Scheinselbstständigkeit

Scheinselbstständigkeit

erstmalig veröffentlicht: 28.09.2017, letzte Fassung: 22.01.2024
beiRechtsanwalt Anwalt für Arbeitsrecht sowie Handels- und Gesellschaftsrecht

 

Scheinselbständigkeit im Arbeitsrecht bezieht sich auf eine Situation, in der eine Person, die formell als selbständiger Unternehmer oder freier Mitarbeiter eingestuft ist, in Wirklichkeit die Merkmale eines abhängig Beschäftigten erfüllt. Dies bedeutet, dass trotz der offiziellen Selbständigkeit in der praktischen Ausübung der Tätigkeit eine Abhängigkeit vom Auftraggeber besteht, die einem Arbeitsverhältnis ähnelt. Die Scheinselbständigkeit kann rechtliche Konsequenzen für sowohl den Arbeitnehmer als auch den Arbeitgeber haben.

Es gibt einige wichtige Kriterien, die zur Feststellung der Scheinselbständigkeit herangezogen werden:

Weisungsgebundenheit: Wenn der vermeintlich selbständige Auftragnehmer in Bezug auf Arbeitszeit, Arbeitsort und Arbeitsweise starken Weisungen des Auftraggebers unterliegt, kann dies auf Scheinselbständigkeit hinweisen.

Eingliederung in die Arbeitsorganisation: Wenn die Person in die Arbeitsabläufe und Strukturen des Unternehmens des Auftraggebers integriert ist und wie ein regulärer Mitarbeiter behandelt wird, kann dies als Anzeichen für Scheinselbständigkeit gelten.

Persönliche Abhängigkeit: Wenn die Person ausschließlich oder überwiegend für einen Auftraggeber arbeitet und keine echte unternehmerische Tätigkeit ausübt, kann dies auf Scheinselbständigkeit hindeuten.

Verwendung von Arbeitsmitteln: Wenn die Arbeitsmittel und -ressourcen überwiegend vom Auftraggeber gestellt werden, deutet dies auf eine enge Abhängigkeit hin.

Risikoübernahme: Selbständige Unternehmer tragen in der Regel das unternehmerische Risiko, während Arbeitnehmer in der Regel abgesichert sind. Wenn die vermeintlich selbständige Person wenig oder kein eigenes Risiko trägt, kann dies auf Scheinselbständigkeit hinweisen.


Die Konsequenzen der Scheinselbständigkeit können erheblich sein. Für den Arbeitnehmer kann dies bedeuten, dass er Anspruch auf arbeitsrechtliche Schutzbestimmungen wie Kündigungsschutz, Urlaubsanspruch und Sozialleistungen hat, die normalerweise für Arbeitnehmer gelten. Für den Arbeitgeber kann dies zu Nachzahlungen von Sozialversicherungsbeiträgen und Lohnsteuer führen, wenn die Scheinselbständigkeit festgestellt wird.

Um rechtliche Probleme im Zusammenhang mit Scheinselbständigkeit zu vermeiden, sollten Unternehmen und Selbständige ihre Arbeitsverhältnisse sorgfältig gestalten und sich gegebenenfalls rechtlich beraten lassen, um sicherzustellen, dass die Tätigkeit tatsächlich den Kriterien der Selbständigkeit entspricht und nicht als verdeckte abhängige Beschäftigung angesehen wird.

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