Arbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 02. Sept. 2016 - 4 Ca 7518/15
Tenor
1.Die Klage wird abgewiesen.
2.Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3.Streitwert: 293.722,66 €.
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T a t b e s t a n d :
2Die Parteien streiten über Schadensersatz im Zusammenhang mit einer gegen den Kläger verhängten Dopingsperre.
3Der 1986 geborene Kläger, der amerikanischer Staatsbürger ist, war aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages vom 18.07.2014 (vgl. Blatt 84 ff. der Akte) vom 15.07.2014 bis zum 30.04.2015 bei der Beklagten als Lizenzeishockeyspieler beschäftigt.
4Im Spieler-Arbeitsvertrag heißt es unter § 2 u.a. wörtlich wie folgt:
5"Entsprechend dieser Grundsätze ist der Spieler insbesondere verpflichtet,
6a).......
7b) sich im Falle einer berufsmäßigen Verletzung oder Erkrankung im Rahmen seiner Tätigkeit als Lizenzspieler bei dem vom Club benannten Arzt zur Behandlung oder das berufsgenossenschaftliche Heilverfahren unverzüglich vorzustellen;
8c) sich den sportmedizinischen und sporttherapeutischen Maßnahmen, die durch vom Club beauftragte Personen angeordnet werden, insbesondere der Tauglichkeitsprüfung zur Lizenzerteilung, umfassend zu unterziehen. Zu diesem Zweck entbindet der Spieler den jeweils behandelnden Arzt gegenüber der Geschäftsführung des Clubs von seiner Schweigepflicht hinsichtlich der Angaben über seine sportliche Leistungsfähigkeit;
9d)............"
10Ebenfalls am 18.07.2014 kam zwischen den Parteien der auf Bl. 342 ff. zur Akte gereichte Lizenzspielervertrag zustande.
11Bevor der Kläger zur Beklagten wechselte, hatte er bei den Chicago Wolfs gespielt.
12Bereits im Kindesalter wurde bei dem Kläger eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) diagnostiziert. Seit dem vierzehnten Lebensjahr nimmt der Kläger deshalb fast täglich Medikamente ein, seit 2010 regelmäßig das in den Vereinigten Staaten unter dem Namen Vyvanse erhältliche, in Deutschland unter dem Namen Elvanse erhältliche Präparat, das den Wirkstoff Lisdexamfetamin, ein Amphetamin, enthält. Dieser Wirkstoff darf von Sportlern nur mit einer entsprechenden medizinischen Ausnahmegenehmigung, der sogenannten Therapeutic Use Exemption (TUE) der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA) eingenommen werden.
13Am 16.07.2014 suchte der Kläger die Praxis des Mannschaftsarztes der Beklagten E. für eine Antrittsuntersuchung auf. Er teilte dem Arzt mit, dass er das Medikament Vyvanse regelmäßig einnehme und ließ dem Arzt darüber hinaus eine Email seines aktuellen behandelnden Arztes, E., zukommen, in der dieser die Einnahme des Medikaments bestätigte und erläuterte. Nachdem E. sich in der Praxis des für Anträge bezüglich Dopingbestimmungen zuständigen Teamarztes E. über das eingenommene Medikament genauer informiert hatte, teilte er dem Kläger am 18.07.2014 mit, dass eine entsprechende TUE der NADA dort beantragt werden könne. Hierzu solle der Kläger die Praxis des Teamarztes E. aufsuchen, um dort gemeinsam mit dem behandelnden Arzt E. einen entsprechenden TUE-Antrag auszufüllen. Wegen des für den Antrag auf medizinische Ausnahmegenehmigung zu verwendenden Vordruckes der NADA wird auf die von der Beklagten zur Akte gereichte Ablichtung, Blatt 243 ff. der Akte, Bezug genommen.
14Ende Juli 2014 begab sich der Kläger sodann in die Praxis von E.. Zusammen mit dem behandelnden Arzt E. füllte er die Formulare des TUE-Antrags aus. Herr E. unterzeichnete die Erklärung des Arztes und der Kläger den Antrag insgesamt. Sodann beauftragte E. eine Angestellte, den Antrag an die NADA zu faxen.
15Zu diesem Zeitpunkt verfügte der Kläger noch über einen Vorrat des Medikamentes Vyvanse für ca. drei Monate. Der Kläger nahm das Präparat Vyvanse also weiter ein. Beginnend mit der Saison 2014/2015 setzte ihn die Beklagte uneingeschränkt im Spielbetrieb ein.
16Im August 2014 suchte der Kläger die Arztpraxis E. in Zusammenhang mit einer Schulter- und Nackenuntersuchung auf.
17Anfang November 2014 wandte sich der Kläger an Herrn E. per Email und bat um ein neues Rezept. E. teilte dem Kläger sodann mit, dass das Medikament Vyvanse/Elvanse nur Kindern verabreicht werden dürfe. Erwachsene ADHS-Patienten würden mit dem Arzneistoff Methylphenidat (Handelsname unter anderem Ritalin) behandelt. Bevor E. das neue Medikament verschrieb, nahm er Kontakt mit E. auf. E. richtete am 06.11.2014 eine Anfrage an die NADA hinsichtlich des Medikaments Methylphenidat.
18Am 13.11.2014 erfolgte während des Trainings eine Dopingkontrolle des Klägers. Auf einem Formular trug der Spieler ein, dass er in den letzten zehn Tagen das Medikament Vyvanse eingenommen habe. Hierbei ging er davon aus, dass eine entsprechende TUE hinsichtlich des Medikaments bereits erteilt worden war. Im Training ist der Arzneistoff zugelassen. Der Dopingkontrolleur fragte im Rahmen des Tests dennoch nach dem Vorliegen einer TUE für das Medikament. Der Kläger gab an, eine TUE sei von den Mannschaftsärzten eingeholt worden. Zu einer Weiterleitung des Befundes der Trainingskontrolle kam es nicht, da es sich bei Lisdexamphetamin nur um eine bei Wettkämpfen relevante Substanz handelt.
19Anschließend erfolgte der auf Bl. 112 in Ablichtung zur Akte gereichte Schriftwechsel per Email zwischen dem Kläger und E..
20Gleichzeitig wandte sich der Kläger per SMS an E. und bat um einen Rückruf. E. antwortete per Textnachricht wörtlich: " No worries- the drugs are accepted by NADA."
21Am 14.11.2014 wurde der Kläger auf Empfehlung von E. von der Beklagten aus dem Spielbetrieb genommen. E. teilte dem Kläger mit, dass er in dem am Abend anstehenden Saisonspiel gegen den EHC Redbull München nicht spielen könne, weil man sich wegen des bisher eingenommenen Medikaments Vyvanse nicht mehr sicher sei. Man könne die entsprechende TUE nirgendwo finden und die NADA habe auf entsprechende Anrufe E.s bislang nicht reagiert. Der Kläger begab sich dennoch zum Spielort, um seine Mannschaftskollegen zu unterstützen. Von E. wurde er gefragt, wann er das Medikament Vyvanse das letzte Mal eingenommen habe. Der Kläger erklärte, dass er die volle Dosis seines Präparates, d.h. 100 mg, zuletzt am Mittwoch, dem 05.11.2014 genommen habe und bis zum 13.11.2014 lediglich geringere Dosen von bis 60 mg täglich, da er sich in der Zwischenzeit im Urlaub befunden habe und deswegen lediglich eine geringe Dosis benötigt habe.
22Am 17.11.2014 teilte E. dem Kläger telefonisch mit, dass ein TUE-Antrag für das Medikament Vyvanse bei der NADA tatsächlich nicht vorliege. E. verwies gleichzeitig darauf, dass nunmehr eine Umstellung der Medikation des Spielers erfolgen solle. Er teilte dem Kläger mit, dass dieser am 18.11.2014 im Spiel gegen die Eisbären Berlin wieder für die Beklagte auflaufen dürfe, wenn der Kläger das Medikament Vyvanse in einer geringeren Dosis zuletzt am 13.11.2014 eingenommen habe.
23Am 19.11.2014 verschrieb E. dem Kläger das Medikament Citaloparam. Hierbei handelt es sich um ein Medikament, das auch in der Behandlung von Depressionen eingesetzt wird.
24Am 23.11.2014 kam es nach dem Spiel der Beklagten gegen L. zu einer Wettkampfkontrolle des Klägers. Die Blutprobe führte zu einem positiven Befund hinsichtlich der im Wettkampf verbotenen Substanz Amphetamin.
25Der Kläger wurde am 03.12.2014 über den positiven Befund seiner Dopingprobe informiert. Noch am gleichen Tag wurde der Kläger durch den E.-Präsidenten vorläufig vom Spielbetrieb der LIGA suspendiert. Die Beklagte entschied, den Kläger auch vom Trainingsbetrieb mit sofortiger Wirkung auszuschließen.
26Auf Focus Online wurde am 03.12.2014 der in Ablichtung auf Blatt 119 zur Akte gereichte Bericht veröffentlicht. In diesem heißt es u.a. wie folgt:
27"Entgegen klarer Absprachen zwischen Club, medizinscher Abteilung und Spieler, hat sich N. offenbar nicht an eindeutige ärztliche Anweisungen und NADA-Richtlinien gehalten, sagte E.-Geschäftsführer K. über den US-Amerikaner. Er hatte ein Medikament aus den USA zu sich genommen, ohne den Verein und NADA darüber zu informieren. Das Mittel erwies sich wenig später als unbedenklich - nun hat der Topscorer wieder Ärger am Hals."
28Wegen weiterer Berichterstattung über den "Fall E." wird auf Blatt 108 ff., Blatt 117 ff., Blatt 126 ff. ergänzend Bezug genommen.
29Am 04.12.2014 (vgl. Blatt 122 ff. der Akte) hat der Kläger beim Landgericht E. Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Beklagte gestellt. Er hat beantragt: "Die Antragsgegnerin hat es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß zu behaupten, der Antragsteller habe entgegen klarer Absprachen zwischen Verein, medizinischer Abteilung und sich, illegale Substanzen zu sich genommen und die Antragsgegnerin sei über die tatsächliche Medikation des Antragstellers im Unklaren gewesen".
30Der Antrag des Klägers in dem Verfahren E. Landgericht AZ 10 O 447/14 blieb allerdings erfolglos.
31Da der Kläger das neue, ihm von E. verschriebene Medikament nicht vertrug, bat er darum, dieses absetzen zu dürfen und es durch ein anderes Medikament zu ersetzen. Es folgte ein Schriftwechsel per Email zwischen dem Kläger und E., auf Blatt 133 ff. der Akte wird Bezug genommen. In der Folgezeit wurde die Medikation des Klägers von Citalopram auf Strattera umgestellt. Auch dieses vertrug der Kläger nicht. Mit Email vom 26.12.2014 bat der Kläger erneut darum, ihm Vyvanse zu verschreiben.
32Am 15.12.2014 hatte E. ein neurologisch-psychiatrisches Kurzgutachten erstellt, mit dem Ziel bei der NADA eine TUE für Vyvanse bzw. Elvanse für den Spieler zu erhalten, vgl. Blatt 137 ff. der Akte.
33Am 09.01.2015 stellte E. dem Kläger ein Rezept für das Medikament Elvanse aus.
34Am 02.02.2015 erteilte die NADA dem Kläger hinsichtlich des Arzneistoffes Lisdexamphetamin (d.h. Vyvanse bzw. Elvanse) eine TUE.
35Am 09.03.2015 fand in dem E. Eishockey Liga gegen den Kläger eine Anhörung mit Beweisaufnahme statt. Auf das in Ablichtung zur Akte gereichte Protokoll, vgl. Blatt 98 ff. der Akte, wird Bezug genommen.
36Im Protokoll heißt es u.a.: " Herr E. erklärt, dass Herr E. zusammen mit Herrn U. im Juli 2014 in seiner Praxis war. An das genaue Datum könne er sich nicht erinnern. Er meint jedoch, es sei wohl in den ersten beiden Juliwochen gewesen, da sein Kollege E. seinerzeit in Urlaub war und er ihn vertreten habe. Herr E. kam und meinte, es müsse bezüglich des Medikaments Vyvanse ein Antrag bei der NADA gestellt werden. Herr E. erklärt, dass er daraufhin recherchiert habe und das Medikament nicht in einer roten Liste oder bei der NADA gefunden habe, offensichtlich, weil es sich um das amerikanische Präparat handele. Der Wirkstoffname sei ihm nicht bekannt gewesen."
37Ausweislich des Protokolls hat E. im Rahmen der Anhörung folgendes ausgeführt:
38"Dann haben wir gemeinsam den TUE-Antrag für die NADA ausgefüllt und beide d.h. Herr E. und ich unterschrieben. Dann habe ich meine Helferin gebeten, den Antrag zur NADA zu faxen. Als es dann zu Nachfragen im November 2014 kam, habe ich das Faxgerät kontrolliert und musste feststellen, dass der Antrag offensichtlich die Praxis nie verlassen hat. Der Fehler ist offensichtlich in unserer Praxis passiert. Wenn ich gefragt werde, warum nach dem Verbleib des Antrags nicht nachgeforscht wurde, so liegt dies wahrscheinlich daran, dass keine erneute Medikamentenanfrage von Herrn E. kam. Der eigentlich verantwortliche Kollege E., den ich informiert hatte, hat ebenso wenig nachgefragt wie ich selber. Offensichtlich ist es hier zu Kommunikationsfehlern gekommen. Nachdem Herr E. Anfang November bei mir nachgefragt hatte, weil Herr E. in seiner Praxis war und das Medikament Vyvanse bzw. Elvanse verschrieben haben wollte, habe ich am 6. November 2014 bei der NADA nachgefragt."
39Weiter heißt es in dem Protokoll: "Auf Nachfrage der NADA bezüglich der SMS vom 13.November 2014 mit dem Inhalt u.a." The drugs are accepted by NADA" erklärt E., dass sich diese kurze SMS (er war telefonisch nicht erreichbar trotz mehrmaliger Nachfrage von Herrn E.) darauf bezogen habe, dass das Medikament im Training nicht verboten sei."
40Gegen den Kläger wurde eine Sperre von drei Monaten, beginnend ab dem Zeitpunkt der vorläufigen Suspendierung am 08.12.2014, verhängt. Mit Ablauf des 07.03.2015 endete die Sperre und der Spieler war nach der Anhörung wieder spielberechtigt, vgl. Blatt 147 der Akte.
41Am 12.06.2015 entschloss sich der Kläger zu einem Wechsel zu den I., bei denen er einen Saisonvertrag (Laufzeit 01.08.2015 bis 30.04.2016) unterzeichnete. Die Beklagte hatte sich zuvor gegen eine Verlängerung des Vertrages des Klägers entschieden. Wegen der zwischen dem Kläger und den I. getroffenen Vereinbarung wird auf die auf Blatt 152 ff. zur Akte gereichte Ablichtung Bezug genommen. Die Bruttomonatsvergütung belief sich dort auf 10.439,61 €, netto 7.566,10 €, vgl. Blatt 156 der Akte, Hochrechnung.
42Seit dem 01.08.2016 steht der Kläger bei den B. unter Vertrag und erhält dort 60.000,00 € netto pro Jahr, befristet auf ein Jahr mit Verlängerungsoption zu leicht verbesserten Bezügen, 70.000,00 € netto, vgl. Blatt 531 ff. der Akte.
43Die Mannschaftsärzte haben dem Kläger ihre Leistungen nicht in Rechnung gestellt.
44Auch von der Beklagten haben die Mannschaftsärzte keine Honorare erhalten.
45Der Kläger ist der Auffassung, ihm stehe Schadensersatz gegen die Beklagte zu aufgrund des Fehlverhaltens der Mannschaftsärzte im Zusammenhang mit der nicht rechtzeitig beantragten TUE sowie aufgrund rufschädigender und unzutreffender Äußerungen des damaligen Geschäftsführers der Beklagten gegenüber der Presse. Als Schadensersatz macht der Kläger geltend die Differenz zwischen dem bei den I. bzw. den B. erzielten Verdienst im Vergleich zum Mittelwert der Jahresgehälter der Spieler D. und S. in Höhe von 170.250,00 € netto pro Jahr, Rechtsverfolgungskosten bestehend aus Dolmetscherkosten für das Verfahren vor dem Anti-Doping-Richter der E. in Höhe von 2.070,06 €, Anwaltskosten für das Verfahren vor dem Anti-Doping-Richter der E. abzüglich eines von der Rechtschutzversicherung des Spielers übernommenen Teilbetrages in Höhe von 7.557,95 €, Prozesskosten für das einstweilige Verfügungsverfahren vor dem Landgericht E. in Höhe von 1.539,00 €, Anwaltskosten für ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren (abzüglich der von der Rechtschutzversicherung des Spielers übernommenen Kosten) in Höhe von 150,00 €, Schadensersatz wegen eines erlittenen Ruf- bzw. Imageschadens in Höhe von 20.000,00 € sowie Schadensersatz wegen erlittener körperlicher und psychischer Schäden in Höhe von 10.000,00 €. Der Kläger behauptet, wenn er nicht zur Unzeit suspendiert worden wäre, so hätte er zu deutlich besseren Konditionen einen Arbeitsvertrag unterschreiben können. Als vergleichbar sei insoweit der Werdegang der Spieler L.. und H.. heranzuziehen. Auch in der Zukunft werde der Kläger geringere Verdienstmöglichkeiten haben, da sein Marktwert weiter stagniere. So habe der Spieler sehr gut in das Spielsystem der Beklagten gepasst, bei den I. hingegen sei er schon auf mehreren Positionen ausprobiert worden. Der Kläger habe einen nachhaltigen Imageschaden erlitten, der ihn voraussichtlich sein gesamtes Sportlerleben und darüber hinaus begleiten werde. Es sei unwahrscheinlich, dass er in nächster Zeit unter den genannten Voraussetzungen persönliche Werbe-, Ausrüster- oder Sponsorenverträge abschließen könne. Der Makel des Dopings zerstöre den Werbewert eines Athleten nachhaltig. Die Sperre des Spielers sei einzig auf das Versagen der behandelnden Ärzte zurückzuführen. Durch die Falschaussage des E.-Geschäftsführers habe sich der Spieler einer immensen psychischen Belastung ausgesetzt gesehen. So habe er sich mehrfach hinsichtlich des positiven Dopingbefunds öffentlich äußern und erhebliche Spekulationen zu seiner Person und seiner Erkrankung ertragen müssen. Das Verhalten der Mannschaftsärzte sei der Beklagten nach § 278 BGB zuzurechnen. So stehe der Verpflichtung des Spielers, sich durch vom Verein bestimmte Ärzte medizinisch betreuen zu lassen die Pflicht des Vereins gegenüber, dem Spieler eine adäquate medizinische Betreuung zukommen zu lassen. Zu den wesentlichen Pflichten einer umfassenden medizinischen Betreuung von Profispielern gehöre es, entsprechende medizinische Ausnahmegenehmigungen einzuholen, um den Spielern die Teilnahme am sportlichen Wettbewerb zu ermöglichen. Neben der ursprünglichen Pflichtverletzung, die TUE nicht zu beantragen, stehe eine ganze Reihe von weiteren Pflichtverletzungen, die ebenfalls allesamt ursächlich für die später eingetretene Dopingsperre gewesen seien. Die Mannschaftsärzte hätten zu unterschiedlichen Zeitpunkten die Möglichkeit gehabt, durch unterschiedlichste Maßnahmen eine Sperre des Spielers zu verhindern. Darüber hinaus hätten sie jedenfalls ihre dem Spieler gegenüber bestehenden Informationspflichten verletzt, was gleichfalls kausal für den späteren Schadenseintritt gewesen sei. Es sei besonders verwerflich und offensichtlich pflichtwidrig, dass sich von Seiten des Vereins öffentlich über den Spieler geäußert worden sei, obgleich es dem Geschäftsführer des Vereins jedenfalls bewusst gewesen sei, dass es sich um ein laufendes Verfahren gehandelt habe und jede Äußerung den Spieler nachhaltig bei der Suche eines neuen Vereines hindern und schädigen werde. Dennoch habe der Geschäftsführer wissentlich falsche Informationen verbreitet, um vom Fehlverhalten des Vereins abzulenken. Es bestehe aber eine Verpflichtung des Arbeitgebers gerade im Bereich des Profisports, sich bei öffentlichen Aussagen schützend vor einen Sportler zu stellen, insbesondere sofern sich in einem Dopingverfahren Pflichtverletzungen der eigenen Mannschaftsärzte nachteilig für einen gutgläubigen und redlichen Sportler auswirken würden. Die Aussage des Geschäftsführers habe sich dabei besonders rufschädigend für den Profisportler ausgewirkt. Die beteiligten Ärzte hätten grob fahrlässig gehandelt. Der Geschäftsführer des Vereins habe vorsätzlich pflichtwidrig gehandelt, als er dem Spieler öffentlich Fehlverhalten vorgeworfen habe. Er habe durch diese Äußerung ganz bewusst von eigenem Fehlverhalten ablenken wollen und dabei zumindest billigend in Kauf genommen, dass die gesamte berufliche Existenz des Klägers einem hohen Risiko ausgesetzt worden sei.
46Der Kläger hält die in § 12 des Arbeitsvertrages enthaltene Ausschlussklausel für unwirksam, da diese in der englischen Übersetzung des Arbeitsvertrages nicht enthalten sei. Ohnehin aber habe er die Verfallfrist gewahrt, da er das Ausmaß des durch die Vorkommnisse ausgelösten Schadens bei Vertragsunterzeichnung mit den I. am 12.06.2015 festgestellt und seinen Anspruch mit Schreiben vom 11.09.2015 damit innerhalb von drei Monaten gegenüber der Beklagten geltend gemacht habe.
47Der Kläger beantragt,
481.die Beklagte zu verurteilen, an ihn Schadensersatz in Höhe von 243.722,66 € zu zahlen;
492.festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen Schäden, die aufgrund der zwischen dem 03.12.2014 und 07.03.2015 gegen den Kläger verhängten Dopingsperre sowie aufgrund der Falschaussage des Geschäftsführers der Beklagten vom 03.12.2014 künftig entstehen, zu ersetzen.
50Die Beklagte beantragt,
51die Klage abzuweisen.
52Sie ist der Auffassung, ein etwaiges Fehlverhalten der Mannschaftsärzte sei ihr nicht zuzurechnen, da diese weder Erfüllungs- noch Verrichtungsgehilfen der Beklagten seien. Bei der Verpflichtung zur Beantragung einer Ausnahmegenehmigung, der TUE, handele es sich vielmehr um eine ureigene Pflicht des Spielers selbst. Diese Pflicht ergebe sich aus dem zwischen den Parteien vereinbarten Arbeitsvertrag, der E.-Anti-Doping-Ordnung ( vgl. Bl. 299 ff. der Akte), der Spielordnung der E. ( vgl. Bl. 351 ff. der Akte) und dem Spieler-Lizenzvertrag vom 18.07.2014. Die seinerzeitige Geschäftsführung der Beklagten habe überhaupt keine Kenntnis von der Notwendigkeit zur Einholung einer TUE auf Seiten des Klägers gehabt. Die Verantwortlichen der Beklagten hätten die Ärzte stets einwandfrei ausgesucht. Fehler der Ärzte habe es bislang im Zusammenhang mit deren Tätigkeit nach Kenntnis der Beklagten zu keinem Zeitpunkt gegeben. Insoweit seien damit auch alle Verpflichtungen der Beklagten erfüllt. Abgesehen davon seien die Clubs in den wie hier vorliegenden Ausgangslagen überhaupt nicht in der Lage, auf die Ärzte einzuwirken, die berufsrechtlich frei und ohne Weisungsrechte des Clubs agieren würden, zumal die hier tätigen Ärzte allesamt als freie Auftragnehmer ohne Vergütung agieren würden. Der seinerzeitige Geschäftsführer der Beklagten habe gerade keine falschen Äußerungen getätigt. Wie der Beklagtenvertreter im Kammertermin am 02.09.2016 erklärt hat, sei die Beklagte davon ausgegangen, dass der Kläger das Medikament Vyvanse nach dem 13.11.2014 einfach weiter eingenommen habe. Der Kläger habe sich tatsächlich nicht an ärztliche Anweisungen und NADA-Richtlinien gehalten. Es habe klare Absprachen zwischen dem Club, der medizinischen Abteilung und dem Spieler gegeben, das Präparat zunächst nicht mehr einzunehmen. Abgesehen davon sei eine Äußerung nach einem von Seiten des Klägers zu vertretenden Dopingverstoß bzw. einer darauf folgenden Verbandsreaktion, die durch die Geschäftsführung der Beklagten öffentlich gemacht worden sei, auch keinesfalls (wesentliche) Ursache für die von Seiten des Klägers angeführten Vermögensschäden. Die wesentliche Ursache hierfür sei einzig und allein der Verstoß des Klägers gegen die ihm auferlegten Verpflichtungen zur Einhaltung des Doping-Verbots. Der Kläger habe sich schlichtweg nicht ausreichend um seine eigenen Belange gekümmert. So habe er sich, nachdem er den TUE-Antrag bei dem Mannschaftsarzt der Beklagten unterzeichnet habe, nicht weiter um die Ausnahmegenehmigung gekümmert. In diesem Zusammenhang sei insbesondere zu beachten, dass die Ausnahmegenehmigung dem Kläger als Antragsteller auch auf dem Postweg hätte zugehen müssen. Da dies nicht erfolgt sei, habe dem Kläger auffallen müssen, dass tatsächlich keine Genehmigung erteilt worden sei. Insgesamt sei die Beklagte nicht zum Ersatz der Folgeschäden verpflichtet. Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.539,00 € für die Durchführung des einstweiligen Verfügungsverfahrens vor dem Landgericht E. könne der Kläger schon deshalb nicht geltend machen, da er unterlegen sei. Im Übrigen hätten die Rechtsanwälte nach Gegenstandswerten und Gebührentatbeständen abgerechnet, die bei der Vertretung in einem verbandsrechtlichen Verfahren nicht anfallen würden. Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass es überhaupt eine anwaltliche Tätigkeit in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegeben habe. Die Dolmetscherkosten seien überhöht und es habe keine Verpflichtung bestanden, einen Dolmetscher in Anspruch zu nehmen.
53Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen und den mündlichen Vortrag aus dem Kammertermin am 02.09.2016 ergänzend Bezug genommen.
54E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
55I.
56Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
571. Insbesondere ist das nach § 256 ZPO für Feststellungsklagen erforderliche Feststellungsinteresse gegeben. Bei einer Klage auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz künftiger Schäden ist dieses besondere Feststellungsinteresse grundsätzlich dann gegeben, wenn Schadensfolgen in der Zukunft möglich sind, auch wenn ihre Art, ihr Umfang und sogar ihr Eintritt noch ungewiss sind. Es muss allerdings eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen Schadenseintritt bestehen (BAG 28.04.2011 - 8 AZR 769/09 - ; NZA RR 2012, 290 - 293). Ein rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO wegen eines erst künftig aus einem Rechtsverhältnis erwachsenden Schadens kann angenommen werden, wenn nach der Lebenserfahrung und dem gewöhnlichen Lauf der Dinge der Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich ist (BGH 15.10.1992 - IX ZR 43/92 - NJW 1993, 648).
58Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Es erscheint möglich, dass der Kläger auch für die Zukunft Ansprüche auf entgangenen Gewinn geltend machen kann.
592. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Schadensersatz. Dieser ergibt sich weder aus §§ 280, 249 ff. noch aus §§ 823, 831 BGB.
60a) Ein solcher Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte folgt nicht aus einem Fehlverhalten der Mannschaftsärzte.
61aa) Für vertraglich begründete Schadensersatzansprüche sieht § 278 BGB eine Zurechnung des Verschuldens des gesetzlichen Vertreters des Schuldners und solcher Personen vor, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten bedient (ErfK/Preis BGB § 619a Rn. 63 - 65). Erfüllungsgehilfe ist, wer mit dem Willen des Schuldners in dessen Pflichtenkreis als Hilfsperson tätig wird. Dabei ist es gleichgültig, ob der Schuldner überhaupt in der Lage ist, seinem Gehilfen für dessen Tätigkeit nähere Anweisungen zu erteilen; § 278 kommt also auch dann zum Zuge, wenn die Hilfsperson selbstständig ist und nicht den Anweisungen des Schuldners unterliegt (BGH 17.12.1992 - III ZR 133/91 - , NJW 1993, 1704, 1705). Erfüllungsgehilfe ist aber nur diejenige Person, derer sich der Schuldner gerade zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit gegenüber dem Anspruchsteller bedient. (ErfK/Preiss BGB § 619a Rn. 64) Erfüllungsgehilfe ist, wer mit Willen des Schuldners oder als gesetzlich Bestellter bei der Erfüllung einer Schuldnerverbindlichkeit für diesen tätig wird. Kernstück des Tatbestandes ist also die Einschaltung eines Dritten in die Erfüllung einer Schuldnerverbindlichkeit. (MüKo BGB/Grundmann § 278 Rn. 20)
62Auch ein freiberuflich tätiger Arzt kann Erfüllungsgehilfe des Vereins sein, der diesen Arzt als Vereinsarzt zur ärztlichen Versorgung der Spieler zu den Eishockeyspielen mitgenommen hat. Vertragliche Beziehungen zwischen Vereinsarzt und Eishockeyverein müssen dazu nicht bestehen. (LAG München 03.04.2007 - 6 SA 1288/06 - , juris)
63Diese Grundsätze berücksichtigend sind die Mannschaftsärzte der Beklagten nicht Erfüllungsgehilfen der Beklagten. Denn sie haben im Hinblick auf sämtliche Verhaltensweisen rund um die Beantragung der Ausnahmegenehmigung keine Verbindlichkeit erfüllt, die der Beklagten gegenüber dem Kläger obliegen würde. Sie sind nicht im Pflichtenkreis der Beklagten als Hilfsperson tätig geworden. Die Beklagte war nicht verpflichtet, für den Kläger eine Ausnahmegenehmigung zu beantragen. Es handelte sich hierbei vielmehr um eine dem Kläger selbst obliegende Verpflichtung.
64Allerdings hat sich der Kläger nach Maßgabe von § 2 Abs. 2 b und c des Spielerarbeitsvertrages verpflichtet, sich im Falle einer berufsmäßigen Verletzung oder Erkrankung im Rahmen seiner Tätigkeit als Lizenzspieler bei dem vom Club benannten Arzt zur Behandlung vorzustellen sowie sich den sportmedizinischen und sporttherapeutischen Maßnahmen, die durch vom Club beauftragte Personen angeordnet werden, insbesondere der Tauglichkeitsprüfung zur Lizenzerteilung, umfassend zu unterziehen. Aus dieser dem Kläger obliegenden Pflicht kann man im Umkehrschluss die Verpflichtung der Beklagten herleiten, den Kläger im Falle einer berufsmäßigen Verletzung oder Erkrankung im Rahmen seiner Tätigkeit als Lizenzspieler sportmedizinisch und sporttherapeutisch zu versorgen. Wäre es im Rahmen einer solchen Maßnahme, also beispielsweise bei der Behandlung von bei einem Eishockeyspiel erlittener Verletzungen zu ärztlichen Behandlungsfehlern gekommen, so wären diese der Beklagten nach Auffassung der Kammer zuzurechnen gewesen. Insoweit hätte sie ihre Verpflichtung zur sportmedizinischen und sporttherapeutischen Maßnahme auf ihre Mannschaftsärzte übertragen, sich also zur Erfüllung einer aus dem schriftlichen Arbeitsvertrag resultierenden Verpflichtung gegenüber dem Kläger bedient. Anders aber liegt es im Fall der vom Kläger zu beantragenden Ausnahmegenehmigung. Ausweislich des zur Akte gereichten Antragsformulars ist Antragsteller für die Ausnahmegenehmigung der Spieler selbst. Der Antrag ist allerdings im Hinblick auf die medizinische Notwendigkeit für eine bestimmte Medikation von einem Arzt zu unterzeichnen. Dies aber ändert nichts daran, dass die Beantragung der Ausnahmegenehmigung eine Verpflichtung des Spielers selbst darstellt. Anders mag dies noch in einem Fall zu sehen sein, in dem ein Spieler auf Anraten der Mannschaftsärzte erstmals ein bestimmtes Medikament einnimmt, für das eine Ausnahmegenehmigung erforderlich ist. So liegt der Fall indes hier gerade nicht. Vielmehr nimmt der Kläger das Medikament Vyvanse bereits seit vielen Jahren ein. Dies auch bereits während seiner Zeit als Profi-Eishockeyspieler in den Vereinigten Staaten. Die erforderliche Medikamenteneinnahme steht in keinerlei Zusammenhang mit dem Sport, sondern eine Erkrankung des Klägers, ADHS, macht die Einnahme erforderlich. Es geht hier nicht um ein Medikament oder eine Behandlung, die infolge des Eishockeysport erforderlich wurde, sondern um eine Medikation, die aufgrund einer Erkrankung des Klägers nötig war und die nur ausnahmsweise mit entsprechender Genehmigung durch die NADA erlaubt war.
65Vor diesem Hintergrund - auch unter Berücksichtigung der E.-Richtlinien und des Spielerlizenzvertrages - traf den Kläger selbst die Pflicht, sich um die Ausnahmegenehmigung zu kümmern. Eine der Beklagten dem Kläger gegenüber obliegende Verpflichtung LAG insoweit gerade nicht vor.
66bb) Ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte wegen Fehlverhaltens der Mannschaftsärzte ergibt sich auch nicht aus § 831 BGB.
67(1) Die Mannschaftsärzte sind nicht Verrichtungsgehilfen der Beklagten.
68Nach § 831 BGB ist, wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Verrichtungsgehilfe ist, wem eine Tätigkeit von einem anderen übertragen worden ist, unter dessen Einfluss er allgemein oder im konkreten Fall handelt und zu dem er in einer gewissen Abhängigkeit steht. Der Bestellte muss bei Ausführung der Verrichtung vom Willen des Geschäftsführers abhängig, d.h. dessen Weisungen unterworfen sein. Selbstständige Unternehmer sind daher keine Verrichtungsgehilfen, außer wenn sie ausnahmsweise im konkreten Fall weisungsunterworfen sind. (Palandt/Sprau § 831 Rn. 5) Über die Existenz eines Weisungsrechts hinaus erfordert § 831 die Abhängigkeit des Gehilfen vom Geschäftsherrn. Dies ist nicht im Sinne eines Verhältnisses sozialer Über-/Unterordnung, sondern als Eingliederung in den Organisationsbereich, also in Unternehmen oder Haushalt des Geschäftsherrn zu verstehen. Selbstständige Unternehmen fallen aus dem Anwendungsbereich des § 831 heraus, denn sie sind für ihr Verhalten selbst verantwortlich, und ihr Vertragspartner - der vermeintliche Geschäftsherr - darf sich in den Grenzen des Vertrauensgrundsatzes darauf verlassen, dass sie ihren deliktischen Sorgfaltspflichten nachkommen werden. (Müko/Wagner § 831 Rn. 14 ff.)
69(2) Darüber hinaus hat sich die Beklagte auch gemäß § 831 Abs. 1 Satz 2 1. Alternative entlastet. Demnach tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Personen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat. Hierauf hat sich die Beklagte hinsichtlich der Auswahl der Mannschaftsärzte berufen.
70b) Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen Fehlverhaltens des damaligen Geschäftsführers der Beklagten im Zusammenhang mit Äußerungen gegenüber der Presse
71aa) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, kann der Gläubiger Ersatz des hieraus entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat, § 280 Abs. 1 BGB. Die Darlegungs- und Beweislast für den Schadensersatzanspruch trägt der Kläger, denn jede Partei trägt die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass der Tatbestand der ihr günstigen Rechtsnorm erfüllt ist. Wer eine Rechtsfolge für sich in Anspruch nimmt, hat die rechtsbegründenden und rechtserhaltenden Tatsachen zu behaupten und zu beweisen, der Gegner die rechtsverhindernden, rechtsvernichtenden und rechtshemmenden (BAG 20.11.2003 - 8 AZR 580/02 - NZA 2004, 489). Der Arbeitnehmer, der Schadensersatzansprüche gegen seinen Arbeitgeber gelten macht, trägt damit für das Vorliegen der behaupteten Pflichtverletzungen die Darlegungs- und Beweislast. Er hat im Rechtsstreit die einzelnen Handlungen oder Maßnahmen, aus denen er die angeblichen Pflichtverletzungen herleitet, konkret unter Angabe deren zeitlicher Lage zu bezeichnen. Nach § 280 BGB tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB ordnet die Beweislast für das Vertretenmüssen dem pflichtverletzenden Schuldner zu. Insoweit gilt dann eine Beweislast zur Erteilung nach Gefahrenbereichen. Was der Schuldner zu vertreten hat, regeln die §§ 276. Nach § 276 Abs. 2 BGB handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
72Es sind zwei verschiedene Kausalitätserfordernisse zu unterscheiden, nämlich einmal der Ursachenzusammenhang zwischen dem Verhalten des Schädigers und der Rechtsgutverletzung (haftungsbegründende Kausalität) und zum Zweiten derjenige zwischen der Rechtsgutverletzung und dem Schaden (haftungsausfüllende Kausalität). Die haftungsbegründende Kausalität ist gemäß § 286 ZPO zur Überzeugung des Gerichts nachzuweisen, während im Rahmen der Haftungsausfüllung das Beweismaß nach Maßgabe des § 287 ZPO auf überwiegende Wahrscheinlichkeit reduziert ist. Nach ständiger Rechtsprechung ist für den Nachweis der haftungsbegründenden Kausalität nicht erforderlich, dass das pflichtwidrige Verhalten des Beklagten den Schaden "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" verursacht hat. Ausreichend ist vielmehr ein Grad von Gewissheit, der Zweifeln eines besonnen, gewissenhaften und lebenserfahrenen Beurteilers Schweigen gebietet. Für die haftungsbegründende Kausalität kommt es darauf an, ob die Rechtsgutsverletzung auf der Pflichtverletzung beruht, sie also bei sorgfaltsgemäßem Handeln nicht eingetreten wäre. Anders liegt es bei der haftungsausfüllenden Kausalität, weil der Ursachenzusammenhang zwischen der Rechtsgutsverletzung und Folgeschaden von der Pflichtwidrigkeit gerade nicht umfasst sein muss, sodass dieses Korrektiv insoweit ausscheidet. Hier bedarf es der Einschränkung der Folgenzurechnung. Entscheidendes Kriterium muss sein, ob der konkrete Folgeschaden als Konsequenz aus der Rechtsgutsverletzung anzusehen ist oder ob es sich nicht vielmehr um die Realisierung des allgemeinen Lebensrisikos handelt, für die die vom Schädiger zu verantwortende Rechtsgutsverletzung nur der Auslöser war. (Müko/Wagner § 823 BGB - Rn. 56 -59)
73Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann vorliegend eine Schutzpflichtverletzung der Beklagten, die für einen vom Kläger behaupteten Schaden ursächlich geworden wäre, nicht erkannt werden.
74(1) Es kann hier dahinstehen, ob die Beklagte schuldhaft Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis mit dem Kläger verletzt hat, indem sich ihr Geschäftsführer in der vom Kläger geschilderten Art und Weise gegenüber der Presse äußerte. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang aber, dass die Beklagte wohl tatsächlich davon ausging, der Kläger habe das Medikament Vyvanse entgegen ärztlicher Anweisung einfach weiter eingenommen. So war wohl für alle Beteiligten zu besagtem Zeitpunkt die Möglichkeit nicht vorstellbar, dass der am 23.11.2014 festgestellte Befund auf eine letztmalige Einnahme am 13.11.2014 zurückzuführen sein konnte. Dies sollte sich erst durch die Ausführungen des Sachverständigen in dem Disziplinarverfahren ( vgl. Bl. 99 d.A.) als möglich herausstellen. Zudem hat sich die Beklagte in diesem Zusammenhang auf die Auskünfte ihrer Mannschaftsärzte verlassen.
75(2) Jedenfalls aber sind vermeintliche Pflichtverletzungen der Beklagten für die vom Kläger behaupteten Schäden nicht kausal geworden.
76(a) In diesem Zusammenhang ist zunächst zu berücksichtigen, dass nach dem Vortrag des Klägers aus verschiedenen Ereignissen Verursachungsbeiträge resultieren.
77So sei der Schaden einerseits auf die Pflichtverletzungen der Mannschaftsärzte und andererseits auf die Äußerungen des Geschäftsführers der Beklagten zurückzuführen.
78Haben zwei Ereignisse den Schaden herbeigeführt, von denen jedes ihn auch allein verursacht hätte, sind beide im Rechtssinne ursächlich, sogenannte Doppelkausalität ( BGH 4. April 2014- V ZR 275/12-, juris). Diese liegt hier ersichtlich nicht vor. Wäre nämlich die Beantragung der TUE planmäßig erfolgt, so wäre es zu einem Dopingverstoß überhaupt nicht gekommen und wären auch Äußerungen der Beklagten in der Presse diesbezüglich nicht erfolgt.
79Ist ein Schaden teilweise durch das eine und teilweise durch das andere Ereignis verursacht worden, besteht lediglich eine gemäß § 287 ZPO voneinander abzugrenzende Teilverantwortlichkeit (BGH 20.Mai 2014- VI ZR 187/13-, juris)
80Vor diesem Hintergrund ist ein etwaiger Schaden ganz überwiegend und im Schwerpunkt durch die nicht rechtzeitige Beantragung der TUE entstanden. Das Unterlassen der Einholung der Ausnahmegenehmigung hat die Herausnahme aus dem Spiel- und Trainingsbetrieb und letztlich auch die Dopingsperre verursacht. Hierdurch wurden Erklärungen der Geschäftsführung gegenüber der Presse überhaupt erst erforderlich. Es musste in der Öffentlichkeit dargelegt werden, warum denn der Kläger nicht spielte. Bei dieser Erklärung sodann musste die Geschäftsführung der Beklagten vor allen Dingen auch die Interessen des Clubs wahren. Eine etwaige Teilverantwortlichkeit ist hierbei so gering, dass ein vermeintlicher Schaden insgesamt den die Beantragung der TUE unterlassenden Personen zuzurechnen ist.
81Dies gilt für vom Kläger aufgewendete Anwaltskosten ebenso wie für den von ihm behaupteten entgangenen Gewinn und weitere Schäden.
82(b) Was den behaupteten entgangenen Gewinn anbelangt, kann darüber hinaus aber auch nicht festgestellt werden, dass die Unterlassung der Beantragung der TUE und die Äußerungen in der Öffentlichkeit zusammen kausal für die vom Kläger dargelegten Schäden geworden sind.
83Der Kläger geht wie selbstverständlich davon aus, dass er ohne diese Ereignisse ganz bestimmte, lukrativere Vertragsverhältnisse hätte begründen könne. Es gilt aber der Grundsatz der Privatautonomie. Daher existiert kein Automatismus, der im Falle des Vorhandenseins bestimmter Qualifikationen zwangsläufig zu einem bestimmten Vertragsabschluss führt. Insbesondere hat der Kläger nicht vorgetragen, sich entsprechend beworben zu haben und ganz konkret im Hinblick auf die Dopingaffäre unter Hinweis darauf, dass man ihn ansonsten verpflichtet hätte, abgelehnt worden zu sein.
84bb) Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 Abs. 1 BGB.
85(1) § 823 Abs.1 BGB dient nur dem Schutz bestimmter Rechte oder Rechtsgüter, wie Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum oder sonstiger Rechte. Die Norm begründet einen Schadensersatzanspruch u.a. bei einer vorsätzlichen oder fahrlässigen widerrechtlichen Verletzung der Gesundheit oder eines sonstigen Rechts, zu denen auch das Persönlichkeitsrecht gehört. ( BAG 42.04.2008- 8 AZR 347/07-, NZA 2009, 38).
86Fehlt es an einem kausal gewordenen Verstoß gegen die arbeitsrechtlichen Rücksichtnahmepflichten, fehlt es zwangsläufig auch an kausal gewordenen unerlaubten Handlungen i.S.d. § 823 Abs.1 BGB. Es kann auf die Ausführungen unter aa) Bezug genommen werden.
87(2) Zudem begründet eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nur dann einen Anspruch auf eine Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Das hängt insbesondere von Anlaß und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab ( BGH 12.Dezember 1995-VI ZR 223/94; juris).
88Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
89Dem Kläger standen hier andere Abwehrmöglichkeiten zur Verfügung, von denen er- wenn auch ohne Erfolg- Gebrauch gemacht hat, indem er beim Landgericht den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt hat. Es kann zudem nicht festgestellt werden, dass die Beklagte sich in der geschehenen Art und Weise gegenüber der Presse geäußert hätte, um dem Kläger zu schaden. Es ging ihr vielmehr darum, Schaden vom Club abzuwenden. Auch mag sie selbst von ihren Mannschaftsärzten, die insbesondere auch untereinander Kommunikationsschwierigkeiten gehabt zu haben scheinen, unzutreffend informiert worden sein.
90II.
91Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 12a ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO.
92III.
93Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 61 Abs. 1 ArbGG, 3 f. ZPO. Die Kammer hat für den auf Feststellung gerichteten Antrag des Klägers im Hinblick auf die bereits für die Vergangenheit geltend gemachten Schadenspositionen den zehnfachen Hilfswert zugrunde gelegt.
94RECHTSMITTELBELEHRUNG
95Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei Berufung eingelegt werden. Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
96Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
97Landesarbeitsgericht D.
98Ludwig-Erhard-Allee 21
9940227 E.
100Fax: 0211 7770-2199
101eingegangen sein.
102Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO ArbG) vom 2. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.
103Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
104Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
1051.Rechtsanwälte,
1062.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
1073.juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
108Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
109* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
110L.
Urteilsbesprechung zu Arbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 02. Sept. 2016 - 4 Ca 7518/15
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Arbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 02. Sept. 2016 - 4 Ca 7518/15 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
Tenor
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Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 10. Juli 2009 - 9 Sa 348/08 - aufgehoben.
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Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten darüber, ob die beklagte Stadt (im Folgenden: Beklagte) verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche künftigen Schäden zu ersetzen, die er aufgrund einer vom 1. Februar bis zum 5. Mai 1995 durchgeführten Bearbeitung asbestbelasteter Bauteile erleiden sollte.
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Der Kläger ist seit dem 1. Februar 1992 bei der Beklagten als Angestellter tätig. Von 1994 bis Mai 1995 war er bei dem Sozialamt der Beklagten in der Abteilung Obdachlosenhilfe beschäftigt und als Betreuer für Asylbewerber, Asylanten und Flüchtlinge im Asylbewerberheim A in D eingesetzt. Dieses Gebäude war bis Januar 1990 als Kindereinrichtung genutzt worden. Zum 1. Februar 1990 war diese Nutzung wegen der möglichen Freisetzung von Asbestfasern in einer die Gesundheit gefährdenden Konzentration eingestellt worden. Die Asbestkontamination der Innenwände des Gebäudes infolge der Verwendung des Baustoffes Sokalit war dem Bürgermeister der beklagten Stadt aufgrund eines Schreibens des Hochbauamtes vom 11. November 1991 bekannt.
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Die Beklagte beabsichtigte, Anfang des Jahres 1995 das Gebäude des Asylbewerberheims grundlegend zu sanieren. Der Kläger führte mit drei weiteren Angestellten der Beklagten, drei Zivildienstleistenden sowie 12 bis 15 Asylbewerbern auf Weisung des Abteilungsleiters des Sozialamtes S sowie des Heimleiters Sch in der Zeit vom 1. Februar bis zum 5. Mai 1995 dort folgende Sanierungsarbeiten durch:
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Demontage der Rippenheizkörper,
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Abspachteln der aufgeblühten Wandoberflächen,
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Entfernen vorhandener Tapetenreste,
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Aufbringen der Klebemasse,
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Anbringen von Gipskartonplatten auf den Wänden,
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Verspachteln der Fugen zum Aufbringen eines Farbanstrichs.
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Insgesamt leisteten die eingesetzten Personen etwa 800 Arbeitsstunden. Eine besondere Aufklärung über die Art und Weise der durchzuführenden Tätigkeiten sowie die Anweisung zum Tragen von Schutzbekleidung und Atemschutzgeräten erfolgte nicht.
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Anfang Mai 1995 wies ein Mitarbeiter eines Bauunternehmens, der Folgearbeiten abstimmen sollte, den Kläger darauf hin, dass bei den Sanierungsarbeiten asbesthaltiger Staub freigesetzt werde und derartige Arbeiten nur von spezialisierten Unternehmen ausgeführt werden dürften. Der Kläger leitete diese Information an den zuständigen Abteilungsleiter S weiter. Dieser erklärte, das Vorhandensein asbesthaltigen Materials sei allgemein bekannt und drängte auf die Fortsetzung der Arbeiten.
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Einer der beteiligten Zivildienstleistenden schaltete daraufhin das staatliche Gewerbeaufsichtsamt D ein. Dieses stellte fest, dass durch das Abkratzen und Abschaben der verbauten Sokalitverkleidungen eine extreme Exposition von Asbestfasern aus dem lockeren Faserverband bewirkt worden sei. Materialproben der Sokalitplatten ergaben einen Fasergehalt von bis zu 40 % Chrysotilasbest. Das Gewerbeaufsichtsamt verfügte am 5. Mai 1995 die sofortige Einstellung der Arbeiten und die Versiegelung des Gebäudes.
- 7
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Anlässlich einer Erkrankung des Klägers im Jahre 2006 vermutete der behandelnde Arzt das Vorhandensein von Krebserregern als Auslöser. Dieser Verdacht, der sich letztlich nicht bestätigte, veranlasste den Kläger, sich näher mit der Problematik auseinanderzusetzen, ob die damaligen Sanierungsarbeiten, während derer er Asbestfasern eingeatmet hatte, für ihn das Risiko einer Krebserkrankung erhöht haben oder in Zukunft zum Ausbruch einer Krebserkrankung führen könnten.
- 8
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Mit Anwaltsschreiben vom 6. September 2006 ließ der Kläger die Beklagte auffordern, ihre uneingeschränkte Schadensersatzpflicht dem Grunde nach für alle materiellen und immateriellen Schäden, die ihm aufgrund der in der Zeit vom 1. Februar bis 5. Mai 1995 geleisteten Sanierungsarbeiten im Asylbewerberheim D, A, entstanden sind und noch entstehen werden, anzuerkennen. Die Beklagte lehnte eine Haftung unter Hinweis auf den Haftungsausschluss nach § 104 Abs. 1 SGB VII mit Schreiben vom 20. Dezember 2006 ab.
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Der Kläger meint, die die Sanierung anordnenden leitenden Mitarbeiter der Beklagten hätten seine gesundheitliche Schädigung zumindest billigend in Kauf genommen. Da die eingeatmeten Staubfasern dauerhaft in seinem Körper verblieben, sei durch die Sanierungsarbeiten das Risiko einer zukünftigen Erkrankung an Asbestose sowie der Ausbildung von Brustfell- und Lungentumoren begründet worden. Ein das Risiko einer Krebserkrankung ausschließender staubanalytischer Grenzwert bezüglich der Anzahl der Asbestkörperchen pro Kubikzentimeter Lungengewebe könne wissenschaftlich nicht definiert werden. Bereits eine einzige Asbestfaser im Lungengewebe könne ausreichen, den Krebs zu erzeugen.
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Der Kläger ist der Ansicht, das Einatmen gesundheitsgefährdender, insbesondere krebserregender Stoffe aus asbesthaltigen Materialien für die Dauer von etwa drei Monaten stelle unabhängig von einem darauf beruhenden tatsächlichen Ausbruch einer Krebserkrankung bzw. Begünstigung einer anderweitigen Krankheit eine Gesundheitsverletzung iSd. § 823 Abs. 1 BGB dar. Bei dem eingeatmeten Chrysotilasbest handele es sich um einen körperfremden Giftstoff. Die Asbestfasern hakten sich im Lungengewebe ein. Bereits dies stelle einen vom normalen und gesunden Organzustand abweichenden Zustand dar. Körpereigene Zellen - sogenannte Fresszellen - versuchten die Fasern zu entfernen und würden hierbei überstrapaziert und zerstört. Hierdurch komme es zu einer schnellen Zellvermehrung, wodurch die Wahrscheinlichkeit von Zellmutationen und damit die Entstehung von Krebszellen erheblich gesteigert werde. Da es nach wissenschaftlichen Erkenntnissen durchschnittlich 34,5 Jahre dauere, bis nach einer Asbestbelastung ein Tumor entstehe, wäre ihm zum Zeitpunkt eines eventuellen Erkrankungsausbruches eine Beweisführung zu den Umständen seines Arbeitseinsatzes und zur Intensität der Asbestbelastung nicht mehr oder nur noch unter äußerst erschwerten Bedingungen möglich. Daher gebiete die verfassungsrechtlich geschützte Rechtsschutzgarantie eine Feststellung der Schadensersatzpflicht bereits ohne konkrete Anzeichen einer asbestbedingten Krebserkrankung.
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Letztlich meint der Kläger, es lägen auch die Voraussetzungen einer körperlichen Misshandlung iSv. § 223 StGB vor.
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Der Kläger hat in der Revisionsinstanz beantragt
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festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, welche er aufgrund der nach Weisung der Beklagten im Zeitraum vom 1. Februar bis 5. Mai 1995 an asbestfaserhaltigen Bauteilen im damaligen Asylbewerberheim in D, A, ausgeführten Arbeiten erleidet, unter Zugrundelegung einer Haftungsquote von 100 % zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.
- 13
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie behauptet, die die Sanierungsarbeiten anordnenden Mitarbeiter S und Sch hätten mit der Anordnung ihre Befugnisse überschritten. Zwar habe dem Abteilungsleiter S die Dienstaufsicht und der konkrete Einsatz der Mitarbeiter des Sozialamtes oblegen, die Anordnung der Durchführung von Sanierungsarbeiten habe aber nicht zu seinem Aufgabenbereich gehört. Wegen der Befugnisüberschreitung seien auch arbeitsrechtliche Schritte gegen die handelnden Mitarbeiter ergriffen worden.
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Die Beklagte bestreitet, dass die anordnenden Mitarbeiter vorsätzlich gehandelt haben. So habe insbesondere auch niemand den Eintritt eines Gesundheitsschadens bei dem Kläger billigend in Kauf genommen. Daher stünde einem Schadensersatzanspruch des Klägers bereits der Haftungsausschluss des § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII entgegen. Außerdem lägen keine begründeten Anhaltspunkte dafür vor, dass bei dem Kläger als Folge des Umstandes, dass er asbesthaltiger Luft ausgesetzt gewesen sei, ein Gesundheitsschaden eingetreten sei. Auch habe der Kläger keinen ursächlichen Zusammenhang zwischen den behaupteten Gesundheitsschäden und den im Jahre 1995 durchgeführten Sanierungsarbeiten dargelegt.
-
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.
- 17
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I. Das Landesarbeitsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Voraussetzung für den deliktischen Anspruch sei, dass der Kläger darlege und beweise, dass ein Personenschaden (Gesundheitsschaden) durch ein schuldhaft pflichtverletzendes Handeln der Beklagten bzw. einer für diese betrieblich tätigen Person zumindest fahrlässig verursacht worden sei. Der Kläger habe zwar ein zumindest fahrlässiges Verhalten der Mitarbeiter der Beklagten dargelegt, welches diese sich nach § 831 BGB zurechnen lassen müsse. Dieses könnte auch zu einer Gesundheitsverletzung bei ihm führen. Für eine solche Gesundheitsverletzung im Sinne einer Störung der physischen, psychischen oder mentalen Befindlichkeit mit Krankheitscharakter gebe es jedoch keine begründeten Anhaltspunkte. Es fehle an einem medizinischen Untersuchungsergebnis, aus dem auf eine physische oder psychische Krankheit des Klägers geschlossen werden könne. Die Ansicht des Klägers, dass jeder, der über eine gewisse Zeit asbesthaltige Raumluft einatme, unweigerlich eine Gesundheitsverletzung erleide, überzeuge nicht. Allein die subjektive Vermutung bzw. Befürchtung des Klägers, bei ihm hätten sich Asbestfasern im Lungengewebe verhakt, genüge nicht, um auf das Vorliegen eines Gesundheitsschadens bei ihm schließen zu können. Die Feststellung, ob der Straftatbestand des § 223 StGB erfüllt sei, falle nicht in die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen.
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II. Die Revision des Klägers ist zulässig.
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Sie ist gemäß § 74 Abs. 1 ArbGG frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden.
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1. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist dem Kläger am 20. August 2009 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 18. September 2009, eingegangen an demselben Tag, hat der Kläger unter Beifügung der erforderlichen Anlagen die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Revisionsverfahren nebst der Beiordnung von Rechtsanwalt H beantragt. Mit Beschluss des Senats vom 21. Oktober 2009, dem Kläger am 2. November 2009 zugestellt, ist dem Kläger für das Revisionsverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt H beigeordnet worden.
- 21
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Die Revisionsschrift des Klägers vom 10. November 2009 ist am 11. November 2009 eingegangen. Sie enthält den Antrag, ihm gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Revision Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
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2. Dem Kläger war die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 233 ZPO zu gewähren. Er war ohne sein Verschulden verhindert, die einmonatige Revisionsfrist des § 74 Abs. 1 Satz 1 ArbGG(Notfrist, § 548 ZPO) und die zweimonatige (§ 74 Abs. 1 Satz 1 ArbGG) Frist zur Begründung der Revision einzuhalten. Als unverschuldete Verhinderung ist die Bedürftigkeit der Partei anzusehen, wenn diese innerhalb der Rechtsmittelfrist einen vollständigen Prozesskostenhilfeantrag stellt (vgl. BAG 20. Januar 2010 - 5 AZR 106/09 - AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 120 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 17).
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III. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Ob dem Kläger der geltend gemachte Feststellungsanspruch zusteht, konnte der Senat aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen allerdings nicht gemäß § 563 Abs. 3 ZPO selbst entscheiden.
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1. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das nach § 256 ZPO für Feststellungsklagen erforderliche Feststellungsinteresse gegeben.
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a) Das besondere Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO muss als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens und auch noch in der Revisionsinstanz gegeben sein. Sein Vorliegen ist von Amts wegen zu prüfen (BAG 19. August 2004 - 8 AZR 349/03 - AP SGB VII § 104 Nr. 4).
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Dieses besondere Feststellungsinteresse ist bei einer Klage auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz künftiger Schäden grundsätzlich dann gegeben, wenn Schadensfolgen in der Zukunft möglich sind, auch wenn ihre Art, ihr Umfang und sogar ihr Eintritt noch ungewiss sind. Es muss allerdings eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen Schadenseintritt bestehen (BAG 19. August 2004 - 8 AZR 249/03 - mwN, AP SGB VII § 104 Nr. 4).
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Das bedeutet, dass ein rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung iSd. § 256 Abs. 1 ZPO wegen eines erst künftig aus einem Rechtsverhältnis erwachsenden Schadens angenommen werden kann, wenn nach der Lebenserfahrung und dem gewöhnlichen Lauf der Dinge der Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich ist(BGH 15. Oktober 1992 - IX ZR 43/92 - mwN, NJW 1993, 648).
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b) Unter Berücksichtigung dieser Voraussetzungen ist ein Feststellungsinteresse des Klägers gegeben. Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, dass eine Gesundheitsverletzung des Klägers derzeit nicht vorliegt, stehen dem nicht entgegen.
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aa) Ausweislich der Feststellungen des Arbeitsgerichts im Tatbestand, auf welche im Berufungsurteil ausdrücklich verwiesen wird, ist unstreitig, dass der Kläger bei seiner Beteiligung an den Sanierungsarbeiten Asbestfasern eingeatmet hat, dass das Einatmen asbesthaltiger Raumluft für die Dauer von ca. 100 Stunden zu Ablagerungen von Asbestfasern im Lungengewebe führt und dass hierdurch die Risiken einer chronischen Entzündung in der Lunge und der Ausbildung von Krebszellen erhöht werden. Weiterhin ist ausweislich der Feststellungen unstreitig, dass ein staubanalytischer Grenzwert für die Anzahl der eine Asbesterkrankung auslösenden Asbestpartikel nicht definiert werden kann, dass aber das Risiko einer solchen Erkrankung mit der Intensität und der Dauer der Einatmung asbesthaltiger Luft ansteigt.
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bb) Damit steht zwar nicht fest, dass beim Kläger durch die Asbestbelastung bereits eine Gesundheitsschädigung eingetreten ist. Allerdings besteht nach der allgemeinen Lebenserfahrung und dem gewöhnlichen Lauf der Dinge eine gewisse, dh. hinreichende Wahrscheinlichkeit für den Eintritt einer solchen. Dies folgt zum einen daraus, dass nach § 1 iVm. Anlage 1 Nr. 4103, 4104 und 4105 der Berufskrankheitenverordnung vom 31. Oktober 1997 durch Asbeststaub verursachte Erkrankungen als Berufskrankheiten anerkannt sind und somit auch der Verordnungsgeber davon ausgeht, dass Asbestbelastungen Erkrankungen hervorrufen können. Zum anderen ist auch die Schließung der Kindereinrichtung und die durch das Gewerbeaufsichtsamt angeordnete Einstellung der Arbeiten an dem fraglichen Gebäude in D, A, wegen Asbestbelastung ein Anhaltspunkt für das erhebliche Gesundheitsrisiko von dort zu verrichtenden Arbeiten unter Asbeststaubbelastung. Letztlich war die Tätigkeit des Klägers im Asylbewerberheim vom 1. Februar bis 5. Mai 1995 auch nicht von solch kurzer Dauer, dass eine Gesundheitsschädigung nach allgemeiner Lebenserfahrung als unwahrscheinlich anzusehen wäre.
- 31
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2. Ob eine Klage auf Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen eines Verstoßes der Beklagten gegen ihre arbeitsvertraglichen Schutzpflichten (§ 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1, § 618 Abs. 1 BGB) wegen des Haftungsausschlusses nach § 636 Abs. 1 Satz 1 RVO unbegründet ist, kann der Senat aufgrund der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht entscheiden.
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a) Entgegen der Auffassung der Parteien ist hinsichtlich eines Haftungsausschlusses § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII nicht anwendbar. Diese Bestimmung ist erst zum 1. Januar 1997 in Kraft getreten. Für vor diesem Zeitpunkt liegendes Unfallgeschehen kann sich ein Haftungsausschluss deshalb nur aus §§ 636 ff. RVO in der bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Fassung (im Folgenden nur: RVO) ergeben.
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b) Gemäß § 636 Abs. 1 Satz 1 RVO ist der Unternehmer den in seinem Unternehmen tätigen Versicherten zum Ersatz des durch einen Arbeitsunfall erlittenen Personenschadens nach anderen gesetzlichen Vorschriften nur dann verpflichtet, wenn er den Arbeitsunfall vorsätzlich herbeigeführt hat oder wenn der Arbeitsunfall bei der Teilnahme am allgemeinen Verkehr eingetreten ist.
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aa) Die beklagte Stadt ist Unternehmer (vgl. BGH 22. Februar 1989 - III ZR 234/88 - VersR 1990, 404; OLG Dresden 14. Oktober 1998 - 6 U 1485/98 - NJW-RR 1999, 902; LG Fulda 9. April 1987 - 2 O 389/86 - NJW-RR 1987, 1438). Der Kläger ist ein im Unternehmen der Beklagten tätiger Versicherter iSd. § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO.
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bb) Ob ein Arbeitsunfall anzuerkennen ist, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Nach § 551 Abs. 1 Satz 1 RVO gelten Berufskrankheiten als Arbeitsunfälle. Berufskrankheiten sind allerdings nur solche Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als solche bezeichnet hat. Nach § 1 iVm. Anlage 1 Nr. 4103, 4104 und 4105 der Berufskrankheitenverordnung vom 31. Oktober 1997 sind als Berufskrankheiten ua. anerkannt:
-
- Nr. 4103
Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) oder durch Asbeststaub verursachte Erkrankungen der Pleura,
- Nr. 4104
Lungenkrebs oder Kehlkopfkrebs
-
in Verbindung mit Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose),
-
in Verbindung mit durch Asbeststaub verursachter Erkrankung der Pleura oder
-
bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Asbestfaserstaub-Dosis am Arbeitsplatz von mindestens 25 Faserjahren (25 x 106 [(Fasern/m3) x Jahre]),
- Nr. 4105
durch Asbest verursachtes Mesotheliom des Rippenfells und des Bauchfells oder des Perikards.
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Die vom Kläger dargelegten befürchteten asbeststaubbedingten Erkrankungen entsprechen den Erkrankungen der Nr. 4103 bis 4105 der Anlage 1 zu § 1 der Berufskrankheitenverordnung und sind somit Berufskrankheiten iSv. § 551 Abs. 1 RVO.
- 37
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cc) Der Ausschluss der Haftung entfällt lediglich im Falle einer vorsätzlichen Herbeiführung des Arbeitsunfalls durch den Unternehmer (§ 636 Abs. 1 Satz 1 RVO).
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Die Beklagte als Gebietskörperschaft kann als juristische Person des öffentlichen Rechts Arbeitsunfälle nicht selbst verursachen. Eine solche Verursachung kann nur durch die für sie handelnden Personen erfolgen. Als solche kommen für eine juristische Person deren Organe, gesetzlichen Vertreter sowie Verrichtungs- und Erfüllungsgehilfen in Betracht.
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Die Regelungen des Unfallversicherungsrechts bezwecken zum einen den Schutz des Arbeitnehmers. Diesem steht bei einem Arbeitsunfall stets ein leistungsfähiger Schuldner gegenüber. Er ist in der Lage, schnell und wirksam die zur Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit und der wirtschaftlichen Sicherung des Arbeitnehmers erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Die Ansprüche des Arbeitnehmers werden ohne Verzögerung durch langwierige Streitigkeiten über Verschulden und Mitverschulden und ohne Prozessrisiko von Amts wegen festgestellt. Zum anderen dient der Haftungsausschluss nach §§ 636 ff. RVO auch dem Arbeitgeber. Dieser soll von der zivilrechtlichen Schadensersatzpflicht freigestellt werden, weil allein die Arbeitgeber die Aufwendungen der gesetzlichen Unfallversicherung zu tragen haben. Durch die Haftungsersetzung wird das Risiko von Arbeitsunfällen für den Arbeitgeber kalkulierbar. Weiterhin soll der Haftungsausschluss sicherstellen, dass gerichtliche Auseinandersetzungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer um die Haftung aus Arbeitsunfällen nicht den Betriebsfrieden gefährden. Wenn der Haftungsausschluss auch nicht schlechthin den Frieden zwischen den Arbeitsvertragsparteien garantieren kann, so ist er doch geeignet, Anlässe zu Konflikten im Betrieb einzuschränken. Dass der Haftungsausschluss Schadensersatzansprüche aus vorsätzlicher Verletzung des Arbeitnehmers nicht erfasst, rechtfertigt sich aus der Rücksicht auf den Unrechtsgehalt der Tat (vgl. BVerfG 7. November 1972 - 1 BvL 4/71, 1 BvL 17/71, 1 BvL 10/72, 1 BvR 355/71 - BVerfGE 34, 118 = AP RVO § 636 Nr. 6).
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Dem Arbeitnehmer ist ein Ausschluss von den Schadensersatzansprüchen nicht mehr zuzumuten, wenn er durch ein vorsätzliches Verhalten des Unternehmers, also durch ein besonders zu missbilligendes Verhalten, geschädigt worden ist. Eine Privilegierung des Unternehmers muss deshalb gegenüber dem geschädigten Arbeitnehmer in einem solchen Falle ausscheiden.
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dd) Der Unternehmer hat nach § 278 Satz 1 BGB allerdings das Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, derer er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten gegenüber dem Arbeitnehmer bedient(Erfüllungsgehilfen), in gleichem Umfange zu vertreten, wie eigenes Verschulden.
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Dies widerspricht nicht dem Sinn und Zweck der Haftungsprivilegierung des § 636 Abs. 1 Satz 1 RVO. Der Grund dafür, dass nach § 278 Satz 1 BGB der Schuldner, der sich bei der Erbringung seiner Leistung der Hilfe eines Dritten bedient, für dessen Verschulden einzustehen hat, liegt darin, dass der Geschäftskreis des Schuldners und damit sein eigener Risikobereich durch die Einschaltung einer solchen Hilfsperson eine Erweiterung erfährt(BGH 8. Februar 1974 - V ZR 21/72 - BGHZ 62, 119). § 278 BGB will den Gläubiger vor möglichen haftungsausschließenden Folgen einer arbeitsteiligen Wirtschaft schützen. Der Schuldner soll sich der Haftung für Leistungsstörungen nicht dadurch entziehen können, dass er Gehilfen einsetzt (BGH 27. Juni 1985 - VII ZR 23/84 - BGHZ 95, 128). Für die Haftung des Schuldners nach § 278 Satz 1 BGB ist es insbesondere nicht von Bedeutung, ob er bei der Auswahl, Anleitung, Unterweisung oder Beaufsichtigung des Dritten die erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt oder gelassen hat. Er muss das Risiko eines fehlerhaften Verhaltens seines Erfüllungsgehilfen deshalb tragen, weil dieser objektiv eine Aufgabe übernimmt, die im Verhältnis zum Gläubiger dem Schuldner selbst obliegt (BGH 8. Februar 1974 - V ZR 21/72 - aaO). Dieser, das gesamte Vertragsrecht beherrschende Grundsatz erfährt durch § 636 Abs. 1 Satz 1 RVO nur insoweit eine Einschränkung, als der Unternehmer nicht für die fahrlässige Verursachung eines Arbeitsunfalls durch ihn selbst oder durch seinen Erfüllungsgehilfen haftet. Ist allerdings der Arbeitsunfall des Versicherten (dh. des Arbeitnehmers) durch ein vorsätzliches Verhalten, also ein besonders zu missbilligendes Verhalten eines Erfüllungsgehilfen verursacht worden, gebieten Sinn und Zweck des § 636 Abs. 1 Satz 1 RVO nicht, zugunsten des Unternehmers, der nicht in persona tätig geworden ist, weil er dies nicht wollte oder nicht konnte(zB bei einer juristischen Person als Unternehmer), die Haftungszurechnungsnorm des § 278 Satz 1 BGB nicht anzuwenden. Eine solche, im Übrigen auch durch den Gesetzeswortlaut nicht gebotene Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 278 Satz 1 BGB wäre dem geschädigten Arbeitnehmer auch aufgrund des Unrechtsgehalts der Tat nicht zumutbar.
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Auch der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts hat in seiner Entscheidung vom 8. Dezember 1970 (- 1 AZR 81/70 - AP RVO § 636 Nr. 4 = EzA BGB § 611 Gefahrgeneigte Arbeit Nr. 6) keine Bedenken gegen eine Anwendbarkeit des § 278 BGB im Rahmen des § 636 RVO bei der Verursachung eines Arbeitsunfalls durch einen Erfüllungsgehilfen erkennen lassen(ebenso: LAG Rheinland-Pfalz 8. September 2004 - 10 Sa 263/04 -; LAG Schleswig-Holstein 2. Juni 2009 - 5 Sa 41/09 - LAGE § 104 SGB VII Nr. 2 zu §§ 104 f. SGB VII).
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ee) Die Beklagte bediente sich zur Erfüllung ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Kläger ua. des Abteilungsleiters S. Diesem oblag die Dienstaufsicht und der konkrete Einsatz der Mitarbeiter des Sozialamtes. Damit war er Vorgesetzter des Klägers. Ob er sich im konkreten Streitfalle bei der Anweisung des Arbeitseinsatzes des Klägers innerhalb der ihm zustehenden Befugnisse gehalten hat, ist für seinen Status als Erfüllungsgehilfe der Beklagten ohne Belang. Die Stellung als Erfüllungsgehilfe erlischt nämlich nicht dadurch, dass der durch den Arbeitgeber mit gegenüber dem Arbeitnehmer unbeschränkter Weisungsbefugnis ausgestattete Vorgesetzte die ihm im Innenverhältnis eingeräumten Befugnisse überschreitet. Eine solche Überschreitung wird im Regelfalle immer vorliegen, wenn der Vorgesetzte Weisungen erteilt, durch welche der Arbeitnehmer Schäden erleidet, da nicht anzunehmen ist, dass solche Weisungen sich im Rahmen der dem Vorgesetzten vom Arbeitgeber eingeräumten Befugnisse halten.
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ff) Nach § 278 BGB hat die Beklagte das Verschulden des Abteilungsleiters wie eigenes zu vertreten.
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Der Arbeitgeber haftet dem geschädigten Arbeitnehmer gegenüber gemäß § 278 Satz 1 BGB für schuldhaft begangene Rechtsverletzungen, die für ihn als Erfüllungsgehilfen eingesetzte Mitarbeiter oder Vorgesetzte begehen(allgemeine Meinung; vgl. BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7). Dabei ist es jedoch erforderlich, dass die schuldhafte Handlung des als Erfüllungsgehilfe des Arbeitgebers handelnden Mitarbeiters in einem engen sachlichen Zusammenhang mit den Aufgaben steht, die der Arbeitgeber ihm als Erfüllungsgehilfen zugewiesen hat. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn der Erfüllungsgehilfe gegenüber dem betroffenen Arbeitnehmer die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers konkretisiert bzw. wenn er ihm gegenüber Weisungsbefugnis besitzt (BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - aaO).
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Die Beklagte hatte die sich aus § 618 Abs. 1 BGB ergebende arbeitsvertragliche Verpflichtung, die unter ihrer Anordnung vom Kläger vorzunehmenden Dienstleistungen so zu regeln, dass dieser gegen Gefahren für Leben und Gesundheit so weit geschützt war, als es die Natur der Dienstleistung gestattete. Daraus ergab sich für die Beklagte die Pflicht, den Kläger nicht mit Tätigkeiten zu beauftragen, bei denen er mit Asbestfasern in Kontakt kam, so dass für ihn die Gefahr einer Gesundheitsschädigung bestand. Da die Beklagte den Arbeitseinsatz des Klägers durch dessen Abteilungsleiter S, der auch die Dienstaufsicht über den Kläger besaß, anordnen ließ, hat sie sich dessen Verschulden zurechnen zu lassen, wenn dieser den Kläger zu arbeitsvertraglich unzulässigen Arbeiten mit asbesthaltigen Materialien angewiesen hat.
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Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war dem Abteilungsleiter S das Vorhandensein asbesthaltigen Materials im Asylbewerberheim bekannt. Dennoch drängte er auf die Fortsetzung der Sanierungsarbeiten durch den Kläger. Deshalb steht fest, dass der Abteilungsleiter den Kläger vorsätzlich mit Tätigkeiten betraut hat, bei denen er mit gesundheitsgefährdenden Materialien in Berührung kam.
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Damit ist aber noch nicht zwingend davon auszugehen, dass der Abteilungsleiter als Erfüllungsgehilfe der Beklagten und damit letztlich die Beklagte einen möglicherweise noch eintretenden Arbeitsunfall in Form eines Gesundheitsschadens des Klägers aufgrund der Asbestbelastung vorsätzlich iSd. § 636 Abs. 1 Satz 1 RVO verschuldet hat.
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Allein der Verstoß gegen zugunsten des Arbeitnehmers bestehende Schutzpflichten indiziert keinen Vorsatz bezüglich der Herbeiführung eines Arbeitsunfalls iSd. § 636 Abs. 1 RVO. Ein solcher ist nur dann vorsätzlich herbeigeführt, wenn dieser gewollt war (dolus directus) oder sein Eintritt billigend in Kauf genommen wurde (dolus eventualis, vgl. BAG 31. Oktober 1991 - 8 AZR 637/90 - EzB RVO §§ 636, 637 Nr. 5). Der Vorsatz des Schädigers muss nämlich nicht nur die Verletzungshandlung, sondern auch den Verletzungserfolg umfassen. Demnach verbietet es sich, die vorsätzliche Pflichtverletzung mit einer ungewollten Unfallfolge mit einem gewollten Arbeitsunfall gleichzubehandeln (vgl. BAG 19. Februar 2009 - 8 AZR 188/08 - AP SGB VII § 105 Nr. 4 = EzA SGB VII § 105 Nr. 5). Diese Rechtsprechung zu §§ 636, 637 RVO ist auch entsprechend auf die Haftungsfreistellung nach §§ 104, 105 SGB VII erstreckt worden(vgl. BAG 19. August 2004 - 8 AZR 349/03 - AP SGB VII § 104 Nr. 4 = EzA SGB VII § 104 Nr. 2; 19. Februar 2009 - 8 AZR 188/08 - aaO).
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gg) Ob eine vorsätzliche Herbeiführung eines möglichen Arbeitsunfalls des Klägers in Form einer Gesundheitsschädigung aufgrund der angeordneten Arbeiten unter Asbestbelastung durch den Abteilungsleiter des Klägers im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechung vorgelegen hat, kann der Senat nicht feststellen. Dies ist Aufgabe des Berufungsgerichts als Tatsacheninstanz. Aus diesem Grunde war die Sache gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Landesarbeitsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Dieses wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
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Hauck
Böck
Breinlinger
Schulz
Wroblewski
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.
(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.
Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.
Abweichend von § 280 Abs. 1 hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber Ersatz für den aus der Verletzung einer Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis entstehenden Schaden nur zu leisten, wenn er die Pflichtverletzung zu vertreten hat.
(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.
(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.
(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Mit notariellem Vertrag vom 29. März 2004 kauften die Klägerin und Dr. V. von den Beklagten ein mit einem Mietshaus bebautes Grundstück zu einem Preis von 260.000 €. In dem Kaufvertrag garantierten die Verkäufer, dass der Dachstuhl des Vorderhauses und des Seitenflügels nicht von Holzbock befallen ist und die Beseitigung eines durch ein holzschutztechnisches Gutachten festgestellten Anobienbefalls einen Kostenaufwand von höchstens 2.500 € brutto erfordert.Im Übrigen wurde ein Ausschluss der Haf- tung für Sachmängel vereinbart. Nach der Übergabe des Grundstücks stellte sich heraus, dass der Dachbereich mit echtem Hausschwamm befallen war.
- 2
- Dr. V. an den die Klägerin ihre Ansprüche abgetreten hatte, nahm die Beklagten auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch, woraufhin zunächst deren Schadensersatzpflicht dem Grunde nach festgestellt wurde. In dem Betragsverfahren wurden die Beklagten durch Teilurteil vom 28. Juni 2007 zur Zahlung von 89.129,86 € (85.231,67 € Sanierungskosten auf Gutachtenbasis für Holzbauteile Dachgeschoss, Balkenanlagen und Dachverband; 3.898,19 € Sachverständigenkosten) verurteilt. Ferner wurde festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, Dr. V. auch den weitergehenden Schaden zu ersetzen, der darauf zurückzuführen ist, dass das Haus mit echtem Hausschwamm befallen ist und deshalb Sanierungsarbeiten durchgeführt werden müssen. Mit Schlussurteil vom 23. April 2009 wurden die Beklagten zur Zahlung weiterer 45.000 € als Ausgleich des nach der Schwammsanierung verbleibenden merkantilen Minderwerts verurteilt. Alle vorgenannten Urteile sind rechtskräftig.
- 3
- Dr. V. trat seine Ansprüche an die Klägerin ab, die die Beklagten auf Zahlung von weitergehendem Schadensersatz in Anspruch nimmt. Im Rahmen der Schwammbeseitigungsmaßnahmen seien weitere Sanierungskosten in Höhe von 499.728,86 € angefallen bzw. noch zu erwarten (Sanierung von Wohnungen und Fassade, Mietausfall, Auslagerungs- und Sachverständigenkosten ; Umsatzsteuer für die zwischenzeitlich durchgeführte Sanierung der Holzbauteile). Diese hätten die Beklagten ebenso zu ersetzen wie vorgerichtli- che Anwaltskosten in Höhe von 5.371,66 €.
- 4
- Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Deren Berufung hat das Kammergericht zurückgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgen sie ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 5
- Das Berufungsgericht führt zur Begründung aus, dass sich die Rechtskraft des Feststellungsurteils im Vorprozess auf die Klägerin als Rechtsnachfolgerin von Dr. V. erstrecke. Die von der Klägerin zur Kausalität und zur Höhe der Sanierungskosten vorgetragenen Tatsachen hätten die Beklagten zwar bestritten , das Bestreiten sei jedoch unerheblich, da angesichts der eingereichten Gutachten, Kostenschätzungen, Mietverträge, Kostenangebote und Rechnungen ein einfaches Bestreiten nicht ausreiche. Es sei auch unerheblich, dass die von der Klägerin verlangten Sanierungskosten zum überwiegenden Teil wegen der erforderlichen Sanierung des Gebäudes ohnehin anfallen würden. Es handele sich um einen Fall der Doppelkausalität, bei welchem ein Schaden durch zwei Ursachen hervorgerufen werde, welche beide im Rechtssinne kausal sei- en. Auch ein Abzug „neu für alt“ sei nicht vorzunehmen, da durch die Schwammsanierung keine Werterhöhung eintrete. Schließlich sei die Ersatzpflicht der Beklagten nicht unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit beschränkt. Der Zeitwert des bebauten Grundstücks mit Schwammbefall liege bei 507.202 €, ohne Schwammbefall bei mindestens 600.000 €. Die Beklagten sei- en bisher nur zu Schadensersatzzahlungen von insgesamt 639.230,38 € verur- teilt worden. Dies liege ca. 6 % über dem anzunehmenden Verkehrswert und sei hinzunehmen. Die von dem Bundesgerichtshof bezüglich der Regulierung von Kfz-Schäden entwickelte Begrenzung, wonach die Wiederherstellungskosten die der Ersatzbeschaffung um bis zu 30% übersteigen dürfen, gelte auch hier.
II.
- 6
- Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
- 7
- 1. Zutreffend ist allerdings, dass die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz nach § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB über den bisher zugesprochenen Betrag hinaus wegen des rechtskräftigen Teilurteils vom 28. Juni 2007 feststeht. Danach haben sie den weiteren Schaden zu ersetzen, welcher darauf zurückzuführen ist, dass das Objekt mit echtem Hausschwamm befallen ist und deshalb Sanierungsarbeiten durchgeführt werden müssen. Die Rechtskraft dieses Urteils, das Dr. V. gegen die Beklagten erstritten hat, wirkt gemäß § 325 Abs. 1 ZPO auch zugunsten der Klägerin (vgl. BGH, Urteil vom 17. Februar 1983 - III ZR 184/81, NJW 1983, 2032).
- 8
- 2. Das Berufungsgericht behandelt jedoch rechtsfehlerhaft die von der Klägerin zur Schadenshöhe vorgetragenen Tatsachen als unstreitig.
- 9
- a) Dieser Gesichtspunkt unterliegt gemäß § 557 Abs. 3 Satz 1 ZPO der Prüfung des Senats, obwohl insoweit keine Revisionsrüge erhoben worden ist. Überspannt das Berufungsgericht die Anforderungen an ein wirksames Bestreiten und behandelt es deswegen einen Vortrag fehlerhaft als unstreitig, liegt ein materiell-rechtlicher Fehler vor, der von Amts wegen zu berücksichtigen ist (Stein/Jonas/Jacobs, ZPO, 22. Aufl., § 557 Rn. 30; Musielak/Ball, ZPO, 10. Aufl. § 557 Rn. 18; vgl. auch BGH, Urteil vom 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93, NJW 1995, 130, 131).
- 10
- b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts waren die Beklagten nicht gehalten, den Vortrag der Klägerin zur Höhe des Schadens substantiiert zu bestreiten.
- 11
- aa) Gemäß § 138 Abs. 2 ZPO hat sich eine Partei allerdings grundsätzlich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. Sie darf sich also, wenn der Gegner seiner Erklärungslast nachgekommen ist, nicht mit einem bloßen Bestreiten begnügen, sondern muss erläutern, von welchem Sachverhalt sie ausgeht (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 138 Rn. 8a). Der Um- fang der erforderlichen Substantiierung richtet sich dabei nach dem Vortrag der darlegungsbelasteten Partei (BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 - III ZR 146/10, NJW 2011, 1509 Rn. 20; Urteil vom 15. Juni 2000 - I ZR 55/98, NJW-RR 2000, 1635, 1638; Urteil vom 3. Februar 1999 - VIII ZR 14/98, NJW 1999, 1404 f. jeweils mwN). Je detaillierter dieser ist, desto höher ist die Erklärungslast gemäß § 138 Abs. 2 ZPO. Ob ein einfaches Bestreiten als Erklärung gemäß § 138 Abs. 2 ZPO ausreicht oder ob ein substantiiertes Bestreiten erforderlich ist, hängt somit von dem Vortrag der Gegenseite ab (Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 138 Rn. 8a).
- 12
- Etwas anderes gilt hingegen dann, wenn eine Partei einen Vortrag mit Nichtwissen gemäß § 138 Abs. 4 ZPO bestreiten kann. Nach dieser Vorschrift ist die Erklärung einer Partei mit Nichtwissen über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind. Weitere Voraussetzung ist, dass die Partei für die jeweiligen Tatsachen nicht darlegungs- und beweisbelastet ist (BGH, Urteil vom 2. Juli 2009 - III ZR 333/08, NJW-RR 2009, 1666 Rn. 14 mwN). Die Zulässigkeit einer solchen Erklärung schließt die Verpflichtung der Partei zu substantiiertem Bestreiten aus (BGH, Urteil vom 7. Juli 1988 - III ZR 111/87, NJW-RR 1989, 41, 43). Dies gilt unabhängig von der Substantiierung des gegnerischen Vortrags. Auch ein detaillierter Vortrag, der sich etwa auf ein Privatgutachten oder andere Unterlagen stützt, kann - wenn die Voraussetzungen des § 138 Abs. 4 ZPO vorliegen - mit bloßem Nichtwissen bestritten werden. Eine Pflicht, eigene Ermittlungen anzustellen, um im Einzelnen auf den gegnerischen Vortrag eingehen zu können, besteht nicht. Ebenso darf ein Vortrag, welcher plausibel und naheliegend erscheint, mit Nichtwissen bestritten werden, ohne dass die bestreitende Partei Anhaltspunkte dafür aufzeigen muss, dass der Vortrag falsch sein könnte (BGH, Urteil vom 8. Juli 2009 - VIII ZR 314/07, NJW 2009, 2894 Rn. 23; Urteil vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 327/07, RdE 2010, 384 Rn. 20; anders nur bei einem rechtsmissbräuchlichen Bestreiten „ins Blaue hinein“, vgl. BGH, Urteil vom 15. Juni 2000 - I ZR 55/98, NJW-RR 2000, 1635, 1638). Eine Grenze besteht nur insoweit, als für das Gericht und den Gegner der Umfang des Bestreitens erkennbar sein muss (BGH, Urteil vom 11. Juli 1972 - VI ZR 21/71, VersR 1972, 945, 948; vgl. auch Senat, Urteil vom 18. Juli 2003 - V ZR 275/02, WM 2004, 193, 195 mwN).
- 13
- bb) Nach diesen Grundsätzen durften die Beklagten den klägerischen Vortrag zur Kausalität und zur Höhe der Sanierungskosten gemäß § 138 Abs. 4 ZPO mit Nichtwissen bestreiten. Der derzeitige Zustand des veräußerten Mietshauses , die aufgrund des Schwammbefalls bereits durchgeführten und noch erforderlichen Arbeiten sowie die behaupteten Mietausfälle, Einlagerungskosten sowie Gutachter- und Architektenkosten unterliegen nicht der eigenen Wahrnehmung der Beklagten. Dies gilt auch für die in den von der Klägerin vorgelegten Privatgutachten wiedergegebenen Tatsachen. Es besteht keine Verpflichtung der Beklagten, sich mit den Privatgutachten auseinanderzusetzen und deren Fehlerhaftigkeit aufzuzeigen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 2009 - VIII ZR 314/07, NJW 2009, 2894 Rn. 23; vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 327/07, RdE 2010, 384 Rn. 20). Dass der Umfang ihres Bestreitens unklar geblieben wäre, hat das Berufungsgericht gerade nicht festgestellt. Im Gegenteil ergibt sich aus dem Berufungsurteil, dass die Beklagten umfassend die Erforderlichkeit der von der Klägerin behaupteten Arbeiten aufgrund des Schwammbefalls ebenso bestritten haben wie die hierfür anzusetzenden Beseitigungskosten. Weiterhin haben sie auch die geltend gemachten Folgeschäden in Abrede gestellt.
- 14
- 3. Rechtsfehlerhaft geht das Berufungsgericht zudem davon aus, dass eine ohnehin erforderliche Sanierung des erworbenen Grundstücks für den Umfang der Ersatzpflicht der Beklagten ohne Bedeutung ist.
- 15
- a) Hinsichtlich der als Mangelfolgeschäden geltend gemachten Mietausfälle und der Auslagerungskosten kann es insoweit schon an der Kausalität der mangelhaften Leistung für die entstandenen und noch entstehenden Kosten fehlen. Nach allgemeinen Grundsätzen ist es Sache der Klägerin darzulegen und zu beweisen, dass diese Kosten durch den Schwammbefall bedingt sind und nicht – wie von den Beklagten behauptet – bereits im Rahmen der parallel erfolgenden Komplettsanierung des Gebäudes anfallen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt hier eine Korrektur der sine-qua-nonFormel unter dem Gesichtspunkt der Doppelkausalität nicht in Betracht.
- 16
- aa) Eine Doppelkausalität wird angenommen, wenn zwei Umstände einen Schaden verursachen und jeder für sich allein ausgereicht hätte, den ganzen Schaden zu verursachen. Dann sind beide Umstände als ursächlich zu behandeln (Senat, Urteil vom 7. Mai 2004 – V ZR 77/03, NJW 2004, 2526, 2528; BGH, Urteil vom 20. Februar 2013 – VIII ZR 339/11, NJW 2013, 2018 Rn. 27 mwN). Dafür ist nicht erforderlich, dass die Schädigung durch zwei verschiedene Personen erfolgt. Es genügt, wenn eine Person zwei Ursachen setzt, welche jede für sich den vollen Schaden herbeigeführt hätte (Senat, Urteil vom 7. Mai 2004 – V ZR 77/03, NJW 2004, 2526, 2528; BGH, Urteil vom 20. Februar 2013 – VIIIZR 339/11, NJW 2013, 2018 Rn. 27). Auch steht der Annahme einer Doppelkausalität nicht entgegen, dass sich der Geschädigte das Verhalten des einen Schädigers im Verhältnis zum anderen Schädiger als eigenes anrechnen lassen muss (BGH, Urteil vom 20. Februar 2013 – VIII ZR 339/11, NJW 2013, 2018 Rn. 26 f.). In all diesen Fällen besteht ein Bedürfnis für eine wertungsmäßige Korrektur der Äquivalenztheorie, um zu verhindern, dass von zwei schädigenden Ereignissen letztlich keines zu einer Haftung führt.
- 17
- bb) Anders liegt es jedoch, bei dem Verhältnis einer von außen gesetzten möglichen Schadensursache und einer eigenen Handlung des Geschädigten. Hier geht es nicht darum, dass die Anwendung der Äquivalenztheorie auf zwei mögliche Schadensursachen zu einer sachwidrigen Verneinung jeglicher Haftung führen würde. Vielmehr muss in diesen Fällen unter Anwendung des im Ansatz subjektbezogenen Schadensbegriffs (vgl. Senat, Urteil vom 26. September 1997 - V ZR 29/96, NJW 1998, 302, 304; BGH, Urteil vom 15. Oktober 1991 - VI ZR 314/90, BGHZ 115, 364, 369) festgestellt werden, inwieweit sich eine schädigende Handlung bei dem Geschädigten überhaupt nachteilig ausgewirkt hat. Einer wertenden Korrektur der Äquivalenztheorie bedarf es hier nicht.
- 18
- cc) War die Komplettsanierung des gekauften Mietshauses ohnehin erforderlich und von den Käufern geplant, beruhen die damit verbundenen Kosten nicht auf einem weiteren schädigenden Ereignis, welches neben die mangelhafte Leistung der Beklagten tritt. Indem die Klägerin die Schwammsanierungsarbeiten im Rahmen dieser Arbeiten ausführen ließ und damit weitere Mietausfälle sowie Ein- und Auslagerungskosten vermied, genügte sie lediglich ihrer Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB.
- 19
- b) Im Übrigen übersieht das Berufungsgericht, dass die Ersatzpflicht der Beklagten entfallen kann, wenn die Klägerin durch diese eigene Aufwendungen ersparen würde.
- 20
- aa) Sofern die zur Behebung des Mangels erforderlichen Arbeiten von den Käufern auch bei einer mangelfreien Leistung durchgeführt worden wären, ist dies unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen. Nach dem schadensrechtlichen Bereicherungsverbot soll der Geschädigte nicht besser gestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde (BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 - VII ZR 81/06, BGHZ 173, 83 Rn. 18 mwN; vgl. Senat, Urteil vom 25. Januar 2013 - V ZR 118/11, NJW-RR 2013, 825 Rn. 11). Im Kaufrecht führt dies dazu, dass der Käufer einer mangelhaften Sache grundsätzlich nicht besser stehen darf, als er bei ordnungsgemäßer Vertragserfüllung stünde (Senat, Urteil vom 25. Januar 2013 - V ZR 118/11, NJW-RR 2013, 825 Rn. 13, 16). Schadensmindernd zu berücksichtigen sind jedoch nur solche Vorteile , deren Anrechnung mit dem jeweiligen Zweck des Ersatzanspruchs übereinstimmt , so dass sie dem Geschädigten zumutbar ist und den Schädiger nicht unbillig entlastet. Vor- und Nachteile müssen bei wertender Betrachtung gleichsam zu einer Rechnungseinheit verbunden sein (Senat, Urteil vom 17. Oktober 2003 - V ZR 84/02, NJW-RR 2004, 79, 80; BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 - VII ZR 81/06, BGHZ 173, 83 Rn. 18 mwN). Diese Voraussetzungen liegen regelmäßig vor, soweit der Geschädigte durch die Schadensbeseitigung eigene Aufwendungen erspart (Staudinger/Schiemann, BGB [2005], § 249 Rn. 168; Bamberger/Roth/Schubert, BGB, 3. Aufl., § 249 Rn. 137 mwN; Palandt /Grüneberg, BGB, 73. Aufl., vor 249 Rn. 93; Lange/Schiemann, Schadensersatz , 3. Aufl., S. 503 f.).
- 21
- bb) Im vorliegenden Fall führt die Beseitigung des Schwammbefalls nach den Feststellungen des Berufungsgerichts dazu, dass auch Sanierungsarbeiten durchgeführt werden, welche ohnehin geplant waren. Die dadurch ersparten eigenen Aufwendungen muss sich die Klägerin von den Mängelbeseitigungskosten , welche den gesamten zur Mängelbeseitigung erforderlichen Betrag umfassen , abziehen lassen. Der Vorteilsausgleich beruht auf dem Gedanken von Treu und Glauben (§ 242 BGB) und erfordert eine wertende Betrachtung (BGH, Versäumnisurteil vom 1. August 2013 – VII ZR 75/11, NJW 2013, 3297, Rn. 22, BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 – VII ZR 81/06, BGHZ 173, 83 Rn. 18 mwN). Für die Klägerin wäre es ein unverdienter Vorteil, wenn sie die ohnehin vorgesehenen Sanierungsarbeiten teilweise auf Kosten der Beklagten durchführen könnte.
- 22
- cc) Die Darlegungs- und Beweislast für ersparte Aufwendungen der Käufer , welche nach dem Vorgesagten anspruchsmindernd zu berücksichtigen sind, tragen die Beklagten (vgl. Senat, Urteil vom 17. Oktober 2003 - V ZR 84/02, NJW-RR 2004, 79, 81). Die Klägerin trifft jedoch eine sekundäre Darle- gungslast, da die Beklagten außerhalb des von ihnen darzulegenden Geschehensablaufs stehen und der Klägerin nähere Angaben zumutbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - KZR 75/10, NJW 2012, 928 Rn. 71; BGH, Urteil vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, NJW 2010, 2506 Rn. 26). Die Klägerin ist deswegen gehalten, die für die Berechnung des Vorteilsausgleichs durch die Beklagten erforderlichen Tatsachen vorzutragen (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, NJW 2010, 2506 Rn. 26).
- 23
- 4. Das Berufungsgericht lehnt auch einen Abzug „neu für alt“ mit rechtsfehlerhafter Begründung ab.
- 24
- Ein solcher kommt in Betracht, soweit die Kosten der Schwammbeseitigung nach dem Vorstehenden ersatzfähig sind, also nicht für Maßnahmen anfallen , welche von den Käufern im Rahmen einer ohnehin vorgesehenen Sanierung durchgeführt werden sollten, und zu einer Wertsteigerung des Grundstücks führen. Das Berufungsgericht verkennt bei seinem Hinweis auf das Teilurteil vom 28. Juni 2007 und ein dort in Bezug genommenes Sachverständigengutachten , wonach durch die Schwammsanierungsarbeiten am Dach keine Werterhöhung eintrete, den Kern des Vorbringens der Beklagten. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Schwammbefall gerade nicht auf das Dachgebälk beschränkt, sondern hat sich vom Dach über alle Etagen bis in den Keller ausgebreitet. Unter anderem müssen zur Schwammbeseitigung auch Küchen und Bäder zerstört und wieder aufgebaut sowie Elektro-, Klempner - und Fliesenarbeiten durchgeführt werden. Dass es dadurch zu einer Wertsteigerung kommen kann, liegt auf der Hand und kann mit der Argumentation des Berufungsgerichts, welche sich nur auf das Dachgebälk bezieht, nicht in Abrede gestellt werden.
- 25
- 5. Das Berufungsgericht verneint schließlich auch die Unverhältnismäßigkeit der als Schadensersatz begehrten weiteren Mängelbeseitigungskosten mit rechtsfehlerhafter Begründung.
- 26
- a) Allerdings geht es stillschweigend zutreffend davon aus, dass die Beklagten sich mit diesem Einwand gegen die Klageforderung trotz des gegen sie ergangenen Feststellungsurteils vom 28. Juni 2007 verteidigen können.
- 27
- aa) Zwar führt die Rechtskraft eines Feststellungsurteils, in dem die Schadensersatzpflicht einer Partei festgestellt worden ist, dazu, dass Einwendungen , die sich auf Tatsachen stützen, welche schon im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorgelegen haben, nicht mehr berücksichtigt werden dürfen, soweit sie das Bestehen des festgestellten Anspruchs betreffen (BGH, Urteil vom 28. Juni 2005 - VI ZR 108/04, NJW-RR 2005, 1517 f. mwN). Das gilt aber nur, soweit es um die grundsätzliche Verpflichtung des Schuldners zum Ersatz des Schadens geht; die Frage, ob und in welcher Höhe ein Schaden eingetreten ist, wird von der Rechtskraft eines vorausgegangenen Feststellungsurteils nicht erfasst (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2005 - VI ZR 108/04, aaO; Urteil vom 19. Mai 1988 - VII ZR 11/87, WM 1988, 1280).
- 28
- bb) Auch unter anderen Gesichtspunkten steht die Rechtskraft des Feststellungsurteils der Geltendmachung der Haftungsbegrenzung nicht entgegen. Die hier in Betracht kommende Begrenzung ist nicht untrennbar mit dem Haftungsgrund verwoben (vgl. dazu BGH, Urteil vom 23. Januar 1979 - VI ZR 199/77, NJW 1979, 1046, 1047). Ferner kann dem Feststellungsurteil weder in Bezug auf die Art der Schadensberechnung noch in Bezug auf die Frage einer Begrenzung der Schadensersatzpflicht hinsichtlich der nunmehr geltend gemachten Schadenspositionen eine Bindungswirkung entnommen werden.
- 29
- Die Bindungswirkung des Feststellungsurteils ergibt sich aus dem Umfang der Rechtskraft. Diese reicht gemäß § 322 Abs. 1 ZPO so weit, wie über den Feststellungsantrag entschieden worden ist. Der Inhalt des Urteils und damit der Umfang der Rechtskraft sind in erster Linie der Urteilsformel zu entnehmen. Nur wenn die Urteilsformel allein nicht ausreicht, um den Rechtskraftgehalt der Entscheidung zu erfassen, sind Tatbestand und Entscheidungsgründe , erforderlichenfalls auch das Parteivorbringen, ergänzend heranzuziehen (BGH, Urteil vom 14. Februar 2008 - I ZR 135/05, NJW 2008, 2716 Rn. 13 mwN).
- 30
- Nach dem Tenor des Feststellungsurteils sind die Beklagten verpflichtet, der Klägerin die weiteren Schäden zu ersetzen, welche darauf zurückzuführen sind, dass das Objekt mit echtem Hausschwamm befallen ist und deshalb Sanierungsarbeiten durchgeführt werden müssen. Die Urteilsformel ist mit dieser Formulierung allgemein gehalten und bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass eine bestimmte Art der Schadensberechnung Bestandteil des Ausspruchs sein sollte. Dies gilt auch unter Einbeziehung des in der Entscheidungsformel verwandten Begriffs der Sanierungsarbeiten. Hiermit wird lediglich die Einstandspflicht der Beklagten für bestimmte weitere Schäden festgestellt, jedoch nicht ausgesprochen, dass sie auch sämtliche weiteren Mängelbeseitigungskosten zu tragen haben. Auch den Entscheidungsgründen kann nicht entnommen werden, dass sich das Gericht mit einer höhenmäßigen Begrenzung des Schadensersatzanspruchs der Käufer befasst hat und diese Frage entschieden werden sollte.
- 31
- b) Das Berufungsgericht geht weiterhin im Ansatz zutreffend davon aus, dass die zur Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten im Rahmen des sogenannten kleinen Schadensersatzes nach § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB als Schaden geltend gemacht werden können.
- 32
- aa) Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung richtete sich der Anspruch des Käufers, der den klei- nen Schadensersatz wählte, auf Ausgleich des Wertunterschieds zwischen der mangelfreien und der mangelhaften Sache (§ 463 BGB alter Fassung). Der Käufer hatte keinen Anspruch auf Beseitigung des Mangels und somit auch keinen unmittelbar auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten gerichteten Schadensersatzanspruch. Zwar konnte er regelmäßig die Höhe des zu ersetzenden Minderwerts auf Grundlage der Mängelbeseitigungskosten ermitteln. Hierbei handelte es sich jedoch lediglich um eine Berechnungsmethode. Blieb die mangelbedingte Wertminderung der Sache deutlich hinter den Kosten für die Herstellung der zugesicherten Eigenschaft zurück und war diese Abweichung nicht nur mit einem fehlenden Abzug „neu für alt“ bei den Herstellungskosten zu erklären, konnte der Käufer nur Ersatz des Minderwerts der Sache verlangen (Senat, Urteil vom 16. November 2007 - V ZR 45/07, NJW 2008, 436, 437; Beschluss vom 10. Juni 1998 - V ZR 324/97, NJW 1998, 2905; Urteil vom 23. Juni 1989 - V ZR 40/88, BGHZ 108, 156, 160 f.).
- 33
- bb) Nach § 437 Nr. 1, § 439 Abs. 1 BGB in der nunmehr geltenden Fassung hat der Käufer bei Vorliegen eines Mangels hingegen einen Anspruch auf Nacherfüllung (Senat, Urteil vom 15. Juni 2012 - V ZR 198/11, BGHZ 193, 326 Rn. 32), welche nach seiner Wahl in Form der Beseitigung des Mangels oder der Lieferung einer mangelfreien Sache erfolgen kann. Unterbleibt die Nacherfüllung und steht dem Käufer ein Schadensersatzanspruch zu, so kann er im Rahmen des kleinen Schadensersatzes Ausgleich des mangelbedingten Minderwerts oder Ersatz der Mängelbeseitigungskosten verlangen (vgl. Senat, Urteil vom 15. Juni 2012 - V ZR 198/11, BGHZ 193, 326 Rn. 31; zum Werkvertragsrecht BGH, Urteil vom 11. Oktober 2012 - VII ZR 179/11, NJW 2013, 370 Rn. 10 mwN).
- 34
- c) Wie es sich auf den Schadensersatzanspruch auswirkt, wenn die zur Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten unverhältnismäßig sind, ist höchstrichterlich bislang nur für das Werkvertragsrecht (§ 635 Abs. 3 BGB) entschie- den (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2012 - VII ZR 179/11, NJW 2013, 370 Rn. 12). Richtigerweise führt dies auch bei einem Kaufvertrag, der - wie der hier zu beurteilende Vertrag - nicht von der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie erfasst wird, dazu, dass der Schadensersatzanspruch auf den mangelbedingten Minderwert der Sache beschränkt ist.
- 35
- aa) Auszugehen ist davon, dass ein Anspruch des Käufers auf Schadensersatz wegen Mängel der Kaufsache auch dann gegeben ist, wenn der Verkäufer zu Recht nach § 439 Abs. 3 BGB einwendet, sie nicht beseitigen zu müssen, weil dies nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Der Gesetzgeber wollte auch für diesen Fall einen Schadensersatzanspruch statt der Leistung unter den Voraussetzungen von § 280 Abs. 1, § 281 BGB eröffnen. Das ergibt sich aus § 440 BGB, wonach es zur Entstehung des Schadensersatzanspruchs grundsätzlich einer Fristsetzung nicht bedarf, wenn der Käufer die Nacherfüllung gemäß § 439 Abs. 3 BGB verweigert (BT-Drucks. 14/4060, S. 232; vgl. zum Werkvertragsrecht: BGH, Urteil vom 11. Oktober 2012 - VII ZR 179/11, NJW 2013, 370 Rn. 8).
- 36
- bb) Der Schadensersatzanspruch ist aber in entsprechender Anwendung des § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB auf den Ersatz des mangelbedingten Minderwerts der Kaufsache beschränkt. Grund ist der mit § 439 Abs. 3 BGB beabsichtigte Schutz des Verkäufers (siehe BT-Drucks. 14/6040, S. 232). Der Verkäufer, der die Mängelbeseitigung wegen unverhältnismäßiger Kosten verweigern darf, kann nicht im Wege des Schadensersatzes verpflichtet sein, diese Kosten zu tragen. Der Umstand, dass der Schadensersatzanspruch anders als der Nacherfüllungsanspruch ein Vertretenmüssen des Verkäufers voraussetzt, führt zu keiner anderen Beurteilung. Im Werkvertragsrecht entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass bei der Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit nach § 635 Abs. 3 BGB das Verschulden des Unternehmers zu berücksichtigen ist (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2012 - VII ZR 179/11, NJW 2013, 370 Rn. 12 mwN). Für das Kaufrecht gilt nichts anderes. Hat der Verkäufer den Mangel zu vertreten, so ist dies in die nach § 439 Abs. 3 BGB vorzunehmende Abwägung einzustellen.
- 37
- cc) Eine Beschränkung des Schadensersatzes auf eine Erstattung der Mängelbeseitigungskosten in Höhe eines angemessenen Betrages kommt nicht in Betracht. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat dies zwar für die Fälle des Verbrauchsgüterkaufs im Wege der Rechtsfortbildung zur Herstellung eines richtlinienkonformen Ergebnisses angenommen (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 35, 54). Die Voraussetzungen für eine derartige Beschränkung der Ersatzpflicht sind im vorliegenden Zusammenhang jedoch nicht gegeben. Bei dem hier in Rede stehenden Vertrag handelt es sich weder um einen Verbrauchsgüterkauf noch ist eine Regelungslücke gegeben. Kann der Verkäufer die Nachbesserung nach § 439 Abs. 3 BGB verweigern, ist es folgerichtig, ihn schadensersatzrechtlich nicht für einen Teil der Mängelbeseitigungskosten einstehen zu lassen, sondern den Schadensersatz auf die Höhe der Differenz des Wertes der Kaufsache in mangelfreiem und in mangelhaftem Zustand zu beschränken (zum Werkvertragsrecht BGH, Urteil vom 11. Oktober 2012 - VII ZR 179/11, NJW 2013, 370 Rn. 12; vgl. auch Urteil vom 27. November 2009 - LwZR 11/09, NZM 2010, 442 Rn. 11 f.).
- 38
- d) Das Berufungsgericht geht rechtsfehlerhaft davon aus, dass Mängelbeseitigungskosten erst dann als unverhältnismäßig anzusehen sind, wenn sie 130% des Verkehrswerts des mangelfreien Grundstücks übersteigen.
- 39
- aa) Die für die Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit im Sinne des § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB maßgebenden Kriterien entsprechen jenen, die bei der nach § 439 Abs. 3 BGB gebotenen Prüfung des unverhältnismäßigen Nacherfüllungsaufwands heranzuziehen sind (vgl. zu § 635 Abs. 3 BGB: BGH, Urteil vom 11. Oktober 2012 – VII ZR 179/11, NJW 2013, 370 Rn. 12). Voraussetzung für die von dem Verkäufer nach § 439 Abs. 3 Satz 3 BGB zu erhebende Einrede ist, dass die Mängelbeseitigung nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dies kann sich aus dem Vergleich zur Nachlieferung als zweite Nacherfüllungsmöglichkeit ergeben (relative Unverhältnismäßigkeit) oder daraus, dass die Mängelbeseitigung für sich allein betrachtet unverhältnismäßige Kosten verursacht (absolute Unverhältnismäßigkeit). Da die Nachlieferung im vorliegenden Fall nicht möglich ist, kommt nur eine absolute Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigung in Betracht, welche hier dazu führen würde, dass der Verkäufer die Nacherfüllung insgesamt verweigern könnte (vgl. § 439 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 BGB). § 439 Abs. 3 Satz 2 BGB hebt als bei der Prüfung der Unverhältnismäßigkeit zu berücksichtigende Umstände den Wert der Sache in mangelfreiem Zustand und die Bedeutung des Mangels hervor. Unerheblich ist danach der Kaufpreis, so dass ein von dem Käufer erzielter günstiger Kaufpreis nicht dazu führt, dass die Grenze der Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllungskosten früher erreicht wird, als dies bei einem höheren, dem Wert der Sache in mangelfreiem Zustand entsprechenden Kaufpreis der Fall wäre (OLG Karlsruhe, NJW-RR 2009, 777, 779; OLG Braunschweig, NJW 2003, 1053, 1054; Ball, NZV 2004, 217, 223).
- 40
- bb) Verschiedentlich wird für die Feststellung der Unverhältnismäßigkeit an den Wert der Kaufsache in mangelfreiem Zustand angeknüpft und hiervon ausgehend der Versuch unternommen, Grenzwerte zu bilden. So werden etwa 150% des Wertes der Sache in mangelfreiem Zustand und 200% des auf den Mangel zurückzuführenden Minderwerts genannt (Bitter/Meidt, ZIP 2001, 2114, 2121 f.); wird einer dieser Grenzwerte überschritten, so soll der Verkäufer, der den Mangel nicht zu vertreten hat, die Nacherfüllung verweigern dürfen. Andere wollen die absolute Grenze der Unverhältnismäßigkeit bei 100% des Wertes der mangelfreien Sache ansetzen und diese je nach dem Grad des Vertretenmüssens erhöhen. In Betracht gezogen wird dabei eine Grenze von 130% bis 150% (vgl. Reinking, ZfS 2003, 57, 62; Huber, NJW 2002, 1004, 1008; Tiedtke/ Schmitt, DStR 2004, 2060, 2064). Teilweise wird die Grenze beim mangelbedingten Minderwert gezogen und diese bei Verschulden des Verkäufers erhöht (Schultz, Zu den Kosten der Nacherfüllung beim Kauf, 2005, 182 ff.). Beim Stückkauf wird aus der Beschränkung der Leistungspflicht des Verkäufers in § 275 Abs. 2 BGB hergeleitet, dass der Verkäufer die Nacherfüllung verweigern kann, wenn deren Kosten den Minderungsbetrag übersteigen (Ackermann, JZ 2002, 378, 382 ff.). Ist der Käufer wahlweise zur Geltendmachung des großen Schadensersatzes berechtigt, wird vertreten, dass die den Aufwand für eine Ersatzbeschaffung übersteigenden Mängelbeseitigungskosten nur liquidiert werden könnten, wenn ein besonderes Interesse an der Herstellung der Mangelfreiheit gerade an dem einmal geleisteten Objekt bestehe (MünchKommBGB /Ernst, 6. Aufl., § 281 Rn. 130; ähnlich Erman/Westermann, BGB, 13. Aufl., § 281 Rn. 30; NK-BGB/Dauner-Lieb, 2. Aufl., § 281 Rn. 30). Zum Teil wird die Festlegung von Grenzwerten abgelehnt und jeweils auf die Gesamtumstände des Einzelfalls verwiesen (Graf von Westphalen in Henssler/Graf von Westphalen , Praxis der Schuldrechtsreform, 2. Aufl., § 439 Rn. 27; Haas in Haas/Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland, Das neue Schuldrecht, 2002, Kapitel 5 Rn. 158; Jakobs in Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, Das neue Schuldrecht, 2002, S. 384, 386).
- 41
- cc) Letztere Ansicht entspricht im Ausgangspunkt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Bei der Prüfung, ob eine absolute Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung vorliegt, ist eine Bewertung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich. Starre Grenzwerte können diese umfassende Interessenabwägung nicht ersetzen. Allerdings bieten Grenzwerte in Form einer Faustregel einen ersten Anhaltspunkt und dienen damit der Rechtssicherheit (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Januar 2009 – VIII ZR 70/08, NJW 2009, 1660 Rn. 15). Bei Grundstückskaufverträgen kann als erster Anhaltspunkt davon ausgegangen werden, dass ein Anspruch auf Nacherfüllung wegen unverhältnismäßiger Kosten dann verweigert werden kann, wenn sie entweder den Verkehrswert des Grundstücks in mangelfreiem Zustand oder 200% des mangelbedingten Minderwerts übersteigen.
- 42
- (1) Ausgangspunkt ist § 439 Abs. 3 Satz 2 BGB, der für die Prüfung der Unverhältnismäßigkeit den Wert der Sache in mangelfreiem Zustand und die Bedeutung des Mangels hervorhebt (BGH, Beschluss vom 14. Januar 2009 - VIII ZR 70/08, NJW 2009, 1660 Rn. 15).
- 43
- (a) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach die Kosten einer Kraftfahrzeugreparatur bis zu 130% des Wiederbeschaffungswertes ersatzfähig sind, ist auf den vorliegenden Regelungszusammenhang nicht zu übertragen. Sie beruht im Wesentlichen auf der Anerkennung eines besonderen Integritätsinteresses des geschädigten Eigentümers eines Kraftfahrzeuges, das nur durch die Reparatur des ihm vertrauten Fahrzeuges befriedigt werden kann (BGH, Urteil vom 15. Oktober 1991 - VI ZR 314/90, BGHZ 115, 364, 371; Urteil vom 15. Februar 2005 - VI ZR 70/04, NJW 2005, 1108, 1109). Demgegenüber ist im Rahmen der unmittelbaren Anwendung des § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB in der Rechtsprechung anerkannt, dass bei Gebäudeschäden (BGH, Urteil vom 8. Dezember 1987 - VI ZR 53/87, BGHZ 102, 322, 326; vgl. auch Urteil vom 5. April 1990 - III ZR 213/88, NJW-RR 1990, 1303, 1305; OLG Düsseldorf, MDR 2012, 85; OLG Bamberg, ZfS 2011, 445, 446; OLG Frankfurt am Main, OLGR 2006, 16, 17; OLG Hamm, OLGR 1998, 358, 361), Bodenkontaminationen (BGH, Urteil vom 27. November 2009 - LwZR 11/09, NZM 2010, 442 Rn. 16) oder der Beschädigung von Bäumen und Gehölzen (Senat, Urteil vom 25. Januar 2013 - V ZR 222/12, BGHZ 196, 111 Rn. 5 mwN) aufgrund der das Schadensrecht beherrschenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise auf die Gesamtbewertung von Gebäude und Grundstück als sich wechselseitig beeinflussende Wertfaktoren abzustellen ist. In diesen Fällen wird regelmäßig der Verkehrswert des Grundstücks als Grenze angesehen, bis zu der Schadensersatz verlangt werden kann. Auch wenn sich die Rechtsprechung zu Beschädigungen eines Grundstücks auf einen Schadensersatzanspruch wegen Lieferung einer mangelhaften Immobilie grundsätzlich nicht übertragen lässt (vgl. Senat, Urteil vom 13. Juni 2012 - V ZR 198/11, BGHZ 193, 326 Rn. 31), ist ein solcher Rückgriff im Rahmen der entsprechenden Anwendung des § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB ausnahmsweise zulässig und auch geboten. Übersteigen die notwendigen Aufwendungen zur Mängelbeseitigung den Verkehrswert des Grundstücks in mangelfreiem Zustand, stehen sie grundsätzlich in keinem wirtschaftlich vernünftigen Verhältnis mehr zu dem dadurch herbeigeführten Erfolg. In einem solchen Fall widerspräche es Treu und Glauben (§ 242 BGB), dessen besondere Ausprägungen § 251 Abs. 2 Satz 1, § 439 Abs. 3 BGB darstellen, wenn der Käufer diese Aufwendungen dem Verkäufer in Form der Mängelbeseitigung anlasten könnte (vgl. zum Schadensersatzrecht: BGH, Urteil vom 27. November 2009 - LwZR 11/09, NZM 2010, 442 Rn. 21; Urteil vom 23. Mai 2006 - VI ZR 259/04, NJW 2006, 2399, 2401; Urteil vom 26. November 1975 - VII ZR 31/74, NJW 1976, 235, 236).
- 44
- (b) Der Verkehrswert des Grundstücks in mangelfreiem Zustand bietet jedoch nicht stets einen geeigneten Anhaltspunkt. Liegen Mängel vor, die sich beispielsweise nur auf das Gebäude, nicht aber auf Grund und Boden auswirken oder die nur einen Teil des Gebäudes betreffen, stellt der Wert des mangelfreien Grundstücks unter Umständen kein ausreichendes Kriterium zur Begrenzung der Mängelbeseitigungskosten unter dem Gesichtspunkt der Unverhältnismäßigkeit dar. Da § 439 Abs. 3 Satz 2 BGB auf die Bedeutung des Mangels abstellt und diese sich in dem mangelbedingten Minderwert des Grundstücks niederschlägt, bildet auch dieser Wert einen geeigneten Anhaltspunkt für eine Eingrenzung. Mängelbeseitigungskosten, die mehr als 200% des mangelbedingten Minderwerts betragen, werden in der Regel nicht mehr als verhältnis- mäßig anzusehen sein (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Januar 2009 - VIII ZR 70/08, NJW 2009, 1660 Rn. 15 f.).
- 45
- (2) Allerdings geben die genannten Werte nur einen ersten Anhaltspunkt für die Annahme einer Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung. Maßgeblich bleibt eine umfassende Würdigung der Umstände des Einzelfalls. Bei dieser ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit der Verkäufer den Mangel zu vertreten hat. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass bei vorsätzlichen Pflichtverletzungen (BGH, Urteil vom 23. Mai 2006 - VI ZR 259/04, NZM 2010, 442 Rn. 24; Senat, Urteil vom 2. Oktober 1987 - V ZR 140/86, NJW 1988, 699, 700; Urteil vom 21. Juni 1974 - V ZR 164/72, BGHZ 62, 388, 394) oder sonstigem schweren Verschulden (Senat, Urteil vom 24. April 1970 - V ZR 97/67, NJW 1970, 1180, 1181; BGH, Urteil vom 26. Oktober 1972 - VII ZR 181/71, BGHZ 59, 365, 368) dem Schuldner auch sonst unverhältnismäßige Aufwendungen zuzumuten sind. Wie weit dies im Einzelfall gehen kann, bedarf ebenso wenig der Entscheidung wie die Frage, ob ein besonderes Interesse des Käufers an der Nacherfüllung zu berücksichtigen ist. Die Beklagten haften vorliegend nicht wegen des arglistigen Verschweigens eines Mangels; auch ist ein besonderes Interesse der Klägerin an einer Nacherfüllung weder festgestellt noch geltend gemacht worden.
- 46
- dd) Ausgehend von den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts , wonach das Gesamtobjekt im Zustand des Befalls mit echtem Haus- schwamm einen Zeitwert von 507.202 € hat und der Zeitwert des Gesamtob- jekts ohne Hausschwammbefall bei (mindestens) 600.000 € liegt, kommt ernsthaft in Betracht, dass die Mängelbeseitigungskosten den mangelbedingten Minderwert von mehr als 200% übersteigen und damit unverhältnismäßig sind.
III.
- 47
- Da der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif ist, muss das Berufungsurteil aufgehoben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
- 48
- Das Berufungsgericht wird nach Feststellung der grundsätzlich ersatzfähigen Mängelbeseitigungskosten zu prüfen haben, ob diese unverhältnismäßig sind, so dass der Schadensersatzanspruch auf den mangelbedingten Minderwert begrenzt ist. Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Schadensersatzpflichtige im Rahmen des § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB das Prognoserisiko zu tragen hat (Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 251 Rn. 9; Bamberger/Roth/Schubert, BGB, 3. Aufl., § 251 Rn. 12; vgl. auch BGH, Urteil vom 15. Oktober 1991 - VI ZR 314/90, BGHZ 115, 364, 370). Für die Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit der Kosten kommt es auf den Beginn der Mängelbeseitigung durch den Käufer an. Stellt sich während deren Ausführung heraus, dass die Kosten höher als erwartet sind, steht dies einer Ersatzpflicht des Verkäufers für die gesamten Mängelbeseitigungskosten nur entgegen, wenn ein wirtschaftlich denkender Käufer die Arbeiten auch unter Berücksichtigung der bereits angefallenen Kosten nicht fortführen würde bzw. fortgeführt hätte.
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 15.03.2011 - 5 O 464/09 -
KG, Entscheidung vom 22.10.2012 - 20 U 92/12 -
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz im Zusammenhang mit seiner Geburt im Krankenhaus I. Die Mutter des Klägers wurde während der Schwangerschaft vom Beklagten zu 1, der Belegarzt in dem Krankenhaus war, frauenärztlich und geburtshilflich bis zur Entbindung betreut. Der Beklagte zu 3 ist der Träger des Krankenhauses. Die Beklagte zu 2 begleitete als freie Hebamme die Geburt. Die Beklagte zu 4 versorgte den Kläger als Krankenschwester nach der Geburt in der Kinderstation des Krankenhauses.
- 2
- Bei der Mutter des Klägers setzten am 13. Oktober 1984 gegen 20 Uhr Geburtswehen ein. Sie wurde danach in das Krankenhaus I. aufgenommen. Der Kläger kam am 14. Oktober 1984 um 10.16 Uhr zur Welt. Zwei Stunden später brachte ihn die Beklagte zu 2 auf die Kinderstation und übergab ihn der Beklagten zu 4. Am 16. Oktober 1984 veranlasste ein zu Rate gezogener Kinderarzt die Verlegung des Klägers in die Kinderklinik des Krankenhauses K. Dort lautete die Gesamtdiagnose auf ein Postasphyxie-Syndrom mit Subarachnoidalblutung und ZNS-Anfällen. Bei der Entwicklung des Klägers wurden in den folgenden Jahren schwerste körperliche und geistige Behinderungen sichtbar.
- 3
- Der Kläger nimmt die Beklagten auf materiellen und immateriellen Schadensersatz und Feststellung der Ersatzpflicht bezüglich weiterer materieller und immaterieller Schäden in Anspruch. Zunächst hat das Landgericht durch Urteil vom 20. November 1995 den Anspruch des Klägers "auf Ersatz seines materiellen und immateriellen Schadens aus der Geburt am 14.10.1984" gegen die Beklagten zu 1 bis 4 als Gesamtschuldner dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Das Oberlandesgericht hat mit Urteil vom 18. März 2004 die Berufungen der Beklagten gegen das "als Grundurteil bezeichnete Grund- und Teilendurteil" des Landgerichts "mit folgender Klarstellung" zurückgewiesen: "1. Die Klageanträge Ziffern 1 bis 3 sind dem Grunde nach gerechtfertigt. 2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die dem Kläger anlässlich und aufgrund der Behandlung durch die Beklagten nach seiner Geburt am 14.10.1984 bis zum 16.10.1984 entstanden sind und noch entstehen werden, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder noch übergehen werden."
- 4
- Der erkennende Senat hat die Beschwerden der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil zurückgewiesen.
- 5
- Im nachfolgenden Betragsverfahren hat das Landgericht den Anträgen des Klägers weitgehend stattgegeben. Es hat die Beklagten verurteilt, über die bereits bezahlten Beträge von insgesamt 220.000 € hinaus ein weiteres Schmerzensgeld von 100.000 €, materiellen Schadensersatz von 666.156,34 €, eine Mehrbedarfsrente von monatlich 2.193,19 € und eine Erwerbsschadensrente von monatlich 1.032,73 € nebst Zinsen zu zahlen. Auf die Berufungen der Beklagten hat das Oberlandesgericht das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Beklagten als Gesamtschuldner nur verurteilt, an den Kläger über den bereits bezahlten Betrag hinaus weitere 52.603,13 € sowie eine Rente von vierteljährlich 2.127,54 € nebst Zinsen zu zahlen. In Bezug auf die Beklagten zu 3 und 4 hat es festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache in Höhe von 220.000 € erledigt ist. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und die weiter- gehenden Berufungen der Beklagten zurückgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht - beschränkt auf die Frage der Abgrenzung der Schadensanteile - zugelassenen Revision verlangt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
A.
- 6
- Die Revision ist uneingeschränkt zulässig (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
- 7
- Zwar hat das Berufungsgericht die Revision sowohl im Tenor als auch in den Gründen des angefochtenen Urteils nur beschränkt hinsichtlich der Frage der Abgrenzbarkeit der Schadensanteile zugelassen. Damit hat es die Zulassung aber in unzulässiger Weise auf eine bestimmte Rechtsfrage beschränkt (vgl. Senatsurteile vom 13. Juli 2004 - VI ZR 273/03, VersR 2004, 1267, 1268; vom 28. März 2006 - VI ZR 50/05, VersR 2006, 944 Rn. 9, jeweils mwN; BGH, Urteil vom 19. April 2013 - V ZR 113/12, NJW 2013, 1948 Rn. 9). Die Zulassung kann auch nicht in eine Beschränkung der Revision auf den Anspruchsgrund als einen selbständig anfechtbaren Teil des Streitgegenstandes umgedeutet werden (vgl. dazu Senatsurteil vom 13. Juli 2004 - VI ZR 273/03, aaO). Denn das angefochtene Urteil ist im Betragsverfahren ergangen; ihm ist bereits ein Grundurteil gemäß § 304 ZPO vorausgegangen. Die Frage der Abgrenzbarkeit der Schadensanteile kann im Betragsverfahren nicht von der Schadenshöhe getrennt werden.
- 8
- Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Einwand des Mitverschuldens, auf die sich die Revisionserwiderungen der Beklagten zu 2 bis 4 berufen. Danach kann die Revisionszulassung zwar wirksam auf den Mitverschuldenseinwand beschränkt werden. Voraussetzung dafür ist aber, dass das Berufungsgericht befugt gewesen wäre, zunächst ein Grundurteil zu erlassen und die Frage des Mitverschuldens dem Betragsverfahren vorzubehalten (vgl. BGH, Urteile vom 18. April 1997 - V ZR 28/96, BGHZ 135, 235, 237; vom 19. April 2013 - V ZR 113/12, aaO Rn. 11, jeweils mwN). Innerhalb des Betragsverfahrens ist eine entsprechende Beschränkung der Revisionszulassung nicht zulässig.
- 9
- Da die Revision mithin unbeschränkt zugelassen ist, ist die von dem Kläger vorsorglich eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde gegenstandslos (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2013 - V ZR 113/12, aaO Rn. 12 mwN).
B.
- 10
- Die Revision ist nicht begründet.
I.
- 11
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt, entgegen der Auffassung des Landgerichts führe die Bindungswirkung des Berufungsurteils vom 18. März 2004 zu einer Schadensersatzpflicht der Beklagten nur für einen Teil der geltend gemachten Schäden. In diesem Urteil sei mit Bindungswirkung für alle denkbaren Ansprüche des Klägers festgestellt, dass die Beklagten nur für diejenigen Gesundheitsschäden schadensersatzpflichtig seien, die nach der Geburt des Klägers am 14. Oktober 1984 bis zum 16. Oktober 1984 entstanden seien, und die im Urteil als "fortschreitender Schaden" bzw. als "postpartal verschlimmerter Verletzungserfolg" bezeichnet seien. Das Gericht habe die Möglichkeit einer hypoxischen Schädigung des Klägers vor der Geburt und damit im Zusammenhang stehende Versäumnisse der Beklagten zu 1 und 2 sowie Behandlungsfehler im Zusammenhang mit dem Kristellern ausgeschlossen. Es habe nur Behandlungs- bzw. Organisationsfehler im Zeitraum nach der Geburt bezüglich aller vier Beklagten bejaht, durch die eine Stabilisierung des intra partum verursachten Gesundheitsschadens versäumt worden sei.
- 12
- Nach den bindenden Feststellungen des Urteils vom 18. März 2004 sei bei dem Kläger in den Minuten vor der Geburt ohne eine Pflichtwidrigkeit der Beklagten eine Hirnblutung und damit ein Gesundheitsschaden eingetreten, der sich bis zur Verlegung am 16. Oktober 1984 in die Kinderklinik des Krankenhauses K. weiter habe ausbreiten können. Es habe sich um einen einheitlichen, kontinuierlichen biologischen Vorgang gehandelt, der sich auf eine immer größer werdende Zahl von Gehirnzellen oder Gehirnarealen ausgedehnt habe. Der entstandene Gesundheitsschaden bestehe somit aus einem schicksalhaft eingetretenen Anteil und einem weiteren, von den Beklagten gemeinsam zu verantwortenden Anteil.
- 13
- Aufgrund der Angaben der Sachverständigen Prof. Dr. Ro. und Prof. Dr. B. hätten die Beklagten nachgewiesen, dass der größte Teil des Schadens nicht in dem Zeitraum entstanden sei, für den diese schadensersatzpflichtig seien. Zwar sei eine exakte Festlegung auf eine bestimmte Prozentzahl nicht möglich, wohl aber die Festlegung auf einen maximalen Anteil der Schädigung durch die Beklagten. Diese hätten jedenfalls den Nachweis erbracht, dass der Gesundheitsschaden zu mindestens 80 % bereits vorhanden gewesen sei, bevor sich die haftungsbegründenden Fehler der Beklagten ausgewirkt hätten. Die geltend gemachten Ansprüche des Klägers seien somit, soweit sie nicht gänzlich ausschieden, nur mit einer Quote von 20 % begründet.
- 14
- Unter Berücksichtigung aller Umstände und des eingeschränkten Haftungsanteils der Beklagten sei ein Schmerzensgeld von insgesamt 70.000 € angemessen, weil der Kläger auch ohne den Haftungsanteil der Beklagten an schwersten Behinderungen gelitten hätte. Der Schadensberechnung hinsichtlich des personellen und sachlichen Mehraufwands sei die Quote von 20 % zugrunde zu legen. Hinsichtlich des Erwerbsausfallschadens und der Kosten der Pflichtpflegeeinsätze stehe dem Kläger allerdings kein Schadensersatzanspruch zu, weil er auch ohne die Vertiefung des Schadens ein Pflegefall geworden und nicht für den Arbeitsprozess in Betracht gekommen wäre.
II.
- 15
- Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
- 16
- 1. Das Berufungsgericht hat den Umfang der Bindungswirkung des Urteils des Oberlandesgerichts München vom 18. März 2004 zutreffend erfasst.
- 17
- a) Die Bindungswirkung dieses Urteils (künftig: Grund- und Teilurteil) ergibt sich aus § 318 ZPO (vgl. Senatsurteil vom 5. Oktober 1965 - VI ZR 90/64, VersR 1965, 1173, 1174; BGH, Urteil vom 14. Juli 2011 - VII ZR 142/09, NJW 2011, 3242 Rn. 16 mwN). Ihr Umfang richtet sich danach, worüber das Gericht wirklich entschieden hat. Dies ist durch Auslegung von Urteilsformel und Entscheidungsgründen zu ermitteln (vgl. Senatsurteil vom 18. Dezember 2012 - VI ZR 55/12, NJW 2013, 1163 Rn. 9; BGH, Urteile vom 13. Oktober 2000 - V ZR 356/99, NJW 2001, 78, 79; vom 14. Juni 2002 - V ZR 79/01, NJW 2002, 3478, 3479; vom 14. Juli 2011 - VII ZR 142/09, aaO Rn. 17, jeweils mwN; Beschluss vom 21. Februar 1994 - II ZB 13/93, NJW 1994, 1222 f.). Eine Bindung an Tatbestand und Entscheidungsgründe tritt insoweit ein, als sie den festgestellten Anspruch kennzeichnen, mithin dessen Inhalt bestimmen (BGH, Urteil vom 14. Juni 2002 - V ZR 79/01, aaO; Musielak/Musielak, ZPO, 10. Aufl., § 304 Rn. 11; Rensen in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl., § 304 Rn. 69). Das Zwischenurteil über den Grund (§ 304 ZPO) hat für das Betragsverfahren Bindungswirkung , soweit es den Klageanspruch bejaht hat und dessen Höhe durch den anerkannten Klagegrund gerechtfertigt ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. September 2009 - IX ZR 87/08, FamRZ 2009, 2075 Rn. 19; Hk-ZPO/Saenger, 5. Aufl., § 304 Rn. 15). Es legt fest, auf welcher Grundlage das Betragsverfahren aufzubauen hat und welche Umstände bereits - für die Parteien bindend - abschließend im Grundverfahren geklärt sind (vgl. BGH, Urteile vom 17. Oktober 1985 - III ZR 105/84, ZIP 1986, 319, 320; vom 20. Dezember 2005 - XI ZR 66/05, NJW-RR 2007, 138 Rn. 17; vom 30. Oktober 2009 - V ZR 17/09, VersR 2010, 1320 Rn. 9 mwN).
- 18
- b) Die Auslegung des dem angefochtenen Urteil desBerufungsgerichts zugrundeliegenden Grund- und Teilurteils (vgl. § 301 Abs. 1 Satz 2 ZPO), welches im Tenor keinen ausdrücklichen Vorbehalt enthält, ist vom Revisionsgericht selbständig vorzunehmen (vgl. BGH, Urteile vom 30. September 1968 - III ZR 28/68, WM 1968, 1380, 1382; vom 14. April 1987 - IX ZR 149/86, NJW-RR 1987, 1196, 1197; vom 11. Juli 2001 - XII ZR 270/99, NJW-RR 2002, 136). Sie führt zu dem Ergebnis, dass dem Urteil nicht eine Bindungswirkung dahingehend zu entnehmen ist, dass die Beklagten als Gesamtschuldner für die Gesundheitsverletzung des Klägers in vollem Umfang haften. In dem Urteil ist mit Bindungswirkung nur festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner für die Gesundheitsschäden haften, welche auf postpartalen Pflichtversäumnissen der Beklagten beruhen, die für die Gesundheitsverletzung des Klägers mitursächlich geworden sind.
- 19
- aa) Entgegen der Auffassung der Revision steht einer solchen Auslegung der einleitende Satz im Tenor des Grund- und Teilurteils nicht entgegen. Danach hat das Oberlandesgericht die Berufungen der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts vom 20. November 1995, das den Anspruch des Klägers "auf Ersatz seines materiellen und immateriellen Schadens aus der Geburt am 14.10.1984" gegen die Beklagten zu 1 bis 4 als Gesamtschuldner dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt hat, "mit folgender Klarstellung" zurückgewiesen. Nachfolgend hat es den Tenor des landgerichtlichen Urteils neu gefasst. Dies war erforderlich, weil das Landgericht auch den Feststellungsantrag dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt hatte, obgleich dies bei einem unbezifferten Feststellungsantrag nicht zulässig ist, und es sich in Wirklichkeit um ein Grund- und Teilurteil handelte (vgl. BGH, Urteile vom 27. Januar 2000 - IX ZR 45/98, NJW 2000, 1572; vom 4. Oktober 2000 - VII ZR 109/99, NJW 2001, 155 mwN). Mehr ergibt sich aus dem einleitenden Satz nicht.
- 20
- bb) In Nr. I. 1 des Tenors des Grund- und Teilurteils hat das Oberlandesgericht die damaligen Zahlungsanträge des Klägers - wie zuvor das Landgericht - zwar ohne Einschränkung dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und damit zugleich die Kausalität der Versäumnisse der Beklagten für die Gesund- heitsverletzung des Klägers festgestellt, weil die haftungsbegründende Kausalität zum Anspruchsgrund gehört. Daraus ergibt sich aber nicht zwangsläufig, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten für die Gesundheitsverletzung in vollem Umfang angenommen hat. Nach allgemeinem Schadensrecht steht nämlich eine Mitursächlichkeit, und sei es auch nur im Sinne eines Auslösers neben erheblichen anderen Umständen, der Alleinursächlichkeit grundsätzlich haftungsrechtlich in vollem Umfang gleich (vgl. Senatsurteile vom 27. Juni 2000 - VI ZR 201/99, VersR 2000, 1282, 1283; vom 20. November 2001 - VI ZR 77/00, VersR 2002, 200, 201; vom 5. April 2005 - VI ZR 216/03, VersR 2005, 942; vom 19. April 2005 - VI ZR 175/04, VersR 2005, 945, 946; vom 16. März 2010 - VI ZR 64/09, VersR 2010, 627 Rn. 12; Senatsbeschluss vom 13. November 2007 - VI ZR 155/07, juris). Mithin lässt sich aus Nr. I. 1 des Tenors keine Bindungswirkung hinsichtlich des gesamten Gesundheitsschadens ableiten.
- 21
- cc) Aus Nr. I. 2 des Tenors, auf die sich das Berufungsgericht bei seiner Auslegung des Grund- und Teilurteils maßgeblich gestützt hat, ergibt sich vielmehr , dass diesem nur eine eingeschränkte Bindungswirkung zukommt. Das Oberlandesgericht hat nämlich festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner "verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die dem Kläger anlässlich und aufgrund der Behandlung durch die Beklagten nach seiner Geburt am 14.10.1984 bis zum 16.10.1984 entstanden sind und noch entstehen werden". Es ist damit bezüglich der Beklagten zu 1 und 2 hinter dem Feststellungsantrag des Klägers zurückgeblieben , der hinsichtlich dieser Beklagten beantragt hatte festzustellen, dass sie verpflichtet sind, sämtliche Schäden zu ersetzen, "die dem Kläger anlässlich und aufgrund der Behandlung ….vor, während und nach seiner Geburt" entstanden sind und noch entstehen werden. Der Feststellungsantrag hinsichtlich der Beklagten zu 3 und 4 hatte sich ohnehin nur auf die Behandlung "im Zeit- raum vom 14. bis zum 16.10.1984 nach seiner Geburt am 14.10.1984" bezogen.
- 22
- Auch die Aufnahme der Wörter "anlässlich und" spricht nicht dafür, dass der Feststellungsausspruch nicht nur die nach der Geburt entstandenen Gesundheitsschäden erfassen sollte. Bei der Auslegung ist zu berücksichtigen, dass der Kläger hinsichtlich aller Beklagten schon in seinem Feststellungsantrag die Wörter "anlässlich und aufgrund der [bzw. seiner] Behandlung" aufgenommen hat, also auch in den Antrag hinsichtlich der Beklagten zu 3 und 4, der sich nur auf den Zeitraum nach der Geburt bezog. Im Grund- und Teilurteil ist mithin nur die vom Kläger vorgegebene Fassung übernommen worden. Im Hinblick darauf ist von maßgeblicher Bedeutung, dass das Oberlandesgericht dem Feststellungsantrag abweichend vom Antrag des Klägers bezüglich der Beklagten zu 1 und 2 nur hinsichtlich der Behandlung nach seiner Geburt entsprochen hat. Dies entspricht den Entscheidungsgründen des Grund- und Teilurteils, in denen das Oberlandesgericht die Haftung der Beklagten nur auf Versäumnisse gestützt hat, die sich erst nach der Geburt ereignet oder - im Fall des Beklagten zu 3 - ausgewirkt haben und die die Gesundheitsverletzung nicht allein verursacht , sondern nur vertieft haben. Eine Beschränkung des Haftungsgrunds auf den "Vertiefungsschaden" kommt auch darin zum Ausdruck, dass in den Entscheidungsgründen des Grund- und Teilurteils wiederholt von den Beklagten als Urhebern des "gesamten nachgeburtlich vertieften Schadens" oder des "postpartal verschlimmerten Verletzungserfolgs" die Rede ist. Auch dies zeigt, dass als Haftungsgrund nur Versäumnisse der Beklagten in der Zeit nach der Geburt angenommen wurden, die für die Gesundheitsverletzung des Klägers mitursächlich geworden sind. Dadurch wird der festgestellte Anspruch gekennzeichnet und mithin dessen Inhalt bestimmt. Infolgedessen ist auch nur insoweit eine Bindungswirkung eingetreten.
- 23
- Hinsichtlich des Umfangs einer sich aus der Mitverursachung der Gesundheitsverletzung ergebenden Haftung liegt eine Bindungswirkung nicht vor. Denn bei vernünftigem Verständnis des Grundurteils ist ihm mit Rücksicht auf den bisherigen Prozessverlauf zu entnehmen, dass der Prüfung im Betragsverfahren vorbehalten bleiben sollte, in welchem Umfang die Beklagten wegen ihrer Versäumnisse haften (vgl. BGH, Urteil vom 31. Januar 1990 - VIII ZR 314/88, BGHZ 110, 196, 204). Im Grund- und Teilurteil finden sich dazu keine Ausführungen. Das Oberlandesgericht hat vielmehr zum Feststellungsanspruch eine Teilabweisung nicht als veranlasst gesehen, weil für Fehler im nachgeburtlichen Zeitabschnitt eine Mitverursachung ausreiche und über die Höhe des materiellen und immateriellen Schadens "nicht zu befinden" war.
- 24
- 2. Auch die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Umfang der Haftung halten der revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Das Berufungsgericht hat die Haftung der Beklagten rechtsfehlerfrei auf einen Haftungsanteil von 20 % begrenzt.
- 25
- a) Auch wenn eine Mitursächlichkeit der Alleinursächlichkeit haftungsrechtlich grundsätzlich in vollem Umfang gleichsteht (vgl. oben unter II 1 b bb), ist dies ausnahmsweise nicht der Fall, wenn feststeht, dass der Behandlungsfehler nur zu einem abgrenzbaren Teil des Schadens geführt hat, also eine sogenannte abgrenzbare Teilkausalität vorliegt (vgl. Senatsurteile vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96, VersR 1997, 362, 363; vom 8. Februar 2000 - VI ZR 325/98, VersR 2000, 1107, 1108; vom 5. April 2005 - VI ZR 216/03, VersR 2005, 942; Senatsbeschluss vom 13. November 2007 - VI ZR 155/07, juris). Erforderlich ist, dass sich der Schadensbeitrag des Behandlungsfehlers einwandfrei von dem anderen Schadensbeitrag - etwa einer Vorschädigung des Patienten - abgrenzen und damit der Haftungsanteil des Arztes bestimmen lässt (G. Müller, VersR 2006, 1289, 1296). Andernfalls verbleibt es bei der Ein- standspflicht für den gesamten Schaden, auch wenn dieser durch andere, schicksalhafte Umstände wesentlich mitverursacht worden ist (vgl. OLG Schleswig, OLGR Schleswig 2005, 273, 275; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 7. Aufl., B Rn. 217).
- 26
- b) Einen solchen abgrenzbaren Teil des Schadens hat das Berufungsgericht im Streitfall nach dem dafür erforderlichen Beweismaß des § 286 ZPO (vgl. G. Müller, aaO) festgestellt.
- 27
- Nach Überzeugung des Berufungsgerichts haben die Beklagten den Nachweis erbracht, dass der größte Teil des Gesundheitsschadens nicht in dem Zeitraum entstanden ist, für den sie nach dem Urteil vom 18. März 2004 schadensersatzpflichtig sind, sondern zu diesem Zeitpunkt bereits vorhanden war. Nach den bindenden Feststellungen des Grund- und Teilurteils ist beim Kläger in den Minuten vor der Geburt ohne eine Pflichtwidrigkeit der Beklagten eine Hirnblutung und damit eine Gesundheitsverletzung eingetreten, die sich bis zur Verlegung am 16. Oktober 1984 in die Kinderklinik des Krankenhauses K. weiter ausgebreitet hat. Der - durch das nicht pflichtwidrige Kristellern - verursachte traumatische Schaden ist bereits intra partum irreparabel eingetreten, so dass es auch bei seiner frühzeitigen Feststellung bei der nachgeburtlichen Betreuung und Behandlung nur noch um die postpartale Stabilisierung des Zustands des Klägers ging. Den durch das Ereignis in den Minuten vor der Geburt verursachten schicksalhaft eingetretenen Schadensanteil hat das Berufungsgericht aufgrund der Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. Ro. und Prof. Dr. B. mit mindestens 80 % angenommen und demgemäß den Haftungsanteil der Beklagten auf maximal 20 % beschränkt.
- 28
- Diese Würdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. An dessen Feststellungen ist das Revisionsgericht nach § 559 ZPO gebunden. Revisions- rechtlich ist lediglich zu überprüfen, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. Senatsurteile vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 309/10, VersR 2012, 454 Rn. 13; vom 10. Juli 2012 - VI ZR 341/10, BGHZ 194, 26 Rn. 28; vom 11. Dezember 2012 - VI ZR 314/10, VersR 2013, 321 Rn. 16, jeweils mwN).
- 29
- c) Nach diesen Grundsätzen ist die Feststellung eines bereits vor den nachgeburtlichen Pflichtversäumnissen der Beklagten eingetretenen abgrenzbaren Teils des Gesundheitsschadens revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
- 30
- Keinen Erfolg hat die Revision zunächst, soweit ihr Vortrag auf etwaige Behandlungsfehler während der Geburt abstellt, weil dem Berufungsgericht aufgrund der Bindungswirkung des Grund- und Teilurteils neue Feststellungen zu Behandlungsfehlern der Beklagten verwehrt sind.
- 31
- Auch soweit die Revision auf Vorbehalte der medizinischen Sachverständigen gegen die Festlegung prozentualer Schädigungsanteile verweist, steht das der Überzeugungsbildung des Berufungsgerichts nicht entgegen. Die Würdigung des Berufungsgerichts hat in der auf den Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. Ro. und Prof. Dr. B. beruhenden Feststellung, dass der Schädigungsprozess zum Zeitpunkt der Abnabelung im Wesentlichen abgeschlossen war, eine hinreichende Grundlage. Das Berufungsgericht hat unter Berücksichtigung der sachverständigen Ausführungen zu Lasten der Beklagten für diese eine Verursachungsquote von maximal 20 % angenommen. Es hat dabei berücksichtigt, dass der Sachverständige Prof. Dr. B. erklärt hat, die von ihm genannten Zahlen, wonach der Schädigungsprozess zum Zeitpunkt der Abnabelung bereits zu 80 bis 90 % abgeschlossen gewesen sei, seien medizi- nisch nicht fundiert. Das Berufungsgericht konnte sich auf weitere vom Sachverständigen genannte konkrete Anhaltspunkte zur "medizinischen Unterscheidung der Schadensanteile" stützen. Dieser hat ausgeführt, der Kläger wäre auch bei Annahme einer unverzüglichen Verlegung nach der Geburt in die Kinderklinik auf jeden Fall ein Pflegefall gewesen und für den Arbeitsprozess nicht in Frage gekommen. Der Kläger wäre nicht in der Lage gewesen, ein selbständiges Leben zu führen, vielleicht wären die Lähmungserscheinungen geringfügiger ausgeprägt gewesen und auch die Fähigkeit zur Artikulation. Die mentale Behinderung hätte in jedem Fall auch bestanden. Wenn das Berufungsgericht unter diesen Umständen in tatrichterlicher Würdigung zur Überzeugung gelangt ist, der Schädigungsprozess sei zum Zeitpunkt der Abnabelung bereits zu 80 % abgeschlossen gewesen, ist dies nicht zu beanstanden und reicht für die Annahme eines abgrenzbaren Teils des Gesundheitsschadens aus.
- 32
- Die Revision rügt erfolglos, das Berufungsgericht habe einen Widerspruch in den Angaben des Sachverständigen Prof. Dr. B. außer Betracht gelassen. Zwar hat der Sachverständige ausgeführt, während Kinder mit Krampfanfällen im Rahmen einer hypoxisch-ischämischen Enzephalopathie sich in etwa 50 % der Fälle normal entwickelten, liege der Wert bei Neugeborenen mit Krampfanfällen im Rahmen einer primären Subarachnoidalblutung bei mindestens 90 %. Diese statistischen Prozentsätze stehen jedoch nicht in Widerspruch zu der Annahme des Sachverständigen, dass unter den konkreten Umständen des Streitfalls, in dem der Eintritt schwerster körperlicher und geistiger Behinderungen feststeht, der Schädigungsprozess zum Zeitpunkt der Abnabelung bereits zu 80 bis 90 % abgeschlossen gewesen sei.
- 33
- Die weiteren Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und als nicht durchgreifend erachtet. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 564 Satz 1 ZPO abgesehen.
- 34
- 3. Konkrete Einwände gegen die Höhe des zugesprochenen Schadensersatzes im Übrigen hat die Revision nicht vorgebracht. Galke Wellner Pauge Stöhr von Pentz
LG Kempten, Entscheidung vom 20.01.2011 - 3 O 2613/92 -
OLG München in Augsburg, Entscheidung vom 28.03.2013 - 24 U 671/11 -
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) In Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs besteht kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozeßbevollmächtigten oder Beistands. Vor Abschluß der Vereinbarung über die Vertretung ist auf den Ausschluß der Kostenerstattung nach Satz 1 hinzuweisen. Satz 1 gilt nicht für Kosten, die dem Beklagten dadurch entstanden sind, daß der Kläger ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Finanz- oder Sozialgerichtsbarkeit angerufen und dieses den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht verwiesen hat.
(2) Werden im Urteilsverfahren des zweiten und dritten Rechtszugs die Kosten nach § 92 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung verhältnismäßig geteilt und ist die eine Partei durch einen Rechtsanwalt, die andere Partei durch einen Verbandsvertreter nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 und 5 vertreten, so ist diese Partei hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten so zu stellen, als wenn sie durch einen Rechtsanwalt vertreten worden wäre. Ansprüche auf Erstattung stehen ihr jedoch nur insoweit zu, als ihr Kosten im Einzelfall tatsächlich erwachsen sind.
(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.
(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.
(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.