Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 25. Nov. 2014 - 11 ZB 14.1040

bei uns veröffentlicht am25.11.2014

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis.

Am 16. Februar 2013 um 2:01 Uhr wurde dem Kläger nach einer Fahrt mit dem Kraftfahrzeug Blut entnommen. Bei der Untersuchung des Bluts wurden gemäß dem Gutachten des Prof. Dr. M. G., Institut für Rechtsmedizin, M., vom 14. Mai 2013 1,4 ng/ml Tetrahydrocannabinol (THC) und die Abbauprodukte Hydroxy-THC und THC-Carbonsäure sowie 2,7 ng/mL Methamphetamin nachgewiesen. Der Gutachter führte aus, die nachgewiesene Konzentration an Methamphetamin liege in einem vergleichsweise niedrigen Bereich und sei durch eine gering dosierte und/oder einige Zeit zurückliegende Aufnahme erklärbar. Die lange Zeitspanne von etwa fünf Stunden zwischen Vorfall und Blutentnahme sei zu berücksichtigen.

Mit Bescheid vom 20. August 2013 entzog der Beklagte dem Kläger die Fahrerlaubnis aller Klassen (B, BE, C1, C1E, L, M und S, Nr. 1 des Bescheids) und ordnete die Abgabe des Führerscheins binnen einer Frist von sieben Tagen (Nr. 2) sowie den Sofortvollzug der Nr. 1 des Bescheids an (Nr. 4). Der Beklagte stütze den Bescheid darauf, dass bei dem Kläger Methamphetamin im Blut nachweisbar gewesen sei und er daher nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen sei.

Das Verwaltungsgericht München lehnte den Antrag des Klägers nach § 80 Abs. 5 VwGO ab (B. v. 13.11.2013 - M 1 S 13.4870). Die Beschwerde zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof war erfolglos (B. v. 13.2.2014 - 11 CS 13.2538).

Die Klage gegen den Bescheid vom 20. August 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. November 2013 wies das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 8. April 2014 ab. Der Kläger sei fahrungeeignet, da Methamphetamin in seinem Blut nachgewiesen worden sei. Dabei sei es unerheblich, dass die nachgewiesene Menge unterhalb des Kalibrierungsbereichs gelegen habe. Ein schlüssiger Vortrag des Klägers zur Entkräftung der Regelvermutung gemäß der Vorbemerkung 3 zur Anlage 4 der Fahrerlaubnis-Verordnung sei nicht erfolgt. Der Kläger habe darüber hinaus den Cannabiskonsum eingeräumt. Zum Nachweis einer zufälligen, unbemerkten Einnahme anderer Drogen seien die Anforderungen daher höher als bei einer Person ohne Drogenerfahrung. Einer Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten, ob die Werte auch bei einer unbemerkten, zufälligen Aufnahme von Methamphetamin möglich seien, bedürfe es nicht, denn mit dem Nachweis von Amphetamin im Blut trete die Regelvermutung ein, dass dieses Betäubungsmittel auch eingenommen worden sei.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung. Er macht geltend, das Verwaltungsgericht hätte seinem Beweisantrag nachgehen müssen. Er habe stets vorgetragen, dass er kein Methamphetamin konsumiert habe und ihm auch keine Beeinträchtigung aufgefallen sei, die auf eine unbeabsichtigte Methamphetaminaufnahme hätte hindeuten können. Er könne sich nicht erklären, wie das Methamphetamin in seinen Körper gelangt sei. Der Richter sei voreingenommen gewesen, denn er habe im Tatbestand länger zurückliegende Delikte erwähnt, die keinen Zusammenhang mit der Fahreignung hätten. Dass der Kläger eine positive Substitution von Heroin hinter sich habe, sei demgegenüber nicht ausgeführt worden. Ohne sachliche Rechtfertigung stelle das Gericht darauf ab, dass die Darlegungserfordnisse an eine unbemerkte Aufnahme von Methamphetamin erhöht seien, da der Kläger den Konsum von Cannabis eingeräumt habe.

Der Beklagte tritt dem Antrag entgegen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und des Eilverfahrens sowie die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Besondere rechtliche Schwierigkeiten gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO sowie eine grundsätzliche Bedeutung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO sind nicht hinreichend dargelegt.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils liegen vor, wenn ein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (zu diesem Maßstab vgl. BVerfG, B. v. 21.1.2009 - 1 BvR 2524/06 - NVwZ 2009, 515 m. w. N.). Dies ist hier nicht der Fall.

Nach dem Wortlaut von Nr. 9.1 der Anlage 4 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV) vom 18. Dezember 2010 (BGBl S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 16. April 2014 (BGBl S. 348), entfällt bei dem Konsum sogenannter harter Drogen wie Amphetamin oder Methamphetamin die Fahreignung unabhängig von der Höhe der nachgewiesenen Betäubungsmittelkonzentration, von einer Teilnahme am Straßenverkehr in berauschtem Zustand und unabhängig davon, ob konkrete Ausfallerscheinungen im Sinne von Fahruntüchtigkeit beim Betroffenen zu verzeichnen waren. Dementsprechend ist die Entziehung der Fahrerlaubnis bereits dann gerechtfertigt, wenn einmalig harte Drogen im Blut des Fahrerlaubnisinhabers und damit die Einnahme eines Betäubungsmittels nachgewiesen wurden (BayVGH, B. v. 31.7.2013 - 11 CS 13.1395 - juris m. w. N.; OVG NRW, B. v. 27.10.2014 - 16 B 1032/14 - juris).

Soweit der Kläger geltend macht, er habe keine Betäubungsmittel außer Cannabis zu sich genommen und dies auch stets so vorgetragen, werden damit keine ernstlichen Zweifel an der Entscheidung des Verwaltungsgerichts aufgezeigt. Nach dem rechtsmedizinischen Gutachten vom 14. Mai 2013 wurde in seinem Blut Methamphetamin in geringer Konzentration gefunden, die durch eine lang zurückliegende oder geringe Aufnahme von Betäubungsmitteln zu erklären ist. Die erfolgreiche Behauptung einer unbewussten Drogenaufnahme setzt voraus, dass der Betroffene nachvollziehbar und in sich schlüssig einen Sachverhalt darlegt, der ein derartiges Geschehen ernsthaft möglich erscheinen lässt (OVG NRW, B. v. 27.10.2014 a. a. O. Rn. 5). Der Kläger hat nichts dazu vorgetragen, welche Getränke oder Speisen, die verunreinigt gewesen sein könnten, er vor der Blutentnahme zu sich genommen hat, sondern er hat nur pauschal bestritten, dass er harte Betäubungsmittel konsumiert habe. Angesichts der geringen vorgefundenen Konzentration und seiner Behauptung, er hätte davon nichts bemerkt, obwohl er angesichts seiner Vorgeschichte als drogenerfahren anzusehen ist, hätte eine unbemerkte Aufnahme aber nicht allzu lange vor der Blutentnahme erfolgen müssen. Dazu hätte ein konkreter, substantiierter, lebensnaher Sachverhalt geschildert werden müssen, der eine Verunreinigung der aufgenommenen Getränke oder Speisen mit Methamphetaminen wahrscheinlich erscheinen lässt.

Auch seinem bedingten Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass die unbemerkte und zufällige Aufnahme von Methamphetamin möglich sei, musste das Verwaltungsgericht nicht nachgehen. Damit wurde keine ausreichend konkrete, entscheidungserhebliche Tatsache unter Beweis gestellt. Die unter Beweis gestellte allgemeine Feststellung, dass eine unbemerkte und zufällige Aufnahme von Methamphetamin theoretisch möglich ist, führt nicht dazu, dass ein solcher Sachverhalt ohne weitere Substantiierung beim Kläger angenommen werden könnte.

Soweit der Kläger meint, seine Angaben zum Konsum von harten Betäubungsmitteln seien glaubhaft, weil er zugegeben habe, dass er Cannabis konsumiere, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Seine Angaben sind zu unsubstantiiert, um daraus den Schluss auf eine zufällige Aufnahme von Methamphetamin zu ziehen.

2. Zur Darlegung des Zulassungsgrundes der besonderen rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache bedarf es einer konkreten Bezeichnung der Rechtsfragen, die solche Schwierigkeiten aufwerfen (Happ. in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 68 ff; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 124a Rn. 53). Der Kläger macht zwar den Zulassungsgrund der besonderen rechtlichen Schwierigkeiten geltend, hat dazu jedoch keine konkrete schwierige Rechtsfrage formuliert. Er führt aus, die Messverfahren würden täglich verbessert, wodurch schon kleinste Mengen zu einem positiven Messergebnis führen würden. Die Mikrorückstände von Betäubungsmitteln im öffentlichen und jedermann zugänglichen Raum würden steigen und es würden schon Rückstände von Designerdrogen im Leitungswasser vorgefunden. Welche im vorliegenden Fall entscheidungserhebliche schwierige Rechtsfrage sich daraus ergeben könnte, ist nicht ersichtlich, denn der Kläger hat nicht vorgetragen, vor der Blutentnahme erhebliche Mengen an Leitungswasser getrunken zu haben, das aus nachvollziehbaren Gründen möglicherweise verunreinigt gewesen sein könnte.

3. Zur Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert werden. Darüber hinaus muss ausgeführt werden, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich und klärungsbedürftig ist und weshalb ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (Happ, a. a. O., Rn. 72; Kopp/Schenke, a. a. O., Rn. 54). Der Kläger macht zwar den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung geltend, hat jedoch keine entsprechende Rechts- oder Tatsachenfrage konkret formuliert.

4. Der Antrag auf Zulassung der Berufung war mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs.1 GKG i. V. m. den Empfehlungen in Nr. 46.3 und 46.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt in Kopp/Schenke, a. a. O. Anh. § 164 Rn. 14).

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 25. Nov. 2014 - 11 ZB 14.1040

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 25. Nov. 2014 - 11 ZB 14.1040 zitiert 9 §§.

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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller verfolgt im Beschwerdeverfahren sein Begehren weiter, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über deren Entziehung vorerst weiter von seiner Fahrerlaubnis der Klassen B, BE, C1, C1E, M, L und S Gebrauch machen zu dürfen.

Nachdem er auf einer Polizeidienststelle angegeben hatte, am Vortag Cannabis geraucht zu haben und ein freiwilliger Urintest positiv auf THC reagierte, wurde dem Antragsteller eine Blutprobe entnommen, in der laut dem Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Ludwig-Maximilians-Universität München vom 14. Mai 2013 2,7 ng/ml Metamphetamin und 1,4 ng/ml Cannabis nachgewiesen wurden. Nach dem Gutachten belegen die Befunde, dass der Antragsteller Cannabis und Metamphetamin bzw. Substanzen, die dazu verstoffwechselt werden, aufgenommen hat. Die nachgewiesene Konzentration von Metamphetamin liege in einem vergleichsweise sehr niedrigen Bereich und wäre durch eine gering dosierte und/oder einige Zeit zurückliegende Aufnahme erklärbar.

Mit Bescheid vom 20. August 2013 entzog das Landratsamt dem Antragsteller unter Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit die Fahrerlaubnis und stützte sich dabei auf die Einnahme von Metamphetamin durch den Antragsteller, die nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung den Verlust der Fahreignung zur Folge habe. Auf den Cannabiskonsum wurde ausdrücklich nicht entscheidungstragend abgestellt.

Den Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines mit Widerspruchsbescheid vom 6. November 2013 zurückgewiesenen Widerspruchs gegen den Bescheid vom 20. August 2013 lehnte das Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 13. November 2013 ab. Ebenso wie zuvor bereits für die Behörde war auch für das Verwaltungsgericht, bei dem inzwischen auch Klage erhoben wurde, entscheidend, dass der Antragsteller Metamphetamin konsumiert habe und deshalb gemäß Nr. 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung fahrungeeignet sei. Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass, anders als in Bayern, in anderen Bundesländern auch der festgestellte Wert von 1,4 ng/ml THC im Blut des Antragstellers bei gelegentlichem Cannabiskonsum für eine Fahrerlaubnisentziehung wegen Fahrungeeignetheit im Sinn der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung genügen würde.

Mit seiner Beschwerde gegen den Beschluss vom 13. November 2013 macht der Antragsteller geltend, der angegriffene Bescheid sei nicht offensichtlich rechtmäßig, weshalb eine Interessenabwägung durchzuführen sei. Bei Werten zwischen 1,0 und 2,0 ng/ml THC sei nach der Rechtsprechung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs eine medizinisch-psychologische Untersuchung anzuordnen, was in seinem Fall unterblieben sei. Der festgestellte Metamphetaminwert liege unterhalb der Kalibrierungsgrenze. Weder das Landratsamt noch das Verwaltungsgericht seien darauf eingegangen, dass eine derart minimale Aufnahmemenge auch zufällig und durch den Betroffenen unbemerkt in seinen Körper habe gelangen können. Er habe bereits vorgetragen, dass er sich „eine Menge an Amphetamin“ nicht erklären könne und sich zudem einem Urin-Screening-Programm unterziehen werde, um zu belegen, dass er solche Drogen nicht konsumiere. Dies sei zumindest gemäß Vorbemerkung 3 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung zu würdigen.

Der Antragsgegner tritt der Beschwerde entgegen und beantragt, sie zurückzuweisen.

II.

Die zulässige Beschwerde, bei deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die auf die form- und fristgerecht vorgetragenen Gründe beschränkt ist, hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Vorbringen des Antragstellers zu dem bei ihm festgestellten THC-Wert kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, weil das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung hierauf nicht entscheidungstragend abgestellt, sondern lediglich einen Hinweis in der Art eines obiter dictum gegeben hat.

Was die Fahrerlaubnisentziehung wegen des beim Antragsteller festgestellten Metamphetaminwerts angeht, kann gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf den angefochtenen Beschluss sowie auf den vom Antragsteller selbst zitierten Beschluss des Senats vom 31. Juli 2013 (11 CS 13.1395) verwiesen werden. Dort heißt es unter den Randnummern 8 f.:

„1. Nach dem Wortlaut von Nr. 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung entfällt beim Konsum sogenannter harter Drogen wie Amphetamin oder Methamphetamin die Fahreignung unabhängig von der Höhe der nachgewiesenen Betäubungsmittelkonzentration, von einer Straßenverkehrsteilnahme im berauschten Zustand und unabhängig davon, ob konkrete Ausfallerscheinungen im Sinne von Fahruntüchtigkeit beim Betroffenen zu verzeichnen waren. Dementsprechend ist die Fahrerlaubnisentziehung nach der Regelvermutung der Nr. 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung bereits dann gerechtfertigt, wenn einmalig harte Drogen im Blut des Fahrerlaubnisinhabers und damit die Einnahme eines Betäubungsmittels nachgewiesen wurde. Dieses Verständnis der gesetzlichen Regelung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (z. B. B. v. 26.7.2007 - 11 ZB 05.2932) und der meisten anderen Oberverwaltungsgerichte (Nachweise vgl. Jagow, Fahrerlaubnis- und Zulassungsrecht, Loseblattkommentar, § 46 FeV, S. 113 h). Die Regelvermutung entfaltet strikte Bindungswirkung, so lange keine Umstände des Einzelfalls vorliegen, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigen. Durch die entsprechende Regelung in der Vorbemerkung 3 zur Anlage 4 der Fahrerlaubnis-Verordnung, wonach die Bewertungen der Fahrerlaubnis-Verordnung nur für den Regelfall gelten, wird dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit durch den Verordnungsgeber genüge getan. Ausnahmen von der Regelvermutung der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung sind nur dann anzuerkennen, wenn in der Person des Betäubungsmittelkonsumenten Besonderheiten bestehen, die darauf schließen lassen, dass seine Fähigkeit, ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr sicher, umsichtig und verkehrsgerecht zu führen, sowie sein Vermögen, zwischen dem Konsum von Betäubungsmitteln und der Teilnahme am Straßenverkehr zuverlässig zu trennen, nicht erheblich herabgesetzt sind. Beispielhaft sind in Satz 2 der Vorbemerkung 3 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung besondere menschliche Veranlagung, Gewöhnung, besondere Einstellung oder besondere Verhaltenssteuerungen und -umstellungen genannt, durch die z. B. eine Kompensation drogenbedingter Einschränkungen erfolgen kann. Es obliegt insoweit dem Betroffenen, durch schlüssigen Vortrag die besonderen Umstände darzulegen und nachzuweisen, die ein Abweichen von der Regelvermutung rechtfertigen sollen (z. B. BayVGH, B. v. 14.2.2013 - 11 CS 12.28; OVG Brandenburg, B. v. 22.7.2004 - 4 B 37/04 - VRS 107, 397). Einen solchen Vortrag lässt die Beschwerdebegründung noch nicht einmal ansatzweise erkennen.

Nach dem rechtsmedizinischen Gutachten vom 17. Dezember 2012 ist der Wert einer Methamphetaminkonzentration von 1,9 ng/ml durch eine gering dosierte und/oder einige Zeit zurückliegende Aufnahme erklärbar. Vor diesem Hintergrund besteht keine Veranlassung, der Frage nachzugehen, ob dieser Wert auch erklärbar sei, ohne davon auszugehen, dass der Antragsteller Amphetamin oder Methamphetamin konsumiert habe, nachdem die Beschwerdebegründung dies als bloße Behauptung in den Raum stellt und noch nicht einmal im Ansatz eine anderweitige Erklärung aufzeigt. Soweit die Beschwerdebegründung darauf abhebt, in dem rechtsmedizinischen Gutachten vom 17. Dezember 2012 sei kein Nachweis von Amphetamin geführt worden, trifft dies nicht zu. Der Nachweis der Substanzgruppe Amphetamine wird dort als „grenzwertig“ aufgeführt. Dass es in diesem Zusammenhang nicht auf den Nachweis einer Betäubungsmittelkonzentration in bestimmter Höhe ankommt, wurde oben bereits dargelegt.“

Abgesehen davon, dass das rechtsmedizinische Gutachten im Fall des Antragstellers vom 14. Mai 2013 stammt und der bei ihm festgestellt Metamphetaminwert 2,7 ng/ml beträgt, treffen diese Ausführungen uneingeschränkt auf den zu entscheidenden Fall zu. Nunmehr vorgelegte Urin-Screenings können nicht mehr im Rahmen der Rechtsbehelfe gegen die bereits erfolgte Fahrerlaubnisentziehung, sondern allenfalls als Beleg für eine Wiedererlangung der verlorengegangenen Fahreignung im Rahmen eines Antrags auf Neuerteilung Berücksichtigung finden und decken i. Ü. auch nicht den einjährigen Abstinenzzeitraum i. S. d. Nr. 9.5 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung ab.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47, § 52 Abs. 1 und 2 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nr. 1.5 Satz 1, 46.3 und 46.5 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (http://www.bverwg.de/informationen/streitwertkatalog.php).

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Aachen vom 11. August 2014 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.525,55 Euro festgesetzt.


Gründe:

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.