Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Juni 2011 - II ZB 2/10

bei uns veröffentlicht am28.06.2011
vorgehend
Landgericht Stuttgart, 31 O 32/07, 06.03.2008
Oberlandesgericht Stuttgart, 20 W 2/08, 18.12.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 2/10
vom
28. Juni 2011
in dem Spruchverfahren
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Juni 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Bergmann, die Richterin Dr. Reichart sowie die Richter
Dr. Drescher, Born und Sunder

beschlossen:
Die Sache wird an das Oberlandesgericht Stuttgart zur Entscheidung in eigener Zuständigkeit zurückgegeben.

Gründe:

I.

1
Der M. GmbH, die am 24. Juli 2007 auf die Antragsgegnerin verschmolzen wurde, gehörten Ende 2006 4.472.341 (89,1 %) Aktien der K. AG, deren Grundkapital von 13.050.752 € in 5.019.520 Stückaktien eingeteilt war. Am 15. Dezember 2006 gab die K. AG die Kennzahlen des Jahresabschlusses 2005/2006 bekannt, die über den ursprünglichen Erwartungen lagen, und veröffentlichte eine Ad-hocMeldung , wonach der Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags mit der M. GmbH und ein Widerruf der Zulassung der Aktien am Amtlichen Markt der Wertpapierbörse in Frankfurt am Main (reguläres Delisting) beabsichtigt seien. Mit der Veröffentlichung der Einberufung der Hauptversammlung wurde am 5. Januar 2007 mitgeteilt, dass im Beherrschungs - und Gewinnabführungsvertrag ein Ausgleich von 2,23 € brutto je Stückaktie für jedes volle Geschäftsjahr abzüglich Körperschaftssteuer sowie Solidaritätszuschlag und eine Abfindung für die außenstehenden Aktionäre von 27,77 € je Stückaktie vorgesehen waren und die M. GmbH den übrigen Aktionären der K. AG im Zusammenhang mit dem Delisting anbot, die Aktien für 27,77 € je Stückaktie zu erwerben. Die Hauptversammlung vom 16. Februar 2007 stimmte dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zu und ermächtigte den Vorstand, den Widerruf der Börsenzulassung zu beantragen. Der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag wurde am 12. März 2007 in das Handelsregister eingetragen und am folgenden Tag bekannt gemacht. Dem Antrag auf Widerruf gab die Frankfurter Wertpapierbörse am 5. April 2007 statt und veröffentlichte den Widerruf am selben Tag in der Börsenzeitung.
2
Die Antragsteller zu 2-28, 31, 34-36 und 38-72 haben die gerichtliche Bestimmung des Ausgleichs, die Antragsteller zu 1-72 die Bestimmung der Abfindung nach dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag und die Antragsteller zu 1-4, 10, 14, 15, 25-28, 31-33, 38, 39, 42, 44, 47-54, 61, 63-68 und 71-75 die Bestimmung des Erwerbspreises nach dem Delisting beantragt. Das Landgericht, das alle Verfahren verbunden hat, hat die Anträge der Antragsteller zu 5, 6, 12, 13, 17-21, 31, 39, 55, 56, 63, 64 und 70 insgesamt, die Anträge der Antragsteller zu 3, 4, 38 und 44 hinsichtlich des Delistings und den Antrag der Antragstellerin zu 71 hinsichtlich des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags zurückgewiesen und festgestellt, dass die Antragstellerinnen zu 22 und 23 ihren Antrag zurückgenommen haben. Im Übrigen hat es die Barabfindung auf Grund des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags und den Erwerbspreis aus Anlass des Delistings auf 31,25 € je Stückaktie sowie den festen Ausgleich auf 2,36 € je Stückaktie abzüglich Körperschaftssteuerbelastung einschließlich Solidaritätszuschlag festgesetzt.
3
Gegen die Entscheidung des Landgerichts haben die Antragsteller zu 3, 4, 12, 13, 16, 24 bis 28, 34, 35, 40, 42, 44, 47-49, 55, 62-64, 71 und 74 und die Antragsgegnerin sofortige Beschwerde eingelegt. Die Antragsteller zu 5, 12, 13, 41, 43, 45, 46, 52-54, 57-59, 61, 72 und 73 haben Anschlussbeschwerde eingelegt. Der Antragsteller zu 45 ist während des Beschwerdeverfahrens verstorben.
4
Das Oberlandesgericht hat mit Beschluss vom 18. Dezember 2009 die Beschwerde der Antragstellerin zu 71 gegen die Zurückweisung ihres Antrags betreffend den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zurückgewiesen und die Beschwerden und Anschlussbeschwerden im Übrigen dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt, weil es von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Bestimmung des Referenzzeitraums bei der Ermittlung des Börsenwertes von Aktien (BGH, Beschluss vom 12. März 2001 - II ZB 15/00, BGHZ 147, 108, 118) abweichen wollte.

II.

5
Der Bundesgerichtshof ist zur Entscheidung über die sofortigen Beschwerden und die Anschlussbeschwerden nicht mehr berufen. Die Voraussetzungen für die Vorlage an den Bundesgerichtshof sind inzwischen weggefallen.
6
1. Die Vorlagevoraussetzungen nach § 28 Abs. 2 Satz 1 FGG entfallen, wenn der Bundesgerichtshof nach dem Vorlagebeschluss die streitige Frage im Sinn des vorlegenden Oberlandesgerichts entscheidet. Die Wahrung der Rechtseinheit, der die Divergenzvorlage dient, erfordert nicht, dass der Bundesgerichtshof die umstrittene Rechtsfrage nochmals entscheidet (BGH, Beschluss vom 7. April 1952 - IV ZB 23/52, BGHZ 5, 356, 358; Beschluss vom 1. Juni 1955 - V ZB 38/54, WM 1955, 1203, 1204; Beschluss vom 27. Juni 1985 - VII ZB 25/84, WM 1985, 1325, 1326; Beschluss vom 25. September 2003 - V ZB 40/03, NJW 2003, 3554, 3555).
7
Die Zulässigkeit der Vorlage ist nach § 28 Abs. 2 Satz 1 FGG zu beurteilen , dessen entsprechende Anwendung in § 12 Abs. 2 Satz 2 SpruchG in der Fassung des Gesetzes vom 12. Juni 2003 (BGBl. I S. 838) angeordnet war. Nach Art. 111 Abs. 1 FGG-RG finden das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und das Spruchverfahrensgesetz in der bis zum 1. September 2009 geltenden Fassung weiter Anwendung, wenn das Verfahren in erster Instanz vor Inkrafttreten des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) am 1. September 2009 eingeleitet worden ist (BGH, Beschluss vom 19. Juli 2010 - II ZB 18/09, BGHZ 186, 229 Rn. 5 - STOLLWERCK). Das Spruchverfahren wurde 2007 eingeleitet.
8
2. Die Rechtsfrage, die der Vorlage zugrunde lag, hat der Senat nach dem Vorlagebeschluss unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung (BGH, Beschluss vom 12. März 2001 - II ZB 15/00, BGHZ 147, 108, 118) im Sinn des Oberlandesgerichts entschieden (BGH, Beschluss vom 19. Juli 2010 - II ZB 18/09, BGHZ 186, 229 Rn. 20 ff. - STOLLWERCK). Danach ist der einer angemessenen Abfindung zugrunde zu legende Börsenwert der Aktie grundsätzlich aufgrund eines nach Umsatz gewichteten Durchschnittskurses innerhalb einer dreimonatigen Referenzperiode vor der Bekanntmachung einer Strukturmaßnahme zu ermitteln. Er ist lediglich dann entsprechend der allgemeinen oder branchentypischen Wertentwicklung unter Berücksichtigung der seitherigen Kursentwicklung hochzurechnen, wenn zwischen der Bekanntgabe der Strukturmaßnahme und dem Tag der Hauptversammlung ein längerer Zeitraum verstreicht - was hier nicht der Fall ist - und die Entwicklung der Börsen- kurse eine Anpassung geboten erscheinen lässt. Zwar betraf die Entscheidung des Senats vom 19. Juli 2010 die Abfindung nach der Übertragung von Aktien auf den Hauptaktionär (§ 327b Abs. 1 Satz 1 AktG), während hier die Abfindung nach einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag (§ 305 Abs. 1 AktG) und die Höhe des Pflichtangebots nach dem Widerruf der Börsenzulassung auf Veranlassung der Gesellschaft zu bestimmen sind. Trotz des unterschiedlichen Tatbestands ist aber die gleiche Rechtsfrage betroffen. Bei der Barabfindung bei Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags (§ 305 Abs. 3 Satz 2 AktG) sind ebenso wie bei der Abfindung nach einer Übertragung der Aktien auf den Hauptaktionär (§ 327b Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AktG) die Verhältnisse der Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschlussfassung der Hauptversammlung zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 19. Juli 2010 - II ZB 18/09, BGHZ 186, 229 Rn. 6 - STOLLWERCK). Dasselbe gilt - entsprechend diesen Vorschriften und § 30 Abs. 1 Satz 1 UmwG - bei dem nach der Rechtsprechung des Senats erforderlichen (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 2002 - II ZR 133/01, BGHZ 153, 47, 57) Pflichtangebot für den Kauf von Aktien der Minderheitsaktionäre bei einem Delisting, für das nicht auf den bei der Beschlussfassung der Hauptversammlung noch unbekannten Zeitpunkt des Widerrufs der Börsenzulassung abzustellen ist (Riegger in KK-SpruchG, Anh. § 11 Rn. 5; aA Klöcker/Frowein, Spruchverfahrensgesetz, § 1 Anh. Rn. 2).
Bergmann Reichart Drescher Born Sunder
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 06.03.2008 - 31 O 32/07 KfH AktG -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 18.12.2009 - 20 W 2/08 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Juni 2011 - II ZB 2/10

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Juni 2011 - II ZB 2/10

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

FGG-Reformgesetz - FGG-RG | Art 111 Übergangsvorschrift


(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Ref

Aktiengesetz - AktG | § 305 Abfindung


(1) Außer der Verpflichtung zum Ausgleich nach § 304 muß ein Beherrschungs- oder ein Gewinnabführungsvertrag die Verpflichtung des anderen Vertragsteils enthalten, auf Verlangen eines außenstehenden Aktionärs dessen Aktien gegen eine im Vertrag besti
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Spruchverfahrensgesetz - SpruchG | § 12 Beschwerde


(1) Gegen die Entscheidungen nach § 11 findet die Beschwerde statt. Sie ist durch Einreichung einer Beschwerdeschrift bei dem Beschwerdegericht einzulegen; § 68 Absatz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der

Aktiengesetz - AktG | § 327b Barabfindung


(1) Der Hauptaktionär legt die Höhe der Barabfindung fest; sie muss die Verhältnisse der Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschlussfassung ihrer Hauptversammlung berücksichtigen. Der Vorstand hat dem Hauptaktionär alle dafür notwendigen Unterlagen zur V

Umwandlungsgesetz - UmwG 1995 | § 30 Inhalt des Anspruchs auf Barabfindung und Prüfung der Barabfindung


(1) Die Barabfindung muß die Verhältnisse des übertragenden Rechtsträgers im Zeitpunkt der Beschlußfassung über die Verschmelzung berücksichtigen. § 15 Abs. 2 ist auf die Barabfindung entsprechend anzuwenden. (2) Die Angemessenheit einer anzubietend

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Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 15/00
vom
12. März 2001
in dem Verfahren, an dem beteiligt sind:
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Das Recht der außenstehenden Aktionäre auf Festsetzung eines angemessenen
Ausgleichs bzw. einer angemessenen Abfindung gemäß §§ 304, 305 AktG
bleibt auch dann bestehen, wenn die abhängige AG während des Spruchstellenverfahrens
in die herrschende AG eingegliedert wird (Ergänzung zu BGHZ
135, 374 - Guano).

b) Der außenstehende Aktionär der beherrschten AG ist grundsätzlich unter Berücksichtigung
des an der Börse gebildeten Verkehrswertes der Aktie abzufinden.
Ihm ist jedoch der Betrag des quotal auf die Aktie bezogenen Unternehmenswertes
(Schätzwertes) zuzubilligen, wenn dieser höher ist als der Börsenwert.
Dieser Grundsatz ist auch für die Bemessung des variablen Ausgleichs maßge-
bend.

c) Der Festsetzung der angemessenen Barabfindung bzw. der Ermittlung der
Verschmelzungswertrelation (Abfindung) und des angemessenen Umtauschverhältnisses
(variabler Ausgleich) ist ein Referenzkurs zugrunde zu legen
, der - unter Ausschluß außergewöhnlicher Tagesausschläge oder kurzfri-
stiger sich nicht verfestigender sprunghafter Entwicklungen - aus dem Mittel
der Börsenkurse der letzten drei Monate vor dem Stichtag gebildet wird.

d) Der Bewertung der Aktien sowohl der beherrschten als auch der herrschenden
AG ist grundsätzlich der Börsenkurs zugrunde zu legen, damit möglichst gleiche
Ausgangsvoraussetzungen für die Bestimmung der Wertrelation vorliegen.
Auf den Schätzwert kann nur ausnahmsweise bei Vorliegen bestimmter
Voraussetzungen ausgewichen werden.
BGH, Beschluß vom 12. März 2001 - II ZB 15/00 - OLG Düsseldorf
LG Köln
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 12. März 2001 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Henze,
Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und die Richterin Münke

beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 3 wird der Beschluß der 11. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 16. Dezember 1992 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der sofortigen Beschwerde, an das Landgericht zurückverwiesen.

Gründe:


I. Die Deutsch-Atlantische Telegraphen-Gesellschaft (Beteiligte zu 4; künftig: DAT) und die Beteiligte zu 5 (künftig: Altana) schlossen am 16. Mai 1988 einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, der nach Zustimmung ihrer Hauptversammlungen am 5. bzw. 14. Juli 1988 am 29. Juli 1988 in das Handelsregister eingetragen worden ist. In dem Vertrag garantiert Altana den außenstehenden Aktionären der DAT für jede Aktie im Nennwert von 50,-- DM einen jährlichen Ausgleich in Höhe des 1,3-fachen der auf eine ihrer Aktien im Nennwert von 50,-- DM entfallenden Dividende. Als Abfindung sollen für zehn Aktien der DAT 13 Aktien der Altana gewährt werden. Wahlweise bietet Altana den DAT-Aktionären den Kauf ihrer Aktien für 550,-- DM pro Stück
an. Entsprechende Rechte der DAT-Aktionäre sind für Aktien mit höheren Nennbeträgen vereinbart.
Die Beteiligten zu 1 bis 3 halten Ausgleich und Abfindung für unangemessen. Sie verlangen die gerichtliche Festsetzung höherer Leistungen, die sie aus dem Börsenkurs herleiten, zu dem die DAT-Aktie bis zum Beschluß der Hauptversammlung der DAT über die Zustimmung zu dem Unternehmensvertrag im amtlichen Handel an der Börse gehandelt worden ist.
Nachdem Altana die bis Ende 1987 an DAT erlangte Beteiligung von ca. 91,31 % auf 95,006 % aufgestockt hatte, vollzogen die Gesellschaften die Eingliederung der DAT in Altana, die am 27. August 1990 in das Handelsregister eingetragen worden ist. Als Abfindung hat Altana den außenstehenden Aktionären von DAT 14 Altana-Aktien für zehn DAT-Aktien bzw. - wahlweise - die Übernahme einer DAT-Aktie für 600,-- DM angeboten. Das mit dem Ziel einer Erhöhung der Abfindung anhängig gemachte Spruchstellenverfahren ist durch Beschluß des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. Mai 2000 (19 W 5/93) abgeschlossen worden, das den DAT-Aktionären eine Zuzahlung von 43,45 DM für je 0,1 Altana-Aktien zugesprochen hat.
Im vorliegenden Verfahren hat das Landgericht die Anträge nach Einholung eines Gutachtens zur Angemessenheit von Ausgleich und Abfindung mit Beschluß vom 16. Dezember 1992 zurückgewiesen. Die Berücksichtigung des Börsenkurses hat es abgelehnt. Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 3 mit Beschluß vom 2. August 1994 mit der Maßgabe einer Zuzahlung von 35,60 DM je 0,1 Altana-Aktie zurückgewiesen. Eine Berücksichtigung des Börsenkurses hat es ebenfalls abgelehnt. Auf
die Verfassungsbeschwerde der Beteiligten zu 1 hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluß vom 27. April 1999 (1 BvR 1613/94, ZIP 1999, 1436) die Entscheidung des Beschwerdegerichts mit der Begründung aufgehoben, sie verletze die Beteiligte zu 1 in ihrem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG, weil der Börsenkurs der DAT-Aktie bei der Bemessung von Ausgleich und Abfindung nicht berücksichtigt worden sei.
Das Beschwerdegericht hat nunmehr die sofortigen Beschwerden dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt. Es meint, Barabfindung und Umtauschverhältnis müßten unter Berücksichtigung des für den Tag der Beschlußfassung der Hauptversammlung der DAT maßgebenden Börsenkurses der DAT-Aktie festgesetzt werden. Daran sieht es sich jedoch durch den Beschluß des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 4. Februar 2000 (DB 2000, 709) gehindert, das als Referenzkurs das Mittel der Börsenkurse zugrunde gelegt hat, die in dem vor dem Beschluß der Hauptversammlung der abhängigen Gesellschaft liegenden Zeitraum von etwa acht Monaten festgesetzt worden sind.
Die Beteiligten zu 1 und 2 sowie die Beteiligten zu 4 und 5 lehnen übereinstimmend die Zugrundelegung eines Stichtagskurses ab. Die Beteiligte zu 1 und die Beteiligten zu 4 und 5 sehen in einem Wertverhältnis von 20,2 AltanaAktien zu zehn DAT-Aktien eine tragfähige Basis für eine Abfindung, wobei die Beteiligte zu 1 die Kurse der Jahre 1986 bis 1988 zugrunde legt, die Beteiligten zu 4 und 5 die Kurse des Jahres 1988 ausklammern möchten. Der Beteiligte zu 2 möchte für die Ermittlung der Durchschnittswerte nur eine relativ kurze Zeitspanne berücksichtigen.
II. Die Voraussetzungen für eine Vorlage nach § 28 Abs. 2 FGG sind aus den vom Beschwerdegericht in seinem Vorlagebeschluß angeführten Gründen gegeben.
Entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 4 und 5 fehlt es an diesen Voraussetzungen nicht deswegen, weil durch die im Jahre 1990 vorgenommene Eingliederung während des Spruchstellenverfahrens der Unternehmensvertrag beendet worden ist und die Aktien der Beteiligten zu 1 bis 3 auf die Beteiligte zu 5 als Hauptgesellschaft übergegangen sind (§ 320 a Satz 1 AktG).
1. Die Eingliederung hat den Unternehmensvertrag nur mit Wirkung für die Zukunft beendet. Für die Zeit vom 29. Juli 1988 bis zum 27. August 1990 bleibt er hingegen bestehen. Für diesen Zeitraum steht den außenstehenden Aktionären der DAT ein angemessener Ausgleich zu. Stellt das Gericht fest, daß der nach dem Vertrag zu gewährende Ausgleich den Anforderungen der Angemessenheit nicht entspricht, hat es den Unternehmensvertrag für den Zeitraum seines Bestehens umzugestalten und einen angemessenen - höheren - Ausgleich festzusetzen. Die Eingliederung hat auf diesen Verfahrensablauf und sein Ergebnis keinen Einfluß. Hat der andere Vertragsteil den vertraglich vereinbarten Ausgleichsanspruch bereits erfüllt, muß er die Differenz zu dem durch das Gericht festgesetzten Ausgleich nachentrichten (allgemeine Meinung, vgl. Koppensteiner in: KK z. AktG, 2. Aufl. § 304 Rdn. 66).
Wie der Senat bereits entschieden hat, bleibt auch der Abfindungsanspruch der außenstehenden Aktionäre bestehen, wenn der Unternehmensvertrag während des Spruchstellenverfahrens beendet wird (BGHZ 135, 374 - Guano).

2. Anders als die Beteiligten zu 4 und 5 offenbar meinen, entfällt mit der Eingliederung auch nicht die Sachbefugnis der Beteiligten zu 1 bis 3. Allerdings verlieren die außenstehenden Aktionäre mit dem vom Gesetz (§ 320 a Satz 1 AktG) angeordneten Übergang der Aktien auf die Hauptgesellschaft ihre Mitgliedschaftsrechte. Aktienurkunden verbriefen nach § 320 a Satz 2 AktG bis zu ihrer Aushändigung an die Hauptgesellschaft nur einen - auf den für die Eingliederung maßgebenden Zeitpunkt bezogenen - Anspruch auf Abfindung. Wäre diese Regelung so zu verstehen, daß die außenstehenden Aktionäre mit der Eingliederung ihren Anspruch auf den angemessenen Ausgleich und die angemessene Abfindung, die ihnen aus Anlaß des abgeschlossenen Unternehmensvertrages zustehen und die vom Gericht im bereits rechtshängigen Spruchstellenverfahren noch festgesetzt werden müßten, verlieren, würde sie gegen das Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG verstoßen (vgl. für die Abfindung Hüffer, AktG 4. Aufl. § 305 Rdn. 4 b). Dieses Verständnis wäre mit dem Zweck der gesetzlichen Regelung von Ausgleich und Abfindung nicht in Einklang zu bringen. Das Ziel des Ausgleichs, den von den außenstehenden Aktionären erlittenen Verlust ihrer mitgliedschaftlichen Vermögensrechte zu kompensieren, würde verfehlt, wenn diese Leistung ersatzlos entfallen würde. Der Abfindungsanspruch , der den Verlust der mit der Mitgliedschaft verbundenen Herrschafts - und vom Ausgleich nicht erfaßten Vermögensrechte ausgleichen soll, würde entwertet, wenn er den außenstehenden Aktionären nicht in den vom Gesetz (§ 305 AktG) festgelegten Grenzen zustünde. Dazu gehört nicht nur die Art des Anspruchs (Abs. 2), sondern auch der zeitliche Rahmen, in dem er geltend gemacht werden kann (Abs. 4), und der Zeitpunkt, der für seine Bemessung maßgebend ist (Abs. 3 Satz 2; vgl. dazu BGHZ 135, 374, 378 ff. - Guano). Fällt beispielsweise die Bewertung der Abfindung für den Zeitpunkt,
der für den Unternehmensvertrag maßgebend ist, günstiger aus als für den der Eingliederung und würde eine Abfindung nur aus Anlaß der Eingliederung gewährt , obwohl die Frist für die Geltendmachung des aus dem Unternehmensvertrag folgenden Abfindungsanspruchs (§ 304 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 305 Abs. 5 Satz 4 AktG) noch nicht abgelaufen ist, würden die außenstehenden Aktionäre in ihren Eigentumsrechten verletzt. Die Regelung der §§ 304 f., 320 a AktG ist daher verfassungskonform dahin auszulegen, daß das Recht der außenstehenden Aktionäre auf Festsetzung eines angemessenen Ausgleichs bzw. einer angemessenen Abfindung auch dann bestehen bleibt, wenn die abhängige AG während des Spruchstellenverfahrens in die herrschende AG eingegliedert wird (i.E. ebenso OLG Düsseldorf, AG 1995, 85, 86; OLG Celle, AG 1973, 405, 406; Koppensteiner in: KK z. AktG aaO § 304 Rdn. 64; Hüffer, AktG aaO § 305 Rdn. 4 b; Geßler in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG § 304 Rdn. 134; J. Schmidt, Das Recht der außenstehenden Aktionäre 1979, S. 48; a.A. Hengeler, FS Möhring 1975, S. 197, 200).
Soweit die Beteiligten zu 4 und 5 den Beteiligten zu 1 bis 3 infolge der Eingliederung bereits eine Abfindung geleistet haben und sich herausstellen sollte, daß die aus dem Unternehmensvertrag zu leistende Abfindung für die außenstehenden Aktionäre günstiger ist, ist die frühere Leistung anzurechnen.
III. Die sofortigen Beschwerden der Beteiligten zu 1 bis 3 sind zulässig (§§ 306 Abs. 2, 99 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. §§ 99 Abs. 1 AktG, 28 Abs. 2 FGG). Sie sind auch begründet.
1. Das Landgericht ist auf der Grundlage von zwei gutachterlichen Unternehmensbewertungen , die zu einem Umtauschverhältnis von 1:1,28 bzw. 1:1,12 gekommen sind, zu dem Ergebnis gelangt, daß das im Unternehmensvertrag für den variablen Ausgleich und die Abfindung zugrunde gelegte Umtauschverhältnis von 1 (DAT-Aktie) zu 1,3 (Altana-Aktien) angemessen ist. Aus diesem Grunde hat es die Anträge der Beteiligten zu 1 bis 3 zurückgewiesen. Eine Berücksichtigung des Börsenkurses als Ermessensgrundlage hat es in Übereinstimmung mit der im Zeitpunkt seiner Entscheidung in Rechtsprechung und Lehre vertretenen allgemeinen Ansicht ausdrücklich abgelehnt. Das steht nach den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts vom 27. April 1999 - 1 BvR 1613/94 (ZIP 1999, 1436) und vom 8. September 1999 - 1 BvR 301/89 (ZIP 1999, 1804) in Widerspruch zu der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG. Die Entscheidung des Landgerichts ist daher mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.
2. Wie bereits das Oberlandesgericht in seinem vom Bundesverfassungsgericht aufgehobenen Beschluß ausgeführt hat, kann dem Vortrag der Beteiligten nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden, ob es sich bei Altana um eine von einem anderen Unternehmen abhängige AG handelt oder ob sie unabhängig ist. Da das in Betracht kommende herrschende Unternehmen - die Erben nach Dr. H. Q. - keine AG oder KGaA ist, können als Abfindungsregelungen nur diejenigen der Nr. 1 oder Nr. 3 des § 305 Abs. 2 AktG angewandt werden. Beide Regelungen sind in dem Unternehmensvertrag vom 16. Mai 1988 mit verpflichtender Wirkung getroffen (§§ 4, 5 des Vertrages). Wie das Oberlandesgericht seinerzeit zu Recht ausgeführt hat, kann die Frage der Unabhängigkeit oder Abhängigkeit der Altana daher offenbleiben.

3. Maßgebend für den im Unternehmensvertrag festgelegten variablen Ausgleich ist die Angemessenheit des Umrechnungsverhältnisses im Sinne des § 304 Abs. 2 Satz 3 AktG. Es ist unter Berücksichtigung des Börsenkurses der Aktien festzustellen (BVerfG, Beschl. v. 8. September 1999 - 1 BvR 301/89, ZIP 1999, 1804, 1805 - Hartmann & Braun). Für die Bestimmung der Abfindung in Aktien ist die Verschmelzungswertrelation im Sinne des § 305 Abs. 3 Satz 1 und 2 AktG, für die Angemessenheit der Barabfindung die Regelung des § 305 Abs. 3 Satz 2 AktG zugrunde zu legen. Bei der Bestimmung dieser Abfindung ist ebenfalls der Börsenwert der Aktien zu berücksichtigen (BVerfG, Beschl. v. 27. April 1999 - 1 BvR 1613/94, ZIP 1999, 1436, 1440 ff. - DAT-Altana).

a) Die Barabfindung im Sinne des § 305 Abs. 2 Nr. 3 AktG ist nur dann angemessen, wenn dem außenstehenden Aktionär eine volle Entschädigung gewährt wird. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. April 1999 (aaO S. 1441) ist der Verkehrswert der Aktie die untere Grenze des dem Aktionär zu zahlenden Entschädigungsbetrages. Er wird als ein Wert verstanden, der durch die Verkehrsfähigkeit der Aktie geprägt wird und dem Betrag entspricht, den der Aktionär aufgrund der Möglichkeit, sie frei zu veräußern , auf dem dafür relevanten Markt zu erzielen vermag. Der Verkehrswert der Aktie ist, wie das Bundesverfassungsgericht weiter ausgeführt hat, in der Regel mit dem Börsenwert identisch. Da er stets die untere Grenze der wirtschaftlich vollen Entschädigung bildet, muß dem außenstehenden Aktionär grundsätzlich mindestens der Börsenwert als Barabfindung gezahlt werden.
Der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts (aaO S. 1442) gibt weiter vor, daß bei der Abfindung in Aktien der herrschenden Gesellschaft der für die
Bestimmung der Verschmelzungswertrelation erforderlichen Unternehmensbewertung der - börsennotierten - abhängigen Gesellschaft der Börsenwert grundsätzlich als Untergrenze der Bewertung zugrunde zu legen ist. Aus dieser Vorgabe folgt, daß bei der Verschmelzungswertrelation (vgl. § 305 Abs. 3 Satz 1 AktG) die Summe der Verkehrswerte der Aktien der abhängigen Gesellschaft als untere Grenze des Unternehmenswertes maßgebend ist. Da der Verkehrswert in der Regel mit dem Börsenwert identisch ist, ergibt sich daraus, daß Ausgangspunkt für die Ermittlung der Verschmelzungswertrelation auf seiten der beherrschten Gesellschaft grundsätzlich die Summe der Börsenwerte der Aktien dieser Gesellschaft ist.
Die Gleichstellung von Börsen- und Verkehrswert beruht auf der Annahme , daß die Börse auf der Grundlage der ihr zur Verfügung gestellten Informationen und Informationsmöglichkeiten die Ertragskraft des Gesellschaftsunternehmens , um dessen Aktien es geht, zutreffend bewertet, der Erwerber von Aktien sich an dieser Einschätzung durch den Markt orientiert und sich daher Angebot und Nachfrage danach regulieren, so daß sich die Marktbewertung in dem Börsenkurs der Aktien niederschlägt (vgl. dazu Fleischer, ZGR 2001, 1, 27 f.). Beabsichtigt ein anderes - herrschendes - Unternehmen, sich dieses Gesellschaftsunternehmen mit seiner Ertragskraft im Rahmen eines Unternehmensvertrages zunutze zu machen, muß es bei der Verwirklichung seiner Intentionen diese Wertschätzung des Marktes akzeptieren und daran die Abfindung der außenstehenden Aktionäre ausrichten, die sich zum Ausscheiden aus der sich in die Abhängigkeit begebenden Gesellschaft entschließen.
Der Börsenwert kommt als Untergrenze der Barabfindung bzw. der Bewertung bei der Ermittlung der Verschmelzungswertrelation nicht in Betracht, wenn er den Verkehrswert der Aktien nicht widerspiegelt. Das kommt sowohl bei der Barabfindung als auch bei der Abfindung in Aktien grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn über einen längeren Zeitraum mit Aktien der Gesellschaft praktisch kein Handel stattgefunden hat, aufgrund einer Marktenge der einzelne außenstehende Aktionär nicht in der Lage ist, seine Aktien zum Börsenpreis zu veräußern oder der Börsenpreis manipuliert worden ist (BVerfG aaO, S. 1442). In diesen Fällen muß der Verkehrswert des Gesellschaftsunternehmens im Wege der Schätzung (§§ 287 Abs. 2 ZPO, 738 Abs. 2 BGB) nach einer der anerkannten betriebswirtschaftlichen Methoden ermittelt werden.
Der Börsenwert der Aktie sowie der daraus gebildete Börsenunternehmenswert können mit dem nach § 287 Abs. 2 ZPO ermittelten Unternehmenswert sowie der quotal darauf bezogenen Aktie übereinstimmen. Mit Rücksicht auf die unterschiedlichen Ansätze, die der Bewertung durch den Markt und der Preisbemessung bei der Unternehmensveräußerung (vgl. dazu BGH, Urt. v. 20. September 1971 - II ZR 157/68, WM 1971, 1450; v. 24. September 1984 - II ZR 256/83, WM 1984, 1506) sowie der Wertermittlung durch sachverständige Begutachtung (vgl. dazu IDW Standard, Wpg 2000, 825, 827) zugrunde liegen, können diese Werte differieren (vgl. zur Unterschiedlichkeit der Wertvorstellungen Piltz, ZGR 2001, 185, 192 ff.). Da nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts im Rahmen der Abfindung dem an der Börse gebildeten Verkehrswert aufgrund der Verkehrsfähigkeit der Aktie und der daran zu messenden Entschädigung des Aktionärs der Vorrang gebührt, ist der Minderheitsaktionär unter Berücksichtigung des Verkehrswertes der Aktie abzufinden,
wenn dieser Wert höher ist als der Schätzwert. Ist jedoch der Schätzwert höher als der Börsenwert, steht dem Aktionär der höhere Betrag des quotal auf die Aktie bezogenen Schätzwertes zu.
Diese Grundsätze sind auch für die Bemessung des variablen Ausgleichs im Sinne des § 304 Abs. 2 Satz 2 AktG maßgebend (BVerfG, Beschl. v. 8. September 1999 - 1 BvR 301/89, ZIP 1999, 1804 - Hartmann & Braun). Zwar stellt diese Vorschrift anders als § 305 Abs. 3 Satz 1 AktG nicht auf die dem Umwandlungsgesetz entlehnte Verschmelzungswertrelation, sondern auf ein "angemessenes Umrechnungsverhältnis" ab. Die Grundlagen für diese Bemessung stimmen jedoch mit denen der Ermittlung der Verschmelzungswertrelation überein (vgl. Kropff, AktG 1965, S. 395).

b) Nach den bereits zitierten Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts verlangt Art. 14 Abs. 1 GG nicht, daß als Untergrenze der Barabfindung sowie der Ermittlung der Verschmelzungswertrelation bzw. des angemessenen Umtauschverhältnisses auf seiten der beherrschten Gesellschaft der Börsenkurs zum Bewertungsstichtag gemäß § 305 Abs. 3 Satz 2 AktG maßgebend sein muß. Das entscheidende Gericht könne auch auf einen Durchschnittskurs im Vorfeld der Bekanntgabe des Unternehmensvertrages zurückgreifen. Zwar schreibe das Gesetz vor, die angemessene Barabfindung müsse die Verhältnisse der AG "im Zeitpunkt der Beschlußfassung ihrer Hauptversammlung" über den Vertrag - das gleiche gilt für die Ermittlung der Verschmelzungswertrelation und des angemessenen Umtauschverhältnisses - berücksichtigen. Zu den im Berücksichtigungszeitpunkt maßgeblichen Verhältnissen gehöre jedoch nicht nur der Tageskurs, sondern auch ein auf diesen Tag bezogener Durchschnittswert.

Nach diesen verfassungsgerichtlichen Vorgaben kommen für die Festsetzung der angemessenen Barabfindung bzw. die Ermittlung der Verschmelzungswertrelation und des angemessenen Umtauschverhältnisses sowohl der Börsenkurs zum Stichtag der Hauptversammlung als auch ein auf den Stichtag bezogener Durchschnittskurs in Betracht, der aus den für einen bestimmten Zeitraum festgestellten Kursen gebildet wird (zu dem Diskussionsstand vgl. Piltz, ZGR 2001, 185, 200 f.). Der Senat sieht sich aus Gründen der Rechtssicherheit veranlaßt, auf einen auf den Stichtag im Sinne des § 305 Abs. 3 Satz 2 AktG bezogenen Durchschnittskurs abzustellen. Die Befürchtung des Bundesverfassungsgerichts, bei Zugrundelegung des Stichtagsprinzips könnten Marktteilnehmer den Börsenkurs in ihrem Interesse beeinflussen, ist nicht von der Hand zu weisen. Solche Manipulationen werden erheblich erschwert, mit einiger Wahrscheinlichkeit sogar ausgeschlossen, wenn ein durchschnittlicher Referenzkurs gewählt wird. Da dieser Referenzkurs auf den Tag zu beziehen ist, an dem die Hauptversammlung der beherrschten AG dem Abschluß des Unternehmensvertrages zugestimmt hat, muß er aus den in einem Zeitraum festgestellten und berücksichtigungsfähigen Kursen gebildet werden, der in größtmöglicher Nähe zu diesem Stichtag liegt. Das Erfordernis dieser Nähe läßt es ferner geboten erscheinen, einen relativ kurzen Zeitraum zu wählen. Der Senat hält einen solchen von drei Monaten, der unmittelbar vor der Hauptversammlung der beherrschten AG liegt, für erforderlich, aber auch ausreichend , um den aufgezeigten Gefahren wirksam begegnen zu können. Um einen Referenzkurs zu erlangen, der eine kontinuierliche Entwicklung des Börsenkurses in dem maßgebenden Zeitraum repräsentiert, müssen außergewöhnliche Tagesausschläge oder sprunghafte Entwicklungen binnen weniger
Tage, die sich nicht verfestigen - gleichgültig, ob es sich um steigende oder fallende Kurse handelt - unberücksichtigt bleiben.
Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß der Börsenkurs insbesondere dann die Erwartung von (positiven) Synergieeffekten einschließt, wenn er sich in zeitlicher Nähe des Abschlusses des Unternehmensvertrages, der dazu beschlossenen Zustimmung der Hauptversammlung der daran beteiligten AG oder dazu ergangener ad hoc-Mitteilungen (§ 15 WphG) gebildet hat. Der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts schließt die Berücksichtigung derartiger Effekte nicht aus, sondern schreibt die Entschädigung zum Börsenkurs als Untergrenze ohne eine derartige Einschränkung vor. Bestätigt wird das durch die Erwägung in den Beschlußgründen, die Minderheitsaktionäre dürften nicht weniger erhalten als sie bei einer freien Deinvestitionsentscheidung zum Zeitpunkt des Unternehmensvertrages erlangt hätten (Beschl. v. 27. April 1999 aaO S. 1440).
Gegen die Berücksichtigung dieser Effekte können keine Einwände erhoben werden. Sog. unechte Verbundvorteile (vgl. dazu Werner in: FS Steindorff 1990, S. 301, 315; auch IDW Standard, Wpg 2000, 825, 830) fließen ohnehin nach allgemeiner Meinung in den Ertragswert der abhängigen AG ein. Die Berücksichtigung sog. echter Verbundvorteile - also solcher, die das beherrschte Unternehmen nicht allein, sondern nur durch den Hinzutritt des herrschenden Unternehmens erzielen kann - ist zwar in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten (vgl. dazu die Übersichten bei Hüffer aaO § 305 Rdn. 22; Koppensteiner in: KK z. AktG aaO § 305 Rdn. 33, 34; Fleischer, ZGR 2001, 1, 27; ablehnend BGHZ 138, 136, 140). Allerdings wird auch nachdrücklich die Meinung vertreten, die Vorschrift des § 305 Abs. 3 Satz 2 AktG schließe sie
keineswegs aus (Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht 3. Aufl. M I 7 c - S. 118). Ein Teil des Schrifttums ist ferner der Ansicht , für die Barabfindung sei nicht der die Berücksichtigung der Verbundeffekte ausschließende Grenzpreis, sondern der sie beinhaltende Schiedswert des Unternehmens maßgebend (vgl. die Nachw. bei Koppensteiner in: KK z. AktG aaO § 305 Rdn. 33, 34). Gegen ihre Berücksichtigung wird angeführt, letztlich könne im voraus nicht erkannt werden, bei welcher Gesellschaft die Synergieeffekte auftreten. Das liege schließlich in der Hand des Vorstandes der herrschenden Gesellschaft (Koppensteiner in: KK z. AktG aaO § 305 Rdn. 33, 34).
Gegen die Berücksichtigung dieser Effekte beim Aktienumtausch wird angeführt, die Gleichstellung der Umtauschrelation mit der Wertrelation im Verschmelzungsrecht schließe die echten Verbundeffekte aus. Sie kämen dem einheitlichen Unternehmen zugute, ohne daß festgestellt werden könne, welches der dazu verschmolzenen Unternehmen zu der Entstehung der Synergieeffekte beigetragen habe (Werner in: FS Steindorff aaO S. 316).
Es mag auch im Rahmen eines Unternehmensvertrages Schwierigkeiten bereiten, im einzelnen festzustellen, welche Verbundeffekte bei der beherrschten Gesellschaft eintreten und welche - zusätzlich - dem herrschenden Unternehmen zugute kommen. Es trifft sicher auch zu, daß bei dem Abschluß eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages Verbundeffekte, die bei der beherrschten Gesellschaft eintreten, dem herrschenden Unternehmen und damit auch den außenstehenden Aktionären der beherrschten Gesellschaft zugute kommen, die durch Tausch seine Aktien erwerben. Sind die Effekte jedoch , was im vorliegenden Falle nicht ausgeschlossen werden kann, bei der
Preisbildung vom Markt berücksichtigt worden, müssen sie sowohl bei der Barabfindung als auch bei der Herstellung der Verschmelzungswertrelation bzw. des angemessenen Umtauschverhältnisses im Börsenpreis belassen werden. Denn es kann nicht festgestellt werden, welche Bedeutung ihnen der Markt im einzelnen beigemessen hat und in welchem Umfange sie sich auf den Preis ausgewirkt haben. Da der Markt insoweit eine Bewertung sowohl beim beherrschten als auch beim herrschenden Unternehmen vorgenommen hat, ist die Wertrelation gewahrt. Nachteile erleidet keiner der Aktionäre der beiden Gesellschaften.
Im Schrifttum wird weiter die Ansicht vertreten, "Abfindungsspekulationen" müßten nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts unberücksichtigt bleiben (Wilm, NZG 1999, 234, 239). Das trifft nur insoweit zu, als sie auf Börsenkursmanipulationen beruhen. Entwickeln sich jedoch höhere Börsenpreise aufgrund der Erwartung der Marktteilnehmer, infolge des Abschlusses des Unternehmensvertrages eine günstige Abfindung erreichen zu können, beruht das einmal auf dem Marktgesetz, daß Angebot und Nachfrage die Preise bestimmen, zum anderen darauf, daß darin die Einschätzung des Marktes über die zu erwartenden unechten und echten Synergieeffekte zum Ausdruck kommt. In den Beschlußgründen des Bundesverfassungsgerichts wird das mit der Aussage berücksichtigt, die Minderheitsaktionäre dürften nicht weniger erhalten als sie bei einer freien Deinvestitionsentscheidung zum Zeitpunkt des Zustandekommens des Unternehmensvertrages erlangt hätten (Beschl. v. 27. April 1999 aaO S. 1440).

c) Das Bundesverfassungsgericht hat weiter ausgeführt, von Verfassungs wegen sei es nicht geboten, zur Feststellung der Verschmelzungswer-
trelation bzw. des angemessenen Umtauschverhältnisses einen Börsenwert der herrschenden Gesellschaft als Obergrenze der Bewertung dieser Gesellschaft heranzuziehen, weil der abfindungsberechtigte Minderheitsaktionär keinen verfassungsrechtlich geschützten Anspruch darauf habe, daß die Aktien der herrschenden Gesellschaft höchstens mit ihrem Börsenkurs bei der Ermittlung der Relation berücksichtigt würden. Das entscheidende Gericht sei daher verfassungsrechtlich nicht gehindert, dem herrschenden Unternehmen einen höheren Wert beizumessen als den Börsenwert (Beschl. v. 27. April 1999 aaO S. 1442).
Diese Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts schließen jedoch nicht aus, daß auch der Börsenwert des herrschenden Unternehmens grundsätzlich seinem Verkehrswert entspricht. Er bildet sich unter den gleichen Marktverhältnissen wie derjenige der beherrschten Gesellschaft. Für seine Berücksichtigung im Rahmen der Verschmelzungswertrelation bzw. des angemessenen Umtauschverhältnisses gelten die gleichen Überlegungen, die oben für den Börsenwert der beherrschten Gesellschaft zu dem Referenzzeitraum (ein dreimonatiger an den Termin über die Beschlußfassung der Hauptversammlung der AG über den Vertrag heranreichender Zeitraum) und die Verbundeffekte dargelegt worden sind. Die Berücksichtigung dieses Referenzzeitraumes ist grundsätzlich geboten, um möglichst gleiche Ausgangsvoraussetzungen für die Bestimmung der Wertrelation zu schaffen (vgl. dazu Piltz, ZGR 2001, 185, 203 f.).
Auch der Börsenwert des herrschenden Unternehmens kann von seinem Verkehrswert abweichen. Zum Nachweis dieser Voraussetzungen genügt jedoch grundsätzlich nicht allein die Einholung eines Sachverständigengutach-
tens über den Unternehmenswert; vielmehr bedarf es der Darlegung und des Beweises von Umständen, aus denen auf die Abweichung des Börsenkurses vom Verkehrswert zu schließen ist. Das Bundesverfassungsgericht hat als Beispiel die schlechte Verfassung der Kapitalmärkte angeführt. Ein solcher Umstand muß sich nicht nur im Börsenkurs des herrschenden Unternehmens, sondern auch in den Kursen der Indizes (z.B. DAX 30, DAX 100, NEMAX, EUROSTOXY 50) niedergeschlagen haben.

d) Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze kommen eine Abfindung der außenstehenden Aktionäre der DAT in Form der Bar- oder Aktienabfindung und ein variabler Ausgleich nur unter Berücksichtigung des Börsenkurses der Aktie dieser Gesellschaft in Betracht, der sich als Mittelwert der Kurse ergibt, die in der Zeit vom 6. April bis zum 5. Juli 1988 gebildet worden sind.
Der quotal auf eine Aktie im Nennwert von 50,-- DM entfallende Unternehmenswert errechnet sich für den Tag der Hauptversammlung der DAT auf 397,84 DM (40,5 Mio. DM Unternehmenswert dividiert durch 101.800 auf einen Nennwert von 50,-- DM umgerechnete Aktien). Nach den von den Beteiligten zu 4 und 5 zu den Akten gereichten Schaubildern hat sich der Börsenkurs der Aktie in der Zeit von April bis Juli 1988 etwa zwischen 1.000,-- DM und 1.200,-- DM bewegt. Er war somit deutlich höher als der anteilige Unternehmenswert und die von der Beteiligten zu 5 den außenstehenden Aktionären im Unternehmensvertrag (550,-- DM) und aus Anlaß der Eingliederung (600,-- DM) unterbreiteten Barabfindungsgebote. Die Aktien der Altana haben sich in dem fraglichen Zeitraum in einer Größenordnung von etwa 330,-- DM bis 360,-- DM bewegt. Legt man hier für beide Börsenkurse einen Durch-
schnittswert zugrunde, ergibt sich ein wesentlich höheres Umtauschverhältnis als in den Sachverständigengutachten festgestellt worden ist.
Die Beteiligten zu 4 und 5 haben nicht dargelegt, daß in der fraglichen Zeit beim Börsenhandel mit DAT eine Marktenge bestanden hat, die lediglich einen marginalen Handel mit diesen Aktien ermöglicht hätte, so daß der aufgrund derartiger Marktumstände gebildete Börsenpreis den Verkehrswert der Aktie nicht widerspiegeln könne. Der Handel mit DAT-Werten hat nach ihrem Vorbringen in dem Bezugszeitraum zu keinem Zeitpunkt über längere Zeit geruht. Er hat im Jahre 1988 im April an 15, im Juni an neun und im Mai und Juli an jeweils acht Tagen stattgefunden. Es ist nicht erkennbar, daß das für den Handel verfügbare Volumen geringer als 5 % gewesen wäre. Die Beteiligte zu 5 hatte Ende 1987 erst eine Beteiligung von 91,31 % erreicht, so daß noch 8,69 % der Aktien der DAT im freien Handel verfügbar waren. Daß sich die Umsätze im Jahre 1988 nur zwischen 2,5 % und 3,7 % des Aktienbestandes der DAT bewegt haben, wie die Beteiligten zu 4 und 5 vorgetragen haben, ist für sich genommen nicht erheblich. Schematisierende Betrachtungen, die ein Mindesthandelsvolumen von 3 % bis 5 % und einen Handel an mindestens jedem zweiten Tage im Monat fordern (so Wilm, NZG 1999, 234, 238 f.), erscheinen dem Senat nicht gerechtfertigt (ablehnend auch Piltz, ZGR 2001, 185, 202 f.). Grundsätzlich kommt ebensowenig ein Referenzzeitraum von mehr als drei Monaten, insbesondere von mehr als sechs Monaten (so Wilm aaO S. 239 und Luttermann, ZIP 1999, 45, 51), mit Rücksicht auf die oben angestellten Überlegungen in Betracht. Auch das Bundesverfassungsgericht hat darauf hingewiesen (Beschl. v. 27. April 1999 aaO S. 1443), es sei nicht ersichtlich , daß es der Beteiligten zu 1 unmöglich gewesen sei, ihre Aktien zu Börsenpreisen zu veräußern. Das gilt insbesondere auch für den Zeitraum von
April bis Juli 1988, und zwar nicht nur für die Beteiligte zu 1, sondern auch für die Beteiligten zu 2 und 3 sowie die übrigen außenstehenden Aktionäre.
4. Die Beteiligten zu 4 und 5 nehmen für sich einen Vertrauensschutz in Anspruch. Sie sind der Ansicht, sie hätten auf die bisherige Rechtsprechung zur Abfindung und zum variablen Ausgleich, die den Börsenkurs nicht berücksichtigt habe, vertrauen dürfen. Die geänderte Rechtsprechung, die sich zu ihrem Nachteil auswirke, könne im vorliegenden Fall nicht angewandt werden, weil sie nicht vorhersehbar gewesen sei und ihnen auch nicht zugemutet werden könne.
Das Oberlandesgericht hat im Ergebnis zu Recht die Gewährung eines solchen Vertrauensschutzes abgelehnt. Allerdings ist es richtig, daß die Beteiligten zu 4 und 5 aufgrund der bisherigen Rechtsprechung davon ausgehen konnten, daß der Börsenpreis weder bei der Barabfindung noch bei der Ermittlung der Verschmelzungswertrelation bzw. des angemessenen Umtauschverhältnisses berücksichtigt würde (vgl. die Übersicht bei Hüffer aaO § 305 Rdn. 20 a). Die kritischen Stimmen, die sich dagegen im Schrifttum erhoben haben, reichen in die Zeit des Vertragsschlusses sowie des Beginns der Rechtshängigkeit des Spruchstellenverfahrens nicht zurück, sondern sind sämtlich jüngeren Datums (Emmerich/Habersack, KonzernR 1998, § 305 Rdn. 35 m.w.N. in Fn. 55; Nachw. bei Hüffer aaO § 305 Rdn. 20 a). Die neuere Rechtsprechung hat darauf zurückhaltend reagiert und den Börsenkurs allenfalls für Ausnahmefälle anerkannt (vgl. BayObLGZ 1998, 231, 237 ff.).
Die Hinnahme dieser Rechtsprechungsänderung kann den Beteiligten zu 4 und 5 jedoch zugemutet werden. In der Rechtsprechung ist es anerkannt,
daß die sog. unechte Rückwirkung infolge einer Ä nderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Privatrecht nur in sehr engen Grenzen, und zwar nur dann eingeschränkt wird, wenn sie zur Beendigung eines - in der Regel Versorgungscharakter tragenden - Dauerschuldverhältnisses führen würde oder für den davon Betroffenen existenzbedrohende Auswirkungen hätte (vgl. BVerfGE 74, 129; BAGE 66, 228, 236 ff.; BGHZ 65, 190, 194 f.; 114, 127, 136 f.; 132, 119, 131 f.). Vergleichbare Auswirkungen sind bei den Beteiligten zu 4 und 5 nicht gegeben.
5. Der sofortigen Beschwerde ist somit stattzugeben. Der Senat sieht sich jedoch nicht in der Lage, eine abschließende Entscheidung zu treffen. Vielmehr bedarf es noch der Feststellung der Börsenwerte für die Aktien der Beteiligten zu 4 und 5 für den maßgebenden Referenzzeitraum, damit die Durchschnittswerte unter Eliminierung positiver oder negativer Kurssprünge ermittelt werden können. Nach dem Vortrag der Parteien sind die Aktien der DAT sowohl an der Börse in Frankfurt als auch in Düsseldorf gehandelt worden. Um zu erreichen, daß ein möglichst ausgeglichenes Durchschnittsergebnis für
den Referenzzeitraum festgestellt wird, sind die Kurse beider Börsen zu ermitteln und ein Durchschnittskurs aus den Kursfestsetzungen beider Börsen zu errechnen.

Röhricht Henze Goette
Kurzwelly Münke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 40/03
vom
25. September 2003
in der Wohnungseigentumssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Für die Prüfung der Vorlagevoraussetzungen ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes
auch dann maßgeblich, wenn sie erst nach einem Vorlagebeschluß
des Oberlandesgerichts ergangen ist.

b) Die Vorlage bleibt in einem solchen Fall aber zulässig, wenn der Bundesgerichtshof
die Vorlagefrage nicht im Sinne des vorlegenden Gerichts entschieden hat.
Auch ein Eigentümerbeschluß, mit dem einem ausgeschiedenen Verwalter Entlastung
erteilt wird, steht im Grundsatz nicht in Widerspruch zu einer ordnungsmäßigen
Verwaltung, sondern erst dann, wenn Ansprüche gegen den (ausgeschiedenen)
Verwalter erkennbar in Betracht kommen und nicht aus besonderen Gründen Anlaß
besteht, auf die hiernach möglichen Ansprüche zu verzichten (Fortführung von Senat
, Beschl. v. 17. Juli 2003, V ZB 11/03).
BGH, Beschl. v. 25. September 2003 - V ZB 40/03 - BayObLG
LG Passau
AG Passau
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 25. September 2003 durch
den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel, die Richter
Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und die Richterin Dr. Stresemann

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der Antragstellerin werden der Beschluß der 2. Zivilkammer des Landgerichts Passau vom 22. Juli 2002 und der Beschluß des Amtsgerichts Passau vom 3. Mai 2000 insoweit aufgehoben, als sie den Eigentümerbeschluß über die Verwalterentlastung für das Jahr 1997 betreffen. Der Beschluß der Wohnungseigentümerversammlung vom 12. September 1998 unter Tagesordnungspunkt 3 (Entlastung der Verwaltung für das Geschäftsjahr 1997) wird für ungültig erklärt. Im übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin , soweit über sie nicht durch den Beschluß des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 10. Juli 2003 entschieden ist, zurückgewiesen. Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 73.626,03

Gründe:


I.


Die Beteiligten zu 1 und 2 sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Anlage, die aus 57 Hotelappartements, einer Wohnung sowie sechs Ladenund Praxiseinheiten besteht. Seit dem 1. Januar 1998 ist die Beteiligte zu 3 Verwalterin der Anlage, zuvor war die Beteiligte zu 4 zur Verwalterin bestellt.
In der Eigentümerversammlung vom 12. September 1998 genehmigten die Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit die von der Beteiligten zu 4 vorgelegten Jahresabrechnungen für 1994 bis 1997 und beschlossen zu den Tagesordnungspunkten 3, 6, 8 und 10 die Entlastung der Beteiligten zu 4 für diesen Zeitraum.
Die Antragstellerin hat u.a. beantragt, diese Beschlüsse für ungültig zu erklären. Während die Anfechtung anderer Eigentümerbeschlüsse teilweise erfolgreich gewesen ist, hat das Amtsgericht die Anträge hinsichtlich der Jahresabrechnungen und Verwalterentlastung zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin ist ohne Erfolg geblieben.
Das Bayerische Oberste Landesgericht, das die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin betreffend die Anfechtung der Jahresabschlüsse für 1994 bis 1996 sowie eines Verpflichtungsantrages für 1997 zurückgewiesen hat, möchte dem Rechtsmittel stattgeben, soweit es sich gegen die Entlastung der früheren Verwalterin richtet. Es sieht sich hieran jedoch durch den Beschluß des Oberlandesgerichts Schleswig vom 23. Januar 2002 (ZMR 2002,
382) gehindert und hat insoweit die Sache durch Beschluß vom 10. Juli 2003 (ZfIR 2003, 777 mit Anm. Häublein, ZfIR 2003, 764) dem Bundesgerichtshof vorgelegt.

II.


Die Vorlage ist statthaft (§§ 43 Abs. 1, 45 Abs. 1 WEG i.V.m. § 28 Abs. 2 FGG).
1. Das vorlegende Gericht ist - unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung (etwa noch BayObLG NZM 1999, 504, 505) - der Ansicht, daß zwar keine konkreten Umstände ersichtlich seien, die zu einer Verweigerung der Entlastung führen müßten. Die Eigentümerbeschlüsse über die Entlastung seien aber gleichwohl für ungültig zu erklären, weil ein Beschluß über die Entlastung des Verwalters grundsätzlich nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche.
2. Mit dieser Auffassung weicht das vorlegende Gericht von einer nach § 28 Abs. 2 FGG zur Vorlage verpflichtenden Entscheidung ab. Insoweit ist allerdings die im Vorlagebeschluß herangezogene Divergenz zur Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts Schleswig (ZMR 2002, 382, 384) - wie im übrigen auch weiterer Oberlandesgerichte (vgl. etwa KG, NJW-RR 1997, 79, 80; OLG Düsseldorf, NZM 1999, 269, 270) - nicht mehr maßgeblich, weil der Senat über die betreffende Rechtsfrage inzwischen mit dem Beschluß vom 17. Juli 2003 (V ZB 11/03, zur Veröffentlichung - auch in BGHZ - vorgesehen) entschieden hat. Daß diese Entscheidung erst nach dem Vorlagebeschluß ergan-
gen ist, ändert nichts an ihrer Maßgeblichkeit für die Prüfung der Vorlagevoraussetzungen nach § 28 Abs. 2 Satz 1 FGG (vgl. BGHZ 5, 356, 358). Da der Senat die Rechtsfrage jedoch nicht im Sinne des vorlegenden Gerichts entschieden hat, ist an die Stelle der Divergenz zu den Entscheidungen der Oberlandesgerichte nun die Divergenz zu der Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofes getreten. Diese hindert das vorlegende Gericht nach § 28 Abs. 2 Satz 1 FGG weiterhin an einer abweichenden Entscheidung, so daß - im Unterschied zu einer Beantwortung der Rechtsfrage in Übereinstimmung mit dem vorlegenden Gericht (vgl. dazu BGHZ 5, 356, 357 f; Senat, Beschl. v. 1. Juni 1955, V ZB 38/54, WM 1955, 1203, 1204; BGH, Beschl. v. 27. Juni 1985, VII ZB 25/84, WM 1985, 1325, 1326) - die Notwendigkeit zur Vorlage an den Bundesgerichtshof unberührt geblieben ist (Jansen, FGG, 2. Aufl., § 28 Rdn. 31; a.A. wohl Meikel/Streck, Grundbuchrecht, 8. Aufl., § 80 Rdn. 37).

III.


Soweit der Senat auf Grund der Vorlage als Rechtsbeschwerdegericht über die sofortige weitere Beschwerde (Rechtsbeschwerde) zu entscheiden hat, ist das Rechtsmittel zulässig (§§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG, §§ 27, 29 FGG) und teilweise begründet.
1. Der Senat hat die Vorlagefrage in seinem Beschluß vom 17. Juli 2003 abweichend von der Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts dahin entschieden , daß ein Eigentümerbeschluß über die Entlastung eines Verwalters nicht grundsätzlich ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht. Hieran ist auch für die vorliegende Fallkonstellation festzuhalten, die durch die Entlastung ei-
nes ausgeschiedenen Verwalters gekennzeichnet ist. Die Erwägungen des Senats zur Bedeutung der Entlastung und der mit ihr verbundenen Verzichtswirkung sowie zur Prüfung des Entlastungsbeschlusses am Maßstab ordnungsmäßiger Verwaltung (§ 21 Abs. 3 WEG) treffen hier ebenfalls zu.

a) Auch mit der Entlastung eines ausgeschiedenen Verwalters sind die Wirkungen eines Verzichts auf solche Ansprüche verbunden, die den Wohnungseigentümern bekannt oder für sie bei sorgfältiger Prüfung erkennbar waren. Dagegen erlangt der Gesichtspunkt, dem Verwalter durch die Entlastung das Vertrauen für seine künftige Tätigkeit auszusprechen, hier keine Bedeutung. Dieser Umstand ist aber nicht entscheidend für die mit der Entlastung verbundene Wirkung eines Verzichts. Insoweit hat der Senat in seinem Beschluß vom 17. Juli 2003 - ohne Hinweis auf die künftige Amtsführung - allein auf die Vertrauenskundgabe durch die Wohnungseigentümer abgestellt, die mit dem Entlastungsbeschluß verbunden ist (vgl. dazu K. Schmidt, Gesellschaftrecht , 4. Aufl., § 14 VI 2 b; Staudinger/Bub, BGB, 12. Aufl., § 28 WEG Rdn. 438). Sie beschränkt sich bei einem ausgeschiedenen Verwalter in der Billigung der zurückliegenden Amtsführung als zweckmäßig sowie dem Gesetz, der Gemeinschaftsordnung und den vertraglichen Pflichten entsprechend. Eine Vertrauenskundgabe mit diesem Inhalt reicht aus, um die Wohnungseigentümer ggf. daran zu hindern, gleichwohl Ansprüche gegen den Verwalter geltend zu machen, die in dem Zeitraum entstanden sind, für den seine Amtsführung gebilligt wurde.

b) Den Gesichtspunkt der Kundgabe des Vertrauens in die künftige Amtsführung des Verwalters hat der Senat in dem Beschluß vom 17. Juli 2003 bei der Prüfung herangezogen, ob eine Entlastung des Verwalters grundsätz-
lich ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen kann. Anders als im Gesellschaftsrecht , das einen vergleichbaren Maßstab nicht kennt und daher den Gesellschaftern für die Entlastung eine breite Spanne des Ermessens einräumen kann (vgl. dazu BGHZ 94, 324, 327), erlangen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung im Wohnungseigentumsrecht für die inhaltliche Prüfung von Eigentümerbeschlüssen Bedeutung. In diesem Zusammenhang ist das Anliegen der Wohnungseigentümer, mit der Entlastung die Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem - neuen - Verwalter zu schaffen, auch bei Ausscheiden des Verwalters anzuerkennen, dem die Entlastung erteilt wurde. Wird ein ausscheidender Verwalter entlastet, so ist damit zwar keine Vertrauenskundgabe gegenüber dem neuen Verwalter verbunden, dessen Amtsführung noch nicht zur Beurteilung der Wohnungseigentümer stand. Gleichwohl ist auch für den neuen Verwalter die Entlastung seines Vorgängers von Bedeutung. Sie gibt ihm nämlich berechtigten Anlaß zu der Erwartung, daß die Wohnungseigentümer bei beanstandungsfreier und erfolgreicher Amtsführung ihm in gleichem Maße wie seinem Vorgänger Vertrauen entgegenbringen werden. An der Kundgabe der Bereitschaft zu vertrauensvoller Zusammenarbeit auch gegenüber dem neuen Verwalter ist den Wohnungseigentümern ein Interesse nicht ohne weiteres abzusprechen. Vergleichbar mit der Entlastung bei Fortsetzung der Amtsführung des Verwalters kann auf diese Weise bereits bei Beginn einer längerfristig angelegten Tätigkeit die Grundlage für ein von wechselseitigem Vertrauen getragenes Verhältnis zwischen Wohnungseigentümern und Verwalter geschaffen werden.
2. Ein Eigentümerbeschluß über die Entlastung auch eines ausgeschiedenen Verwalters widerspricht hiernach nicht grundsätzlich, sondern nur dann ordnungsmäßiger Verwaltung (§ 21 Abs. 3 WEG), wenn die Entlastung dazu
führt, daß den Eigentümern mögliche Ansprüche gegen den - früheren - Verwalter verloren gehen und für einen solchen "Verzicht" auch nicht aus besonderen Gründen ein Anlaß besteht.

a) Gemessen daran ist der Eigentümerbeschluß über die Entlastung der Beteiligten zu 4 hinsichtlich des Jahres 1997 für ungültig zu erklären. Gegenüber der Beteiligten zu 4 kommen nämlich Ansprüche der Wohnungseigentümer erkennbar in Betracht, die sie auf Grund der Entlastung verlieren könnten.
aa) Das vorlegende Gericht geht zu Recht davon aus, daß eine ordnungsgemäße Jahresabrechnung (§ 28 Abs. 3 WEG) auch den Stand der Gemeinschaftskonten , insbesondere der Instandhaltungsrücklage, ausweisen muß (BayObLGZ 1989, 310, 314; BayObLG, NJW-RR 1992, 1169; ZWE 2000, 187, 188; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 28 Rdn. 67; Staudinger/Bub, aaO, § 28 WEG Rdn. 366). Dieser Verpflichtung ist die Beteiligte zu 4 für das Jahr 1997 nicht nachgekommen.
bb) Entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts sind Ansprüche der Wohnungseigentümer wegen der fehlenden Angaben zu den Kontenständen selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn entsprechende Ergänzungen der Jahresabrechnungen nicht von der Beteiligten zu 4, sondern von der Beteiligten zu 3 als gegenwärtiger Verwalterin geschuldet sein sollten. Bei der Argumentation des vorlegenden Gerichts bleibt nämlich außer Betracht, daß gegenüber der Beteiligten zu 4 wegen der zurückliegenden Verletzung ihrer Verwalterpflichten Schadensersatzansprüche begründet sein können. Die mit der Entlastung verbundenen Verzichtswirkungen sind nicht auf die primären Ansprüche der Wohnungseigentümer beschränkt, sondern umfassen auch (se-
kundäre) Ersatzansprüche gegen den Verwalter (BGH, Urt. v. 6. März 1997, III ZR 248/95, NJW 1997, 2106, 2108). Der Verlust dieser hier in Betracht kommenden Ansprüche hat zur Folge, daß eine Entlastung der Beteiligten zu 4 für das Jahr 1997 mit den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung nicht zu vereinbaren ist (BayObLGZ 1989, 310, 315).
b) Hingegen bleibt die weitere sofortige Beschwerde der Antragstellerin ohne Erfolg, soweit sie sich gegen die übrigen Entlastungsbeschlüsse wendet. Für die insoweit erfaßten Jahre von 1994 bis 1996 sind nach den getroffenen Feststellungen und auf Grund der bereits ergangenen Entscheidungen keine Ansprüche gegen die Beteiligte zu 4 erkennbar, die ihrer Entlastung für diesen Zeitraum entgegenstehen könnten.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG und berücksichtigt die Erfolglosigkeit des weitergehenden Rechtsmittels der Antragstellerin, wie sie sich aus der Entscheidung des vorlegenden Gerichts über einen Teil der Rechtsbeschwerde ergibt. Auf Grund des nur geringfügigen Obsiegens der Antragstellerin ist es gerechtfertigt, ihr die gesamten Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen und es für die Vorinstanzen bei den dort ergangenen Kostenentscheidungen zu belassen (arg. § 92 Abs. 2 ZPO; zur Anwendung der §§ 91 ff ZPO: Senat, BGHZ 111, 148, 153). Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 WEG und orientiert sich an den Wertfestsetzungen der Vorinstanzen.
Wenzel Krüger Klein Gaier Stresemann

(1) Gegen die Entscheidungen nach § 11 findet die Beschwerde statt. Sie ist durch Einreichung einer Beschwerdeschrift bei dem Beschwerdegericht einzulegen; § 68 Absatz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist nicht anzuwenden. Die Beschwerde ist zu begründen.

(2) Die Landesregierung kann die Entscheidung über die Beschwerde durch Rechtsverordnung für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte einem der Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht übertragen, wenn dies zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dient. Die Landesregierung kann die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltung übertragen.

(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde, sind weiter die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Auf Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren finden die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften Anwendung, wenn die Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde.

(2) Jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ist ein selbständiges Verfahren im Sinne des Absatzes 1 Satz 1.

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren in Familiensachen, die am 1. September 2009 ausgesetzt sind oder nach dem 1. September 2009 ausgesetzt werden oder deren Ruhen am 1. September 2009 angeordnet ist oder nach dem 1. September 2009 angeordnet wird, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

(4) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 1. September 2009 vom Verbund abgetrennt sind oder nach dem 1. September 2009 abgetrennt werden, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Alle vom Verbund abgetrennten Folgesachen werden im Fall des Satzes 1 als selbständige Familiensachen fortgeführt.

(5) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, in denen am 31. August 2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde, sowie auf die mit solchen Verfahren im Verbund stehenden Scheidungs- und Folgesachen ab dem 1. September 2010 die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

5
1. Die Vorlage ist nach § 28 FGG i.V.m. 12 Abs. 2 Satz 2 SpruchG aF statthaft. Das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und das Spruchverfahrensgesetz finden in der bis zum 1. September 2009 geltenden Fassung weiter Anwendung. Ist ein Verfahren in erster Instanz vor Inkrafttreten des FamFG am 1. September 2009 eingeleitet worden, findet auf das gesamte Verfahren bis zu seinem rechtskräftigen Abschluss nach Art. 111 Abs. 1 FGG-RG das seinerzeit geltende Verfahrensrecht Anwendung (BGH, Beschluss vom 1. März 2010 - II ZB 1/10, ZIP 2010, 446 Rn. 6 ff.). Das Spruchverfahren wurde bereits im Jahr 2005 eingeleitet.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 15/00
vom
12. März 2001
in dem Verfahren, an dem beteiligt sind:
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Das Recht der außenstehenden Aktionäre auf Festsetzung eines angemessenen
Ausgleichs bzw. einer angemessenen Abfindung gemäß §§ 304, 305 AktG
bleibt auch dann bestehen, wenn die abhängige AG während des Spruchstellenverfahrens
in die herrschende AG eingegliedert wird (Ergänzung zu BGHZ
135, 374 - Guano).

b) Der außenstehende Aktionär der beherrschten AG ist grundsätzlich unter Berücksichtigung
des an der Börse gebildeten Verkehrswertes der Aktie abzufinden.
Ihm ist jedoch der Betrag des quotal auf die Aktie bezogenen Unternehmenswertes
(Schätzwertes) zuzubilligen, wenn dieser höher ist als der Börsenwert.
Dieser Grundsatz ist auch für die Bemessung des variablen Ausgleichs maßge-
bend.

c) Der Festsetzung der angemessenen Barabfindung bzw. der Ermittlung der
Verschmelzungswertrelation (Abfindung) und des angemessenen Umtauschverhältnisses
(variabler Ausgleich) ist ein Referenzkurs zugrunde zu legen
, der - unter Ausschluß außergewöhnlicher Tagesausschläge oder kurzfri-
stiger sich nicht verfestigender sprunghafter Entwicklungen - aus dem Mittel
der Börsenkurse der letzten drei Monate vor dem Stichtag gebildet wird.

d) Der Bewertung der Aktien sowohl der beherrschten als auch der herrschenden
AG ist grundsätzlich der Börsenkurs zugrunde zu legen, damit möglichst gleiche
Ausgangsvoraussetzungen für die Bestimmung der Wertrelation vorliegen.
Auf den Schätzwert kann nur ausnahmsweise bei Vorliegen bestimmter
Voraussetzungen ausgewichen werden.
BGH, Beschluß vom 12. März 2001 - II ZB 15/00 - OLG Düsseldorf
LG Köln
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 12. März 2001 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Henze,
Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und die Richterin Münke

beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 3 wird der Beschluß der 11. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 16. Dezember 1992 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der sofortigen Beschwerde, an das Landgericht zurückverwiesen.

Gründe:


I. Die Deutsch-Atlantische Telegraphen-Gesellschaft (Beteiligte zu 4; künftig: DAT) und die Beteiligte zu 5 (künftig: Altana) schlossen am 16. Mai 1988 einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, der nach Zustimmung ihrer Hauptversammlungen am 5. bzw. 14. Juli 1988 am 29. Juli 1988 in das Handelsregister eingetragen worden ist. In dem Vertrag garantiert Altana den außenstehenden Aktionären der DAT für jede Aktie im Nennwert von 50,-- DM einen jährlichen Ausgleich in Höhe des 1,3-fachen der auf eine ihrer Aktien im Nennwert von 50,-- DM entfallenden Dividende. Als Abfindung sollen für zehn Aktien der DAT 13 Aktien der Altana gewährt werden. Wahlweise bietet Altana den DAT-Aktionären den Kauf ihrer Aktien für 550,-- DM pro Stück
an. Entsprechende Rechte der DAT-Aktionäre sind für Aktien mit höheren Nennbeträgen vereinbart.
Die Beteiligten zu 1 bis 3 halten Ausgleich und Abfindung für unangemessen. Sie verlangen die gerichtliche Festsetzung höherer Leistungen, die sie aus dem Börsenkurs herleiten, zu dem die DAT-Aktie bis zum Beschluß der Hauptversammlung der DAT über die Zustimmung zu dem Unternehmensvertrag im amtlichen Handel an der Börse gehandelt worden ist.
Nachdem Altana die bis Ende 1987 an DAT erlangte Beteiligung von ca. 91,31 % auf 95,006 % aufgestockt hatte, vollzogen die Gesellschaften die Eingliederung der DAT in Altana, die am 27. August 1990 in das Handelsregister eingetragen worden ist. Als Abfindung hat Altana den außenstehenden Aktionären von DAT 14 Altana-Aktien für zehn DAT-Aktien bzw. - wahlweise - die Übernahme einer DAT-Aktie für 600,-- DM angeboten. Das mit dem Ziel einer Erhöhung der Abfindung anhängig gemachte Spruchstellenverfahren ist durch Beschluß des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. Mai 2000 (19 W 5/93) abgeschlossen worden, das den DAT-Aktionären eine Zuzahlung von 43,45 DM für je 0,1 Altana-Aktien zugesprochen hat.
Im vorliegenden Verfahren hat das Landgericht die Anträge nach Einholung eines Gutachtens zur Angemessenheit von Ausgleich und Abfindung mit Beschluß vom 16. Dezember 1992 zurückgewiesen. Die Berücksichtigung des Börsenkurses hat es abgelehnt. Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 3 mit Beschluß vom 2. August 1994 mit der Maßgabe einer Zuzahlung von 35,60 DM je 0,1 Altana-Aktie zurückgewiesen. Eine Berücksichtigung des Börsenkurses hat es ebenfalls abgelehnt. Auf
die Verfassungsbeschwerde der Beteiligten zu 1 hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluß vom 27. April 1999 (1 BvR 1613/94, ZIP 1999, 1436) die Entscheidung des Beschwerdegerichts mit der Begründung aufgehoben, sie verletze die Beteiligte zu 1 in ihrem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG, weil der Börsenkurs der DAT-Aktie bei der Bemessung von Ausgleich und Abfindung nicht berücksichtigt worden sei.
Das Beschwerdegericht hat nunmehr die sofortigen Beschwerden dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt. Es meint, Barabfindung und Umtauschverhältnis müßten unter Berücksichtigung des für den Tag der Beschlußfassung der Hauptversammlung der DAT maßgebenden Börsenkurses der DAT-Aktie festgesetzt werden. Daran sieht es sich jedoch durch den Beschluß des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 4. Februar 2000 (DB 2000, 709) gehindert, das als Referenzkurs das Mittel der Börsenkurse zugrunde gelegt hat, die in dem vor dem Beschluß der Hauptversammlung der abhängigen Gesellschaft liegenden Zeitraum von etwa acht Monaten festgesetzt worden sind.
Die Beteiligten zu 1 und 2 sowie die Beteiligten zu 4 und 5 lehnen übereinstimmend die Zugrundelegung eines Stichtagskurses ab. Die Beteiligte zu 1 und die Beteiligten zu 4 und 5 sehen in einem Wertverhältnis von 20,2 AltanaAktien zu zehn DAT-Aktien eine tragfähige Basis für eine Abfindung, wobei die Beteiligte zu 1 die Kurse der Jahre 1986 bis 1988 zugrunde legt, die Beteiligten zu 4 und 5 die Kurse des Jahres 1988 ausklammern möchten. Der Beteiligte zu 2 möchte für die Ermittlung der Durchschnittswerte nur eine relativ kurze Zeitspanne berücksichtigen.
II. Die Voraussetzungen für eine Vorlage nach § 28 Abs. 2 FGG sind aus den vom Beschwerdegericht in seinem Vorlagebeschluß angeführten Gründen gegeben.
Entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 4 und 5 fehlt es an diesen Voraussetzungen nicht deswegen, weil durch die im Jahre 1990 vorgenommene Eingliederung während des Spruchstellenverfahrens der Unternehmensvertrag beendet worden ist und die Aktien der Beteiligten zu 1 bis 3 auf die Beteiligte zu 5 als Hauptgesellschaft übergegangen sind (§ 320 a Satz 1 AktG).
1. Die Eingliederung hat den Unternehmensvertrag nur mit Wirkung für die Zukunft beendet. Für die Zeit vom 29. Juli 1988 bis zum 27. August 1990 bleibt er hingegen bestehen. Für diesen Zeitraum steht den außenstehenden Aktionären der DAT ein angemessener Ausgleich zu. Stellt das Gericht fest, daß der nach dem Vertrag zu gewährende Ausgleich den Anforderungen der Angemessenheit nicht entspricht, hat es den Unternehmensvertrag für den Zeitraum seines Bestehens umzugestalten und einen angemessenen - höheren - Ausgleich festzusetzen. Die Eingliederung hat auf diesen Verfahrensablauf und sein Ergebnis keinen Einfluß. Hat der andere Vertragsteil den vertraglich vereinbarten Ausgleichsanspruch bereits erfüllt, muß er die Differenz zu dem durch das Gericht festgesetzten Ausgleich nachentrichten (allgemeine Meinung, vgl. Koppensteiner in: KK z. AktG, 2. Aufl. § 304 Rdn. 66).
Wie der Senat bereits entschieden hat, bleibt auch der Abfindungsanspruch der außenstehenden Aktionäre bestehen, wenn der Unternehmensvertrag während des Spruchstellenverfahrens beendet wird (BGHZ 135, 374 - Guano).

2. Anders als die Beteiligten zu 4 und 5 offenbar meinen, entfällt mit der Eingliederung auch nicht die Sachbefugnis der Beteiligten zu 1 bis 3. Allerdings verlieren die außenstehenden Aktionäre mit dem vom Gesetz (§ 320 a Satz 1 AktG) angeordneten Übergang der Aktien auf die Hauptgesellschaft ihre Mitgliedschaftsrechte. Aktienurkunden verbriefen nach § 320 a Satz 2 AktG bis zu ihrer Aushändigung an die Hauptgesellschaft nur einen - auf den für die Eingliederung maßgebenden Zeitpunkt bezogenen - Anspruch auf Abfindung. Wäre diese Regelung so zu verstehen, daß die außenstehenden Aktionäre mit der Eingliederung ihren Anspruch auf den angemessenen Ausgleich und die angemessene Abfindung, die ihnen aus Anlaß des abgeschlossenen Unternehmensvertrages zustehen und die vom Gericht im bereits rechtshängigen Spruchstellenverfahren noch festgesetzt werden müßten, verlieren, würde sie gegen das Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG verstoßen (vgl. für die Abfindung Hüffer, AktG 4. Aufl. § 305 Rdn. 4 b). Dieses Verständnis wäre mit dem Zweck der gesetzlichen Regelung von Ausgleich und Abfindung nicht in Einklang zu bringen. Das Ziel des Ausgleichs, den von den außenstehenden Aktionären erlittenen Verlust ihrer mitgliedschaftlichen Vermögensrechte zu kompensieren, würde verfehlt, wenn diese Leistung ersatzlos entfallen würde. Der Abfindungsanspruch , der den Verlust der mit der Mitgliedschaft verbundenen Herrschafts - und vom Ausgleich nicht erfaßten Vermögensrechte ausgleichen soll, würde entwertet, wenn er den außenstehenden Aktionären nicht in den vom Gesetz (§ 305 AktG) festgelegten Grenzen zustünde. Dazu gehört nicht nur die Art des Anspruchs (Abs. 2), sondern auch der zeitliche Rahmen, in dem er geltend gemacht werden kann (Abs. 4), und der Zeitpunkt, der für seine Bemessung maßgebend ist (Abs. 3 Satz 2; vgl. dazu BGHZ 135, 374, 378 ff. - Guano). Fällt beispielsweise die Bewertung der Abfindung für den Zeitpunkt,
der für den Unternehmensvertrag maßgebend ist, günstiger aus als für den der Eingliederung und würde eine Abfindung nur aus Anlaß der Eingliederung gewährt , obwohl die Frist für die Geltendmachung des aus dem Unternehmensvertrag folgenden Abfindungsanspruchs (§ 304 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 305 Abs. 5 Satz 4 AktG) noch nicht abgelaufen ist, würden die außenstehenden Aktionäre in ihren Eigentumsrechten verletzt. Die Regelung der §§ 304 f., 320 a AktG ist daher verfassungskonform dahin auszulegen, daß das Recht der außenstehenden Aktionäre auf Festsetzung eines angemessenen Ausgleichs bzw. einer angemessenen Abfindung auch dann bestehen bleibt, wenn die abhängige AG während des Spruchstellenverfahrens in die herrschende AG eingegliedert wird (i.E. ebenso OLG Düsseldorf, AG 1995, 85, 86; OLG Celle, AG 1973, 405, 406; Koppensteiner in: KK z. AktG aaO § 304 Rdn. 64; Hüffer, AktG aaO § 305 Rdn. 4 b; Geßler in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG § 304 Rdn. 134; J. Schmidt, Das Recht der außenstehenden Aktionäre 1979, S. 48; a.A. Hengeler, FS Möhring 1975, S. 197, 200).
Soweit die Beteiligten zu 4 und 5 den Beteiligten zu 1 bis 3 infolge der Eingliederung bereits eine Abfindung geleistet haben und sich herausstellen sollte, daß die aus dem Unternehmensvertrag zu leistende Abfindung für die außenstehenden Aktionäre günstiger ist, ist die frühere Leistung anzurechnen.
III. Die sofortigen Beschwerden der Beteiligten zu 1 bis 3 sind zulässig (§§ 306 Abs. 2, 99 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. §§ 99 Abs. 1 AktG, 28 Abs. 2 FGG). Sie sind auch begründet.
1. Das Landgericht ist auf der Grundlage von zwei gutachterlichen Unternehmensbewertungen , die zu einem Umtauschverhältnis von 1:1,28 bzw. 1:1,12 gekommen sind, zu dem Ergebnis gelangt, daß das im Unternehmensvertrag für den variablen Ausgleich und die Abfindung zugrunde gelegte Umtauschverhältnis von 1 (DAT-Aktie) zu 1,3 (Altana-Aktien) angemessen ist. Aus diesem Grunde hat es die Anträge der Beteiligten zu 1 bis 3 zurückgewiesen. Eine Berücksichtigung des Börsenkurses als Ermessensgrundlage hat es in Übereinstimmung mit der im Zeitpunkt seiner Entscheidung in Rechtsprechung und Lehre vertretenen allgemeinen Ansicht ausdrücklich abgelehnt. Das steht nach den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts vom 27. April 1999 - 1 BvR 1613/94 (ZIP 1999, 1436) und vom 8. September 1999 - 1 BvR 301/89 (ZIP 1999, 1804) in Widerspruch zu der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG. Die Entscheidung des Landgerichts ist daher mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.
2. Wie bereits das Oberlandesgericht in seinem vom Bundesverfassungsgericht aufgehobenen Beschluß ausgeführt hat, kann dem Vortrag der Beteiligten nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden, ob es sich bei Altana um eine von einem anderen Unternehmen abhängige AG handelt oder ob sie unabhängig ist. Da das in Betracht kommende herrschende Unternehmen - die Erben nach Dr. H. Q. - keine AG oder KGaA ist, können als Abfindungsregelungen nur diejenigen der Nr. 1 oder Nr. 3 des § 305 Abs. 2 AktG angewandt werden. Beide Regelungen sind in dem Unternehmensvertrag vom 16. Mai 1988 mit verpflichtender Wirkung getroffen (§§ 4, 5 des Vertrages). Wie das Oberlandesgericht seinerzeit zu Recht ausgeführt hat, kann die Frage der Unabhängigkeit oder Abhängigkeit der Altana daher offenbleiben.

3. Maßgebend für den im Unternehmensvertrag festgelegten variablen Ausgleich ist die Angemessenheit des Umrechnungsverhältnisses im Sinne des § 304 Abs. 2 Satz 3 AktG. Es ist unter Berücksichtigung des Börsenkurses der Aktien festzustellen (BVerfG, Beschl. v. 8. September 1999 - 1 BvR 301/89, ZIP 1999, 1804, 1805 - Hartmann & Braun). Für die Bestimmung der Abfindung in Aktien ist die Verschmelzungswertrelation im Sinne des § 305 Abs. 3 Satz 1 und 2 AktG, für die Angemessenheit der Barabfindung die Regelung des § 305 Abs. 3 Satz 2 AktG zugrunde zu legen. Bei der Bestimmung dieser Abfindung ist ebenfalls der Börsenwert der Aktien zu berücksichtigen (BVerfG, Beschl. v. 27. April 1999 - 1 BvR 1613/94, ZIP 1999, 1436, 1440 ff. - DAT-Altana).

a) Die Barabfindung im Sinne des § 305 Abs. 2 Nr. 3 AktG ist nur dann angemessen, wenn dem außenstehenden Aktionär eine volle Entschädigung gewährt wird. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. April 1999 (aaO S. 1441) ist der Verkehrswert der Aktie die untere Grenze des dem Aktionär zu zahlenden Entschädigungsbetrages. Er wird als ein Wert verstanden, der durch die Verkehrsfähigkeit der Aktie geprägt wird und dem Betrag entspricht, den der Aktionär aufgrund der Möglichkeit, sie frei zu veräußern , auf dem dafür relevanten Markt zu erzielen vermag. Der Verkehrswert der Aktie ist, wie das Bundesverfassungsgericht weiter ausgeführt hat, in der Regel mit dem Börsenwert identisch. Da er stets die untere Grenze der wirtschaftlich vollen Entschädigung bildet, muß dem außenstehenden Aktionär grundsätzlich mindestens der Börsenwert als Barabfindung gezahlt werden.
Der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts (aaO S. 1442) gibt weiter vor, daß bei der Abfindung in Aktien der herrschenden Gesellschaft der für die
Bestimmung der Verschmelzungswertrelation erforderlichen Unternehmensbewertung der - börsennotierten - abhängigen Gesellschaft der Börsenwert grundsätzlich als Untergrenze der Bewertung zugrunde zu legen ist. Aus dieser Vorgabe folgt, daß bei der Verschmelzungswertrelation (vgl. § 305 Abs. 3 Satz 1 AktG) die Summe der Verkehrswerte der Aktien der abhängigen Gesellschaft als untere Grenze des Unternehmenswertes maßgebend ist. Da der Verkehrswert in der Regel mit dem Börsenwert identisch ist, ergibt sich daraus, daß Ausgangspunkt für die Ermittlung der Verschmelzungswertrelation auf seiten der beherrschten Gesellschaft grundsätzlich die Summe der Börsenwerte der Aktien dieser Gesellschaft ist.
Die Gleichstellung von Börsen- und Verkehrswert beruht auf der Annahme , daß die Börse auf der Grundlage der ihr zur Verfügung gestellten Informationen und Informationsmöglichkeiten die Ertragskraft des Gesellschaftsunternehmens , um dessen Aktien es geht, zutreffend bewertet, der Erwerber von Aktien sich an dieser Einschätzung durch den Markt orientiert und sich daher Angebot und Nachfrage danach regulieren, so daß sich die Marktbewertung in dem Börsenkurs der Aktien niederschlägt (vgl. dazu Fleischer, ZGR 2001, 1, 27 f.). Beabsichtigt ein anderes - herrschendes - Unternehmen, sich dieses Gesellschaftsunternehmen mit seiner Ertragskraft im Rahmen eines Unternehmensvertrages zunutze zu machen, muß es bei der Verwirklichung seiner Intentionen diese Wertschätzung des Marktes akzeptieren und daran die Abfindung der außenstehenden Aktionäre ausrichten, die sich zum Ausscheiden aus der sich in die Abhängigkeit begebenden Gesellschaft entschließen.
Der Börsenwert kommt als Untergrenze der Barabfindung bzw. der Bewertung bei der Ermittlung der Verschmelzungswertrelation nicht in Betracht, wenn er den Verkehrswert der Aktien nicht widerspiegelt. Das kommt sowohl bei der Barabfindung als auch bei der Abfindung in Aktien grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn über einen längeren Zeitraum mit Aktien der Gesellschaft praktisch kein Handel stattgefunden hat, aufgrund einer Marktenge der einzelne außenstehende Aktionär nicht in der Lage ist, seine Aktien zum Börsenpreis zu veräußern oder der Börsenpreis manipuliert worden ist (BVerfG aaO, S. 1442). In diesen Fällen muß der Verkehrswert des Gesellschaftsunternehmens im Wege der Schätzung (§§ 287 Abs. 2 ZPO, 738 Abs. 2 BGB) nach einer der anerkannten betriebswirtschaftlichen Methoden ermittelt werden.
Der Börsenwert der Aktie sowie der daraus gebildete Börsenunternehmenswert können mit dem nach § 287 Abs. 2 ZPO ermittelten Unternehmenswert sowie der quotal darauf bezogenen Aktie übereinstimmen. Mit Rücksicht auf die unterschiedlichen Ansätze, die der Bewertung durch den Markt und der Preisbemessung bei der Unternehmensveräußerung (vgl. dazu BGH, Urt. v. 20. September 1971 - II ZR 157/68, WM 1971, 1450; v. 24. September 1984 - II ZR 256/83, WM 1984, 1506) sowie der Wertermittlung durch sachverständige Begutachtung (vgl. dazu IDW Standard, Wpg 2000, 825, 827) zugrunde liegen, können diese Werte differieren (vgl. zur Unterschiedlichkeit der Wertvorstellungen Piltz, ZGR 2001, 185, 192 ff.). Da nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts im Rahmen der Abfindung dem an der Börse gebildeten Verkehrswert aufgrund der Verkehrsfähigkeit der Aktie und der daran zu messenden Entschädigung des Aktionärs der Vorrang gebührt, ist der Minderheitsaktionär unter Berücksichtigung des Verkehrswertes der Aktie abzufinden,
wenn dieser Wert höher ist als der Schätzwert. Ist jedoch der Schätzwert höher als der Börsenwert, steht dem Aktionär der höhere Betrag des quotal auf die Aktie bezogenen Schätzwertes zu.
Diese Grundsätze sind auch für die Bemessung des variablen Ausgleichs im Sinne des § 304 Abs. 2 Satz 2 AktG maßgebend (BVerfG, Beschl. v. 8. September 1999 - 1 BvR 301/89, ZIP 1999, 1804 - Hartmann & Braun). Zwar stellt diese Vorschrift anders als § 305 Abs. 3 Satz 1 AktG nicht auf die dem Umwandlungsgesetz entlehnte Verschmelzungswertrelation, sondern auf ein "angemessenes Umrechnungsverhältnis" ab. Die Grundlagen für diese Bemessung stimmen jedoch mit denen der Ermittlung der Verschmelzungswertrelation überein (vgl. Kropff, AktG 1965, S. 395).

b) Nach den bereits zitierten Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts verlangt Art. 14 Abs. 1 GG nicht, daß als Untergrenze der Barabfindung sowie der Ermittlung der Verschmelzungswertrelation bzw. des angemessenen Umtauschverhältnisses auf seiten der beherrschten Gesellschaft der Börsenkurs zum Bewertungsstichtag gemäß § 305 Abs. 3 Satz 2 AktG maßgebend sein muß. Das entscheidende Gericht könne auch auf einen Durchschnittskurs im Vorfeld der Bekanntgabe des Unternehmensvertrages zurückgreifen. Zwar schreibe das Gesetz vor, die angemessene Barabfindung müsse die Verhältnisse der AG "im Zeitpunkt der Beschlußfassung ihrer Hauptversammlung" über den Vertrag - das gleiche gilt für die Ermittlung der Verschmelzungswertrelation und des angemessenen Umtauschverhältnisses - berücksichtigen. Zu den im Berücksichtigungszeitpunkt maßgeblichen Verhältnissen gehöre jedoch nicht nur der Tageskurs, sondern auch ein auf diesen Tag bezogener Durchschnittswert.

Nach diesen verfassungsgerichtlichen Vorgaben kommen für die Festsetzung der angemessenen Barabfindung bzw. die Ermittlung der Verschmelzungswertrelation und des angemessenen Umtauschverhältnisses sowohl der Börsenkurs zum Stichtag der Hauptversammlung als auch ein auf den Stichtag bezogener Durchschnittskurs in Betracht, der aus den für einen bestimmten Zeitraum festgestellten Kursen gebildet wird (zu dem Diskussionsstand vgl. Piltz, ZGR 2001, 185, 200 f.). Der Senat sieht sich aus Gründen der Rechtssicherheit veranlaßt, auf einen auf den Stichtag im Sinne des § 305 Abs. 3 Satz 2 AktG bezogenen Durchschnittskurs abzustellen. Die Befürchtung des Bundesverfassungsgerichts, bei Zugrundelegung des Stichtagsprinzips könnten Marktteilnehmer den Börsenkurs in ihrem Interesse beeinflussen, ist nicht von der Hand zu weisen. Solche Manipulationen werden erheblich erschwert, mit einiger Wahrscheinlichkeit sogar ausgeschlossen, wenn ein durchschnittlicher Referenzkurs gewählt wird. Da dieser Referenzkurs auf den Tag zu beziehen ist, an dem die Hauptversammlung der beherrschten AG dem Abschluß des Unternehmensvertrages zugestimmt hat, muß er aus den in einem Zeitraum festgestellten und berücksichtigungsfähigen Kursen gebildet werden, der in größtmöglicher Nähe zu diesem Stichtag liegt. Das Erfordernis dieser Nähe läßt es ferner geboten erscheinen, einen relativ kurzen Zeitraum zu wählen. Der Senat hält einen solchen von drei Monaten, der unmittelbar vor der Hauptversammlung der beherrschten AG liegt, für erforderlich, aber auch ausreichend , um den aufgezeigten Gefahren wirksam begegnen zu können. Um einen Referenzkurs zu erlangen, der eine kontinuierliche Entwicklung des Börsenkurses in dem maßgebenden Zeitraum repräsentiert, müssen außergewöhnliche Tagesausschläge oder sprunghafte Entwicklungen binnen weniger
Tage, die sich nicht verfestigen - gleichgültig, ob es sich um steigende oder fallende Kurse handelt - unberücksichtigt bleiben.
Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß der Börsenkurs insbesondere dann die Erwartung von (positiven) Synergieeffekten einschließt, wenn er sich in zeitlicher Nähe des Abschlusses des Unternehmensvertrages, der dazu beschlossenen Zustimmung der Hauptversammlung der daran beteiligten AG oder dazu ergangener ad hoc-Mitteilungen (§ 15 WphG) gebildet hat. Der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts schließt die Berücksichtigung derartiger Effekte nicht aus, sondern schreibt die Entschädigung zum Börsenkurs als Untergrenze ohne eine derartige Einschränkung vor. Bestätigt wird das durch die Erwägung in den Beschlußgründen, die Minderheitsaktionäre dürften nicht weniger erhalten als sie bei einer freien Deinvestitionsentscheidung zum Zeitpunkt des Unternehmensvertrages erlangt hätten (Beschl. v. 27. April 1999 aaO S. 1440).
Gegen die Berücksichtigung dieser Effekte können keine Einwände erhoben werden. Sog. unechte Verbundvorteile (vgl. dazu Werner in: FS Steindorff 1990, S. 301, 315; auch IDW Standard, Wpg 2000, 825, 830) fließen ohnehin nach allgemeiner Meinung in den Ertragswert der abhängigen AG ein. Die Berücksichtigung sog. echter Verbundvorteile - also solcher, die das beherrschte Unternehmen nicht allein, sondern nur durch den Hinzutritt des herrschenden Unternehmens erzielen kann - ist zwar in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten (vgl. dazu die Übersichten bei Hüffer aaO § 305 Rdn. 22; Koppensteiner in: KK z. AktG aaO § 305 Rdn. 33, 34; Fleischer, ZGR 2001, 1, 27; ablehnend BGHZ 138, 136, 140). Allerdings wird auch nachdrücklich die Meinung vertreten, die Vorschrift des § 305 Abs. 3 Satz 2 AktG schließe sie
keineswegs aus (Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht 3. Aufl. M I 7 c - S. 118). Ein Teil des Schrifttums ist ferner der Ansicht , für die Barabfindung sei nicht der die Berücksichtigung der Verbundeffekte ausschließende Grenzpreis, sondern der sie beinhaltende Schiedswert des Unternehmens maßgebend (vgl. die Nachw. bei Koppensteiner in: KK z. AktG aaO § 305 Rdn. 33, 34). Gegen ihre Berücksichtigung wird angeführt, letztlich könne im voraus nicht erkannt werden, bei welcher Gesellschaft die Synergieeffekte auftreten. Das liege schließlich in der Hand des Vorstandes der herrschenden Gesellschaft (Koppensteiner in: KK z. AktG aaO § 305 Rdn. 33, 34).
Gegen die Berücksichtigung dieser Effekte beim Aktienumtausch wird angeführt, die Gleichstellung der Umtauschrelation mit der Wertrelation im Verschmelzungsrecht schließe die echten Verbundeffekte aus. Sie kämen dem einheitlichen Unternehmen zugute, ohne daß festgestellt werden könne, welches der dazu verschmolzenen Unternehmen zu der Entstehung der Synergieeffekte beigetragen habe (Werner in: FS Steindorff aaO S. 316).
Es mag auch im Rahmen eines Unternehmensvertrages Schwierigkeiten bereiten, im einzelnen festzustellen, welche Verbundeffekte bei der beherrschten Gesellschaft eintreten und welche - zusätzlich - dem herrschenden Unternehmen zugute kommen. Es trifft sicher auch zu, daß bei dem Abschluß eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages Verbundeffekte, die bei der beherrschten Gesellschaft eintreten, dem herrschenden Unternehmen und damit auch den außenstehenden Aktionären der beherrschten Gesellschaft zugute kommen, die durch Tausch seine Aktien erwerben. Sind die Effekte jedoch , was im vorliegenden Falle nicht ausgeschlossen werden kann, bei der
Preisbildung vom Markt berücksichtigt worden, müssen sie sowohl bei der Barabfindung als auch bei der Herstellung der Verschmelzungswertrelation bzw. des angemessenen Umtauschverhältnisses im Börsenpreis belassen werden. Denn es kann nicht festgestellt werden, welche Bedeutung ihnen der Markt im einzelnen beigemessen hat und in welchem Umfange sie sich auf den Preis ausgewirkt haben. Da der Markt insoweit eine Bewertung sowohl beim beherrschten als auch beim herrschenden Unternehmen vorgenommen hat, ist die Wertrelation gewahrt. Nachteile erleidet keiner der Aktionäre der beiden Gesellschaften.
Im Schrifttum wird weiter die Ansicht vertreten, "Abfindungsspekulationen" müßten nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts unberücksichtigt bleiben (Wilm, NZG 1999, 234, 239). Das trifft nur insoweit zu, als sie auf Börsenkursmanipulationen beruhen. Entwickeln sich jedoch höhere Börsenpreise aufgrund der Erwartung der Marktteilnehmer, infolge des Abschlusses des Unternehmensvertrages eine günstige Abfindung erreichen zu können, beruht das einmal auf dem Marktgesetz, daß Angebot und Nachfrage die Preise bestimmen, zum anderen darauf, daß darin die Einschätzung des Marktes über die zu erwartenden unechten und echten Synergieeffekte zum Ausdruck kommt. In den Beschlußgründen des Bundesverfassungsgerichts wird das mit der Aussage berücksichtigt, die Minderheitsaktionäre dürften nicht weniger erhalten als sie bei einer freien Deinvestitionsentscheidung zum Zeitpunkt des Zustandekommens des Unternehmensvertrages erlangt hätten (Beschl. v. 27. April 1999 aaO S. 1440).

c) Das Bundesverfassungsgericht hat weiter ausgeführt, von Verfassungs wegen sei es nicht geboten, zur Feststellung der Verschmelzungswer-
trelation bzw. des angemessenen Umtauschverhältnisses einen Börsenwert der herrschenden Gesellschaft als Obergrenze der Bewertung dieser Gesellschaft heranzuziehen, weil der abfindungsberechtigte Minderheitsaktionär keinen verfassungsrechtlich geschützten Anspruch darauf habe, daß die Aktien der herrschenden Gesellschaft höchstens mit ihrem Börsenkurs bei der Ermittlung der Relation berücksichtigt würden. Das entscheidende Gericht sei daher verfassungsrechtlich nicht gehindert, dem herrschenden Unternehmen einen höheren Wert beizumessen als den Börsenwert (Beschl. v. 27. April 1999 aaO S. 1442).
Diese Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts schließen jedoch nicht aus, daß auch der Börsenwert des herrschenden Unternehmens grundsätzlich seinem Verkehrswert entspricht. Er bildet sich unter den gleichen Marktverhältnissen wie derjenige der beherrschten Gesellschaft. Für seine Berücksichtigung im Rahmen der Verschmelzungswertrelation bzw. des angemessenen Umtauschverhältnisses gelten die gleichen Überlegungen, die oben für den Börsenwert der beherrschten Gesellschaft zu dem Referenzzeitraum (ein dreimonatiger an den Termin über die Beschlußfassung der Hauptversammlung der AG über den Vertrag heranreichender Zeitraum) und die Verbundeffekte dargelegt worden sind. Die Berücksichtigung dieses Referenzzeitraumes ist grundsätzlich geboten, um möglichst gleiche Ausgangsvoraussetzungen für die Bestimmung der Wertrelation zu schaffen (vgl. dazu Piltz, ZGR 2001, 185, 203 f.).
Auch der Börsenwert des herrschenden Unternehmens kann von seinem Verkehrswert abweichen. Zum Nachweis dieser Voraussetzungen genügt jedoch grundsätzlich nicht allein die Einholung eines Sachverständigengutach-
tens über den Unternehmenswert; vielmehr bedarf es der Darlegung und des Beweises von Umständen, aus denen auf die Abweichung des Börsenkurses vom Verkehrswert zu schließen ist. Das Bundesverfassungsgericht hat als Beispiel die schlechte Verfassung der Kapitalmärkte angeführt. Ein solcher Umstand muß sich nicht nur im Börsenkurs des herrschenden Unternehmens, sondern auch in den Kursen der Indizes (z.B. DAX 30, DAX 100, NEMAX, EUROSTOXY 50) niedergeschlagen haben.

d) Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze kommen eine Abfindung der außenstehenden Aktionäre der DAT in Form der Bar- oder Aktienabfindung und ein variabler Ausgleich nur unter Berücksichtigung des Börsenkurses der Aktie dieser Gesellschaft in Betracht, der sich als Mittelwert der Kurse ergibt, die in der Zeit vom 6. April bis zum 5. Juli 1988 gebildet worden sind.
Der quotal auf eine Aktie im Nennwert von 50,-- DM entfallende Unternehmenswert errechnet sich für den Tag der Hauptversammlung der DAT auf 397,84 DM (40,5 Mio. DM Unternehmenswert dividiert durch 101.800 auf einen Nennwert von 50,-- DM umgerechnete Aktien). Nach den von den Beteiligten zu 4 und 5 zu den Akten gereichten Schaubildern hat sich der Börsenkurs der Aktie in der Zeit von April bis Juli 1988 etwa zwischen 1.000,-- DM und 1.200,-- DM bewegt. Er war somit deutlich höher als der anteilige Unternehmenswert und die von der Beteiligten zu 5 den außenstehenden Aktionären im Unternehmensvertrag (550,-- DM) und aus Anlaß der Eingliederung (600,-- DM) unterbreiteten Barabfindungsgebote. Die Aktien der Altana haben sich in dem fraglichen Zeitraum in einer Größenordnung von etwa 330,-- DM bis 360,-- DM bewegt. Legt man hier für beide Börsenkurse einen Durch-
schnittswert zugrunde, ergibt sich ein wesentlich höheres Umtauschverhältnis als in den Sachverständigengutachten festgestellt worden ist.
Die Beteiligten zu 4 und 5 haben nicht dargelegt, daß in der fraglichen Zeit beim Börsenhandel mit DAT eine Marktenge bestanden hat, die lediglich einen marginalen Handel mit diesen Aktien ermöglicht hätte, so daß der aufgrund derartiger Marktumstände gebildete Börsenpreis den Verkehrswert der Aktie nicht widerspiegeln könne. Der Handel mit DAT-Werten hat nach ihrem Vorbringen in dem Bezugszeitraum zu keinem Zeitpunkt über längere Zeit geruht. Er hat im Jahre 1988 im April an 15, im Juni an neun und im Mai und Juli an jeweils acht Tagen stattgefunden. Es ist nicht erkennbar, daß das für den Handel verfügbare Volumen geringer als 5 % gewesen wäre. Die Beteiligte zu 5 hatte Ende 1987 erst eine Beteiligung von 91,31 % erreicht, so daß noch 8,69 % der Aktien der DAT im freien Handel verfügbar waren. Daß sich die Umsätze im Jahre 1988 nur zwischen 2,5 % und 3,7 % des Aktienbestandes der DAT bewegt haben, wie die Beteiligten zu 4 und 5 vorgetragen haben, ist für sich genommen nicht erheblich. Schematisierende Betrachtungen, die ein Mindesthandelsvolumen von 3 % bis 5 % und einen Handel an mindestens jedem zweiten Tage im Monat fordern (so Wilm, NZG 1999, 234, 238 f.), erscheinen dem Senat nicht gerechtfertigt (ablehnend auch Piltz, ZGR 2001, 185, 202 f.). Grundsätzlich kommt ebensowenig ein Referenzzeitraum von mehr als drei Monaten, insbesondere von mehr als sechs Monaten (so Wilm aaO S. 239 und Luttermann, ZIP 1999, 45, 51), mit Rücksicht auf die oben angestellten Überlegungen in Betracht. Auch das Bundesverfassungsgericht hat darauf hingewiesen (Beschl. v. 27. April 1999 aaO S. 1443), es sei nicht ersichtlich , daß es der Beteiligten zu 1 unmöglich gewesen sei, ihre Aktien zu Börsenpreisen zu veräußern. Das gilt insbesondere auch für den Zeitraum von
April bis Juli 1988, und zwar nicht nur für die Beteiligte zu 1, sondern auch für die Beteiligten zu 2 und 3 sowie die übrigen außenstehenden Aktionäre.
4. Die Beteiligten zu 4 und 5 nehmen für sich einen Vertrauensschutz in Anspruch. Sie sind der Ansicht, sie hätten auf die bisherige Rechtsprechung zur Abfindung und zum variablen Ausgleich, die den Börsenkurs nicht berücksichtigt habe, vertrauen dürfen. Die geänderte Rechtsprechung, die sich zu ihrem Nachteil auswirke, könne im vorliegenden Fall nicht angewandt werden, weil sie nicht vorhersehbar gewesen sei und ihnen auch nicht zugemutet werden könne.
Das Oberlandesgericht hat im Ergebnis zu Recht die Gewährung eines solchen Vertrauensschutzes abgelehnt. Allerdings ist es richtig, daß die Beteiligten zu 4 und 5 aufgrund der bisherigen Rechtsprechung davon ausgehen konnten, daß der Börsenpreis weder bei der Barabfindung noch bei der Ermittlung der Verschmelzungswertrelation bzw. des angemessenen Umtauschverhältnisses berücksichtigt würde (vgl. die Übersicht bei Hüffer aaO § 305 Rdn. 20 a). Die kritischen Stimmen, die sich dagegen im Schrifttum erhoben haben, reichen in die Zeit des Vertragsschlusses sowie des Beginns der Rechtshängigkeit des Spruchstellenverfahrens nicht zurück, sondern sind sämtlich jüngeren Datums (Emmerich/Habersack, KonzernR 1998, § 305 Rdn. 35 m.w.N. in Fn. 55; Nachw. bei Hüffer aaO § 305 Rdn. 20 a). Die neuere Rechtsprechung hat darauf zurückhaltend reagiert und den Börsenkurs allenfalls für Ausnahmefälle anerkannt (vgl. BayObLGZ 1998, 231, 237 ff.).
Die Hinnahme dieser Rechtsprechungsänderung kann den Beteiligten zu 4 und 5 jedoch zugemutet werden. In der Rechtsprechung ist es anerkannt,
daß die sog. unechte Rückwirkung infolge einer Ä nderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Privatrecht nur in sehr engen Grenzen, und zwar nur dann eingeschränkt wird, wenn sie zur Beendigung eines - in der Regel Versorgungscharakter tragenden - Dauerschuldverhältnisses führen würde oder für den davon Betroffenen existenzbedrohende Auswirkungen hätte (vgl. BVerfGE 74, 129; BAGE 66, 228, 236 ff.; BGHZ 65, 190, 194 f.; 114, 127, 136 f.; 132, 119, 131 f.). Vergleichbare Auswirkungen sind bei den Beteiligten zu 4 und 5 nicht gegeben.
5. Der sofortigen Beschwerde ist somit stattzugeben. Der Senat sieht sich jedoch nicht in der Lage, eine abschließende Entscheidung zu treffen. Vielmehr bedarf es noch der Feststellung der Börsenwerte für die Aktien der Beteiligten zu 4 und 5 für den maßgebenden Referenzzeitraum, damit die Durchschnittswerte unter Eliminierung positiver oder negativer Kurssprünge ermittelt werden können. Nach dem Vortrag der Parteien sind die Aktien der DAT sowohl an der Börse in Frankfurt als auch in Düsseldorf gehandelt worden. Um zu erreichen, daß ein möglichst ausgeglichenes Durchschnittsergebnis für
den Referenzzeitraum festgestellt wird, sind die Kurse beider Börsen zu ermitteln und ein Durchschnittskurs aus den Kursfestsetzungen beider Börsen zu errechnen.

Röhricht Henze Goette
Kurzwelly Münke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 18/09
vom
5. August 2010
in dem Spruchverfahren, an dem beteiligt sind:
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 5. August 2010 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Reichart,
Dr. Drescher, Dr. Löffler und Born

beschlossen:
Der Beschluss des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes vom 19. Juli 2010 wird entsprechend § 319 Abs. 1 ZPO dahin berichtigt, dass es in III 3. c) (Rn. 30) Zeile 11 heißen muss: "… und dem Tag der Hauptversammlung mit siebeneinhalb Monaten bereits …" Goette Reichart Drescher Löffler Born
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 10.03.2006 - 82 O 126/05 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 09.09.2009 - I-26 W 13/06 AktE -

(1) Der Hauptaktionär legt die Höhe der Barabfindung fest; sie muss die Verhältnisse der Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschlussfassung ihrer Hauptversammlung berücksichtigen. Der Vorstand hat dem Hauptaktionär alle dafür notwendigen Unterlagen zur Verfügung zu stellen und Auskünfte zu erteilen.

(2) Die Barabfindung ist von der Bekanntmachung der Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister an mit jährlich 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen; die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(3) Vor Einberufung der Hauptversammlung hat der Hauptaktionär dem Vorstand die Erklärung eines im Geltungsbereich dieses Gesetzes zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts zu übermitteln, durch die das Kreditinstitut die Gewährleistung für die Erfüllung der Verpflichtung des Hauptaktionärs übernimmt, den Minderheitsaktionären nach Eintragung des Übertragungsbeschlusses unverzüglich die festgelegte Barabfindung für die übergegangenen Aktien zu zahlen.

(1) Außer der Verpflichtung zum Ausgleich nach § 304 muß ein Beherrschungs- oder ein Gewinnabführungsvertrag die Verpflichtung des anderen Vertragsteils enthalten, auf Verlangen eines außenstehenden Aktionärs dessen Aktien gegen eine im Vertrag bestimmte angemessene Abfindung zu erwerben.

(2) Als Abfindung muß der Vertrag,

1.
wenn der andere Vertragsteil eine nicht abhängige und nicht in Mehrheitsbesitz stehende Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, die Gewährung eigener Aktien dieser Gesellschaft,
2.
wenn der andere Vertragsteil eine abhängige oder in Mehrheitsbesitz stehende Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien und das herrschende Unternehmen eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, entweder die Gewährung von Aktien der herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Gesellschaft oder eine Barabfindung,
3.
in allen anderen Fällen eine Barabfindung
vorsehen.

(3) Werden als Abfindung Aktien einer anderen Gesellschaft gewährt, so ist die Abfindung als angemessen anzusehen, wenn die Aktien in dem Verhältnis gewährt werden, in dem bei einer Verschmelzung auf eine Aktie der Gesellschaft Aktien der anderen Gesellschaft zu gewähren wären, wobei Spitzenbeträge durch bare Zuzahlungen ausgeglichen werden können. Die angemessene Barabfindung muß die Verhältnisse der Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschlußfassung ihrer Hauptversammlung über den Vertrag berücksichtigen. Sie ist nach Ablauf des Tages, an dem der Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag wirksam geworden ist, mit jährlich 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen; die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(4) Die Verpflichtung zum Erwerb der Aktien kann befristet werden. Die Frist endet frühestens zwei Monate nach dem Tag, an dem die Eintragung des Bestehens des Vertrags im Handelsregister nach § 10 des Handelsgesetzbuchs bekannt gemacht worden ist. Ist ein Antrag auf Bestimmung des Ausgleichs oder der Abfindung durch das in § 2 des Spruchverfahrensgesetzes bestimmte Gericht gestellt worden, so endet die Frist frühestens zwei Monate nach dem Tag, an dem die Entscheidung über den zuletzt beschiedenen Antrag im Bundesanzeiger bekanntgemacht worden ist.

(5) Die Anfechtung des Beschlusses, durch den die Hauptversammlung der Gesellschaft dem Vertrag oder einer unter § 295 Abs. 2 fallenden Änderung des Vertrags zugestimmt hat, kann nicht darauf gestützt werden, daß der Vertrag keine angemessene Abfindung vorsieht. Sieht der Vertrag überhaupt keine oder eine den Absätzen 1 bis 3 nicht entsprechende Abfindung vor, so hat das in § 2 des Spruchverfahrensgesetzes bestimmte Gericht auf Antrag die vertraglich zu gewährende Abfindung zu bestimmen. Dabei hat es in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2, wenn der Vertrag die Gewährung von Aktien der herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Gesellschaft vorsieht, das Verhältnis, in dem diese Aktien zu gewähren sind, wenn der Vertrag nicht die Gewährung von Aktien der herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Gesellschaft vorsieht, die angemessene Barabfindung zu bestimmen. § 304 Abs. 4 gilt sinngemäß.

5
1. Die Vorlage ist nach § 28 FGG i.V.m. 12 Abs. 2 Satz 2 SpruchG aF statthaft. Das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und das Spruchverfahrensgesetz finden in der bis zum 1. September 2009 geltenden Fassung weiter Anwendung. Ist ein Verfahren in erster Instanz vor Inkrafttreten des FamFG am 1. September 2009 eingeleitet worden, findet auf das gesamte Verfahren bis zu seinem rechtskräftigen Abschluss nach Art. 111 Abs. 1 FGG-RG das seinerzeit geltende Verfahrensrecht Anwendung (BGH, Beschluss vom 1. März 2010 - II ZB 1/10, ZIP 2010, 446 Rn. 6 ff.). Das Spruchverfahren wurde bereits im Jahr 2005 eingeleitet.

(1) Die Barabfindung muß die Verhältnisse des übertragenden Rechtsträgers im Zeitpunkt der Beschlußfassung über die Verschmelzung berücksichtigen. § 15 Abs. 2 ist auf die Barabfindung entsprechend anzuwenden.

(2) Die Angemessenheit einer anzubietenden Barabfindung ist stets durch Verschmelzungsprüfer zu prüfen. Die §§ 10 bis 12 sind entsprechend anzuwenden. Die Berechtigten können auf die Prüfung oder den Prüfungsbericht verzichten; die Verzichtserklärungen sind notariell zu beurkunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 133/01 Verkündet am:
25. November 2002
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BörsG a.F. § 43 Abs. 4

a) Ein Entlastungsbeschluß ist auch dann anfechtbar, wenn Gegenstand der
Entlastung ein Verhalten vom Vorstand oder Aufsichtsrat ist, das eindeutig
einen schwerwiegenden Gesetzes- oder Satzungsverstoß beinhaltet (Klarstellung
von BGH, WM 1967, 503, 507).
Verletzt der Aufsichtsrat seine Berichtspflicht nach § 314 Abs. 2 AktG, ist der
ihm Entlastung erteilende Hauptversammlungsbeschluß anfechtbar.

b) Das reguläre Delisting beeinträchtigt wegen der damit verbundenen erheblichen
Beeinträchtigung der Verkehrsfähigkeit der Aktien das Aktieneigentum.
Es bedarf eines Beschlusses der Hauptversammlung sowie eines Pflichtangebotes
der Aktiengesellschaft oder des Großaktionärs über den Kauf der
Aktien der Minderheitsaktionäre.
Der Beschluß bedarf keiner sachlichen Rechtfertigung. Der Vorstand braucht
dazu keinen Bericht zu erstatten.

c) Ein adäquater Schutz der Minderheit beim regulären Delisting ist nur dann
gewährleistet, wenn Inhalt des Pflichtangebotes die Erstattung des vollen
Wertes des Aktieneigentums ist und die Minderheitsaktionäre diesen Umstand
in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen lassen können.
Die Überprüfung hat entsprechend den Regeln des Spruchverfahrens im
Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu erfolgen.
BGH, Urteil vom 25. November 2002 - II ZR 133/01 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 25. November 2002 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Henze, Kraemer
und die Richterin Münke

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 14. Februar 2001 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben als
a) die Anfechtungsklage der Kläger zu 1 und 2 gegen die den Aufsichtsrat entlastenden Hauptversammlungsbeschlüsse vom 21. Mai 1999 (TOP 7 u. 8 der Einladung vom April 1999) abgewiesen und
b) der Hilfsantrag der Klägerinnen zu 3 und 4 zurückgewiesen worden ist, den Rechtsstreit mangels Zuständigkeit des Gerichtes der streitigen Zivilgerichtsbarkeit insoweit an das dafür funktionell zuständige Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu verweisen, als die Angemessenheit des Kaufangebotes des Mehrheitsaktionärs der Beklagten überprüft werden soll.
2. Auf die Berufung der Kläger zu 1 und 2 wird das Urteil des Landgerichts München I - 5. Kammer für Handelssachen - vom 4. November 1999 im Kostenpunkt und insoweit abgeändert, als die Anfechtungsklage gegen die den Aufsichtsrat entlasten- den Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 21. Mai 1999 (TOP 7 u. 8 der Einladung vom April 1999) abgewiesen worden ist.
Diese Beschlüsse werden für nichtig erklärt.
3. Auf den Hilfsantrag der Klägerinnen zu 3 und 4 wird der Rechtsstreit insoweit an das Landgericht München I als Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit verwiesen, als sie die Überprüfung der Angemessenheit des Kaufangebotes des Mehrheitsaktionärs der Beklagten vom 20./21. Mai 1999 verfolgen.
4. Die in beiden Vorinstanzen entstandenen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen die Kläger zu 1 und 2 zu 93,5 %, die Klägerinnen zu 3 und 4 gesamtschuldnerisch mit den Klägern zu 1 und 2 zu 64,5 % und die Beklagte zu 6,5 %. Die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 1 und 2 tragen diese zu 93,5 % selbst und die Beklagte zu 6,5 %. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen zu 3 und 4 tragen diese selbst.
Von den in der Revisionsinstanz entstandenen Kosten tragen die Gerichtskosten die Kläger zu 1 und 2 zu 91,5 %, die Klägerinnen zu 3 und 4 gesamtschuldnerisch mit den Klägern zu 1 und 2 zu 85 % und die Beklagte zu 8,5 %, die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 1 und 2 diese selbst zu 92 % und die Beklagte zu 8 % und die außergerichtlichen Kosten der Be- klagten die Kläger zu 1 und 2 zu 92 %, die Klägerinnen zu 3 und 4 gesamtschuldnerisch mit den Klägern zu 1 und 2 zu 82 % und die Beklagte zu 8 %. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen zu 3 und 4 tragen diese selbst. Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte, eine börsennotierte Aktiengesellschaft, verfügt über ein Grundkapital von 11 Mio. DM, das je zur Hälfte aus Stammaktien und aus stimmrechtslosen Vorzugsaktien besteht. Inhaber des größten Teils der Aktien ist eine ausländische Gesellschaft; in Streubesitz befinden sich noch 1,07 % der Stammaktien und 8,5 % der Vorzugsaktien.
Die Kläger wenden sich mit ihrer Anfechtungsklage in der Revisionsinstanz noch gegen den von der Hauptversammlung am 21. Mai 1999 zu TOP 9 gefaßten Beschluß (Delisting), die Kläger zu 1 und 2 ferner gegen die zu TOP 5 bis 8 gefaßten Beschlüsse (Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat). Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Aktien der Beklagten waren bei der Frankfurter Wertpapierbörse und der Bayerischen Börse zur amtlichen Notierung zugelassen. Da nach dem Vortrag der Beklagten mit Rücksicht auf den niedrigen Streubesitz ein Börsenhandel mit ihren Aktien nur noch in geringem Umfang stattfand, hielt sie den mit der Zulassung verbundenen Kostenaufwand nicht mehr für gerechtfertigt. Sie be-
hauptet zudem, es sei infolge des geringen Aktienhandels zu sprunghaften Kursveränderungen gekommen, die durch die Geschäftsentwicklung der Beklagten nicht gerechtfertigt und für das Unternehmen schadenträchtig gewesen seien. Außerdem habe sie Kursmanipulationen befürchtet. Ihre Hauptversammlung hat daher entsprechend dem Vorschlag der Verwaltung zu TOP 9 den Vorstand ermächtigt, bei den beiden Börsen den Widerruf der Zulassung zu beantragen. Die Beklagte hat ferner bekannt gegeben, ihr Großaktionär beabsichtige , den Minderheitsaktionären ein Kaufangebot für jede Aktie im Nennwert von 50,00 DM über 1.057,00 DM (Stammaktien) bzw. 820,00 DM (Vorzugsaktien ) zu unterbreiten.
Die Kläger halten den Ermächtigungsbeschluß mangels Befristung, fehlender sachlicher Rechtfertigung und Unverhältnismäßigkeit sowie wegen Fehlens eines Vorstandsberichtes für fehlerhaft.
Die Kläger zu 1 und 2 halten ferner die zur Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat gefaßten Beschlüsse (TOP 5 bis 6: Vorstand; TOP 7 bis 8: Aufsichtsrat ) für unrechtmäßig, weil die Abhängigkeitsberichte, die der Vorstand für das Geschäftsjahr 1997/1998 und das Rumpfgeschäftsjahr 1998 erstattet hat, nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprächen. Soweit man überhaupt davon ausgehen könne, daß der Aufsichtsrat in seinen nach § 171 Abs. 2 AktG erstatteten Bericht das Ergebnis seiner Überprüfung des Abhängigkeitsberichtes des Vorstandes aufgenommen habe, entspreche seine Berichtstätigkeit nicht den gesetzlichen Voraussetzungen.
Das Landgericht hat die Anfechtungsklage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Kläger sowie den Hilfsantrag der Klägerinnen zu 3 und 4, den Rechtsstreit unter Abtrennung des Verfahrens zur Überprüfung
der Angemessenheit des Kaufangebotes des Mehrheitsaktionärs der Beklagten an das zuständige Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu verweisen, zurückgewiesen.
Die Kläger verfolgen ihre Klageanträge in der Revisionsinstanz in dem dargelegten Umfange weiter. Der Senat hat die Revision nicht angenommen, soweit die Anfechtungsklage gegen die den Vorstand entlastenden Beschlüsse abgewiesen worden ist.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Kläger zu 1 und 2 hat insoweit Erfolg, als das Berufungsgericht die Anfechtungsklage gegen die den Aufsichtsrat entlastenden Hauptversammlungsbeschlüsse abgewiesen hat.
Der Revision der Klägerinnen zu 3 und 4 war stattzugeben, soweit das Berufungsgericht den von ihnen gestellten Hilfsantrag auf Verweisung des Rechtsstreits an das zuständige Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit zurückgewiesen hat.
Die weitergehende Revision der Kläger zu 1 und 2 und der Klägerinnen zu 3 und 4 ist nicht begründet.
I. Die Revision der Kläger zu 1 und 2 rügt zu Recht, daß das Berufungsgericht die Rechtmäßigkeit der Hauptversammlungsbeschlüsse über die Entlastung der Aufsichtsratsmitglieder mit der Begründung bejaht hat, der Aufsichtsrat sei seiner Verpflichtung nachgekommen, der Hauptversammlung über das Ergebnis seiner Prüfung des vom Vorstand erstatteten Abhängigkeitsberichtes
zu berichten. Zudem weist sie zutreffend darauf hin, das Berufungsgericht habe übersehen, daß der Bericht des Aufsichtsrates den Bestätigungsvermerk des Abschlußprüfers nicht enthält. Die Entlastungsbeschlüsse zu TOP 7 und 8 beruhen auf Gesetzesverstößen, so daß sie unter Aufhebung des Berufungsurteils und Abänderung des Landgerichtsurteils für nichtig zu erklären sind (§ 243 Abs. 1 AktG).
1. In Rechtsprechung und Schrifttum ist allerdings umstritten, unter welchen Voraussetzungen ein Entlastungsbeschluß angefochten werden kann. Unter Hinweis auf die Regelung der §§ 120 Abs. 2 Satz 2 bzw. 93 Abs. 4 AktG wird die Ansicht vertreten, auch einer pflichtvergessenen Verwaltung, der erhebliche Gesetzes- oder Satzungsverstöße zur Last fielen, könne Entlastung erteilt werden (vgl. OLG München, WM 1991, 1843, 1851; OLG Düsseldorf, WM 1996, 777, 781; Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG § 120 Rdn. 38; Mülbert in: Großkomm. AktG, 4. Aufl. § 120 Rdn. 76; Münchner Handbuch AG/Semler, 2. Aufl. Bd. 4 (AG) § 34 Rdn. 23; Lutter, NJW 1973, 113, 114). In der Entlastung liege allein die Erklärung, daß die Verwaltung unternehmerisch zweckmäßig gehandelt habe und weiterhin das Vertrauen der Aktionäre genieße. Eine Anfechtung kommt danach nur bei Vorliegen von Verfahrensfehlern, insbesondere Informationsmängeln, oder ganz bestimmter Inhaltsmängel in Betracht (vgl. Mülbert aaO, § 120 Rdn. 23 ff., 117 ff.).
Dem steht die Ansicht gegenüber, nach der die Entlastung in erster Linie die Erklärung der Hauptversammlung ist, sie billige die Verwaltung als - im großen und ganzen - gesetz- und satzungsmäßig; nur nebenher sei sie auch Vertrauenserweis für die Zukunft (OLG Hamm, ZIP 1993, 119, 121; Hüffer, AktG 5. Aufl. § 120 Rdn. 12; Kölner Kommentar/Zöllner, § 120 Rdn. 47; Volhard in:
Semler/Volhard [Hrs.], Arbeitshandbuch für die Hauptversammlung 1999, II C 4; Sethe, ZIP 1996, 1321, 1324).
Die Rechtsprechung des Senats zu dieser Frage erscheint nicht eindeutig. So wird in einem Urteil ausgeführt, die Hauptversammlung könne selbst dann Entlastung erteilen, wenn Gründe vorlägen, die eine Versagung der Entlastung rechtfertigten. Denn ein Aktionär könne über die Anfechtungsklage nicht den übrigen Aktionären seine Meinung aufzwingen (Urt. v. 30. März 1967 - II ZR 245/63, WM 1967, 503, 507). In einer späteren Entscheidung hat der Senat ausgesprochen, die Hauptversammlung handele gesetzwidrig, wenn sie trotz fehlender oder fehlerhafter Berichterstattung nach § 314 Abs. 2 AktG den Aufsichtsratsmitgliedern Entlastung erteile (BGHZ 62, 193, 194 f.). Aus einem zur GmbH ergangenen Urteil geht hervor, daß die Gesellschafterversammlung mit der Entlastung - auch - darüber befinde, ob der Geschäftsführer innerhalb der von Gesetz, Satzung oder Einzelanweisung seiner unternehmerischen Entscheidungsfreiheit gezogenen Grenzen zweckmäßige Entscheidungen getroffen habe (BGHZ 94, 324, 326 f.).
Der Senat hält unter Klarstellung seiner Rechtsprechung daran fest, daß ein Entlastungsbeschluß anfechtbar ist, wenn Gegenstand der Entlastung ein Verhalten ist, das eindeutig einen schwerwiegenden Gesetzes- oder Satzungsverstoß darstellt. Zutreffend ist darauf hingewiesen worden, daß dem die Vorschrift des § 120 Abs. 2 Satz 2 AktG nicht entgegensteht (Hüffer aaO, § 120 Rdn. 12). Die in § 243 Abs. 1 AktG getroffene Regelung, daß jeder gesetzesoder satzungswidrige Beschluß der Hauptversammlung angefochten werden kann, erfährt durch die Abtrennung des Verzichts auf Schadensersatzansprüche von der Entlastung keine Durchbrechung (vgl. Sethe, ZIP 1996, 1321, 1323 f.). Würde man eine solche Durchbrechung für den Entlastungsbeschluß
zulassen, könnte eine zur Billigung rechtsbrechenden Verhaltens entschlossene Mehrheit gegen den Widerstand einer gesetzes- und satzungstreuen Minderheit eine Entlastung der Verwaltung jederzeit durchsetzen (Volhard in: Semler /Volhard aaO, II C 4). Das widerspricht nicht nur der Regelung des § 243 Abs. 1 AktG, sondern wäre auch mit dem Gesichtspunkt der Treupflicht der Mehrheit gegenüber der Minderheit nicht vereinbar (vgl. BGHZ 103, 184, 193 ff. - Linotype).
Dem steht auch die Regelung des § 93 Abs. 4 AktG nicht entgegen. Denn im Gegensatz zu der Vorschrift des § 243 Abs. 1 AktG, die ein uneingeschränktes Anfechtungsrecht bei Verstößen der Hauptversammlung gegen Gesetz oder Satzung vorsieht, läßt § 93 Abs. 4 AktG die Vereinbarung über den Erlaß einer Schadensersatzforderung in beschränktem Umfang zu.
Dieses Verständnis vom Inhalt der Entlastung führt keineswegs dazu, daß der Entlastungsbeschluß nicht widerspruchsfrei gestaltet werden kann (so aber offenbar Mülbert aaO, § 120 Rdn. 25). Ist Gegenstand des Urteils der Hauptversammlung lediglich ein Verhalten, das sich im Rahmen von Gesetz und Satzung bewegt hat, betrifft es das unternehmerisch zweckmäßige Handeln und die Entscheidung über das Vertrauen für die Zukunft. Muß über ein gesetz- oder satzungswidriges Verhalten befunden werden, wird dem Verwaltungsmitglied auch für die Zukunft kein Vertrauen ausgesprochen, wenn ihm die Entlastung insgesamt verweigert wird. Daraus folgt jedoch nicht zwingend, daß die Hauptversammlung ein Organmitglied nicht trotz des Vertrauensverlustes im Amt belassen darf, wenn sie der Ansicht sein kann, daß das gleichwohl im Interesse der Gesellschaft liege und das Organ künftig Gesetz und Satzung beachten werde.
2. Auch das Berufungsgericht geht zwar im Grundsatz zutreffend davon aus, daß ein Beschluß, der den Verwaltungsmitgliedern trotz eines schwerwiegenden und eindeutigen Gesetzesverstoßes Entlastung erteilt, selbst gesetzwidrig ist und nach § 243 Abs. 1 AktG angefochten werden kann. Es verneint jedoch im konkreten Fall zu Unrecht einen Verstoß der Aufsichtsratsmitglieder gegen § 314 Abs. 2 AktG.
Es verkennt einmal, daß in den nach § 171 Abs. 2 AktG vom Aufsichtsrat an die Hauptversammlung erstatteten Berichten nicht, wie es § 314 Abs. 2 Satz 1 AktG fordert, zum Ausdruck kommt, der Aufsichtsrat habe die Abhängigkeitsberichte des Vorstandes geprüft. Vielmehr heißt es in den Berichten nur, der Jahresabschluß sowie die Berichte der Geschäftsführung für die Gesellschaften und den Konzern einschließlich der Buchführung für das betroffene Geschäftsjahr seien von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft P. W. GmbH geprüft und mit deren uneingeschränktem Bestätigungsvermerk versehen worden. Diese Ergebnisse habe der Aufsichtsrat zur Kenntnis genommen, genehmigt und den Jahresabschluß selbst geprüft. Die weiteren Bemerkungen betreffen den konsolidierten Abschluß, den dazu erstatteten Prüferbericht und die Gewinnverwendung. Vom Abhängigkeitsbericht wird nirgends gesprochen. Dessen Prüfung wird auch nicht in dem Passus angesprochen, nach dem alle Vorgänge, für die der Gesetzgeber oder die Unternehmenssatzung die Zustimmung des Aufsichtsrates verlangten, vom Aufsichtsrat geprüft und, soweit erforderlich , genehmigt worden sind. Dabei handelt es sich offensichtlich nur um zustimmungspflichtige Geschäftsvorgänge, wie sie beispielsweise in § 111 Abs. 4 Satz 2 oder in § 204 Abs. 1 Satz 2 AktG umschrieben werden. Der Abhängigkeitsbericht bedarf aber nach der gesetzlichen Regelung keiner Zustimmung des Aufsichtsrates.
Der Bericht des Aufsichtsrates erwähnt zwar, die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft P. W. GmbH habe "die Berichte der Geschäftsführung" mit dem "uneingeschränkten Bestätigungsvermerk" versehen. Darunter kann auch der vom Vorstand erstattete Abhängigkeitsbericht fallen. Dieser Hinweis genügt jedoch nicht, wie die Revision zutreffend ausführt. Das Gesetz (§ 314 Abs. 2 Satz 3 AktG) verlangt vielmehr, daß "ein von dem Abschlußprüfer erteilter Bestätigungsvermerk in den Bericht aufzunehmen" ist. Von dem Erfordernis der wörtlichen Wiedergabe geht auch das Landgericht München I in dem von den Klägern zu 1 und 2 zu den Senatsakten gereichten Urteil vom 31. Mai 2001 (5 AR O 17738/00) aus.
II. Die Revision hat jedoch keinen Erfolg, soweit sich die Kläger gegen den Beschluß der Hauptversammlung über die Ermächtigung des Vorstandes wenden, das reguläre Delisting der Aktien der Beklagten bei den Börsen in Frankfurt und München zu beantragen (TOP 9).
1. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung geht das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht davon aus, daß das reguläre Delisting - darunter ist der Rückzug der Gesellschaft aus dem Amtlichen Handel und dem geregelten Markt an allen Börsen zu verstehen - eines mit einfacher Mehrheit gefaßten Beschlusses der Hauptversammlung bedarf.
Allerdings kann die Zuständigkeit der Hauptversammlung für die Entscheidung über das reguläre Delisting nicht daraus hergeleitet werden, daß mit ihr in die Innenstruktur der Aktiengesellschaft oder in die Mitverwaltungsrechte der Aktionäre eingegriffen würde. Denn die innere Struktur der Gesellschaft wird dadurch, daß sie sich von der Börse zurückzieht, nicht verändert (vgl. im einzelnen Wirth/Arnold, ZIP 2000, 111, 114 f.; Streit, ZIP 2002, 1279, 1287;
grundlegend aus rechtsvergleichender Sicht Hopt, FS Drobnig 1998, S. 525, 536). Ebensowenig werden der Bestand des Mitgliedschaftsrechtes - wie etwa bei der Regelung des "Squeeze out" im Sinne der §§ 327 a ff. AktG - oder das Mitgliedschaftsrecht als relatives Beteiligungsrecht (Dividendenrecht, Anspruch auf Liquidationsanteil) berührt, der Vermögenswert der Beteiligung verwässert (vgl. dazu insgesamt BGHZ 71, 40 - Kali und Salz) bzw. ausgezehrt (BGHZ 135, 374, 378 f. - Guano) oder die mitgliedschaftliche Stellung des Aktionärs durch Mediatisierung seiner Mitwirkungsrechte geschwächt (BGHZ 83, 129, 136 ff. - Holzmüller).
Es darf jedoch nicht übersehen werden, daß dem Aktionär mit dem Rückzug der Gesellschaft aus dem amtlichen Handel (§ 38 Abs. 4 BörsG) oder vom geregelten Markt (§ 52 Abs. 2 BörsG) der Markt genommen wird, der ihn in die Lage versetzt, den Wert seiner Aktien jederzeit durch Veräußerung zu realisieren. Das ist für den Großaktionär oder für Paketbesitzer, die mit ihrer Beteiligung unternehmerische Interessen und nicht lediglich Anlageinteressen verfolgen , ohne Bedeutung. Für die Minderheits- und Kleinaktionäre, deren Engagement bei einer Aktiengesellschaft allein in der Wahrnehmung von Anlageinteressen besteht, bringt der Wegfall des Marktes hingegen wirtschaftlich gravierende Nachteile mit sich, die auch nicht durch die Einbeziehung der Aktien in den Freihandel ausgeglichen werden können.
Dieser Verkehrsfähigkeit der Aktien einer an der Börse zugelassenen Aktiengesellschaft ist mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für die Wertbestimmung der Anteile eine besondere Bedeutung beizumessen: Steht dem Aktionär nach Abschluß eines Unternehmensvertrages im Sinne des § 291 AktG oder nach Vornahme einer Eingliederung im Sinne der §§ 319 ff. AktG ein Abfindungsanspruch zu, dann muß der Abfindungsbetrag so bemes-
sen sein, daß die Minderheitsaktionäre nicht weniger erhalten, als sie bei einer freien Deinvestitionsentscheidung in dem maßgebenden Zeitpunkt hätten erzielen können (BVerfGE 100, 289 - DAT/Altana; BVerfG, Beschl. v. 23. August 2000 - 1 BvR 68/95 u. 147/97, ZIP 2000, 1670 - Moto Meter; zum variablen Ausgleich vgl. BVerfG, Beschl. v. 8. September 1999 - 1 BvR 301/89, ZIP 1999, 1804 - Hartmann & Braun; zum Abfindungsanspruch bei Abschluß eines Unternehmensvertrages vgl. bereits BGHZ 135, 374, 377 ff.). Der Verkehrswert und die jederzeitige Möglichkeit seiner Realisierung sind danach Eigenschaften des Aktieneigentums (BVerfGE 100, 289, 305 f. - DAT/Altana), die wie das Aktieneigentum selbst verfassungsrechtlichen Schutz genießen. Dies muß unmittelbare Auswirkungen auf den Umfang des vermögensrechtlichen Schutzes haben , den das Mitgliedschaftsrecht des Aktionärs genießt. Zwar erstreckt sich der mitgliedschaftliche Vermögensschutz nach der gesetzlichen Regelung unmittelbar lediglich auf die Gewährleistung des Gewinnbezugsrechtes, des Liquidationsanteils und des relativen Vermögenswertes der Beteiligung. Hat der Verkehrswert einschließlich der Verkehrsfähigkeit des Aktienanteils aber Teil an der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG, so ist dieser Schutz auch im Verhältnis der Gesellschaft zu den Aktionären zu beachten. Unter dieser Voraussetzung betrifft er keineswegs nur das außermitgliedschaftliche Rechtsverhältnis des Aktionärs zu Dritten; er ist vielmehr bei börsennotierten Gesellschaften unerläßlicher Bestandteil des Rechtsverhältnisses zwischen Aktiengesellschaft und Aktionär (vgl. dazu Hellwig/Bormann, ZGR 2002, 465, 473 ff.; a.A. Wirth/Arnold aaO, S. 115). Da der Schutz des mitgliedschaftlichen Vermögenswertes nicht in den Händen der Geschäftsleitung, sondern der Hauptversammlung liegt, ist für Entscheidungen darüber auch die Hauptversammlung zuständig. Die Hauptversammlung, nicht die Verwaltung hat darüber zu befinden , ob das Delisting als eine die Verkehrsfähigkeit der Aktie und damit den Verkehrswert des Anteils beeinträchtigende Maßnahme im Hinblick auf den
Minderheitenschutz durchgeführt werden darf und soll (i.E. ebenso Hüffer aaO, § 119 Rdn. 24; Hellwig, ZGR 1999, 781, 799; Lutter, FS Zöllner 1998, Bd. I S. 363, 380; Lutter/Leinekugel, ZIP 1998, 805, 806; Schwark/Geiser, ZHR 161 (1997), 739, 763; Vollmer/Grupp, ZGR 1995, 459, 474 f.).
2. Der Umstand, daß die Entscheidung über ein Delisting der Hauptversammlung vorbehalten ist, vermag allein keinen hinreichenden Schutz der Minderheitsaktionäre zu gewährleisten. Ein solcher ist nur dann sichergestellt, wenn den Minderheitsaktionären der Wert ihrer Aktien ersetzt wird und ihnen die Möglichkeit offensteht, die Richtigkeit der Wertbemessung in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen zu lassen (BVerfGE 100, 289, 303; BVerfG, Beschl. v. 23. August 2000 aaO, S. 1672 f.).

a) Die einschlägige Regelung des Börsengesetzes gewährleistet keinen wirksamen gesellschaftsrechtlichen Minderheitenschutz. Allerdings schreibt § 43 Abs. 4 BörsG a.F. (§ 38 Abs. 4 Satz 2 in der Fassung des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes v. 1. Juli 2002, BGBl. I, 2010) vor, daß der Widerruf der Zulassung dem Schutz der Anleger nicht widersprechen darf. Die nähere Ausgestaltung dieses Schutzes überläßt das Gesetz aber den Börsen (§ 43 Abs. 4 Satz 5 BörsG a.F., § 38 Abs. 4 Satz 5 BörsG n.F.). Die Börsenordnungen sehen zwar Regelungen vor, mit denen ein Anlegerschutz gewährleistet werden soll. Dieser entspricht jedoch nicht den an einen Minderheitenschutz im Aktienrecht zu stellenden Anforderungen.
Einmal können die entsprechenden Bestimmungen der Börsenordnungen von dem zuständigen Börsengremium jederzeit geändert werden. Das zeigt exemplarisch der Fall der Frankfurter Börse: Durfte nach dem bis zum 26. März 2002 geltenden § 54 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BörsO FWB dem Antrag auf Widerruf
der Börsenzulassung nur stattgegeben werden, wenn ein öffentliches Kaufangebot zu einem Preis unterbreitet wurde, der in einem angemessenen Verhältnis zum höchsten Börsenpreis der letzten sechs Monate vor Antragstellung stand, kann nach der neuen Regelung der Widerruf schon dann ausgesprochen werden, wenn den Anlegern nach Veröffentlichung der Widerrufsentscheidung genügend Zeit (sechs Monate, vgl. § 54 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsO FWB) verbleibt , die vom Widerruf betroffenen Aktien zu veräußern (vgl. dazu Streit, ZIP 2002, 1279, 1281 f.). Diese Regelung gewährt schon deswegen keinen hinreichenden Anlegerschutz, weil unmittelbar nach dem Bekanntwerden des Delisting erfahrungsgemäß ein Kursverfall der Aktien eintritt, der es dem Anleger unmöglich macht, die von ihm investierten Vermögenswerte zu realisieren (vgl. dazu Schwark/Geiser, ZHR 161 [1977], S. 739, 762).
Zum anderen schreiben die Börsenordnungen nicht zwingend die Erstattung des Wertes der Aktien vor, sondern verlangen überwiegend - wie früher die Frankfurter Wertpapierbörse - die Erstattung eines Betrages, der in einem angemessenen Verhältnis zu dem höchsten Börsenpreis der letzten, vor der Veröffentlichung des Widerrufs liegenden sechs Monate steht. Da dieser Betrag auch niedriger sein kann als der Wert der Aktien, ist eine - nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erforderliche - volle Entschädigung der Minderheitsaktionäre nicht sichergestellt.
Das Kapitalmarktrecht schließt demnach nicht aus, daß den Minderheitsaktionären durch das Delisting ein vermögensrechtlicher Nachteil entsteht. Dieser muß somit durch Gewährung eines gesellschaftlichen Minderheitenschutzes ausgeschlossen werden.

b) Ein adäquater Schutz der Minderheitsaktionäre kann nur dadurch er- reicht werden, daß ihnen mit dem Beschlußantrag ein Pflichtangebot über den Kauf ihrer Aktien durch die Gesellschaft (in den nach §§ 71 f. AktG bestehenden Grenzen) oder durch den Großaktionär vorgelegt wird. Da den Minderheitsaktionären eine volle Entschädigung zusteht, muß der Kaufpreis dem Anteilswert entsprechen.

c) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muß gewährleistet sein, daß der Aktionär in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen lassen kann, ob der ihm erstattete Betrag dem Wert des Anteils entspricht. Dabei hat es offengelassen, ob diese Kontrolle mit dem Institut der Anfechtungsklage oder durch analoge Anwendung der Vorschriften über das Spruchverfahren (§ 306 AktG, §§ 305 ff. UmwG) sicherzustellen ist (BVerfG, Beschl. v. 23. August 2000 - 1 BvR 68/95 u. 147/97, ZIP 2000, 1670, 1672 f.).
Dem Senat erscheint es nicht zweckmäßig, die Möglichkeit der Überprüfung , ob das Kaufangebot dem Verkehrswert der Aktien entspricht, durch das Institut der Anfechtungsklage sicherzustellen. Es kann den Interessen beider Parteien nicht vollständig gerecht werden. Die Aktionäre können lediglich eine Kassation des Beschlusses erreichen und dadurch dessen Durchsetzung verhindern. Sie vermögen auf diese Weise nur mittelbar eine Erhöhung des Kaufangebotspreises durch die Gesellschaft oder den Mehrheitsaktionär zu erreichen. Der Gesellschaft entstehen durch das Erfordernis der erneuten Einberufung einer Hauptversammlung unverhältnismäßige Kosten. Ferner können für sie durch die Verzögerung des Delisting erhebliche Nachteile eintreten.
Wie entsprechende Regelungen im Unternehmensvertragsrecht (§ 304 Abs. 3 Satz 2, § 305 Abs. 5 Satz 2 AktG) und im Umwandlungsrecht (§§ 15, 34,
196, 212 UmwG) zeigen, kann den Belangen der Beteiligten eher dadurch ent- sprochen werden, daß die Höhe des Angebotsbetrages in einem dafür geschaffenen Verfahren (Spruchverfahren) geklärt wird. Diese Überlegungen, die der Einführung des Spruchverfahrens im Unternehmensvertrags- und Umwandlungsrecht zugrunde liegen, treffen auch auf das Verfahren des Delisting zu. Es ist daher sinnvoll, den zwischen den Parteien aufgetretenen Konflikt ebenso wie beim Squeeze out nicht auf dem Weg des Anfechtungsverfahrens, sondern des Spruchverfahrens zu lösen.
Verfassungsrechtlich begegnet eine analoge Anwendung dieser prozeßrechtlichen Vorschriften keinen Bedenken (BVerfG, Beschl. v. 23. August 2000 - 1 BvR 68/95 u. 147/97, ZIP 2000, 1670, 1673). Aber auch unter prozessualen Aspekten ist die Analogiefähigkeit dieser Vorschriften zu bejahen. Zu Recht ist darauf hingewiesen worden, daß prozessuale Regelungen lediglich Hilfsmittel zur Durchsetzung des materiellen Rechts sind und ihre Analogiefähigkeit aus diesem Grunde ebenso gegeben ist wie diejenige des Rechtes, dessen Durchsetzung sie dienen (vgl. BayObLG, ZIP 1998, 2002, 2004; Wiedemann, ZGR 1999, 857, 866 f.; derselbe ZGR 1978, 477, 492; Lutter/Leinekugel, ZIP 1999, 261, 266 f.). Durch die Anwendung der Vorschriften über das Spruchverfahren auf den Fall des Delisting wird zugleich gewährleistet, daß durch die gerichtliche Entscheidung der Wert der Aktien für alle Aktionäre verbindlich festgelegt wird.
3. Entgegen der Ansicht der Revision bedarf der Hauptversammlungsbeschluß keiner sachlichen Rechtfertigung, wie sie vom Senat für den Ausschluß des Bezugsrechtes gefordert worden ist (vgl. BGHZ 71, 40; 83, 319; 125, 239; ablehnend auch Hüffer aaO, § 119 Rdn. 24; Hellwig, ZGR 1999, 781, 800; Zetzsche, NZG 2000, 1065, 1067; a.A. u.a. Lutter, FS Zöllner 1998, Bd. I
S. 363/381). Die auf Vorschlag des Vorstandes über das Delisting zu treffende Entscheidung hat unternehmerischen Charakter. Da sie von der Hauptversammlung zu treffen ist, liegt es somit im Ermessen der Mehrheit der Aktionäre, ob die Maßnahme im Interesse der Gesellschaft zweckmäßig ist und geboten erscheint. Der vermögensrechtliche Schutz der Minderheitsaktionäre ist durch das Erfordernis eines Pflichtangebotes, die Aktien zum vollen Wert zu übernehmen , sowie die Möglichkeit sichergestellt, die Höhe in einem Spruchverfahren überprüfen zu lassen.
Eines Vorstandsberichtes entsprechend § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG zum Delisting bedarf es nicht. Die Beklagte hat in der Hauptversammlung die Gründe schlüssig dargelegt, aus denen das Delisting betrieben werden soll. Sie hat die Einsparung der Kosten, drohende Kursschwankungen und drohende Nachteile für die Gesellschaft sowie die Gefahr von Kursmanipulationen aufgeführt. Diese Gründe sind aus sich heraus verständlich und tragen die Entscheidung der Hauptversammlung.
Wie das Berufungsgericht dargelegt hat, ist dem Informationsbedürfnis der Minderheitsaktionäre hinreichend entsprochen worden. Nach dem Rechtsgedanken des § 124 Abs. 2 Satz 2 AktG, der hier entsprechend heranzuziehen ist, genügt es, daß ihnen die Einzelheiten des Widerrufsantrages und das Abfindungsangebot des Mehrheitsaktionärs bekannt gegeben werden. Diese Voraussetzungen hat die Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erfüllt.
4. Die Rüge der Revision, der Ermächtigungsbeschluß sei zeitlich nicht hinreichend fixiert, ist ebenfalls nicht begründet. Es ist zwar richtig, daß in den Fällen, in denen das Gesetz der Hauptversammlung erlaubt, den Vorstand zur
Vornahme bestimmter Maßnahmen zu ermächtigen, die Dauer der Ermächtigung im Gesetz befristet wird (vgl. § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG) oder der Hauptversammlung eine Höchstfrist eingeräumt wird, auf die sie die Ermächtigung begrenzen darf (§ 202 Abs. 2 AktG). Trifft das Gesetz keine Regelung über die Dauer der Ermächtigung, ist die Hauptversammlung in der Bestimmung der Frist frei. Befristet sie die Ermächtigung nicht, ist der Vorstand gehalten, aufgrund der ihm als Organ obliegenden Pflichten im Rahmen seiner unternehmerischen Handlungsfreiheit zu entscheiden, ob und wann er die Maßnahme, zu der er ermächtigt worden ist, durchführt. Über den Stand der Angelegenheit hat er auf der nächsten ordentlichen Hauptversammlung, die jährlich abzuhalten ist (§ 175 Abs. 1 AktG), zu berichten. Ist die Maßnahme zu diesem Zeitpunkt noch nicht durchgeführt, kann die Hauptversammlung darüber beschließen, ob die Ermächtigung aufrechterhalten bleibt, oder ob sie widerrufen wird. Die Ermächtigung unterliegt somit einer hinreichend konkreten zeitlichen Kontrolle durch die Hauptversammlung. Eine weitergehende zeitliche Beschränkung ist nicht erforderlich.
Die Revision der Kläger zu 1 und 2 rügt außerdem, das Berufungsgericht sei zu Unrecht dem Vortrag nicht gefolgt, die Maßnahme des Delisting sei mißbräuchlich , weil die Minderheitsaktionäre mit willkürlichen Mitteln aus der Beklagten gedrängt werden sollten. Die Willkür zeige sich darin, daß die Dividende für Stamm- und Vorzugsaktionäre im Vergleich zu den Vorjahren erheblich gekürzt worden sei, obwohl die Beklagte keine Gewinneinbußen zu verzeichnen gehabt habe. Auch dem vermag der Senat nicht zu folgen. Die Revisionserwiderung hat auf den Vortrag der Beklagten verwiesen, nach dem die Gewinnmargen aufgrund eines im Verhältnis zum Umsatz erheblich gestiegenen Materialaufwands stark gesunken seien, so daß sich die Beklagte gezwungen gesehen habe, ihre Kosten durch laufende Investitionen zu senken. Dieser erhöhte
Investitionsaufwand gehe zu Lasten des ausschüttungsfähigen Gewinns. Die Revision zeigt keinen Vortrag auf, mit dem die Kläger zu 1 und 2 diesem in sich schlüssigen Vorbringen der Beklagten mit plausiblen Gründen entgegengetreten sind. Das Berufungsgericht ist danach zu Recht davon ausgegangen, daß von einer mißbräuchlichen Handhabung des Delisting nicht gesprochen werden kann.
III. Die Anwendung der Vorschriften des Spruchverfahrens auf das Verfahren des Delisting zur Festsetzung des den Minderheitsaktionären für ihre Anteile zu gewährenden Verkehrswertes hat zur Folge, daß dem Hilfsantrag der Klägerinnen zu 3 und 4 stattgegeben werden muß. Für das Spruchverfahren sind funktionell nicht die ordentlichen Gerichte, sondern die Gerichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständig. Entsprechend § 17 a Abs. 2 GVG, der auf das Verhältnis zwischen ordentlicher streitiger und freiwilliger Gerichtsbarkeit entsprechend anzuwenden ist (vgl. BGH, Beschl. v. 5. April 2001 - III ZB 48/00, WM 2001, 1045; Zöller/Gummer, ZPO 23. Aufl. Vorbem. 11 zu §§ 17-17 b GVG m.w.N.), ist für die Feststellung des Wertes der Aktien der Beklagten der
Rechtsweg vor den Gerichten der streitigen Gerichtsbarkeit nicht gegeben und daher das Verfahren an das zuständige Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit abzugeben.
Röhricht Hesselberger Henze
Kraemer Münke