheinen lassen, dass sie durch diese Einschränkung der Bebaubarkeit in ihrem Grundeigentum verletzt sind (ständige Rspr., vgl. etwa BVerwG, NK-Urteil vom 10.03.1998 - 4 C N 6.97 -, NVwZ 1998, 732).
II.
16 
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin kann den Antragstellerinnen auch das erforderliche Rechtsschutzinteresse an der Durchführung des Normenkontrollverfahrens nicht abgesprochen werden.
17 
1. Mit dem Erfordernis des Vorliegens eines allgemeinen Rechtsschutzinteresses neben der Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO soll vermieden werden, dass die Gerichte in eine Normprüfung eintreten müssen, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist. Zu fragen ist, ob der jeweilige Antragsteller durch die von ihm angestrebte Nichtigerklärung des Bebauungsplans seine Rechtsstellung verbessern kann. Dafür ist nicht erforderlich, dass die begehrte Nichtigerklärung unmittelbar zum eigentlichen Rechtsschutzziel führt; eines unmittelbaren rechtlichen Vorteils bedarf es daher nicht. Für das Rechtsschutzinteresse reicht es vielmehr aus, dass sich nicht ausschließen lässt, dass die gerichtliche Entscheidung für den Antragsteller von Nutzen sein kann. Hierfür genügt es, wenn - im Sinne einer tatsächlichen Prognose - zu erwarten ist, dass die Gemeinde einen neuen Bebauungsplan mit möglicherweise für den Antragsteller günstigeren Festsetzungen aufstellen wird; unnütz wird das Normenkontrollgericht nur dann in Anspruch genommen, wenn der jeweilige Antragsteller unabhängig vom Ausgang des Normenkontrollverfahrens keine reale Chance hat, sein eigentliches Ziel zu erreichen (vgl. zu all dem BVerwG, BVerwG, Urteil vom 23.04.2002 - 4 CN 3.01 -, NVwZ 2002, 1126; Beschluss vom 17.12.1992 - 4 N 2.91 -, DVBl. 1993, 444; Beschluss vom 25.05.1993 - 4 NV 50.92 -, NVwZ 1994, 268).
18 
2. Gemessen daran hat der Senat hier am Vorliegen eines Rechtsschutzinteresses keinen Zweifel. Selbst wenn - bei Plannichtigkeit - der alte Straßen- und Baufluchtenplan von 1954/57 wieder aufleben und keine zusätzliche Bebaubarkeit der Grundstücke der Antragstellerinnen zulassen sollte, wäre ein jedenfalls ausreichender tatsächlicher Vorteil an der Durchführung des Normenkontrollverfahrens zu bejahen. Bei prognostischer Betrachtung wäre dann zu erwarten, dass die Antragsgegnerin - zur Umsetzung ihres grundsätzlichen Planziels, gesicherte und aktualisierte Planungsgrundlagen samt maßvollen Erweiterungsmöglichkeiten zu schaffen - einen neuen Bebauungsplan aufstellen würde. Dabei lässt sich keinesfalls ausschließen, dass der neue Plan für die Antragstellerinnen möglicherweise (wenn auch nur teilweise) günstigere Festsetzungen zur Ausnutzbarkeit ihrer Grundstücke enthalten könnte. Im Übrigen wäre eine Unwirksamkeit des streitigen Bebauungsplans wohl selbst dann für die Antragstellerinnen von - was ausreicht - praktischem Nutzen, wenn sich die planungsrechtliche Situation bei Unwirksamkeit des neuen Plans nicht ändern und es beim früheren Bebauungsplan mit nahezu denselben Festsetzungen bleiben würde. Denn dann wäre zumindest fraglich, ob die Antragstellerinnen mit einer Realisierung der Planung auf Grundlage des alten Plans aus tatsächlichen Gründen und wegen rechtlicher Unsicherheiten rechnen müssten (zu diesem Gesichtspunkt vgl. ausdrücklich auch BVerwG, Urteil vom 23.04.2002, a.a.O.).
B.
19 
Die Anträge sind jedoch nicht begründet.
I.
20 
Beachtliche Verfahrensmängel bei der Planaufstellung, im Offenlegungsverfahren oder beim Satzungsbeschluss werden nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich. Der Bebauungsplan ist auch mit einer ausführlichen und den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Begründung versehen. Ein Umweltbericht, wie er nach § 2a Satz 2 Nr. 2 BauGB i.d.F. des EAGBau 2004 vom 24.06.2004 (BGBl. I, S. 2414) grundsätzlich verlangt wird, war vorliegend nicht erforderlich. Denn nach § 244 Abs. 2 Satz 1 BauGB war das - bis zum 20.07.2004 förmlich eingeleitete und vor dem 20.07.2006 abgeschlossene - Verfahren nach den Vorschriften des BauGB in der vor dem 20.07.2004 geltenden Fassung durchzuführen, und die Erstellung eines Umweltberichts nach Maßgabe von § 2a Abs. 1 BauGB a.F. (Fassung vom 27.07.2001) war mangels einer durchzuführenden Umweltverträglichkeitsprüfung nach § 3 UVPG nicht vorgeschrieben.
II.
21 
Auch hinsichtlich der Planerforderlichkeit (§ 1 Abs. 3 BauGB) bestehen keine Bedenken. Zur Planung befugt ist eine Gemeinde immer schon dann, wenn sie hierfür hinreichend gewichtige städtebauliche Allgemeinbelange ins Feld führen kann. Was im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen planerischen Konzeption, die Wahl der städtebaulichen Ziele liegt im planerischen Ermessen der Gemeinde. Nicht erforderlich sind nur solche Bebauungspläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind. Damit handelt es sich beim Merkmal der „Erforderlichkeit“ um eine nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der (gemeindlichen) Planungshoheit (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.01.1993 - 8 C 670.91 -, BVerwGE 92, 8).
22 
Diesen Anforderungen des § 1 Abs. 3 BauGB wird der Bebauungsplan „Ebersteinburger Straße/Zimmerhardtstraße“ ohne weiteres gerecht. Anlass der Planung ist es, den Erhalt und die Entwicklung des Plangebiets durch einen zeitgemäßen Bebauungsplan zu lenken und den alten Ortsbebauungsplan von 1954/57 zu überarbeiten. Dieser lasse den Willen des früheren Plangebers zum Teil nicht erkennen; zum Teil sei dieser Wille auf Grund von Rechtsänderungen oder der Rechtsprechung auch nicht mehr zu vermitteln und „z.B. mittels Baugenehmigungen durchzuhalten“. Der Antragsgegnerin geht es mithin darum, eine eindeutige Rechtslage im Plangebiet auf der Grundlage des wesentlichen Inhalts des alten Ortsbebauungsplans zu schaffen. Die Gebietsstrukturen, der Wohnbestand und die große Freifläche in der Gebietsmitte sollen auf diese Weise erhalten und gesichert werden. Anliegen des Bebauungsplans ist es ferner, die teilweise unveränderbare Verkehrssituation auf den schmalen Erschließungsstraßen zu berücksichtigen, das Landschaftsbild zu erhalten und zu entwickeln, den Siedlungsrand auszuformen, das Ortsbild zu bewahren sowie - durch Erhalt der Obstbaumwiese gegenüber dem Friedhof und durch Positionierung des neuen Baufelds auf dem Flurstück-Nr. ... im Bereich der westlichsten alten Bauflucht - die bestehenden örtlichen Blickbeziehungen zu erhalten (vgl. dazu den Katalog der Planungsziele in Ziff. 4.5 der Planbegründung). Damit dient der Bebauungsplan in mehrfacher Hinsicht dazu, gewichtige, vom Gesetzgeber anerkannte städtebauliche Belange umzusetzen (vgl. insbesondere § 1 Abs. 6 Nrn. 4, 5 und 7 BauGB). Diese Ziele rechtfertigen, wie unten darzulegen sein wird, auch die Planung.
III.
23 
Die Festsetzungen im Bebauungsplan sind auch von Ermächtigungsgrundlagen gedeckt und in ihren inhaltlichen Aussagen hinreichend bestimmt. Der Bebauungsplan trifft für jedes Baufenster gesonderte Regelungen zum Maß der baulichen Nutzung, zu den Grund- und Geschossflächen und zur Höhenlage (vgl. §§ 16 Abs. 2 Nr. 4, 18 Abs. 1 BauNVO). Die Festsetzung der Wohnungshöchstzahl je Gebäude beruht auf § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB, die der privaten Verkehrsflächen auf § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB. Die höchstzulässigen First- und Gebäudehöhen werden als landesrechtliche örtliche Bauvorschriften auf der Grundlage von § 74 Nr. 1 LBO detailliert festgelegt. Die Festsetzung über die Gestaltung der nicht überbaubaren Grundstücksflächen schließlich beruht auf § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB.
IV.
24 
Mit den von den Antragstellerinnen beanstandeten Festsetzungen verstößt der Bebauungsplan auch nicht gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 BauGB (= § 1 Abs. 7 BauGB n.F.).
25 
Nach § 1 Abs. 6 BauGB (= § 1 Abs. 7 BauGB n.F.) sind bei der Aufstellung eines Bebauungsplans die einschlägigen öffentlichen und privaten Belange gerecht gegeneinander und untereinander abzuwägen. Die gerichtliche Kontrolle dieser von der Gemeinde vorzunehmenden Abwägung hat sich nach ständiger Rechtsprechung (grundlegend: BVerwG, Urteil vom 05.07.1974 - 4 C 50.72 -, BVerwGE 45, 309) auf die Prüfung zu beschränken, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat (kein Abwägungsausfall, keine fehlende Abwägungsbereitschaft), ob in sie an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge eingestellt werden musste (kein Abwägungsdefizit), ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange richtig erkannt worden ist (keine tatsächliche oder rechtliche Fehlbeurteilung) und ob der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit in einem angemessenen Verhältnis steht (keine Abwägungsdisproportionalität). Hat die Gemeinde diese Anforderungen beachtet, wird das Abwägungsgebot nicht dadurch verletzt, dass sie bei der Abwägung der verschiedenen Belange dem einen den Vorzug einräumt und sich damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.12.1969 - 4 C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 und vom 05.07.1974, a.a.O.). Die genannten Anforderungen beziehen sich sowohl auf den Abwägungsvorgang als auch auf das Abwägungsergebnis. Dabei ist gem. § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan abzustellen.
26 
1. Gemessen daran vermag der Senat entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen beachtliche Mängel im Abwägungsvorgang nicht zu erkennen.
27 
a) Der Gemeinderat der Antragsgegnerin war ersichtlich zur Abwägung der öffentlichen Belange mit den Eigentumsbelangen der Antragstellerinnen bereit und hat letztere auch sowohl im geltend gemachten als auch im von Amts wegen gebotenen Umfang in seine Erwägungen eingestellt. Der Antragsgegnerin kann daher entgegen dem Vorwurf der Antragstellerinnen in der mündlichen Verhandlung kein Abwägungsdefizit vorgehalten werden. Dies ergibt sich aus der Planbegründung sowie der vom Gemeinderat gebilligten Stellungnahme zu den Bedenken und Anregungen der Antragstellerinnen im Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 27.01.2006 (Anl. 5, A.4 der Vorlage zum Satzungsbeschluss). Die Antragstellerinnen hatten geltend gemacht, die „vorgesehenen Freiflächen längs der Zimmerhardtstraße“ würden „so nicht akzeptiert“. Es handle sich um „Baulücken nach § 34 der Landesbauordnung“ (gemeint: nach § 34 BauGB), so dass „hier auch Baufenster vorzusehen“ seien; Gleiches gelte auch für das Grundstück Flst.-Nr. .... Mit ihrer Forderung nach Bebaubarkeit der Flächen „längs“ der Zimmerhardtstraße wollten die Antragstellerinnen ersichtlich das Fehlen von Baufenstern im nördlichen straßenseitigen Bereich des Grundstücks Flst.-Nr. ... und der Grundstücke Flst.-Nrn. ... bis ... rügen. Damit bezogen sie sich auf ihre Bebauungswünsche aus der Bauvoranfrage vom 15.12.2003, die ein Wohnhaus mit einer Grundfläche von 198 qm und 5 m Straßenabstand zum Gegenstand hatte. Mit der Forderung nach straßennahen Baufenstern auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... und ... bis ... hat sich der Gemeinderat ausführlich und ausdrücklich auseinandergesetzt. Darüber hinaus hat sich der Gemeinderat erkennbar aber auch mit der Frage befasst, ob eine Bebauung der Grundstücke Flst.-Nrn. ... bis ... (wenigstens) in deren rückwärtigem Bereich - entsprechend der früheren Planungsalternative A - in Betracht komme, obwohl die Antragstellerinnen eine solche zurückversetzte Bebauung im Bebauungsplanverfahren selbst nicht zur Sprache gebracht hatten. Denn ausweislich der Planbegründung wurde auf die in den Planalternativen A und B für die Grundstücke der Antragstellerinnen noch vorgesehene erhebliche Nachverdichtung bewusst verzichtet, um an die bisherigen Baufluchten mit ihrer lockeren Baustruktur und ihrem Freihaltekonzept anzuknüpfen und der Verkehrssituation, den landschaftsplanerischen Belangen und den erhaltenswerten Blickbeziehungen Rechnung zu tragen. Mit diesen Zielen hielt der Gemeinderat eine weitere, über eine angemessene Bestandssicherung hinausgehende Bebauung der zentralen Freiflächen der Grundstücke Flst.-Nrn. ... und ... bis ... offenkundig für nicht vereinbar.
28 
b) Entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen ist dem Gemeinderat der Antragsgegnerin auch kein Rechtsfehler bei Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Ausgangslage unterlaufen. Der Gemeinderat ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Grundstücke der Antragstellerinnen im Wesentlichen schon bisher nicht bebaubar waren. Vor Inkrafttreten des Bebauungsplans richtete sich die Bebaubarkeit der Grundstücke Flst.-Nrn. ... und ... bis ... sowie des Grundstücks Flst.-Nr. ... hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche nicht nach § 34 BauGB, so dass offen bleiben kann, ob diese Flächen ganz oder teilweise überhaupt noch dem unbeplanten Innenbereich (Baulücken) oder aber dem Außenbereich nach § 35 BauGB (Außenbereichsinsel) zuzurechnen wären. Denn maßgebliche und wirksame Rechtsgrundlage war damals nach wie vor der Straßen - und Baufluchtenplan für die Gewanne „Brügel, Kapf, Zieläcker, Großbühnäcker, Herrenäcker und Langenäcker“, der als Baulinienplan übergeleitet wurde und mit seinem zeichnerischen Teil für das im - Wesentlichen das (Gebiet „Großbühnäcker“) umfassende - Plangebiet weitergalt. Dies ergibt sich, wie auch die Antragsgegnerin im Wesentlichen zutreffend darlegt, aus der Entstehungsgeschichte des alten Plans und den nachfolgenden Verfahrensschritten. Dazu ist im Einzelnen auszuführen:
29 
aa) Am 14.08.1954 wurde der Straßen- und Baulinienplan für die Gewanne „Brügel, Kapf, Zieläcker, Großbühnäcker, Herrenäcker und Langenäcker“ nebst Bebauungsvorschriften vom Gemeinderat der damals selbstständigen Gemeinde Ebersteinburg nach § 3 Abs. 2 des Badischen Ortsstraßengesetzes (BadOStrG) vom 30.10.1936 beschlossen. Am 14.12.1954 wurde der Bebauungsplan vom Regierungspräsidium Südbaden „grundsätzlich genehmigt“. Am 27.11.1957 beschloss das Landratsamt Rastatt gemäß § 3 Abs. 5 BadOStrG die Feststellung des Plans, und dieser Beschluss wurde ortsüblich bekannt gemacht. Diese Verfahrensweise war in ihrer zeitlichen Reihenfolge allerdings nicht gesetzeskonform. Eine „grundsätzliche“ Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde gab es nach damaligem Recht nicht, und die erforderliche (endgültige) Genehmigung nach § 7 Abs. 3 des Badischen Aufbaugesetzes vom 25.11.1949 (Bad. GVBl. 50 S. 29 - BadAufbauG -) konnte nach deren Sinn und Zweck erst nach ansonsten vollständigem Abschluss des Verfahrens - mithin erst nach der Feststellung des Bebauungsplans - erfolgen (vgl. dazu im Einzelnen: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.10.1963 - IV 25/61 -, Urteil vom 03.05.1979 - III 31/79 -, BRS 35, Nr. 41 und juris). Der Straßen- und Baufluchtenplan war daher damals nichtig (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 16.10.1973 und vom 03.05.1979, a.a.O.) und damit am Stichtag 30.10.1960 (Inkrafttreten der §§ 173 ff. BBauG, vgl. § 189 Abs. 1 BBauG) nicht „bestehend“ und infolgedessen nicht überleitungsfähig (vgl. dazu, dass „bestehende“ Vorschriften nur gültige Vorschriften sind, BVerwG, Urteil vom 07.05.1982 - 4 C 65.78 -, DÖV 1982, 1032). Jedoch hat das Regierungspräsidium Südbaden am 16.03.1965 nachträglich seine (abschließende) Genehmigung nach § 7 Abs. 3 BadAufbauG für den Bebauungsplan „in seiner Gesamtheit“ (Baufluchtenplan und Bebauungsvorschriften „für die Gewanne Zieläcker, Großbühnäcker, Herrenäcker und Langenäcker“ vom 09.02.1961) erteilt. Dieses Verfahren entsprach den Vorgaben der Überleitungsvorschrift des § 174 Abs. 1 BBauG. Danach wurden „eingeleitete“ Verfahren zur Aufstellung städtebaulicher Pläne nach den bisher geltenden Vorschriften weitergeführt, wenn die Pläne am Stichtag 30.10.1960 mindestens ausgelegt oder wenn mit ihrer Verlautbarung im Wege eines an Stelle der Auslegung gesetzlich vorgesehenen anderen Verfahrens begonnen worden war (vgl. dazu auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.07.1962 - I 364/62 -, ESVGH 12, 149 ff.). Diese Voraussetzungen waren auch hier gegeben. Der Straßen- und Baufluchtenplan (zeichnerischer Teil des Bebauungsplans) war zum Stichtag nicht nur aufgestellt, sondern auch längst nach § 3 Abs. 5 BadOStrG festgestellt. Lediglich die erforderliche abschließende Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde stand noch aus. Dass die Beteiligten dabei seinerzeit zu Unrecht von einem wirksamen Abschluss des Genehmigungsverfahrens und damit von der Überleitung des alten Plans nach § 173 Abs. 3 BBauG ausgingen, ist für die Anwendung des § 174 Abs. 1 BBauG unerheblich. Nach ihrem Wortlaut stellt die Vorschrift auf den objektiven Verfahrensstand ab. Auch Bebauungsplanverfahren, die nach altem Recht begonnen worden, aber wegen eines Rechtsfehlers noch nicht abgeschlossen sind, sind (erst) „eingeleitet“. Diese Betrachtungsweise entspricht auch Sinn und Zweck des § 174 Abs. 1 BBauG, begonnene Bebauungsplanverfahren nicht nach Maßgabe der §§ 1 ff. BBauG neu beginnen zu müssen, sondern auf Grundlage des erreichten Verfahrensstandes beschleunigt zu Ende führen zu können. § 174 Abs. 1 BBauG findet daher auch Anwendung auf die Abwicklung von am Stichtag des Inkrafttretens des BBauG wegen Verfahrensfehlern noch nicht „geltenden“ Pläne (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 07.05.1982 - 4 C 65.78 -, a.a.O. m.w.N.). Mithin konnte nicht nur, sondern musste vorliegend die Genehmigung des Regierungspräsidiums auf der Grundlage von § 7 Abs. 3 BadAufbauG nachgeholt werden. Diese Vorgehensweise entsprach auch dem ausdrücklichen Willen der Gemeinde Ebersteinburg. Diese hatte die Wahl, entweder einen völlig neuen Bebauungsplan nach dem BBauG aufzustellen oder das rechtlich bislang defizitäre Altverfahren nach § 174 Abs. 1 BBauG zum Abschluss zu bringen. Sie hat sich für letzteres entschieden. Mit der ortsüblichen Bekanntmachung der Genehmigung, welche auch die zwischenzeitlich am 09.02.1961 nach § 174 Abs. 1 BBauG nach altem Recht als Polizeiverordnung beschlossenen Bebauungsvorschriften umfasste, trat der Bebauungsplan am 04.04.1965 in Kraft (vgl. Vermerk Bl. 226 d.A.).
30 
bb) Ab dem Inkrafttreten am 04.04.1965 galt der Bebauungsplan in entsprechender Anwendung des § 173 Abs. 3 BBauG als Bebauungsplan nach Bundesrecht weiter, soweit er verbindliche Regelungen nach dem BBauG enthielt (so zu einem vergleichbaren Fall VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.05.1994 - 3 S 1360/93 -, VGHBW-Ls. 1994, Beil. 8, B 8 und juris; ebenso OVG Münster, Urteil vom 08.05.1967 - X A 553/65 -, OVGE 23, 183 ff.). In seinem zeichnerischen Teil (Baufluchtenplan) legt der Bebauungsplan Straßen- und Baufluchten für die im Bereich dieser Straßen zulässige Bebauung fest. Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 d) BadAufbauG werden „Baufluchtenlinien“ umschrieben als „Linien, an denen die Gebäude gegen die Straße, Wege oder Plätze errichtet werden müssen. Die Baufluchtenlinien alten Rechts entsprechen damit Baulinien nach § 23 Abs. 2 BauNVO a.F. und gelten als solche weiter (dazu im Einzelnen VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.12.2005 - 5 S 1847/05 -, VBlBW 2006, 191). Der Baufluchtenplan schrieb daher für das jetzige Plangebiet vor, dass an die eingezeichneten Baufluchtlinien (mit geringfügigen Abweichungsmöglichkeiten nach § 23 Abs. 2 Satz 2 BauNVO a.F.) angebaut werden musste, außerhalb der Längsseiten und im Bereich bis zur jeweils vorgelagerten Straße (insbesondere also auch auf der Fläche bis zur Rosen- und zur Zimmerhardtstraße) aber ein Bauverbot bestand.
31 
cc) Der zeichnerische Teil des Bebauungsplans (Straßen- und Baufluchtenplan) galt für das Plangebiet auch ungeachtet des rechtlichen Schicksals der Bebauungsvorschriften und der Planänderung von 1968 weiter. Die durch Polizeiverordnung geregelten Bebauungsvorschriften von 1961 traten zwar gemäß § 18 Abs. 1 PolG 1955 nach 20 Jahren außer Kraft und diese Befristung der Geltungsdauer war auch im Zuge der Überleitung nach § 173 Abs. 3 BBauG (analog) nicht entfallen (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.10.1993 - 8 S 3087/92 -, VBlBW 1994, 280 f.; Beschluss vom 02.02.1994 - 5 S 2927/93 -, VGHBW-Ls 1994, Beil. 4, B 8 sowie juris). Dadurch wurde die Fortgeltung des zeichnerischen Teils des Bebauungsplans (Straßen- und Baufluchtenplan) aber nicht berührt. Dieser ist auch nicht nach den Grundsätzen über die Teil-/Gesamtnichtigkeit von Bebauungsplänen außer Kraft getreten, soweit diese Grundsätze hier überhaupt Anwendung finden. Denn der Fortbestand der Baufluchten (der grundsätzlichen Bebaubarkeit der Gebietsgrundstücke in Bezug auf die ihnen zugeordneten Straßenflächen) war auch ohne die Bebauungsvorschriften städtebaulich selbstständig sinnvoll und tragfähig und die Gemeinde Ebersteinburg wollte ersichtlich auch an diesem Gebietskonzept festhalten.
32 
dd) Der Straßen- und Baufluchtenplan von 1954/57 wurde für das hier maßgebliche Baugebiet „Großbühnäcker“ auch nicht durch den am 09.09.1968 beschlossenen Änderungsbebauungsplan der Gemeinde Ebersteinburg aufgehoben. Der Senat folgt insoweit der in einem Vermerk vom 13.05.1992 niedergelegten Rechtsauffassung der Antragsgegnerin. Nach § 1 der Satzung vom 09.09.1968 war Gegenstand der Änderung zwar der gesamte Straßen- und Baufluchtenplan von 1954/1957 sowie die gesamten Bebauungsvorschriften. Inhalt und Umfang der Änderung sind jedoch § 2 der Satzung zu entnehmen. Danach bezog sich die Änderung auf einen neueren Straßen- und Baufluchtenplan, einen neueren Gestaltungsplan vom 05.04.1964 i.d.F. vom 13.05.1968 sowie auf neuere Bebauungsvorschriften vom 05.04.1964 und maßgeblich war die Planbegründung vom 13.5.1968. Die Pläne von 1964/1968 umfassten aber jeweils nur das Umlegungsgebiet „Herrenäcker und Zieläcker“ und wurden zudem wörtlich als „Ergänzung“ des ursprünglichen Bebauungsplans von 1957 gekennzeichnet. In gleicher Weise wurde auch in den Bebauungsvorschriften vom 05.04.1964 darauf abgehoben, dass die getroffenen Festsetzungen sich beziehen auf die „Ergänzung für das Umlegungsgebiet Herrenäcker und Zieläcker“. Schließlich betonte auch die Planbegründung vom 13.05.1968, dass es darum gehe, die Folgen der 1963 festgestellten Baulandumlegung der Gewanne „Herrenäcker“ und „Zieläcker“ umzusetzen und dementsprechend den Bebauungsplan von 1957 „im Bereich der durchgeführten Baulandumlegung ergänzen zu lassen“. Aus diesen Formulierungen sowie dem klar definierten Planziel ergibt sich, dass der Änderungsbebauungsplan von 1968 den Ursprungsplan nicht etwa in vollem Umfang „ersetzen“ wollte (vgl. § 2 der Satzung), sondern sich beschränkte Geltung nur für das Umlegungsgebiet „Herrenäcker“ und „Zieläcker“ beimaß. Im übrigen alten Plangebiet sollte es ersichtlich bei den bisherigen - und weiterhin städtebaulich sinnvollen - planungsrechtlichen Regelungen bleiben.
33 
ee) Die Festsetzungen über die überbaubare Grundstücksfläche im Baufluchtenplan von 1954/57 waren entgegen der Auffassung der Antragstellerin im Plangebiet (Gebiet „Großbühnäcker“) schließlich auch nicht funktionslos geworden. Unwirksamkeit einer bauplanerischen Regelung kraft Funktionslosigkeit tritt dann ein, wenn und soweit die tatsächlichen Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, ihre Verwirklichung auf unabsehbare Zeit ausschließen und diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist für jede Festsetzung gesondert zu prüfen. Dabei kommt es nicht auf die Verhältnisse auf einzelnen Grundstücken an. Entscheidend ist vielmehr, ob die jeweilige Festsetzung noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen wirksamen Beitrag zu leisten. Das einer Festsetzung zugrunde liegende Plankonzept wird mithin nicht schon dann sinnlos, wenn es nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann. Erst wenn die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv und so offenkundig abweichen, dass der Bebauungsplan insoweit seine städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich noch zu erfüllen vermag, kann von einer Funktionslosigkeit die Rede sein. Die Festsetzung muss mithin unabhängig davon, ob sie punktuell durchsetzbar ist, bei gebietsbezogener Gesamtbetrachtung die Fähigkeit verloren haben, die städtebauliche Entwicklung noch in einer bestimmten Richtung zu steuern (st.Rspr., vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 28.4.2004 - 4 C 10.03 -, NVwZ 2004, 1244 m.w.N. sowie grundlegend bereits BVerwG, Urteil vom 29.4.1977 - 4 C 39.75 -, BVerwGE 54, 5 ff.).
34 
Gemessen daran sind (und waren im maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses) die Festsetzungen des Baufluchtenplans über die überbaubaren Grundstücksflächen nicht funktionslos geworden. Die bisherige Entwicklung im Plangebiet „Großbühnäcker“ hat hinsichtlich der Bebauung des Gebiets keine Entwicklung genommen, die eine Realisierung der Absichten des Baufluchtenplans ausschließt. Bezüglich der Gebäudeabstände zur Zimmerhardt- und Rosenstraße hin sind die Planvorgaben jedenfalls im Grundsatz eingehalten. Dies gilt zunächst für das östliche und westliche Plangebiet. Im Westen sieht der Baufluchtenplan jeweils straßennah drei getrennte Baulinien vor, im Osten weist er eine lange durchgezogene Baulinie aus. An diesen Baufluchten orientieren sich die vorhandenen Wohnhäuser im Westen (... ... ..., ... …, … … und …) sowie die beiden Villen im Osten (... … und …). Auch im hier maßgeblichen mittleren Plangebiet unterhalb des alten Friedhofs ist die Konzeption des Baufluchtenplans im Kern noch gewahrt und daher auch weiterhin aussagekräftig und umsetzungsfähig. Der Baufluchtenplan setzt in diesem Bereich drei Baulinien fest, die anders als im sonstigen Plangebiet weit (ca. 70 - 80 m) von der Straße zurückversetzt sind. Die dazwischenliegende Fläche soll auch nach dem alten Plan von jeglicher Bebauung freigehalten werden. Der derzeitige Baubestand (Villen auf den Grundstücken ... … und …) orientiert sich an diesen Planvorgaben. Der Bereich der dritten (westlichsten) Baulinie ist überhaupt noch nicht bebaut. Durchbrochen wird der Baufluchtenplan lediglich auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... (... …), auf dem 1980 - damals in Unkenntnis des existierenden Baufluchtenplans - ein Wohnhaus in Verlängerung der Baufluchten der westlichen Nachbargebäude genehmigt wurde. Dieser einmalige „Ausreißer“ führte jedoch nicht dazu, die Gestaltungsfunktion des alten Plans insgesamt ernsthaft in Frage zu stellen. Auch die sonstigen Abweichungen vom Konzept des Plans auf wenigen Grundstücken „in zweiter Reihe“ sind nicht von solchem Gewicht, dass dadurch die damaligen Planziele (lockere Bebauung, Freihaltung des mittleren Hangbereichs) irreparabel vereitelt würden.
35 
c) Der Gemeinderat der Antragsgegnerin ist im Satzungsbeschluss auch von in tatsächlicher Hinsicht zutreffenden Abwägungsgrundlagen ausgegangen. Entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen ist ihm insbesondere bei der Beurteilung und Bewertung der Sichtbeziehungen keine Fehleinschätzung unterlaufen.
36 
aa) Die tatsächlichen Verhältnisse auf den Grundstücken der Antragstellerinnen und deren Umgebung stellen sich wie folgt dar: Nach der Begründung zum Bebauungsplan werden die unbebauten und unversiegelten Flächen im mittleren Plangebiet durch eine Obstbaumwiese mit teilweisem Gehölzbestand und Hecken genutzt. Diese Beschreibung wird durch die von den Beteiligten vorgelegten Lichtbilder, insbesondere die jeweiligen Luftaufnahmen, nachdrücklich bestätigt (vgl. Bl. 257 der Gerichtsakte sowie etwa das von den Antragstellerinnen vorgelegte Beiheft zu S. 267 der Gerichtsakte und die zur mündlichen Verhandlung nachgereichten Fotos der Antragstellerinnen). Die Luftbilder belegen auch die weitere Feststellung in der Planbegründung, dass die unbebaute, dem alten Friedhof von Ebersteinburg gegenüberliegende Obstbaumwiese auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... und ... - ... der Antragstellerinnen den Gebietscharakter und das Ortsbild des Ortsteils Ebersteinburg maßgebend prägt. Ausweislich der Luftbilder und der übrigen Fotos fällt das Gelände vom Sonnenweg über die Grünflächen des alten Friedhofs bis zur Zimmerhardtstraße und von dort über den mit Obstbäumen bestandenen Hang weiter nach Südosten ab. Die Bebauung mit - wie dargestellt - zwei Villen setzt erst ca. 80 m unterhalb der Straße ein. Aus den Luftbildern wird auch deutlich, dass sich die an den alten Baufluchten orientierenden Gebäude ... … und … als Bestandteile einer den südöstlichen Ortsrand von Ebersteinburg markierenden Bebauungszeile darstellen. Diese Bebauungszeile wird nach Osten hin über die Gebäude ... ... ... ... (Flst.-Nr. ...), das bebaute Baufenster Nr. 10/2 auf Flst.-Nr. ... und das Gebäude ... ... ... (Flst.-Nr. ...) fortgeführt; in Richtung Westen schließen sich die Gebäude ... ... ... (Flst.-Nr. ...) und ... ... ... (Flst.-Nr. ...) an. Diese Ortsrandabgrenzung ist topographisch bedingt und erklärbar. Denn jenseits der genannten Bebauungszeile verläuft eine prägnante Hangkante, an deren Fuß sich das Krankenhaus Ebersteinburg befindet.
37 
Ausweislich der in der mündlichen Verhandlung eingesehenen Fotos der Beteiligten eröffnet sich sowohl vom Sonnenweg wie auch von der Zimmerhardtstraße (dem sog. „Panoramaweg“) aus zur Zeit ein weitgehend freier Blick über die landschaftstypische Obstbaumwiese hinab ins Tal, auf den gegenüberliegenden Merkur und auf die Kette der dahinterliegenden Schwarzwaldgipfel (zu diesem „Sicht-Bestand“ vgl. insbesondere die die gegenwärtigen Verhältnisse abbildenden Fotos der Antragstellerinnen [Standort Sonnenweg] und die mit Schriftsätzen vom 10. und 11.03.2008 vorgelegten und eingesehenen Lichtbilder der Antragsgegnerin [Standort Zimmerhardtstraße]). Der Blickausschnitt vom Bereich des alten Friedhofs aus ist landschaftlich besonders reizvoll, zeigt er doch exemplarisch die Einbettung Ebersteinburgs in das Schwarzwaldvorland. Diese hochwertige, nach Südosten gerichtete Sichtschneise ist gegenwärtig im Bereich zwischen den Gebäuden ... ... und ... auf einer Breite von ca. 100 m ganz überwiegend noch frei und unverstellt. Die entsprechend dem Baufluchtenplan weit zurückgesetzten und deutlich tieferliegenden Gebäude ... ... und ... treten sowohl vom Sonnenweg wie von der Zimmerhardtstraße aus räumlich nur sehr untergeordnet in Erscheinung. Das Dach des Hauses ... ... wirkt völlig unauffällig. Die straßenseitige Front des Hauses ... ... tritt zwar farblich stärker hervor, nimmt aber nur den unteren äußeren Rand des Blickfeldes ein. Auch dies zeigen die von den Beteiligten vorgelegten und eingesehenen Fotos deutlich.
38 
bb) Die an diese tatsächliche Ausgangslage anknüpfenden Erwägungen der Antragsgegnerin sind nicht zu beanstanden. Ziel des Bebauungsplans ist es, das beschriebene gegenwärtig bestehende hochwertige Aussichtsniveau zu erhalten, d.h. es vor über den Status quo (den „Sündenfall“ des Wohnhauses ... ...) hinausgehenden zusätzlichen Beeinträchtigungen zu schützen (vgl. Ziff. 4.5 der Planbegründung). Der Gemeinderat der Antragsgegnerin ist zutreffend davon ausgegangen, dass die streitigen Bauverbote für die Grundstücke der Antragstellerinnen erforderlich sind, um dieses Planziel zu erreichen. Massive Beeinträchtigungen der Aussicht würden offenkundig dann eintreten, wenn die Obstbaumwiese unterhalb der Zimmerhardtstraße in Fortführung der östlichen und westlichen Baufluchten straßennah mit mehreren Wohnhäusern - seien diese auch nur eingeschossig - bebaut würde. Dies lässt sich jedenfalls vom Standort Zimmerhardtstraße aus ohne weiteres anhand der beiderseitigen Fotos feststellen, ohne dass hierbei auf die möglicherweise in ihren Dimensionen übertriebenen Fotomontagen der Antragsgegnerin zurückgegriffen werden muss. Die Aussicht von der Zimmerhardtstraße aus würde darüber hinaus ferner dann gravierend beschnitten, wenn entsprechend der Bauvoranfrage des Ehemanns der Antragstellerin zu 3 auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... - ... auch nur ein zusätzliches Gebäude straßennah (5 m Abstand) errichtet würde. Die bislang weitestgehend freie Blickschneise mit Fernblick würde auch dann zu einem ganz wesentlichen Teil verstellt und dadurch verschmälert werden. Umfang und Qualität der hochwertigen Sichtbeziehung von der Zimmerhardtstraße aus würden schließlich auch dann spürbar in Mitleidenschaft gezogen, wenn die Grundstücke Flst.-Nrn. ... - ... (bzw. zusätzlich auch das Grundstück Flst.-Nr. ...) mit größerem Straßenabstand, also tieferliegend, bebaut würden. Insofern sind die frühere Planalternative A oder die dieser weitgehend nachgebildete Alternativplanung der Antragstellerinnen („Haus 1“) in den Blick zu nehmen. Art und Umfang der Auswirkungen einer derart zurückversetzten Bebauung lassen sich anhand der vorliegenden und eingesehenen Lichtbilder erkennen und sind letztlich auch zwischen den Beteiligten unstreitig. Selbst wenn der Senat die Fotomontagen der Antragstellerinnen als zutreffend unterstellt, muss von einer wesentlichen und spürbaren Beeinträchtigung der vorhandenen Aussichtslage ausgegangen werden (vgl. etwa den Vergleich zwischen Original und Fotomontage bezüglich „Haus 1“ in dem Anlagenbeiheft zu Bl. 267 der Gerichtsakte und der zur mündlichen Verhandlung nachgereichten Fotomontage). Zwar mag es in diesem Fall nach den Berechnungen der Antragstellerinnen zutreffen, dass ein auf der Zimmerhardtstraße stehender Betrachter noch über den First der nach Südosten gerückten Gebäude in gerader Blickrichtung hinwegblicken kann. Dessen ungeachtet würde aber auch dann die untere Hälfte des Sichtfeldes mit dem Blick auf die naturnahe Obstbaumwiese und das Tal durch querstehende Hausfassaden verstellt und dadurch das schon jetzt an den Rändern relativierte Erlebnis freier optischer Beziehung zur Landschaft deutlich gemindert (vgl. dazu wiederum die Fotomontage der Antragstellerinnen zu „Haus 1“, zum anderen aber auch die mit Schriftsatz vom 11.03.2008 vorgelegten Fotos der Antragsgegnerin, die den jetzigen Blick nach Südosten mit dem Wohnhaus ... ... links im Hintergrund zeigen). Die Fotomontage vom 11.03.2008 zu „Haus 1“ steht diesem Eindruck nicht entgegen. „Haus 1“ wird auch hier ungleich störender wahrgenommen als die Bestandsbebauung. Im Übrigen wird „Haus 1“ nur zur Hälfte und damit nur ein Teil des wirklichen Blickfeldes dargestellt. Die bestehenden Sichtbeziehungen sowie die hier offenen Landschaftsstrukturen, die der Bebauungsplan sichern soll, wären mithin auch dann noch deutlich beeinträchtigt. Eben dieser Gesichtspunkt war für die Antragsgegnerin u.a. auch Anlass, von der Bebaubarkeit der Grundstücke Flst.-Nrn. ... - ... gemäß Planalternative A wieder abzurücken (vgl. Planbegründung S. 7).
39 
Vor diesem Hintergrund bestand kein Anlass für den Senat, dem Beweisantrag der Antragstellerinnen auf Einnahme eines Augenscheins der Örtlichkeiten im Hinblick auf die Sichtbeziehungen zu entsprechen. Die tatsächlichen Sichtverhältnisse vor und nach Realisierung der im Beweisantrag genannten Gebäude sind angesichts der zahlreichen und aussagekräftigen Fotos nicht beweisbedürftig. Soweit der Beweisantrag sich darauf bezieht, ob das Maß der Sichtbeeinträchtigung es rechtfertigt, eine Bebauung auf den Grundstücken der Antragstellerinnen völlig auszuschließen, ist diese Frage nicht tatsächlicher Natur - und damit nicht des Beweises durch Augenschein zugänglich -, sondern betrifft eine Rechtsfrage im Rahmen der Prüfung des Abwägungsgebots.
40 
2. Der Bebauungsplan „Ebersteinburger Straße/Zimmerhardtstraße“ kann auch im Ergebnis nicht beanstandet werden. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin hat - auf Grundlage seiner vorstehend dargelegten rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen - das Interesse der Antragstellerinnen an einer höheren Ausnutzbarkeit ihrer Grundstücke (Art. 14 Abs. 1 GG) ohne Überschreitung seines Planungsermessens mit den für die streitige Planung sprechenden öffentlichen Belangen abgewogen. Dabei konnte er letzteren im Rahmen seines Planungsermessens den Vorrang einräumen.
41 
a) Die Antragstellerinnen müssen sich darauf verweisen lassen, dass ihre Grundstücke Flst.Nrn. ... und ..., ... - wie ausführlich dargelegt - schon bisher außerhalb der Baufluchten/Baulinien nicht bebaut werden durften. Der streitige Bebauungsplan knüpft an dieses bestehende und wirksame Bauverbot lediglich an. Er verschlechtert die Eigentumsrechte der Antragstellerinnen nicht. Die Abwägungsgrundsätze, die beim Entzug eines Baugrundstücks durch Bebauungsplan zugunsten dessen öffentlicher Nutzung (Verlust der Privatnützigkeit) gelten (vgl. dazu zuletzt etwa BVerwG, Beschluss vom 14.06.2007 - 4 BN 21.07 -, juris), sind daher vorliegend nicht anwendbar. Dies mindert das Gewicht und die Schutzwürdigkeit der privaten Interessen der Antragstellerinnen deutlich. Die Interessen der Antragstellerinnen an einer zusätzlichen Ausnutzbarkeit ihrer Grundstücke werden vom Plangeber nicht missachtet, sondern im Rahmen des Plankonzepts angemessen berücksichtigt. Auf Höhe der bisherigen westlichsten Bauflucht setzt der Bebauungsplan ein geräumiges Baufenster fest. Zudem wird das bestehende und (irrtümlich) auf Grundlage von § 34 BauGB genehmigte Gebäude auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... durch Festsetzung eines weiteren Baufensters über seinen Bestandsschutz hinaus planungsrechtlich abgesichert. Bei Bewertung der Eigentumsinteressen der Antragstellerinnen ist schließlich - mit der Planbegründung - auch die Vorgeschichte zu berücksichtigen. Ursprünglich wurde für das Grundstück Flst.-Nr. ... (... ... ...) eine Baugenehmigung nur gegen Verzicht auf eine Bebauung der Grundstücke Flst.-Nrn. ... und ... erteilt, um „per saldo“ den vorhandenen Baubestand im Interesse einer aufgelockerten landschaftstypischen Bebauung nicht zu überschreiten. Auf Grund einer entsprechenden Klausel in der den Verzicht sichernden Baulast ist die übernommene Verpflichtung entfallen. Seit Inkrafttreten des Bebauungsplans können die Antragstellerinnen das Baufenster auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... und ... zusätzlich nutzen oder wirtschaftlich verwerten. Insgesamt wird die Ausnutzung ihres Grundstücksbestands durch den Bebauungsplan also erhöht.
42 
b) Wenn der Gemeinderat der Antragsgegnerin vor diesem Hintergrund das Bauverbot auf den Wiesengrundstücken der Antragstellerinnen im mittleren Plangebiet fortgeschrieben und abgesichert hat, ist dies im Hinblick auf die für dieses Konzept sprechenden öffentlichen Belange weder willkürlich noch unverhältnismäßig. Die Grundstücke der Antragstellerinnen liegen, anders als die dichter bebauten Grundstücke im westlichen und östlichen Plangebiet, auf einem - wie mehrfach dargelegt - städtebaulich besonders exponierten Hanggelände. Für dessen Freihaltung kann die Antragsgegnerin mehrere städtebaulich relevante öffentliche Belange ins Feld führen. Für die Sicherung der Freifläche spricht zunächst der Schutz des gewachsenen Orts- und Landschaftsbilds (Erhalt der hochwertigen Sichtbeziehungen und der ortsbildprägenden Grünzäsur, Sicherung der herkömmlichen aufgelockerten Siedlungsstruktur mit Villencharakter sowie Festigung der Ortsrandbebauungsgrenze). Darüber hinaus dient der Bebauungsplan aber in erheblichem Maße auch Belangen des Landschafts- und Naturschutzes (Erhalt und Sicherung der landschaftstypischen ökologisch wertvollen Streuobstwiese). Gegen eine weitere Verdichtung der Gebietsbebauung spricht schließlich die beengte und teilweise unveränderbare Verkehrssituation auf den gering dimensionierten öffentlichen und privaten Erschließungsstraßen; dieser Gesichtspunkt war auch Anlass, die zunächst in das Plangebiet einbezogenen Erschließungsstraßen wieder aus dem räumlichen Geltungsbereich herauszunehmen.
43 
Der in der Abwägung zu berücksichtigende öffentliche Belang, sparsam und schonend mit Grund und Boden umzugehen (§ 1 a Abs. 2 S. 1 und Abs. 3 i.V.m. § 1 Abs. 6 BauGB) steht dem Plankonzept nicht entgegen. Der gebotene schonende Umgang mit Grund und Boden wird durch den Bebauungsplan gerade gewährleistet. Bodenversiegelungen werden zugunsten der Erhaltung des natürlichen Bewuchses mit einer ökologisch wertvollen Obstbaumwiese verhindert. Auch das Gebot sparsamen Umgangs mit Grund und Boden begründet vorliegend keine Verpflichtung, die zwar ortsnah liegenden, aber natur- und landschaftsschutzrechtlich hochwertigen Freiflächen durch Ausweisung zusätzlichen Baulands zu verdichten. Dies gilt schon deswegen, weil vorliegend weder vorgetragen noch erkennbar ist, dass in Ebersteinburg dringender Bedarf nach derartigen Villengrundstücken besteht und dass ein solcher Bedarf notwendig zur Inanspruchnahme vergleichbar hochwertiger und schutzwürdiger Flächen an anderer Stelle führen würde.
44 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 S. 1 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO.
45 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
46 
Beschluss
vom 12. März 2008
Der Streitwert des Verfahrens wird gemäß §§ 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG endgültig auf 20.000,-- EUR festgesetzt (je 10.000,-- EUR für die Antragstellerin zu 1 und für die Antragstellerinnen zu 2 und 3).
        
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
A.
14 
Die Anträge der Antragstellerinnen sind gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist gegeben.
I.
15 
Die Antragstellerinnen können geltend machen, durch den Bebauungsplan in ihren Rechten verletzt zu werden. Sie sind sämtlich Eigentümerinnen von Grundstücken innerhalb des Plangebiets. Der Bebauungsplan bestimmt mithin unmittelbar Inhalt und Schranken der Nutzung ihres Grundeigentums nach Art. 14 Abs. 1 GG. Die Antragstellerinnen wenden sich auch gegen Festsetzungen im Bebauungsplan, die unmittelbar ihre Grundstücke betreffen. Sie beanstanden, dass auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... - ... einerseits und auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... andererseits nicht, wie gewünscht, ein oder mehrere Baufenster ausgewiesen sind, sondern dass der Bebauungsplan diese Grundstücke vollständig (Flst.-Nrn. ... - ...) bzw. ganz überwiegend (Flst.-Nr. ... mit Ausnahme der bestehenden Villa und einer geringfügigen Erweiterungsmöglichkeit) mit einem Bauverbot belegt (nicht überbaubare Grundstücksflächen nach § 23 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 BauNVO) und den Eigentümern zudem aufgibt, sie als Vegetationsflächen zu unterhalten. Die Antragstellerinnen tragen, was für die an die Anforderungen des § 42 Abs. 2 VwGO angeglichene Antragsbefugnis ausreicht, auch substantiiert Tatsachen vor, die es möglich erscheinen lassen, dass sie durch diese Einschränkung der Bebaubarkeit in ihrem Grundeigentum verletzt sind (ständige Rspr., vgl. etwa BVerwG, NK-Urteil vom 10.03.1998 - 4 C N 6.97 -, NVwZ 1998, 732).
II.
16 
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin kann den Antragstellerinnen auch das erforderliche Rechtsschutzinteresse an der Durchführung des Normenkontrollverfahrens nicht abgesprochen werden.
17 
1. Mit dem Erfordernis des Vorliegens eines allgemeinen Rechtsschutzinteresses neben der Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO soll vermieden werden, dass die Gerichte in eine Normprüfung eintreten müssen, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist. Zu fragen ist, ob der jeweilige Antragsteller durch die von ihm angestrebte Nichtigerklärung des Bebauungsplans seine Rechtsstellung verbessern kann. Dafür ist nicht erforderlich, dass die begehrte Nichtigerklärung unmittelbar zum eigentlichen Rechtsschutzziel führt; eines unmittelbaren rechtlichen Vorteils bedarf es daher nicht. Für das Rechtsschutzinteresse reicht es vielmehr aus, dass sich nicht ausschließen lässt, dass die gerichtliche Entscheidung für den Antragsteller von Nutzen sein kann. Hierfür genügt es, wenn - im Sinne einer tatsächlichen Prognose - zu erwarten ist, dass die Gemeinde einen neuen Bebauungsplan mit möglicherweise für den Antragsteller günstigeren Festsetzungen aufstellen wird; unnütz wird das Normenkontrollgericht nur dann in Anspruch genommen, wenn der jeweilige Antragsteller unabhängig vom Ausgang des Normenkontrollverfahrens keine reale Chance hat, sein eigentliches Ziel zu erreichen (vgl. zu all dem BVerwG, BVerwG, Urteil vom 23.04.2002 - 4 CN 3.01 -, NVwZ 2002, 1126; Beschluss vom 17.12.1992 - 4 N 2.91 -, DVBl. 1993, 444; Beschluss vom 25.05.1993 - 4 NV 50.92 -, NVwZ 1994, 268).
18 
2. Gemessen daran hat der Senat hier am Vorliegen eines Rechtsschutzinteresses keinen Zweifel. Selbst wenn - bei Plannichtigkeit - der alte Straßen- und Baufluchtenplan von 1954/57 wieder aufleben und keine zusätzliche Bebaubarkeit der Grundstücke der Antragstellerinnen zulassen sollte, wäre ein jedenfalls ausreichender tatsächlicher Vorteil an der Durchführung des Normenkontrollverfahrens zu bejahen. Bei prognostischer Betrachtung wäre dann zu erwarten, dass die Antragsgegnerin - zur Umsetzung ihres grundsätzlichen Planziels, gesicherte und aktualisierte Planungsgrundlagen samt maßvollen Erweiterungsmöglichkeiten zu schaffen - einen neuen Bebauungsplan aufstellen würde. Dabei lässt sich keinesfalls ausschließen, dass der neue Plan für die Antragstellerinnen möglicherweise (wenn auch nur teilweise) günstigere Festsetzungen zur Ausnutzbarkeit ihrer Grundstücke enthalten könnte. Im Übrigen wäre eine Unwirksamkeit des streitigen Bebauungsplans wohl selbst dann für die Antragstellerinnen von - was ausreicht - praktischem Nutzen, wenn sich die planungsrechtliche Situation bei Unwirksamkeit des neuen Plans nicht ändern und es beim früheren Bebauungsplan mit nahezu denselben Festsetzungen bleiben würde. Denn dann wäre zumindest fraglich, ob die Antragstellerinnen mit einer Realisierung der Planung auf Grundlage des alten Plans aus tatsächlichen Gründen und wegen rechtlicher Unsicherheiten rechnen müssten (zu diesem Gesichtspunkt vgl. ausdrücklich auch BVerwG, Urteil vom 23.04.2002, a.a.O.).
B.
19 
Die Anträge sind jedoch nicht begründet.
I.
20 
Beachtliche Verfahrensmängel bei der Planaufstellung, im Offenlegungsverfahren oder beim Satzungsbeschluss werden nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich. Der Bebauungsplan ist auch mit einer ausführlichen und den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Begründung versehen. Ein Umweltbericht, wie er nach § 2a Satz 2 Nr. 2 BauGB i.d.F. des EAGBau 2004 vom 24.06.2004 (BGBl. I, S. 2414) grundsätzlich verlangt wird, war vorliegend nicht erforderlich. Denn nach § 244 Abs. 2 Satz 1 BauGB war das - bis zum 20.07.2004 förmlich eingeleitete und vor dem 20.07.2006 abgeschlossene - Verfahren nach den Vorschriften des BauGB in der vor dem 20.07.2004 geltenden Fassung durchzuführen, und die Erstellung eines Umweltberichts nach Maßgabe von § 2a Abs. 1 BauGB a.F. (Fassung vom 27.07.2001) war mangels einer durchzuführenden Umweltverträglichkeitsprüfung nach § 3 UVPG nicht vorgeschrieben.
II.
21 
Auch hinsichtlich der Planerforderlichkeit (§ 1 Abs. 3 BauGB) bestehen keine Bedenken. Zur Planung befugt ist eine Gemeinde immer schon dann, wenn sie hierfür hinreichend gewichtige städtebauliche Allgemeinbelange ins Feld führen kann. Was im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen planerischen Konzeption, die Wahl der städtebaulichen Ziele liegt im planerischen Ermessen der Gemeinde. Nicht erforderlich sind nur solche Bebauungspläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind. Damit handelt es sich beim Merkmal der „Erforderlichkeit“ um eine nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der (gemeindlichen) Planungshoheit (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.01.1993 - 8 C 670.91 -, BVerwGE 92, 8).
22 
Diesen Anforderungen des § 1 Abs. 3 BauGB wird der Bebauungsplan „Ebersteinburger Straße/Zimmerhardtstraße“ ohne weiteres gerecht. Anlass der Planung ist es, den Erhalt und die Entwicklung des Plangebiets durch einen zeitgemäßen Bebauungsplan zu lenken und den alten Ortsbebauungsplan von 1954/57 zu überarbeiten. Dieser lasse den Willen des früheren Plangebers zum Teil nicht erkennen; zum Teil sei dieser Wille auf Grund von Rechtsänderungen oder der Rechtsprechung auch nicht mehr zu vermitteln und „z.B. mittels Baugenehmigungen durchzuhalten“. Der Antragsgegnerin geht es mithin darum, eine eindeutige Rechtslage im Plangebiet auf der Grundlage des wesentlichen Inhalts des alten Ortsbebauungsplans zu schaffen. Die Gebietsstrukturen, der Wohnbestand und die große Freifläche in der Gebietsmitte sollen auf diese Weise erhalten und gesichert werden. Anliegen des Bebauungsplans ist es ferner, die teilweise unveränderbare Verkehrssituation auf den schmalen Erschließungsstraßen zu berücksichtigen, das Landschaftsbild zu erhalten und zu entwickeln, den Siedlungsrand auszuformen, das Ortsbild zu bewahren sowie - durch Erhalt der Obstbaumwiese gegenüber dem Friedhof und durch Positionierung des neuen Baufelds auf dem Flurstück-Nr. ... im Bereich der westlichsten alten Bauflucht - die bestehenden örtlichen Blickbeziehungen zu erhalten (vgl. dazu den Katalog der Planungsziele in Ziff. 4.5 der Planbegründung). Damit dient der Bebauungsplan in mehrfacher Hinsicht dazu, gewichtige, vom Gesetzgeber anerkannte städtebauliche Belange umzusetzen (vgl. insbesondere § 1 Abs. 6 Nrn. 4, 5 und 7 BauGB). Diese Ziele rechtfertigen, wie unten darzulegen sein wird, auch die Planung.
III.
23 
Die Festsetzungen im Bebauungsplan sind auch von Ermächtigungsgrundlagen gedeckt und in ihren inhaltlichen Aussagen hinreichend bestimmt. Der Bebauungsplan trifft für jedes Baufenster gesonderte Regelungen zum Maß der baulichen Nutzung, zu den Grund- und Geschossflächen und zur Höhenlage (vgl. §§ 16 Abs. 2 Nr. 4, 18 Abs. 1 BauNVO). Die Festsetzung der Wohnungshöchstzahl je Gebäude beruht auf § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB, die der privaten Verkehrsflächen auf § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB. Die höchstzulässigen First- und Gebäudehöhen werden als landesrechtliche örtliche Bauvorschriften auf der Grundlage von § 74 Nr. 1 LBO detailliert festgelegt. Die Festsetzung über die Gestaltung der nicht überbaubaren Grundstücksflächen schließlich beruht auf § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB.
IV.
24 
Mit den von den Antragstellerinnen beanstandeten Festsetzungen verstößt der Bebauungsplan auch nicht gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 BauGB (= § 1 Abs. 7 BauGB n.F.).
25 
Nach § 1 Abs. 6 BauGB (= § 1 Abs. 7 BauGB n.F.) sind bei der Aufstellung eines Bebauungsplans die einschlägigen öffentlichen und privaten Belange gerecht gegeneinander und untereinander abzuwägen. Die gerichtliche Kontrolle dieser von der Gemeinde vorzunehmenden Abwägung hat sich nach ständiger Rechtsprechung (grundlegend: BVerwG, Urteil vom 05.07.1974 - 4 C 50.72 -, BVerwGE 45, 309) auf die Prüfung zu beschränken, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat (kein Abwägungsausfall, keine fehlende Abwägungsbereitschaft), ob in sie an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge eingestellt werden musste (kein Abwägungsdefizit), ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange richtig erkannt worden ist (keine tatsächliche oder rechtliche Fehlbeurteilung) und ob der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit in einem angemessenen Verhältnis steht (keine Abwägungsdisproportionalität). Hat die Gemeinde diese Anforderungen beachtet, wird das Abwägungsgebot nicht dadurch verletzt, dass sie bei der Abwägung der verschiedenen Belange dem einen den Vorzug einräumt und sich damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.12.1969 - 4 C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 und vom 05.07.1974, a.a.O.). Die genannten Anforderungen beziehen sich sowohl auf den Abwägungsvorgang als auch auf das Abwägungsergebnis. Dabei ist gem. § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan abzustellen.
26 
1. Gemessen daran vermag der Senat entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen beachtliche Mängel im Abwägungsvorgang nicht zu erkennen.
27 
a) Der Gemeinderat der Antragsgegnerin war ersichtlich zur Abwägung der öffentlichen Belange mit den Eigentumsbelangen der Antragstellerinnen bereit und hat letztere auch sowohl im geltend gemachten als auch im von Amts wegen gebotenen Umfang in seine Erwägungen eingestellt. Der Antragsgegnerin kann daher entgegen dem Vorwurf der Antragstellerinnen in der mündlichen Verhandlung kein Abwägungsdefizit vorgehalten werden. Dies ergibt sich aus der Planbegründung sowie der vom Gemeinderat gebilligten Stellungnahme zu den Bedenken und Anregungen der Antragstellerinnen im Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 27.01.2006 (Anl. 5, A.4 der Vorlage zum Satzungsbeschluss). Die Antragstellerinnen hatten geltend gemacht, die „vorgesehenen Freiflächen längs der Zimmerhardtstraße“ würden „so nicht akzeptiert“. Es handle sich um „Baulücken nach § 34 der Landesbauordnung“ (gemeint: nach § 34 BauGB), so dass „hier auch Baufenster vorzusehen“ seien; Gleiches gelte auch für das Grundstück Flst.-Nr. .... Mit ihrer Forderung nach Bebaubarkeit der Flächen „längs“ der Zimmerhardtstraße wollten die Antragstellerinnen ersichtlich das Fehlen von Baufenstern im nördlichen straßenseitigen Bereich des Grundstücks Flst.-Nr. ... und der Grundstücke Flst.-Nrn. ... bis ... rügen. Damit bezogen sie sich auf ihre Bebauungswünsche aus der Bauvoranfrage vom 15.12.2003, die ein Wohnhaus mit einer Grundfläche von 198 qm und 5 m Straßenabstand zum Gegenstand hatte. Mit der Forderung nach straßennahen Baufenstern auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... und ... bis ... hat sich der Gemeinderat ausführlich und ausdrücklich auseinandergesetzt. Darüber hinaus hat sich der Gemeinderat erkennbar aber auch mit der Frage befasst, ob eine Bebauung der Grundstücke Flst.-Nrn. ... bis ... (wenigstens) in deren rückwärtigem Bereich - entsprechend der früheren Planungsalternative A - in Betracht komme, obwohl die Antragstellerinnen eine solche zurückversetzte Bebauung im Bebauungsplanverfahren selbst nicht zur Sprache gebracht hatten. Denn ausweislich der Planbegründung wurde auf die in den Planalternativen A und B für die Grundstücke der Antragstellerinnen noch vorgesehene erhebliche Nachverdichtung bewusst verzichtet, um an die bisherigen Baufluchten mit ihrer lockeren Baustruktur und ihrem Freihaltekonzept anzuknüpfen und der Verkehrssituation, den landschaftsplanerischen Belangen und den erhaltenswerten Blickbeziehungen Rechnung zu tragen. Mit diesen Zielen hielt der Gemeinderat eine weitere, über eine angemessene Bestandssicherung hinausgehende Bebauung der zentralen Freiflächen der Grundstücke Flst.-Nrn. ... und ... bis ... offenkundig für nicht vereinbar.
28 
b) Entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen ist dem Gemeinderat der Antragsgegnerin auch kein Rechtsfehler bei Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Ausgangslage unterlaufen. Der Gemeinderat ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Grundstücke der Antragstellerinnen im Wesentlichen schon bisher nicht bebaubar waren. Vor Inkrafttreten des Bebauungsplans richtete sich die Bebaubarkeit der Grundstücke Flst.-Nrn. ... und ... bis ... sowie des Grundstücks Flst.-Nr. ... hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche nicht nach § 34 BauGB, so dass offen bleiben kann, ob diese Flächen ganz oder teilweise überhaupt noch dem unbeplanten Innenbereich (Baulücken) oder aber dem Außenbereich nach § 35 BauGB (Außenbereichsinsel) zuzurechnen wären. Denn maßgebliche und wirksame Rechtsgrundlage war damals nach wie vor der Straßen - und Baufluchtenplan für die Gewanne „Brügel, Kapf, Zieläcker, Großbühnäcker, Herrenäcker und Langenäcker“, der als Baulinienplan übergeleitet wurde und mit seinem zeichnerischen Teil für das im - Wesentlichen das (Gebiet „Großbühnäcker“) umfassende - Plangebiet weitergalt. Dies ergibt sich, wie auch die Antragsgegnerin im Wesentlichen zutreffend darlegt, aus der Entstehungsgeschichte des alten Plans und den nachfolgenden Verfahrensschritten. Dazu ist im Einzelnen auszuführen:
29 
aa) Am 14.08.1954 wurde der Straßen- und Baulinienplan für die Gewanne „Brügel, Kapf, Zieläcker, Großbühnäcker, Herrenäcker und Langenäcker“ nebst Bebauungsvorschriften vom Gemeinderat der damals selbstständigen Gemeinde Ebersteinburg nach § 3 Abs. 2 des Badischen Ortsstraßengesetzes (BadOStrG) vom 30.10.1936 beschlossen. Am 14.12.1954 wurde der Bebauungsplan vom Regierungspräsidium Südbaden „grundsätzlich genehmigt“. Am 27.11.1957 beschloss das Landratsamt Rastatt gemäß § 3 Abs. 5 BadOStrG die Feststellung des Plans, und dieser Beschluss wurde ortsüblich bekannt gemacht. Diese Verfahrensweise war in ihrer zeitlichen Reihenfolge allerdings nicht gesetzeskonform. Eine „grundsätzliche“ Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde gab es nach damaligem Recht nicht, und die erforderliche (endgültige) Genehmigung nach § 7 Abs. 3 des Badischen Aufbaugesetzes vom 25.11.1949 (Bad. GVBl. 50 S. 29 - BadAufbauG -) konnte nach deren Sinn und Zweck erst nach ansonsten vollständigem Abschluss des Verfahrens - mithin erst nach der Feststellung des Bebauungsplans - erfolgen (vgl. dazu im Einzelnen: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.10.1963 - IV 25/61 -, Urteil vom 03.05.1979 - III 31/79 -, BRS 35, Nr. 41 und juris). Der Straßen- und Baufluchtenplan war daher damals nichtig (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 16.10.1973 und vom 03.05.1979, a.a.O.) und damit am Stichtag 30.10.1960 (Inkrafttreten der §§ 173 ff. BBauG, vgl. § 189 Abs. 1 BBauG) nicht „bestehend“ und infolgedessen nicht überleitungsfähig (vgl. dazu, dass „bestehende“ Vorschriften nur gültige Vorschriften sind, BVerwG, Urteil vom 07.05.1982 - 4 C 65.78 -, DÖV 1982, 1032). Jedoch hat das Regierungspräsidium Südbaden am 16.03.1965 nachträglich seine (abschließende) Genehmigung nach § 7 Abs. 3 BadAufbauG für den Bebauungsplan „in seiner Gesamtheit“ (Baufluchtenplan und Bebauungsvorschriften „für die Gewanne Zieläcker, Großbühnäcker, Herrenäcker und Langenäcker“ vom 09.02.1961) erteilt. Dieses Verfahren entsprach den Vorgaben der Überleitungsvorschrift des § 174 Abs. 1 BBauG. Danach wurden „eingeleitete“ Verfahren zur Aufstellung städtebaulicher Pläne nach den bisher geltenden Vorschriften weitergeführt, wenn die Pläne am Stichtag 30.10.1960 mindestens ausgelegt oder wenn mit ihrer Verlautbarung im Wege eines an Stelle der Auslegung gesetzlich vorgesehenen anderen Verfahrens begonnen worden war (vgl. dazu auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.07.1962 - I 364/62 -, ESVGH 12, 149 ff.). Diese Voraussetzungen waren auch hier gegeben. Der Straßen- und Baufluchtenplan (zeichnerischer Teil des Bebauungsplans) war zum Stichtag nicht nur aufgestellt, sondern auch längst nach § 3 Abs. 5 BadOStrG festgestellt. Lediglich die erforderliche abschließende Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde stand noch aus. Dass die Beteiligten dabei seinerzeit zu Unrecht von einem wirksamen Abschluss des Genehmigungsverfahrens und damit von der Überleitung des alten Plans nach § 173 Abs. 3 BBauG ausgingen, ist für die Anwendung des § 174 Abs. 1 BBauG unerheblich. Nach ihrem Wortlaut stellt die Vorschrift auf den objektiven Verfahrensstand ab. Auch Bebauungsplanverfahren, die nach altem Recht begonnen worden, aber wegen eines Rechtsfehlers noch nicht abgeschlossen sind, sind (erst) „eingeleitet“. Diese Betrachtungsweise entspricht auch Sinn und Zweck des § 174 Abs. 1 BBauG, begonnene Bebauungsplanverfahren nicht nach Maßgabe der §§ 1 ff. BBauG neu beginnen zu müssen, sondern auf Grundlage des erreichten Verfahrensstandes beschleunigt zu Ende führen zu können. § 174 Abs. 1 BBauG findet daher auch Anwendung auf die Abwicklung von am Stichtag des Inkrafttretens des BBauG wegen Verfahrensfehlern noch nicht „geltenden“ Pläne (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 07.05.1982 - 4 C 65.78 -, a.a.O. m.w.N.). Mithin konnte nicht nur, sondern musste vorliegend die Genehmigung des Regierungspräsidiums auf der Grundlage von § 7 Abs. 3 BadAufbauG nachgeholt werden. Diese Vorgehensweise entsprach auch dem ausdrücklichen Willen der Gemeinde Ebersteinburg. Diese hatte die Wahl, entweder einen völlig neuen Bebauungsplan nach dem BBauG aufzustellen oder das rechtlich bislang defizitäre Altverfahren nach § 174 Abs. 1 BBauG zum Abschluss zu bringen. Sie hat sich für letzteres entschieden. Mit der ortsüblichen Bekanntmachung der Genehmigung, welche auch die zwischenzeitlich am 09.02.1961 nach § 174 Abs. 1 BBauG nach altem Recht als Polizeiverordnung beschlossenen Bebauungsvorschriften umfasste, trat der Bebauungsplan am 04.04.1965 in Kraft (vgl. Vermerk Bl. 226 d.A.).
30 
bb) Ab dem Inkrafttreten am 04.04.1965 galt der Bebauungsplan in entsprechender Anwendung des § 173 Abs. 3 BBauG als Bebauungsplan nach Bundesrecht weiter, soweit er verbindliche Regelungen nach dem BBauG enthielt (so zu einem vergleichbaren Fall VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.05.1994 - 3 S 1360/93 -, VGHBW-Ls. 1994, Beil. 8, B 8 und juris; ebenso OVG Münster, Urteil vom 08.05.1967 - X A 553/65 -, OVGE 23, 183 ff.). In seinem zeichnerischen Teil (Baufluchtenplan) legt der Bebauungsplan Straßen- und Baufluchten für die im Bereich dieser Straßen zulässige Bebauung fest. Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 d) BadAufbauG werden „Baufluchtenlinien“ umschrieben als „Linien, an denen die Gebäude gegen die Straße, Wege oder Plätze errichtet werden müssen. Die Baufluchtenlinien alten Rechts entsprechen damit Baulinien nach § 23 Abs. 2 BauNVO a.F. und gelten als solche weiter (dazu im Einzelnen VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.12.2005 - 5 S 1847/05 -, VBlBW 2006, 191). Der Baufluchtenplan schrieb daher für das jetzige Plangebiet vor, dass an die eingezeichneten Baufluchtlinien (mit geringfügigen Abweichungsmöglichkeiten nach § 23 Abs. 2 Satz 2 BauNVO a.F.) angebaut werden musste, außerhalb der Längsseiten und im Bereich bis zur jeweils vorgelagerten Straße (insbesondere also auch auf der Fläche bis zur Rosen- und zur Zimmerhardtstraße) aber ein Bauverbot bestand.
31 
cc) Der zeichnerische Teil des Bebauungsplans (Straßen- und Baufluchtenplan) galt für das Plangebiet auch ungeachtet des rechtlichen Schicksals der Bebauungsvorschriften und der Planänderung von 1968 weiter. Die durch Polizeiverordnung geregelten Bebauungsvorschriften von 1961 traten zwar gemäß § 18 Abs. 1 PolG 1955 nach 20 Jahren außer Kraft und diese Befristung der Geltungsdauer war auch im Zuge der Überleitung nach § 173 Abs. 3 BBauG (analog) nicht entfallen (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.10.1993 - 8 S 3087/92 -, VBlBW 1994, 280 f.; Beschluss vom 02.02.1994 - 5 S 2927/93 -, VGHBW-Ls 1994, Beil. 4, B 8 sowie juris). Dadurch wurde die Fortgeltung des zeichnerischen Teils des Bebauungsplans (Straßen- und Baufluchtenplan) aber nicht berührt. Dieser ist auch nicht nach den Grundsätzen über die Teil-/Gesamtnichtigkeit von Bebauungsplänen außer Kraft getreten, soweit diese Grundsätze hier überhaupt Anwendung finden. Denn der Fortbestand der Baufluchten (der grundsätzlichen Bebaubarkeit der Gebietsgrundstücke in Bezug auf die ihnen zugeordneten Straßenflächen) war auch ohne die Bebauungsvorschriften städtebaulich selbstständig sinnvoll und tragfähig und die Gemeinde Ebersteinburg wollte ersichtlich auch an diesem Gebietskonzept festhalten.
32 
dd) Der Straßen- und Baufluchtenplan von 1954/57 wurde für das hier maßgebliche Baugebiet „Großbühnäcker“ auch nicht durch den am 09.09.1968 beschlossenen Änderungsbebauungsplan der Gemeinde Ebersteinburg aufgehoben. Der Senat folgt insoweit der in einem Vermerk vom 13.05.1992 niedergelegten Rechtsauffassung der Antragsgegnerin. Nach § 1 der Satzung vom 09.09.1968 war Gegenstand der Änderung zwar der gesamte Straßen- und Baufluchtenplan von 1954/1957 sowie die gesamten Bebauungsvorschriften. Inhalt und Umfang der Änderung sind jedoch § 2 der Satzung zu entnehmen. Danach bezog sich die Änderung auf einen neueren Straßen- und Baufluchtenplan, einen neueren Gestaltungsplan vom 05.04.1964 i.d.F. vom 13.05.1968 sowie auf neuere Bebauungsvorschriften vom 05.04.1964 und maßgeblich war die Planbegründung vom 13.5.1968. Die Pläne von 1964/1968 umfassten aber jeweils nur das Umlegungsgebiet „Herrenäcker und Zieläcker“ und wurden zudem wörtlich als „Ergänzung“ des ursprünglichen Bebauungsplans von 1957 gekennzeichnet. In gleicher Weise wurde auch in den Bebauungsvorschriften vom 05.04.1964 darauf abgehoben, dass die getroffenen Festsetzungen sich beziehen auf die „Ergänzung für das Umlegungsgebiet Herrenäcker und Zieläcker“. Schließlich betonte auch die Planbegründung vom 13.05.1968, dass es darum gehe, die Folgen der 1963 festgestellten Baulandumlegung der Gewanne „Herrenäcker“ und „Zieläcker“ umzusetzen und dementsprechend den Bebauungsplan von 1957 „im Bereich der durchgeführten Baulandumlegung ergänzen zu lassen“. Aus diesen Formulierungen sowie dem klar definierten Planziel ergibt sich, dass der Änderungsbebauungsplan von 1968 den Ursprungsplan nicht etwa in vollem Umfang „ersetzen“ wollte (vgl. § 2 der Satzung), sondern sich beschränkte Geltung nur für das Umlegungsgebiet „Herrenäcker“ und „Zieläcker“ beimaß. Im übrigen alten Plangebiet sollte es ersichtlich bei den bisherigen - und weiterhin städtebaulich sinnvollen - planungsrechtlichen Regelungen bleiben.
33 
ee) Die Festsetzungen über die überbaubare Grundstücksfläche im Baufluchtenplan von 1954/57 waren entgegen der Auffassung der Antragstellerin im Plangebiet (Gebiet „Großbühnäcker“) schließlich auch nicht funktionslos geworden. Unwirksamkeit einer bauplanerischen Regelung kraft Funktionslosigkeit tritt dann ein, wenn und soweit die tatsächlichen Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, ihre Verwirklichung auf unabsehbare Zeit ausschließen und diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist für jede Festsetzung gesondert zu prüfen. Dabei kommt es nicht auf die Verhältnisse auf einzelnen Grundstücken an. Entscheidend ist vielmehr, ob die jeweilige Festsetzung noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen wirksamen Beitrag zu leisten. Das einer Festsetzung zugrunde liegende Plankonzept wird mithin nicht schon dann sinnlos, wenn es nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann. Erst wenn die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv und so offenkundig abweichen, dass der Bebauungsplan insoweit seine städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich noch zu erfüllen vermag, kann von einer Funktionslosigkeit die Rede sein. Die Festsetzung muss mithin unabhängig davon, ob sie punktuell durchsetzbar ist, bei gebietsbezogener Gesamtbetrachtung die Fähigkeit verloren haben, die städtebauliche Entwicklung noch in einer bestimmten Richtung zu steuern (st.Rspr., vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 28.4.2004 - 4 C 10.03 -, NVwZ 2004, 1244 m.w.N. sowie grundlegend bereits BVerwG, Urteil vom 29.4.1977 - 4 C 39.75 -, BVerwGE 54, 5 ff.).
34 
Gemessen daran sind (und waren im maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses) die Festsetzungen des Baufluchtenplans über die überbaubaren Grundstücksflächen nicht funktionslos geworden. Die bisherige Entwicklung im Plangebiet „Großbühnäcker“ hat hinsichtlich der Bebauung des Gebiets keine Entwicklung genommen, die eine Realisierung der Absichten des Baufluchtenplans ausschließt. Bezüglich der Gebäudeabstände zur Zimmerhardt- und Rosenstraße hin sind die Planvorgaben jedenfalls im Grundsatz eingehalten. Dies gilt zunächst für das östliche und westliche Plangebiet. Im Westen sieht der Baufluchtenplan jeweils straßennah drei getrennte Baulinien vor, im Osten weist er eine lange durchgezogene Baulinie aus. An diesen Baufluchten orientieren sich die vorhandenen Wohnhäuser im Westen (... ... ..., ... …, … … und …) sowie die beiden Villen im Osten (... … und …). Auch im hier maßgeblichen mittleren Plangebiet unterhalb des alten Friedhofs ist die Konzeption des Baufluchtenplans im Kern noch gewahrt und daher auch weiterhin aussagekräftig und umsetzungsfähig. Der Baufluchtenplan setzt in diesem Bereich drei Baulinien fest, die anders als im sonstigen Plangebiet weit (ca. 70 - 80 m) von der Straße zurückversetzt sind. Die dazwischenliegende Fläche soll auch nach dem alten Plan von jeglicher Bebauung freigehalten werden. Der derzeitige Baubestand (Villen auf den Grundstücken ... … und …) orientiert sich an diesen Planvorgaben. Der Bereich der dritten (westlichsten) Baulinie ist überhaupt noch nicht bebaut. Durchbrochen wird der Baufluchtenplan lediglich auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... (... …), auf dem 1980 - damals in Unkenntnis des existierenden Baufluchtenplans - ein Wohnhaus in Verlängerung der Baufluchten der westlichen Nachbargebäude genehmigt wurde. Dieser einmalige „Ausreißer“ führte jedoch nicht dazu, die Gestaltungsfunktion des alten Plans insgesamt ernsthaft in Frage zu stellen. Auch die sonstigen Abweichungen vom Konzept des Plans auf wenigen Grundstücken „in zweiter Reihe“ sind nicht von solchem Gewicht, dass dadurch die damaligen Planziele (lockere Bebauung, Freihaltung des mittleren Hangbereichs) irreparabel vereitelt würden.
35 
c) Der Gemeinderat der Antragsgegnerin ist im Satzungsbeschluss auch von in tatsächlicher Hinsicht zutreffenden Abwägungsgrundlagen ausgegangen. Entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen ist ihm insbesondere bei der Beurteilung und Bewertung der Sichtbeziehungen keine Fehleinschätzung unterlaufen.
36 
aa) Die tatsächlichen Verhältnisse auf den Grundstücken der Antragstellerinnen und deren Umgebung stellen sich wie folgt dar: Nach der Begründung zum Bebauungsplan werden die unbebauten und unversiegelten Flächen im mittleren Plangebiet durch eine Obstbaumwiese mit teilweisem Gehölzbestand und Hecken genutzt. Diese Beschreibung wird durch die von den Beteiligten vorgelegten Lichtbilder, insbesondere die jeweiligen Luftaufnahmen, nachdrücklich bestätigt (vgl. Bl. 257 der Gerichtsakte sowie etwa das von den Antragstellerinnen vorgelegte Beiheft zu S. 267 der Gerichtsakte und die zur mündlichen Verhandlung nachgereichten Fotos der Antragstellerinnen). Die Luftbilder belegen auch die weitere Feststellung in der Planbegründung, dass die unbebaute, dem alten Friedhof von Ebersteinburg gegenüberliegende Obstbaumwiese auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... und ... - ... der Antragstellerinnen den Gebietscharakter und das Ortsbild des Ortsteils Ebersteinburg maßgebend prägt. Ausweislich der Luftbilder und der übrigen Fotos fällt das Gelände vom Sonnenweg über die Grünflächen des alten Friedhofs bis zur Zimmerhardtstraße und von dort über den mit Obstbäumen bestandenen Hang weiter nach Südosten ab. Die Bebauung mit - wie dargestellt - zwei Villen setzt erst ca. 80 m unterhalb der Straße ein. Aus den Luftbildern wird auch deutlich, dass sich die an den alten Baufluchten orientierenden Gebäude ... … und … als Bestandteile einer den südöstlichen Ortsrand von Ebersteinburg markierenden Bebauungszeile darstellen. Diese Bebauungszeile wird nach Osten hin über die Gebäude ... ... ... ... (Flst.-Nr. ...), das bebaute Baufenster Nr. 10/2 auf Flst.-Nr. ... und das Gebäude ... ... ... (Flst.-Nr. ...) fortgeführt; in Richtung Westen schließen sich die Gebäude ... ... ... (Flst.-Nr. ...) und ... ... ... (Flst.-Nr. ...) an. Diese Ortsrandabgrenzung ist topographisch bedingt und erklärbar. Denn jenseits der genannten Bebauungszeile verläuft eine prägnante Hangkante, an deren Fuß sich das Krankenhaus Ebersteinburg befindet.
37 
Ausweislich der in der mündlichen Verhandlung eingesehenen Fotos der Beteiligten eröffnet sich sowohl vom Sonnenweg wie auch von der Zimmerhardtstraße (dem sog. „Panoramaweg“) aus zur Zeit ein weitgehend freier Blick über die landschaftstypische Obstbaumwiese hinab ins Tal, auf den gegenüberliegenden Merkur und auf die Kette der dahinterliegenden Schwarzwaldgipfel (zu diesem „Sicht-Bestand“ vgl. insbesondere die die gegenwärtigen Verhältnisse abbildenden Fotos der Antragstellerinnen [Standort Sonnenweg] und die mit Schriftsätzen vom 10. und 11.03.2008 vorgelegten und eingesehenen Lichtbilder der Antragsgegnerin [Standort Zimmerhardtstraße]). Der Blickausschnitt vom Bereich des alten Friedhofs aus ist landschaftlich besonders reizvoll, zeigt er doch exemplarisch die Einbettung Ebersteinburgs in das Schwarzwaldvorland. Diese hochwertige, nach Südosten gerichtete Sichtschneise ist gegenwärtig im Bereich zwischen den Gebäuden ... ... und ... auf einer Breite von ca. 100 m ganz überwiegend noch frei und unverstellt. Die entsprechend dem Baufluchtenplan weit zurückgesetzten und deutlich tieferliegenden Gebäude ... ... und ... treten sowohl vom Sonnenweg wie von der Zimmerhardtstraße aus räumlich nur sehr untergeordnet in Erscheinung. Das Dach des Hauses ... ... wirkt völlig unauffällig. Die straßenseitige Front des Hauses ... ... tritt zwar farblich stärker hervor, nimmt aber nur den unteren äußeren Rand des Blickfeldes ein. Auch dies zeigen die von den Beteiligten vorgelegten und eingesehenen Fotos deutlich.
38 
bb) Die an diese tatsächliche Ausgangslage anknüpfenden Erwägungen der Antragsgegnerin sind nicht zu beanstanden. Ziel des Bebauungsplans ist es, das beschriebene gegenwärtig bestehende hochwertige Aussichtsniveau zu erhalten, d.h. es vor über den Status quo (den „Sündenfall“ des Wohnhauses ... ...) hinausgehenden zusätzlichen Beeinträchtigungen zu schützen (vgl. Ziff. 4.5 der Planbegründung). Der Gemeinderat der Antragsgegnerin ist zutreffend davon ausgegangen, dass die streitigen Bauverbote für die Grundstücke der Antragstellerinnen erforderlich sind, um dieses Planziel zu erreichen. Massive Beeinträchtigungen der Aussicht würden offenkundig dann eintreten, wenn die Obstbaumwiese unterhalb der Zimmerhardtstraße in Fortführung der östlichen und westlichen Baufluchten straßennah mit mehreren Wohnhäusern - seien diese auch nur eingeschossig - bebaut würde. Dies lässt sich jedenfalls vom Standort Zimmerhardtstraße aus ohne weiteres anhand der beiderseitigen Fotos feststellen, ohne dass hierbei auf die möglicherweise in ihren Dimensionen übertriebenen Fotomontagen der Antragsgegnerin zurückgegriffen werden muss. Die Aussicht von der Zimmerhardtstraße aus würde darüber hinaus ferner dann gravierend beschnitten, wenn entsprechend der Bauvoranfrage des Ehemanns der Antragstellerin zu 3 auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... - ... auch nur ein zusätzliches Gebäude straßennah (5 m Abstand) errichtet würde. Die bislang weitestgehend freie Blickschneise mit Fernblick würde auch dann zu einem ganz wesentlichen Teil verstellt und dadurch verschmälert werden. Umfang und Qualität der hochwertigen Sichtbeziehung von der Zimmerhardtstraße aus würden schließlich auch dann spürbar in Mitleidenschaft gezogen, wenn die Grundstücke Flst.-Nrn. ... - ... (bzw. zusätzlich auch das Grundstück Flst.-Nr. ...) mit größerem Straßenabstand, also tieferliegend, bebaut würden. Insofern sind die frühere Planalternative A oder die dieser weitgehend nachgebildete Alternativplanung der Antragstellerinnen („Haus 1“) in den Blick zu nehmen. Art und Umfang der Auswirkungen einer derart zurückversetzten Bebauung lassen sich anhand der vorliegenden und eingesehenen Lichtbilder erkennen und sind letztlich auch zwischen den Beteiligten unstreitig. Selbst wenn der Senat die Fotomontagen der Antragstellerinnen als zutreffend unterstellt, muss von einer wesentlichen und spürbaren Beeinträchtigung der vorhandenen Aussichtslage ausgegangen werden (vgl. etwa den Vergleich zwischen Original und Fotomontage bezüglich „Haus 1“ in dem Anlagenbeiheft zu Bl. 267 der Gerichtsakte und der zur mündlichen Verhandlung nachgereichten Fotomontage). Zwar mag es in diesem Fall nach den Berechnungen der Antragstellerinnen zutreffen, dass ein auf der Zimmerhardtstraße stehender Betrachter noch über den First der nach Südosten gerückten Gebäude in gerader Blickrichtung hinwegblicken kann. Dessen ungeachtet würde aber auch dann die untere Hälfte des Sichtfeldes mit dem Blick auf die naturnahe Obstbaumwiese und das Tal durch querstehende Hausfassaden verstellt und dadurch das schon jetzt an den Rändern relativierte Erlebnis freier optischer Beziehung zur Landschaft deutlich gemindert (vgl. dazu wiederum die Fotomontage der Antragstellerinnen zu „Haus 1“, zum anderen aber auch die mit Schriftsatz vom 11.03.2008 vorgelegten Fotos der Antragsgegnerin, die den jetzigen Blick nach Südosten mit dem Wohnhaus ... ... links im Hintergrund zeigen). Die Fotomontage vom 11.03.2008 zu „Haus 1“ steht diesem Eindruck nicht entgegen. „Haus 1“ wird auch hier ungleich störender wahrgenommen als die Bestandsbebauung. Im Übrigen wird „Haus 1“ nur zur Hälfte und damit nur ein Teil des wirklichen Blickfeldes dargestellt. Die bestehenden Sichtbeziehungen sowie die hier offenen Landschaftsstrukturen, die der Bebauungsplan sichern soll, wären mithin auch dann noch deutlich beeinträchtigt. Eben dieser Gesichtspunkt war für die Antragsgegnerin u.a. auch Anlass, von der Bebaubarkeit der Grundstücke Flst.-Nrn. ... - ... gemäß Planalternative A wieder abzurücken (vgl. Planbegründung S. 7).
39 
Vor diesem Hintergrund bestand kein Anlass für den Senat, dem Beweisantrag der Antragstellerinnen auf Einnahme eines Augenscheins der Örtlichkeiten im Hinblick auf die Sichtbeziehungen zu entsprechen. Die tatsächlichen Sichtverhältnisse vor und nach Realisierung der im Beweisantrag genannten Gebäude sind angesichts der zahlreichen und aussagekräftigen Fotos nicht beweisbedürftig. Soweit der Beweisantrag sich darauf bezieht, ob das Maß der Sichtbeeinträchtigung es rechtfertigt, eine Bebauung auf den Grundstücken der Antragstellerinnen völlig auszuschließen, ist diese Frage nicht tatsächlicher Natur - und damit nicht des Beweises durch Augenschein zugänglich -, sondern betrifft eine Rechtsfrage im Rahmen der Prüfung des Abwägungsgebots.
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2. Der Bebauungsplan „Ebersteinburger Straße/Zimmerhardtstraße“ kann auch im Ergebnis nicht beanstandet werden. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin hat - auf Grundlage seiner vorstehend dargelegten rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen - das Interesse der Antragstellerinnen an einer höheren Ausnutzbarkeit ihrer Grundstücke (Art. 14 Abs. 1 GG) ohne Überschreitung seines Planungsermessens mit den für die streitige Planung sprechenden öffentlichen Belangen abgewogen. Dabei konnte er letzteren im Rahmen seines Planungsermessens den Vorrang einräumen.
41 
a) Die Antragstellerinnen müssen sich darauf verweisen lassen, dass ihre Grundstücke Flst.Nrn. ... und ..., ... - wie ausführlich dargelegt - schon bisher außerhalb der Baufluchten/Baulinien nicht bebaut werden durften. Der streitige Bebauungsplan knüpft an dieses bestehende und wirksame Bauverbot lediglich an. Er verschlechtert die Eigentumsrechte der Antragstellerinnen nicht. Die Abwägungsgrundsätze, die beim Entzug eines Baugrundstücks durch Bebauungsplan zugunsten dessen öffentlicher Nutzung (Verlust der Privatnützigkeit) gelten (vgl. dazu zuletzt etwa BVerwG, Beschluss vom 14.06.2007 - 4 BN 21.07 -, juris), sind daher vorliegend nicht anwendbar. Dies mindert das Gewicht und die Schutzwürdigkeit der privaten Interessen der Antragstellerinnen deutlich. Die Interessen der Antragstellerinnen an einer zusätzlichen Ausnutzbarkeit ihrer Grundstücke werden vom Plangeber nicht missachtet, sondern im Rahmen des Plankonzepts angemessen berücksichtigt. Auf Höhe der bisherigen westlichsten Bauflucht setzt der Bebauungsplan ein geräumiges Baufenster fest. Zudem wird das bestehende und (irrtümlich) auf Grundlage von § 34 BauGB genehmigte Gebäude auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... durch Festsetzung eines weiteren Baufensters über seinen Bestandsschutz hinaus planungsrechtlich abgesichert. Bei Bewertung der Eigentumsinteressen der Antragstellerinnen ist schließlich - mit der Planbegründung - auch die Vorgeschichte zu berücksichtigen. Ursprünglich wurde für das Grundstück Flst.-Nr. ... (... ... ...) eine Baugenehmigung nur gegen Verzicht auf eine Bebauung der Grundstücke Flst.-Nrn. ... und ... erteilt, um „per saldo“ den vorhandenen Baubestand im Interesse einer aufgelockerten landschaftstypischen Bebauung nicht zu überschreiten. Auf Grund einer entsprechenden Klausel in der den Verzicht sichernden Baulast ist die übernommene Verpflichtung entfallen. Seit Inkrafttreten des Bebauungsplans können die Antragstellerinnen das Baufenster auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... und ... zusätzlich nutzen oder wirtschaftlich verwerten. Insgesamt wird die Ausnutzung ihres Grundstücksbestands durch den Bebauungsplan also erhöht.
42 
b) Wenn der Gemeinderat der Antragsgegnerin vor diesem Hintergrund das Bauverbot auf den Wiesengrundstücken der Antragstellerinnen im mittleren Plangebiet fortgeschrieben und abgesichert hat, ist dies im Hinblick auf die für dieses Konzept sprechenden öffentlichen Belange weder willkürlich noch unverhältnismäßig. Die Grundstücke der Antragstellerinnen liegen, anders als die dichter bebauten Grundstücke im westlichen und östlichen Plangebiet, auf einem - wie mehrfach dargelegt - städtebaulich besonders exponierten Hanggelände. Für dessen Freihaltung kann die Antragsgegnerin mehrere städtebaulich relevante öffentliche Belange ins Feld führen. Für die Sicherung der Freifläche spricht zunächst der Schutz des gewachsenen Orts- und Landschaftsbilds (Erhalt der hochwertigen Sichtbeziehungen und der ortsbildprägenden Grünzäsur, Sicherung der herkömmlichen aufgelockerten Siedlungsstruktur mit Villencharakter sowie Festigung der Ortsrandbebauungsgrenze). Darüber hinaus dient der Bebauungsplan aber in erheblichem Maße auch Belangen des Landschafts- und Naturschutzes (Erhalt und Sicherung der landschaftstypischen ökologisch wertvollen Streuobstwiese). Gegen eine weitere Verdichtung der Gebietsbebauung spricht schließlich die beengte und teilweise unveränderbare Verkehrssituation auf den gering dimensionierten öffentlichen und privaten Erschließungsstraßen; dieser Gesichtspunkt war auch Anlass, die zunächst in das Plangebiet einbezogenen Erschließungsstraßen wieder aus dem räumlichen Geltungsbereich herauszunehmen.
43 
Der in der Abwägung zu berücksichtigende öffentliche Belang, sparsam und schonend mit Grund und Boden umzugehen (§ 1 a Abs. 2 S. 1 und Abs. 3 i.V.m. § 1 Abs. 6 BauGB) steht dem Plankonzept nicht entgegen. Der gebotene schonende Umgang mit Grund und Boden wird durch den Bebauungsplan gerade gewährleistet. Bodenversiegelungen werden zugunsten der Erhaltung des natürlichen Bewuchses mit einer ökologisch wertvollen Obstbaumwiese verhindert. Auch das Gebot sparsamen Umgangs mit Grund und Boden begründet vorliegend keine Verpflichtung, die zwar ortsnah liegenden, aber natur- und landschaftsschutzrechtlich hochwertigen Freiflächen durch Ausweisung zusätzlichen Baulands zu verdichten. Dies gilt schon deswegen, weil vorliegend weder vorgetragen noch erkennbar ist, dass in Ebersteinburg dringender Bedarf nach derartigen Villengrundstücken besteht und dass ein solcher Bedarf notwendig zur Inanspruchnahme vergleichbar hochwertiger und schutzwürdiger Flächen an anderer Stelle führen würde.
44 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 S. 1 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO.
45 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
46 
Beschluss
vom 12. März 2008
Der Streitwert des Verfahrens wird gemäß §§ 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG endgültig auf 20.000,-- EUR festgesetzt (je 10.000,-- EUR für die Antragstellerin zu 1 und für die Antragstellerinnen zu 2 und 3).
        
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragstellerin wendet sich gegen die als Satzung beschlossene Veränderungssperre der Antragsgegnerin vom 19.3.2014.
Die Antragstellerin - ein Unternehmen der chemieverarbeitenden Industrie ist Eigentümerin eines am Rhein gelegenen, rund 37 ha großen Areals auf der Gemarkung der Antragsgegnerin. Auf diesem Grundstück, für das bislang kein Bebauungsplan existiert, befinden sich unter anderen auch Industrieanlagen der Antragstellerin.
Der Gemeinderat der Antragsgegnerin beschloss am 19.3.2013 die Aufstellung eines Bebauungsplans für das Gebiet „Rheinvorland West“. Der räumliche Geltungsbereich des beabsichtigten Bebauungsplans umfasst wesentliche Teile des Areals der Antragstellerin und ist im Westen durch die Kläranlage, im Norden durch die Köchlinstraße, im Osten durch die Irgarstraße/Rheinallee und im Süden durch den Rhein begrenzt. Ebenfalls am 19.3.2013 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin zur Sicherung der Planung eine Satzung über eine Veränderungssperre, die sich auf das Gebiet des künftigen Bebauungsplans erstreckt. Beide Beschlüsse wurden im Amtlichen Mitteilungsblatt der Antragsgegnerin vom 3.5.2013 ortsüblich bekanntgemacht.
Mit dem weiteren Beschluss vom 19.3.2013 versagte der Gemeinderat der Antragsgegnerin das Einvernehmen zu dem Vorhaben der Firma Z... zur Errichtung und zum Betrieb einer Abfallbehandlungsanlage auf dem Areal der Antragstellerin.
Die Antragstellerin hat am 26.3.2014 das Normenkontrollverfahren eingeleitet.
Zur Begründung trägt die Antragstellerin im Wesentlichen vor: Das gesamte Grundstück, auf welches sich die Veränderungssperre räumlich beziehe, stehe in ihrem Eigentum. Das Betriebsgelände diene als Standort für die industrielle Produktion von Chemikalien. Zwar seien bestimmte Produktionen aufgegeben worden. Produkte aus anderen Bereichen würden indessen weiterhin an dem Standort produziert. Gegenwärtig finde eine Intensivierung der chemischen Produktion am Standort statt. Ihre langfristige Strategie beinhalte eine Fortführung des Standorts für die chemische Produktion. Insoweit werde auf die von der ... (...-...)erstellte „... GmbH - Masterplanung Standort Grenzach-Wyhlen“ vom 11.5.2012 verwiesen. Die ...-Masterplanung (Vorzugsvariante A) sehe einen Kernbereich ... zur industriellen Produktion störfallrelevanter chemischer Produkte in entsprechenden Anlagen vor. In den Randbereichen werde zum Schutz der angrenzenden Wohnbebauung gewerbliche Nutzung in bereits vorhandenen Anlagen vorgesehen.
Für die eigene Produktion nicht genutzte Teile des Areals sollten für ein „Ansiedlungsmanagement“ genutzt werden. Das bedeute, dass externen Unternehmen Flächen und Räumlichkeiten gegen Entgelt zur Verfügung gestellt werden sollten, wozu auch die Mitbenutzung der vorhandenen Infrastruktur- und Logistikeinrichtungen gehören solle. Das „Ansiedlungsmanagement“ sei auf eine Ansiedlung von Industriebetrieben ausgerichtet. Die Ansiedlung von Industrie erfolge daher aus ihrem eigenen betriebswirtschaftlichen Interesse. In dieses Standortkonzept füge sich die seit 2011 betriebene Ansiedlung einer Abfallbehandlungsanlage der Firma Z... im südöstlichen Teil des Areals ein. Aus dem Vorstehenden ergebe sich, dass die Planung der Antragsgegnerin, die eine reine Gewerbe- und Dienstleistungsentwicklung von hoher Qualität vorsehe, zwangsläufig „ins Leere laufen“ müsse. Denn an der industriellen Nutzung der „Kernbereich ...“-Fläche ändere sich auch zukünftig nichts. Ferner widerspreche das mit entsprechenden Investitionen bereits in Gang gesetzte „Ansiedlungsmanagement“ der von der Antragsgegnerin beabsichtigten Bauleitplanung. Auch sei der Standort umzäunt, so dass ein Publikumsverkehr ausgeschlossen sei. Lediglich in Randbereichen außerhalb dieser Umzäunung käme eine isolierte gewerbliche Nutzung in Betracht.
Die Veränderungssperre beruhe außerdem auf einer fehlerhaften Entscheidungsgrundlage der Antragsgegnerin. Diese sei zu Unrecht von einer mittelfristigen Reduzierung der chemischen Produktion der ... am Standort Grenzach auf oder gegen Null und einer mittelfristigen Aufgabe der chemischen Produktion der ... ausgegangen. Dies gelte auch für die Annahme in der von der Antragsgegnerin vorgelegten Präsentation „Bürgerversammlung Grenzach-Wyhlen zur möglichen Ansiedlung der Firma Z... auf dem ...-Gelände“, dass die ... absehbar kein Störfallbetrieb mehr sein werde. Auch die Aussage im Aufstellungsbeschluss, sie, die Antragstellerin, sei bestrebt, das vormals allein genutzte Areal zu öffnen, sei insoweit unrichtig, als damit nahegelegt werde, das Areal könne in Zukunft frei zugänglich sein. Die weitere Aussage, sie wolle das Areal neuen unterschiedlichen Nutzern und Nutzungen zuführen, suggeriere eine Offenheit für Gewerbe- und Dienstleistungen. Die Planung der Antragsgegnerin habe daher keinerlei Aussicht auf Realisierung. Sie widerspreche der ausgeübten und zukünftigen Nutzung des Areals, da sie ihr Areal auch künftig als Industriegebiet und als geschlossenen Industriestandort erhalten und nutzen wolle.
Zwar habe die Antragsgegnerin in einer Besprechung am 13.2.2014 die Neigung erkennen lassen, Modifizierungen an den in dem Aufstellungsbeschluss und der Veränderungssperre zugrunde gelegten Planungen insoweit vorzunehmen, als für das Kerngebiet des Areals die Ausweisung eines - wenn auch eng gefassten - Industriegebiets in Betracht gezogen werde. Hierauf komme es aber nicht an. Allein maßgeblicher Zeitpunkt für die Überprüfung der Wirksamkeit einer Veränderungssperre sei die Beschlussfassung. Ein zu diesem Zeitpunkt nicht verwirklichungsfähiges Planungsziel könne nicht nachträglich gegen ein rechtlich unbedenkliches Planungskonzept ausgetauscht werden. Überdies hätten sich die in Betracht gezogenen Modifizierungen in der Planung bislang nicht in förmlicher Weise manifestiert.
10 
Die Veränderungssperre sei ferner wegen mangelnder rechtlicher Umsetzbarkeit der Planung unwirksam. Die Umsetzung der beabsichtigten Planung in einen Bebauungsplan führe zwangsläufig zu einer Verletzung ihrer Eigentumsrechte und damit zu einem Abwägungsfehler. Art. 14 Abs. 1 GG schütze das Interesse des Eigentümers an der Beibehaltung der bisherigen Nutzung. Der Bestandsschutz umfasse auch etwaige Nutzungsänderungen. Es sei nicht ersichtlich, welche überwiegenden öffentlichen Interessen hier in Betracht kommen könnten, um ihr Interesse an der Erhaltung und Fortführung der industriellen Nutzung planerisch „zurückzudrängen“.
11 
Einer Verwirklichung der in dem Aufstellungsbeschluss konkretisierten Planungsziele stehe auch entgegen, dass auf dem von der Veränderungssperre betroffenen Areal Störfallbetriebe angesiedelt seien, in deren Umfeld sich die von der Gemeinde gewünschte Planung nicht realisieren lasse. Die sogenannten Achtungsabstände stellten eine störfallspezifische Umsetzung des Trennungsgrundsatzes dar. Mit Blick auf die im Störfallgutachten eingezeichneten Achtungsradien sei nicht ersichtlich, wie sich auf dem Areal eine freie Nutzung für Gewerbe- und Dienstleistungsbetriebe entwickeln solle.
12 
Der Erlass der angegriffenen Veränderungssperre stelle sich ferner als „vorgeschobene“ Verhinderungsplanung dar. Der Antragsgegnerin sei es mit der Veränderungssperre letztlich darum gegangen, den Ansiedlungswunsch der Firma Z... zu durchkreuzen. Zu dem Zeitpunkt, als das Genehmigungsverfahren für die Zulassung der Anlage soweit fortgeschritten gewesen sei, dass eine Genehmigung hätte erteilt werden können, habe der Gemeinderat der Antragsgegnerin wegen der massiven Proteste in der Bürgerschaft das Einvernehmen zu dem Vorhaben der Fa. Z... versagt und die Veränderungssperre in Kraft gesetzt. Bestätigt werde dies dadurch, dass der räumliche Geltungsbereich keiner bauplanerischen Sachlogik folge. Die ursprüngliche Planung habe neben ihrem eigenen Areal auch die benachbarten Areale von D..., R... und B... eingeschlossen. Der räumliche Geltungsbereich der angegriffenen Veränderungssperre beziehe sich aber weder auf ihr komplettes Areal noch auf die benachbarten Areale mit industrieller Nutzung.
13 
Sie beantragt,
14 
die Satzung über die Veränderungssperre zum Bebauungsplan für das Gebiet „Rheinvorland West“ der Antragsgegnerin vom 19.3.2013 für unwirksam zu erklären.
15 
Die Antragsgegnerin beantragt,
16 
den Antrag abzuweisen.
17 
Sie erwidert: Der von der Veränderungssperre umfasste Bereich befinde sich in einer erheblichen tatsächlichen Umstrukturierungsphase. Das zeige sich daran, dass die Antragstellerin selbst umfangreich Gebäude auf dem Areal beseitigt habe. Diese heute unbebauten Flächen würden derzeit baulich nicht genutzt. Die Planungsziele des künftigen Bebauungsplans ergäben sich aus der Gemeinderatsvorlage zum Zeitpunkt des Bebauungsplanaufstellungsbeschlusses und des Beschlusses der Veränderungssperre. Auf die zunächst ins Auge gefasste planerische Ausweisung eines sogenannten industriellen Kerns sei zu Gunsten einer verbesserten Gewerbe- und Dienstleistungsentwicklung vollständig verzichtet worden. Aus diesen Überlegungen ergebe sich eine hinreichende Konkretisierung der mit dem Bebauungsplan verfolgten städtebaulichen Ziele. Die Zielvorgabe eines verbesserten Gewerbe- und Dienstleistungsbereichs stehe unter dem ausdrücklichen, unter dem Gesichtspunkt des Abwägungsgebotes auch einzig richtigen Vorbehalt, dass dieses Ziel entweder weiter konkretisiert werden müsse oder im Rahmen der Abwägung, insbesondere mit Blick auf den vorhandenen Bestand, aber auch aufgrund sonstiger rechtlicher Rahmenbedingungen - z.B. Achtungsabstand bei Störfallbetrieben - eine Differenzierung vorgenommen werden müsse, z.B. in Form eines eingeschränkten Industriegebiets. Es bestünden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass im Aufstellungsbeschluss Planüberlegungen angestellt worden seien, die unter keinem denkbaren Umstand zu einer rechtlich zulässigen Bebauungsplanfestsetzung führen könnten. In diesem Zusammenhang sei von besonderer Bedeutung, dass im Rahmen des für dieses Gebiet erstmalig aufzustellenden Bebauungsplans auch die Umgebungsbebauung und die dortigen Planausweisungen mit einbezogen werden müssten. Dazu zählten die nördlich liegenden reinen und allgemeinen Wohngebiete, Mischgebiete und Flächen für Gemeinbedarf. Dies gelte auch für die zwischenzeitlich von der Antragstellerin umfangreich freigeräumten Flächen im Gebiet der Veränderungssperre. Die immissionsschutzrechtlichen bzw. baurechtlichen Genehmigungen seien insoweit entfallen. Ein Bestandsschutz sei nicht gegeben, insbesondere nachdem auch die Antragstellerin eine Ansiedlung externer Industriebetriebe anstrebe. Hinzu komme, dass die Antragsgegnerin neben den Überlegungen zum baulichen Nutzungskonzept weitere städtebauliche Ziele verfolge. Hierzu gehörten die Etablierung einer wirksamen Grünzone im Übergang zur B 34-neu, Bahnlinie und Wohn- und Mischbebauung im Norden, eine erhebliche Aufwertung der Grünzone entlang des Rheins, eine erhebliche Verbesserung des Rheinuferwegs, die ökologisch wirksame Durchgrünung einzelner Areale sowie die Wiederherstellung einer wirksamen Verbindung zwischen Ortszentrum Grenzach und Rhein und schließlich die Weiterentwicklung als Rheinquerung. Auch diese städtebaulichen Ziele seien für sich genommen hinreichend konkret. Es sei die Aufgabe einer Gemeinde, ein industriell und gewerblich genutztes Gebiet, das sich historisch ohne Bauleitplanung entwickelt habe, sich jetzt aber in einem deutlichen Umbruch befinde, einer zukunftsorientierten Planung zuzuführen, die den heutigen Kriterien einer Ausgewogenheit der Nutzungen unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Umgebungsnutzungen entspreche. Im Rahmen dieser städtebaulichen Planung seien Überlegungen anzustellen, welche Nutzungen zukünftig unter Beachtung der bestandsgeschützten und der umgebenden Nutzungen möglich seien und der städtebaulichen Entwicklung der Antragsgegnerin dienten. Insoweit sei eine hinreichende Konkretisierung der Planungsüberlegungen gegeben. Eine weitere Detaillierung hinsichtlich Planreife und Baugebietstyp, sei im Stadium des Beschlusses über eine Veränderungssperre nicht erforderlich.
18 
Die das Bebauungsplanverfahren und das Verfahren zum Erlass einer Veränderungssperre betreffenden Akten der Antragsgegnerin liegen dem Senat vor. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf sie und auf die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Der Normenkontrollantrag bleibt ohne Erfolg.
I.
20 
An der Zulässigkeit des Normenkontrollantrags bestehen keine Bedenken.
21 
Der Normenkontrollantrag ist statthaft, denn die Antragstellerin wendet sich gegen eine Veränderungssperre, die als Satzung nach dem Baugesetzbuch beschlossen worden ist und deren Gültigkeit vom erkennenden Senat gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO überprüft werden kann.
22 
Der fristgemäß gestellte Antrag ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist die Antragstellerin gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Denn ihre Antragsberechtigung ergibt sich aus ihrer Eigentümerstellung hinsichtlich des von der Veränderungssperre erfassten Grundstücks.
II.
23 
Der Normenkontrollantrag ist jedoch nicht begründet.
24 
Die Satzung der Antragsgegnerin über die Veränderungssperre leidet weder an formellen noch an materiellen Fehlern. Formelle Mängel sind nicht vorgetragen; solche sind auch nicht ersichtlich. Die Veränderungssperre ist insbesondere nicht deshalb unwirksam, weil der Gemeinderat über den Beschlussvorschlag, für den in der Anlage dargestellten Bereich den Bebauungsplan „Rheinvorland West“ aufzustellen und zur Sicherung der Bauleitplanung für das Plangebiet eine Veränderungssperre zu beschließen, nicht getrennt, sondern in einer Sitzung abgestimmt hat (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 5.8.2014 - 3 S 1673/12 - NVwZ-RR 2014, 931). Die Satzung steht auch in materiell-rechtlicher Hinsicht in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Voraussetzungen.
25 
1. Eine Gemeinde kann gemäß § 14 Abs. 1 BauGB zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre beschließen mit dem Inhalt, dass Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen (Nr. 1) bzw. erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen (Nr. 2), sobald der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist. Auf Grund des vom Gemeinderat der Antragsgegnerin am 19.3.2013 erlassenen Aufstellungsbeschlusses für den Bebauungsplan „Rheinvorland West“ konnte mithin am 19.3.2013 auch die angegriffene Veränderungssperre beschlossen werden.
26 
2. Allein der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans genügt für die Wirksamkeit einer Satzung über eine Veränderungssperre jedoch nicht.
27 
Eine Veränderungssperre darf erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Wesentlich ist dabei, dass die Gemeinde bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt hat. Das Mindestmaß an planerischen Vorstellungen, die vorliegen müssen, um eine Veränderungssperre zu rechtfertigen, muss - gewissermaßen als inhaltlicher Kontrollmaßstab des Konkretisierungsgebots - zugleich geeignet sein, die Entscheidung der Genehmigungsbehörde zu steuern, wenn sie über die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung zu befinden hat (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 1 BauGB mit Blick auf den praktisch wichtigsten öffentliche Belang, nämlich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung). Diese Vorstellungen können sich nicht nur aus Niederschriften über die Gemeinderatssitzung, sondern auch aus allen anderen erkennbaren Unterlagen und Umständen ergeben. Hierzu kann beispielsweise auch die anderen Akten zu entnehmende oder bekannte Vorgeschichte gehören. Soll mit dem in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan (auch) die Art der baulichen Nutzung gesteuert werden, ist der Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans noch offen, wenn Vorstellungen über die angestrebte Art der baulichen Nutzung fehlen (st. Rspr. vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.12.2013 – 4 BN 18.13 - BRS 81 Nr. 130 [2013]; Beschl. v. 22.1.2013 – 4 BN 7.13 – BBB 2013, Nr. 4, 61; Urt. v. 30.8.2012 – 4 C 1.11 – BVerwGE 144, 82; Beschl. v. 1.10 2009 – 4 BN 34.09 – NVwZ 2010, 42; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.6.2014 – 5 S 203/13 – ZfBR 2015, 163; Beschl. v. 14.11.2001 - 3 S 605/01 - VBlBW 2002, 200).
28 
Für den Erlass einer Veränderungssperre ist jedoch keine Planreife erforderlich. Es ist insbesondere nicht erforderlich, dass bereits der angestrebte Baugebietstyp i. S. d. Baunutzungsverordnung feststeht. Es reicht aus, wenn absehbar ist, dass sich das von einer hinreichend konkreten positiven Konzeption getragene Planziel im Wege bauplanerischer Festsetzungen überhaupt erreichen lässt; die Auswahl der Mittel zur Realisierung des Planziels ist hingegen - ebenso wie die Lösung von Nutzungskonflikten - typischerweise Aufgabe der im Bebauungsplanverfahren vorzunehmenden planerischen Abwägung (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.9.2007 – 8 S 1584/06 – VBlBW 2008, 143; Urt. v. 24.11.2005 - 8 S 794/05 - VBlBW 2006, 275).
29 
Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die angefochtene Veränderungssperre nicht zu beanstanden.
30 
a) In der Beschlussvorlage vom 14.3.2013 zur Aufstellung des Bebauungsplans „Rheinvorland West“ wird ausgeführt, dass sich für das Industrieareal der Antragstellerin ein grundlegender Wandel abzeichne. Die Antragstellerin habe in den vergangenen Jahren ganz erhebliche Teile der Produktion eingestellt bzw. an andere Standorte außerhalb Grenzachs verlagert. Der Restrukturierungsprozess des Areals habe unmittelbar nach Übernahme der C... durch die Antragstellerin im Jahre 2009 begonnen. Im Jahr 2011 sei für den Standort Grenzach von der Antragstellerin ein Rückbauplan mit mehreren Phasen vorgelegt worden, der für den Zeitraum von 2011 bis 2013 den Abbruch von etwa 2/3 aller Gebäude vorsehe. Mittlerweile sei der größte Teil der Gebäude (Phase 1 und 2) bereits abgebrochen worden, die Phase 3 solle noch 2013 abgeschlossen werden. Ein parallel zum Rückbauplan der Antragstellerin in 2012 vorgelegter Entwicklungsplan habe den Verbleib eines sogenannten ...-Kernbereiches vorgesehen, in dem weiterhin chemische Produktion stattfinden solle, die übrigen Flächen sollten für andere industrielle und/oder gewerbliche Nutzungen zur Verfügung stehen. Die Antragstellerin wolle das vormals allein genutzte Areal öffnen und neuen unterschiedlichen Nutzern und Nutzungen zuführen. Daraus ergebe sich die Notwendigkeit, die zukünftige Nutzung des Areals aktiv zu steuern. Ziel der Gemeinde sei es, Teile dieses Industrieareals zu einem Gewerbe- und Dienstleistungsstandort hoher Qualität zu entwickeln. Damit sollten gleichzeitig die Qualitäten des unmittelbar angrenzenden Ortes Grenzach wiederbelebt und gestärkt werden. Diesen Zielen entgegenstehende Nutzungen sollten innerhalb des Areals künftig nicht mehr zulässig sein.
31 
Im Weiteren wird in der Beschlussvorlage ausgeführt, ursprünglich sei vorgesehen worden, als flexible Grundlage für die schrittweise Umsetzung der Planungsziele eine Kernzone industrieller Nutzung mit kompatiblen gewerblichen Nutzungen in breiten Randbereichen zu schaffen. Dieser Rahmenplan, der bereichsweise mit dem von der Antragstellerin 2012 vorgelegten Entwicklungsplan prinzipiell übereingestimmt habe (z. B. Gewerbenutzungen in verschiedenen Bereichen des Areals), sei auf der Grundlage der jüngsten Aussagen von Februar 2013 zwischenzeitlich in Teilflächen weiterentwickelt worden. Im Rahmen eines Gesprächstermins zwischen der Gemeinde und der ...-Konzernleitung am 14.2.2013 sei seitens der Antragstellerin jedoch eindeutig klargestellt worden, dass mit eigenen Investitionen in neue Produktionen nicht zu rechnen sei. Auch auf wiederholte Nachfrage habe die Antragstellerin keinerlei Aussagen über die Zukunft und den Verbleib der bestehenden Produktion machen wollen. Die städtebaulichen Überlegungen gingen nunmehr dahin, auf die planerische Ausweisung eines sog. industriellen Kerns (mit planungsrechtlicher Ausweisung als „Industriegebiet“) im Bereich der Antragstellerin zugunsten einer verbesserten Gewerbe- und Dienstleistungsentwicklung vollständig zu verzichten. Der Bestandschutz der genehmigten und noch vorhandenen industriellen Nutzung werde davon selbstverständlich nicht berührt. In den vergangenen Jahren sei für Grenzach-Wyhlen eine nachweisbare, kontinuierliche Nachfrage nach Grundstücken für gewerbliche Nutzungen verschiedenster Art zu verzeichnen. Um der Nachfrage gerecht zu werden, müsse die Gemeinde mittelfristig ein neues Gewerbegebiet planungsrechtlich etablieren und erschließen. Dem Bedarf an Flächen für eine gewerbliche Entwicklung stehe jedoch ein wesentlich geringerer Bedarf an Flächen für neue industrielle Nutzungen entgegen, sodass die im ...-Areal freiwerdenden Flächen für eine gewerbliche Entwicklung durchaus zur Verfügung stehen könnten. Dies würde vor allem auch dem landesplanerischen Ziel der Innenentwicklung vor Neuerschließung entsprechen.
32 
b) Die Antragsgegnerin hat danach hinreichend konkrete und positive Planungsvorstellungen für das Gebiet des aufzustellenden Bebauungsplans „Rheinvorland West“ entwickelt. Den Erwägungen lässt sich unschwer entnehmen, dass die Antragsgegnerin beabsichtigt, den vorgesehenen Planungsraum als Gewerbegebiet auszuweisen und dies auch bereits näher begründet hat.
33 
3. Der angefochtenen Veränderungssperre mangelt es auch nicht an dem erforderlichen Sicherungsbedürfnis.
34 
Eine Veränderungssperre ist als Sicherungsmittel ungeeignet und damit unwirksam, wenn die beabsichtigte Bauleitplanung zwar im oben aufgezeigten Sinne schon hinreichend konkretisiert ist, aber von vornherein verfehlt ist. Solches ist anzunehmen, wenn sich das erkennbare Planungsziel im Wege planerischer Festsetzung nicht erreichen lässt oder wenn dieses der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind, oder wenn der beabsichtigte Bauleitplan schon jetzt erkennbar schlechterdings nicht behebbare rechtliche Mängel aufweist (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 - BVerwGE 34, 301; Urt. v. 16.12.1988 - 4 C 48.86 - BVerwGE 81, 111; Beschl. v. 21.12.1993 - 4 NB 40.93 - NVwZ 1994, 685; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 3.3.2005 - 3 S 1524/04 - VBlBW 2006, 142; Beschl. v. 14.11.2001 - 3 S 605/01 - VBlBW 2002, 200).
35 
Anknüpfungspunkt für die Beurteilung, ob sich nach diesen Maßgaben die Veränderungssperre als ungeeignet und damit als unwirksam erweist, ist § 1 Abs. 3 BauGB. Danach haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Nicht erforderlich in diesem Sinn und damit unzulässig ist ein Bebauungsplan, der aus zwingenden rechtlichen Gründen vollzugsunfähig ist oder der auf unabsehbare Zeit aus tatsächlichen Gründen keine Aussicht auf Verwirklichung bietet (BVerwG, Beschl. v. 8.9.1999 - 4 BN 14.99 - ZfBR 2000, 275; Beschl. v. 11.5.1999 - 4 BN 15.99 - NVwZ 1999, 1338 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 23.12.1998 - 26 N 98.1675 - BauR 1999, 873). Dies ist dann anzunehmen, wenn keinerlei Anhaltspunkte für eine Realisierung der Planung gegeben sind (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.11.2001 - 3 S 605/01 - VBlBW 2002, 200; Urt. v. 7.12.1998 - 3 S 3113/97 - VBlBW 1999, 174; Urt. v. 25.10.1996 - 5 S 1040/95 -) bzw. wenn von Anfang an feststeht, dass mit der Verwirklichung des Bebauungsplans oder einzelner Festsetzungen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen auf absehbare Zeit nicht gerechnet werden kann (BVerwG, Urt. v. 6.5.1993 - 4 C 15.91 - NVwZ 1994, 274 m.w.N.).
36 
Nach diesen Maßgaben unterliegt das Sicherungsbedürfnis der angefochtenen Veränderungssperre keinen rechtlichen Bedenken. Die dagegen unter dem Gesichtspunkt der mangelnden Erforderlichkeit des beabsichtigten Bebauungsplans erhobenen Einwendungen der Antragstellerin greifen nicht durch.
37 
a) Zunächst ist festzustellen, dass die Antragsgegnerin bei der Fassung des Aufstellungsbeschlusses entgegen der Auffassung der Antragstellerin von zutreffenden Tatsachen ausgegangen ist. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die bereits in der Beschlussvorlage dargelegten Rückbauaktivitäten, die auch nach dem Beschluss vom 19.3.2013 über die Veränderungssperre in der Folgezeit fortgesetzt wurden. Dies bestätigt der Vergleich der Gebäudebestandssituation auf dem Grundstück der Antragstellerin im Jahr 2012 und 2014, wie er auf den von der Antragsgegnerin vorgelegten Luftbildern dokumentiert wird. Diesen ist ein deutlicher Gebäuderückbau zu entnehmen. Auch in dem von der Antragstellerin vorgelegten - von Dr. H. Spangenberger erstellten - Standortgutachten der Gesellschaft für Anlagen- und Betriebssicherheit mbH. für die Antragsgegnerin zur Ermittlung von Achtungsabständen auf Basis des Leitfadens KAS-18 für die Betreiber ... GmbH, ...... GmbH, ...-... GmbH & Co. KG am Standort Grenzach und ... GmbH am Standort Wyhlen vom Oktober 2013 (im Folgenden: Standortgutachten zur Ermittlung von Achtungsabständen) wird mehrfach darauf hingewiesen, dass einige der in den Bildern dargestellten Gebäude zwischenzeitlich zurückgebaut worden seien bzw. sich im Rückbau befänden. Die Richtigkeit der Annahmen der Antragsgegnerin wird schließlich durch das von der Antragstellerin selbst dargelegte „Ansiedlungsmanagement“ für ihr Areal - insbesondere im Hinblick auf die Ansiedlung fremder Unternehmen industriellen Charakters - bestätigt.
38 
b) Der Einwand der Antragstellerin, sie wolle die industriellen Produktionsanlagen fortführen, weshalb wegen der bestandsgeschützten andersartigen Bebauung und Nutzung ihres Grundstücks der Bebauungsplan auf Dauer oder jedenfalls auf unabsehbare Zeit nicht vollzugsfähig sei, greift nicht durch.
39 
Die Vollzugsfähigkeit eines Bebauungsplans wird grundsätzlich nicht allein dadurch in Frage gestellt, dass seine Festsetzungen mit den bestehenden tatsächlichen Verhältnissen im Plangebiet nicht (voll) übereinstimmen. Denn die Planungsbefugnis der Gemeinde umfasst auch das Recht, sich im Interesse der langfristigen städtebaulichen Entwicklung eines Gebiets über die tatsächlichen Verhältnisse hinwegzusetzen (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.8.2000 - 4 CN 6.99 - BVerwGE 112, 41; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.7.2014 - 8 S 1202/12 -; Urt. v. 6.2.2014 - 3 S 207/13 - VBlBW 2015, 37; vgl. auch BayVGH, Urt. v. 13.11.2013 - 1 N 11.2263 - juris).
40 
Was im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen planerischen Konzeption. Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die „Städtebaupolitik“ zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Hierzu gehört auch die Entscheidung, in welchem Umfang sie Gemeindegebietsteile zur Unterbringung von Gewerbebetrieben zur Verfügung stellt.
41 
Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB sind nur solche Bauleitpläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind. Ist es - wie im vorliegenden Fall - das erklärte Ziel der Gemeinde, dem Gewerbe ein größeres Maß an Entfaltungsmöglichkeiten zu sichern, so hängt die Planungsbefugnis nach § 1 Abs. 3 BauGB nicht von dem Nachweis ab, dass hierfür deshalb ein unabweisbares Bedürfnis vorhanden ist, weil von Seiten des Gewerbes ein spürbarer Nachfragedruck besteht. Erforderlich ist eine bauleitplanerische Regelung nicht nur dann, wenn sie dazu dient, Entwicklungen, die bereits im Gange sind, in geordnete Bahnen zu lenken, sondern auch dann, wenn die Gemeinde die planerischen Voraussetzungen schafft, die es ermöglichen, einer Bedarfslage gerecht zu werden, die sich erst für die Zukunft abzeichnet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.5.1999 – 4 BN 15.99 – NVwZ 1999, 1338; Beschl. v. 8.9.1999 - 4 BN 14.99 - ZfBR 2000, 275).
42 
Vor dem Hintergrund der auf dem Areal der Antragstellerin stattfindenden Veränderungen erscheint das - oben dargestellte - bauplanerische Konzept der Antragsgegnerin im maßgeblichen Zeitpunkt des Aufstellungsbeschlusses und dem Erlass der streitgegenständlichen Veränderungssperre nicht als von vornherein vollzugsunfähig. Die Konflikte, die ein Nebeneinander von gewerblichen und industriellen Nutzungen gegebenenfalls hervorrufen, können gerade mit Blick auf die in § 1 Abs. 4 bis Abs. 9 BauNVO aufgeführten bauleitplanerischen Instrumente der vertikalen und horizontalen Gliederung von Baugebieten und die von § 1 Abs. 10 BauNVO begründete Möglichkeit, Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen bestimmter vorhandener baulicher und sonstiger Anlagen für allgemein oder ausnahmsweise zulässig zu erklären (vgl. hierzu Nonnenmacher/Thomale, VBlBW 2011, 89), bauplanungsrechtlich in zulässiger Weise bewältigt werden.
43 
c) Die Antragstellerin meint weiter, dem beabsichtigten Bebauungsplan mangele es deshalb an der Erforderlichkeit, weil ihre Industrieanlagen - zumindest teilweise - Störfallbetriebe im Sinne der Richtlinie 96/82/EG des Rates zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen in der Fassung der Richtlinie 2003/105/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2003 zur Änderung der vorgenannten Richtlinie - Seveso II-RL - (im Folgenden: RL 96/82/EG) seien. Wegen des gebotenen angemessenen Abstands zu ihnen sei eine Ausweisung des Grundstücks als Gewerbegebiet auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen. Der angefochtenen Veränderungssperre fehle es daher an der erforderlichen Sicherungsfähigkeit. Auch dem vermag der Senat nicht zu folgen.
44 
aa) Nach Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2 RL 96/82/EG sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass in ihrer Politik der Flächenausweisung oder Flächennutzung und/oder anderen einschlägigen Politiken sowie den Verfahren für die Durchführung dieser Politiken langfristig dem Erfordernis Rechnung getragen wird, dass zwischen den unter diese Richtlinie fallenden Betrieben einerseits und Wohngebieten, öffentlich genutzten Gebäuden und Gebieten, wichtigen Verkehrswegen (so weit wie möglich), Freizeitgebieten und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvollen bzw. besonders empfindlichen Gebieten andererseits ein angemessener Abstand gewahrt bleibt und dass bei bestehenden Betrieben zusätzliche technische Maßnahmen nach Artikel 5 ergriffen werden, damit es zu keiner Zunahme der Gefährdung der Bevölkerung kommt (ebenso Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2003 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen - Seveso III-RL -, die nach ihrem Art. 32 Abs. 1 mit Wirkung vom 1.6.2015 an die Stelle der RL 96/82/EG tritt).
45 
(1) Auf welche Weise diese Anforderungen erfüllt werden, richtet sich zunächst danach, ob die Genehmigung eines konkreten Vorhabens in der Nachbarschaft des Störfallbetriebs in Rede steht oder ob mit den Mitteln des Planungsrechts Nutzungsmöglichkeiten im Bereich eines Störfallbetriebs geschaffen werden sollen. In beiden Fällen ist - in einem ersten Schritt - der angemessene Abstand des vorhandenen Störfallbetriebs entweder zu dem zur Genehmigung gestellten konkreten Vorhaben oder den Vorhaben, die nach der Planung grundsätzlich zulassungsfähig sind, zu ermitteln. Liegen diese Vorhaben innerhalb des ermittelten angemessenen Abstands, führt dies zu einer Berücksichtigungspflicht entweder der Genehmigungsbehörde oder des Planungsträgers.
46 
(2) Wenn auch mit jedem Vorhaben, das den angemessenen Abstand unterschreitet, der störfallrechtlich unerwünschte Zustand in der Regel weiter verfestigt wird, zwingt Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG und die sich hieraus ergebende Berücksichtigungspflicht die Genehmigungsbehörden oder den Planungsträger nicht dazu, Neuansiedlungen in der Nachbarschaft eines Störfallbetriebs ausnahmslos abzulehnen und das Abstandskriterium damit zum alleinigen Genehmigungs- oder Ablehnungskriterium zu machen oder - im Falle einer Planung - zu unterlassen. Art. 12 Abs. 1 RL 96/82/EG gestattet es vielmehr, den „störfalltechnisch“ ermittelten angemessenen Abstand zu unterschreiten, wenn im Einzelfall hinreichend gewichtige Belange für die Zulassung des Vorhabens streiten. In Betracht kommen insbesondere soziale, ökologische und wirtschaftliche Belange (EuGH, Urt. v. 15.9.2011 - C-53/10 - UPR 2011, 443; BVerwG, Urt. v. 20.12.2012 - 4 C 11.11 -BVerwGE 145, 290).
47 
(3) In welcher Weise dieser Wertungsspielraum auszufüllen ist, gibt Art. 12 Abs. 1 RL 96/82/EG den Mitgliedstaaten nicht vor. Die Richtlinie lässt den Mitgliedstaaten in instrumenteller Hinsicht Spielräume, um der Berücksichtigungspflicht des Abstandserfordernisses - mit den Worten des EuGH - „in allgemeiner Weise bei der Aufstellung der Flächenausweisungs- oder Flächennutzungspläne“ oder - mangels einer Planung - „in spezifischer Weise ... beim Erlass von Entscheidungen über Baugenehmigungen“ nachzukommen (EuGH, Urt. v. 15.9.2011 - C-53/10 - UPR 2011, 443 Rn. 50; BVerwG, Urt. v. 20.12.2012 - 4 C 11.11 - BVerwGE 145, 290). Die Planungsbehörden sind deshalb nicht gehindert, die Pflicht zur Berücksichtigung angemessener Abstände auf die Genehmigungsbehörden zu übertragen (EuGH, Urt. v. 15.9.2011 - C-53/10 - a.a.O. Rn. 26).
48 
(4) Entscheidet sich die Gemeinde für das Instrument der Bauleitplanung, ist den Erfordernissen des Art. 12 Abs. 1 RL 96/82/EG in planerischer Weise Rechnung zu tragen. Die von der Richtlinie geforderten Wertungsspielräume gehen im bauleitplanerischen Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7, § 2 Abs. 3 BauGB) auf, in dessen Rahmen der Trennungsgrundsatz (§ 50 BImSchG) als Abwägungsdirektive zu beachten ist (BVerwG, Urt. v. 20.12.2012 - 4 C 11.11 -BVerwGE 145, 290; vgl. auch Beschl. v. 16.3.2010 - 4 BN 66.09 - NVwZ 2010, 1246; Beschl. v. 21.12.2011 - 4 B 14.11 - BauR 2012, 600). Den Anforderungen der RL 96/82/EG wird genügt, wenn im Rahmen der Abwägung auch die Belange des Störfallrechts und des Störfallschutzes beachtet werden (Reitberger, I+E 2012, 145; Berkemann, ZfBR 2010, 18; Moench/Henning, DVBl. 2009, 223; Steiff, NZBau 2007, 363; Hendler, DVBl. 2012, 532; Uechtritz, BauR 2012, 1039, Reidt, BauR 2012, 1182; Lau, DVBl. 2012, 678).
49 
bb) Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist auch in Ansehung der im Planungsbereich vorhandenen Störfallbetriebe eine Ausweisung des von der Veränderungssperre erfassten Areals als Gewerbegebiet nicht auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen.
50 
(1) Zwar wird im Rahmen einer Bauleitplanung dem störfallschutzrechtlichen Abstandsgebot nach Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2. RL 96/82/EG und in deren Umsetzung dem Trennungsgebot des § 50 Satz 1 BImSchG ein besonderes Gewicht in der planerischen Abwägung beigemessen werden müssen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 6.3.2008 - 10 D 103/06.NE - BRS 73 Nr. 33 [2008]). Gleichwohl ist das störfallschutzrechtliche Abstandsgebot im Einzelfall überwindbar. Insbesondere können geringere Abstände hingenommen werden, wenn - vor allem in bestehenden Gemengelagen - andere Maßnahmen zur Risikovorsorge festgesetzt werden (Reitberger, I+E 2012, 154). Eine ordnungsgemäße Abwägung setzt daher in erster Linie voraus, dass die vorhandenen Störfallbetriebe - oder bei projektbezogenen oder vorhabenbezogenen Bebauungsplänen die sich künftig ansiedelnden Störfallbetriebe - hinreichend erfasst werden und in Bezug auf diese der jeweilig angemessene Abstand ermittelt wird. Hierbei kann der Leitfaden der Kommission für Anlagesicherheit beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (KAS) „Empfehlungen für Abstände zwischen Betriebsbereichen nach der Störfall-Verordnung in schutzbedürftigen Gebieten im Rahmen der Bauleitplanung - Umsetzung § 50 BImSchG“ vom November 2010 eine Orientierungshilfe darstellen. Eine fehlerfreie Abwägung setzt nach zutreffender Ermittlung der Störfallbetriebe ferner voraus, dass die Belange des Störfallschutzes in ihrer Bedeutung richtig erkannt werden. Dies gilt insbesondere, wenn ausgehend von der konkreten Lage und Beschaffenheit des Betriebsbereichs eines Störfallbetriebs der hierauf bezogene angemessene Abstand unterschritten werden soll. Entscheidende Kriterien für die Gewichtung der Belange des Störfallschutzes werden insbesondere die Quantität und die Qualität der schutzbedürftigen Nutzungen sowie neben dem Ausmaß von möglichen Störfällen auch deren Eintrittswahrscheinlichkeit - soweit diagnostizierbar - sein.
51 
(2) Neben der reinen Abstandswahrung können auch weitere Maßnahmen zur Reduzierung der Auswirkungen von Störfällen in den Blick zu nehmen sein. Hierbei ist an passive Schutzmaßnahmen wie die Anlegung von Gräben, Mauern oder Wällen zu denken. Ferner können Festsetzungen zur Gebäudestellung und besondere Anforderungen an Gebäude, insbesondere Fenster, Türen und Lüftung in Betracht zu ziehen sein. Weiterhin können Gesichtspunkte der Koordinierung von Alarmierungs- und Evakuierungsplänen, deren Effektivität in städtebaulichen Verträgen sichergestellt werden können, bei der planerischen Bewältigung des Störfallschutzes mitbedacht werden. Bei all diesen Maßnahmen ist deren eigene Störfallanfälligkeit bei der Frage ihrer Effektivität zur Sicherstellung eines Störfallschutzes zu berücksichtigen.
52 
Die vorgenannten Maßnahmen können auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB festsetzungsfähiger Inhalt eines Bebauungsplans sein. Ein weiteres Instrumentarium zur Bewältigung des Störfallschutzes bei einem Nebeneinander von Störfallbetrieb und anderen Nutzungen sind die in § 1 Abs. 4 - 9 BauNVO aufgeführten Möglichkeiten der vertikalen und horizontalen Innengliederung von Baugebieten einschließlich der Fremdkörperfestsetzung nach § 1 Abs. 10 BauNVO. Hierbei kann eine In-Sich-Gliederung nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO in Betracht kommen, der nicht nur eine Gliederung nach der Art der Betriebe und Anlagen ermöglicht, sondern auch nach besonderen Bedürfnissen sowie besonderen Eigenschaften (vgl. Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, 4. Aufl. 2010, Rn. 540 f.). Insoweit ist insbesondere auf § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO hinzuweisen, der in Bezug auf Gewerbe- und Industriegebiete bestimmt, dass diese auch im Verhältnis zueinander gegliedert werden können. § 1 Abs. 5 und Abs. 9 BauNVO ermöglicht zudem beispielsweise einen Ausschluss bestimmter Nutzungen, die aufgrund ihrer Eigenart von der Störfallgefahr bereits vorhandener Störfallbetriebe in besonderem Maße betroffen sind. Diese bauleitplanerischen Instrumente sind geeignet, gerade bei der Überplanung von Gemengelagen mit bereits bestehenden Störfallbetrieben einen planungsrechtlichen Störfallschutz zu ermöglichen.
53 
Das bauleitplanerische Instrumentarium bietet danach ausreichend Möglichkeiten für die Gemeinde, auch bei der Überplanung von Gemengelagen einen den Anforderungen der RL 96/82/EG genügenden Störfallschutz zu gewährleisten. Allein der Umstand, dass im räumlichen Geltungsbereich der Veränderungssperre Störfallbetriebe vorhanden sind, führt daher nicht dazu, dass dem beabsichtigten Bebauungsplan tatsächliche oder rechtliche Hindernisse auf unabsehbare Zeit entgegenstehen. Dies gilt im vorliegenden Fall insbesondere auch deshalb, weil nicht der gesamte räumliche Geltungsbereich des beabsichtigen Bebauungsplans von den „Achtungsabständen“ erfasst wird, die nach dem von der Antragstellerin vorgelegten Standortgutachten zur Ermittlung von Achtungsabständen den darin liegenden Störfallbetrieben zugeordnet werden. Im Übrigen erfolgten gegenüber der Situation im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens weitere Rückbaumaßnahmen.
54 
c) Eine unzulässige Negativplanung, die - wie die Antragstellerin meint allein auf Verhinderung der von der Fa. Z... beabsichtigten Abfallentsorgungsanlage gerichtet ist, liegt gleichfalls nicht vor.
55 
Eine Planung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht für den Erlass einer Veränderungssperre nicht aus. Sind positive Planungsvorstellungen nur vorgeschoben, um eine in Wahrheit auf bloße Verhinderung gerichtete Planung zu verdecken, so handelt es sich um eine Negativplanung, die den Erlass einer Veränderungssperre nicht rechtfertigt (BVerwG, Urt. v. 19.2.2004 - 4 CN 16.03 - BVerwGE 120, 138; Urt. v. 30.8.2012 - 4 C 1.11 – BVerwGE 144, 82).
56 
Festsetzungen in einem Bebauungsplan sind aber selbst dann nicht als „Negativplanung“ wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 BauGB unwirksam, wenn ihr Hauptzweck in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen besteht. Sie sind vielmehr nur unzulässig, wenn sie nicht dem planerischen Willen der Gemeinde entsprechen und also vorgeschoben sind, um eine andere Nutzung zu verhindern. Festsetzungen dürfen mithin nicht nur das vorgeschobene Mittel sein, um einen Bauwunsch zu durchkreuzen. Letzteres kann aber nicht bereits dann angenommen werden, wenn die negative Zielrichtung im Vordergrund steht. Denn auch eine zunächst nur auf die Verhinderung einer - aus der Sicht der Gemeinde -Fehlentwicklung gerichtete Planung kann einen Inhalt haben, der rechtlich nicht zu beanstanden ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.12.1990 - 4 NB 8.90 -DÖV 1991 S. 744; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 3.3.2005 - 3 S 1524/04 - VBlBW 2006, 142).
57 
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin liegt bei Anwendung dieser Grundsätze eine unzulässige Negativplanung nicht vor. Dies gilt selbst dann, wenn der Bauwunsch der Fa. Z... die Einleitung des Bauplanungsverfahrens mitbeeinflusst haben sollte. Das - oben - dargestellte positive Planungsziel der Antragsgegnerin beinhaltet notwendigerweise die Verhinderung weiterer Gewerbebetriebe mit für ein Industriegebiet typischen Nutzungen, wie dies von der Antragstellerin im Rahmen ihres „Ansiedlungsmanagements“ angestrebt wird. Das auf dem Grundstück der Antragstellerin beabsichtigte - und bereits zur Genehmigung gestellte - Vorhaben der Fa. Z... würde den derzeitigen von der Antragsgegnerin unerwünschten planungsrechtlichen Zustand perpetuieren und ihren konkreten Planungsabsichten zuwiderlaufen. Wenn die Antragsgegnerin den Bauwunsch der Fa. Z... zum Anlass genommen haben sollte, ihre ersichtlich von städtebaulichen Gründen getragenen Planungsabsichten mit den Instrumenten des Bauplanungsrechts zu sichern, kann dies daher rechtlich nicht beanstandet werden.
58 
d) Schließlich führt auch der weitere Einwand der Antragstellerin, eine abwägungsgerechte Planung sei im vorliegenden Fall unter keinem möglichen Gesichtspunkt denkbar, nicht zur Unwirksamkeit der Veränderungssperre.
59 
Zu einer sachgerechten Abwägung im Zusammenhang mit dem Störfallschutz bei der Überplanung von Gemengelagen mit bereits vorhandenen Störfallbetrieben zählt zwar zweifellos nicht allein der Schutz von Nachbarschaft und Umweltgütern vor den Schadensfolgen im Falle eines Störfallereignisses. Vielmehr sind auch die Belange der Störfallbetriebe einschließlich etwaiger Erweiterungsinteressen abwägungsbedeutsam (§ 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst. a BauGB). Es bestehen jedoch - entgegen der pauschalen Behauptung der Antragstellerin - keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Planung der Antragsgegnerin im Hinblick auf die Belange der im Plangebiet vorhandenen Störfallbetriebe sowie der grundrechtlich geschützten Freiheit des Betriebsinhabers (Art. 12 und Art. 14 GG) zwangsläufig zu keinem mit den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Abwägung vereinbaren Ergebnis führen wird.
60 
Zudem unterliegt die Veränderungssperre selbst nicht dem allgemeinen Abwägungsgebot gemäß § 1 Abs. 7 BauGB, sondern nur der Prüfung, ob sie zur Erreichung des mit ihr verfolgten Sicherungszwecks erforderlich ist. Darauf, ob der noch nicht beschlossene künftige Bebauungsplan in seinen Festsetzungen möglicherweise dem Abwägungsgebot entsprechen wird, kommt es deshalb nicht an. Entscheidend ist allein, ob die beabsichtigte Planung auf ein Ziel gerichtet ist, das im konkreten Fall mit den Mitteln der Bauleitplanung zulässigerweise erreicht werden kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.9.1992 - 4 NB 35.92 - DÖV 1993, 250; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 3.3.2005 - 3 S 1524/04 - VBlBW 2006, 170). Wie dargestellt, ist das hier der Fall.
61 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
62 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
63 
Beschluss vom 10. März 2015
64 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG endgültig auf 30.000,-- EUR festgesetzt.
65 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
19 
Der Normenkontrollantrag bleibt ohne Erfolg.
I.
20 
An der Zulässigkeit des Normenkontrollantrags bestehen keine Bedenken.
21 
Der Normenkontrollantrag ist statthaft, denn die Antragstellerin wendet sich gegen eine Veränderungssperre, die als Satzung nach dem Baugesetzbuch beschlossen worden ist und deren Gültigkeit vom erkennenden Senat gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO überprüft werden kann.
22 
Der fristgemäß gestellte Antrag ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist die Antragstellerin gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Denn ihre Antragsberechtigung ergibt sich aus ihrer Eigentümerstellung hinsichtlich des von der Veränderungssperre erfassten Grundstücks.
II.
23 
Der Normenkontrollantrag ist jedoch nicht begründet.
24 
Die Satzung der Antragsgegnerin über die Veränderungssperre leidet weder an formellen noch an materiellen Fehlern. Formelle Mängel sind nicht vorgetragen; solche sind auch nicht ersichtlich. Die Veränderungssperre ist insbesondere nicht deshalb unwirksam, weil der Gemeinderat über den Beschlussvorschlag, für den in der Anlage dargestellten Bereich den Bebauungsplan „Rheinvorland West“ aufzustellen und zur Sicherung der Bauleitplanung für das Plangebiet eine Veränderungssperre zu beschließen, nicht getrennt, sondern in einer Sitzung abgestimmt hat (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 5.8.2014 - 3 S 1673/12 - NVwZ-RR 2014, 931). Die Satzung steht auch in materiell-rechtlicher Hinsicht in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Voraussetzungen.
25 
1. Eine Gemeinde kann gemäß § 14 Abs. 1 BauGB zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre beschließen mit dem Inhalt, dass Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen (Nr. 1) bzw. erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen (Nr. 2), sobald der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist. Auf Grund des vom Gemeinderat der Antragsgegnerin am 19.3.2013 erlassenen Aufstellungsbeschlusses für den Bebauungsplan „Rheinvorland West“ konnte mithin am 19.3.2013 auch die angegriffene Veränderungssperre beschlossen werden.
26 
2. Allein der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans genügt für die Wirksamkeit einer Satzung über eine Veränderungssperre jedoch nicht.
27 
Eine Veränderungssperre darf erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Wesentlich ist dabei, dass die Gemeinde bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt hat. Das Mindestmaß an planerischen Vorstellungen, die vorliegen müssen, um eine Veränderungssperre zu rechtfertigen, muss - gewissermaßen als inhaltlicher Kontrollmaßstab des Konkretisierungsgebots - zugleich geeignet sein, die Entscheidung der Genehmigungsbehörde zu steuern, wenn sie über die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung zu befinden hat (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 1 BauGB mit Blick auf den praktisch wichtigsten öffentliche Belang, nämlich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung). Diese Vorstellungen können sich nicht nur aus Niederschriften über die Gemeinderatssitzung, sondern auch aus allen anderen erkennbaren Unterlagen und Umständen ergeben. Hierzu kann beispielsweise auch die anderen Akten zu entnehmende oder bekannte Vorgeschichte gehören. Soll mit dem in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan (auch) die Art der baulichen Nutzung gesteuert werden, ist der Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans noch offen, wenn Vorstellungen über die angestrebte Art der baulichen Nutzung fehlen (st. Rspr. vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.12.2013 – 4 BN 18.13 - BRS 81 Nr. 130 [2013]; Beschl. v. 22.1.2013 – 4 BN 7.13 – BBB 2013, Nr. 4, 61; Urt. v. 30.8.2012 – 4 C 1.11 – BVerwGE 144, 82; Beschl. v. 1.10 2009 – 4 BN 34.09 – NVwZ 2010, 42; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.6.2014 – 5 S 203/13 – ZfBR 2015, 163; Beschl. v. 14.11.2001 - 3 S 605/01 - VBlBW 2002, 200).
28 
Für den Erlass einer Veränderungssperre ist jedoch keine Planreife erforderlich. Es ist insbesondere nicht erforderlich, dass bereits der angestrebte Baugebietstyp i. S. d. Baunutzungsverordnung feststeht. Es reicht aus, wenn absehbar ist, dass sich das von einer hinreichend konkreten positiven Konzeption getragene Planziel im Wege bauplanerischer Festsetzungen überhaupt erreichen lässt; die Auswahl der Mittel zur Realisierung des Planziels ist hingegen - ebenso wie die Lösung von Nutzungskonflikten - typischerweise Aufgabe der im Bebauungsplanverfahren vorzunehmenden planerischen Abwägung (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.9.2007 – 8 S 1584/06 – VBlBW 2008, 143; Urt. v. 24.11.2005 - 8 S 794/05 - VBlBW 2006, 275).
29 
Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die angefochtene Veränderungssperre nicht zu beanstanden.
30 
a) In der Beschlussvorlage vom 14.3.2013 zur Aufstellung des Bebauungsplans „Rheinvorland West“ wird ausgeführt, dass sich für das Industrieareal der Antragstellerin ein grundlegender Wandel abzeichne. Die Antragstellerin habe in den vergangenen Jahren ganz erhebliche Teile der Produktion eingestellt bzw. an andere Standorte außerhalb Grenzachs verlagert. Der Restrukturierungsprozess des Areals habe unmittelbar nach Übernahme der C... durch die Antragstellerin im Jahre 2009 begonnen. Im Jahr 2011 sei für den Standort Grenzach von der Antragstellerin ein Rückbauplan mit mehreren Phasen vorgelegt worden, der für den Zeitraum von 2011 bis 2013 den Abbruch von etwa 2/3 aller Gebäude vorsehe. Mittlerweile sei der größte Teil der Gebäude (Phase 1 und 2) bereits abgebrochen worden, die Phase 3 solle noch 2013 abgeschlossen werden. Ein parallel zum Rückbauplan der Antragstellerin in 2012 vorgelegter Entwicklungsplan habe den Verbleib eines sogenannten ...-Kernbereiches vorgesehen, in dem weiterhin chemische Produktion stattfinden solle, die übrigen Flächen sollten für andere industrielle und/oder gewerbliche Nutzungen zur Verfügung stehen. Die Antragstellerin wolle das vormals allein genutzte Areal öffnen und neuen unterschiedlichen Nutzern und Nutzungen zuführen. Daraus ergebe sich die Notwendigkeit, die zukünftige Nutzung des Areals aktiv zu steuern. Ziel der Gemeinde sei es, Teile dieses Industrieareals zu einem Gewerbe- und Dienstleistungsstandort hoher Qualität zu entwickeln. Damit sollten gleichzeitig die Qualitäten des unmittelbar angrenzenden Ortes Grenzach wiederbelebt und gestärkt werden. Diesen Zielen entgegenstehende Nutzungen sollten innerhalb des Areals künftig nicht mehr zulässig sein.
31 
Im Weiteren wird in der Beschlussvorlage ausgeführt, ursprünglich sei vorgesehen worden, als flexible Grundlage für die schrittweise Umsetzung der Planungsziele eine Kernzone industrieller Nutzung mit kompatiblen gewerblichen Nutzungen in breiten Randbereichen zu schaffen. Dieser Rahmenplan, der bereichsweise mit dem von der Antragstellerin 2012 vorgelegten Entwicklungsplan prinzipiell übereingestimmt habe (z. B. Gewerbenutzungen in verschiedenen Bereichen des Areals), sei auf der Grundlage der jüngsten Aussagen von Februar 2013 zwischenzeitlich in Teilflächen weiterentwickelt worden. Im Rahmen eines Gesprächstermins zwischen der Gemeinde und der ...-Konzernleitung am 14.2.2013 sei seitens der Antragstellerin jedoch eindeutig klargestellt worden, dass mit eigenen Investitionen in neue Produktionen nicht zu rechnen sei. Auch auf wiederholte Nachfrage habe die Antragstellerin keinerlei Aussagen über die Zukunft und den Verbleib der bestehenden Produktion machen wollen. Die städtebaulichen Überlegungen gingen nunmehr dahin, auf die planerische Ausweisung eines sog. industriellen Kerns (mit planungsrechtlicher Ausweisung als „Industriegebiet“) im Bereich der Antragstellerin zugunsten einer verbesserten Gewerbe- und Dienstleistungsentwicklung vollständig zu verzichten. Der Bestandschutz der genehmigten und noch vorhandenen industriellen Nutzung werde davon selbstverständlich nicht berührt. In den vergangenen Jahren sei für Grenzach-Wyhlen eine nachweisbare, kontinuierliche Nachfrage nach Grundstücken für gewerbliche Nutzungen verschiedenster Art zu verzeichnen. Um der Nachfrage gerecht zu werden, müsse die Gemeinde mittelfristig ein neues Gewerbegebiet planungsrechtlich etablieren und erschließen. Dem Bedarf an Flächen für eine gewerbliche Entwicklung stehe jedoch ein wesentlich geringerer Bedarf an Flächen für neue industrielle Nutzungen entgegen, sodass die im ...-Areal freiwerdenden Flächen für eine gewerbliche Entwicklung durchaus zur Verfügung stehen könnten. Dies würde vor allem auch dem landesplanerischen Ziel der Innenentwicklung vor Neuerschließung entsprechen.
32 
b) Die Antragsgegnerin hat danach hinreichend konkrete und positive Planungsvorstellungen für das Gebiet des aufzustellenden Bebauungsplans „Rheinvorland West“ entwickelt. Den Erwägungen lässt sich unschwer entnehmen, dass die Antragsgegnerin beabsichtigt, den vorgesehenen Planungsraum als Gewerbegebiet auszuweisen und dies auch bereits näher begründet hat.
33 
3. Der angefochtenen Veränderungssperre mangelt es auch nicht an dem erforderlichen Sicherungsbedürfnis.
34 
Eine Veränderungssperre ist als Sicherungsmittel ungeeignet und damit unwirksam, wenn die beabsichtigte Bauleitplanung zwar im oben aufgezeigten Sinne schon hinreichend konkretisiert ist, aber von vornherein verfehlt ist. Solches ist anzunehmen, wenn sich das erkennbare Planungsziel im Wege planerischer Festsetzung nicht erreichen lässt oder wenn dieses der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind, oder wenn der beabsichtigte Bauleitplan schon jetzt erkennbar schlechterdings nicht behebbare rechtliche Mängel aufweist (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 - BVerwGE 34, 301; Urt. v. 16.12.1988 - 4 C 48.86 - BVerwGE 81, 111; Beschl. v. 21.12.1993 - 4 NB 40.93 - NVwZ 1994, 685; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 3.3.2005 - 3 S 1524/04 - VBlBW 2006, 142; Beschl. v. 14.11.2001 - 3 S 605/01 - VBlBW 2002, 200).
35 
Anknüpfungspunkt für die Beurteilung, ob sich nach diesen Maßgaben die Veränderungssperre als ungeeignet und damit als unwirksam erweist, ist § 1 Abs. 3 BauGB. Danach haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Nicht erforderlich in diesem Sinn und damit unzulässig ist ein Bebauungsplan, der aus zwingenden rechtlichen Gründen vollzugsunfähig ist oder der auf unabsehbare Zeit aus tatsächlichen Gründen keine Aussicht auf Verwirklichung bietet (BVerwG, Beschl. v. 8.9.1999 - 4 BN 14.99 - ZfBR 2000, 275; Beschl. v. 11.5.1999 - 4 BN 15.99 - NVwZ 1999, 1338 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 23.12.1998 - 26 N 98.1675 - BauR 1999, 873). Dies ist dann anzunehmen, wenn keinerlei Anhaltspunkte für eine Realisierung der Planung gegeben sind (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.11.2001 - 3 S 605/01 - VBlBW 2002, 200; Urt. v. 7.12.1998 - 3 S 3113/97 - VBlBW 1999, 174; Urt. v. 25.10.1996 - 5 S 1040/95 -) bzw. wenn von Anfang an feststeht, dass mit der Verwirklichung des Bebauungsplans oder einzelner Festsetzungen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen auf absehbare Zeit nicht gerechnet werden kann (BVerwG, Urt. v. 6.5.1993 - 4 C 15.91 - NVwZ 1994, 274 m.w.N.).
36 
Nach diesen Maßgaben unterliegt das Sicherungsbedürfnis der angefochtenen Veränderungssperre keinen rechtlichen Bedenken. Die dagegen unter dem Gesichtspunkt der mangelnden Erforderlichkeit des beabsichtigten Bebauungsplans erhobenen Einwendungen der Antragstellerin greifen nicht durch.
37 
a) Zunächst ist festzustellen, dass die Antragsgegnerin bei der Fassung des Aufstellungsbeschlusses entgegen der Auffassung der Antragstellerin von zutreffenden Tatsachen ausgegangen ist. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die bereits in der Beschlussvorlage dargelegten Rückbauaktivitäten, die auch nach dem Beschluss vom 19.3.2013 über die Veränderungssperre in der Folgezeit fortgesetzt wurden. Dies bestätigt der Vergleich der Gebäudebestandssituation auf dem Grundstück der Antragstellerin im Jahr 2012 und 2014, wie er auf den von der Antragsgegnerin vorgelegten Luftbildern dokumentiert wird. Diesen ist ein deutlicher Gebäuderückbau zu entnehmen. Auch in dem von der Antragstellerin vorgelegten - von Dr. H. Spangenberger erstellten - Standortgutachten der Gesellschaft für Anlagen- und Betriebssicherheit mbH. für die Antragsgegnerin zur Ermittlung von Achtungsabständen auf Basis des Leitfadens KAS-18 für die Betreiber ... GmbH, ...... GmbH, ...-... GmbH & Co. KG am Standort Grenzach und ... GmbH am Standort Wyhlen vom Oktober 2013 (im Folgenden: Standortgutachten zur Ermittlung von Achtungsabständen) wird mehrfach darauf hingewiesen, dass einige der in den Bildern dargestellten Gebäude zwischenzeitlich zurückgebaut worden seien bzw. sich im Rückbau befänden. Die Richtigkeit der Annahmen der Antragsgegnerin wird schließlich durch das von der Antragstellerin selbst dargelegte „Ansiedlungsmanagement“ für ihr Areal - insbesondere im Hinblick auf die Ansiedlung fremder Unternehmen industriellen Charakters - bestätigt.
38 
b) Der Einwand der Antragstellerin, sie wolle die industriellen Produktionsanlagen fortführen, weshalb wegen der bestandsgeschützten andersartigen Bebauung und Nutzung ihres Grundstücks der Bebauungsplan auf Dauer oder jedenfalls auf unabsehbare Zeit nicht vollzugsfähig sei, greift nicht durch.
39 
Die Vollzugsfähigkeit eines Bebauungsplans wird grundsätzlich nicht allein dadurch in Frage gestellt, dass seine Festsetzungen mit den bestehenden tatsächlichen Verhältnissen im Plangebiet nicht (voll) übereinstimmen. Denn die Planungsbefugnis der Gemeinde umfasst auch das Recht, sich im Interesse der langfristigen städtebaulichen Entwicklung eines Gebiets über die tatsächlichen Verhältnisse hinwegzusetzen (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.8.2000 - 4 CN 6.99 - BVerwGE 112, 41; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.7.2014 - 8 S 1202/12 -; Urt. v. 6.2.2014 - 3 S 207/13 - VBlBW 2015, 37; vgl. auch BayVGH, Urt. v. 13.11.2013 - 1 N 11.2263 - juris).
40 
Was im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen planerischen Konzeption. Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die „Städtebaupolitik“ zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Hierzu gehört auch die Entscheidung, in welchem Umfang sie Gemeindegebietsteile zur Unterbringung von Gewerbebetrieben zur Verfügung stellt.
41 
Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB sind nur solche Bauleitpläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind. Ist es - wie im vorliegenden Fall - das erklärte Ziel der Gemeinde, dem Gewerbe ein größeres Maß an Entfaltungsmöglichkeiten zu sichern, so hängt die Planungsbefugnis nach § 1 Abs. 3 BauGB nicht von dem Nachweis ab, dass hierfür deshalb ein unabweisbares Bedürfnis vorhanden ist, weil von Seiten des Gewerbes ein spürbarer Nachfragedruck besteht. Erforderlich ist eine bauleitplanerische Regelung nicht nur dann, wenn sie dazu dient, Entwicklungen, die bereits im Gange sind, in geordnete Bahnen zu lenken, sondern auch dann, wenn die Gemeinde die planerischen Voraussetzungen schafft, die es ermöglichen, einer Bedarfslage gerecht zu werden, die sich erst für die Zukunft abzeichnet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.5.1999 – 4 BN 15.99 – NVwZ 1999, 1338; Beschl. v. 8.9.1999 - 4 BN 14.99 - ZfBR 2000, 275).
42 
Vor dem Hintergrund der auf dem Areal der Antragstellerin stattfindenden Veränderungen erscheint das - oben dargestellte - bauplanerische Konzept der Antragsgegnerin im maßgeblichen Zeitpunkt des Aufstellungsbeschlusses und dem Erlass der streitgegenständlichen Veränderungssperre nicht als von vornherein vollzugsunfähig. Die Konflikte, die ein Nebeneinander von gewerblichen und industriellen Nutzungen gegebenenfalls hervorrufen, können gerade mit Blick auf die in § 1 Abs. 4 bis Abs. 9 BauNVO aufgeführten bauleitplanerischen Instrumente der vertikalen und horizontalen Gliederung von Baugebieten und die von § 1 Abs. 10 BauNVO begründete Möglichkeit, Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen bestimmter vorhandener baulicher und sonstiger Anlagen für allgemein oder ausnahmsweise zulässig zu erklären (vgl. hierzu Nonnenmacher/Thomale, VBlBW 2011, 89), bauplanungsrechtlich in zulässiger Weise bewältigt werden.
43 
c) Die Antragstellerin meint weiter, dem beabsichtigten Bebauungsplan mangele es deshalb an der Erforderlichkeit, weil ihre Industrieanlagen - zumindest teilweise - Störfallbetriebe im Sinne der Richtlinie 96/82/EG des Rates zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen in der Fassung der Richtlinie 2003/105/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2003 zur Änderung der vorgenannten Richtlinie - Seveso II-RL - (im Folgenden: RL 96/82/EG) seien. Wegen des gebotenen angemessenen Abstands zu ihnen sei eine Ausweisung des Grundstücks als Gewerbegebiet auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen. Der angefochtenen Veränderungssperre fehle es daher an der erforderlichen Sicherungsfähigkeit. Auch dem vermag der Senat nicht zu folgen.
44 
aa) Nach Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2 RL 96/82/EG sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass in ihrer Politik der Flächenausweisung oder Flächennutzung und/oder anderen einschlägigen Politiken sowie den Verfahren für die Durchführung dieser Politiken langfristig dem Erfordernis Rechnung getragen wird, dass zwischen den unter diese Richtlinie fallenden Betrieben einerseits und Wohngebieten, öffentlich genutzten Gebäuden und Gebieten, wichtigen Verkehrswegen (so weit wie möglich), Freizeitgebieten und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvollen bzw. besonders empfindlichen Gebieten andererseits ein angemessener Abstand gewahrt bleibt und dass bei bestehenden Betrieben zusätzliche technische Maßnahmen nach Artikel 5 ergriffen werden, damit es zu keiner Zunahme der Gefährdung der Bevölkerung kommt (ebenso Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2003 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen - Seveso III-RL -, die nach ihrem Art. 32 Abs. 1 mit Wirkung vom 1.6.2015 an die Stelle der RL 96/82/EG tritt).
45 
(1) Auf welche Weise diese Anforderungen erfüllt werden, richtet sich zunächst danach, ob die Genehmigung eines konkreten Vorhabens in der Nachbarschaft des Störfallbetriebs in Rede steht oder ob mit den Mitteln des Planungsrechts Nutzungsmöglichkeiten im Bereich eines Störfallbetriebs geschaffen werden sollen. In beiden Fällen ist - in einem ersten Schritt - der angemessene Abstand des vorhandenen Störfallbetriebs entweder zu dem zur Genehmigung gestellten konkreten Vorhaben oder den Vorhaben, die nach der Planung grundsätzlich zulassungsfähig sind, zu ermitteln. Liegen diese Vorhaben innerhalb des ermittelten angemessenen Abstands, führt dies zu einer Berücksichtigungspflicht entweder der Genehmigungsbehörde oder des Planungsträgers.
46 
(2) Wenn auch mit jedem Vorhaben, das den angemessenen Abstand unterschreitet, der störfallrechtlich unerwünschte Zustand in der Regel weiter verfestigt wird, zwingt Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG und die sich hieraus ergebende Berücksichtigungspflicht die Genehmigungsbehörden oder den Planungsträger nicht dazu, Neuansiedlungen in der Nachbarschaft eines Störfallbetriebs ausnahmslos abzulehnen und das Abstandskriterium damit zum alleinigen Genehmigungs- oder Ablehnungskriterium zu machen oder - im Falle einer Planung - zu unterlassen. Art. 12 Abs. 1 RL 96/82/EG gestattet es vielmehr, den „störfalltechnisch“ ermittelten angemessenen Abstand zu unterschreiten, wenn im Einzelfall hinreichend gewichtige Belange für die Zulassung des Vorhabens streiten. In Betracht kommen insbesondere soziale, ökologische und wirtschaftliche Belange (EuGH, Urt. v. 15.9.2011 - C-53/10 - UPR 2011, 443; BVerwG, Urt. v. 20.12.2012 - 4 C 11.11 -BVerwGE 145, 290).
47 
(3) In welcher Weise dieser Wertungsspielraum auszufüllen ist, gibt Art. 12 Abs. 1 RL 96/82/EG den Mitgliedstaaten nicht vor. Die Richtlinie lässt den Mitgliedstaaten in instrumenteller Hinsicht Spielräume, um der Berücksichtigungspflicht des Abstandserfordernisses - mit den Worten des EuGH - „in allgemeiner Weise bei der Aufstellung der Flächenausweisungs- oder Flächennutzungspläne“ oder - mangels einer Planung - „in spezifischer Weise ... beim Erlass von Entscheidungen über Baugenehmigungen“ nachzukommen (EuGH, Urt. v. 15.9.2011 - C-53/10 - UPR 2011, 443 Rn. 50; BVerwG, Urt. v. 20.12.2012 - 4 C 11.11 - BVerwGE 145, 290). Die Planungsbehörden sind deshalb nicht gehindert, die Pflicht zur Berücksichtigung angemessener Abstände auf die Genehmigungsbehörden zu übertragen (EuGH, Urt. v. 15.9.2011 - C-53/10 - a.a.O. Rn. 26).
48 
(4) Entscheidet sich die Gemeinde für das Instrument der Bauleitplanung, ist den Erfordernissen des Art. 12 Abs. 1 RL 96/82/EG in planerischer Weise Rechnung zu tragen. Die von der Richtlinie geforderten Wertungsspielräume gehen im bauleitplanerischen Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7, § 2 Abs. 3 BauGB) auf, in dessen Rahmen der Trennungsgrundsatz (§ 50 BImSchG) als Abwägungsdirektive zu beachten ist (BVerwG, Urt. v. 20.12.2012 - 4 C 11.11 -BVerwGE 145, 290; vgl. auch Beschl. v. 16.3.2010 - 4 BN 66.09 - NVwZ 2010, 1246; Beschl. v. 21.12.2011 - 4 B 14.11 - BauR 2012, 600). Den Anforderungen der RL 96/82/EG wird genügt, wenn im Rahmen der Abwägung auch die Belange des Störfallrechts und des Störfallschutzes beachtet werden (Reitberger, I+E 2012, 145; Berkemann, ZfBR 2010, 18; Moench/Henning, DVBl. 2009, 223; Steiff, NZBau 2007, 363; Hendler, DVBl. 2012, 532; Uechtritz, BauR 2012, 1039, Reidt, BauR 2012, 1182; Lau, DVBl. 2012, 678).
49 
bb) Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist auch in Ansehung der im Planungsbereich vorhandenen Störfallbetriebe eine Ausweisung des von der Veränderungssperre erfassten Areals als Gewerbegebiet nicht auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen.
50 
(1) Zwar wird im Rahmen einer Bauleitplanung dem störfallschutzrechtlichen Abstandsgebot nach Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2. RL 96/82/EG und in deren Umsetzung dem Trennungsgebot des § 50 Satz 1 BImSchG ein besonderes Gewicht in der planerischen Abwägung beigemessen werden müssen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 6.3.2008 - 10 D 103/06.NE - BRS 73 Nr. 33 [2008]). Gleichwohl ist das störfallschutzrechtliche Abstandsgebot im Einzelfall überwindbar. Insbesondere können geringere Abstände hingenommen werden, wenn - vor allem in bestehenden Gemengelagen - andere Maßnahmen zur Risikovorsorge festgesetzt werden (Reitberger, I+E 2012, 154). Eine ordnungsgemäße Abwägung setzt daher in erster Linie voraus, dass die vorhandenen Störfallbetriebe - oder bei projektbezogenen oder vorhabenbezogenen Bebauungsplänen die sich künftig ansiedelnden Störfallbetriebe - hinreichend erfasst werden und in Bezug auf diese der jeweilig angemessene Abstand ermittelt wird. Hierbei kann der Leitfaden der Kommission für Anlagesicherheit beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (KAS) „Empfehlungen für Abstände zwischen Betriebsbereichen nach der Störfall-Verordnung in schutzbedürftigen Gebieten im Rahmen der Bauleitplanung - Umsetzung § 50 BImSchG“ vom November 2010 eine Orientierungshilfe darstellen. Eine fehlerfreie Abwägung setzt nach zutreffender Ermittlung der Störfallbetriebe ferner voraus, dass die Belange des Störfallschutzes in ihrer Bedeutung richtig erkannt werden. Dies gilt insbesondere, wenn ausgehend von der konkreten Lage und Beschaffenheit des Betriebsbereichs eines Störfallbetriebs der hierauf bezogene angemessene Abstand unterschritten werden soll. Entscheidende Kriterien für die Gewichtung der Belange des Störfallschutzes werden insbesondere die Quantität und die Qualität der schutzbedürftigen Nutzungen sowie neben dem Ausmaß von möglichen Störfällen auch deren Eintrittswahrscheinlichkeit - soweit diagnostizierbar - sein.
51 
(2) Neben der reinen Abstandswahrung können auch weitere Maßnahmen zur Reduzierung der Auswirkungen von Störfällen in den Blick zu nehmen sein. Hierbei ist an passive Schutzmaßnahmen wie die Anlegung von Gräben, Mauern oder Wällen zu denken. Ferner können Festsetzungen zur Gebäudestellung und besondere Anforderungen an Gebäude, insbesondere Fenster, Türen und Lüftung in Betracht zu ziehen sein. Weiterhin können Gesichtspunkte der Koordinierung von Alarmierungs- und Evakuierungsplänen, deren Effektivität in städtebaulichen Verträgen sichergestellt werden können, bei der planerischen Bewältigung des Störfallschutzes mitbedacht werden. Bei all diesen Maßnahmen ist deren eigene Störfallanfälligkeit bei der Frage ihrer Effektivität zur Sicherstellung eines Störfallschutzes zu berücksichtigen.
52 
Die vorgenannten Maßnahmen können auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB festsetzungsfähiger Inhalt eines Bebauungsplans sein. Ein weiteres Instrumentarium zur Bewältigung des Störfallschutzes bei einem Nebeneinander von Störfallbetrieb und anderen Nutzungen sind die in § 1 Abs. 4 - 9 BauNVO aufgeführten Möglichkeiten der vertikalen und horizontalen Innengliederung von Baugebieten einschließlich der Fremdkörperfestsetzung nach § 1 Abs. 10 BauNVO. Hierbei kann eine In-Sich-Gliederung nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO in Betracht kommen, der nicht nur eine Gliederung nach der Art der Betriebe und Anlagen ermöglicht, sondern auch nach besonderen Bedürfnissen sowie besonderen Eigenschaften (vgl. Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, 4. Aufl. 2010, Rn. 540 f.). Insoweit ist insbesondere auf § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO hinzuweisen, der in Bezug auf Gewerbe- und Industriegebiete bestimmt, dass diese auch im Verhältnis zueinander gegliedert werden können. § 1 Abs. 5 und Abs. 9 BauNVO ermöglicht zudem beispielsweise einen Ausschluss bestimmter Nutzungen, die aufgrund ihrer Eigenart von der Störfallgefahr bereits vorhandener Störfallbetriebe in besonderem Maße betroffen sind. Diese bauleitplanerischen Instrumente sind geeignet, gerade bei der Überplanung von Gemengelagen mit bereits bestehenden Störfallbetrieben einen planungsrechtlichen Störfallschutz zu ermöglichen.
53 
Das bauleitplanerische Instrumentarium bietet danach ausreichend Möglichkeiten für die Gemeinde, auch bei der Überplanung von Gemengelagen einen den Anforderungen der RL 96/82/EG genügenden Störfallschutz zu gewährleisten. Allein der Umstand, dass im räumlichen Geltungsbereich der Veränderungssperre Störfallbetriebe vorhanden sind, führt daher nicht dazu, dass dem beabsichtigten Bebauungsplan tatsächliche oder rechtliche Hindernisse auf unabsehbare Zeit entgegenstehen. Dies gilt im vorliegenden Fall insbesondere auch deshalb, weil nicht der gesamte räumliche Geltungsbereich des beabsichtigen Bebauungsplans von den „Achtungsabständen“ erfasst wird, die nach dem von der Antragstellerin vorgelegten Standortgutachten zur Ermittlung von Achtungsabständen den darin liegenden Störfallbetrieben zugeordnet werden. Im Übrigen erfolgten gegenüber der Situation im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens weitere Rückbaumaßnahmen.
54 
c) Eine unzulässige Negativplanung, die - wie die Antragstellerin meint allein auf Verhinderung der von der Fa. Z... beabsichtigten Abfallentsorgungsanlage gerichtet ist, liegt gleichfalls nicht vor.
55 
Eine Planung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht für den Erlass einer Veränderungssperre nicht aus. Sind positive Planungsvorstellungen nur vorgeschoben, um eine in Wahrheit auf bloße Verhinderung gerichtete Planung zu verdecken, so handelt es sich um eine Negativplanung, die den Erlass einer Veränderungssperre nicht rechtfertigt (BVerwG, Urt. v. 19.2.2004 - 4 CN 16.03 - BVerwGE 120, 138; Urt. v. 30.8.2012 - 4 C 1.11 – BVerwGE 144, 82).
56 
Festsetzungen in einem Bebauungsplan sind aber selbst dann nicht als „Negativplanung“ wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 BauGB unwirksam, wenn ihr Hauptzweck in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen besteht. Sie sind vielmehr nur unzulässig, wenn sie nicht dem planerischen Willen der Gemeinde entsprechen und also vorgeschoben sind, um eine andere Nutzung zu verhindern. Festsetzungen dürfen mithin nicht nur das vorgeschobene Mittel sein, um einen Bauwunsch zu durchkreuzen. Letzteres kann aber nicht bereits dann angenommen werden, wenn die negative Zielrichtung im Vordergrund steht. Denn auch eine zunächst nur auf die Verhinderung einer - aus der Sicht der Gemeinde -Fehlentwicklung gerichtete Planung kann einen Inhalt haben, der rechtlich nicht zu beanstanden ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.12.1990 - 4 NB 8.90 -DÖV 1991 S. 744; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 3.3.2005 - 3 S 1524/04 - VBlBW 2006, 142).
57 
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin liegt bei Anwendung dieser Grundsätze eine unzulässige Negativplanung nicht vor. Dies gilt selbst dann, wenn der Bauwunsch der Fa. Z... die Einleitung des Bauplanungsverfahrens mitbeeinflusst haben sollte. Das - oben - dargestellte positive Planungsziel der Antragsgegnerin beinhaltet notwendigerweise die Verhinderung weiterer Gewerbebetriebe mit für ein Industriegebiet typischen Nutzungen, wie dies von der Antragstellerin im Rahmen ihres „Ansiedlungsmanagements“ angestrebt wird. Das auf dem Grundstück der Antragstellerin beabsichtigte - und bereits zur Genehmigung gestellte - Vorhaben der Fa. Z... würde den derzeitigen von der Antragsgegnerin unerwünschten planungsrechtlichen Zustand perpetuieren und ihren konkreten Planungsabsichten zuwiderlaufen. Wenn die Antragsgegnerin den Bauwunsch der Fa. Z... zum Anlass genommen haben sollte, ihre ersichtlich von städtebaulichen Gründen getragenen Planungsabsichten mit den Instrumenten des Bauplanungsrechts zu sichern, kann dies daher rechtlich nicht beanstandet werden.
58 
d) Schließlich führt auch der weitere Einwand der Antragstellerin, eine abwägungsgerechte Planung sei im vorliegenden Fall unter keinem möglichen Gesichtspunkt denkbar, nicht zur Unwirksamkeit der Veränderungssperre.
59 
Zu einer sachgerechten Abwägung im Zusammenhang mit dem Störfallschutz bei der Überplanung von Gemengelagen mit bereits vorhandenen Störfallbetrieben zählt zwar zweifellos nicht allein der Schutz von Nachbarschaft und Umweltgütern vor den Schadensfolgen im Falle eines Störfallereignisses. Vielmehr sind auch die Belange der Störfallbetriebe einschließlich etwaiger Erweiterungsinteressen abwägungsbedeutsam (§ 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst. a BauGB). Es bestehen jedoch - entgegen der pauschalen Behauptung der Antragstellerin - keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Planung der Antragsgegnerin im Hinblick auf die Belange der im Plangebiet vorhandenen Störfallbetriebe sowie der grundrechtlich geschützten Freiheit des Betriebsinhabers (Art. 12 und Art. 14 GG) zwangsläufig zu keinem mit den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Abwägung vereinbaren Ergebnis führen wird.
60 
Zudem unterliegt die Veränderungssperre selbst nicht dem allgemeinen Abwägungsgebot gemäß § 1 Abs. 7 BauGB, sondern nur der Prüfung, ob sie zur Erreichung des mit ihr verfolgten Sicherungszwecks erforderlich ist. Darauf, ob der noch nicht beschlossene künftige Bebauungsplan in seinen Festsetzungen möglicherweise dem Abwägungsgebot entsprechen wird, kommt es deshalb nicht an. Entscheidend ist allein, ob die beabsichtigte Planung auf ein Ziel gerichtet ist, das im konkreten Fall mit den Mitteln der Bauleitplanung zulässigerweise erreicht werden kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.9.1992 - 4 NB 35.92 - DÖV 1993, 250; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 3.3.2005 - 3 S 1524/04 - VBlBW 2006, 170). Wie dargestellt, ist das hier der Fall.
61 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
62 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
63 
Beschluss vom 10. März 2015
64 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG endgültig auf 30.000,-- EUR festgesetzt.
65 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

Tenor

Die Anträge werden abgewiesen.

Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragstellerinnen wenden sich gegen die am 3.2.2004 vom Gemeinderat der Antragsgegnerin beschlossene und am 26.2.2004 öffentlich bekannt gemachte Veränderungssperre für die Grundstücke ...-... (Flst.-Nr. 4260), ... (Flst.-Nr. 2970) und ... (Flst.-Nr. 4075) der Mannheimer Innenstadt, mit der die durch Aufstellungsbeschluss vom 1.4.2003 eingeleitete Bauleitplanung mit dem Ziel der Inkraftsetzung des Bebauungsplans Nr. 11/42 („Fortentwicklung eines Teilbereichs der Innenstadt Mannheims durch Ausschluss unerwünschter Nutzungen“) gesichert werden soll.
Der neue Bebauungsplan Nr. 11/42 soll den Bebauungsplan Nr. 11/40 („Bebauungsplan zur Festsetzung des Gebietscharakters und zur Regelung der Zulässigkeit von Vergnügungsstätten in der Kernzone der Innenstadt Mannheims“), den Bebauungsplan Nr. 13/7 („Grundstücke ...-... und ein Teilstück der K...straße“), den Bebauungsplan Nr. 13/33 („...“), den Bebauungsplan Nr. 13/34 („...“), den Bebauungsplan Nr. 13/36 („Bahnhofsvorplatz in Mannheim-Innenstadt“) sowie weitere Bebauungspläne teilweise ändern. Ausgewiesenes Ziel des künftigen Bebauungsplans Nr. 11/42 - und damit der Veränderungssperre - ist die Verhinderung eines so genannten „Trading-Down-Effektes“ in der Mannheimer Innenstadt. Hierunter wird ein Verdrängungsprozess des traditionellen Einzelhandels und seiner Käuferschichten verstanden durch bestimmte Vergnügungsstätten, insbesondere Sex-Shops, aber auch Spielhallen oder Diskotheken, die - auch weil sie zumindest teilweise nicht an die Beschränkungen des Landeschlussgesetzes gebunden sind - zur Bezahlung höherer Mietpreise bereit und in der Lage sind und so durch verstärkte Ansiedelung auf Grund ihres Erscheinungsbildes zu einer Niveauabsenkung des Gebiets führen, welches, nach sukzessiver Schließung der traditionellen Betriebe, schließlich in ein reines Vergnügungsviertel „umkippen“ kann. In dem, wie bisher, voraussichtlich überwiegend als Kerngebiet (MK) definierten Gebiet des neuen Bebauungsplans Nr. 11/42 soll die Zulässigkeit von Vergnügungsstätten und auch Sex-Shops umfassend geregelt werden. Die bisherige Regelung der dortigen Zulässigkeit von „Vergnügungsstätten nur in den Erdgeschossen“ genügt nach Ansicht des Gemeinderats der Antragsgegnerin auf Grund „entsprechender Tendenzen der jüngsten Zeit“ nicht mehr. Nach Aktenlage ist die angegriffene Veränderungssperre eine gezielte Reaktion auf drei, den geplanten Festsetzungen widersprechende Bauanträge hinsichtlich der drei von ihr betroffenen Grundstücke im künftigen Plangebiet.
Die Antragstellerin zu 1 ist Mieterin, die Antragstellerin zu 2 Eigentümerin eines dieser drei Grundstücke, nämlich des in ... gelegenen Flurstücks-Nr. 2970, das mit einem Mehrfamilien- und Geschäftshaus bebaut ist. Nach ihren Angaben hat die Antragstellerin zu 1 das Erdgeschoss sowie das 1. Obergeschoss dieses Gebäudes angemietet; die beiden Geschosse wurden zuvor als Schuhgeschäft und Kino genutzt. Die Antragstellerin zu 1 nutzt die Räumlichkeiten im Erdgeschoss nunmehr als Erotik-Shop. Zur Ergänzung desselben plant sie im früheren Kinobereich des Obergeschosses den Einbau von 12 Videokabinen, wofür sie schon am 31.10.2002 einen Vorbescheid beantragt hatte. Die Entscheidung hierüber wurde von der Antragsgegnerin gemäß § 15 BauGB mit Zurückstellungsbescheid vom 7.4.2003 im Hinblick auf die künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 11/42 bis zum 6.4.2004 ausgesetzt. Ergänzend wurde darauf hingewiesen, dass dem Vorhaben auch die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur Herstellung notwendiger Stellplätze entgegenstehen könnte. Auch dieses Argument griff die Antragstellerin zu 1 mittels Widerspruchs an; ihr stehe auf Grund der letzten genehmigten Nutzung des Obergeschosses als Kino ein bestandsgeschütztes Guthaben von vier Stellplätzen zu, das die drei nun erforderlichen Plätze übersteige.
Die Antragstellerinnen sind der Auffassung, die Veränderungssperre sei rechtswidrig. Denn sie diene nicht der Sicherung einer zulässigen Planung, weil das verfolgte Planungsziel nicht zu einem rechtmäßigen Bebauungsplan führen könne; jedenfalls aber sei die Veränderungssperre nicht erforderlich. Auch liege hier der Fall einer unzulässigen Negativplanung vor. Auffallend sei zudem, dass der Planaufstellungsbeschluss vom 1.4.2003 für den Bebauungsplan Nr. 11/42 in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der „Hinhaltetaktik“ der Antragsgegnerin hinsichtlich der Erteilung des begehrten Bauvorbescheids stehe.
Nach der Zielsetzung des künftigen Bebauungsplans sollten „unerwünschte Nutzungen“ unterbunden werden; dies sei ein problematisches, weil rein voluntatives und rechtlich vollkommen offenes Merkmal. Die Antragsgegnerin plane insoweit im Übrigen weder die Verfolgung neuer Ziele, d.h. die Erfüllung eines künftigen Bedarfs, noch die Lenkung einer Entwicklung in geordnete Bahnen auf Grund geänderter Sachlage. Tatsächlich würden keine neuen Ziele verfolgt. Die vorgegebene Verhinderung eines „Trading-Down-Effekts“ sei bereits Ziel des bisherigen Bebauungsplans Nr. 11/40 gewesen, der allerdings kerngebietstypisch in den Erdgeschossen nur Vergnügungsstätten, nicht aber Sex-Shops, ausgeschlossen habe. Eine geänderte Sachlage im Geltungsbereich des künftigen Bebauungsplans könne nicht erkannt werden. Schon in der Begründung des Bebauungsplans Nr. 11/40 sei auf die verstärkte Ansiedelung einer bestimmten Art von Vergnügungsstätten hingewiesen worden. Mit der Veränderungssperre werde mithin schon keine rechtlich zulässige Planungsabsicht gesichert.
Der künftige Bebauungsplan Nr. 11/42 sei zudem voraussichtlich unangemessen und damit auch gemäß § 1 Abs. 6 bzw. Abs. 7 BauGB abwägungsfehlerhaft. Das vorgesehene weit reichende Verbot von Vergnügungsstätten widerspreche § 7 BauNVO und bedeute einen erheblichen Eingriff in die Grundrechte der Antragstellerinnen aus Art. 12 und Art. 14 GG. Die Planungsabsicht stehe einem übermäßigen Gewerbeverbot gleich. Mildere Mittel der Verhinderung von Attraktivitätsverlusten der Mannheimer Innenstadt seien nicht genutzt worden. Die Veränderungssperre sei mithin nicht erforderlich. Auch bei Zulassung der geplanten Videokabinen zeichne sich kein „Trading-Down-Effekt“ ab. Es sei zu betonen, dass die Antragstellerin zu 1 im Erdgeschoss des betroffenen Gebäudes bereits einen Erotik-Shop betreibe. Durch die Zulassung der 12 Videokabinen im Obergeschoss des Gebäudes werde eine „Verelendung“ der Innenstadt nicht ansatzweise herbeigeführt. Hierzu müssten schon viele weitere „unerwünschte Nutzungen“ hinzutreten, die nicht ersichtlich seien. Anders als im Falle der Antragstellerin zu 1 könnten sich weitere, später hinzutretende Nutzungswünsche nicht mehr auf die Festsetzungen des bisherigen Bebauungsplans Nr. 11/40 berufen. Zur Erreichung des Planungsziels genüge es mithin, wenn die Errichtung weiterer Vergnügungsstätten zukünftig ausgeschlossen werde.
Am 25.6.2004 haben die Antragstellerinnen das Normenkontrollverfahren eingeleitet.
Sie beantragen,
die am 3.2.2004 beschlossene und am 26.2.2004 bekannt gemachte Veränderungssperre der Stadt Mannheim, betreffend die im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 11/42 gelegenen Grundstücke ... bis ... (Flst.-Nr. 4260), ...(Flst.-Nr. 2970) und ...(Flst.-Nr. 4075) in Mannheim-Innenstadt für unwirksam zu erklären.
10 
Die Antragsgegnerin beantragt,
11 
die Anträge abzuweisen.
12 
Sie trägt vor, die Veränderungssperre sei wirksam. Denn im vorliegenden Fall werde dem Gebot positiver Bauleitplanung hinreichend entsprochen. Es werde das Ziel verfolgt, die Innenstadt als attraktive Einkaufslage und Wohnstandort durch Eindämmung weiterer Vergnügungsstätten und Sex-Shops zu erhalten und fortzuentwickeln. Hierzu werde voraussichtlich im größten Teil des Plangebiets ein Kerngebiet (MK) sowie in einzelnen Bereichen Mischgebiet (MI) und Besonderes Wohngebiet (WB) festgesetzt; der Ausschluss der unerwünschten Nutzungen werde in differenzierter Weise im Wege der Gliederung nach § 1 Abs. 4-9 BauNVO erfolgen. Im Übrigen könnten ohnehin auch negative Planungsziele eine städtebauliche Planung rechtfertigen. Die hier auf Verhinderung einer Fehlentwicklung gerichtete Planung entspreche jedenfalls den Anforderungen des § 1 Abs. 3 BauGB und sei nicht lediglich vorgeschobenes Mittel, den Bauwunsch der Antragstellerin zu 1 zu durchkreuzen. Dies belegten auch die beiden anderen zurückgestellten Vorhaben auf den ebenfalls von der Veränderungssperre erfassten Grundstücken ...-... und ...
13 
Der Umstand, dass in einem Teilbereich des künftigen Bebauungsplans Nr. 11/42 mit dem Bebauungsplan Nr. 11/40 bereits Regelungen zur Zulässigkeit von Vergnügungsstätten bestünden, hindere die Antragsgegnerin nicht an einer Änderung bzw. Verschärfung derselben sowie dem diesbezüglich sichernden Erlass einer Veränderungssperre. Die bisherigen Regelungen würden als unzureichend angesehen zur Bekämpfung des so genannten „Trading-Down-Effektes“. Zudem werde das Ziel verfolgt, schon die Ansiedelung von Sex-Shops zu steuern, für die es hier bisher keine hinreichenden Beschränkungen gebe.
14 
Dieses Planungskonzept sei mit dem Instrumentarium bauplanerischer Festsetzungen auch erreichbar. Mittels § 1 Abs. 9 BauNVO könnte insbesondere die Unzulässigkeit von Vergnügungsstätten und Einzelhandelsgeschäften mit überwiegendem Sex- und Erotiksortiment geregelt werden. Auch gehe die Behauptung der Antragstellerin zu 1 fehl, eine abwägungsgerechte Planung sei hier ausgeschlossen. Denn keineswegs plane die Antragsgegnerin ein vollständiges Verbot von Vergnügungsstätten. Vielmehr solle durch horizontale und vertikale Gliederung des Plangebiets ein genügender Spielraum für die Zulassung von Vergnügungsstätten und Sex-Shops gelassen und hierdurch auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung getragen werden.
15 
Zur Sicherung der Planung sei die Veränderungssperre räumlich erforderlich, weil zum Beschlusszeitpunkt nur hinsichtlich der drei betroffenen Grundstücke entsprechende Baugesuche vorgelegen hätten und hier die Möglichkeit der Zurückstellung ausgeschöpft worden sei, die demgegenüber bei eventuellen weiteren Vorhaben zunächst noch genutzt werden könne. Die Veränderungssperre sei auch sachlich gerechtfertigt, weil insoweit schon eine abstrakte Gefährdung des Sicherungszweckes genügen würde, die unzweifelhaft gegeben sei. Aber auch konkret trage die Zulassung einer Vergnügungsstätte im Obergeschoss des Erotik-Shops der Antragstellerin zu 1 mit 12 Videokabinen zur Vorführung von Sexfilmen selbstverständlich zu einer weiteren Niveauabsenkung bei. Schon jetzt könne für das Nachbargebäude zwischen dem Erotik-Shop der Antragstellerin zu 1 und einem weiteren Erotik-Shop an der anderen Gebäudeseite offenbar kein geeigneter Mieter mehr gefunden werden. Die Antragsgegnerin habe zudem auch im Hinblick auf das Stadtjubiläum im Jahr 2007 ein legitimes Interesse daran, die im Bebauungsplanentwurf dargestellten „unerwünschte Nutzungen“ im Plangebiet weitestgehend zu unterbinden. Im Bebauungsplanverfahren Nr. 11/42 sei am 7.12.2004 der Billigungsbeschluss ergangen; auch die öffentliche Auslegung gemäß § 3 Abs. 2 BauGB sei mittlerweile erfolgt.
16 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten und die dem Senat vorliegenden Akten der Antragsgegnerin verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
17 
I. Die Normenkontrollanträge sind zulässig.
18 
Die Normenkontrollanträge sind statthaft, denn die Antragstellerinnen wenden sich gegen eine Veränderungssperre, die als Satzung nach dem Baugesetzbuch beschlossen worden ist und deren Gültigkeit vom erkennenden Senat gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO überprüft werden kann.
19 
Die Anträge sind auch im Übrigen zulässig. Die Antragsbefugnis gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO der Antragstellerin zu 2 ergibt sich aus ihrer Eigentümerstellung hinsichtlich des von der Veränderungssperre erfassten Grundstücks Flst.-Nr. 2970. Die Antragsbefugnis der Antragstellerin zu 1 ergibt sich aus dem Umstand, dass sie bezüglich dieses Grundstücks einen Mietvertrag abgeschlossen sowie als Bauherrin einen Vorbescheid beantragt hat, dem nunmehr auf Grund der angegriffenen Veränderungssperre nicht mehr entsprochen werden kann. Auch die Antragstellerin zu 1 kann mithin geltend machen, durch die angegriffene Satzung im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO möglicherweise in ihren Rechten verletzt zu sein (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.5.1994 - 4 NB 27.93 -, NVwZ 1995 S. 264; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.12.1991 - 8 S 14/89 -, NVwZ-RR 1993 S. 122; BayVGH, Urt. v. 29.8.1996 - 26 N 95.2983 -, NVwZ 1997 S. 1016).
20 
II. Die Normenkontrollanträge sind jedoch nicht begründet.
21 
Die Satzung der Antragsgegnerin über die Veränderungssperre begegnet weder in formell-rechtlicher noch in materiell-rechtlicher Hinsicht durchgreifenden Bedenken. Formelle Mängel sind nicht vorgetragen; solche sind auch nicht ersichtlich. Die Satzung steht auch im Übrigen in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Voraussetzungen:
22 
1. Eine Gemeinde kann gemäß § 14 Abs. 1 BauGB zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre beschließen mit dem Inhalt, dass Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen (Nr. 1) bzw. erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen (Nr. 2), sobald der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist. Auf Grund des vom Gemeinderat der Antragsgegnerin am 1.4.2003 erlassenen Aufstellungsbeschlusses für den Bebauungsplan Nr. 11/42 konnte mithin am 3.2.2004 auch die angegriffene Veränderungssperre beschlossen werden.
23 
Allein der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans genügt für die Wirksamkeit einer Satzung über eine Veränderungssperre jedoch nicht. Eine Veränderungssperre darf vielmehr insbesondere erst dann erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Die Planung muss dabei nicht bereits einen Stand erreicht haben, der nahezu den Abschluss des Verfahrens ermöglicht; ein detailliertes und abgewogenes Planungskonzept ist so nicht zu fordern. Ausreichend ist, dass sich aus dem Planaufstellungsbeschluss oder weiteren Verfahrensschritten wenigstens ansatzweise ersehen lässt, was Inhalt des zukünftigen Bebauungsplans sein soll.
24 
Diesen Mindestanforderungen wird etwa genügt, wenn die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre bereits einen bestimmten Baugebietstyp ins Auge gefasst und somit bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt hat; eine reine Negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht nicht aus. Wenn selbst Vorstellungen über die angestrebte Art der baulichen Nutzung der betroffenen Grundflächen fehlen, ist der Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans noch offen. Die nachteiligen Wirkungen der Veränderungssperre wären - auch vor dem Hintergrund des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG - nicht erträglich, wenn sie zur Sicherung einer Planung dienen sollte, die sich in ihrem Inhalt in keiner Weise absehen lässt.
25 
Ein Mindestmaß an konkreter planerischer Vorstellung gehört mithin zur Konzeption des § 14 BauGB, wie im Übrigen auch Abs. 2 Satz 1 der Norm verdeutlicht. Hiernach kann eine Ausnahme von der Veränderungssperre zugelassen werden, wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Ob der praktisch wichtigste öffentliche Belang, nämlich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung, beeinträchtigt ist, kann aber nur beurteilt werden, wenn die planerischen Vorstellungen der Gemeinde nicht noch völlig offen sind (vgl. zu alledem: BVerwG, Urt. v. 19.2.2004 - 4 CN 16.03 -, NVwZ 2004 S. 858, und Beschl. v. 19.5.2004 - 4 BN 22.04 -, ; jeweils m.w.N.; vgl. zudem VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.11.2004 - 3 S 1091/04 - und Beschl. v. 4.2.1999 - 8 S 39/99 -, VBlBW 1999 S. 266).
26 
Eine Veränderungssperre ist schließlich als Sicherungsmittel ungeeignet und damit unwirksam, wenn die beabsichtigte Bauleitplanung zwar im oben aufgezeigten Sinne schon hinreichend konkretisiert ist, sich jedoch das erkennbare Planungsziel im Wege planerischer Festsetzung nicht erreichen lässt, oder wenn dieses der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind, oder wenn der beabsichtigte Bauleitplan schon jetzt erkennbar schlechterdings nicht behebbare rechtliche Mängel aufweist (vgl. BVerwGE 34, 301; 81, 111 und Beschl. v. 21.12.1993 - 4 NB 40.93 -, NVwZ 1994 S. 685 sowie Senatsurteil v. 19.11.2004 - 3 S 1091/04 -).
27 
2. Bei Zugrundelegung dieser Grundsätze ist die angefochtene Veränderungssperre nicht zu beanstanden.
28 
a. Die Antragsgegnerin hat hinreichend konkrete und positive Planungsvorstellungen für das Gebiet des aufzustellenden Bebauungsplans Nr. 11/42 entwickelt. Sie will primär einen so genannten „Trading-Down-Effekt“ in der Mannheimer Innenstadt verhindern. Positiv formuliert soll dies nach den in der Beschlussvorlage vom 4.3.2002 (Nr. 122/2003) differenziert aufgeführten Planungszielen der Standortsicherung und Aufwertung von Einzelhandel und Dienstleistung, die die Funktionserfüllung der Innenstadt leisten, dienen, der Sicherung der Funktion der Stadt als Oberzentrum, der Erfüllung der Ansprüche der Bewohner und Besucher an die Attraktivität der Innenstadt, der Erhaltung der Nutzungsvielfalt der Innenstadt sowie der Entgegenwirkung von gegenseitigen Beeinträchtigungen unterschiedlicher Nutzungen, sowie der Sicherung der Innenstadt als Wohnstandort.
29 
In der Beschlussvorlage vom 4.3.2002 wird plausibel dargelegt, dass jüngste Entwicklungen im Innenstadtbereich Mannheims die Annahme nahe legen, dass auch in Zukunft mit einem weiteren Zuzug von Vergnügungsstätten und Einzelhandelsbetrieben mit überwiegend erotisch-sexuellem Angebot (Sex-Shops) zu rechnen ist. Es sei festzustellen, dass der nördliche Bereich der Kurpfalzstraße zwischen Marktplatz und Kurpfalzbrücke derzeit eine gute Attraktivität bei sehr jungen Einzelhandelskunden besitze, die es zu sichern und auszubauen gelte. Zum anderen sei auch wieder eine erfreuliche Tendenz zur Ansiedelung höherwertigen Handels, wie z.B. Boutiquen bzw. ein Juwelier, zu beobachten. Zudem sei die Anziehungskraft des Einzelhandels und damit der Einkaufsstadt Mannheim, trotz erheblicher Konkurrenz im Umland, derzeit ungebrochen. Für die Bevölkerung erfülle die Mannheimer Innenstadt so eine Reihe wichtiger Funktionen. Neben dem Wohnen, Arbeiten sowie der Freizeit- und Kulturgestaltung spiele die Versorgung mit Waren und Dienstleistungen eine bedeutende Rolle. Die Einkaufsattraktivität der Innenstadt zu sichern und - wenn möglich - noch auszubauen, sei von fundamentaler Bedeutung für den Mannheimer Einzelhandel und die Stadt insgesamt. Wichtig sei dabei die Positionierung Mannheims gegenüber den Mittelzentren und den beiden anderen Oberzentren der Region sowie den Standorten in den Gewerbe- bzw. Sondergebieten und den großflächigen Einzelhandelsbetrieben auf der so genannten „grünen Wiese“. Dies alles gelte es durch die verstärkte Eindämmung von Vergnügungsstätten und insbesondere Sex-Shops zu sichern. Ziel der Wirtschafts- und Strukturpolitik der Stadt Mannheim sei es, hierdurch eine weitere Steigerung der Einkaufsattraktivität u.a. durch städtebauliche Aufwertungsmaßnahmen und eine Verbesserung des Branchenmixes zu erreichen.
30 
Wie der in den Akten enthaltene Vorentwurf zum Bebauungsplans Nr. 11/42 von Juni 2004 ergänzend illustriert, sind die positiven Vorstellungen der Antragsgegnerin über den Inhalt des künftigen Planes zwischenzeitlich mehr als nur im Mindestmaß entwickelt, sie sind offenkundig bereits recht weit gediehen. Das überwiegend als Kerngebiet (MK) definierte Bebauungsplangebiet soll hiernach voraussichtlich eingeteilt werden in Gebiete mit höchster (rot unterlegt), sehr hoher (gelb unterlegt), hoher (blau unterlegt) sowie normaler Schutzbedürftigkeit (grün unterlegt) hinsichtlich des „Trading-Down-Effekts“. Die einzelnen Gebiete wurden mittels insoweit „sensibler Bestandsbebauung“ (Schulen, Kirchen oder hochwertige Einzelhandelsbetriebe) schlüssig voneinander abgegrenzt. Hinsichtlich der nur als „normal schutzbedürftigen“ (grün unterlegten) Gebiete ist beabsichtigt, voraussichtlich keine Reglementierungen für Vergnügungsstätten und Sex-Shops festzusetzen, außer gegebenenfalls, wie bisher, die Beschränkung auf eine Nutzung nur der Erdgeschosse. Mithin werden voraussichtlich in einem angemessen großen Bereich der Mannheimer Innenstadt - nicht allerdings auf dem Grundstück der Antragstellerin zu 2 (dort derzeit vorgesehen: „höchste“ bzw. „hohe Schutzbedürftigkeit“) - weiterhin die ansonsten „unerwünschten Nutzungen“ in erheblichem Umfange kerngebietstypisch zulässig sein. Diese Konzeptionen der Antragsgegnerin genügen für die bei § 14 BauGB erforderliche Annahme eines Mindestmaßes an planerischen Vorstellungen.
31 
b. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass sich das erkennbare Planungsziel der Antragsgegnerin der Verhinderung des „Trading-Down-Effektes“ in der Mannheimer Innenstadt im Wege planerischer Festsetzung - insbesondere mittels des Instrumentariums des § 1 Abs. 4-9 BauNVO - nicht erreichen ließe, sind von den Antragstellerinnen weder vorgetragen noch sonst erkennbar. Die Verhinderung des „Trading-Down-Effekts“ kann - angesichts der in § 1 Abs. 5 BauGB aufgeführten Belange einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung wie etwa der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung (Abs. 5 Satz 2 Nr. 1), der Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen (Abs. 5 Satz 2 Nr. 2), der Erhaltung, Erneuerung und Fortentwicklung vorhandener Ortsteile (Abs. 5 Satz 2 Nr. 4), der Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge (Abs. 5 Satz 2 Nr. 6), und der Belange der Wirtschaft, gerade ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung (Abs. 5 Satz 2 Nr. 8) - auch nicht ernsthaft als ein Ziel angesehen werden, für dessen Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt wären. Vielmehr bestehen etwa gegen eine auf § 1 Abs. 5, Abs. 9 BauNVO gestützte Regelung eines Bebauungsplans mit dem Inhalt, dass Sex-Shops in einem festgesetzten Kerngebiet nur ausnahmsweise zulässig sind, keine Bedenken, wenn und soweit - wie voraussichtlich hier - besondere städtebauliche Gründe, wie insbesondere die Verhinderung des „Trading-Down-Effekts“, eine solche Beschränkung rechtfertigen (so schon OVG NRW, Urt. v. 9.1.1989 - 10a NE 75/86 -, NVwZ 1990 S. 85; Beschl. v. 11.10.2001 - 10 A 2288/00 - ).
32 
c. Auch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der künftige Bebauungsplan Nr. 11/42 an schlechterdings nicht behebbaren Mängeln leiden könnte. Insbesondere der sinngemäß geltend gemachte Verstoß gegen § 1 Abs. 3 BauGB ist nicht erkennbar. Denn hiernach haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Nicht erforderlich ist ein Bebauungsplan, wenn seiner Verwirklichung auf unabsehbare Zeit rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen. Das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit gilt dabei nicht nur für den Anlass, sondern auch für den Inhalt des Bebauungsplans, und zwar für jede Festsetzung (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.8.2000 - 4 CN 6.99 -, DVBl. 2001 S. 377; Urt. v. 18.3.2004 - 4 BN 4.03 -, NVwZ 2004 S. 856).
33 
Die Regelung des § 1 Abs. 3 BauGB erkennt damit die kommunale Planungshoheit an und räumt der Gemeinde Planungsermessen ein. Ein Bebauungsplan ist deshalb „erforderlich“ im Sinne dieser Vorschrift, soweit er nach der planerischen Konzeption der Gemeinde erforderlich ist. Dabei ist entscheidend, ob die getroffene Festsetzung „in ihrer eigentlichen gleichsam positiven Zielsetzung - heute und hier - gewollt und erforderlich ist“ (BVerwGE 40, 258 <262>). Sie darf mithin nicht nur das vorgeschobene Mittel sein, um einen Bauwunsch zu durchkreuzen. Letzteres kann aber nicht bereits dann angenommen werden, wenn die negative Zielrichtung im Vordergrund steht. Denn auch eine zunächst nur auf die Verhinderung einer - aus der Sicht der Gemeinde - Fehlentwicklung gerichtete Planung kann einen Inhalt haben, der rechtlich nicht zu beanstanden ist. Festsetzungen in einem Bebauungsplan sind somit als „Negativplanung“ nicht schon dann wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 BauGB unwirksam, wenn ihr Hauptzweck in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen besteht. Sie sind vielmehr nur unzulässig, wenn sie nicht dem planerischen Willen der Gemeinde entsprechen und also vorgeschoben sind, um eine andere Nutzung zu verhindern (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.12.1990 - 4 NB 8.90 -, DÖV 1991 S. 744).
34 
Entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen liegt bei Anwendung dieser Grundsätze keine unzulässige Negativplanung vor. Das detailliert dargelegte Planungsziel der Antragsgegnerin der Verhinderung eines „Trading-Down-Effektes“ in ihrer Innenstadt ist im Rahmen der oben aufgeführten städtebaulichen Belange des § 1 Abs. 5 BauGB nachvollziehbar und - in zulässiger Erweiterung und Verschärfung der Regelungen des bisherigen Bebauungsplans Nr. 11/40 - legitim und hält sich, auch unter Berücksichtigung der Grundrechtspositionen der Antragstellerinnen aus Art. 12 und Art. 14 Abs. 1 GG, im Rahmen des gemeindlichen Planungsermessens. Ersichtlich korrespondiert es mit der allgemeinen Wirtschafts- und Strukturpolitik der Antragsgegnerin und sichert diese bauplanungsrechtlich zulässig weiter ab (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 11.10.2001 - 10 A 2288/00 - ; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.12.1991 - 8 S 14/89 -, NVwZ-RR 1993 S. 122; Nds. OVG, Urt. v. 11.9.1986 - 1 C 26/85 -, NVwZ 1987 S. 1091).
35 
Dass es der Antragsgegnerin mit dem beabsichtigten Erlass des Bebauungsplans Nr. 11/42 zielgerichtet vorrangig um die Verhinderung der Erweiterung gerade des Erotik-Shops der Antragstellerin zu 2 im Obergeschoss des von ihr angemieteten Gebäudes gehen könnte, ist nicht ersichtlich. Ausweislich des Vorentwurfs zum Bebauungsplan Nr. 11/42 von Juni 2004 hat die Antragsgegnerin vielmehr ein ihre gesamte Innenstadt umspannendes planerisches Konzept entwickelt, das sie mit der angegriffenen Veränderungssperre - angesichts der drei vorliegenden, diesem Plankonzept widersprechenden Bauwünsche - plausibel zu sichern sucht. Dass die dargelegte Zielsetzung der Verhinderung eines „Trading-Down-Effektes“ in der Mannheimer Innenstadt von der Antragsgegnerin nur vorgeschoben worden sein könnte, mithin von ihr in Wahrheit andere Ziele verfolgt werden, ist nicht erkennbar.
36 
3. Eine Unwirksamkeit der angegriffenen Veränderungssperre kann schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Gebots gerechter Abwägung oder des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit angenommen werden.
37 
Die Veränderungssperre unterliegt selbst nicht dem allgemeinen Abwägungsgebot gemäß § 1 Abs. 6 bzw. Abs. 7 BauGB, sondern vielmehr der aufgezeigten Prüfung, ob sie zur Erreichung des mit ihr verfolgten Sicherungszwecks erforderlich ist. Deshalb ist nicht darauf abzustellen, ob der noch nicht beschlossene künftige Bebauungsplan in seinen Festsetzungen möglicherweise dem Abwägungsgebot entsprechen wird, sondern nur darauf, ob die beabsichtigte Planung überhaupt auf ein Ziel gerichtet ist, das im konkreten Fall mit den Mitteln der Bauleitplanung zulässigerweise erreicht werden kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.9.1992 - 4 NB 35.92 -, DÖV 1993 S. 250). Wie dargestellt, ist die Planung der Antragsgegnerin auf ein solches Ziel gerichtet. Auf die schriftsätzlich erhobene Behauptung der Antragstellerinnen, eine abwägungsgerechte Planung sei hier unter keinem möglichen Gesichtspunkt denkbar, - für die es keine hinreichenden Anhaltspunkte gibt und an der die Antragstellerinnen nach ihren Ausführungen in der mündlichen Verhandlung wohl auch nicht mehr festhalten - muss deshalb nicht weiter eingegangen werden.
38 
Auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird hinreichend Genüge getan. Dass sich die Veränderungssperre räumlich allein auf die drei Grundstücke ...-..., ... und ... bezieht, ist nicht zu beanstanden. Da nach Aktenlage im Zeitpunkt der Beschlussfassung nur für diese drei Grundstücke Bauanträge vorlagen, die voraussichtlich den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 11/42 zuwiderlaufen und bei denen die Möglichkeit der Zurückstellung von Baugesuchen gemäß § 15 BauGB ausgeschöpft worden war, wäre vielmehr ein räumlich erweiterter Geltungsbereich nicht erforderlich gewesen. Eine Veränderungssperre kann auch für nur wenige Grundstücke oder sogar für nur ein einziges Grundstück erlassen werden (vgl. BVerwGE 51, 121). Die Erforderlichkeit und sachliche Angemessenheit der Veränderungssperre ergibt sich im Übrigen hinsichtlich des Vorhabens der Antragstellerinnen unzweifelhaft schon aus dem Umstand, dass dieses den voraussichtlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 11/42 widerspricht. Auf die von den Antragstellerinnen aufgeworfene Frage, ob und in welchem Umfang negative städtebauliche Auswirkungen im Sinne eines „Trading-Down-Effektes“ konkret durch die Erweiterung ihres Erotik-Shops ausgelöst würden, kommt es insoweit nicht an. Diese Frage könnte allenfalls in einem Ausnahmeverfahren gemäß § 14 Abs. 2 BauGB von entscheidungserheblicher Bedeutung sein.
39 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 159 S. 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
40 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Gründe

 
17 
I. Die Normenkontrollanträge sind zulässig.
18 
Die Normenkontrollanträge sind statthaft, denn die Antragstellerinnen wenden sich gegen eine Veränderungssperre, die als Satzung nach dem Baugesetzbuch beschlossen worden ist und deren Gültigkeit vom erkennenden Senat gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO überprüft werden kann.
19 
Die Anträge sind auch im Übrigen zulässig. Die Antragsbefugnis gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO der Antragstellerin zu 2 ergibt sich aus ihrer Eigentümerstellung hinsichtlich des von der Veränderungssperre erfassten Grundstücks Flst.-Nr. 2970. Die Antragsbefugnis der Antragstellerin zu 1 ergibt sich aus dem Umstand, dass sie bezüglich dieses Grundstücks einen Mietvertrag abgeschlossen sowie als Bauherrin einen Vorbescheid beantragt hat, dem nunmehr auf Grund der angegriffenen Veränderungssperre nicht mehr entsprochen werden kann. Auch die Antragstellerin zu 1 kann mithin geltend machen, durch die angegriffene Satzung im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO möglicherweise in ihren Rechten verletzt zu sein (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.5.1994 - 4 NB 27.93 -, NVwZ 1995 S. 264; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.12.1991 - 8 S 14/89 -, NVwZ-RR 1993 S. 122; BayVGH, Urt. v. 29.8.1996 - 26 N 95.2983 -, NVwZ 1997 S. 1016).
20 
II. Die Normenkontrollanträge sind jedoch nicht begründet.
21 
Die Satzung der Antragsgegnerin über die Veränderungssperre begegnet weder in formell-rechtlicher noch in materiell-rechtlicher Hinsicht durchgreifenden Bedenken. Formelle Mängel sind nicht vorgetragen; solche sind auch nicht ersichtlich. Die Satzung steht auch im Übrigen in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Voraussetzungen:
22 
1. Eine Gemeinde kann gemäß § 14 Abs. 1 BauGB zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre beschließen mit dem Inhalt, dass Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen (Nr. 1) bzw. erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen (Nr. 2), sobald der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist. Auf Grund des vom Gemeinderat der Antragsgegnerin am 1.4.2003 erlassenen Aufstellungsbeschlusses für den Bebauungsplan Nr. 11/42 konnte mithin am 3.2.2004 auch die angegriffene Veränderungssperre beschlossen werden.
23 
Allein der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans genügt für die Wirksamkeit einer Satzung über eine Veränderungssperre jedoch nicht. Eine Veränderungssperre darf vielmehr insbesondere erst dann erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Die Planung muss dabei nicht bereits einen Stand erreicht haben, der nahezu den Abschluss des Verfahrens ermöglicht; ein detailliertes und abgewogenes Planungskonzept ist so nicht zu fordern. Ausreichend ist, dass sich aus dem Planaufstellungsbeschluss oder weiteren Verfahrensschritten wenigstens ansatzweise ersehen lässt, was Inhalt des zukünftigen Bebauungsplans sein soll.
24 
Diesen Mindestanforderungen wird etwa genügt, wenn die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre bereits einen bestimmten Baugebietstyp ins Auge gefasst und somit bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt hat; eine reine Negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht nicht aus. Wenn selbst Vorstellungen über die angestrebte Art der baulichen Nutzung der betroffenen Grundflächen fehlen, ist der Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans noch offen. Die nachteiligen Wirkungen der Veränderungssperre wären - auch vor dem Hintergrund des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG - nicht erträglich, wenn sie zur Sicherung einer Planung dienen sollte, die sich in ihrem Inhalt in keiner Weise absehen lässt.
25 
Ein Mindestmaß an konkreter planerischer Vorstellung gehört mithin zur Konzeption des § 14 BauGB, wie im Übrigen auch Abs. 2 Satz 1 der Norm verdeutlicht. Hiernach kann eine Ausnahme von der Veränderungssperre zugelassen werden, wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Ob der praktisch wichtigste öffentliche Belang, nämlich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung, beeinträchtigt ist, kann aber nur beurteilt werden, wenn die planerischen Vorstellungen der Gemeinde nicht noch völlig offen sind (vgl. zu alledem: BVerwG, Urt. v. 19.2.2004 - 4 CN 16.03 -, NVwZ 2004 S. 858, und Beschl. v. 19.5.2004 - 4 BN 22.04 -, ; jeweils m.w.N.; vgl. zudem VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.11.2004 - 3 S 1091/04 - und Beschl. v. 4.2.1999 - 8 S 39/99 -, VBlBW 1999 S. 266).
26 
Eine Veränderungssperre ist schließlich als Sicherungsmittel ungeeignet und damit unwirksam, wenn die beabsichtigte Bauleitplanung zwar im oben aufgezeigten Sinne schon hinreichend konkretisiert ist, sich jedoch das erkennbare Planungsziel im Wege planerischer Festsetzung nicht erreichen lässt, oder wenn dieses der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind, oder wenn der beabsichtigte Bauleitplan schon jetzt erkennbar schlechterdings nicht behebbare rechtliche Mängel aufweist (vgl. BVerwGE 34, 301; 81, 111 und Beschl. v. 21.12.1993 - 4 NB 40.93 -, NVwZ 1994 S. 685 sowie Senatsurteil v. 19.11.2004 - 3 S 1091/04 -).
27 
2. Bei Zugrundelegung dieser Grundsätze ist die angefochtene Veränderungssperre nicht zu beanstanden.
28 
a. Die Antragsgegnerin hat hinreichend konkrete und positive Planungsvorstellungen für das Gebiet des aufzustellenden Bebauungsplans Nr. 11/42 entwickelt. Sie will primär einen so genannten „Trading-Down-Effekt“ in der Mannheimer Innenstadt verhindern. Positiv formuliert soll dies nach den in der Beschlussvorlage vom 4.3.2002 (Nr. 122/2003) differenziert aufgeführten Planungszielen der Standortsicherung und Aufwertung von Einzelhandel und Dienstleistung, die die Funktionserfüllung der Innenstadt leisten, dienen, der Sicherung der Funktion der Stadt als Oberzentrum, der Erfüllung der Ansprüche der Bewohner und Besucher an die Attraktivität der Innenstadt, der Erhaltung der Nutzungsvielfalt der Innenstadt sowie der Entgegenwirkung von gegenseitigen Beeinträchtigungen unterschiedlicher Nutzungen, sowie der Sicherung der Innenstadt als Wohnstandort.
29 
In der Beschlussvorlage vom 4.3.2002 wird plausibel dargelegt, dass jüngste Entwicklungen im Innenstadtbereich Mannheims die Annahme nahe legen, dass auch in Zukunft mit einem weiteren Zuzug von Vergnügungsstätten und Einzelhandelsbetrieben mit überwiegend erotisch-sexuellem Angebot (Sex-Shops) zu rechnen ist. Es sei festzustellen, dass der nördliche Bereich der Kurpfalzstraße zwischen Marktplatz und Kurpfalzbrücke derzeit eine gute Attraktivität bei sehr jungen Einzelhandelskunden besitze, die es zu sichern und auszubauen gelte. Zum anderen sei auch wieder eine erfreuliche Tendenz zur Ansiedelung höherwertigen Handels, wie z.B. Boutiquen bzw. ein Juwelier, zu beobachten. Zudem sei die Anziehungskraft des Einzelhandels und damit der Einkaufsstadt Mannheim, trotz erheblicher Konkurrenz im Umland, derzeit ungebrochen. Für die Bevölkerung erfülle die Mannheimer Innenstadt so eine Reihe wichtiger Funktionen. Neben dem Wohnen, Arbeiten sowie der Freizeit- und Kulturgestaltung spiele die Versorgung mit Waren und Dienstleistungen eine bedeutende Rolle. Die Einkaufsattraktivität der Innenstadt zu sichern und - wenn möglich - noch auszubauen, sei von fundamentaler Bedeutung für den Mannheimer Einzelhandel und die Stadt insgesamt. Wichtig sei dabei die Positionierung Mannheims gegenüber den Mittelzentren und den beiden anderen Oberzentren der Region sowie den Standorten in den Gewerbe- bzw. Sondergebieten und den großflächigen Einzelhandelsbetrieben auf der so genannten „grünen Wiese“. Dies alles gelte es durch die verstärkte Eindämmung von Vergnügungsstätten und insbesondere Sex-Shops zu sichern. Ziel der Wirtschafts- und Strukturpolitik der Stadt Mannheim sei es, hierdurch eine weitere Steigerung der Einkaufsattraktivität u.a. durch städtebauliche Aufwertungsmaßnahmen und eine Verbesserung des Branchenmixes zu erreichen.
30 
Wie der in den Akten enthaltene Vorentwurf zum Bebauungsplans Nr. 11/42 von Juni 2004 ergänzend illustriert, sind die positiven Vorstellungen der Antragsgegnerin über den Inhalt des künftigen Planes zwischenzeitlich mehr als nur im Mindestmaß entwickelt, sie sind offenkundig bereits recht weit gediehen. Das überwiegend als Kerngebiet (MK) definierte Bebauungsplangebiet soll hiernach voraussichtlich eingeteilt werden in Gebiete mit höchster (rot unterlegt), sehr hoher (gelb unterlegt), hoher (blau unterlegt) sowie normaler Schutzbedürftigkeit (grün unterlegt) hinsichtlich des „Trading-Down-Effekts“. Die einzelnen Gebiete wurden mittels insoweit „sensibler Bestandsbebauung“ (Schulen, Kirchen oder hochwertige Einzelhandelsbetriebe) schlüssig voneinander abgegrenzt. Hinsichtlich der nur als „normal schutzbedürftigen“ (grün unterlegten) Gebiete ist beabsichtigt, voraussichtlich keine Reglementierungen für Vergnügungsstätten und Sex-Shops festzusetzen, außer gegebenenfalls, wie bisher, die Beschränkung auf eine Nutzung nur der Erdgeschosse. Mithin werden voraussichtlich in einem angemessen großen Bereich der Mannheimer Innenstadt - nicht allerdings auf dem Grundstück der Antragstellerin zu 2 (dort derzeit vorgesehen: „höchste“ bzw. „hohe Schutzbedürftigkeit“) - weiterhin die ansonsten „unerwünschten Nutzungen“ in erheblichem Umfange kerngebietstypisch zulässig sein. Diese Konzeptionen der Antragsgegnerin genügen für die bei § 14 BauGB erforderliche Annahme eines Mindestmaßes an planerischen Vorstellungen.
31 
b. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass sich das erkennbare Planungsziel der Antragsgegnerin der Verhinderung des „Trading-Down-Effektes“ in der Mannheimer Innenstadt im Wege planerischer Festsetzung - insbesondere mittels des Instrumentariums des § 1 Abs. 4-9 BauNVO - nicht erreichen ließe, sind von den Antragstellerinnen weder vorgetragen noch sonst erkennbar. Die Verhinderung des „Trading-Down-Effekts“ kann - angesichts der in § 1 Abs. 5 BauGB aufgeführten Belange einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung wie etwa der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung (Abs. 5 Satz 2 Nr. 1), der Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen (Abs. 5 Satz 2 Nr. 2), der Erhaltung, Erneuerung und Fortentwicklung vorhandener Ortsteile (Abs. 5 Satz 2 Nr. 4), der Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge (Abs. 5 Satz 2 Nr. 6), und der Belange der Wirtschaft, gerade ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung (Abs. 5 Satz 2 Nr. 8) - auch nicht ernsthaft als ein Ziel angesehen werden, für dessen Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt wären. Vielmehr bestehen etwa gegen eine auf § 1 Abs. 5, Abs. 9 BauNVO gestützte Regelung eines Bebauungsplans mit dem Inhalt, dass Sex-Shops in einem festgesetzten Kerngebiet nur ausnahmsweise zulässig sind, keine Bedenken, wenn und soweit - wie voraussichtlich hier - besondere städtebauliche Gründe, wie insbesondere die Verhinderung des „Trading-Down-Effekts“, eine solche Beschränkung rechtfertigen (so schon OVG NRW, Urt. v. 9.1.1989 - 10a NE 75/86 -, NVwZ 1990 S. 85; Beschl. v. 11.10.2001 - 10 A 2288/00 - ).
32 
c. Auch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der künftige Bebauungsplan Nr. 11/42 an schlechterdings nicht behebbaren Mängeln leiden könnte. Insbesondere der sinngemäß geltend gemachte Verstoß gegen § 1 Abs. 3 BauGB ist nicht erkennbar. Denn hiernach haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Nicht erforderlich ist ein Bebauungsplan, wenn seiner Verwirklichung auf unabsehbare Zeit rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen. Das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit gilt dabei nicht nur für den Anlass, sondern auch für den Inhalt des Bebauungsplans, und zwar für jede Festsetzung (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.8.2000 - 4 CN 6.99 -, DVBl. 2001 S. 377; Urt. v. 18.3.2004 - 4 BN 4.03 -, NVwZ 2004 S. 856).
33 
Die Regelung des § 1 Abs. 3 BauGB erkennt damit die kommunale Planungshoheit an und räumt der Gemeinde Planungsermessen ein. Ein Bebauungsplan ist deshalb „erforderlich“ im Sinne dieser Vorschrift, soweit er nach der planerischen Konzeption der Gemeinde erforderlich ist. Dabei ist entscheidend, ob die getroffene Festsetzung „in ihrer eigentlichen gleichsam positiven Zielsetzung - heute und hier - gewollt und erforderlich ist“ (BVerwGE 40, 258 <262>). Sie darf mithin nicht nur das vorgeschobene Mittel sein, um einen Bauwunsch zu durchkreuzen. Letzteres kann aber nicht bereits dann angenommen werden, wenn die negative Zielrichtung im Vordergrund steht. Denn auch eine zunächst nur auf die Verhinderung einer - aus der Sicht der Gemeinde - Fehlentwicklung gerichtete Planung kann einen Inhalt haben, der rechtlich nicht zu beanstanden ist. Festsetzungen in einem Bebauungsplan sind somit als „Negativplanung“ nicht schon dann wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 BauGB unwirksam, wenn ihr Hauptzweck in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen besteht. Sie sind vielmehr nur unzulässig, wenn sie nicht dem planerischen Willen der Gemeinde entsprechen und also vorgeschoben sind, um eine andere Nutzung zu verhindern (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.12.1990 - 4 NB 8.90 -, DÖV 1991 S. 744).
34 
Entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen liegt bei Anwendung dieser Grundsätze keine unzulässige Negativplanung vor. Das detailliert dargelegte Planungsziel der Antragsgegnerin der Verhinderung eines „Trading-Down-Effektes“ in ihrer Innenstadt ist im Rahmen der oben aufgeführten städtebaulichen Belange des § 1 Abs. 5 BauGB nachvollziehbar und - in zulässiger Erweiterung und Verschärfung der Regelungen des bisherigen Bebauungsplans Nr. 11/40 - legitim und hält sich, auch unter Berücksichtigung der Grundrechtspositionen der Antragstellerinnen aus Art. 12 und Art. 14 Abs. 1 GG, im Rahmen des gemeindlichen Planungsermessens. Ersichtlich korrespondiert es mit der allgemeinen Wirtschafts- und Strukturpolitik der Antragsgegnerin und sichert diese bauplanungsrechtlich zulässig weiter ab (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 11.10.2001 - 10 A 2288/00 - ; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.12.1991 - 8 S 14/89 -, NVwZ-RR 1993 S. 122; Nds. OVG, Urt. v. 11.9.1986 - 1 C 26/85 -, NVwZ 1987 S. 1091).
35 
Dass es der Antragsgegnerin mit dem beabsichtigten Erlass des Bebauungsplans Nr. 11/42 zielgerichtet vorrangig um die Verhinderung der Erweiterung gerade des Erotik-Shops der Antragstellerin zu 2 im Obergeschoss des von ihr angemieteten Gebäudes gehen könnte, ist nicht ersichtlich. Ausweislich des Vorentwurfs zum Bebauungsplan Nr. 11/42 von Juni 2004 hat die Antragsgegnerin vielmehr ein ihre gesamte Innenstadt umspannendes planerisches Konzept entwickelt, das sie mit der angegriffenen Veränderungssperre - angesichts der drei vorliegenden, diesem Plankonzept widersprechenden Bauwünsche - plausibel zu sichern sucht. Dass die dargelegte Zielsetzung der Verhinderung eines „Trading-Down-Effektes“ in der Mannheimer Innenstadt von der Antragsgegnerin nur vorgeschoben worden sein könnte, mithin von ihr in Wahrheit andere Ziele verfolgt werden, ist nicht erkennbar.
36 
3. Eine Unwirksamkeit der angegriffenen Veränderungssperre kann schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Gebots gerechter Abwägung oder des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit angenommen werden.
37 
Die Veränderungssperre unterliegt selbst nicht dem allgemeinen Abwägungsgebot gemäß § 1 Abs. 6 bzw. Abs. 7 BauGB, sondern vielmehr der aufgezeigten Prüfung, ob sie zur Erreichung des mit ihr verfolgten Sicherungszwecks erforderlich ist. Deshalb ist nicht darauf abzustellen, ob der noch nicht beschlossene künftige Bebauungsplan in seinen Festsetzungen möglicherweise dem Abwägungsgebot entsprechen wird, sondern nur darauf, ob die beabsichtigte Planung überhaupt auf ein Ziel gerichtet ist, das im konkreten Fall mit den Mitteln der Bauleitplanung zulässigerweise erreicht werden kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.9.1992 - 4 NB 35.92 -, DÖV 1993 S. 250). Wie dargestellt, ist die Planung der Antragsgegnerin auf ein solches Ziel gerichtet. Auf die schriftsätzlich erhobene Behauptung der Antragstellerinnen, eine abwägungsgerechte Planung sei hier unter keinem möglichen Gesichtspunkt denkbar, - für die es keine hinreichenden Anhaltspunkte gibt und an der die Antragstellerinnen nach ihren Ausführungen in der mündlichen Verhandlung wohl auch nicht mehr festhalten - muss deshalb nicht weiter eingegangen werden.
38 
Auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird hinreichend Genüge getan. Dass sich die Veränderungssperre räumlich allein auf die drei Grundstücke ...-..., ... und ... bezieht, ist nicht zu beanstanden. Da nach Aktenlage im Zeitpunkt der Beschlussfassung nur für diese drei Grundstücke Bauanträge vorlagen, die voraussichtlich den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 11/42 zuwiderlaufen und bei denen die Möglichkeit der Zurückstellung von Baugesuchen gemäß § 15 BauGB ausgeschöpft worden war, wäre vielmehr ein räumlich erweiterter Geltungsbereich nicht erforderlich gewesen. Eine Veränderungssperre kann auch für nur wenige Grundstücke oder sogar für nur ein einziges Grundstück erlassen werden (vgl. BVerwGE 51, 121). Die Erforderlichkeit und sachliche Angemessenheit der Veränderungssperre ergibt sich im Übrigen hinsichtlich des Vorhabens der Antragstellerinnen unzweifelhaft schon aus dem Umstand, dass dieses den voraussichtlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 11/42 widerspricht. Auf die von den Antragstellerinnen aufgeworfene Frage, ob und in welchem Umfang negative städtebauliche Auswirkungen im Sinne eines „Trading-Down-Effektes“ konkret durch die Erweiterung ihres Erotik-Shops ausgelöst würden, kommt es insoweit nicht an. Diese Frage könnte allenfalls in einem Ausnahmeverfahren gemäß § 14 Abs. 2 BauGB von entscheidungserheblicher Bedeutung sein.
39 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 159 S. 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
40 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Sonstige Literatur

 
41 
Rechtsmittelbelehrung
42 
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
43 
Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen.
44 
Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
45 
In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
46 
Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
47 
Beschluss vom 2. März 2005
48 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 5 ZPO und § 72 Nr. 1 GKG i.d.F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes (BGBl. I 2004 S. 718) auf 40.000,-- EUR festgesetzt.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass

1.
Vorhaben im Sinne des § 29 nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen;
2.
erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen.

(2) Wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen, kann von der Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden. Die Entscheidung über Ausnahmen trifft die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde.

(3) Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden sind, Vorhaben, von denen die Gemeinde nach Maßgabe des Bauordnungsrechts Kenntnis erlangt hat und mit deren Ausführung vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre hätte begonnen werden dürfen, sowie Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung werden von der Veränderungssperre nicht berührt.

(4) Soweit für Vorhaben im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder im städtebaulichen Entwicklungsbereich eine Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 besteht, sind die Vorschriften über die Veränderungssperre nicht anzuwenden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Gegenstand der Anfechtungsklage ist

1.
der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat,
2.
der Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Der Widerspruchsbescheid kann auch dann alleiniger Gegenstand der Anfechtungsklage sein, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält. Als eine zusätzliche Beschwer gilt auch die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift, sofern der Widerspruchsbescheid auf dieser Verletzung beruht. § 78 Abs. 2 gilt entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. Januar 2003 - 9 K 1354/02 - insoweit geändert, als auch der Gebührenbescheid der Beklagten vom 15. März 2001 aufgehoben worden ist. Insoweit wird die Klage abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Gerichtskosten und ihren außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen tragen der Kläger 1/6 und die Beklagte 5/6. Ferner trägt der Kläger die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 im erstinstanzlichen Verfahren.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen eine Gebührenforderung der Beklagten sowie den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid einschließlich der darin festgesetzten Gebühr.
Der Kläger beabsichtigte, anlässlich des Landtagswahlkampfs in Baden-Württemberg am 16.03.2001 in der Zeit von 9.00 Uhr bis 20.00 Uhr Informationsmaterial an interessierte Bürger in der Fußgängerzone Westliche Karl-Friedrich-Straße der Beklagten zu verteilen, um im Rahmen der politischen Gruppierung „D. D. I.“ für kleine Parteien zu werben. Die zu verteilenden Handzettel sollten auf einem seitlich an der Häuserwand stehenden Tisch (Pult) mit einer Fläche von 90 cm x 45 cm ausgelegt werden. Am 13.03.2001 beantragte er „wie soeben telefonisch besprochen“ für „D. D. I.“ die Genehmigung zur Aufstellung eines Informationsstands von ca. 1 m² Größe. Mit Bescheid vom 15.03.2001 erteilte die Beklagte dem Kläger die jederzeit widerrufliche Erlaubnis, am 16.03.2001 während der Ladenöffnungszeiten in der Fußgängerzone Westliche Karl-Friedrich-Straße zwischen Kaufhof und Westliche 23 einen Informationsstand mit der Größe von maximal 1 m x 2 m zu errichten, wobei Sicht und Zugang zur Lammstraße nicht verdeckt werden dürfen; für die Erlaubnis wurde eine Gebühr in Höhe von 55,-- DM (= 28,12 EUR) festgesetzt.
Mit Telefax vom 16.03.2001 legte der Kläger Widerspruch ein und forderte die Annullierung der Gebühr: Er werde von der Erlaubnis keinen Gebrauch machen. Es sei weder üblich noch zulässig, für einen Informationsstand im Rahmen demokratischer Wahlen eine Gebühr festzusetzen. Kleine demokratische Gruppierungen würden dadurch gehindert, ihre Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten, was gegen Art. 5 und 8 GG verstoße.
Den Widerspruch wies das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Bescheid vom 05.07.2001 zurück, wobei es zur Begründung ausführte: Mit der Errichtung eines Informationsstandes werde im öffentlichen Verkehrsraum ein Hindernis i. S. des § 32 Abs. 1 StVO bereitet, so dass eine Erlaubnis nach § 46 StVO erforderlich sei. Zugleich werde der Gemeingebrauch überschritten, so dass auch eine Sondernutzung vorliege, für die jedoch neben der straßenverkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung keine Sondernutzungserlaubnis erforderlich sei. Die straßenverkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung sei gebührenpflichtig. Ein Ermessensspielraum bestehe nicht. Die festgesetzte Gebühr in Höhe von 55,-- DM bewege sich im unteren Bereich des vorgegebenen Rahmens von 20,-- DM bis 600,-- DM. Sie entspreche dem Verwaltungsaufwand und sei verhältnismäßig. Eine Gebührenbefreiung für Parteien oder politische Gruppierungen gebe es nicht. Dass der Kläger aus Protest gegen die Gebührenerhebung von der Ausnahmegenehmigung keinen Gebrauch gemacht habe, könne der Behörde nicht angelastet werden. Diese habe ihn nicht an der Ausübung seiner Grundrechte gehindert. Da die behördliche Entscheidung auf seinen Antrag hin ergangen sei, falle die Gebühr an, auch wenn er von der Genehmigung keinen Gebrauch gemacht habe. Die Widerspruchsgebühr wurde auf 240,-- DM (= 122,71 EUR) festgesetzt.
Am 02.08.2001 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben, mit der er zuletzt beantragt hat, den Gebührenbescheid der Beklagten vom 15.03.2001 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 05.07.2001 einschließlich des Gebührenbescheids aufzuheben. Er hat geltend gemacht: Mit Rücksicht auf Art. 5 Abs. 1 GG könne bei Informationsständen und sonstigen Vorrichtungen eine Sondernutzung nur angenommen werden, wenn im konkreten Einzelfall der Straßenverkehr behindert werde. Eine solche Störung sei hier gänzlich unwahrscheinlich gewesen; er habe den Tisch seitlich an der Häuserwand aufstellen wollen, so dass insbesondere die Flächen der Rettungswege in der Fußgängerzone nicht beeinträchtigt worden wären. Die Praxis der Beklagten, bei Wahlen keine Sondernutzungsgebühr zu verlangen, dürfe nicht durch die Erhebung einer Verwaltungsgebühr umgangen werden. Außerdem würden kleinere politische Gruppierungen und Parteien in ihrer Betätigung beeinträchtigt, was gegen Art. 21 GG verstoße. Bei seiner telefonischen Anfrage habe ihn die Beklagte nicht auf die anfallende Gebühr hingewiesen. In den benachbarten Städten Karlsruhe, Ettlingen, Bruchsal und Bretten werde bei Landtagswahlen weder eine Sondernutzungsgebühr noch eine Verwaltungsgebühr erhoben. Jedenfalls müsse eine Gebührenfreiheit aus Gründen des öffentlichen Interesses bejaht werden. Die erhobene Verwaltungsgebühr sei auch zu hoch, da der Beklagten durch die Amtshandlung keine zusätzlichen Kosten entstanden seien. Für kleine Parteien und Gruppierungen bedeute die Gebührenerhebung eine unverhältnismäßig hohe Belastung, da sie im Gegensatz zu den etablierten Parteien nicht über Geld verfügten. Die Widerspruchsgebühr belaste ihn zusätzlich; auch sie sei unverhältnismäßig hoch. Zudem habe über den Widerspruch nicht die zuständige Kommunalabteilung beim Regierungspräsidium entschieden.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat vorgebracht: Das Aufstellen eines Informationsstands in der Fußgängerzone sei nicht mehr Gemeingebrauch und auch verkehrsrechtlich genehmigungspflichtig, weil dadurch der Verkehr gefährdet oder zumindest erschwert werden könnte; der Nachweis einer konkreten Gefährdung oder Erschwerung sei nicht erforderlich. Im Bereich der Fußgängerzone habe die Stadt dafür zu sorgen, dass die Rettungswegeflächen und die Zugangsmöglichkeit zur Lammstraße sowie die Schaufensterflächen der Ladengeschäft frei blieben. Außerdem müsse der in den Vormittagsstunden gestattete Andienungsverkehr beachtet werden. Es sei Sache der Behörde, die widerstreitenden Interessen abzuwägen und zu bestimmen, wo ein Informationsstand ohne vermeidbare Behinderungen aufgestellt werden könne. Die erhobene Gebühr sei angesichts des Umfangs der entstandenen Aufwendungen für die Bearbeitung und Ausfertigung der Genehmigung gerechtfertigt. Da der Verwaltungsaufwand mit Erteilung der Genehmigung entstanden sei, könne von der Erhebung der Gebühr nicht deshalb abgesehen werden, weil der Kläger die Genehmigung nicht ausgenutzt habe. Die Chancengleichheit sei gewahrt, weil auch von anderen politischen Gruppierungen und Parteien für eine verkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung Gebühren erhoben würden.
Die wegen der Widerspruchsgebühr zunächst gegen das Land Baden-Württemberg (Beklagter zu 2) erhobene Klage hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht zurückgenommen und die Klage auch insoweit gegen die Beklagte gerichtet.
Mit Urteil vom 23.01.2003 hat das Verwaltungsgericht der Klage antragsgemäß stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Gebührenbescheid vom 15.03.2001 sei rechtswidrig. Zwar könne nach § 6a StVG i.V.m der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr und Nr. 264 des Gebührentarifs für Maßnahmen im Straßenverkehr grundsätzlich für eine Entscheidung über eine Ausnahme von den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung eine Gebühr von 20,-- DM bis 600,-- DM erhoben werden. Mit dem Bescheid vom 15.03.2001 über die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 8 StVO für das Aufstellen eines Informationsstandes in der Fußgängerzone liege auch eine Amtshandlung vor. Diese sei jedoch nicht - wie erforderlich - rechtmäßig gewesen. Denn das Vorhaben des Klägers falle nicht unter das Verbot des § 32 Abs. 1 StVO, Hindernisse (Gegenstände) auf die Straße zu bringen. Es sei nämlich keine erhebliche Gefährdung des Fußgängerverkehrs im Sinn dieser Vorschrift, die kein Verletzungs-, sondern ein Gefährdungsdelikt sei, zu befürchten gewesen. Ein Informationstisch mit einer Fläche von ca. 1 m², der zudem mangels Verankerung leicht weg geräumt werden könne, sei angesichts der gerichtsbekannten Breite bzw. Weite der Fußgängerzone im umstrittenen Bereich nicht geeignet, den Fußgängerverkehr zu gefährden oder zu erschweren. Der Einwand der Beklagten, es müsse gewährleistet sein, dass die Rettungswege, die Zufahrt zur Lammstraße und die Schaufenster der Ladengeschäfte frei blieben, was eine abwägende behördliche Entscheidung gebiete, greife nicht durch. Denn auch wenn das Aufstellen des Tisches nicht unter den Verbotstatbestand des § 32 Abs. 1 StVO falle, bleibe es doch eine erlaubnispflichtige Sondernutzung und sei kein - auch kommunikativer - Gemeingebrauch mehr. Entfalle die Notwendigkeit einer verkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung, so bleibe es dennoch bei der Sondernutzungserlaubnispflicht. Für die Beklagte bestehe damit die Möglichkeit, die angesprochenen Belange anderer Verkehrsteilnehmer, die abwägend miteinander in Einklang zu bringen seien, in dem Verfahren auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zu berücksichtigen. Ob in diesem Fall für einen Informationstisch im Rahmen eines Wahlkampfs eine Sondernutzungsgebühr und/oder eine Verwaltungsgebühr erhoben werden könne bzw. müsse, sei nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Für eine solche Amtshandlung sei die umstrittene Gebühr nicht festgesetzt worden. Eine Umdeutung komme insoweit nicht in Betracht.
Gegen das am 12.02.2003 zugestellte Urteil hat die Beklagte Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, dem der Senat mit Beschluss vom 20.10.2003 - 5 S 710/03 -, zugestellt am 06.11.2003, entsprochen hat. Mit am 08.12.2003 (einem Montag) eingegangenen Schriftsatz hat die Beklagte die Berufung begründet.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. Januar 2003 - 9 K 1354/02 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
12 
Sie trägt vor: Die dem Kläger erteilte Ausnahmegenehmigung sei zu Recht auf die straßenverkehrsrechtliche Ermächtigungsgrundlage gestützt worden. Denn das Aufstellen des Informationsstandes sei ein Hindernis i. S. von § 32 Abs. 1 StVO gewesen, das geeignet gewesen sei, den Verkehr zu gefährden oder zu erschweren. Auf Grund der laufenden „heißen“ Wahlkampfphase habe ein erheblicher verkehrsrechtlicher Regelungsbedarf in der Fußgängerzone bestanden. Insbesondere sei sicherzustellen gewesen, dass die dort verlaufenden Rettungswege freigehalten würden. Darüber hinaus habe ein Abstimmungsbedarf mit einer Vielzahl von parallel gestellten Anträgen auf weitere Wahlkampfstände anderer politischer Parteien und Gruppierungen (u. a. Bündnis 90/Die Grünen, CDU, FDP und SPD) bestanden, denen ebenfalls Ausnahmegenehmigungen erteilt worden seien. Ferner gebe es für Gewerbetreibende und Anwohner ca. 80 bis 100 Ausnahmegenehmigungen zum Befahren der Fußgängerzone sowie für das Jahr 2001 ca. 130 Einzelausnahmegenehmigungen und für Handwerksbetriebe 2747 Blankoausnahmegenehmigungen, die je nach Bedarf ausgefüllt werden könnten und dann jeweils einen Tag gültig seien. Dies zeige, dass im streitgegenständlichen Bereich der Fußgängerzone auch außerhalb der Lieferzeiten in nicht unerheblichem Umfang noch Fahrzeugverkehr stattfinde. Daher bestehe für das Aufstellen von Informationsständen im Wahlkampf ein erheblicher verkehrlicher Regelungsbedarf. Im Einzelnen seien dabei die in Betracht kommenden Standorte zu benennen und sei durch Auflagen sicherzustellen gewesen, dass bei Kollisionen von Standortwünschen die definierten Rettungswege sowie ausreichend Raum für Fußgänger frei blieben. Gerade die Kumulation von Informationsständen in Wahlkampfzeiten bringe diese Erfordernisse mit sich. Dies gelte auch für kleinere Stände von etwa 1 m² Größe, die in Verbindung mit der Ansammlung Interessierter dazu führten, dass in Teilen der Fußgängerzone die Räume so eingeengt würden, dass nicht jeder gewünschte Standort geeignet und zulässig sei. Selbst wenn sich die Stadt bei Erteilung der Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 8 i.V.m. § 32 Abs. 1 StVO auf eine falsche Rechtsgrundlage gestützt haben sollte, änderte dies nichts daran, dass diese Entscheidung mit Fristablauf bestandskräftig geworden sei; Nichtigkeitsgründe lägen nicht vor. Damit könne die Rechtmäßigkeit der erteilten Ausnahmegenehmigung nicht mehr in Frage gestellt werden. Ein aus den Grundrechten abzuleitender Rechtsanspruch auf Befreiung von Verwaltungsgebühren bestehe auch dann nicht, wenn politischen Parteien Sondernutzungserlaubnisse im Zusammenhang mit Wahlkämpfen erteilt würden. Im Falle ihrer Rechtswidrigkeit sei die verkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung in eine straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis umzudeuten. Die angefochtene Gebührenentscheidung wäre dann eine Verwaltungsgebühr nach § 16 Abs. 1 StrG i.V.m. § 8 KAG und der städtischen Verwaltungsgebührensatzung. Die Voraussetzungen des § 47 LVwVfG für eine Umdeutung lägen vor. In die umstrittene Verwaltungsgebühr seien keine fiskalischen Interessen der Stadt eingeflossen, sondern lediglich der im Genehmigungsverfahren angefallene Personal-, Material-, Raum- und Technikaufwand, ferner der Verwaltungsaufwand für die Ausarbeitung eines Gesamtkonzepts für die Zeit des Wahlkampfs (Übersichtsplan und Belegungsplan) und für die Sicherstellung der Kontrolle. Über Anträge für mehrere Standorte und mehrere Tage könne ohne großen zusätzlichen Zeitaufwand entschieden werden. Die Zuständigkeit des Regierungspräsidiums Karlsruhe als Widerspruchsbehörde folge daraus, dass die Gebührenerhebung nicht auf einer städtischen Satzung, sondern auf Bundesrecht beruhe und die Stadt auch insoweit die Aufgabe einer unteren Verwaltungsbehörde wahrgenommen habe. Die Widerspruchsgebühr in Höhe von 240,-- DM schöpfe deutlich weniger als die Hälfte des nach Nr. 400 i.V.m. Nr. 264 des Gebührentarifs eröffneten Rahmens aus.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er erwidert: Die beabsichtigte Inanspruchnahme der Fußgängerzone habe allenfalls eine erlaubnispflichtige straßenrechtliche Sondernutzung dargestellt, für die nur bei tatsächlicher Ausübung eine Sondernutzungsgebühr hätte verlangt werden können. Dies könne die Beklagte nicht dadurch umgehen, dass sie eine verkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung mit Gebühr erteile. Zudem wäre bei einer Sondernutzungsgebühr eine Befreiung nach § 8 oder eine Rückerstattung nach § 9 der einschlägigen Satzung der Beklagten in Betracht gekommen. Die erteilte verkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung sei nicht in Bestandskraft erwachsen, da sie nichtig sei. Für das Aufstellen des Tisches mit einer Größe von ca. 1 m² habe es keiner verkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung bedurft, da am konkreten Aufstellort weder der Pas-santenverkehr noch Rettungswege hätten beeinträchtigt werden können. Im Übrigen hätte der Stand innerhalb von Sekunden zusammengeklappt werden können. Die von der Beklagten angeführten Berufungsfälle hinsichtlich der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen für andere politische Gruppierungen und Parteien bezögen sich auf andere Aufstellorte. Die erhobene Gebühr diene nicht dem Ausgleich des verursachten Verwaltungsaufwands, der bereits durch anderweitige gemeindliche Einnahmen gedeckt sei, sondern allein der aufwandsunabhängigen Einnahmenerzielung. Auch das Äquivalenzprinzip sei verletzt; die Gebühr stehe in einem Missverhältnis zum Wert der erbrachten Gegenleistung, die sich auf eine Auskunft beschränke. Da er sein Vorhaben (wegen der Gebührenforderung) nicht realisiert, er also das gemeindliche Angebot nicht angenommen habe, könnten auch keine Kosten angefallen sein. Auf die Erhebung einer Gebühr habe ihn die Beklagte bei seiner Anfrage nicht hingewiesen. Anlässlich des Landtagswahlkampfs 2001 seien in den umliegenden Städten Karlsruhe, Ettlingen, Bruchsal und Bretten für das Aufstellen von Tischen weder Sondernutzungsgebühren noch Verwaltungsgebühren erhoben worden. Dadurch habe eine Selbstbindung aller Verwaltungen im Land bestanden. Dies gelte vor allem gegenüber kleineren Parteien und Gruppierungen, die bei ihrem Aufbau kein Geld hätten. Deren Recht auf Meinungsfreiheit erfasse auch die Werbung auf öffentlichem Straßengrund. An dessen Inanspruchnahme bestehe kein wirtschaftliches, sondern nur ein ideelles Interesse. Eine Umdeutung nach § 47 LVwVfG komme nicht in Betracht. In der der SPD erteilten Ausnahmegenehmigung vom 31.01.2001 sei eine Vielzahl von Aufstellorten für Informationsstände zugewiesen, aber - wie von ihm für das einmalige Aufstellen eines Informationsstandes - ebenfalls nur eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 55,-- DM verlangt worden. Mit einer solchen Gebührenpraxis würden er und andere kleine Parteien oder Gruppierungen massiv benachteiligt. Die Art der Erteilung der Ausnahmegenehmigung an die großen Parteien widerlege die Behauptung der Beklagten, in jedem Fall eine konkrete Prüfung des Rettungswegeplans durchgeführt zu haben. Die Mehrzahl der Kommunen habe im Landtagswahlkampf 2001 für Wahlwerbung weder Sondernutzungsgebühren noch Verwaltungsgebühren erhoben. An der Unzuständigkeit des Regierungspräsidiums Karlsruhe für den Erlass des Widerspruchsbescheids, dessen Gebühr ebenfalls unverhältnismäßig hoch sei, werde festgehalten.
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Dem Senat liegen die einschlägigen Behördenakten vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die nach Zulassung durch Senatsbeschluss vom 20.10.2003 - 5 S 710/03 - statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht begründete Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte deren Gebührenbescheid vom 15.03.2001 mangels Rechtsverletzung des Klägers nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht aufheben dürfen (I.). Demgegenüber ist die Aufhebung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 05.07.2001 - einschließlich der darin festgesetzten Widerspruchsgebühr - im Ergebnis zu Recht erfolgt (II.).
18 
I. Rechtsgrundlage für den Gebührenbescheid der Beklagten vom 15.03.2001
19 
ist § 6a Abs. 1 Nr. 1a StVG. Danach werden Kosten (Gebühren und Auslagen) für Amtshandlungen nach diesem Gesetz oder nach den auf diesem Gesetz beruhenden Rechtsvorschriften erhoben. Gemäß § 6a Abs. 2 Satz 1 StVG wird das Bundesministerium für Verkehr ermächtigt, die Gebühren für die einzelnen Amtshandlungen durch Rechtsverordnung zu bestimmen und dabei feste Sätze oder Rahmensätze vorzusehen. Nach § 1 Abs. 1 der auf Grund dieser Ermächtigung erlassenen Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr - GebOSt - vom 26.06.1970 (BGBl. I S. 865, berichtigt S. 1298) in der - hier maßgeblichen - Fassung vom 20.07.2000 (BGBl. I S. 1090) werden für Amtshandlungen u. a. i. S. des § 6a StVG Gebühren nach dieser Verordnung erhoben (Satz 1); die gebührenpflichtigen Tatbestände und die Gebührensätze ergeben sich aus dem als Anlage beigefügten Gebührentarif für Maßnahmen im Straßenverkehr - GebTSt - (Satz 2). Nach Nr. 264 des Gebührentarifs beträgt die Gebühr für eine „Entscheidung über eine Ausnahme von einer Vorschrift der StVO je Ausnahmetatbestand und je Fahrzeug/Person“ 20,-- DM bis 600,-- DM (nunmehr 10,20 EUR bis 767,-- EUR). Ergänzt werden diese materiellen Gebührenvorschriften durch das Verwaltungskostengesetz (VwKostG), das allgemeine und formale kostenrechtliche Fragen regelt. Für den Vollzug von Bundesgesetzen - wie hier des Straßenverkehrsgesetzes und der Straßenverkehrsordnung - kann der Bund auch die Erhebung von Verwaltungskosten regeln. Macht der Bund insoweit von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch, sind die Länder am Erlass eigener Gebührenregelungen gehindert (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.01.2000 - 11 C 5.99 - NVwZ-RR 2000, 533). Bundesrecht verdrängt insoweit Landesrecht. Eine bundesrechtliche Gebührenregelung in diesem Sinne ist die Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 VwKostG gilt dieses Gesetz für Kosten (Gebühren und Auslagen) öffentlich-rechtlicher Verwaltungstätigkeit der Behörden der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände, wenn sie Bundesrecht ausführen. Während die Regelungen im 2. Abschnitt des Verwaltungskostengesetzes (§§ 2 bis 7) sich an den Verordnungsgeber richten, haben die Vorschriften des 3. Abschnitts (§§ 8 bis 22) unmittelbare Geltung.
20 
Auf die genannten Regelungen gestützt hat die Beklagte für die dem Kläger antragsgemäß mit Bescheid vom 15.03.2001 erteilte Erlaubnis (Ausnahmegenehmigung), am 16.03.2001 in der Fußgängerzone Westliche Karl-Friedrich-Straße zwischen Kaufhof und Westliche 23 während der Ladenöffnungszeiten einen Informationsstand in der Größe von maximal 1 m x 2 m zu errichten, eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 55,-- DM festgesetzt. Das ist nicht zu beanstanden.
21 
Es liegt eine Amtshandlung im Sinne der genannten gebührenrechtlichen Regelungen vor, da dem Kläger mit Bescheid der Beklagten vom 15.03.2001 gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 8 StVO eine Ausnahmegenehmigung vom Verbot des § 32 Abs. 1 StVO erteilt wurde, Hindernisse auf die Straße zu bringen; damit sind Gegenstände gemeint, wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann. Unter Hinweis auf das Urteil des erkennenden Gerichtshofs vom 08.02.1991 - 10 S 2674/90 - (VBlBW 1991, 303) hat das Verwaltungsgericht die Auffassung vertreten, dass eine Verwaltungsgebühr nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nur für rechtmäßiges Verwaltungshandeln erhoben werden könne, dass die hier zugrunde liegende Ausnahmegenehmigung vom 15.03.2001, die sich durch Zeitablauf erledigt habe, jedoch rechtswidrig gewesen sei, weil mit der Errichtung des Informationsstandes an der vorgesehenen Stelle in der Fußgängerzone der Beklagten der Gefährdungstatbestand des § 32 Abs. 1 StVO nicht erfüllt sei. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
22 
Eine „Akzessorietät“ zwischen der Amtshandlung (Sachentscheidung) und der ihr gegenüber eigenständigen Festsetzung einer Verwaltungsgebühr ist materiell-rechtlich nur insoweit gegeben, als Voraussetzung für eine Gebührenfestsetzung die Vornahme einer gebührenpflichtigen Amtshandlung ist, die wirksam ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 19.04.2004 - 2 S 340/04 - VBlBW 2004, 352). Das ist hier der Fall. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 15.03.2001 dem Kläger die beantragte Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 8 StVO erteilt. Unerheblich ist insoweit, dass der Kläger ihr nur das Gewicht einer Auskunft beimessen will und von ihr - wegen der Höhe der festgesetzten und von ihm als unzulässig empfundenen Gebühr - keinen Gebrauch gemacht hat. Unerheblich ist ferner, dass der Kläger den Antrag auf „Aufstellung eines Informationsstands“ erst nach vorheriger telefonischer Anfrage bei der Beklagten („wie soeben besprochen“) gestellt hat und dabei nicht auf eine Gebührenpflicht hingewiesen wurde. Entscheidend ist im vorliegenden Zusammenhang, dass der Kläger die Ausnahmegenehmigung antragsgemäß erhalten hat und damit eine - von ihm veranlasste - Amtshandlung vorliegt. Gründe für deren Nichtigkeit sind nicht ersichtlich.
23 
Selbst wenn man als Voraussetzung für die Erhebung einer Verwaltungsgebühr auch die Rechtmäßigkeit der zugrunde liegenden Amtshandlung verlangen wollte, führt dies nicht zum Erfolg der Klage. Insoweit stünde einer Überprüfung allerdings nicht schon die - eine Bindungs- bzw. Legalisierungswirkung auslösende - Bestandskraft der in Rede stehenden Amtshandlung entgegen. Auch wenn man insoweit die Möglichkeit einer (isolierten) Anfechtung unter dem Aspekt für zulässig hielte, dass die dem Kläger erteilte Ausnahmegenehmigung konkludent auch die vorgelagerte Feststellung ihrer Erforderlichkeit mit Blick auf den Verbotstatbestand des § 32 Abs. 1 StVO enthalten habe, hätte sich die Ausnahmegenehmigung mit Ablauf des 16.03.2001 - nur für diesen Tag hat die Beklagte das Aufstellen des Informationsstandes erlaubt - und damit vor Eintritt der Bestandskraft erledigt, so dass eine Aufhebung dieser Amtshandlung - womit das „Substrat“ für die festgesetzte Verwaltungsgebühr entfallen wäre - nicht mehr in Betracht gekommen ist. Die Frage der Rechtmäßigkeit der Amtshandlung stellt sich nur (und erstmals) im Zusammenhang der beanstandeten Verwaltungsgebühr, so dass der Kläger Einwendungen gegen die erteilte Ausnahmegenehmigung mit Blick auf den zugrunde liegenden Verbotstatbestand des § 32 Abs. 1 StVO erstmals im Rahmen der vorliegenden Anfechtungsklage gegen die für die (erledigte) Amtshandlung festgesetzte Verwaltungsgebühr erheben kann (vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.03.1986 - 1 S 2654/85 - ESVGH 36, 217).
24 
Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts unterfiel die vom Kläger geplante Aufstellung eines Informationsstandes in der Fußgängerzone der Beklagten der Vorschrift des § 32 Abs. 1 StVO, wonach es verboten ist, Gegen-stände auf die Straße zu bringen (oder dort liegen zu lassen), wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann, so dass der Kläger einer Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 8 StVO bedurfte. Diese straßenverkehrsrechtliche Regelung kommt vorliegend - im Verhältnis zum Straßenrecht - zum Zuge.
25 
Straßenrecht und Straßenverkehrsrecht sind selbständige Rechtsmaterien (vgl. BVerfGE 40, 371 und 67, 299) mit unterschiedlichen Regelungszwecken. Mit dem Straßenverkehrsrecht, das nach Art. 74 Nr. 22 GG Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes ist, soll die Teilnahme am Straßenverkehr, vor allem aber dessen Sicherheit und Leichtigkeit gewährleistet werden. Es dient als „sachlich begrenztes Ordnungsrecht“ der Abwehr von typischen Gefahren, die vom Straßenverkehr ausgehen und die dem Straßenverkehr von außen oder durch Verkehrsteilnehmer erwachsen. Aufgabe des zur originären Gesetzgebungskompetenz der Länder gehörenden Straßen- und Wegerechts ist es hingegen, die Rechtsverhältnisse an den öffentlichen Straßen und ihre Bereitstellung für den Verkehr durch Widmung zu regeln. Das Straßenrecht befasst sich daher vor allem mit der Entstehung, der Ein- und Umstufung öffentlicher Straßen und der Abgrenzung von Gemeingebrauch zur Sondernutzung. Beide Rechtsmaterien stehen allerdings in einem sachlichen Zusammenhang. Zum einen setzt das Straßenverkehrsrecht, insbesondere durch das Erfordernis der straßenrechtlichen Widmung, das Straßenrecht voraus (sogenannter Vorbehalt des Straßenrechts). Zum anderen wird der durch die Widmung eröffnete Gemeingebrauch wesentlich vom Straßenverkehrsrecht „mitbestimmt“. Dem wird in § 13 Abs. 1 StrG ausdrücklich dadurch Rechnung getragen, dass der Gemeingebrauch „im Rahmen der Widmung und der Straßenverkehrsvorschriften“ eröffnet wird. Hieraus folgt, dass ein Verkehrsvorgang, der im Rahmen der Verkehrsvorschriften liegt, sich gleichzeitig innerhalb des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs bewegt (sogenannter Vorrang des Straßenverkehrsrechts). Der Bund hat von der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für das Straßenverkehrsrecht insbesondere im Straßenverkehrsgesetz und zu dessen Ausführung u. a. in der Straßenverkehrsordnung weitgehend abschließend Gebrauch gemacht (vgl. BVerfGE 32, 319). Das gilt auch in Bezug auf das in § 32 Abs. 1 StVO enthaltene Verbot, für das - der Zielrichtung des Straßenverkehrsrechts entsprechend - tatbestandliche Voraussetzung ist, dass durch die umschriebene Handlung des Einbringens von Gegenständen „der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann“. Die Abgrenzung der beiden Rechtsgebiete ist also danach vorzunehmen, ob es (im Schwerpunkt) um die Abwehr von Gefahren für den Straßenverkehr geht oder ob einer Überschreitung des Gemeingebrauchs (Sondernutzung) begegnet werden soll.
26 
Bei der vom Kläger im Rahmen des Landtagswahlkampfes 2001 geplanten Aufstellung eines Informationsstandes in der Fußgängerzone der Beklagten war - im Verbund mit einer Vielzahl anderer gleichartiger Vorhaben - primär der verkehrsrechtliche Aspekt berührt, so dass das Straßenverkehrsrecht als Regelungsmaterie eingreift, das zur Legalisierung der in Rede stehenden Nutzung der Verkehrsfläche die Erteilung einer verkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung vorsieht, und nicht das Straßenrecht mit dem Legalisierungsmittel der Sondernutzungserlaubnis nach § 16 Abs. 1 StrG. Verstärkt wird diese verkehrsrechtliche Sicht durch die damit zusammenhängende Genehmigung, zum Zwecke des Auf- und Abbaus des Informationsstands mit einem Fahrzeug in die Fußgängerzone einfahren und dort halten zu dürfen, um das Fahrzeug zu beladen und zu entladen. Zum (Rang-)Verhältnis der beiden Gestattungsmöglichkeiten bestimmt § 16 Abs. 6 Satz 1 StrG, dass es keiner Sondernutzungserlaubnis bedarf, wenn nach den Vorschriften des Straßenverkehrsrechts eine Ausnahmegenehmigung erforderlich ist (Satz 1); vor ihrer Entscheidung hat die hierfür zuständige Behörde die sonst für die Sondernutzungserlaubnis zuständige Behörde zu hören (Satz 2); die von dieser geforderten Bedingungen, Auflagen und Sondernutzungsgebühren sind dem Antragsteller in der Genehmigung aufzuerlegen, soweit Träger der Straßenbaulast eine Gemeinde oder ein Landkreis ist (Satz 3). Auf diese Weise werden die spezifisch straßenrechtlichen Aspekte in die verkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung, die im Außenverhältnis gegenüber dem Bürger allein ergeht, eingebracht.
27 
Die Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 StVO, bei dem es sich - wie bereits erwähnt - um ein Gefährdungs-, nicht um ein Verletzungsdelikt handelt, sind gegeben. Das Verwaltungsgericht geht insoweit zu Recht davon aus, dass der Tatbestand dieser Vorschrift schon erfüllt ist, wenn der Verkehr durch den eingebrachten Gegenstand nicht unerheblich gefährdet oder erschwert werden kann (vgl. auch Senatsbeschl. v. 14.10.1996 - 5 S 1775/96 - NVwZ-RR 1997, 679 = VBlBW 1997, 1029). Eine Gefährdung muss möglich und darf nicht ganz unwahrscheinlich sein. Als möglicherweise betroffener Verkehr i. S. des § 32 Abs. 1 StVO kommt hier (nur) der - allein widmungsgemäße - Fußgängerverkehr in der Fußgängerzone Westliche Karl-Friedrich-Straße der Beklagten in Betracht. Zu fragen ist, ob der hier eröffnete Fußgängerverkehr durch die Aufstellung eines Informationsstandes mit einer Größe von ca. 1 m² (so der maßgebliche Antrag des Klägers vom 13.03.2001) am vorgesehenen Standort (vor der Westecke des „Kaufhofs“) gefährdet oder erschwert werden kann. Dies hat das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die (gerichtsbekannte) Breite/Weite der Fußgängerzone im Bereich Westliche Karl-Friedrich-Straße sowie im Hinblick auf die Größe des Tisches (1 m²), der zudem nicht fest verankert sei und deshalb leicht weggeräumt werden könne, verneint, wobei es angenommen hat, dass auf dem Tisch nur die zu verteilenden Flugblätter abgelegt werden sollten. Demgegenüber verweist die Beklagte jedoch zu Recht auf den gerade während der „heißen“ Wahlkampfphase - Wahltermin war der 25.03.2001 - erheblichen Regelungsbedarf für das Aufstellen von Informationsständen in der Fußgängerzone. Es war sicherzustellen, dass die dort verlaufenden Rettungswege freigehalten werden. Zudem war eine Abstimmung erforderlich mit einer Vielzahl von Anträgen anderer politischer Parteien und Gruppierungen auf weitere Wahlkampf- bzw. Informationsstände; so sind im betreffenden Zeitraum Ausnahmegenehmigungen auch für die sogenannten etablierten Parteien erteilt worden; hierzu hat die Beklagte beispielhaft die der SPD erteilte Ausnahmegenehmigung vom 31.01.2001 vorgelegt. Dabei waren im Einzelnen die Standorte zu benennen und es war sicherzustellen, dass bei Kollisionen von Standortwünschen die definierten Rettungswege sowie ausreichend Raum für die Fußgänger frei geblieben sind. Insoweit können auch kleinere Stände mit einer Größe von lediglich ca. 1 m² - wie der vom Kläger zur Aufstellung vorgesehene - in Verbindung mit weiteren Wahlkampfständen und den um diese Stände sich versammelnden Personen dazu beitragen, dass in Teilbereichen der Fußgängerzone die Räume so eingeengt werden, dass nicht jeder gewünschte Standort als verkehrlich „verträglich“ zugelassen werden kann. So heißt es in der der SPD erteilten Ausnahmegenehmigung vom 31.01.2001, dass bei der Aufstellung von Informationsständen auf Gehwegen eine Durchgangsbreite von mindestens 1,50 m freizuhalten ist. Ferner ist in der Fußgängerzone auch Kfz-Verkehr zugelassen, einmal der Lieferverkehr bis 10.30 Uhr, zum anderen Verkehr auf Grund zahlreicher Ausnahmegenehmigungen für Handwerker, Anlieger und Personenbeförderungsunternehmen. Somit können Fußgänger je nach Verkehrsaufkommen durchaus gezwungen sein, Randbereiche der Fußgängerzone - wie etwa Schaufensterbereiche - zu nutzen. Jedenfalls in einer solchen Situation, in der während eines bestimmten Zeitraums („heiße“ Wahlkampfphase) in einer Fußgängerzone, die ihrerseits schon mit anderweitigem, ausnahmsweise zugelassenen Fahrzeugverkehr belastet ist, eine Vielzahl von Informationsständen aufgestellt werden soll, kann zur Frage einer Gefährdung des (Fußgänger-)Verkehrs nicht nur auf den einzelnen Informationsstand und dessen Größe im Verhältnis zur Breite der Fußgängerzone abgestellt werden. Vielmehr führt die Vielzahl der geplanten Informationsstände zu einem Gefährdungspotential i. S. des § 32 Abs. 1 StVO, das seinerseits einen Regelungsbedarf durch koordinierte Ausnahmegenehmigungen auslöst.
28 
Die Erhebung der umstrittenen Verwaltungsgebühr ist ferner nicht schon deshalb grundsätzlich unzulässig, weil - wie der Kläger (insbesondere schon mit dem Widerspruch) geltend macht - das Aufstellen des Informationsstandes in der Fußgängerzone der Beklagten im Rahmen (der „heißen“ Phase) des Landtagswahlkampfes 2001 vorgesehen gewesen sei und durch die Festsetzung einer Verwaltungsgebühr gerade kleinere demokratische Gruppierungen unter Verstoß gegen Art. 5 und 8 GG gehindert würden, ihre Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. Insoweit ist höchstrichterlich anerkannt (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.06.1978 - 7 C 5.78 - BVerwGE 56, 63 = NJW 1978, 1933), dass die Erhebung von Sondernutzungsgebühren und Verwaltungsgebühren für das Aufstellen eines Informationsstandes oder für das Anbringen von Plakatträgern im innerstädtischen Gehwegraum von Bundesstraßen und Gemeindestraßen zum Zwecke parteipolitischer Werbung nicht gegen Bundesrecht, insbesondere nicht gegen Art. 5, 8 und 21 GG verstößt.
29 
Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg darauf verweisen, dass er in zahlreichen anderen Städten, in denen er im Rahmen des Landtagswahlkampfes 2001 ebenfalls einen Informationsstand aufgestellt habe, nicht zu einer Verwaltungsgebühr für die jeweilige behördliche Gestattung herangezogen worden sei. Diese „Gebührenpraxis“ anderer Hoheitsträger entfaltet keine Bindungswirkung für die Beklagte, die den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG nur innerhalb ihres eigenen Verwaltungshandelns beachten muss. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang ferner der Einwand des Klägers, die Beklagte habe ihn bei seiner Anfrage nicht auf die Erhebung einer Verwaltungsgebühr für eine Ausnahmegenehmigung hingewiesen.
30 
Der Kläger ist Kostenschuldner i. S. des § 4 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt, § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG, da er die auf §§ 46 Abs. 1 Nr. 8, 32 Abs. 1 StVO gestützte Ausnahmegenehmigung durch seinen Antrag vom 13.03.2001 veranlasst hat. Er (bzw. „D. D. I.“) gehört auch nicht zu den Personen und Institutionen, für die gemäß § 5 Abs. 1 GebOSt, § 8 Abs. 1 VwKostG persönliche Gebührenfreiheit besteht.
31 
Auch die Höhe der festgesetzten Verwaltungsgebühr unterliegt keinen rechtlichen Bedenken.
32 
Für eine verkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung nach §§ 46 Abs. 1 Nr. 8, 32 Abs. 1 StVO sieht Nr. 264 GebTSt - in der damals gültigen Fassung - einen Gebührenrahmen von 20,-- DM bis 600,-- DM vor. Nach § 9 VwKostG sind, wenn Rahmensätze für Gebühren vorgesehen sind, bei der Festsetzung der Gebühr im Einzelfall zu berücksichtigen - erstens - der mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand, soweit Aufwendungen nicht als Auslagen gesondert berechnet werden, und - zweitens - die Bedeutung, der wirtschaftliche Wert oder sonstige Nutzen der Amtshandlung für den Gebührenschuldner sowie dessen wirtschaftliche Verhältnisse. Bemessungskriterien sind danach das Kostenüberdeckungsverbot und das Äquivalenzprinzip. Letzteres verlangt, dass ein angemessenes Verhältnis zwischen der Gebühr und dem Wert der Amtshandlung für deren Empfänger bestehen muss; insoweit genügt, dass die Gebühr an dem typischen Nutzen, den die Amtshandlung erbringt, ausgerichtet ist. Demgegenüber ist es nach dem Kostenüberdeckungsverbot nicht gestattet, Verwaltungsgebühren zur Erzielung von Überschüssen zu erheben; ein Verstoß hiergegen liegt allerdings erst dann vor, wenn die Gesamtheit der Gebühren für besondere Leistungen bestimmter Art die Gesamtheit der Aufwendungen für diese besonderen Leistungen übersteigt (vgl. Schlabach, Verwaltungskostenrecht, RdNrn. 2 ff. zu § 9 VwKostG sowie RdNr. 6 ff. § 3 VwKostG, jeweils m.w.N.). Beim Ansatz einer Gebühr innerhalb eines Gebührenrahmens steht der Behörde für die Festlegung der konkreten Höhe ein Ermessensspielraum zu (zur vergleichbaren Regelung des § 8 LGebG vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.03.1991 - 14 S 2616/90 - KStZ 1991, 110 sowie Schlabach, a.a.O., RdNr. 9 zu § 8 LGebG m.w.N.). Die Beklagte hat plausibel darauf hingewiesen und in der mündlichen Verhandlung nochmals erläutert, dass in die Gebühr (nur) eingeflossen seien der Personal-, Material-, Raum- und Technikaufwand für die Erstellung und Ausfertigung des Bescheids, ferner der Aufwand für die Ausarbeitung eines Gesamtkonzepts für die Aufstellung von Informationsständen während des Landtagswahlkampfes, bestehend aus einem Übersichtsplan für die in Betracht kommenden Standortalternativen und einem (Tages-)Belegungsplan, wobei die Erkenntnisse und Ergebnisse aus vergangenen Wahlkämpfen Eingang gefunden hätten, sowie der Aufwand für die Sicherstellung der Kontrolle durch den gemeindlichen Vollzugsdienst, der durch den zuständigen Vorgesetzten in seine Aufgabe der Überwachung anhand des Konzepts und der erteilten Genehmigung eingewiesen werde; die Kontrolle vor Ort selbst hat die Beklagte dagegen nicht in die Kalkulation des Verwaltungsaufwands einbezogen. Mit Blick auf das Kostenüberdeckungsverbot wendet der Kläger nur pauschal und damit in unbeachtlicher Weise ein, dass die Gebühr nicht dem Ausgleich des verursachten Verwaltungsaufwands, der bereits durch anderweitige gemeindliche Einnahmen gedeckt sei, sondern allein der aufwandsunabhängigen Einnahmenerzielung gedient habe. Mit einer Höhe von 55,-- DM bewegt sich die umstrittene Verwaltungsgebühr, welche der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung als „Sockelbetrag“ bezeichnet hat, im untersten Bereich des eröffneten Gebührenrahmens. Den (ideellen) Wert bzw. Nutzen der Ausnahmegenehmigung für den Kläger hat die Beklagte dagegen - wie auch in den anderen Fällen - nicht in die Bemessung der Gebühr einbezogen. Unabhängig davon sieht der Kläger einen Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip gleichwohl darin, dass die erteilte Ausnahmegenehmigung für ihn nur den Wert einer Auskunft gehabt und er sie auch gar nicht in Anspruch genommen habe; beide Einwände sind im vorliegenden Zusammenhang unerheblich.
33 
Die Beklagte hat mit der umstrittenen Gebührenforderung auch nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen hat. Dieser verbietet es, wesentlich Gleiches willkürlich und ohne sachlichen Grund ungleich sowie wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.03.1995 - 2 S 1595/93 - NVwZ 1995, 1029). In diesem Zusammenhang wendet der Kläger ein, dass die Beklagte für die ihm erteilte Ausnahmegenehmigung zum Aufstellen eines einzigen Informationsstandes mit einer Größe von 1 m² an einem einzigen Tag (nur am 16.03.2001) mit 55,-- DM die gleiche Verwaltungsgebühr verlangt habe wie - beispielsweise - von der SPD, der mit Bescheid vom 31.01.2001 ohne Beschränkung auf einen einzigen Tag die Ausnahmegenehmigung zur Errichtung von Informationsständen mit einer Größe von maximal 2 m x 2 m an insgesamt 13 Standorten (davon 8 in der Fußgängerzone) erteilt worden sei. Hierzu hat die Beklagte plausibel dargelegt, dass sich auf der Grundlage des erstellten Gesamtkonzepts (Übersichtsplan und Belegungsplan) der Zeitaufwand für die Bearbeitung eines Antrags zur Aufstellung von Informationsständen an verschiedenen Standorten und an mehreren Tagen nur geringfügig und damit in vernachlässigbarer Weise erhöhe. Der Verwaltungsaufwand fiel - wie bereits dargelegt - primär für die Ausarbeitung des Konzepts, für die Erstellung und Ausfertigung des Bescheids sowie für das Verfahren zur Sicherstellung der Kontrolle durch den gemeindlichen Vollzugsdienst an. Der Aufwand für die Kontrolle vor Ort, der bei mehreren Standorten und/oder an mehreren Tagen in entsprechend erhöhtem Umfang anfällt, wurde nicht einbezogen. Auch vom Kläger wäre nur der „Sockelbetrag“ in Höhe von 55,-- DM erhoben worden, wenn er - für die von ihm vertretene Gruppierung - die Genehmigung zum Aufstellen von Informationsständen an verschiedenen Standorten und/oder an mehreren Tagen beantragt hätte. Dass ihn die Entrichtung der (einheitlich) festgesetzten, am Verwaltungsaufwand orientierten Gebühr härter treffe als eine größere Gruppierung oder eine etablierte Partei, kann der Kläger gegen die Gebührenforderung nicht einwenden.
34 
II. Den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 05.07.2001, einschließlich der festgesetzten Widerspruchsgebühr in Höhe von 240,-- DM, hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht aufgehoben. Denn das Regierungspräsidium war zur Entscheidung über den Widerspruch nicht zuständig.
35 
1. Der Kläger hat im Verfahren gegen die Beklagte (§ 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), die den angefochtenen Gebührenbescheid vom 15.03.2001 erlassen hat, neben diesem Ausgangsbescheid (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) zulässigerweise auch den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 05.07.2001 zum selbständigen Anfechtungsgegenstand gemacht (vgl. hierzu BVerwG, Urt. 25.08.1982 - 8 C 50.80 - Buchholz 310 § 79 VwGO Nr. 18 sowie Senatsurt. v. 17.08.1995 - 5 S 71/95 - NVwZ-RR 1996, 61 = DVBl. 1996, 65). Der Kläger hat eigenständig - wenn auch Anfangs mit unzutreffenden Erwägungen - die Zuständigkeit des Regierungspräsidiums zur Entscheidung über den von ihm gegen den Gebührenbescheid der Beklagten vom 15.03.2001 eingelegten Widerspruch und damit die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift (§ 79 Abs. 2 Satz 2 VwGO) gerügt und sich vor allem gesondert auch gegen die festgesetzte Widerspruchsgebühr in Höhe von 240,-- DM zur Wehr gesetzt (zu diesem Aspekt vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.03.1991 - A 14 S 2616/90 - KStZ 1991, 110 sowie Beschluss vom 28.01.1991 - 2 S 2384/90 - VBlBW 1991, 344).
36 
2. Das Regierungspräsidium Karlsruhe war zur Entscheidung über den Widerspruch des Klägers gegen den Gebührenbescheid der Beklagen vom 15.03.2001 nicht zuständig.
37 
Nach § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO entscheidet über den Widerspruch die nächsthöhere Behörde, soweit nicht durch Gesetz eine andere höhere Behörde bestimmt ist. Allerdings entscheidet in Selbstverwaltungsangelegenheiten gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO die Selbstverwaltungsbehörde, vorbehaltlich einer anderweitigen gesetzlichen Regelung. Die Beklagte hält die erstgenannte Regelung für einschlägig, da sie bei der Erteilung der verkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 8 StVO als - Bundesrecht ausführende - untere Verwaltungsbehörde gehandelt habe (§ 44 Abs. 1 StVO, § 13 Abs. 1 Nr. 2 LVG), was auch die Erhebung der Verwaltungsgebühr erfasse, die (demnach) nicht auf einer kommunalen Satzung beruhe; eine - wie erforderlich - einheitliche Gebührenerhebungspraxis sei auch nur gewährleistet, wenn insoweit der staatlichen Aufsichtsbehörde die Möglichkeit der Überprüfung im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens eröffnet sei. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Vielmehr handelt es sich (auch) bei der Gebührenerhebung für eine Amtshandlung, welche die Beklagte (Stadtkreis) - wie vorliegend - als untere staatliche Verwaltungsbehörde vorgenommen hat, um eine Selbstverwaltungsangelegenheit i. S. des § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO (so auch Hess. VGH, Urt. v. 15.12.1966 - OS V 50/66 - ESVGH 17, 235 sowie Dolde, in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, RdNr. 14 zu § 73, Redeker/von Oertzen, VwGO, 13. Aufl., RdNr. 2 zu § 73 u. Pietzner/Ronellenfitsch, Das Assessorexamen im Öffentlichen Recht, 10. Aufl., § 37 RdNr. 14).
38 
Ausgangspunkt für diese rechtliche Einordnung ist die Eigenständigkeit der Gebührenfestsetzung gegenüber der zugrunde liegenden Amtshandlung, vorbehaltlich der unter I. erörterten „Akzessorietät“ zur Sachentscheidung im Hinblick auf deren Wirksamkeit (bzw. Rechtmäßigkeit). Im vorliegenden Zusammenhang kommt es darauf an, ob das materielle Recht zugunsten der Beklagten einen eingriffsgeschützten Anspruch auf die erhobene Verwaltungsgebühr begründet. Das ist nach Auffassung des Senats der Fall. Der Anspruch der Beklagten auf die nach den genannten gebührenrechtlichen Tatbeständen erhobene Verwaltungsgebühr folgt aus § 3 Abs. 1 GebOSt, § 12 VwKostG, wonach Kostengläubiger der Rechtsträger ist, dessen Stelle (Behörde) die kostenpflichtige Amtshandlung vornimmt. Das ist hier die Beklagte als Gemeinde (Stadtkreis), für deren Verwaltungstätigkeit die umstrittene Gebühr erhoben worden ist (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 VwKostG). Wie bereits dargelegt, wird damit der Verwaltungsaufwand abgedeckt, welcher der Beklagten in personeller und sachlicher Hinsicht aus Anlass der vom Kläger beantragten Amtshandlung entstanden ist. Auch soweit die Beklagte dabei die Funktion einer unteren staatlichen Verwaltungsbehörde wahrgenommen hat, obliegt es allein ihrer Personal- und Organisationshoheit, die dafür notwendigen personellen und sachlichen Voraussetzungen zu schaffen. Bei den Verwaltungsgebühren handelt es sich auch um eine wesentliche Einnahmequelle der Beklagten für ihren kommunalen Haushalt. Dass ihr (auch) die Einnahmen zufließen, die aus der Gebührenerhebung für Amtshandlungen im staatlichen (übertragenen) Verwaltungsbereich resultieren, hat die Beklagte selbst eingeräumt (vgl. Schrifts. v. 15.02.2005). Die etwaige Herabsetzung oder vollständige Aufhebung einer Gebührenforderung bedeutete für die Beklagte einen unmittelbaren Einnahmeausfall und berührt damit unmittelbar ihre Finanzhoheit (Abgabenhoheit) als Bestandteil des kommunalen Selbstverwaltungsrechts nach Art. 28 Abs. 2 GG (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.01.2001 - 8 B 258.00 - NVwZ-RR 2001, 326 = DVBl. 2001, 918). Der Vertreter der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung selbst auf den in § 78 GemO verankerten Grundsatz der Einnahmebeschaffung hingewiesen, wozu nach Abs. 1 der Regelung auch die Erhebung von Abgaben nach den gesetzlichen Vorschriften gehört. Dass Rechtsgrundlage für die vorliegend festgesetzte Verwaltungsgebühr nicht das Kommunalabgabengesetz in Verbindung mit der Gebührensatzung der Beklagten, sondern die genannte bundesrechtliche Regelung ist, steht der vorgenommenen Zuordnung der Gebühr zum Selbstverwaltungsbereich der Beklagten nicht entgegen. Die - verfahrensrechtlich unbefriedigende - Konsequenz einer Aufsplitterung der Zuständigkeit für den Widerspruch gegen die Amtshandlung einerseits und gegen die festgesetzte Verwaltungsgebühr andererseits ist als Folge der materiellen Rechtslage hinzunehmen, kann jedoch verwaltungstechnisch gemildert bzw. bewältigt werden durch ein Zuwarten der Selbstverwaltungsbehörde mit der Entscheidung über den Widerspruch gegen die Gebührenforderung, bis die nächsthöhere Behörde über den Widerspruch gegen die zugrunde liegende Amtshandlung entschieden hat (vgl. auch Pietzner/Ronellenfitsch, a.a.O., RdNr. 14).
39 
Das Gesetz zur Neuregelung des Gebührenrechts vom 14.12.2004 (GBl. S. 895) steht der dargestellten Sichtweise des Senats nicht entgegen. § 4 Abs. 3 LGebG - i. d. F. von Art. 1 des Neuregelungsgesetzes - bestimmt, dass die Landratsämter, Verwaltungsgemeinschaften und Gemeinden für ihren Bereich, sofern sie Aufgaben der unteren Verwaltungsbehörde im Sinne des Landesverwaltungsgesetzes oder Aufgaben der unteren Baurechtsbehörde im Sinne der Landesbauordnung wahrnehmen, die gebührenpflichtigen Tatbestände und die Höhe der Gebühren festsetzen; die Landratsämter treffen die Festsetzungen durch Rechtsverordnung, die Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften durch Satzung (S. 1); für die Festsetzung und Erhebung der Gebühren und Auslagen gilt für die Landratsämter dieses Gesetz, für die Verwaltungsgemeinschaften und Gemeinden das Kommunalabgabengesetz (S. 3). Nach der Begründung (LT-Drucks. 13/3477 S. 24) setzen die sachnäheren Behörden wie Landratsämter, Stadtkreise, Große Kreisstädte, Verwaltungsgemeinschaften und Gemeinden erstmals - in eigener Zuständigkeit und Verantwortlichkeit - die gebührenpflichtigen Tatbestände, die Gebührensätze sowie Gebührenerleichterungen fest (obligatorische dezentrale Gebührenfestsetzung). Das Gesetz gilt jedoch nicht für die Erhebung und Festsetzung von Gebühren, die - wie vorliegend - bundesgesetzlich geregelt sind (vgl. LT-Drucks. a.a.O. S. 37). Begründet wird die obligatorische dezentrale Festsetzung der Gebührentatbestände wie auch der Höhe mit dem Bedürfnis nach Verwaltungsvereinfachung durch Aufgabenverlagerung sowie mit der Notwendigkeit, der Vielgestaltigkeit des Gebührenrechts angemessen Rechnung zu tragen; Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften bemessen die Höhe der Gebühr aus Vereinfachungsgründen nach dem Kommunalabgabengesetz, sie wenden damit nur noch ein Gebührenrecht an; dass danach zur Umsetzung der Dezentralisierung der Gebührenfestsetzung zusätzliche - in der Regel auf ihren kommunalen Wirkungskreis begrenzte - Regelungen erforderlich sind, wird in Kauf genommen; mit der Aufgabenverlagerung wird - neben der Stärkung der Kommunen - auch eine Verwaltungsvereinfachung angestrebt, da künftig die sachnähere Behörde die Gebühren selbst festsetzen kann (vgl. LT-Drucks. a.a.O. S. 28 f. u. S. 43). Dass mit der Einführung der obligatorischen dezentralen Gebührenfestsetzung erstmals auch eine materielle Neuzuweisung dieser Verwaltungsgebühren zum kommunalen Selbstverwaltungsbereich bewirkt worden wäre, lässt sich der Neuregelung nicht entnehmen.
40 
Mangels Zuständigkeit für den Erlass des Widerspruchsbescheids selbst war das Regierungspräsidium Karlsruhe auch nicht zuständig für die Festsetzung der Verwaltungsgebühr (Widerspruchsgebühr) in Höhe von 240,-- DM als einer eigenständigen, den Kläger belastenden Gebührenforderung.
41 
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
42 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Gründe

 
17 
Die nach Zulassung durch Senatsbeschluss vom 20.10.2003 - 5 S 710/03 - statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht begründete Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte deren Gebührenbescheid vom 15.03.2001 mangels Rechtsverletzung des Klägers nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht aufheben dürfen (I.). Demgegenüber ist die Aufhebung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 05.07.2001 - einschließlich der darin festgesetzten Widerspruchsgebühr - im Ergebnis zu Recht erfolgt (II.).
18 
I. Rechtsgrundlage für den Gebührenbescheid der Beklagten vom 15.03.2001
19 
ist § 6a Abs. 1 Nr. 1a StVG. Danach werden Kosten (Gebühren und Auslagen) für Amtshandlungen nach diesem Gesetz oder nach den auf diesem Gesetz beruhenden Rechtsvorschriften erhoben. Gemäß § 6a Abs. 2 Satz 1 StVG wird das Bundesministerium für Verkehr ermächtigt, die Gebühren für die einzelnen Amtshandlungen durch Rechtsverordnung zu bestimmen und dabei feste Sätze oder Rahmensätze vorzusehen. Nach § 1 Abs. 1 der auf Grund dieser Ermächtigung erlassenen Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr - GebOSt - vom 26.06.1970 (BGBl. I S. 865, berichtigt S. 1298) in der - hier maßgeblichen - Fassung vom 20.07.2000 (BGBl. I S. 1090) werden für Amtshandlungen u. a. i. S. des § 6a StVG Gebühren nach dieser Verordnung erhoben (Satz 1); die gebührenpflichtigen Tatbestände und die Gebührensätze ergeben sich aus dem als Anlage beigefügten Gebührentarif für Maßnahmen im Straßenverkehr - GebTSt - (Satz 2). Nach Nr. 264 des Gebührentarifs beträgt die Gebühr für eine „Entscheidung über eine Ausnahme von einer Vorschrift der StVO je Ausnahmetatbestand und je Fahrzeug/Person“ 20,-- DM bis 600,-- DM (nunmehr 10,20 EUR bis 767,-- EUR). Ergänzt werden diese materiellen Gebührenvorschriften durch das Verwaltungskostengesetz (VwKostG), das allgemeine und formale kostenrechtliche Fragen regelt. Für den Vollzug von Bundesgesetzen - wie hier des Straßenverkehrsgesetzes und der Straßenverkehrsordnung - kann der Bund auch die Erhebung von Verwaltungskosten regeln. Macht der Bund insoweit von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch, sind die Länder am Erlass eigener Gebührenregelungen gehindert (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.01.2000 - 11 C 5.99 - NVwZ-RR 2000, 533). Bundesrecht verdrängt insoweit Landesrecht. Eine bundesrechtliche Gebührenregelung in diesem Sinne ist die Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 VwKostG gilt dieses Gesetz für Kosten (Gebühren und Auslagen) öffentlich-rechtlicher Verwaltungstätigkeit der Behörden der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände, wenn sie Bundesrecht ausführen. Während die Regelungen im 2. Abschnitt des Verwaltungskostengesetzes (§§ 2 bis 7) sich an den Verordnungsgeber richten, haben die Vorschriften des 3. Abschnitts (§§ 8 bis 22) unmittelbare Geltung.
20 
Auf die genannten Regelungen gestützt hat die Beklagte für die dem Kläger antragsgemäß mit Bescheid vom 15.03.2001 erteilte Erlaubnis (Ausnahmegenehmigung), am 16.03.2001 in der Fußgängerzone Westliche Karl-Friedrich-Straße zwischen Kaufhof und Westliche 23 während der Ladenöffnungszeiten einen Informationsstand in der Größe von maximal 1 m x 2 m zu errichten, eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 55,-- DM festgesetzt. Das ist nicht zu beanstanden.
21 
Es liegt eine Amtshandlung im Sinne der genannten gebührenrechtlichen Regelungen vor, da dem Kläger mit Bescheid der Beklagten vom 15.03.2001 gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 8 StVO eine Ausnahmegenehmigung vom Verbot des § 32 Abs. 1 StVO erteilt wurde, Hindernisse auf die Straße zu bringen; damit sind Gegenstände gemeint, wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann. Unter Hinweis auf das Urteil des erkennenden Gerichtshofs vom 08.02.1991 - 10 S 2674/90 - (VBlBW 1991, 303) hat das Verwaltungsgericht die Auffassung vertreten, dass eine Verwaltungsgebühr nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nur für rechtmäßiges Verwaltungshandeln erhoben werden könne, dass die hier zugrunde liegende Ausnahmegenehmigung vom 15.03.2001, die sich durch Zeitablauf erledigt habe, jedoch rechtswidrig gewesen sei, weil mit der Errichtung des Informationsstandes an der vorgesehenen Stelle in der Fußgängerzone der Beklagten der Gefährdungstatbestand des § 32 Abs. 1 StVO nicht erfüllt sei. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
22 
Eine „Akzessorietät“ zwischen der Amtshandlung (Sachentscheidung) und der ihr gegenüber eigenständigen Festsetzung einer Verwaltungsgebühr ist materiell-rechtlich nur insoweit gegeben, als Voraussetzung für eine Gebührenfestsetzung die Vornahme einer gebührenpflichtigen Amtshandlung ist, die wirksam ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 19.04.2004 - 2 S 340/04 - VBlBW 2004, 352). Das ist hier der Fall. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 15.03.2001 dem Kläger die beantragte Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 8 StVO erteilt. Unerheblich ist insoweit, dass der Kläger ihr nur das Gewicht einer Auskunft beimessen will und von ihr - wegen der Höhe der festgesetzten und von ihm als unzulässig empfundenen Gebühr - keinen Gebrauch gemacht hat. Unerheblich ist ferner, dass der Kläger den Antrag auf „Aufstellung eines Informationsstands“ erst nach vorheriger telefonischer Anfrage bei der Beklagten („wie soeben besprochen“) gestellt hat und dabei nicht auf eine Gebührenpflicht hingewiesen wurde. Entscheidend ist im vorliegenden Zusammenhang, dass der Kläger die Ausnahmegenehmigung antragsgemäß erhalten hat und damit eine - von ihm veranlasste - Amtshandlung vorliegt. Gründe für deren Nichtigkeit sind nicht ersichtlich.
23 
Selbst wenn man als Voraussetzung für die Erhebung einer Verwaltungsgebühr auch die Rechtmäßigkeit der zugrunde liegenden Amtshandlung verlangen wollte, führt dies nicht zum Erfolg der Klage. Insoweit stünde einer Überprüfung allerdings nicht schon die - eine Bindungs- bzw. Legalisierungswirkung auslösende - Bestandskraft der in Rede stehenden Amtshandlung entgegen. Auch wenn man insoweit die Möglichkeit einer (isolierten) Anfechtung unter dem Aspekt für zulässig hielte, dass die dem Kläger erteilte Ausnahmegenehmigung konkludent auch die vorgelagerte Feststellung ihrer Erforderlichkeit mit Blick auf den Verbotstatbestand des § 32 Abs. 1 StVO enthalten habe, hätte sich die Ausnahmegenehmigung mit Ablauf des 16.03.2001 - nur für diesen Tag hat die Beklagte das Aufstellen des Informationsstandes erlaubt - und damit vor Eintritt der Bestandskraft erledigt, so dass eine Aufhebung dieser Amtshandlung - womit das „Substrat“ für die festgesetzte Verwaltungsgebühr entfallen wäre - nicht mehr in Betracht gekommen ist. Die Frage der Rechtmäßigkeit der Amtshandlung stellt sich nur (und erstmals) im Zusammenhang der beanstandeten Verwaltungsgebühr, so dass der Kläger Einwendungen gegen die erteilte Ausnahmegenehmigung mit Blick auf den zugrunde liegenden Verbotstatbestand des § 32 Abs. 1 StVO erstmals im Rahmen der vorliegenden Anfechtungsklage gegen die für die (erledigte) Amtshandlung festgesetzte Verwaltungsgebühr erheben kann (vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.03.1986 - 1 S 2654/85 - ESVGH 36, 217).
24 
Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts unterfiel die vom Kläger geplante Aufstellung eines Informationsstandes in der Fußgängerzone der Beklagten der Vorschrift des § 32 Abs. 1 StVO, wonach es verboten ist, Gegen-stände auf die Straße zu bringen (oder dort liegen zu lassen), wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann, so dass der Kläger einer Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 8 StVO bedurfte. Diese straßenverkehrsrechtliche Regelung kommt vorliegend - im Verhältnis zum Straßenrecht - zum Zuge.
25 
Straßenrecht und Straßenverkehrsrecht sind selbständige Rechtsmaterien (vgl. BVerfGE 40, 371 und 67, 299) mit unterschiedlichen Regelungszwecken. Mit dem Straßenverkehrsrecht, das nach Art. 74 Nr. 22 GG Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes ist, soll die Teilnahme am Straßenverkehr, vor allem aber dessen Sicherheit und Leichtigkeit gewährleistet werden. Es dient als „sachlich begrenztes Ordnungsrecht“ der Abwehr von typischen Gefahren, die vom Straßenverkehr ausgehen und die dem Straßenverkehr von außen oder durch Verkehrsteilnehmer erwachsen. Aufgabe des zur originären Gesetzgebungskompetenz der Länder gehörenden Straßen- und Wegerechts ist es hingegen, die Rechtsverhältnisse an den öffentlichen Straßen und ihre Bereitstellung für den Verkehr durch Widmung zu regeln. Das Straßenrecht befasst sich daher vor allem mit der Entstehung, der Ein- und Umstufung öffentlicher Straßen und der Abgrenzung von Gemeingebrauch zur Sondernutzung. Beide Rechtsmaterien stehen allerdings in einem sachlichen Zusammenhang. Zum einen setzt das Straßenverkehrsrecht, insbesondere durch das Erfordernis der straßenrechtlichen Widmung, das Straßenrecht voraus (sogenannter Vorbehalt des Straßenrechts). Zum anderen wird der durch die Widmung eröffnete Gemeingebrauch wesentlich vom Straßenverkehrsrecht „mitbestimmt“. Dem wird in § 13 Abs. 1 StrG ausdrücklich dadurch Rechnung getragen, dass der Gemeingebrauch „im Rahmen der Widmung und der Straßenverkehrsvorschriften“ eröffnet wird. Hieraus folgt, dass ein Verkehrsvorgang, der im Rahmen der Verkehrsvorschriften liegt, sich gleichzeitig innerhalb des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs bewegt (sogenannter Vorrang des Straßenverkehrsrechts). Der Bund hat von der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für das Straßenverkehrsrecht insbesondere im Straßenverkehrsgesetz und zu dessen Ausführung u. a. in der Straßenverkehrsordnung weitgehend abschließend Gebrauch gemacht (vgl. BVerfGE 32, 319). Das gilt auch in Bezug auf das in § 32 Abs. 1 StVO enthaltene Verbot, für das - der Zielrichtung des Straßenverkehrsrechts entsprechend - tatbestandliche Voraussetzung ist, dass durch die umschriebene Handlung des Einbringens von Gegenständen „der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann“. Die Abgrenzung der beiden Rechtsgebiete ist also danach vorzunehmen, ob es (im Schwerpunkt) um die Abwehr von Gefahren für den Straßenverkehr geht oder ob einer Überschreitung des Gemeingebrauchs (Sondernutzung) begegnet werden soll.
26 
Bei der vom Kläger im Rahmen des Landtagswahlkampfes 2001 geplanten Aufstellung eines Informationsstandes in der Fußgängerzone der Beklagten war - im Verbund mit einer Vielzahl anderer gleichartiger Vorhaben - primär der verkehrsrechtliche Aspekt berührt, so dass das Straßenverkehrsrecht als Regelungsmaterie eingreift, das zur Legalisierung der in Rede stehenden Nutzung der Verkehrsfläche die Erteilung einer verkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung vorsieht, und nicht das Straßenrecht mit dem Legalisierungsmittel der Sondernutzungserlaubnis nach § 16 Abs. 1 StrG. Verstärkt wird diese verkehrsrechtliche Sicht durch die damit zusammenhängende Genehmigung, zum Zwecke des Auf- und Abbaus des Informationsstands mit einem Fahrzeug in die Fußgängerzone einfahren und dort halten zu dürfen, um das Fahrzeug zu beladen und zu entladen. Zum (Rang-)Verhältnis der beiden Gestattungsmöglichkeiten bestimmt § 16 Abs. 6 Satz 1 StrG, dass es keiner Sondernutzungserlaubnis bedarf, wenn nach den Vorschriften des Straßenverkehrsrechts eine Ausnahmegenehmigung erforderlich ist (Satz 1); vor ihrer Entscheidung hat die hierfür zuständige Behörde die sonst für die Sondernutzungserlaubnis zuständige Behörde zu hören (Satz 2); die von dieser geforderten Bedingungen, Auflagen und Sondernutzungsgebühren sind dem Antragsteller in der Genehmigung aufzuerlegen, soweit Träger der Straßenbaulast eine Gemeinde oder ein Landkreis ist (Satz 3). Auf diese Weise werden die spezifisch straßenrechtlichen Aspekte in die verkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung, die im Außenverhältnis gegenüber dem Bürger allein ergeht, eingebracht.
27 
Die Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 StVO, bei dem es sich - wie bereits erwähnt - um ein Gefährdungs-, nicht um ein Verletzungsdelikt handelt, sind gegeben. Das Verwaltungsgericht geht insoweit zu Recht davon aus, dass der Tatbestand dieser Vorschrift schon erfüllt ist, wenn der Verkehr durch den eingebrachten Gegenstand nicht unerheblich gefährdet oder erschwert werden kann (vgl. auch Senatsbeschl. v. 14.10.1996 - 5 S 1775/96 - NVwZ-RR 1997, 679 = VBlBW 1997, 1029). Eine Gefährdung muss möglich und darf nicht ganz unwahrscheinlich sein. Als möglicherweise betroffener Verkehr i. S. des § 32 Abs. 1 StVO kommt hier (nur) der - allein widmungsgemäße - Fußgängerverkehr in der Fußgängerzone Westliche Karl-Friedrich-Straße der Beklagten in Betracht. Zu fragen ist, ob der hier eröffnete Fußgängerverkehr durch die Aufstellung eines Informationsstandes mit einer Größe von ca. 1 m² (so der maßgebliche Antrag des Klägers vom 13.03.2001) am vorgesehenen Standort (vor der Westecke des „Kaufhofs“) gefährdet oder erschwert werden kann. Dies hat das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die (gerichtsbekannte) Breite/Weite der Fußgängerzone im Bereich Westliche Karl-Friedrich-Straße sowie im Hinblick auf die Größe des Tisches (1 m²), der zudem nicht fest verankert sei und deshalb leicht weggeräumt werden könne, verneint, wobei es angenommen hat, dass auf dem Tisch nur die zu verteilenden Flugblätter abgelegt werden sollten. Demgegenüber verweist die Beklagte jedoch zu Recht auf den gerade während der „heißen“ Wahlkampfphase - Wahltermin war der 25.03.2001 - erheblichen Regelungsbedarf für das Aufstellen von Informationsständen in der Fußgängerzone. Es war sicherzustellen, dass die dort verlaufenden Rettungswege freigehalten werden. Zudem war eine Abstimmung erforderlich mit einer Vielzahl von Anträgen anderer politischer Parteien und Gruppierungen auf weitere Wahlkampf- bzw. Informationsstände; so sind im betreffenden Zeitraum Ausnahmegenehmigungen auch für die sogenannten etablierten Parteien erteilt worden; hierzu hat die Beklagte beispielhaft die der SPD erteilte Ausnahmegenehmigung vom 31.01.2001 vorgelegt. Dabei waren im Einzelnen die Standorte zu benennen und es war sicherzustellen, dass bei Kollisionen von Standortwünschen die definierten Rettungswege sowie ausreichend Raum für die Fußgänger frei geblieben sind. Insoweit können auch kleinere Stände mit einer Größe von lediglich ca. 1 m² - wie der vom Kläger zur Aufstellung vorgesehene - in Verbindung mit weiteren Wahlkampfständen und den um diese Stände sich versammelnden Personen dazu beitragen, dass in Teilbereichen der Fußgängerzone die Räume so eingeengt werden, dass nicht jeder gewünschte Standort als verkehrlich „verträglich“ zugelassen werden kann. So heißt es in der der SPD erteilten Ausnahmegenehmigung vom 31.01.2001, dass bei der Aufstellung von Informationsständen auf Gehwegen eine Durchgangsbreite von mindestens 1,50 m freizuhalten ist. Ferner ist in der Fußgängerzone auch Kfz-Verkehr zugelassen, einmal der Lieferverkehr bis 10.30 Uhr, zum anderen Verkehr auf Grund zahlreicher Ausnahmegenehmigungen für Handwerker, Anlieger und Personenbeförderungsunternehmen. Somit können Fußgänger je nach Verkehrsaufkommen durchaus gezwungen sein, Randbereiche der Fußgängerzone - wie etwa Schaufensterbereiche - zu nutzen. Jedenfalls in einer solchen Situation, in der während eines bestimmten Zeitraums („heiße“ Wahlkampfphase) in einer Fußgängerzone, die ihrerseits schon mit anderweitigem, ausnahmsweise zugelassenen Fahrzeugverkehr belastet ist, eine Vielzahl von Informationsständen aufgestellt werden soll, kann zur Frage einer Gefährdung des (Fußgänger-)Verkehrs nicht nur auf den einzelnen Informationsstand und dessen Größe im Verhältnis zur Breite der Fußgängerzone abgestellt werden. Vielmehr führt die Vielzahl der geplanten Informationsstände zu einem Gefährdungspotential i. S. des § 32 Abs. 1 StVO, das seinerseits einen Regelungsbedarf durch koordinierte Ausnahmegenehmigungen auslöst.
28 
Die Erhebung der umstrittenen Verwaltungsgebühr ist ferner nicht schon deshalb grundsätzlich unzulässig, weil - wie der Kläger (insbesondere schon mit dem Widerspruch) geltend macht - das Aufstellen des Informationsstandes in der Fußgängerzone der Beklagten im Rahmen (der „heißen“ Phase) des Landtagswahlkampfes 2001 vorgesehen gewesen sei und durch die Festsetzung einer Verwaltungsgebühr gerade kleinere demokratische Gruppierungen unter Verstoß gegen Art. 5 und 8 GG gehindert würden, ihre Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. Insoweit ist höchstrichterlich anerkannt (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.06.1978 - 7 C 5.78 - BVerwGE 56, 63 = NJW 1978, 1933), dass die Erhebung von Sondernutzungsgebühren und Verwaltungsgebühren für das Aufstellen eines Informationsstandes oder für das Anbringen von Plakatträgern im innerstädtischen Gehwegraum von Bundesstraßen und Gemeindestraßen zum Zwecke parteipolitischer Werbung nicht gegen Bundesrecht, insbesondere nicht gegen Art. 5, 8 und 21 GG verstößt.
29 
Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg darauf verweisen, dass er in zahlreichen anderen Städten, in denen er im Rahmen des Landtagswahlkampfes 2001 ebenfalls einen Informationsstand aufgestellt habe, nicht zu einer Verwaltungsgebühr für die jeweilige behördliche Gestattung herangezogen worden sei. Diese „Gebührenpraxis“ anderer Hoheitsträger entfaltet keine Bindungswirkung für die Beklagte, die den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG nur innerhalb ihres eigenen Verwaltungshandelns beachten muss. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang ferner der Einwand des Klägers, die Beklagte habe ihn bei seiner Anfrage nicht auf die Erhebung einer Verwaltungsgebühr für eine Ausnahmegenehmigung hingewiesen.
30 
Der Kläger ist Kostenschuldner i. S. des § 4 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt, § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG, da er die auf §§ 46 Abs. 1 Nr. 8, 32 Abs. 1 StVO gestützte Ausnahmegenehmigung durch seinen Antrag vom 13.03.2001 veranlasst hat. Er (bzw. „D. D. I.“) gehört auch nicht zu den Personen und Institutionen, für die gemäß § 5 Abs. 1 GebOSt, § 8 Abs. 1 VwKostG persönliche Gebührenfreiheit besteht.
31 
Auch die Höhe der festgesetzten Verwaltungsgebühr unterliegt keinen rechtlichen Bedenken.
32 
Für eine verkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung nach §§ 46 Abs. 1 Nr. 8, 32 Abs. 1 StVO sieht Nr. 264 GebTSt - in der damals gültigen Fassung - einen Gebührenrahmen von 20,-- DM bis 600,-- DM vor. Nach § 9 VwKostG sind, wenn Rahmensätze für Gebühren vorgesehen sind, bei der Festsetzung der Gebühr im Einzelfall zu berücksichtigen - erstens - der mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand, soweit Aufwendungen nicht als Auslagen gesondert berechnet werden, und - zweitens - die Bedeutung, der wirtschaftliche Wert oder sonstige Nutzen der Amtshandlung für den Gebührenschuldner sowie dessen wirtschaftliche Verhältnisse. Bemessungskriterien sind danach das Kostenüberdeckungsverbot und das Äquivalenzprinzip. Letzteres verlangt, dass ein angemessenes Verhältnis zwischen der Gebühr und dem Wert der Amtshandlung für deren Empfänger bestehen muss; insoweit genügt, dass die Gebühr an dem typischen Nutzen, den die Amtshandlung erbringt, ausgerichtet ist. Demgegenüber ist es nach dem Kostenüberdeckungsverbot nicht gestattet, Verwaltungsgebühren zur Erzielung von Überschüssen zu erheben; ein Verstoß hiergegen liegt allerdings erst dann vor, wenn die Gesamtheit der Gebühren für besondere Leistungen bestimmter Art die Gesamtheit der Aufwendungen für diese besonderen Leistungen übersteigt (vgl. Schlabach, Verwaltungskostenrecht, RdNrn. 2 ff. zu § 9 VwKostG sowie RdNr. 6 ff. § 3 VwKostG, jeweils m.w.N.). Beim Ansatz einer Gebühr innerhalb eines Gebührenrahmens steht der Behörde für die Festlegung der konkreten Höhe ein Ermessensspielraum zu (zur vergleichbaren Regelung des § 8 LGebG vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.03.1991 - 14 S 2616/90 - KStZ 1991, 110 sowie Schlabach, a.a.O., RdNr. 9 zu § 8 LGebG m.w.N.). Die Beklagte hat plausibel darauf hingewiesen und in der mündlichen Verhandlung nochmals erläutert, dass in die Gebühr (nur) eingeflossen seien der Personal-, Material-, Raum- und Technikaufwand für die Erstellung und Ausfertigung des Bescheids, ferner der Aufwand für die Ausarbeitung eines Gesamtkonzepts für die Aufstellung von Informationsständen während des Landtagswahlkampfes, bestehend aus einem Übersichtsplan für die in Betracht kommenden Standortalternativen und einem (Tages-)Belegungsplan, wobei die Erkenntnisse und Ergebnisse aus vergangenen Wahlkämpfen Eingang gefunden hätten, sowie der Aufwand für die Sicherstellung der Kontrolle durch den gemeindlichen Vollzugsdienst, der durch den zuständigen Vorgesetzten in seine Aufgabe der Überwachung anhand des Konzepts und der erteilten Genehmigung eingewiesen werde; die Kontrolle vor Ort selbst hat die Beklagte dagegen nicht in die Kalkulation des Verwaltungsaufwands einbezogen. Mit Blick auf das Kostenüberdeckungsverbot wendet der Kläger nur pauschal und damit in unbeachtlicher Weise ein, dass die Gebühr nicht dem Ausgleich des verursachten Verwaltungsaufwands, der bereits durch anderweitige gemeindliche Einnahmen gedeckt sei, sondern allein der aufwandsunabhängigen Einnahmenerzielung gedient habe. Mit einer Höhe von 55,-- DM bewegt sich die umstrittene Verwaltungsgebühr, welche der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung als „Sockelbetrag“ bezeichnet hat, im untersten Bereich des eröffneten Gebührenrahmens. Den (ideellen) Wert bzw. Nutzen der Ausnahmegenehmigung für den Kläger hat die Beklagte dagegen - wie auch in den anderen Fällen - nicht in die Bemessung der Gebühr einbezogen. Unabhängig davon sieht der Kläger einen Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip gleichwohl darin, dass die erteilte Ausnahmegenehmigung für ihn nur den Wert einer Auskunft gehabt und er sie auch gar nicht in Anspruch genommen habe; beide Einwände sind im vorliegenden Zusammenhang unerheblich.
33 
Die Beklagte hat mit der umstrittenen Gebührenforderung auch nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen hat. Dieser verbietet es, wesentlich Gleiches willkürlich und ohne sachlichen Grund ungleich sowie wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.03.1995 - 2 S 1595/93 - NVwZ 1995, 1029). In diesem Zusammenhang wendet der Kläger ein, dass die Beklagte für die ihm erteilte Ausnahmegenehmigung zum Aufstellen eines einzigen Informationsstandes mit einer Größe von 1 m² an einem einzigen Tag (nur am 16.03.2001) mit 55,-- DM die gleiche Verwaltungsgebühr verlangt habe wie - beispielsweise - von der SPD, der mit Bescheid vom 31.01.2001 ohne Beschränkung auf einen einzigen Tag die Ausnahmegenehmigung zur Errichtung von Informationsständen mit einer Größe von maximal 2 m x 2 m an insgesamt 13 Standorten (davon 8 in der Fußgängerzone) erteilt worden sei. Hierzu hat die Beklagte plausibel dargelegt, dass sich auf der Grundlage des erstellten Gesamtkonzepts (Übersichtsplan und Belegungsplan) der Zeitaufwand für die Bearbeitung eines Antrags zur Aufstellung von Informationsständen an verschiedenen Standorten und an mehreren Tagen nur geringfügig und damit in vernachlässigbarer Weise erhöhe. Der Verwaltungsaufwand fiel - wie bereits dargelegt - primär für die Ausarbeitung des Konzepts, für die Erstellung und Ausfertigung des Bescheids sowie für das Verfahren zur Sicherstellung der Kontrolle durch den gemeindlichen Vollzugsdienst an. Der Aufwand für die Kontrolle vor Ort, der bei mehreren Standorten und/oder an mehreren Tagen in entsprechend erhöhtem Umfang anfällt, wurde nicht einbezogen. Auch vom Kläger wäre nur der „Sockelbetrag“ in Höhe von 55,-- DM erhoben worden, wenn er - für die von ihm vertretene Gruppierung - die Genehmigung zum Aufstellen von Informationsständen an verschiedenen Standorten und/oder an mehreren Tagen beantragt hätte. Dass ihn die Entrichtung der (einheitlich) festgesetzten, am Verwaltungsaufwand orientierten Gebühr härter treffe als eine größere Gruppierung oder eine etablierte Partei, kann der Kläger gegen die Gebührenforderung nicht einwenden.
34 
II. Den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 05.07.2001, einschließlich der festgesetzten Widerspruchsgebühr in Höhe von 240,-- DM, hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht aufgehoben. Denn das Regierungspräsidium war zur Entscheidung über den Widerspruch nicht zuständig.
35 
1. Der Kläger hat im Verfahren gegen die Beklagte (§ 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), die den angefochtenen Gebührenbescheid vom 15.03.2001 erlassen hat, neben diesem Ausgangsbescheid (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) zulässigerweise auch den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 05.07.2001 zum selbständigen Anfechtungsgegenstand gemacht (vgl. hierzu BVerwG, Urt. 25.08.1982 - 8 C 50.80 - Buchholz 310 § 79 VwGO Nr. 18 sowie Senatsurt. v. 17.08.1995 - 5 S 71/95 - NVwZ-RR 1996, 61 = DVBl. 1996, 65). Der Kläger hat eigenständig - wenn auch Anfangs mit unzutreffenden Erwägungen - die Zuständigkeit des Regierungspräsidiums zur Entscheidung über den von ihm gegen den Gebührenbescheid der Beklagten vom 15.03.2001 eingelegten Widerspruch und damit die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift (§ 79 Abs. 2 Satz 2 VwGO) gerügt und sich vor allem gesondert auch gegen die festgesetzte Widerspruchsgebühr in Höhe von 240,-- DM zur Wehr gesetzt (zu diesem Aspekt vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.03.1991 - A 14 S 2616/90 - KStZ 1991, 110 sowie Beschluss vom 28.01.1991 - 2 S 2384/90 - VBlBW 1991, 344).
36 
2. Das Regierungspräsidium Karlsruhe war zur Entscheidung über den Widerspruch des Klägers gegen den Gebührenbescheid der Beklagen vom 15.03.2001 nicht zuständig.
37 
Nach § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO entscheidet über den Widerspruch die nächsthöhere Behörde, soweit nicht durch Gesetz eine andere höhere Behörde bestimmt ist. Allerdings entscheidet in Selbstverwaltungsangelegenheiten gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO die Selbstverwaltungsbehörde, vorbehaltlich einer anderweitigen gesetzlichen Regelung. Die Beklagte hält die erstgenannte Regelung für einschlägig, da sie bei der Erteilung der verkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 8 StVO als - Bundesrecht ausführende - untere Verwaltungsbehörde gehandelt habe (§ 44 Abs. 1 StVO, § 13 Abs. 1 Nr. 2 LVG), was auch die Erhebung der Verwaltungsgebühr erfasse, die (demnach) nicht auf einer kommunalen Satzung beruhe; eine - wie erforderlich - einheitliche Gebührenerhebungspraxis sei auch nur gewährleistet, wenn insoweit der staatlichen Aufsichtsbehörde die Möglichkeit der Überprüfung im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens eröffnet sei. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Vielmehr handelt es sich (auch) bei der Gebührenerhebung für eine Amtshandlung, welche die Beklagte (Stadtkreis) - wie vorliegend - als untere staatliche Verwaltungsbehörde vorgenommen hat, um eine Selbstverwaltungsangelegenheit i. S. des § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO (so auch Hess. VGH, Urt. v. 15.12.1966 - OS V 50/66 - ESVGH 17, 235 sowie Dolde, in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, RdNr. 14 zu § 73, Redeker/von Oertzen, VwGO, 13. Aufl., RdNr. 2 zu § 73 u. Pietzner/Ronellenfitsch, Das Assessorexamen im Öffentlichen Recht, 10. Aufl., § 37 RdNr. 14).
38 
Ausgangspunkt für diese rechtliche Einordnung ist die Eigenständigkeit der Gebührenfestsetzung gegenüber der zugrunde liegenden Amtshandlung, vorbehaltlich der unter I. erörterten „Akzessorietät“ zur Sachentscheidung im Hinblick auf deren Wirksamkeit (bzw. Rechtmäßigkeit). Im vorliegenden Zusammenhang kommt es darauf an, ob das materielle Recht zugunsten der Beklagten einen eingriffsgeschützten Anspruch auf die erhobene Verwaltungsgebühr begründet. Das ist nach Auffassung des Senats der Fall. Der Anspruch der Beklagten auf die nach den genannten gebührenrechtlichen Tatbeständen erhobene Verwaltungsgebühr folgt aus § 3 Abs. 1 GebOSt, § 12 VwKostG, wonach Kostengläubiger der Rechtsträger ist, dessen Stelle (Behörde) die kostenpflichtige Amtshandlung vornimmt. Das ist hier die Beklagte als Gemeinde (Stadtkreis), für deren Verwaltungstätigkeit die umstrittene Gebühr erhoben worden ist (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 VwKostG). Wie bereits dargelegt, wird damit der Verwaltungsaufwand abgedeckt, welcher der Beklagten in personeller und sachlicher Hinsicht aus Anlass der vom Kläger beantragten Amtshandlung entstanden ist. Auch soweit die Beklagte dabei die Funktion einer unteren staatlichen Verwaltungsbehörde wahrgenommen hat, obliegt es allein ihrer Personal- und Organisationshoheit, die dafür notwendigen personellen und sachlichen Voraussetzungen zu schaffen. Bei den Verwaltungsgebühren handelt es sich auch um eine wesentliche Einnahmequelle der Beklagten für ihren kommunalen Haushalt. Dass ihr (auch) die Einnahmen zufließen, die aus der Gebührenerhebung für Amtshandlungen im staatlichen (übertragenen) Verwaltungsbereich resultieren, hat die Beklagte selbst eingeräumt (vgl. Schrifts. v. 15.02.2005). Die etwaige Herabsetzung oder vollständige Aufhebung einer Gebührenforderung bedeutete für die Beklagte einen unmittelbaren Einnahmeausfall und berührt damit unmittelbar ihre Finanzhoheit (Abgabenhoheit) als Bestandteil des kommunalen Selbstverwaltungsrechts nach Art. 28 Abs. 2 GG (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.01.2001 - 8 B 258.00 - NVwZ-RR 2001, 326 = DVBl. 2001, 918). Der Vertreter der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung selbst auf den in § 78 GemO verankerten Grundsatz der Einnahmebeschaffung hingewiesen, wozu nach Abs. 1 der Regelung auch die Erhebung von Abgaben nach den gesetzlichen Vorschriften gehört. Dass Rechtsgrundlage für die vorliegend festgesetzte Verwaltungsgebühr nicht das Kommunalabgabengesetz in Verbindung mit der Gebührensatzung der Beklagten, sondern die genannte bundesrechtliche Regelung ist, steht der vorgenommenen Zuordnung der Gebühr zum Selbstverwaltungsbereich der Beklagten nicht entgegen. Die - verfahrensrechtlich unbefriedigende - Konsequenz einer Aufsplitterung der Zuständigkeit für den Widerspruch gegen die Amtshandlung einerseits und gegen die festgesetzte Verwaltungsgebühr andererseits ist als Folge der materiellen Rechtslage hinzunehmen, kann jedoch verwaltungstechnisch gemildert bzw. bewältigt werden durch ein Zuwarten der Selbstverwaltungsbehörde mit der Entscheidung über den Widerspruch gegen die Gebührenforderung, bis die nächsthöhere Behörde über den Widerspruch gegen die zugrunde liegende Amtshandlung entschieden hat (vgl. auch Pietzner/Ronellenfitsch, a.a.O., RdNr. 14).
39 
Das Gesetz zur Neuregelung des Gebührenrechts vom 14.12.2004 (GBl. S. 895) steht der dargestellten Sichtweise des Senats nicht entgegen. § 4 Abs. 3 LGebG - i. d. F. von Art. 1 des Neuregelungsgesetzes - bestimmt, dass die Landratsämter, Verwaltungsgemeinschaften und Gemeinden für ihren Bereich, sofern sie Aufgaben der unteren Verwaltungsbehörde im Sinne des Landesverwaltungsgesetzes oder Aufgaben der unteren Baurechtsbehörde im Sinne der Landesbauordnung wahrnehmen, die gebührenpflichtigen Tatbestände und die Höhe der Gebühren festsetzen; die Landratsämter treffen die Festsetzungen durch Rechtsverordnung, die Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften durch Satzung (S. 1); für die Festsetzung und Erhebung der Gebühren und Auslagen gilt für die Landratsämter dieses Gesetz, für die Verwaltungsgemeinschaften und Gemeinden das Kommunalabgabengesetz (S. 3). Nach der Begründung (LT-Drucks. 13/3477 S. 24) setzen die sachnäheren Behörden wie Landratsämter, Stadtkreise, Große Kreisstädte, Verwaltungsgemeinschaften und Gemeinden erstmals - in eigener Zuständigkeit und Verantwortlichkeit - die gebührenpflichtigen Tatbestände, die Gebührensätze sowie Gebührenerleichterungen fest (obligatorische dezentrale Gebührenfestsetzung). Das Gesetz gilt jedoch nicht für die Erhebung und Festsetzung von Gebühren, die - wie vorliegend - bundesgesetzlich geregelt sind (vgl. LT-Drucks. a.a.O. S. 37). Begründet wird die obligatorische dezentrale Festsetzung der Gebührentatbestände wie auch der Höhe mit dem Bedürfnis nach Verwaltungsvereinfachung durch Aufgabenverlagerung sowie mit der Notwendigkeit, der Vielgestaltigkeit des Gebührenrechts angemessen Rechnung zu tragen; Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften bemessen die Höhe der Gebühr aus Vereinfachungsgründen nach dem Kommunalabgabengesetz, sie wenden damit nur noch ein Gebührenrecht an; dass danach zur Umsetzung der Dezentralisierung der Gebührenfestsetzung zusätzliche - in der Regel auf ihren kommunalen Wirkungskreis begrenzte - Regelungen erforderlich sind, wird in Kauf genommen; mit der Aufgabenverlagerung wird - neben der Stärkung der Kommunen - auch eine Verwaltungsvereinfachung angestrebt, da künftig die sachnähere Behörde die Gebühren selbst festsetzen kann (vgl. LT-Drucks. a.a.O. S. 28 f. u. S. 43). Dass mit der Einführung der obligatorischen dezentralen Gebührenfestsetzung erstmals auch eine materielle Neuzuweisung dieser Verwaltungsgebühren zum kommunalen Selbstverwaltungsbereich bewirkt worden wäre, lässt sich der Neuregelung nicht entnehmen.
40 
Mangels Zuständigkeit für den Erlass des Widerspruchsbescheids selbst war das Regierungspräsidium Karlsruhe auch nicht zuständig für die Festsetzung der Verwaltungsgebühr (Widerspruchsgebühr) in Höhe von 240,-- DM als einer eigenständigen, den Kläger belastenden Gebührenforderung.
41 
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
42 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Sonstige Literatur

 
43 
Rechtsmittelbelehrung
44 
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
45 
Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen.
46 
Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
47 
In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
48 
Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
49 
Beschluss
50 
Der Streitwert des Verfahrens wird gemäß § 13 Abs. 2 GKG a. F. i.V.m. § 5 ZPO analog auf 150,83 EUR festgesetzt.
51 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 16. Februar 2010 - 6 K 4127/09 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über die Genehmigungsfähigkeit einer Nutzungsänderung auf dem Baugrundstück Flst.Nr. ... der Gemarkung Giengen an der Brenz vor Inkrafttreten einer Veränderungssperre.
Das am Ostrand der Giengener Kernstadt gelegene Baugrundstück ist mit Gebäudekomplex "..." ...... und einem Parkhaus bebaut. Seine Errichtung geht auf den Bebauungsplan "Ehemalige Filzfabriken" von 1979 zurück, der für das Baugrundstück ein Sondergebiet für ein Einkaufszentrum sowie Gemeinbedarfsflächen festsetzte. Mit dem Änderungsbebauungsplan "Ehemalige Filzfabriken, 1. Änderung“ vom 25.01.1996 wurde für die Gemeinbedarfsflächen ebenfalls ein "Sondergebiet für zentralen Einkauf und Wohnen" (SO 2) und für das Baugrundstück ein "Sondergebiet für zentralen Einkauf" (SO 1) festgesetzt. Danach sind im SO 1 "Einkaufszentren, großflächige Handelsbetriebe, Dienstleistungsbetriebe" und im SO 2 "Einkaufszentren, großflächige Handelsbetriebe, Dienstleistungsbetriebe, Betriebe des Beherbergungsgewerbes, Wohnen" zulässig.
Im September 2008 stellten die Firma ......GmbH in Ulm ..., eine weitere Firma sowie die Klägerin Bauanträge für Spielhallen im "...". Die Beklagte bewertete die Vorhaben als eine einheitliche kerngebietstypische Spielhalle, die im SO 1 unzulässig sei. Daraufhin nahmen die Klägerin sowie die weitere Firma ihre Anträge zurück. Die Firma ... erhielt auf ihren modifizierten Bauantrag am 16.12.2008 eine Baugenehmigung zur Nutzungsänderung von Räumen im Erdgeschoss des "..." für eine Spielhalle mit acht Geldspielgeräten sowie ein angrenzendes Café mit drei Geldspielgeräten.
Mit Schreiben vom 15.07.2009, eingegangen am 22.07.2009, reichte die Firma ... einen neuen Bauantrag der Klägerin vom 06.07.2009 zur Nutzungsänderung des Cafés in ein “Freizeit- und Eventcenter (Spielothek)“ mit acht Geldspielgeräten mit der Erläuterung ein, ihre vorhandene Spielhalle sei nicht konkurrenzfähig. In einer Bauzeichnung der Bauvorlagen ist in der Wand zur vorhandenen Spielhalle eine Tür eingezeichnet.
Das Baurechtsamt der Beklagten teilte der Klägerin mit Schreiben vom 19.08.2009 mit, es beabsichtige, den Bauantrag abzulehnen, weil die geplante Spielhalle kerngebietstypisch sei. Sie bilde mit der vorhandenen eine betriebliche Einheit. Die Aufsichtsflächen seien nur durch eine Tür voneinander getrennt. Es sei daher zu vermuten, dass das Personal für beide Spielhallen zuständig sei. Es werde um Mitteilung bis zum 15.09.2009 gebeten, ob die Klägerin den Antrag zurücknehme oder dessen Ablehnung wünsche. Mit Schreiben vom 31.08.2009, eingegangen am 01.09.2009, legte die Klägerin dar, beide Spielhallen seien baulich und organisatorisch getrennt. Die Tür zwischen den Aufsichtsflächen werde verschlossen gehalten. Das könne durch Nebenbestimmung zur Baugenehmigung gesichert werden. Sie diene nur im äußersten Notfall dazu, dass das Personal eines Betriebes demjenigen im anderen Betrieb schnell zu Hilfe kommen könne, ohne die Betriebsräume verlassen zu müssen. Die Klägerin betreibe selbst Spielhallen und sei mit der Firma ... nicht identisch. Es werde um einen Bescheid gebeten.
Mit Schreiben an die Klägerin vom 16.09.2009 bestätigte das Baurechtsamt die Vollständigkeit der Bauvorlagen und gab als Datum der voraussichtlichen Entscheidung den 30.10.2009 an. Mit weiteren Schreiben vom selben Tag bat es die Ordnungsverwaltung bei der Beklagten und die Gewerbeaufsicht beim Landratsamt um Äußerung bis zum 30.09. bzw. 16.10.2009. Am 01.10.2009 ging die Äußerung der Ordnungsverwaltung ein, diejenige des Landratsamts folgte am 09.10.2009 als E-Mail und am 13.10.2009 per Post. Beide Stellen hatten keine Bedenken gegen das Vorhaben, das Landratsamt bat um Aufnahme von Nebenbestimmungen in die Baugenehmigung.
Am 22.10.2009 beschloss der Gemeinderat der Beklagten die Aufstellung eines Änderungsbebauungsplans, um zur Erhaltung und Weiterentwicklung der Einzelhandelsstruktur im Plangebiet die zulässigen Nutzungsarten neu zu definieren und Vergnügungsstätten auszuschließen. Ferner beschloss er eine Satzung über eine Veränderungssperre für das Gebiet des zu ändernden Bebauungsplans, die mit ihrer ortsüblichen Bekanntmachung am 06.11.2009 in Kraft trat. Ende September 2011 beschloss er eine Satzung zur Verlängerung der Veränderungssperre um ein Jahr, die mit ihrer ortsüblichen Bekanntmachung am 21.10.2011 in Kraft trat.
Bereits am 05.11.2009 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben mit dem Antrag, die Beklagte zur Erteilung der begehrten Baugenehmigung zu verpflichten. Die Klage wurde der Beklagten am 10.11.2009 zugestellt. Mit Bescheid vom selben Tag lehnte sie den Bauantrag wegen Verstoßes gegen die Satzung über die Veränderungssperre ab; eine Ausnahme nach § 14 Abs. 2 BauGB scheide aus. Über den Widerspruch der Klägerin ist noch nicht entschieden. In der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts hat die Klägerin nur noch die Feststellung beantragt, dass die Beklagte vor Inkrafttreten der Veränderungssperre zur Erteilung einer Baugenehmigung gemäß ihrem Bauantrag vom 06.07.2009 verpflichtet gewesen sei. Sie wolle Schadensersatzansprüche wegen Amtspflichtverletzung geltend machen. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Mit Urteil vom 16.02.2010 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die Klage sei unzulässig. Der Feststellungsantrag sei zwar statthaft, da sich das Verpflichtungsbegehren mit Inkrafttreten der Veränderungssperre erledigt habe. Er sei gleichwohl unzulässig, weil die Verpflichtungsklage unzulässig gewesen sei und weil die Klägerin kein berechtigtes Feststellungsinteresse habe. Die Untätigkeitsklage sei unzulässig gewesen, weil die Beklagte einen zureichenden Grund für ihre Untätigkeit gehabt habe. Denn die ihr nach der Landesbauordnung eingeräumte zweimonatige Entscheidungsfrist sei bei Inkrafttreten der Veränderungssperre noch nicht abgelaufen gewesen. Diese Frist habe erst mit Eingang der Stellungnahme des Landratsamtes am 13.10.2009 zu laufen begonnen. Die Beklagte habe die Entscheidungsfrist ausschöpfen dürfen. Das sei ein besonderer Umstand i. S. des § 75 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO. Die Beklagte sei auch nicht zu einer früheren Anhörung der Behörden verpflichtet gewesen. Zwar verlange die Landesbauordnung die unverzügliche Einleitung der Anhörung nach vollständigem Eingang des Bauantrags und der Bauvorlagen. Dies bedeute ohne schuldhaftes Zögern. Es sei der Behörde aber nicht verwehrt, den Bauherrn zunächst auf rechtliche Bedenken hinzuweisen. Denn ziehe dieser den Bauantrag zurück, könnten Kosten gespart werden, was seinem Interesse diene. Bestehe er auf einer Entscheidung, könne es sachgerecht sein, das Verfahren nun zu betreiben. Zwar dürfe die Behörde es dann nicht mutwillig verzögern. Auch könne sie gehalten sein, die Verzögerung auszugleichen. Die Beklagte habe das Verfahren aber nicht mutwillig verzögert. Zwar habe sie erst am 16.09.2009 mit der Anhörung begonnen. Sie habe den beteiligten Stellen aber eine relativ knappe Frist von einem Monat gesetzt und das Verfahren zügig betrieben. Das Feststellungsinteresse fehle wegen der verfrühten Untätigkeitsklage ebenfalls. Die Klägerin hätte nach Inkrafttreten der Veränderungssperre und Ablehnung des Bauantrags beim Zivilgericht Schadensersatzklage erheben können. Die Klage sei aber auch unbegründet. Die Beklagte sei bei Inkrafttreten der Veränderungssperre mangels Ablaufs der Entscheidungsfrist nicht zur Erteilung einer Baugenehmigung verpflichtet gewesen. Darauf, ob der Bauantrag damals genehmigungsfähig gewesen sei, komme es daher nicht an.
10 
Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung legt die Klägerin im Wesentlichen dar: Sie habe nach Ablauf der dreimonatigen Sperrfrist zulässig Untätigkeitsklage erhoben. Das Vorliegen eines zureichenden Grundes i. S. des § 75 Satz 3 VwGO ändere daran nichts. Die Klage sei mit dem Feststellungsantrag auch begründet. Die Entscheidungsfrist sei bei Klageerhebung abgelaufen gewesen. Diese Frist habe mit Eingang des vollständigen Bauantrags am 22.07.2009 zu laufen begonnen. Die Beklagte habe gerade wegen der vorangegangenen Genehmigungsverfahren der Klägerin und ihrer "Schwestergesellschaften" sofort mit der Bearbeitung begonnen. Ihr Schreiben vom 19.08.2009 fordere nicht zur Ergänzung oder Änderung unvollständiger Bauvorlagen auf, sondern interpretiere nur den Bauantrag falsch. Die Entscheidungsfrist sei daher am 22.09.2009 abgelaufen. Bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre sei ihr Vorhaben genehmigungsfähig gewesen.
11 
Die Klägerin beantragt,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 16.02.2010 - 6 K 4127/09 - zu ändern und festzustellen, dass die Unterlassung der Beklagten, der Klägerin eine Baugenehmigung gemäß ihrem Bauantrag vom 06.07.2009 zu erteilen, vor dem 06.11.2009 rechtswidrig gewesen ist.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Sie erwidert: Die dreimonatige Sperrfrist nach § 75 VwGO habe erst mit Eingang des Schreibens der Klägerin vom 31.08.2009 zu laufen begonnen. Jedenfalls sei die weitere Zulässigkeitsvoraussetzung nach § 75 Satz 2 VwGO nicht erfüllt gewesen, weil über den Bauantrag mit zureichendem Grund noch nicht entschieden worden sei. Dieser Grund liege darin, dass die Entscheidungsfrist nach der Landesbauordnung selbst bei früherer Einleitung der Anhörung frühestens am 12.11.2009 geendet hätte. Die Anhörung müsse erst nach Ablauf einer Frist von zehn Arbeitstagen zur Prüfung des Bauantrags und der Bauvorlagen auf Vollständigkeit unverzüglich eingeleitet werden. Dafür stünden weitere drei bis fünf Arbeitstage zur Verfügung. Demzufolge hätte die Anhörung frühestens 15 Arbeitstage nach dem 22.07.2009, also am 12.08.2009 eingeleitet sein müssen. Bei einer angemessenen einmonatigen Anhörungsfrist hätte die zweimonatige Entscheidungsfrist danach frühestens am 12.09.2009 begonnen. Abgesehen davon sei der Bauantrag erst mit Eingang des Schreibens der Klägerin vom 31.08.2009 vollständig gewesen. Der Feststellungsantrag sei auch unbegründet. Das Vorhaben sei auch vor Inkrafttreten der Veränderungssperre nicht genehmigungsfähig gewesen.
16 
Wegen Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die dem Senat vorliegenden Bau- und Bebauungsplanakten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
A.
17 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klage ist zwar entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts zulässig (I.). Sie ist jedoch unbegründet. Der Senat kann die begehrte Feststellung nicht treffen. Denn die Unterlassung der Beklagten, der Klägerin eine Baugenehmigung gemäß ihrem Bauantrag vom 06.07.2009 zu erteilen, ist vor dem 06.11.2009 nicht rechtswidrig gewesen, wobei sich dies noch nach der Landesbauordnung vom 08.08.1995 (GBl. S. 617) vor Inkrafttreten des Änderungsgesetzes vom 10.11.2009 (GBl. S. 615) beurteilt - LBO a.F. - (II.).
I.
18 
Die zunächst mit einem Verpflichtungsbegehren erhobene und später nur noch mit einem Feststellungsantrag fortgesetzte Klage ist entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft und auch sonst zulässig.
19 
Hat sich ein angefochtener Verwaltungsakt nach Klageerhebung durch Zurücknahme oder anders erledigt, spricht das Gericht nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Ein solcher Feststellungsantrag ist in entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO auch bei Erledigung eines Verpflichtungsbegehrens statthaft (BVerwG, Urteil vom 06.09.1962 - VIII C 78.60 - NJW 1963, 553, seither st. Rspr.), und zwar auch dann, wenn - wie hier - das Verpflichtungsbegehren als Untätigkeitsklage erhoben worden ist (BVerwG, Urteil vom 27.03.1998 - 4 C 14.96 - BVerwGE 106, 295). Der Übergang zum Feststellungsantrag ist, soweit der Klagegrund unverändert bleibt, nicht als Klageänderung anzusehen (§ 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 3 ZPO; BVerwG, Urteil vom 22.05.1987 - 4 C 77.84 - NVwZ 1987, 1074, juris Rn. 13). Der Feststellungsantrag ist aber nur zulässig, wenn die ursprüngliche Verpflichtungsklage zulässig gewesen ist, nach Rechtshängigkeit ein erledigendes Ereignis eingetreten ist, ein klärungsfähiges Rechtsverhältnis besteht und der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat (BVerwG, Urteil vom 28.04.1999 - 4 C 4.98 - BVerwGE 109, 74 und Senatsurteil vom 22.03.2010 - 8 S 3293/08 - DVBl. 2010, 717 jeweils m.w.N., st. Rspr.). Alle vier Voraussetzungen sind erfüllt.
20 
1. Die ursprüngliche Verpflichtungsklage war ohne vorherigen Erlass einer Entscheidung der Beklagten über den Bauantrag der Klägerin nach Ablauf der dreimonatigen Sperrfrist gemäß § 75 Satz 2 VwGO zulässig. Die Sperrfrist begann mit dem Eingang des Bauantrags bei der Beklagten am 22.07.2009 und endete am 22.10.2009 und damit vor dem Eingang der Klage beim Verwaltungsgericht am 05.11.2009.
21 
Anhaltspunkte dafür, dass der Bauantrag die für den Beginn der Sperrfrist erforderlichen Angaben und Unterlagen nicht enthielt, die die Baurechtsbehörde für eine Sachentscheidung über einen Bauantrag benötigt und wie sie § 52 LBO a.F. und die nach § 73 LBO a.F. erlassene Verfahrensordnung zur Landesbauordnung (LBOVVO a.F.) konkretisierten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.02.2003 - 5 S 1279/01 - BauR 2003, 1345, juris Rn. 24), sind nicht ersichtlich. Die Beklagte hat insbesondere nicht i. S. des § 54 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F. auf eine Unvollständigkeit oder sonstige erhebliche Mängel des Bauantrags oder der Bauvorlagen hingewiesen. Mit ihrem Schreiben an die Klägerin vom 19.08.2009 hat sie vielmehr auf die ihrer Ansicht nach mangelnde Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens hingewiesen und die Ablehnung des Bauantrags in der Sache angekündigt. Der Einwand der Beklagten in der Berufungsverhandlung, ungeachtet dieser Verfahrensweise seien Bauantrag und Bauvorlagen i. S. des § 54 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F. objektiv mangelhaft gewesen, geht fehl. Die Beklagte meint, wegen der im Grundriss des Erdgeschosses in der Wand zur vorhandenen Spielhalle eingezeichneten Tür zwischen beiden Spielhallen sei unter Berücksichtigung der früheren Genehmigungsverfahren sowie der Einreichung des neuen Bauantrags der Klägerin durch die Firma ... ohne ergänzende Angaben unklar gewesen, ob eine neue Spielhalle als selbständiges Vorhaben der Klägerin oder ob eine Erweiterung der vorhandenen Spielhalle der Firma ... Gegenstand des Bauantrags sei. Das trifft nicht zu. Bauantrag und Bauvorlagen waren in dieser Hinsicht von vornherein hinreichend klar und bestimmt. Sowohl im Bauantrag als auch in der ihm beigefügten Baubeschreibung werden als "Bauherr" allein die Klägerin angegeben und als "Bauvorhaben" nur die "Nutzungsänderung eines Cafés in ein Freizeit- und Eventcenter" bezeichnet, nicht aber die Erweiterung der vorhandenen Spielhalle. Ebenso eindeutig sind die entsprechenden Angaben in der "Beschreibung der Betriebsstätte" (Anlage zur Baubeschreibung). Die verfahrensrechtliche Vorgeschichte sowie die Tatsachen, dass der Bauantrag von einer "Schwestergesellschaft" der Klägerin als Inhaberin der angrenzenden Spielhalle unter Hinweis auf deren unzureichende Wirtschaftlichkeit eingereicht wurde und dass in der Bauvorlage zwischen beiden Spielhallen eine Tür eingezeichnet ist, konnten nach der Rechtsansicht der Beklagten vielleicht Zweifel an der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens begründen (vgl. das Schreiben der Beklagten an die Klägerin vom 19.08.2009). Sie ließen aber keinen Zweifel daran zu, dass sich Bauantrag und Bauvorlagen allein auf ein neues selbständiges Vorhaben der Klägerin bezogen und nur ein solches Vorhaben zur Genehmigung gestellt sein sollte.
22 
Ob die Beklagte nach Eingang des vollständigen Bauantrags einen zureichenden Grund für ihre Untätigkeit hatte, ist für die Zulässigkeit der nach Ablauf der dreimonatigen Sperrfrist erhobenen Untätigkeitsklage unerheblich (BVerwG, Urteil vom 23.03.1973 - IV C 2.71 - BVerwGE 42, 108 <112>, juris Rn. 25 ff.). Bei Vorliegen eines zureichenden Grundes hat vielmehr das Gericht gemäß § 75 Satz 3 VwGO der Verwaltungsbehörde eine Frist zur Entscheidung über den beantragten Verwaltungsakt zu setzen (BVerwG, Urteil vom 22.05.1987 - 4 C 30.86 - NVwZ 1987, 969, juris Rn. 12), was hier aber nach Erlass des Ablehnungsbescheids der Beklagten vom 10.11.2009 nicht mehr in Betracht kam. Aus dem Urteil des 5. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 27.02.2003 (a.a.O.) folgt entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nichts Anderes. Soweit darin die zweimonatige Entscheidungsfrist nach § 54 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO a.F. als "besonderer Umstand" i. S. des § 75 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO erwogen wird (a.a.O., juris Rn. 27), betrifft das nur eine mögliche Verkürzung der gesetzlichen Sperrfrist von drei Monaten. Eine Verlängerung dieser Sperrfrist wegen eines "besonderen Umstands" sieht § 75 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO gerade nicht vor.
23 
2. Es ist auch nach Rechtshängigkeit ein erledigendes Ereignis eingetreten.
24 
Ein Verpflichtungsbegehren ist i. S. des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erledigt, wenn es nach Klageerhebung aus dem Kläger nicht zurechenbaren Gründen unzulässig oder unbegründet wurde, insbesondere aufgrund einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage (BVerwG, Urteil vom 30.06.2011 - 4 C 10.10 - NVwZ 2012, 51 m.w.N.). Bei einer Rechtsänderung ist aber nicht erforderlich, dass sich das Verpflichtungsbegehren auch im strengen Sinne des Wortes "erledigt" hat. Denn diese Tatsache ändert nichts an der grundlegenden Wendung, die das Verfahren infolge der Rechtsänderung nimmt und die Interessenlage kennzeichnet, welche die entsprechende Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 rechtfertigt (BVerwG, Urteil vom 24.10.1980 - 4 C 3.78 - BVerwGE 61, 128 <135>). Das Inkrafttreten einer Satzung über eine Veränderungssperre (§ 14 BauGB) ist eine Rechtsänderung, die wegen der materiell-rechtlichen Wirkung der Veränderungssperre (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BauGB) zum Erlöschen eines Baugenehmigungsanspruchs (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.1971 - 4 C 32.69 - BRS 24 Nr. 148 S. 221 <224>, juris Rn. 33) und damit auch zur Erledigung eines Verpflichtungsbegehrens i. S. einer grundlegenden Wendung des Verfahrens führen kann. Voraussetzung ist allerdings, dass die Satzung rechtswirksam ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.02.2003, a.a.O, juris Rn. 20).
25 
Ausgehend davon hat sich der mit der Klage behauptete Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung gemäß den Festsetzungen des Bebauungsplans "Ehemalige Filzfabriken, 1. Änderung“ der Beklagten vom 25.01.1996 nach Rechtshängigkeit aus der Klägerin nicht zurechenbaren Gründen mit Inkrafttreten der Satzung über eine Veränderungssperre für das Plangebiet vom 22.10.2009 am 06.11.2009 erledigt. Denn nach § 2 Abs. 1 dieser Satzung dürfen Vorhaben i. S. des § 29 BauGB nicht mehr durchgeführt werden. Die Nutzungsänderung einer baulichen Anlage ist ein solches Vorhaben (§ 29 Abs. 1 BauGB). Anhaltspunkte für die Unwirksamkeit dieser Satzung oder für einen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme von der Veränderungssperre nach § 14 Abs. 2 BauGB sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Die Erledigung ist auch nach Rechtshängigkeit eingetreten. Denn die Rechtshängigkeit beginnt bereits mit der Erhebung der Klage (§ 90 VwGO). Das war der 05.11.2009 und damit einen Tag vor Eintritt des erledigenden Ereignisses. Auf den späteren Zeitpunkt der Zustellung der Klage beim Beklagten (10.11.2009) kommt es nicht an.
26 
3. Schließlich sind auch die beiden weiteren Voraussetzungen erfüllt. Für den Feststellungsantrag liegt ein klärungsfähiges Rechtsverhältnis vor (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.04.1999, a.a.O., juris Rn. 14 m.w.N.). Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Zur Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses ist die gewählte Klageform geeignet. Dass im Streitfall eine derartige Klage von vornherein als aussichtslos zu gelten hätte, lässt sich nicht sagen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.04.1999, a.a.O., juris Rn. 14 m.w.N.). Das Feststellungsinteresse ist auch nicht etwa wegen "verfrühter" Klageerhebung unberechtigt. Denn die Klage war aus den oben dargelegten Gründen ohne vorangehende Entscheidung über der Bauantrag als Untätigkeitsklage zulässig. Die vom Verwaltungsgericht zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Nichtvorliegen eines berechtigten Interesses wegen der Absicht eines Amtshaftungsprozesses bei Erledigung vor Klageerhebung (Urteil vom 20.01.1981 - 8 C 30.87 - BVerwGE 81, 226 und Beschluss vom 09.05.1989 - 1 B 166.88 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 202) ist nicht einschlägig, weil das erledigende Ereignis erst nach Klageerhebung eingetreten ist. Dass dies lediglich einen Tag nach Klageerhebung und damit zu einem Zeitpunkt war, als das Klageverfahren gerade erst begonnen hatte, ist unerheblich. Für das mit der Absicht eines Amtshaftungsprozesses begründete berechtigte Feststellungsinteresse genügt es, dass die Klägerin ihre auf Erteilung der Baugenehmigung gerichtete Verpflichtungsklage vor Inkrafttreten der Veränderungssperre erhoben und damit das Verfahren gemäß § 75 VwGO in zulässiger Weise begonnen hatte (BVerwG, Urteil vom 27.03.1998, a.a.O., juris Rn. 18).
II.
27 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Unterlassung der Beklagten, der Klägerin eine Baugenehmigung gemäß ihrem Bauantrag vom 06.07.2009 zu erteilen, ist vor dem 06.11.2009 nicht rechtswidrig gewesen. Die Beklagte war damals schon deshalb nicht zur Erteilung der Baugenehmigung verpflichtet, weil die in der Landesbauordnung bestimmte Frist zur Entscheidung über den Bauantrag, welche die Baurechtsbehörde voll ausschöpfen darf, zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war. Ob das Vorhaben genehmigungsfähig war, kann der Senat daher offen lassen.
28 
1. Die Baurechtsbehörde ist vor Ablauf der Entscheidungsfrist nach § 54 Abs. 4 LBO a.F. (jetzt § 54 Abs. 5 LBO) nicht zur Erteilung einer Baugenehmigung verpflichtet. Der Landesgesetzgeber hat mit der am 01.01.1996 in Kraft getretenen Fristenregelung in § 54 LBO im Interesse sowohl des Bauherrn als auch der Baurechtsbehörde an einer einfachen, zweckmäßigen und zügigen Durchführung des Baugenehmigungsverfahrens (vgl. § 10 Satz 2 LVwVfG; LT-Drs. 11/5337, S. 115) die Höchstdauer für eine formell ordnungsgemäße Bearbeitung des Bauantrags und eine sachgerechte Entscheidung darüber normativ konkretisiert. Die formell ordnungsgemäße Bearbeitung umfasst die Prüfung des Bauantrags und der Bauvorlagen auf Vollständigkeit innerhalb von zehn Arbeitstagen mit einer eventuell anschließenden individuellen Frist zur Mängelbeseitigung (§ 54 Abs. 1 LBO a.F.), die Mitteilung an den Bauherrn über Eingang des Bauantrags und voraussichtlichen Entscheidungszeitpunkt (§ 54 Abs. 2 Nr. 1 LBO a.F.) sowie eine bis zu zwei Monate, ausnahmsweise auch einen Monat länger dauernde Anhörung der Gemeinde und berührter Stellen (§ 54 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 und Abs. 5 LBO a.F.). Daran schließt sich eine Entscheidungsfrist von einem Monat bei Wohngebäuden, zugehörigen Stellplätzen, Garagen und Nebenanlagen (§ 14 BauNVO) oder von zwei Monaten bei sonstigen Vorhaben an (§ 54 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 LBO a.F.). Die Entscheidungsfrist beginnt, sobald die vollständigen Bauvorlagen und alle für die Entscheidung notwendigen Stellungnahmen und Mitwirkungen vorliegen, spätestens jedoch nach Ablauf der Anhörungsfrist (§ 54 Abs. 4 Satz 2 LBO a.F.). Die Baurechtsbehörde darf die Entscheidungsfrist voll ausschöpfen (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.02.2003, a.a.O., juris Rn. 32). Vor ihrem Ablauf ist ein Genehmigungsanspruch gleichsam noch nicht "fällig". Ob ein Bauantrag im Einzelfall schon vor Ablauf der Entscheidungsfrist objektiv entscheidungsreif und genehmigungsfähig ist, ist daher jedenfalls öffentlich-rechtlich unerheblich (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.02.2003, a.a.O., juris Rn. 32). Mit ihrer Anknüpfung an die Anhörung (vgl. § 54 Abs. 4 Satz 2 LBO a.F.) bezweckt die Entscheidungsfrist mittelbar auch, der anzuhörenden Gemeinde zu ermöglichen, auf ein Bauvorhaben, das nach der bestehenden Rechtslage zulässig, von ihr aber nicht erwünscht ist, mit (Sicherungs-)Maßnahmen der Bauleitplanung zu reagieren (vgl. BGH, Urteil vom 23.01.1992 - III ZR 191/90 - NVwZ 1993, 293 m.w.N.). Mit diesen Zielsetzungen ist § 54 LBO auch mit verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung präventiver Erlaubnisvorbehalte zur Grundrechtsausübung (vgl. BVerfG, Urteil vom 05.08.1966 - 1 BvF 1/61 - BVerfGE 20, 150, juris Rn. 18 ff.; Beschluss vom 12.06.1979 - 1 BvL 19/76 - BVerfGE 52, 1, juris Rn. 149) als Inhalts- und Schrankenbestimmung der Baufreiheit nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 GG vereinbar.
29 
Für den Ablauf der Entscheidungsfrist ist im Einzelfall unerheblich, welches Datum die Baurechtsbehörde in ihrer Mitteilung gegenüber dem Bauherrn (§ 54 Abs. 2 Nr. 1 LBO a.F.) angegeben hat. § 54 Abs. 4 LBO a.F. regelt Beginn und Dauer der Entscheidungsfrist abschließend, ohne an das nach § 54 Abs. 2 Nr. 1 LBO a.F. mitgeteilte Datum anzuknüpfen. Die Mitteilung der Baurechtsbehörde ist kein Verwaltungsakt, insbesondere keine Zusicherung (§ 38 LVwVfG), sondern eine Auskunft ohne Rechtsbindungswille (Wissenserklärung). Für die Dauer der Entscheidungsfrist kommt es allein auf die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 54 Abs. 4 LBO a.F. an. Es ist daher unerheblich, dass die Beklagte in ihrem Schreiben an die Klägerin vom 16.09.2009 als "Datum der voraussichtlichen Entscheidung" mit dem "30.10.2009" einen Zeitpunkt vor Inkrafttreten der Veränderungssperre angegeben hat.
30 
2. Die gesetzliche Entscheidungsfrist betrug im vorliegenden Fall zwei Monate (§ 54 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO a.F.) und war bei Inkrafttreten der Veränderungssperre am 06.11.2009 noch nicht abgelaufen.
31 
a) Nach § 54 Abs. 4 Satz 2 LBO a.F. beginnt die Entscheidungsfrist, sobald die vollständigen Bauvorlagen und alle für die Entscheidung notwendigen Stellungnahmen und Mitwirkungen vorliegen, spätestens jedoch nach Ablauf der gemäß § 54 Abs. 3 LBO a.F. bestimmten Anhörungsfrist. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein. Dabei kommt es im Grundsatz auf den tatsächlichen Ablauf des konkreten Verfahrens an. Wegen der Abhängigkeit des Beginns der Entscheidungsfrist von der Anhörung setzt die Vorschrift insoweit aber auch voraus, dass die Anhörung i. S. des § 54 Abs. 2 Nr. 2 LBO a.F. "unverzüglich" nach dem Ende der Prüfungsfrist (§ 54 Abs. 1 LBO a.F.) eingeleitet worden ist. Denn andernfalls hätte die Baurechtsbehörde es bei rechtswidriger Verzögerung der Anhörung in der Hand, Beginn und Ende der Entscheidungsfrist und damit auch die rechtliche Durchsetzbarkeit des Genehmigungsanspruchs über die gesetzlichen Zeitvorgaben hinaus zu steuern. Das widerspräche Sinn und Zweck der gesetzlichen Fristenregelung. Leitet die Baurechtsbehörde die Anhörung nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 LBO a.F. nicht “unverzüglich“ ein, darf der Beginn der Entscheidungsfrist folglich nicht nach dem tatsächlichen Ablauf des konkreten Verfahrens, sondern er muss hypothetisch bestimmt werden. Die Entscheidungsfrist beginnt in diesem Falle analog § 54 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 LBO a.F. (jetzt § 54 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 LBO) nach Ablauf einer angemessenen Anhörungsfrist ab hypothetisch unverzüglicher Einleitung der Anhörung. Entgegen der Ansicht der Klägerin kann insoweit nicht auch alternativ entsprechend § 54 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 LBO a.F. auf einen mutmaßlich früheren Zeitpunkt des Eingangs erforderlicher Mitwirkungen und Stellungnahmen von Behörden abgestellt und insoweit berücksichtigt werden, dass dies auch im tatsächlichen Ablauf des Verfahren so geschehen ist. Denn dass alle Mitwirkungen und Stellungnahmen auch bei nicht rechtswidrig verzögerter Anhörung ebenfalls vor Ablauf der Anhörungsfrist eingegangen wären, ist bloße Spekulation. Dafür ist bei einer Bestimmung des Beginns der Entscheidungsfrist nach § 54 Abs. 4 LBO a.F. schon aus Gründen der Rechtssicherheit kein Raum.
32 
b) Gemessen daran gilt hier Folgendes:
33 
Nach dem tatsächlichen Ablauf des Verfahrens hätte die Entscheidungsfrist frühestens am 09.10.2009 zu laufen begonnen. Denn alle notwendigen Stellungnahmen und Mitwirkungen lagen der Beklagten erst mit Eingang der letzten Stellungnahme des Landratsamts am 09.10.2009 (per E-Mail) vor Ablauf der bis zum 16.10.2009 bestimmten Anhörungsfrist vollständig vor. Die zweimonatige Entscheidungsfrist wäre danach erst Mitte Dezember 2009 und damit nach dem 06.11.2009 abgelaufen. Ihr Beginn richtet sich aber nicht nach dem tatsächlichen Ablauf des Verfahrens, weil die Beklagte die Anhörung nicht gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 2 LBO a.F. "unverzüglich" eingeleitet hat (aa)). Aber auch bei der daher gebotenen hypothetischen Bestimmung analog § 54 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 LBO a.F. begann die Entscheidungsfrist frühestens am 08.09.2009 und lief damit ebenfalls erst nach dem 06.11.2009 ab (bb)).
34 
aa) Nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 LBO a.F. hat die Baurechtsbehörde die Gemeinde und die berührten Stellen nach § 53 Abs. 2 LBO a.F. unverzüglich zu hören, sobald der Bauantrag und die Bauvorlagen vollständig sind. Die Formulierung "sobald der Bauantrag und die Bauvorlagen vollständig sind" knüpft erkennbar nicht an den bloßen Eingang dieser Unterlagen bei der Baurechtsbehörde, sondern an das Ende der amtlichen Prüfung nach § 54 Abs. 1 LBO a.F. an. Die Baurechtsbehörde darf daher zunächst die zehn Arbeitstage umfassende Prüfungsfrist nach § 54 Abs. 1 Satz 1 LBO a.F. ausschöpfen, bevor sie zur unverzüglichen Einleitung der Anhörung verpflichtet ist. Würde bei der Berechnung der Entscheidungsfrist ex post darauf abgestellt, dass Bauantrag und Bauvorlagen objektiv gesehen schon am Tag ihres Eingangs bei der Baurechtsbehörde vollständig waren, wäre diese Prüfungsfrist im Ergebnis sinnlos.
35 
Das an den Ablauf dieser amtlichen Prüfung anknüpfende Gebot zur "unverzüglichen" Einleitung der Anhörung verlangt ein behördliches Handeln ohne schuldhaftes Zögern (vgl. § 121 BGB). In Anlehnung an Zeitvorgaben des Gesetzgebers für ähnliche bürokratische Vorgänge (§ 53 Abs. 3 und 5, § 55 Abs. 1 LBO a.F.) dürfte dafür im Regelfall eine Zeitspanne von drei bis fünf Arbeitstagen genügen. Konkrete Umstände des Einzelfalles können aber auch einen anderen zeitlichen Rahmen rechtfertigen (vgl. Sauter, LBO, Kommentar, 3. Auflage, § 54 Rn. 9). Rechtliche Bedenken der zuständigen Baurechtsbehörde an der Genehmigungsfähigkeit eines Vorhabens rechtfertigen eine Verzögerung der Anhörung allerdings nicht. Die Einschätzung der Behörde, das Vorhaben sei nicht genehmigungsfähig, mag zwar einen Hinweis gegenüber dem Bauherrn nahelegen, um ihm die Möglichkeit zur Darlegung seines Rechtsstandpunktes oder zur Rücknahme des Bauantrags und zu einer damit einhergehenden Kostenersparnis einzuräumen. Sie ist aber kein sachlicher Grund, vorläufig von der nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 LBO a.F. zwingend und ohne Ausnahme gebotenen Anhörung abzusehen, deren Ablauf den Beginn der Entscheidungsfrist und damit die rechtliche Durchsetzbarkeit des Genehmigungsanspruchs des Bauherrn steuert. Zudem dienen die Beteiligung der Gemeinde und die Anhörung der berührten Stellen (§ 53 Abs. 2 LBO a.F.) gerade - auch - dazu, den entscheidungserheblichen Sachverhalt zur Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens von Amts wegen aufzuklären (§ 24 LVwVfG). Rechtliche Bedenken können dadurch gegebenenfalls auch ausgeräumt werden. Schließlich ist zu bedenken, dass andernfalls der Beginn der Entscheidungsfrist mittelbar von der subjektiven behördlichen Einschätzung über die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens abhinge. Das wäre mit Sinn und Zweck des strikten Fristenregimes nach § 54 LBO nicht zu vereinbaren. Ein Absehen von der Anhörung im "wohlverstandenen (Kosten-)Interesse" des Bauherrn widerspräche zudem mittelbar § 54 Abs. 4 Satz 3 LBO a.F., wonach die Entscheidungsfrist nicht zur Disposition des Bauherrn steht.
36 
Ausgehend davon war die Beklagte frühestens am Tag nach Ablauf der Prüfungsfrist von zehn Arbeitstagen (§ 54 Abs. 1 Satz 1 LBO a.F.) seit Eingang des vollständigen (s.o. I.1.) Bauantrags am 22.07.2009 zur unverzüglichen Anhörung verpflichtet. Dies war Donnerstag, der 06.08.2009 (vgl. § 31 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. § 187 Abs. 1, 188 Abs. 1 BGB). Tatsächlich eingeleitet hat sie die Anhörung erst am 16.09.2009. Diese Verzögerung überschreitet die im Regelfall insoweit allenfalls angemessene Zeitspanne von drei bis fünf Arbeitstagen ganz erheblich. Sie ist auch schuldhaft. Die Beklagte beruft sich insoweit ausschließlich auf die von ihrer Baurechtsbehörde im Schreiben an die Klägerin vom 19.08.2009 mitgeteilten rechtlichen Bedenken an der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens und meint, sie habe wegen dieser Bedenken mit dem Beginn der Anhörung zuwarten dürfen. Das trifft, wie oben dargelegt, nicht zu. Auch Anhaltspunkte für die von der Beklagten in der Berufungsverhandlung ergänzend behauptete Mangelhaftigkeit des Bauantrags wegen Unbestimmtheit gab es nicht (s.o. I.1.). Abgesehen davon hätte die Beklagte in diesem Falle nach § 54 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F. verfahren und der Klägerin eine Frist zur Mängelbeseitigung setzen müssen. Im Übrigen wäre die hier eingetretene Verzögerung selbst dann schuldhaft, wenn materiell-rechtliche Bedenken der Baurechtsbehörde eine Verzögerung der Anhörung durch einen Hinweis gegenüber dem Bauherrn rechtfertigen könnten. Denn in diesem Falle müsste ein entsprechender Hinweis gegenüber dem Bauherrn jedenfalls unverzüglich nach Ablauf der Prüfungsfrist (§ 54 Abs.1 Satz 1 LBO a.F.) mit knapper Äußerungsfrist erteilt werden. Beides ist hier nicht geschehen. Der Hinweis wurde erst mit Schreiben vom 19.08.2009 und damit erst weitere zehn Arbeitstage nach Ablauf der zehntägigen Prüffrist und zudem mit mehr als dreiwöchiger Äußerungsfrist bis zum 15.09.2009 erteilt. Schließlich stand spätestens mit Eingang des Schriftsatzes der Klägerin vom 30.08.2009 am 01.09.2009 fest, dass die Klägerin auf einer Durchführung des Verfahrens bestand. Die Anhörung hätte danach bereits am 01.09.2009 eingeleitet werden müssen. Tatsächlich ist auch das erst am 16.09.2009 geschehen.
37 
Anhaltspunkte für sonstige Verzögerungsgründe sind nicht ersichtlich und auch nicht geltend gemacht.
38 
bb) Bei der daher gebotenen hypothetischer Bestimmung analog § 54 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 LBO a.F. kann der Senat zugunsten der Klägerin unterstellen, dass die Beklagte bereits am Tag nach Ablauf der Prüfungsfrist von zehn Arbeitstagen seit Eingang des Bauantrags (22.07.2009), also am Freitag, dem 07.08.2009 zur Einleitung der Anhörung verpflichtet war, obwohl hierfür im Regelfall wohl drei bis fünf Arbeitstage anzusetzen sein dürften (s.o. aa)). Ferner ist insoweit von einer angemessenen Anhörungsfrist (§ 54 Abs. 3 Satz 1 LBO a.F.) von einem Monat auszugehen, die der damals vom Gesetzgeber unterstellten Regelfallfrist im gesetzlichen Rahmen von zwei Monaten entspricht (vgl. LT-Drs. 11/5337, S. 114; Schlotterbeck/von Arnim, LBO, Kommentar, 4. Auflage § 54 Rn. 15). Bei Einleitung der Anhörung am 07.08.2009 wäre diese Monatsfrist am Montag, dem 07.09.2009 abgelaufen. Die zweimonatige Entscheidungsfrist hätte analog § 54 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 LBO a.F. am Tag danach, also am Dienstag, dem 08.09.2009, zu laufen begonnen und wäre frühestens am Montag, dem 09.11.2009 (§ 31 Abs. 1 und 3 LVwVfG i.V.m. § 187 Abs. 1, 188 Abs. 1 BGB) und damit nach Inkrafttreten der Veränderungssperre abgelaufen.
B.
39 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
40 
Beschluss vom 19. Juni 2012
41 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 60.000,00 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG, in Anlehnung an Nr. 1.3 i.V.m. Nr. 9.1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit Fassung Juli 2004, NVwZ 2004, 1327).
42 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
A.
17 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klage ist zwar entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts zulässig (I.). Sie ist jedoch unbegründet. Der Senat kann die begehrte Feststellung nicht treffen. Denn die Unterlassung der Beklagten, der Klägerin eine Baugenehmigung gemäß ihrem Bauantrag vom 06.07.2009 zu erteilen, ist vor dem 06.11.2009 nicht rechtswidrig gewesen, wobei sich dies noch nach der Landesbauordnung vom 08.08.1995 (GBl. S. 617) vor Inkrafttreten des Änderungsgesetzes vom 10.11.2009 (GBl. S. 615) beurteilt - LBO a.F. - (II.).
I.
18 
Die zunächst mit einem Verpflichtungsbegehren erhobene und später nur noch mit einem Feststellungsantrag fortgesetzte Klage ist entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft und auch sonst zulässig.
19 
Hat sich ein angefochtener Verwaltungsakt nach Klageerhebung durch Zurücknahme oder anders erledigt, spricht das Gericht nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Ein solcher Feststellungsantrag ist in entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO auch bei Erledigung eines Verpflichtungsbegehrens statthaft (BVerwG, Urteil vom 06.09.1962 - VIII C 78.60 - NJW 1963, 553, seither st. Rspr.), und zwar auch dann, wenn - wie hier - das Verpflichtungsbegehren als Untätigkeitsklage erhoben worden ist (BVerwG, Urteil vom 27.03.1998 - 4 C 14.96 - BVerwGE 106, 295). Der Übergang zum Feststellungsantrag ist, soweit der Klagegrund unverändert bleibt, nicht als Klageänderung anzusehen (§ 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 3 ZPO; BVerwG, Urteil vom 22.05.1987 - 4 C 77.84 - NVwZ 1987, 1074, juris Rn. 13). Der Feststellungsantrag ist aber nur zulässig, wenn die ursprüngliche Verpflichtungsklage zulässig gewesen ist, nach Rechtshängigkeit ein erledigendes Ereignis eingetreten ist, ein klärungsfähiges Rechtsverhältnis besteht und der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat (BVerwG, Urteil vom 28.04.1999 - 4 C 4.98 - BVerwGE 109, 74 und Senatsurteil vom 22.03.2010 - 8 S 3293/08 - DVBl. 2010, 717 jeweils m.w.N., st. Rspr.). Alle vier Voraussetzungen sind erfüllt.
20 
1. Die ursprüngliche Verpflichtungsklage war ohne vorherigen Erlass einer Entscheidung der Beklagten über den Bauantrag der Klägerin nach Ablauf der dreimonatigen Sperrfrist gemäß § 75 Satz 2 VwGO zulässig. Die Sperrfrist begann mit dem Eingang des Bauantrags bei der Beklagten am 22.07.2009 und endete am 22.10.2009 und damit vor dem Eingang der Klage beim Verwaltungsgericht am 05.11.2009.
21 
Anhaltspunkte dafür, dass der Bauantrag die für den Beginn der Sperrfrist erforderlichen Angaben und Unterlagen nicht enthielt, die die Baurechtsbehörde für eine Sachentscheidung über einen Bauantrag benötigt und wie sie § 52 LBO a.F. und die nach § 73 LBO a.F. erlassene Verfahrensordnung zur Landesbauordnung (LBOVVO a.F.) konkretisierten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.02.2003 - 5 S 1279/01 - BauR 2003, 1345, juris Rn. 24), sind nicht ersichtlich. Die Beklagte hat insbesondere nicht i. S. des § 54 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F. auf eine Unvollständigkeit oder sonstige erhebliche Mängel des Bauantrags oder der Bauvorlagen hingewiesen. Mit ihrem Schreiben an die Klägerin vom 19.08.2009 hat sie vielmehr auf die ihrer Ansicht nach mangelnde Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens hingewiesen und die Ablehnung des Bauantrags in der Sache angekündigt. Der Einwand der Beklagten in der Berufungsverhandlung, ungeachtet dieser Verfahrensweise seien Bauantrag und Bauvorlagen i. S. des § 54 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F. objektiv mangelhaft gewesen, geht fehl. Die Beklagte meint, wegen der im Grundriss des Erdgeschosses in der Wand zur vorhandenen Spielhalle eingezeichneten Tür zwischen beiden Spielhallen sei unter Berücksichtigung der früheren Genehmigungsverfahren sowie der Einreichung des neuen Bauantrags der Klägerin durch die Firma ... ohne ergänzende Angaben unklar gewesen, ob eine neue Spielhalle als selbständiges Vorhaben der Klägerin oder ob eine Erweiterung der vorhandenen Spielhalle der Firma ... Gegenstand des Bauantrags sei. Das trifft nicht zu. Bauantrag und Bauvorlagen waren in dieser Hinsicht von vornherein hinreichend klar und bestimmt. Sowohl im Bauantrag als auch in der ihm beigefügten Baubeschreibung werden als "Bauherr" allein die Klägerin angegeben und als "Bauvorhaben" nur die "Nutzungsänderung eines Cafés in ein Freizeit- und Eventcenter" bezeichnet, nicht aber die Erweiterung der vorhandenen Spielhalle. Ebenso eindeutig sind die entsprechenden Angaben in der "Beschreibung der Betriebsstätte" (Anlage zur Baubeschreibung). Die verfahrensrechtliche Vorgeschichte sowie die Tatsachen, dass der Bauantrag von einer "Schwestergesellschaft" der Klägerin als Inhaberin der angrenzenden Spielhalle unter Hinweis auf deren unzureichende Wirtschaftlichkeit eingereicht wurde und dass in der Bauvorlage zwischen beiden Spielhallen eine Tür eingezeichnet ist, konnten nach der Rechtsansicht der Beklagten vielleicht Zweifel an der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens begründen (vgl. das Schreiben der Beklagten an die Klägerin vom 19.08.2009). Sie ließen aber keinen Zweifel daran zu, dass sich Bauantrag und Bauvorlagen allein auf ein neues selbständiges Vorhaben der Klägerin bezogen und nur ein solches Vorhaben zur Genehmigung gestellt sein sollte.
22 
Ob die Beklagte nach Eingang des vollständigen Bauantrags einen zureichenden Grund für ihre Untätigkeit hatte, ist für die Zulässigkeit der nach Ablauf der dreimonatigen Sperrfrist erhobenen Untätigkeitsklage unerheblich (BVerwG, Urteil vom 23.03.1973 - IV C 2.71 - BVerwGE 42, 108 <112>, juris Rn. 25 ff.). Bei Vorliegen eines zureichenden Grundes hat vielmehr das Gericht gemäß § 75 Satz 3 VwGO der Verwaltungsbehörde eine Frist zur Entscheidung über den beantragten Verwaltungsakt zu setzen (BVerwG, Urteil vom 22.05.1987 - 4 C 30.86 - NVwZ 1987, 969, juris Rn. 12), was hier aber nach Erlass des Ablehnungsbescheids der Beklagten vom 10.11.2009 nicht mehr in Betracht kam. Aus dem Urteil des 5. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 27.02.2003 (a.a.O.) folgt entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nichts Anderes. Soweit darin die zweimonatige Entscheidungsfrist nach § 54 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO a.F. als "besonderer Umstand" i. S. des § 75 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO erwogen wird (a.a.O., juris Rn. 27), betrifft das nur eine mögliche Verkürzung der gesetzlichen Sperrfrist von drei Monaten. Eine Verlängerung dieser Sperrfrist wegen eines "besonderen Umstands" sieht § 75 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO gerade nicht vor.
23 
2. Es ist auch nach Rechtshängigkeit ein erledigendes Ereignis eingetreten.
24 
Ein Verpflichtungsbegehren ist i. S. des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erledigt, wenn es nach Klageerhebung aus dem Kläger nicht zurechenbaren Gründen unzulässig oder unbegründet wurde, insbesondere aufgrund einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage (BVerwG, Urteil vom 30.06.2011 - 4 C 10.10 - NVwZ 2012, 51 m.w.N.). Bei einer Rechtsänderung ist aber nicht erforderlich, dass sich das Verpflichtungsbegehren auch im strengen Sinne des Wortes "erledigt" hat. Denn diese Tatsache ändert nichts an der grundlegenden Wendung, die das Verfahren infolge der Rechtsänderung nimmt und die Interessenlage kennzeichnet, welche die entsprechende Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 rechtfertigt (BVerwG, Urteil vom 24.10.1980 - 4 C 3.78 - BVerwGE 61, 128 <135>). Das Inkrafttreten einer Satzung über eine Veränderungssperre (§ 14 BauGB) ist eine Rechtsänderung, die wegen der materiell-rechtlichen Wirkung der Veränderungssperre (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BauGB) zum Erlöschen eines Baugenehmigungsanspruchs (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.1971 - 4 C 32.69 - BRS 24 Nr. 148 S. 221 <224>, juris Rn. 33) und damit auch zur Erledigung eines Verpflichtungsbegehrens i. S. einer grundlegenden Wendung des Verfahrens führen kann. Voraussetzung ist allerdings, dass die Satzung rechtswirksam ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.02.2003, a.a.O, juris Rn. 20).
25 
Ausgehend davon hat sich der mit der Klage behauptete Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung gemäß den Festsetzungen des Bebauungsplans "Ehemalige Filzfabriken, 1. Änderung“ der Beklagten vom 25.01.1996 nach Rechtshängigkeit aus der Klägerin nicht zurechenbaren Gründen mit Inkrafttreten der Satzung über eine Veränderungssperre für das Plangebiet vom 22.10.2009 am 06.11.2009 erledigt. Denn nach § 2 Abs. 1 dieser Satzung dürfen Vorhaben i. S. des § 29 BauGB nicht mehr durchgeführt werden. Die Nutzungsänderung einer baulichen Anlage ist ein solches Vorhaben (§ 29 Abs. 1 BauGB). Anhaltspunkte für die Unwirksamkeit dieser Satzung oder für einen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme von der Veränderungssperre nach § 14 Abs. 2 BauGB sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Die Erledigung ist auch nach Rechtshängigkeit eingetreten. Denn die Rechtshängigkeit beginnt bereits mit der Erhebung der Klage (§ 90 VwGO). Das war der 05.11.2009 und damit einen Tag vor Eintritt des erledigenden Ereignisses. Auf den späteren Zeitpunkt der Zustellung der Klage beim Beklagten (10.11.2009) kommt es nicht an.
26 
3. Schließlich sind auch die beiden weiteren Voraussetzungen erfüllt. Für den Feststellungsantrag liegt ein klärungsfähiges Rechtsverhältnis vor (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.04.1999, a.a.O., juris Rn. 14 m.w.N.). Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Zur Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses ist die gewählte Klageform geeignet. Dass im Streitfall eine derartige Klage von vornherein als aussichtslos zu gelten hätte, lässt sich nicht sagen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.04.1999, a.a.O., juris Rn. 14 m.w.N.). Das Feststellungsinteresse ist auch nicht etwa wegen "verfrühter" Klageerhebung unberechtigt. Denn die Klage war aus den oben dargelegten Gründen ohne vorangehende Entscheidung über der Bauantrag als Untätigkeitsklage zulässig. Die vom Verwaltungsgericht zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Nichtvorliegen eines berechtigten Interesses wegen der Absicht eines Amtshaftungsprozesses bei Erledigung vor Klageerhebung (Urteil vom 20.01.1981 - 8 C 30.87 - BVerwGE 81, 226 und Beschluss vom 09.05.1989 - 1 B 166.88 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 202) ist nicht einschlägig, weil das erledigende Ereignis erst nach Klageerhebung eingetreten ist. Dass dies lediglich einen Tag nach Klageerhebung und damit zu einem Zeitpunkt war, als das Klageverfahren gerade erst begonnen hatte, ist unerheblich. Für das mit der Absicht eines Amtshaftungsprozesses begründete berechtigte Feststellungsinteresse genügt es, dass die Klägerin ihre auf Erteilung der Baugenehmigung gerichtete Verpflichtungsklage vor Inkrafttreten der Veränderungssperre erhoben und damit das Verfahren gemäß § 75 VwGO in zulässiger Weise begonnen hatte (BVerwG, Urteil vom 27.03.1998, a.a.O., juris Rn. 18).
II.
27 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Unterlassung der Beklagten, der Klägerin eine Baugenehmigung gemäß ihrem Bauantrag vom 06.07.2009 zu erteilen, ist vor dem 06.11.2009 nicht rechtswidrig gewesen. Die Beklagte war damals schon deshalb nicht zur Erteilung der Baugenehmigung verpflichtet, weil die in der Landesbauordnung bestimmte Frist zur Entscheidung über den Bauantrag, welche die Baurechtsbehörde voll ausschöpfen darf, zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war. Ob das Vorhaben genehmigungsfähig war, kann der Senat daher offen lassen.
28 
1. Die Baurechtsbehörde ist vor Ablauf der Entscheidungsfrist nach § 54 Abs. 4 LBO a.F. (jetzt § 54 Abs. 5 LBO) nicht zur Erteilung einer Baugenehmigung verpflichtet. Der Landesgesetzgeber hat mit der am 01.01.1996 in Kraft getretenen Fristenregelung in § 54 LBO im Interesse sowohl des Bauherrn als auch der Baurechtsbehörde an einer einfachen, zweckmäßigen und zügigen Durchführung des Baugenehmigungsverfahrens (vgl. § 10 Satz 2 LVwVfG; LT-Drs. 11/5337, S. 115) die Höchstdauer für eine formell ordnungsgemäße Bearbeitung des Bauantrags und eine sachgerechte Entscheidung darüber normativ konkretisiert. Die formell ordnungsgemäße Bearbeitung umfasst die Prüfung des Bauantrags und der Bauvorlagen auf Vollständigkeit innerhalb von zehn Arbeitstagen mit einer eventuell anschließenden individuellen Frist zur Mängelbeseitigung (§ 54 Abs. 1 LBO a.F.), die Mitteilung an den Bauherrn über Eingang des Bauantrags und voraussichtlichen Entscheidungszeitpunkt (§ 54 Abs. 2 Nr. 1 LBO a.F.) sowie eine bis zu zwei Monate, ausnahmsweise auch einen Monat länger dauernde Anhörung der Gemeinde und berührter Stellen (§ 54 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 und Abs. 5 LBO a.F.). Daran schließt sich eine Entscheidungsfrist von einem Monat bei Wohngebäuden, zugehörigen Stellplätzen, Garagen und Nebenanlagen (§ 14 BauNVO) oder von zwei Monaten bei sonstigen Vorhaben an (§ 54 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 LBO a.F.). Die Entscheidungsfrist beginnt, sobald die vollständigen Bauvorlagen und alle für die Entscheidung notwendigen Stellungnahmen und Mitwirkungen vorliegen, spätestens jedoch nach Ablauf der Anhörungsfrist (§ 54 Abs. 4 Satz 2 LBO a.F.). Die Baurechtsbehörde darf die Entscheidungsfrist voll ausschöpfen (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.02.2003, a.a.O., juris Rn. 32). Vor ihrem Ablauf ist ein Genehmigungsanspruch gleichsam noch nicht "fällig". Ob ein Bauantrag im Einzelfall schon vor Ablauf der Entscheidungsfrist objektiv entscheidungsreif und genehmigungsfähig ist, ist daher jedenfalls öffentlich-rechtlich unerheblich (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.02.2003, a.a.O., juris Rn. 32). Mit ihrer Anknüpfung an die Anhörung (vgl. § 54 Abs. 4 Satz 2 LBO a.F.) bezweckt die Entscheidungsfrist mittelbar auch, der anzuhörenden Gemeinde zu ermöglichen, auf ein Bauvorhaben, das nach der bestehenden Rechtslage zulässig, von ihr aber nicht erwünscht ist, mit (Sicherungs-)Maßnahmen der Bauleitplanung zu reagieren (vgl. BGH, Urteil vom 23.01.1992 - III ZR 191/90 - NVwZ 1993, 293 m.w.N.). Mit diesen Zielsetzungen ist § 54 LBO auch mit verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung präventiver Erlaubnisvorbehalte zur Grundrechtsausübung (vgl. BVerfG, Urteil vom 05.08.1966 - 1 BvF 1/61 - BVerfGE 20, 150, juris Rn. 18 ff.; Beschluss vom 12.06.1979 - 1 BvL 19/76 - BVerfGE 52, 1, juris Rn. 149) als Inhalts- und Schrankenbestimmung der Baufreiheit nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 GG vereinbar.
29 
Für den Ablauf der Entscheidungsfrist ist im Einzelfall unerheblich, welches Datum die Baurechtsbehörde in ihrer Mitteilung gegenüber dem Bauherrn (§ 54 Abs. 2 Nr. 1 LBO a.F.) angegeben hat. § 54 Abs. 4 LBO a.F. regelt Beginn und Dauer der Entscheidungsfrist abschließend, ohne an das nach § 54 Abs. 2 Nr. 1 LBO a.F. mitgeteilte Datum anzuknüpfen. Die Mitteilung der Baurechtsbehörde ist kein Verwaltungsakt, insbesondere keine Zusicherung (§ 38 LVwVfG), sondern eine Auskunft ohne Rechtsbindungswille (Wissenserklärung). Für die Dauer der Entscheidungsfrist kommt es allein auf die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 54 Abs. 4 LBO a.F. an. Es ist daher unerheblich, dass die Beklagte in ihrem Schreiben an die Klägerin vom 16.09.2009 als "Datum der voraussichtlichen Entscheidung" mit dem "30.10.2009" einen Zeitpunkt vor Inkrafttreten der Veränderungssperre angegeben hat.
30 
2. Die gesetzliche Entscheidungsfrist betrug im vorliegenden Fall zwei Monate (§ 54 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO a.F.) und war bei Inkrafttreten der Veränderungssperre am 06.11.2009 noch nicht abgelaufen.
31 
a) Nach § 54 Abs. 4 Satz 2 LBO a.F. beginnt die Entscheidungsfrist, sobald die vollständigen Bauvorlagen und alle für die Entscheidung notwendigen Stellungnahmen und Mitwirkungen vorliegen, spätestens jedoch nach Ablauf der gemäß § 54 Abs. 3 LBO a.F. bestimmten Anhörungsfrist. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein. Dabei kommt es im Grundsatz auf den tatsächlichen Ablauf des konkreten Verfahrens an. Wegen der Abhängigkeit des Beginns der Entscheidungsfrist von der Anhörung setzt die Vorschrift insoweit aber auch voraus, dass die Anhörung i. S. des § 54 Abs. 2 Nr. 2 LBO a.F. "unverzüglich" nach dem Ende der Prüfungsfrist (§ 54 Abs. 1 LBO a.F.) eingeleitet worden ist. Denn andernfalls hätte die Baurechtsbehörde es bei rechtswidriger Verzögerung der Anhörung in der Hand, Beginn und Ende der Entscheidungsfrist und damit auch die rechtliche Durchsetzbarkeit des Genehmigungsanspruchs über die gesetzlichen Zeitvorgaben hinaus zu steuern. Das widerspräche Sinn und Zweck der gesetzlichen Fristenregelung. Leitet die Baurechtsbehörde die Anhörung nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 LBO a.F. nicht “unverzüglich“ ein, darf der Beginn der Entscheidungsfrist folglich nicht nach dem tatsächlichen Ablauf des konkreten Verfahrens, sondern er muss hypothetisch bestimmt werden. Die Entscheidungsfrist beginnt in diesem Falle analog § 54 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 LBO a.F. (jetzt § 54 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 LBO) nach Ablauf einer angemessenen Anhörungsfrist ab hypothetisch unverzüglicher Einleitung der Anhörung. Entgegen der Ansicht der Klägerin kann insoweit nicht auch alternativ entsprechend § 54 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 LBO a.F. auf einen mutmaßlich früheren Zeitpunkt des Eingangs erforderlicher Mitwirkungen und Stellungnahmen von Behörden abgestellt und insoweit berücksichtigt werden, dass dies auch im tatsächlichen Ablauf des Verfahren so geschehen ist. Denn dass alle Mitwirkungen und Stellungnahmen auch bei nicht rechtswidrig verzögerter Anhörung ebenfalls vor Ablauf der Anhörungsfrist eingegangen wären, ist bloße Spekulation. Dafür ist bei einer Bestimmung des Beginns der Entscheidungsfrist nach § 54 Abs. 4 LBO a.F. schon aus Gründen der Rechtssicherheit kein Raum.
32 
b) Gemessen daran gilt hier Folgendes:
33 
Nach dem tatsächlichen Ablauf des Verfahrens hätte die Entscheidungsfrist frühestens am 09.10.2009 zu laufen begonnen. Denn alle notwendigen Stellungnahmen und Mitwirkungen lagen der Beklagten erst mit Eingang der letzten Stellungnahme des Landratsamts am 09.10.2009 (per E-Mail) vor Ablauf der bis zum 16.10.2009 bestimmten Anhörungsfrist vollständig vor. Die zweimonatige Entscheidungsfrist wäre danach erst Mitte Dezember 2009 und damit nach dem 06.11.2009 abgelaufen. Ihr Beginn richtet sich aber nicht nach dem tatsächlichen Ablauf des Verfahrens, weil die Beklagte die Anhörung nicht gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 2 LBO a.F. "unverzüglich" eingeleitet hat (aa)). Aber auch bei der daher gebotenen hypothetischen Bestimmung analog § 54 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 LBO a.F. begann die Entscheidungsfrist frühestens am 08.09.2009 und lief damit ebenfalls erst nach dem 06.11.2009 ab (bb)).
34 
aa) Nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 LBO a.F. hat die Baurechtsbehörde die Gemeinde und die berührten Stellen nach § 53 Abs. 2 LBO a.F. unverzüglich zu hören, sobald der Bauantrag und die Bauvorlagen vollständig sind. Die Formulierung "sobald der Bauantrag und die Bauvorlagen vollständig sind" knüpft erkennbar nicht an den bloßen Eingang dieser Unterlagen bei der Baurechtsbehörde, sondern an das Ende der amtlichen Prüfung nach § 54 Abs. 1 LBO a.F. an. Die Baurechtsbehörde darf daher zunächst die zehn Arbeitstage umfassende Prüfungsfrist nach § 54 Abs. 1 Satz 1 LBO a.F. ausschöpfen, bevor sie zur unverzüglichen Einleitung der Anhörung verpflichtet ist. Würde bei der Berechnung der Entscheidungsfrist ex post darauf abgestellt, dass Bauantrag und Bauvorlagen objektiv gesehen schon am Tag ihres Eingangs bei der Baurechtsbehörde vollständig waren, wäre diese Prüfungsfrist im Ergebnis sinnlos.
35 
Das an den Ablauf dieser amtlichen Prüfung anknüpfende Gebot zur "unverzüglichen" Einleitung der Anhörung verlangt ein behördliches Handeln ohne schuldhaftes Zögern (vgl. § 121 BGB). In Anlehnung an Zeitvorgaben des Gesetzgebers für ähnliche bürokratische Vorgänge (§ 53 Abs. 3 und 5, § 55 Abs. 1 LBO a.F.) dürfte dafür im Regelfall eine Zeitspanne von drei bis fünf Arbeitstagen genügen. Konkrete Umstände des Einzelfalles können aber auch einen anderen zeitlichen Rahmen rechtfertigen (vgl. Sauter, LBO, Kommentar, 3. Auflage, § 54 Rn. 9). Rechtliche Bedenken der zuständigen Baurechtsbehörde an der Genehmigungsfähigkeit eines Vorhabens rechtfertigen eine Verzögerung der Anhörung allerdings nicht. Die Einschätzung der Behörde, das Vorhaben sei nicht genehmigungsfähig, mag zwar einen Hinweis gegenüber dem Bauherrn nahelegen, um ihm die Möglichkeit zur Darlegung seines Rechtsstandpunktes oder zur Rücknahme des Bauantrags und zu einer damit einhergehenden Kostenersparnis einzuräumen. Sie ist aber kein sachlicher Grund, vorläufig von der nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 LBO a.F. zwingend und ohne Ausnahme gebotenen Anhörung abzusehen, deren Ablauf den Beginn der Entscheidungsfrist und damit die rechtliche Durchsetzbarkeit des Genehmigungsanspruchs des Bauherrn steuert. Zudem dienen die Beteiligung der Gemeinde und die Anhörung der berührten Stellen (§ 53 Abs. 2 LBO a.F.) gerade - auch - dazu, den entscheidungserheblichen Sachverhalt zur Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens von Amts wegen aufzuklären (§ 24 LVwVfG). Rechtliche Bedenken können dadurch gegebenenfalls auch ausgeräumt werden. Schließlich ist zu bedenken, dass andernfalls der Beginn der Entscheidungsfrist mittelbar von der subjektiven behördlichen Einschätzung über die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens abhinge. Das wäre mit Sinn und Zweck des strikten Fristenregimes nach § 54 LBO nicht zu vereinbaren. Ein Absehen von der Anhörung im "wohlverstandenen (Kosten-)Interesse" des Bauherrn widerspräche zudem mittelbar § 54 Abs. 4 Satz 3 LBO a.F., wonach die Entscheidungsfrist nicht zur Disposition des Bauherrn steht.
36 
Ausgehend davon war die Beklagte frühestens am Tag nach Ablauf der Prüfungsfrist von zehn Arbeitstagen (§ 54 Abs. 1 Satz 1 LBO a.F.) seit Eingang des vollständigen (s.o. I.1.) Bauantrags am 22.07.2009 zur unverzüglichen Anhörung verpflichtet. Dies war Donnerstag, der 06.08.2009 (vgl. § 31 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. § 187 Abs. 1, 188 Abs. 1 BGB). Tatsächlich eingeleitet hat sie die Anhörung erst am 16.09.2009. Diese Verzögerung überschreitet die im Regelfall insoweit allenfalls angemessene Zeitspanne von drei bis fünf Arbeitstagen ganz erheblich. Sie ist auch schuldhaft. Die Beklagte beruft sich insoweit ausschließlich auf die von ihrer Baurechtsbehörde im Schreiben an die Klägerin vom 19.08.2009 mitgeteilten rechtlichen Bedenken an der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens und meint, sie habe wegen dieser Bedenken mit dem Beginn der Anhörung zuwarten dürfen. Das trifft, wie oben dargelegt, nicht zu. Auch Anhaltspunkte für die von der Beklagten in der Berufungsverhandlung ergänzend behauptete Mangelhaftigkeit des Bauantrags wegen Unbestimmtheit gab es nicht (s.o. I.1.). Abgesehen davon hätte die Beklagte in diesem Falle nach § 54 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F. verfahren und der Klägerin eine Frist zur Mängelbeseitigung setzen müssen. Im Übrigen wäre die hier eingetretene Verzögerung selbst dann schuldhaft, wenn materiell-rechtliche Bedenken der Baurechtsbehörde eine Verzögerung der Anhörung durch einen Hinweis gegenüber dem Bauherrn rechtfertigen könnten. Denn in diesem Falle müsste ein entsprechender Hinweis gegenüber dem Bauherrn jedenfalls unverzüglich nach Ablauf der Prüfungsfrist (§ 54 Abs.1 Satz 1 LBO a.F.) mit knapper Äußerungsfrist erteilt werden. Beides ist hier nicht geschehen. Der Hinweis wurde erst mit Schreiben vom 19.08.2009 und damit erst weitere zehn Arbeitstage nach Ablauf der zehntägigen Prüffrist und zudem mit mehr als dreiwöchiger Äußerungsfrist bis zum 15.09.2009 erteilt. Schließlich stand spätestens mit Eingang des Schriftsatzes der Klägerin vom 30.08.2009 am 01.09.2009 fest, dass die Klägerin auf einer Durchführung des Verfahrens bestand. Die Anhörung hätte danach bereits am 01.09.2009 eingeleitet werden müssen. Tatsächlich ist auch das erst am 16.09.2009 geschehen.
37 
Anhaltspunkte für sonstige Verzögerungsgründe sind nicht ersichtlich und auch nicht geltend gemacht.
38 
bb) Bei der daher gebotenen hypothetischer Bestimmung analog § 54 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 LBO a.F. kann der Senat zugunsten der Klägerin unterstellen, dass die Beklagte bereits am Tag nach Ablauf der Prüfungsfrist von zehn Arbeitstagen seit Eingang des Bauantrags (22.07.2009), also am Freitag, dem 07.08.2009 zur Einleitung der Anhörung verpflichtet war, obwohl hierfür im Regelfall wohl drei bis fünf Arbeitstage anzusetzen sein dürften (s.o. aa)). Ferner ist insoweit von einer angemessenen Anhörungsfrist (§ 54 Abs. 3 Satz 1 LBO a.F.) von einem Monat auszugehen, die der damals vom Gesetzgeber unterstellten Regelfallfrist im gesetzlichen Rahmen von zwei Monaten entspricht (vgl. LT-Drs. 11/5337, S. 114; Schlotterbeck/von Arnim, LBO, Kommentar, 4. Auflage § 54 Rn. 15). Bei Einleitung der Anhörung am 07.08.2009 wäre diese Monatsfrist am Montag, dem 07.09.2009 abgelaufen. Die zweimonatige Entscheidungsfrist hätte analog § 54 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 LBO a.F. am Tag danach, also am Dienstag, dem 08.09.2009, zu laufen begonnen und wäre frühestens am Montag, dem 09.11.2009 (§ 31 Abs. 1 und 3 LVwVfG i.V.m. § 187 Abs. 1, 188 Abs. 1 BGB) und damit nach Inkrafttreten der Veränderungssperre abgelaufen.
B.
39 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
40 
Beschluss vom 19. Juni 2012
41 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 60.000,00 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG, in Anlehnung an Nr. 1.3 i.V.m. Nr. 9.1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit Fassung Juli 2004, NVwZ 2004, 1327).
42 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 200.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Rahmen von Fortsetzungsfeststellungsklagen um die Befristung einer lebensmittelrechtlichen Zulassung, um die Frage, ob der Widerruf dieser Zulassung rechtmäßig war und ob die Klägerin einen Anspruch auf eine unbedingte und unbefristete Zulassung hatte.

Die Klägerin betrieb ein Gefrierhaus. Sie erhielt mit Wirkung zum 23. April 2007 durch Bescheid der Regierung von Schwaben vom 11. April 2007 vorläufig befristet die Zulassung für folgende Tätigkeiten: Kühllagerung von Lebensmitteln aller Art (Ziffer 1.1 des Bescheides). Frosten, Sortieren, Palettieren, Verpacken und Umverpacken von Fleisch, Innereien und Nebenprodukten der Schlachtung (lebensmitteltaugliche Frischware), soweit dies nicht Dienstleistungen für Firmen sind, an denen Herr …, Herr … oder Herr … beteiligt sind. Diese Tätigkeiten seien hinsichtlich Plasma und Blut uneingeschränkt zulässig (Ziffer 1.2 des Bescheides). Die Kühlräume K10, K11 und K12 seien von der oben genannten Zulassung ausgenommen (Ziffer 2 des Bescheides). Die Zulassung wurde bis 23. Juli 2007 befristet (Ziffer 3 des Bescheides) und erfolgte unter dem Vorbehalt eines jederzeitigen Widerrufs (Ziffer 7 des Bescheids) sowie unter zahlreichen Nebenbestimmungen.

Mit Schreiben vom 11. Mai 2007 ließ die Klägerin durch ihren damaligen Bevollmächtigten Widerspruch gegen den Bescheid vom 11. April 2007 erheben. Dieser beziehe sich auf die Punkte 1.2, 3, 4, 6.1.2, 6.2 und 6.5.

Mit Bescheid der Regierung von Schwaben vom 31. Mai 2007 widerrief der Beklagte die Nummer 1.2 des Bescheids vom 11. April 2007 ab sofort mit Wirkung für die Zukunft insoweit, als dies das Frosten, Sortieren, Palettieren, Verpacken und Umverpacken von Fleisch, Innereien und Nebenprodukten der Schlachtung betrifft (Ziffer 1 des Bescheides).

Mit Schreiben vom 19. Juni 2007 hat die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid des Beklagten vom 31. Mai 2007 erhoben.

Mit weiterem Bescheid vom 10. Juli 2007 wurde der mit Schreiben vom 11. Mai 2007 eingelegte Widerspruch zurückgewiesen (Ziffer 1). Die mit Bescheid vom 11. April 2007 erteilte bedingte Zulassung wurde mit Wirkung vom 23. Juli 2007 widerrufen, soweit diese nicht bereits mit Bescheid vom 31. Mai 2007 widerrufen wurde (Ziffer 2). Die bedingte Zulassung wurde nicht verlängert (Ziffer 3 des Bescheids).

Mit Schriftsatz vom 13. Juli 2007 hat die Klägerin Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben und beantragt, den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 10. Juli 2007 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung der Nummern 2 und 3 des Bescheides der Regierung von Schwaben vom 10. Juli 2007 zu verpflichten, eine unbedingte Zulassung unter der Veterinärkontrollnummer DE-BY-70003-EG zu erteilen, hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die Befristung um drei Monate zu verlängern.

Mit Schriftsatz vom 26. Juli 2007 hat die Klägerin Klage erhoben und beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 31. Mai 2007 aufzuheben und die Klage mit dem anhängigen Verfahren Au 7 K 07.776 zu verbinden.

Bei einem Großbrand am 17. August 2007 sind die Betriebshallen der Klägerin weitgehend zerstört worden.

Mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2007 beantragte die Klägerin, nunmehr gemäß § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 31. Mai 2007 rechtswidrig gewesen sei und in der mündlichen Verhandlung festzustellen, dass die Klägerin am 11. April 2007 einen Anspruch auf Erteilung einer unbefristeten Zulassung, hilfsweise einen Anspruch auf Verlängerung der Zulassung um drei Monate ab dem 23. Juli 2007 hatte. Die Klage sei zulässig, weil die Klägerin durch die Behauptung der Zulassungsbehörde, dass die Wareneingangskontrolle der Klägerin versagt habe, in der Öffentlichkeit verurteilt und angeprangert worden sei. Selbst ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss befasse sich mit dieser Angelegenheit.

Mit Urteil vom 4. Juli 2011 wies das Verwaltungsgericht Augsburg die Klage ab. Die Fortsetzungsfeststellungsklage sei zulässig, weil die Klägerin ein Rehabilitationsinteresse habe. Sie sei aber nicht begründet.

Mit Schreiben des Berichterstatters des Senats vom 9. Mai 2014 und 18. Juli 2014 wurden die Beteiligten angehört und u. a. um Mitteilung gebeten, warum sie von einer Erledigung der Klagebegehren ausgegangen seien und, ob die ursprünglich genehmigte Tätigkeit der Klägerin vor Ort weiter geführt werden soll.

Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 24. Juli 2014 mitgeteilt hat, dass die ursprünglich genehmigte Tätigkeit vor Ort weiter geführt werden solle, hörte der Senat die Beteiligten mit Schreiben des Berichterstatters vom 18. August 2014 erneut an und wies darauf hin, dass es fraglich sei, ob sich der Rechtsstreit tatsächlich erledigt habe und welches besondere Interesse die Klägerin an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Bescheide des Beklagte habe. Der Senat wies auch ausdrücklich darauf hin, dass, sollte sich die Klage als unzulässig erweisen, der Antrag auf Zulassung der Berufung aus diesem Grund abgelehnt werden müsste.

Hierauf teilte der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 15. September 2014 unter Verweis auf sein bisheriges Vorbringen mit, der ehemalige Bevollmächtigte der Klägerin sei von einer Erledigung des Rechtsstreits ausgegangen. Das besondere Feststellungsinteresse liege zum einen im Rehabilitationsinteresse und in dem Interesse begründet, Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten geltend zu machen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Behördenakten und die Gerichtsakten verwiesen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Die begehrte Zulassung der Berufung kann nicht nach den geltend gemachten Zulassungsgründen nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 5 VwGO erfolgen, da das angefochtene Urteil (jedenfalls) aus anderen als den vom Verwaltungsgericht angeführten Gründen, zu denen die Klägerin vor der Entscheidung des Senats mit Verfügung vom 18. August 2014 angehört worden ist, im Ergebnis richtig ist. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die geltend gemachten Zulassungsgründe der Klägerin den Anforderungen an eine hinreichende Darlegung genügen und durchgreifen.

Der der Vorschrift des § 144 Abs. 4 VwGO zugrunde liegende allgemeine Rechtsgedanke, dass allein die fehlerhafte Begründung einer Entscheidung, welche sich im Ergebnis als richtig erweist, dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg verhilft, ist auch in einem - hier vorliegenden - Verfahren auf Zulassung der Berufung zu berücksichtigen. Auch ein solches Antragsverfahren soll unabhängig davon, dass insoweit eine dem § 144 Abs. 4 VwGO vergleichbare Vorschrift fehlt, aus prozessökonomischen Gründen nicht um eines Fehlers willen fortgeführt werden, der mit Sicherheit für das endgültige Ergebnis des Rechtsstreits bedeutungslos bleiben wird (vgl. BVerwG, B. v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - juris, U. v. 26.2.2003 - 8 C 1.02 - NVwZ 2003, 1129; BayVGH, B. v. 24.1.2011 - 20 ZB 10.30418 - juris).

So liegt der Fall hier. Das Verpflichtungsbegehren der Klägerin auf Erteilung einer unbedingten und unbefristeten, hilfsweise einer befristeten Zulassung nach Art. 31 Abs. 2 c der Verordnung 882/2004/EG hat sich durch den Brand in den Betriebsgebäuden der Klägerin am 17. August 2007 nicht erledigt, weil die Klägerin nach wie vor erklärt, dort die ursprünglich genehmigte Tätigkeit fortführen zu wollen.

Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht für den Fall, dass sich der angegriffene Verwaltungsakt erledigt hat, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn die Klägerin ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Die auf Anfechtungsklagen zugeschnittene Bestimmung ist nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf Verpflichtungsklagen entsprechend anwendbar (vgl. Urteile v. 24.1.1992 - 7 C 24.91 - BVerwGE 89, 354 <355>, v. 29.4.1992 - 4 C 29.90 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 247 S. 90 und vom 19.9.2002 - 4 C 13.01 - BVerwGE 117, 50 <51>). Da die Fortsetzungsfeststellungsklage u. a. dem Zweck dient zu verhindern, dass ein Kläger um die „Früchte“ seiner bisherigen Prozessführung gebracht wird (vgl. BVerwG, U. v. 29.4.1992 a. a. O.), ist das Verpflichtungsbegehren erledigt, wenn es nach Klageerhebung aus dem Kläger nicht zurechenbaren Gründen unzulässig oder unbegründet wurde, wenn also das Rechtsschutzziel aus Gründen, die nicht in der Einflusssphäre des Klägers liegen, nicht mehr zu erlangen ist, weil es entweder außerhalb des Prozesses erreicht wurde oder überhaupt nicht mehr erreicht werden kann (BVerwG, B. v. 15.8.1988 - 4 B 89.88 - NVwZ 1989, 48). Letzteres ist der Fall, wenn eine nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage zum Erlöschen eines Anspruchs führt (U. v. 24.7.1980 - 3 C 120.79 - BVerwGE 60, 328 <332 f.> und vom 24.10.1980 - BVerwG 4 C 3.78 - 61, 128 <134>; B. v. 15.8.1988 a. a. O.; Schmidt: in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2010, § 113 Rn. 77). So liegt es hier nicht. Wiederholt hat die Klägerin erklärt, trotz des Brandes ihrer Betriebsstätte, die ursprünglich ausgeführte und zunächst befristet genehmigte Tätigkeit vor Ort fortführen zu wollen. Dass ihr dies tatsächlich nicht möglich ist, wie z.B. durch eine Instandsetzung der früher vorhandenen Gebäude, ist nicht ersichtlich und wurde von den Beteiligten auch nicht schlüssig vorgetragen. Zwar führt der Beklagte an, dass der ursprünglich gestellte Antrag der Klägerin wohl nicht genehmigungsfähig sei. Dies ist jedoch für die Frage der Erledigung des ursprünglich erhobenen Verpflichtungsbegehrens ohne Belang, weil sich dessen Streitgegenstand aus der Sicht der Klägerin gestaltet und sich dagegen nicht aus der Beurteilung der Genehmigungsbehörde herleiten lässt. Aufgrund des Willens der Klägerin die ursprünglich ausgeübte Tätigkeit vor Ort fortsetzen zu wollen, kann gerade nicht davon ausgegangen werden, dass sie beabsichtigt einen anderen Betrieb (vgl. hierzu BVerwG, U. v. 15.11.1990 - 3 C 49.87 - BayVBl. 1991, 313) zu führen. Darüber hinaus fehlt es ebenso an einer Erledigung, wenn die Klägerin lediglich das Interesse an ihrem ursprünglichen Begehren verloren hätte (BVerwG, U. v. 15.11.1990 - 3 C 49.87 - BayVBl. 1991, 313). Damit stellt sich der Streitgegenstand der Fortsetzungsfeststellungklage hinsichtlich der Verpflichtungsklage auf Erteilung einer lebensmittelrechtlichen Erlaubnis bereits aus diesem Grunde als unzulässig heraus. Dies gilt auch für den hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer befristeten Genehmigung, denn bei der Auslegung dieses Klagebegehrens der Klägerin ist davon auszugehen, dass sie auch nach Ablauf des angegebenen Zeitraumes ihr Hilfsbegehren weiter verfolgen wollte.

Weil die Klägerin ihr hauptsächliches Klagebegehren, die Erteilung einer unbedingten und unbefristeten Genehmigung, hilfsweise einer befristeten Erlaubnis, weiter hätte verfolgen können, ist zudem nicht ersichtlich, welches darüber hinausgehende Feststellungsinteresse die Klägerin hinsichtlich des Widerrufs der befristeten Erlaubnis besitzen könnte. Im Falle des Obsiegens der Klägerin mit ihrem Verpflichtungsbegehren kann im hier zu entscheidenden Fall ein darüber hinaus gehendes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit des Widerrufes der ursprünglich erteilten befristeten Genehmigung nicht erkannt werden, denn es ist nicht ersichtlich, wie die rechtliche Position der Klägerin darüber hinaus verbessert werden könnte (vgl. BVerwG, U. v. 20.6.2013 - 8 C 39.12 - NVwZ-RR 2014, 94). Hierzu hätte es einer konkreten Darlegung durch die Klägerin bedurft. Dies ist jedoch nicht erfolgt. Das von der Klägerin behauptete Rehabilitationsinteresse hätte durch ihr nicht erledigtes Verpflichtungsbegehren weiter verfolgt werden können. Davon ging sie wohl selbst aus, weil sie in ihrem Schriftsatz vom 9. Dezember 2007 ausführt, sollte sich im anhängigen Verfahren (gegen den Widerruf der befristeten Erlaubnis) herausstellen, dass der Entzug der EU-Zulassung rechtswidrig gewesen sei, würde eine erneute Betriebsaufnahme der Klägerin erfolgen. Auch die von der Klägerin angekündigte Erhebung einer Schadensersatzklage kann bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage nur insoweit berücksichtigt werden, als es allein den Widerruf der befristeten Genehmigung betrifft. Bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage, die - wie hier - der Vorbereitung eines Amtshaftungsverfahrens vor dem Zivilgericht dienen soll, ist das Feststellungsinteresse zu bejahen, wenn ein solcher Prozess bereits anhängig, mit Sicherheit zu erwarten oder ernsthaft beabsichtigt ist, die begehrte Feststellung in diesem Verfahren erheblich und die Rechtsverfolgung nicht offensichtlich aussichtslos ist (vgl. OVG NRW, U. v. 25.3.2014 - 2 A 2679/12 - juris Rn. 47 m. w. N.). Dass diese Voraussetzungen erfüllt sind, muss die Klägerin von sich aus substantiiert darlegen. Insbesondere muss sie aufzeigen, was sie konkret anstrebt, welchen Schaden oder welche Schadens- oder Entschädigungspositionen sie im Zivilrechtsweg geltend machen will und dass ein Schadensersatz- bzw. Entschädigungsprozess bereits anhängig oder mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist. Die bloße Behauptung, einen Schadensersatzprozess führen zu wollen, genügt hierfür nicht (vgl. BayVGH, B. v. 27.3.2014 - 15 ZB 12.1562 - juris Rn. 12 m. w. N. OVG NRW, U. v. 25.3.2014 - 2 A 2679/12 - juris Rn. 47 m. w. N.). Zwar dürfen an den Vortrag keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Insbesondere bedarf es regelmäßig keiner Vorlage einer genauen Schadensberechnung. Jedoch muss der Vortrag zur Rechtfertigung des mit der Fortsetzung des Prozesses verbundenen Aufwands über die bloße Behauptung hinaus nachvollziehbar erkennen lassen, dass sie einen Amtshaftungsprozess tatsächlich anstrebt und dieser nicht offensichtlich aussichtslos ist. Hierzu gehört auch eine zumindest annähernde Angabe der Schadenshöhe (vgl. BayVGH, B. v. 24.10.2011 - 8 ZB 10.957 - Rn. 13; OVG NRW, B. v. 5.7.2012 - 12 A 1423/11 - juris Rn. 22 ff.; OVG NRW, U. v. 25.3.2014 - 2 A 2679/12 - juris Rn. 47 m. w. N.; OVG MV, B. v. 27.5.2010 - 2 L 351/06 - ZfB 2010, 144 Rn. 7; Wolff in Sodann/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 113 Rn. 277 ff.). Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Klägerin nicht.

Die Darlegungspflicht der Klägerin wird dadurch nicht überspannt. Sie wurde mit Verfügung des Senats vom 18. August aufgefordert, zu den Fragen der Erledigung und des Fortsetzungsfeststellungsinteresses Stellung zu nehmen und darauf hingewiesen, dass der Antrag auf Zulassung der Berufung wegen Fehlens der Sachurteilsvoraussetzungen abgelehnt werden könnte.

Folglich sind die zuletzt gestellten Fortsetzungsfeststellungsanträge der Klägerin bereits unzulässig und der Antrag auf Zulassung der Berufung abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Der Streitwert ergibt sich aus § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 und 3 GKG.

Mit dieser Entscheidung wird das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts gemäß § 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO rechtskräftig.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) Ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass

1.
Vorhaben im Sinne des § 29 nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen;
2.
erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen.

(2) Wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen, kann von der Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden. Die Entscheidung über Ausnahmen trifft die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde.

(3) Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden sind, Vorhaben, von denen die Gemeinde nach Maßgabe des Bauordnungsrechts Kenntnis erlangt hat und mit deren Ausführung vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre hätte begonnen werden dürfen, sowie Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung werden von der Veränderungssperre nicht berührt.

(4) Soweit für Vorhaben im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder im städtebaulichen Entwicklungsbereich eine Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 besteht, sind die Vorschriften über die Veränderungssperre nicht anzuwenden.

(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30 bis 37.

(2) Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass

1.
Vorhaben im Sinne des § 29 nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen;
2.
erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen.

(2) Wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen, kann von der Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden. Die Entscheidung über Ausnahmen trifft die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde.

(3) Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden sind, Vorhaben, von denen die Gemeinde nach Maßgabe des Bauordnungsrechts Kenntnis erlangt hat und mit deren Ausführung vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre hätte begonnen werden dürfen, sowie Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung werden von der Veränderungssperre nicht berührt.

(4) Soweit für Vorhaben im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder im städtebaulichen Entwicklungsbereich eine Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 besteht, sind die Vorschriften über die Veränderungssperre nicht anzuwenden.

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragstellerin wendet sich gegen die als Satzung beschlossene Veränderungssperre der Antragsgegnerin vom 19.3.2014.
Die Antragstellerin - ein Unternehmen der chemieverarbeitenden Industrie ist Eigentümerin eines am Rhein gelegenen, rund 37 ha großen Areals auf der Gemarkung der Antragsgegnerin. Auf diesem Grundstück, für das bislang kein Bebauungsplan existiert, befinden sich unter anderen auch Industrieanlagen der Antragstellerin.
Der Gemeinderat der Antragsgegnerin beschloss am 19.3.2013 die Aufstellung eines Bebauungsplans für das Gebiet „Rheinvorland West“. Der räumliche Geltungsbereich des beabsichtigten Bebauungsplans umfasst wesentliche Teile des Areals der Antragstellerin und ist im Westen durch die Kläranlage, im Norden durch die Köchlinstraße, im Osten durch die Irgarstraße/Rheinallee und im Süden durch den Rhein begrenzt. Ebenfalls am 19.3.2013 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin zur Sicherung der Planung eine Satzung über eine Veränderungssperre, die sich auf das Gebiet des künftigen Bebauungsplans erstreckt. Beide Beschlüsse wurden im Amtlichen Mitteilungsblatt der Antragsgegnerin vom 3.5.2013 ortsüblich bekanntgemacht.
Mit dem weiteren Beschluss vom 19.3.2013 versagte der Gemeinderat der Antragsgegnerin das Einvernehmen zu dem Vorhaben der Firma Z... zur Errichtung und zum Betrieb einer Abfallbehandlungsanlage auf dem Areal der Antragstellerin.
Die Antragstellerin hat am 26.3.2014 das Normenkontrollverfahren eingeleitet.
Zur Begründung trägt die Antragstellerin im Wesentlichen vor: Das gesamte Grundstück, auf welches sich die Veränderungssperre räumlich beziehe, stehe in ihrem Eigentum. Das Betriebsgelände diene als Standort für die industrielle Produktion von Chemikalien. Zwar seien bestimmte Produktionen aufgegeben worden. Produkte aus anderen Bereichen würden indessen weiterhin an dem Standort produziert. Gegenwärtig finde eine Intensivierung der chemischen Produktion am Standort statt. Ihre langfristige Strategie beinhalte eine Fortführung des Standorts für die chemische Produktion. Insoweit werde auf die von der ... (...-...)erstellte „... GmbH - Masterplanung Standort Grenzach-Wyhlen“ vom 11.5.2012 verwiesen. Die ...-Masterplanung (Vorzugsvariante A) sehe einen Kernbereich ... zur industriellen Produktion störfallrelevanter chemischer Produkte in entsprechenden Anlagen vor. In den Randbereichen werde zum Schutz der angrenzenden Wohnbebauung gewerbliche Nutzung in bereits vorhandenen Anlagen vorgesehen.
Für die eigene Produktion nicht genutzte Teile des Areals sollten für ein „Ansiedlungsmanagement“ genutzt werden. Das bedeute, dass externen Unternehmen Flächen und Räumlichkeiten gegen Entgelt zur Verfügung gestellt werden sollten, wozu auch die Mitbenutzung der vorhandenen Infrastruktur- und Logistikeinrichtungen gehören solle. Das „Ansiedlungsmanagement“ sei auf eine Ansiedlung von Industriebetrieben ausgerichtet. Die Ansiedlung von Industrie erfolge daher aus ihrem eigenen betriebswirtschaftlichen Interesse. In dieses Standortkonzept füge sich die seit 2011 betriebene Ansiedlung einer Abfallbehandlungsanlage der Firma Z... im südöstlichen Teil des Areals ein. Aus dem Vorstehenden ergebe sich, dass die Planung der Antragsgegnerin, die eine reine Gewerbe- und Dienstleistungsentwicklung von hoher Qualität vorsehe, zwangsläufig „ins Leere laufen“ müsse. Denn an der industriellen Nutzung der „Kernbereich ...“-Fläche ändere sich auch zukünftig nichts. Ferner widerspreche das mit entsprechenden Investitionen bereits in Gang gesetzte „Ansiedlungsmanagement“ der von der Antragsgegnerin beabsichtigten Bauleitplanung. Auch sei der Standort umzäunt, so dass ein Publikumsverkehr ausgeschlossen sei. Lediglich in Randbereichen außerhalb dieser Umzäunung käme eine isolierte gewerbliche Nutzung in Betracht.
Die Veränderungssperre beruhe außerdem auf einer fehlerhaften Entscheidungsgrundlage der Antragsgegnerin. Diese sei zu Unrecht von einer mittelfristigen Reduzierung der chemischen Produktion der ... am Standort Grenzach auf oder gegen Null und einer mittelfristigen Aufgabe der chemischen Produktion der ... ausgegangen. Dies gelte auch für die Annahme in der von der Antragsgegnerin vorgelegten Präsentation „Bürgerversammlung Grenzach-Wyhlen zur möglichen Ansiedlung der Firma Z... auf dem ...-Gelände“, dass die ... absehbar kein Störfallbetrieb mehr sein werde. Auch die Aussage im Aufstellungsbeschluss, sie, die Antragstellerin, sei bestrebt, das vormals allein genutzte Areal zu öffnen, sei insoweit unrichtig, als damit nahegelegt werde, das Areal könne in Zukunft frei zugänglich sein. Die weitere Aussage, sie wolle das Areal neuen unterschiedlichen Nutzern und Nutzungen zuführen, suggeriere eine Offenheit für Gewerbe- und Dienstleistungen. Die Planung der Antragsgegnerin habe daher keinerlei Aussicht auf Realisierung. Sie widerspreche der ausgeübten und zukünftigen Nutzung des Areals, da sie ihr Areal auch künftig als Industriegebiet und als geschlossenen Industriestandort erhalten und nutzen wolle.
Zwar habe die Antragsgegnerin in einer Besprechung am 13.2.2014 die Neigung erkennen lassen, Modifizierungen an den in dem Aufstellungsbeschluss und der Veränderungssperre zugrunde gelegten Planungen insoweit vorzunehmen, als für das Kerngebiet des Areals die Ausweisung eines - wenn auch eng gefassten - Industriegebiets in Betracht gezogen werde. Hierauf komme es aber nicht an. Allein maßgeblicher Zeitpunkt für die Überprüfung der Wirksamkeit einer Veränderungssperre sei die Beschlussfassung. Ein zu diesem Zeitpunkt nicht verwirklichungsfähiges Planungsziel könne nicht nachträglich gegen ein rechtlich unbedenkliches Planungskonzept ausgetauscht werden. Überdies hätten sich die in Betracht gezogenen Modifizierungen in der Planung bislang nicht in förmlicher Weise manifestiert.
10 
Die Veränderungssperre sei ferner wegen mangelnder rechtlicher Umsetzbarkeit der Planung unwirksam. Die Umsetzung der beabsichtigten Planung in einen Bebauungsplan führe zwangsläufig zu einer Verletzung ihrer Eigentumsrechte und damit zu einem Abwägungsfehler. Art. 14 Abs. 1 GG schütze das Interesse des Eigentümers an der Beibehaltung der bisherigen Nutzung. Der Bestandsschutz umfasse auch etwaige Nutzungsänderungen. Es sei nicht ersichtlich, welche überwiegenden öffentlichen Interessen hier in Betracht kommen könnten, um ihr Interesse an der Erhaltung und Fortführung der industriellen Nutzung planerisch „zurückzudrängen“.
11 
Einer Verwirklichung der in dem Aufstellungsbeschluss konkretisierten Planungsziele stehe auch entgegen, dass auf dem von der Veränderungssperre betroffenen Areal Störfallbetriebe angesiedelt seien, in deren Umfeld sich die von der Gemeinde gewünschte Planung nicht realisieren lasse. Die sogenannten Achtungsabstände stellten eine störfallspezifische Umsetzung des Trennungsgrundsatzes dar. Mit Blick auf die im Störfallgutachten eingezeichneten Achtungsradien sei nicht ersichtlich, wie sich auf dem Areal eine freie Nutzung für Gewerbe- und Dienstleistungsbetriebe entwickeln solle.
12 
Der Erlass der angegriffenen Veränderungssperre stelle sich ferner als „vorgeschobene“ Verhinderungsplanung dar. Der Antragsgegnerin sei es mit der Veränderungssperre letztlich darum gegangen, den Ansiedlungswunsch der Firma Z... zu durchkreuzen. Zu dem Zeitpunkt, als das Genehmigungsverfahren für die Zulassung der Anlage soweit fortgeschritten gewesen sei, dass eine Genehmigung hätte erteilt werden können, habe der Gemeinderat der Antragsgegnerin wegen der massiven Proteste in der Bürgerschaft das Einvernehmen zu dem Vorhaben der Fa. Z... versagt und die Veränderungssperre in Kraft gesetzt. Bestätigt werde dies dadurch, dass der räumliche Geltungsbereich keiner bauplanerischen Sachlogik folge. Die ursprüngliche Planung habe neben ihrem eigenen Areal auch die benachbarten Areale von D..., R... und B... eingeschlossen. Der räumliche Geltungsbereich der angegriffenen Veränderungssperre beziehe sich aber weder auf ihr komplettes Areal noch auf die benachbarten Areale mit industrieller Nutzung.
13 
Sie beantragt,
14 
die Satzung über die Veränderungssperre zum Bebauungsplan für das Gebiet „Rheinvorland West“ der Antragsgegnerin vom 19.3.2013 für unwirksam zu erklären.
15 
Die Antragsgegnerin beantragt,
16 
den Antrag abzuweisen.
17 
Sie erwidert: Der von der Veränderungssperre umfasste Bereich befinde sich in einer erheblichen tatsächlichen Umstrukturierungsphase. Das zeige sich daran, dass die Antragstellerin selbst umfangreich Gebäude auf dem Areal beseitigt habe. Diese heute unbebauten Flächen würden derzeit baulich nicht genutzt. Die Planungsziele des künftigen Bebauungsplans ergäben sich aus der Gemeinderatsvorlage zum Zeitpunkt des Bebauungsplanaufstellungsbeschlusses und des Beschlusses der Veränderungssperre. Auf die zunächst ins Auge gefasste planerische Ausweisung eines sogenannten industriellen Kerns sei zu Gunsten einer verbesserten Gewerbe- und Dienstleistungsentwicklung vollständig verzichtet worden. Aus diesen Überlegungen ergebe sich eine hinreichende Konkretisierung der mit dem Bebauungsplan verfolgten städtebaulichen Ziele. Die Zielvorgabe eines verbesserten Gewerbe- und Dienstleistungsbereichs stehe unter dem ausdrücklichen, unter dem Gesichtspunkt des Abwägungsgebotes auch einzig richtigen Vorbehalt, dass dieses Ziel entweder weiter konkretisiert werden müsse oder im Rahmen der Abwägung, insbesondere mit Blick auf den vorhandenen Bestand, aber auch aufgrund sonstiger rechtlicher Rahmenbedingungen - z.B. Achtungsabstand bei Störfallbetrieben - eine Differenzierung vorgenommen werden müsse, z.B. in Form eines eingeschränkten Industriegebiets. Es bestünden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass im Aufstellungsbeschluss Planüberlegungen angestellt worden seien, die unter keinem denkbaren Umstand zu einer rechtlich zulässigen Bebauungsplanfestsetzung führen könnten. In diesem Zusammenhang sei von besonderer Bedeutung, dass im Rahmen des für dieses Gebiet erstmalig aufzustellenden Bebauungsplans auch die Umgebungsbebauung und die dortigen Planausweisungen mit einbezogen werden müssten. Dazu zählten die nördlich liegenden reinen und allgemeinen Wohngebiete, Mischgebiete und Flächen für Gemeinbedarf. Dies gelte auch für die zwischenzeitlich von der Antragstellerin umfangreich freigeräumten Flächen im Gebiet der Veränderungssperre. Die immissionsschutzrechtlichen bzw. baurechtlichen Genehmigungen seien insoweit entfallen. Ein Bestandsschutz sei nicht gegeben, insbesondere nachdem auch die Antragstellerin eine Ansiedlung externer Industriebetriebe anstrebe. Hinzu komme, dass die Antragsgegnerin neben den Überlegungen zum baulichen Nutzungskonzept weitere städtebauliche Ziele verfolge. Hierzu gehörten die Etablierung einer wirksamen Grünzone im Übergang zur B 34-neu, Bahnlinie und Wohn- und Mischbebauung im Norden, eine erhebliche Aufwertung der Grünzone entlang des Rheins, eine erhebliche Verbesserung des Rheinuferwegs, die ökologisch wirksame Durchgrünung einzelner Areale sowie die Wiederherstellung einer wirksamen Verbindung zwischen Ortszentrum Grenzach und Rhein und schließlich die Weiterentwicklung als Rheinquerung. Auch diese städtebaulichen Ziele seien für sich genommen hinreichend konkret. Es sei die Aufgabe einer Gemeinde, ein industriell und gewerblich genutztes Gebiet, das sich historisch ohne Bauleitplanung entwickelt habe, sich jetzt aber in einem deutlichen Umbruch befinde, einer zukunftsorientierten Planung zuzuführen, die den heutigen Kriterien einer Ausgewogenheit der Nutzungen unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Umgebungsnutzungen entspreche. Im Rahmen dieser städtebaulichen Planung seien Überlegungen anzustellen, welche Nutzungen zukünftig unter Beachtung der bestandsgeschützten und der umgebenden Nutzungen möglich seien und der städtebaulichen Entwicklung der Antragsgegnerin dienten. Insoweit sei eine hinreichende Konkretisierung der Planungsüberlegungen gegeben. Eine weitere Detaillierung hinsichtlich Planreife und Baugebietstyp, sei im Stadium des Beschlusses über eine Veränderungssperre nicht erforderlich.
18 
Die das Bebauungsplanverfahren und das Verfahren zum Erlass einer Veränderungssperre betreffenden Akten der Antragsgegnerin liegen dem Senat vor. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf sie und auf die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Der Normenkontrollantrag bleibt ohne Erfolg.
I.
20 
An der Zulässigkeit des Normenkontrollantrags bestehen keine Bedenken.
21 
Der Normenkontrollantrag ist statthaft, denn die Antragstellerin wendet sich gegen eine Veränderungssperre, die als Satzung nach dem Baugesetzbuch beschlossen worden ist und deren Gültigkeit vom erkennenden Senat gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO überprüft werden kann.
22 
Der fristgemäß gestellte Antrag ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist die Antragstellerin gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Denn ihre Antragsberechtigung ergibt sich aus ihrer Eigentümerstellung hinsichtlich des von der Veränderungssperre erfassten Grundstücks.
II.
23 
Der Normenkontrollantrag ist jedoch nicht begründet.
24 
Die Satzung der Antragsgegnerin über die Veränderungssperre leidet weder an formellen noch an materiellen Fehlern. Formelle Mängel sind nicht vorgetragen; solche sind auch nicht ersichtlich. Die Veränderungssperre ist insbesondere nicht deshalb unwirksam, weil der Gemeinderat über den Beschlussvorschlag, für den in der Anlage dargestellten Bereich den Bebauungsplan „Rheinvorland West“ aufzustellen und zur Sicherung der Bauleitplanung für das Plangebiet eine Veränderungssperre zu beschließen, nicht getrennt, sondern in einer Sitzung abgestimmt hat (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 5.8.2014 - 3 S 1673/12 - NVwZ-RR 2014, 931). Die Satzung steht auch in materiell-rechtlicher Hinsicht in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Voraussetzungen.
25 
1. Eine Gemeinde kann gemäß § 14 Abs. 1 BauGB zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre beschließen mit dem Inhalt, dass Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen (Nr. 1) bzw. erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen (Nr. 2), sobald der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist. Auf Grund des vom Gemeinderat der Antragsgegnerin am 19.3.2013 erlassenen Aufstellungsbeschlusses für den Bebauungsplan „Rheinvorland West“ konnte mithin am 19.3.2013 auch die angegriffene Veränderungssperre beschlossen werden.
26 
2. Allein der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans genügt für die Wirksamkeit einer Satzung über eine Veränderungssperre jedoch nicht.
27 
Eine Veränderungssperre darf erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Wesentlich ist dabei, dass die Gemeinde bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt hat. Das Mindestmaß an planerischen Vorstellungen, die vorliegen müssen, um eine Veränderungssperre zu rechtfertigen, muss - gewissermaßen als inhaltlicher Kontrollmaßstab des Konkretisierungsgebots - zugleich geeignet sein, die Entscheidung der Genehmigungsbehörde zu steuern, wenn sie über die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung zu befinden hat (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 1 BauGB mit Blick auf den praktisch wichtigsten öffentliche Belang, nämlich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung). Diese Vorstellungen können sich nicht nur aus Niederschriften über die Gemeinderatssitzung, sondern auch aus allen anderen erkennbaren Unterlagen und Umständen ergeben. Hierzu kann beispielsweise auch die anderen Akten zu entnehmende oder bekannte Vorgeschichte gehören. Soll mit dem in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan (auch) die Art der baulichen Nutzung gesteuert werden, ist der Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans noch offen, wenn Vorstellungen über die angestrebte Art der baulichen Nutzung fehlen (st. Rspr. vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.12.2013 – 4 BN 18.13 - BRS 81 Nr. 130 [2013]; Beschl. v. 22.1.2013 – 4 BN 7.13 – BBB 2013, Nr. 4, 61; Urt. v. 30.8.2012 – 4 C 1.11 – BVerwGE 144, 82; Beschl. v. 1.10 2009 – 4 BN 34.09 – NVwZ 2010, 42; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.6.2014 – 5 S 203/13 – ZfBR 2015, 163; Beschl. v. 14.11.2001 - 3 S 605/01 - VBlBW 2002, 200).
28 
Für den Erlass einer Veränderungssperre ist jedoch keine Planreife erforderlich. Es ist insbesondere nicht erforderlich, dass bereits der angestrebte Baugebietstyp i. S. d. Baunutzungsverordnung feststeht. Es reicht aus, wenn absehbar ist, dass sich das von einer hinreichend konkreten positiven Konzeption getragene Planziel im Wege bauplanerischer Festsetzungen überhaupt erreichen lässt; die Auswahl der Mittel zur Realisierung des Planziels ist hingegen - ebenso wie die Lösung von Nutzungskonflikten - typischerweise Aufgabe der im Bebauungsplanverfahren vorzunehmenden planerischen Abwägung (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.9.2007 – 8 S 1584/06 – VBlBW 2008, 143; Urt. v. 24.11.2005 - 8 S 794/05 - VBlBW 2006, 275).
29 
Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die angefochtene Veränderungssperre nicht zu beanstanden.
30 
a) In der Beschlussvorlage vom 14.3.2013 zur Aufstellung des Bebauungsplans „Rheinvorland West“ wird ausgeführt, dass sich für das Industrieareal der Antragstellerin ein grundlegender Wandel abzeichne. Die Antragstellerin habe in den vergangenen Jahren ganz erhebliche Teile der Produktion eingestellt bzw. an andere Standorte außerhalb Grenzachs verlagert. Der Restrukturierungsprozess des Areals habe unmittelbar nach Übernahme der C... durch die Antragstellerin im Jahre 2009 begonnen. Im Jahr 2011 sei für den Standort Grenzach von der Antragstellerin ein Rückbauplan mit mehreren Phasen vorgelegt worden, der für den Zeitraum von 2011 bis 2013 den Abbruch von etwa 2/3 aller Gebäude vorsehe. Mittlerweile sei der größte Teil der Gebäude (Phase 1 und 2) bereits abgebrochen worden, die Phase 3 solle noch 2013 abgeschlossen werden. Ein parallel zum Rückbauplan der Antragstellerin in 2012 vorgelegter Entwicklungsplan habe den Verbleib eines sogenannten ...-Kernbereiches vorgesehen, in dem weiterhin chemische Produktion stattfinden solle, die übrigen Flächen sollten für andere industrielle und/oder gewerbliche Nutzungen zur Verfügung stehen. Die Antragstellerin wolle das vormals allein genutzte Areal öffnen und neuen unterschiedlichen Nutzern und Nutzungen zuführen. Daraus ergebe sich die Notwendigkeit, die zukünftige Nutzung des Areals aktiv zu steuern. Ziel der Gemeinde sei es, Teile dieses Industrieareals zu einem Gewerbe- und Dienstleistungsstandort hoher Qualität zu entwickeln. Damit sollten gleichzeitig die Qualitäten des unmittelbar angrenzenden Ortes Grenzach wiederbelebt und gestärkt werden. Diesen Zielen entgegenstehende Nutzungen sollten innerhalb des Areals künftig nicht mehr zulässig sein.
31 
Im Weiteren wird in der Beschlussvorlage ausgeführt, ursprünglich sei vorgesehen worden, als flexible Grundlage für die schrittweise Umsetzung der Planungsziele eine Kernzone industrieller Nutzung mit kompatiblen gewerblichen Nutzungen in breiten Randbereichen zu schaffen. Dieser Rahmenplan, der bereichsweise mit dem von der Antragstellerin 2012 vorgelegten Entwicklungsplan prinzipiell übereingestimmt habe (z. B. Gewerbenutzungen in verschiedenen Bereichen des Areals), sei auf der Grundlage der jüngsten Aussagen von Februar 2013 zwischenzeitlich in Teilflächen weiterentwickelt worden. Im Rahmen eines Gesprächstermins zwischen der Gemeinde und der ...-Konzernleitung am 14.2.2013 sei seitens der Antragstellerin jedoch eindeutig klargestellt worden, dass mit eigenen Investitionen in neue Produktionen nicht zu rechnen sei. Auch auf wiederholte Nachfrage habe die Antragstellerin keinerlei Aussagen über die Zukunft und den Verbleib der bestehenden Produktion machen wollen. Die städtebaulichen Überlegungen gingen nunmehr dahin, auf die planerische Ausweisung eines sog. industriellen Kerns (mit planungsrechtlicher Ausweisung als „Industriegebiet“) im Bereich der Antragstellerin zugunsten einer verbesserten Gewerbe- und Dienstleistungsentwicklung vollständig zu verzichten. Der Bestandschutz der genehmigten und noch vorhandenen industriellen Nutzung werde davon selbstverständlich nicht berührt. In den vergangenen Jahren sei für Grenzach-Wyhlen eine nachweisbare, kontinuierliche Nachfrage nach Grundstücken für gewerbliche Nutzungen verschiedenster Art zu verzeichnen. Um der Nachfrage gerecht zu werden, müsse die Gemeinde mittelfristig ein neues Gewerbegebiet planungsrechtlich etablieren und erschließen. Dem Bedarf an Flächen für eine gewerbliche Entwicklung stehe jedoch ein wesentlich geringerer Bedarf an Flächen für neue industrielle Nutzungen entgegen, sodass die im ...-Areal freiwerdenden Flächen für eine gewerbliche Entwicklung durchaus zur Verfügung stehen könnten. Dies würde vor allem auch dem landesplanerischen Ziel der Innenentwicklung vor Neuerschließung entsprechen.
32 
b) Die Antragsgegnerin hat danach hinreichend konkrete und positive Planungsvorstellungen für das Gebiet des aufzustellenden Bebauungsplans „Rheinvorland West“ entwickelt. Den Erwägungen lässt sich unschwer entnehmen, dass die Antragsgegnerin beabsichtigt, den vorgesehenen Planungsraum als Gewerbegebiet auszuweisen und dies auch bereits näher begründet hat.
33 
3. Der angefochtenen Veränderungssperre mangelt es auch nicht an dem erforderlichen Sicherungsbedürfnis.
34 
Eine Veränderungssperre ist als Sicherungsmittel ungeeignet und damit unwirksam, wenn die beabsichtigte Bauleitplanung zwar im oben aufgezeigten Sinne schon hinreichend konkretisiert ist, aber von vornherein verfehlt ist. Solches ist anzunehmen, wenn sich das erkennbare Planungsziel im Wege planerischer Festsetzung nicht erreichen lässt oder wenn dieses der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind, oder wenn der beabsichtigte Bauleitplan schon jetzt erkennbar schlechterdings nicht behebbare rechtliche Mängel aufweist (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 - BVerwGE 34, 301; Urt. v. 16.12.1988 - 4 C 48.86 - BVerwGE 81, 111; Beschl. v. 21.12.1993 - 4 NB 40.93 - NVwZ 1994, 685; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 3.3.2005 - 3 S 1524/04 - VBlBW 2006, 142; Beschl. v. 14.11.2001 - 3 S 605/01 - VBlBW 2002, 200).
35 
Anknüpfungspunkt für die Beurteilung, ob sich nach diesen Maßgaben die Veränderungssperre als ungeeignet und damit als unwirksam erweist, ist § 1 Abs. 3 BauGB. Danach haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Nicht erforderlich in diesem Sinn und damit unzulässig ist ein Bebauungsplan, der aus zwingenden rechtlichen Gründen vollzugsunfähig ist oder der auf unabsehbare Zeit aus tatsächlichen Gründen keine Aussicht auf Verwirklichung bietet (BVerwG, Beschl. v. 8.9.1999 - 4 BN 14.99 - ZfBR 2000, 275; Beschl. v. 11.5.1999 - 4 BN 15.99 - NVwZ 1999, 1338 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 23.12.1998 - 26 N 98.1675 - BauR 1999, 873). Dies ist dann anzunehmen, wenn keinerlei Anhaltspunkte für eine Realisierung der Planung gegeben sind (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.11.2001 - 3 S 605/01 - VBlBW 2002, 200; Urt. v. 7.12.1998 - 3 S 3113/97 - VBlBW 1999, 174; Urt. v. 25.10.1996 - 5 S 1040/95 -) bzw. wenn von Anfang an feststeht, dass mit der Verwirklichung des Bebauungsplans oder einzelner Festsetzungen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen auf absehbare Zeit nicht gerechnet werden kann (BVerwG, Urt. v. 6.5.1993 - 4 C 15.91 - NVwZ 1994, 274 m.w.N.).
36 
Nach diesen Maßgaben unterliegt das Sicherungsbedürfnis der angefochtenen Veränderungssperre keinen rechtlichen Bedenken. Die dagegen unter dem Gesichtspunkt der mangelnden Erforderlichkeit des beabsichtigten Bebauungsplans erhobenen Einwendungen der Antragstellerin greifen nicht durch.
37 
a) Zunächst ist festzustellen, dass die Antragsgegnerin bei der Fassung des Aufstellungsbeschlusses entgegen der Auffassung der Antragstellerin von zutreffenden Tatsachen ausgegangen ist. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die bereits in der Beschlussvorlage dargelegten Rückbauaktivitäten, die auch nach dem Beschluss vom 19.3.2013 über die Veränderungssperre in der Folgezeit fortgesetzt wurden. Dies bestätigt der Vergleich der Gebäudebestandssituation auf dem Grundstück der Antragstellerin im Jahr 2012 und 2014, wie er auf den von der Antragsgegnerin vorgelegten Luftbildern dokumentiert wird. Diesen ist ein deutlicher Gebäuderückbau zu entnehmen. Auch in dem von der Antragstellerin vorgelegten - von Dr. H. Spangenberger erstellten - Standortgutachten der Gesellschaft für Anlagen- und Betriebssicherheit mbH. für die Antragsgegnerin zur Ermittlung von Achtungsabständen auf Basis des Leitfadens KAS-18 für die Betreiber ... GmbH, ...... GmbH, ...-... GmbH & Co. KG am Standort Grenzach und ... GmbH am Standort Wyhlen vom Oktober 2013 (im Folgenden: Standortgutachten zur Ermittlung von Achtungsabständen) wird mehrfach darauf hingewiesen, dass einige der in den Bildern dargestellten Gebäude zwischenzeitlich zurückgebaut worden seien bzw. sich im Rückbau befänden. Die Richtigkeit der Annahmen der Antragsgegnerin wird schließlich durch das von der Antragstellerin selbst dargelegte „Ansiedlungsmanagement“ für ihr Areal - insbesondere im Hinblick auf die Ansiedlung fremder Unternehmen industriellen Charakters - bestätigt.
38 
b) Der Einwand der Antragstellerin, sie wolle die industriellen Produktionsanlagen fortführen, weshalb wegen der bestandsgeschützten andersartigen Bebauung und Nutzung ihres Grundstücks der Bebauungsplan auf Dauer oder jedenfalls auf unabsehbare Zeit nicht vollzugsfähig sei, greift nicht durch.
39 
Die Vollzugsfähigkeit eines Bebauungsplans wird grundsätzlich nicht allein dadurch in Frage gestellt, dass seine Festsetzungen mit den bestehenden tatsächlichen Verhältnissen im Plangebiet nicht (voll) übereinstimmen. Denn die Planungsbefugnis der Gemeinde umfasst auch das Recht, sich im Interesse der langfristigen städtebaulichen Entwicklung eines Gebiets über die tatsächlichen Verhältnisse hinwegzusetzen (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.8.2000 - 4 CN 6.99 - BVerwGE 112, 41; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.7.2014 - 8 S 1202/12 -; Urt. v. 6.2.2014 - 3 S 207/13 - VBlBW 2015, 37; vgl. auch BayVGH, Urt. v. 13.11.2013 - 1 N 11.2263 - juris).
40 
Was im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen planerischen Konzeption. Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die „Städtebaupolitik“ zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Hierzu gehört auch die Entscheidung, in welchem Umfang sie Gemeindegebietsteile zur Unterbringung von Gewerbebetrieben zur Verfügung stellt.
41 
Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB sind nur solche Bauleitpläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind. Ist es - wie im vorliegenden Fall - das erklärte Ziel der Gemeinde, dem Gewerbe ein größeres Maß an Entfaltungsmöglichkeiten zu sichern, so hängt die Planungsbefugnis nach § 1 Abs. 3 BauGB nicht von dem Nachweis ab, dass hierfür deshalb ein unabweisbares Bedürfnis vorhanden ist, weil von Seiten des Gewerbes ein spürbarer Nachfragedruck besteht. Erforderlich ist eine bauleitplanerische Regelung nicht nur dann, wenn sie dazu dient, Entwicklungen, die bereits im Gange sind, in geordnete Bahnen zu lenken, sondern auch dann, wenn die Gemeinde die planerischen Voraussetzungen schafft, die es ermöglichen, einer Bedarfslage gerecht zu werden, die sich erst für die Zukunft abzeichnet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.5.1999 – 4 BN 15.99 – NVwZ 1999, 1338; Beschl. v. 8.9.1999 - 4 BN 14.99 - ZfBR 2000, 275).
42 
Vor dem Hintergrund der auf dem Areal der Antragstellerin stattfindenden Veränderungen erscheint das - oben dargestellte - bauplanerische Konzept der Antragsgegnerin im maßgeblichen Zeitpunkt des Aufstellungsbeschlusses und dem Erlass der streitgegenständlichen Veränderungssperre nicht als von vornherein vollzugsunfähig. Die Konflikte, die ein Nebeneinander von gewerblichen und industriellen Nutzungen gegebenenfalls hervorrufen, können gerade mit Blick auf die in § 1 Abs. 4 bis Abs. 9 BauNVO aufgeführten bauleitplanerischen Instrumente der vertikalen und horizontalen Gliederung von Baugebieten und die von § 1 Abs. 10 BauNVO begründete Möglichkeit, Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen bestimmter vorhandener baulicher und sonstiger Anlagen für allgemein oder ausnahmsweise zulässig zu erklären (vgl. hierzu Nonnenmacher/Thomale, VBlBW 2011, 89), bauplanungsrechtlich in zulässiger Weise bewältigt werden.
43 
c) Die Antragstellerin meint weiter, dem beabsichtigten Bebauungsplan mangele es deshalb an der Erforderlichkeit, weil ihre Industrieanlagen - zumindest teilweise - Störfallbetriebe im Sinne der Richtlinie 96/82/EG des Rates zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen in der Fassung der Richtlinie 2003/105/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2003 zur Änderung der vorgenannten Richtlinie - Seveso II-RL - (im Folgenden: RL 96/82/EG) seien. Wegen des gebotenen angemessenen Abstands zu ihnen sei eine Ausweisung des Grundstücks als Gewerbegebiet auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen. Der angefochtenen Veränderungssperre fehle es daher an der erforderlichen Sicherungsfähigkeit. Auch dem vermag der Senat nicht zu folgen.
44 
aa) Nach Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2 RL 96/82/EG sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass in ihrer Politik der Flächenausweisung oder Flächennutzung und/oder anderen einschlägigen Politiken sowie den Verfahren für die Durchführung dieser Politiken langfristig dem Erfordernis Rechnung getragen wird, dass zwischen den unter diese Richtlinie fallenden Betrieben einerseits und Wohngebieten, öffentlich genutzten Gebäuden und Gebieten, wichtigen Verkehrswegen (so weit wie möglich), Freizeitgebieten und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvollen bzw. besonders empfindlichen Gebieten andererseits ein angemessener Abstand gewahrt bleibt und dass bei bestehenden Betrieben zusätzliche technische Maßnahmen nach Artikel 5 ergriffen werden, damit es zu keiner Zunahme der Gefährdung der Bevölkerung kommt (ebenso Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2003 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen - Seveso III-RL -, die nach ihrem Art. 32 Abs. 1 mit Wirkung vom 1.6.2015 an die Stelle der RL 96/82/EG tritt).
45 
(1) Auf welche Weise diese Anforderungen erfüllt werden, richtet sich zunächst danach, ob die Genehmigung eines konkreten Vorhabens in der Nachbarschaft des Störfallbetriebs in Rede steht oder ob mit den Mitteln des Planungsrechts Nutzungsmöglichkeiten im Bereich eines Störfallbetriebs geschaffen werden sollen. In beiden Fällen ist - in einem ersten Schritt - der angemessene Abstand des vorhandenen Störfallbetriebs entweder zu dem zur Genehmigung gestellten konkreten Vorhaben oder den Vorhaben, die nach der Planung grundsätzlich zulassungsfähig sind, zu ermitteln. Liegen diese Vorhaben innerhalb des ermittelten angemessenen Abstands, führt dies zu einer Berücksichtigungspflicht entweder der Genehmigungsbehörde oder des Planungsträgers.
46 
(2) Wenn auch mit jedem Vorhaben, das den angemessenen Abstand unterschreitet, der störfallrechtlich unerwünschte Zustand in der Regel weiter verfestigt wird, zwingt Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG und die sich hieraus ergebende Berücksichtigungspflicht die Genehmigungsbehörden oder den Planungsträger nicht dazu, Neuansiedlungen in der Nachbarschaft eines Störfallbetriebs ausnahmslos abzulehnen und das Abstandskriterium damit zum alleinigen Genehmigungs- oder Ablehnungskriterium zu machen oder - im Falle einer Planung - zu unterlassen. Art. 12 Abs. 1 RL 96/82/EG gestattet es vielmehr, den „störfalltechnisch“ ermittelten angemessenen Abstand zu unterschreiten, wenn im Einzelfall hinreichend gewichtige Belange für die Zulassung des Vorhabens streiten. In Betracht kommen insbesondere soziale, ökologische und wirtschaftliche Belange (EuGH, Urt. v. 15.9.2011 - C-53/10 - UPR 2011, 443; BVerwG, Urt. v. 20.12.2012 - 4 C 11.11 -BVerwGE 145, 290).
47 
(3) In welcher Weise dieser Wertungsspielraum auszufüllen ist, gibt Art. 12 Abs. 1 RL 96/82/EG den Mitgliedstaaten nicht vor. Die Richtlinie lässt den Mitgliedstaaten in instrumenteller Hinsicht Spielräume, um der Berücksichtigungspflicht des Abstandserfordernisses - mit den Worten des EuGH - „in allgemeiner Weise bei der Aufstellung der Flächenausweisungs- oder Flächennutzungspläne“ oder - mangels einer Planung - „in spezifischer Weise ... beim Erlass von Entscheidungen über Baugenehmigungen“ nachzukommen (EuGH, Urt. v. 15.9.2011 - C-53/10 - UPR 2011, 443 Rn. 50; BVerwG, Urt. v. 20.12.2012 - 4 C 11.11 - BVerwGE 145, 290). Die Planungsbehörden sind deshalb nicht gehindert, die Pflicht zur Berücksichtigung angemessener Abstände auf die Genehmigungsbehörden zu übertragen (EuGH, Urt. v. 15.9.2011 - C-53/10 - a.a.O. Rn. 26).
48 
(4) Entscheidet sich die Gemeinde für das Instrument der Bauleitplanung, ist den Erfordernissen des Art. 12 Abs. 1 RL 96/82/EG in planerischer Weise Rechnung zu tragen. Die von der Richtlinie geforderten Wertungsspielräume gehen im bauleitplanerischen Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7, § 2 Abs. 3 BauGB) auf, in dessen Rahmen der Trennungsgrundsatz (§ 50 BImSchG) als Abwägungsdirektive zu beachten ist (BVerwG, Urt. v. 20.12.2012 - 4 C 11.11 -BVerwGE 145, 290; vgl. auch Beschl. v. 16.3.2010 - 4 BN 66.09 - NVwZ 2010, 1246; Beschl. v. 21.12.2011 - 4 B 14.11 - BauR 2012, 600). Den Anforderungen der RL 96/82/EG wird genügt, wenn im Rahmen der Abwägung auch die Belange des Störfallrechts und des Störfallschutzes beachtet werden (Reitberger, I+E 2012, 145; Berkemann, ZfBR 2010, 18; Moench/Henning, DVBl. 2009, 223; Steiff, NZBau 2007, 363; Hendler, DVBl. 2012, 532; Uechtritz, BauR 2012, 1039, Reidt, BauR 2012, 1182; Lau, DVBl. 2012, 678).
49 
bb) Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist auch in Ansehung der im Planungsbereich vorhandenen Störfallbetriebe eine Ausweisung des von der Veränderungssperre erfassten Areals als Gewerbegebiet nicht auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen.
50 
(1) Zwar wird im Rahmen einer Bauleitplanung dem störfallschutzrechtlichen Abstandsgebot nach Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2. RL 96/82/EG und in deren Umsetzung dem Trennungsgebot des § 50 Satz 1 BImSchG ein besonderes Gewicht in der planerischen Abwägung beigemessen werden müssen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 6.3.2008 - 10 D 103/06.NE - BRS 73 Nr. 33 [2008]). Gleichwohl ist das störfallschutzrechtliche Abstandsgebot im Einzelfall überwindbar. Insbesondere können geringere Abstände hingenommen werden, wenn - vor allem in bestehenden Gemengelagen - andere Maßnahmen zur Risikovorsorge festgesetzt werden (Reitberger, I+E 2012, 154). Eine ordnungsgemäße Abwägung setzt daher in erster Linie voraus, dass die vorhandenen Störfallbetriebe - oder bei projektbezogenen oder vorhabenbezogenen Bebauungsplänen die sich künftig ansiedelnden Störfallbetriebe - hinreichend erfasst werden und in Bezug auf diese der jeweilig angemessene Abstand ermittelt wird. Hierbei kann der Leitfaden der Kommission für Anlagesicherheit beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (KAS) „Empfehlungen für Abstände zwischen Betriebsbereichen nach der Störfall-Verordnung in schutzbedürftigen Gebieten im Rahmen der Bauleitplanung - Umsetzung § 50 BImSchG“ vom November 2010 eine Orientierungshilfe darstellen. Eine fehlerfreie Abwägung setzt nach zutreffender Ermittlung der Störfallbetriebe ferner voraus, dass die Belange des Störfallschutzes in ihrer Bedeutung richtig erkannt werden. Dies gilt insbesondere, wenn ausgehend von der konkreten Lage und Beschaffenheit des Betriebsbereichs eines Störfallbetriebs der hierauf bezogene angemessene Abstand unterschritten werden soll. Entscheidende Kriterien für die Gewichtung der Belange des Störfallschutzes werden insbesondere die Quantität und die Qualität der schutzbedürftigen Nutzungen sowie neben dem Ausmaß von möglichen Störfällen auch deren Eintrittswahrscheinlichkeit - soweit diagnostizierbar - sein.
51 
(2) Neben der reinen Abstandswahrung können auch weitere Maßnahmen zur Reduzierung der Auswirkungen von Störfällen in den Blick zu nehmen sein. Hierbei ist an passive Schutzmaßnahmen wie die Anlegung von Gräben, Mauern oder Wällen zu denken. Ferner können Festsetzungen zur Gebäudestellung und besondere Anforderungen an Gebäude, insbesondere Fenster, Türen und Lüftung in Betracht zu ziehen sein. Weiterhin können Gesichtspunkte der Koordinierung von Alarmierungs- und Evakuierungsplänen, deren Effektivität in städtebaulichen Verträgen sichergestellt werden können, bei der planerischen Bewältigung des Störfallschutzes mitbedacht werden. Bei all diesen Maßnahmen ist deren eigene Störfallanfälligkeit bei der Frage ihrer Effektivität zur Sicherstellung eines Störfallschutzes zu berücksichtigen.
52 
Die vorgenannten Maßnahmen können auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB festsetzungsfähiger Inhalt eines Bebauungsplans sein. Ein weiteres Instrumentarium zur Bewältigung des Störfallschutzes bei einem Nebeneinander von Störfallbetrieb und anderen Nutzungen sind die in § 1 Abs. 4 - 9 BauNVO aufgeführten Möglichkeiten der vertikalen und horizontalen Innengliederung von Baugebieten einschließlich der Fremdkörperfestsetzung nach § 1 Abs. 10 BauNVO. Hierbei kann eine In-Sich-Gliederung nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO in Betracht kommen, der nicht nur eine Gliederung nach der Art der Betriebe und Anlagen ermöglicht, sondern auch nach besonderen Bedürfnissen sowie besonderen Eigenschaften (vgl. Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, 4. Aufl. 2010, Rn. 540 f.). Insoweit ist insbesondere auf § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO hinzuweisen, der in Bezug auf Gewerbe- und Industriegebiete bestimmt, dass diese auch im Verhältnis zueinander gegliedert werden können. § 1 Abs. 5 und Abs. 9 BauNVO ermöglicht zudem beispielsweise einen Ausschluss bestimmter Nutzungen, die aufgrund ihrer Eigenart von der Störfallgefahr bereits vorhandener Störfallbetriebe in besonderem Maße betroffen sind. Diese bauleitplanerischen Instrumente sind geeignet, gerade bei der Überplanung von Gemengelagen mit bereits bestehenden Störfallbetrieben einen planungsrechtlichen Störfallschutz zu ermöglichen.
53 
Das bauleitplanerische Instrumentarium bietet danach ausreichend Möglichkeiten für die Gemeinde, auch bei der Überplanung von Gemengelagen einen den Anforderungen der RL 96/82/EG genügenden Störfallschutz zu gewährleisten. Allein der Umstand, dass im räumlichen Geltungsbereich der Veränderungssperre Störfallbetriebe vorhanden sind, führt daher nicht dazu, dass dem beabsichtigten Bebauungsplan tatsächliche oder rechtliche Hindernisse auf unabsehbare Zeit entgegenstehen. Dies gilt im vorliegenden Fall insbesondere auch deshalb, weil nicht der gesamte räumliche Geltungsbereich des beabsichtigen Bebauungsplans von den „Achtungsabständen“ erfasst wird, die nach dem von der Antragstellerin vorgelegten Standortgutachten zur Ermittlung von Achtungsabständen den darin liegenden Störfallbetrieben zugeordnet werden. Im Übrigen erfolgten gegenüber der Situation im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens weitere Rückbaumaßnahmen.
54 
c) Eine unzulässige Negativplanung, die - wie die Antragstellerin meint allein auf Verhinderung der von der Fa. Z... beabsichtigten Abfallentsorgungsanlage gerichtet ist, liegt gleichfalls nicht vor.
55 
Eine Planung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht für den Erlass einer Veränderungssperre nicht aus. Sind positive Planungsvorstellungen nur vorgeschoben, um eine in Wahrheit auf bloße Verhinderung gerichtete Planung zu verdecken, so handelt es sich um eine Negativplanung, die den Erlass einer Veränderungssperre nicht rechtfertigt (BVerwG, Urt. v. 19.2.2004 - 4 CN 16.03 - BVerwGE 120, 138; Urt. v. 30.8.2012 - 4 C 1.11 – BVerwGE 144, 82).
56 
Festsetzungen in einem Bebauungsplan sind aber selbst dann nicht als „Negativplanung“ wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 BauGB unwirksam, wenn ihr Hauptzweck in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen besteht. Sie sind vielmehr nur unzulässig, wenn sie nicht dem planerischen Willen der Gemeinde entsprechen und also vorgeschoben sind, um eine andere Nutzung zu verhindern. Festsetzungen dürfen mithin nicht nur das vorgeschobene Mittel sein, um einen Bauwunsch zu durchkreuzen. Letzteres kann aber nicht bereits dann angenommen werden, wenn die negative Zielrichtung im Vordergrund steht. Denn auch eine zunächst nur auf die Verhinderung einer - aus der Sicht der Gemeinde -Fehlentwicklung gerichtete Planung kann einen Inhalt haben, der rechtlich nicht zu beanstanden ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.12.1990 - 4 NB 8.90 -DÖV 1991 S. 744; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 3.3.2005 - 3 S 1524/04 - VBlBW 2006, 142).
57 
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin liegt bei Anwendung dieser Grundsätze eine unzulässige Negativplanung nicht vor. Dies gilt selbst dann, wenn der Bauwunsch der Fa. Z... die Einleitung des Bauplanungsverfahrens mitbeeinflusst haben sollte. Das - oben - dargestellte positive Planungsziel der Antragsgegnerin beinhaltet notwendigerweise die Verhinderung weiterer Gewerbebetriebe mit für ein Industriegebiet typischen Nutzungen, wie dies von der Antragstellerin im Rahmen ihres „Ansiedlungsmanagements“ angestrebt wird. Das auf dem Grundstück der Antragstellerin beabsichtigte - und bereits zur Genehmigung gestellte - Vorhaben der Fa. Z... würde den derzeitigen von der Antragsgegnerin unerwünschten planungsrechtlichen Zustand perpetuieren und ihren konkreten Planungsabsichten zuwiderlaufen. Wenn die Antragsgegnerin den Bauwunsch der Fa. Z... zum Anlass genommen haben sollte, ihre ersichtlich von städtebaulichen Gründen getragenen Planungsabsichten mit den Instrumenten des Bauplanungsrechts zu sichern, kann dies daher rechtlich nicht beanstandet werden.
58 
d) Schließlich führt auch der weitere Einwand der Antragstellerin, eine abwägungsgerechte Planung sei im vorliegenden Fall unter keinem möglichen Gesichtspunkt denkbar, nicht zur Unwirksamkeit der Veränderungssperre.
59 
Zu einer sachgerechten Abwägung im Zusammenhang mit dem Störfallschutz bei der Überplanung von Gemengelagen mit bereits vorhandenen Störfallbetrieben zählt zwar zweifellos nicht allein der Schutz von Nachbarschaft und Umweltgütern vor den Schadensfolgen im Falle eines Störfallereignisses. Vielmehr sind auch die Belange der Störfallbetriebe einschließlich etwaiger Erweiterungsinteressen abwägungsbedeutsam (§ 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst. a BauGB). Es bestehen jedoch - entgegen der pauschalen Behauptung der Antragstellerin - keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Planung der Antragsgegnerin im Hinblick auf die Belange der im Plangebiet vorhandenen Störfallbetriebe sowie der grundrechtlich geschützten Freiheit des Betriebsinhabers (Art. 12 und Art. 14 GG) zwangsläufig zu keinem mit den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Abwägung vereinbaren Ergebnis führen wird.
60 
Zudem unterliegt die Veränderungssperre selbst nicht dem allgemeinen Abwägungsgebot gemäß § 1 Abs. 7 BauGB, sondern nur der Prüfung, ob sie zur Erreichung des mit ihr verfolgten Sicherungszwecks erforderlich ist. Darauf, ob der noch nicht beschlossene künftige Bebauungsplan in seinen Festsetzungen möglicherweise dem Abwägungsgebot entsprechen wird, kommt es deshalb nicht an. Entscheidend ist allein, ob die beabsichtigte Planung auf ein Ziel gerichtet ist, das im konkreten Fall mit den Mitteln der Bauleitplanung zulässigerweise erreicht werden kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.9.1992 - 4 NB 35.92 - DÖV 1993, 250; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 3.3.2005 - 3 S 1524/04 - VBlBW 2006, 170). Wie dargestellt, ist das hier der Fall.
61 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
62 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
63 
Beschluss vom 10. März 2015
64 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG endgültig auf 30.000,-- EUR festgesetzt.
65 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
19 
Der Normenkontrollantrag bleibt ohne Erfolg.
I.
20 
An der Zulässigkeit des Normenkontrollantrags bestehen keine Bedenken.
21 
Der Normenkontrollantrag ist statthaft, denn die Antragstellerin wendet sich gegen eine Veränderungssperre, die als Satzung nach dem Baugesetzbuch beschlossen worden ist und deren Gültigkeit vom erkennenden Senat gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO überprüft werden kann.
22 
Der fristgemäß gestellte Antrag ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist die Antragstellerin gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Denn ihre Antragsberechtigung ergibt sich aus ihrer Eigentümerstellung hinsichtlich des von der Veränderungssperre erfassten Grundstücks.
II.
23 
Der Normenkontrollantrag ist jedoch nicht begründet.
24 
Die Satzung der Antragsgegnerin über die Veränderungssperre leidet weder an formellen noch an materiellen Fehlern. Formelle Mängel sind nicht vorgetragen; solche sind auch nicht ersichtlich. Die Veränderungssperre ist insbesondere nicht deshalb unwirksam, weil der Gemeinderat über den Beschlussvorschlag, für den in der Anlage dargestellten Bereich den Bebauungsplan „Rheinvorland West“ aufzustellen und zur Sicherung der Bauleitplanung für das Plangebiet eine Veränderungssperre zu beschließen, nicht getrennt, sondern in einer Sitzung abgestimmt hat (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 5.8.2014 - 3 S 1673/12 - NVwZ-RR 2014, 931). Die Satzung steht auch in materiell-rechtlicher Hinsicht in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Voraussetzungen.
25 
1. Eine Gemeinde kann gemäß § 14 Abs. 1 BauGB zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre beschließen mit dem Inhalt, dass Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen (Nr. 1) bzw. erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen (Nr. 2), sobald der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist. Auf Grund des vom Gemeinderat der Antragsgegnerin am 19.3.2013 erlassenen Aufstellungsbeschlusses für den Bebauungsplan „Rheinvorland West“ konnte mithin am 19.3.2013 auch die angegriffene Veränderungssperre beschlossen werden.
26 
2. Allein der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans genügt für die Wirksamkeit einer Satzung über eine Veränderungssperre jedoch nicht.
27 
Eine Veränderungssperre darf erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Wesentlich ist dabei, dass die Gemeinde bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt hat. Das Mindestmaß an planerischen Vorstellungen, die vorliegen müssen, um eine Veränderungssperre zu rechtfertigen, muss - gewissermaßen als inhaltlicher Kontrollmaßstab des Konkretisierungsgebots - zugleich geeignet sein, die Entscheidung der Genehmigungsbehörde zu steuern, wenn sie über die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung zu befinden hat (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 1 BauGB mit Blick auf den praktisch wichtigsten öffentliche Belang, nämlich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung). Diese Vorstellungen können sich nicht nur aus Niederschriften über die Gemeinderatssitzung, sondern auch aus allen anderen erkennbaren Unterlagen und Umständen ergeben. Hierzu kann beispielsweise auch die anderen Akten zu entnehmende oder bekannte Vorgeschichte gehören. Soll mit dem in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan (auch) die Art der baulichen Nutzung gesteuert werden, ist der Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans noch offen, wenn Vorstellungen über die angestrebte Art der baulichen Nutzung fehlen (st. Rspr. vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.12.2013 – 4 BN 18.13 - BRS 81 Nr. 130 [2013]; Beschl. v. 22.1.2013 – 4 BN 7.13 – BBB 2013, Nr. 4, 61; Urt. v. 30.8.2012 – 4 C 1.11 – BVerwGE 144, 82; Beschl. v. 1.10 2009 – 4 BN 34.09 – NVwZ 2010, 42; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.6.2014 – 5 S 203/13 – ZfBR 2015, 163; Beschl. v. 14.11.2001 - 3 S 605/01 - VBlBW 2002, 200).
28 
Für den Erlass einer Veränderungssperre ist jedoch keine Planreife erforderlich. Es ist insbesondere nicht erforderlich, dass bereits der angestrebte Baugebietstyp i. S. d. Baunutzungsverordnung feststeht. Es reicht aus, wenn absehbar ist, dass sich das von einer hinreichend konkreten positiven Konzeption getragene Planziel im Wege bauplanerischer Festsetzungen überhaupt erreichen lässt; die Auswahl der Mittel zur Realisierung des Planziels ist hingegen - ebenso wie die Lösung von Nutzungskonflikten - typischerweise Aufgabe der im Bebauungsplanverfahren vorzunehmenden planerischen Abwägung (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.9.2007 – 8 S 1584/06 – VBlBW 2008, 143; Urt. v. 24.11.2005 - 8 S 794/05 - VBlBW 2006, 275).
29 
Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die angefochtene Veränderungssperre nicht zu beanstanden.
30 
a) In der Beschlussvorlage vom 14.3.2013 zur Aufstellung des Bebauungsplans „Rheinvorland West“ wird ausgeführt, dass sich für das Industrieareal der Antragstellerin ein grundlegender Wandel abzeichne. Die Antragstellerin habe in den vergangenen Jahren ganz erhebliche Teile der Produktion eingestellt bzw. an andere Standorte außerhalb Grenzachs verlagert. Der Restrukturierungsprozess des Areals habe unmittelbar nach Übernahme der C... durch die Antragstellerin im Jahre 2009 begonnen. Im Jahr 2011 sei für den Standort Grenzach von der Antragstellerin ein Rückbauplan mit mehreren Phasen vorgelegt worden, der für den Zeitraum von 2011 bis 2013 den Abbruch von etwa 2/3 aller Gebäude vorsehe. Mittlerweile sei der größte Teil der Gebäude (Phase 1 und 2) bereits abgebrochen worden, die Phase 3 solle noch 2013 abgeschlossen werden. Ein parallel zum Rückbauplan der Antragstellerin in 2012 vorgelegter Entwicklungsplan habe den Verbleib eines sogenannten ...-Kernbereiches vorgesehen, in dem weiterhin chemische Produktion stattfinden solle, die übrigen Flächen sollten für andere industrielle und/oder gewerbliche Nutzungen zur Verfügung stehen. Die Antragstellerin wolle das vormals allein genutzte Areal öffnen und neuen unterschiedlichen Nutzern und Nutzungen zuführen. Daraus ergebe sich die Notwendigkeit, die zukünftige Nutzung des Areals aktiv zu steuern. Ziel der Gemeinde sei es, Teile dieses Industrieareals zu einem Gewerbe- und Dienstleistungsstandort hoher Qualität zu entwickeln. Damit sollten gleichzeitig die Qualitäten des unmittelbar angrenzenden Ortes Grenzach wiederbelebt und gestärkt werden. Diesen Zielen entgegenstehende Nutzungen sollten innerhalb des Areals künftig nicht mehr zulässig sein.
31 
Im Weiteren wird in der Beschlussvorlage ausgeführt, ursprünglich sei vorgesehen worden, als flexible Grundlage für die schrittweise Umsetzung der Planungsziele eine Kernzone industrieller Nutzung mit kompatiblen gewerblichen Nutzungen in breiten Randbereichen zu schaffen. Dieser Rahmenplan, der bereichsweise mit dem von der Antragstellerin 2012 vorgelegten Entwicklungsplan prinzipiell übereingestimmt habe (z. B. Gewerbenutzungen in verschiedenen Bereichen des Areals), sei auf der Grundlage der jüngsten Aussagen von Februar 2013 zwischenzeitlich in Teilflächen weiterentwickelt worden. Im Rahmen eines Gesprächstermins zwischen der Gemeinde und der ...-Konzernleitung am 14.2.2013 sei seitens der Antragstellerin jedoch eindeutig klargestellt worden, dass mit eigenen Investitionen in neue Produktionen nicht zu rechnen sei. Auch auf wiederholte Nachfrage habe die Antragstellerin keinerlei Aussagen über die Zukunft und den Verbleib der bestehenden Produktion machen wollen. Die städtebaulichen Überlegungen gingen nunmehr dahin, auf die planerische Ausweisung eines sog. industriellen Kerns (mit planungsrechtlicher Ausweisung als „Industriegebiet“) im Bereich der Antragstellerin zugunsten einer verbesserten Gewerbe- und Dienstleistungsentwicklung vollständig zu verzichten. Der Bestandschutz der genehmigten und noch vorhandenen industriellen Nutzung werde davon selbstverständlich nicht berührt. In den vergangenen Jahren sei für Grenzach-Wyhlen eine nachweisbare, kontinuierliche Nachfrage nach Grundstücken für gewerbliche Nutzungen verschiedenster Art zu verzeichnen. Um der Nachfrage gerecht zu werden, müsse die Gemeinde mittelfristig ein neues Gewerbegebiet planungsrechtlich etablieren und erschließen. Dem Bedarf an Flächen für eine gewerbliche Entwicklung stehe jedoch ein wesentlich geringerer Bedarf an Flächen für neue industrielle Nutzungen entgegen, sodass die im ...-Areal freiwerdenden Flächen für eine gewerbliche Entwicklung durchaus zur Verfügung stehen könnten. Dies würde vor allem auch dem landesplanerischen Ziel der Innenentwicklung vor Neuerschließung entsprechen.
32 
b) Die Antragsgegnerin hat danach hinreichend konkrete und positive Planungsvorstellungen für das Gebiet des aufzustellenden Bebauungsplans „Rheinvorland West“ entwickelt. Den Erwägungen lässt sich unschwer entnehmen, dass die Antragsgegnerin beabsichtigt, den vorgesehenen Planungsraum als Gewerbegebiet auszuweisen und dies auch bereits näher begründet hat.
33 
3. Der angefochtenen Veränderungssperre mangelt es auch nicht an dem erforderlichen Sicherungsbedürfnis.
34 
Eine Veränderungssperre ist als Sicherungsmittel ungeeignet und damit unwirksam, wenn die beabsichtigte Bauleitplanung zwar im oben aufgezeigten Sinne schon hinreichend konkretisiert ist, aber von vornherein verfehlt ist. Solches ist anzunehmen, wenn sich das erkennbare Planungsziel im Wege planerischer Festsetzung nicht erreichen lässt oder wenn dieses der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind, oder wenn der beabsichtigte Bauleitplan schon jetzt erkennbar schlechterdings nicht behebbare rechtliche Mängel aufweist (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 - BVerwGE 34, 301; Urt. v. 16.12.1988 - 4 C 48.86 - BVerwGE 81, 111; Beschl. v. 21.12.1993 - 4 NB 40.93 - NVwZ 1994, 685; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 3.3.2005 - 3 S 1524/04 - VBlBW 2006, 142; Beschl. v. 14.11.2001 - 3 S 605/01 - VBlBW 2002, 200).
35 
Anknüpfungspunkt für die Beurteilung, ob sich nach diesen Maßgaben die Veränderungssperre als ungeeignet und damit als unwirksam erweist, ist § 1 Abs. 3 BauGB. Danach haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Nicht erforderlich in diesem Sinn und damit unzulässig ist ein Bebauungsplan, der aus zwingenden rechtlichen Gründen vollzugsunfähig ist oder der auf unabsehbare Zeit aus tatsächlichen Gründen keine Aussicht auf Verwirklichung bietet (BVerwG, Beschl. v. 8.9.1999 - 4 BN 14.99 - ZfBR 2000, 275; Beschl. v. 11.5.1999 - 4 BN 15.99 - NVwZ 1999, 1338 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 23.12.1998 - 26 N 98.1675 - BauR 1999, 873). Dies ist dann anzunehmen, wenn keinerlei Anhaltspunkte für eine Realisierung der Planung gegeben sind (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.11.2001 - 3 S 605/01 - VBlBW 2002, 200; Urt. v. 7.12.1998 - 3 S 3113/97 - VBlBW 1999, 174; Urt. v. 25.10.1996 - 5 S 1040/95 -) bzw. wenn von Anfang an feststeht, dass mit der Verwirklichung des Bebauungsplans oder einzelner Festsetzungen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen auf absehbare Zeit nicht gerechnet werden kann (BVerwG, Urt. v. 6.5.1993 - 4 C 15.91 - NVwZ 1994, 274 m.w.N.).
36 
Nach diesen Maßgaben unterliegt das Sicherungsbedürfnis der angefochtenen Veränderungssperre keinen rechtlichen Bedenken. Die dagegen unter dem Gesichtspunkt der mangelnden Erforderlichkeit des beabsichtigten Bebauungsplans erhobenen Einwendungen der Antragstellerin greifen nicht durch.
37 
a) Zunächst ist festzustellen, dass die Antragsgegnerin bei der Fassung des Aufstellungsbeschlusses entgegen der Auffassung der Antragstellerin von zutreffenden Tatsachen ausgegangen ist. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die bereits in der Beschlussvorlage dargelegten Rückbauaktivitäten, die auch nach dem Beschluss vom 19.3.2013 über die Veränderungssperre in der Folgezeit fortgesetzt wurden. Dies bestätigt der Vergleich der Gebäudebestandssituation auf dem Grundstück der Antragstellerin im Jahr 2012 und 2014, wie er auf den von der Antragsgegnerin vorgelegten Luftbildern dokumentiert wird. Diesen ist ein deutlicher Gebäuderückbau zu entnehmen. Auch in dem von der Antragstellerin vorgelegten - von Dr. H. Spangenberger erstellten - Standortgutachten der Gesellschaft für Anlagen- und Betriebssicherheit mbH. für die Antragsgegnerin zur Ermittlung von Achtungsabständen auf Basis des Leitfadens KAS-18 für die Betreiber ... GmbH, ...... GmbH, ...-... GmbH & Co. KG am Standort Grenzach und ... GmbH am Standort Wyhlen vom Oktober 2013 (im Folgenden: Standortgutachten zur Ermittlung von Achtungsabständen) wird mehrfach darauf hingewiesen, dass einige der in den Bildern dargestellten Gebäude zwischenzeitlich zurückgebaut worden seien bzw. sich im Rückbau befänden. Die Richtigkeit der Annahmen der Antragsgegnerin wird schließlich durch das von der Antragstellerin selbst dargelegte „Ansiedlungsmanagement“ für ihr Areal - insbesondere im Hinblick auf die Ansiedlung fremder Unternehmen industriellen Charakters - bestätigt.
38 
b) Der Einwand der Antragstellerin, sie wolle die industriellen Produktionsanlagen fortführen, weshalb wegen der bestandsgeschützten andersartigen Bebauung und Nutzung ihres Grundstücks der Bebauungsplan auf Dauer oder jedenfalls auf unabsehbare Zeit nicht vollzugsfähig sei, greift nicht durch.
39 
Die Vollzugsfähigkeit eines Bebauungsplans wird grundsätzlich nicht allein dadurch in Frage gestellt, dass seine Festsetzungen mit den bestehenden tatsächlichen Verhältnissen im Plangebiet nicht (voll) übereinstimmen. Denn die Planungsbefugnis der Gemeinde umfasst auch das Recht, sich im Interesse der langfristigen städtebaulichen Entwicklung eines Gebiets über die tatsächlichen Verhältnisse hinwegzusetzen (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.8.2000 - 4 CN 6.99 - BVerwGE 112, 41; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.7.2014 - 8 S 1202/12 -; Urt. v. 6.2.2014 - 3 S 207/13 - VBlBW 2015, 37; vgl. auch BayVGH, Urt. v. 13.11.2013 - 1 N 11.2263 - juris).
40 
Was im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen planerischen Konzeption. Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die „Städtebaupolitik“ zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Hierzu gehört auch die Entscheidung, in welchem Umfang sie Gemeindegebietsteile zur Unterbringung von Gewerbebetrieben zur Verfügung stellt.
41 
Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB sind nur solche Bauleitpläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind. Ist es - wie im vorliegenden Fall - das erklärte Ziel der Gemeinde, dem Gewerbe ein größeres Maß an Entfaltungsmöglichkeiten zu sichern, so hängt die Planungsbefugnis nach § 1 Abs. 3 BauGB nicht von dem Nachweis ab, dass hierfür deshalb ein unabweisbares Bedürfnis vorhanden ist, weil von Seiten des Gewerbes ein spürbarer Nachfragedruck besteht. Erforderlich ist eine bauleitplanerische Regelung nicht nur dann, wenn sie dazu dient, Entwicklungen, die bereits im Gange sind, in geordnete Bahnen zu lenken, sondern auch dann, wenn die Gemeinde die planerischen Voraussetzungen schafft, die es ermöglichen, einer Bedarfslage gerecht zu werden, die sich erst für die Zukunft abzeichnet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.5.1999 – 4 BN 15.99 – NVwZ 1999, 1338; Beschl. v. 8.9.1999 - 4 BN 14.99 - ZfBR 2000, 275).
42 
Vor dem Hintergrund der auf dem Areal der Antragstellerin stattfindenden Veränderungen erscheint das - oben dargestellte - bauplanerische Konzept der Antragsgegnerin im maßgeblichen Zeitpunkt des Aufstellungsbeschlusses und dem Erlass der streitgegenständlichen Veränderungssperre nicht als von vornherein vollzugsunfähig. Die Konflikte, die ein Nebeneinander von gewerblichen und industriellen Nutzungen gegebenenfalls hervorrufen, können gerade mit Blick auf die in § 1 Abs. 4 bis Abs. 9 BauNVO aufgeführten bauleitplanerischen Instrumente der vertikalen und horizontalen Gliederung von Baugebieten und die von § 1 Abs. 10 BauNVO begründete Möglichkeit, Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen bestimmter vorhandener baulicher und sonstiger Anlagen für allgemein oder ausnahmsweise zulässig zu erklären (vgl. hierzu Nonnenmacher/Thomale, VBlBW 2011, 89), bauplanungsrechtlich in zulässiger Weise bewältigt werden.
43 
c) Die Antragstellerin meint weiter, dem beabsichtigten Bebauungsplan mangele es deshalb an der Erforderlichkeit, weil ihre Industrieanlagen - zumindest teilweise - Störfallbetriebe im Sinne der Richtlinie 96/82/EG des Rates zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen in der Fassung der Richtlinie 2003/105/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2003 zur Änderung der vorgenannten Richtlinie - Seveso II-RL - (im Folgenden: RL 96/82/EG) seien. Wegen des gebotenen angemessenen Abstands zu ihnen sei eine Ausweisung des Grundstücks als Gewerbegebiet auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen. Der angefochtenen Veränderungssperre fehle es daher an der erforderlichen Sicherungsfähigkeit. Auch dem vermag der Senat nicht zu folgen.
44 
aa) Nach Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2 RL 96/82/EG sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass in ihrer Politik der Flächenausweisung oder Flächennutzung und/oder anderen einschlägigen Politiken sowie den Verfahren für die Durchführung dieser Politiken langfristig dem Erfordernis Rechnung getragen wird, dass zwischen den unter diese Richtlinie fallenden Betrieben einerseits und Wohngebieten, öffentlich genutzten Gebäuden und Gebieten, wichtigen Verkehrswegen (so weit wie möglich), Freizeitgebieten und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvollen bzw. besonders empfindlichen Gebieten andererseits ein angemessener Abstand gewahrt bleibt und dass bei bestehenden Betrieben zusätzliche technische Maßnahmen nach Artikel 5 ergriffen werden, damit es zu keiner Zunahme der Gefährdung der Bevölkerung kommt (ebenso Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2003 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen - Seveso III-RL -, die nach ihrem Art. 32 Abs. 1 mit Wirkung vom 1.6.2015 an die Stelle der RL 96/82/EG tritt).
45 
(1) Auf welche Weise diese Anforderungen erfüllt werden, richtet sich zunächst danach, ob die Genehmigung eines konkreten Vorhabens in der Nachbarschaft des Störfallbetriebs in Rede steht oder ob mit den Mitteln des Planungsrechts Nutzungsmöglichkeiten im Bereich eines Störfallbetriebs geschaffen werden sollen. In beiden Fällen ist - in einem ersten Schritt - der angemessene Abstand des vorhandenen Störfallbetriebs entweder zu dem zur Genehmigung gestellten konkreten Vorhaben oder den Vorhaben, die nach der Planung grundsätzlich zulassungsfähig sind, zu ermitteln. Liegen diese Vorhaben innerhalb des ermittelten angemessenen Abstands, führt dies zu einer Berücksichtigungspflicht entweder der Genehmigungsbehörde oder des Planungsträgers.
46 
(2) Wenn auch mit jedem Vorhaben, das den angemessenen Abstand unterschreitet, der störfallrechtlich unerwünschte Zustand in der Regel weiter verfestigt wird, zwingt Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG und die sich hieraus ergebende Berücksichtigungspflicht die Genehmigungsbehörden oder den Planungsträger nicht dazu, Neuansiedlungen in der Nachbarschaft eines Störfallbetriebs ausnahmslos abzulehnen und das Abstandskriterium damit zum alleinigen Genehmigungs- oder Ablehnungskriterium zu machen oder - im Falle einer Planung - zu unterlassen. Art. 12 Abs. 1 RL 96/82/EG gestattet es vielmehr, den „störfalltechnisch“ ermittelten angemessenen Abstand zu unterschreiten, wenn im Einzelfall hinreichend gewichtige Belange für die Zulassung des Vorhabens streiten. In Betracht kommen insbesondere soziale, ökologische und wirtschaftliche Belange (EuGH, Urt. v. 15.9.2011 - C-53/10 - UPR 2011, 443; BVerwG, Urt. v. 20.12.2012 - 4 C 11.11 -BVerwGE 145, 290).
47 
(3) In welcher Weise dieser Wertungsspielraum auszufüllen ist, gibt Art. 12 Abs. 1 RL 96/82/EG den Mitgliedstaaten nicht vor. Die Richtlinie lässt den Mitgliedstaaten in instrumenteller Hinsicht Spielräume, um der Berücksichtigungspflicht des Abstandserfordernisses - mit den Worten des EuGH - „in allgemeiner Weise bei der Aufstellung der Flächenausweisungs- oder Flächennutzungspläne“ oder - mangels einer Planung - „in spezifischer Weise ... beim Erlass von Entscheidungen über Baugenehmigungen“ nachzukommen (EuGH, Urt. v. 15.9.2011 - C-53/10 - UPR 2011, 443 Rn. 50; BVerwG, Urt. v. 20.12.2012 - 4 C 11.11 - BVerwGE 145, 290). Die Planungsbehörden sind deshalb nicht gehindert, die Pflicht zur Berücksichtigung angemessener Abstände auf die Genehmigungsbehörden zu übertragen (EuGH, Urt. v. 15.9.2011 - C-53/10 - a.a.O. Rn. 26).
48 
(4) Entscheidet sich die Gemeinde für das Instrument der Bauleitplanung, ist den Erfordernissen des Art. 12 Abs. 1 RL 96/82/EG in planerischer Weise Rechnung zu tragen. Die von der Richtlinie geforderten Wertungsspielräume gehen im bauleitplanerischen Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7, § 2 Abs. 3 BauGB) auf, in dessen Rahmen der Trennungsgrundsatz (§ 50 BImSchG) als Abwägungsdirektive zu beachten ist (BVerwG, Urt. v. 20.12.2012 - 4 C 11.11 -BVerwGE 145, 290; vgl. auch Beschl. v. 16.3.2010 - 4 BN 66.09 - NVwZ 2010, 1246; Beschl. v. 21.12.2011 - 4 B 14.11 - BauR 2012, 600). Den Anforderungen der RL 96/82/EG wird genügt, wenn im Rahmen der Abwägung auch die Belange des Störfallrechts und des Störfallschutzes beachtet werden (Reitberger, I+E 2012, 145; Berkemann, ZfBR 2010, 18; Moench/Henning, DVBl. 2009, 223; Steiff, NZBau 2007, 363; Hendler, DVBl. 2012, 532; Uechtritz, BauR 2012, 1039, Reidt, BauR 2012, 1182; Lau, DVBl. 2012, 678).
49 
bb) Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist auch in Ansehung der im Planungsbereich vorhandenen Störfallbetriebe eine Ausweisung des von der Veränderungssperre erfassten Areals als Gewerbegebiet nicht auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen.
50 
(1) Zwar wird im Rahmen einer Bauleitplanung dem störfallschutzrechtlichen Abstandsgebot nach Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2. RL 96/82/EG und in deren Umsetzung dem Trennungsgebot des § 50 Satz 1 BImSchG ein besonderes Gewicht in der planerischen Abwägung beigemessen werden müssen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 6.3.2008 - 10 D 103/06.NE - BRS 73 Nr. 33 [2008]). Gleichwohl ist das störfallschutzrechtliche Abstandsgebot im Einzelfall überwindbar. Insbesondere können geringere Abstände hingenommen werden, wenn - vor allem in bestehenden Gemengelagen - andere Maßnahmen zur Risikovorsorge festgesetzt werden (Reitberger, I+E 2012, 154). Eine ordnungsgemäße Abwägung setzt daher in erster Linie voraus, dass die vorhandenen Störfallbetriebe - oder bei projektbezogenen oder vorhabenbezogenen Bebauungsplänen die sich künftig ansiedelnden Störfallbetriebe - hinreichend erfasst werden und in Bezug auf diese der jeweilig angemessene Abstand ermittelt wird. Hierbei kann der Leitfaden der Kommission für Anlagesicherheit beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (KAS) „Empfehlungen für Abstände zwischen Betriebsbereichen nach der Störfall-Verordnung in schutzbedürftigen Gebieten im Rahmen der Bauleitplanung - Umsetzung § 50 BImSchG“ vom November 2010 eine Orientierungshilfe darstellen. Eine fehlerfreie Abwägung setzt nach zutreffender Ermittlung der Störfallbetriebe ferner voraus, dass die Belange des Störfallschutzes in ihrer Bedeutung richtig erkannt werden. Dies gilt insbesondere, wenn ausgehend von der konkreten Lage und Beschaffenheit des Betriebsbereichs eines Störfallbetriebs der hierauf bezogene angemessene Abstand unterschritten werden soll. Entscheidende Kriterien für die Gewichtung der Belange des Störfallschutzes werden insbesondere die Quantität und die Qualität der schutzbedürftigen Nutzungen sowie neben dem Ausmaß von möglichen Störfällen auch deren Eintrittswahrscheinlichkeit - soweit diagnostizierbar - sein.
51 
(2) Neben der reinen Abstandswahrung können auch weitere Maßnahmen zur Reduzierung der Auswirkungen von Störfällen in den Blick zu nehmen sein. Hierbei ist an passive Schutzmaßnahmen wie die Anlegung von Gräben, Mauern oder Wällen zu denken. Ferner können Festsetzungen zur Gebäudestellung und besondere Anforderungen an Gebäude, insbesondere Fenster, Türen und Lüftung in Betracht zu ziehen sein. Weiterhin können Gesichtspunkte der Koordinierung von Alarmierungs- und Evakuierungsplänen, deren Effektivität in städtebaulichen Verträgen sichergestellt werden können, bei der planerischen Bewältigung des Störfallschutzes mitbedacht werden. Bei all diesen Maßnahmen ist deren eigene Störfallanfälligkeit bei der Frage ihrer Effektivität zur Sicherstellung eines Störfallschutzes zu berücksichtigen.
52 
Die vorgenannten Maßnahmen können auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB festsetzungsfähiger Inhalt eines Bebauungsplans sein. Ein weiteres Instrumentarium zur Bewältigung des Störfallschutzes bei einem Nebeneinander von Störfallbetrieb und anderen Nutzungen sind die in § 1 Abs. 4 - 9 BauNVO aufgeführten Möglichkeiten der vertikalen und horizontalen Innengliederung von Baugebieten einschließlich der Fremdkörperfestsetzung nach § 1 Abs. 10 BauNVO. Hierbei kann eine In-Sich-Gliederung nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO in Betracht kommen, der nicht nur eine Gliederung nach der Art der Betriebe und Anlagen ermöglicht, sondern auch nach besonderen Bedürfnissen sowie besonderen Eigenschaften (vgl. Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, 4. Aufl. 2010, Rn. 540 f.). Insoweit ist insbesondere auf § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO hinzuweisen, der in Bezug auf Gewerbe- und Industriegebiete bestimmt, dass diese auch im Verhältnis zueinander gegliedert werden können. § 1 Abs. 5 und Abs. 9 BauNVO ermöglicht zudem beispielsweise einen Ausschluss bestimmter Nutzungen, die aufgrund ihrer Eigenart von der Störfallgefahr bereits vorhandener Störfallbetriebe in besonderem Maße betroffen sind. Diese bauleitplanerischen Instrumente sind geeignet, gerade bei der Überplanung von Gemengelagen mit bereits bestehenden Störfallbetrieben einen planungsrechtlichen Störfallschutz zu ermöglichen.
53 
Das bauleitplanerische Instrumentarium bietet danach ausreichend Möglichkeiten für die Gemeinde, auch bei der Überplanung von Gemengelagen einen den Anforderungen der RL 96/82/EG genügenden Störfallschutz zu gewährleisten. Allein der Umstand, dass im räumlichen Geltungsbereich der Veränderungssperre Störfallbetriebe vorhanden sind, führt daher nicht dazu, dass dem beabsichtigten Bebauungsplan tatsächliche oder rechtliche Hindernisse auf unabsehbare Zeit entgegenstehen. Dies gilt im vorliegenden Fall insbesondere auch deshalb, weil nicht der gesamte räumliche Geltungsbereich des beabsichtigen Bebauungsplans von den „Achtungsabständen“ erfasst wird, die nach dem von der Antragstellerin vorgelegten Standortgutachten zur Ermittlung von Achtungsabständen den darin liegenden Störfallbetrieben zugeordnet werden. Im Übrigen erfolgten gegenüber der Situation im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens weitere Rückbaumaßnahmen.
54 
c) Eine unzulässige Negativplanung, die - wie die Antragstellerin meint allein auf Verhinderung der von der Fa. Z... beabsichtigten Abfallentsorgungsanlage gerichtet ist, liegt gleichfalls nicht vor.
55 
Eine Planung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht für den Erlass einer Veränderungssperre nicht aus. Sind positive Planungsvorstellungen nur vorgeschoben, um eine in Wahrheit auf bloße Verhinderung gerichtete Planung zu verdecken, so handelt es sich um eine Negativplanung, die den Erlass einer Veränderungssperre nicht rechtfertigt (BVerwG, Urt. v. 19.2.2004 - 4 CN 16.03 - BVerwGE 120, 138; Urt. v. 30.8.2012 - 4 C 1.11 – BVerwGE 144, 82).
56 
Festsetzungen in einem Bebauungsplan sind aber selbst dann nicht als „Negativplanung“ wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 BauGB unwirksam, wenn ihr Hauptzweck in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen besteht. Sie sind vielmehr nur unzulässig, wenn sie nicht dem planerischen Willen der Gemeinde entsprechen und also vorgeschoben sind, um eine andere Nutzung zu verhindern. Festsetzungen dürfen mithin nicht nur das vorgeschobene Mittel sein, um einen Bauwunsch zu durchkreuzen. Letzteres kann aber nicht bereits dann angenommen werden, wenn die negative Zielrichtung im Vordergrund steht. Denn auch eine zunächst nur auf die Verhinderung einer - aus der Sicht der Gemeinde -Fehlentwicklung gerichtete Planung kann einen Inhalt haben, der rechtlich nicht zu beanstanden ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.12.1990 - 4 NB 8.90 -DÖV 1991 S. 744; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 3.3.2005 - 3 S 1524/04 - VBlBW 2006, 142).
57 
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin liegt bei Anwendung dieser Grundsätze eine unzulässige Negativplanung nicht vor. Dies gilt selbst dann, wenn der Bauwunsch der Fa. Z... die Einleitung des Bauplanungsverfahrens mitbeeinflusst haben sollte. Das - oben - dargestellte positive Planungsziel der Antragsgegnerin beinhaltet notwendigerweise die Verhinderung weiterer Gewerbebetriebe mit für ein Industriegebiet typischen Nutzungen, wie dies von der Antragstellerin im Rahmen ihres „Ansiedlungsmanagements“ angestrebt wird. Das auf dem Grundstück der Antragstellerin beabsichtigte - und bereits zur Genehmigung gestellte - Vorhaben der Fa. Z... würde den derzeitigen von der Antragsgegnerin unerwünschten planungsrechtlichen Zustand perpetuieren und ihren konkreten Planungsabsichten zuwiderlaufen. Wenn die Antragsgegnerin den Bauwunsch der Fa. Z... zum Anlass genommen haben sollte, ihre ersichtlich von städtebaulichen Gründen getragenen Planungsabsichten mit den Instrumenten des Bauplanungsrechts zu sichern, kann dies daher rechtlich nicht beanstandet werden.
58 
d) Schließlich führt auch der weitere Einwand der Antragstellerin, eine abwägungsgerechte Planung sei im vorliegenden Fall unter keinem möglichen Gesichtspunkt denkbar, nicht zur Unwirksamkeit der Veränderungssperre.
59 
Zu einer sachgerechten Abwägung im Zusammenhang mit dem Störfallschutz bei der Überplanung von Gemengelagen mit bereits vorhandenen Störfallbetrieben zählt zwar zweifellos nicht allein der Schutz von Nachbarschaft und Umweltgütern vor den Schadensfolgen im Falle eines Störfallereignisses. Vielmehr sind auch die Belange der Störfallbetriebe einschließlich etwaiger Erweiterungsinteressen abwägungsbedeutsam (§ 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst. a BauGB). Es bestehen jedoch - entgegen der pauschalen Behauptung der Antragstellerin - keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Planung der Antragsgegnerin im Hinblick auf die Belange der im Plangebiet vorhandenen Störfallbetriebe sowie der grundrechtlich geschützten Freiheit des Betriebsinhabers (Art. 12 und Art. 14 GG) zwangsläufig zu keinem mit den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Abwägung vereinbaren Ergebnis führen wird.
60 
Zudem unterliegt die Veränderungssperre selbst nicht dem allgemeinen Abwägungsgebot gemäß § 1 Abs. 7 BauGB, sondern nur der Prüfung, ob sie zur Erreichung des mit ihr verfolgten Sicherungszwecks erforderlich ist. Darauf, ob der noch nicht beschlossene künftige Bebauungsplan in seinen Festsetzungen möglicherweise dem Abwägungsgebot entsprechen wird, kommt es deshalb nicht an. Entscheidend ist allein, ob die beabsichtigte Planung auf ein Ziel gerichtet ist, das im konkreten Fall mit den Mitteln der Bauleitplanung zulässigerweise erreicht werden kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.9.1992 - 4 NB 35.92 - DÖV 1993, 250; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 3.3.2005 - 3 S 1524/04 - VBlBW 2006, 170). Wie dargestellt, ist das hier der Fall.
61 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
62 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
63 
Beschluss vom 10. März 2015
64 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG endgültig auf 30.000,-- EUR festgesetzt.
65 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Antragsteller wandte sich mit seinem Normenkontrollantrag zunächst gegen die Gültigkeit einer von der Antragsgegnerin am 29.6.2004 für das ehemalige Bahngelände Ehrenstein im Ortsteil Ehrenstein beschlossene und seitdem wiederholt verlängerte Veränderungssperre. Nachdem der zu sichernde Bebauungsplan im Laufe des Verfahrens in Kraft getreten ist (öffentliche Bekanntmachung am 20.7.2007), begehrt er die Feststellung, dass die Veränderungssperre unwirksam war.
Der Gemeinderat der Antragsgegnerin beschloss am 29.6.2004 die Aufstellung des Bebauungsplans „Bahnhofsbereich Ehrenstein“. Durch das bisher im unbeplanten Innenbereich liegende Plangebiet, das sich zunächst im Wesentlichen auf das Grundstück des Antragstellers beschränkte, sollte nach den im Gemeinderatsprotokoll festgehaltenen gemeindlichen Planungsvorstellungen eine städtebaulich geordnete Nutzung des unmittelbaren Ortskerns sichergestellt werden. Geplant war eine Fläche für „Wohnen, Handel, Dienstleistungen“, wobei die Ausweisung eines Mischgebiets nach § 6 BauNVO und eines Gewerbegebiets nach § 8 BauNVO ins Auge gefasst wurde. Zur Sicherung dieser Planung wurde eine Veränderungssperre beschlossen. Der Aufstellungsbeschluss und die Veränderungssperre wurden am 16.7.2004 in den „Blausteiner Nachrichten“ öffentlich bekanntgemacht. Mit Gemeinderatsbeschluss vom 10.5.2005 wurde das Plangebiet erweitert. Die flächenmäßig unverändert gebliebene Veränderungssperre wurde durch Gemeinderatsbeschluss vom 22.6.2006, öffentlich bekanntgemacht in den „Blausteiner Nachrichten“ am 7.7.2006, und erneut mit Beschluss vom 19.6.2007, bekanntgemacht am 29.6.2007, um jeweils ein weiteres Jahr verlängert.
Der Antragsteller ist Eigentümer des ca. 2.406 qm großen früheren Eisenbahnbetriebsgrundstücks Flst. Nr. .../6, das er von der Deutschen Bahn AG und der DB Station & Service AG im Jahr 2004 erworben hat und das u. a. mit einem ehemaligen Bahnhofsgebäude und einer ehemaligen Güterhalle bebaut ist. Das Grundstück wird schon seit längerem nicht mehr zu Bahnbetriebszwecken benötigt. Die von der Antragsgegnerin beantragte Freistellung nach § 23 AEG erfolgte mit Wirkung vom 26.9.2006 durch - bestandskräftigen - Bescheid des Eisenbahn-Bundesamtes vom 25.8.2006. Die Güterhalle mit zugehöriger Freifläche hatte der Antragsteller bereits seit 1993 gemietet; er betreibt darin eine Gaststätte; die im Bahnhofsgebäude untergebrachten Wohnungen werden vermietet. Die seinerzeit durch Kauf und später durch Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts angestrebte Übernahme des Grundstücks durch die Antragsgegnerin scheiterte; der entsprechende Bescheid vom 29.11.2004 wurde mit Widerspruchsbescheid des Landratsamtes Alb-Donau-Kreis vom 13.5.2005 aufgehoben, weil es an dem für die Ausübung des Vorkaufsrechts erforderlichen, in öffentlicher Sitzung zu treffenden Gemeinderatsbeschluss gefehlt hatte; das gegen den Widerspruchsbescheid von der Antragsgegnerin angestrengte verwaltungsgerichtliche Verfahren wurde durch Klagerücknahme beendet (vgl. Einstellungsbeschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 26.4.2006 - 7 K 882/05 -). Der Antrag des Antragstellers auf Erteilung einer Baugenehmigung für den Anbau eines Wintergartens an die bestehende Gaststätte, einer WC-Erweiterung und eines Vordachs wurde vom Landratsamt Alb-Donau-Kreis mit Bescheid vom 23.12.2005 unter Hinweis auf das wegen der Veränderungssperre versagte gemeindliche Einvernehmen abgelehnt; der Widerspruch blieb erfolglos, das Klageverfahren beim Verwaltungsgericht Sigmaringen ruht (7 K 1420/06). Bereits laufende Bauarbeiten wurden - ebenfalls unter Hinweis auf die Veränderungssperre - mit weiterem Bescheid des Landratsamtes vom 13.4.2006 eingestellt.
Der Antragsteller erhielt bereits unter dem 16.5.2000 einen Bauvorbescheid für die Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses auf seinem Grundstück, der bestandskräftig und am 28.7.2003 bis 15.5.2006 verlängert wurde. Mit Antrag vom 3.5.2006 beantragte der Antragsteller unter Vorlage entsprechender Planunterlagen die Erteilung einer Baugenehmigung zum Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses, was jedoch vom Landratsamt Alb-Donau-Kreis mit Bescheid vom 8.8.2006 unter Hinweis auf das versagte Einvernehmen der Antragsgegnerin abgelehnt wurde. Der Widerspruch des Antragstellers wurde mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 24.1.2007 zurückgewiesen; über die beim Verwaltungsgericht Sigmaringen anhängige Klage (7 K 345/07) ist noch nicht entschieden.
Mit Verfügung vom 14.9.2006 untersagte das Landratsamt Alb-Donau-Kreis die Nutzung des Bahnhofsgebäudes als Eisdiele. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 14.11.2006 zurückgewiesen; über die insoweit beim Verwaltungsgericht Sigmaringen anhängigen Verfahren (7 K 360/07 und 7 K 361/07) ist ebenfalls noch nicht entschieden.
Der Antragsteller hat am 12.7.2006 Normenkontrollantrag gestellt. Er bringt vor: Er sei antragsbefugt, weil wegen der Veränderungssperre sowohl die beantragte Baugenehmigung abgelehnt wie auch die Baueinstellung verfügt worden sei. Die Veränderungssperre sei nichtig. Das betroffene Gebiet sei dem Bahnverkehr gewidmet und eine Freistellung dieser betriebsnotwendigen Flächen sei nicht absehbar. Sein Grundstück sei daher der Planungshoheit der Gemeinde entzogen. Dementsprechend seien auch Sicherungsmaßnahmen wie eine Veränderungssperre unzulässig. Außerdem liege eine reine Negativplanung vor, da lediglich seine Bauvorhaben bzw. die eines potenziellen Käufers seines Grundstücks verhindert werden sollten. Der Erlass einer Individualsperre bedürfe im Übrigen der pflichtgemäßen Ausübung des Planungsermessens, was aber nicht erfolgt sei. Es bestehe ferner nicht das erforderliche Mindestmaß an positiven Vorstellungen über die Art der geplanten Nutzung. Die Nutzung „Wohnen, Handel und Dienstleistungen“ erlaube neben einem Reinen Wohngebiet auch die Ausweisung eines Allgemeinen Wohngebiets, eines Mischgebiets und eines Kerngebiets. Auf dieser Grundlage könne aber nicht entschieden werden, welche Vorhaben ausnahmsweise nach § 14 Abs. 2 BauGB gestattet werden könnten. Daran ändere auch die öffentliche Äußerung des Bürgermeisters der Antragsgegnerin nichts, nach der sowohl die Ausweisung eines Mischgebiets wie auch die Ausweisung eines Gewerbegebiets in Frage komme, denn die Zulässigkeit von Vorhaben divergiere in beiden Gebieten erheblich. Unabhängig davon führe auch der Austausch der Planungsabsichten zur Nichtigkeit der Veränderungssperre; selbst eine Konkretisierung der Planung nach Erlass der Sperre sei unzulässig. Die Antragsgegnerin plane aber nunmehr entgegen der ursprünglich beabsichtigten Nutzung „Wohnen, Handel und Dienstleistungen“ eine Verlegung der Ehrensteiner Straße verbunden mit einem Abriss des Bahnhofsgebäudes. Diese Planung könne jedoch nicht durchgeführt werden, da er als Eigentümer des Grundstücks einer entsprechenden Verlegung der Straße nicht zustimmen werde. Darüber hinaus sehe die derzeitige Planung der Antragsgegnerin Änderungen von Eisenbahnbetriebsanlagen vor, was jedoch mit Mitteln der Bauleitplanung nicht durchgesetzt werden könne. Damit bestehe aber auch kein Sicherungsbedürfnis, das den Erlass einer Veränderungssperre rechtfertigen könne. Schließlich habe der Gemeinderat einen Aufstellungsbeschluss über einen einfachen Bebauungsplan gefasst, in der Bekanntmachung sei aber über die Aufstellung eines qualifizierten Bebauungsplans informiert worden. Der Aufstellungsbeschluss sei daher nicht wirksam und eine Veränderungssperre habe deshalb nicht wirksam erlassen werden können.
Nachdem der Bebauungsplan „Bahnhofsbereich Ehrenstein“ am 17.7.2007 als Satzung beschlossen und am 20.7.2007 bekanntgemacht wurde, hat der Antragsteller seinen Antrag umgestellt. Er beantragt nunmehr,
festzustellen, dass die Veränderungssperre der Gemeinde Blaustein über das Bahnhofsgelände Ehrenstein im Ortsteil Ehrenstein vom 29. Juni 2004, verlängert am 22. Juni 2006 und am 19. Juni 2007, unwirksam war.
Zur Begründung des Feststellungsantrags trägt er im Wesentlichen noch vor: Er habe ein Rechtsschutzbedürfnis, da die Rechtswidrigkeit der Veränderungssperre Präjudizwirkung für die Frage der Rechtswidrigkeit eines auf die Norm gestützten behördlichen Verhaltens habe. Es seien diverse gerichtliche Verfahren anhängig, bei denen die Gültigkeit der Veränderungssperre entscheidungserheblich sei. Es handele sich dabei um den Bauantrag zur Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses, die Untersagung der Nutzung des Bahnhofsgebäudes als Eisdiele und den Bauantrag zum Ausbau des Bahnhofsgebäudes mit einem Wintergarten und einer WC-Erweiterung. Unabhängig davon kämen wegen des rechtswidrigen Erlasses der Veränderungssperre Schadensersatzansprüche gegen die Antragsgegnerin in Betracht.
10 
Die Antragsgegnerin beantragt,
11 
den Antrag abzuweisen.
12 
Sie erwidert, dass der vorliegende Bebauungsplanentwurf der Intention des Gemeinderats entspreche, den Geltungsbereich mit der Nutzung „Wohnen, Handel und Dienstleistungen“ auszugestalten. Der Flächenumgriff von Bebauungsplan und Veränderungssperre müsse nicht identisch sein. Ihr sei es darum gegangen, im Bereich des Bahnhofs die Straßenplanung für die Ehrensteiner Straße zu sichern. Die Bahnhofsfläche sei mittlerweile freigestellt; im Übrigen könne auch auf Flächen, deren Freistellung ersichtlich zu erwarten sei, geplant werden. Es liege keine Negativplanung vor, vielmehr solle genau dort, wo jetzt das Bahnhofsgebäude stehe, die Trasse der Ehrensteiner Straße verlaufen. Diese Straßenplanung komme auch trotz des Eigentums des Antragstellers in Betracht. Der Geltungsbereich des beabsichtigten Bebauungsplanes sei mit Beschluss des Gemeinderats vom 10.5.2005 auf den umgebenden Zentrumsbereich ausgedehnt worden. In der Begründung der Plankonzeption heiße es unter anderem bei 7.1, dass es zur Entwicklung des Ortszentrums notwendig sei, vor allem das vorhandene Potenzial der Freiflächen optimal zu nutzen. Deshalb werde die Ehrensteiner Straße im gesamten Planbereich so nahe wie möglich entlang der Bahnlinie geplant. Dadurch könne ein städtebaulich gefasster Vorplatz mit einem Solitärgebäude, in welchem z. B. ein Cafe mit Außenbewirtschaftung untergebracht werden könne, entstehen. Zudem werde eine Erweiterung des bestehenden Supermarktes möglich. Für das östlich der Hummelstraße angesiedelte Einkaufszentrum könne durch die Verlegung der Ehrensteiner Straße die dringend benötigte Parkplatzerweiterung ermöglicht werden. Die Veränderungssperre sei in Anbetracht der laufenden baulichen Aktivitäten des Antragstellers erforderlich gewesen. Der künftige Planinhalt sei weit über ein Mindestmaß hinaus konkretisiert und absehbar. Er sei auf das zulässige Ziel der Straßenführung über Privatflächen gerichtet. Die verbindliche Bauleitplanung sei Voraussetzung für die nach dem Baugesetzbuch mögliche Bodenordnung.
13 
Zum Rechtsschutzinteresse des Antragstellers nach Umstellung seines Antrags äußert sich die Antragsgegnerin noch wie folgt: Das Verwaltungsgericht Sigmaringen, bei dem die genannten Verfahren anhängig seien, könne die materiell-rechtlichen Anforderungen an die Veränderungssperre bei der gebotenen Inzidentkontrolle selbst überprüfen, so dass der Antragsteller hinreichenden effektiven Rechtsschutz habe. Soweit es um Verpflichtungsklagen gehe, sei sowieso auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts abzustellen und daher der zwischenzeitlich in Kraft getretene Bebauungsplan, der den Vorhaben entgegenstehe, zu berücksichtigen. Schadensersatzansprüche seien weder vom Grund noch von der Höhe des Schadens her plausibel und substantiiert dargelegt.
14 
Dem Senat liegen die Behördenakten der Antragsgegnerin über die Veränderungssperre vor. Auf sie und auf die gewechselten Schriftsätze wird wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Der Normenkontrollantrag ist statthaft. Die Veränderungssperre ist eine auf Grund der §§ 14 ff. BauGB erlassene Satzung, über deren Gültigkeit der erkennende Gerichtshof im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag zu entscheiden hat (vgl. § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
16 
Der Antrag ist auch sonst zulässig, insbesondere ist der Antragsteller als Eigentümer eines von der Veränderungssperre betroffenen Grundstücks antragsbefugt und der Antrag rechtzeitig gestellt worden (vgl. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Obwohl die Veränderungssperre durch das zwischenzeitliche Inkrafttreten des zu sichernden Bebauungsplans am 21.7.2007 - ungeachtet einer etwaigen Ungültigkeit des Bebauungsplans - außer Kraft getreten ist (vgl. § 17 Abs. 5 BauGB; BVerwG, Beschluss vom 28.2.1990 - 4 B 174.89 -, NVwZ 1990, 656), fehlt dem Antragsteller auch nicht das notwendige Rechtsschutzinteresse. Der zuletzt gestellte Antrag auf Feststellung, dass die - bei Stellung des Normenkontrollantrags bereits in Kraft gesetzte - Veränderungssperre ungültig war, ist zulässig, wenn er der Vorbereitung einer Entschädigungsklage dient (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2.9.1983 - 4 N 1.83 -, VBlBW 1984, 207) und diese nicht offensichtlich aussichtslos ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.5.2005 - 4 BN 22.05 -, BauR 2005, 1761). Dabei ist es nicht erforderlich, in eine eingehende Untersuchung der Begründetheit der vom Antragsteller beabsichtigten Entschädigungs- oder Schadensersatzansprüche einzutreten; dies ist Sache des mit der etwaigen Klage angerufenen Zivilgerichts (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.5.2005, a.a.O.). Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass durch die Entscheidung des erkennenden Senats eine Frage verbindlich entschieden wird, die in einer Reihe weiterer vom Antragsteller in Gang gebrachter gerichtlicher Verfahren von u. U. entscheidungserheblicher Bedeutung ist (sog. Bündelungsfunktion des Normenkontrollverfahrens, vgl. u. a. BVerwG, Beschluss vom 14.7.1978 - 7 N 1.78 -, NJW 1978, 2522; Ziekow, BauR 2007, 1169 m. w. N.).
17 
Der Normenkontrollantrag ist jedoch nicht begründet. Die Satzung der Antragsgegnerin über die Veränderungssperre und deren zweimalige Verlängerung begegnet weder in formeller noch in materiell-rechtlicher Hinsicht durchgreifenden Bedenken.
18 
Formelle Mängel sind nicht ersichtlich. Der Aufstellungsbeschluss und die Veränderungssperre wurden in der Gemeinderatssitzung vom 29.6.2004 ordnungsgemäß beschlossen und danach ortsüblich bekanntgemacht. Dies gilt auch für den ersten und den zweiten Verlängerungsbeschluss vom 22.6.2006 (öffentliche Bekanntmachung am 7.7.2006) bzw. 19.6.2007 (öffentliche Bekanntmachung am 29.6.2007). Der Einwand des Antragstellers, dass im Aufstellungsbeschluss von einem einfachen Bebauungsplan, in der Bekanntmachung dagegen von einem qualifizierten Bebauungsplan die Rede sei, findet - ungeachtet seiner rechtlichen Relevanz - weder im Gemeinderatsprotokoll noch im Wortlaut der Bekanntmachung eine Stütze.
19 
Die Satzung stand auch materiell-rechtlich in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Voraussetzungen. Die Veränderungssperre war von einer hinreichend konkreten positiven Planungskonzeption getragen, insbesondere war es entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht erforderlich, dass beim Erlass der Veränderungssperre bereits der angestrebte Baugebietstyp i. S. d. Baunutzungsverordnung feststand. Eine Veränderungssperre darf erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre eine bestimmte Art der baulichen Nutzung im betroffenen Gebiet ins Auge gefasst hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.9.1976 - IV C 39.74 -, NJW 1977, 400; Beschluss vom 27.7.1990 - 4 B 156.89 -, NVwZ 1991, 62; Beschluss vom 15.8.2000 - 4 BN 35.00 -, BRS 64 Nr. 109; Beschluss vom 25.11.2003 - 4 BN 60.03 -, NVwZ 2004, 477; Urteil vom 19.2.2004 - 4 CN 13.03 -, NVwZ 2004, 984). Die Veränderungssperre soll die Gemeinde in die Lage versetzen, planerische Vorstellungen umzusetzen. Sie ist unzulässig, wenn sich der Inhalt der beabsichtigten Planung noch in keiner Weise absehen lässt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9.8.1991 - 4 B 135.91 - Buchholz 406.11 § 14 BauGB Nr. 17). Umgekehrt ist jedoch nicht erforderlich, dass die Planung bereits einen Stand erreicht hat, der nahezu den Abschluss des Verfahrens ermöglicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.9.1976, a.a.O.). Es genügt vielmehr, dass sich aus dem Planaufstellungsbeschluss oder weiteren Verfahrensschritten wenigstens ansatzweise ersehen lässt, was Inhalt des zukünftigen Bebauungsplans sein soll (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 5.2.1990 - 4 B 191.89 -, NVwZ 1990, 558 = PBauE § 15 BauGB Nr. 1 und vom 27.4.1992 - 4 NB 11.92 -, VBlBW 1992, 468). Ein detailliertes und abgewogenes Planungskonzept muss daher noch nicht vorliegen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.12.1993 - 4 NB 40.93 -, NVwZ 1994, 685). Der Erlass einer Veränderungssperre kann nicht davon abhängig gemacht werden, dass bereits Aussagen zur Lösung derjenigen Nutzungskonflikte getroffen werden, die bei ungeschmälerter Realisierung des Planziels auftreten würden, weil dies typischerweise erst im weiteren Verlauf des Bebauungsplanverfahrens im Rahmen einer umfassenden Abwägung unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung möglich ist. Es reicht aus, wenn bei Erlass der Veränderungssperre absehbar ist, dass sich das Planziel im Wege bauplanerischer Festsetzungen überhaupt erreichen lässt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.7.1990, a.a.O.; Urteil vom 19.2.2004, a.a.O.). Die Auswahl der Mittel zur Realisierung des Planziels ist hingegen - ebenso wie die Lösung von Nutzungskonflikten - typischerweise Aufgabe der im Bebauungsplanverfahren vorzunehmenden planerischen Abwägung (vgl. Senatsurteil vom 24.11.2005 - 8 S 794/05 -, VBlBW 2006, 275 = NVwZ-RR 2006, 522).
20 
Diesen Anforderungen entsprach die von der Antragsgegnerin beschlossene Veränderungssperre, insbesondere bestanden hinreichend konkrete planerische Vorstellungen in dem geforderten Sinn. Nach den im Gemeinderatsprotokoll festgehaltenen gemeindlichen Planungsvorstellungen sollte durch das bisher im unbeplanten Innenbereich liegende Plangebiet, das sich zunächst im Wesentlichen auf das Grundstück des Antragstellers beschränkte, eine städtebaulich geordnete Nutzung des unmittelbaren Ortskerns sichergestellt werden. Geplant war eine Fläche für „Wohnen, Handel, Dienstleistungen“, wobei die Ausweisung eines Mischgebiets nach § 6 BauNVO und eines Gewerbegebiets nach § 8 BauNVO ins Auge gefasst wurde. Damit war die zu sichernde Planung hinreichend konkretisiert. Sie galt einem räumlich bestimmten Gebiet mit einer hinreichend bestimmten Nutzungsart. Insoweit genügt es jedenfalls, dass die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre die in Frage kommenden Baugebietstypen - hier: MI bzw. GE - benennt. Welcher der ins Auge gefassten Gebietstypen letztlich festgesetzt wird, kann und muss zu Beginn des Planungsverfahrens noch nicht feststehen, solange sich - wie bereits erwähnt - das Planziel im Wege bauplanerischer Festsetzungen überhaupt erreichen lässt (vgl. Senatsurteil vom 24.11.2005, a. a. O.). Das Argument des Antragstellers, dass bei nicht feststehender Gebietsart eine Entscheidung nach § 14 Abs. 2 BauGB (Ausnahme von der Veränderungssperre) nicht möglich sei, überzeugt nicht. Anders als im Fall des § 33 BauGB ist für den Erlass einer Veränderungssperre keine Planreife erforderlich. Vorstellungen über die vorgesehene Art der baulichen Nutzung, wie sie die Antragsgegnerin im vorliegenden Fall entwickelt und geäußert hat, genügen für die Entscheidung der Frage, ob der praktisch wichtigste öffentliche Belang, nämlich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung, beeinträchtigt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.2.2004, a.a.O.). § 14 Abs. 2 BauGB schreibt nicht vor, dass die Ausnahmeerteilung ausschließlich am Maßstab des § 33 BauGB zu messen ist; in Frage kommt auch die Erteilung nach § 34 Abs. 1 BauGB oder nach den Festsetzungen eines älteren Bebauungsplans (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 10. Aufl., § 14 Rn. 19).
21 
Entgegen der Meinung des Antragstellers lag auch kein Fall einer sog. Negativplanung, d. h. einer gegen § 1 Abs. 3 BauGB verstoßenden Planung vor, die - mit städtebaulich zu missbilligender Zielsetzung (vgl. zum Begriff: BVerwG, Beschluss vom 18.12.1990 - 4 NB 8.90 -, NVwZ 1991, 875) - sich ohne positives Planungskonzept darin erschöpfte, einzelne Vorhaben auszuschließen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5.2.1990, a.a.O; Beschluss des Senats vom 9.2.1998 - 8 S 2770/97 -, VBlBW 1998, 310; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 14 Rn. 47). Denn die von der Antragsgegnerin beabsichtigte Planung wurde schon zum Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre von einer positiven Konzeption getragen. Ihr eigentliches Ziel war es nicht, das bzw. die Vorhaben des Antragstellers zu verhindern; vielmehr hatte die Antragsgegnerin plausible städtebauliche Gründe für die Überplanung des Grundstücks des Antragstellers angeführt. Die Planungsvorstellungen der Antragsgegnerin waren positiv auf die hinreichend bestimmte Nutzung „Wohnen, Handel, Dienstleistungen“ gerichtet. Diese Planungsvorstellungen wurden auch in der Bekanntmachung vom 16.7.2004 zum Ausdruck gebracht („Mischgebiet und Gewerbegebiet“). Dass nur die Absicht bestanden hätte, ein bestimmtes Vorhaben des Antragstellers zu verhindern, kann daraus nicht abgelesen werden. Zwar kann davon ausgegangen werden, dass die in den diversen Bauanträgen des Antragstellers zum Ausdruck kommenden Bauabsichten für den Erlass der Veränderungssperre eine Rolle spielten. Jedoch ging es der Antragsgegnerin erkennbar lediglich darum, die für den Bahnhofsbereich bestehenden Planungsabsichten nicht von vornherein durch Zwangspunkte bestimmen zu lassen. Dies ist ein für den Erlass einer Veränderungssperre billigenswertes Ziel und stellt für sich genommen keine Negativplanung dar.
22 
Auch die Tatsache, dass sich der Geltungsbereich der Veränderungssperre auf das Grundstück des Antragstellers beschränkt hat, begegnet keinen grundsätzlichen Bedenken. Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass das Vorliegen einer sog. „Individualsperre“ weder von Gesetzes wegen noch sonst rechtlichen Bedenken begegnet (vgl. im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 10.9.1976, a.a.O.). Der Antragsteller hat keine Gründe vorgetragen, die es in seinem Fall gebieten würden, diese Frage erneut einer vertieften Untersuchung zuzuführen oder gar die genannte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Frage zu stellen. Dies gilt umso mehr, als vorliegend der Geltungsbereich des zu sichernden Bebauungsplans und der Geltungsbereich der Veränderungssperre deckungsgleich waren und der Antragsteller daher nicht schwerer als andere Grundstückseigentümer belastet wurde, weil es innerhalb des Planbereichs keine weiteren Grundstückseigentümer gab. Es gibt daher auch keinen Anlass zu der Annahme, die Antragsgegnerin habe ihr Planungsermessen fehlerhaft ausgeübt (vgl. dazu ebenfalls BVerwG, Urteil vom 10.9.1976, a.a.O.).
23 
Dem Erlass der Veränderungssperre stand auch nicht entgegen, dass es sich zum damaligen Zeitpunkt bei dem von der beabsichtigten Planung erfassten Grundstück des Antragstellers um eine Zwecken des Bahnbetriebs dienende Fläche handelte. Zwar kann eine Veränderungssperre nur dann rechtmäßig erlassen werden, wenn die zu sichernde Planung auch realisiert werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.12.1988 - 4 C 48.86 - NVwZ 1989, 655; Beschluss vom 21.12.1993, a.a.O.). Der Realisierung einer gemeindlichen Planung kann der Fachplanungsvorbehalt des § 38 Satz 1 BauGB entgegenstehen, weil dieser Fachplanungsvorbehalt die Planungshoheit der Gemeinde überlagert (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.12.1988, a.a.O.; Senatsurteil vom 23.8.1996 - 8 S 269/96 -, VBlBW 1997, 59). Das bedeutet, dass in Bezug auf eine Zwecken des Bahnbetriebs dienende Fläche eine Bauleitplanung jedenfalls insoweit nicht möglich ist, als diese der Zweckbestimmung der Anlage widerspricht. Dagegen ist eine Planung zulässig, die inhaltlich der bestehenden Zweckbestimmung nicht zuwiderläuft. Steht mit hinreichender Sicherheit die Aufhebung der bahnrechtlichen Zweckbestimmung bevor, kann die Gemeinde die Bauleitplanung einleiten und von den zu deren Sicherung gegebenen Instrumenten der Veränderungssperre und der Zurückstellung von Baugesuchen Gebrauch machen (vgl. Senatsurteil vom 23.8.1996, a.a.O.).
24 
Im vorliegenden Fall waren die Planung und damit auch deren Sicherung durch die erlassene Veränderungssperre zulässig, weil die Aufhebung der bahnrechtlichen Zweckbestimmung mit hinreichender Sicherheit bevorstand. Dies wird bereits dadurch belegt, dass die Bahn das fragliche Gelände an den Antragsteller veräußert hat. In dem notariellen Kaufvertrag vom 28.9.2004 hat sich die Bahn zwar einzelne bahnbetriebsbedingte Nutzungsmöglichkeiten vorbehalten (vgl. § 12 Nr. 4 Nutzungsvorbehalte hinsichtlich einzelner Betriebsanlagen und Einrichtungen im Bahnhofsgebäude und im Keller der Güterhalle - Kabel und Energieanlage -; § 12 Nr. 6 Verpflichtung des Antragstellers, einen Zuweg zu schaffen - Zugänglichkeit des Bahnsteigs für Bahnkunden -; § 13 Einfriedigung des Grundstücks gegenüber dem Betriebsgelände; § 14 Nr. 2 Zutrittsrecht für Bahnbedienstete aus Gründen der Sicherheit). Jedoch wurde der Antragsteller gleichzeitig ermächtigt, Abriss- und Bauanträge jeder Art zu stellen und Baugenehmigungsverfahren durchzuführen (§ 5 Nr. 4). Außerdem war seitens der Gemeinde zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses eine bauliche Nutzung geplant, die mit diesen Nutzungsvorbehalten der Bahn nicht zwingend kollidieren musste („Wohnen, Handel, Dienstleistungen“, „Mischgebiet und Gewerbegebiet“). Da für die Frage der Realisierbarkeit der beabsichtigten Nutzung auf den Zeitpunkt des Aufstellungsbeschlusses und des Erlasses der Veränderungssperre abzustellen ist, ist es unerheblich, dass die Nutzungsmöglichkeiten der Bahn jedenfalls mit der nunmehr beschlossenen Planung insoweit kollidieren dürften, als die Straße über den jetzigen Standort des Bahnhofs und der Güterhalle geführt werden soll. Zudem hat die Bahn zwischenzeitlich das Gelände mit Wirkung vom 26.9.2006 förmlich nach § 23 AEG freigegeben. Nicht zuletzt deshalb braucht auch nicht der vom Antragsteller weiter aufgeworfenen Frage nachgegangen zu werden, ob die Änderung von Bahnbetriebsanlagen (Unterführung) durch Bebauungsplan möglich ist oder nicht. Darüber hinaus betrifft die Änderung allenfalls einzelne Aspekte des jetzt beschlossenen Bebauungsplans, lässt aber die ursprünglich zu sichernde Plankonzeption - insbesondere soweit diese das Grundstück des Antragstellers betraf - unberührt.
25 
Wegen des genannten maßgeblichen Zeitpunkts ist es auch unerheblich, dass sich der Antragsteller mit der nunmehr planerisch vorgesehenen Nutzung eines Teils seines Grundstücks als Straße nicht einverstanden erklärt hat. Denn die letztlich beschlossene Straßenführung entsprach nicht den ursprünglichen Planungsabsichten der Antragsgegnerin. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass ein Bebauungsplan auch dann umgesetzt werden kann, wenn ein betroffener Eigentümer sich weigert, den Festsetzungen nachzukommen. Wie u. a. aus § 85 Abs. 1 Nr. 1 und aus § 176 Abs. 1 Nr. 2 BauGB zu ersehen ist, gibt der Gesetzgeber der Gemeinde Instrumente an die Hand, die es ihr ermöglichen, ihre Planungsziele gegebenenfalls auch gegen den Willen des Eigentümers durchzusetzen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.8.2000, a.a.O.).
26 
Die Veränderungssperre war auch nicht deshalb unwirksam (geworden), weil sich die Planungsabsichten der Antragsgegnerin während des Verfahrens geändert haben. Zwar bestimmt § 17 Abs. 4 BauGB sowohl in der zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 29.6.2004 geltenden Fassung wie auch in der seit 20.7.2004 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 23.9.2004 (BGBl. I S. 2414), dass die Veränderungssperre bereits vor Ablauf ihrer Geltungsdauer ganz oder teilweise außer Kraft zu setzen ist, sobald die Voraussetzungen für ihren Erlass weggefallen sind. Selbst wenn man also davon ausgeht, dass die geänderten Planungsabsichten Einfluss auf die Gültigkeitsvoraussetzungen der Veränderungssperre hätten, ergäbe sich daraus lediglich die Verpflichtung der Gemeinde, die Veränderungssperre außer Kraft zu setzen. Dagegen zeigt die gesetzliche Regelung, dass die W i r k s a m k e i t der Veränderungssperre auch in einem solchen Fall unberührt bliebe. Das bedeutet aber, dass die Gültigkeit einer Veränderungssperre nicht davon berührt wird, dass sich die Planungsabsichten der Gemeinde im Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans ändern (ebenso der 5. Senat des erkennenden Gerichtshofs, Beschluss vom 26.9.1988 - 5 S 2131/88 -, ZfBR 1989, 172; OVG Berlin, Urteil vom 2.12.1988, NVwZ-RR 1990, 124; a. A. wohl OVG Lüneburg, Beschluss vom 15.10.1999, NVwZ 2000, 1061). Im Übrigen besteht auch kein Anlass zu der Annahme, dass sich die im Laufe des Planungsverfahrens eingetretenen Änderungen in den konkreten Auswirkungen für das Grundstück des Antragstellers als Ausdruck einer von der ursprünglichen Planung vollkommen abweichenden neuen Plankonzeption dargestellt hätten, bei der die Frage nach der Zulässigkeit einer begleitenden Sicherung durch die angegriffene Veränderungssperre vollkommen neu geprüft und bewertet hätte werden müssen.
27 
Schließlich bestehen auch gegen die wiederholte Verlängerung der Veränderungssperre keine durchgreifenden Bedenken. Es kann insbesondere nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Planungsabsichten der Antragsgegnerin in einem solchen Ausmaß geändert hätten, dass eine Verlängerung der Veränderungssperre nicht mehr in Frage kommen konnte, sondern ein Beschluss über den Erlass einer neuen, nach anderen Maßstäben zu beurteilenden Veränderungssperre hätte herbeigeführt werden müssen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Veränderungssperre lediglich auf das Grundstück des Antragstellers bezog und dass es sich insoweit bei den Änderungen in Wahrheit um die Konkretisierung der Planung innerhalb desselben Verfahrens handelte. Die Planungsabsichten hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung wurden insoweit geändert, als letztlich statt eines Misch- und Gewerbegebiets ein Kerngebiet festgesetzt wurde, was aber ebenfalls noch innerhalb des allgemeinen Planungsziels „Wohnen, Handel, Dienstleistungen“ lag. Über den Verlauf der Straße gab es ursprünglich keine Planungsabsichten, so dass streng genommen auch nicht von einer Änderung gesprochen werden kann. Von einer völlig neuen Plankonzeption, deren Realisierung die Frage nach der Erforderlichkeit einer Veränderungssperre neu aufgeworfen hätte (vgl. § 17 Abs. 3 BauGB), konnte jedenfalls nicht die Rede sein.
28 
Die erste Verlängerung der Veränderungssperre durch Beschluss vom 22.6.2006, öffentlich bekanntgemacht in den „Blausteiner Nachrichten“ am 7.7.2006, und die zweite Verlängerung durch Beschluss vom 19.6.2007, öffentlich bekanntgemacht am 29.6.2007, um jeweils ein weiteres Jahr sind ebenso wenig zu beanstanden. Die erste Verlängerung setzte lediglich voraus, dass die Planung noch nicht abgeschlossen war und die Sicherungsbedürftigkeit weiterhin bestand (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 3 BauGB). Dies war der Fall. Die zweite Verlängerung war dagegen nur zulässig, wenn „besondere Umstände“ es erforderten (vgl. § 17 Abs. 2 BauGB). Besondere Umstände liegen vor, wenn ein Planverfahren durch eine „Ungewöhnlichkeit“ gekennzeichnet wird, sei es wegen der Besonderheiten des Umfanges, des Schwierigkeitsgrades oder des Verfahrensablaufes. Weiterhin ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der „Ungewöhnlichkeit“ des Falls und der für die Aufstellung des Planes mehr als üblichen Zeit erforderlich. Die besonderen Umstände und die Ursachen der Verzögerung dürfen darüber hinaus nicht in einem der Gemeinde vorwerfbaren Fehlverhalten begründet sein (wie z. B. Überforderung der mit der Planung beschäftigten Dienstkräfte oder ein sich als zu umfangreich erweisender Zuschnitt des Plangebietes, vgl. BVerwG, Urteil vom 10.9.1976, a.a.O.). Die Antragsgegnerin sieht die Besonderheit des Verfahrens einerseits in der Größe des Plangebiets und andererseits in der Komplexität des Vorganges an der Schnittstelle zwischen kommunaler Bauleitplanung und Eisenbahnfachplanungsrecht; die Freistellung sei erst am 23.8.2006 erteilt worden, wodurch sich das Verfahren verzögert habe; Grunderwerbsverhandlungen mit der Bahn könnten voraussichtlich erst in den nächsten Wochen zu Ende geführt werden. Diese Angaben rechtfertigen die erneute Verlängerung. Auch der Antragsteller hat dagegen keine substantiierten Einwendungen erhoben.
29 
Die beantragte Feststellung kann daher nicht ausgesprochen werden, weshalb der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen ist.
30 
Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
31 
Beschluss
32 
Der Streitwert des Verfahrens wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-EUR festgesetzt.
33 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
15 
Der Normenkontrollantrag ist statthaft. Die Veränderungssperre ist eine auf Grund der §§ 14 ff. BauGB erlassene Satzung, über deren Gültigkeit der erkennende Gerichtshof im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag zu entscheiden hat (vgl. § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
16 
Der Antrag ist auch sonst zulässig, insbesondere ist der Antragsteller als Eigentümer eines von der Veränderungssperre betroffenen Grundstücks antragsbefugt und der Antrag rechtzeitig gestellt worden (vgl. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Obwohl die Veränderungssperre durch das zwischenzeitliche Inkrafttreten des zu sichernden Bebauungsplans am 21.7.2007 - ungeachtet einer etwaigen Ungültigkeit des Bebauungsplans - außer Kraft getreten ist (vgl. § 17 Abs. 5 BauGB; BVerwG, Beschluss vom 28.2.1990 - 4 B 174.89 -, NVwZ 1990, 656), fehlt dem Antragsteller auch nicht das notwendige Rechtsschutzinteresse. Der zuletzt gestellte Antrag auf Feststellung, dass die - bei Stellung des Normenkontrollantrags bereits in Kraft gesetzte - Veränderungssperre ungültig war, ist zulässig, wenn er der Vorbereitung einer Entschädigungsklage dient (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2.9.1983 - 4 N 1.83 -, VBlBW 1984, 207) und diese nicht offensichtlich aussichtslos ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.5.2005 - 4 BN 22.05 -, BauR 2005, 1761). Dabei ist es nicht erforderlich, in eine eingehende Untersuchung der Begründetheit der vom Antragsteller beabsichtigten Entschädigungs- oder Schadensersatzansprüche einzutreten; dies ist Sache des mit der etwaigen Klage angerufenen Zivilgerichts (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.5.2005, a.a.O.). Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass durch die Entscheidung des erkennenden Senats eine Frage verbindlich entschieden wird, die in einer Reihe weiterer vom Antragsteller in Gang gebrachter gerichtlicher Verfahren von u. U. entscheidungserheblicher Bedeutung ist (sog. Bündelungsfunktion des Normenkontrollverfahrens, vgl. u. a. BVerwG, Beschluss vom 14.7.1978 - 7 N 1.78 -, NJW 1978, 2522; Ziekow, BauR 2007, 1169 m. w. N.).
17 
Der Normenkontrollantrag ist jedoch nicht begründet. Die Satzung der Antragsgegnerin über die Veränderungssperre und deren zweimalige Verlängerung begegnet weder in formeller noch in materiell-rechtlicher Hinsicht durchgreifenden Bedenken.
18 
Formelle Mängel sind nicht ersichtlich. Der Aufstellungsbeschluss und die Veränderungssperre wurden in der Gemeinderatssitzung vom 29.6.2004 ordnungsgemäß beschlossen und danach ortsüblich bekanntgemacht. Dies gilt auch für den ersten und den zweiten Verlängerungsbeschluss vom 22.6.2006 (öffentliche Bekanntmachung am 7.7.2006) bzw. 19.6.2007 (öffentliche Bekanntmachung am 29.6.2007). Der Einwand des Antragstellers, dass im Aufstellungsbeschluss von einem einfachen Bebauungsplan, in der Bekanntmachung dagegen von einem qualifizierten Bebauungsplan die Rede sei, findet - ungeachtet seiner rechtlichen Relevanz - weder im Gemeinderatsprotokoll noch im Wortlaut der Bekanntmachung eine Stütze.
19 
Die Satzung stand auch materiell-rechtlich in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Voraussetzungen. Die Veränderungssperre war von einer hinreichend konkreten positiven Planungskonzeption getragen, insbesondere war es entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht erforderlich, dass beim Erlass der Veränderungssperre bereits der angestrebte Baugebietstyp i. S. d. Baunutzungsverordnung feststand. Eine Veränderungssperre darf erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre eine bestimmte Art der baulichen Nutzung im betroffenen Gebiet ins Auge gefasst hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.9.1976 - IV C 39.74 -, NJW 1977, 400; Beschluss vom 27.7.1990 - 4 B 156.89 -, NVwZ 1991, 62; Beschluss vom 15.8.2000 - 4 BN 35.00 -, BRS 64 Nr. 109; Beschluss vom 25.11.2003 - 4 BN 60.03 -, NVwZ 2004, 477; Urteil vom 19.2.2004 - 4 CN 13.03 -, NVwZ 2004, 984). Die Veränderungssperre soll die Gemeinde in die Lage versetzen, planerische Vorstellungen umzusetzen. Sie ist unzulässig, wenn sich der Inhalt der beabsichtigten Planung noch in keiner Weise absehen lässt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9.8.1991 - 4 B 135.91 - Buchholz 406.11 § 14 BauGB Nr. 17). Umgekehrt ist jedoch nicht erforderlich, dass die Planung bereits einen Stand erreicht hat, der nahezu den Abschluss des Verfahrens ermöglicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.9.1976, a.a.O.). Es genügt vielmehr, dass sich aus dem Planaufstellungsbeschluss oder weiteren Verfahrensschritten wenigstens ansatzweise ersehen lässt, was Inhalt des zukünftigen Bebauungsplans sein soll (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 5.2.1990 - 4 B 191.89 -, NVwZ 1990, 558 = PBauE § 15 BauGB Nr. 1 und vom 27.4.1992 - 4 NB 11.92 -, VBlBW 1992, 468). Ein detailliertes und abgewogenes Planungskonzept muss daher noch nicht vorliegen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.12.1993 - 4 NB 40.93 -, NVwZ 1994, 685). Der Erlass einer Veränderungssperre kann nicht davon abhängig gemacht werden, dass bereits Aussagen zur Lösung derjenigen Nutzungskonflikte getroffen werden, die bei ungeschmälerter Realisierung des Planziels auftreten würden, weil dies typischerweise erst im weiteren Verlauf des Bebauungsplanverfahrens im Rahmen einer umfassenden Abwägung unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung möglich ist. Es reicht aus, wenn bei Erlass der Veränderungssperre absehbar ist, dass sich das Planziel im Wege bauplanerischer Festsetzungen überhaupt erreichen lässt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.7.1990, a.a.O.; Urteil vom 19.2.2004, a.a.O.). Die Auswahl der Mittel zur Realisierung des Planziels ist hingegen - ebenso wie die Lösung von Nutzungskonflikten - typischerweise Aufgabe der im Bebauungsplanverfahren vorzunehmenden planerischen Abwägung (vgl. Senatsurteil vom 24.11.2005 - 8 S 794/05 -, VBlBW 2006, 275 = NVwZ-RR 2006, 522).
20 
Diesen Anforderungen entsprach die von der Antragsgegnerin beschlossene Veränderungssperre, insbesondere bestanden hinreichend konkrete planerische Vorstellungen in dem geforderten Sinn. Nach den im Gemeinderatsprotokoll festgehaltenen gemeindlichen Planungsvorstellungen sollte durch das bisher im unbeplanten Innenbereich liegende Plangebiet, das sich zunächst im Wesentlichen auf das Grundstück des Antragstellers beschränkte, eine städtebaulich geordnete Nutzung des unmittelbaren Ortskerns sichergestellt werden. Geplant war eine Fläche für „Wohnen, Handel, Dienstleistungen“, wobei die Ausweisung eines Mischgebiets nach § 6 BauNVO und eines Gewerbegebiets nach § 8 BauNVO ins Auge gefasst wurde. Damit war die zu sichernde Planung hinreichend konkretisiert. Sie galt einem räumlich bestimmten Gebiet mit einer hinreichend bestimmten Nutzungsart. Insoweit genügt es jedenfalls, dass die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre die in Frage kommenden Baugebietstypen - hier: MI bzw. GE - benennt. Welcher der ins Auge gefassten Gebietstypen letztlich festgesetzt wird, kann und muss zu Beginn des Planungsverfahrens noch nicht feststehen, solange sich - wie bereits erwähnt - das Planziel im Wege bauplanerischer Festsetzungen überhaupt erreichen lässt (vgl. Senatsurteil vom 24.11.2005, a. a. O.). Das Argument des Antragstellers, dass bei nicht feststehender Gebietsart eine Entscheidung nach § 14 Abs. 2 BauGB (Ausnahme von der Veränderungssperre) nicht möglich sei, überzeugt nicht. Anders als im Fall des § 33 BauGB ist für den Erlass einer Veränderungssperre keine Planreife erforderlich. Vorstellungen über die vorgesehene Art der baulichen Nutzung, wie sie die Antragsgegnerin im vorliegenden Fall entwickelt und geäußert hat, genügen für die Entscheidung der Frage, ob der praktisch wichtigste öffentliche Belang, nämlich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung, beeinträchtigt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.2.2004, a.a.O.). § 14 Abs. 2 BauGB schreibt nicht vor, dass die Ausnahmeerteilung ausschließlich am Maßstab des § 33 BauGB zu messen ist; in Frage kommt auch die Erteilung nach § 34 Abs. 1 BauGB oder nach den Festsetzungen eines älteren Bebauungsplans (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 10. Aufl., § 14 Rn. 19).
21 
Entgegen der Meinung des Antragstellers lag auch kein Fall einer sog. Negativplanung, d. h. einer gegen § 1 Abs. 3 BauGB verstoßenden Planung vor, die - mit städtebaulich zu missbilligender Zielsetzung (vgl. zum Begriff: BVerwG, Beschluss vom 18.12.1990 - 4 NB 8.90 -, NVwZ 1991, 875) - sich ohne positives Planungskonzept darin erschöpfte, einzelne Vorhaben auszuschließen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5.2.1990, a.a.O; Beschluss des Senats vom 9.2.1998 - 8 S 2770/97 -, VBlBW 1998, 310; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 14 Rn. 47). Denn die von der Antragsgegnerin beabsichtigte Planung wurde schon zum Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre von einer positiven Konzeption getragen. Ihr eigentliches Ziel war es nicht, das bzw. die Vorhaben des Antragstellers zu verhindern; vielmehr hatte die Antragsgegnerin plausible städtebauliche Gründe für die Überplanung des Grundstücks des Antragstellers angeführt. Die Planungsvorstellungen der Antragsgegnerin waren positiv auf die hinreichend bestimmte Nutzung „Wohnen, Handel, Dienstleistungen“ gerichtet. Diese Planungsvorstellungen wurden auch in der Bekanntmachung vom 16.7.2004 zum Ausdruck gebracht („Mischgebiet und Gewerbegebiet“). Dass nur die Absicht bestanden hätte, ein bestimmtes Vorhaben des Antragstellers zu verhindern, kann daraus nicht abgelesen werden. Zwar kann davon ausgegangen werden, dass die in den diversen Bauanträgen des Antragstellers zum Ausdruck kommenden Bauabsichten für den Erlass der Veränderungssperre eine Rolle spielten. Jedoch ging es der Antragsgegnerin erkennbar lediglich darum, die für den Bahnhofsbereich bestehenden Planungsabsichten nicht von vornherein durch Zwangspunkte bestimmen zu lassen. Dies ist ein für den Erlass einer Veränderungssperre billigenswertes Ziel und stellt für sich genommen keine Negativplanung dar.
22 
Auch die Tatsache, dass sich der Geltungsbereich der Veränderungssperre auf das Grundstück des Antragstellers beschränkt hat, begegnet keinen grundsätzlichen Bedenken. Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass das Vorliegen einer sog. „Individualsperre“ weder von Gesetzes wegen noch sonst rechtlichen Bedenken begegnet (vgl. im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 10.9.1976, a.a.O.). Der Antragsteller hat keine Gründe vorgetragen, die es in seinem Fall gebieten würden, diese Frage erneut einer vertieften Untersuchung zuzuführen oder gar die genannte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Frage zu stellen. Dies gilt umso mehr, als vorliegend der Geltungsbereich des zu sichernden Bebauungsplans und der Geltungsbereich der Veränderungssperre deckungsgleich waren und der Antragsteller daher nicht schwerer als andere Grundstückseigentümer belastet wurde, weil es innerhalb des Planbereichs keine weiteren Grundstückseigentümer gab. Es gibt daher auch keinen Anlass zu der Annahme, die Antragsgegnerin habe ihr Planungsermessen fehlerhaft ausgeübt (vgl. dazu ebenfalls BVerwG, Urteil vom 10.9.1976, a.a.O.).
23 
Dem Erlass der Veränderungssperre stand auch nicht entgegen, dass es sich zum damaligen Zeitpunkt bei dem von der beabsichtigten Planung erfassten Grundstück des Antragstellers um eine Zwecken des Bahnbetriebs dienende Fläche handelte. Zwar kann eine Veränderungssperre nur dann rechtmäßig erlassen werden, wenn die zu sichernde Planung auch realisiert werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.12.1988 - 4 C 48.86 - NVwZ 1989, 655; Beschluss vom 21.12.1993, a.a.O.). Der Realisierung einer gemeindlichen Planung kann der Fachplanungsvorbehalt des § 38 Satz 1 BauGB entgegenstehen, weil dieser Fachplanungsvorbehalt die Planungshoheit der Gemeinde überlagert (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.12.1988, a.a.O.; Senatsurteil vom 23.8.1996 - 8 S 269/96 -, VBlBW 1997, 59). Das bedeutet, dass in Bezug auf eine Zwecken des Bahnbetriebs dienende Fläche eine Bauleitplanung jedenfalls insoweit nicht möglich ist, als diese der Zweckbestimmung der Anlage widerspricht. Dagegen ist eine Planung zulässig, die inhaltlich der bestehenden Zweckbestimmung nicht zuwiderläuft. Steht mit hinreichender Sicherheit die Aufhebung der bahnrechtlichen Zweckbestimmung bevor, kann die Gemeinde die Bauleitplanung einleiten und von den zu deren Sicherung gegebenen Instrumenten der Veränderungssperre und der Zurückstellung von Baugesuchen Gebrauch machen (vgl. Senatsurteil vom 23.8.1996, a.a.O.).
24 
Im vorliegenden Fall waren die Planung und damit auch deren Sicherung durch die erlassene Veränderungssperre zulässig, weil die Aufhebung der bahnrechtlichen Zweckbestimmung mit hinreichender Sicherheit bevorstand. Dies wird bereits dadurch belegt, dass die Bahn das fragliche Gelände an den Antragsteller veräußert hat. In dem notariellen Kaufvertrag vom 28.9.2004 hat sich die Bahn zwar einzelne bahnbetriebsbedingte Nutzungsmöglichkeiten vorbehalten (vgl. § 12 Nr. 4 Nutzungsvorbehalte hinsichtlich einzelner Betriebsanlagen und Einrichtungen im Bahnhofsgebäude und im Keller der Güterhalle - Kabel und Energieanlage -; § 12 Nr. 6 Verpflichtung des Antragstellers, einen Zuweg zu schaffen - Zugänglichkeit des Bahnsteigs für Bahnkunden -; § 13 Einfriedigung des Grundstücks gegenüber dem Betriebsgelände; § 14 Nr. 2 Zutrittsrecht für Bahnbedienstete aus Gründen der Sicherheit). Jedoch wurde der Antragsteller gleichzeitig ermächtigt, Abriss- und Bauanträge jeder Art zu stellen und Baugenehmigungsverfahren durchzuführen (§ 5 Nr. 4). Außerdem war seitens der Gemeinde zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses eine bauliche Nutzung geplant, die mit diesen Nutzungsvorbehalten der Bahn nicht zwingend kollidieren musste („Wohnen, Handel, Dienstleistungen“, „Mischgebiet und Gewerbegebiet“). Da für die Frage der Realisierbarkeit der beabsichtigten Nutzung auf den Zeitpunkt des Aufstellungsbeschlusses und des Erlasses der Veränderungssperre abzustellen ist, ist es unerheblich, dass die Nutzungsmöglichkeiten der Bahn jedenfalls mit der nunmehr beschlossenen Planung insoweit kollidieren dürften, als die Straße über den jetzigen Standort des Bahnhofs und der Güterhalle geführt werden soll. Zudem hat die Bahn zwischenzeitlich das Gelände mit Wirkung vom 26.9.2006 förmlich nach § 23 AEG freigegeben. Nicht zuletzt deshalb braucht auch nicht der vom Antragsteller weiter aufgeworfenen Frage nachgegangen zu werden, ob die Änderung von Bahnbetriebsanlagen (Unterführung) durch Bebauungsplan möglich ist oder nicht. Darüber hinaus betrifft die Änderung allenfalls einzelne Aspekte des jetzt beschlossenen Bebauungsplans, lässt aber die ursprünglich zu sichernde Plankonzeption - insbesondere soweit diese das Grundstück des Antragstellers betraf - unberührt.
25 
Wegen des genannten maßgeblichen Zeitpunkts ist es auch unerheblich, dass sich der Antragsteller mit der nunmehr planerisch vorgesehenen Nutzung eines Teils seines Grundstücks als Straße nicht einverstanden erklärt hat. Denn die letztlich beschlossene Straßenführung entsprach nicht den ursprünglichen Planungsabsichten der Antragsgegnerin. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass ein Bebauungsplan auch dann umgesetzt werden kann, wenn ein betroffener Eigentümer sich weigert, den Festsetzungen nachzukommen. Wie u. a. aus § 85 Abs. 1 Nr. 1 und aus § 176 Abs. 1 Nr. 2 BauGB zu ersehen ist, gibt der Gesetzgeber der Gemeinde Instrumente an die Hand, die es ihr ermöglichen, ihre Planungsziele gegebenenfalls auch gegen den Willen des Eigentümers durchzusetzen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.8.2000, a.a.O.).
26 
Die Veränderungssperre war auch nicht deshalb unwirksam (geworden), weil sich die Planungsabsichten der Antragsgegnerin während des Verfahrens geändert haben. Zwar bestimmt § 17 Abs. 4 BauGB sowohl in der zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 29.6.2004 geltenden Fassung wie auch in der seit 20.7.2004 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 23.9.2004 (BGBl. I S. 2414), dass die Veränderungssperre bereits vor Ablauf ihrer Geltungsdauer ganz oder teilweise außer Kraft zu setzen ist, sobald die Voraussetzungen für ihren Erlass weggefallen sind. Selbst wenn man also davon ausgeht, dass die geänderten Planungsabsichten Einfluss auf die Gültigkeitsvoraussetzungen der Veränderungssperre hätten, ergäbe sich daraus lediglich die Verpflichtung der Gemeinde, die Veränderungssperre außer Kraft zu setzen. Dagegen zeigt die gesetzliche Regelung, dass die W i r k s a m k e i t der Veränderungssperre auch in einem solchen Fall unberührt bliebe. Das bedeutet aber, dass die Gültigkeit einer Veränderungssperre nicht davon berührt wird, dass sich die Planungsabsichten der Gemeinde im Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans ändern (ebenso der 5. Senat des erkennenden Gerichtshofs, Beschluss vom 26.9.1988 - 5 S 2131/88 -, ZfBR 1989, 172; OVG Berlin, Urteil vom 2.12.1988, NVwZ-RR 1990, 124; a. A. wohl OVG Lüneburg, Beschluss vom 15.10.1999, NVwZ 2000, 1061). Im Übrigen besteht auch kein Anlass zu der Annahme, dass sich die im Laufe des Planungsverfahrens eingetretenen Änderungen in den konkreten Auswirkungen für das Grundstück des Antragstellers als Ausdruck einer von der ursprünglichen Planung vollkommen abweichenden neuen Plankonzeption dargestellt hätten, bei der die Frage nach der Zulässigkeit einer begleitenden Sicherung durch die angegriffene Veränderungssperre vollkommen neu geprüft und bewertet hätte werden müssen.
27 
Schließlich bestehen auch gegen die wiederholte Verlängerung der Veränderungssperre keine durchgreifenden Bedenken. Es kann insbesondere nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Planungsabsichten der Antragsgegnerin in einem solchen Ausmaß geändert hätten, dass eine Verlängerung der Veränderungssperre nicht mehr in Frage kommen konnte, sondern ein Beschluss über den Erlass einer neuen, nach anderen Maßstäben zu beurteilenden Veränderungssperre hätte herbeigeführt werden müssen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Veränderungssperre lediglich auf das Grundstück des Antragstellers bezog und dass es sich insoweit bei den Änderungen in Wahrheit um die Konkretisierung der Planung innerhalb desselben Verfahrens handelte. Die Planungsabsichten hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung wurden insoweit geändert, als letztlich statt eines Misch- und Gewerbegebiets ein Kerngebiet festgesetzt wurde, was aber ebenfalls noch innerhalb des allgemeinen Planungsziels „Wohnen, Handel, Dienstleistungen“ lag. Über den Verlauf der Straße gab es ursprünglich keine Planungsabsichten, so dass streng genommen auch nicht von einer Änderung gesprochen werden kann. Von einer völlig neuen Plankonzeption, deren Realisierung die Frage nach der Erforderlichkeit einer Veränderungssperre neu aufgeworfen hätte (vgl. § 17 Abs. 3 BauGB), konnte jedenfalls nicht die Rede sein.
28 
Die erste Verlängerung der Veränderungssperre durch Beschluss vom 22.6.2006, öffentlich bekanntgemacht in den „Blausteiner Nachrichten“ am 7.7.2006, und die zweite Verlängerung durch Beschluss vom 19.6.2007, öffentlich bekanntgemacht am 29.6.2007, um jeweils ein weiteres Jahr sind ebenso wenig zu beanstanden. Die erste Verlängerung setzte lediglich voraus, dass die Planung noch nicht abgeschlossen war und die Sicherungsbedürftigkeit weiterhin bestand (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 3 BauGB). Dies war der Fall. Die zweite Verlängerung war dagegen nur zulässig, wenn „besondere Umstände“ es erforderten (vgl. § 17 Abs. 2 BauGB). Besondere Umstände liegen vor, wenn ein Planverfahren durch eine „Ungewöhnlichkeit“ gekennzeichnet wird, sei es wegen der Besonderheiten des Umfanges, des Schwierigkeitsgrades oder des Verfahrensablaufes. Weiterhin ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der „Ungewöhnlichkeit“ des Falls und der für die Aufstellung des Planes mehr als üblichen Zeit erforderlich. Die besonderen Umstände und die Ursachen der Verzögerung dürfen darüber hinaus nicht in einem der Gemeinde vorwerfbaren Fehlverhalten begründet sein (wie z. B. Überforderung der mit der Planung beschäftigten Dienstkräfte oder ein sich als zu umfangreich erweisender Zuschnitt des Plangebietes, vgl. BVerwG, Urteil vom 10.9.1976, a.a.O.). Die Antragsgegnerin sieht die Besonderheit des Verfahrens einerseits in der Größe des Plangebiets und andererseits in der Komplexität des Vorganges an der Schnittstelle zwischen kommunaler Bauleitplanung und Eisenbahnfachplanungsrecht; die Freistellung sei erst am 23.8.2006 erteilt worden, wodurch sich das Verfahren verzögert habe; Grunderwerbsverhandlungen mit der Bahn könnten voraussichtlich erst in den nächsten Wochen zu Ende geführt werden. Diese Angaben rechtfertigen die erneute Verlängerung. Auch der Antragsteller hat dagegen keine substantiierten Einwendungen erhoben.
29 
Die beantragte Feststellung kann daher nicht ausgesprochen werden, weshalb der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen ist.
30 
Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
31 
Beschluss
32 
Der Streitwert des Verfahrens wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-EUR festgesetzt.
33 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Satzung über die Veränderungssperre für den Bereich des Bebauungsplans „Windenergieanlagen Lenthalde“ der Gemeinde R. vom 25.3.2004.
Der Bereich „Lenthalde“ wird in der am 19.1.1999 genehmigten 6. Fortschreibung des Flächennutzungsplans für den Verwaltungsraum Bad U./Gemeinde R. als Standort für maximal drei Windenergieanlagen dargestellt. Der Bereich befindet sich innerhalb des Flugbeschränkungsgebiets ED-R 130 für den Truppenübungsplatz Münsingen, der eine Bauhöhenbeschränkung festlegt (Gesamthöhe 100 m, Nabenhöhe 74 m). Nachdem der Truppenübungsplatz inzwischen aufgegeben wurde, soll auch das Flugbeschränkungsgebiet und die daraus folgende Bauhöhenbeschränkung bis spätestens März 2006 aufgehoben werden, wie die Wehrbereichsverwaltung Süd dem Senat im Schreiben vom 18.10.2005 mitgeteilt hat.
Der bestehende Regionalplan Neckar-Alb 1993 befindet sich hinsichtlich der Festlegung von Vorrang- und Ausschlussgebieten für Standorte regionalbedeutsamer Windenergieanlagen im Verfahren der Fortschreibung. Im Beschlussvorschlag des Planungsausschusses des Regionalverbands zur Fortschreibung vom 2.3.2004 (RV-Drucks. Nr. VI-74) heißt es unter anderem, dass die in den Flächennutzungsplänen genehmigten Standorte und Ausschlussbereiche für die Gesamtplanung übernommen werden sollen, um eine doppelte Prüfung bereits untersuchter Flächen zu vermeiden (unter http://www.regionalverband-neckar-alb.de/drucksachen/rv-ds_6-74.htm ). Dementsprechend enthält auch der am 6.12.2005 von der Verbandsversammlung zu beschließende Anhörungsentwurf für eine Fortschreibung den Bereich „Lenthalde“ als Standort für Windenergieanlagen (ohne Bauhöhenbeschränkung).
Mit Schreiben vom 20.2.2004 beantragte die Antragstellerin eine Baugenehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage mit einer Nabenhöhe von 114,09 m (Gesamthöhe ca. 150 m) auf Flst.Nr. 4597 der Gemarkung der Gemeinde R. auf der im Flächennutzungsplan als Standort für Windenergieanlagen dargestellten Fläche am Standort „Lenthalde“ mit der Auflage, dass das Vorhaben erst errichtet werden darf, wenn die militärische Bauhöhenbeschränkung aufgehoben ist. Die Antragstellerin hat sich die für die Errichtung benötigte Fläche durch einen Nutzungsvertrag mit den Eigentümern privatrechtlich gesichert. Für denselben Standort hatte die Antragstellerin auf ihren Antrag vom 7.12.2001 die Baugenehmigung zur Errichtung von drei Windkraftanlagen mit einer Nabenhöhe von 50 m und einer Gesamthöhe von 74 m erhalten; dieses Vorhaben will die Antragstellerin nicht mehr weiter verfolgen. Das Regierungspräsidium Tübingen verweigerte mit Schreiben vom 19.4.2004 an die Baurechtsbehörde (Landratsamt Reutlingen) die gemäß § 14 Abs. 1 LuftVG erforderliche Zustimmung zu dem nunmehr beabsichtigten Vorhaben aus „militärischen Flugsicherungsgründen“.
Am 25.3.2004 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin die Aufstellung des Bebauungsplans „Windenergieanlagen Lenthalde“. In der Sitzungsniederschrift wird ausgeführt, dass in der 6. Fortschreibung des Flächennutzungsplans, welche den Standort „Lenthalde“ für Windkraftanlagen ausweise, keine Höhenbegrenzung festgelegt worden sei; denn „im Gremium“ sei damals bekannt gewesen, „dass aufgrund des Flugbetriebs eine Höhenbegrenzung galt, die nicht explizit durch einen Bebauungsplan festgelegt werden musste“. Weiter heißt es in der Sitzungsniederschrift:
„Nachdem der Gemeinde nun bekannt ist, dass die Höhenbegrenzung der Windkraftanlage nach Wegfall des militärischen Flugbetriebes aufgehoben wird, sieht sich die Gemeindeverwaltung dazu veranlasst, eine bereits bei der Änderung des Flächennutzungsplanes gewollte Höhenbegrenzung festzuschreiben, die bisher mit als Voraussetzung für den Standort „Lenthalde“ maßgebend war. Zudem will man auch das Gebiet für Windkraftanlagen genau abgrenzen. Die Gemeindeverwaltung hält nach wie vor an dem Windkraftstandort „Lenthalde“ wie im Flächennutzungsplan ausgewiesen fest, allerdings mit der Maßgabe, einen Bebauungsplan aufzustellen, in dem die bisher geltende Höhenbegrenzung von derzeit 74 m, die durch den militärischen Flugbetrieb vorgegeben war, im Bebauungsplan festgeschrieben wird, da ansonsten nachteilige Auswirkungen auf den betroffenen Landschaftsraum zu erwarten sind. Dieser Eingriff muss im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens noch gesondert überprüft, bewertet und nachgewiesen werden. Ebenso muss noch nachgewiesen werden, dass durch die Höhenbegrenzung die Umsetzung des Flächennutzungsplanes nicht unmöglich gemacht wird, indem der Betrieb der Anlage dadurch unwirtschaftlich wird.“
In derselben Sitzung am 25.3.2004 beschloss der Gemeinderat sodann eine Veränderungssperre zur Sicherung der Planung im künftigen Geltungsbereich des Bebauungsplans „Windenergieanlagen Lenthalde“. Im Amtsblatt der Gemeinde R. vom 1.4.2004 wurde auf Seite 5 sowohl der Satzungsbeschluss über die Veränderungssperre als auch der Beschluss zur Aufstellung des Bebauungsplans öffentlich bekannt gemacht; dabei wurde der Aufstellungsbeschluss in der Reihenfolge nach dem Beschluss über die Veränderungssperre abgedruckt.
Nach dem aktuellen Entwurf des Bebauungsplans „Windenergieanlagen Lenthalde“ zur Anhörung der Träger öffentlicher Belange vom 12.8.2005 soll der Bereich „Lenthalde“ als Sondergebiet für maximal zwei Windenergieanlagen mit einer Anlagenhöhe von 101 m über natürlichem Gelände ohne genaue Festlegung des Standorts der Anlagen ausgewiesen werden.
Am 9.8.2004 hat die Antragstellerin im Wege der Untätigkeitsklage die Verpflichtung der Baurechtsbehörde zur Erteilung der beantragten Baugenehmigung beantragt (Verwaltungsgericht Sigmaringen, Az.: 7 K 1570/04). Mit Beschluss vom 20.4.2005 hat der Senat den Antrag der Antragstellerin auf vorläufige Außervollzugsetzung der Veränderungssperre im Wege der einstweiligen Anordnung abgelehnt (- 8 S 680/05 -). Am 13.4.2005 hat die Antragstellerin das Normenkontrollverfahren mit dem Antrag eingeleitet,
10 
die Satzung der Gemeinde R. über die Veränderungssperre für den Bereich des Bebauungsplans „Windenergieanlagen Lenthalde“ vom 25.3.2004 für unwirksam zu erklären.
11 
Sie trägt vor: Die Aufhebung der militärischen Bauhöhenbeschränkung stehe unmittelbar bevor, so dass keine Zweifel am Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses bestünden. Die Veränderungssperre sei ohne einen wirksamen Aufstellungsbeschluss erlassen worden. Denn innerhalb des Amtsblatts der Antragsgegnerin sei die Bekanntmachung der Veränderungssperre vor der Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses erfolgt, so dass der Aufstellungsbeschluss erst „eine juristische Sekunde“ nach Bekanntmachung der Veränderungssperre wirksam geworden sei. Zum Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre hätten keine hinreichend konkretisierten positiven Planvorstellungen bestanden. Es handle sich um eine reine Verhinderungsplanung. Für die beabsichtigte Höhenbegrenzung seien keine städtebaulichen Gründe genannt worden; vielmehr gehe es allein darum, die militärische Begrenzung der Höhe baulicher Anlagen auf 74 m auch für die Zukunft festzuschreiben. Auch die im Bebauungsplanverfahren erstellte Sichtbarkeitsanalyse zeige, dass es nicht um den Schutz der Landschaft, sondern nur darum gehe, die Aussicht auf eine unbebaute Landschaft zu erhalten, was für sich genommen keinen schutzwürdigen städtebaulichen Belang darstelle. Der Gemeinderat habe auch nicht erkennen lassen, mit welchen Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung die Standorte für Windenergieanlagen ausgewiesen werden sollten. Insoweit bestünden mehrere Möglichkeiten. So könnten neben einem Sondergebiet für Windenergieanlagen auch weitere Nutzungsarten oder „sich überlagernde Baugebietsausweisungen“ vorgesehen werden; zudem könnten Standorte für Windenergieanlagen als Versorgungsflächen nach § 9 Abs. 1 Nr. 12 BauGB neben anderen Baugebietstypen festgesetzt werden. Die Veränderungssperre sei schließlich auch deshalb unwirksam, weil der in Aufstellung befindliche Bebauungsplan gegen das Entwicklungsgebot verstoßen werde. Dieses Gebot werde unter anderem dann verletzt, wenn der Bebauungsplan aus einem unwirksamen Flächennutzungsplan abgeleitet werde. So liege es hier, weil die 6. Fortschreibung des Flächennutzungsplans abwägungsfehlerhaft sei. Im Flächennutzungsplan werde der Standort „Lenthalde“ als Konzentrationsfläche dargestellt, die nach dem planerischen Willen der Antragsgegnerin die Errichtung von Windenergieanlagen im übrigen Gemeindegebiet ausschließen solle. Dieser Darstellung liege jedoch keine flächendeckende Untersuchung aller hierfür geeigneten Standorte im Gemeindegebiet zugrunde. Die Untersuchung sei stattdessen von vornherein auf acht Standorte begrenzt worden, die nach einer Veröffentlichung des Regionalverbandes Neckar-Alb besonders günstige Voraussetzungen haben sollten. Rechtfertigende Gründe für diese vorab erfolgte Aussonderung der übrigen geeigneten Flächen fehlten. Nach Aussonderung von weiteren fünf Flächen seien neben dem Standort „Lenthalde“ noch die Gebiete „Aelbe“ und „Beuren“ übrig geblieben. Diese seien schließlich von einer Darstellung als Standorte für Windenergieanlagen mit Blick auf die in der Verwaltungsvorschrift Windkraftanlagen des Wirtschafts- und des Umweltministeriums vorgesehene Einhaltung eines Abstands von 200 m zu Biotopen bzw. sonstigen Schutzzonen ausgenommen worden. Dabei sei die Abstandsregelung jedoch zu Unrecht als strikte Vorgabe gehandhabt worden, obwohl die Verwaltungsvorschrift selbst die Errichtung von Windenergieanlagen in der Abstandszone zulasse, wenn konkret keine negativen Auswirkungen drohten oder durch Ausgleichsmaßnahmen ein gleichartiges Biotop geschaffen werde. Die beiden Standorte seien außerdem wegen ihrer Nähe zu Brutplätzen von Vögeln ausgeschlossen worden. Die oben genannte Verwaltungsvorschrift nenne als Ausschlusskriterium indes nur die Nähe zu Brutplätzen besonders geschützter Tierarten. Ob es sich bei den Brutplätzen in der Nähe der beiden ausgeschiedenen Standorte um solche besonders geschützter Vogelarten handle, sei bei Verabschiedung des Flächennutzungsplans nicht untersucht worden. Mithin sei die 6. Fortschreibung des Flächennutzungsplans jedenfalls hinsichtlich der Darstellungen zur Windenergienutzung teilweise unwirksam. Aus ihr könne der Bebauungsplan „Windenergieanlagen Lenthalde“ daher nicht entwickelt werden. In der mündlichen Verhandlung hat die Antragstellerin ergänzend vorgebracht, im Zeitpunkt des Beschlusses über die Veränderungssperre sei offenkundig gewesen, dass die Darstellungen des Flächennutzungsplans zur Windenergienutzung, die auf einer Eignungsuntersuchung im Jahre 1996 beruhten, jedenfalls unwirksam geworden seien. Die Standortplanung zu Windkraftanlagen müsse im Abstand von wenigen Jahren überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden. Denn wegen des ständigen Rückgangs der Fördermittel müssten die potentiellen Standorte immer windhöffiger und die Bauhöhe der Anlagen immer mehr gesteigert werden, um die Windenergie noch wirtschaftlich nutzen zu können. Außerdem änderten sich auch die meteorologischen Verhältnisse laufend. Der Flächennutzungsplan beruhe daher auf überholten Annahmen.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzuweisen.
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Sie trägt vor: Die Antragstellerin könne eine Antragsbefugnis nur aus dem Nutzungsvertrag mit den Eigentümern und ihrem Baugenehmigungsantrag herleiten. Solange die militärische Bauhöhenbeschränkung bestehe, handle es sich insoweit jedoch allenfalls um eine rechtliche Chance, die geplante Anlage im Verhältnis zum Verpächter errichten zu können. Eine Unwirksamkeitserklärung der Veränderungssperre ändere daran nichts. Daher fehle es an der Antragsbefugnis. Der Veränderungssperre liege im Übrigen ein wirksamer Aufstellungsbeschluss zugrunde. In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg sei geklärt, dass die Beschlüsse über die Aufstellung des Bebauungsplans und über die Veränderungssperre gleichzeitig ortsüblich bekannt gemacht werden könnten. Dann könne es aber nicht darauf ankommen, in welcher Reihenfolge der Leser von den Beschlüssen Kenntnis nehme, sondern allein darauf, dass die ortsübliche Bekanntmachung einheitlich mit demselben Amtsblatt am selben Tag erfolgt sei. Die Veränderungssperre sei auch auf eine hinreichend konkretisierte Planung gestützt. Nach dem Aufstellungsbeschluss des Gemeinderats der Antragsgegnerin stehe fest, dass der künftige Bebauungsplan nach der Art der baulichen Nutzung einen Standort für Windenergieanlagen ausweisen werde. Auch liege keine unzulässige Negativplanung vor. Zwar sei Anlass der Planung der absehbare Wegfall der militärischen Höhenbegrenzung von 74 m. Ob diese Höhenbegrenzung schließlich bauplanerisch festgesetzt werde, sei zum Zeitpunkt des Beschlusses über die Veränderungssperre jedoch offen gewesen. Aus der Niederschrift zum Aufstellungsbeschluss werde deutlich, dass es darum gehe, den Bebauungsplan auf der Grundlage vorangegangener Untersuchungen so auszugestalten, dass eine sowohl landschaftsverträgliche als auch wirtschaftliche Nutzung der Windenergie am Standort „Lenthalde“ ermöglicht werde. Diese Gesichtspunkte seien überdies städtebaulicher Natur. Im Normenkontrollverfahren über eine Veränderungssperre könne es nicht auf die Frage der Wirksamkeit des Flächennutzungsplan ankommen, aus dem der künftige Bebauungsplan zu entwickeln sei. Eine Veränderungssperre sei als Sicherungsmittel erst dann ungeeignet, wenn sich das aus dem Aufstellungsbeschluss ersichtliche Planungsziel im Wege planerischer Festsetzungen nicht erreichen lasse. Hier könnten Mängel des Flächennutzungsplans jedoch gegebenenfalls im Parallelverfahren bis zum Satzungsbeschluss behoben werden. Im übrigen bestünden an der grundsätzlichen Eignung des Standorts „Lenthalde“ ohnehin keine Zweifel, so dass der Erlass des Bebauungsplans „Windenergieanlagen Lenthalde“ die geordnete städtebauliche Entwicklung nicht beeinträchtigen werde. Dementsprechend solle dieser Standort auch nach dem bisherigen Stand des Verfahrens zur Fortschreibung des Regionalplans Neckar-Alb als Vorranggebiet für Windenergieanlagen festgelegt werden. Abgesehen davon beruhten die Aussagen des Flächennutzungsplans zur Nutzung der Windenergie auf dem Gebiet der Beklagten auf flächendeckenden Untersuchungen des Regionalverbands zur Standorteignung und auf einer ordnungsgemäßen planerischen Abwägung.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die dem Senat vorliegenden Akten zur Veränderungssperre, die Baugenehmigungsakten sowie die Akten zur Aufstellung des Bebauungsplans „Windenergieanlagen Lenthalde“ verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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I. Der Normenkontrollantrag ist statthaft und zulässig.
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Die Antragstellerin ist als Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach § 61 Nr. 2 VwGO beteiligungsfähig. Das folgt jedenfalls aus ihrer in § 42 Abs. 7 Satz 1 LBO verankerten Bauherrenfähigkeit; danach war sie grundsätzlich berechtigt, einen Baugenehmigungsantrag zu stellen, dessen Erfolg jedenfalls auch davon abhängt, ob die angegriffene Veränderungssperre wirksam ist oder nicht (vgl. Senatsbeschluss vom 22.12.1992 - 8 S 2794/92 - , VBlBW 1993, 177; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16.6.2005 - 2 K 278/02 - m.w.N.; für eine allgemeine, von der Zuweisung einzelner Rechte unabhängige Beteiligungsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts BGH, Urteil vom 29.1.2001 - II ZR 331/00 - , NJW 2001, 1056). Die Antragstellerin ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt, weil sie den Antrag auf baurechtliche Genehmigung der geplanten Windkraftanlage auf der Grundlage einer Vereinbarung mit den Grundeigentümern gestellt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.2.2004 - 4 CN 13.03 - , NVwZ 2004, 984). Die Antragsbefugnis ist auch nicht deshalb entfallen, weil Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 m seit 1.7.2005 nicht mehr einer baurechtlichen, sondern einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen (Nr. 1.6 Spalte 2 der Anlage zur 4. BImSchV). Denn nach der Übergangsregelung des § 67 Abs. 9 Satz 3 BImSchG gilt dies nicht für Verfahren auf Erteilung einer Baugenehmigung für Windkraftanlagen, die - wie hier - vor dem 1.7.2005 rechtshängig geworden sind (Verfahren 7 K 1570/04, VG Sigmaringen). Davon abgesehen setzt die Antragsbefugnis nicht voraus, dass die Zulassung des Vorhabens bereits förmlich beantragt wurde. Vielmehr genügt die ernsthafte Absicht, das Vorhaben in dem von der Veränderungssperre betroffenen Gebiet zu realisieren (vgl. VGH Baden-Württ., Urteil vom 9.6.2005 - 3 S 1545/04 - ). Daran besteht hier kein Zweifel. Schließlich ist das Rechtsschutzbedürfnis gegeben. Die beantragte Unwirksamkeitserklärung der Veränderungssperre ist für die Antragstellerin nicht nutzlos, weil die ihrem Vorhaben entgegenstehende militärische Bauhöhenbeschränkung demnächst aufgehoben wird.
18 
II. Der Normenkontrollantrag ist jedoch nicht begründet. Die Veränderungssperre ist rechtmäßig.
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1. Der öffentlichen Bekanntmachung der Veränderungssperre liegt ein wirksamer Beschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplans zugrunde (vgl. zu diesem Erfordernis Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 8. Aufl., § 14 Rn. 6 m.w.N.).
20 
In der Rechtsprechung ist geklärt, dass der Aufstellungsbeschluss und die Veränderungssperre gleichzeitig öffentlich bekannt gemacht werden können (vgl. Beschluss des Senats vom 9.2.1998 - 8 S 2770/97 -, VBlBW 1998, 310; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.8.1990 - 3 S 1139/90 -; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 9.2.1989 - 4 B 236.88 -, BRS 49, Nr. 21). Das ist hier geschehen. Sowohl der Aufstellungsbeschluss als auch die Veränderungssperre sind in derselben Ausgabe des Amtsblatts der Antragsgegnerin vom 1.4.2004 gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 DVO GemO „eingerückt“ und damit am selben Tag öffentlich bekannt gemacht worden. Die Reihenfolge der Abdrucke im Amtsblatt ist für den Zeitpunkt der öffentlichen Bekanntmachungen ohne Bedeutung, weil es für deren Wirksamkeit nicht darauf ankommt, ob und wann sie von Betroffenen gelesen werden, sondern allein auf die Tatsache des „Einrückens“ in das Amtsblatt selbst (vgl. BVerwG, Urteil vom 7.12.2000 - 4 A 22.00 - Juris).
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2. Die Veränderungssperre ist von einer hinreichend konkreten positiven Planungskonzeption getragen.
22 
Eine Veränderungssperre darf erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre eine bestimmte Art der baulichen Nutzung im betroffenen Gebiet ins Auge gefasst hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.2.2004 a.a.O., m.w.N.; Beschluss vom 25.11.2003 - 4 BN 60.03 -, NVwZ 2004, 477). Dieses Planziel muss auf eine positive städtebauliche Gestaltung gerichtet sein; eine Negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht nicht aus (vgl. BVerwG, Beschl. vom 5.2.1990 - 4 B 191.89 - , NVwZ 1990, 558 = PBauE § 15 BauGB Nr. 1; Beschl. des Senats vom 9.2.1998, a.a.O.; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 1, § 14 Rn 47). Danach ist die Veränderungssperre hier nicht zu beanstanden.
23 
a) Bei Erlass der Veränderungssperre bestanden hinreichend konkrete planerische Vorstellungen.
24 
Der Beschluss des Gemeinderates der Antragsgegnerin vom 25.3.2004 hat zum Inhalt, dass für den Bereich „Lenthalde“ ein Bebauungsplan zur Errichtung von Windenergieanlagen aufgestellt werden soll. In der Begründung des Aufstellungsbeschlusses wird weiter ausgeführt, dass es darum geht, die Darstellung des Bereichs „Lenthalde“ im Flächennutzungsplan als Standort für Windkraftanlagen hinsichtlich der Bauhöhe und der räumlichen Lage weiter zu entwickeln. Nach dem - parzellenscharfen - Lageplan, der dem Aufstellungsbeschluss zugrunde liegt, soll der Geltungsbereich des künftigen Bebauungsplans kleinräumig auf lediglich sieben Grundstücke begrenzt werden. Damit ist die zu sichernde Planung hinreichend konkretisiert. Sie gilt einem bestimmten Baugebiet mit einer eindeutig bestimmten Nutzungsart. Ob und wenn ja welche anderen Nutzungen im Plangebiet zulässig sein sollen, bedurfte entgegen der Auffassung der Antragstellerin keiner Festlegung. Denn Planziel ist allein die Vorhaltung des Bereichs „Lenthalde“ zur Errichtung von Windenergieanlagen, nicht die Sicherung oder der Ausschluss sonstiger Nutzungen. Auch angesichts der geringen Größe des Plangebiets steht die Frage der Regelung sonstiger Nutzungsmöglichkeiten nicht gleichrangig neben dem Ziel, es als Standort für Windenergieanlagen vorzusehen (vgl. demgegenüber BVerwG, Urteil vom 19.2.2004, a.a.O., bei einer Veränderungssperre für große Teile des Gemeindegebiets). Die anderweitige Nutzung des künftigen Plangebiets ist daher allenfalls insoweit von planerischer Relevanz, als es um die Lösung von durch Windenergieanlagen möglicherweise ausgelöste Nutzungskonflikte geht. Der Erlass einer Veränderungssperre kann jedoch nicht davon abhängig gemacht werden, dass bereits Aussagen zur Lösung von Nutzungskonflikten infolge der Realisierung des Planziels getroffen werden, weil dies typischerweise erst im weiteren Verlauf des Aufstellungsverfahrens im Rahmen einer umfassenden Abwägung unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung möglich ist.
25 
Die Antragstellerin meint ferner, bereits bei Erlass der Veränderungssperre hätte feststehen müssen, ob die Ausweisung des Gebiets „Lenthalde“ als Windkraftstandort durch Festsetzung eines entsprechenden Sondergebiets nach § 11 Abs. 2 BauNVO oder einer Fläche nach § 9 Abs. 1 Nr. 12 BauGB erfolgen soll. Das trifft nicht zu. Es reicht aus, wenn bei Erlass der Veränderungssperre absehbar ist, dass sich das Planziel im Wege bauplanerischer Festsetzungen überhaupt erreichen lässt (vgl. BVerwG, Beschl. vom 27.7.1990 - 4 B 156.89 - Buchholz 406.11 § 17 BauGB Nr. 4), was hier zweifellos der Fall ist. Die Auswahl der Mittel zur Realisierung des Planziels ist hingegen - ebenso wie die Lösung von Nutzungskonflikten - typischerweise Aufgabe der im Aufstellungsverfahren vorzunehmenden planerischen Abwägung.
26 
b) Die beabsichtigte Planung ist auch von einer positiven Konzeption getragen.
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Ihr eigentliches Ziel ist nicht, das Vorhaben der Antragstellerin zu verhindern; vielmehr hat die Antragsgegnerin plausible städtebauliche Gründe für eine weitere Konkretisierung der im Flächennutzungsplan bereits erfolgten Darstellung des Bereichs „Lenthalde“ als Windkraftstandort angeführt. Insbesondere geht es nicht um eine bloße Übernahme der demnächst wegfallenden militärischen Bauhöhenbeschränkung ohne eigene städtebauliche Überlegungen. Zwar wird ausweislich der Sitzungsniederschrift eine entsprechende Höhenbegrenzung angestrebt. Dies soll jedoch zum einen zum Schutz des Landschaftsraums erfolgen, also aufgrund einer städtebaulichen Erwägung. Zum anderen wird die künftige Höhenbegrenzung ausdrücklich unter den Vorbehalt gestellt, dass sie eine wirtschaftliche Nutzung der Windenergie zulässt. Zu diesem Zweck sollen im Planverfahren die Auswirkungen der Anlagenhöhe auf den Landschaftsraum und die Wirtschaftlichkeit der Windenergienutzung am Standort „Lenthalde“ untersucht und bewertet und der Konflikt zwischen Landschaftsverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit der Windenergienutzung einem planerischen Ausgleich zugeführt werden. Die Planung ist damit auf eine positive städtebauliche Gestaltung gerichtet. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesichtspunkt des Schutzes des Landschaftsraums nur vorgeschoben ist. Dass dieser Aspekt bei der Beschlussfassung über die Aufstellung eines Bebauungsplans und den Erlass einer Veränderungssperre nicht näher konkretisiert wurde, stellt hierfür kein Indiz dar. Denn die konkrete Untersuchung und Bewertung der Auswirkungen von Windenergieanlagen bestimmter Höhe auf den Landschaftsraum hat die Antragsgegnerin - zu Recht - dem Aufstellungsverfahren vorbehalten. Im Übrigen dürfte dem Gemeinderat bereits bei Erlass der Veränderungssperre eine „Grobeinschätzung“ möglich gewesen sein. Im Erläuterungsbericht zur 6. Fortschreibung des Flächennutzungsplans wird die Notwendigkeit, die Errichtung von Windenergieanlagen auf dem Gemeindegebiet zu steuern, unter anderem damit begründet, dass die Gemeinde R. als eines ihrer wichtigsten Ziele die Stärkung und Weiterentwicklung des Fremdenverkehrs ansehe, wofür wesentliche Voraussetzung der Erhalt der vorhandenen Landschaft mit herausragenden ästhetischen Reizen und einer nur sehr geringen Vorbelastung durch technische Bauwerke sei. Da es sich bei der Antragsgegnerin um eine kleine Gemeinde handelt, kann angenommen werden, dass den Gemeinderäten diese Konfliktsituation bei der Beschlussfassung bekannt war. Auch die im Bebauungsplanverfahren inzwischen vorgenommene „Sichtbarkeitsanalyse“ in Gestalt eines Vergleichs fiktiver Ansichten von Windenergieanlagen mit Höhen von jeweils 100 m und 150 m bestätigt nicht die Einschätzung der Antragstellerin, es bestehe offensichtlich keine Notwendigkeit, den Landschaftsraum durch eine Höhenbegrenzung zu schützen.
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3. Die Sicherung des Planziels durch Veränderungssperre ist auch sonst gerechtfertigt.
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Die Veränderungssperre soll die Erarbeitung eines tragfähigen Plankonzepts ermöglichen. Das schließt eine „antizipierte Normenkontrolle“ des zu erstellenden Bebauungsplans aus. Eine Veränderungssperre ist nur dann als Sicherungsmittel nicht mehr gerechtfertigt, wenn die aus dem Aufstellungsbeschluss ersichtliche Planung offensichtlich unheilbar rechtswidrig oder nicht realisierbar ist (vgl. Beschluss des Senats vom 9.2.1998, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 2.3.1993 - 5 S 2091/92 -, NVwZ 1994, 797; Berliner Kommentar, Bd. 1, § 14 Rn. 10; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Bd. 1, a.a.O., § 14, Rn. 53 ff.). Das ist hier nicht der Fall. Insbesondere stand nicht bereits zum Zeitpunkt des Beschlusses über die Veränderungssperre mit Gewissheit fest, dass der künftige Bebauungsplan „Windenergieanlagen Lenthalde“ gegen das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 BauGB verstoßen wird, weil ihm keine wirksamen Darstellungen des Flächennutzungsplans zur Nutzung der Windenergie zugrunde liegen werden (vgl. zur Verletzung des Entwicklungsgebots bei Unwirksamkeit des Flächennutzungsplans BVerwG, Beschl. vom 18.12.1991 - 4 N 2.98 - , DVBl. 1992, 574).
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a) Dies gilt zum einen selbst dann, wenn die von der Antragstellerin geltend gemachte Unwirksamkeit der Darstellungen des Flächennutzungsplans zur Nutzung der Windenergie auf dem Gebiet der Antragsgegnerin unterstellt wird. Denn es spricht viel dafür, dass diese Darstellungen durch eine regionalplanerische Standortplanung „ersetzt“ werden.
31 
Die Regelung des § 11 Abs. 3 Nr. 11 in Verbindung mit Abs. 7 Satz 1 Halbs. 2 LPlG verpflichtet die Regionalverbände, Standorte für regionalbedeutsame Windkraftanlagen als Vorranggebiete und die übrigen Gebiete der Region als Ausschlussgebiete festzulegen, in denen Windkraftanlagen nicht zulässig sind. Durch diese zwingend vorgeschriebene flächendeckende regionale Standortplanung soll eine ungeordnete oder nur durch örtliche Interessen bestimmte Nutzung der Windenergie und letztlich eine „Verspargelung“ der Landschaft verhindert werden (vgl. LT-Drucks. 13/1883, 35 f.). Eine eigenständige Standortplanung mit Alternativenprüfung ist den Gemeinden daher künftig nur für Windenergieanlagen von untergeordneter Bedeutung eröffnet. Hinsichtlich der regional bedeutsamen Anlagen wird die eigentliche Standortentscheidung hingegen von der Regionalplanung getroffen. Den Gemeinden bleibt insoweit nur noch die Möglichkeit, diese Entscheidung etwa mit Blick auf die Bauhöhe der einzelnen Anlagen oder deren parzellenscharfen Standort zu konkretisieren (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. vom 25.11.2003, a.a.O.; zur Vereinbarkeit der „Heraufzonung“ der Standortplanung auf die regionale Ebene mit der gemeindlichen Planungshoheit vgl. VGH Baden-Württ., Urt. vom 9.6.2005, a.a.O.). Beschränkt sich ein Bebauungsplan auf diese Möglichkeit zur weiteren „Entwicklung“ eines regionalplanerischen Vorranggebiets für Windkraftanlagen nach Maßgabe des § 1 Abs. 4 BauGB, besteht gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 BauGB kein Gebot, einen solchen Bebauungsplan außerdem auch aus dem Flächennutzungsplan herzuleiten. Angesichts des geringen Spielraums zur planerischen Konkretisierung der regionalplanerischen Standortentscheidung besteht kein Bedarf, das Vorranggebiet auch noch auf der Ebene der Flächennutzungsplanung näher auszugestalten, zumal diese gemäß § 5 Abs. 2 BauGB auf die Darstellung von Flächen beschränkt ist und daher keine Aussage etwa zur Bauhöhe der Anlagen treffen könnte. Soweit es nur darum geht, ein Vorranggebiet für Windkraftanlagen gemäß § 1 Abs. 4 BauGB auszuformen, ist daher ein Flächennutzungsplan im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 2 BauGB nicht erforderlich, um die städtebauliche Entwicklung zu ordnen. Vielmehr kann die Ebene der Flächennutzungsplanung „übersprungen“ und die Ausformung durch einen Bebauungsplan ohne Bindung an das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB erfolgen, unabhängig davon, ob ein Flächennutzungsplan vorliegt und welche Aussagen er trifft. Insoweit „verdrängt“ das Zielanpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Soweit in der Literatur darauf verwiesen wird, dass § 8 Abs. 2 Satz 2 BauGB nur Anwendung findet, wenn überhaupt kein Flächennutzungsplan vorliegt (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., § 8 Rn. 7; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 8 Rn. 12; Brügelmann, BauGB, Bd. 1, § 8 Rn. 115), betrifft dies ersichtlich nur die Ebenen des Flächennutzungsplans und des Bebauungsplans; insoweit ist das Vorhandensein eines Flächennutzungsplans in der Tat Indiz dafür, dass die Gemeinde selbst einen solchen für erforderlich hält, um die städtebauliche Entwicklung des Gemeindegebiets zu ordnen. Hier geht es jedoch um den anders gelagerten Fall, dass ein vorhandener Flächennutzungsplan durch die regionalplanerische Standortplanung teilweise überlagert wird und insoweit keinen eigenständigen, über die Möglichkeiten des Bebauungsplans hinaus reichenden Beitrag leisten kann, um diese Standortaussage in die städtebauliche Gesamtentwicklung zu integrieren.
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Ausgehend davon ist kein Raum für die Feststellung, dass der künftige Bebauungsplan „Windenergieanlagen Lenthalde“ offensichtlich gegen das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB verstoßen wird. Der hier maßgebliche Regionalplan Neckar-Alb wird derzeit entsprechend der oben genannten gesetzlichen Verpflichtung zur Festlegung von Vorrang- und Ausschlussgebieten für Standorte regionalbedeutsamer Windkraftanlagen fortgeschrieben. Unstreitig sieht der vom Planungsausschuss des Regionalverbands beschlossene Anhörungsentwurf der Fortschreibung den Bereich „Lenthalde“ als Vorrangstandort für Windenergieanlagen (ohne Höhenbegrenzung) vor (so bereits der Vorschlag des Planungsausschusses vom 2.3.2004: Die in den Flächennutzungsplänen genehmigten Standorte und Ausschlussgebiete sollen übernommen werden, um eine doppelte Prüfung der Standorteignung zu vermeiden). Somit erscheint es jedenfalls möglich, dass bei Erlass des Bebauungsplans „Windenergieanlagen Lenthalde“ der Bereich „Lenthalde“ bereits als Vorranggebiet und das übrige Gemeindegebiet als Ausschlussbereich für regionalbedeutsame Windkraftanlagen festgelegt sein wird oder sich eine entsprechende regionalplanerische Absicht hinreichend verfestigt haben wird. Wie ausgeführt, müsste der Bebauungsplan, der sich nach den bisherigen Vorstellungen darauf beschränkt, die Nutzung des Bereichs „Lenthalde“ für die Windkraft näher zu konkretisieren, in diesem Fall gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 BauGB nicht aus dem Flächennutzungsplan entwickelt werden, gleichgültig, ob dessen Aussagen zur Nutzung der Windkraft auf dem Gemeindegebiet wirksam sind oder nicht.
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Unabhängig von der Frage der Anwendbarkeit des § 8 Abs. 2 Satz 2 BauGB gilt Folgendes: Sollte noch ein Verfahren zur erneuten Fortschreibung des Flächennutzungsplans eingeleitet werden, wofür derzeit allerdings nichts ersichtlich ist, könnte der Bebauungsplan gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 BauGB vor dem geänderten Flächennutzungsplan bekannt gemacht werden. Denn mit Blick auf das Zielanpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB und den geringen Spielraum für eine bauleitplanerische Konkretisierung der regionalplanerischen Vorgabe stünde ohnehin fest, dass der Bebauungsplan aus den künftigen Darstellungen des Flächennutzungsplans entwickelt sein wird. Ansonsten könnte der Bebauungsplan jedenfalls gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 BauGB als vorzeitiger Bebauungsplan erlassen werden. Nach dieser Vorschrift kann ein Bebauungsplan unter anderem aufgestellt werden, bevor der Flächennutzungsplan aufgestellt ist, wenn dringende Gründe es erfordern und wenn der Bebauungsplan der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung des Gemeindegebiets nicht entgegenstehen wird. Sie ist auch dann anwendbar, wenn ein Flächennutzungsplan zwar existiert, aber - wie hier unterstellt - unwirksam ist, und zwar auch dann, wenn die Gemeinde selbst den Flächennutzungsplan als gültig angesehen hat; entscheidend ist allein, dass die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür objektiv vorliegen (vgl. BVerwG, Beschl. vom 18.12.1991, a.a.O.; vgl. auch Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, a.a.O., § 8 Rn. 7; zur Anwendung des § 8 Abs. 4 auf die Veränderungssperre vgl. auch VGH Bad.-Württ., Beschl. vom 26.5.1981 - 3 S 2491/80 -). Angesichts des oben bezeichneten, eng begrenzten Spielraums zur Konkretisierung eines regionalplanerisch festgelegten Vorrangstandorts für Windenergieanlagen würde der künftige Bebauungsplan bei einer entsprechenden Aussage des Regionalplans zum Bereich „Lenthalde“ der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung des Gemeindegebiets offensichtlich nicht entgegenstehen. Wegen der - von der Antragsgegnerin plausibel begründeten - Notwendigkeit einer planerischen Bewältigung des Konflikts zwischen einer landschaftsgerechten und einer möglichst wirtschaftlichen Nutzung der Windenergie am Standort „Lenthalde“ hätte ein Abwarten auf das Inkrafttreten eines geänderten Flächennutzungsplans größere Nachteile zur Folge, als die Aufstellung des Bebauungsplans vor diesem Zeitpunkt, zumal die Flächennutzungsplanung ohnehin keinen eigenständigen Beitrag zur Konkretisierung der regionalplanerischen Vorrangfestlegung leisten könnte; daher dürfte auch die nach § 8 Abs. 4 Satz 1 BauGB geforderte Dringlichkeit für die vorzeitige Aufstellung des Bebauungsplans gegeben sein (vgl. dazu Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 8 Rn. 23).
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Nach allem ist wegen der möglichen regionalplanerischen Festlegung des Bereichs „Lenthalde“ als Vorrangstandort für regional bedeutsame Windkraftanlagen kein Raum für die Feststellung, dass der künftige Bebauungsplan aller Voraussicht nach offensichtlich gegen das Entwicklungsgebot verstoßen wird.
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b) Unabhängig von den vorgenannten Konsequenzen einer regionalplanerischen Standortplanung für Windkraftanlagen für die Einhaltung des Entwicklungsgebots steht auch nicht evident fest, dass die Aussagen des Flächennutzungsplans zur Windkraftnutzung auf dem Gebiet der Antragsgegnerin unwirksam sind oder jedenfalls bei Aufstellung des Bebauungsplans „Windenergieanlagen Lenthalde“ unwirksam sein werden, wie die Antragstellerin meint.
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Sie macht geltend, der Flächennutzungsplan sei insoweit abwägungsfehlerhaft, weil er nicht auf einer flächendeckenden Untersuchung der Eignung aller in Betracht kommenden Standorte auf dem Gemeindegebiet beruhe. Es gibt jedoch keine evidenten Anhaltspunkte für einen solchen Abwägungsfehler. Die 6. Fortschreibung des Flächennutzungsplans ist von einer Veröffentlichung des Regionalverbands Neckar-Alb vom April 1996 und einer Untersuchung der EVS aus dem Jahre 1997 ausgegangen, die zum Ergebnis gelangten, dass das Gemeindegebiet acht für die Nutzung der Windenergie „besonders geeignete“ Standorte aufweise (vgl. Seite 11 der Erläuterungen zur 6. Fortschreibung, Bl. 141 der Gerichtsakte). Die Antragstellerin hat weder dieses Untersuchungsergebnis substantiiert in Frage gestellt noch andere Standorte genannt, deren Windhöffigkeit sich als noch günstiger darstellt. Insbesondere drängt sich auch nicht auf, dass der Bereich „Lenthalde“ wegen der militärischen Bauhöhenbeschränkung, deren Wegfall zum Zeitpunkt der Verabschiedung der 6. Fortschreibung des Flächennutzungsplans im Jahre 1999 eventuell noch nicht absehbar war, als Windkraftstandort ungeeignet war. Dagegen spricht bereits, dass die Antragstellerin noch im Jahre 2001 die Genehmigung zur Errichtung von drei Windkraftanlagen auf diesem Standort unter Wahrung der Bauhöhenbeschränkung beantragt hat. Es ist daher nicht nachvollziehbar geschweige denn offensichtlich, dass und weshalb aus Anlass der Fortschreibung des Flächennutzungsplans weitere Untersuchungen zur Standorteignung hätten angestellt werden müssen.
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Die Antragstellerin trägt ferner vor, der Ausschluss der übrigen, in der Studie des Regionalverbands als „besonders geeignet“ bezeichneten Standorte beruhe auf einer zu hohen Gewichtung der Belange, die gegen die Errichtung von Windkraftanlagen sprächen. Auch dieser Einwand dringt nicht durch. Die Antragsgegnerin hat in einer ersten Bewertungsstufe fünf potenzielle Standorte wegen zu großer Nähe zur Ortslage und in einem Fall wegen Exponiertheit sowie deshalb ausgeschieden, weil sie sich im Umkreis von 200 m zu Biotopen und Schutzzonen befinden (vgl. Erläuterungen zur 6. Fortschreibung, Bl. 147 der Gerichtsakte, sowie Ziff. 2.1 der Gemeinsamen Richtlinie des Umweltministeriums und des Wirtschaftsministeriums für die gesamt-ökologische Beurteilung und baurechtliche Behandlung von Windenergieanlagen, Bl. 147 f. der Gerichtsakte). Wegen des zuletzt genannten Gesichtspunkts der Wahrung eines Schutzabstands zu Biotopen und Schutzzonen wurden zwei weitere Standorte ausgeschieden. Dieser Ausschluss wurde außerdem darauf gestützt, dass sich beide Standorte in der Nähe zu Brutplätzen von Vögeln befänden sowie ein Standort in einer Trasse von Zugvögeln am Albtrauf (vgl. Bl. 147 der Gerichtsakte). Die Antragstellerin meint, entsprechend den Vorgaben der Richtlinie hätte geprüft werden müssen, ob im 200 m-Umkreis gleichwohl ausnahmsweise Windenergieanlagen errichtet werden könnten, weil keine konkreten Anhaltspunkte für erhebliche negative Auswirkungen auf Biotope oder Schutzgebiete vorliegen oder weil geeignete Ausgleichsmaßnahmen möglich sind und ob überhaupt besonders geschützte Vogelarten berührt sind. Damit verkennt sie jedoch die den Gemeinden für die Bauleitplanung eingeräumte Abwägungsfreiheit, deren Ausübung nicht durch Richtlinien gelenkt werden kann. Dementsprechend bezieht sich die genannte Richtlinie auch nicht auf die Bauleitplanung, sondern ausdrücklich auf die Anwendung der - strikten - Eingriffsregelung des § 11 Abs. 3 Satz 1 NatSchG. Die Antragsgegnerin hat die in der Richtlinie aufgeführten Beurteilungskriterien lediglich als Anknüpfungspunkte für die eigenständige Standortplanung genommen und zusätzlich insbesondere auf die überragende Bedeutung der Erhaltung der ungestörten Landschaft „mit herausragenden ästhetischen Reizen“ für ihre Stellung als Fremdenverkehrsgemeinde abgestellt. Nach allem ist jedenfalls für eine evidente Abwägungsfehlerhaftigkeit der Aussagen des Flächennutzungsplans zur Windkraftnutzung nichts ersichtlich.
38 
In der mündlichen Verhandlung hat die Antragstellerin der Sache nach ergänzend vorgetragen, im Zeitpunkt des Beschlusses über die Veränderungssperre am 25.3.2004 sei offenkundig gewesen, dass die auf die Nutzung der Windenergie bezogene Standortplanung des Flächennutzungsplans jedenfalls bei Aufstellung des Bebauungsplans „Windenergieanlagen Lenthalde“ nicht mehr wirksam sein werde. Denn die der Standortplanung zugrunde liegenden Daten zur Windhöffigkeit aus dem Jahre 1996 und zur Wirtschaftlichkeit der Windenergienutzung seien zu diesem Zeitpunkt bereits überholt gewesen. Die Förderung der Windenergienutzung werde immer mehr „zurückgefahren“, so dass an die Windhöffigkeit der Standorte und die Bauhöhe ständig höhere Anforderungen gestellt werden müssten, um Windkraftanlagen wirtschaftlich betreiben zu können. Außerdem änderten sich auch die meteorologischen Verhältnisse laufend. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Dabei kann dahinstehen, ob die Grundsätze zum Unwirksamwerden von Bebauungsplänen wegen nachträglicher Funktionslosigkeit auf Flächennutzungspläne übertragen werden können. Denn jedenfalls haben sich hier die tatsächlichen Verhältnisse nicht so verändert, dass sich die Darstellungen des Flächennutzungsplans zur Nutzung der Windenergie offensichtlich auf unabsehbare Zeit nicht mehr verwirklichen lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.4.1977 - IV C 39.75 - , BVerwGE 54, 5). Auf den Gesichtspunkt der Bauhöhenbeschränkung kann die Antragstellerin insoweit nicht abstellen. Denn der Flächennutzungsplan selbst enthält keine solche Beschränkung und die militärische Bauhöhenbeschränkung wird in Kürze aufgehoben. Allein die Tatsache, dass die Antragstellerin im Bereich „Lenthalde“ eine Windkraftanlage errichten will, zeigt auch, dass sich die meteorologischen Verhältnisse jedenfalls nicht so verändert haben können, dass sich dort die Errichtung einer Windkraftanlage nicht mehr lohnt.
39 
c) Schließlich folgt bereits aus den vorstehenden Ausführungen, dass der künftige Bebauungsplan „Windenergieanlagen Lenthalde“ voraussichtlich auch nicht gegen das Zielanpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB verstoßen wird. Nach dem bisherigen Stand der Planungen zur Fortschreibung des Regionalplans Neckar-Alb wird er vielmehr in Einklang stehen mit der künftigen regionalplanerischen Festlegung von Vorrang- und Ausschlussgebieten für regionalbedeutsame Windkraftanlagen. Mit Blick darauf, dass die bauplanerische Bauhöhenbeschränkung nach dem Aufstellungsbeschluss unter dem Vorbehalt einer wirtschaftlich sinnvollen Nutzung der Windkraft steht, kann insbesondere nicht angenommen werden, dass der beabsichtigte Bebauungsplan ein künftiges regionalplanerisches Vorranggebiet für Windkraftanlagen faktisch unterlaufen wird.
40 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
41 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für die Zulassung einer Revision liegen nicht vor.

Gründe

 
16 
I. Der Normenkontrollantrag ist statthaft und zulässig.
17 
Die Antragstellerin ist als Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach § 61 Nr. 2 VwGO beteiligungsfähig. Das folgt jedenfalls aus ihrer in § 42 Abs. 7 Satz 1 LBO verankerten Bauherrenfähigkeit; danach war sie grundsätzlich berechtigt, einen Baugenehmigungsantrag zu stellen, dessen Erfolg jedenfalls auch davon abhängt, ob die angegriffene Veränderungssperre wirksam ist oder nicht (vgl. Senatsbeschluss vom 22.12.1992 - 8 S 2794/92 - , VBlBW 1993, 177; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16.6.2005 - 2 K 278/02 - m.w.N.; für eine allgemeine, von der Zuweisung einzelner Rechte unabhängige Beteiligungsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts BGH, Urteil vom 29.1.2001 - II ZR 331/00 - , NJW 2001, 1056). Die Antragstellerin ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt, weil sie den Antrag auf baurechtliche Genehmigung der geplanten Windkraftanlage auf der Grundlage einer Vereinbarung mit den Grundeigentümern gestellt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.2.2004 - 4 CN 13.03 - , NVwZ 2004, 984). Die Antragsbefugnis ist auch nicht deshalb entfallen, weil Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 m seit 1.7.2005 nicht mehr einer baurechtlichen, sondern einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen (Nr. 1.6 Spalte 2 der Anlage zur 4. BImSchV). Denn nach der Übergangsregelung des § 67 Abs. 9 Satz 3 BImSchG gilt dies nicht für Verfahren auf Erteilung einer Baugenehmigung für Windkraftanlagen, die - wie hier - vor dem 1.7.2005 rechtshängig geworden sind (Verfahren 7 K 1570/04, VG Sigmaringen). Davon abgesehen setzt die Antragsbefugnis nicht voraus, dass die Zulassung des Vorhabens bereits förmlich beantragt wurde. Vielmehr genügt die ernsthafte Absicht, das Vorhaben in dem von der Veränderungssperre betroffenen Gebiet zu realisieren (vgl. VGH Baden-Württ., Urteil vom 9.6.2005 - 3 S 1545/04 - ). Daran besteht hier kein Zweifel. Schließlich ist das Rechtsschutzbedürfnis gegeben. Die beantragte Unwirksamkeitserklärung der Veränderungssperre ist für die Antragstellerin nicht nutzlos, weil die ihrem Vorhaben entgegenstehende militärische Bauhöhenbeschränkung demnächst aufgehoben wird.
18 
II. Der Normenkontrollantrag ist jedoch nicht begründet. Die Veränderungssperre ist rechtmäßig.
19 
1. Der öffentlichen Bekanntmachung der Veränderungssperre liegt ein wirksamer Beschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplans zugrunde (vgl. zu diesem Erfordernis Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 8. Aufl., § 14 Rn. 6 m.w.N.).
20 
In der Rechtsprechung ist geklärt, dass der Aufstellungsbeschluss und die Veränderungssperre gleichzeitig öffentlich bekannt gemacht werden können (vgl. Beschluss des Senats vom 9.2.1998 - 8 S 2770/97 -, VBlBW 1998, 310; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.8.1990 - 3 S 1139/90 -; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 9.2.1989 - 4 B 236.88 -, BRS 49, Nr. 21). Das ist hier geschehen. Sowohl der Aufstellungsbeschluss als auch die Veränderungssperre sind in derselben Ausgabe des Amtsblatts der Antragsgegnerin vom 1.4.2004 gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 DVO GemO „eingerückt“ und damit am selben Tag öffentlich bekannt gemacht worden. Die Reihenfolge der Abdrucke im Amtsblatt ist für den Zeitpunkt der öffentlichen Bekanntmachungen ohne Bedeutung, weil es für deren Wirksamkeit nicht darauf ankommt, ob und wann sie von Betroffenen gelesen werden, sondern allein auf die Tatsache des „Einrückens“ in das Amtsblatt selbst (vgl. BVerwG, Urteil vom 7.12.2000 - 4 A 22.00 - Juris).
21 
2. Die Veränderungssperre ist von einer hinreichend konkreten positiven Planungskonzeption getragen.
22 
Eine Veränderungssperre darf erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre eine bestimmte Art der baulichen Nutzung im betroffenen Gebiet ins Auge gefasst hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.2.2004 a.a.O., m.w.N.; Beschluss vom 25.11.2003 - 4 BN 60.03 -, NVwZ 2004, 477). Dieses Planziel muss auf eine positive städtebauliche Gestaltung gerichtet sein; eine Negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht nicht aus (vgl. BVerwG, Beschl. vom 5.2.1990 - 4 B 191.89 - , NVwZ 1990, 558 = PBauE § 15 BauGB Nr. 1; Beschl. des Senats vom 9.2.1998, a.a.O.; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 1, § 14 Rn 47). Danach ist die Veränderungssperre hier nicht zu beanstanden.
23 
a) Bei Erlass der Veränderungssperre bestanden hinreichend konkrete planerische Vorstellungen.
24 
Der Beschluss des Gemeinderates der Antragsgegnerin vom 25.3.2004 hat zum Inhalt, dass für den Bereich „Lenthalde“ ein Bebauungsplan zur Errichtung von Windenergieanlagen aufgestellt werden soll. In der Begründung des Aufstellungsbeschlusses wird weiter ausgeführt, dass es darum geht, die Darstellung des Bereichs „Lenthalde“ im Flächennutzungsplan als Standort für Windkraftanlagen hinsichtlich der Bauhöhe und der räumlichen Lage weiter zu entwickeln. Nach dem - parzellenscharfen - Lageplan, der dem Aufstellungsbeschluss zugrunde liegt, soll der Geltungsbereich des künftigen Bebauungsplans kleinräumig auf lediglich sieben Grundstücke begrenzt werden. Damit ist die zu sichernde Planung hinreichend konkretisiert. Sie gilt einem bestimmten Baugebiet mit einer eindeutig bestimmten Nutzungsart. Ob und wenn ja welche anderen Nutzungen im Plangebiet zulässig sein sollen, bedurfte entgegen der Auffassung der Antragstellerin keiner Festlegung. Denn Planziel ist allein die Vorhaltung des Bereichs „Lenthalde“ zur Errichtung von Windenergieanlagen, nicht die Sicherung oder der Ausschluss sonstiger Nutzungen. Auch angesichts der geringen Größe des Plangebiets steht die Frage der Regelung sonstiger Nutzungsmöglichkeiten nicht gleichrangig neben dem Ziel, es als Standort für Windenergieanlagen vorzusehen (vgl. demgegenüber BVerwG, Urteil vom 19.2.2004, a.a.O., bei einer Veränderungssperre für große Teile des Gemeindegebiets). Die anderweitige Nutzung des künftigen Plangebiets ist daher allenfalls insoweit von planerischer Relevanz, als es um die Lösung von durch Windenergieanlagen möglicherweise ausgelöste Nutzungskonflikte geht. Der Erlass einer Veränderungssperre kann jedoch nicht davon abhängig gemacht werden, dass bereits Aussagen zur Lösung von Nutzungskonflikten infolge der Realisierung des Planziels getroffen werden, weil dies typischerweise erst im weiteren Verlauf des Aufstellungsverfahrens im Rahmen einer umfassenden Abwägung unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung möglich ist.
25 
Die Antragstellerin meint ferner, bereits bei Erlass der Veränderungssperre hätte feststehen müssen, ob die Ausweisung des Gebiets „Lenthalde“ als Windkraftstandort durch Festsetzung eines entsprechenden Sondergebiets nach § 11 Abs. 2 BauNVO oder einer Fläche nach § 9 Abs. 1 Nr. 12 BauGB erfolgen soll. Das trifft nicht zu. Es reicht aus, wenn bei Erlass der Veränderungssperre absehbar ist, dass sich das Planziel im Wege bauplanerischer Festsetzungen überhaupt erreichen lässt (vgl. BVerwG, Beschl. vom 27.7.1990 - 4 B 156.89 - Buchholz 406.11 § 17 BauGB Nr. 4), was hier zweifellos der Fall ist. Die Auswahl der Mittel zur Realisierung des Planziels ist hingegen - ebenso wie die Lösung von Nutzungskonflikten - typischerweise Aufgabe der im Aufstellungsverfahren vorzunehmenden planerischen Abwägung.
26 
b) Die beabsichtigte Planung ist auch von einer positiven Konzeption getragen.
27 
Ihr eigentliches Ziel ist nicht, das Vorhaben der Antragstellerin zu verhindern; vielmehr hat die Antragsgegnerin plausible städtebauliche Gründe für eine weitere Konkretisierung der im Flächennutzungsplan bereits erfolgten Darstellung des Bereichs „Lenthalde“ als Windkraftstandort angeführt. Insbesondere geht es nicht um eine bloße Übernahme der demnächst wegfallenden militärischen Bauhöhenbeschränkung ohne eigene städtebauliche Überlegungen. Zwar wird ausweislich der Sitzungsniederschrift eine entsprechende Höhenbegrenzung angestrebt. Dies soll jedoch zum einen zum Schutz des Landschaftsraums erfolgen, also aufgrund einer städtebaulichen Erwägung. Zum anderen wird die künftige Höhenbegrenzung ausdrücklich unter den Vorbehalt gestellt, dass sie eine wirtschaftliche Nutzung der Windenergie zulässt. Zu diesem Zweck sollen im Planverfahren die Auswirkungen der Anlagenhöhe auf den Landschaftsraum und die Wirtschaftlichkeit der Windenergienutzung am Standort „Lenthalde“ untersucht und bewertet und der Konflikt zwischen Landschaftsverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit der Windenergienutzung einem planerischen Ausgleich zugeführt werden. Die Planung ist damit auf eine positive städtebauliche Gestaltung gerichtet. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesichtspunkt des Schutzes des Landschaftsraums nur vorgeschoben ist. Dass dieser Aspekt bei der Beschlussfassung über die Aufstellung eines Bebauungsplans und den Erlass einer Veränderungssperre nicht näher konkretisiert wurde, stellt hierfür kein Indiz dar. Denn die konkrete Untersuchung und Bewertung der Auswirkungen von Windenergieanlagen bestimmter Höhe auf den Landschaftsraum hat die Antragsgegnerin - zu Recht - dem Aufstellungsverfahren vorbehalten. Im Übrigen dürfte dem Gemeinderat bereits bei Erlass der Veränderungssperre eine „Grobeinschätzung“ möglich gewesen sein. Im Erläuterungsbericht zur 6. Fortschreibung des Flächennutzungsplans wird die Notwendigkeit, die Errichtung von Windenergieanlagen auf dem Gemeindegebiet zu steuern, unter anderem damit begründet, dass die Gemeinde R. als eines ihrer wichtigsten Ziele die Stärkung und Weiterentwicklung des Fremdenverkehrs ansehe, wofür wesentliche Voraussetzung der Erhalt der vorhandenen Landschaft mit herausragenden ästhetischen Reizen und einer nur sehr geringen Vorbelastung durch technische Bauwerke sei. Da es sich bei der Antragsgegnerin um eine kleine Gemeinde handelt, kann angenommen werden, dass den Gemeinderäten diese Konfliktsituation bei der Beschlussfassung bekannt war. Auch die im Bebauungsplanverfahren inzwischen vorgenommene „Sichtbarkeitsanalyse“ in Gestalt eines Vergleichs fiktiver Ansichten von Windenergieanlagen mit Höhen von jeweils 100 m und 150 m bestätigt nicht die Einschätzung der Antragstellerin, es bestehe offensichtlich keine Notwendigkeit, den Landschaftsraum durch eine Höhenbegrenzung zu schützen.
28 
3. Die Sicherung des Planziels durch Veränderungssperre ist auch sonst gerechtfertigt.
29 
Die Veränderungssperre soll die Erarbeitung eines tragfähigen Plankonzepts ermöglichen. Das schließt eine „antizipierte Normenkontrolle“ des zu erstellenden Bebauungsplans aus. Eine Veränderungssperre ist nur dann als Sicherungsmittel nicht mehr gerechtfertigt, wenn die aus dem Aufstellungsbeschluss ersichtliche Planung offensichtlich unheilbar rechtswidrig oder nicht realisierbar ist (vgl. Beschluss des Senats vom 9.2.1998, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 2.3.1993 - 5 S 2091/92 -, NVwZ 1994, 797; Berliner Kommentar, Bd. 1, § 14 Rn. 10; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Bd. 1, a.a.O., § 14, Rn. 53 ff.). Das ist hier nicht der Fall. Insbesondere stand nicht bereits zum Zeitpunkt des Beschlusses über die Veränderungssperre mit Gewissheit fest, dass der künftige Bebauungsplan „Windenergieanlagen Lenthalde“ gegen das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 BauGB verstoßen wird, weil ihm keine wirksamen Darstellungen des Flächennutzungsplans zur Nutzung der Windenergie zugrunde liegen werden (vgl. zur Verletzung des Entwicklungsgebots bei Unwirksamkeit des Flächennutzungsplans BVerwG, Beschl. vom 18.12.1991 - 4 N 2.98 - , DVBl. 1992, 574).
30 
a) Dies gilt zum einen selbst dann, wenn die von der Antragstellerin geltend gemachte Unwirksamkeit der Darstellungen des Flächennutzungsplans zur Nutzung der Windenergie auf dem Gebiet der Antragsgegnerin unterstellt wird. Denn es spricht viel dafür, dass diese Darstellungen durch eine regionalplanerische Standortplanung „ersetzt“ werden.
31 
Die Regelung des § 11 Abs. 3 Nr. 11 in Verbindung mit Abs. 7 Satz 1 Halbs. 2 LPlG verpflichtet die Regionalverbände, Standorte für regionalbedeutsame Windkraftanlagen als Vorranggebiete und die übrigen Gebiete der Region als Ausschlussgebiete festzulegen, in denen Windkraftanlagen nicht zulässig sind. Durch diese zwingend vorgeschriebene flächendeckende regionale Standortplanung soll eine ungeordnete oder nur durch örtliche Interessen bestimmte Nutzung der Windenergie und letztlich eine „Verspargelung“ der Landschaft verhindert werden (vgl. LT-Drucks. 13/1883, 35 f.). Eine eigenständige Standortplanung mit Alternativenprüfung ist den Gemeinden daher künftig nur für Windenergieanlagen von untergeordneter Bedeutung eröffnet. Hinsichtlich der regional bedeutsamen Anlagen wird die eigentliche Standortentscheidung hingegen von der Regionalplanung getroffen. Den Gemeinden bleibt insoweit nur noch die Möglichkeit, diese Entscheidung etwa mit Blick auf die Bauhöhe der einzelnen Anlagen oder deren parzellenscharfen Standort zu konkretisieren (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. vom 25.11.2003, a.a.O.; zur Vereinbarkeit der „Heraufzonung“ der Standortplanung auf die regionale Ebene mit der gemeindlichen Planungshoheit vgl. VGH Baden-Württ., Urt. vom 9.6.2005, a.a.O.). Beschränkt sich ein Bebauungsplan auf diese Möglichkeit zur weiteren „Entwicklung“ eines regionalplanerischen Vorranggebiets für Windkraftanlagen nach Maßgabe des § 1 Abs. 4 BauGB, besteht gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 BauGB kein Gebot, einen solchen Bebauungsplan außerdem auch aus dem Flächennutzungsplan herzuleiten. Angesichts des geringen Spielraums zur planerischen Konkretisierung der regionalplanerischen Standortentscheidung besteht kein Bedarf, das Vorranggebiet auch noch auf der Ebene der Flächennutzungsplanung näher auszugestalten, zumal diese gemäß § 5 Abs. 2 BauGB auf die Darstellung von Flächen beschränkt ist und daher keine Aussage etwa zur Bauhöhe der Anlagen treffen könnte. Soweit es nur darum geht, ein Vorranggebiet für Windkraftanlagen gemäß § 1 Abs. 4 BauGB auszuformen, ist daher ein Flächennutzungsplan im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 2 BauGB nicht erforderlich, um die städtebauliche Entwicklung zu ordnen. Vielmehr kann die Ebene der Flächennutzungsplanung „übersprungen“ und die Ausformung durch einen Bebauungsplan ohne Bindung an das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB erfolgen, unabhängig davon, ob ein Flächennutzungsplan vorliegt und welche Aussagen er trifft. Insoweit „verdrängt“ das Zielanpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Soweit in der Literatur darauf verwiesen wird, dass § 8 Abs. 2 Satz 2 BauGB nur Anwendung findet, wenn überhaupt kein Flächennutzungsplan vorliegt (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., § 8 Rn. 7; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 8 Rn. 12; Brügelmann, BauGB, Bd. 1, § 8 Rn. 115), betrifft dies ersichtlich nur die Ebenen des Flächennutzungsplans und des Bebauungsplans; insoweit ist das Vorhandensein eines Flächennutzungsplans in der Tat Indiz dafür, dass die Gemeinde selbst einen solchen für erforderlich hält, um die städtebauliche Entwicklung des Gemeindegebiets zu ordnen. Hier geht es jedoch um den anders gelagerten Fall, dass ein vorhandener Flächennutzungsplan durch die regionalplanerische Standortplanung teilweise überlagert wird und insoweit keinen eigenständigen, über die Möglichkeiten des Bebauungsplans hinaus reichenden Beitrag leisten kann, um diese Standortaussage in die städtebauliche Gesamtentwicklung zu integrieren.
32 
Ausgehend davon ist kein Raum für die Feststellung, dass der künftige Bebauungsplan „Windenergieanlagen Lenthalde“ offensichtlich gegen das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB verstoßen wird. Der hier maßgebliche Regionalplan Neckar-Alb wird derzeit entsprechend der oben genannten gesetzlichen Verpflichtung zur Festlegung von Vorrang- und Ausschlussgebieten für Standorte regionalbedeutsamer Windkraftanlagen fortgeschrieben. Unstreitig sieht der vom Planungsausschuss des Regionalverbands beschlossene Anhörungsentwurf der Fortschreibung den Bereich „Lenthalde“ als Vorrangstandort für Windenergieanlagen (ohne Höhenbegrenzung) vor (so bereits der Vorschlag des Planungsausschusses vom 2.3.2004: Die in den Flächennutzungsplänen genehmigten Standorte und Ausschlussgebiete sollen übernommen werden, um eine doppelte Prüfung der Standorteignung zu vermeiden). Somit erscheint es jedenfalls möglich, dass bei Erlass des Bebauungsplans „Windenergieanlagen Lenthalde“ der Bereich „Lenthalde“ bereits als Vorranggebiet und das übrige Gemeindegebiet als Ausschlussbereich für regionalbedeutsame Windkraftanlagen festgelegt sein wird oder sich eine entsprechende regionalplanerische Absicht hinreichend verfestigt haben wird. Wie ausgeführt, müsste der Bebauungsplan, der sich nach den bisherigen Vorstellungen darauf beschränkt, die Nutzung des Bereichs „Lenthalde“ für die Windkraft näher zu konkretisieren, in diesem Fall gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 BauGB nicht aus dem Flächennutzungsplan entwickelt werden, gleichgültig, ob dessen Aussagen zur Nutzung der Windkraft auf dem Gemeindegebiet wirksam sind oder nicht.
33 
Unabhängig von der Frage der Anwendbarkeit des § 8 Abs. 2 Satz 2 BauGB gilt Folgendes: Sollte noch ein Verfahren zur erneuten Fortschreibung des Flächennutzungsplans eingeleitet werden, wofür derzeit allerdings nichts ersichtlich ist, könnte der Bebauungsplan gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 BauGB vor dem geänderten Flächennutzungsplan bekannt gemacht werden. Denn mit Blick auf das Zielanpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB und den geringen Spielraum für eine bauleitplanerische Konkretisierung der regionalplanerischen Vorgabe stünde ohnehin fest, dass der Bebauungsplan aus den künftigen Darstellungen des Flächennutzungsplans entwickelt sein wird. Ansonsten könnte der Bebauungsplan jedenfalls gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 BauGB als vorzeitiger Bebauungsplan erlassen werden. Nach dieser Vorschrift kann ein Bebauungsplan unter anderem aufgestellt werden, bevor der Flächennutzungsplan aufgestellt ist, wenn dringende Gründe es erfordern und wenn der Bebauungsplan der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung des Gemeindegebiets nicht entgegenstehen wird. Sie ist auch dann anwendbar, wenn ein Flächennutzungsplan zwar existiert, aber - wie hier unterstellt - unwirksam ist, und zwar auch dann, wenn die Gemeinde selbst den Flächennutzungsplan als gültig angesehen hat; entscheidend ist allein, dass die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür objektiv vorliegen (vgl. BVerwG, Beschl. vom 18.12.1991, a.a.O.; vgl. auch Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, a.a.O., § 8 Rn. 7; zur Anwendung des § 8 Abs. 4 auf die Veränderungssperre vgl. auch VGH Bad.-Württ., Beschl. vom 26.5.1981 - 3 S 2491/80 -). Angesichts des oben bezeichneten, eng begrenzten Spielraums zur Konkretisierung eines regionalplanerisch festgelegten Vorrangstandorts für Windenergieanlagen würde der künftige Bebauungsplan bei einer entsprechenden Aussage des Regionalplans zum Bereich „Lenthalde“ der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung des Gemeindegebiets offensichtlich nicht entgegenstehen. Wegen der - von der Antragsgegnerin plausibel begründeten - Notwendigkeit einer planerischen Bewältigung des Konflikts zwischen einer landschaftsgerechten und einer möglichst wirtschaftlichen Nutzung der Windenergie am Standort „Lenthalde“ hätte ein Abwarten auf das Inkrafttreten eines geänderten Flächennutzungsplans größere Nachteile zur Folge, als die Aufstellung des Bebauungsplans vor diesem Zeitpunkt, zumal die Flächennutzungsplanung ohnehin keinen eigenständigen Beitrag zur Konkretisierung der regionalplanerischen Vorrangfestlegung leisten könnte; daher dürfte auch die nach § 8 Abs. 4 Satz 1 BauGB geforderte Dringlichkeit für die vorzeitige Aufstellung des Bebauungsplans gegeben sein (vgl. dazu Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 8 Rn. 23).
34 
Nach allem ist wegen der möglichen regionalplanerischen Festlegung des Bereichs „Lenthalde“ als Vorrangstandort für regional bedeutsame Windkraftanlagen kein Raum für die Feststellung, dass der künftige Bebauungsplan aller Voraussicht nach offensichtlich gegen das Entwicklungsgebot verstoßen wird.
35 
b) Unabhängig von den vorgenannten Konsequenzen einer regionalplanerischen Standortplanung für Windkraftanlagen für die Einhaltung des Entwicklungsgebots steht auch nicht evident fest, dass die Aussagen des Flächennutzungsplans zur Windkraftnutzung auf dem Gebiet der Antragsgegnerin unwirksam sind oder jedenfalls bei Aufstellung des Bebauungsplans „Windenergieanlagen Lenthalde“ unwirksam sein werden, wie die Antragstellerin meint.
36 
Sie macht geltend, der Flächennutzungsplan sei insoweit abwägungsfehlerhaft, weil er nicht auf einer flächendeckenden Untersuchung der Eignung aller in Betracht kommenden Standorte auf dem Gemeindegebiet beruhe. Es gibt jedoch keine evidenten Anhaltspunkte für einen solchen Abwägungsfehler. Die 6. Fortschreibung des Flächennutzungsplans ist von einer Veröffentlichung des Regionalverbands Neckar-Alb vom April 1996 und einer Untersuchung der EVS aus dem Jahre 1997 ausgegangen, die zum Ergebnis gelangten, dass das Gemeindegebiet acht für die Nutzung der Windenergie „besonders geeignete“ Standorte aufweise (vgl. Seite 11 der Erläuterungen zur 6. Fortschreibung, Bl. 141 der Gerichtsakte). Die Antragstellerin hat weder dieses Untersuchungsergebnis substantiiert in Frage gestellt noch andere Standorte genannt, deren Windhöffigkeit sich als noch günstiger darstellt. Insbesondere drängt sich auch nicht auf, dass der Bereich „Lenthalde“ wegen der militärischen Bauhöhenbeschränkung, deren Wegfall zum Zeitpunkt der Verabschiedung der 6. Fortschreibung des Flächennutzungsplans im Jahre 1999 eventuell noch nicht absehbar war, als Windkraftstandort ungeeignet war. Dagegen spricht bereits, dass die Antragstellerin noch im Jahre 2001 die Genehmigung zur Errichtung von drei Windkraftanlagen auf diesem Standort unter Wahrung der Bauhöhenbeschränkung beantragt hat. Es ist daher nicht nachvollziehbar geschweige denn offensichtlich, dass und weshalb aus Anlass der Fortschreibung des Flächennutzungsplans weitere Untersuchungen zur Standorteignung hätten angestellt werden müssen.
37 
Die Antragstellerin trägt ferner vor, der Ausschluss der übrigen, in der Studie des Regionalverbands als „besonders geeignet“ bezeichneten Standorte beruhe auf einer zu hohen Gewichtung der Belange, die gegen die Errichtung von Windkraftanlagen sprächen. Auch dieser Einwand dringt nicht durch. Die Antragsgegnerin hat in einer ersten Bewertungsstufe fünf potenzielle Standorte wegen zu großer Nähe zur Ortslage und in einem Fall wegen Exponiertheit sowie deshalb ausgeschieden, weil sie sich im Umkreis von 200 m zu Biotopen und Schutzzonen befinden (vgl. Erläuterungen zur 6. Fortschreibung, Bl. 147 der Gerichtsakte, sowie Ziff. 2.1 der Gemeinsamen Richtlinie des Umweltministeriums und des Wirtschaftsministeriums für die gesamt-ökologische Beurteilung und baurechtliche Behandlung von Windenergieanlagen, Bl. 147 f. der Gerichtsakte). Wegen des zuletzt genannten Gesichtspunkts der Wahrung eines Schutzabstands zu Biotopen und Schutzzonen wurden zwei weitere Standorte ausgeschieden. Dieser Ausschluss wurde außerdem darauf gestützt, dass sich beide Standorte in der Nähe zu Brutplätzen von Vögeln befänden sowie ein Standort in einer Trasse von Zugvögeln am Albtrauf (vgl. Bl. 147 der Gerichtsakte). Die Antragstellerin meint, entsprechend den Vorgaben der Richtlinie hätte geprüft werden müssen, ob im 200 m-Umkreis gleichwohl ausnahmsweise Windenergieanlagen errichtet werden könnten, weil keine konkreten Anhaltspunkte für erhebliche negative Auswirkungen auf Biotope oder Schutzgebiete vorliegen oder weil geeignete Ausgleichsmaßnahmen möglich sind und ob überhaupt besonders geschützte Vogelarten berührt sind. Damit verkennt sie jedoch die den Gemeinden für die Bauleitplanung eingeräumte Abwägungsfreiheit, deren Ausübung nicht durch Richtlinien gelenkt werden kann. Dementsprechend bezieht sich die genannte Richtlinie auch nicht auf die Bauleitplanung, sondern ausdrücklich auf die Anwendung der - strikten - Eingriffsregelung des § 11 Abs. 3 Satz 1 NatSchG. Die Antragsgegnerin hat die in der Richtlinie aufgeführten Beurteilungskriterien lediglich als Anknüpfungspunkte für die eigenständige Standortplanung genommen und zusätzlich insbesondere auf die überragende Bedeutung der Erhaltung der ungestörten Landschaft „mit herausragenden ästhetischen Reizen“ für ihre Stellung als Fremdenverkehrsgemeinde abgestellt. Nach allem ist jedenfalls für eine evidente Abwägungsfehlerhaftigkeit der Aussagen des Flächennutzungsplans zur Windkraftnutzung nichts ersichtlich.
38 
In der mündlichen Verhandlung hat die Antragstellerin der Sache nach ergänzend vorgetragen, im Zeitpunkt des Beschlusses über die Veränderungssperre am 25.3.2004 sei offenkundig gewesen, dass die auf die Nutzung der Windenergie bezogene Standortplanung des Flächennutzungsplans jedenfalls bei Aufstellung des Bebauungsplans „Windenergieanlagen Lenthalde“ nicht mehr wirksam sein werde. Denn die der Standortplanung zugrunde liegenden Daten zur Windhöffigkeit aus dem Jahre 1996 und zur Wirtschaftlichkeit der Windenergienutzung seien zu diesem Zeitpunkt bereits überholt gewesen. Die Förderung der Windenergienutzung werde immer mehr „zurückgefahren“, so dass an die Windhöffigkeit der Standorte und die Bauhöhe ständig höhere Anforderungen gestellt werden müssten, um Windkraftanlagen wirtschaftlich betreiben zu können. Außerdem änderten sich auch die meteorologischen Verhältnisse laufend. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Dabei kann dahinstehen, ob die Grundsätze zum Unwirksamwerden von Bebauungsplänen wegen nachträglicher Funktionslosigkeit auf Flächennutzungspläne übertragen werden können. Denn jedenfalls haben sich hier die tatsächlichen Verhältnisse nicht so verändert, dass sich die Darstellungen des Flächennutzungsplans zur Nutzung der Windenergie offensichtlich auf unabsehbare Zeit nicht mehr verwirklichen lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.4.1977 - IV C 39.75 - , BVerwGE 54, 5). Auf den Gesichtspunkt der Bauhöhenbeschränkung kann die Antragstellerin insoweit nicht abstellen. Denn der Flächennutzungsplan selbst enthält keine solche Beschränkung und die militärische Bauhöhenbeschränkung wird in Kürze aufgehoben. Allein die Tatsache, dass die Antragstellerin im Bereich „Lenthalde“ eine Windkraftanlage errichten will, zeigt auch, dass sich die meteorologischen Verhältnisse jedenfalls nicht so verändert haben können, dass sich dort die Errichtung einer Windkraftanlage nicht mehr lohnt.
39 
c) Schließlich folgt bereits aus den vorstehenden Ausführungen, dass der künftige Bebauungsplan „Windenergieanlagen Lenthalde“ voraussichtlich auch nicht gegen das Zielanpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB verstoßen wird. Nach dem bisherigen Stand der Planungen zur Fortschreibung des Regionalplans Neckar-Alb wird er vielmehr in Einklang stehen mit der künftigen regionalplanerischen Festlegung von Vorrang- und Ausschlussgebieten für regionalbedeutsame Windkraftanlagen. Mit Blick darauf, dass die bauplanerische Bauhöhenbeschränkung nach dem Aufstellungsbeschluss unter dem Vorbehalt einer wirtschaftlich sinnvollen Nutzung der Windkraft steht, kann insbesondere nicht angenommen werden, dass der beabsichtigte Bebauungsplan ein künftiges regionalplanerisches Vorranggebiet für Windkraftanlagen faktisch unterlaufen wird.
40 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
41 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für die Zulassung einer Revision liegen nicht vor.

Sonstige Literatur

 
42 
Rechtsmittelbelehrung
43 
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
44 
Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen.
45 
Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
46 
In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
47 
Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt
48 
sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
49 
Beschluss
50 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf EUR 20.000,- festgesetzt.
51 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die Genehmigung wird durch die Gemeinde erteilt; § 22 Absatz 5 Satz 2 bis 5 ist entsprechend anzuwenden. Ist eine baurechtliche Genehmigung oder an ihrer Stelle eine baurechtliche Zustimmung erforderlich, wird die Genehmigung durch die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde erteilt; im Baugenehmigungs- oder Zustimmungsverfahren wird über die in § 172 Absatz 3 bis 5 bezeichneten Belange entschieden.

(2) Wird in den Fällen des § 172 Absatz 3 die Genehmigung versagt, kann der Eigentümer von der Gemeinde unter den Voraussetzungen des § 40 Absatz 2 die Übernahme des Grundstücks verlangen. § 43 Absatz 1, 4 und 5 sowie § 44 Absatz 3 und 4 sind entsprechend anzuwenden.

(3) Vor der Entscheidung über den Genehmigungsantrag hat die Gemeinde mit dem Eigentümer oder sonstigen zur Unterhaltung Verpflichteten die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu erörtern. In den Fällen des § 172 Absatz 4 und 5 hat sie auch Mieter, Pächter und sonstige Nutzungsberechtigte zu hören. In den Fällen des § 172 Absatz 4 Satz 3 Nummer 6 hat sie die nach Satz 2 anzuhörenden Personen über die Erteilung einer Genehmigung zu informieren.

(4) Die landesrechtlichen Vorschriften, insbesondere über den Schutz und die Erhaltung von Denkmälern, bleiben unberührt.

Tenor

Die Anträge werden abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin zu 1. zur Hälfte und die Antragstellerinnen zu 2. und 3. zu je einem Viertel.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragstellerinnen wenden sich gegen den Bebauungsplan „Ebersteinburger Straße/Zimmerhardtstraße“ der Antragsgegnerin vom 24.04.2006 (Satzungsbeschluss). Sie sind Eigentümerinnen von Grundstücken im Plangebiet. Die Antragstellerin zu 1 ist Eigentümerin der Grundstücke Flst.-Nrn. ..., ... und ..., deren Töchter, die Antragstellerinnen zu 2 und zu 3, sind Eigentümerinnen der daran östlich angrenzenden Grundstücke Flst.-Nrn. ..., ... und .... Das Grundstück Flst.-Nr. ... ist auf seiner Nordwestseite an der ... mit einem 1980 genehmigten Wohnhaus, das große Grundstück Flst.-Nr. ... ist im mittleren Teil mit einer freistehenden Villa mit Garagen und einem Nebengebäude bebaut; letzteres ragt teilweise in das Flurstück-Nr. ... hinein. Der nordwestliche Teil des Grundstücks Flst.-Nr. ... und die Grundstücke Flst.-Nrn. ... - ... bestehen aus Wiesengelände mit Obstbäumen und Buschgruppen. Das Plangebiet liegt an einem nach Südosten abfallenden Hang; an dessen unterem Rand verläuft eine steile Hangkante, unterhalb derer sich das Krankenhaus Ebersteinburg und bestehende Wohnbebauung anschließen. Im Norden und Nordwesten wird das Plangebiet von der ..., der ... mit dem alten Friedhof von Ebersteinburg begrenzt. Die vorhandene aufgelockerte Bebauung im Plangebiet besteht aus 1- bis 2-geschossigen Wohnhäusern und Villen mit dazwischenliegenden unversiegelten naturbelassenen Freiflächen. Im Ost- und Westteil des Plangebiets ist die Wohnbebauung wesentlich dichter als in der Gebietsmitte im Bereich der Grundstücke der Antragstellerinnen.
Das Plangebiet ist Teil des räumlichen Geltungsbereichs des alten Bebauungsplans für die Gewanne „Brügel, Zieläcker, Herrenäcker, Großbühnäcker und Langenäcker“ der ehemals selbstständigen Gemeinde Ebersteinburg. Dieser Bebauungsplan bestand aus einem Straßen- und Baufluchtenplan vom 14.08.1954 nebst Bebauungsvorschriften. Der Straßen- und Baufluchtenplan wurde vom Regierungspräsidium Südbaden mit Bescheid vom 14.12.1954 gemäß § 7 Abs. 3 des Badischen Aufbaugesetzes als wesentlicher Bestandteil des Bebauungsplans „grundsätzlich genehmigt“. Mit Bescheid vom 27.11.1957 stellte das Landratsamt Rastatt den Straßen- und Baufluchtenplan als wesentlichen Bestandteil des Bebauungsplans aufgrund von § 3 Abs. 5 des Badischen Ortsstraßengesetzes fest. Die Bebauungsvorschriften wurden am 09.02.1961 vom Landratsamt Rastatt als Polizeiverordnung erlassen. Mit Schreiben vom 16.03.1965 erteilte das Regierungspräsidium Südbaden nachträglich die Genehmigung zu dem Bebauungsplan „in seiner Gesamtheit“ gemäß § 7 Abs. 3 Bad. Aufbaugesetz i.V.m. § 174 BBauG. Diese Genehmigung wurde ortsüblich bekannt gemacht. Am 09.09.1968 beschloss der Gemeinderat der Gemeinde Ebersteinburg mittels Satzung eine Änderung des Bebauungsplans für die Gewanne „Brügel, Zieläcker, Herrenäcker, Großbühnäcker und Langenäcker“. Geändert wurden der Straßen- und Baufluchtenplan vom 14.08.1954 (durch einen Straßen- und Baulinienplan für das Gebiet „Herrenäcker und Zieläcker“), der Gestaltungsplan von 1954 (durch Gestaltungsplan vom 05.04.1964 für das Gebiet “Herrenäcker und Zieläcker“) sowie die Polizeiverordnung über Bebauungsvorschriften vom 09.02.1961 (durch Bebauungsvorschriften vom 05.04.1964 zur Ergänzung für das Umlegungsgebiet „Herrenäcker und Zieläcker“). Die Planbegründung datiert vom 13.05.1968. Der geänderte Plan wurde vom Landratsamt Rastatt genehmigt und die Genehmigung wurde öffentlich bekannt gemacht.
Der Straßen- und Baufluchtenplan von 1954/1957 geriet nach unbestrittenen Angaben der Antragsgegnerin im Zuge der 1972 erfolgten Eingemeindung von Ebersteinburg in Vergessenheit und wurde erst 1992 wieder aufgefunden. Er setzt im westlichen Plangebiet zahlreiche Baufluchten zu den umgebenden Straßen hin fest. Im östlichen Plangebiet verläuft eine lange Bauflucht nahe der und parallel zur .... Für das mittlere Plangebiet weist der Plan lediglich drei Baufluchten aus, die zwischen ca. 75 und 85 m unterhalb der ... liegen. Entlang der mittleren und östlichen dieser Baufluchten ist seit langem Bebauung vorhanden (Wohnhäuser auf Flst.-Nrn. ... und ...). Ein in den 70er-Jahren bis zur Planoffenlegung fortgeschrittenes Verfahren zur Verabschiedung des Bebauungsplans „Luxenäcker, Großbühnäcker, Bühnel“ wurde nicht weiterverfolgt; dieser Entwurf sah eine bauliche Verdichtung im Plangebiet und talwärts anschließend eine Bebauung mit einem 18-geschossigen Terrassenhaus sowie zwei 7-geschossigen Hochhäusern vor.
Die Aufstellung des streitigen Bebauungsplans „Ebersteinburger Straße/Zimmerhardtstraße“ wurde ausgelöst u.a. durch eine Bauvoranfrage der Antragstellerinnen zum Bau eines Wohnhauses auf den Flst.-Nrn. ...- ... nahe der .... Der Bebauungsplan setzt Baufenster und private Zufahrtsflächen fest. Die Baufenster knüpfen überwiegend an die vorhandenen Gebäude an und gewähren gewisse Erweiterungsmöglichkeiten, wobei Bauflächen vergleichbarer Größe angestrebt werden. Nur in drei Fällen werden neue Bebauungsmöglichkeiten geschaffen. Es handelt sich um ein Baufenster auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... (...) im ansonsten bebauten südöstlichen Planbereich, um ein Baufenster auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... und ... der Antragstellerin zu 1 (künftig Nr. ...) im mittleren Plangebiet sowie um ein Baufenster auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... (künftig Nr. ...) im nordöstlichen Planbereich. Für das Baufenster Nr. 7 besteht ein 1984 erteilter und seither mehrfach verlängerter positiver Bauvorbescheid. Die Bebauung im Baufenster Nr. 10/2 wurde 2005 auf Grundlage eines 2003 erteilten Bauvorbescheids genehmigt. Die westlich angrenzenden Grundstücke Flst.-Nrn. ... und ... (... … und …) sind aufgrund von Baugenehmigungen von 2000 und 2002 bebaut; diese fußen auf einem dem Ehemann der Antragstellerin zu 3. erteilten Bauvorbescheid von 1993, der unter der Bedingung erging, dass durch Baulast auf die Bebauung der Flst.-Nrn. ... und ... an der Bauflucht verzichtet werde; diese Verzichtsbaulast wurde übernommen, „sofern eine Bebauung nicht durch eine Änderung der planungsrechtlichen Situation künftig zulässig ist“. Im Übrigen bleibt der mittlere Planbereich wie bisher unbebaut, die vegetationsfähigen Freiflächen sind als solche herzustellen und dauerhaft zu unterhalten. Für die einzelnen Baufenster werden Festsetzungen über die maximalen Grund- und Geschossflächen sowie zur Höhenlage der Gebäude getroffen, die Zahl der Wohneinheiten wird jeweils auf zwei begrenzt. Zur inneren Erschließung des Plangebiets werden private Erschließungsflächen ausgewiesen und zahlreiche Geh-, Fahr- und Leitungsrechte festgesetzt. Zusätzlich enthält der Bebauungsplan örtliche Bauvorschriften, u.a. zur Farbgebung von Dächern, zu Dachaufbauten, zur maximalen First- und Gebäudehöhe sowie zur Anzahl von Stellplätzen. Zweck des Bebauungsplans ist es nach der Planbegründung unter anderem, im Plangebiet eine eindeutige Rechtssituation zu schaffen, unter Übernahme und Ergänzung des alten Ortsbauplans und unter Berücksichtigung der teilweise unveränderbaren Verkehrssituation die Gebietsstrukturen zu erhalten und zu sichern (locker bebautes Wohngebiet mit Ein- und höchstens Zweifamilienhäusern und Villen), das Landschaftsbild zu erhalten und zu entwickeln, die örtlichen Blickbeziehungen zu erhalten (Erhalt der Obstbaumwiese gegenüber dem alten Friedhof, Lage des neuen Baufelds entlang der bestehenden Bauflucht) sowie den Siedlungsrand auszuformen. Das neue Baufenster Nr. 10/1 wird für vertretbar gehalten, da es die Baureihe oberhalb der steil abfallenden Hangkante vervollständige, zusammen mit dem Baubestand den südlichen Siedlungsrand darstelle und die Sichtbeziehungen von der Zimmerhardtstraße aus zum Merkur und den Höhenlagen des Schwarzwaldes an dieser Stelle nicht beeinträchtige.
Am 18.02.2004 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin die Aufstellung des Bebauungsplans und am 25.10.2004 die frühzeitige Bürgerbeteiligung. Beide Beschlüsse wurden ortsüblich bekannt gemacht. Der räumliche Geltungsbereich umfasste seinerzeit auch die Rosen- und die Zimmerhardtstraße sowie die östlich des Friedhofs im Norden an die Zimmerhardtstraße angrenzenden Grundstücke. Dabei waren zwei Alternativen (A + B) angedacht und wurden zur Diskussion gestellt. Beide Alternativen sahen als Möglichkeit „maßvoller Nachverdichtung“ zwei bzw. drei zusätzliche Baufenster auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... und ... vor. In der Alternative A war zusätzlich ein Baufenster im hinteren, hangabwärts gelegenen Teil der Flst.-Nrn. ... - ... vorgesehen. Gegen beide Alternativen wurden Einwendungen anderer Gebietsbewohner erhoben, die im Wesentlichen die unzureichende Erschließung beklagten und sich gegen das Nachverdichtungskonzept wandten. Die frühzeitige Unterrichtung der Nachbargemeinden und der beteiligten Behörden fand zwischen Dezember 2004 und März 2005 statt. Am 16.11.2005 billigte der Gemeinderat den - sowohl im räumlichen Geltungsbereich verkleinerten als auch unter überwiegender Aufgabe des Nachverdichtungskonzepts geänderten - Planentwurf. Dieser sah nur noch ein neues Baufenster auf dem Grundstück Flst.-Nrn. ... sowie den Wegfall des Baufensters aus den Flurstücken-Nrn. ... - ... vor, die Planalternativen A und B wurden nicht weiter verfolgt. Die beschlossenen Pläne lagen, entsprechend der öffentlichen Bekanntmachung vom 22.12.2005, vom 02.01. bis zum 03.02.2006 öffentlich aus (1. Offenlage). Die Stellungnahme der Träger öffentlicher Belange wurde mit Schreiben vom 20.12.2005 eingeholt. Im Rahmen der Offenlage gingen Einwendungen ein, u.a. auch solche der Antragstellerinnen, die eine Bebauungsmöglichkeit auch auf den Freiflächen entlang der Zimmerhardtstraße „auf der Grundlage von § 34 BauGB“ forderten. Der daraufhin - an anderer Stelle (private Zufahrtsfläche im südwestlichen Plangebiet) - geringfügig geänderte Entwurf wurde im vereinfachten Verfahren vom 20.02. - 06.03.2006 ausgelegt, worauf am 11.02.2006 durch öffentliche Bekanntmachung hingewiesen worden war. Am 24.04.2006 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin über die eingegangenen Bedenken und Anregungen. Die Anregungen der Antragstellerinnen wurden zurückgewiesen. Auf den Grundstücken entlang der Zimmerhardtstraße sei eine Bebauung auch jetzt schon unzulässig. Mit der Aufstellung des Bebauungsplans sollten die bestehenden Festsetzungen des Ortsbauplans neu geregelt werden. Um die alten Planungsziele aufzugreifen, werde neben der Bestandssicherung eine Neubebauung nur entlang der Baufluchten des Ortsbauplans zugelassen. Der Erhalt des Orts- und Landschaftsbildes mit seinen spezifischen örtlichen Sichtbeziehungen unter Einbezug der naturschutzrechtlichen Belange habe bei der neuen Planung Priorität. Die Grundstücke entlang der Zimmerhardtstraße seien demnach für eine Bebauung nicht geeignet. Es handle sich um eine exponiert liegende Fläche am Ortsrand gegenüber dem alten Friedhof von Ebersteinburg. Eine Bebauung an dieser Stelle hätte nachteilige Auswirkungen auf die freie Sichtbeziehung ins Tal, zum Merkur und in die freie Landschaft. Mit einer baulichen Verdichtung an dieser Stelle würde die heutige Siedlungsstruktur verändert mit erheblichen, nicht vertretbaren Eingriffen in das Orts- und Landschaftsbild. Die ortsbildprägende Grünzäsur würde aufgehoben und damit eine wichtige Zielsetzung des Bebauungsplans in Frage gestellt. Gleiches gelte auch bei einer von den Antragstellerinnen gewünschten weiteren Bebauung der Grundstücke Flst.-Nrn. ... und .... Anschließend beschloss der Gemeinderat den Bebauungsplan sowie die örtlichen Bauvorschriften als Satzung. Der Beschluss wurde am 12.05.2006 ortsüblich bekannt gemacht, die Ergebnisse der Abwägung wurden den Einwendern mitgeteilt.
Am 06.11.2006 haben die Antragstellerinnen ein Normenkontrollverfahren eingeleitet. Sie machen zusammengefasst geltend: Als Grundstückseigentümerinnen im Plangebiet seien sie antragsbefugt und auch ein Rechtsschutzinteresse sei gegeben. Dieses fehle nicht etwa deswegen, weil sich die Rechtslage für sie auf Grundlage des bei Plannichtigkeit wieder auflebenden alten Baufluchtenplans nicht verbessere. Denn dieser alte Baufluchtenplan sei seinerseits nichtig. Er sei vor Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes nicht wirksam genehmigt worden und habe daher auch nicht wirksam zum 29.06.1961 nach § 173 Abs. 3 BBauG übergeleitet werden können; daran ändere die nachträgliche Genehmigung durch das Regierungspräsidium Freiburg von 1965 nichts. Unabhängig davon seien auch die Bebauungsvorschriften nach 20 Jahren außer Kraft getreten, was sich auch auf den Baufluchtenplan auswirke. Im Übrigen sei der Straßen- und Baufluchtenplan von 1954 aber aufgrund der Änderungssatzung der Gemeinde Ebersteinburg vom 09.09.1968 durch den neuen Straßen- und Baulinienplan vom 05.04.1964 ersetzt worden. Dies sei, auch wenn sich dieser neue Plan nur auf die Bereiche „Herrenäcker“ und „Zieläcker“ beziehe, zumindest konkludent so geschehen. Schließlich sei der Straßen- und Baufluchtenplan von 1954 auch wegen abweichender tatsächlicher Bebauung auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ..., ..., ..., ... und ... funktionslos geworden. Das Rechtsschutzinteresse müsse zumindest wegen der Chance bejaht werden, dass die Antragsgegnerin den Baufluchtenplan, seine Gültigkeit unterstellt, bei erfolgreichem Ausgang des Normenkontrollverfahrens ändern bzw. einen neuen Bebauungsplan mit für den Antragstellerinnen günstigeren Festsetzungen aufstellen werde.
Die Anträge seien auch begründet. Die Eigentümerinteressen der Antragstellerinnen seien unverhältnismäßig hintangesetzt worden. Den Antragstellerinnen zu 2 und 3 (Eigentümerinnen der Grundstücke Flst.-Nrn. ..., ... und ...) sei als einzigen Grundstückseigentümern im Plangebiet keine Bebauungsmöglichkeit eingeräumt worden. Auch die Eigentumsinteressen der Antragstellerin zu 1 an einer Bebaubarkeit des Grundstücks Flst.-Nr. ... seien unangemessen zurückgesetzt worden. Verglichen mit der sonstigen Bebauung im Plangebiet würden vier bis sechs Baufelder auf dieses große Grundstück „passen“. Der pauschale Ausschluss einer Bebauung entlang der Zimmerhardtstraße unter Hinweis auf Sichtbeziehungen und Landschaftsschutz stelle eine gleichheitswidrige und unverhältnismäßige Inanspruchnahme Privater für öffentliche Zwecke dar. Die ins Feld geführten Belange für die Freihaltung des Grundstücks seien objektiv nicht hinreichend gewichtig und es bestünden zudem auch die Eigentumsinteressen schonendere Alternativen. Dies habe auch die Antragstellerin in der früheren Planalternative A so gesehen. Die Sicht- und Blickbeziehungen ins Tal und zum Merkur erforderten es nicht, die Bebauung der Flurstücke entlang der Zimmerhardtstraße vollständig auszuschließen. Der Ausblick bleibe auch bei einer schonenden Bebauung der Grundstücke Flst.-Nrn. ..., ... und ... sowie des westlichen Teils des Flurstücks Nr. ... in mehr als ausreichendem Maß erhalten, und zwar sowohl von der Zimmerhardtstraße wie vom Sonnenweg (oberhalb des alten Friedhofs) aus. Dies ergebe sich aus den von den Antragstellerinnen vorgelegten Fotos und Fotomontagen, während die Lichtbilder und Modelle der Antragsgegnerin übertrieben und unrealistisch seien. Der Verzicht auf Baufluchten im alten Bebauungsplan, dessen Gültigkeit unterstellt, könnten einen Bebauungsausschluss nach heutigen städtebaulichen Vorstellungen (§ 1 Abs. 5 Satz 1 BauGB) nicht mehr ohne weiteres rechtfertigen. Wenn der Gemeinderat auf den damaligen Plan abstelle, so könne dies nur als abwägungsdefizitär bezeichnet werden. Entgegen der Planbegründung würde mit einer randständigen und behutsamen Bebauung der betroffenen Grundstücke auch nicht erheblich in das Orts- und Landschaftsbild eingegriffen. Das Orts- und Landschaftsbild würde sich lediglich und in Übereinstimmung mit der vorhandenen Siedlungsstruktur verändern. Auch eine das Ortsbild prägende Grünzäsur würde nicht aufgegeben, sondern der Kernbereich der unbebauten Obstbaumwiese unterhalb des Friedhofs bliebe erhalten.
Die Antragstellerinnen beantragen,
den Bebauungsplan „Ebersteinburger Straße/Zimmerhardtstraße“ der Antragsgegnerin vom 24.04.2006 für unwirksam zu erklären.
10 
Die Antragsgegnerin beantragt,
11 
die Anträge abzulehnen.
12 
Sie hält die Anträge mangels Rechtsschutzinteresse bereits für unzulässig. Die Antragstellerinnen könnten ihre Grundstücke auch im Falle einer Plannichtigkeit nicht bebauen. Einer Bebauung stehe dann der 1957 festgestellte Straßen- und Baufluchtenplan von 1954 entgegen, der weiter gelte und auch nicht funktionslos geworden sei. Die Anträge seien jedenfalls aber unbegründet. Die Planziele - Erhaltung des Landschaftsbildes und der besonderen Blickbeziehungen - könnten angesichts der bestehenden Bebauung entlang der Zimmerhardtstraße nur durch eine weitgehende Freihaltung der Grundstücke der Antragstellerinnen erreicht werden. Dies schließe eine Bebauung der Grundstücke Flst.-Nrn. ..., ..., ... und ... aus. Die höhere Gewichtung eines freien Blicks gegenüber den Eigentümerbelangen halte sich in jedem Fall innerhalb des der Gemeinde eingeräumten Abwägungsspielraums. Die Freihalteplanung sei auch mit heutigen städtebaulichen Grundsätzen vereinbar. Der Gemeinderat habe auch keinesfalls die Festsetzungen des früheren Bebauungsplans einfach übernommen, sondern sich anhand einer eigenständigen Abwägung für die Freihaltung des Bereichs unterhalb der Zimmerhardtstraße entschieden.
13 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Bebauungsplanakten (3 Bände), auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze samt den wechselseitig vorgelegten Lichtbildern sowie auf das Ergebnis der mündlichen Verhandlung und den dort vom Prozessbevollmächtigen der Antragstellerinnen gestellten Beweisantrag sowie auf die Gründe für dessen Ablehnung verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
A.
14 
Die Anträge der Antragstellerinnen sind gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist gegeben.
I.
15 
Die Antragstellerinnen können geltend machen, durch den Bebauungsplan in ihren Rechten verletzt zu werden. Sie sind sämtlich Eigentümerinnen von Grundstücken innerhalb des Plangebiets. Der Bebauungsplan bestimmt mithin unmittelbar Inhalt und Schranken der Nutzung ihres Grundeigentums nach Art. 14 Abs. 1 GG. Die Antragstellerinnen wenden sich auch gegen Festsetzungen im Bebauungsplan, die unmittelbar ihre Grundstücke betreffen. Sie beanstanden, dass auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... - ... einerseits und auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... andererseits nicht, wie gewünscht, ein oder mehrere Baufenster ausgewiesen sind, sondern dass der Bebauungsplan diese Grundstücke vollständig (Flst.-Nrn. ... - ...) bzw. ganz überwiegend (Flst.-Nr. ... mit Ausnahme der bestehenden Villa und einer geringfügigen Erweiterungsmöglichkeit) mit einem Bauverbot belegt (nicht überbaubare Grundstücksflächen nach § 23 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 BauNVO) und den Eigentümern zudem aufgibt, sie als Vegetationsflächen zu unterhalten. Die Antragstellerinnen tragen, was für die an die Anforderungen des § 42 Abs. 2 VwGO angeglichene Antragsbefugnis ausreicht, auch substantiiert Tatsachen vor, die es möglich erscheinen lassen, dass sie durch diese Einschränkung der Bebaubarkeit in ihrem Grundeigentum verletzt sind (ständige Rspr., vgl. etwa BVerwG, NK-Urteil vom 10.03.1998 - 4 C N 6.97 -, NVwZ 1998, 732).
II.
16 
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin kann den Antragstellerinnen auch das erforderliche Rechtsschutzinteresse an der Durchführung des Normenkontrollverfahrens nicht abgesprochen werden.
17 
1. Mit dem Erfordernis des Vorliegens eines allgemeinen Rechtsschutzinteresses neben der Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO soll vermieden werden, dass die Gerichte in eine Normprüfung eintreten müssen, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist. Zu fragen ist, ob der jeweilige Antragsteller durch die von ihm angestrebte Nichtigerklärung des Bebauungsplans seine Rechtsstellung verbessern kann. Dafür ist nicht erforderlich, dass die begehrte Nichtigerklärung unmittelbar zum eigentlichen Rechtsschutzziel führt; eines unmittelbaren rechtlichen Vorteils bedarf es daher nicht. Für das Rechtsschutzinteresse reicht es vielmehr aus, dass sich nicht ausschließen lässt, dass die gerichtliche Entscheidung für den Antragsteller von Nutzen sein kann. Hierfür genügt es, wenn - im Sinne einer tatsächlichen Prognose - zu erwarten ist, dass die Gemeinde einen neuen Bebauungsplan mit möglicherweise für den Antragsteller günstigeren Festsetzungen aufstellen wird; unnütz wird das Normenkontrollgericht nur dann in Anspruch genommen, wenn der jeweilige Antragsteller unabhängig vom Ausgang des Normenkontrollverfahrens keine reale Chance hat, sein eigentliches Ziel zu erreichen (vgl. zu all dem BVerwG, BVerwG, Urteil vom 23.04.2002 - 4 CN 3.01 -, NVwZ 2002, 1126; Beschluss vom 17.12.1992 - 4 N 2.91 -, DVBl. 1993, 444; Beschluss vom 25.05.1993 - 4 NV 50.92 -, NVwZ 1994, 268).
18 
2. Gemessen daran hat der Senat hier am Vorliegen eines Rechtsschutzinteresses keinen Zweifel. Selbst wenn - bei Plannichtigkeit - der alte Straßen- und Baufluchtenplan von 1954/57 wieder aufleben und keine zusätzliche Bebaubarkeit der Grundstücke der Antragstellerinnen zulassen sollte, wäre ein jedenfalls ausreichender tatsächlicher Vorteil an der Durchführung des Normenkontrollverfahrens zu bejahen. Bei prognostischer Betrachtung wäre dann zu erwarten, dass die Antragsgegnerin - zur Umsetzung ihres grundsätzlichen Planziels, gesicherte und aktualisierte Planungsgrundlagen samt maßvollen Erweiterungsmöglichkeiten zu schaffen - einen neuen Bebauungsplan aufstellen würde. Dabei lässt sich keinesfalls ausschließen, dass der neue Plan für die Antragstellerinnen möglicherweise (wenn auch nur teilweise) günstigere Festsetzungen zur Ausnutzbarkeit ihrer Grundstücke enthalten könnte. Im Übrigen wäre eine Unwirksamkeit des streitigen Bebauungsplans wohl selbst dann für die Antragstellerinnen von - was ausreicht - praktischem Nutzen, wenn sich die planungsrechtliche Situation bei Unwirksamkeit des neuen Plans nicht ändern und es beim früheren Bebauungsplan mit nahezu denselben Festsetzungen bleiben würde. Denn dann wäre zumindest fraglich, ob die Antragstellerinnen mit einer Realisierung der Planung auf Grundlage des alten Plans aus tatsächlichen Gründen und wegen rechtlicher Unsicherheiten rechnen müssten (zu diesem Gesichtspunkt vgl. ausdrücklich auch BVerwG, Urteil vom 23.04.2002, a.a.O.).
B.
19 
Die Anträge sind jedoch nicht begründet.
I.
20 
Beachtliche Verfahrensmängel bei der Planaufstellung, im Offenlegungsverfahren oder beim Satzungsbeschluss werden nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich. Der Bebauungsplan ist auch mit einer ausführlichen und den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Begründung versehen. Ein Umweltbericht, wie er nach § 2a Satz 2 Nr. 2 BauGB i.d.F. des EAGBau 2004 vom 24.06.2004 (BGBl. I, S. 2414) grundsätzlich verlangt wird, war vorliegend nicht erforderlich. Denn nach § 244 Abs. 2 Satz 1 BauGB war das - bis zum 20.07.2004 förmlich eingeleitete und vor dem 20.07.2006 abgeschlossene - Verfahren nach den Vorschriften des BauGB in der vor dem 20.07.2004 geltenden Fassung durchzuführen, und die Erstellung eines Umweltberichts nach Maßgabe von § 2a Abs. 1 BauGB a.F. (Fassung vom 27.07.2001) war mangels einer durchzuführenden Umweltverträglichkeitsprüfung nach § 3 UVPG nicht vorgeschrieben.
II.
21 
Auch hinsichtlich der Planerforderlichkeit (§ 1 Abs. 3 BauGB) bestehen keine Bedenken. Zur Planung befugt ist eine Gemeinde immer schon dann, wenn sie hierfür hinreichend gewichtige städtebauliche Allgemeinbelange ins Feld führen kann. Was im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen planerischen Konzeption, die Wahl der städtebaulichen Ziele liegt im planerischen Ermessen der Gemeinde. Nicht erforderlich sind nur solche Bebauungspläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind. Damit handelt es sich beim Merkmal der „Erforderlichkeit“ um eine nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der (gemeindlichen) Planungshoheit (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.01.1993 - 8 C 670.91 -, BVerwGE 92, 8).
22 
Diesen Anforderungen des § 1 Abs. 3 BauGB wird der Bebauungsplan „Ebersteinburger Straße/Zimmerhardtstraße“ ohne weiteres gerecht. Anlass der Planung ist es, den Erhalt und die Entwicklung des Plangebiets durch einen zeitgemäßen Bebauungsplan zu lenken und den alten Ortsbebauungsplan von 1954/57 zu überarbeiten. Dieser lasse den Willen des früheren Plangebers zum Teil nicht erkennen; zum Teil sei dieser Wille auf Grund von Rechtsänderungen oder der Rechtsprechung auch nicht mehr zu vermitteln und „z.B. mittels Baugenehmigungen durchzuhalten“. Der Antragsgegnerin geht es mithin darum, eine eindeutige Rechtslage im Plangebiet auf der Grundlage des wesentlichen Inhalts des alten Ortsbebauungsplans zu schaffen. Die Gebietsstrukturen, der Wohnbestand und die große Freifläche in der Gebietsmitte sollen auf diese Weise erhalten und gesichert werden. Anliegen des Bebauungsplans ist es ferner, die teilweise unveränderbare Verkehrssituation auf den schmalen Erschließungsstraßen zu berücksichtigen, das Landschaftsbild zu erhalten und zu entwickeln, den Siedlungsrand auszuformen, das Ortsbild zu bewahren sowie - durch Erhalt der Obstbaumwiese gegenüber dem Friedhof und durch Positionierung des neuen Baufelds auf dem Flurstück-Nr. ... im Bereich der westlichsten alten Bauflucht - die bestehenden örtlichen Blickbeziehungen zu erhalten (vgl. dazu den Katalog der Planungsziele in Ziff. 4.5 der Planbegründung). Damit dient der Bebauungsplan in mehrfacher Hinsicht dazu, gewichtige, vom Gesetzgeber anerkannte städtebauliche Belange umzusetzen (vgl. insbesondere § 1 Abs. 6 Nrn. 4, 5 und 7 BauGB). Diese Ziele rechtfertigen, wie unten darzulegen sein wird, auch die Planung.
III.
23 
Die Festsetzungen im Bebauungsplan sind auch von Ermächtigungsgrundlagen gedeckt und in ihren inhaltlichen Aussagen hinreichend bestimmt. Der Bebauungsplan trifft für jedes Baufenster gesonderte Regelungen zum Maß der baulichen Nutzung, zu den Grund- und Geschossflächen und zur Höhenlage (vgl. §§ 16 Abs. 2 Nr. 4, 18 Abs. 1 BauNVO). Die Festsetzung der Wohnungshöchstzahl je Gebäude beruht auf § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB, die der privaten Verkehrsflächen auf § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB. Die höchstzulässigen First- und Gebäudehöhen werden als landesrechtliche örtliche Bauvorschriften auf der Grundlage von § 74 Nr. 1 LBO detailliert festgelegt. Die Festsetzung über die Gestaltung der nicht überbaubaren Grundstücksflächen schließlich beruht auf § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB.
IV.
24 
Mit den von den Antragstellerinnen beanstandeten Festsetzungen verstößt der Bebauungsplan auch nicht gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 BauGB (= § 1 Abs. 7 BauGB n.F.).
25 
Nach § 1 Abs. 6 BauGB (= § 1 Abs. 7 BauGB n.F.) sind bei der Aufstellung eines Bebauungsplans die einschlägigen öffentlichen und privaten Belange gerecht gegeneinander und untereinander abzuwägen. Die gerichtliche Kontrolle dieser von der Gemeinde vorzunehmenden Abwägung hat sich nach ständiger Rechtsprechung (grundlegend: BVerwG, Urteil vom 05.07.1974 - 4 C 50.72 -, BVerwGE 45, 309) auf die Prüfung zu beschränken, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat (kein Abwägungsausfall, keine fehlende Abwägungsbereitschaft), ob in sie an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge eingestellt werden musste (kein Abwägungsdefizit), ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange richtig erkannt worden ist (keine tatsächliche oder rechtliche Fehlbeurteilung) und ob der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit in einem angemessenen Verhältnis steht (keine Abwägungsdisproportionalität). Hat die Gemeinde diese Anforderungen beachtet, wird das Abwägungsgebot nicht dadurch verletzt, dass sie bei der Abwägung der verschiedenen Belange dem einen den Vorzug einräumt und sich damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.12.1969 - 4 C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 und vom 05.07.1974, a.a.O.). Die genannten Anforderungen beziehen sich sowohl auf den Abwägungsvorgang als auch auf das Abwägungsergebnis. Dabei ist gem. § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan abzustellen.
26 
1. Gemessen daran vermag der Senat entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen beachtliche Mängel im Abwägungsvorgang nicht zu erkennen.
27 
a) Der Gemeinderat der Antragsgegnerin war ersichtlich zur Abwägung der öffentlichen Belange mit den Eigentumsbelangen der Antragstellerinnen bereit und hat letztere auch sowohl im geltend gemachten als auch im von Amts wegen gebotenen Umfang in seine Erwägungen eingestellt. Der Antragsgegnerin kann daher entgegen dem Vorwurf der Antragstellerinnen in der mündlichen Verhandlung kein Abwägungsdefizit vorgehalten werden. Dies ergibt sich aus der Planbegründung sowie der vom Gemeinderat gebilligten Stellungnahme zu den Bedenken und Anregungen der Antragstellerinnen im Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 27.01.2006 (Anl. 5, A.4 der Vorlage zum Satzungsbeschluss). Die Antragstellerinnen hatten geltend gemacht, die „vorgesehenen Freiflächen längs der Zimmerhardtstraße“ würden „so nicht akzeptiert“. Es handle sich um „Baulücken nach § 34 der Landesbauordnung“ (gemeint: nach § 34 BauGB), so dass „hier auch Baufenster vorzusehen“ seien; Gleiches gelte auch für das Grundstück Flst.-Nr. .... Mit ihrer Forderung nach Bebaubarkeit der Flächen „längs“ der Zimmerhardtstraße wollten die Antragstellerinnen ersichtlich das Fehlen von Baufenstern im nördlichen straßenseitigen Bereich des Grundstücks Flst.-Nr. ... und der Grundstücke Flst.-Nrn. ... bis ... rügen. Damit bezogen sie sich auf ihre Bebauungswünsche aus der Bauvoranfrage vom 15.12.2003, die ein Wohnhaus mit einer Grundfläche von 198 qm und 5 m Straßenabstand zum Gegenstand hatte. Mit der Forderung nach straßennahen Baufenstern auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... und ... bis ... hat sich der Gemeinderat ausführlich und ausdrücklich auseinandergesetzt. Darüber hinaus hat sich der Gemeinderat erkennbar aber auch mit der Frage befasst, ob eine Bebauung der Grundstücke Flst.-Nrn. ... bis ... (wenigstens) in deren rückwärtigem Bereich - entsprechend der früheren Planungsalternative A - in Betracht komme, obwohl die Antragstellerinnen eine solche zurückversetzte Bebauung im Bebauungsplanverfahren selbst nicht zur Sprache gebracht hatten. Denn ausweislich der Planbegründung wurde auf die in den Planalternativen A und B für die Grundstücke der Antragstellerinnen noch vorgesehene erhebliche Nachverdichtung bewusst verzichtet, um an die bisherigen Baufluchten mit ihrer lockeren Baustruktur und ihrem Freihaltekonzept anzuknüpfen und der Verkehrssituation, den landschaftsplanerischen Belangen und den erhaltenswerten Blickbeziehungen Rechnung zu tragen. Mit diesen Zielen hielt der Gemeinderat eine weitere, über eine angemessene Bestandssicherung hinausgehende Bebauung der zentralen Freiflächen der Grundstücke Flst.-Nrn. ... und ... bis ... offenkundig für nicht vereinbar.
28 
b) Entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen ist dem Gemeinderat der Antragsgegnerin auch kein Rechtsfehler bei Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Ausgangslage unterlaufen. Der Gemeinderat ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Grundstücke der Antragstellerinnen im Wesentlichen schon bisher nicht bebaubar waren. Vor Inkrafttreten des Bebauungsplans richtete sich die Bebaubarkeit der Grundstücke Flst.-Nrn. ... und ... bis ... sowie des Grundstücks Flst.-Nr. ... hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche nicht nach § 34 BauGB, so dass offen bleiben kann, ob diese Flächen ganz oder teilweise überhaupt noch dem unbeplanten Innenbereich (Baulücken) oder aber dem Außenbereich nach § 35 BauGB (Außenbereichsinsel) zuzurechnen wären. Denn maßgebliche und wirksame Rechtsgrundlage war damals nach wie vor der Straßen - und Baufluchtenplan für die Gewanne „Brügel, Kapf, Zieläcker, Großbühnäcker, Herrenäcker und Langenäcker“, der als Baulinienplan übergeleitet wurde und mit seinem zeichnerischen Teil für das im - Wesentlichen das (Gebiet „Großbühnäcker“) umfassende - Plangebiet weitergalt. Dies ergibt sich, wie auch die Antragsgegnerin im Wesentlichen zutreffend darlegt, aus der Entstehungsgeschichte des alten Plans und den nachfolgenden Verfahrensschritten. Dazu ist im Einzelnen auszuführen:
29 
aa) Am 14.08.1954 wurde der Straßen- und Baulinienplan für die Gewanne „Brügel, Kapf, Zieläcker, Großbühnäcker, Herrenäcker und Langenäcker“ nebst Bebauungsvorschriften vom Gemeinderat der damals selbstständigen Gemeinde Ebersteinburg nach § 3 Abs. 2 des Badischen Ortsstraßengesetzes (BadOStrG) vom 30.10.1936 beschlossen. Am 14.12.1954 wurde der Bebauungsplan vom Regierungspräsidium Südbaden „grundsätzlich genehmigt“. Am 27.11.1957 beschloss das Landratsamt Rastatt gemäß § 3 Abs. 5 BadOStrG die Feststellung des Plans, und dieser Beschluss wurde ortsüblich bekannt gemacht. Diese Verfahrensweise war in ihrer zeitlichen Reihenfolge allerdings nicht gesetzeskonform. Eine „grundsätzliche“ Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde gab es nach damaligem Recht nicht, und die erforderliche (endgültige) Genehmigung nach § 7 Abs. 3 des Badischen Aufbaugesetzes vom 25.11.1949 (Bad. GVBl. 50 S. 29 - BadAufbauG -) konnte nach deren Sinn und Zweck erst nach ansonsten vollständigem Abschluss des Verfahrens - mithin erst nach der Feststellung des Bebauungsplans - erfolgen (vgl. dazu im Einzelnen: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.10.1963 - IV 25/61 -, Urteil vom 03.05.1979 - III 31/79 -, BRS 35, Nr. 41 und juris). Der Straßen- und Baufluchtenplan war daher damals nichtig (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 16.10.1973 und vom 03.05.1979, a.a.O.) und damit am Stichtag 30.10.1960 (Inkrafttreten der §§ 173 ff. BBauG, vgl. § 189 Abs. 1 BBauG) nicht „bestehend“ und infolgedessen nicht überleitungsfähig (vgl. dazu, dass „bestehende“ Vorschriften nur gültige Vorschriften sind, BVerwG, Urteil vom 07.05.1982 - 4 C 65.78 -, DÖV 1982, 1032). Jedoch hat das Regierungspräsidium Südbaden am 16.03.1965 nachträglich seine (abschließende) Genehmigung nach § 7 Abs. 3 BadAufbauG für den Bebauungsplan „in seiner Gesamtheit“ (Baufluchtenplan und Bebauungsvorschriften „für die Gewanne Zieläcker, Großbühnäcker, Herrenäcker und Langenäcker“ vom 09.02.1961) erteilt. Dieses Verfahren entsprach den Vorgaben der Überleitungsvorschrift des § 174 Abs. 1 BBauG. Danach wurden „eingeleitete“ Verfahren zur Aufstellung städtebaulicher Pläne nach den bisher geltenden Vorschriften weitergeführt, wenn die Pläne am Stichtag 30.10.1960 mindestens ausgelegt oder wenn mit ihrer Verlautbarung im Wege eines an Stelle der Auslegung gesetzlich vorgesehenen anderen Verfahrens begonnen worden war (vgl. dazu auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.07.1962 - I 364/62 -, ESVGH 12, 149 ff.). Diese Voraussetzungen waren auch hier gegeben. Der Straßen- und Baufluchtenplan (zeichnerischer Teil des Bebauungsplans) war zum Stichtag nicht nur aufgestellt, sondern auch längst nach § 3 Abs. 5 BadOStrG festgestellt. Lediglich die erforderliche abschließende Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde stand noch aus. Dass die Beteiligten dabei seinerzeit zu Unrecht von einem wirksamen Abschluss des Genehmigungsverfahrens und damit von der Überleitung des alten Plans nach § 173 Abs. 3 BBauG ausgingen, ist für die Anwendung des § 174 Abs. 1 BBauG unerheblich. Nach ihrem Wortlaut stellt die Vorschrift auf den objektiven Verfahrensstand ab. Auch Bebauungsplanverfahren, die nach altem Recht begonnen worden, aber wegen eines Rechtsfehlers noch nicht abgeschlossen sind, sind (erst) „eingeleitet“. Diese Betrachtungsweise entspricht auch Sinn und Zweck des § 174 Abs. 1 BBauG, begonnene Bebauungsplanverfahren nicht nach Maßgabe der §§ 1 ff. BBauG neu beginnen zu müssen, sondern auf Grundlage des erreichten Verfahrensstandes beschleunigt zu Ende führen zu können. § 174 Abs. 1 BBauG findet daher auch Anwendung auf die Abwicklung von am Stichtag des Inkrafttretens des BBauG wegen Verfahrensfehlern noch nicht „geltenden“ Pläne (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 07.05.1982 - 4 C 65.78 -, a.a.O. m.w.N.). Mithin konnte nicht nur, sondern musste vorliegend die Genehmigung des Regierungspräsidiums auf der Grundlage von § 7 Abs. 3 BadAufbauG nachgeholt werden. Diese Vorgehensweise entsprach auch dem ausdrücklichen Willen der Gemeinde Ebersteinburg. Diese hatte die Wahl, entweder einen völlig neuen Bebauungsplan nach dem BBauG aufzustellen oder das rechtlich bislang defizitäre Altverfahren nach § 174 Abs. 1 BBauG zum Abschluss zu bringen. Sie hat sich für letzteres entschieden. Mit der ortsüblichen Bekanntmachung der Genehmigung, welche auch die zwischenzeitlich am 09.02.1961 nach § 174 Abs. 1 BBauG nach altem Recht als Polizeiverordnung beschlossenen Bebauungsvorschriften umfasste, trat der Bebauungsplan am 04.04.1965 in Kraft (vgl. Vermerk Bl. 226 d.A.).
30 
bb) Ab dem Inkrafttreten am 04.04.1965 galt der Bebauungsplan in entsprechender Anwendung des § 173 Abs. 3 BBauG als Bebauungsplan nach Bundesrecht weiter, soweit er verbindliche Regelungen nach dem BBauG enthielt (so zu einem vergleichbaren Fall VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.05.1994 - 3 S 1360/93 -, VGHBW-Ls. 1994, Beil. 8, B 8 und juris; ebenso OVG Münster, Urteil vom 08.05.1967 - X A 553/65 -, OVGE 23, 183 ff.). In seinem zeichnerischen Teil (Baufluchtenplan) legt der Bebauungsplan Straßen- und Baufluchten für die im Bereich dieser Straßen zulässige Bebauung fest. Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 d) BadAufbauG werden „Baufluchtenlinien“ umschrieben als „Linien, an denen die Gebäude gegen die Straße, Wege oder Plätze errichtet werden müssen. Die Baufluchtenlinien alten Rechts entsprechen damit Baulinien nach § 23 Abs. 2 BauNVO a.F. und gelten als solche weiter (dazu im Einzelnen VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.12.2005 - 5 S 1847/05 -, VBlBW 2006, 191). Der Baufluchtenplan schrieb daher für das jetzige Plangebiet vor, dass an die eingezeichneten Baufluchtlinien (mit geringfügigen Abweichungsmöglichkeiten nach § 23 Abs. 2 Satz 2 BauNVO a.F.) angebaut werden musste, außerhalb der Längsseiten und im Bereich bis zur jeweils vorgelagerten Straße (insbesondere also auch auf der Fläche bis zur Rosen- und zur Zimmerhardtstraße) aber ein Bauverbot bestand.
31 
cc) Der zeichnerische Teil des Bebauungsplans (Straßen- und Baufluchtenplan) galt für das Plangebiet auch ungeachtet des rechtlichen Schicksals der Bebauungsvorschriften und der Planänderung von 1968 weiter. Die durch Polizeiverordnung geregelten Bebauungsvorschriften von 1961 traten zwar gemäß § 18 Abs. 1 PolG 1955 nach 20 Jahren außer Kraft und diese Befristung der Geltungsdauer war auch im Zuge der Überleitung nach § 173 Abs. 3 BBauG (analog) nicht entfallen (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.10.1993 - 8 S 3087/92 -, VBlBW 1994, 280 f.; Beschluss vom 02.02.1994 - 5 S 2927/93 -, VGHBW-Ls 1994, Beil. 4, B 8 sowie juris). Dadurch wurde die Fortgeltung des zeichnerischen Teils des Bebauungsplans (Straßen- und Baufluchtenplan) aber nicht berührt. Dieser ist auch nicht nach den Grundsätzen über die Teil-/Gesamtnichtigkeit von Bebauungsplänen außer Kraft getreten, soweit diese Grundsätze hier überhaupt Anwendung finden. Denn der Fortbestand der Baufluchten (der grundsätzlichen Bebaubarkeit der Gebietsgrundstücke in Bezug auf die ihnen zugeordneten Straßenflächen) war auch ohne die Bebauungsvorschriften städtebaulich selbstständig sinnvoll und tragfähig und die Gemeinde Ebersteinburg wollte ersichtlich auch an diesem Gebietskonzept festhalten.
32 
dd) Der Straßen- und Baufluchtenplan von 1954/57 wurde für das hier maßgebliche Baugebiet „Großbühnäcker“ auch nicht durch den am 09.09.1968 beschlossenen Änderungsbebauungsplan der Gemeinde Ebersteinburg aufgehoben. Der Senat folgt insoweit der in einem Vermerk vom 13.05.1992 niedergelegten Rechtsauffassung der Antragsgegnerin. Nach § 1 der Satzung vom 09.09.1968 war Gegenstand der Änderung zwar der gesamte Straßen- und Baufluchtenplan von 1954/1957 sowie die gesamten Bebauungsvorschriften. Inhalt und Umfang der Änderung sind jedoch § 2 der Satzung zu entnehmen. Danach bezog sich die Änderung auf einen neueren Straßen- und Baufluchtenplan, einen neueren Gestaltungsplan vom 05.04.1964 i.d.F. vom 13.05.1968 sowie auf neuere Bebauungsvorschriften vom 05.04.1964 und maßgeblich war die Planbegründung vom 13.5.1968. Die Pläne von 1964/1968 umfassten aber jeweils nur das Umlegungsgebiet „Herrenäcker und Zieläcker“ und wurden zudem wörtlich als „Ergänzung“ des ursprünglichen Bebauungsplans von 1957 gekennzeichnet. In gleicher Weise wurde auch in den Bebauungsvorschriften vom 05.04.1964 darauf abgehoben, dass die getroffenen Festsetzungen sich beziehen auf die „Ergänzung für das Umlegungsgebiet Herrenäcker und Zieläcker“. Schließlich betonte auch die Planbegründung vom 13.05.1968, dass es darum gehe, die Folgen der 1963 festgestellten Baulandumlegung der Gewanne „Herrenäcker“ und „Zieläcker“ umzusetzen und dementsprechend den Bebauungsplan von 1957 „im Bereich der durchgeführten Baulandumlegung ergänzen zu lassen“. Aus diesen Formulierungen sowie dem klar definierten Planziel ergibt sich, dass der Änderungsbebauungsplan von 1968 den Ursprungsplan nicht etwa in vollem Umfang „ersetzen“ wollte (vgl. § 2 der Satzung), sondern sich beschränkte Geltung nur für das Umlegungsgebiet „Herrenäcker“ und „Zieläcker“ beimaß. Im übrigen alten Plangebiet sollte es ersichtlich bei den bisherigen - und weiterhin städtebaulich sinnvollen - planungsrechtlichen Regelungen bleiben.
33 
ee) Die Festsetzungen über die überbaubare Grundstücksfläche im Baufluchtenplan von 1954/57 waren entgegen der Auffassung der Antragstellerin im Plangebiet (Gebiet „Großbühnäcker“) schließlich auch nicht funktionslos geworden. Unwirksamkeit einer bauplanerischen Regelung kraft Funktionslosigkeit tritt dann ein, wenn und soweit die tatsächlichen Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, ihre Verwirklichung auf unabsehbare Zeit ausschließen und diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist für jede Festsetzung gesondert zu prüfen. Dabei kommt es nicht auf die Verhältnisse auf einzelnen Grundstücken an. Entscheidend ist vielmehr, ob die jeweilige Festsetzung noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen wirksamen Beitrag zu leisten. Das einer Festsetzung zugrunde liegende Plankonzept wird mithin nicht schon dann sinnlos, wenn es nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann. Erst wenn die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv und so offenkundig abweichen, dass der Bebauungsplan insoweit seine städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich noch zu erfüllen vermag, kann von einer Funktionslosigkeit die Rede sein. Die Festsetzung muss mithin unabhängig davon, ob sie punktuell durchsetzbar ist, bei gebietsbezogener Gesamtbetrachtung die Fähigkeit verloren haben, die städtebauliche Entwicklung noch in einer bestimmten Richtung zu steuern (st.Rspr., vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 28.4.2004 - 4 C 10.03 -, NVwZ 2004, 1244 m.w.N. sowie grundlegend bereits BVerwG, Urteil vom 29.4.1977 - 4 C 39.75 -, BVerwGE 54, 5 ff.).
34 
Gemessen daran sind (und waren im maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses) die Festsetzungen des Baufluchtenplans über die überbaubaren Grundstücksflächen nicht funktionslos geworden. Die bisherige Entwicklung im Plangebiet „Großbühnäcker“ hat hinsichtlich der Bebauung des Gebiets keine Entwicklung genommen, die eine Realisierung der Absichten des Baufluchtenplans ausschließt. Bezüglich der Gebäudeabstände zur Zimmerhardt- und Rosenstraße hin sind die Planvorgaben jedenfalls im Grundsatz eingehalten. Dies gilt zunächst für das östliche und westliche Plangebiet. Im Westen sieht der Baufluchtenplan jeweils straßennah drei getrennte Baulinien vor, im Osten weist er eine lange durchgezogene Baulinie aus. An diesen Baufluchten orientieren sich die vorhandenen Wohnhäuser im Westen (... ... ..., ... …, … … und …) sowie die beiden Villen im Osten (... … und …). Auch im hier maßgeblichen mittleren Plangebiet unterhalb des alten Friedhofs ist die Konzeption des Baufluchtenplans im Kern noch gewahrt und daher auch weiterhin aussagekräftig und umsetzungsfähig. Der Baufluchtenplan setzt in diesem Bereich drei Baulinien fest, die anders als im sonstigen Plangebiet weit (ca. 70 - 80 m) von der Straße zurückversetzt sind. Die dazwischenliegende Fläche soll auch nach dem alten Plan von jeglicher Bebauung freigehalten werden. Der derzeitige Baubestand (Villen auf den Grundstücken ... … und …) orientiert sich an diesen Planvorgaben. Der Bereich der dritten (westlichsten) Baulinie ist überhaupt noch nicht bebaut. Durchbrochen wird der Baufluchtenplan lediglich auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... (... …), auf dem 1980 - damals in Unkenntnis des existierenden Baufluchtenplans - ein Wohnhaus in Verlängerung der Baufluchten der westlichen Nachbargebäude genehmigt wurde. Dieser einmalige „Ausreißer“ führte jedoch nicht dazu, die Gestaltungsfunktion des alten Plans insgesamt ernsthaft in Frage zu stellen. Auch die sonstigen Abweichungen vom Konzept des Plans auf wenigen Grundstücken „in zweiter Reihe“ sind nicht von solchem Gewicht, dass dadurch die damaligen Planziele (lockere Bebauung, Freihaltung des mittleren Hangbereichs) irreparabel vereitelt würden.
35 
c) Der Gemeinderat der Antragsgegnerin ist im Satzungsbeschluss auch von in tatsächlicher Hinsicht zutreffenden Abwägungsgrundlagen ausgegangen. Entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen ist ihm insbesondere bei der Beurteilung und Bewertung der Sichtbeziehungen keine Fehleinschätzung unterlaufen.
36 
aa) Die tatsächlichen Verhältnisse auf den Grundstücken der Antragstellerinnen und deren Umgebung stellen sich wie folgt dar: Nach der Begründung zum Bebauungsplan werden die unbebauten und unversiegelten Flächen im mittleren Plangebiet durch eine Obstbaumwiese mit teilweisem Gehölzbestand und Hecken genutzt. Diese Beschreibung wird durch die von den Beteiligten vorgelegten Lichtbilder, insbesondere die jeweiligen Luftaufnahmen, nachdrücklich bestätigt (vgl. Bl. 257 der Gerichtsakte sowie etwa das von den Antragstellerinnen vorgelegte Beiheft zu S. 267 der Gerichtsakte und die zur mündlichen Verhandlung nachgereichten Fotos der Antragstellerinnen). Die Luftbilder belegen auch die weitere Feststellung in der Planbegründung, dass die unbebaute, dem alten Friedhof von Ebersteinburg gegenüberliegende Obstbaumwiese auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... und ... - ... der Antragstellerinnen den Gebietscharakter und das Ortsbild des Ortsteils Ebersteinburg maßgebend prägt. Ausweislich der Luftbilder und der übrigen Fotos fällt das Gelände vom Sonnenweg über die Grünflächen des alten Friedhofs bis zur Zimmerhardtstraße und von dort über den mit Obstbäumen bestandenen Hang weiter nach Südosten ab. Die Bebauung mit - wie dargestellt - zwei Villen setzt erst ca. 80 m unterhalb der Straße ein. Aus den Luftbildern wird auch deutlich, dass sich die an den alten Baufluchten orientierenden Gebäude ... … und … als Bestandteile einer den südöstlichen Ortsrand von Ebersteinburg markierenden Bebauungszeile darstellen. Diese Bebauungszeile wird nach Osten hin über die Gebäude ... ... ... ... (Flst.-Nr. ...), das bebaute Baufenster Nr. 10/2 auf Flst.-Nr. ... und das Gebäude ... ... ... (Flst.-Nr. ...) fortgeführt; in Richtung Westen schließen sich die Gebäude ... ... ... (Flst.-Nr. ...) und ... ... ... (Flst.-Nr. ...) an. Diese Ortsrandabgrenzung ist topographisch bedingt und erklärbar. Denn jenseits der genannten Bebauungszeile verläuft eine prägnante Hangkante, an deren Fuß sich das Krankenhaus Ebersteinburg befindet.
37 
Ausweislich der in der mündlichen Verhandlung eingesehenen Fotos der Beteiligten eröffnet sich sowohl vom Sonnenweg wie auch von der Zimmerhardtstraße (dem sog. „Panoramaweg“) aus zur Zeit ein weitgehend freier Blick über die landschaftstypische Obstbaumwiese hinab ins Tal, auf den gegenüberliegenden Merkur und auf die Kette der dahinterliegenden Schwarzwaldgipfel (zu diesem „Sicht-Bestand“ vgl. insbesondere die die gegenwärtigen Verhältnisse abbildenden Fotos der Antragstellerinnen [Standort Sonnenweg] und die mit Schriftsätzen vom 10. und 11.03.2008 vorgelegten und eingesehenen Lichtbilder der Antragsgegnerin [Standort Zimmerhardtstraße]). Der Blickausschnitt vom Bereich des alten Friedhofs aus ist landschaftlich besonders reizvoll, zeigt er doch exemplarisch die Einbettung Ebersteinburgs in das Schwarzwaldvorland. Diese hochwertige, nach Südosten gerichtete Sichtschneise ist gegenwärtig im Bereich zwischen den Gebäuden ... ... und ... auf einer Breite von ca. 100 m ganz überwiegend noch frei und unverstellt. Die entsprechend dem Baufluchtenplan weit zurückgesetzten und deutlich tieferliegenden Gebäude ... ... und ... treten sowohl vom Sonnenweg wie von der Zimmerhardtstraße aus räumlich nur sehr untergeordnet in Erscheinung. Das Dach des Hauses ... ... wirkt völlig unauffällig. Die straßenseitige Front des Hauses ... ... tritt zwar farblich stärker hervor, nimmt aber nur den unteren äußeren Rand des Blickfeldes ein. Auch dies zeigen die von den Beteiligten vorgelegten und eingesehenen Fotos deutlich.
38 
bb) Die an diese tatsächliche Ausgangslage anknüpfenden Erwägungen der Antragsgegnerin sind nicht zu beanstanden. Ziel des Bebauungsplans ist es, das beschriebene gegenwärtig bestehende hochwertige Aussichtsniveau zu erhalten, d.h. es vor über den Status quo (den „Sündenfall“ des Wohnhauses ... ...) hinausgehenden zusätzlichen Beeinträchtigungen zu schützen (vgl. Ziff. 4.5 der Planbegründung). Der Gemeinderat der Antragsgegnerin ist zutreffend davon ausgegangen, dass die streitigen Bauverbote für die Grundstücke der Antragstellerinnen erforderlich sind, um dieses Planziel zu erreichen. Massive Beeinträchtigungen der Aussicht würden offenkundig dann eintreten, wenn die Obstbaumwiese unterhalb der Zimmerhardtstraße in Fortführung der östlichen und westlichen Baufluchten straßennah mit mehreren Wohnhäusern - seien diese auch nur eingeschossig - bebaut würde. Dies lässt sich jedenfalls vom Standort Zimmerhardtstraße aus ohne weiteres anhand der beiderseitigen Fotos feststellen, ohne dass hierbei auf die möglicherweise in ihren Dimensionen übertriebenen Fotomontagen der Antragsgegnerin zurückgegriffen werden muss. Die Aussicht von der Zimmerhardtstraße aus würde darüber hinaus ferner dann gravierend beschnitten, wenn entsprechend der Bauvoranfrage des Ehemanns der Antragstellerin zu 3 auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... - ... auch nur ein zusätzliches Gebäude straßennah (5 m Abstand) errichtet würde. Die bislang weitestgehend freie Blickschneise mit Fernblick würde auch dann zu einem ganz wesentlichen Teil verstellt und dadurch verschmälert werden. Umfang und Qualität der hochwertigen Sichtbeziehung von der Zimmerhardtstraße aus würden schließlich auch dann spürbar in Mitleidenschaft gezogen, wenn die Grundstücke Flst.-Nrn. ... - ... (bzw. zusätzlich auch das Grundstück Flst.-Nr. ...) mit größerem Straßenabstand, also tieferliegend, bebaut würden. Insofern sind die frühere Planalternative A oder die dieser weitgehend nachgebildete Alternativplanung der Antragstellerinnen („Haus 1“) in den Blick zu nehmen. Art und Umfang der Auswirkungen einer derart zurückversetzten Bebauung lassen sich anhand der vorliegenden und eingesehenen Lichtbilder erkennen und sind letztlich auch zwischen den Beteiligten unstreitig. Selbst wenn der Senat die Fotomontagen der Antragstellerinnen als zutreffend unterstellt, muss von einer wesentlichen und spürbaren Beeinträchtigung der vorhandenen Aussichtslage ausgegangen werden (vgl. etwa den Vergleich zwischen Original und Fotomontage bezüglich „Haus 1“ in dem Anlagenbeiheft zu Bl. 267 der Gerichtsakte und der zur mündlichen Verhandlung nachgereichten Fotomontage). Zwar mag es in diesem Fall nach den Berechnungen der Antragstellerinnen zutreffen, dass ein auf der Zimmerhardtstraße stehender Betrachter noch über den First der nach Südosten gerückten Gebäude in gerader Blickrichtung hinwegblicken kann. Dessen ungeachtet würde aber auch dann die untere Hälfte des Sichtfeldes mit dem Blick auf die naturnahe Obstbaumwiese und das Tal durch querstehende Hausfassaden verstellt und dadurch das schon jetzt an den Rändern relativierte Erlebnis freier optischer Beziehung zur Landschaft deutlich gemindert (vgl. dazu wiederum die Fotomontage der Antragstellerinnen zu „Haus 1“, zum anderen aber auch die mit Schriftsatz vom 11.03.2008 vorgelegten Fotos der Antragsgegnerin, die den jetzigen Blick nach Südosten mit dem Wohnhaus ... ... links im Hintergrund zeigen). Die Fotomontage vom 11.03.2008 zu „Haus 1“ steht diesem Eindruck nicht entgegen. „Haus 1“ wird auch hier ungleich störender wahrgenommen als die Bestandsbebauung. Im Übrigen wird „Haus 1“ nur zur Hälfte und damit nur ein Teil des wirklichen Blickfeldes dargestellt. Die bestehenden Sichtbeziehungen sowie die hier offenen Landschaftsstrukturen, die der Bebauungsplan sichern soll, wären mithin auch dann noch deutlich beeinträchtigt. Eben dieser Gesichtspunkt war für die Antragsgegnerin u.a. auch Anlass, von der Bebaubarkeit der Grundstücke Flst.-Nrn. ... - ... gemäß Planalternative A wieder abzurücken (vgl. Planbegründung S. 7).
39 
Vor diesem Hintergrund bestand kein Anlass für den Senat, dem Beweisantrag der Antragstellerinnen auf Einnahme eines Augenscheins der Örtlichkeiten im Hinblick auf die Sichtbeziehungen zu entsprechen. Die tatsächlichen Sichtverhältnisse vor und nach Realisierung der im Beweisantrag genannten Gebäude sind angesichts der zahlreichen und aussagekräftigen Fotos nicht beweisbedürftig. Soweit der Beweisantrag sich darauf bezieht, ob das Maß der Sichtbeeinträchtigung es rechtfertigt, eine Bebauung auf den Grundstücken der Antragstellerinnen völlig auszuschließen, ist diese Frage nicht tatsächlicher Natur - und damit nicht des Beweises durch Augenschein zugänglich -, sondern betrifft eine Rechtsfrage im Rahmen der Prüfung des Abwägungsgebots.
40 
2. Der Bebauungsplan „Ebersteinburger Straße/Zimmerhardtstraße“ kann auch im Ergebnis nicht beanstandet werden. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin hat - auf Grundlage seiner vorstehend dargelegten rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen - das Interesse der Antragstellerinnen an einer höheren Ausnutzbarkeit ihrer Grundstücke (Art. 14 Abs. 1 GG) ohne Überschreitung seines Planungsermessens mit den für die streitige Planung sprechenden öffentlichen Belangen abgewogen. Dabei konnte er letzteren im Rahmen seines Planungsermessens den Vorrang einräumen.
41 
a) Die Antragstellerinnen müssen sich darauf verweisen lassen, dass ihre Grundstücke Flst.Nrn. ... und ..., ... - wie ausführlich dargelegt - schon bisher außerhalb der Baufluchten/Baulinien nicht bebaut werden durften. Der streitige Bebauungsplan knüpft an dieses bestehende und wirksame Bauverbot lediglich an. Er verschlechtert die Eigentumsrechte der Antragstellerinnen nicht. Die Abwägungsgrundsätze, die beim Entzug eines Baugrundstücks durch Bebauungsplan zugunsten dessen öffentlicher Nutzung (Verlust der Privatnützigkeit) gelten (vgl. dazu zuletzt etwa BVerwG, Beschluss vom 14.06.2007 - 4 BN 21.07 -, juris), sind daher vorliegend nicht anwendbar. Dies mindert das Gewicht und die Schutzwürdigkeit der privaten Interessen der Antragstellerinnen deutlich. Die Interessen der Antragstellerinnen an einer zusätzlichen Ausnutzbarkeit ihrer Grundstücke werden vom Plangeber nicht missachtet, sondern im Rahmen des Plankonzepts angemessen berücksichtigt. Auf Höhe der bisherigen westlichsten Bauflucht setzt der Bebauungsplan ein geräumiges Baufenster fest. Zudem wird das bestehende und (irrtümlich) auf Grundlage von § 34 BauGB genehmigte Gebäude auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... durch Festsetzung eines weiteren Baufensters über seinen Bestandsschutz hinaus planungsrechtlich abgesichert. Bei Bewertung der Eigentumsinteressen der Antragstellerinnen ist schließlich - mit der Planbegründung - auch die Vorgeschichte zu berücksichtigen. Ursprünglich wurde für das Grundstück Flst.-Nr. ... (... ... ...) eine Baugenehmigung nur gegen Verzicht auf eine Bebauung der Grundstücke Flst.-Nrn. ... und ... erteilt, um „per saldo“ den vorhandenen Baubestand im Interesse einer aufgelockerten landschaftstypischen Bebauung nicht zu überschreiten. Auf Grund einer entsprechenden Klausel in der den Verzicht sichernden Baulast ist die übernommene Verpflichtung entfallen. Seit Inkrafttreten des Bebauungsplans können die Antragstellerinnen das Baufenster auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... und ... zusätzlich nutzen oder wirtschaftlich verwerten. Insgesamt wird die Ausnutzung ihres Grundstücksbestands durch den Bebauungsplan also erhöht.
42 
b) Wenn der Gemeinderat der Antragsgegnerin vor diesem Hintergrund das Bauverbot auf den Wiesengrundstücken der Antragstellerinnen im mittleren Plangebiet fortgeschrieben und abgesichert hat, ist dies im Hinblick auf die für dieses Konzept sprechenden öffentlichen Belange weder willkürlich noch unverhältnismäßig. Die Grundstücke der Antragstellerinnen liegen, anders als die dichter bebauten Grundstücke im westlichen und östlichen Plangebiet, auf einem - wie mehrfach dargelegt - städtebaulich besonders exponierten Hanggelände. Für dessen Freihaltung kann die Antragsgegnerin mehrere städtebaulich relevante öffentliche Belange ins Feld führen. Für die Sicherung der Freifläche spricht zunächst der Schutz des gewachsenen Orts- und Landschaftsbilds (Erhalt der hochwertigen Sichtbeziehungen und der ortsbildprägenden Grünzäsur, Sicherung der herkömmlichen aufgelockerten Siedlungsstruktur mit Villencharakter sowie Festigung der Ortsrandbebauungsgrenze). Darüber hinaus dient der Bebauungsplan aber in erheblichem Maße auch Belangen des Landschafts- und Naturschutzes (Erhalt und Sicherung der landschaftstypischen ökologisch wertvollen Streuobstwiese). Gegen eine weitere Verdichtung der Gebietsbebauung spricht schließlich die beengte und teilweise unveränderbare Verkehrssituation auf den gering dimensionierten öffentlichen und privaten Erschließungsstraßen; dieser Gesichtspunkt war auch Anlass, die zunächst in das Plangebiet einbezogenen Erschließungsstraßen wieder aus dem räumlichen Geltungsbereich herauszunehmen.
43 
Der in der Abwägung zu berücksichtigende öffentliche Belang, sparsam und schonend mit Grund und Boden umzugehen (§ 1 a Abs. 2 S. 1 und Abs. 3 i.V.m. § 1 Abs. 6 BauGB) steht dem Plankonzept nicht entgegen. Der gebotene schonende Umgang mit Grund und Boden wird durch den Bebauungsplan gerade gewährleistet. Bodenversiegelungen werden zugunsten der Erhaltung des natürlichen Bewuchses mit einer ökologisch wertvollen Obstbaumwiese verhindert. Auch das Gebot sparsamen Umgangs mit Grund und Boden begründet vorliegend keine Verpflichtung, die zwar ortsnah liegenden, aber natur- und landschaftsschutzrechtlich hochwertigen Freiflächen durch Ausweisung zusätzlichen Baulands zu verdichten. Dies gilt schon deswegen, weil vorliegend weder vorgetragen noch erkennbar ist, dass in Ebersteinburg dringender Bedarf nach derartigen Villengrundstücken besteht und dass ein solcher Bedarf notwendig zur Inanspruchnahme vergleichbar hochwertiger und schutzwürdiger Flächen an anderer Stelle führen würde.
44 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 S. 1 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO.
45 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
46 
Beschluss
vom 12. März 2008
Der Streitwert des Verfahrens wird gemäß §§ 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG endgültig auf 20.000,-- EUR festgesetzt (je 10.000,-- EUR für die Antragstellerin zu 1 und für die Antragstellerinnen zu 2 und 3).
        
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
A.
14 
Die Anträge der Antragstellerinnen sind gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist gegeben.
I.
15 
Die Antragstellerinnen können geltend machen, durch den Bebauungsplan in ihren Rechten verletzt zu werden. Sie sind sämtlich Eigentümerinnen von Grundstücken innerhalb des Plangebiets. Der Bebauungsplan bestimmt mithin unmittelbar Inhalt und Schranken der Nutzung ihres Grundeigentums nach Art. 14 Abs. 1 GG. Die Antragstellerinnen wenden sich auch gegen Festsetzungen im Bebauungsplan, die unmittelbar ihre Grundstücke betreffen. Sie beanstanden, dass auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... - ... einerseits und auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... andererseits nicht, wie gewünscht, ein oder mehrere Baufenster ausgewiesen sind, sondern dass der Bebauungsplan diese Grundstücke vollständig (Flst.-Nrn. ... - ...) bzw. ganz überwiegend (Flst.-Nr. ... mit Ausnahme der bestehenden Villa und einer geringfügigen Erweiterungsmöglichkeit) mit einem Bauverbot belegt (nicht überbaubare Grundstücksflächen nach § 23 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 BauNVO) und den Eigentümern zudem aufgibt, sie als Vegetationsflächen zu unterhalten. Die Antragstellerinnen tragen, was für die an die Anforderungen des § 42 Abs. 2 VwGO angeglichene Antragsbefugnis ausreicht, auch substantiiert Tatsachen vor, die es möglich erscheinen lassen, dass sie durch diese Einschränkung der Bebaubarkeit in ihrem Grundeigentum verletzt sind (ständige Rspr., vgl. etwa BVerwG, NK-Urteil vom 10.03.1998 - 4 C N 6.97 -, NVwZ 1998, 732).
II.
16 
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin kann den Antragstellerinnen auch das erforderliche Rechtsschutzinteresse an der Durchführung des Normenkontrollverfahrens nicht abgesprochen werden.
17 
1. Mit dem Erfordernis des Vorliegens eines allgemeinen Rechtsschutzinteresses neben der Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO soll vermieden werden, dass die Gerichte in eine Normprüfung eintreten müssen, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist. Zu fragen ist, ob der jeweilige Antragsteller durch die von ihm angestrebte Nichtigerklärung des Bebauungsplans seine Rechtsstellung verbessern kann. Dafür ist nicht erforderlich, dass die begehrte Nichtigerklärung unmittelbar zum eigentlichen Rechtsschutzziel führt; eines unmittelbaren rechtlichen Vorteils bedarf es daher nicht. Für das Rechtsschutzinteresse reicht es vielmehr aus, dass sich nicht ausschließen lässt, dass die gerichtliche Entscheidung für den Antragsteller von Nutzen sein kann. Hierfür genügt es, wenn - im Sinne einer tatsächlichen Prognose - zu erwarten ist, dass die Gemeinde einen neuen Bebauungsplan mit möglicherweise für den Antragsteller günstigeren Festsetzungen aufstellen wird; unnütz wird das Normenkontrollgericht nur dann in Anspruch genommen, wenn der jeweilige Antragsteller unabhängig vom Ausgang des Normenkontrollverfahrens keine reale Chance hat, sein eigentliches Ziel zu erreichen (vgl. zu all dem BVerwG, BVerwG, Urteil vom 23.04.2002 - 4 CN 3.01 -, NVwZ 2002, 1126; Beschluss vom 17.12.1992 - 4 N 2.91 -, DVBl. 1993, 444; Beschluss vom 25.05.1993 - 4 NV 50.92 -, NVwZ 1994, 268).
18 
2. Gemessen daran hat der Senat hier am Vorliegen eines Rechtsschutzinteresses keinen Zweifel. Selbst wenn - bei Plannichtigkeit - der alte Straßen- und Baufluchtenplan von 1954/57 wieder aufleben und keine zusätzliche Bebaubarkeit der Grundstücke der Antragstellerinnen zulassen sollte, wäre ein jedenfalls ausreichender tatsächlicher Vorteil an der Durchführung des Normenkontrollverfahrens zu bejahen. Bei prognostischer Betrachtung wäre dann zu erwarten, dass die Antragsgegnerin - zur Umsetzung ihres grundsätzlichen Planziels, gesicherte und aktualisierte Planungsgrundlagen samt maßvollen Erweiterungsmöglichkeiten zu schaffen - einen neuen Bebauungsplan aufstellen würde. Dabei lässt sich keinesfalls ausschließen, dass der neue Plan für die Antragstellerinnen möglicherweise (wenn auch nur teilweise) günstigere Festsetzungen zur Ausnutzbarkeit ihrer Grundstücke enthalten könnte. Im Übrigen wäre eine Unwirksamkeit des streitigen Bebauungsplans wohl selbst dann für die Antragstellerinnen von - was ausreicht - praktischem Nutzen, wenn sich die planungsrechtliche Situation bei Unwirksamkeit des neuen Plans nicht ändern und es beim früheren Bebauungsplan mit nahezu denselben Festsetzungen bleiben würde. Denn dann wäre zumindest fraglich, ob die Antragstellerinnen mit einer Realisierung der Planung auf Grundlage des alten Plans aus tatsächlichen Gründen und wegen rechtlicher Unsicherheiten rechnen müssten (zu diesem Gesichtspunkt vgl. ausdrücklich auch BVerwG, Urteil vom 23.04.2002, a.a.O.).
B.
19 
Die Anträge sind jedoch nicht begründet.
I.
20 
Beachtliche Verfahrensmängel bei der Planaufstellung, im Offenlegungsverfahren oder beim Satzungsbeschluss werden nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich. Der Bebauungsplan ist auch mit einer ausführlichen und den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Begründung versehen. Ein Umweltbericht, wie er nach § 2a Satz 2 Nr. 2 BauGB i.d.F. des EAGBau 2004 vom 24.06.2004 (BGBl. I, S. 2414) grundsätzlich verlangt wird, war vorliegend nicht erforderlich. Denn nach § 244 Abs. 2 Satz 1 BauGB war das - bis zum 20.07.2004 förmlich eingeleitete und vor dem 20.07.2006 abgeschlossene - Verfahren nach den Vorschriften des BauGB in der vor dem 20.07.2004 geltenden Fassung durchzuführen, und die Erstellung eines Umweltberichts nach Maßgabe von § 2a Abs. 1 BauGB a.F. (Fassung vom 27.07.2001) war mangels einer durchzuführenden Umweltverträglichkeitsprüfung nach § 3 UVPG nicht vorgeschrieben.
II.
21 
Auch hinsichtlich der Planerforderlichkeit (§ 1 Abs. 3 BauGB) bestehen keine Bedenken. Zur Planung befugt ist eine Gemeinde immer schon dann, wenn sie hierfür hinreichend gewichtige städtebauliche Allgemeinbelange ins Feld führen kann. Was im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen planerischen Konzeption, die Wahl der städtebaulichen Ziele liegt im planerischen Ermessen der Gemeinde. Nicht erforderlich sind nur solche Bebauungspläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind. Damit handelt es sich beim Merkmal der „Erforderlichkeit“ um eine nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der (gemeindlichen) Planungshoheit (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.01.1993 - 8 C 670.91 -, BVerwGE 92, 8).
22 
Diesen Anforderungen des § 1 Abs. 3 BauGB wird der Bebauungsplan „Ebersteinburger Straße/Zimmerhardtstraße“ ohne weiteres gerecht. Anlass der Planung ist es, den Erhalt und die Entwicklung des Plangebiets durch einen zeitgemäßen Bebauungsplan zu lenken und den alten Ortsbebauungsplan von 1954/57 zu überarbeiten. Dieser lasse den Willen des früheren Plangebers zum Teil nicht erkennen; zum Teil sei dieser Wille auf Grund von Rechtsänderungen oder der Rechtsprechung auch nicht mehr zu vermitteln und „z.B. mittels Baugenehmigungen durchzuhalten“. Der Antragsgegnerin geht es mithin darum, eine eindeutige Rechtslage im Plangebiet auf der Grundlage des wesentlichen Inhalts des alten Ortsbebauungsplans zu schaffen. Die Gebietsstrukturen, der Wohnbestand und die große Freifläche in der Gebietsmitte sollen auf diese Weise erhalten und gesichert werden. Anliegen des Bebauungsplans ist es ferner, die teilweise unveränderbare Verkehrssituation auf den schmalen Erschließungsstraßen zu berücksichtigen, das Landschaftsbild zu erhalten und zu entwickeln, den Siedlungsrand auszuformen, das Ortsbild zu bewahren sowie - durch Erhalt der Obstbaumwiese gegenüber dem Friedhof und durch Positionierung des neuen Baufelds auf dem Flurstück-Nr. ... im Bereich der westlichsten alten Bauflucht - die bestehenden örtlichen Blickbeziehungen zu erhalten (vgl. dazu den Katalog der Planungsziele in Ziff. 4.5 der Planbegründung). Damit dient der Bebauungsplan in mehrfacher Hinsicht dazu, gewichtige, vom Gesetzgeber anerkannte städtebauliche Belange umzusetzen (vgl. insbesondere § 1 Abs. 6 Nrn. 4, 5 und 7 BauGB). Diese Ziele rechtfertigen, wie unten darzulegen sein wird, auch die Planung.
III.
23 
Die Festsetzungen im Bebauungsplan sind auch von Ermächtigungsgrundlagen gedeckt und in ihren inhaltlichen Aussagen hinreichend bestimmt. Der Bebauungsplan trifft für jedes Baufenster gesonderte Regelungen zum Maß der baulichen Nutzung, zu den Grund- und Geschossflächen und zur Höhenlage (vgl. §§ 16 Abs. 2 Nr. 4, 18 Abs. 1 BauNVO). Die Festsetzung der Wohnungshöchstzahl je Gebäude beruht auf § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB, die der privaten Verkehrsflächen auf § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB. Die höchstzulässigen First- und Gebäudehöhen werden als landesrechtliche örtliche Bauvorschriften auf der Grundlage von § 74 Nr. 1 LBO detailliert festgelegt. Die Festsetzung über die Gestaltung der nicht überbaubaren Grundstücksflächen schließlich beruht auf § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB.
IV.
24 
Mit den von den Antragstellerinnen beanstandeten Festsetzungen verstößt der Bebauungsplan auch nicht gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 BauGB (= § 1 Abs. 7 BauGB n.F.).
25 
Nach § 1 Abs. 6 BauGB (= § 1 Abs. 7 BauGB n.F.) sind bei der Aufstellung eines Bebauungsplans die einschlägigen öffentlichen und privaten Belange gerecht gegeneinander und untereinander abzuwägen. Die gerichtliche Kontrolle dieser von der Gemeinde vorzunehmenden Abwägung hat sich nach ständiger Rechtsprechung (grundlegend: BVerwG, Urteil vom 05.07.1974 - 4 C 50.72 -, BVerwGE 45, 309) auf die Prüfung zu beschränken, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat (kein Abwägungsausfall, keine fehlende Abwägungsbereitschaft), ob in sie an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge eingestellt werden musste (kein Abwägungsdefizit), ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange richtig erkannt worden ist (keine tatsächliche oder rechtliche Fehlbeurteilung) und ob der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit in einem angemessenen Verhältnis steht (keine Abwägungsdisproportionalität). Hat die Gemeinde diese Anforderungen beachtet, wird das Abwägungsgebot nicht dadurch verletzt, dass sie bei der Abwägung der verschiedenen Belange dem einen den Vorzug einräumt und sich damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.12.1969 - 4 C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 und vom 05.07.1974, a.a.O.). Die genannten Anforderungen beziehen sich sowohl auf den Abwägungsvorgang als auch auf das Abwägungsergebnis. Dabei ist gem. § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan abzustellen.
26 
1. Gemessen daran vermag der Senat entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen beachtliche Mängel im Abwägungsvorgang nicht zu erkennen.
27 
a) Der Gemeinderat der Antragsgegnerin war ersichtlich zur Abwägung der öffentlichen Belange mit den Eigentumsbelangen der Antragstellerinnen bereit und hat letztere auch sowohl im geltend gemachten als auch im von Amts wegen gebotenen Umfang in seine Erwägungen eingestellt. Der Antragsgegnerin kann daher entgegen dem Vorwurf der Antragstellerinnen in der mündlichen Verhandlung kein Abwägungsdefizit vorgehalten werden. Dies ergibt sich aus der Planbegründung sowie der vom Gemeinderat gebilligten Stellungnahme zu den Bedenken und Anregungen der Antragstellerinnen im Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 27.01.2006 (Anl. 5, A.4 der Vorlage zum Satzungsbeschluss). Die Antragstellerinnen hatten geltend gemacht, die „vorgesehenen Freiflächen längs der Zimmerhardtstraße“ würden „so nicht akzeptiert“. Es handle sich um „Baulücken nach § 34 der Landesbauordnung“ (gemeint: nach § 34 BauGB), so dass „hier auch Baufenster vorzusehen“ seien; Gleiches gelte auch für das Grundstück Flst.-Nr. .... Mit ihrer Forderung nach Bebaubarkeit der Flächen „längs“ der Zimmerhardtstraße wollten die Antragstellerinnen ersichtlich das Fehlen von Baufenstern im nördlichen straßenseitigen Bereich des Grundstücks Flst.-Nr. ... und der Grundstücke Flst.-Nrn. ... bis ... rügen. Damit bezogen sie sich auf ihre Bebauungswünsche aus der Bauvoranfrage vom 15.12.2003, die ein Wohnhaus mit einer Grundfläche von 198 qm und 5 m Straßenabstand zum Gegenstand hatte. Mit der Forderung nach straßennahen Baufenstern auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... und ... bis ... hat sich der Gemeinderat ausführlich und ausdrücklich auseinandergesetzt. Darüber hinaus hat sich der Gemeinderat erkennbar aber auch mit der Frage befasst, ob eine Bebauung der Grundstücke Flst.-Nrn. ... bis ... (wenigstens) in deren rückwärtigem Bereich - entsprechend der früheren Planungsalternative A - in Betracht komme, obwohl die Antragstellerinnen eine solche zurückversetzte Bebauung im Bebauungsplanverfahren selbst nicht zur Sprache gebracht hatten. Denn ausweislich der Planbegründung wurde auf die in den Planalternativen A und B für die Grundstücke der Antragstellerinnen noch vorgesehene erhebliche Nachverdichtung bewusst verzichtet, um an die bisherigen Baufluchten mit ihrer lockeren Baustruktur und ihrem Freihaltekonzept anzuknüpfen und der Verkehrssituation, den landschaftsplanerischen Belangen und den erhaltenswerten Blickbeziehungen Rechnung zu tragen. Mit diesen Zielen hielt der Gemeinderat eine weitere, über eine angemessene Bestandssicherung hinausgehende Bebauung der zentralen Freiflächen der Grundstücke Flst.-Nrn. ... und ... bis ... offenkundig für nicht vereinbar.
28 
b) Entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen ist dem Gemeinderat der Antragsgegnerin auch kein Rechtsfehler bei Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Ausgangslage unterlaufen. Der Gemeinderat ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Grundstücke der Antragstellerinnen im Wesentlichen schon bisher nicht bebaubar waren. Vor Inkrafttreten des Bebauungsplans richtete sich die Bebaubarkeit der Grundstücke Flst.-Nrn. ... und ... bis ... sowie des Grundstücks Flst.-Nr. ... hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche nicht nach § 34 BauGB, so dass offen bleiben kann, ob diese Flächen ganz oder teilweise überhaupt noch dem unbeplanten Innenbereich (Baulücken) oder aber dem Außenbereich nach § 35 BauGB (Außenbereichsinsel) zuzurechnen wären. Denn maßgebliche und wirksame Rechtsgrundlage war damals nach wie vor der Straßen - und Baufluchtenplan für die Gewanne „Brügel, Kapf, Zieläcker, Großbühnäcker, Herrenäcker und Langenäcker“, der als Baulinienplan übergeleitet wurde und mit seinem zeichnerischen Teil für das im - Wesentlichen das (Gebiet „Großbühnäcker“) umfassende - Plangebiet weitergalt. Dies ergibt sich, wie auch die Antragsgegnerin im Wesentlichen zutreffend darlegt, aus der Entstehungsgeschichte des alten Plans und den nachfolgenden Verfahrensschritten. Dazu ist im Einzelnen auszuführen:
29 
aa) Am 14.08.1954 wurde der Straßen- und Baulinienplan für die Gewanne „Brügel, Kapf, Zieläcker, Großbühnäcker, Herrenäcker und Langenäcker“ nebst Bebauungsvorschriften vom Gemeinderat der damals selbstständigen Gemeinde Ebersteinburg nach § 3 Abs. 2 des Badischen Ortsstraßengesetzes (BadOStrG) vom 30.10.1936 beschlossen. Am 14.12.1954 wurde der Bebauungsplan vom Regierungspräsidium Südbaden „grundsätzlich genehmigt“. Am 27.11.1957 beschloss das Landratsamt Rastatt gemäß § 3 Abs. 5 BadOStrG die Feststellung des Plans, und dieser Beschluss wurde ortsüblich bekannt gemacht. Diese Verfahrensweise war in ihrer zeitlichen Reihenfolge allerdings nicht gesetzeskonform. Eine „grundsätzliche“ Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde gab es nach damaligem Recht nicht, und die erforderliche (endgültige) Genehmigung nach § 7 Abs. 3 des Badischen Aufbaugesetzes vom 25.11.1949 (Bad. GVBl. 50 S. 29 - BadAufbauG -) konnte nach deren Sinn und Zweck erst nach ansonsten vollständigem Abschluss des Verfahrens - mithin erst nach der Feststellung des Bebauungsplans - erfolgen (vgl. dazu im Einzelnen: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.10.1963 - IV 25/61 -, Urteil vom 03.05.1979 - III 31/79 -, BRS 35, Nr. 41 und juris). Der Straßen- und Baufluchtenplan war daher damals nichtig (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 16.10.1973 und vom 03.05.1979, a.a.O.) und damit am Stichtag 30.10.1960 (Inkrafttreten der §§ 173 ff. BBauG, vgl. § 189 Abs. 1 BBauG) nicht „bestehend“ und infolgedessen nicht überleitungsfähig (vgl. dazu, dass „bestehende“ Vorschriften nur gültige Vorschriften sind, BVerwG, Urteil vom 07.05.1982 - 4 C 65.78 -, DÖV 1982, 1032). Jedoch hat das Regierungspräsidium Südbaden am 16.03.1965 nachträglich seine (abschließende) Genehmigung nach § 7 Abs. 3 BadAufbauG für den Bebauungsplan „in seiner Gesamtheit“ (Baufluchtenplan und Bebauungsvorschriften „für die Gewanne Zieläcker, Großbühnäcker, Herrenäcker und Langenäcker“ vom 09.02.1961) erteilt. Dieses Verfahren entsprach den Vorgaben der Überleitungsvorschrift des § 174 Abs. 1 BBauG. Danach wurden „eingeleitete“ Verfahren zur Aufstellung städtebaulicher Pläne nach den bisher geltenden Vorschriften weitergeführt, wenn die Pläne am Stichtag 30.10.1960 mindestens ausgelegt oder wenn mit ihrer Verlautbarung im Wege eines an Stelle der Auslegung gesetzlich vorgesehenen anderen Verfahrens begonnen worden war (vgl. dazu auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.07.1962 - I 364/62 -, ESVGH 12, 149 ff.). Diese Voraussetzungen waren auch hier gegeben. Der Straßen- und Baufluchtenplan (zeichnerischer Teil des Bebauungsplans) war zum Stichtag nicht nur aufgestellt, sondern auch längst nach § 3 Abs. 5 BadOStrG festgestellt. Lediglich die erforderliche abschließende Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde stand noch aus. Dass die Beteiligten dabei seinerzeit zu Unrecht von einem wirksamen Abschluss des Genehmigungsverfahrens und damit von der Überleitung des alten Plans nach § 173 Abs. 3 BBauG ausgingen, ist für die Anwendung des § 174 Abs. 1 BBauG unerheblich. Nach ihrem Wortlaut stellt die Vorschrift auf den objektiven Verfahrensstand ab. Auch Bebauungsplanverfahren, die nach altem Recht begonnen worden, aber wegen eines Rechtsfehlers noch nicht abgeschlossen sind, sind (erst) „eingeleitet“. Diese Betrachtungsweise entspricht auch Sinn und Zweck des § 174 Abs. 1 BBauG, begonnene Bebauungsplanverfahren nicht nach Maßgabe der §§ 1 ff. BBauG neu beginnen zu müssen, sondern auf Grundlage des erreichten Verfahrensstandes beschleunigt zu Ende führen zu können. § 174 Abs. 1 BBauG findet daher auch Anwendung auf die Abwicklung von am Stichtag des Inkrafttretens des BBauG wegen Verfahrensfehlern noch nicht „geltenden“ Pläne (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 07.05.1982 - 4 C 65.78 -, a.a.O. m.w.N.). Mithin konnte nicht nur, sondern musste vorliegend die Genehmigung des Regierungspräsidiums auf der Grundlage von § 7 Abs. 3 BadAufbauG nachgeholt werden. Diese Vorgehensweise entsprach auch dem ausdrücklichen Willen der Gemeinde Ebersteinburg. Diese hatte die Wahl, entweder einen völlig neuen Bebauungsplan nach dem BBauG aufzustellen oder das rechtlich bislang defizitäre Altverfahren nach § 174 Abs. 1 BBauG zum Abschluss zu bringen. Sie hat sich für letzteres entschieden. Mit der ortsüblichen Bekanntmachung der Genehmigung, welche auch die zwischenzeitlich am 09.02.1961 nach § 174 Abs. 1 BBauG nach altem Recht als Polizeiverordnung beschlossenen Bebauungsvorschriften umfasste, trat der Bebauungsplan am 04.04.1965 in Kraft (vgl. Vermerk Bl. 226 d.A.).
30 
bb) Ab dem Inkrafttreten am 04.04.1965 galt der Bebauungsplan in entsprechender Anwendung des § 173 Abs. 3 BBauG als Bebauungsplan nach Bundesrecht weiter, soweit er verbindliche Regelungen nach dem BBauG enthielt (so zu einem vergleichbaren Fall VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.05.1994 - 3 S 1360/93 -, VGHBW-Ls. 1994, Beil. 8, B 8 und juris; ebenso OVG Münster, Urteil vom 08.05.1967 - X A 553/65 -, OVGE 23, 183 ff.). In seinem zeichnerischen Teil (Baufluchtenplan) legt der Bebauungsplan Straßen- und Baufluchten für die im Bereich dieser Straßen zulässige Bebauung fest. Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 d) BadAufbauG werden „Baufluchtenlinien“ umschrieben als „Linien, an denen die Gebäude gegen die Straße, Wege oder Plätze errichtet werden müssen. Die Baufluchtenlinien alten Rechts entsprechen damit Baulinien nach § 23 Abs. 2 BauNVO a.F. und gelten als solche weiter (dazu im Einzelnen VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.12.2005 - 5 S 1847/05 -, VBlBW 2006, 191). Der Baufluchtenplan schrieb daher für das jetzige Plangebiet vor, dass an die eingezeichneten Baufluchtlinien (mit geringfügigen Abweichungsmöglichkeiten nach § 23 Abs. 2 Satz 2 BauNVO a.F.) angebaut werden musste, außerhalb der Längsseiten und im Bereich bis zur jeweils vorgelagerten Straße (insbesondere also auch auf der Fläche bis zur Rosen- und zur Zimmerhardtstraße) aber ein Bauverbot bestand.
31 
cc) Der zeichnerische Teil des Bebauungsplans (Straßen- und Baufluchtenplan) galt für das Plangebiet auch ungeachtet des rechtlichen Schicksals der Bebauungsvorschriften und der Planänderung von 1968 weiter. Die durch Polizeiverordnung geregelten Bebauungsvorschriften von 1961 traten zwar gemäß § 18 Abs. 1 PolG 1955 nach 20 Jahren außer Kraft und diese Befristung der Geltungsdauer war auch im Zuge der Überleitung nach § 173 Abs. 3 BBauG (analog) nicht entfallen (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.10.1993 - 8 S 3087/92 -, VBlBW 1994, 280 f.; Beschluss vom 02.02.1994 - 5 S 2927/93 -, VGHBW-Ls 1994, Beil. 4, B 8 sowie juris). Dadurch wurde die Fortgeltung des zeichnerischen Teils des Bebauungsplans (Straßen- und Baufluchtenplan) aber nicht berührt. Dieser ist auch nicht nach den Grundsätzen über die Teil-/Gesamtnichtigkeit von Bebauungsplänen außer Kraft getreten, soweit diese Grundsätze hier überhaupt Anwendung finden. Denn der Fortbestand der Baufluchten (der grundsätzlichen Bebaubarkeit der Gebietsgrundstücke in Bezug auf die ihnen zugeordneten Straßenflächen) war auch ohne die Bebauungsvorschriften städtebaulich selbstständig sinnvoll und tragfähig und die Gemeinde Ebersteinburg wollte ersichtlich auch an diesem Gebietskonzept festhalten.
32 
dd) Der Straßen- und Baufluchtenplan von 1954/57 wurde für das hier maßgebliche Baugebiet „Großbühnäcker“ auch nicht durch den am 09.09.1968 beschlossenen Änderungsbebauungsplan der Gemeinde Ebersteinburg aufgehoben. Der Senat folgt insoweit der in einem Vermerk vom 13.05.1992 niedergelegten Rechtsauffassung der Antragsgegnerin. Nach § 1 der Satzung vom 09.09.1968 war Gegenstand der Änderung zwar der gesamte Straßen- und Baufluchtenplan von 1954/1957 sowie die gesamten Bebauungsvorschriften. Inhalt und Umfang der Änderung sind jedoch § 2 der Satzung zu entnehmen. Danach bezog sich die Änderung auf einen neueren Straßen- und Baufluchtenplan, einen neueren Gestaltungsplan vom 05.04.1964 i.d.F. vom 13.05.1968 sowie auf neuere Bebauungsvorschriften vom 05.04.1964 und maßgeblich war die Planbegründung vom 13.5.1968. Die Pläne von 1964/1968 umfassten aber jeweils nur das Umlegungsgebiet „Herrenäcker und Zieläcker“ und wurden zudem wörtlich als „Ergänzung“ des ursprünglichen Bebauungsplans von 1957 gekennzeichnet. In gleicher Weise wurde auch in den Bebauungsvorschriften vom 05.04.1964 darauf abgehoben, dass die getroffenen Festsetzungen sich beziehen auf die „Ergänzung für das Umlegungsgebiet Herrenäcker und Zieläcker“. Schließlich betonte auch die Planbegründung vom 13.05.1968, dass es darum gehe, die Folgen der 1963 festgestellten Baulandumlegung der Gewanne „Herrenäcker“ und „Zieläcker“ umzusetzen und dementsprechend den Bebauungsplan von 1957 „im Bereich der durchgeführten Baulandumlegung ergänzen zu lassen“. Aus diesen Formulierungen sowie dem klar definierten Planziel ergibt sich, dass der Änderungsbebauungsplan von 1968 den Ursprungsplan nicht etwa in vollem Umfang „ersetzen“ wollte (vgl. § 2 der Satzung), sondern sich beschränkte Geltung nur für das Umlegungsgebiet „Herrenäcker“ und „Zieläcker“ beimaß. Im übrigen alten Plangebiet sollte es ersichtlich bei den bisherigen - und weiterhin städtebaulich sinnvollen - planungsrechtlichen Regelungen bleiben.
33 
ee) Die Festsetzungen über die überbaubare Grundstücksfläche im Baufluchtenplan von 1954/57 waren entgegen der Auffassung der Antragstellerin im Plangebiet (Gebiet „Großbühnäcker“) schließlich auch nicht funktionslos geworden. Unwirksamkeit einer bauplanerischen Regelung kraft Funktionslosigkeit tritt dann ein, wenn und soweit die tatsächlichen Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, ihre Verwirklichung auf unabsehbare Zeit ausschließen und diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist für jede Festsetzung gesondert zu prüfen. Dabei kommt es nicht auf die Verhältnisse auf einzelnen Grundstücken an. Entscheidend ist vielmehr, ob die jeweilige Festsetzung noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen wirksamen Beitrag zu leisten. Das einer Festsetzung zugrunde liegende Plankonzept wird mithin nicht schon dann sinnlos, wenn es nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann. Erst wenn die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv und so offenkundig abweichen, dass der Bebauungsplan insoweit seine städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich noch zu erfüllen vermag, kann von einer Funktionslosigkeit die Rede sein. Die Festsetzung muss mithin unabhängig davon, ob sie punktuell durchsetzbar ist, bei gebietsbezogener Gesamtbetrachtung die Fähigkeit verloren haben, die städtebauliche Entwicklung noch in einer bestimmten Richtung zu steuern (st.Rspr., vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 28.4.2004 - 4 C 10.03 -, NVwZ 2004, 1244 m.w.N. sowie grundlegend bereits BVerwG, Urteil vom 29.4.1977 - 4 C 39.75 -, BVerwGE 54, 5 ff.).
34 
Gemessen daran sind (und waren im maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses) die Festsetzungen des Baufluchtenplans über die überbaubaren Grundstücksflächen nicht funktionslos geworden. Die bisherige Entwicklung im Plangebiet „Großbühnäcker“ hat hinsichtlich der Bebauung des Gebiets keine Entwicklung genommen, die eine Realisierung der Absichten des Baufluchtenplans ausschließt. Bezüglich der Gebäudeabstände zur Zimmerhardt- und Rosenstraße hin sind die Planvorgaben jedenfalls im Grundsatz eingehalten. Dies gilt zunächst für das östliche und westliche Plangebiet. Im Westen sieht der Baufluchtenplan jeweils straßennah drei getrennte Baulinien vor, im Osten weist er eine lange durchgezogene Baulinie aus. An diesen Baufluchten orientieren sich die vorhandenen Wohnhäuser im Westen (... ... ..., ... …, … … und …) sowie die beiden Villen im Osten (... … und …). Auch im hier maßgeblichen mittleren Plangebiet unterhalb des alten Friedhofs ist die Konzeption des Baufluchtenplans im Kern noch gewahrt und daher auch weiterhin aussagekräftig und umsetzungsfähig. Der Baufluchtenplan setzt in diesem Bereich drei Baulinien fest, die anders als im sonstigen Plangebiet weit (ca. 70 - 80 m) von der Straße zurückversetzt sind. Die dazwischenliegende Fläche soll auch nach dem alten Plan von jeglicher Bebauung freigehalten werden. Der derzeitige Baubestand (Villen auf den Grundstücken ... … und …) orientiert sich an diesen Planvorgaben. Der Bereich der dritten (westlichsten) Baulinie ist überhaupt noch nicht bebaut. Durchbrochen wird der Baufluchtenplan lediglich auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... (... …), auf dem 1980 - damals in Unkenntnis des existierenden Baufluchtenplans - ein Wohnhaus in Verlängerung der Baufluchten der westlichen Nachbargebäude genehmigt wurde. Dieser einmalige „Ausreißer“ führte jedoch nicht dazu, die Gestaltungsfunktion des alten Plans insgesamt ernsthaft in Frage zu stellen. Auch die sonstigen Abweichungen vom Konzept des Plans auf wenigen Grundstücken „in zweiter Reihe“ sind nicht von solchem Gewicht, dass dadurch die damaligen Planziele (lockere Bebauung, Freihaltung des mittleren Hangbereichs) irreparabel vereitelt würden.
35 
c) Der Gemeinderat der Antragsgegnerin ist im Satzungsbeschluss auch von in tatsächlicher Hinsicht zutreffenden Abwägungsgrundlagen ausgegangen. Entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen ist ihm insbesondere bei der Beurteilung und Bewertung der Sichtbeziehungen keine Fehleinschätzung unterlaufen.
36 
aa) Die tatsächlichen Verhältnisse auf den Grundstücken der Antragstellerinnen und deren Umgebung stellen sich wie folgt dar: Nach der Begründung zum Bebauungsplan werden die unbebauten und unversiegelten Flächen im mittleren Plangebiet durch eine Obstbaumwiese mit teilweisem Gehölzbestand und Hecken genutzt. Diese Beschreibung wird durch die von den Beteiligten vorgelegten Lichtbilder, insbesondere die jeweiligen Luftaufnahmen, nachdrücklich bestätigt (vgl. Bl. 257 der Gerichtsakte sowie etwa das von den Antragstellerinnen vorgelegte Beiheft zu S. 267 der Gerichtsakte und die zur mündlichen Verhandlung nachgereichten Fotos der Antragstellerinnen). Die Luftbilder belegen auch die weitere Feststellung in der Planbegründung, dass die unbebaute, dem alten Friedhof von Ebersteinburg gegenüberliegende Obstbaumwiese auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... und ... - ... der Antragstellerinnen den Gebietscharakter und das Ortsbild des Ortsteils Ebersteinburg maßgebend prägt. Ausweislich der Luftbilder und der übrigen Fotos fällt das Gelände vom Sonnenweg über die Grünflächen des alten Friedhofs bis zur Zimmerhardtstraße und von dort über den mit Obstbäumen bestandenen Hang weiter nach Südosten ab. Die Bebauung mit - wie dargestellt - zwei Villen setzt erst ca. 80 m unterhalb der Straße ein. Aus den Luftbildern wird auch deutlich, dass sich die an den alten Baufluchten orientierenden Gebäude ... … und … als Bestandteile einer den südöstlichen Ortsrand von Ebersteinburg markierenden Bebauungszeile darstellen. Diese Bebauungszeile wird nach Osten hin über die Gebäude ... ... ... ... (Flst.-Nr. ...), das bebaute Baufenster Nr. 10/2 auf Flst.-Nr. ... und das Gebäude ... ... ... (Flst.-Nr. ...) fortgeführt; in Richtung Westen schließen sich die Gebäude ... ... ... (Flst.-Nr. ...) und ... ... ... (Flst.-Nr. ...) an. Diese Ortsrandabgrenzung ist topographisch bedingt und erklärbar. Denn jenseits der genannten Bebauungszeile verläuft eine prägnante Hangkante, an deren Fuß sich das Krankenhaus Ebersteinburg befindet.
37 
Ausweislich der in der mündlichen Verhandlung eingesehenen Fotos der Beteiligten eröffnet sich sowohl vom Sonnenweg wie auch von der Zimmerhardtstraße (dem sog. „Panoramaweg“) aus zur Zeit ein weitgehend freier Blick über die landschaftstypische Obstbaumwiese hinab ins Tal, auf den gegenüberliegenden Merkur und auf die Kette der dahinterliegenden Schwarzwaldgipfel (zu diesem „Sicht-Bestand“ vgl. insbesondere die die gegenwärtigen Verhältnisse abbildenden Fotos der Antragstellerinnen [Standort Sonnenweg] und die mit Schriftsätzen vom 10. und 11.03.2008 vorgelegten und eingesehenen Lichtbilder der Antragsgegnerin [Standort Zimmerhardtstraße]). Der Blickausschnitt vom Bereich des alten Friedhofs aus ist landschaftlich besonders reizvoll, zeigt er doch exemplarisch die Einbettung Ebersteinburgs in das Schwarzwaldvorland. Diese hochwertige, nach Südosten gerichtete Sichtschneise ist gegenwärtig im Bereich zwischen den Gebäuden ... ... und ... auf einer Breite von ca. 100 m ganz überwiegend noch frei und unverstellt. Die entsprechend dem Baufluchtenplan weit zurückgesetzten und deutlich tieferliegenden Gebäude ... ... und ... treten sowohl vom Sonnenweg wie von der Zimmerhardtstraße aus räumlich nur sehr untergeordnet in Erscheinung. Das Dach des Hauses ... ... wirkt völlig unauffällig. Die straßenseitige Front des Hauses ... ... tritt zwar farblich stärker hervor, nimmt aber nur den unteren äußeren Rand des Blickfeldes ein. Auch dies zeigen die von den Beteiligten vorgelegten und eingesehenen Fotos deutlich.
38 
bb) Die an diese tatsächliche Ausgangslage anknüpfenden Erwägungen der Antragsgegnerin sind nicht zu beanstanden. Ziel des Bebauungsplans ist es, das beschriebene gegenwärtig bestehende hochwertige Aussichtsniveau zu erhalten, d.h. es vor über den Status quo (den „Sündenfall“ des Wohnhauses ... ...) hinausgehenden zusätzlichen Beeinträchtigungen zu schützen (vgl. Ziff. 4.5 der Planbegründung). Der Gemeinderat der Antragsgegnerin ist zutreffend davon ausgegangen, dass die streitigen Bauverbote für die Grundstücke der Antragstellerinnen erforderlich sind, um dieses Planziel zu erreichen. Massive Beeinträchtigungen der Aussicht würden offenkundig dann eintreten, wenn die Obstbaumwiese unterhalb der Zimmerhardtstraße in Fortführung der östlichen und westlichen Baufluchten straßennah mit mehreren Wohnhäusern - seien diese auch nur eingeschossig - bebaut würde. Dies lässt sich jedenfalls vom Standort Zimmerhardtstraße aus ohne weiteres anhand der beiderseitigen Fotos feststellen, ohne dass hierbei auf die möglicherweise in ihren Dimensionen übertriebenen Fotomontagen der Antragsgegnerin zurückgegriffen werden muss. Die Aussicht von der Zimmerhardtstraße aus würde darüber hinaus ferner dann gravierend beschnitten, wenn entsprechend der Bauvoranfrage des Ehemanns der Antragstellerin zu 3 auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... - ... auch nur ein zusätzliches Gebäude straßennah (5 m Abstand) errichtet würde. Die bislang weitestgehend freie Blickschneise mit Fernblick würde auch dann zu einem ganz wesentlichen Teil verstellt und dadurch verschmälert werden. Umfang und Qualität der hochwertigen Sichtbeziehung von der Zimmerhardtstraße aus würden schließlich auch dann spürbar in Mitleidenschaft gezogen, wenn die Grundstücke Flst.-Nrn. ... - ... (bzw. zusätzlich auch das Grundstück Flst.-Nr. ...) mit größerem Straßenabstand, also tieferliegend, bebaut würden. Insofern sind die frühere Planalternative A oder die dieser weitgehend nachgebildete Alternativplanung der Antragstellerinnen („Haus 1“) in den Blick zu nehmen. Art und Umfang der Auswirkungen einer derart zurückversetzten Bebauung lassen sich anhand der vorliegenden und eingesehenen Lichtbilder erkennen und sind letztlich auch zwischen den Beteiligten unstreitig. Selbst wenn der Senat die Fotomontagen der Antragstellerinnen als zutreffend unterstellt, muss von einer wesentlichen und spürbaren Beeinträchtigung der vorhandenen Aussichtslage ausgegangen werden (vgl. etwa den Vergleich zwischen Original und Fotomontage bezüglich „Haus 1“ in dem Anlagenbeiheft zu Bl. 267 der Gerichtsakte und der zur mündlichen Verhandlung nachgereichten Fotomontage). Zwar mag es in diesem Fall nach den Berechnungen der Antragstellerinnen zutreffen, dass ein auf der Zimmerhardtstraße stehender Betrachter noch über den First der nach Südosten gerückten Gebäude in gerader Blickrichtung hinwegblicken kann. Dessen ungeachtet würde aber auch dann die untere Hälfte des Sichtfeldes mit dem Blick auf die naturnahe Obstbaumwiese und das Tal durch querstehende Hausfassaden verstellt und dadurch das schon jetzt an den Rändern relativierte Erlebnis freier optischer Beziehung zur Landschaft deutlich gemindert (vgl. dazu wiederum die Fotomontage der Antragstellerinnen zu „Haus 1“, zum anderen aber auch die mit Schriftsatz vom 11.03.2008 vorgelegten Fotos der Antragsgegnerin, die den jetzigen Blick nach Südosten mit dem Wohnhaus ... ... links im Hintergrund zeigen). Die Fotomontage vom 11.03.2008 zu „Haus 1“ steht diesem Eindruck nicht entgegen. „Haus 1“ wird auch hier ungleich störender wahrgenommen als die Bestandsbebauung. Im Übrigen wird „Haus 1“ nur zur Hälfte und damit nur ein Teil des wirklichen Blickfeldes dargestellt. Die bestehenden Sichtbeziehungen sowie die hier offenen Landschaftsstrukturen, die der Bebauungsplan sichern soll, wären mithin auch dann noch deutlich beeinträchtigt. Eben dieser Gesichtspunkt war für die Antragsgegnerin u.a. auch Anlass, von der Bebaubarkeit der Grundstücke Flst.-Nrn. ... - ... gemäß Planalternative A wieder abzurücken (vgl. Planbegründung S. 7).
39 
Vor diesem Hintergrund bestand kein Anlass für den Senat, dem Beweisantrag der Antragstellerinnen auf Einnahme eines Augenscheins der Örtlichkeiten im Hinblick auf die Sichtbeziehungen zu entsprechen. Die tatsächlichen Sichtverhältnisse vor und nach Realisierung der im Beweisantrag genannten Gebäude sind angesichts der zahlreichen und aussagekräftigen Fotos nicht beweisbedürftig. Soweit der Beweisantrag sich darauf bezieht, ob das Maß der Sichtbeeinträchtigung es rechtfertigt, eine Bebauung auf den Grundstücken der Antragstellerinnen völlig auszuschließen, ist diese Frage nicht tatsächlicher Natur - und damit nicht des Beweises durch Augenschein zugänglich -, sondern betrifft eine Rechtsfrage im Rahmen der Prüfung des Abwägungsgebots.
40 
2. Der Bebauungsplan „Ebersteinburger Straße/Zimmerhardtstraße“ kann auch im Ergebnis nicht beanstandet werden. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin hat - auf Grundlage seiner vorstehend dargelegten rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen - das Interesse der Antragstellerinnen an einer höheren Ausnutzbarkeit ihrer Grundstücke (Art. 14 Abs. 1 GG) ohne Überschreitung seines Planungsermessens mit den für die streitige Planung sprechenden öffentlichen Belangen abgewogen. Dabei konnte er letzteren im Rahmen seines Planungsermessens den Vorrang einräumen.
41 
a) Die Antragstellerinnen müssen sich darauf verweisen lassen, dass ihre Grundstücke Flst.Nrn. ... und ..., ... - wie ausführlich dargelegt - schon bisher außerhalb der Baufluchten/Baulinien nicht bebaut werden durften. Der streitige Bebauungsplan knüpft an dieses bestehende und wirksame Bauverbot lediglich an. Er verschlechtert die Eigentumsrechte der Antragstellerinnen nicht. Die Abwägungsgrundsätze, die beim Entzug eines Baugrundstücks durch Bebauungsplan zugunsten dessen öffentlicher Nutzung (Verlust der Privatnützigkeit) gelten (vgl. dazu zuletzt etwa BVerwG, Beschluss vom 14.06.2007 - 4 BN 21.07 -, juris), sind daher vorliegend nicht anwendbar. Dies mindert das Gewicht und die Schutzwürdigkeit der privaten Interessen der Antragstellerinnen deutlich. Die Interessen der Antragstellerinnen an einer zusätzlichen Ausnutzbarkeit ihrer Grundstücke werden vom Plangeber nicht missachtet, sondern im Rahmen des Plankonzepts angemessen berücksichtigt. Auf Höhe der bisherigen westlichsten Bauflucht setzt der Bebauungsplan ein geräumiges Baufenster fest. Zudem wird das bestehende und (irrtümlich) auf Grundlage von § 34 BauGB genehmigte Gebäude auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... durch Festsetzung eines weiteren Baufensters über seinen Bestandsschutz hinaus planungsrechtlich abgesichert. Bei Bewertung der Eigentumsinteressen der Antragstellerinnen ist schließlich - mit der Planbegründung - auch die Vorgeschichte zu berücksichtigen. Ursprünglich wurde für das Grundstück Flst.-Nr. ... (... ... ...) eine Baugenehmigung nur gegen Verzicht auf eine Bebauung der Grundstücke Flst.-Nrn. ... und ... erteilt, um „per saldo“ den vorhandenen Baubestand im Interesse einer aufgelockerten landschaftstypischen Bebauung nicht zu überschreiten. Auf Grund einer entsprechenden Klausel in der den Verzicht sichernden Baulast ist die übernommene Verpflichtung entfallen. Seit Inkrafttreten des Bebauungsplans können die Antragstellerinnen das Baufenster auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... und ... zusätzlich nutzen oder wirtschaftlich verwerten. Insgesamt wird die Ausnutzung ihres Grundstücksbestands durch den Bebauungsplan also erhöht.
42 
b) Wenn der Gemeinderat der Antragsgegnerin vor diesem Hintergrund das Bauverbot auf den Wiesengrundstücken der Antragstellerinnen im mittleren Plangebiet fortgeschrieben und abgesichert hat, ist dies im Hinblick auf die für dieses Konzept sprechenden öffentlichen Belange weder willkürlich noch unverhältnismäßig. Die Grundstücke der Antragstellerinnen liegen, anders als die dichter bebauten Grundstücke im westlichen und östlichen Plangebiet, auf einem - wie mehrfach dargelegt - städtebaulich besonders exponierten Hanggelände. Für dessen Freihaltung kann die Antragsgegnerin mehrere städtebaulich relevante öffentliche Belange ins Feld führen. Für die Sicherung der Freifläche spricht zunächst der Schutz des gewachsenen Orts- und Landschaftsbilds (Erhalt der hochwertigen Sichtbeziehungen und der ortsbildprägenden Grünzäsur, Sicherung der herkömmlichen aufgelockerten Siedlungsstruktur mit Villencharakter sowie Festigung der Ortsrandbebauungsgrenze). Darüber hinaus dient der Bebauungsplan aber in erheblichem Maße auch Belangen des Landschafts- und Naturschutzes (Erhalt und Sicherung der landschaftstypischen ökologisch wertvollen Streuobstwiese). Gegen eine weitere Verdichtung der Gebietsbebauung spricht schließlich die beengte und teilweise unveränderbare Verkehrssituation auf den gering dimensionierten öffentlichen und privaten Erschließungsstraßen; dieser Gesichtspunkt war auch Anlass, die zunächst in das Plangebiet einbezogenen Erschließungsstraßen wieder aus dem räumlichen Geltungsbereich herauszunehmen.
43 
Der in der Abwägung zu berücksichtigende öffentliche Belang, sparsam und schonend mit Grund und Boden umzugehen (§ 1 a Abs. 2 S. 1 und Abs. 3 i.V.m. § 1 Abs. 6 BauGB) steht dem Plankonzept nicht entgegen. Der gebotene schonende Umgang mit Grund und Boden wird durch den Bebauungsplan gerade gewährleistet. Bodenversiegelungen werden zugunsten der Erhaltung des natürlichen Bewuchses mit einer ökologisch wertvollen Obstbaumwiese verhindert. Auch das Gebot sparsamen Umgangs mit Grund und Boden begründet vorliegend keine Verpflichtung, die zwar ortsnah liegenden, aber natur- und landschaftsschutzrechtlich hochwertigen Freiflächen durch Ausweisung zusätzlichen Baulands zu verdichten. Dies gilt schon deswegen, weil vorliegend weder vorgetragen noch erkennbar ist, dass in Ebersteinburg dringender Bedarf nach derartigen Villengrundstücken besteht und dass ein solcher Bedarf notwendig zur Inanspruchnahme vergleichbar hochwertiger und schutzwürdiger Flächen an anderer Stelle führen würde.
44 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 S. 1 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO.
45 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
46 
Beschluss
vom 12. März 2008
Der Streitwert des Verfahrens wird gemäß §§ 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG endgültig auf 20.000,-- EUR festgesetzt (je 10.000,-- EUR für die Antragstellerin zu 1 und für die Antragstellerinnen zu 2 und 3).
        
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragstellerin wendet sich gegen die als Satzung beschlossene Veränderungssperre der Antragsgegnerin vom 19.3.2014.
Die Antragstellerin - ein Unternehmen der chemieverarbeitenden Industrie ist Eigentümerin eines am Rhein gelegenen, rund 37 ha großen Areals auf der Gemarkung der Antragsgegnerin. Auf diesem Grundstück, für das bislang kein Bebauungsplan existiert, befinden sich unter anderen auch Industrieanlagen der Antragstellerin.
Der Gemeinderat der Antragsgegnerin beschloss am 19.3.2013 die Aufstellung eines Bebauungsplans für das Gebiet „Rheinvorland West“. Der räumliche Geltungsbereich des beabsichtigten Bebauungsplans umfasst wesentliche Teile des Areals der Antragstellerin und ist im Westen durch die Kläranlage, im Norden durch die Köchlinstraße, im Osten durch die Irgarstraße/Rheinallee und im Süden durch den Rhein begrenzt. Ebenfalls am 19.3.2013 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin zur Sicherung der Planung eine Satzung über eine Veränderungssperre, die sich auf das Gebiet des künftigen Bebauungsplans erstreckt. Beide Beschlüsse wurden im Amtlichen Mitteilungsblatt der Antragsgegnerin vom 3.5.2013 ortsüblich bekanntgemacht.
Mit dem weiteren Beschluss vom 19.3.2013 versagte der Gemeinderat der Antragsgegnerin das Einvernehmen zu dem Vorhaben der Firma Z... zur Errichtung und zum Betrieb einer Abfallbehandlungsanlage auf dem Areal der Antragstellerin.
Die Antragstellerin hat am 26.3.2014 das Normenkontrollverfahren eingeleitet.
Zur Begründung trägt die Antragstellerin im Wesentlichen vor: Das gesamte Grundstück, auf welches sich die Veränderungssperre räumlich beziehe, stehe in ihrem Eigentum. Das Betriebsgelände diene als Standort für die industrielle Produktion von Chemikalien. Zwar seien bestimmte Produktionen aufgegeben worden. Produkte aus anderen Bereichen würden indessen weiterhin an dem Standort produziert. Gegenwärtig finde eine Intensivierung der chemischen Produktion am Standort statt. Ihre langfristige Strategie beinhalte eine Fortführung des Standorts für die chemische Produktion. Insoweit werde auf die von der ... (...-...)erstellte „... GmbH - Masterplanung Standort Grenzach-Wyhlen“ vom 11.5.2012 verwiesen. Die ...-Masterplanung (Vorzugsvariante A) sehe einen Kernbereich ... zur industriellen Produktion störfallrelevanter chemischer Produkte in entsprechenden Anlagen vor. In den Randbereichen werde zum Schutz der angrenzenden Wohnbebauung gewerbliche Nutzung in bereits vorhandenen Anlagen vorgesehen.
Für die eigene Produktion nicht genutzte Teile des Areals sollten für ein „Ansiedlungsmanagement“ genutzt werden. Das bedeute, dass externen Unternehmen Flächen und Räumlichkeiten gegen Entgelt zur Verfügung gestellt werden sollten, wozu auch die Mitbenutzung der vorhandenen Infrastruktur- und Logistikeinrichtungen gehören solle. Das „Ansiedlungsmanagement“ sei auf eine Ansiedlung von Industriebetrieben ausgerichtet. Die Ansiedlung von Industrie erfolge daher aus ihrem eigenen betriebswirtschaftlichen Interesse. In dieses Standortkonzept füge sich die seit 2011 betriebene Ansiedlung einer Abfallbehandlungsanlage der Firma Z... im südöstlichen Teil des Areals ein. Aus dem Vorstehenden ergebe sich, dass die Planung der Antragsgegnerin, die eine reine Gewerbe- und Dienstleistungsentwicklung von hoher Qualität vorsehe, zwangsläufig „ins Leere laufen“ müsse. Denn an der industriellen Nutzung der „Kernbereich ...“-Fläche ändere sich auch zukünftig nichts. Ferner widerspreche das mit entsprechenden Investitionen bereits in Gang gesetzte „Ansiedlungsmanagement“ der von der Antragsgegnerin beabsichtigten Bauleitplanung. Auch sei der Standort umzäunt, so dass ein Publikumsverkehr ausgeschlossen sei. Lediglich in Randbereichen außerhalb dieser Umzäunung käme eine isolierte gewerbliche Nutzung in Betracht.
Die Veränderungssperre beruhe außerdem auf einer fehlerhaften Entscheidungsgrundlage der Antragsgegnerin. Diese sei zu Unrecht von einer mittelfristigen Reduzierung der chemischen Produktion der ... am Standort Grenzach auf oder gegen Null und einer mittelfristigen Aufgabe der chemischen Produktion der ... ausgegangen. Dies gelte auch für die Annahme in der von der Antragsgegnerin vorgelegten Präsentation „Bürgerversammlung Grenzach-Wyhlen zur möglichen Ansiedlung der Firma Z... auf dem ...-Gelände“, dass die ... absehbar kein Störfallbetrieb mehr sein werde. Auch die Aussage im Aufstellungsbeschluss, sie, die Antragstellerin, sei bestrebt, das vormals allein genutzte Areal zu öffnen, sei insoweit unrichtig, als damit nahegelegt werde, das Areal könne in Zukunft frei zugänglich sein. Die weitere Aussage, sie wolle das Areal neuen unterschiedlichen Nutzern und Nutzungen zuführen, suggeriere eine Offenheit für Gewerbe- und Dienstleistungen. Die Planung der Antragsgegnerin habe daher keinerlei Aussicht auf Realisierung. Sie widerspreche der ausgeübten und zukünftigen Nutzung des Areals, da sie ihr Areal auch künftig als Industriegebiet und als geschlossenen Industriestandort erhalten und nutzen wolle.
Zwar habe die Antragsgegnerin in einer Besprechung am 13.2.2014 die Neigung erkennen lassen, Modifizierungen an den in dem Aufstellungsbeschluss und der Veränderungssperre zugrunde gelegten Planungen insoweit vorzunehmen, als für das Kerngebiet des Areals die Ausweisung eines - wenn auch eng gefassten - Industriegebiets in Betracht gezogen werde. Hierauf komme es aber nicht an. Allein maßgeblicher Zeitpunkt für die Überprüfung der Wirksamkeit einer Veränderungssperre sei die Beschlussfassung. Ein zu diesem Zeitpunkt nicht verwirklichungsfähiges Planungsziel könne nicht nachträglich gegen ein rechtlich unbedenkliches Planungskonzept ausgetauscht werden. Überdies hätten sich die in Betracht gezogenen Modifizierungen in der Planung bislang nicht in förmlicher Weise manifestiert.
10 
Die Veränderungssperre sei ferner wegen mangelnder rechtlicher Umsetzbarkeit der Planung unwirksam. Die Umsetzung der beabsichtigten Planung in einen Bebauungsplan führe zwangsläufig zu einer Verletzung ihrer Eigentumsrechte und damit zu einem Abwägungsfehler. Art. 14 Abs. 1 GG schütze das Interesse des Eigentümers an der Beibehaltung der bisherigen Nutzung. Der Bestandsschutz umfasse auch etwaige Nutzungsänderungen. Es sei nicht ersichtlich, welche überwiegenden öffentlichen Interessen hier in Betracht kommen könnten, um ihr Interesse an der Erhaltung und Fortführung der industriellen Nutzung planerisch „zurückzudrängen“.
11 
Einer Verwirklichung der in dem Aufstellungsbeschluss konkretisierten Planungsziele stehe auch entgegen, dass auf dem von der Veränderungssperre betroffenen Areal Störfallbetriebe angesiedelt seien, in deren Umfeld sich die von der Gemeinde gewünschte Planung nicht realisieren lasse. Die sogenannten Achtungsabstände stellten eine störfallspezifische Umsetzung des Trennungsgrundsatzes dar. Mit Blick auf die im Störfallgutachten eingezeichneten Achtungsradien sei nicht ersichtlich, wie sich auf dem Areal eine freie Nutzung für Gewerbe- und Dienstleistungsbetriebe entwickeln solle.
12 
Der Erlass der angegriffenen Veränderungssperre stelle sich ferner als „vorgeschobene“ Verhinderungsplanung dar. Der Antragsgegnerin sei es mit der Veränderungssperre letztlich darum gegangen, den Ansiedlungswunsch der Firma Z... zu durchkreuzen. Zu dem Zeitpunkt, als das Genehmigungsverfahren für die Zulassung der Anlage soweit fortgeschritten gewesen sei, dass eine Genehmigung hätte erteilt werden können, habe der Gemeinderat der Antragsgegnerin wegen der massiven Proteste in der Bürgerschaft das Einvernehmen zu dem Vorhaben der Fa. Z... versagt und die Veränderungssperre in Kraft gesetzt. Bestätigt werde dies dadurch, dass der räumliche Geltungsbereich keiner bauplanerischen Sachlogik folge. Die ursprüngliche Planung habe neben ihrem eigenen Areal auch die benachbarten Areale von D..., R... und B... eingeschlossen. Der räumliche Geltungsbereich der angegriffenen Veränderungssperre beziehe sich aber weder auf ihr komplettes Areal noch auf die benachbarten Areale mit industrieller Nutzung.
13 
Sie beantragt,
14 
die Satzung über die Veränderungssperre zum Bebauungsplan für das Gebiet „Rheinvorland West“ der Antragsgegnerin vom 19.3.2013 für unwirksam zu erklären.
15 
Die Antragsgegnerin beantragt,
16 
den Antrag abzuweisen.
17 
Sie erwidert: Der von der Veränderungssperre umfasste Bereich befinde sich in einer erheblichen tatsächlichen Umstrukturierungsphase. Das zeige sich daran, dass die Antragstellerin selbst umfangreich Gebäude auf dem Areal beseitigt habe. Diese heute unbebauten Flächen würden derzeit baulich nicht genutzt. Die Planungsziele des künftigen Bebauungsplans ergäben sich aus der Gemeinderatsvorlage zum Zeitpunkt des Bebauungsplanaufstellungsbeschlusses und des Beschlusses der Veränderungssperre. Auf die zunächst ins Auge gefasste planerische Ausweisung eines sogenannten industriellen Kerns sei zu Gunsten einer verbesserten Gewerbe- und Dienstleistungsentwicklung vollständig verzichtet worden. Aus diesen Überlegungen ergebe sich eine hinreichende Konkretisierung der mit dem Bebauungsplan verfolgten städtebaulichen Ziele. Die Zielvorgabe eines verbesserten Gewerbe- und Dienstleistungsbereichs stehe unter dem ausdrücklichen, unter dem Gesichtspunkt des Abwägungsgebotes auch einzig richtigen Vorbehalt, dass dieses Ziel entweder weiter konkretisiert werden müsse oder im Rahmen der Abwägung, insbesondere mit Blick auf den vorhandenen Bestand, aber auch aufgrund sonstiger rechtlicher Rahmenbedingungen - z.B. Achtungsabstand bei Störfallbetrieben - eine Differenzierung vorgenommen werden müsse, z.B. in Form eines eingeschränkten Industriegebiets. Es bestünden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass im Aufstellungsbeschluss Planüberlegungen angestellt worden seien, die unter keinem denkbaren Umstand zu einer rechtlich zulässigen Bebauungsplanfestsetzung führen könnten. In diesem Zusammenhang sei von besonderer Bedeutung, dass im Rahmen des für dieses Gebiet erstmalig aufzustellenden Bebauungsplans auch die Umgebungsbebauung und die dortigen Planausweisungen mit einbezogen werden müssten. Dazu zählten die nördlich liegenden reinen und allgemeinen Wohngebiete, Mischgebiete und Flächen für Gemeinbedarf. Dies gelte auch für die zwischenzeitlich von der Antragstellerin umfangreich freigeräumten Flächen im Gebiet der Veränderungssperre. Die immissionsschutzrechtlichen bzw. baurechtlichen Genehmigungen seien insoweit entfallen. Ein Bestandsschutz sei nicht gegeben, insbesondere nachdem auch die Antragstellerin eine Ansiedlung externer Industriebetriebe anstrebe. Hinzu komme, dass die Antragsgegnerin neben den Überlegungen zum baulichen Nutzungskonzept weitere städtebauliche Ziele verfolge. Hierzu gehörten die Etablierung einer wirksamen Grünzone im Übergang zur B 34-neu, Bahnlinie und Wohn- und Mischbebauung im Norden, eine erhebliche Aufwertung der Grünzone entlang des Rheins, eine erhebliche Verbesserung des Rheinuferwegs, die ökologisch wirksame Durchgrünung einzelner Areale sowie die Wiederherstellung einer wirksamen Verbindung zwischen Ortszentrum Grenzach und Rhein und schließlich die Weiterentwicklung als Rheinquerung. Auch diese städtebaulichen Ziele seien für sich genommen hinreichend konkret. Es sei die Aufgabe einer Gemeinde, ein industriell und gewerblich genutztes Gebiet, das sich historisch ohne Bauleitplanung entwickelt habe, sich jetzt aber in einem deutlichen Umbruch befinde, einer zukunftsorientierten Planung zuzuführen, die den heutigen Kriterien einer Ausgewogenheit der Nutzungen unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Umgebungsnutzungen entspreche. Im Rahmen dieser städtebaulichen Planung seien Überlegungen anzustellen, welche Nutzungen zukünftig unter Beachtung der bestandsgeschützten und der umgebenden Nutzungen möglich seien und der städtebaulichen Entwicklung der Antragsgegnerin dienten. Insoweit sei eine hinreichende Konkretisierung der Planungsüberlegungen gegeben. Eine weitere Detaillierung hinsichtlich Planreife und Baugebietstyp, sei im Stadium des Beschlusses über eine Veränderungssperre nicht erforderlich.
18 
Die das Bebauungsplanverfahren und das Verfahren zum Erlass einer Veränderungssperre betreffenden Akten der Antragsgegnerin liegen dem Senat vor. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf sie und auf die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Der Normenkontrollantrag bleibt ohne Erfolg.
I.
20 
An der Zulässigkeit des Normenkontrollantrags bestehen keine Bedenken.
21 
Der Normenkontrollantrag ist statthaft, denn die Antragstellerin wendet sich gegen eine Veränderungssperre, die als Satzung nach dem Baugesetzbuch beschlossen worden ist und deren Gültigkeit vom erkennenden Senat gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO überprüft werden kann.
22 
Der fristgemäß gestellte Antrag ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist die Antragstellerin gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Denn ihre Antragsberechtigung ergibt sich aus ihrer Eigentümerstellung hinsichtlich des von der Veränderungssperre erfassten Grundstücks.
II.
23 
Der Normenkontrollantrag ist jedoch nicht begründet.
24 
Die Satzung der Antragsgegnerin über die Veränderungssperre leidet weder an formellen noch an materiellen Fehlern. Formelle Mängel sind nicht vorgetragen; solche sind auch nicht ersichtlich. Die Veränderungssperre ist insbesondere nicht deshalb unwirksam, weil der Gemeinderat über den Beschlussvorschlag, für den in der Anlage dargestellten Bereich den Bebauungsplan „Rheinvorland West“ aufzustellen und zur Sicherung der Bauleitplanung für das Plangebiet eine Veränderungssperre zu beschließen, nicht getrennt, sondern in einer Sitzung abgestimmt hat (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 5.8.2014 - 3 S 1673/12 - NVwZ-RR 2014, 931). Die Satzung steht auch in materiell-rechtlicher Hinsicht in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Voraussetzungen.
25 
1. Eine Gemeinde kann gemäß § 14 Abs. 1 BauGB zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre beschließen mit dem Inhalt, dass Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen (Nr. 1) bzw. erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen (Nr. 2), sobald der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist. Auf Grund des vom Gemeinderat der Antragsgegnerin am 19.3.2013 erlassenen Aufstellungsbeschlusses für den Bebauungsplan „Rheinvorland West“ konnte mithin am 19.3.2013 auch die angegriffene Veränderungssperre beschlossen werden.
26 
2. Allein der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans genügt für die Wirksamkeit einer Satzung über eine Veränderungssperre jedoch nicht.
27 
Eine Veränderungssperre darf erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Wesentlich ist dabei, dass die Gemeinde bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt hat. Das Mindestmaß an planerischen Vorstellungen, die vorliegen müssen, um eine Veränderungssperre zu rechtfertigen, muss - gewissermaßen als inhaltlicher Kontrollmaßstab des Konkretisierungsgebots - zugleich geeignet sein, die Entscheidung der Genehmigungsbehörde zu steuern, wenn sie über die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung zu befinden hat (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 1 BauGB mit Blick auf den praktisch wichtigsten öffentliche Belang, nämlich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung). Diese Vorstellungen können sich nicht nur aus Niederschriften über die Gemeinderatssitzung, sondern auch aus allen anderen erkennbaren Unterlagen und Umständen ergeben. Hierzu kann beispielsweise auch die anderen Akten zu entnehmende oder bekannte Vorgeschichte gehören. Soll mit dem in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan (auch) die Art der baulichen Nutzung gesteuert werden, ist der Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans noch offen, wenn Vorstellungen über die angestrebte Art der baulichen Nutzung fehlen (st. Rspr. vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.12.2013 – 4 BN 18.13 - BRS 81 Nr. 130 [2013]; Beschl. v. 22.1.2013 – 4 BN 7.13 – BBB 2013, Nr. 4, 61; Urt. v. 30.8.2012 – 4 C 1.11 – BVerwGE 144, 82; Beschl. v. 1.10 2009 – 4 BN 34.09 – NVwZ 2010, 42; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.6.2014 – 5 S 203/13 – ZfBR 2015, 163; Beschl. v. 14.11.2001 - 3 S 605/01 - VBlBW 2002, 200).
28 
Für den Erlass einer Veränderungssperre ist jedoch keine Planreife erforderlich. Es ist insbesondere nicht erforderlich, dass bereits der angestrebte Baugebietstyp i. S. d. Baunutzungsverordnung feststeht. Es reicht aus, wenn absehbar ist, dass sich das von einer hinreichend konkreten positiven Konzeption getragene Planziel im Wege bauplanerischer Festsetzungen überhaupt erreichen lässt; die Auswahl der Mittel zur Realisierung des Planziels ist hingegen - ebenso wie die Lösung von Nutzungskonflikten - typischerweise Aufgabe der im Bebauungsplanverfahren vorzunehmenden planerischen Abwägung (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.9.2007 – 8 S 1584/06 – VBlBW 2008, 143; Urt. v. 24.11.2005 - 8 S 794/05 - VBlBW 2006, 275).
29 
Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die angefochtene Veränderungssperre nicht zu beanstanden.
30 
a) In der Beschlussvorlage vom 14.3.2013 zur Aufstellung des Bebauungsplans „Rheinvorland West“ wird ausgeführt, dass sich für das Industrieareal der Antragstellerin ein grundlegender Wandel abzeichne. Die Antragstellerin habe in den vergangenen Jahren ganz erhebliche Teile der Produktion eingestellt bzw. an andere Standorte außerhalb Grenzachs verlagert. Der Restrukturierungsprozess des Areals habe unmittelbar nach Übernahme der C... durch die Antragstellerin im Jahre 2009 begonnen. Im Jahr 2011 sei für den Standort Grenzach von der Antragstellerin ein Rückbauplan mit mehreren Phasen vorgelegt worden, der für den Zeitraum von 2011 bis 2013 den Abbruch von etwa 2/3 aller Gebäude vorsehe. Mittlerweile sei der größte Teil der Gebäude (Phase 1 und 2) bereits abgebrochen worden, die Phase 3 solle noch 2013 abgeschlossen werden. Ein parallel zum Rückbauplan der Antragstellerin in 2012 vorgelegter Entwicklungsplan habe den Verbleib eines sogenannten ...-Kernbereiches vorgesehen, in dem weiterhin chemische Produktion stattfinden solle, die übrigen Flächen sollten für andere industrielle und/oder gewerbliche Nutzungen zur Verfügung stehen. Die Antragstellerin wolle das vormals allein genutzte Areal öffnen und neuen unterschiedlichen Nutzern und Nutzungen zuführen. Daraus ergebe sich die Notwendigkeit, die zukünftige Nutzung des Areals aktiv zu steuern. Ziel der Gemeinde sei es, Teile dieses Industrieareals zu einem Gewerbe- und Dienstleistungsstandort hoher Qualität zu entwickeln. Damit sollten gleichzeitig die Qualitäten des unmittelbar angrenzenden Ortes Grenzach wiederbelebt und gestärkt werden. Diesen Zielen entgegenstehende Nutzungen sollten innerhalb des Areals künftig nicht mehr zulässig sein.
31 
Im Weiteren wird in der Beschlussvorlage ausgeführt, ursprünglich sei vorgesehen worden, als flexible Grundlage für die schrittweise Umsetzung der Planungsziele eine Kernzone industrieller Nutzung mit kompatiblen gewerblichen Nutzungen in breiten Randbereichen zu schaffen. Dieser Rahmenplan, der bereichsweise mit dem von der Antragstellerin 2012 vorgelegten Entwicklungsplan prinzipiell übereingestimmt habe (z. B. Gewerbenutzungen in verschiedenen Bereichen des Areals), sei auf der Grundlage der jüngsten Aussagen von Februar 2013 zwischenzeitlich in Teilflächen weiterentwickelt worden. Im Rahmen eines Gesprächstermins zwischen der Gemeinde und der ...-Konzernleitung am 14.2.2013 sei seitens der Antragstellerin jedoch eindeutig klargestellt worden, dass mit eigenen Investitionen in neue Produktionen nicht zu rechnen sei. Auch auf wiederholte Nachfrage habe die Antragstellerin keinerlei Aussagen über die Zukunft und den Verbleib der bestehenden Produktion machen wollen. Die städtebaulichen Überlegungen gingen nunmehr dahin, auf die planerische Ausweisung eines sog. industriellen Kerns (mit planungsrechtlicher Ausweisung als „Industriegebiet“) im Bereich der Antragstellerin zugunsten einer verbesserten Gewerbe- und Dienstleistungsentwicklung vollständig zu verzichten. Der Bestandschutz der genehmigten und noch vorhandenen industriellen Nutzung werde davon selbstverständlich nicht berührt. In den vergangenen Jahren sei für Grenzach-Wyhlen eine nachweisbare, kontinuierliche Nachfrage nach Grundstücken für gewerbliche Nutzungen verschiedenster Art zu verzeichnen. Um der Nachfrage gerecht zu werden, müsse die Gemeinde mittelfristig ein neues Gewerbegebiet planungsrechtlich etablieren und erschließen. Dem Bedarf an Flächen für eine gewerbliche Entwicklung stehe jedoch ein wesentlich geringerer Bedarf an Flächen für neue industrielle Nutzungen entgegen, sodass die im ...-Areal freiwerdenden Flächen für eine gewerbliche Entwicklung durchaus zur Verfügung stehen könnten. Dies würde vor allem auch dem landesplanerischen Ziel der Innenentwicklung vor Neuerschließung entsprechen.
32 
b) Die Antragsgegnerin hat danach hinreichend konkrete und positive Planungsvorstellungen für das Gebiet des aufzustellenden Bebauungsplans „Rheinvorland West“ entwickelt. Den Erwägungen lässt sich unschwer entnehmen, dass die Antragsgegnerin beabsichtigt, den vorgesehenen Planungsraum als Gewerbegebiet auszuweisen und dies auch bereits näher begründet hat.
33 
3. Der angefochtenen Veränderungssperre mangelt es auch nicht an dem erforderlichen Sicherungsbedürfnis.
34 
Eine Veränderungssperre ist als Sicherungsmittel ungeeignet und damit unwirksam, wenn die beabsichtigte Bauleitplanung zwar im oben aufgezeigten Sinne schon hinreichend konkretisiert ist, aber von vornherein verfehlt ist. Solches ist anzunehmen, wenn sich das erkennbare Planungsziel im Wege planerischer Festsetzung nicht erreichen lässt oder wenn dieses der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind, oder wenn der beabsichtigte Bauleitplan schon jetzt erkennbar schlechterdings nicht behebbare rechtliche Mängel aufweist (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 - BVerwGE 34, 301; Urt. v. 16.12.1988 - 4 C 48.86 - BVerwGE 81, 111; Beschl. v. 21.12.1993 - 4 NB 40.93 - NVwZ 1994, 685; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 3.3.2005 - 3 S 1524/04 - VBlBW 2006, 142; Beschl. v. 14.11.2001 - 3 S 605/01 - VBlBW 2002, 200).
35 
Anknüpfungspunkt für die Beurteilung, ob sich nach diesen Maßgaben die Veränderungssperre als ungeeignet und damit als unwirksam erweist, ist § 1 Abs. 3 BauGB. Danach haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Nicht erforderlich in diesem Sinn und damit unzulässig ist ein Bebauungsplan, der aus zwingenden rechtlichen Gründen vollzugsunfähig ist oder der auf unabsehbare Zeit aus tatsächlichen Gründen keine Aussicht auf Verwirklichung bietet (BVerwG, Beschl. v. 8.9.1999 - 4 BN 14.99 - ZfBR 2000, 275; Beschl. v. 11.5.1999 - 4 BN 15.99 - NVwZ 1999, 1338 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 23.12.1998 - 26 N 98.1675 - BauR 1999, 873). Dies ist dann anzunehmen, wenn keinerlei Anhaltspunkte für eine Realisierung der Planung gegeben sind (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.11.2001 - 3 S 605/01 - VBlBW 2002, 200; Urt. v. 7.12.1998 - 3 S 3113/97 - VBlBW 1999, 174; Urt. v. 25.10.1996 - 5 S 1040/95 -) bzw. wenn von Anfang an feststeht, dass mit der Verwirklichung des Bebauungsplans oder einzelner Festsetzungen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen auf absehbare Zeit nicht gerechnet werden kann (BVerwG, Urt. v. 6.5.1993 - 4 C 15.91 - NVwZ 1994, 274 m.w.N.).
36 
Nach diesen Maßgaben unterliegt das Sicherungsbedürfnis der angefochtenen Veränderungssperre keinen rechtlichen Bedenken. Die dagegen unter dem Gesichtspunkt der mangelnden Erforderlichkeit des beabsichtigten Bebauungsplans erhobenen Einwendungen der Antragstellerin greifen nicht durch.
37 
a) Zunächst ist festzustellen, dass die Antragsgegnerin bei der Fassung des Aufstellungsbeschlusses entgegen der Auffassung der Antragstellerin von zutreffenden Tatsachen ausgegangen ist. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die bereits in der Beschlussvorlage dargelegten Rückbauaktivitäten, die auch nach dem Beschluss vom 19.3.2013 über die Veränderungssperre in der Folgezeit fortgesetzt wurden. Dies bestätigt der Vergleich der Gebäudebestandssituation auf dem Grundstück der Antragstellerin im Jahr 2012 und 2014, wie er auf den von der Antragsgegnerin vorgelegten Luftbildern dokumentiert wird. Diesen ist ein deutlicher Gebäuderückbau zu entnehmen. Auch in dem von der Antragstellerin vorgelegten - von Dr. H. Spangenberger erstellten - Standortgutachten der Gesellschaft für Anlagen- und Betriebssicherheit mbH. für die Antragsgegnerin zur Ermittlung von Achtungsabständen auf Basis des Leitfadens KAS-18 für die Betreiber ... GmbH, ...... GmbH, ...-... GmbH & Co. KG am Standort Grenzach und ... GmbH am Standort Wyhlen vom Oktober 2013 (im Folgenden: Standortgutachten zur Ermittlung von Achtungsabständen) wird mehrfach darauf hingewiesen, dass einige der in den Bildern dargestellten Gebäude zwischenzeitlich zurückgebaut worden seien bzw. sich im Rückbau befänden. Die Richtigkeit der Annahmen der Antragsgegnerin wird schließlich durch das von der Antragstellerin selbst dargelegte „Ansiedlungsmanagement“ für ihr Areal - insbesondere im Hinblick auf die Ansiedlung fremder Unternehmen industriellen Charakters - bestätigt.
38 
b) Der Einwand der Antragstellerin, sie wolle die industriellen Produktionsanlagen fortführen, weshalb wegen der bestandsgeschützten andersartigen Bebauung und Nutzung ihres Grundstücks der Bebauungsplan auf Dauer oder jedenfalls auf unabsehbare Zeit nicht vollzugsfähig sei, greift nicht durch.
39 
Die Vollzugsfähigkeit eines Bebauungsplans wird grundsätzlich nicht allein dadurch in Frage gestellt, dass seine Festsetzungen mit den bestehenden tatsächlichen Verhältnissen im Plangebiet nicht (voll) übereinstimmen. Denn die Planungsbefugnis der Gemeinde umfasst auch das Recht, sich im Interesse der langfristigen städtebaulichen Entwicklung eines Gebiets über die tatsächlichen Verhältnisse hinwegzusetzen (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.8.2000 - 4 CN 6.99 - BVerwGE 112, 41; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.7.2014 - 8 S 1202/12 -; Urt. v. 6.2.2014 - 3 S 207/13 - VBlBW 2015, 37; vgl. auch BayVGH, Urt. v. 13.11.2013 - 1 N 11.2263 - juris).
40 
Was im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen planerischen Konzeption. Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die „Städtebaupolitik“ zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Hierzu gehört auch die Entscheidung, in welchem Umfang sie Gemeindegebietsteile zur Unterbringung von Gewerbebetrieben zur Verfügung stellt.
41 
Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB sind nur solche Bauleitpläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind. Ist es - wie im vorliegenden Fall - das erklärte Ziel der Gemeinde, dem Gewerbe ein größeres Maß an Entfaltungsmöglichkeiten zu sichern, so hängt die Planungsbefugnis nach § 1 Abs. 3 BauGB nicht von dem Nachweis ab, dass hierfür deshalb ein unabweisbares Bedürfnis vorhanden ist, weil von Seiten des Gewerbes ein spürbarer Nachfragedruck besteht. Erforderlich ist eine bauleitplanerische Regelung nicht nur dann, wenn sie dazu dient, Entwicklungen, die bereits im Gange sind, in geordnete Bahnen zu lenken, sondern auch dann, wenn die Gemeinde die planerischen Voraussetzungen schafft, die es ermöglichen, einer Bedarfslage gerecht zu werden, die sich erst für die Zukunft abzeichnet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.5.1999 – 4 BN 15.99 – NVwZ 1999, 1338; Beschl. v. 8.9.1999 - 4 BN 14.99 - ZfBR 2000, 275).
42 
Vor dem Hintergrund der auf dem Areal der Antragstellerin stattfindenden Veränderungen erscheint das - oben dargestellte - bauplanerische Konzept der Antragsgegnerin im maßgeblichen Zeitpunkt des Aufstellungsbeschlusses und dem Erlass der streitgegenständlichen Veränderungssperre nicht als von vornherein vollzugsunfähig. Die Konflikte, die ein Nebeneinander von gewerblichen und industriellen Nutzungen gegebenenfalls hervorrufen, können gerade mit Blick auf die in § 1 Abs. 4 bis Abs. 9 BauNVO aufgeführten bauleitplanerischen Instrumente der vertikalen und horizontalen Gliederung von Baugebieten und die von § 1 Abs. 10 BauNVO begründete Möglichkeit, Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen bestimmter vorhandener baulicher und sonstiger Anlagen für allgemein oder ausnahmsweise zulässig zu erklären (vgl. hierzu Nonnenmacher/Thomale, VBlBW 2011, 89), bauplanungsrechtlich in zulässiger Weise bewältigt werden.
43 
c) Die Antragstellerin meint weiter, dem beabsichtigten Bebauungsplan mangele es deshalb an der Erforderlichkeit, weil ihre Industrieanlagen - zumindest teilweise - Störfallbetriebe im Sinne der Richtlinie 96/82/EG des Rates zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen in der Fassung der Richtlinie 2003/105/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2003 zur Änderung der vorgenannten Richtlinie - Seveso II-RL - (im Folgenden: RL 96/82/EG) seien. Wegen des gebotenen angemessenen Abstands zu ihnen sei eine Ausweisung des Grundstücks als Gewerbegebiet auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen. Der angefochtenen Veränderungssperre fehle es daher an der erforderlichen Sicherungsfähigkeit. Auch dem vermag der Senat nicht zu folgen.
44 
aa) Nach Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2 RL 96/82/EG sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass in ihrer Politik der Flächenausweisung oder Flächennutzung und/oder anderen einschlägigen Politiken sowie den Verfahren für die Durchführung dieser Politiken langfristig dem Erfordernis Rechnung getragen wird, dass zwischen den unter diese Richtlinie fallenden Betrieben einerseits und Wohngebieten, öffentlich genutzten Gebäuden und Gebieten, wichtigen Verkehrswegen (so weit wie möglich), Freizeitgebieten und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvollen bzw. besonders empfindlichen Gebieten andererseits ein angemessener Abstand gewahrt bleibt und dass bei bestehenden Betrieben zusätzliche technische Maßnahmen nach Artikel 5 ergriffen werden, damit es zu keiner Zunahme der Gefährdung der Bevölkerung kommt (ebenso Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2003 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen - Seveso III-RL -, die nach ihrem Art. 32 Abs. 1 mit Wirkung vom 1.6.2015 an die Stelle der RL 96/82/EG tritt).
45 
(1) Auf welche Weise diese Anforderungen erfüllt werden, richtet sich zunächst danach, ob die Genehmigung eines konkreten Vorhabens in der Nachbarschaft des Störfallbetriebs in Rede steht oder ob mit den Mitteln des Planungsrechts Nutzungsmöglichkeiten im Bereich eines Störfallbetriebs geschaffen werden sollen. In beiden Fällen ist - in einem ersten Schritt - der angemessene Abstand des vorhandenen Störfallbetriebs entweder zu dem zur Genehmigung gestellten konkreten Vorhaben oder den Vorhaben, die nach der Planung grundsätzlich zulassungsfähig sind, zu ermitteln. Liegen diese Vorhaben innerhalb des ermittelten angemessenen Abstands, führt dies zu einer Berücksichtigungspflicht entweder der Genehmigungsbehörde oder des Planungsträgers.
46 
(2) Wenn auch mit jedem Vorhaben, das den angemessenen Abstand unterschreitet, der störfallrechtlich unerwünschte Zustand in der Regel weiter verfestigt wird, zwingt Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG und die sich hieraus ergebende Berücksichtigungspflicht die Genehmigungsbehörden oder den Planungsträger nicht dazu, Neuansiedlungen in der Nachbarschaft eines Störfallbetriebs ausnahmslos abzulehnen und das Abstandskriterium damit zum alleinigen Genehmigungs- oder Ablehnungskriterium zu machen oder - im Falle einer Planung - zu unterlassen. Art. 12 Abs. 1 RL 96/82/EG gestattet es vielmehr, den „störfalltechnisch“ ermittelten angemessenen Abstand zu unterschreiten, wenn im Einzelfall hinreichend gewichtige Belange für die Zulassung des Vorhabens streiten. In Betracht kommen insbesondere soziale, ökologische und wirtschaftliche Belange (EuGH, Urt. v. 15.9.2011 - C-53/10 - UPR 2011, 443; BVerwG, Urt. v. 20.12.2012 - 4 C 11.11 -BVerwGE 145, 290).
47 
(3) In welcher Weise dieser Wertungsspielraum auszufüllen ist, gibt Art. 12 Abs. 1 RL 96/82/EG den Mitgliedstaaten nicht vor. Die Richtlinie lässt den Mitgliedstaaten in instrumenteller Hinsicht Spielräume, um der Berücksichtigungspflicht des Abstandserfordernisses - mit den Worten des EuGH - „in allgemeiner Weise bei der Aufstellung der Flächenausweisungs- oder Flächennutzungspläne“ oder - mangels einer Planung - „in spezifischer Weise ... beim Erlass von Entscheidungen über Baugenehmigungen“ nachzukommen (EuGH, Urt. v. 15.9.2011 - C-53/10 - UPR 2011, 443 Rn. 50; BVerwG, Urt. v. 20.12.2012 - 4 C 11.11 - BVerwGE 145, 290). Die Planungsbehörden sind deshalb nicht gehindert, die Pflicht zur Berücksichtigung angemessener Abstände auf die Genehmigungsbehörden zu übertragen (EuGH, Urt. v. 15.9.2011 - C-53/10 - a.a.O. Rn. 26).
48 
(4) Entscheidet sich die Gemeinde für das Instrument der Bauleitplanung, ist den Erfordernissen des Art. 12 Abs. 1 RL 96/82/EG in planerischer Weise Rechnung zu tragen. Die von der Richtlinie geforderten Wertungsspielräume gehen im bauleitplanerischen Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7, § 2 Abs. 3 BauGB) auf, in dessen Rahmen der Trennungsgrundsatz (§ 50 BImSchG) als Abwägungsdirektive zu beachten ist (BVerwG, Urt. v. 20.12.2012 - 4 C 11.11 -BVerwGE 145, 290; vgl. auch Beschl. v. 16.3.2010 - 4 BN 66.09 - NVwZ 2010, 1246; Beschl. v. 21.12.2011 - 4 B 14.11 - BauR 2012, 600). Den Anforderungen der RL 96/82/EG wird genügt, wenn im Rahmen der Abwägung auch die Belange des Störfallrechts und des Störfallschutzes beachtet werden (Reitberger, I+E 2012, 145; Berkemann, ZfBR 2010, 18; Moench/Henning, DVBl. 2009, 223; Steiff, NZBau 2007, 363; Hendler, DVBl. 2012, 532; Uechtritz, BauR 2012, 1039, Reidt, BauR 2012, 1182; Lau, DVBl. 2012, 678).
49 
bb) Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist auch in Ansehung der im Planungsbereich vorhandenen Störfallbetriebe eine Ausweisung des von der Veränderungssperre erfassten Areals als Gewerbegebiet nicht auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen.
50 
(1) Zwar wird im Rahmen einer Bauleitplanung dem störfallschutzrechtlichen Abstandsgebot nach Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2. RL 96/82/EG und in deren Umsetzung dem Trennungsgebot des § 50 Satz 1 BImSchG ein besonderes Gewicht in der planerischen Abwägung beigemessen werden müssen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 6.3.2008 - 10 D 103/06.NE - BRS 73 Nr. 33 [2008]). Gleichwohl ist das störfallschutzrechtliche Abstandsgebot im Einzelfall überwindbar. Insbesondere können geringere Abstände hingenommen werden, wenn - vor allem in bestehenden Gemengelagen - andere Maßnahmen zur Risikovorsorge festgesetzt werden (Reitberger, I+E 2012, 154). Eine ordnungsgemäße Abwägung setzt daher in erster Linie voraus, dass die vorhandenen Störfallbetriebe - oder bei projektbezogenen oder vorhabenbezogenen Bebauungsplänen die sich künftig ansiedelnden Störfallbetriebe - hinreichend erfasst werden und in Bezug auf diese der jeweilig angemessene Abstand ermittelt wird. Hierbei kann der Leitfaden der Kommission für Anlagesicherheit beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (KAS) „Empfehlungen für Abstände zwischen Betriebsbereichen nach der Störfall-Verordnung in schutzbedürftigen Gebieten im Rahmen der Bauleitplanung - Umsetzung § 50 BImSchG“ vom November 2010 eine Orientierungshilfe darstellen. Eine fehlerfreie Abwägung setzt nach zutreffender Ermittlung der Störfallbetriebe ferner voraus, dass die Belange des Störfallschutzes in ihrer Bedeutung richtig erkannt werden. Dies gilt insbesondere, wenn ausgehend von der konkreten Lage und Beschaffenheit des Betriebsbereichs eines Störfallbetriebs der hierauf bezogene angemessene Abstand unterschritten werden soll. Entscheidende Kriterien für die Gewichtung der Belange des Störfallschutzes werden insbesondere die Quantität und die Qualität der schutzbedürftigen Nutzungen sowie neben dem Ausmaß von möglichen Störfällen auch deren Eintrittswahrscheinlichkeit - soweit diagnostizierbar - sein.
51 
(2) Neben der reinen Abstandswahrung können auch weitere Maßnahmen zur Reduzierung der Auswirkungen von Störfällen in den Blick zu nehmen sein. Hierbei ist an passive Schutzmaßnahmen wie die Anlegung von Gräben, Mauern oder Wällen zu denken. Ferner können Festsetzungen zur Gebäudestellung und besondere Anforderungen an Gebäude, insbesondere Fenster, Türen und Lüftung in Betracht zu ziehen sein. Weiterhin können Gesichtspunkte der Koordinierung von Alarmierungs- und Evakuierungsplänen, deren Effektivität in städtebaulichen Verträgen sichergestellt werden können, bei der planerischen Bewältigung des Störfallschutzes mitbedacht werden. Bei all diesen Maßnahmen ist deren eigene Störfallanfälligkeit bei der Frage ihrer Effektivität zur Sicherstellung eines Störfallschutzes zu berücksichtigen.
52 
Die vorgenannten Maßnahmen können auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB festsetzungsfähiger Inhalt eines Bebauungsplans sein. Ein weiteres Instrumentarium zur Bewältigung des Störfallschutzes bei einem Nebeneinander von Störfallbetrieb und anderen Nutzungen sind die in § 1 Abs. 4 - 9 BauNVO aufgeführten Möglichkeiten der vertikalen und horizontalen Innengliederung von Baugebieten einschließlich der Fremdkörperfestsetzung nach § 1 Abs. 10 BauNVO. Hierbei kann eine In-Sich-Gliederung nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO in Betracht kommen, der nicht nur eine Gliederung nach der Art der Betriebe und Anlagen ermöglicht, sondern auch nach besonderen Bedürfnissen sowie besonderen Eigenschaften (vgl. Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, 4. Aufl. 2010, Rn. 540 f.). Insoweit ist insbesondere auf § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO hinzuweisen, der in Bezug auf Gewerbe- und Industriegebiete bestimmt, dass diese auch im Verhältnis zueinander gegliedert werden können. § 1 Abs. 5 und Abs. 9 BauNVO ermöglicht zudem beispielsweise einen Ausschluss bestimmter Nutzungen, die aufgrund ihrer Eigenart von der Störfallgefahr bereits vorhandener Störfallbetriebe in besonderem Maße betroffen sind. Diese bauleitplanerischen Instrumente sind geeignet, gerade bei der Überplanung von Gemengelagen mit bereits bestehenden Störfallbetrieben einen planungsrechtlichen Störfallschutz zu ermöglichen.
53 
Das bauleitplanerische Instrumentarium bietet danach ausreichend Möglichkeiten für die Gemeinde, auch bei der Überplanung von Gemengelagen einen den Anforderungen der RL 96/82/EG genügenden Störfallschutz zu gewährleisten. Allein der Umstand, dass im räumlichen Geltungsbereich der Veränderungssperre Störfallbetriebe vorhanden sind, führt daher nicht dazu, dass dem beabsichtigten Bebauungsplan tatsächliche oder rechtliche Hindernisse auf unabsehbare Zeit entgegenstehen. Dies gilt im vorliegenden Fall insbesondere auch deshalb, weil nicht der gesamte räumliche Geltungsbereich des beabsichtigen Bebauungsplans von den „Achtungsabständen“ erfasst wird, die nach dem von der Antragstellerin vorgelegten Standortgutachten zur Ermittlung von Achtungsabständen den darin liegenden Störfallbetrieben zugeordnet werden. Im Übrigen erfolgten gegenüber der Situation im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens weitere Rückbaumaßnahmen.
54 
c) Eine unzulässige Negativplanung, die - wie die Antragstellerin meint allein auf Verhinderung der von der Fa. Z... beabsichtigten Abfallentsorgungsanlage gerichtet ist, liegt gleichfalls nicht vor.
55 
Eine Planung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht für den Erlass einer Veränderungssperre nicht aus. Sind positive Planungsvorstellungen nur vorgeschoben, um eine in Wahrheit auf bloße Verhinderung gerichtete Planung zu verdecken, so handelt es sich um eine Negativplanung, die den Erlass einer Veränderungssperre nicht rechtfertigt (BVerwG, Urt. v. 19.2.2004 - 4 CN 16.03 - BVerwGE 120, 138; Urt. v. 30.8.2012 - 4 C 1.11 – BVerwGE 144, 82).
56 
Festsetzungen in einem Bebauungsplan sind aber selbst dann nicht als „Negativplanung“ wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 BauGB unwirksam, wenn ihr Hauptzweck in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen besteht. Sie sind vielmehr nur unzulässig, wenn sie nicht dem planerischen Willen der Gemeinde entsprechen und also vorgeschoben sind, um eine andere Nutzung zu verhindern. Festsetzungen dürfen mithin nicht nur das vorgeschobene Mittel sein, um einen Bauwunsch zu durchkreuzen. Letzteres kann aber nicht bereits dann angenommen werden, wenn die negative Zielrichtung im Vordergrund steht. Denn auch eine zunächst nur auf die Verhinderung einer - aus der Sicht der Gemeinde -Fehlentwicklung gerichtete Planung kann einen Inhalt haben, der rechtlich nicht zu beanstanden ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.12.1990 - 4 NB 8.90 -DÖV 1991 S. 744; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 3.3.2005 - 3 S 1524/04 - VBlBW 2006, 142).
57 
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin liegt bei Anwendung dieser Grundsätze eine unzulässige Negativplanung nicht vor. Dies gilt selbst dann, wenn der Bauwunsch der Fa. Z... die Einleitung des Bauplanungsverfahrens mitbeeinflusst haben sollte. Das - oben - dargestellte positive Planungsziel der Antragsgegnerin beinhaltet notwendigerweise die Verhinderung weiterer Gewerbebetriebe mit für ein Industriegebiet typischen Nutzungen, wie dies von der Antragstellerin im Rahmen ihres „Ansiedlungsmanagements“ angestrebt wird. Das auf dem Grundstück der Antragstellerin beabsichtigte - und bereits zur Genehmigung gestellte - Vorhaben der Fa. Z... würde den derzeitigen von der Antragsgegnerin unerwünschten planungsrechtlichen Zustand perpetuieren und ihren konkreten Planungsabsichten zuwiderlaufen. Wenn die Antragsgegnerin den Bauwunsch der Fa. Z... zum Anlass genommen haben sollte, ihre ersichtlich von städtebaulichen Gründen getragenen Planungsabsichten mit den Instrumenten des Bauplanungsrechts zu sichern, kann dies daher rechtlich nicht beanstandet werden.
58 
d) Schließlich führt auch der weitere Einwand der Antragstellerin, eine abwägungsgerechte Planung sei im vorliegenden Fall unter keinem möglichen Gesichtspunkt denkbar, nicht zur Unwirksamkeit der Veränderungssperre.
59 
Zu einer sachgerechten Abwägung im Zusammenhang mit dem Störfallschutz bei der Überplanung von Gemengelagen mit bereits vorhandenen Störfallbetrieben zählt zwar zweifellos nicht allein der Schutz von Nachbarschaft und Umweltgütern vor den Schadensfolgen im Falle eines Störfallereignisses. Vielmehr sind auch die Belange der Störfallbetriebe einschließlich etwaiger Erweiterungsinteressen abwägungsbedeutsam (§ 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst. a BauGB). Es bestehen jedoch - entgegen der pauschalen Behauptung der Antragstellerin - keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Planung der Antragsgegnerin im Hinblick auf die Belange der im Plangebiet vorhandenen Störfallbetriebe sowie der grundrechtlich geschützten Freiheit des Betriebsinhabers (Art. 12 und Art. 14 GG) zwangsläufig zu keinem mit den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Abwägung vereinbaren Ergebnis führen wird.
60 
Zudem unterliegt die Veränderungssperre selbst nicht dem allgemeinen Abwägungsgebot gemäß § 1 Abs. 7 BauGB, sondern nur der Prüfung, ob sie zur Erreichung des mit ihr verfolgten Sicherungszwecks erforderlich ist. Darauf, ob der noch nicht beschlossene künftige Bebauungsplan in seinen Festsetzungen möglicherweise dem Abwägungsgebot entsprechen wird, kommt es deshalb nicht an. Entscheidend ist allein, ob die beabsichtigte Planung auf ein Ziel gerichtet ist, das im konkreten Fall mit den Mitteln der Bauleitplanung zulässigerweise erreicht werden kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.9.1992 - 4 NB 35.92 - DÖV 1993, 250; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 3.3.2005 - 3 S 1524/04 - VBlBW 2006, 170). Wie dargestellt, ist das hier der Fall.
61 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
62 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
63 
Beschluss vom 10. März 2015
64 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG endgültig auf 30.000,-- EUR festgesetzt.
65 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
19 
Der Normenkontrollantrag bleibt ohne Erfolg.
I.
20 
An der Zulässigkeit des Normenkontrollantrags bestehen keine Bedenken.
21 
Der Normenkontrollantrag ist statthaft, denn die Antragstellerin wendet sich gegen eine Veränderungssperre, die als Satzung nach dem Baugesetzbuch beschlossen worden ist und deren Gültigkeit vom erkennenden Senat gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO überprüft werden kann.
22 
Der fristgemäß gestellte Antrag ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist die Antragstellerin gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Denn ihre Antragsberechtigung ergibt sich aus ihrer Eigentümerstellung hinsichtlich des von der Veränderungssperre erfassten Grundstücks.
II.
23 
Der Normenkontrollantrag ist jedoch nicht begründet.
24 
Die Satzung der Antragsgegnerin über die Veränderungssperre leidet weder an formellen noch an materiellen Fehlern. Formelle Mängel sind nicht vorgetragen; solche sind auch nicht ersichtlich. Die Veränderungssperre ist insbesondere nicht deshalb unwirksam, weil der Gemeinderat über den Beschlussvorschlag, für den in der Anlage dargestellten Bereich den Bebauungsplan „Rheinvorland West“ aufzustellen und zur Sicherung der Bauleitplanung für das Plangebiet eine Veränderungssperre zu beschließen, nicht getrennt, sondern in einer Sitzung abgestimmt hat (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 5.8.2014 - 3 S 1673/12 - NVwZ-RR 2014, 931). Die Satzung steht auch in materiell-rechtlicher Hinsicht in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Voraussetzungen.
25 
1. Eine Gemeinde kann gemäß § 14 Abs. 1 BauGB zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre beschließen mit dem Inhalt, dass Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen (Nr. 1) bzw. erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen (Nr. 2), sobald der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist. Auf Grund des vom Gemeinderat der Antragsgegnerin am 19.3.2013 erlassenen Aufstellungsbeschlusses für den Bebauungsplan „Rheinvorland West“ konnte mithin am 19.3.2013 auch die angegriffene Veränderungssperre beschlossen werden.
26 
2. Allein der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans genügt für die Wirksamkeit einer Satzung über eine Veränderungssperre jedoch nicht.
27 
Eine Veränderungssperre darf erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Wesentlich ist dabei, dass die Gemeinde bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt hat. Das Mindestmaß an planerischen Vorstellungen, die vorliegen müssen, um eine Veränderungssperre zu rechtfertigen, muss - gewissermaßen als inhaltlicher Kontrollmaßstab des Konkretisierungsgebots - zugleich geeignet sein, die Entscheidung der Genehmigungsbehörde zu steuern, wenn sie über die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung zu befinden hat (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 1 BauGB mit Blick auf den praktisch wichtigsten öffentliche Belang, nämlich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung). Diese Vorstellungen können sich nicht nur aus Niederschriften über die Gemeinderatssitzung, sondern auch aus allen anderen erkennbaren Unterlagen und Umständen ergeben. Hierzu kann beispielsweise auch die anderen Akten zu entnehmende oder bekannte Vorgeschichte gehören. Soll mit dem in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan (auch) die Art der baulichen Nutzung gesteuert werden, ist der Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans noch offen, wenn Vorstellungen über die angestrebte Art der baulichen Nutzung fehlen (st. Rspr. vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.12.2013 – 4 BN 18.13 - BRS 81 Nr. 130 [2013]; Beschl. v. 22.1.2013 – 4 BN 7.13 – BBB 2013, Nr. 4, 61; Urt. v. 30.8.2012 – 4 C 1.11 – BVerwGE 144, 82; Beschl. v. 1.10 2009 – 4 BN 34.09 – NVwZ 2010, 42; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.6.2014 – 5 S 203/13 – ZfBR 2015, 163; Beschl. v. 14.11.2001 - 3 S 605/01 - VBlBW 2002, 200).
28 
Für den Erlass einer Veränderungssperre ist jedoch keine Planreife erforderlich. Es ist insbesondere nicht erforderlich, dass bereits der angestrebte Baugebietstyp i. S. d. Baunutzungsverordnung feststeht. Es reicht aus, wenn absehbar ist, dass sich das von einer hinreichend konkreten positiven Konzeption getragene Planziel im Wege bauplanerischer Festsetzungen überhaupt erreichen lässt; die Auswahl der Mittel zur Realisierung des Planziels ist hingegen - ebenso wie die Lösung von Nutzungskonflikten - typischerweise Aufgabe der im Bebauungsplanverfahren vorzunehmenden planerischen Abwägung (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.9.2007 – 8 S 1584/06 – VBlBW 2008, 143; Urt. v. 24.11.2005 - 8 S 794/05 - VBlBW 2006, 275).
29 
Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die angefochtene Veränderungssperre nicht zu beanstanden.
30 
a) In der Beschlussvorlage vom 14.3.2013 zur Aufstellung des Bebauungsplans „Rheinvorland West“ wird ausgeführt, dass sich für das Industrieareal der Antragstellerin ein grundlegender Wandel abzeichne. Die Antragstellerin habe in den vergangenen Jahren ganz erhebliche Teile der Produktion eingestellt bzw. an andere Standorte außerhalb Grenzachs verlagert. Der Restrukturierungsprozess des Areals habe unmittelbar nach Übernahme der C... durch die Antragstellerin im Jahre 2009 begonnen. Im Jahr 2011 sei für den Standort Grenzach von der Antragstellerin ein Rückbauplan mit mehreren Phasen vorgelegt worden, der für den Zeitraum von 2011 bis 2013 den Abbruch von etwa 2/3 aller Gebäude vorsehe. Mittlerweile sei der größte Teil der Gebäude (Phase 1 und 2) bereits abgebrochen worden, die Phase 3 solle noch 2013 abgeschlossen werden. Ein parallel zum Rückbauplan der Antragstellerin in 2012 vorgelegter Entwicklungsplan habe den Verbleib eines sogenannten ...-Kernbereiches vorgesehen, in dem weiterhin chemische Produktion stattfinden solle, die übrigen Flächen sollten für andere industrielle und/oder gewerbliche Nutzungen zur Verfügung stehen. Die Antragstellerin wolle das vormals allein genutzte Areal öffnen und neuen unterschiedlichen Nutzern und Nutzungen zuführen. Daraus ergebe sich die Notwendigkeit, die zukünftige Nutzung des Areals aktiv zu steuern. Ziel der Gemeinde sei es, Teile dieses Industrieareals zu einem Gewerbe- und Dienstleistungsstandort hoher Qualität zu entwickeln. Damit sollten gleichzeitig die Qualitäten des unmittelbar angrenzenden Ortes Grenzach wiederbelebt und gestärkt werden. Diesen Zielen entgegenstehende Nutzungen sollten innerhalb des Areals künftig nicht mehr zulässig sein.
31 
Im Weiteren wird in der Beschlussvorlage ausgeführt, ursprünglich sei vorgesehen worden, als flexible Grundlage für die schrittweise Umsetzung der Planungsziele eine Kernzone industrieller Nutzung mit kompatiblen gewerblichen Nutzungen in breiten Randbereichen zu schaffen. Dieser Rahmenplan, der bereichsweise mit dem von der Antragstellerin 2012 vorgelegten Entwicklungsplan prinzipiell übereingestimmt habe (z. B. Gewerbenutzungen in verschiedenen Bereichen des Areals), sei auf der Grundlage der jüngsten Aussagen von Februar 2013 zwischenzeitlich in Teilflächen weiterentwickelt worden. Im Rahmen eines Gesprächstermins zwischen der Gemeinde und der ...-Konzernleitung am 14.2.2013 sei seitens der Antragstellerin jedoch eindeutig klargestellt worden, dass mit eigenen Investitionen in neue Produktionen nicht zu rechnen sei. Auch auf wiederholte Nachfrage habe die Antragstellerin keinerlei Aussagen über die Zukunft und den Verbleib der bestehenden Produktion machen wollen. Die städtebaulichen Überlegungen gingen nunmehr dahin, auf die planerische Ausweisung eines sog. industriellen Kerns (mit planungsrechtlicher Ausweisung als „Industriegebiet“) im Bereich der Antragstellerin zugunsten einer verbesserten Gewerbe- und Dienstleistungsentwicklung vollständig zu verzichten. Der Bestandschutz der genehmigten und noch vorhandenen industriellen Nutzung werde davon selbstverständlich nicht berührt. In den vergangenen Jahren sei für Grenzach-Wyhlen eine nachweisbare, kontinuierliche Nachfrage nach Grundstücken für gewerbliche Nutzungen verschiedenster Art zu verzeichnen. Um der Nachfrage gerecht zu werden, müsse die Gemeinde mittelfristig ein neues Gewerbegebiet planungsrechtlich etablieren und erschließen. Dem Bedarf an Flächen für eine gewerbliche Entwicklung stehe jedoch ein wesentlich geringerer Bedarf an Flächen für neue industrielle Nutzungen entgegen, sodass die im ...-Areal freiwerdenden Flächen für eine gewerbliche Entwicklung durchaus zur Verfügung stehen könnten. Dies würde vor allem auch dem landesplanerischen Ziel der Innenentwicklung vor Neuerschließung entsprechen.
32 
b) Die Antragsgegnerin hat danach hinreichend konkrete und positive Planungsvorstellungen für das Gebiet des aufzustellenden Bebauungsplans „Rheinvorland West“ entwickelt. Den Erwägungen lässt sich unschwer entnehmen, dass die Antragsgegnerin beabsichtigt, den vorgesehenen Planungsraum als Gewerbegebiet auszuweisen und dies auch bereits näher begründet hat.
33 
3. Der angefochtenen Veränderungssperre mangelt es auch nicht an dem erforderlichen Sicherungsbedürfnis.
34 
Eine Veränderungssperre ist als Sicherungsmittel ungeeignet und damit unwirksam, wenn die beabsichtigte Bauleitplanung zwar im oben aufgezeigten Sinne schon hinreichend konkretisiert ist, aber von vornherein verfehlt ist. Solches ist anzunehmen, wenn sich das erkennbare Planungsziel im Wege planerischer Festsetzung nicht erreichen lässt oder wenn dieses der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind, oder wenn der beabsichtigte Bauleitplan schon jetzt erkennbar schlechterdings nicht behebbare rechtliche Mängel aufweist (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 - BVerwGE 34, 301; Urt. v. 16.12.1988 - 4 C 48.86 - BVerwGE 81, 111; Beschl. v. 21.12.1993 - 4 NB 40.93 - NVwZ 1994, 685; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 3.3.2005 - 3 S 1524/04 - VBlBW 2006, 142; Beschl. v. 14.11.2001 - 3 S 605/01 - VBlBW 2002, 200).
35 
Anknüpfungspunkt für die Beurteilung, ob sich nach diesen Maßgaben die Veränderungssperre als ungeeignet und damit als unwirksam erweist, ist § 1 Abs. 3 BauGB. Danach haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Nicht erforderlich in diesem Sinn und damit unzulässig ist ein Bebauungsplan, der aus zwingenden rechtlichen Gründen vollzugsunfähig ist oder der auf unabsehbare Zeit aus tatsächlichen Gründen keine Aussicht auf Verwirklichung bietet (BVerwG, Beschl. v. 8.9.1999 - 4 BN 14.99 - ZfBR 2000, 275; Beschl. v. 11.5.1999 - 4 BN 15.99 - NVwZ 1999, 1338 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 23.12.1998 - 26 N 98.1675 - BauR 1999, 873). Dies ist dann anzunehmen, wenn keinerlei Anhaltspunkte für eine Realisierung der Planung gegeben sind (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.11.2001 - 3 S 605/01 - VBlBW 2002, 200; Urt. v. 7.12.1998 - 3 S 3113/97 - VBlBW 1999, 174; Urt. v. 25.10.1996 - 5 S 1040/95 -) bzw. wenn von Anfang an feststeht, dass mit der Verwirklichung des Bebauungsplans oder einzelner Festsetzungen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen auf absehbare Zeit nicht gerechnet werden kann (BVerwG, Urt. v. 6.5.1993 - 4 C 15.91 - NVwZ 1994, 274 m.w.N.).
36 
Nach diesen Maßgaben unterliegt das Sicherungsbedürfnis der angefochtenen Veränderungssperre keinen rechtlichen Bedenken. Die dagegen unter dem Gesichtspunkt der mangelnden Erforderlichkeit des beabsichtigten Bebauungsplans erhobenen Einwendungen der Antragstellerin greifen nicht durch.
37 
a) Zunächst ist festzustellen, dass die Antragsgegnerin bei der Fassung des Aufstellungsbeschlusses entgegen der Auffassung der Antragstellerin von zutreffenden Tatsachen ausgegangen ist. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die bereits in der Beschlussvorlage dargelegten Rückbauaktivitäten, die auch nach dem Beschluss vom 19.3.2013 über die Veränderungssperre in der Folgezeit fortgesetzt wurden. Dies bestätigt der Vergleich der Gebäudebestandssituation auf dem Grundstück der Antragstellerin im Jahr 2012 und 2014, wie er auf den von der Antragsgegnerin vorgelegten Luftbildern dokumentiert wird. Diesen ist ein deutlicher Gebäuderückbau zu entnehmen. Auch in dem von der Antragstellerin vorgelegten - von Dr. H. Spangenberger erstellten - Standortgutachten der Gesellschaft für Anlagen- und Betriebssicherheit mbH. für die Antragsgegnerin zur Ermittlung von Achtungsabständen auf Basis des Leitfadens KAS-18 für die Betreiber ... GmbH, ...... GmbH, ...-... GmbH & Co. KG am Standort Grenzach und ... GmbH am Standort Wyhlen vom Oktober 2013 (im Folgenden: Standortgutachten zur Ermittlung von Achtungsabständen) wird mehrfach darauf hingewiesen, dass einige der in den Bildern dargestellten Gebäude zwischenzeitlich zurückgebaut worden seien bzw. sich im Rückbau befänden. Die Richtigkeit der Annahmen der Antragsgegnerin wird schließlich durch das von der Antragstellerin selbst dargelegte „Ansiedlungsmanagement“ für ihr Areal - insbesondere im Hinblick auf die Ansiedlung fremder Unternehmen industriellen Charakters - bestätigt.
38 
b) Der Einwand der Antragstellerin, sie wolle die industriellen Produktionsanlagen fortführen, weshalb wegen der bestandsgeschützten andersartigen Bebauung und Nutzung ihres Grundstücks der Bebauungsplan auf Dauer oder jedenfalls auf unabsehbare Zeit nicht vollzugsfähig sei, greift nicht durch.
39 
Die Vollzugsfähigkeit eines Bebauungsplans wird grundsätzlich nicht allein dadurch in Frage gestellt, dass seine Festsetzungen mit den bestehenden tatsächlichen Verhältnissen im Plangebiet nicht (voll) übereinstimmen. Denn die Planungsbefugnis der Gemeinde umfasst auch das Recht, sich im Interesse der langfristigen städtebaulichen Entwicklung eines Gebiets über die tatsächlichen Verhältnisse hinwegzusetzen (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.8.2000 - 4 CN 6.99 - BVerwGE 112, 41; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.7.2014 - 8 S 1202/12 -; Urt. v. 6.2.2014 - 3 S 207/13 - VBlBW 2015, 37; vgl. auch BayVGH, Urt. v. 13.11.2013 - 1 N 11.2263 - juris).
40 
Was im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen planerischen Konzeption. Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die „Städtebaupolitik“ zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Hierzu gehört auch die Entscheidung, in welchem Umfang sie Gemeindegebietsteile zur Unterbringung von Gewerbebetrieben zur Verfügung stellt.
41 
Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB sind nur solche Bauleitpläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind. Ist es - wie im vorliegenden Fall - das erklärte Ziel der Gemeinde, dem Gewerbe ein größeres Maß an Entfaltungsmöglichkeiten zu sichern, so hängt die Planungsbefugnis nach § 1 Abs. 3 BauGB nicht von dem Nachweis ab, dass hierfür deshalb ein unabweisbares Bedürfnis vorhanden ist, weil von Seiten des Gewerbes ein spürbarer Nachfragedruck besteht. Erforderlich ist eine bauleitplanerische Regelung nicht nur dann, wenn sie dazu dient, Entwicklungen, die bereits im Gange sind, in geordnete Bahnen zu lenken, sondern auch dann, wenn die Gemeinde die planerischen Voraussetzungen schafft, die es ermöglichen, einer Bedarfslage gerecht zu werden, die sich erst für die Zukunft abzeichnet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.5.1999 – 4 BN 15.99 – NVwZ 1999, 1338; Beschl. v. 8.9.1999 - 4 BN 14.99 - ZfBR 2000, 275).
42 
Vor dem Hintergrund der auf dem Areal der Antragstellerin stattfindenden Veränderungen erscheint das - oben dargestellte - bauplanerische Konzept der Antragsgegnerin im maßgeblichen Zeitpunkt des Aufstellungsbeschlusses und dem Erlass der streitgegenständlichen Veränderungssperre nicht als von vornherein vollzugsunfähig. Die Konflikte, die ein Nebeneinander von gewerblichen und industriellen Nutzungen gegebenenfalls hervorrufen, können gerade mit Blick auf die in § 1 Abs. 4 bis Abs. 9 BauNVO aufgeführten bauleitplanerischen Instrumente der vertikalen und horizontalen Gliederung von Baugebieten und die von § 1 Abs. 10 BauNVO begründete Möglichkeit, Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen bestimmter vorhandener baulicher und sonstiger Anlagen für allgemein oder ausnahmsweise zulässig zu erklären (vgl. hierzu Nonnenmacher/Thomale, VBlBW 2011, 89), bauplanungsrechtlich in zulässiger Weise bewältigt werden.
43 
c) Die Antragstellerin meint weiter, dem beabsichtigten Bebauungsplan mangele es deshalb an der Erforderlichkeit, weil ihre Industrieanlagen - zumindest teilweise - Störfallbetriebe im Sinne der Richtlinie 96/82/EG des Rates zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen in der Fassung der Richtlinie 2003/105/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2003 zur Änderung der vorgenannten Richtlinie - Seveso II-RL - (im Folgenden: RL 96/82/EG) seien. Wegen des gebotenen angemessenen Abstands zu ihnen sei eine Ausweisung des Grundstücks als Gewerbegebiet auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen. Der angefochtenen Veränderungssperre fehle es daher an der erforderlichen Sicherungsfähigkeit. Auch dem vermag der Senat nicht zu folgen.
44 
aa) Nach Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2 RL 96/82/EG sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass in ihrer Politik der Flächenausweisung oder Flächennutzung und/oder anderen einschlägigen Politiken sowie den Verfahren für die Durchführung dieser Politiken langfristig dem Erfordernis Rechnung getragen wird, dass zwischen den unter diese Richtlinie fallenden Betrieben einerseits und Wohngebieten, öffentlich genutzten Gebäuden und Gebieten, wichtigen Verkehrswegen (so weit wie möglich), Freizeitgebieten und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvollen bzw. besonders empfindlichen Gebieten andererseits ein angemessener Abstand gewahrt bleibt und dass bei bestehenden Betrieben zusätzliche technische Maßnahmen nach Artikel 5 ergriffen werden, damit es zu keiner Zunahme der Gefährdung der Bevölkerung kommt (ebenso Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2003 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen - Seveso III-RL -, die nach ihrem Art. 32 Abs. 1 mit Wirkung vom 1.6.2015 an die Stelle der RL 96/82/EG tritt).
45 
(1) Auf welche Weise diese Anforderungen erfüllt werden, richtet sich zunächst danach, ob die Genehmigung eines konkreten Vorhabens in der Nachbarschaft des Störfallbetriebs in Rede steht oder ob mit den Mitteln des Planungsrechts Nutzungsmöglichkeiten im Bereich eines Störfallbetriebs geschaffen werden sollen. In beiden Fällen ist - in einem ersten Schritt - der angemessene Abstand des vorhandenen Störfallbetriebs entweder zu dem zur Genehmigung gestellten konkreten Vorhaben oder den Vorhaben, die nach der Planung grundsätzlich zulassungsfähig sind, zu ermitteln. Liegen diese Vorhaben innerhalb des ermittelten angemessenen Abstands, führt dies zu einer Berücksichtigungspflicht entweder der Genehmigungsbehörde oder des Planungsträgers.
46 
(2) Wenn auch mit jedem Vorhaben, das den angemessenen Abstand unterschreitet, der störfallrechtlich unerwünschte Zustand in der Regel weiter verfestigt wird, zwingt Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG und die sich hieraus ergebende Berücksichtigungspflicht die Genehmigungsbehörden oder den Planungsträger nicht dazu, Neuansiedlungen in der Nachbarschaft eines Störfallbetriebs ausnahmslos abzulehnen und das Abstandskriterium damit zum alleinigen Genehmigungs- oder Ablehnungskriterium zu machen oder - im Falle einer Planung - zu unterlassen. Art. 12 Abs. 1 RL 96/82/EG gestattet es vielmehr, den „störfalltechnisch“ ermittelten angemessenen Abstand zu unterschreiten, wenn im Einzelfall hinreichend gewichtige Belange für die Zulassung des Vorhabens streiten. In Betracht kommen insbesondere soziale, ökologische und wirtschaftliche Belange (EuGH, Urt. v. 15.9.2011 - C-53/10 - UPR 2011, 443; BVerwG, Urt. v. 20.12.2012 - 4 C 11.11 -BVerwGE 145, 290).
47 
(3) In welcher Weise dieser Wertungsspielraum auszufüllen ist, gibt Art. 12 Abs. 1 RL 96/82/EG den Mitgliedstaaten nicht vor. Die Richtlinie lässt den Mitgliedstaaten in instrumenteller Hinsicht Spielräume, um der Berücksichtigungspflicht des Abstandserfordernisses - mit den Worten des EuGH - „in allgemeiner Weise bei der Aufstellung der Flächenausweisungs- oder Flächennutzungspläne“ oder - mangels einer Planung - „in spezifischer Weise ... beim Erlass von Entscheidungen über Baugenehmigungen“ nachzukommen (EuGH, Urt. v. 15.9.2011 - C-53/10 - UPR 2011, 443 Rn. 50; BVerwG, Urt. v. 20.12.2012 - 4 C 11.11 - BVerwGE 145, 290). Die Planungsbehörden sind deshalb nicht gehindert, die Pflicht zur Berücksichtigung angemessener Abstände auf die Genehmigungsbehörden zu übertragen (EuGH, Urt. v. 15.9.2011 - C-53/10 - a.a.O. Rn. 26).
48 
(4) Entscheidet sich die Gemeinde für das Instrument der Bauleitplanung, ist den Erfordernissen des Art. 12 Abs. 1 RL 96/82/EG in planerischer Weise Rechnung zu tragen. Die von der Richtlinie geforderten Wertungsspielräume gehen im bauleitplanerischen Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7, § 2 Abs. 3 BauGB) auf, in dessen Rahmen der Trennungsgrundsatz (§ 50 BImSchG) als Abwägungsdirektive zu beachten ist (BVerwG, Urt. v. 20.12.2012 - 4 C 11.11 -BVerwGE 145, 290; vgl. auch Beschl. v. 16.3.2010 - 4 BN 66.09 - NVwZ 2010, 1246; Beschl. v. 21.12.2011 - 4 B 14.11 - BauR 2012, 600). Den Anforderungen der RL 96/82/EG wird genügt, wenn im Rahmen der Abwägung auch die Belange des Störfallrechts und des Störfallschutzes beachtet werden (Reitberger, I+E 2012, 145; Berkemann, ZfBR 2010, 18; Moench/Henning, DVBl. 2009, 223; Steiff, NZBau 2007, 363; Hendler, DVBl. 2012, 532; Uechtritz, BauR 2012, 1039, Reidt, BauR 2012, 1182; Lau, DVBl. 2012, 678).
49 
bb) Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist auch in Ansehung der im Planungsbereich vorhandenen Störfallbetriebe eine Ausweisung des von der Veränderungssperre erfassten Areals als Gewerbegebiet nicht auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen.
50 
(1) Zwar wird im Rahmen einer Bauleitplanung dem störfallschutzrechtlichen Abstandsgebot nach Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2. RL 96/82/EG und in deren Umsetzung dem Trennungsgebot des § 50 Satz 1 BImSchG ein besonderes Gewicht in der planerischen Abwägung beigemessen werden müssen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 6.3.2008 - 10 D 103/06.NE - BRS 73 Nr. 33 [2008]). Gleichwohl ist das störfallschutzrechtliche Abstandsgebot im Einzelfall überwindbar. Insbesondere können geringere Abstände hingenommen werden, wenn - vor allem in bestehenden Gemengelagen - andere Maßnahmen zur Risikovorsorge festgesetzt werden (Reitberger, I+E 2012, 154). Eine ordnungsgemäße Abwägung setzt daher in erster Linie voraus, dass die vorhandenen Störfallbetriebe - oder bei projektbezogenen oder vorhabenbezogenen Bebauungsplänen die sich künftig ansiedelnden Störfallbetriebe - hinreichend erfasst werden und in Bezug auf diese der jeweilig angemessene Abstand ermittelt wird. Hierbei kann der Leitfaden der Kommission für Anlagesicherheit beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (KAS) „Empfehlungen für Abstände zwischen Betriebsbereichen nach der Störfall-Verordnung in schutzbedürftigen Gebieten im Rahmen der Bauleitplanung - Umsetzung § 50 BImSchG“ vom November 2010 eine Orientierungshilfe darstellen. Eine fehlerfreie Abwägung setzt nach zutreffender Ermittlung der Störfallbetriebe ferner voraus, dass die Belange des Störfallschutzes in ihrer Bedeutung richtig erkannt werden. Dies gilt insbesondere, wenn ausgehend von der konkreten Lage und Beschaffenheit des Betriebsbereichs eines Störfallbetriebs der hierauf bezogene angemessene Abstand unterschritten werden soll. Entscheidende Kriterien für die Gewichtung der Belange des Störfallschutzes werden insbesondere die Quantität und die Qualität der schutzbedürftigen Nutzungen sowie neben dem Ausmaß von möglichen Störfällen auch deren Eintrittswahrscheinlichkeit - soweit diagnostizierbar - sein.
51 
(2) Neben der reinen Abstandswahrung können auch weitere Maßnahmen zur Reduzierung der Auswirkungen von Störfällen in den Blick zu nehmen sein. Hierbei ist an passive Schutzmaßnahmen wie die Anlegung von Gräben, Mauern oder Wällen zu denken. Ferner können Festsetzungen zur Gebäudestellung und besondere Anforderungen an Gebäude, insbesondere Fenster, Türen und Lüftung in Betracht zu ziehen sein. Weiterhin können Gesichtspunkte der Koordinierung von Alarmierungs- und Evakuierungsplänen, deren Effektivität in städtebaulichen Verträgen sichergestellt werden können, bei der planerischen Bewältigung des Störfallschutzes mitbedacht werden. Bei all diesen Maßnahmen ist deren eigene Störfallanfälligkeit bei der Frage ihrer Effektivität zur Sicherstellung eines Störfallschutzes zu berücksichtigen.
52 
Die vorgenannten Maßnahmen können auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB festsetzungsfähiger Inhalt eines Bebauungsplans sein. Ein weiteres Instrumentarium zur Bewältigung des Störfallschutzes bei einem Nebeneinander von Störfallbetrieb und anderen Nutzungen sind die in § 1 Abs. 4 - 9 BauNVO aufgeführten Möglichkeiten der vertikalen und horizontalen Innengliederung von Baugebieten einschließlich der Fremdkörperfestsetzung nach § 1 Abs. 10 BauNVO. Hierbei kann eine In-Sich-Gliederung nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO in Betracht kommen, der nicht nur eine Gliederung nach der Art der Betriebe und Anlagen ermöglicht, sondern auch nach besonderen Bedürfnissen sowie besonderen Eigenschaften (vgl. Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, 4. Aufl. 2010, Rn. 540 f.). Insoweit ist insbesondere auf § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO hinzuweisen, der in Bezug auf Gewerbe- und Industriegebiete bestimmt, dass diese auch im Verhältnis zueinander gegliedert werden können. § 1 Abs. 5 und Abs. 9 BauNVO ermöglicht zudem beispielsweise einen Ausschluss bestimmter Nutzungen, die aufgrund ihrer Eigenart von der Störfallgefahr bereits vorhandener Störfallbetriebe in besonderem Maße betroffen sind. Diese bauleitplanerischen Instrumente sind geeignet, gerade bei der Überplanung von Gemengelagen mit bereits bestehenden Störfallbetrieben einen planungsrechtlichen Störfallschutz zu ermöglichen.
53 
Das bauleitplanerische Instrumentarium bietet danach ausreichend Möglichkeiten für die Gemeinde, auch bei der Überplanung von Gemengelagen einen den Anforderungen der RL 96/82/EG genügenden Störfallschutz zu gewährleisten. Allein der Umstand, dass im räumlichen Geltungsbereich der Veränderungssperre Störfallbetriebe vorhanden sind, führt daher nicht dazu, dass dem beabsichtigten Bebauungsplan tatsächliche oder rechtliche Hindernisse auf unabsehbare Zeit entgegenstehen. Dies gilt im vorliegenden Fall insbesondere auch deshalb, weil nicht der gesamte räumliche Geltungsbereich des beabsichtigen Bebauungsplans von den „Achtungsabständen“ erfasst wird, die nach dem von der Antragstellerin vorgelegten Standortgutachten zur Ermittlung von Achtungsabständen den darin liegenden Störfallbetrieben zugeordnet werden. Im Übrigen erfolgten gegenüber der Situation im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens weitere Rückbaumaßnahmen.
54 
c) Eine unzulässige Negativplanung, die - wie die Antragstellerin meint allein auf Verhinderung der von der Fa. Z... beabsichtigten Abfallentsorgungsanlage gerichtet ist, liegt gleichfalls nicht vor.
55 
Eine Planung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht für den Erlass einer Veränderungssperre nicht aus. Sind positive Planungsvorstellungen nur vorgeschoben, um eine in Wahrheit auf bloße Verhinderung gerichtete Planung zu verdecken, so handelt es sich um eine Negativplanung, die den Erlass einer Veränderungssperre nicht rechtfertigt (BVerwG, Urt. v. 19.2.2004 - 4 CN 16.03 - BVerwGE 120, 138; Urt. v. 30.8.2012 - 4 C 1.11 – BVerwGE 144, 82).
56 
Festsetzungen in einem Bebauungsplan sind aber selbst dann nicht als „Negativplanung“ wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 BauGB unwirksam, wenn ihr Hauptzweck in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen besteht. Sie sind vielmehr nur unzulässig, wenn sie nicht dem planerischen Willen der Gemeinde entsprechen und also vorgeschoben sind, um eine andere Nutzung zu verhindern. Festsetzungen dürfen mithin nicht nur das vorgeschobene Mittel sein, um einen Bauwunsch zu durchkreuzen. Letzteres kann aber nicht bereits dann angenommen werden, wenn die negative Zielrichtung im Vordergrund steht. Denn auch eine zunächst nur auf die Verhinderung einer - aus der Sicht der Gemeinde -Fehlentwicklung gerichtete Planung kann einen Inhalt haben, der rechtlich nicht zu beanstanden ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.12.1990 - 4 NB 8.90 -DÖV 1991 S. 744; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 3.3.2005 - 3 S 1524/04 - VBlBW 2006, 142).
57 
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin liegt bei Anwendung dieser Grundsätze eine unzulässige Negativplanung nicht vor. Dies gilt selbst dann, wenn der Bauwunsch der Fa. Z... die Einleitung des Bauplanungsverfahrens mitbeeinflusst haben sollte. Das - oben - dargestellte positive Planungsziel der Antragsgegnerin beinhaltet notwendigerweise die Verhinderung weiterer Gewerbebetriebe mit für ein Industriegebiet typischen Nutzungen, wie dies von der Antragstellerin im Rahmen ihres „Ansiedlungsmanagements“ angestrebt wird. Das auf dem Grundstück der Antragstellerin beabsichtigte - und bereits zur Genehmigung gestellte - Vorhaben der Fa. Z... würde den derzeitigen von der Antragsgegnerin unerwünschten planungsrechtlichen Zustand perpetuieren und ihren konkreten Planungsabsichten zuwiderlaufen. Wenn die Antragsgegnerin den Bauwunsch der Fa. Z... zum Anlass genommen haben sollte, ihre ersichtlich von städtebaulichen Gründen getragenen Planungsabsichten mit den Instrumenten des Bauplanungsrechts zu sichern, kann dies daher rechtlich nicht beanstandet werden.
58 
d) Schließlich führt auch der weitere Einwand der Antragstellerin, eine abwägungsgerechte Planung sei im vorliegenden Fall unter keinem möglichen Gesichtspunkt denkbar, nicht zur Unwirksamkeit der Veränderungssperre.
59 
Zu einer sachgerechten Abwägung im Zusammenhang mit dem Störfallschutz bei der Überplanung von Gemengelagen mit bereits vorhandenen Störfallbetrieben zählt zwar zweifellos nicht allein der Schutz von Nachbarschaft und Umweltgütern vor den Schadensfolgen im Falle eines Störfallereignisses. Vielmehr sind auch die Belange der Störfallbetriebe einschließlich etwaiger Erweiterungsinteressen abwägungsbedeutsam (§ 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst. a BauGB). Es bestehen jedoch - entgegen der pauschalen Behauptung der Antragstellerin - keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Planung der Antragsgegnerin im Hinblick auf die Belange der im Plangebiet vorhandenen Störfallbetriebe sowie der grundrechtlich geschützten Freiheit des Betriebsinhabers (Art. 12 und Art. 14 GG) zwangsläufig zu keinem mit den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Abwägung vereinbaren Ergebnis führen wird.
60 
Zudem unterliegt die Veränderungssperre selbst nicht dem allgemeinen Abwägungsgebot gemäß § 1 Abs. 7 BauGB, sondern nur der Prüfung, ob sie zur Erreichung des mit ihr verfolgten Sicherungszwecks erforderlich ist. Darauf, ob der noch nicht beschlossene künftige Bebauungsplan in seinen Festsetzungen möglicherweise dem Abwägungsgebot entsprechen wird, kommt es deshalb nicht an. Entscheidend ist allein, ob die beabsichtigte Planung auf ein Ziel gerichtet ist, das im konkreten Fall mit den Mitteln der Bauleitplanung zulässigerweise erreicht werden kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.9.1992 - 4 NB 35.92 - DÖV 1993, 250; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 3.3.2005 - 3 S 1524/04 - VBlBW 2006, 170). Wie dargestellt, ist das hier der Fall.
61 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
62 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
63 
Beschluss vom 10. März 2015
64 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG endgültig auf 30.000,-- EUR festgesetzt.
65 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

Tenor

Die Anträge werden abgewiesen.

Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragstellerinnen wenden sich gegen die am 3.2.2004 vom Gemeinderat der Antragsgegnerin beschlossene und am 26.2.2004 öffentlich bekannt gemachte Veränderungssperre für die Grundstücke ...-... (Flst.-Nr. 4260), ... (Flst.-Nr. 2970) und ... (Flst.-Nr. 4075) der Mannheimer Innenstadt, mit der die durch Aufstellungsbeschluss vom 1.4.2003 eingeleitete Bauleitplanung mit dem Ziel der Inkraftsetzung des Bebauungsplans Nr. 11/42 („Fortentwicklung eines Teilbereichs der Innenstadt Mannheims durch Ausschluss unerwünschter Nutzungen“) gesichert werden soll.
Der neue Bebauungsplan Nr. 11/42 soll den Bebauungsplan Nr. 11/40 („Bebauungsplan zur Festsetzung des Gebietscharakters und zur Regelung der Zulässigkeit von Vergnügungsstätten in der Kernzone der Innenstadt Mannheims“), den Bebauungsplan Nr. 13/7 („Grundstücke ...-... und ein Teilstück der K...straße“), den Bebauungsplan Nr. 13/33 („...“), den Bebauungsplan Nr. 13/34 („...“), den Bebauungsplan Nr. 13/36 („Bahnhofsvorplatz in Mannheim-Innenstadt“) sowie weitere Bebauungspläne teilweise ändern. Ausgewiesenes Ziel des künftigen Bebauungsplans Nr. 11/42 - und damit der Veränderungssperre - ist die Verhinderung eines so genannten „Trading-Down-Effektes“ in der Mannheimer Innenstadt. Hierunter wird ein Verdrängungsprozess des traditionellen Einzelhandels und seiner Käuferschichten verstanden durch bestimmte Vergnügungsstätten, insbesondere Sex-Shops, aber auch Spielhallen oder Diskotheken, die - auch weil sie zumindest teilweise nicht an die Beschränkungen des Landeschlussgesetzes gebunden sind - zur Bezahlung höherer Mietpreise bereit und in der Lage sind und so durch verstärkte Ansiedelung auf Grund ihres Erscheinungsbildes zu einer Niveauabsenkung des Gebiets führen, welches, nach sukzessiver Schließung der traditionellen Betriebe, schließlich in ein reines Vergnügungsviertel „umkippen“ kann. In dem, wie bisher, voraussichtlich überwiegend als Kerngebiet (MK) definierten Gebiet des neuen Bebauungsplans Nr. 11/42 soll die Zulässigkeit von Vergnügungsstätten und auch Sex-Shops umfassend geregelt werden. Die bisherige Regelung der dortigen Zulässigkeit von „Vergnügungsstätten nur in den Erdgeschossen“ genügt nach Ansicht des Gemeinderats der Antragsgegnerin auf Grund „entsprechender Tendenzen der jüngsten Zeit“ nicht mehr. Nach Aktenlage ist die angegriffene Veränderungssperre eine gezielte Reaktion auf drei, den geplanten Festsetzungen widersprechende Bauanträge hinsichtlich der drei von ihr betroffenen Grundstücke im künftigen Plangebiet.
Die Antragstellerin zu 1 ist Mieterin, die Antragstellerin zu 2 Eigentümerin eines dieser drei Grundstücke, nämlich des in ... gelegenen Flurstücks-Nr. 2970, das mit einem Mehrfamilien- und Geschäftshaus bebaut ist. Nach ihren Angaben hat die Antragstellerin zu 1 das Erdgeschoss sowie das 1. Obergeschoss dieses Gebäudes angemietet; die beiden Geschosse wurden zuvor als Schuhgeschäft und Kino genutzt. Die Antragstellerin zu 1 nutzt die Räumlichkeiten im Erdgeschoss nunmehr als Erotik-Shop. Zur Ergänzung desselben plant sie im früheren Kinobereich des Obergeschosses den Einbau von 12 Videokabinen, wofür sie schon am 31.10.2002 einen Vorbescheid beantragt hatte. Die Entscheidung hierüber wurde von der Antragsgegnerin gemäß § 15 BauGB mit Zurückstellungsbescheid vom 7.4.2003 im Hinblick auf die künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 11/42 bis zum 6.4.2004 ausgesetzt. Ergänzend wurde darauf hingewiesen, dass dem Vorhaben auch die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur Herstellung notwendiger Stellplätze entgegenstehen könnte. Auch dieses Argument griff die Antragstellerin zu 1 mittels Widerspruchs an; ihr stehe auf Grund der letzten genehmigten Nutzung des Obergeschosses als Kino ein bestandsgeschütztes Guthaben von vier Stellplätzen zu, das die drei nun erforderlichen Plätze übersteige.
Die Antragstellerinnen sind der Auffassung, die Veränderungssperre sei rechtswidrig. Denn sie diene nicht der Sicherung einer zulässigen Planung, weil das verfolgte Planungsziel nicht zu einem rechtmäßigen Bebauungsplan führen könne; jedenfalls aber sei die Veränderungssperre nicht erforderlich. Auch liege hier der Fall einer unzulässigen Negativplanung vor. Auffallend sei zudem, dass der Planaufstellungsbeschluss vom 1.4.2003 für den Bebauungsplan Nr. 11/42 in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der „Hinhaltetaktik“ der Antragsgegnerin hinsichtlich der Erteilung des begehrten Bauvorbescheids stehe.
Nach der Zielsetzung des künftigen Bebauungsplans sollten „unerwünschte Nutzungen“ unterbunden werden; dies sei ein problematisches, weil rein voluntatives und rechtlich vollkommen offenes Merkmal. Die Antragsgegnerin plane insoweit im Übrigen weder die Verfolgung neuer Ziele, d.h. die Erfüllung eines künftigen Bedarfs, noch die Lenkung einer Entwicklung in geordnete Bahnen auf Grund geänderter Sachlage. Tatsächlich würden keine neuen Ziele verfolgt. Die vorgegebene Verhinderung eines „Trading-Down-Effekts“ sei bereits Ziel des bisherigen Bebauungsplans Nr. 11/40 gewesen, der allerdings kerngebietstypisch in den Erdgeschossen nur Vergnügungsstätten, nicht aber Sex-Shops, ausgeschlossen habe. Eine geänderte Sachlage im Geltungsbereich des künftigen Bebauungsplans könne nicht erkannt werden. Schon in der Begründung des Bebauungsplans Nr. 11/40 sei auf die verstärkte Ansiedelung einer bestimmten Art von Vergnügungsstätten hingewiesen worden. Mit der Veränderungssperre werde mithin schon keine rechtlich zulässige Planungsabsicht gesichert.
Der künftige Bebauungsplan Nr. 11/42 sei zudem voraussichtlich unangemessen und damit auch gemäß § 1 Abs. 6 bzw. Abs. 7 BauGB abwägungsfehlerhaft. Das vorgesehene weit reichende Verbot von Vergnügungsstätten widerspreche § 7 BauNVO und bedeute einen erheblichen Eingriff in die Grundrechte der Antragstellerinnen aus Art. 12 und Art. 14 GG. Die Planungsabsicht stehe einem übermäßigen Gewerbeverbot gleich. Mildere Mittel der Verhinderung von Attraktivitätsverlusten der Mannheimer Innenstadt seien nicht genutzt worden. Die Veränderungssperre sei mithin nicht erforderlich. Auch bei Zulassung der geplanten Videokabinen zeichne sich kein „Trading-Down-Effekt“ ab. Es sei zu betonen, dass die Antragstellerin zu 1 im Erdgeschoss des betroffenen Gebäudes bereits einen Erotik-Shop betreibe. Durch die Zulassung der 12 Videokabinen im Obergeschoss des Gebäudes werde eine „Verelendung“ der Innenstadt nicht ansatzweise herbeigeführt. Hierzu müssten schon viele weitere „unerwünschte Nutzungen“ hinzutreten, die nicht ersichtlich seien. Anders als im Falle der Antragstellerin zu 1 könnten sich weitere, später hinzutretende Nutzungswünsche nicht mehr auf die Festsetzungen des bisherigen Bebauungsplans Nr. 11/40 berufen. Zur Erreichung des Planungsziels genüge es mithin, wenn die Errichtung weiterer Vergnügungsstätten zukünftig ausgeschlossen werde.
Am 25.6.2004 haben die Antragstellerinnen das Normenkontrollverfahren eingeleitet.
Sie beantragen,
die am 3.2.2004 beschlossene und am 26.2.2004 bekannt gemachte Veränderungssperre der Stadt Mannheim, betreffend die im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 11/42 gelegenen Grundstücke ... bis ... (Flst.-Nr. 4260), ...(Flst.-Nr. 2970) und ...(Flst.-Nr. 4075) in Mannheim-Innenstadt für unwirksam zu erklären.
10 
Die Antragsgegnerin beantragt,
11 
die Anträge abzuweisen.
12 
Sie trägt vor, die Veränderungssperre sei wirksam. Denn im vorliegenden Fall werde dem Gebot positiver Bauleitplanung hinreichend entsprochen. Es werde das Ziel verfolgt, die Innenstadt als attraktive Einkaufslage und Wohnstandort durch Eindämmung weiterer Vergnügungsstätten und Sex-Shops zu erhalten und fortzuentwickeln. Hierzu werde voraussichtlich im größten Teil des Plangebiets ein Kerngebiet (MK) sowie in einzelnen Bereichen Mischgebiet (MI) und Besonderes Wohngebiet (WB) festgesetzt; der Ausschluss der unerwünschten Nutzungen werde in differenzierter Weise im Wege der Gliederung nach § 1 Abs. 4-9 BauNVO erfolgen. Im Übrigen könnten ohnehin auch negative Planungsziele eine städtebauliche Planung rechtfertigen. Die hier auf Verhinderung einer Fehlentwicklung gerichtete Planung entspreche jedenfalls den Anforderungen des § 1 Abs. 3 BauGB und sei nicht lediglich vorgeschobenes Mittel, den Bauwunsch der Antragstellerin zu 1 zu durchkreuzen. Dies belegten auch die beiden anderen zurückgestellten Vorhaben auf den ebenfalls von der Veränderungssperre erfassten Grundstücken ...-... und ...
13 
Der Umstand, dass in einem Teilbereich des künftigen Bebauungsplans Nr. 11/42 mit dem Bebauungsplan Nr. 11/40 bereits Regelungen zur Zulässigkeit von Vergnügungsstätten bestünden, hindere die Antragsgegnerin nicht an einer Änderung bzw. Verschärfung derselben sowie dem diesbezüglich sichernden Erlass einer Veränderungssperre. Die bisherigen Regelungen würden als unzureichend angesehen zur Bekämpfung des so genannten „Trading-Down-Effektes“. Zudem werde das Ziel verfolgt, schon die Ansiedelung von Sex-Shops zu steuern, für die es hier bisher keine hinreichenden Beschränkungen gebe.
14 
Dieses Planungskonzept sei mit dem Instrumentarium bauplanerischer Festsetzungen auch erreichbar. Mittels § 1 Abs. 9 BauNVO könnte insbesondere die Unzulässigkeit von Vergnügungsstätten und Einzelhandelsgeschäften mit überwiegendem Sex- und Erotiksortiment geregelt werden. Auch gehe die Behauptung der Antragstellerin zu 1 fehl, eine abwägungsgerechte Planung sei hier ausgeschlossen. Denn keineswegs plane die Antragsgegnerin ein vollständiges Verbot von Vergnügungsstätten. Vielmehr solle durch horizontale und vertikale Gliederung des Plangebiets ein genügender Spielraum für die Zulassung von Vergnügungsstätten und Sex-Shops gelassen und hierdurch auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung getragen werden.
15 
Zur Sicherung der Planung sei die Veränderungssperre räumlich erforderlich, weil zum Beschlusszeitpunkt nur hinsichtlich der drei betroffenen Grundstücke entsprechende Baugesuche vorgelegen hätten und hier die Möglichkeit der Zurückstellung ausgeschöpft worden sei, die demgegenüber bei eventuellen weiteren Vorhaben zunächst noch genutzt werden könne. Die Veränderungssperre sei auch sachlich gerechtfertigt, weil insoweit schon eine abstrakte Gefährdung des Sicherungszweckes genügen würde, die unzweifelhaft gegeben sei. Aber auch konkret trage die Zulassung einer Vergnügungsstätte im Obergeschoss des Erotik-Shops der Antragstellerin zu 1 mit 12 Videokabinen zur Vorführung von Sexfilmen selbstverständlich zu einer weiteren Niveauabsenkung bei. Schon jetzt könne für das Nachbargebäude zwischen dem Erotik-Shop der Antragstellerin zu 1 und einem weiteren Erotik-Shop an der anderen Gebäudeseite offenbar kein geeigneter Mieter mehr gefunden werden. Die Antragsgegnerin habe zudem auch im Hinblick auf das Stadtjubiläum im Jahr 2007 ein legitimes Interesse daran, die im Bebauungsplanentwurf dargestellten „unerwünschte Nutzungen“ im Plangebiet weitestgehend zu unterbinden. Im Bebauungsplanverfahren Nr. 11/42 sei am 7.12.2004 der Billigungsbeschluss ergangen; auch die öffentliche Auslegung gemäß § 3 Abs. 2 BauGB sei mittlerweile erfolgt.
16 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten und die dem Senat vorliegenden Akten der Antragsgegnerin verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
17 
I. Die Normenkontrollanträge sind zulässig.
18 
Die Normenkontrollanträge sind statthaft, denn die Antragstellerinnen wenden sich gegen eine Veränderungssperre, die als Satzung nach dem Baugesetzbuch beschlossen worden ist und deren Gültigkeit vom erkennenden Senat gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO überprüft werden kann.
19 
Die Anträge sind auch im Übrigen zulässig. Die Antragsbefugnis gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO der Antragstellerin zu 2 ergibt sich aus ihrer Eigentümerstellung hinsichtlich des von der Veränderungssperre erfassten Grundstücks Flst.-Nr. 2970. Die Antragsbefugnis der Antragstellerin zu 1 ergibt sich aus dem Umstand, dass sie bezüglich dieses Grundstücks einen Mietvertrag abgeschlossen sowie als Bauherrin einen Vorbescheid beantragt hat, dem nunmehr auf Grund der angegriffenen Veränderungssperre nicht mehr entsprochen werden kann. Auch die Antragstellerin zu 1 kann mithin geltend machen, durch die angegriffene Satzung im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO möglicherweise in ihren Rechten verletzt zu sein (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.5.1994 - 4 NB 27.93 -, NVwZ 1995 S. 264; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.12.1991 - 8 S 14/89 -, NVwZ-RR 1993 S. 122; BayVGH, Urt. v. 29.8.1996 - 26 N 95.2983 -, NVwZ 1997 S. 1016).
20 
II. Die Normenkontrollanträge sind jedoch nicht begründet.
21 
Die Satzung der Antragsgegnerin über die Veränderungssperre begegnet weder in formell-rechtlicher noch in materiell-rechtlicher Hinsicht durchgreifenden Bedenken. Formelle Mängel sind nicht vorgetragen; solche sind auch nicht ersichtlich. Die Satzung steht auch im Übrigen in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Voraussetzungen:
22 
1. Eine Gemeinde kann gemäß § 14 Abs. 1 BauGB zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre beschließen mit dem Inhalt, dass Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen (Nr. 1) bzw. erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen (Nr. 2), sobald der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist. Auf Grund des vom Gemeinderat der Antragsgegnerin am 1.4.2003 erlassenen Aufstellungsbeschlusses für den Bebauungsplan Nr. 11/42 konnte mithin am 3.2.2004 auch die angegriffene Veränderungssperre beschlossen werden.
23 
Allein der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans genügt für die Wirksamkeit einer Satzung über eine Veränderungssperre jedoch nicht. Eine Veränderungssperre darf vielmehr insbesondere erst dann erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Die Planung muss dabei nicht bereits einen Stand erreicht haben, der nahezu den Abschluss des Verfahrens ermöglicht; ein detailliertes und abgewogenes Planungskonzept ist so nicht zu fordern. Ausreichend ist, dass sich aus dem Planaufstellungsbeschluss oder weiteren Verfahrensschritten wenigstens ansatzweise ersehen lässt, was Inhalt des zukünftigen Bebauungsplans sein soll.
24 
Diesen Mindestanforderungen wird etwa genügt, wenn die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre bereits einen bestimmten Baugebietstyp ins Auge gefasst und somit bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt hat; eine reine Negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht nicht aus. Wenn selbst Vorstellungen über die angestrebte Art der baulichen Nutzung der betroffenen Grundflächen fehlen, ist der Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans noch offen. Die nachteiligen Wirkungen der Veränderungssperre wären - auch vor dem Hintergrund des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG - nicht erträglich, wenn sie zur Sicherung einer Planung dienen sollte, die sich in ihrem Inhalt in keiner Weise absehen lässt.
25 
Ein Mindestmaß an konkreter planerischer Vorstellung gehört mithin zur Konzeption des § 14 BauGB, wie im Übrigen auch Abs. 2 Satz 1 der Norm verdeutlicht. Hiernach kann eine Ausnahme von der Veränderungssperre zugelassen werden, wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Ob der praktisch wichtigste öffentliche Belang, nämlich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung, beeinträchtigt ist, kann aber nur beurteilt werden, wenn die planerischen Vorstellungen der Gemeinde nicht noch völlig offen sind (vgl. zu alledem: BVerwG, Urt. v. 19.2.2004 - 4 CN 16.03 -, NVwZ 2004 S. 858, und Beschl. v. 19.5.2004 - 4 BN 22.04 -, ; jeweils m.w.N.; vgl. zudem VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.11.2004 - 3 S 1091/04 - und Beschl. v. 4.2.1999 - 8 S 39/99 -, VBlBW 1999 S. 266).
26 
Eine Veränderungssperre ist schließlich als Sicherungsmittel ungeeignet und damit unwirksam, wenn die beabsichtigte Bauleitplanung zwar im oben aufgezeigten Sinne schon hinreichend konkretisiert ist, sich jedoch das erkennbare Planungsziel im Wege planerischer Festsetzung nicht erreichen lässt, oder wenn dieses der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind, oder wenn der beabsichtigte Bauleitplan schon jetzt erkennbar schlechterdings nicht behebbare rechtliche Mängel aufweist (vgl. BVerwGE 34, 301; 81, 111 und Beschl. v. 21.12.1993 - 4 NB 40.93 -, NVwZ 1994 S. 685 sowie Senatsurteil v. 19.11.2004 - 3 S 1091/04 -).
27 
2. Bei Zugrundelegung dieser Grundsätze ist die angefochtene Veränderungssperre nicht zu beanstanden.
28 
a. Die Antragsgegnerin hat hinreichend konkrete und positive Planungsvorstellungen für das Gebiet des aufzustellenden Bebauungsplans Nr. 11/42 entwickelt. Sie will primär einen so genannten „Trading-Down-Effekt“ in der Mannheimer Innenstadt verhindern. Positiv formuliert soll dies nach den in der Beschlussvorlage vom 4.3.2002 (Nr. 122/2003) differenziert aufgeführten Planungszielen der Standortsicherung und Aufwertung von Einzelhandel und Dienstleistung, die die Funktionserfüllung der Innenstadt leisten, dienen, der Sicherung der Funktion der Stadt als Oberzentrum, der Erfüllung der Ansprüche der Bewohner und Besucher an die Attraktivität der Innenstadt, der Erhaltung der Nutzungsvielfalt der Innenstadt sowie der Entgegenwirkung von gegenseitigen Beeinträchtigungen unterschiedlicher Nutzungen, sowie der Sicherung der Innenstadt als Wohnstandort.
29 
In der Beschlussvorlage vom 4.3.2002 wird plausibel dargelegt, dass jüngste Entwicklungen im Innenstadtbereich Mannheims die Annahme nahe legen, dass auch in Zukunft mit einem weiteren Zuzug von Vergnügungsstätten und Einzelhandelsbetrieben mit überwiegend erotisch-sexuellem Angebot (Sex-Shops) zu rechnen ist. Es sei festzustellen, dass der nördliche Bereich der Kurpfalzstraße zwischen Marktplatz und Kurpfalzbrücke derzeit eine gute Attraktivität bei sehr jungen Einzelhandelskunden besitze, die es zu sichern und auszubauen gelte. Zum anderen sei auch wieder eine erfreuliche Tendenz zur Ansiedelung höherwertigen Handels, wie z.B. Boutiquen bzw. ein Juwelier, zu beobachten. Zudem sei die Anziehungskraft des Einzelhandels und damit der Einkaufsstadt Mannheim, trotz erheblicher Konkurrenz im Umland, derzeit ungebrochen. Für die Bevölkerung erfülle die Mannheimer Innenstadt so eine Reihe wichtiger Funktionen. Neben dem Wohnen, Arbeiten sowie der Freizeit- und Kulturgestaltung spiele die Versorgung mit Waren und Dienstleistungen eine bedeutende Rolle. Die Einkaufsattraktivität der Innenstadt zu sichern und - wenn möglich - noch auszubauen, sei von fundamentaler Bedeutung für den Mannheimer Einzelhandel und die Stadt insgesamt. Wichtig sei dabei die Positionierung Mannheims gegenüber den Mittelzentren und den beiden anderen Oberzentren der Region sowie den Standorten in den Gewerbe- bzw. Sondergebieten und den großflächigen Einzelhandelsbetrieben auf der so genannten „grünen Wiese“. Dies alles gelte es durch die verstärkte Eindämmung von Vergnügungsstätten und insbesondere Sex-Shops zu sichern. Ziel der Wirtschafts- und Strukturpolitik der Stadt Mannheim sei es, hierdurch eine weitere Steigerung der Einkaufsattraktivität u.a. durch städtebauliche Aufwertungsmaßnahmen und eine Verbesserung des Branchenmixes zu erreichen.
30 
Wie der in den Akten enthaltene Vorentwurf zum Bebauungsplans Nr. 11/42 von Juni 2004 ergänzend illustriert, sind die positiven Vorstellungen der Antragsgegnerin über den Inhalt des künftigen Planes zwischenzeitlich mehr als nur im Mindestmaß entwickelt, sie sind offenkundig bereits recht weit gediehen. Das überwiegend als Kerngebiet (MK) definierte Bebauungsplangebiet soll hiernach voraussichtlich eingeteilt werden in Gebiete mit höchster (rot unterlegt), sehr hoher (gelb unterlegt), hoher (blau unterlegt) sowie normaler Schutzbedürftigkeit (grün unterlegt) hinsichtlich des „Trading-Down-Effekts“. Die einzelnen Gebiete wurden mittels insoweit „sensibler Bestandsbebauung“ (Schulen, Kirchen oder hochwertige Einzelhandelsbetriebe) schlüssig voneinander abgegrenzt. Hinsichtlich der nur als „normal schutzbedürftigen“ (grün unterlegten) Gebiete ist beabsichtigt, voraussichtlich keine Reglementierungen für Vergnügungsstätten und Sex-Shops festzusetzen, außer gegebenenfalls, wie bisher, die Beschränkung auf eine Nutzung nur der Erdgeschosse. Mithin werden voraussichtlich in einem angemessen großen Bereich der Mannheimer Innenstadt - nicht allerdings auf dem Grundstück der Antragstellerin zu 2 (dort derzeit vorgesehen: „höchste“ bzw. „hohe Schutzbedürftigkeit“) - weiterhin die ansonsten „unerwünschten Nutzungen“ in erheblichem Umfange kerngebietstypisch zulässig sein. Diese Konzeptionen der Antragsgegnerin genügen für die bei § 14 BauGB erforderliche Annahme eines Mindestmaßes an planerischen Vorstellungen.
31 
b. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass sich das erkennbare Planungsziel der Antragsgegnerin der Verhinderung des „Trading-Down-Effektes“ in der Mannheimer Innenstadt im Wege planerischer Festsetzung - insbesondere mittels des Instrumentariums des § 1 Abs. 4-9 BauNVO - nicht erreichen ließe, sind von den Antragstellerinnen weder vorgetragen noch sonst erkennbar. Die Verhinderung des „Trading-Down-Effekts“ kann - angesichts der in § 1 Abs. 5 BauGB aufgeführten Belange einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung wie etwa der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung (Abs. 5 Satz 2 Nr. 1), der Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen (Abs. 5 Satz 2 Nr. 2), der Erhaltung, Erneuerung und Fortentwicklung vorhandener Ortsteile (Abs. 5 Satz 2 Nr. 4), der Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge (Abs. 5 Satz 2 Nr. 6), und der Belange der Wirtschaft, gerade ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung (Abs. 5 Satz 2 Nr. 8) - auch nicht ernsthaft als ein Ziel angesehen werden, für dessen Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt wären. Vielmehr bestehen etwa gegen eine auf § 1 Abs. 5, Abs. 9 BauNVO gestützte Regelung eines Bebauungsplans mit dem Inhalt, dass Sex-Shops in einem festgesetzten Kerngebiet nur ausnahmsweise zulässig sind, keine Bedenken, wenn und soweit - wie voraussichtlich hier - besondere städtebauliche Gründe, wie insbesondere die Verhinderung des „Trading-Down-Effekts“, eine solche Beschränkung rechtfertigen (so schon OVG NRW, Urt. v. 9.1.1989 - 10a NE 75/86 -, NVwZ 1990 S. 85; Beschl. v. 11.10.2001 - 10 A 2288/00 - ).
32 
c. Auch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der künftige Bebauungsplan Nr. 11/42 an schlechterdings nicht behebbaren Mängeln leiden könnte. Insbesondere der sinngemäß geltend gemachte Verstoß gegen § 1 Abs. 3 BauGB ist nicht erkennbar. Denn hiernach haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Nicht erforderlich ist ein Bebauungsplan, wenn seiner Verwirklichung auf unabsehbare Zeit rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen. Das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit gilt dabei nicht nur für den Anlass, sondern auch für den Inhalt des Bebauungsplans, und zwar für jede Festsetzung (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.8.2000 - 4 CN 6.99 -, DVBl. 2001 S. 377; Urt. v. 18.3.2004 - 4 BN 4.03 -, NVwZ 2004 S. 856).
33 
Die Regelung des § 1 Abs. 3 BauGB erkennt damit die kommunale Planungshoheit an und räumt der Gemeinde Planungsermessen ein. Ein Bebauungsplan ist deshalb „erforderlich“ im Sinne dieser Vorschrift, soweit er nach der planerischen Konzeption der Gemeinde erforderlich ist. Dabei ist entscheidend, ob die getroffene Festsetzung „in ihrer eigentlichen gleichsam positiven Zielsetzung - heute und hier - gewollt und erforderlich ist“ (BVerwGE 40, 258 <262>). Sie darf mithin nicht nur das vorgeschobene Mittel sein, um einen Bauwunsch zu durchkreuzen. Letzteres kann aber nicht bereits dann angenommen werden, wenn die negative Zielrichtung im Vordergrund steht. Denn auch eine zunächst nur auf die Verhinderung einer - aus der Sicht der Gemeinde - Fehlentwicklung gerichtete Planung kann einen Inhalt haben, der rechtlich nicht zu beanstanden ist. Festsetzungen in einem Bebauungsplan sind somit als „Negativplanung“ nicht schon dann wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 BauGB unwirksam, wenn ihr Hauptzweck in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen besteht. Sie sind vielmehr nur unzulässig, wenn sie nicht dem planerischen Willen der Gemeinde entsprechen und also vorgeschoben sind, um eine andere Nutzung zu verhindern (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.12.1990 - 4 NB 8.90 -, DÖV 1991 S. 744).
34 
Entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen liegt bei Anwendung dieser Grundsätze keine unzulässige Negativplanung vor. Das detailliert dargelegte Planungsziel der Antragsgegnerin der Verhinderung eines „Trading-Down-Effektes“ in ihrer Innenstadt ist im Rahmen der oben aufgeführten städtebaulichen Belange des § 1 Abs. 5 BauGB nachvollziehbar und - in zulässiger Erweiterung und Verschärfung der Regelungen des bisherigen Bebauungsplans Nr. 11/40 - legitim und hält sich, auch unter Berücksichtigung der Grundrechtspositionen der Antragstellerinnen aus Art. 12 und Art. 14 Abs. 1 GG, im Rahmen des gemeindlichen Planungsermessens. Ersichtlich korrespondiert es mit der allgemeinen Wirtschafts- und Strukturpolitik der Antragsgegnerin und sichert diese bauplanungsrechtlich zulässig weiter ab (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 11.10.2001 - 10 A 2288/00 - ; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.12.1991 - 8 S 14/89 -, NVwZ-RR 1993 S. 122; Nds. OVG, Urt. v. 11.9.1986 - 1 C 26/85 -, NVwZ 1987 S. 1091).
35 
Dass es der Antragsgegnerin mit dem beabsichtigten Erlass des Bebauungsplans Nr. 11/42 zielgerichtet vorrangig um die Verhinderung der Erweiterung gerade des Erotik-Shops der Antragstellerin zu 2 im Obergeschoss des von ihr angemieteten Gebäudes gehen könnte, ist nicht ersichtlich. Ausweislich des Vorentwurfs zum Bebauungsplan Nr. 11/42 von Juni 2004 hat die Antragsgegnerin vielmehr ein ihre gesamte Innenstadt umspannendes planerisches Konzept entwickelt, das sie mit der angegriffenen Veränderungssperre - angesichts der drei vorliegenden, diesem Plankonzept widersprechenden Bauwünsche - plausibel zu sichern sucht. Dass die dargelegte Zielsetzung der Verhinderung eines „Trading-Down-Effektes“ in der Mannheimer Innenstadt von der Antragsgegnerin nur vorgeschoben worden sein könnte, mithin von ihr in Wahrheit andere Ziele verfolgt werden, ist nicht erkennbar.
36 
3. Eine Unwirksamkeit der angegriffenen Veränderungssperre kann schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Gebots gerechter Abwägung oder des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit angenommen werden.
37 
Die Veränderungssperre unterliegt selbst nicht dem allgemeinen Abwägungsgebot gemäß § 1 Abs. 6 bzw. Abs. 7 BauGB, sondern vielmehr der aufgezeigten Prüfung, ob sie zur Erreichung des mit ihr verfolgten Sicherungszwecks erforderlich ist. Deshalb ist nicht darauf abzustellen, ob der noch nicht beschlossene künftige Bebauungsplan in seinen Festsetzungen möglicherweise dem Abwägungsgebot entsprechen wird, sondern nur darauf, ob die beabsichtigte Planung überhaupt auf ein Ziel gerichtet ist, das im konkreten Fall mit den Mitteln der Bauleitplanung zulässigerweise erreicht werden kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.9.1992 - 4 NB 35.92 -, DÖV 1993 S. 250). Wie dargestellt, ist die Planung der Antragsgegnerin auf ein solches Ziel gerichtet. Auf die schriftsätzlich erhobene Behauptung der Antragstellerinnen, eine abwägungsgerechte Planung sei hier unter keinem möglichen Gesichtspunkt denkbar, - für die es keine hinreichenden Anhaltspunkte gibt und an der die Antragstellerinnen nach ihren Ausführungen in der mündlichen Verhandlung wohl auch nicht mehr festhalten - muss deshalb nicht weiter eingegangen werden.
38 
Auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird hinreichend Genüge getan. Dass sich die Veränderungssperre räumlich allein auf die drei Grundstücke ...-..., ... und ... bezieht, ist nicht zu beanstanden. Da nach Aktenlage im Zeitpunkt der Beschlussfassung nur für diese drei Grundstücke Bauanträge vorlagen, die voraussichtlich den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 11/42 zuwiderlaufen und bei denen die Möglichkeit der Zurückstellung von Baugesuchen gemäß § 15 BauGB ausgeschöpft worden war, wäre vielmehr ein räumlich erweiterter Geltungsbereich nicht erforderlich gewesen. Eine Veränderungssperre kann auch für nur wenige Grundstücke oder sogar für nur ein einziges Grundstück erlassen werden (vgl. BVerwGE 51, 121). Die Erforderlichkeit und sachliche Angemessenheit der Veränderungssperre ergibt sich im Übrigen hinsichtlich des Vorhabens der Antragstellerinnen unzweifelhaft schon aus dem Umstand, dass dieses den voraussichtlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 11/42 widerspricht. Auf die von den Antragstellerinnen aufgeworfene Frage, ob und in welchem Umfang negative städtebauliche Auswirkungen im Sinne eines „Trading-Down-Effektes“ konkret durch die Erweiterung ihres Erotik-Shops ausgelöst würden, kommt es insoweit nicht an. Diese Frage könnte allenfalls in einem Ausnahmeverfahren gemäß § 14 Abs. 2 BauGB von entscheidungserheblicher Bedeutung sein.
39 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 159 S. 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
40 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Gründe

 
17 
I. Die Normenkontrollanträge sind zulässig.
18 
Die Normenkontrollanträge sind statthaft, denn die Antragstellerinnen wenden sich gegen eine Veränderungssperre, die als Satzung nach dem Baugesetzbuch beschlossen worden ist und deren Gültigkeit vom erkennenden Senat gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO überprüft werden kann.
19 
Die Anträge sind auch im Übrigen zulässig. Die Antragsbefugnis gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO der Antragstellerin zu 2 ergibt sich aus ihrer Eigentümerstellung hinsichtlich des von der Veränderungssperre erfassten Grundstücks Flst.-Nr. 2970. Die Antragsbefugnis der Antragstellerin zu 1 ergibt sich aus dem Umstand, dass sie bezüglich dieses Grundstücks einen Mietvertrag abgeschlossen sowie als Bauherrin einen Vorbescheid beantragt hat, dem nunmehr auf Grund der angegriffenen Veränderungssperre nicht mehr entsprochen werden kann. Auch die Antragstellerin zu 1 kann mithin geltend machen, durch die angegriffene Satzung im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO möglicherweise in ihren Rechten verletzt zu sein (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.5.1994 - 4 NB 27.93 -, NVwZ 1995 S. 264; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.12.1991 - 8 S 14/89 -, NVwZ-RR 1993 S. 122; BayVGH, Urt. v. 29.8.1996 - 26 N 95.2983 -, NVwZ 1997 S. 1016).
20 
II. Die Normenkontrollanträge sind jedoch nicht begründet.
21 
Die Satzung der Antragsgegnerin über die Veränderungssperre begegnet weder in formell-rechtlicher noch in materiell-rechtlicher Hinsicht durchgreifenden Bedenken. Formelle Mängel sind nicht vorgetragen; solche sind auch nicht ersichtlich. Die Satzung steht auch im Übrigen in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Voraussetzungen:
22 
1. Eine Gemeinde kann gemäß § 14 Abs. 1 BauGB zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre beschließen mit dem Inhalt, dass Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen (Nr. 1) bzw. erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen (Nr. 2), sobald der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist. Auf Grund des vom Gemeinderat der Antragsgegnerin am 1.4.2003 erlassenen Aufstellungsbeschlusses für den Bebauungsplan Nr. 11/42 konnte mithin am 3.2.2004 auch die angegriffene Veränderungssperre beschlossen werden.
23 
Allein der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans genügt für die Wirksamkeit einer Satzung über eine Veränderungssperre jedoch nicht. Eine Veränderungssperre darf vielmehr insbesondere erst dann erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Die Planung muss dabei nicht bereits einen Stand erreicht haben, der nahezu den Abschluss des Verfahrens ermöglicht; ein detailliertes und abgewogenes Planungskonzept ist so nicht zu fordern. Ausreichend ist, dass sich aus dem Planaufstellungsbeschluss oder weiteren Verfahrensschritten wenigstens ansatzweise ersehen lässt, was Inhalt des zukünftigen Bebauungsplans sein soll.
24 
Diesen Mindestanforderungen wird etwa genügt, wenn die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre bereits einen bestimmten Baugebietstyp ins Auge gefasst und somit bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt hat; eine reine Negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht nicht aus. Wenn selbst Vorstellungen über die angestrebte Art der baulichen Nutzung der betroffenen Grundflächen fehlen, ist der Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans noch offen. Die nachteiligen Wirkungen der Veränderungssperre wären - auch vor dem Hintergrund des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG - nicht erträglich, wenn sie zur Sicherung einer Planung dienen sollte, die sich in ihrem Inhalt in keiner Weise absehen lässt.
25 
Ein Mindestmaß an konkreter planerischer Vorstellung gehört mithin zur Konzeption des § 14 BauGB, wie im Übrigen auch Abs. 2 Satz 1 der Norm verdeutlicht. Hiernach kann eine Ausnahme von der Veränderungssperre zugelassen werden, wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Ob der praktisch wichtigste öffentliche Belang, nämlich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung, beeinträchtigt ist, kann aber nur beurteilt werden, wenn die planerischen Vorstellungen der Gemeinde nicht noch völlig offen sind (vgl. zu alledem: BVerwG, Urt. v. 19.2.2004 - 4 CN 16.03 -, NVwZ 2004 S. 858, und Beschl. v. 19.5.2004 - 4 BN 22.04 -, ; jeweils m.w.N.; vgl. zudem VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.11.2004 - 3 S 1091/04 - und Beschl. v. 4.2.1999 - 8 S 39/99 -, VBlBW 1999 S. 266).
26 
Eine Veränderungssperre ist schließlich als Sicherungsmittel ungeeignet und damit unwirksam, wenn die beabsichtigte Bauleitplanung zwar im oben aufgezeigten Sinne schon hinreichend konkretisiert ist, sich jedoch das erkennbare Planungsziel im Wege planerischer Festsetzung nicht erreichen lässt, oder wenn dieses der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind, oder wenn der beabsichtigte Bauleitplan schon jetzt erkennbar schlechterdings nicht behebbare rechtliche Mängel aufweist (vgl. BVerwGE 34, 301; 81, 111 und Beschl. v. 21.12.1993 - 4 NB 40.93 -, NVwZ 1994 S. 685 sowie Senatsurteil v. 19.11.2004 - 3 S 1091/04 -).
27 
2. Bei Zugrundelegung dieser Grundsätze ist die angefochtene Veränderungssperre nicht zu beanstanden.
28 
a. Die Antragsgegnerin hat hinreichend konkrete und positive Planungsvorstellungen für das Gebiet des aufzustellenden Bebauungsplans Nr. 11/42 entwickelt. Sie will primär einen so genannten „Trading-Down-Effekt“ in der Mannheimer Innenstadt verhindern. Positiv formuliert soll dies nach den in der Beschlussvorlage vom 4.3.2002 (Nr. 122/2003) differenziert aufgeführten Planungszielen der Standortsicherung und Aufwertung von Einzelhandel und Dienstleistung, die die Funktionserfüllung der Innenstadt leisten, dienen, der Sicherung der Funktion der Stadt als Oberzentrum, der Erfüllung der Ansprüche der Bewohner und Besucher an die Attraktivität der Innenstadt, der Erhaltung der Nutzungsvielfalt der Innenstadt sowie der Entgegenwirkung von gegenseitigen Beeinträchtigungen unterschiedlicher Nutzungen, sowie der Sicherung der Innenstadt als Wohnstandort.
29 
In der Beschlussvorlage vom 4.3.2002 wird plausibel dargelegt, dass jüngste Entwicklungen im Innenstadtbereich Mannheims die Annahme nahe legen, dass auch in Zukunft mit einem weiteren Zuzug von Vergnügungsstätten und Einzelhandelsbetrieben mit überwiegend erotisch-sexuellem Angebot (Sex-Shops) zu rechnen ist. Es sei festzustellen, dass der nördliche Bereich der Kurpfalzstraße zwischen Marktplatz und Kurpfalzbrücke derzeit eine gute Attraktivität bei sehr jungen Einzelhandelskunden besitze, die es zu sichern und auszubauen gelte. Zum anderen sei auch wieder eine erfreuliche Tendenz zur Ansiedelung höherwertigen Handels, wie z.B. Boutiquen bzw. ein Juwelier, zu beobachten. Zudem sei die Anziehungskraft des Einzelhandels und damit der Einkaufsstadt Mannheim, trotz erheblicher Konkurrenz im Umland, derzeit ungebrochen. Für die Bevölkerung erfülle die Mannheimer Innenstadt so eine Reihe wichtiger Funktionen. Neben dem Wohnen, Arbeiten sowie der Freizeit- und Kulturgestaltung spiele die Versorgung mit Waren und Dienstleistungen eine bedeutende Rolle. Die Einkaufsattraktivität der Innenstadt zu sichern und - wenn möglich - noch auszubauen, sei von fundamentaler Bedeutung für den Mannheimer Einzelhandel und die Stadt insgesamt. Wichtig sei dabei die Positionierung Mannheims gegenüber den Mittelzentren und den beiden anderen Oberzentren der Region sowie den Standorten in den Gewerbe- bzw. Sondergebieten und den großflächigen Einzelhandelsbetrieben auf der so genannten „grünen Wiese“. Dies alles gelte es durch die verstärkte Eindämmung von Vergnügungsstätten und insbesondere Sex-Shops zu sichern. Ziel der Wirtschafts- und Strukturpolitik der Stadt Mannheim sei es, hierdurch eine weitere Steigerung der Einkaufsattraktivität u.a. durch städtebauliche Aufwertungsmaßnahmen und eine Verbesserung des Branchenmixes zu erreichen.
30 
Wie der in den Akten enthaltene Vorentwurf zum Bebauungsplans Nr. 11/42 von Juni 2004 ergänzend illustriert, sind die positiven Vorstellungen der Antragsgegnerin über den Inhalt des künftigen Planes zwischenzeitlich mehr als nur im Mindestmaß entwickelt, sie sind offenkundig bereits recht weit gediehen. Das überwiegend als Kerngebiet (MK) definierte Bebauungsplangebiet soll hiernach voraussichtlich eingeteilt werden in Gebiete mit höchster (rot unterlegt), sehr hoher (gelb unterlegt), hoher (blau unterlegt) sowie normaler Schutzbedürftigkeit (grün unterlegt) hinsichtlich des „Trading-Down-Effekts“. Die einzelnen Gebiete wurden mittels insoweit „sensibler Bestandsbebauung“ (Schulen, Kirchen oder hochwertige Einzelhandelsbetriebe) schlüssig voneinander abgegrenzt. Hinsichtlich der nur als „normal schutzbedürftigen“ (grün unterlegten) Gebiete ist beabsichtigt, voraussichtlich keine Reglementierungen für Vergnügungsstätten und Sex-Shops festzusetzen, außer gegebenenfalls, wie bisher, die Beschränkung auf eine Nutzung nur der Erdgeschosse. Mithin werden voraussichtlich in einem angemessen großen Bereich der Mannheimer Innenstadt - nicht allerdings auf dem Grundstück der Antragstellerin zu 2 (dort derzeit vorgesehen: „höchste“ bzw. „hohe Schutzbedürftigkeit“) - weiterhin die ansonsten „unerwünschten Nutzungen“ in erheblichem Umfange kerngebietstypisch zulässig sein. Diese Konzeptionen der Antragsgegnerin genügen für die bei § 14 BauGB erforderliche Annahme eines Mindestmaßes an planerischen Vorstellungen.
31 
b. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass sich das erkennbare Planungsziel der Antragsgegnerin der Verhinderung des „Trading-Down-Effektes“ in der Mannheimer Innenstadt im Wege planerischer Festsetzung - insbesondere mittels des Instrumentariums des § 1 Abs. 4-9 BauNVO - nicht erreichen ließe, sind von den Antragstellerinnen weder vorgetragen noch sonst erkennbar. Die Verhinderung des „Trading-Down-Effekts“ kann - angesichts der in § 1 Abs. 5 BauGB aufgeführten Belange einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung wie etwa der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung (Abs. 5 Satz 2 Nr. 1), der Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen (Abs. 5 Satz 2 Nr. 2), der Erhaltung, Erneuerung und Fortentwicklung vorhandener Ortsteile (Abs. 5 Satz 2 Nr. 4), der Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge (Abs. 5 Satz 2 Nr. 6), und der Belange der Wirtschaft, gerade ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung (Abs. 5 Satz 2 Nr. 8) - auch nicht ernsthaft als ein Ziel angesehen werden, für dessen Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt wären. Vielmehr bestehen etwa gegen eine auf § 1 Abs. 5, Abs. 9 BauNVO gestützte Regelung eines Bebauungsplans mit dem Inhalt, dass Sex-Shops in einem festgesetzten Kerngebiet nur ausnahmsweise zulässig sind, keine Bedenken, wenn und soweit - wie voraussichtlich hier - besondere städtebauliche Gründe, wie insbesondere die Verhinderung des „Trading-Down-Effekts“, eine solche Beschränkung rechtfertigen (so schon OVG NRW, Urt. v. 9.1.1989 - 10a NE 75/86 -, NVwZ 1990 S. 85; Beschl. v. 11.10.2001 - 10 A 2288/00 - ).
32 
c. Auch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der künftige Bebauungsplan Nr. 11/42 an schlechterdings nicht behebbaren Mängeln leiden könnte. Insbesondere der sinngemäß geltend gemachte Verstoß gegen § 1 Abs. 3 BauGB ist nicht erkennbar. Denn hiernach haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Nicht erforderlich ist ein Bebauungsplan, wenn seiner Verwirklichung auf unabsehbare Zeit rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen. Das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit gilt dabei nicht nur für den Anlass, sondern auch für den Inhalt des Bebauungsplans, und zwar für jede Festsetzung (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.8.2000 - 4 CN 6.99 -, DVBl. 2001 S. 377; Urt. v. 18.3.2004 - 4 BN 4.03 -, NVwZ 2004 S. 856).
33 
Die Regelung des § 1 Abs. 3 BauGB erkennt damit die kommunale Planungshoheit an und räumt der Gemeinde Planungsermessen ein. Ein Bebauungsplan ist deshalb „erforderlich“ im Sinne dieser Vorschrift, soweit er nach der planerischen Konzeption der Gemeinde erforderlich ist. Dabei ist entscheidend, ob die getroffene Festsetzung „in ihrer eigentlichen gleichsam positiven Zielsetzung - heute und hier - gewollt und erforderlich ist“ (BVerwGE 40, 258 <262>). Sie darf mithin nicht nur das vorgeschobene Mittel sein, um einen Bauwunsch zu durchkreuzen. Letzteres kann aber nicht bereits dann angenommen werden, wenn die negative Zielrichtung im Vordergrund steht. Denn auch eine zunächst nur auf die Verhinderung einer - aus der Sicht der Gemeinde - Fehlentwicklung gerichtete Planung kann einen Inhalt haben, der rechtlich nicht zu beanstanden ist. Festsetzungen in einem Bebauungsplan sind somit als „Negativplanung“ nicht schon dann wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 BauGB unwirksam, wenn ihr Hauptzweck in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen besteht. Sie sind vielmehr nur unzulässig, wenn sie nicht dem planerischen Willen der Gemeinde entsprechen und also vorgeschoben sind, um eine andere Nutzung zu verhindern (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.12.1990 - 4 NB 8.90 -, DÖV 1991 S. 744).
34 
Entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen liegt bei Anwendung dieser Grundsätze keine unzulässige Negativplanung vor. Das detailliert dargelegte Planungsziel der Antragsgegnerin der Verhinderung eines „Trading-Down-Effektes“ in ihrer Innenstadt ist im Rahmen der oben aufgeführten städtebaulichen Belange des § 1 Abs. 5 BauGB nachvollziehbar und - in zulässiger Erweiterung und Verschärfung der Regelungen des bisherigen Bebauungsplans Nr. 11/40 - legitim und hält sich, auch unter Berücksichtigung der Grundrechtspositionen der Antragstellerinnen aus Art. 12 und Art. 14 Abs. 1 GG, im Rahmen des gemeindlichen Planungsermessens. Ersichtlich korrespondiert es mit der allgemeinen Wirtschafts- und Strukturpolitik der Antragsgegnerin und sichert diese bauplanungsrechtlich zulässig weiter ab (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 11.10.2001 - 10 A 2288/00 - ; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.12.1991 - 8 S 14/89 -, NVwZ-RR 1993 S. 122; Nds. OVG, Urt. v. 11.9.1986 - 1 C 26/85 -, NVwZ 1987 S. 1091).
35 
Dass es der Antragsgegnerin mit dem beabsichtigten Erlass des Bebauungsplans Nr. 11/42 zielgerichtet vorrangig um die Verhinderung der Erweiterung gerade des Erotik-Shops der Antragstellerin zu 2 im Obergeschoss des von ihr angemieteten Gebäudes gehen könnte, ist nicht ersichtlich. Ausweislich des Vorentwurfs zum Bebauungsplan Nr. 11/42 von Juni 2004 hat die Antragsgegnerin vielmehr ein ihre gesamte Innenstadt umspannendes planerisches Konzept entwickelt, das sie mit der angegriffenen Veränderungssperre - angesichts der drei vorliegenden, diesem Plankonzept widersprechenden Bauwünsche - plausibel zu sichern sucht. Dass die dargelegte Zielsetzung der Verhinderung eines „Trading-Down-Effektes“ in der Mannheimer Innenstadt von der Antragsgegnerin nur vorgeschoben worden sein könnte, mithin von ihr in Wahrheit andere Ziele verfolgt werden, ist nicht erkennbar.
36 
3. Eine Unwirksamkeit der angegriffenen Veränderungssperre kann schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Gebots gerechter Abwägung oder des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit angenommen werden.
37 
Die Veränderungssperre unterliegt selbst nicht dem allgemeinen Abwägungsgebot gemäß § 1 Abs. 6 bzw. Abs. 7 BauGB, sondern vielmehr der aufgezeigten Prüfung, ob sie zur Erreichung des mit ihr verfolgten Sicherungszwecks erforderlich ist. Deshalb ist nicht darauf abzustellen, ob der noch nicht beschlossene künftige Bebauungsplan in seinen Festsetzungen möglicherweise dem Abwägungsgebot entsprechen wird, sondern nur darauf, ob die beabsichtigte Planung überhaupt auf ein Ziel gerichtet ist, das im konkreten Fall mit den Mitteln der Bauleitplanung zulässigerweise erreicht werden kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.9.1992 - 4 NB 35.92 -, DÖV 1993 S. 250). Wie dargestellt, ist die Planung der Antragsgegnerin auf ein solches Ziel gerichtet. Auf die schriftsätzlich erhobene Behauptung der Antragstellerinnen, eine abwägungsgerechte Planung sei hier unter keinem möglichen Gesichtspunkt denkbar, - für die es keine hinreichenden Anhaltspunkte gibt und an der die Antragstellerinnen nach ihren Ausführungen in der mündlichen Verhandlung wohl auch nicht mehr festhalten - muss deshalb nicht weiter eingegangen werden.
38 
Auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird hinreichend Genüge getan. Dass sich die Veränderungssperre räumlich allein auf die drei Grundstücke ...-..., ... und ... bezieht, ist nicht zu beanstanden. Da nach Aktenlage im Zeitpunkt der Beschlussfassung nur für diese drei Grundstücke Bauanträge vorlagen, die voraussichtlich den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 11/42 zuwiderlaufen und bei denen die Möglichkeit der Zurückstellung von Baugesuchen gemäß § 15 BauGB ausgeschöpft worden war, wäre vielmehr ein räumlich erweiterter Geltungsbereich nicht erforderlich gewesen. Eine Veränderungssperre kann auch für nur wenige Grundstücke oder sogar für nur ein einziges Grundstück erlassen werden (vgl. BVerwGE 51, 121). Die Erforderlichkeit und sachliche Angemessenheit der Veränderungssperre ergibt sich im Übrigen hinsichtlich des Vorhabens der Antragstellerinnen unzweifelhaft schon aus dem Umstand, dass dieses den voraussichtlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 11/42 widerspricht. Auf die von den Antragstellerinnen aufgeworfene Frage, ob und in welchem Umfang negative städtebauliche Auswirkungen im Sinne eines „Trading-Down-Effektes“ konkret durch die Erweiterung ihres Erotik-Shops ausgelöst würden, kommt es insoweit nicht an. Diese Frage könnte allenfalls in einem Ausnahmeverfahren gemäß § 14 Abs. 2 BauGB von entscheidungserheblicher Bedeutung sein.
39 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 159 S. 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
40 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Sonstige Literatur

 
41 
Rechtsmittelbelehrung
42 
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
43 
Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen.
44 
Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
45 
In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
46 
Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
47 
Beschluss vom 2. März 2005
48 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 5 ZPO und § 72 Nr. 1 GKG i.d.F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes (BGBl. I 2004 S. 718) auf 40.000,-- EUR festgesetzt.
49 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass

1.
Vorhaben im Sinne des § 29 nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen;
2.
erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen.

(2) Wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen, kann von der Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden. Die Entscheidung über Ausnahmen trifft die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde.

(3) Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden sind, Vorhaben, von denen die Gemeinde nach Maßgabe des Bauordnungsrechts Kenntnis erlangt hat und mit deren Ausführung vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre hätte begonnen werden dürfen, sowie Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung werden von der Veränderungssperre nicht berührt.

(4) Soweit für Vorhaben im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder im städtebaulichen Entwicklungsbereich eine Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 besteht, sind die Vorschriften über die Veränderungssperre nicht anzuwenden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.