Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Okt. 2018 - I ZR 197/17

bei uns veröffentlicht am11.10.2018
vorgehend
Landgericht Lüneburg, 11 O 53/16, 01.06.2017
Oberlandesgericht Celle, 13 U 78/17, 01.11.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 197/17
vom
11. Oktober 2018
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2018:111018BIZR197.17.0

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Oktober 2018 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Koch, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Prof. Dr. Kirchhoff, Dr. Löffler und die Richterin Dr. Schwonke

beschlossen:
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 1. November 2017 wird zurückgewiesen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die auf die Verletzung von Verfahrensgrundrechten gestützten Rügen nicht durchgreifen und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts auch im Übrigen nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV ist nicht veranlasst. Entgegen der Ansicht der Beschwerde wirft der Streitfall nicht die grundsätzliche bedeutsame und vom Gerichtshof der Europäischen Union zu klärende Rechtsfrage auf, ob gesundheitsbezogene Angaben nach Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 unzulässig sind, wenn sie sich auf das gesamte Produkt und nicht auf einen bestimmten darin enthaltenen Nährstoff oder eine bestimmte Substanz beziehen. Im Hinblick auf mit den Anträgen zu 1b sowie 1f bis 1l angegriffenen Angaben fehlt es bereits an der Entscheidungserheblichkeit dieser Frage. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass der Verkehr die angegriffenen Werbeaussagen nicht als inhaltlich gleichbedeutend mit den von der Beklagten angeführten, bereits zugelassenen Claims ansehen wird. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen und wird von der Beschwerde auch nicht angegriffen. Im Übrigen hat der Senat bereits entschieden, dass die bloße Angabe einer bestimmten Wirkung ohne Benennung des Nährstoffs, der Substanz, des Lebensmittels oder der Lebensmittelkategorie, auf der diese Wirkung nach der Liste der zugelassenen Angaben beruht, mit der zugelassenen Angabe nicht inhaltsgleich und daher unzulässig ist (BGH, Urteil vom 7. April 2016 - I ZR 81/15, GRUR 2016, 1200 Rn. 36 = WRP 2016, 1359 - Repair-Kapseln). Nach diesen Grundsätzen sind die streitgegenständlichen Angaben unzulässig, weil diese die Wirkungsaussagen nicht mit Inhaltsstoffen in Verbindung bringen, die Gegenstand von zugelassenen Claims sind. Der Senat hat das von ihm gefundene Auslegungsergebnis als zweifelsfrei angesehen und deshalb eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nicht für erforderlich gehalten (BGH, GRUR 2016, 1200 Rn. 41 - Repair-Kapseln ). In den ebenfalls von der Beklagten betriebenen Beschwerdeverfahren I ZR 232/15 und I ZR 233/15 (vgl. Beschluss vom 29. September 2016 - I ZR 232/15, juris Rn. 5 ff., 7; Beschluss vom 29. September 2016 - I ZR 233/15, juris Rn. 8) sowie in einem weiteren Verfahren (Beschluss vom 6. Dezember 2017 - I ZR 167/16, juris Rn. 11 - Detox) hat der Senat daran festgehalten. Eine Zulassung der Revision zum Zwecke der Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens ist auch im Streitfall nicht erforderlich. Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO). Streitwert: 120.000 € Koch Schaffert Kirchhoff Löffler Schwonke
Vorinstanzen:
LG Lüneburg, Entscheidung vom 01.06.2017 - 11 O 53/16 -
OLG Celle, Entscheidung vom 01.11.2017 - 13 U 78/17 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Okt. 2018 - I ZR 197/17

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Okt. 2018 - I ZR 197/17

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat
Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Okt. 2018 - I ZR 197/17 zitiert 3 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Okt. 2018 - I ZR 197/17 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Okt. 2018 - I ZR 197/17 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Dez. 2017 - I ZR 167/16

bei uns veröffentlicht am 06.12.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZR 167/16 vom 6. Dezember 2017 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2017:061217BIZR167.16.0 Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Dezember 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Pr

Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Sept. 2016 - I ZR 233/15

bei uns veröffentlicht am 29.09.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZR 233/15 vom 29. September 2016 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2016:290916BIZR233.15.0 Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. September 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richte

Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Sept. 2016 - I ZR 232/15

bei uns veröffentlicht am 29.09.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZR 232/15 vom 29. September 2016 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2016:290916BIZR232.15.0 Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. September 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richte

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Apr. 2016 - I ZR 81/15

bei uns veröffentlicht am 07.04.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 81/15 Verkündet am: 7. April 2016 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nei

Referenzen

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

36
In der beanstandeten Werbeaussage im Newsletter der Beklagten ist keiner der Nährstoffe genannt, für den nach der im Anhang zur Verordnung (EU) Nr. 432/2012 enthaltenen Liste die Angabe zugelassen ist, dass er zur Erhaltung normaler Haut, Haare oder Nägel beiträgt. Die bloße Angabe einer bestimmten Wirkung ohne Benennung des Nährstoffs, der Substanz, des Lebensmittels oder der Lebensmittelkategorie, auf der diese Wirkung nach der Liste der zugelassenen Angaben beruht, ist mit der zugelassenen Angabe nicht inhaltsgleich und daher unzulässig.
5
a) Entgegen der Ansicht der Beschwerde wirft der Streitfall nicht die grundsätzlich bedeutsame und vom Gerichtshof der Europäischen Union zu klärende Rechtsfrage auf, ob gesundheitsbezogene Angaben nach Art. 10 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 nur für den jeweiligen Nährstoff, die Substanz oder das Lebensmittel gemacht werden dürfen, für den, die oder das sie zugelassen sind, nicht jedoch für das Lebensmittelprodukt, das diese enthält.
8
Im Übrigen hat der Senat bereits entschieden, dass die bloße Angabe einer bestimmten Wirkung ohne Benennung des Nährstoffs, der Substanz, des Lebensmittels oder der Lebensmittelkategorie, auf der diese Wirkung nach der Liste der zugelassenen Angaben beruht, mit der zugelassenen Angabe nicht inhaltsgleich und daher unzulässig ist (BGH, Urteil vom 7. April 2016 - I ZR 81/15, GRUR 2016, 1200 Rn. 36 = WRP 2016, 1359 - Repair-Kapseln). Nach diesen Grundsätzen sind die streitgegenständlichen Angaben unzulässig, weil diese die Wirkungsaussagen zur Normalisierung des Blutzuckerwertes nicht mit Zink oder Fructose in Verbindung bringen. Der Senat hat das von ihm gefundene Auslegungsergebnis als zweifelsfrei angesehen und deshalb eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nicht für erforderlich gehalten (BGH, GRUR 2016, 1200 Rn. 41 - Repair-Kapseln). Eine Zulassung der Revision zum Zwecke der Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens ist auch im Streitfall nicht erforderlich.
5
a) Entgegen der Ansicht der Beschwerde wirft der Streitfall nicht die grundsätzlich bedeutsame und vom Gerichtshof der Europäischen Union zu klärende Rechtsfrage auf, ob gesundheitsbezogene Angaben nach Art. 10 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 nur für den jeweiligen Nährstoff, die Substanz oder das Lebensmittel gemacht werden dürfen, für den, die oder das sie zugelassen sind, nicht jedoch für das Lebensmittelprodukt, das diese enthält.
8
Im Übrigen hat der Senat bereits entschieden, dass die bloße Angabe einer bestimmten Wirkung ohne Benennung des Nährstoffs, der Substanz, des Lebensmittels oder der Lebensmittelkategorie, auf der diese Wirkung nach der Liste der zugelassenen Angaben beruht, mit der zugelassenen Angabe nicht inhaltsgleich und daher unzulässig ist (BGH, Urteil vom 7. April 2016 - I ZR 81/15, GRUR 2016, 1200 Rn. 36 = WRP 2016, 1359 - Repair-Kapseln). Nach diesen Grundsätzen sind die streitgegenständlichen Angaben unzulässig, weil diese die Wirkungsaussagen zur Normalisierung des Blutzuckerwertes nicht mit Zink oder Fructose in Verbindung bringen. Der Senat hat das von ihm gefundene Auslegungsergebnis als zweifelsfrei angesehen und deshalb eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nicht für erforderlich gehalten (BGH, GRUR 2016, 1200 Rn. 41 - Repair-Kapseln). Eine Zulassung der Revision zum Zwecke der Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens ist auch im Streitfall nicht erforderlich.
11
Ebenso wenig steht der Umstand, dass sich die Bezeichnungen "Detox" und "Detox mit Zitrone" auf die jeweilige Kräuterteemischung insgesamt beziehen und in der Folge auch kein konkreter Nährstoff oder Bestandteil bezeichnet wird, auf den der Einfluss des Verzehrs auf die "Entgiftung" oder "Entschlackung" zurückgeführt werden könnte, der Einordnung dieser Bezeichnungen als spezielle gesundheitsbezogene Angaben im Sinne von Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 entgegen. Soweit der Senat entschieden hat, dass eine gesundheitsbezogene Angabe bei einem nicht nur aus einem Stoff bestehenden Produkt nur zulässig ist, wenn sie die Substanz benennt, die die behauptete Wirkung hat (vgl. BGH, Urteil vom 7. April 2016 - I ZR 81/15, GRUR 2016, 1200 Rn. 35 f. und 40 = WRP 2016, 1359 - Repair-Kapseln), werden damit Anforderungen an die Zulässigkeit gesundheitsbezogener Angaben gestellt. Dieser Umstand schließt aber nicht aus, dass einem aus mehreren Stoffen oder Bestandteilen zusammengesetzten Produkt insgesamt bestimmte gesundheitsbezogene Wirkungen zugeschrieben werden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)