Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: Zur Beschwerdefrist bei fehlerhafter Rechtsmittelbelehrung

bei uns veröffentlicht am06.07.2012

Rechtsgebiete

Autoren

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

EnglischDeutsch
Zusammenfassung des Autors
Beschwerdefrist beginnt erst zu laufen, sobald der Betroffene die Unrichtigkeit erkennt-BGH vom 03.05.12-Az:V ZB 54/11
Der BGH hat mit dem Beschluss vom 03.05.2012 (Az: V ZB 54/11) folgendes entschieden:

Unterbleibt die Einlegung einer Beschwerde, weil die Rechtsmittelbelehrung eine kürzere als die gesetzliche Beschwerdefrist ausweist, beginnt die Frist für einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und für die Nachholung der versäumten Rechtshandlung, sobald der Betroffene die Unrichtigkeit der Rechtsmittelbelehrung erkennt oder diese hätte erkennen müssen.

Der Betroffenen wird Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Wassermann bewilligt.

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Limburg vom 3. Februar 2011 wird auf Kosten der Betroffenen zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 3.000 €.


Gründe:

Mit Beschluss vom 24. September 2010 ordnete das Amtsgericht gegen die zuvor festgenommene Betroffene Sicherungshaft bis zum 24. Dezember 2010 an. Der Beschluss wurde der zu diesem Zeitpunkt noch nicht anwaltlich vertretenen Betroffenen am selben Tag ausgehändigt. Er enthält eine Rechtsmittelbelehrung, nach der die Beschwerdefrist zwei Wochen beträgt. Tatsächlich ist die Beschwerde binnen einer Frist von einem Monat einzulegen. Am 16. Dezember 2010 wurde die Betroffene aus der Haft entlassen.

Gegen den Haftbeschluss hat die zwischenzeitlich durch einen Anwalt vertretene Betroffene am 20. Dezember 2010 sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, die Rechtswidrigkeit der Haft festzustellen. Nach einem Hinweis des Landgerichts, dass die Beschwerdefrist versäumt sei, hat sie am 2. Februar 2011 beantragt, ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Landgericht hat den Antrag zurückgewiesen und die Beschwerde als unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich die Betroffene mit der Rechtsbeschwerde.

Das Beschwerdegericht meint, die Beschwerdefrist sei trotz der falschen Rechtsmittelbelehrung einen Monat nach Aushändigung des Beschlusses und damit am 24. Oktober 2010 abgelaufen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist könne nicht gewährt werden. Es fehle bereits daran, dass die Rechtsbehelfsbelehrung für die Fristversäumung kausal geworden sei. Hätte sich die Betroffene auf diese verlassen, hätte dies lediglich zur Folge haben können, dass ihr Rechtsmittel vor Ablauf der Frist bei Gericht eingegangen wäre. Außerdem sei der Antrag nicht innerhalb der Frist von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt worden. Die Betroffene habe ihrem Anwalt bereits am 29. November 2010 eine Vollmacht erteilt. Damit sei das Hindernis „unzutreffende Rechtsmittelbelehrung“ beseitigt gewesen.

Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.

Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die falsche Rechtsmittelbelehrung keinen Einfluss auf den Lauf der Beschwerdefrist hatte.

Im Ergebnis zu Recht ist der Betroffenen keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist gewährt worden.

Grundsätzlich kommt Wiedereinsetzung allerdings in Betracht, wenn die einem Beschluss nach § 39 FamFG beizufügende Rechtsmittelbelehrung eine kürzere als die gesetzliche Frist für die Einlegung des Rechtsmittels nennt. Denn dies kann den Betroffenen daran hindern, das Rechtsmittel einzulegen, etwa weil es ihm innerhalb der kürzeren Frist nicht gelingt, sich über die Anfechtung des Beschlusses schlüssig zu werden und die hierfür erforderlichen Schritte einzuleiten, und er anschließend - in der Annahme, die Frist zur Einlegung eines Rechtsmittels sei abgelaufen - keine weiteren Bemühungen in diese Richtung unternimmt. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts legt deshalb der Umstand, dass die Betroffene innerhalb der in der Rechtsmittelbelehrung genannten Frist von zwei Wochen keine Beschwerde eingelegt hat, nicht den Schluss nahe, dass sie ohnehin von der Einlegung der Beschwerde Abstand genommen hätte.

Der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand steht jedoch entgegen, dass sich die Wahrung der Antragsfrist des § 18 Abs. 1 FamFG nicht feststellen lässt.

Ein Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt werden (§ 18 Abs. 1 FamFG); innerhalb dieser Frist ist auch die versäumte Rechtshandlung nachzuholen (§ 18 Abs. 3 Satz 2 FamFG). Die Einhaltung der Antragsfrist muss sich, sofern sie nicht offenkundig ist, aus einer geschlossenen Darstellung der tatsächlichen Abläufe seitens des Betroffenen ersehen lassen. Erforderlich sind Angaben zu dem Hindernis, das der Fristwahrung entgegenstand, und zu dem Zeitpunkt des Wegfalls dieses Hindernisses.

Im Regelfall ist das Hindernis für die Fristwahrung entfallen, sobald die Partei oder ihr Verfahrensbevollmächtigter die Fristversäumung erkannt hat oder dies bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte erkennen müssen. Darauf kann es allerdings nicht ankommen, wenn die Fristversäumung - wie hier -auf eine Rechtsmittelbelehrung zurückzuführen ist, welche eine kürzere als die im Gesetz vorgesehene Beschwerdefrist ausweist. Denn der Betroffene, der innerhalb der in der Belehrung genannten Frist kein Rechtsmittel eingelegt hat, geht davon aus, die Frist versäumt zu haben. In einem solchen Fall beginnt die Antragsfrist des § 18 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 FamFG, sobald der Betroffene die Unrichtigkeit der Rechtsmittelbelehrung erkennt oder diese hätte erkennen müssen. Damit ist ihm nicht länger ohne sein Verschulden unbekannt, dass er infolge des durch die Rechtsmittelbelehrung hervorgerufenen Irrtums gehindert war, die (eigentliche) Rechtsmittelfrist auszunutzen und diese deshalb versäumt hat.

Dass die Betroffene die versäumte Rechtshandlung innerhalb von zwei Wochen nachgeholt hat, nachdem sie von der Fehlerhaftigkeit der Rechtsmittelbelehrung erfahren hat bzw. ihr Verfahrensbevollmächtigter diese erkennen musste (vgl. § 11 Satz 5 FamFG i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO), lässt sich ihrem Vorbringen nicht entnehmen. Das gilt auch dann, wenn zu ihren Gunsten davon ausgegangen wird, dass die Unterzeichnung der Vollmacht für ihren Verfahrensbevollmächtigten am 29. November 2010 nicht mit der Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit der Rechtsmittelbelehrung gleichzusetzen ist. Durch die am 20. Dezember 2010 eingelegte Beschwerde wäre die Frist des § 18 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 FamFG nur gewahrt worden, wenn die Betroffene erst nach dem 5. Dezember 2010 erfahren hätte, dass die Rechtsbehelfsbelehrung falsch war, und auch ihr Verfahrensbevollmächtigter dies nicht früher erkennen musste. Dass es sich so verhält, kann mangels Darstellung des der Beauftragung des Anwalts zugrunde liegenden Sachverhalts nicht festgestellt werden.

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat der Umstand, dass die unzutreffende Rechtsmittelbelehrung zu einer um 16 Tage verkürzten Überlegungsfrist geführt hat, nicht zur Folge, dass die Frist des § 18 Abs. 1 FamFG erst beginnt, nachdem der Betroffenen die fehlende Überlegungsfrist nachträglich eingeräumt worden ist. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand muss unabhängig davon, welche Frist versäumt worden ist und auf welchen Gründen dies beruht, binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt werden. Dass sich hierdurch die gesetzlich eingeräumte Überlegungsfrist für die Einlegung eines Rechtsmittels verkürzen kann, ist im Hinblick auf den Ausnahmecharakter der Wiedereinsetzung und im Interesse der Rechtssicherheit hinzunehmen.

Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass sich die Frist des § 18 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 FamFG für die Nachholung einer Rechtsbeschwerdebegründung auf vier Wochen verlängert, wenn dem Beschwerdeführer Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist. Denn hierbei steht nicht der Gleichlauf der Fristen für die Nachholung der versäumten Rechtshandlung und für die Rechtsmittelbegründung, sondern die Gleichbehandlung von bemittelten und unbemittelten Beteiligten im Vordergrund.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.

Der Betroffenen war antragsgemäß Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen (§ 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO). Die Rechtsbeschwerde war im Zeitpunkt der Antragstellung im Hinblick auf die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Rechtsmittelbelehrung, die eine kürzere als die gesetzliche Frist nennt, zu einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand führen kann, nicht ohne jede Erfolgsaussicht.


Gesetze

Gesetze

7 Gesetze werden in diesem Text zitiert

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 84 Rechtsmittelkosten


Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 76 Voraussetzungen


(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist. (2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskosten

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 39 Rechtsbehelfsbelehrung


Jeder Beschluss hat eine Belehrung über das statthafte Rechtsmittel, den Einspruch, den Widerspruch oder die Erinnerung sowie das Gericht, bei dem diese Rechtsbehelfe einzulegen sind, dessen Sitz und die einzuhaltende Form und Frist zu enthalten. Übe

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 11 Verfahrensvollmacht


Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mange

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 18 Antrag auf Wiedereinsetzung


(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Ist der Beteiligte verhindert, die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde einzuhalten, beträgt die Frist einen Monat. (2) Die Form des Antrags

Urteile

1 Urteile zitieren order werden zitiert von diesem Artikel

1 Urteile werden in dem Artikel zitiert

Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Mai 2012 - V ZB 54/11

bei uns veröffentlicht am 03.05.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 54/11 vom 3. Mai 2012 in der Abschiebungshaftsache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja FamFG § 18 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Unterbleibt die Einlegung einer Beschwerde, weil die Rechtsmittelbelehrun

Artikel zu passenden Rechtsgebieten

Artikel zu Wirtschaftsrecht

Hinweis- und Warnpflichten von Beratern

21.11.2023

Die Rechtsprechung verschärft die Haftungsregeln für Berater, einschließlich Rechtsanwälte, hauptsächlich im Zusammenhang mit unterlassenen Warnungen vor Insolvenzgründen. Dies betrifft auch faktische Geschäftsleiter, die in den Schutzbereich des Mandatsvertrags einbezogen werden können. Berater müssen Geschäftsführer auf mögliche Insolvenzgründe hinweisen, wenn sie in Krisensituationen mandatiert werden. Die Haftung kann eingeschränkt werden, aber nur unter bestimmten Bedingungen. Diese Entwicklungen betonen die steigenden Anforderungen an Berater und die Bedeutung der Kenntnis aktueller rechtlicher Vorgaben und Urteile, um Haftungsrisiken zu minimieren und Mandanten bestmöglich zu schützen.

Abgasskandal: Überblick zur rechtlichen Situation der Käufer

04.07.2017

Im Zuge des "VW-Skandals" oder auch "Dieselskandals" wurde offenbar, dass der Volkswagen-Konzern jahrelang Dieselfahrzeuge mithilfe einer Software so veränderte, dass sie die Abgasgrenzwerte nur auf dem Prüfstand einhalten, auf der Straße jedoch erheblich mehr Schadstoffe ausstoßen. Etwa elf Millionen Fahrzeuge weltweit sind von der Manipulation betroffen. Seit Januar 2016 werden in Deutschland die betroffenen Autos in die Werkstätten zurückgerufen. Betroffen sind jedoch schon längst nicht mehr nur Fahrzeuge der Marke "Volkswagen".

Onlinegeschäfte: Unverzügliche Widerrufsbelehrung bei eBay-Verkauf

25.02.2012

unmittelbar im Anschluss an das Ende einer Auktion bei der Internetplattform eBay kann rechtzeitig sein-OLG Hamm vom 10.01.12-Az: I-4 U 145/11
Wirtschaftsrecht

Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 54/11
vom
3. Mai 2012
in der Abschiebungshaftsache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Unterbleibt die Einlegung einer Beschwerde, weil die Rechtsmittelbelehrung eine
kürzere als die gesetzliche Beschwerdefrist ausweist, beginnt die Frist für einen
Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und für die Nachholung der
versäumten Rechtshandlung, sobald der Betroffene die Unrichtigkeit der Rechtsmittelbelehrung
erkennt oder diese hätte erkennen müssen.
BGH, Beschluss vom 3. Mai 2012 - V ZB 54/11 - LG Limburg
AG Limburg a. d. Lahn
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Mai 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und
Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter
Dr. Czub

beschlossen:
Der Betroffenen wird Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Wassermann bewilligt. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Limburg vom 3. Februar 2011 wird auf Kosten der Betroffenen zurückgewiesen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 3.000 €.

Gründe:

I.

1
Mit Beschluss vom 24. September 2010 ordnete das Amtsgericht gegen die zuvor festgenommene Betroffene Sicherungshaft bis zum 24. Dezember 2010 an. Der Beschluss wurde der zu diesem Zeitpunkt noch nicht anwaltlich vertretenen Betroffenen am selben Tag ausgehändigt. Er enthält eine Rechtsmittelbelehrung , nach der die Beschwerdefrist zwei Wochen beträgt. Tatsächlich ist die Beschwerde binnen einer Frist von einem Monat einzulegen. Am 16. Dezember 2010 wurde die Betroffene aus der Haft entlassen.
2
Gegen den Haftbeschluss hat die zwischenzeitlich durch einen Anwalt vertretene Betroffene am 20. Dezember 2010 sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, die Rechtswidrigkeit der Haft festzustellen. Nach einem Hinweis des Landgerichts, dass die Beschwerdefrist versäumt sei, hat sie am 2. Februar 2011 beantragt, ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Landgericht hat den Antrag zurückgewiesen und die Beschwerde als unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich die Betroffene mit der Rechtsbeschwerde.

II.

3
Das Beschwerdegericht meint, die Beschwerdefrist sei trotz der falschen Rechtsmittelbelehrung einen Monat nach Aushändigung des Beschlusses und damit am 24. Oktober 2010 abgelaufen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist könne nicht gewährt werden. Es fehle bereits daran, dass die Rechtsbehelfsbelehrung für die Fristversäumung kausal geworden sei. Hätte sich die Betroffene auf diese verlassen, hätte dies lediglich zur Folge haben können, dass ihr Rechtsmittel vor Ablauf der Frist bei Gericht eingegangen wäre. Außerdem sei der Antrag nicht innerhalb der Frist von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt worden. Die Betroffene habe ihrem Anwalt bereits am 29. November 2010 eine Voll- macht erteilt. Damit sei das Hindernis „unzutreffende Rechtsmittelbelehrung“ beseitigt gewesen.

III.

4
Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
5
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die falsche Rechtsmittelbelehrung keinen Einfluss auf den Lauf der Beschwerdefrist hatte (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 2010 - XII ZB 248/09, NJW-RR 2010, 291 Rn. 8).

6
2. Im Ergebnis zu Recht ist der Betroffenen keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist gewährt worden.
7
a) Grundsätzlich kommt Wiedereinsetzung allerdings in Betracht, wenn die einem Beschluss nach § 39 FamFG beizufügende Rechtsmittelbelehrung eine kürzere als die gesetzliche Frist für die Einlegung des Rechtsmittels nennt. Denn dies kann den Betroffenen daran hindern, das Rechtsmittel einzulegen, etwa weil es ihm innerhalb der kürzeren Frist nicht gelingt, sich über die Anfechtung des Beschlusses schlüssig zu werden und die hierfür erforderlichen Schritte einzuleiten, und er anschließend - in der Annahme, die Frist zur Einlegung eines Rechtsmittels sei abgelaufen - keine weiteren Bemühungen in diese Richtung unternimmt. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts legt deshalb der Umstand, dass die Betroffene innerhalb der in der Rechtsmittelbelehrung genannten Frist von zwei Wochen keine Beschwerde eingelegt hat, nicht den Schluss nahe, dass sie ohnehin von der Einlegung der Beschwerde Abstand genommen hätte.
8
b) Der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand steht jedoch entgegen, dass sich die Wahrung der Antragsfrist des § 18 Abs. 1 FamFG nicht feststellen lässt.
9
aa) Ein Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt werden (§ 18 Abs. 1 FamFG); innerhalb dieser Frist ist auch die versäumte Rechtshandlung nachzuholen (§ 18 Abs. 3 Satz 2 FamFG). Die Einhaltung der Antragsfrist muss sich, sofern sie nicht offenkundig ist, aus einer geschlossenen Darstellung der tatsächlichen Abläufe seitens des Betroffenen ersehen lassen. Erforderlich sind Angaben zu dem Hindernis, das der Fristwahrung entgegenstand, und zu dem Zeitpunkt des Wegfalls dieses Hindernisses (vgl. Keidel/Sternal, FamFG, 17. Aufl., § 18 Rn. 14; Prütting/Helms/Ahn-Roth, FamFG, 2. Aufl., § 18 Rn. 16).
10
Im Regelfall ist das Hindernis für die Fristwahrung entfallen, sobald die Partei oder ihr Verfahrensbevollmächtigter die Fristversäumung erkannt hat oder dies bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte erkennen müssen (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juli 2004 - XI ZB 33/03, NJW-RR 2005, 76, 77). Darauf kann es allerdings nicht ankommen, wenn die Fristversäumung - wie hier - auf eine Rechtsmittelbelehrung zurückzuführen ist, welche eine kürzere als die im Gesetz vorgesehene Beschwerdefrist ausweist. Denn der Betroffene, der innerhalb der in der Belehrung genannten Frist kein Rechtsmittel eingelegt hat, geht davon aus, die Frist versäumt zu haben. In einem solchen Fall beginnt die Antragsfrist des § 18 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 FamFG, sobald der Betroffene die Unrichtigkeit der Rechtsmittelbelehrung erkennt oder diese hätte erkennen müssen. Damit ist ihm nicht länger ohne sein Verschulden unbekannt, dass er infolge des durch die Rechtsmittelbelehrung hervorgerufenen Irrtums gehindert war, die (eigentliche) Rechtsmittelfrist auszunutzen und diese deshalb versäumt hat.
11
bb) Dass die Betroffene die versäumte Rechtshandlung innerhalb von zwei Wochen nachgeholt hat, nachdem sie von der Fehlerhaftigkeit der Rechtsmittelbelehrung erfahren hat bzw. ihr Verfahrensbevollmächtigter diese erkennen musste (vgl. § 11 Satz 5 FamFG i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO), lässt sich ihrem Vorbringen nicht entnehmen. Das gilt auch dann, wenn zu ihren Gunsten davon ausgegangen wird, dass die Unterzeichnung der Vollmacht für ihren Verfahrensbevollmächtigten am 29. November 2010 nicht mit der Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit der Rechtsmittelbelehrung gleichzusetzen ist. Durch die am 20. Dezember 2010 eingelegte Beschwerde wäre die Frist des § 18 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 FamFG nur gewahrt worden, wenn die Betroffene erst nach dem 5. Dezember 2010 erfahren hätte, dass die Rechtsbehelfsbelehrung falsch war, und auch ihr Verfahrensbevollmächtigter dies nicht früher erkennen musste. Dass es sich so verhält, kann mangels Darstellung des der Beauftragung des Anwalts zugrunde liegenden Sachverhalts nicht festgestellt werden.
12
cc) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat der Umstand, dass die unzutreffende Rechtsmittelbelehrung zu einer um 16 Tage verkürzten Überlegungsfrist geführt hat, nicht zur Folge, dass die Frist des § 18 Abs. 1 FamFG erst beginnt, nachdem der Betroffenen die fehlende Überlegungsfrist nachträglich eingeräumt worden ist. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand muss unabhängig davon, welche Frist versäumt worden ist und auf welchen Gründen dies beruht, binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt werden (vgl. Keidel/Sternal, FamFG, 17. Aufl., § 18 Rn. 10). Dass sich hierdurch die gesetzlich eingeräumte Überlegungsfrist für die Einlegung eines Rechtsmittels verkürzen kann, ist im Hinblick auf den Ausnahmecharakter der Wiedereinsetzung und im Interesse der Rechtssicherheit hinzunehmen.
13
Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass sich die Frist des § 18 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 FamFG für die Nachholung einer Rechtsbeschwerdebegründung auf vier Wochen verlängert, wenn dem Beschwerdeführer Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist (Senat, Beschluss vom 4. März 2010 - V ZB 222/09, BGHZ 184, 323, 327 f. Rn. 9). Denn hierbei steht nicht der Gleichlauf der Fristen für die Nachholung der versäumten Rechtshandlung und für die Rechtsmittelbegründung, sondern die Gleichbehandlung von bemittelten und unbemittelten Beteiligten im Vordergrund.

IV.

14
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
15
Der Betroffenen war antragsgemäß Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen (§ 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO). Die Rechtsbeschwerde war im Zeitpunkt der Antragstellung im Hinblick auf die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Rechtsmittelbelehrung, die eine kürzere als die gesetzliche Frist nennt, zu einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand führen kann, nicht ohne jede Erfolgsaussicht. Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann RiBGH Dr. Czub ist infolge Urlaubs verhindert zu unterschreiben. Krüger
Vorinstanzen:
AG Limburg a. d. Lahn, Entscheidung vom 24.09.2010 - 3 XIV 12/10 -
LG Limburg, Entscheidung vom 03.02.2011 - 7 T 10/11 -

Jeder Beschluss hat eine Belehrung über das statthafte Rechtsmittel, den Einspruch, den Widerspruch oder die Erinnerung sowie das Gericht, bei dem diese Rechtsbehelfe einzulegen sind, dessen Sitz und die einzuhaltende Form und Frist zu enthalten. Über die Sprungrechtsbeschwerde muss nicht belehrt werden.

(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Ist der Beteiligte verhindert, die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde einzuhalten, beträgt die Frist einen Monat.

(2) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Verfahrenshandlung gelten.

(3) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(4) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder ohne Antrag bewilligt werden.

Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt oder Notar auftritt. Im Übrigen gelten die §§ 81 bis 87 und 89 der Zivilprozessordnung entsprechend.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Ist der Beteiligte verhindert, die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde einzuhalten, beträgt die Frist einen Monat.

(2) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Verfahrenshandlung gelten.

(3) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(4) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder ohne Antrag bewilligt werden.

Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

(2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskostenhilfeverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572, 127 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozessordnung anfechtbar.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.