Bundesfinanzhof Urteil, 18. Juni 2015 - VI R 17/14
Tenor
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Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 11. Februar 2014 13 K 3724/12 E wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
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I. Die Beteiligten streiten darüber, ob im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für 2010 Kosten für einen Zivilrechtsstreit als außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen sind.
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Im Jahr 2007 verstarb die Mutter der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin). Ausweislich eines aufgefundenen Testaments hatte sie die Klägerin zur Alleinerbin eingesetzt. Die Klägerin beantragte daraufhin einen Erbschein. Im Rahmen des Erteilungsverfahrens zweifelte der Bruder der Klägerin die Rechtmäßigkeit des Testaments an. Es kam zu einem Zivilrechtsstreit, in dem das Amtsgericht X (AG) zu Gunsten der Klägerin entschied. Das für die Beschwerdeentscheidung zuständige Landgericht Z hob den Nichtabhilfebeschluss und die Vorlageverfügung des AG auf und verwies den Rechtsstreit zurück. Das AG erhob im zweiten Rechtsgang Beweis durch Einholung eines graphologischen Gutachtens. Mit Beschluss vom 1. Februar 2010 erteilte es der Klägerin schließlich einen Alleinerbschein. Im Zusammenhang mit diesem Zivilrechtsstreit entstanden der Klägerin im Streitjahr 2010 Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.460,03 € und Gerichtskosten in Höhe von 3.866,55 €, die ihr weder von ihrem Bruder noch von dritter Seite erstattet wurden.
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Die Klägerin machte die betreffenden Kosten in ihrer Einkommensteuererklärung für 2010 zunächst nicht geltend. Gegen den Einkommensteuerbescheid vom 22. Juli 2011 legte die Klägerin fristgemäß Einspruch mit der Begründung ein, dass aufgrund der geänderten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) gemäß dem Urteil vom 12. Mai 2011 VI R 42/10 (BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015) die Anwaltskosten aus dem Nachlassverfahren als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen seien.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) wies den Einspruch als unbegründet zurück.
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Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen erhobene Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2014, 850 veröffentlichten Gründen ab.
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Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
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Sie beantragt,
das Urteil des FG Düsseldorf vom 11. Februar 2014 13 K 3724/12 E aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 2010 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 14. September 2012 dahingehend abzuändern, dass Gerichtskosten in Höhe von 3.866,55 € und Anwaltskosten in Höhe von 3.460,03 € als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden.
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Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist unbegründet. Sie ist daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die geltend gemachten Prozesskosten sind nicht als außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 EStG zu berücksichtigen.
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1. Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer in bestimmtem Umfang ermäßigt (§ 33 Abs. 1 EStG). Gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen sind dagegen die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind (u.a. BFH-Urteil vom 29. September 1989 III R 129/86, BFHE 158, 380, BStBl II 1990, 418; Senatsurteil vom 26. Juni 2014 VI R 51/13, BFHE 246, 326, BStBl II 2015, 9).
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2.a) Bei den Kosten eines Zivilprozesses sprach nach der langjährigen Rechtsprechung des BFH eine Vermutung gegen die Zwangsläufigkeit (Senatsurteil vom 22. August 1958 VI 148/57 U, BFHE 67, 379, BStBl III 1958, 419; BFH-Urteile vom 18. Juli 1986 III R 178/80, BFHE 147, 171, BStBl II 1986, 745; vom 9. Mai 1996 III R 224/94, BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596; vom 4. Dezember 2001 III R 31/00, BFHE 198, 94, BStBl II 2002, 382; vom 18. März 2004 III R 24/03, BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und vom 27. August 2008 III R 50/06, BFH/NV 2009, 553). Derartige Kosten wurden nur als zwangsläufig erachtet, wenn auch das die Zahlungsverpflichtung oder den Zahlungsanspruch adäquat verursachende Ereignis zwangsläufig war (BFH-Urteil in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596). Daran fehlte es nach der Rechtsprechung des BFH im Allgemeinen bei einem Zivilprozess (BFH-Urteile in BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und in BFH/NV 2009, 553). Vielmehr sei es in der Regel der freien Entscheidung der (Vertrags)-Parteien überlassen, ob sie sich zur Durchsetzung oder Abwehr eines zivilrechtlichen Anspruchs einem Prozess(kosten)risiko aussetzten (vgl. BFH-Urteile in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596; in BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und in BFH/NV 2009, 553). Lasse sich der Steuerpflichtige trotz ungewissen Ausgangs auf einen Prozess ein, liege die Ursache für die Prozesskosten in seiner Entscheidung, das Prozesskostenrisiko in der Hoffnung auf ein für ihn günstiges Ergebnis in Kauf zu nehmen; es entspreche nicht Sinn und Zweck des § 33 EStG, ihm die Kostenlast zu erleichtern, wenn sich das im eigenen Interesse bewusst in Kauf genommene Risiko realisiert habe (BFH-Urteile in BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und in BFH/NV 2009, 553). Als zwangsläufige Aufwendungen erkannte die Rechtsprechung Zivilprozesskosten nur an, wenn der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührte. Liefe der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, könne er trotz unsicherer Erfolgsaussichten gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen (BFH-Urteile in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596; in BFH/NV 2009, 553).
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b) Demgegenüber nahm der Senat in seiner Entscheidung in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 die Unausweichlichkeit von Zivilprozesskosten unter der Voraussetzung an, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
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Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, streitige Ansprüche seien wegen des staatlichen Gewaltmonopols regelmäßig nur gerichtlich durchzusetzen oder abzuwehren. Da die Parteien zur Durchsetzung ihrer Rechtsansprüche mithin auf den Weg vor die Gerichte verwiesen würden, entstünden Zivilprozesskosten für den Kläger wie auch für den Beklagten unabhängig vom Gegenstand des Prozesses aus rechtlichen Gründen zwangsläufig. Demgegenüber sei entgegen der bisherigen Rechtsprechung nicht auf die Unausweichlichkeit des der streitgegenständlichen Zahlungsverpflichtung oder dem strittigen Zahlungsanspruch zugrunde liegenden Ereignisses abzustellen, weil der Steuerpflichtige im Verfassungsstaat des Grundgesetzes den Rechtsweg beschreiten müsse, um sein Recht durchzusetzen.
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3. Das Senatsurteil in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 hat neben Zustimmung (z.B. FG Düsseldorf, Urteile vom 20. Februar 2013 15 K 2052/12 E, EFG 2013, 703; vom 19. Februar 2013 10 K 2392/12 E, EFG 2013, 933; vom 14. Januar 2013 11 K 1633/12 E, EFG 2013, 701; Kanzler in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 33 EStG Rz 110; Rosenke, EFG 2013, 1668) vielfach auch Kritik erfahren (z.B. FG Hamburg, Urteil vom 24. September 2012 1 K 195/11, EFG 2013, 41; FG Düsseldorf, Urteil in EFG 2014, 850; FG des Saarlandes, Urteil vom 10. Dezember 2014 1 K 1201/13, EFG 2015, 818; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 20. Dezember 2011, BStBl I 2011, 1286; G. Kirchhof, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2013, 1867, 1871; Mellinghoff in Kirchhof, EStG, 14. Aufl., § 33 Rz 47a ff.; Steinhauff, jurisPR-SteuerR 33/2011, Rz 5).
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Nach nochmaliger Prüfung hält der Senat an seiner in dem Urteil in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 vertretenen Auffassung nicht mehr fest. Der Senat kehrt unter Aufgabe seiner in dem Urteil in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 vertretenen Ansicht zu der früheren Rechtsprechung des BFH zur Abziehbarkeit der Kosten eines Zivilprozesses als außergewöhnliche Belastung zurück. Der Senat ist sich bewusst, dass die Stetigkeit der Rechtsprechung des BFH als des obersten Gerichtshofs des Bundes für Steuern und Zölle ein wesentliches Element der Rechtssicherheit ist. Er ist jedoch der Ansicht, dass hier schwerwiegende sachliche Gründe, und zwar vor allem der Gesichtspunkt einer notwendigen Vereinheitlichung der Rechtsanwendung und der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, eine Änderung der Rechtsprechung des Senats gebieten.
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a) Zwar kann sich der Steuerpflichtige nach einem verlorenen Zivilprozess --unabhängig davon, ob er als Kläger oder als Beklagter an ihm beteiligt war (vgl. BFH-Urteil in BFHE 147, 171, BStBl II 1986, 745)-- der eigentlichen Zahlungsverpflichtung aus rechtlichen Gründen nicht entziehen. Dies allein reicht jedoch nicht aus, um aus rechtlichen Gründen zwangsläufige Aufwendungen i.S. des § 33 Abs. 2 EStG anzunehmen. Vielmehr stellt die Rechtsprechung für die Entscheidung darüber, ob Aufwendungen zwangsläufig i.S. des § 33 EStG angefallen sind, seit jeher auf die wesentliche Ursache ab, die zu den jeweiligen Aufwendungen geführt hat. Die Zwangsläufigkeit im Rahmen des § 33 Abs. 2 EStG ist danach nicht allein an der unmittelbaren Zahlungsverpflichtung zu messen, sondern es muss auch das die Verpflichtung adäquat verursachende Ereignis für den Steuerpflichtigen zwangsläufig sein. So kommen z.B. Aufwendungen zur Tilgung von Schulden nur dann als außergewöhnliche Belastung in Betracht, wenn die Schuldaufnahme durch Ausgaben veranlasst war, die ihrerseits den Tatbestand des § 33 EStG erfüllen (vgl. Senatsurteile vom 18. November 1977 VI R 142/75, BFHE 124, 39, BStBl II 1978, 147; vom 2. Oktober 1981 VI R 38/78, BFHE 134, 286, BStBl II 1982, 116). Entscheidend für die Frage, ob Aufwendungen zwangsläufig i.S. des § 33 EStG angefallen sind, ist daher die wesentliche Ursache, die zu den Aufwendungen geführt hat (BFH-Urteile in BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und vom 18. März 2004 III R 31/02, BFHE 205, 274, BStBl II 2004, 867).
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b) Ausgehend hiervon sind die Kosten eines Zivilprozesses grundsätzlich nur dann als zwangsläufig anzusehen, wenn auch das die Prozessführung mit der Folge der Zahlungsverpflichtung adäquat verursachende Ereignis für den Steuerpflichtigen zwangsläufig ist (Senatsurteile vom 3. Juni 1982 VI R 41/79, BFHE 136, 370, BStBl II 1982, 749; in BFHE 134, 286, BStBl II 1982, 116; BFH-Urteile in BFHE 147, 171, BStBl II 1986, 745; vom 6. Mai 1994 III R 27/92, BFHE 175, 332, BStBl II 1995, 104; vom 19. Dezember 1995 III R 177/94, BFHE 179, 383, BStBl II 1996, 197). Daran fehlt es im Allgemeinen bei einem Zivilprozess. Indes ist der Grundsatz, dass Kosten eines Zivilprozesses keine außergewöhnlichen Belastungen sind, auch schon nach bisheriger ständiger Rechtsprechung keine starre Regel. Vielmehr erfordert die Vielfalt der prozessualen Gestaltungen eine Berücksichtigung des jeweiligen Streitgegenstandes und der Ursachen des Streits (vgl. u.a. BFH-Urteile in BFHE 147, 171, BStBl II 1986, 745; in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596).
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Berührt ein Rechtsstreit einen für den Steuerpflichtigen existenziell wichtigen Bereich oder den Kernbereich menschlichen Lebens, kann jener unter Umständen in eine Zwangslage geraten, in der für ihn die Verfolgung seiner rechtlichen Interessen trotz unsicherer Erfolgsaussichten existenziell erforderlich ist (vgl. BFH-Urteil vom 19. Mai 1995 III R 12/92, BFHE 178, 207, BStBl II 1995, 774), und sich folglich die Frage stellen, ob die Übernahme eines Prozesskostenrisikos nicht insoweit als i.S. des § 33 EStG zwangsläufig anzusehen ist. Ein solcher Ausnahmefall kann insbesondere dann in Betracht gezogen werden, wenn der Steuerpflichtige, ohne sich auf den Rechtsstreit einzulassen, Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren oder seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können (BFH-Urteile in BFHE 175, 332, BStBl II 1995, 104; in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596).
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aa) Diese Auslegung entspricht dem Grundgedanken des § 33 EStG, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen (u.a. BFH-Urteil in BFHE 158, 380, BStBl II 1990, 418; Senatsurteil in BFHE 246, 326, BStBl II 2015, 9).
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bb) Der Begrenzung der Abziehbarkeit von Prozesskosten auf einen eng umschriebenen Bereich steht weder das staatliche Gewaltmonopol, das den Einzelnen zwingt, zur Durchsetzung seiner Rechte Gerichte in Anspruch zu nehmen, noch das Institut der Prozesskostenhilfe (PKH) entgegen.
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(1) Zwar bringt die Tatsache, dass der Einzelne zur zwangsweisen Durchsetzung tatsächlich oder vermeintlich bestehender Rechte gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen muss, notwendigerweise gegebenenfalls endgültig zu tragende Kosten mit sich.
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Aus dem staatlichen Gewaltmonopol kann entgegen der in dem Senatsurteil in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 vertretenen Auffassung aber nicht abgeleitet werden, dass Zivilprozesskosten i.S. von § 33 EStG zwangsläufig anfielen. Die Berufung auf das staatliche Gewaltmonopol vermag nicht das Vorliegen eines zusätzlichen existenznotwendigen Bedarfs zu begründen (Steinhauff, jurisPR-SteuerR 33/2011 Rz 5). Das staatliche Gewaltmonopol und das Recht auf die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes zwingen den Steuerpflichtigen auch nicht zur Führung eines Zivilprozesses. Zudem liefe die Ansicht, Zivilprozesskosten erwüchsen dem Steuerpflichtigen unabhängig vom Gegenstand des Zivilrechtsstreits aus rechtlichen Gründen zwangsläufig, im Ergebnis darauf hinaus, jedwede durch den Rechtsstaat rechtmäßig auferlegte Zahlungsverpflichtung als zwangsläufige Aufwendung anzuerkennen (dazu auch G. Kirchhof, DStR 2013, 1867, 1871). Maßgeblich ist aber die Zwangsläufigkeit des die Zahlungsobliegenheit auslösenden Ereignisses.
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Geht es dabei um einen Bereich, der nicht das existenziell Notwendige betrifft, liegt die wesentliche Ursache für die angefallenen Aufwendungen im Bereich der durch den Steuerpflichtigen gestaltbaren Lebensführung. Dies gilt nach den im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen geltenden Grundsätzen entsprechend auch für diesen Bereich betreffende Prozesskosten (vgl. auch G. Kirchhof, DStR 2013, 1867, 1871).
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(2) Die Bestimmungen über die PKH sollen den Zugang zu den Gerichten für jedermann in grundsätzlich gleicher Weise eröffnen und bezwecken daher eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 13. März 1990 2 BvR 94/88, BVerfGE 81, 347, 356). Die der Gewährung von PKH zugrunde liegende verfassungsrechtliche Werteentscheidung steht nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Werteentscheidung des Einkommensteuerrechts und zielt nicht darauf ab, die Prozesskosten von der Besteuerung auszunehmen. Dementsprechend führt das Institut der PKH nicht dazu, dass Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung bei der Einkommensteuer abgezogen werden können.
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4. Nach diesen Maßstäben kommt im Streitfall die Berücksichtigung der der Klägerin entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten als außergewöhnliche Belastungen nicht in Betracht. Die Klägerin hat weder dargelegt, dass ihre Existenzgrundlage gefährdet gewesen wäre, hätte sie das Erbe nicht angetreten oder hätte sie es mit ihrem Bruder teilen müssen, noch ist dies sonst ersichtlich. Das FG hat eine Berücksichtigung der geltend gemachten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen daher zu Recht abgelehnt.
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5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.
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Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Beteiligten streiten darüber, ob im Rahmen der Einkommensteuer für 2010 Kosten für einen Zivilrechtsstreit als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen sind.
3Im Jahr 2007 verstarb die Mutter der Klägerin. Ausweislich eines aufgefundenen Testamtes hatte sie die Klägerin zur Alleinerbin eingesetzt. Die Klägerin beantragte daraufhin einen Erbschein. Im Rahmen des Erteilungsverfahrens zweifelte der Bruder der Klägerin die Rechtmäßigkeit des Testamentes an. Es kam zu einem Zivilrechtsstreit, in dem das Amtsgericht Ibbenbüren zu Gunsten der Klägerin entschied. Dagegen legte der Bruder der Klägerin Beschwerde ein, der das Amtsgericht nicht abhalf. Das für die Beschwerdeentscheidung zuständige Landgericht Z hob den Nichtabhilfebeschluss und die Vorlageverfügung des Amtsgerichts auf und verwies den Rechtsstreit zurück. Das Amtsgericht erhob im zweiten Rechtsgang Beweis durch Einholung eines graphologischen Gutachtens. Mit Beschluss vom 1.2.2010 erteilte es der Klägerin schließlich einen Alleinerbschein. Im Zusammenhang mit diesem Zivilrechtsstreit entstanden der Klägerin in 2010 Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.460,03 € und Gerichtskosten in Höhe von 3.866,55 €, die ihr weder von ihrem Bruder noch von dritter Seite erstattet wurden. Die Gerichtskosten setzten sich aus den Gebühren für die Erteilung eines Erbscheins, den Gebühren für die Beurkundung einer eidesstattlichen Versicherung, den Gebühren für die Eröffnung einer Verfügung von Todes wegen sowie den Auslagen für den Gutachter zusammen.
4Die Klägerin machte die betreffenden Kosten in ihrer Einkommensteuererklärung für 2010 zunächst nicht geltend. Der Beklagte (das Finanzamt --FA--) veranlagte die Kläger mit Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 22.7.2011 zur Einkommensteuer. Gegen diesen Einkommensteuerbescheid legte die Klägerin fristgemäß Einspruch mit der Begründung ein, dass aufgrund der neuen – geänderten – Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) gemäß dem Urteil vom 12.5.2011 VI R 42/10 (Sammlung der Entscheidungen des BFH --BFHE-- 234, 30, Bundessteuerblatt --BStBl-- 2011, 1015) die Anwaltskosten aus dem Nachlassverfahren als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen seien.
5Das FA wies die Klägerin mit Schreiben vom 30.3.2012 darauf hin, dass in Bezug auf das betreffende BFH-Urteil ein Nichtanwendungserlass ergangen sei.
6Mit Einspruchsentscheidung vom 14.9.2012, auf deren Inhalt Bezug genommen wird, wies das FA den Einspruch schließlich als unbegründet zurück.
7Hiergegen richtet sich die fristgemäß erhobene Klage, zu deren Begründung die Klägerin ergänzend vorträgt: Über die bereits im Einspruchsverfahren geltend gemachten Anwaltskosten hinaus seien in 2010 für die Zivilrechtsstreitigkeit Gerichtskosten in Höhe von 3.866,55 € angefallen. Ein Teil der Gerichtskosten sei dadurch entstanden, dass das Gericht die Einholung eines graphologischen Gutachtens für erforderlich gehalten habe. Sämtliche Kostenpositionen seien zwangsläufig im Sinne des § 33 EStG entstanden. Sie sei von ihrem Bruder in der Nachlasssache klageweise in Anspruch genommen worden, da dieser die Rechtmäßigkeit des Testaments angezweifelt habe. Nach der geänderten Rechtsprechung des BFH würden Kosten eines Zivilprozesses dem Steuerpflichtigen unabhängig vom Gegenstand des Zivilrechtsstreits zwangsläufig erwachsen. Auch sei keine leichtfertige Einlassung auf den Prozess erfolgt. Zwischenzeitlich sei das Verfahren abgeschlossen. Das Amtsgericht habe ihr einen Alleinerbschein ausgestellt. Die beabsichtigte Rechtsverteidigung sei daher erfolgreich und damit auch unausweichlich im Sinne des § 33 EStG gewesen. Eine Erstattung durch eine Rechts-schutzversicherung sei nicht erfolgt. Ein Ruhen des Verfahrens komme aus ihrer Sicht nicht in Betracht.
8Die Klägerin beantragt sinngemäß,
9den Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 22.7.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.9.2012 dahingehend abzuändern, dass Gerichtskosten in Höhe von 3.866,55 € und Anwaltskosten in Höhe von 3.460,03 € als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden.
10Das FA beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Nach dem BMF-Schreiben vom 20.12.2011 (BStBl I 2011, 1286) sei das BFH-Urteil vom 12.5.2011 VI R 42/10 über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden.E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
13Die zulässige Klage ist unbegründet.
14I. Der Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 22.7.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.9.2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
15Die geltend gemachten Prozesskosten sind nicht als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 EStG zu berücksichtigen.
161. Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer in bestimmtem Umfang ermäßigt (§ 33 Abs. 1 EStG). Gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.
172. Nach der Rechtsprechung des BFH können auch Zivilprozesskosten aus rechtlichen Gründen zwangsläufig erwachsen und damit als außergewöhnliche Belastung abziehbar sein (vgl. etwa BFH-Urteil vom 12.5.2011 VI R 42/10, BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015). Nach der in diesem Urteil vom BFH erstmals vertretenen Auffassung soll dies unabhängig vom Gegenstand des Prozesses möglich sein. Unausweichlich sollen derartige Aufwendungen allerdings nur dann sein, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (vgl. BFH-Urteil vom 12.5.2011 VI R 42/10, BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015). Die Zivilprozesskosten sollen zudem der Höhe nach nur insoweit abziehbar sein, als sie notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht überschreiten; etwaige Leistungen aus einer Rechtsschutzversicherung sind im Rahmen der Vorteilsanrechnung zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 12.5.2011 VI R 42/10, BFHE 234, 30, BStBl 2011, 1015).
183. Nach Maßgabe dieses BFH-Urteils wären die hier in Rede stehenden Kosten der Nachlasssache jedenfalls zum größten Teil als außergewöhnliche Belastung abziehbar (so etwa im Anschluss an die geänderte Rechtsprechung des BFH das FG Rheinland-Pfalz im Urteil vom 12.11.2013 3 K 1665/12, abrufbar in juris, ebenfalls betreffend eine Nachlasssache). An der Zwangsläufigkeit und Unausweichlichkeit der Anwalts- und Gerichtskosten (möglicherweise mit Ausnahme der Gebühren für die Eröffnung einer Verfügung von Todes wegen und der Gebühren für die Erteilung des Erbscheins) bestehen aus Sicht des Senats keine Zweifel. Auch der Höhe nach bestehen keine Bedenken in Bezug auf die Angemessenheit der Aufwendungen. Einem Abzug stünde auch die Vorschrift des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (AmtshilfeRLUmsG) vom 26.6.2013 (BGBl. I 2013, 1809) nicht entgegen. Danach sind zwar Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Die Vorschrift ist jedoch im Streitfall nicht anwendbar. Der Senat schließt sich der vom Finanzgericht Düsseldorf im Urteil vom 8.8.2013 11 K 3540/12 E (abrufbar in juris) vertretenen Auffassung an, wonach diese Bestimmung mangels einer besonderen Anwendungsbestimmung im § 52 Abs. 1 EStG i.d.F. des AmtshilfeRLUmsG erst ab dem Veranlagungszeitraum 2013 anzuwenden ist.
194. Ungeachtet dessen teilt der Senat die vom VI. Senats im Urteil vom 12.5.2011 VI R 42/10 (BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015) vertretene Auffassung nicht. Der Senat hält die vom FG Hamburg (vgl. Urteil des FG Hamburg vom 24.9.2012 1 K 195/11, Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 41) sowie Teilen der Literatur geäußerte Kritik (vgl. etwa Steinhauff, jurisPR-SteuerR 33/2011, Anm. 5), dass die grundsätzliche Berücksichtigung von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung bei hinreichender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung nicht den Vorgaben des § 33 EStG entspricht, für zutreffend.
20a) Leitmaxime des Einkommensteuerrechts ist die Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, die das verfassungsrechtlich im Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verankerte Gebot der Steuergleichheit konkretisiert (vgl. etwa Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 4.12.2002 2 BvR 400/98, Entscheidungen des BVerfG --BVerfGE-- 107, 27). Demzufolge sind Aufwendungen, die zu einer Minderung der steuerlichen Leistungsfähigkeit führen, aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden. Abzugsfähig sind dabei nicht nur die sog. Erwerbsaufwendungen, die im Zusammenhang mit der Erwirtschaftung von Einkünften stehen und die objektive steuerliche Leistungsfähigkeit bestimmen (sog. objektives Nettoprinzip), sondern auch private Ausgaben, die der Deckung des existentiell notwendigen Lebensbedarfs dienen (sog. subjektives Nettoprinzip, vgl. etwa BFH-Urteil vom 8.7.2010 VI R 10/08, BFHE 230, 352, BStBl II 2011, 32). Nach dem subjektiven Nettoprinzip muss dem Steuerbürger ein „staatsfreies Existenzminimum" verbleiben, da die Fähigkeit zur Steuerzahlung erst nach Deckung des allernotwendigsten Lebensbedarfs beginnt (vgl. BFH-Urteil vom 10.11.2004 XI R 37/02, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH --BFH/NV-- 2005, 1024 m.w.N.). Das EStG trägt dem subjektiven Nettoprinzip Rechnung, indem es z.B. im Tarif den Grundfreibetrag gem. § 32a Abs. 1 EStG berücksichtigt und für bestimmte Minderungen der subjektiven Leistungsfähigkeit Abzugsmöglichkeiten als Sonderausgaben oder als außergewöhnliche Belastungen vorsieht. Der Tatbestand des § 33 EStG ist daher zugleich Ausfluss und Konkretisierung des subjektiven Nettoprinzips.
21b) Auf der Tatbestandsebene des § 33 EStG kommt der Zusammenhang mit dem subjektiven Nettoprinzip in dem Merkmal der „Außergewöhnlichkeit“ – umschrieben durch die (verunglückte) Formulierung „größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands“ – zum Ausdruck (vgl. etwa BFH-Urteil vom 27.9.2007 III R 71/06, abrufbar in juris). Aufwendungen sind außergewöhnlich, wenn sie nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen, liegen (vgl. BFH-Urteil vom 27.9.2007 III R 71/06, abrufbar in juris; a.A. Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 590, der die Einschränkung auf den existentiell notwendigen Lebensbedarf aus dem Merkmal „notwendig“ ableitet und dieses im Sinne einer „existentiellen Notwendigkeit“ interpretieren will). Der Tatbestand der außergewöhnlichen Belastungen ergänzt daher den Grundfreibetrag des § 32a Abs. 1 EStG. Beide Vorschriften betreffen den existenziell notwendigen Lebensbedarf. Sie unterscheiden sich aber dadurch, dass der Grundfreibetrag den regelmäßig entstehenden existentiellen Grundbedarf typisierend abbildet, während demgegenüber § 33 EStG den unregelmäßigen und untypischen und damit nicht typisierbaren existenznotwendigen Aufwand betrifft (vgl. Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 206).
22c) Dieser Systematik trägt die geänderte BFH-Rechtsprechung nach Auffassung des Senats nicht in ausreichendem Maße Rechnung. Der BFH sieht die „Außergewöhnlichkeit“ von Prozesskosten vor dem Hintergrund als gegeben an, dass diese nicht im sozialhilferechtlichen Regelbedarf enthalten seien (so die Argumentation des VI. Senats im BFH-Urteil vom 12.5.2011 VI R 42/10, BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015). Nach Auffassung des Senats bestehen aber insoweit gerade im Hinblick auf Prozesskosten Besonderheiten. Ebenso wie das EStG unterscheidet auch das Sozialrecht zwischen dem laufenden, regelmäßig entstehenden Grundbedarf, der sich in dem sog. Regelbedarf ausdrückt (vgl. § 20 SGB II, § 27a SGB XII), und – vergleichbar den außergewöhnlichen Belastungen im EStG – dem sog. Mehr- und Sonderbedarf aufgrund atypischer Lebenssituationen (vgl. etwa §§ 21 ff. SGB II und §§ 30 ff. SGB XII). Nach der sozialgerichtlichen Rechtsprechung bilden Prozesskosten weder Regel- noch Mehrbedarf (vgl. etwa Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 25.2.2010 L 7 AS 117/09, abrufbar in juris; Urteil des Landessozialgerichts NRW vom 7.5.2013 L 6 AS 63/13 B, abrufbar in juris). Die Begründung hierfür sieht die sozialgerichtliche Rechtsprechung darin, dass bei Hilfebedürftigkeit der Anspruch auf einen Zuschuss zu den Prozesskosten in den Verfahrensordnungen abschließend durch die Regelung zur Prozesskostenhilfe geregelt ist. Deren Bestimmungen sollen den Regelungen über die Grundsicherung nach dem SGB II und SGB XII vorgehen (vgl. Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 25.2.2010 L 7 AS 117/09, abrufbar in juris). Die Prozesskostenhilfe bildet daher ein eigenständiges System der Hilfe für Bedürftige, die sich in der besonderen Situation befinden, dass sie staatlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen müssen. Hintergrund hierfür ist, dass der Zugang zu den Gerichten für jedermann in grundsätzlich gleicher Weise eröffnet sein soll. Art. 3 GG und das Rechtsstaatsprinzip gebieten daher eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes (vgl. Beschluss des BVerfG vom 13.3.1990 2 BvR 94/88, BVerfGE 81, 347, 356). Die der Gewährung von Prozesskostenhilfe zugrunde liegende verfassungsrechtliche Werteentscheidung, Bedürftigen auch Prozesskostenhilfe für Verfahren zu gewähren, die nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Gewährleistung des sozialrechtlichen Existenzminimums stehen, geht über die Werteentscheidung des EStG, die unvermeidbaren Aufwendungen für die eigene Existenzsicherung von der Besteuerung auszunehmen, hinaus. Nach Auffassung des Senats können daher einkommensteuerlich allenfalls solche Prozessaufwendungen als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden können, die durch ein Gerichtsverfahren veranlasst sind, in dem über für den Steuerpflichtigen existentielle Fragen entschieden wird.
23Dagegen lässt die neuere Rechtsprechung des BFH, wonach jeder mit hinreichender Erfolgsaussicht geführte Zivilprozess als unausweichlich und damit als zwangsläufig i. S. des § 33 EStG anzusehen wäre, die dem Tatbestand des § 33 EStG immanente Beschränkung auf den existentiell notwendigen Lebensbedarf außer Acht. Der Senat schließt sich der Kritik von Steinhauff an, dass nach der geänderten Rechtsprechung des BFH nunmehr auch solche Aufwendungen für Rechtsstreitigkeiten als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen wären, die mit dem notwendigen Lebensbedarf des Steuerpflichtigen nichts zu tun haben (vgl. Steinhauff, jurisPR-SteuerR 33/2011 Anm. 5). Einen Abzug derartiger Aufwendungen gebietet das subjektive Nettoprinzip jedoch nicht. Dass die BFH-Rechtsprechung einen zu weitgehenden Abzug von Prozesskosten ermöglichen würde, wird nach Auffassung des Senats an der im Streitfall gegebenen Konstellation deutlich. Die im Zusammenhang mit der Erteilung des Erbscheins entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten stehen in keinem erkennbaren Zusammenhang mit dem existenziell notwendigen Lebensbedarf der Klägerin.
24d) Gegen die vom BFH im Urteil vom 12.5.2011 VI R 42/10 (BFHE 234, 40, BStBl II 2011, 1015) vertretene Rechtsauffassung spricht aus Sicht des Senats schließlich auch, dass der BFH eine entsprechende Sichtweise in früheren Entscheidungen bereits ausdrücklich aufgegeben hatte. In seiner Rechtsprechung zu den Kosten einer Ehescheidung hatte der BFH mit einer ähnlich gelagerten Begründung wie derjenigen des VI. Senats in seinem Urteil vom 12.5.2011 VI R 42/10 (BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015) den Abzug von Ehescheidungskosten als außergewöhnliche Belastung zunächst erlaubt. Nach der seinerzeit vom BFH vertretenen Auffassung resultierte die Zwangsläufigkeit der Ehescheidungskosten daraus, dass eine Ehe bei Lebzeiten des anderen Ehegatten nur durch eine gerichtliche Scheidung – also unter Inanspruchnahme des Rechtswegs – gelöst werden konnte (vgl. etwa BFH-Urteile vom 8.11.1974 VI R 22/72, BFHE 114, 90, BStBl II 1975, 111 und vom 23.2.1968 VI R 239/67, BFHE 91, 534, BStBl II 1968, 407). In seinem Urteil vom 2.10.1981 VI R 38/78 (BFHE 134, 286, BStBl II 1982, 116) setzte sich der BFH mit dieser Rechtsprechung auseinander und gestand ausdrücklich zu, dass es darauf, dass eine Ehe nur durch eine gerichtliche Entscheidung gelöst werden könne, bei der Bestimmung der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen nicht allein ankommen könne, weil sonst auch Aufwendungen für jeden anderen rechtsgestaltenden Staatsakt, wie z.B. die Gebühren des Standesbeamten für eine Eheschließung, als zwangsläufig im Sinne des § 33 EStG anzusehen wären. Die Zwangsläufigkeit könne daher im Rahmen des § 33 Abs. 2 EStG nicht allein an der unmittelbaren Zahlungsverpflichtung gemessen werden. Erforderlich sei vielmehr, dass auch das die Verpflichtung adäquat verursachende Ereignis für den Steuerpflichtigen zwangsläufig sein müsse. Diese Grundannahme, dass Prozesskosten nur als zwangsläufig zu erachten sind, wenn das die Zahlungsverpflichtung oder den Zahlungsanspruch adäquat verursachende Ereignis zwangsläufig erwachsen ist, hat der BFH in der Folgezeit konsequent auch auf die Kosten eines Zivilprozesskosten übertragen und im Übrigen daran festgehalten, dass eine Vermutung gegen ihre Zwangsläufigkeit spricht (vgl. etwa BFH-Urteil vom 9.5.1996 III R 224/94, BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596). In seinem Urteil vom 4.12.2001 III R 31/00 (BFHE 198, 94, BStBl II 2002, 382) hat der BFH seine Rechtsprechung zu dieser Problematik dahingehend modifiziert, dass eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass Kosten eines Zivilprozesses keine außergewöhnlichen Belastungen seien, dann greife, wenn der Rechtsstreit einen für den Steuerpflichtigen existenziell wichtigen Bereich berühre und der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Nach Auffassung des Senats war die Entwicklung der früheren Rechtsprechung vor dem Hintergrund, dass das subjektive Nettoprinzip nur den Abzug existentiell notwendiger Aufwendungen gebietet, folgerichtig.
254. Selbst wenn man jedoch nicht der hier vertretenen Auslegung des § 33 EStG folgen würde, wären die geltend gemachten Aufwendungen nach Auffassung des Senats unter einem weiteren Gesichtspunkt nicht abzugsfähig. Die Klägerin hat die hier maßgeblichen Aufwendungen investiert, um einen Gegenwert zu erlangen, nämlich die Erbschaft. Die vorliegende Konstellation ist daher mit der Fallgruppe der Beerdigungskosten vergleichbar. In diesen Fällen hat der BFH einen Abzug als außergewöhnliche Belastung mit dem Argument versagt, dass es schon an einer Belastung fehle, wenn die Beerdigungskosten aus dem Erbe bestritten werden könnten (vgl. etwa BFH-Urteil vom 29.5.1996 III R 86/95, BFH/NV 1996, 807). Gleiches muss auch im Streitfall gelten, in dem die Klägerin ebenfalls einen Vorteil in Form der Erbschaft erhalten hat. Der Wert des streitigen Erbes wird in der Gerichtskostenrechnung auf ca. 153.000 € beziffert.
26II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 FGO.
27III. Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
(1) Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (Absatz 3) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird.
(2)1Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.2Aufwendungen, die zu den Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben gehören, bleiben dabei außer Betracht; das gilt für Aufwendungen im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 7 und 9 nur insoweit, als sie als Sonderausgaben abgezogen werden können.3Aufwendungen, die durch Diätverpflegung entstehen, können nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.4Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
(2a)1Abweichend von Absatz 1 wird für Aufwendungen für durch eine Behinderung veranlasste Fahrten nur eine Pauschale gewährt (behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale).2Die Pauschale erhalten:
- 1.
Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 80 oder mit einem Grad der Behinderung von mindestens 70 und dem Merkzeichen „G“, - 2.
Menschen mit dem Merkzeichen „aG“, mit dem Merkzeichen „Bl“, mit dem Merkzeichen „TBl“ oder mit dem Merkzeichen „H“.
(3)1Die zumutbare Belastung beträgt
bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte | bis 15 340 EUR | über 15 340 EUR bis 51 130 EUR | über 51 130 EUR | |
---|---|---|---|---|
1. | bei Steuerpflichtigen, die keine Kinder haben und bei denen die Einkommensteuer | |||
a) nach § 32a Absatz 1, | 5 | 6 | 7 | |
b) nach § 32a Absatz 5 oder 6 (Splitting-Verfahren) zu berechnen ist; | 4 | 5 | 6 | |
2. | bei Steuerpflichtigen mit | |||
a) einem Kind oder zwei Kindern, | 2 | 3 | 4 | |
b) drei oder mehr Kindern | 1 | 1 | 2 | |
Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte. |
2Als Kinder des Steuerpflichtigen zählen die, für die er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld hat.
(4) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten des Nachweises von Aufwendungen nach Absatz 1 und der Anspruchsvoraussetzungen nach Absatz 2a zu bestimmen.
(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.
(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.
(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof
- 1.
in der Sache selbst entscheiden oder - 2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.
(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.
(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.
(1) Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (Absatz 3) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird.
(2)1Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.2Aufwendungen, die zu den Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben gehören, bleiben dabei außer Betracht; das gilt für Aufwendungen im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 7 und 9 nur insoweit, als sie als Sonderausgaben abgezogen werden können.3Aufwendungen, die durch Diätverpflegung entstehen, können nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.4Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
(2a)1Abweichend von Absatz 1 wird für Aufwendungen für durch eine Behinderung veranlasste Fahrten nur eine Pauschale gewährt (behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale).2Die Pauschale erhalten:
- 1.
Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 80 oder mit einem Grad der Behinderung von mindestens 70 und dem Merkzeichen „G“, - 2.
Menschen mit dem Merkzeichen „aG“, mit dem Merkzeichen „Bl“, mit dem Merkzeichen „TBl“ oder mit dem Merkzeichen „H“.
(3)1Die zumutbare Belastung beträgt
bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte | bis 15 340 EUR | über 15 340 EUR bis 51 130 EUR | über 51 130 EUR | |
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1. | bei Steuerpflichtigen, die keine Kinder haben und bei denen die Einkommensteuer | |||
a) nach § 32a Absatz 1, | 5 | 6 | 7 | |
b) nach § 32a Absatz 5 oder 6 (Splitting-Verfahren) zu berechnen ist; | 4 | 5 | 6 | |
2. | bei Steuerpflichtigen mit | |||
a) einem Kind oder zwei Kindern, | 2 | 3 | 4 | |
b) drei oder mehr Kindern | 1 | 1 | 2 | |
Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte. |
2Als Kinder des Steuerpflichtigen zählen die, für die er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld hat.
(4) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten des Nachweises von Aufwendungen nach Absatz 1 und der Anspruchsvoraussetzungen nach Absatz 2a zu bestimmen.
Tatbestand
- 1
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I. Streitig ist, ob Aufwendungen für die operative Behandlung eines Lipödems (Liposuktion) als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) absetzbar sind.
- 2
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Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden im Streitjahr 2007 als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten sie Aufwendungen in Höhe von insgesamt 12.228 € als außergewöhnliche Belastungen geltend. Ein Betrag in Höhe von 11.520 € entfällt auf die im Streitjahr geleistete Vorauszahlung von Operationskosten und sonstigen Kosten an die Firma X GmbH im Therapiezentrum A sowie Arztrechnungen des dort tätigen Dr. Y für eine am 27. November 2007, am 15. Januar 2008 (Beine) und am 7. April 2008 (Arme) durchgeführte Liposuktion. Daneben waren in den als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Aufwendungen Beträge für Rezeptgebühren (2 x 30,34 € sowie 18,64 €), eine Kompressionsstrumpfhose (10 €), ein amtsärztliches Zeugnis (71,30 €), Fahrtkosten zum Therapiezentrum (337,20 €), einen "Schnuppertag medizinische Leistung" (99 €) enthalten.
- 3
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Nach einem privatärztlichen Attest der Gemeinschaftspraxis Dr. B, C und D vom 26. Juli 2007 sei im Sommer 2006 ein Lipödem diagnostiziert, zwischenzeitlich eine Gewichtsreduktion um 15 Kilo erreicht und die Patientin mit Kompressionsstrümpfen versorgt worden. Bei der klinischen Untersuchung finde sich das deutliche Lipödem nicht nur an den Beinen, sondern nun auch an den Oberarmen. Als Empfehlung wurde eine Fortführung der bisherigen entstauenden Maßnahmen vorgeschlagen, eventuell Liposuktion.
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Die Krankenkasse der Klägerin lehnte die Kostenübernahme für eine Liposuktion durch Bescheid vom 8. November 2007 ab. Zur Begründung führte sie aus, laut Aussage des medizinischen Dienstes der Krankenkasse handele es sich bei der beantragten Liposuktion um eine unkonventionelle Behandlungsmethode. Diese sei so lange von der vertraglichen Kassenleistung ausgeschlossen, bis der gemeinsame Bundesausschuss eine entsprechende Empfehlung abgegeben habe. Eine solche Empfehlung liege über diese Methode bisher nicht vor. Es stünden aus schulmedizinischer Sicht Behandlungsmöglichkeiten, nämlich die konservative Behandlung mittels komplexer physikalischer Entstauungstherapie (manuelle Lymphdrainage, Kompression, Krankengymnastik), zur Verfügung. Eine Kostenübernahme könne deshalb nicht erfolgen. Der Widerspruch wurde zurückgewiesen. Die darauf eingelegte Klage vor dem Sozialgericht blieb erfolglos.
- 5
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Die Klägerin legte Atteste des behandelnden Arztes Dr. Y vor. Dieser vertrat im Attest vom 24. April 2008 sowie den übermittelten Untersuchungsberichten (Befundberichten) vom 26. Januar 2008 die Auffassung, dass die Operation aus medizinischer Sicht notwendig gewesen sei, da sonst eine lebenslange manuelle Lymphdrainage und Kompression erforderlich gewesen wären. Ziel der Operation auf lange Sicht sei, dass die Patientin keine manuellen Lymphdrainagen und Kompression mehr benötige und schmerz- sowie beschwerdefrei sei.
- 6
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Am 1. Februar 2008 stellte das Gesundheitsamt des Z-Kreises folgende Bescheinigung für die Klägerin aus, die diese dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) vorlegte:
"Die Liposuktion ist als Behandlungsmethode des vorliegenden Störungsbildes nicht anerkannt und kann aus diesem Grund aus medizinischer Sicht nicht als notwendig angesehen werden. Die psychische Beeinträchtigung kann durch den kosmetischen Eingriff reduziert werden."
- 7
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In dem Einkommensteuerbescheid 2007 vom 10. Juni 2008 erkannte das FA die geltend gemachten Aufwendungen für die Liposuktion nicht als außergewöhnliche Belastung an. Zur Begründung führte es aus, dass eine medizinische Indikation nicht gegeben sei. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies das FA als unbegründet zurück, weil keine vorherige amtsärztliche Begutachtung erfolgt sei, aus der sich die Krankheit und die medizinische Notwendigkeit der den Aufwendungen zugrunde liegenden Behandlungen zweifelsfrei ergeben.
- 8
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Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen erhobene Klage als unbegründet ab. Es vertrat die Auffassung, die Aufwendungen seien nicht als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, weil kein vor der Behandlung ausgestelltes amtsärztliches Attest vorgelegt worden sei, aus dem sich die Zwangsläufigkeit der durchgeführten Maßnahme ergibt.
- 9
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Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
- 10
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Die Kläger beantragen,
das Urteil des FG Baden-Württemberg vom 4. Februar 2013 10 K 542/12 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2007 i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 28. Januar 2009 dahingehend abzuändern, dass die Einkommensteuer unter Anerkennung von 12.000 € für die durchgeführte Liposuktion als Krankheitskosten festgesetzt wird.
- 11
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Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung). Die Feststellungen der Vorinstanz tragen nicht dessen Folgerung, bei der Liposuktion handele es sich im Streitfall nicht um eine wissenschaftlich anerkannte Methode zur Behandlung des vorliegenden Krankheitsbildes. Das FG hat daher zu Unrecht entschieden, dass die streitigen Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind, weil die Klägerin kein vor der Behandlung erstelltes amtsärztliches Attest vorgelegt hat, aus dem sich die Zwangsläufigkeit der durchgeführten Maßnahme ergibt.
- 13
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1. Nach § 33 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung) erwachsen. Zwangsläufig erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen dann, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen sind dagegen die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind (u.a. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. September 1989 III R 129/86, BFHE 158, 380, BStBl II 1990, 418).
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a) In ständiger Rechtsprechung geht der BFH davon aus, dass Krankheitskosten --ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung-- dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit (z.B. Medikamente, Operation) oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglicher zu machen, beispielsweise Aufwendungen für einen Rollstuhl (BFH-Urteile vom 17. Juli 1981 VI R 77/78, BFHE 133, 545, BStBl II 1981, 711; vom 13. Februar 1987 III R 208/81, BFHE 149, 222, BStBl II 1987, 427, und vom 20. März 1987 III R 150/86, BFHE 149, 539, BStBl II 1987, 596).
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b) Aufwendungen für die eigentliche Heilbehandlung werden typisierend als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, ohne dass es im Einzelfall der nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG an sich gebotenen Prüfung der Zwangsläufigkeit des Grundes und der Höhe nach bedarf (BFH-Urteile vom 1. Februar 2001 III R 22/00, BFHE 195, 144, BStBl II 2001, 543, und vom 3. Dezember 1998 III R 5/98, BFHE 187, 503, BStBl II 1999, 227). Eine derart typisierende Behandlung von Krankheitskosten ist zur Vermeidung eines unzumutbaren Eindringens in die Privatsphäre geboten (BFH-Urteil in BFHE 195, 144, BStBl II 2001, 543). Dies gilt aber nur dann, wenn die Aufwendungen nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Heilkunde und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zur Heilung oder Linderung der Krankheit angezeigt (vertretbar) sind und vorgenommen werden (vgl. BFH-Urteil vom 18. Juni 1997 III R 84/96, BFHE 183, 476, BStBl II 1997, 805), also medizinisch indiziert sind (Senatsurteil vom 19. April 2012 VI R 74/10, BFHE 237, 156, BStBl II 2012, 577).
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c) Die Zwangsläufigkeit von krankheitsbedingten Aufwendungen für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel (§§ 2, 23, 31 bis 33 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch --SGB V--) hat der Steuerpflichtige durch eine Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers nachzuweisen (§ 64 Abs. 1 Nr. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung --EStDV-- i.d.F. des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 --StVereinfG 2011--). In den abschließend geregelten Katalogfällen des § 64 Abs. 1 Nr. 2 EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 (vgl. Senatsurteile vom 6. Februar 2014 VI R 61/12, BFHE 244, 395, BStBl II 2014, 458, und vom 26. Februar 2014 VI R 27/13, BFHE 245, 18) ist der Nachweis der Zwangsläufigkeit durch ein vor Beginn der Heilmaßnahme oder dem Erwerb des medizinischen Hilfsmittels ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine vorherige ärztliche Bescheinigung eines medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (§ 275 SGB V) zu führen (§ 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011).
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d) Ein solcher qualifizierter Nachweis ist --aufgrund der in § 84 Abs. 3f EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 angeordneten verfassungsrechtlich unbedenklichen rückwirkenden Geltung des § 64 EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 (Senatsurteil in BFHE 237, 156, BStBl II 2012, 577)-- auch im Streitjahr bei krankheitsbedingten Aufwendungen für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden, wie z.B. Frisch- und Trockenzellenbehandlungen, Sauerstoff-, Chelat- und Eigenbluttherapie (§ 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. f EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011), erforderlich.
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aa) Vorliegend ist daher entscheidend, ob es sich bei der Liposuktion um eine wissenschaftlich anerkannte Methode zur Behandlung des bei der Klägerin diagnostizierten Lipödems handelt.
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Wissenschaftlich anerkannt ist eine Behandlungsmethode dann, wenn Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Dies wird angenommen, wenn "die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler)" die Behandlungsmethode befürwortet und über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht. Dies setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der Methode zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein (gleicher Auffassung Bundessozialgericht --BSG-- zu § 18 SGB V, Urteil vom 13. Dezember 2005 B 1 KR 21/04 R, SozR 4-2500 § 18 Nr. 5 SGB V; BSG zu § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V, Urteil vom 19. Februar 2002 B 1 KR 16/00 R, SozR 3-2500 § 92 Nr. 12 S. 71 f.; BSG zu § 18 SGB V, Urteil vom 14. Februar 2001 B 1 KR 29/00 R, SozR 3-2500 § 18 Nr. 6 S. 23; BSG zu § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V, Urteil vom 21. März 2013 B 3 KR 2/12 R, SozR 4-2500 § 137c Nr. 6). Ob eine Behandlungsmethode als wissenschaftlich anerkannt anzusehen ist, hat das FG aufgrund der ihm obliegenden Würdigung der Umstände des Einzelfalls festzustellen.
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bb) Das FG ist zu dem Ergebnis gekommen, die von der Klägerin durchgeführte Liposuktion stelle keine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode dar. Es stützt diese Würdigung wesentlich auf das vorgelegte --negative-- amtsärztliche Zeugnis. Insoweit fehlt es an einer nachvollziehbaren Ableitung der gezogenen Folgerungen aus einer tragfähigen Tatsachengrundlage.
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Zwar ist die finanzrichterliche Überzeugungsbildung revisionsrechtlich nur eingeschränkt auf Verstöße gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze überprüfbar. Das FG hat jedoch im Einzelnen darzulegen, wie und dass es seine Überzeugung in rechtlich zulässiger und einwandfreier Weise gewonnen hat. Die aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu gewinnende Würdigung des FG ist nur dann ausreichend und für das Revisionsgericht bindend, wenn sie auf einer logischen, verstandesmäßig einsichtigen Beweiswürdigung beruht, deren nachvollziehbare Folgerungen den Denkgesetzen entsprechen und von den festgestellten Tatsachen getragen werden. Fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die Folgerungen in der tatrichterlichen Entscheidung oder fehlt die nachvollziehbare Ableitung dieser Folgerungen aus den festgestellten Tatsachen und Umständen, so liegt ein Verstoß gegen die Denkgesetze vor, der als Fehler der Rechtsanwendung ohne besondere Rüge vom Revisionsgericht beanstandet werden kann (Senatsurteile vom 11. November 2010 VI R 16/09, BFHE 232, 34, BStBl II 2011, 966; vom 30. Juni 2011 VI R 80/10, BFHE 234, 195, BStBl II 2011, 948; BFH-Urteile vom 25. Mai 1988 I R 225/82, BFHE 154, 7, BStBl II 1988, 944; vom 6. Februar 1996 VII R 2/95, BFH/NV 1996, 722; vom 23. August 1994 VII R 93/93, BFH/NV 1995, 572; vom 15. Februar 1995 II R 53/92, BFH/NV 1996, 18).
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Die vorgelegte amtsärztliche Bescheinigung führt zu der nach § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. f EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 zu beurteilenden wissenschaftlichen Anerkennung lediglich aus, "die Liposuktion ist als Behandlungsmethode des vorliegenden Störungsbildes nicht anerkannt". Dies könnte allenfalls das Ergebnis der durch das FG vorzunehmenden Würdigung des Tatbestandsmerkmals der wissenschaftlichen Anerkennung sein. Es fehlt hingegen an Ausführungen, die dieses Ergebnis im Einzelnen stützen. Auch aus der Aussage der gesetzlichen Krankenkasse und des medizinischen Dienstes, wonach es sich bei der Liposuktion um eine unkonventionelle Behandlungsmethode handele, ergibt sich nicht die fehlende wissenschaftliche Anerkennung, denn der Begriff "unkonventionell" sagt nichts über Qualität und Wirksamkeit der Behandlungsmethode und ihre Anerkennung in der Fachwelt aus. Da es auch im Übrigen an Feststellungen zu den unter II.1.d aa genannten Voraussetzungen für die wissenschaftliche Anerkennung fehlt, beruht die Vorentscheidung nicht auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage.
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2. Die Vorentscheidung war daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif.
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Im zweiten Rechtsgang wird das FG, ausgehend von den unter II.1.d aa angeführten Merkmalen, Feststellungen dazu zu treffen haben, ob es sich bei der Liposuktion um eine wissenschaftlich anerkannte Methode zur Behandlung des Krankheitsbildes der Klägerin handelt.
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Die erforderlichen Feststellungen hat das FG nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen. Fehlt dem FG die erforderliche Sachkunde, um die Frage der wissenschaftlichen Anerkennung zu beurteilen, so ist die Einholung eines Sachverständigengutachtens angezeigt (vgl. Senatsurteile vom 29. März 2012 VI R 21/11, BFHE 237, 93, BStBl II 2012, 574; in BFHE 244, 395, BStBl II 2014, 458).
(1) Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (Absatz 3) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird.
(2)1Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.2Aufwendungen, die zu den Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben gehören, bleiben dabei außer Betracht; das gilt für Aufwendungen im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 7 und 9 nur insoweit, als sie als Sonderausgaben abgezogen werden können.3Aufwendungen, die durch Diätverpflegung entstehen, können nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.4Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
(2a)1Abweichend von Absatz 1 wird für Aufwendungen für durch eine Behinderung veranlasste Fahrten nur eine Pauschale gewährt (behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale).2Die Pauschale erhalten:
- 1.
Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 80 oder mit einem Grad der Behinderung von mindestens 70 und dem Merkzeichen „G“, - 2.
Menschen mit dem Merkzeichen „aG“, mit dem Merkzeichen „Bl“, mit dem Merkzeichen „TBl“ oder mit dem Merkzeichen „H“.
(3)1Die zumutbare Belastung beträgt
bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte | bis 15 340 EUR | über 15 340 EUR bis 51 130 EUR | über 51 130 EUR | |
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1. | bei Steuerpflichtigen, die keine Kinder haben und bei denen die Einkommensteuer | |||
a) nach § 32a Absatz 1, | 5 | 6 | 7 | |
b) nach § 32a Absatz 5 oder 6 (Splitting-Verfahren) zu berechnen ist; | 4 | 5 | 6 | |
2. | bei Steuerpflichtigen mit | |||
a) einem Kind oder zwei Kindern, | 2 | 3 | 4 | |
b) drei oder mehr Kindern | 1 | 1 | 2 | |
Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte. |
2Als Kinder des Steuerpflichtigen zählen die, für die er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld hat.
(4) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten des Nachweises von Aufwendungen nach Absatz 1 und der Anspruchsvoraussetzungen nach Absatz 2a zu bestimmen.
(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.