Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 09. Juli 2012 - A 9 S 1359/12

bei uns veröffentlicht am09.07.2012

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. Mai 2012 - A 7 K 3900/11 - wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

 
Der Antrag bleibt ohne Erfolg. Die in Anspruch genommenen Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG), der entscheidungserheblichen Divergenz von obergerichtlichen bzw. höchstrichterlichen Entscheidungen (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG) sowie der Versagung rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG in Verbindung mit § 138 Nr. 3 VwGO) rechtfertigen aus den mit dem Antrag angeführten Gründen die Zulassung der Berufung nicht.
1. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn es für ihre Entscheidung maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechts- oder Tatsachenfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 24.01.2007 - 1 BvR 382/05 -, NVwZ 2007, 805 f.). Die nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG gebotene Darlegung dieser Voraussetzungen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 16.05.2007 - 2 BvR 1782/04 -, Juris Rn. 13) verlangt, dass unter Durchdringung des Streitstoffes eine - gegebenenfalls erneut oder ergänzend - klärungsbedürftige konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage aufgezeigt wird, die für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war und die auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird, und dass ein Hinweis auf den Grund gegeben wird, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.11.2011 - 5 B 29/11 -, Juris; Senatsbeschluss vom 18.06.2012 - A 9 S 792/12 -).
Diesen Anforderungen genügt der Antrag nicht. Das Verwaltungsgericht hat das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG im Hinblick auf die in dem ärztlichen Attest vom 27.03.2012 enthaltenen Diagnosen „schweres gehemmt-depressives Syndrom bei chronifizierender depressiver Störung“ und „Migräne“ mit der Begründung verneint, der Kläger könne diese Erkrankungen auch nach seiner Rückkehr in Nigeria behandeln lassen. In den Großstädten Nigerias gebe es eine medizinische Grundversorgung, allerdings in der Regel weit unter europäischem Standard. Es gebe auch die Möglichkeit einer psychiatrischen Behandlung. So verfüge Nigeria ausweislich der Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe „Nigeria: Behandlung von PTSD“ vom 09.11.2009 über 35 psychiatrische Kliniken und psychiatrische Abteilungen, in denen unter anderem klinische Depressionen, suizidale Tendenzen und posttraumatische Belastungsstörungen behandelt würden, wobei die Behandlung in einigen Kliniken kostenlos sei, die Medikamente aber immer selbst bezahlt werden müssten. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte sei auch davon auszugehen, dass der Kläger im Stande sei, eine medizinische Behandlung zu finanzieren. Der Kläger sei vor seiner Ausreise Inhaber eines Handelsgeschäfts mit eigenem Laden gewesen. Dies spreche dafür, dass er über gewisse finanzielle Rücklagen verfüge, die für eine gegebenenfalls erforderliche ärztliche Behandlung eingesetzt werden könnten.
Der Kläger macht nun geltend, das angefochtene Urteil beruhe auf der Frage, „ob Personen aus Nigeria, die unter einem schweren gehemmt-depressiven Syndrom bei chronifizierender depressiver Störung und unter Migräne leiden, ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Nigeria vorliegt“. Diese Frage habe grundsätzliche Bedeutung. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe habe ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Nigeria bei einer psychischen Erkrankung mit Urteil vom 31.05.2012 - A 9 K 2882/11 - bejaht. Aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 03.05.2011 - A 1 K 523/10 - ergebe sich, dass Krankheiten wie „Spastische Bronchitis, bronchiales Asthma sowie Diabetes mellitus“ in Nigeria nicht behandelt werden könnten. Diese Krankheiten hätten ein ähnliches Gewicht wie die Erkrankung des Klägers.
Mit diesem Vortrag ist eine grundsätzlich bedeutsame Frage, die einer vom Einzelfall losgelösten Klärung zugänglich ist, nicht dargelegt. Dies gilt zunächst, soweit der Kläger auf das Urteil der 9. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 31.05.2012 verweist. Der dortige Fall ist mit dem vorliegenden in tatsächlicher Hinsicht nicht vergleichbar. Beim dortigen Kläger lag - anders als hier - eine posttraumatische Belastungsstörung vor; er war offenbar in Deutschland schon einmal stationär behandelt worden und bedurfte weiterer intensiver ärztlicher bzw. psychotherapeutischer Behandlung. Der Kläger wird dagegen laut seinem Vorbringen im Zulassungsantrag derzeit nur medikamentös behandelt. Auch das genannte Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 03.05.2011 ist nicht geeignet, eine grundsätzliche Bedeutung des vorliegenden Falles aufzuzeigen. Es stellt maßgeblich auf andere Erkrankungen ab.
Zudem hängt die Entscheidung darüber, ob einem nigerianischen Staatsangehörigen bei der Rückkehr in seinen Heimatstaat aus gesundheitlichen Gründen eine Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG droht, auch von der jeweils im Einzelfall zu entscheidenden Frage ab, ob der Betreffende über finanzielle Mittel verfügt, um sich u.a. eine medikamentöse Behandlung dort leisten zu können. Bezüglich des Klägers hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass er wegen seiner beruflichen Tätigkeit vor der Ausreise über gewisse finanzielle Rücklagen verfüge und er sich deshalb eine medikamentöse Behandlung leisten könne. Diese tatsächliche Annahme ist mit zulässigen Rügen nicht angegriffen worden.
2. Nach § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG ist die Berufung insbesondere zuzulassen, wenn das angegriffene Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Sowohl die Abweichung als auch das „Beruhen“ der Entscheidung hierauf sind gemäß § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG „darzulegen“. Zur Darlegung der Rechtssatzdivergenz ist erforderlich, dass ein die angefochtene Entscheidung tragender abstrakter Rechtssatz aufgezeigt wird, der mit einem ebensolchen Rechtssatz in der Entscheidung des höheren Gerichts im Widerspruch steht. Eine Divergenz begründende Abweichung liegt nicht vor, wenn das Vordergericht einen Rechtssatz eines der in § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG genannten höheren Gerichte übersehen oder - ob zu Recht oder nicht - als nicht anwendbar eingestuft hat (vgl. Senatsbeschluss vom 30.04.2012 - A 9 S 886/12 -; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 17.03.1997 - 8 S 664/97 -, DVBl. 1997, 1326).
Diesen Maßstäben genügt das Vorbringen des Klägers nicht. Dies gilt zunächst, soweit der Kläger meint, es liege eine Abweichung vom Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 10.07.2003 (11 S 2622/02) vor. Aus diesem Beschluss ergäben sich Mindestanforderungen für die Glaubhaftmachung eines inlandsbezogenen Abschiebungshindernisses durch ein sog. „Privatgutachten“. Die von ihm vorgelegten Unterlagen genügten diesen Anforderungen. Dieser Vortrag reicht nicht aus. Der Kläger zeigt nicht konkret auf, mit welchem tragenden Rechtssatz das Verwaltungsgericht von einem tragenden Rechtssatz der genannten obergerichtlichen Entscheidung abweicht. Die (angeblich) divergierenden Rechtsätze hätten einander gegenüber gestellt werden müssen. Zugleich hätte dargelegt werden müssen, worin die Abweichung besteht. Dies gilt unter anderem vor dem Hintergrund, dass die vom Verwaltungsgericht herangezogene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 11.09.2007 - 10 C 8/07 -, BVerwGE 129, 251) von der genannten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vergleichend zitiert wird. Abgesehen davon ist nicht ersichtlich, dass die behauptete Abweichung tragend ist. Denn der Kläger bezieht die Abweichung nicht auf die Diagnose der posttraumatischen Belastungsstörung, sondern auf die übrigen im Attest vom 27.03.2012 diagnostizierten Erkrankungen. Insoweit hat das Verwaltungsgericht das Zutreffen der Diagnose jedoch unterstellt, so dass es nach seiner Rechtsauffassung nicht auf die von ihm genannten Anforderungen an ein fachärztliches Attest ankam.
Aber auch soweit der Kläger meint, es liege eine Abweichung vom Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 06.02.2008 (11 S 2439/07) vor, greift die Divergenzrüge nicht durch. Der Kläger meint, aus diesem Beschluss ergebe sich, dass die Ausländerbehörde fachärztliche Gutachten einholen müsse, wenn ein ärztliches Attest vorliege, das zwar nicht den Anforderungen für den Vollbeweis der Suizidgefahr genüge, aber ein Indiz für das Vorliegen einer Suizidgefahr darstelle. Das Verwaltungsgericht hätte daher aufgrund der verschiedenen Beweisanträge ein Sachverständigengutachten einholen müssen. Auch dieser Vortrag zeigt keine Divergenz auf. Der Kläger hat keine tragenden abstrakten Rechtsätze konkret gegenüber gestellt, die voneinander abweichen. Die Rüge des Klägers betrifft vielmehr nur die Rechtsanwendung im Einzelfall, die mit der Divergenzrüge nicht angegriffen werden kann.
10 
3. Der in Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistete Anspruch auf rechtliches Gehör verbürgt, dass ein Beteiligter vor einer Gerichtsentscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort kommen und als Subjekt Einfluss auf das Verfahren nehmen kann. Als „prozessuales Urrecht“ sichert das rechtliche Gehör den Betroffenen insbesondere, dass sie mit Ausführungen und Anträgen gehört werden (vgl. BVerfG, Plenumsbeschluss vom 30.04.2003 - 1 PBvU 1/02 -, BVerfGE 107, 395, 408 f.; Senatsbeschluss vom 09.01.2012 - A 9 S 3429/11 -). Im Falle des Stellens eines Beweisantrages wird das rechtliche Gehör im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG in Verbindung mit § 138 Nr. 3 VwGO dann verletzt, wenn dessen Ablehnung im Prozessrecht keine Stütze findet (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 22.09.2009 - 1 BvR 3501/08 -, Juris Rn. 13, und Beschluss des Ersten Senats vom 08.11.1978 - 1 BvR 158/78 -, BVerfGE 50, 32, 36; Senatsbeschluss vom 05.12.2011 - A 9 S 2939/11 -, VBlBW 2012, 196).
11 
Diese Voraussetzungen sind mit dem Antrag nicht dargetan.
12 
a) Dies gilt zunächst für den in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellten Antrag des Klägers, die ihn behandelnde Psychiaterin, die das mit der Klage vorgelegte ärztliche Attest vom 27.03.2012 erstellt hat, als sachverständige Zeugin „zum Gesundheitszustand und zur medizinischen Behandlung des Klägers“ zu hören. Dieser Beweisantrag wurde vom Verwaltungsgericht mit der Begründung abgelehnt, es fehle bereits an der Benennung einer beweiserheblichen Tatsache.
13 
Der Kläger hat mit seinem Zulassungsantrag nicht dargetan, dass die Ablehnung dieses Beweisantrags im Prozessrecht keine Stütze findet. Die Pflicht zur Substantiierung eines Zeugenbeweisantrags nach § 98 VwGO in Verbindung mit §§ 373 und 414 ZPO bezieht sich zum einen auf das Beweisthema, also auf die Bestimmtheit der Beweistatsachen und deren Wahrheit, und zum anderen darauf, welche einzelnen Wahrnehmungen der angebotene Zeuge in Bezug auf die Beweistatsachen (oder auf die zu deren Ermittlung dienenden Hilfs- oder Indiztatsachen) selbst gemacht haben soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.06.2001 - 1 B 131/00 -, NVwZ-RR 2002, 311). Der Beweisantrag muss außerdem eine für die Entscheidung des Falles erhebliche Tatsache betreffen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.10.2009 - 10 B 20/09 -, Juris Rn. 5).
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Hinsichtlich der im ärztlichen Attest vom 27.03.2012 angegebenen posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) konnte der Beweisantrag vom Verwaltungsgericht zu Recht abgelehnt werden, weil es an der erforderlichen Substantiierung der Beweistatsachen fehlte. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gehört zur Substantiierung eines Sachverständigenbeweisantrags, der das Vorliegen einer behandlungsbedürftigen PTBS zum Gegenstand hat, angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes sowie seiner vielfältigen Symptome regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attests. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer PTBS auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.09.2007 - 10 C 8/07 -, BVerwGE 129, 251, 255 - Rn. 15 -). Da sich diese Anforderungen an die Substantiierung aus der allgemeinen Pflicht des Beteiligten ergeben, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO), die in besonderem Maße für Umstände gilt, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen, sind diese Grundsätze auf die Beweiserhebung zum Thema PTBS durch Vernehmung des behandelnden Arztes als sachverständigen Zeugen zu übertragen.
15 
Das vom Kläger vorgelegte ärztliche Attest vom 27.03.2012 genügt - wie der Kläger nun im Zulassungsantrag (vgl. dort S. 3) selbst zugesteht - diesen Mindestanforderungen nicht. Dies gilt insbesondere deshalb, weil das in dem Attest vorausgesetzte traumatisierende Ereignis nach den - nicht angegriffenen - Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht stattgefunden hat.
16 
Auch hinsichtlich der im Übrigen von der behandelnden Ärztin in dem Attest diagnostizierten Erkrankungen („schweres gehemmt-depressives Syndrom bei chronifizierender depressiver Störung“ sowie „Migräne“) konnte der Beweisantrag zu Recht abgelehnt werden. Denn die Frage, ob diese Krankheiten tatsächlich vorliegen, war nicht entscheidungserheblich. Das Verwaltungsgericht hat ihr Vorliegen unterstellt, jedoch angenommen, dass der Kläger für diese Erkrankungen in Nigeria eine Behandlung finden kann.
17 
b) Auch die Anträge auf Einholung von Sachverständigengutachten wurden vom Verwaltungsgericht zu Recht abgelehnt.
18 
aa) Dies gilt zunächst hinsichtlich des begehrten Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, „dass sich der Gesundheitszustand des Klägers bei einem Abbruch der medizinischen Behandlung derart verschlimmern würde, dass eine konkrete erhebliche Gefahr für Leib und Leben bestehe“. Das Verwaltungsgericht hat diesen Antrag mit der Begründung abgelehnt, er sei möglicherweise unsubstantiiert, jedenfalls betreffe er eine unerhebliche Tatsache. Denn der Kläger leide - wie festgestellt - an keiner posttraumatischen Belastungsstörung. Daher bestehe im Falle seiner Rückkehr auch nicht, wie in der ärztlichen Bescheinigung vom 27.03.2012 angegeben, die Gefahr einer „Retraumatisierung“ sowie des Suizids.
19 
Diese Begründung des Verwaltungsgerichts ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Da das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung entsprechend der oben dargestellten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht hinreichend substantiiert vorgetragen worden war, musste auch nicht zu den Folgen eines Behandlungsabbruchs einer posttraumatischen Belastungsstörung Beweis erhoben werden. Eine Beweiserhebung über die Folgen eines Abbruchs der Behandlung der übrigen Erkrankungen war mangels Erheblichkeit entbehrlich, weil das Gericht davon ausging, dass diese Krankheiten auch bei einer Rückkehr des Klägers behandelt werden können.
20 
bb) Schließlich hat das Verwaltungsgericht auch den Antrag des Klägers, ein Sachverständigengutachten zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass „in Nigeria für seine Erkrankungen keine Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen und auch tatsächlich nicht erreichbar sind“, zu Recht abgelehnt. Insoweit kann hinsichtlich des behaupteten Vorliegens einer PTBS auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden. Bezüglich der Behandelbarkeit des „schweren gehemmt-depressiven Syndroms bei chronifizierender depressiver Störung“ sowie „Migräne“ fehlt es deshalb an der Entscheidungserheblichkeit, weil das Verwaltungsgericht darauf abgestellt hat, dass der Kläger über genug finanzielle Mittel verfüge, um sich die nötigen Medikamente in Nigeria leisten zu können. Es ist nicht ersichtlich, dass sich das Sachverständigengutachten auch auf die persönlichen finanziellen Mittel der Klägers erstrecken sollte. Der Beweisantrag ist daher auch zu unsubstantiiert, weil er sich nicht konkret auf die Behandelbarkeit dieser weiteren Krankheiten und die finanzielle Situation des Klägers als Beweistatsache bezieht.
21 
4. Die Kostenentscheidung für das gemäß § 83b AsylVfG gerichtskostenfreie Verfahren beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 30 RVG.
22 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 09. Juli 2012 - A 9 S 1359/12

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 09. Juli 2012 - A 9 S 1359/12

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 09. Juli 2012 - A 9 S 1359/12 zitiert 10 §§.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 138


Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn1.das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,2.bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes aus

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 30 Gegenstandswert in gerichtlichen Verfahren nach dem Asylgesetz


(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselb

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 98


Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 373 Beweisantritt


Der Zeugenbeweis wird durch die Benennung der Zeugen und die Bezeichnung der Tatsachen, über welche die Vernehmung der Zeugen stattfinden soll, angetreten.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 414 Sachverständige Zeugen


Insoweit zum Beweis vergangener Tatsachen oder Zustände, zu deren Wahrnehmung eine besondere Sachkunde erforderlich war, sachkundige Personen zu vernehmen sind, kommen die Vorschriften über den Zeugenbeweis zur Anwendung.

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1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
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ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
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das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 4. Oktober 2007 - 5 K 2874/07 - geändert. Der Antragsgegner wird im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Abschiebung des Antragstellers vorläufig zu unterlassen, solange er kein (amts-)ärztliches Gutachten darüber eingeholt hat, ob auf Grund einer Abschiebung des Antragstellers die Gefahr besteht, dass sich sein Gesundheitszustand infolge ernsthafter suizidaler Handlungen wesentlich verschlechtert, und mit welchen Vorkehrungen eine solche Gefahr abgewendet oder gemindert werden kann.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.500,-- EUR festgesetzt

Gründe

 
I.
Der Antragsteller ist türkischer Staatsangehöriger. Er stellte im September 2005 einen Asylantrag, der ebenso wie eine anschließende Klage erfolglos blieb; im Klageverfahren hatte der Antragsteller sich unter Vorlage ärztlicher Atteste erstmals auch auf eine Epilepsie-Erkrankung sowie weitere psychische Leiden berufen. Da der Antragsteller mangels gültiger Reisedokumente nicht abgeschoben werden konnte, wurde seine Abschiebung ausgesetzt. Nachdem Rückreisedokumente vorlagen, kündigte das Regierungspräsidium Karlsruhe ihm im Februar 2007 die Abschiebung an. Hierauf beantragte er die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen. Zur Begründung verwies er auf ein ärztliches Attest der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. ...-... vom 06.03.2007, wonach er seit Januar 2006 wegen folgender Erkrankungen in ärztlicher Behandlung sei: "Posttraumatische Belastungsstörung (F43.1G); Angststörung (F41.9G), Panikattacken (F41.0); Epilepsie (G47.9G); mittelschwere depressive Episode (F32.9G); Schlafstörung (G47.9G); psychosomatische Beschwerden (F45.9G)"; er habe als Zehnjähriger erlebt, wie Verwandte von Soldaten brutal zusammengeschlagen worden seien, und leide seitdem unter Angst- und Panikattacken; kurz nach diesem Vorfall habe er einen ersten epileptischen Anfall bekommen; seither bekomme er in Stresssituationen epileptische Anfälle; aufgrund dieser Erkrankungen sei dringend eine medikamentöse sowie Psychotherapie indiziert; er sei aus medizinischer Sicht reiseunfähig, eine Abschiebung hätte gravierende gesundheitliche Folgen. Die Stadt Mannheim lehnte den Antrag ab. Ende Mai 2007 kündigte das Regierungspräsidium Karlsruhe dem Antragsteller die Abschiebung für den 06.06.2007 mit dem Hinweis an, dem ärztlichen Attest ließen sich keine Anhaltspunkte für eine Reiseunfähigkeit entnehmen. Am 04.06.2007 wurde der Antragsteller, nachdem er in der Nacht zuvor eine Überdosis Psychopharmaka eingenommen hatte, im ... ...- und ... Krankenhaus Ludwigshafen und anschließend im Psychiatrischen Zentrum ... wegen akuter Suizidalität stationär aufgenommen Das Regierungspräsidium setzte daraufhin die Abschiebung bis zum 18.09.2007 aus. Der damalige Bevollmächtigte des Antragstellers legte einen ärztlichen Bericht des Konsiliardienstes für Psychiatrie und Psychotherapie des erstaufnehmenden Krankenhauses vom 05.06.2007 und ein ärztliches Schreiben des Psychiatrischen Zentrums ... vom 14.06.2007 vor, die jeweils die Notwendigkeit einer ambulanten Psychotherapie und die Gefahr erneuter ernsthafter suizidaler Handlungen bei einer drohenden Abschiebung bestätigen. Ende Juli 2007 wurde der Antragsteller aus stationärer Behandlung entlassen. Anschließend begehrte er unter Bezugnahme auf eine ärztliche Bescheinigung des Psychiatrischen Zentrums ... vom 18.07.2007 die weitere Aussetzung der Abschiebung. In der Bescheinigung wird als Diagnose angeben: "Z. n. Suizidversuch mit Psychopharmaka, mittelgradig depressive Episode, posttraumatische Belastungsstörung, dissoziative Krampfanfälle". Im August 2007 kündigte das Regierungspräsidium dem Antragsteller an, dass er am 09.10.2007 unter Hinzuziehung eines Arztes als Flugbegleiter abgeschoben werde; die ärztlichen Atteste seien zur Beurteilung einer Reiseunfähigkeit nicht aussagekräftig.
Am 18.09.2007 hat der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers beim Verwaltungsgericht Karlsruhe beantragt, dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu untersagen, aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu ergreifen. Wie der Vorfall Anfang Juni 2007 zeige, sei zu befürchten, dass sich die Suizidgefahr nicht bei der Durchführung der Abschiebung, sondern vorher realisiere. Zur Glaubhaftmachung hat er sich auf die bereits vorgelegten ärztlichen Atteste und Berichte berufen und ein weiteres ärztliches Attest der Dr. ...-... über eine seit Ende Juli 2007 durchgeführte Psychotherapie und einen an diese Ärztin gerichteten ärztlichen Entlassungsbericht des Psychiatrischen Zentrums ... vom 26.07.2007 vorgelegt, in dem es u. a. heißt, bei einer drohenden Abschiebung in das Heimatland sei erneut mit ernsthaften suizidalen Handlungen zu rechnen. Der Antragsgegner hat die Ablehnung des Antrags unter Hinweis darauf beantragt, dass der Antragsteller in Begleitung von Sicherheitskräften sowie eines Arztes abgeschoben werde und dafür Sorge getragen sei, dass er bei Ankunft am Zielflughafen in Istanbul dem Vertrauensarzt der Deutschen Botschaft übergeben werde. Mit Beschluss vom 04.10.2007 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt.
Mit seiner Beschwerde legt der Antragsteller neuere ärztliche Atteste der Dr. ...-... vom 09.10. und 12.11.2007 vor, die bestätigen, dass bei Stresssituationen akute Suizidgefahr bestehe und der Antragsteller am 02.11.2007 einen weiteren Suizidversuch unternommen und sich dabei sehr schwere Schnittverletzungen am linken Unterarm zugefügt habe. Ferner hat er einen ärztlichen Bericht des Psychiatrischen Zentrums ... an Dr. ...-... vom 15.09.2007 sowie eine Versicherung an Eides Statt eines Onkels vom 15.11.2007 vorgelegt, in der bezeugt wird, dass der Antragsteller am 02.11.2007 in der irrigen Annahme, von der Polizei abgeholt zu werden, Anstalten gemacht habe, sich aus dem Fenster der im vierten Oberschoß gelegenen Wohnung seiner Mutter zu stürzen. Der Antragsgegner hält daran fest, den Antragsteller mit den zugesagten Vorkehrungen abzuschieben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die dem Senat vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
Die fristgerecht erhobene und begründete sowie inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechende Beschwerde des Antragstellers ist zulässig und begründet. Der sinngemäß auf die vorläufige Unterlassung der Abschiebung des vollziehbar ausreisepflichtigen Antragstellers zielende zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat mit der im Tenor ausgesprochenen Maßgabe Erfolg, so dass der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts entsprechend zu ändern ist. Nach dem Beschwerdevorbringen des Antragstellers, auf dessen Überprüfung der Senat beschränkt ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), sind Anspruch und Grund für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Sicherung des in der Hauptsache verfolgten Anspruchs auf eine weitere Aussetzung der Abschiebung hinreichend glaubhaft gemacht.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Anordnungsanspruch und -grund sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Für den Anordnungsanspruch einer Sicherungsanordnung genügt dabei die Glaubhaftmachung von Tatsachen, aus denen sich zumindest ergibt, dass der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen ist (vgl. Hess VGH, Beschluss vom 05.09.1997 - 7 TG 3133/97 - NJW 1997, 2970; Funke-Kaiser in Bader, VwGO, 4. Auflage, § 123 Rn. 18; Schoch u. a. , VwGO, Stand Februar 2007, § 123 Rn. 70). Ein Anordnungsgrund ist glaubhaft gemacht, wenn eine vorläufige Sicherung des in der Hauptsache verfolgten materiellen Anspruchs zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes dringlich ist. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Es besteht die Gefahr, dass die vom Antragsgegner konkret in Aussicht genommene Abschiebung des Antragstellers ohne eine  v o r h e r i g e  gutachtliche Klärung der im Tenor bezeichneten Fragen die Verwirklichung eines ihm in der Hauptsache möglicherweise zustehenden Anspruchs auf weitere Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung nach § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i. V. m. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG vereitelt.
1. Ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung ist unter anderem gegeben, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert, und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann (§ 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i. V. m. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG; vgl. Senatsbeschlüsse vom 10.07.2003 - 11 S 2622/02 - VBlBW 2003, 482 und vom 15.10.2004 - 11 S 2297/04 juris, jeweils m. w. N.; s. auch BVerwG, Urteil vom 21.09.1999 - 9 C 8.99 -, NVwZ 2000, 206 sowie VG Freiburg, Urteil vom 04.02.2004 - 1 K 1620/01 - juris).
a) Diese Voraussetzungen können nicht nur erfüllt sein, wenn und solange der Ausländer ohne Gefährdung seiner Gesundheit nicht transportfähig ist (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn), sondern auch, wenn die Abschiebung als solche - außerhalb des Transportvorgangs - eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bewirkt (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn), wobei der Senat erwogen hat, an das Vorliegen einer Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne gegebenenfalls strengere Maßstäbe anzulegen, wenn der Ausländer nicht alles ihm nach Lage der Dinge Mögliche und Zumutbare unternommen hat, um den Eintritt der Gesundheitsgefahr abzuwenden oder zu mindern oder eingetretene Gesundheitsstörungen zu beseitigen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10.07.2003 und 15.10.2004, a. a. O.). Das dabei in den Blick zu nehmende Geschehen beginnt regelmäßig bereits mit der Mitteilung einer beabsichtigten Abschiebung gegenüber dem Ausländer. Besondere Bedeutung kommt sodann denjenigen Verfahrensabschnitten zu, in denen der Ausländer dem tatsächlichen Zugriff und damit auch der Obhut staatlicher deutscher Stellen unterliegt. Hierzu gehört der Zeitraum des Aufsuchens und Abholens in der Wohnung, des Verbringens zum Abschiebeort sowie die Zeit der Abschiebungshaft ebenso wie der Zeitraum nach Ankunft am Zielort bis zur endgültigen Übergabe des Ausländers an die Behörden des Zielstaats. Insgesamt gilt, dass die mit dem Vollzug der Abschiebung während dieses Abschnitts betrauten deutschen Behörden von Amts wegen in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung etwaige Gesundheitsgefahren zu beachten haben. Diese Gefahren müssen sie entweder durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung mittels einer Duldung oder aber durch eine entsprechende tatsächliche Gestaltung des Vollstreckungsverfahrens mittels der notwendigen Vorkehrungen abwehren (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 26.02.1998 - 2 BvR 185/98 -, InfAuslR 1998, 241; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.05.2001 - 11 S 389/01 -, VBlBW 2002, 32 = InfAuslR 2001, 384).
aa) Macht ein Ausländer eine solche Reiseunfähigkeit geltend oder ergeben sich sonst konkrete Hinweise darauf, ist die für die Aussetzung der Abschiebung zuständige Ausländerbehörde verpflichtet, den aufgeworfenen Tatsachenfragen, zu deren Beantwortung im Regelfall medizinische Sachkunde erforderlich ist, im Rahmen ihrer Amtsaufklärungspflicht nach § 24 Abs. 1 LVwVfG nachzugehen, wobei der Ausländer zur Mitwirkung verpflichtet ist (§ 82 AufenthG). Legt der Ausländer ärztliche Fachberichte (“Privatgutachten“) vor, sind diese zum Beweis für eine Reiseunfähigkeit nach der Rechtsprechung des Senats nur geeignet, wenn sie nachvollziehbar die Befundtatsachen angeben, gegebenenfalls die Methode der Tatsachenerhebung benennen und nachvollziehbar die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbilds (Diagnose) sowie die Folgen darlegen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich in Zukunft - als Folge einer Abschiebung - ergeben (prognostische Diagnose), wobei sich Umfang und Genauigkeit der erforderlichen Darlegungen jeweils nach den Umständen des Einzelfalls (insbesondere: Komplexität des Krankheitsbildes, Gewichtigkeit und Konsequenzen der Diagnose) richten (vgl. im einzelnen Senatsbeschluss vom 10.07.2003, a. a. O.). Sind diese Mindestanforderungen nicht oder nur teilweise erfüllt, kann die Reiseunfähigkeit allein aufgrund der vorgelegten ärztlichen Fachberichte zwar nicht als erwiesen angesehen werden. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass kein weiterer Aufklärungsbedarf besteht. Die Ausländerbehörde bleibt nach § 24 Abs. 1 LVwVfG verpflichtet, den Sachverhalt selbst weiter aufzuklären, wenn und soweit sich aus den ihr vorliegenden ärztlichen Äußerungen, dem Vortrag des Ausländers oder aus sonstigen Erkenntnisquellen ausreichende Indizien für eine Reiseunfähigkeit ergeben. Ist das der Fall, wird regelmäßig eine amtsärztliche Untersuchung oder die Einholung einer ergänzenden (fach-)ärztlichen Stellungnahme oder eines (fach-)ärztlichen Gutachtens angezeigt sein, da der Ausländerbehörde die erforderliche medizinische Sachkunde zur Beurteilung einer mit der Abschiebung einhergehenden Gesundheitsgefahr und auch der Frage fehlen dürfte, mit welchen Vorkehrungen diese Gefahr ausgeschlossen oder gemindert werden könnte. Insoweit gelten für die Aufklärungspflicht der Behörde keine anderen Maßstäbe als für diejenige des Verwaltungsgerichts nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO (vgl. zur Ermittlungspflicht beim Vortrag einer behandlungsbedürftigen posttraumatischen Belastungsstörung: BVerwG, Urteil vom 11.09.2007 - 10 C 8.07 - DVBl. 2008, 132, sowie Beschluss vom 24.05.2006 - 1 B 118.05 - NVwZ 2007, 345). So ist bei substantiiert vorgetragenen oder sonst bekannt gewordenen Anhaltspunkten für eine Suizidgefahr als Folge einer psychischen Erkrankung - wie bei anderen psychischen Erkrankungen - im Regelfall schon v o r Beginn einer Abschiebung ein (amts-)ärztliches - psychologisch-psychotherapeutisches - Gutachten einzuholen. Nr. III. 2 des von der Bundesärztekammer am 26.11.2004 gebilligten Informations- und Kriterienkatalogs zu Fragen der ärztlichen Mitwirkung bei der Rückführung ausreisepflichtiger Ausländer (vgl. http://www.aekno.de/ htmljava/a/kammerarchiv/kriterienkatalog_nrw.pdf) sieht dies ausdrücklich vor. In Baden-Württemberg ist die Anwendung dieses Katalogs durch die Ausländerbehörden zwar nicht - wie in Nordrhein-Westfalen - durch Verwaltungsvorschrift angeordnet (vgl. die Antwort der Landesregierung vom 25.09.2007 auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Braun vom 10.09.2007, LT-Drs. 14/1702). Der - auch vom 108. Deutschen Ärztetag begrüßte (http://www. bundesaerztekammer.de/page.asp? his=0.2.20.1827.1832.1932.1955.1956) - Informations- und Kriterienkatalog kann jedoch als sachverständige Konkretisierung dessen berücksichtigt werden, was vor Durchführung einer Abschiebung von Amts wegen zu prüfen und gegebenenfalls als Vorkehrung zum Schutz des von der Abschiebung Betroffenen vorzusehen ist (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.05.2007 - 19 B 352/07 - juris). Eine Untersuchung durch einen Arzt am Tage der Abschiebung, für die praktisch nur eine beschränkte Zeit zur Verfügung stehen dürfte, ist dagegen im Hinblick auf die erforderliche Intensität der Exploration und eine hinreichende Fundierung regelmäßig kein taugliches Mittel, um Hinweise auf eine Suizidgefährdung als Folge einer psychischen Erkrankung so abzuklären, dass eine Abschiebung mit dem möglichen Risiko lebensbedrohlicher Folgen verantwortet werden kann (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.05.2007 - 19 B 352/07 - juris; vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 23.10.2007 - 24 CE 07.484 - juris).
10 
bb) Aus der Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Durchführung des Asylverfahrensgesetzes und zur Beendigung des Aufenthalts abgelehnter Asylbewerber und sonstiger ausreisepflichtiger Ausländer durch die Landesbehörden vom 01.01.2004 - VwV Asyl/Rückführung, Stand 01.01.2005 - (Abschnitt C Teil I Nr. 1 der mit Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 30.12.2004 - 4-1310/131 - an die Ausländerbehörden übersandten "Zusammengefassten Vorgaben des Innenministeriums zur Anwendung aufenthalts- und asylrechtlicher Regelungen ab dem 1. Januar 2005") folgt im Ergebnis nichts Anderes. In Nr. 3.5.2.1 bis 3 VwV Asyl/Rückführung ist detailliert geregelt, wie zu verfahren ist, wenn der Ausländer eine Reiseunfähigkeit im engeren oder weiteren Sinne geltend macht und/oder Erkenntnisse über eine Suizidgefahr vorliegen. "Bestehen tatsächliche Anhaltspunkte" für eine Reiseunfähigkeit im engeren Sinne, "veranlasst die zuständige Ausländerbehörde eine amtsärztliche Untersuchung durch das Gesundheitsamt im Wege der Amtshilfe oder durch einen Arzt", wobei an die Mitwirkungspflicht des Ausländers sowie das Ersuchen der Behörde bestimmte Anforderungen gestellt werden (Nr. 3.5.2.1.1 Absätze 2 bis 6 VwV Asyl/Rückführung). Hinsichtlich der auf einer Traumatisierung beruhenden Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne ordnet die Verwaltungsvorschrift für den Fall, dass vorgelegte fachärztliche Atteste oder Gutachten bestimmte Mindestvoraussetzungen (die im wesentlichen den in der Rechtsprechung des Senats entwickelten Mindestanforderungen entsprechen) nicht erfüllen, sich aber aus dem Attest oder Gutachten ausreichende Anhaltspunkte für eine Traumatisierung ergeben, an, dass "in der Regel eine ergänzende Stellungnahme des behandelnden Facharztes oder ein weiteres fachärztliches Gutachten einzuholen ist", es sei denn, das vorgelegte Attest enthält lediglich unsubstantiierte Ausführungen oder offensichtliche Gefälligkeitsformulierungen (Nr. 3.5.2.1.2 Absatz 5 VwV Asyl/ Rückführung). Liegen Erkenntnisse vor, dass der Ausländer suizidgefährdet ist oder droht er für den Fall einer Abschiebung mit einem Suizid, gelten diese Regelungen entsprechend (Nr. 3.5.2.1.3 Absatz 4 VwV Asyl/Rückführung) und es "ist im Rahmen des in Auftrag zu gebenden Gutachtens" bestimmten weiteren Fragen nachzugehen (Nr. 3.5.2.1.3 Absatz 1 VwV Asyl/Rückführung); bei Vorliegen eines ernsthaften Suizidrisikos ist zudem sicherzustellen, dass durch flankierende Maßnahmen, wie die ärztliche Begleitung des Ausländers, Vorsorge getroffen ist, dass sich die Suizidgefahr nicht realisiert (Nr. 3.5.2.1.3 Absatz 3 VwV Asyl/Rückführung).
11 
b) Gemessen daran erscheint offen, ob der Antragsteller Anspruch auf weitere Aussetzung der Abschiebung nach § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i. V. m. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG hat. Denn insoweit wird in der Hauptsache - dem Verwaltungsverfahren über den zuletzt nochmals am 18.09.2007 bei der Stadt Mannheim wiederholten und vom zuständigen Regierungspräsidium Karlsruhe bislang nicht beschiedenen Antrag auf weitere Aussetzung der Abschiebung - zunächst gemäß den oben dargelegten Grundsätzen zur Amtsaufklärungspflicht der Ausländerbehörde ein (amts-)ärztliches - psychologisch-psychotherapeutisches - Gutachten zumindest darüber einzuholen sein, ob auf Grund einer Abschiebung die Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Antragstellers infolge ernsthafter suizidaler Handlungen wesentlich verschlechtert, und mit welchen Vorkehrungen gegebenenfalls eine solche Gefahr abgewendet oder gemindert werden kann. Anlass dazu besteht schon deshalb, weil sich aus den vorliegenden ärztlichen Attesten und Berichten sowie der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Versicherung an Eides statt des Onkels des Antragstellers ausreichende Erkenntnisse für eine Suizidgefahr bei einer Abschiebung als Folge einer psychischen Erkrankung ergeben. Ob die ärztlichen Atteste und Berichte darüber hinaus in Bezug auf den Vortrag einer behandlungsbedürftigen posttraumatischen Belastungsstörung eine Ermittlungspflicht der Behörde begründen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.09.2007 und Beschluss vom 24.05.2006, a. a. O.) oder gar für sich genommen als Entscheidungsgrundlage genügen, was im Hinblick auf die in der Senatsrechtsprechung (vgl. Senatsbeschluss vom 10.07.2003, a. a. O.) entwickelten Mindestanforderungen bzw. die entsprechenden Voraussetzungen nach Nr. 3.5.2.1.2 Absatz 2 VwV Asyl/Rückführung zweifelhaft erscheint, kann im vorliegenden Eilverfahren offen bleiben.
12 
Nach dem gemeinsamen Bericht der Ärzte Prof. Dr. ... und Dr. ...-... sowie der Diplom-Psychologin ... beim Psychiatrischen Zentrum ... - Allgemeinpsychiatrie und Psychotherapie - an die den Antragsteller behandelnde Ärztin Dr. ...-... vom 15.09.2007 habe der Antragsteller am 03.06.2007 in suizidaler Absicht eine Medikamentenmischung eingenommen. Er sei deshalb am 11.06.2007 in die geschlossene Akutstation des Psychiatrischen Zentrums ... in … aufgenommen worden. Diagnostisch sei bei Wiedererleben von Belastungen durch aufdringliche Nachhallerinnerungen, anhaltende Symptome einer erhöhten psychischen Sensibilität und Erregung wie Hypervigilanz, erhöhte Schreckhaftigkeit und Konzentrationsschwierigkeiten sowie Vermeidungsverhalten von einer posttraumatischen Belastungsstörung F43.1 auszugehen. Daneben leide der Antragsteller an dissoziativen Krampfanfällen F44.5. Er sei am 26.07.2007 ohne Hinweise auf eine akute Eigen- oder Fremdgefährdung entlassen worden, jedoch sei bei drohender Abschiebung in das Heimatland mit erneuten ernsthaften suizidalen Handlungen zu rechnen. Im ärztlichen Attest der Dr. ...-... vom 12.11.2007 werden - ohne nähere Erläuterungen - folgende Erkrankungen diagnostiziert: "Schwere depressive Episode mit Suizid in der Anamnese (03.06.07); Posttraumatische Belastungsstörung; Generalisierte Angststörung; Schlafstörung; Soziale Phobie; Anorexia nervosa, Gewichtsverlust; Dissoziative Krampfanfälle". Die Ärztin legt dar, der Antragsteller befinde sich seit dem 27.07.2007 in tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie und habe am 02.11.2007 erneut einen Suizidversuch unternommen, wobei er sich schwere Schnittverletzungen mit einer Rasierklinge am linken Unterarm zugefügt habe. Er habe auch weiter abgenommen und gehöre in eine psychiatrische Klinik, wo er bei Selbstgefährdung 24 Stunden täglich unter Beobachtung stehen müsse; er bedürfe dringend einer stationären Therapie. Der Onkel des Antragstellers bekundet in seiner Versicherung an Eides statt vom 15.11.2007 schließlich, er - der Onkel - habe anlässlich eines Besuchs in der im vierten Stock gelegenen Wohnung seiner Schwester am 02.11.2007 miterlebt, dass der Antragsteller auf die Fensterbank eines geöffneten Fensters gesprungen sei, als jemand an der Tür geklingelt und geklopft habe. Es sei nur ein Freund gewesen. Der Antragsteller habe aber vermutet, dass die Polizei ihn abholen wollte, und er habe sich aus dem Fenster stürzen wollen. Damit ist hinreichend substantiiert und glaubhaft dargelegt, dass der Antragsteller sich bereits zweimal wegen offenbar ernsthaft unternommener suizidaler Handlungen im Zusammenhang mit der bevorstehenden Abschiebung in ärztliche - stationäre - Behandlung begeben musste. Die eidesstattliche Versicherung seines Onkels vom 15.11.2007 bestätigt einen möglichen weiteren Suizidversuch. Zudem gibt es Anhaltspunkte für eine psychische Erkrankung als mögliche Ursache (posttraumatische Belastungsstörung F43.1). Es liegen mithin ausreichende Erkenntnisse vor, die zumindest den Anschein einer ernsthaften Selbsttötungsabsicht des Antragstellers im Falle seiner Abschiebung und einer psychischen Erkrankung als mögliche Ursache begründen. Anhaltspunkte dafür, dass die auf entsprechende konkrete Vorkommnisse gestützten wiederholten ärztlichen Attestierungen einer Suizidgefahr im Fall der Abschiebung als unsubstantiiert oder Gefälligkeitsformulierung gewertet werden müssen, sind für den Senat nicht erkennbar.
13 
Bei dieser Sachlage kann über das Vorliegen des geltend gemachten Duldungsanspruchs ohne (amts-)ärztliche - psychologisch-psychotherapeutische - Begutachtung der im Tenor bezeichneten Fragen zu den mit einer Abschiebung verbundenen gesundheitlichen Risiken nicht entschieden werden. Ermittlungen dieser Art sind angesichts der Tatsache, dass sich der Antragsgegner dafür der Amtshilfe eines zuständigen staatlichen Gesundheitsamtes bedienen kann, weder unverhältnismäßig noch notwendigerweise besonders zeitaufwändig oder kostspielig. Dass die zuständige Ausländerbehörde des Antragsgegners selbst über ausreichende medizinische Fachkunde zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen verfügt, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Die Erforderlichkeit einer solchen Begutachtung wird auch nicht durch den Vortrag des Antragsgegners, der Antragsteller werde in Begleitung eines Arztes und von Sicherheitskräften, die ihn von selbstgefährdenden Handlungen abhielten, abgeschoben und in der Türkei einem ärztlichen Team einschließlich eines Psychiaters übergeben, entbehrlich (s. o. a) aa)). Soweit der Antragsgegner in diesem Zusammenhang darauf verweist, dass mit diesen Vorkehrungen den Anforderungen an flankierende Maßnahmen zur Abschiebung bei Suizidgefahr nach Nr. 3.5.2.1.3 Absatz 3 VwV Asyl/Rückführung Rechnung getragen sei, übersieht er, dass sich die Geeignetheit dieser Vorkehrungen erst dann - in einem zweiten Schritt - sachgerecht beurteilen lassen wird, wenn das gemäß Nr. 3.5.2.1.3 Absätze 1 und 4 VwV Asyl/Rückführung einzuholende Gutachten vorliegt. Denn gerade auch zur Beantwortung dieser Frage ist bei einer Suizidgefahr auf Grund einer psychischen Erkrankung die besondere Sachkunde eines Mediziners nötig. Abgesehen davon erscheint die Geeignetheit der vom Antragsgegner zugesagten Vorkehrungen im Fall des Antragstellers schon deshalb zweifelhaft, weil sie erst mit seiner Abholung einsetzen sollen. Denn sie schließen die nach Lage der Dinge hier ernsthaft in Betracht zu ziehende Gefahr einer Selbsttötung schon zu einem früheren Zeitpunkt nicht aus, wenn der Antragsteller durch eine Mitteilung der Ausländerbehörde oder seines Rechtsanwalts oder auf sonstige Weise erfährt oder damit rechnen muss, dass die Abschiebung nunmehr unmittelbar bevorsteht. Gegebenenfalls kommen insoweit auch Maßnahmen nach dem Unterbringungsgesetz oder die richterliche Anordnung einer Abschiebungshaft mit ärztlicher Überwachung in Betracht. Soweit der Antragsgegner ferner auf die dem Antragsteller mehrfach eingeräumte Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise verweist, ändert auch das nichts am dargestellten Aufklärungsbedarf. Zwar hat der Senat erwogen, an das Vorliegen einer Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne gegebenenfalls strengere Maßstäbe anzulegen, wenn der Ausländer nicht alles ihm nach Lage der Dinge Mögliche und Zumutbare unternommen hat, um den Eintritt der Gesundheitsgefahr abzuwenden oder zu mindern oder eingetretene Gesundheitsstörungen zu beseitigen (s. o. a.)). Bei einer durch eine psychische Erkrankung bedingten Suizidgefahr kann jedoch nicht ohne Weiteres von der Zumutbarkeit einer "freiwilligen" - durch den vollziehbaren gesetzlichen Ausreisebefehl aber letztlich mittelbar erzwungenen - Rückkehr in das Heimatland ausgegangen werden. Vielmehr muss auch dies gutachtlich geklärt werden. Sollte der Antragsteller freilich an der Erstellung eines Gutachtens nicht mitwirken oder sich der ausländerbehördlichen Überwachung entziehen (vgl. § 50 Abs. 5 AufenthG), steht dem Antragsgegner frei, die Abänderung der einstweiligen Anordnung analog § 927 ZPO oder § 80 Abs. 7 VwGO zu beantragen (vgl. Funke-Kaiser in Bader, VwGO, § 123 Rn 64 m w. N.).
14 
2. Es besteht auch ein Anordnungsgrund. Der Antragsgegner beabsichtigt, den Antragsteller ohne vorherige Einholung eines ärztlichen Gutachtens zur Suizidgefahr abzuschieben. Die vorläufige Sicherung des in der Hauptsache verfolgten Duldungsanspruchs ist daher zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes dringlich. Denn der Duldungsanspruch erlischt ebenso wie die Aussetzung selbst (vgl. § 60 a Abs. 5 Satz 1 AufenthG) mit der Ausreise. Er würde durch die Abschiebung daher vereitelt. Zudem ist eine Abschiebung ohne vorherige ärztliche Begutachtung der damit nach den vorliegenden Erkenntnissen möglicherweise einhergehenden gesundheitlichen Risiken mit der staatlichen Schutzpflicht nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht zu vereinbaren.
15 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG.
16 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

Tenor

Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 14. September 2011 - A 2 K 24/11 - zuzulassen, wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens.

Gründe

 
Der Zulassungsantrag bleibt ohne Erfolg, weil die dargelegten Gründe eine Zulassung der Berufung aus den vom Gesetzgeber hierfür in § 78 Abs. 3 AsylVfG geforderten Gründen nicht rechtfertigen. Die fehlerhafte Ablehnung eines Hilfsbeweisantrags im Falle der Wahrunterstellung kann zwar in den Anwendungsbereich des allein in Anspruch genommenen Zulassungsgrunds einer Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. 138 Nr. 3 VwGO fallen (1.). Eine entsprechende Konstellation ist mit dem Vorbringen indes nicht dargelegt (2.).
1. Der in Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistete Anspruch auf rechtliches Gehör verbürgt, dass ein Beteiligter vor einer Gerichtsentscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort kommen und als Subjekt Einfluss auf das Verfahren nehmen kann. Als „prozessuales Urrecht“ sichert das rechtliche Gehör den Betroffenen insbesondere, dass sie mit Ausführungen und Anträgen gehört werden (vgl. BVerfG, Plenumsbeschluss vom 30.04.2003 - 1 PBvU 1/02 -, BVerfGE 107, 395 [408 f.]). Die fehlerhafte Ablehnung eines Beweisantrages kann daher nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO zur Zulassung der Berufung führen.
a) Allerdings hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Beweisanträge hier im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nur hilfsweise gestellt.
Derartige Hilfsanträge sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aber nicht nur von der verfahrensrechtlichen Pflicht des § 86 Abs. 2 VwGO, über sie vorab durch Gerichtsbeschluss zu entscheiden, entbunden. Das Bundesverwaltungsgericht geht vielmehr davon aus, dass mit einem nur hilfsweise gestellten Beweisantrag auch materiell „lediglich die weitere Erforschung des Sachverhalts nach § 86 Abs. 1 VwGO angeregt“ wird (so etwa BVerwG, Beschlüsse vom 19.08.2010 - 10 B 22/10 u.a. -, vom 30.11.2004 - 1 B 48/04 -, vom 07.03.2003 - 6 B 16/03 -, vom 10.06.1999 - 9 B 81/99 - und vom 09.05.1996 - 9 B 254/96 -).
Insoweit liegt ein etwaiger Verstoß nicht im Anwendungsbereich der Gehörsrüge. Art. 103 Abs. 1 GG schließt zwar das Recht der Beteiligten ein, die für sie günstigen Tatsachen darzulegen und unter Beweis zu stellen. Die Gewährung rechtlichen Gehörs beinhaltet jedoch keinen Anspruch darauf, dass das Gericht Tatsachen erst beschafft oder von sich aus ermittelt. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht von der Einholung eines Sachverständigengutachtens abgesehen hat, begegnet daher unter dem Gesichtspunkt des Art. 103 Abs. 1 GG regelmäßig keinen Bedenken (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 15.04.1980 - 2 BvR 827/79 -, BVerfGE 54, 86 [92 f.]). Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts kann in der Ablehnung von Hilfsbeweisanträgen folglich regelmäßig auch kein Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs liegen, vielmehr ist allein die Aufklärungsrüge eröffnet (so ausdrücklich etwa BVerwG, Beschluss vom 30.11.2004 - 1 B 48/04 -; gleichwohl eine Sachprüfung durchführend aber etwa BVerwG, Beschluss vom 09.02.2011 - 1 B 21/10 u.a. -).
Auf die Behauptung eines Verstoßes gegen die Amtsaufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO kann ein Antrag auf Zulassung der Berufung im Asylverfahren indes nicht gestützt werden, weil dieser Zulassungsgrund in § 138 VwGO, auf den § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG abschließend verweist, nicht genannt ist (vgl. hierzu etwa VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 30.06.2011 - A 8 S 700/11 - m.w.N. zur Rechtsprechung). Eine über Verfahrensfehler hinausgehende Kontrolle materieller Art ist für die Berufungszulassung im Asylverfahren aber nicht vorgesehen, weil in die gesetzliche Anordnung des § 78 Abs. 3 AsylVfG der Berufungszulassungsgrund ernstlicher Richtigkeitszweifel bewusst nicht aufgenommen worden ist.
Soweit mit der Beschwerde der Sache nach ein Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht geltend gemacht wird, scheidet eine Verletzung des in Art. 103 Abs. 1 GG gewährleisteten Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs deshalb auch dann aus, wenn ein Hilfsbeweisantrag abgelehnt worden ist.
b) Anderes gilt aber (jedenfalls) dann, wenn die Beschwerde der Sache nach die Nichtberücksichtigung wesentlichen Sachvortrags rügt.
Die Gewährleistung rechtlichen Gehörs verpflichtet die Gerichte, die Ausführung der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Als Prozessgrundrecht soll Art. 103 Abs. 1 GG sicherstellen, dass gerichtliche Entscheidungen frei von Verfahrensfehlern ergehen, die ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme oder Nichtberücksichtigung wesentlichen Sachvortrags haben. Danach ist es zwar unschädlich, wenn Vorbringen aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts unberücksichtigt bleibt. Erheblicher Vortrag und entsprechende Beweisangebote, deren Ablehnung im Prozessrecht keine Stütze findet, müssen aber berücksichtigt werden (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 30.01.1985 - 1 BvR 393/84 -, BVerfGE 69, 141 [143 f.]; Kammerbeschluss vom 22.01.2001 - 1 BvR 2075/98 -, NJW-RR 2001, 1006). Denn Art. 103 Abs. 1 GG sichert nicht nur die formale Möglichkeit, eine Rechtsverletzung vor Gericht geltend zu machen, sondern verbürgt eine effektive Kontrolle, bei der die Beteiligten auch „wirklich gehört werden“ (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30.04.2003 - 1 PBvU 1/02 -, BVerfGE 107, 395 [409]). Wird dagegen wesentlicher Inhalt der klägerischen Tatsachenbekundung unberücksichtigt gelassen, so verletzt dies die Gehörsgarantie (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 18.05.1995 - 4 C 20/94 -, BVerwGE 98, 235 [238]).
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Lehnt ein Gericht einen Beweisantrag ab, weil die benannte Beweistatsache als wahr unterstellt wird, muss das Vorbringen deshalb der Entscheidung auch tatsächlich - und zwar „ohne jede inhaltliche Einschränkung“ (BVerwG, Urteil vom 24.03.1987 - 9 C 47/85 -, BVerwGE 77, 150 [155]) - zugrunde gelegt werden. Verstößt ein Gericht hiergegen, verletzt es auch die durch Art. 103 Abs. 1 GG gesicherte Verpflichtung, das klägerische Vorbringen zu berücksichtigen. Der Sache nach wird hier damit nicht eine fehlende Aufklärung gerügt, sondern eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Eine entsprechende Rüge unterfällt deshalb auch dann dem Gewährleistungsbereich des Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie die Ablehnung eines nur hilfsweise gestellten Beweisantrags betrifft (ebenso BVerfG, Kammerbeschluss vom 22.09.2009 - 1 BvR 3501/08 -; hierzu auch Sächs. OVG, Beschluss vom 26.05.2005 - 3 B 16/02.A - unter Aufgabe der früher verlangten Obliegenheit, zur Ausschöpfung aller prozessualen Möglichkeiten auch einen unbedingten Beweisantrag zu stellen). Anhaltspunkte dafür, warum ein Hilfsbeweisantrag in dieser Konstellation aus dem Anwendungsbereich der Gehörsrüge ausgeschlossen sein sollte, sind nicht ersichtlich.
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c) Mit der Behauptung, das Verwaltungsgericht habe den als wahr unterstellten Tatsachenvortrag des Hilfsbeweisantrags seiner Entscheidung lediglich formal zugrunde gelegt, in seiner Begründung aber faktisch unberücksichtigt gelassen, ist daher ein gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. 138 Nr. 3 VwGO statthafter Zulassungsgrund geltend gemacht.
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2. Die gerügte Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs liegt aber nicht vor.
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a) Entgegen der mit dem Zulassungsantrag vorgebrachten Auffassung hat sich das Verwaltungsgericht in der Begründung der angegriffenen Entscheidung nicht in Widerspruch zu der angenommenen Wahrunterstellung begeben.
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Unter Beweis gestellte Tatsache der mit Schriftsatz vom 13.09.2011 angekündigten Hilfsbeweisanträge war, dass die Klägerin behandlungsbedürftig psychisch erkrankt sei, an einer mittelgradigen depressiven Episode (F 32.1 nach ICD 10) auf dem Boden einer anhaltenden Entwurzelungsproblematik und möglichen früheren traumatischen Erlebnissen sowie hartnäckigen Somatisierungsschmerzen (F 55.0 nach ICD 10) leide und eine zwangsweise Rückkehr (in ihr Heimatland) sie in eine existentielle Krise führe.
15 
Mit diesem Tatsachenvortrag steht die Entscheidung in Einklang. Sie zieht hieraus lediglich nicht die von der Beschwerde erwünschten Schlussfolgerungen. Vielmehr geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass die im Falle der Rückkehr zu erwartende Verschlechterung ihres Gesundheitszustands durch das im Heimatland zur Verfügung stehende soziale Netz aufgefangen und bewältigt werden könne. Damit sind Widersprüche zu dem als wahr unterstellten Tatsachenvortrag nicht ersichtlich, denn die Ausführungen des Verwaltungsgericht beziehen sich nur auf die prognostische Frage, ob und wie die Klägerin die - auch der Sache nach unterstellte - Krise im Rückkehrfall bewältigen kann. Das Verwaltungsgericht hat den Tatsachenvortrag damit zur Kenntnis genommen und gewürdigt. Auch der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs schützt aber nicht davor, dass ein Gericht einem tatsächlichen Umstand nicht die von der Klägerin erwünschte Bedeutung zumisst oder die Rechtsansicht eines Beteiligten nicht teilt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 12.04.1983 - 2 BvR 678/81 u.a. -, BVerfGE 64, 1 [12] und vom 16.06.1987 - 1 BvR 1113/86 -, BVerfGE 76, 93 [98]; hierzu auch BVerwG, Urteil vom 24.03.1987 - 9 C 47/85 -, BVerwGE 77, 150 [155 f.]). Im Übrigen ging auch die von Herrn I. für Refugio abgegebene ärztliche Stellungnahme vom 29.08.2011 nur davon aus, dass die Klägerin zur Bewältigung der erwarteten Krise „kaum allein und ohne Hilfe und Unterstützung von außen in der Lage“ sein werde.
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b) Soweit der Zulassungsantrag auf die Ausführungen der ärztlichen Stellungnahme selbst verweist, waren diese nicht Gegenstand des in der mündlichen Verhandlung gestellten (Hilfs-)Beweisantrags. Eine kritische Auseinandersetzung mit Einzelheiten der dort getroffenen Aussagen steht daher nicht in Widerspruch zu der vom Gericht ausgesprochenen Wahrunterstellung. Unabhängig hiervon ist die vorrangige Sachkunde des Gutachters auf medizinische Fragestellungen beschränkt. Einschätzungen zur Lage in Kamerun und der für die Klägerin dort voraussichtlich vorzufindenden sozialen Situation begründen daher auch keine „Kompetenzanmaßung“ des Verwaltungsgerichts (vgl. zur Bedeutung ärztlicher Gutachten im Rahmen der Beantwortung von Rechtsfragen auch Senatsbeschluss vom 04.08.2011 - 9 S 1165/11 -, dort zur Prüfungsunfähigkeit).
17 
Der Sache nach beanstandet die Klägerin insoweit primär die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Würdigung. Die Beweiswürdigung ist indes grundsätzlich nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem materiellen Recht zuzuordnen, auf das ein Zulassungsvorbringen im Asylverfahren nicht gestützt werden kann. Verfahrensfehler können hier nur ausnahmsweise angenommen werden, etwa wenn die Beweiswürdigung objektiv willkürlich erscheint, gegen die Denkgesetze verstößt oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.02.2011 - 10 B 1/11 u.a. -, NVwZ-RR 2011, 382). Entgegen der mit dem Zulassungsantrag vorgebrachten Meinung enthält aber weder die Entscheidung noch deren Begründung derartige Widersprüche. Die Klägerin übersieht, dass aus der Annahme einer schwerwiegenden psychischen Erkrankung nicht unmittelbar die begehrte Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG folgt. Dieser Anspruch setzt vielmehr eine dem Gericht obliegende Einordnung der festgestellten Tatsachen unter die hierfür erforderlichen Tatbestandselemente und Prämissen voraus. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 17.08.2011 - 10 B 13/11 u.a. -) hat das Verwaltungsgericht daher über die Erkrankung hinaus weitere Anforderungen für die Annahme eines Abschiebeverbots verlangt. Dies ist weder widersprüchlich noch verstößt es gegen Denkgesetze oder geltendes Recht.
18 
3. Die Kostenentscheidung für das gemäß § 83b AsylVfG gerichtskostenfreie Zulassungsverfahren beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 30 RVG.
19 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

Der Zeugenbeweis wird durch die Benennung der Zeugen und die Bezeichnung der Tatsachen, über welche die Vernehmung der Zeugen stattfinden soll, angetreten.

Insoweit zum Beweis vergangener Tatsachen oder Zustände, zu deren Wahrnehmung eine besondere Sachkunde erforderlich war, sachkundige Personen zu vernehmen sind, kommen die Vorschriften über den Zeugenbeweis zur Anwendung.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1 000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro.

(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.