Kaufrecht: Keine Ansprüche gegen Hersteller beim Kauf im Discounter

bei uns veröffentlicht am27.10.2010

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Autoren

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Zusammenfassung des Autors
Anwalt für Kaufrecht - Wirtschaftsrecht - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB
Erwirbt jemand einen Computer beim Discounter, kommt der Kaufvertrag nur zwischen ihm und dem Discounter zustande. Rückabwicklungsrechte können also auch nur gegenüber diesem geltend gemacht werden. Gegen den Hersteller des Computers bestehen insoweit keine Ansprüche. Daran ändert auch ein Garantievertrag nichts.

Mit dieser Begründung wies das Amtsgericht (AG) München die Klage eines Kunden gegen einen Computerhersteller ab. Der Kunde hatte bei einem Discounter ein Notebook gekauft. Dem Gerät lag ein Garantievertrag des Herstellers bei, wodurch dieser sich im Falle eines Mangels zum Austausch oder zur Reparatur verpflichtete. Als kurz darauf das Notebook nicht mehr auf Tastaturbefehle reagierte, schickte der Kunde es an den Hersteller und bekam es repariert zurück. Ein halbes jahr später trat der Fehler erneut auf. Auch hier schickte der Käufer das Gerät ein und erhielt es nach der Reparatur zurück. Als wenige Monate darauf der Mangel wieder auftrat, wollte der Kunde das Gerät nicht mehr. Er verlangte vom Hersteller die Rückzahlung des Kaufpreises. Dieser lehnte ab. Der Käufer könne nur die Ansprüche aus dem Garantievertrag geltend machen, also Austausch oder Reparatur des Gerätes. Ein Rücktritt vom Kaufvertrag mit der Folge der Rückzahlung des Kaufpreises sei nur gegenüber dem Verkäufer, also dem Discounter möglich.

Der Käufer erhob daraufhin Klage. Die zuständige Richterin wies die Klage jedoch ab. Zwischen dem Herstellen und dem Käufer sei kein Kaufvertrag geschlossen worden. Vertragspartner sei insoweit nur der Discounter. Deshalb müsste der Rückabwicklungsanspruch auch gegenüber diesem geltend gemacht werden. Zwar habe der Hersteller ein Garantieversprechen abgegeben. Dies beinhalte aber nur das Recht auf Austausch und Reparatur. Die Rückzahlung des Kaufpreises sei davon nicht umfasst. Dieses Recht gebe nur das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) und zwar nur gegenüber dem Vertragspartner (AG München, 121 C 22939/09).


Die Entscheidung im einzelnen lautet:

AG München: Urteil vom 30.12.2009 - 121 C 22939/09

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klagepartei trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klagepartei kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


Tatbestand:

Die Parteien streiten um Rückabwicklungsansprüche im Zusammenhang mit einem Kaufvertrag.

Der Kläger erwarb am 06.09.2007 ein Notebook (Multimedia Notebook Medion, Geräte - Nr. ...) bei der Fa. A. zum Preis von 699,- EUR (Anlage K 1). Die Beklagte ist die Herstellerin des vorgenannten Notebooks. Für das Gerät liegt ein Garantievertrag vor.

Der Kläger sandte in der Folge wegen aufgetretener Funktionsmängel das Notebook im September 2008 und im April 2009 jeweils an die Beklagte zur, Reparatur und erhielt dieses im Anschluss repariert zurück.

Im Juni 2009 trat erneut ein Funktionsmangel bei dem Gerät auf.

Mit Schreiben vom 15.06.2009 forderte der Kläger von der Beklagten die Rückgängigmachung des Kaufvertrags und Rückerstattung des Kaufpreises mit Fristsetzung.

Die Beklagte lehnte dies ab.

Der Kläger macht geltend, dass aufgrund der von Beklagtenseite eingeräumten Nachbesserungsmöglichkeit auch gegenüber dieser ein Rücktrittsrecht bestehe. Ergänzend wird auf Bl. 1-6, 14, 16-18 der Akte Bezug genommen.


Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags zu, da die Vorauss. der §§ 437 Nr. 2, 440, 323 BGB nicht erfüllt waren.

Es liegt kein Kaufvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten vor. Dieser wurde unstreitig nicht zwischen der Beklagten und ihm, sondern der Fa. A. geschlossen (vergleiche Anlage K 1). Die Beklagte als Herstellerin hat lediglich ein Garantieversprechen abgegeben. Dem Kläger stand daher im Rahmen des im Garantievertrags ein Anspruch zu, und zwar auf Austausch oder Reparatur des Gerätes, nicht aber auf die begehrte Rückabwicklung des Kaufvertrags, da die Beklagte insoweit nicht Vertragspartnerin war. Diese Folgen ergeben sich unmittelbar aus dem Gesetz selbst. Ein Hinweis hierauf war von Beklagtenseite nicht geschuldet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.


Gesetze

Gesetze

4 Gesetze werden in diesem Text zitiert

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 437 Rechte des Käufers bei Mängeln


Ist die Sache mangelhaft, kann der Käufer, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,1.nach § 439 Nacherfüllung verlangen,2.nach den §§ 440, 323 und 326 Abs. 5 von dem Vertrag zurücktreten

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Wirtschaftsrecht

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Ist die Sache mangelhaft, kann der Käufer, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
nach § 439 Nacherfüllung verlangen,
2.
nach den §§ 440, 323 und 326 Abs. 5 von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 441 den Kaufpreis mindern und
3.
nach den §§ 440, 280, 281, 283 und 311a Schadensersatz oder nach § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.