Kündigungsrecht: Grobe Beleidigung bei facebook kann fristlose Kündigung rechtfertigen

bei uns veröffentlicht am27.11.2012
Zusammenfassung des Autors
grobe Beleidigungen des Arbeitgebers oder von Kollegen können eine Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung rechtfertigen-ArbG Duisburg vom 26.09.12-Az:5 Ca 949/12
Stellte ein Arbeitnehmer beleidigende Äußerungen bei Facebook ein, ist eine fristlose Kündigung möglich.
Hierauf verwies das Arbeitsgericht Duisburg im Fall eines Arbeitnehmers, der auf seiner Facebookseite Arbeitskollegen u.a. als Speckrollen und Klugscheißer bezeichnet hatte. Daraufhin hatte ihm der Arbeitgeber fristlos gekündigt.

Das Arbeitsgericht erachtete die Kündigung nur aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls für unwirksam. Es machte deutlich, dass grobe Beleidigungen des Arbeitgebers oder von Kollegen eine Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung rechtfertigen könnten. Dies gelte auch für Einträge in sozialen Netzwerken wie facebook. Ein solcher Eintrag könne nicht mit einer wörtlichen Äußerung unter Kollegen gleichgestellt werden. Er greife vielmehr nachhaltig in die Rechte der Betroffenen ein, da der Eintrag, solange er nicht gelöscht wird, immer wieder nachgelesen werden könne. Vorliegend sei aus Sicht des Arbeitsgerichts unerheblich, ob der Eintrag nur für die sogenannten Freunde und Freundesfreunde auf facebook sichtbar war, oder unter der Einstellung „öffentlich“ allen facebook-Nutzern zugänglich war. Zwischen den Parteien war unstreitig, dass eine Vielzahl von Arbeitskollegen facebook-Freunde des Klägers waren und den Eintrag gelesen hatten. Das Arbeitsgericht hielt die Kündigung ohne vorherige Abmahnung dennoch im Ergebnis für unwirksam. Der Arbeitnehmer hatte den Kommentar verfasst, nachdem er erfahren hatte, dass Kollegen ihn zu Unrecht bei seinem Arbeitgeber denunziert hatten. Damit hatte er aus Sicht des Arbeitsgerichts im Affekt gehandelt. Zudem sprach zu seinen Gunsten, dass er die Kollegen nicht namentlich benannte hatte. Diese seien aus dem facebook-Eintrag heraus nicht ohne Weiteres identifizierbar gewesen (Arbeitsgericht Duisburg, 5 Ca 949/12).


Die Entscheidung im Einzelnen lautet:

ArbG Duisburg vom 26.09.2012 (Az: 5 Ca 949/12)

Grobe Beleidigungen des Arbeitgebers oder von Kollegen, die nach Inhalt und Form zu einer erheblichen Ehrverletzung des Betroffenen führen, können eine außerordentliche, verhaltensbedingte Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung rechtfertigen. Dies gilt auch für Einträge in sozialen Netzwerken wie Facebook und auch dann, wenn der Eintrag nur für sogenannte Facebook-Freunde und Freundes-Freunde sichtbar ist.

Ein Eintrag bei Facebook stellt eine Verkörperung der Erklärung dar, die nachhaltig in die Rechte der Betroffenen eingreift. Eine schriftliche Äußerung bei Facebook ist daher von der Intensität her nicht mit einer wörtlichen Äußerung unter Arbeitskollegen im privaten Kreis zu vergleichen.

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung noch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 16.4.2012 beendet wird.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Kaufmann im Einzelhandel weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Streitwert wird auf 9.720,00 € festgesetzt.


Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen, hilfsweise ordentlichen, fristgerechten Kündigung der Beklagten aus verhaltensbedingten Gründen.

Der am 26.04.1983 geborene, ledige Kläger ist seit dem 01.01.2008 bei der Beklagten als Kaufmann im Einzelhandel zu einem Bruttomonatsgehalt von 1.944,00 EUR beschäftigt.

Die Beklagte beschäftigt mehr als 10 Arbeitnehmer. Mit Schreiben vom 16.04.2012 kündigte die Beklagte dem Kläger außerordentlich und fristlos, hilfsweise ordentlich zum nächst möglichen Zeitpunkt. Der Kündigung war folgendes vorausgegangen:

Der Kläger war seit dem 27.02.2012 bis einschließlich 13.04.2012 arbeitsunfähig im Zusammenhang mit einer Knieverletzung, die eines operativen Eingriffs bedurfte. Am 20.03.2012 erfuhren die Arbeitnehmerinnen C. von einem Facebook-Eintrag des Klägers auf seiner Facebook-Seite. Der Eintrag des Klägers hatte folgenden Wortlaut:

„N.

Irgendwann mach ich mein mund auf und dann mal gucken wie doof die gucken alle manche arbeitskollegen haben nixs zu tun hinter mein rücken zu reden und lästern von bildern die ih hier rein tue bilder von januar nur weil paar kollegen von mir es haben wollten hab ihes drauf gemacht aber ein paar speckrollen die nicht mal jahre lang abnehmen können und manche die überstd brauchen meinen hinter mein rücken zu reden habt ihr keine freunde hattet ihr schlechten sex hat jemand euch ins gehirn geschissen oder so habt ihr keine andere hobbys statt zu lästern und arsch zu kriechen und auf ein klug scheißer tun als werd ihr besser ihr seit unnötig noch nicht mal irgednwas wert bin seit fünfjahren bzw. mehr als fünf jahre nie krankenschein eingereicht und jetz wo ich innenminuskriss habe könnt ihr jetz lästern ihr fische denkt ihr ich bin froh darüber ihr heult doch immer wegen kleinigkeiten und drückt attest rein ihr könnt mich mal kreuzweise die jenigen wissen wen ich meine die sollen sich nur schämen wartet wenn ih ab Freitag ambulant bin und in zwei wochen raus komme!!! „

Diesen Eintrag des Klägers las eine Vielzahl von Facebooknutzern, wobei der Adressatenkreis der Facebookmeldung des Klägers zwischen den Parteien streitig ist. Unstreitig ist, dass auch Arbeitskollegen des Klägers sogenannte Facebookfreunde des Klägers sind und somit Zugriff auf seinen Eintrag hatten und diesen auch tatsächlich lasen.

Dem Kommentar des Klägers auf seiner Facebookseite war vorausgegangen, dass er ein Foto, welches ihn mit Kollegen im Cafe zeigte, auf seiner Facebookseite eingestellt hatte. Ihm war daraufhin zugetragen worden, dass er im Hinblick auf dieses Foto bei seinem Arbeitgeber angeschwärzt worden sei. Dem Arbeitgeber sei gesagt worden, dass er sich während der Arbeitsunfähigkeit in Cafés aufhalte. In diesem Zusammenhang fiel auch der Name der Kollegin Frau K., welche seit längerem versucht abzunehmen. Die Fotos, die der Kläger auf Facebook einstellte, stammten aus dem Monat Januar 2012, also aus einer Zeit, in welcher er nicht arbeitsunfähig war.

Der Kläger kehrte am 16.04.2012 nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit in den Betrieb zurück. An diesem Tag fand ein Gespräch mit dem Hausleiter Herrn T. sowie zwei Mitgliedern des Betriebsrates statt, in welchem der Kläger mit den Vorwürfen bezüglich des Facebookeintrags konfrontiert wurde. Der Kläger räumte in diesem Gespräch ein, dass die Äußerung auf Facebook von ihm stamme. Die Beklagte sprach sodann mit Schreiben vom 16.04.2012, welches durch den Hausleiter Herrn T. unterzeichnet wurde, die Kündigung aus.

Der Kläger wies mit Schreiben vom 02.05.2012 die Kündigung unter Verweis auf die §§ 174, 180 BGB zurück und rügte gleichzeitig, dass die Unterschrift nicht den Anforderungen der Rechtsprechung genüge. Der Kläger bestreitet das Vorliegen eines wichtigen Grundes nach § 626 Abs. 1 BGB, rügt die Nichteinhaltung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB und die soziale Rechtfertigung der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung. Er bestreitet zudem die ordnungsgemäße Betriebsanhörung.

Der Kläger trägt vor, dass der Eintrag in seinem Facebook-Account stets nur für seine Freunde und Freundes-Freunde zugänglich gewesen sei. Eine Veröffentlichung in dem Sinne, dass jeder Nutzer von Facebook die Äußerungen lesen könne, sei zu keiner Zeit erfolgt. Der Kläger verweist des Weiteren auf den Hintergrund der Eintragung und beruft sich darauf, dass er im Affekt gehandelt habe, nach dem er erzürnt darüber gewesen sei, dass ihn Kollegen angeschwärzt hätten. Er trägt weiter vor, dass mit der Bezeichnung „Speckrolle“ keine bestimmte Arbeitnehmerin gemeint gewesen sei. Es sei auch nicht richtig, dass er in der Besprechung am 16.04.2012 zugegeben habe, dass damit Frau N. gemeint sei. Er habe allein angegeben, dass Frau N. ihm als diejenige Arbeitnehmerin genannt worden sei, die ihn bezüglich der bei Facebook eingestellten Fotos angeschwärzt habe. Der Kläger trägt weiter vor, dass am 16.04.2012 keine Anhörung statt gefunden habe. Vielmehr habe er sich wie bei einem Verhör gefühlt. Man habe versucht, ihn zu einem Aufhebungsvertrag zu drängen. Es sei erheblicher Druck auf ihn ausgeübt worden. Er selbst habe in diesem Gespräch keinesfalls Drohungen ausgesprochen.

Der Kläger beantragt, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung noch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 16.04.2012 beendet wird; die Beklagte im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Kaufmann im Einzelhandel weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass der Kläger denunzierende Äußerungen auf Facebook getätigt habe, die zu einer sofortigen fristlosen Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB ohne vorherige Abmahnung. Die Beklagte trägt vor, dass der Eintrag des Klägers zumindest anfangs als öffentlich gekennzeichnet gewesen sei. Daher hätten nicht nur die Freunde des Klägers auf Facebook und die sogenannten Freundes-Freunde, sondern jegliche Facebooknutzer den Eintrag lesen können. Die despektierlichen Äußerungen seien klar der Mitarbeiterin Frau N. zuzuordnen. Dies habe der Kläger in der Anhörung am 16.04.2012 auch eingestanden. Dort habe er zugegeben, dass Frau N. gemeint sei.

Die Beklagte trägt weiter vor, dass der Hausleiter Herr T. zum Ausspruch von Kündigungen bevollmächtigt gewesen sei und dass dies durch Aushang am schwarzen Brett den Mitarbeitern bekannt gemacht worden sei. Im Übrigen habe der Kläger die Kündigung nicht unverzüglich im Sinne von § 174 BGB zurückgewiesen.

Der Betriebsrat sei am 16.04.2012 schriftlich angehört worden (vgl. Bl. 47-48 der Akten). Darüber hinaus habe Herr T. in der Betriebsratssitzung die Gründe der Kündigung noch mündlich dargelegt. Der Betriebsrat habe der Kündigung nicht widersprochen.

Am 16.04.2012 habe eine echte Anhörung des Klägers stattgefunden. Von einem Verhör könne keine Rede sein. Der Kläger habe am Ende des Gesprächs die Drohung „warten sie mal ab, das hat ein Nachspiel“ geäußert.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist auch der Weiterbeschäftigungsantrag hinreichend bestimmt. Zwar enthält der Weiterbeschäftigungsantrag die Klausel „zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen“. Da zwischen den Parteien die arbeitsvertraglichen Bedingungen nicht streitig sind, ist der Weiterbeschäftigungsantrag dennoch trotz der abstrakten Formulierung bestimmt im Sinne des § 253 ZPO. Die unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen sind dahingehend auszulegen, dass der Kläger als Kaufmann im Einzelhandel mit einem Bruttoentgelt von 1.944,-- € weiter zu beschäftigen ist. Mit diesem Verständnis ist der Weiterbeschäftigungsantrag zulässig.

Die Klage ist begründet. Das Arbeitsverhältnis wurde weder durch die außerordentliche, fristlose Kündigung noch durch die hilfsweise ordentliche, fristgerechte Kündigung beendet. Auch dem Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers war stattzugeben.

Das Arbeitsverhältnis wird nicht fristlos durch die außerordentliche, fristlose Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB beendet. Die außerordentliche Kündigung scheitert bereits daran, dass die Einhaltung der 2-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht dargelegt ist.

Gemäß § 626 Abs. 2 BGB kann die Kündigung nur innerhalb von 2 Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt.

Die Beklagte hat dargelegt, dass sie am 20.03.2012 erstmals Kenntnis von den Umständen erlangt hat, die aus ihrer Sicht eine außerordentlich, fristlose Kündigung rechtfertigen. Die Beklagte wartete mit einer Anhörung des Klägers bis zum 16.04.2012 ab und sprach erst nach dieser Anhörung am 16.04.2012 die Kündigung aus. Zwar billigt die Rechtsprechung dem Arbeitgeber zu, auch weitere Aufklärungsmaßnahmen zu betreiben, die dann ggf. die 2-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB hemmen. Die Beklagte hat jedoch mit der Durchführung von weiteren Aufklärungsmaßnahmen, zu welcher die Anhörung zu rechnen ist, vor Ablauf der 2-Wochen-Frist nicht einmal begonnen. Die Beklagte kann sich vorliegend auch nicht darauf berufen, dass eine Anhörung des Klägers und weitere Aufklärungsmaßnahmen nicht vor Ablauf der 2-Wochen-Frist möglich gewesen seien, da dieser arbeitsunfähig war. Eine Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers hemmt jedenfalls nicht in jedem Fall die 2-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB. Angesichts der Tatsache, dass der Kläger mit einer Knieverletzung im Krankenhaus gelegen hat, ist nicht ersichtlich, warum nicht eine telefonische Anhörung des Klägers oder eine schriftliche Anhörung des Klägers innerhalb der 2-Wochen-Frist erfolgte.

Die Beklagte hat auch nicht dargelegt, wie lange der Eintrag des Klägers auf seiner Facebookseite veröffentlicht war. Wenn der Eintrag dort länger eingestellt war, dürfte von einem Dauertatbestand auszugehen sein, mit der Folge, dass die Frist des § 626 Abs. 2 BGB mit jedem Tag des Eintrags neu zu laufen beginnt. Darauf hat sich die Beklagte aber nicht berufen. Sie hat lediglich dargelegt, dass der Eintrag am 20.3.2012 gelesen wurde.

Das Arbeitsverhältnis wurde auch nicht durch die hilfsweise erklärte ordentliche, fristgerechte Kündigung beendet. Im Ergebnis fehlt es an einem hinreichenden verhaltensbedingten Kündigungsgrund im Sinne des § 1 KSchG, welcher ohne vorherige Abmahnung zur Kündigung berechtigt.

Eine verhaltensbedingte Kündigung setzt ein vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers voraus. Erforderlich ist ein Verhalten des Arbeitnehmers, durch welches eine Vertragspflicht erheblich- in der Regel schuldhaft- verletzt, das Arbeitsverhältnis konkret beeinträchtigt wird, eine zumutbare Möglichkeit einer anderen Beschäftigung nicht besteht und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien billigenswert und angemessen erscheint. Die verhaltensbedingte Kündigung ist in drei Stufen zu prüfen. Es muss zunächst ein regelmäßig schuldhaftes vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers festzustellen sein. Dieses muss zu konkreten Störungen des Arbeitsverhältnisses führen, die auch in Zukunft zu befürchten sind (Prognoseprinzip). In der dritten Stufe ist schließlich eine Interessenabwägung vorzunehmen. Das Prognoseprinzip ist Ausfluss des Gedankens, dass Zweck der Kündigung nicht die Sanktion einer Vertragspflichtverletzung, sondern die Vermeidung von weiteren Vertragspflichtverletzungen ist. Aufgrund des Prognoseprinzips ist bei Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung in der Regel erforderlich, dass zuvor eine Abmahnung wegen eines vergleichbaren Verhaltens ausgesprochen wurde. In diesem Fall kann der Arbeitgeber sich darauf berufen, dass der Arbeitnehmer trotz bereits erfolgter Abmahnung die Pflichtverletzung erneut begangen hat, woraus die negative Prognose ohne Weiteres folgt. Ausnahmsweise kann aber auch ohne vorherige Abmahnung eine negative Prognose gegeben sein, wenn die Pflichtverletzung an sich derart evident ist, dass auch ohne Abmahnung für den Arbeitnehmer ohne Weiteres ersichtlich war, dass der Arbeitgeber ein derartiges Verhalten nicht hinnehmen würde. In der Rechtsprechung ist es anerkannt, dass eine grobe Beleidigung des Arbeitgebers oder von Arbeitskollegen, die nach Inhalt und Form zu einer erheblichen Ehrverletzung des Betroffenen führt, eine Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung rechtfertigen kann. Bei der Bewertung von Äußerungen ist allerdings stets das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung zu beachten, wobei der Grundrechtsschutz unabhängig davon besteht, ob eine Äußerung rational oder emotional, begründet oder grundlos ist, ob sie von anderen für nützlich oder schädlich, wertvoll oder wertlos gehalten wird. Eine polemische oder verletzende Formulierung entzieht einer Äußerung noch nicht den Schutz der Meinungsfreiheit. Formalbeleidigungen und Schmähungen sowie bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen fallen allerdings nicht mehr in den Schutzbereich des Artikel 5 Abs. 1 GG, da das Grundrecht der Meinungsfreiheit nicht schrankenlos gewährleistet ist. Die Meinungsfreiheit wird insbesondere durch das Grundrecht der persönlichen Ehre gemäß Artikel 5 Abs. 2 GG beschränkt und muss mit diesem in ein ausgeglichenes Verhältnis gebracht werden.

Bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen ist von der objektiven Sicht eines ruhig und verständig urteilenden Arbeitgebers auszugehen. Nur ein Verhalten, dass einen solchen Arbeitgeber zur einer Kündigung bestimmen könnte, kann einen verhaltensbedingten Kündigungsgrund darstellen. Im Falle von ehrverletzenden Äußerungen sind im Rahmen der Interessenabwägung auch Kriterien zu berücksichtigen wie z. B. die Frage, ob ein bestimmter Umgangston betriebsüblich ist, der psychische Zustand eines Arbeitnehmers und die Gesprächssituation sowie Ort und Zeitpunkt des Geschehens.

Unter Zugrundlegung dieser Grundsätze erscheint die Äußerung des Klägers bei Abwägung aller Umstände nicht geeignet, ohne vorherige Abmahnung eine verhaltensbedingte Kündigung nach § 1 KSchG zu rechtfertigen.

Die Äußerungen des Klägers sind ohne Zweifel despektierlich. Dies gilt insbesondere für die Bezeichnung als „Speckrollen“ sowie für die Äußerungen „hattet ihr schlechten Sex“ und „hat jemand euch ins Gehirn geschissen“. Auch die Vorwürfe „in den Arsch zu kriechen“ und „auf ein Klugscheißer tun“ sind ehrverletzende Äußerungen, die ihrer Form nach nicht mehr in den grundrechtlich geschützten Anwendungsbereich der Meinungsfreiheit des Artikel 5 Abs. 1 Grundgesetz einzuordnen sind. Die Kammer verkennt auch nicht, dass eine Kommentareinstellung bei Facebook einen anderen Charakter aufweist als eine wörtliche Äußerung, die aufgrund ihrer Flüchtigkeit nicht derart einschneidende Wirkungen für die betroffenen Mitarbeiter hat. Die Einstellung bei Facebook stellt eine Verkörperung der beleidigenden Äußerung dar, die für andere, soweit sie nicht gelöscht wird, immer wieder nachlesbar ist und somit nachhaltig in Rechte der Betroffenen eingreift. Dabei ist auch die besondere gesellschaftliche Bedeutung und Verbreitung zu bedenken, die soziale Netzwerke inzwischen genießen. Auch bergen die Einträge bei Facebook das Risiko, dass Folgeeinträge, beispielsweise in Form von Kommentaren oder durch eigene Einträge erfolgen, die wiederum die betroffene Person erneut oder in anderer Form beleidigen bis hin zur Gefahr des sogenannten Internetmobbings. Nach Auffassung der Kammer ist aus diesem Grund eine schriftliche Äußerung bei Facebook, auch wenn sie jederzeit gelöscht werden kann, von der Intensität her nicht mit einer wörtlichen Äußerung unter Arbeitskollegen im privaten Kreis zu vergleichen. Dies gilt auch ungeachtet der Frage, ob die Äußerung des Klägers nur für seine Facebook-Freunde und Freundesfreunde oder für sämtlich Facebook-Nutzer zugänglich war. Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass die Äußerung nur Freunden und Freundesfreunden zugänglich war, stellt dies bereits einen großen Empfängerkreis dar, dem auch Arbeitskollegen angehörten. Dieser Empfängerkreis konnte den Eintrag immer wieder lesen.

Entscheidend war für die Kammer jedoch im Ergebnis, dass die Äußerungen des Klägers nicht ohne Anlass, sondern im Affekt gemacht wurden. Schließlich war auch zugunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass sich aus den Einträgen selbst eine Bezugnahme auf eine bestimmte Kollegin, insbesondere Frau N., nicht ergibt. Anlass der Äußerung war, dass der Kläger die Mitteilung erhielt, Kollegen hätten gegenüber seinem Arbeitgeber behauptet, er halte sich während der Arbeitsunfähigkeit in Cafés auf. Tatsächlich entspricht es nicht den Tatsachen, dass sich der Kläger während der Arbeitsunfähigkeit in Cafés aufhielt. Die vom Kläger eingestellten Bilder, die ihn mit Kollegen in einem Cafe zeigen, stammen aus dem Monat Januar. Der Kläger hatte also aus seiner Sicht einen begründeten Anlass, auf die Kollegin oder den Kollegen ärgerlich zu sein, die ihn bei der Arbeitgeberin angeschwärzt hatten. Dass dies der Hintergrund für seinen Facebookeintrag war, macht der Eingangssatz des Kommentares deutlich, in dem es unter anderem heißt „....manche arbeitskollegen haben nixs zu tun hinter mein rücken zu reden und lästern von bildern die ih hier rein tue bilder von Januar nur weil paar Kollegen von mir es haben wollten hab ihes drauf gemacht“. Die Äußerungen des Klägers erfolgten daher im Affekt, als emotionale Reaktion auf ein Verhalten eines oder mehrerer Kollegen und wurden nicht ohne Rücksicht auf einen konkreten Anlass nur zu Verunglimpfung einer Person gemacht. Der Eintrag des Klägers ist ohne Zweifel unangemessen, er zeigt aber auch deutlich seine Betroffenheit wegen des erhobenen Vorwurfs, er habe eine Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht bzw. er verhalte sich unangemessen während einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit. Es kann daher ohne vorherige Abmahnung nicht die Prognose aufgestellt werden, dass der Kläger derartige Äußerungen erneut tätigen wird. Zusammenfassend gesagt, stellt das Einstellen des Kommentars auf Facebook durch den Kläger zwar eine arbeitsvertragliche, schuldhafte Pflichtverletzung dar, die aber durch eine Abmahnung und nicht eine sofortige verhaltensbedingte Kündigung geahndet werden kann, da aufgrund der Umstände des Eintrags eher von einem Einzelfall auszugehen ist.

Auch das Verhalten des Klägers im Personalgespräch am 16.4.2012 stellt keinen verhaltensbedingten Kündigungsgrund dar. Selbst wenn man unterstellt, dass der Kläger in diesem Gespräch gesagt hat, die Angelegenheit habe noch ein Nachspiel, liegt darin keine Bedrohung, die eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigt. Es kann dem Kläger nicht unterstellt werden, dass er mit dieser Äußerung rechtswidrige Handlungen androhte. Vielmehr ist zu seinen Gunsten eher davon auszugehen, dass er damit meinte, er werde sich juristischen Rat holen und einen Anwalt kontaktieren, um sich gegen die angedrohte Kündigung zu wehren. Für eine andere Bewertung hat die Beklagte jedenfalls keine Indizien vorgetragen.

Da die Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht beendet hat, hat der Kläger entsprechend des Beschlusses des Großen Senats vom 27.02.1985 (GS 1/84, AP BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 14) einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens.

Die Beklagte trägt, da sie im Rechtsstreit unterlag, die Kosten des Rechtsstreits, §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 61 Abs. 1 ArbGG, 42 Abs. 3 GKG, 3 ff ZPO. Der Kündigungsschutzantrag wurde mit 3, der Weiterbeschäftigungsantrag mit 2 Bruttomonatsgehältern zu je 1.944,00 € bewertet.


Gesetze

Gesetze

12 Gesetze werden in diesem Text zitiert

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Zivilprozessordnung - ZPO | § 253 Klageschrift


(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift). (2) Die Klageschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;2.die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Ansp

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 626 Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund


(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unte

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 46 Grundsatz


(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung. (2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsger

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 61 Inhalt des Urteils


(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest. (2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 174 Einseitiges Rechtsgeschäft eines Bevollmächtigten


Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 180 Einseitiges Rechtsgeschäft


Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft ist Vertretung ohne Vertretungsmacht unzulässig. Hat jedoch derjenige, welchem gegenüber ein solches Rechtsgeschäft vorzunehmen war, die von dem Vertreter behauptete Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsges

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In dem Urteil vom 13.08.2019 hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorprommern Grundsätze aufgezeigt, die ein Arbeitgeber bei einer krankheitsbedingten Kündigung beachten muss.  Streifler & Kollegen - Rechtsanwälte - Anwalt für Arbeitsrecht

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Referenzen

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft ist Vertretung ohne Vertretungsmacht unzulässig. Hat jedoch derjenige, welchem gegenüber ein solches Rechtsgeschäft vorzunehmen war, die von dem Vertreter behauptete Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts nicht beanstandet oder ist er damit einverstanden gewesen, dass der Vertreter ohne Vertretungsmacht handele, so finden die Vorschriften über Verträge entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt, wenn ein einseitiges Rechtsgeschäft gegenüber einem Vertreter ohne Vertretungsmacht mit dessen Einverständnis vorgenommen wird.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.

(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.

(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.