Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Dez. 2010 - IX ZB 121/10

bei uns veröffentlicht am02.12.2010
vorgehend
Amtsgericht Konstanz, 40 IN 117/09, 01.04.2010
Landgericht Konstanz, 62 T 47/10 A, 12.05.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 121/10
vom
2. Dezember 2010
in dem Insolvenzeröffnungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Im Beschwerdeverfahren gegen die Abweisung der Verfahrenseröffnung mangels
Masse ist die nach Erlass des Ablehnungsbeschlusses erfolgte Befriedigung der
Forderung des den Insolvenzantrag stellenden Gläubigers nicht zu berücksichtigen.
BGH, Beschluss vom 2. Dezember 2010 - IX ZB 121/10 - LG Konstanz
AG Konstanz
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, den Richter Raebel, die Richterin Lohmann, den Richter
Dr. Pape und die Richterin Möhring
am 2. Dezember 2010

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Konstanz vom 12. Mai 2010 wird auf Kosten des Schuldners als unzulässig verworfen.
Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 2.000 €

Gründe:


1
Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 7, 6 Abs. 1, § 34 Abs. 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist aber unzulässig, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Sachentscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern (§ 574 Abs. 2 ZPO).
2
1. Die von der Rechtsbeschwerde für rechtsgrundsätzlich gehaltene Frage , ob Einwendungen gegen den vollstreckbaren Titel, der Grundlage des Insolvenzantrags des Gläubigers ist, ausnahmsweise nicht im dafür vorgesehenem Verfahren verfolgt werden müssen, wenn die Tatsachen, die dem Titel entgegenstehen, unstreitig oder offensichtlich sind (vgl. BGH, Beschl. v.
29. Juni 2006 - IX ZB 245/05, WM 2006, 1632, 1633; v. 27. Juli 2006 - IX ZB 15/06, NZI 2006, 642; v. 29. November 2007 - IX ZB 12/07, ZInsO 2008, 103 Rn. 9; v. 17. September 2009 - IX ZB 26/08, ZInsO 2009, 2072 Rn. 5), stellt sich nicht. Es geht nicht um die nachträgliche Beseitigung der Vollstreckbarkeit eines Titels, auf den der Antragsteller seine Forderung stützt. Der Schuldner will vielmehr die Erfüllung der Forderung des Antragstellers nach Entscheidung über die sofortige Beschwerde gegen die Abweisung des Gläubigerantrags mangels Masse geltend machen. Insoweit hatte das Beschwerdegericht nach dem eigenen Vorbringen des Schuldners zum Zeitpunkt der Entscheidung über die sofortige Beschwerde noch keine Kenntnis von der erst nach Erlass seiner Entscheidung mitgeteilten Erfüllung.
3
2. Auf die weiter für rechtsgrundsätzlich gehaltene Frage, ob in Analogie zur ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO auch im Rechtsbeschwerdeverfahren gilt, dass in bestimmtem Umfang auch Tatsachen, die sich erst während der Revisionsinstanz ereignen, in die Urteilsfindung einfließen können (BGH, Urt. v. 21. November 2001 - XII ZR 162/99, NJW 2002, 1130, 1131; v. 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08, NJW 2009, 3783 Rn. 27), kommt es nicht an. Liegt ein zulässiger Insolvenzantrag vor, hat das Insolvenzgericht gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 InsO von Amts wegen die Deckung der Verfahrenskosten zu ermitteln; maßgebend ist der Zeitpunkt der Entscheidung über den Insolvenzantrag (Jaeger/Schilken, InsO § 26 Rn. 36; HK-InsO/Kirchhof, 5. Aufl. § 26 Rn. 18 f; Uhlenbruck, InsO 13. Aufl. § 26 Rn. 33). Liegen sämtliche Eröffnungsvoraussetzungen vor und fehlt es nur an der Deckung der Verfahrenskosten, so lehnt das Insolvenzgericht - sieht man einmal von den hier nicht in Betracht kommenden Fällen der Verfahrenskostenstundung und der Einzahlung eines Kostenvorschusses gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 InsO ab - die Verfahrenseröffnung ab. Diese Entscheidung, deren Vor- aussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung des Insolvenzgerichts hier unstreitig gegeben waren, kann nicht durch den nachträglichen Ausgleich der Forderung des Antragstellers zu Fall gebracht werden. Die spätere Befriedigung der Forderung des Gläubigers ändert nichts an der Tatsache, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung des Insolvenzgerichts die Voraussetzungen für eine Abweisung mangels Masse gegeben waren. Beschwerde- und Rechtsbeschwerdegericht haben deshalb den nachträglichen Ausgleich der Forderung des Gläubigers, ungeachtet der Frage, zu welchem Zeitpunkt er erfolgt ist, bei der Entscheidung über ein Rechtsmittel gegen die Abweisung mangels Masse nicht zu berücksichtigen.
4
3. Eine Gehörsverletzung liegt entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Senats (BGH, Beschl. v. 24. September 2009 - IX ZB 285/08, Rn. 2) reicht es aus, wenn dem Beschwerdeführer eine Frist von zwei Wochen zur Begründung seines Rechtsmittels zur Verfügung steht. Hier ist die sofortige Beschwerde des Schuldners am 22. April 2010 beim Insolvenzgericht eingegangen. Der Einzelrichter hat dem Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners telefonisch am 29. April 2010 eine Frist zur Begründung der sofortigen Beschwerde bis zum 6. Mai 2010 gesetzt. Die 14-tägige Frist zur Begründung der sofortigen Beschwerde war damit gewahrt, zumal das Beschwerdegericht die Entscheidung über das Rechtsmittel tatsächlich erst am 12. Mai 2010 getroffen hat. Gelegenheit zum Ausgleich der der Forderung des Gläubigers brauchte das Beschwerdegericht dem Schuldner nicht zu geben, weil es hierauf aus den vorstehenden Gründen ohnehin nicht ankam.
Kayser Raebel Lohmann
Pape Möhring

Vorinstanzen:
AG Konstanz, Entscheidung vom 01.04.2010 - 40 IN 117/09 -
LG Konstanz, Entscheidung vom 12.05.2010 - 62 T 47/10 A -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Dez. 2010 - IX ZB 121/10

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Dez. 2010 - IX ZB 121/10

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 559 Beschränkte Nachprüfung tatsächlicher Feststellungen


(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt

Insolvenzordnung - InsO | § 6 Sofortige Beschwerde


(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen. (2) Die Beschwerdefrist beginn
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Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 559 Beschränkte Nachprüfung tatsächlicher Feststellungen


(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt

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(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen. (2) Die Beschwerdefrist beginn

Insolvenzordnung - InsO | § 34 Rechtsmittel


(1) Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt, so steht dem Antragsteller und, wenn die Abweisung des Antrags nach § 26 erfolgt, dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. (2) Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, so steht dem Schuldne

Insolvenzordnung - InsO | § 26 Abweisung mangels Masse


(1) Das Insolvenzgericht weist den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ab, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Die Abweisung unterbleibt, wenn ein ausreichender Geld

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(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.

(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.

(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.

(1) Das Insolvenzgericht weist den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ab, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Die Abweisung unterbleibt, wenn ein ausreichender Geldbetrag vorgeschossen wird oder die Kosten nach § 4a gestundet werden. Der Beschluss ist unverzüglich öffentlich bekannt zu machen.

(2) Das Gericht ordnet die Eintragung des Schuldners, bei dem der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist, in das Schuldnerverzeichnis nach § 882b der Zivilprozessordnung an und übermittelt die Anordnung unverzüglich elektronisch dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 882h Abs. 1 der Zivilprozessordnung. § 882c Abs. 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(3) Wer nach Absatz 1 Satz 2 einen Vorschuß geleistet hat, kann die Erstattung des vorgeschossenen Betrages von jeder Person verlangen, die entgegen den Vorschriften des Insolvenz- oder Gesellschaftsrechts den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens pflichtwidrig und schuldhaft nicht gestellt hat. Ist streitig, ob die Person pflichtwidrig und schuldhaft gehandelt hat, so trifft sie die Beweislast.

(4) Zur Leistung eines Vorschusses nach Absatz 1 Satz 2 ist jede Person verpflichtet, die entgegen den Vorschriften des Insolvenz- oder Gesellschaftsrechts pflichtwidrig und schuldhaft keinen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hat. Ist streitig, ob die Person pflichtwidrig und schuldhaft gehandelt hat, so trifft sie die Beweislast. Die Zahlung des Vorschusses kann der vorläufige Insolvenzverwalter sowie jede Person verlangen, die einen begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner hat.

(1) Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt, so steht dem Antragsteller und, wenn die Abweisung des Antrags nach § 26 erfolgt, dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

(2) Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, so steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

(3) Sobald eine Entscheidung, die den Eröffnungsbeschluß aufhebt, Rechtskraft erlangt hat, ist die Aufhebung des Verfahrens öffentlich bekanntzumachen. § 200 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend. Die Wirkungen der Rechtshandlungen, die vom Insolvenzverwalter oder ihm gegenüber vorgenommen worden sind, werden durch die Aufhebung nicht berührt.

(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.

(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.

(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.

(1) Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt, so steht dem Antragsteller und, wenn die Abweisung des Antrags nach § 26 erfolgt, dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

(2) Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, so steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

(3) Sobald eine Entscheidung, die den Eröffnungsbeschluß aufhebt, Rechtskraft erlangt hat, ist die Aufhebung des Verfahrens öffentlich bekanntzumachen. § 200 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend. Die Wirkungen der Rechtshandlungen, die vom Insolvenzverwalter oder ihm gegenüber vorgenommen worden sind, werden durch die Aufhebung nicht berührt.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 245/05
vom
29. Juni 2006
in dem Verfahren auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Ein Gläubiger, dem eine Forderung zusteht und der einen Eröffnungsgrund
glaubhaft macht, hat regelmäßig ein rechtliches Interesse an der Eröffnung
des Insolvenzverfahrens.

b) Beruht die Forderung des antragstellenden Gläubigers auf einem gegenseitigen
Vertrag, entfällt das rechtliche Interesse des Gläubigers an der Eröffnung
des Insolvenzverfahrens nicht im Hinblick auf das Wahlrecht eines
künftigen Insolvenzverwalters aus § 103 InsO.

c) Hat der antragstellende Gläubiger, dessen Forderung zugleich den Insolvenzgrund
bildet, den ihm obliegenden Beweis durch Vorlage eines vollstreckbaren
Titels geführt, können Einwendungen des Schuldners gegen die
Forderung oder gegen die Vollstreckbarkeit des Titels regelmäßig nur in den
für den jeweiligen Einwand vorgesehenen Verfahren geltend gemacht werden.
BGH, Beschluss vom 29. Juni 2006 - IX ZB 245/05 - LG Düsseldorf
AG Düsseldorf
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Dr. Ganter, Vill
und Cierniak, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Detlev Fischer
am 29. Juni 2006

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 12. August 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung – auch über die Kosten des Verfahrens der Rechtsbeschwerde – an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Gründe:


I.


1
Mit notariellem Vertrag vom 22. Juni 1997 verkaufte die weitere Beteiligte (fortan: Gläubigerin) der Schuldnerin ein Grundstück zum Preis von 175.000.000 DM. Die Schuldnerin unterwarf sich wegen aller Zahlungsansprüche aus dem Vertrag der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen. Eine vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde sollte auch ohne Nachweis der Fälligkeit der geschuldeten Leistung erteilt werden können. Die Gläubigerin erhielt eine entsprechende vollstreckbare Ausfertigung. Unter dem 10. Oktober 1998 teilte der Notar mit, dass die Fälligkeitsvoraussetzungen hinsichtlich der ersten Kaufpreisrate von 75.000.000 DM (= 38.346.891 Euro) vor- lägen. Die Schuldnerin zahlte nicht. Ein Zwangsvollstreckungsversuch im Januar 2004 verlief erfolglos.
2
Am 14. Juli 2004 hat die Gläubigerin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin beantragt. Die Schuldnerin hat demgegenüber die Fälligkeit der Kaufpreisforderung bestritten und behauptet, der Gläubigerin gehe es nur darum, sich vom Vertrag zu lösen. Das Amtsgericht hat den Insolvenzantrag als unzulässig abgewiesen, weil die Schuldnerin glaubhaft gemacht habe, dass die titulierte Forderung nicht fällig sei. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist erfolglos geblieben. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin weiter.

II.


3
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 34 Abs. 1, §§ 6, 7 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Entgegen der Ansicht der Schuldnerin ist die Rechtsbeschwerde ausreichend begründet worden (§ 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO). Zwar ist eine kraft Gesetzes statthafte Rechtsbeschwerde unzulässig, wenn mit ihrer Begründung nur gegen einen von zwei selbstständig tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung die Zulässigkeitsvoraussetzungen dargelegt werden (BGH, Beschl. v. 29. September 2005 – IX ZB 430/02, WM 2006, 59, 60). Auch ohne die zunächst fehlende, erst nach Ablauf der Begründungsfrist (§ 575 Abs. 2 ZPO) nachgereichte Seite 7 genügt die Beschwerdebegründung der Gläubigerin diesen Anforderungen jedoch. Sie legt schlüssig und substantiiert (vgl. BGHZ 152, 7, 8 f) Zulässigkeitsgründe (§ 574 Abs. 2 ZPO) hinsichtlich beider Begründun- gen dar, auf die das Beschwerdegericht die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde gestützt hatte.
4
In der Sache führt die Rechtsbeschwerde zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
5
Das 1. Beschwerdegericht hat ausgeführt: Die Gläubigerin habe kein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Sie sei dadurch ausreichend geschützt, dass sie noch Eigentümerin des verkauften Grundstücks sei, also über ausreichende Sicherheiten dagegen verfüge, das Grundstück zu verlieren, ohne den Kaufpreis zu erhalten. Außerdem könne sie den Kaufpreisanspruch im Rahmen eines Insolvenzverfahrens nicht durchsetzen. Gemäß § 103 InsO stehe nur dem Verwalter das Recht zu, die Erfüllung des Kaufvertrages zu verlangen; die Gläubigerin könne dessen Entscheidung nur abwarten. Im vorliegenden Fall würde der Verwalter voraussichtlich die Erfüllung des Vertrages ablehnen. Das Insolvenzverfahren sei folglich für die Gläubigerin wirtschaftlich sinnlos.
6
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
7
a) Gemäß § 14 Abs. 1 InsO ist der Antrag eines Gläubigers nur zulässig, wenn der Gläubiger ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat. Das Tatbestandsmerkmal "rechtliches Interesse" ist eingefügt worden, um sicherzustellen, dass nur solche Gläubiger Anträge stellen, die im Falle der Eröffnung als Insolvenzgläubiger am Verfahren beteiligt wären, und um missbräuchlichen Anträgen vorzubeugen, die etwa zu dem Zweck gestellt werden, Zahlungen solventer, aber zahlungsunwilliger Schuldner zu erzwingen (amtliche Begründung zu § 16 Reg.-E., BT-Drucks. 12/2443, S. 113). In aller Regel wird einem Gläubiger, dem eine Forderung zusteht und der einen Eröffnungsgrund glaubhaft macht, das rechtliche Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens schon wegen des staatlichen Vollstreckungsmonopols nicht abgesprochen werden können (HK-InsO/Kirchhof, 4. Aufl. § 14 Rn. 22; MünchKomm-InsO/Schmahl, § 14 Rn. 41). Da die Gläubigerin auf dem Standpunkt steht, dass die vertraglichen Voraussetzungen für die Abwicklung des Vertrages erfüllt sind, und die Weigerung der Antragsgegnerin auf einen Mangel an Zahlungsmittel zurückführt, ist ihr zunächst das rechtliche Interesse nicht abzusprechen, das dafür vorgesehene Verfahren einzuschlagen, also einen Insolvenzantrag zu stellen.
8
b) Dass die Gläubigerin noch Eigentümerin des verkauften Grundstücks ist, lässt ihr rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin nicht entfallen. Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wäre die Gläubigerin mit ihrer Forderung auf Zahlung der ersten Kaufpreisrate Insolvenzgläubigerin. Es ginge also zunächst nicht um eine Aussonderung des Grundstücks (§ 47 InsO). Die vom Beschwerdegericht für maßgeblich gehaltene Frage einer Sicherung gegen den Verlust des Eigentums am Grundstück ohne Gegenleistung stellt sich derzeit nicht.
9
c) Das Wahlrecht des Insolvenzverwalters aus § 103 Abs. 1 InsO steht einem rechtlichen Interesse der Gläubigerin ebenfalls nicht entgegen. Gemäß § 103 Abs. 1 InsO hat zwar allein der Verwalter das Recht zu entscheiden, ob ein vom Schuldner und vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllter gegenseitiger Vertrag durchgeführt werden soll oder nicht. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens für die Gläubigerin wirtschaftlich sinnlos wäre. Entweder der Verwalter wählt die Erfüllung des Vertrages.
Dann hat er anstelle des Schuldners den Vertrag zu erfüllen; die Gläubigerin erhält die vertraglich vereinbarte Gegenleistung aus der Masse. Oder der Verwalter lehnt die Erfüllung des Vertrages ab. Dann kann dem anderen Teil eine Forderung wegen der Nichterfüllung des Vertrages zustehen, die er als Insolvenzgläubiger geltend zu machen, also zur Tabelle anzumelden hat (§ 103 Abs. 2 Satz 1 InsO). Auch in diesem Fall wäre die Gläubigerin also Insolvenzgläubigerin und als solche am Insolvenzverfahren beteiligt. Die zwischen der Gläubigerin und der Schuldnerin streitige Frage, ob auch die Gläubigerin vertragliche Pflichten verletzt und dadurch die Durchführung des Vertrags vereitelt hat, wäre gegebenenfalls im Prozesswege zu klären.
10
3. Die angefochtene Entscheidung kann deshalb keinen Bestand haben. Sie ist aufzuheben; die Sache ist an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 ZPO). Für die erneute Entscheidung weist der Senat auf folgende rechtliche Gesichtspunkte hin:
11
a) Soll der Eröffnungsgrund aus einer einzigen Forderung des antragstellenden Gläubigers abgeleitet werden und ist diese Forderung bestritten, muss sie für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bewiesen sein (BGH, Beschl. v. 14. Dezember 2005 – IX ZB 207/04, WM 2006, 492, 493). Den ihr obliegenden Beweis hat die Gläubigerin jedoch mit der Vorlage einer vollstreckbaren Ausfertigung des Kaufvertrages geführt. Im eröffneten Verfahren obliegt es dem Bestreitenden, den Widerspruch zu verfolgen, wenn ein vollstreckbarer Schuldtitel oder ein Endurteil vorliegt (§ 179 Abs. 2 InsO). Diese Wertung gilt auch im Eröffnungsverfahren. Die Schuldnerin hätte ihre Einwendungen gegen die titulierte Forderung oder gegen deren Vollstreckbarkeit in den für den jeweiligen Einwand vorgesehenen Verfahren überprüfen lassen können (etwa §§ 732, 767, 768 ZPO; vgl. HK-InsO/Kirchhof, 4. Aufl. § 14 Rn. 12 f). Das hat sie nicht getan. Das Insolvenzgericht kann diese Prüfung – von offensichtlichen Fällen einmal abgesehen – nicht nachholen. Ebenso wie es nicht Sache des Insolvenzgerichts ist, den Bestand ernsthaft bestrittener, rechtlich zweifelhafter Forderungen zu überprüfen (vgl. BGH, Beschl. v. 14. Dezember 2005, aaO), obliegt es ihm nicht, rechtlich oder tatsächlich zweifelhaften Einwänden gegen eine titulierte Forderung nachzugehen.
12
b) Das Insolvenzverfahren dient dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird (§ 1 Satz 1 InsO). Rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig ist ein Antrag nicht erst dann, wenn unerlaubte Zwecke verfolgt werden, sondern bereits dann, wenn es dem Antragsteller um die Erreichung anderer Ziele als desjenigen der gemeinschaftlichen Befriedigung aller Gläubiger geht (Jaeger/Gerhardt, InsO § 14 Rn. 4). Insbesondere dient das Insolvenzverfahren nicht der Beendigung eines lästigen Vertragsverhältnisses (BGH, Urt. v. 22. Mai 1962 – VI ZR 256/61, WM 1962, 929, 930; OLG Oldenburg MDR 1955, 175, 176; Jaeger/Gerhardt, aaO). Die tatsächlichen Voraussetzungen des Missbrauchseinwands hat jedoch derjenige glaubhaft zu machen, der sich auf ihn beruft. Der Umstand allein, dass der hier streitige Vertrag bisher nicht durchgeführt werden konnte, wird den Schluss auf ein insolvenzzweckwidriges Verhalten nicht rechtfertigen können. Grundsätzlich ist es Sache des Gläubigers zu entscheiden , ob er sich von einem Vertrag löst oder aber seine Forderung nach wie vor durchzusetzen versucht.
Ganter Vill Cierniak Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
AG Düsseldorf, Entscheidung vom 11.10.2004 - 500 IN 85/04 -
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 12.08.2005 - 25 T 16/05 -
5
c) Mit Recht hat das Beschwerdegericht dem Vorbringen des Schuldners , er habe mit dem Finanzamt eine Verrechnung von Ansprüchen auf Erstattung von Einkommensteuer vereinbart, keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen. Ist die Forderung des die Eröffnung des Insolvenzverfahrens betreibenden Gläubigers tituliert, muss der Schuldner Einwendungen gegen die Vollstreckbarkeit in dem dafür vorgesehenen Verfahren verfolgen. Solange die Vollstreckbarkeit nicht auf diese Weise beseitigt ist, braucht das Insolvenzgericht die Einwendungen des Schuldners nicht zu berücksichtigen (BGH, Beschl. v. 29. Juni 2006 - IX ZB 245/05, WM 2006, 1632, 1633; v. 27. Juli 2006 - IX ZB 15/06, NZI 2006, 642; v. 29. November 2007 - IX ZB 12/07, ZInsO 2008, 103, 104 Rn. 9). Dies gilt auch für vollstreckbare öffentlich-rechtliche Forderungen (MünchKomm-InsO/Schmahl, 2. Aufl. § 14 Rn. 25; vgl. ferner BGH, Beschl. v.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 162/99 Verkündet am:
21. November 2001
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Zur ordnungsgemäßen Revisionsbegründung, wenn der Revisionskläger die Revision
ausschließlich auf neue Tatsachen stützt, die nach der letzten mündlichen
Verhandlung vor dem Berufungsgericht entstanden sind.

b) Zur Aufrechnung mit einem - noch nicht titulierten - Anspruch auf Zugewinnausgleich
gegenüber einem Anspruch auf anteilige Auszahlung des Veräußerungserlöses
für einen früher gemeinschaftlichen Vermögensgegenstand geschiedener
Ehegatten (Anschluß an Senatsurteil vom 17. November 1999 - XII ZR 281/97 -
FamRZ 2000, 355 ff.).
BGH, Urteil vom 21. November 2001 - XII ZR 162/99 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. November 2001 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Sprick, Weber-Monecke, Fuchs und Dr. Ahlt

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 14. Mai 1999 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung des restlichen Anteils an dem aus der Veräuûerung des ehemals gemeinschaftlichen Hausgrundstücks der Parteien erzielten Erlös in Anspruch. Die Parteien, die im Jahre 1980 geheiratet hatten, waren zu je 1/2 Anteil Miteigentümer eines Hausgrundstücks in K. . Durch notariellen Vertrag vom 25. Mai 1996 veräuûerten sie das Grundstück zu einem Kaufpreis von 835.000 DM, der in Teilbeträgen von 50.000 DM und von 785.000 DM zu zahlen war. Die erste Rate und der nach Ablösung der bestehenden Belastungen
verbleibende Restkaufpreis sollten auf ein Konto der Beklagten überwiesen werden. Die Überweisung des Teilbetrages von 50.000 DM erfolgte versehentlich auf ein Konto des Klägers. Die Parteien einigten sich in der Folgezeit darauf , daû der Kläger sich - unter Berücksichtigung einer vereinbarten Ausgleichszahlung für von ihm übernommenen Hausrat sowie von ihm an die Beklagte geleisteter Zahlungen - 40.000 DM des an ihn überwiesenen Betrages auf seinen Erlösanteil anrechnen zu lassen habe. Am 20. Juni 1996 widerrief die Beklagte die bis dahin bestehende Vollmacht des Klägers über ihr Konto. Am 15. Juli 1996 ging auf diesem Konto der restliche Kaufpreis von 423.817,50 DM ein. Die Beklagte überwies hiervon einen Teilbetrag von 100.000 DM an den Kläger. Weitere Zahlungen leistete sie trotz Aufforderung nicht. Am 6. Juni 1997 wurde der Beklagten der Scheidungsantrag des Klägers zugestellt. Mit Schreiben vom 23. Juni 1997 erklärte sie gegenüber der Forderung des Klägers auf den Anteil an dem Veräuûerungserlös die Aufrechnung mit einer behaupteten Zugewinnausgleichsforderung in Höhe von 157.292 DM. Mit der Klage begehrte der Kläger - nach teilweiser Klagerücknahme - Zahlung von 96.900 DM mit der Begründung, ihm stehe der Überschuû aus dem Grundstücksverkauf zur Hälfte zu, weshalb die Beklagte unter Berücksichtigung der geleisteten Zahlungen und der Anrechnungsvereinbarung noch den verlangten Betrag schulde (50.000 DM + 423.817,50 DM = 473.817,50 DM : 2 = abgerundet 236.900 DM abzüglich gezahlter 140.000 DM). Die Beklagte machte geltend, sie habe mit dem Kläger vereinbart, daû sie nur dann verpflichtet sei, den restlichen Kaufpreisanteil an ihn auszuzahlen, wenn ihr Zugewinnausgleichsanspruch niedriger sei als der dem Kläger - rechnerisch - zustehende Anspruch auf den restlichen Erlös. Solange die Höhe des Zugewinnausgleichsanspruchs noch nicht feststehe, habe sie berechtigt sein sollen, den Erlösanteil zurückzubehalten.
Das Landgericht hat der Klage nach Beweiserhebung über die behauptete Vereinbarung stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Mit ihrer Revision, die der Senat angenommen hat, verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Revision ist zulässig. Das Rechtsmittel ist form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäû begründet worden. 1. Zur ordnungsgemäûen Begründung der Revision gehört die Angabe der Revisionsgründe unter Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm (§ 554 Abs. 3 Nr. 3 a ZPO). Dies erfordert grundsätzlich, daû sich die Revisionsbegründungsschrift mit der Begründung des angefochtenen Urteils auseinandersetzt und dargelegt wird, was daran zu beanstanden ist (Stein/Jonas/Grunsky ZPO 21. Aufl. § 554 ZPO Rdn. 6; Zöller/Gummer ZPO 22. Aufl. § 554 ZPO Rdn. 12). Hieran fehlt es zwar vorliegend. Das Berufungsgericht hat im einzelnen ausgeführt, daû die der Höhe nach unstreitige Forderung des Klägers nicht durch Aufrechnung mit einem Zugewinnausgleichsanspruch der Beklagten erloschen sei, weil letzterer nach § 1578 Abs. 3 BGB erst mit Beendigung des Güterstandes, also mit der rechtskräftigen Ehescheidung, entstehe, so daû er nicht, wie nach § 387 BGB erfor-
derlich, vollwirksam und fällig sei. Der Beklagten stehe deshalb auch ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB nicht zu. Die Vereinbarung eines Zurückbehaltungsrechts habe sie nicht bewiesen. Aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ergebe sich ein solches ebenfalls nicht. Die Revision macht zwar pauschal geltend, das Berufungsurteil beruhe auf einer Verletzung des § 286 ZPO sowie des materiellen Rechts, insbesondere der §§ 387, 1378 BGB. Aus welchen Gründen sie die Erwägungen des Berufungsgerichts für unzutreffend hält, wird indessen nicht im einzelnen ausgeführt. Sie stützt sich vielmehr darauf, daû nach der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht - durch Urteil des Familiengerichts vom 30. Juli 1999 - die Ehe der Parteien rechtskräftig geschieden worden sei. Damit sei die Zugewinnausgleichsforderung der Beklagten fällig geworden, weshalb die von dieser sowohl vorprozessual als auch mit Schriftsatz vom 30. November 1997 erklärte Aufrechnung, die vorsorglich ausdrücklich wiederholt werde, die Klageforderung zum Erlöschen gebracht habe. Denn für das Revisionsverfahren sei mangels Feststellungen des Berufungsgerichts zur Höhe der Aufrechnungsforderung insoweit von dem Vorbringen der Beklagten auszugehen, die ihren Zugewinnausgleichsanspruch mit 157.292 DM beziffert habe. 2. a) Dies genügt indessen in einem Fall wie dem vorliegenden den Anforderungen an eine ordnungsgemäûe Revisionsbegründung. Hierfür reicht es grundsätzlich aus, wenn der Revisionskläger die Revision ausschlieûlich auf neue Tatsachen stützt, sofern diese nach der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht entstanden sind und auch unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung in der angefochtenen Entscheidung zu einer anderen Beurteilung der Klageforderung führen können. Kann nämlich das Revisionsgericht allein aufgrund neuer Tatsachen, soweit diese zu berücksichtigen sind, zu ei-
nem anderen Ergebnis gelangen, ohne die Richtigkeit des Berufungsurteils überprüfen zu müssen, so braucht auch von dem Revisionskläger eine Auseinandersetzung mit dem Berufungsurteil nicht erwartet zu werden, weil es darauf nicht ankommt (BAG, Urteil vom 16. Mai 1990 - 4 AZR 145/90 - NJW 1990, 2641, 2642; Stein/Jonas/Grunsky aaO § 554 ZPO Rdn. 7; Zöller/Gummer aaO § 554 ZPO Rdn. 12). Die Beklagte konnte die Revision deshalb ausschlieûlich mit neuen Tatsachen begründen, weil die am 30. Juli 1999 erfolgte rechtskräftige Scheidung der Parteien in der Revisionsinstanz zu berücksichtigen ist und in Verbindung mit der erneut erklärten Aufrechnung mit der Zugewinnausgleichsforderung der Beklagten zu einer anderen Beurteilung der Klageforderung führen kann.
b) § 561 Abs. 1 Satz 1 ZPO bestimmt zwar, daû lediglich dasjenige Vorbringen der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt, das aus dem Tatbestand des Berufungsurteils oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Die Urteilsgrundlage wird durch das Ende der Berufungsverhandlung abgeschlossen (BGHZ 104, 215, 220); neue Tatsachen dürfen im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht berücksichtigt werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist § 561 Abs. 1 Satz 1 ZPO aber einschränkend dahin auszulegen, daû in bestimmtem Umfang auch Tatsachen, die sich erst während der Revisionsinstanz ereignen, in die Urteilsfindung einflieûen können, soweit sie unstreitig sind oder ihr Vorliegen in der Revisionsinstanz ohnehin von Amts wegen zu beachten ist und schützenswerte Belange der Gegenseite nicht entgegenstehen. Der Gedanke der Konzentration der Revisionsinstanz auf die rechtliche Bewertung eines festgestellten Sachverhalts verliert nämlich an Gewicht, wenn die Berücksichtigung von neuen tatsächlichen Umständen keine nennenswerte Mehrarbeit ver-
ursacht und die Belange des Prozeûgegners gewahrt bleiben. Dann ist Raum für die Überlegung, daû es aus prozeûökonomischen Gründen nicht zu verantworten ist, die vom Tatsachenausschluû betroffene Partei auf einen weiteren , gegebenenfalls durch mehrere Instanzen zu führenden Prozeû zu verweisen. In einem solchen Fall ist vielmehr durch die Zulassung neuen Vorbringens im Revisionsverfahren eine rasche und endgültige Streitbereinigung herbeizuführen (BGHZ 85, 288, 290; Senatsurteil vom 24. November 1982 - IVb ZR 314/81 - NJW 1983, 451, 453; BGH, Urteil vom 9. Juli 1998 - IX ZR 272/96 - NJW 1998, 2972, 2974 f. jeweils m.N.; ebenso: MünchKomm-ZPO/Wenzel 2. Aufl. § 561 ZPO Rdn. 30; Musielak/Ball ZPO 2. Aufl. § 561 ZPO Rdn. 10; Zöller/Gummer aaO § 561 ZPO Rdn. 7; weitergehend: Stein/Jonas/Grunsky aaO § 561 ZPO Rdn. 24). Da es sich bei der rechtskräftigen Scheidung der Parteien um eine unstreitige Tatsache handelt, ist dieser Umstand im Revisionsverfahren zu berücksichtigen , soweit nicht schützenswerte Belange des Klägers entgegenstehen. Dem kann nicht entgegengehalten werden, daû die rechtskräftige Scheidung allein nicht ausreicht, um zu einer anderen Beurteilung der Klageforderung zu gelangen, sondern daû es hierzu auûerdem der - tatsächlich auch erfolgten - erneuten Aufrechnungserklärung der Beklagten bedarf. Denn bei einer nachträglich entstandenen Aufrechnungsmöglichkeit ist die im Anschluû daran erklärte Aufrechnung ebenfalls im Revisionsverfahren zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 12. Oktober 1983 - VIII ZR 19/82 - NJW 1984, 357, 358 und vom 2. Dezember 1974 - II ZR 132/73 - NJW 1975, 442, 443).
c) Schützenswerte Belange des Klägers werden durch die Zulassung der neuen Tatsachen nicht berührt. Die Beklagte hätte auch Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) erheben und geltend machen können, sie habe mit einer
nach der letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren fällig gewordenen Gegenforderung wirksam aufgerechnet. Einer nach erneuter Aufrechnung erhobenen Vollstreckungsgegenklage hätte nicht entgegengehalten werden können, daû die Einwendung nicht im Revisionsverfahren geltend gemacht worden ist. Denn ein Zwang zum Vortrag neuer Tatsachen in der Revisionsinstanz besteht angesichts des grundsätzlichen Ausschlusses neuen Tatsachenvortrags gemäû § 561 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht (BGH, Urteil vom 9. Juli 1998 aaO S. 2975). Die mit der Vollstreckungsgegenklage verbundenen Verzögerungen bei der Durchsetzung seiner Forderung hätte der Beklagte aber in jedem Fall hinnehmen müssen. Seine Rechtsstellung wird deshalb nicht geschmälert , wenn noch im vorliegenden Rechtsstreit geklärt wird, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Klageforderung durch die Aufrechnung erloschen ist.

II.

Die Revision ist auch begründet. Die Forderung des Klägers auf Auszahlung des restlichen Anteils an dem Veräuûerungserlös ist gemäû § 389 BGB durch die von der Beklagten erklärte Aufrechnung erloschen, soweit ihr eine Zugewinnausgleichsforderung zusteht und die Aufrechnung hiermit nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstöût. Denn der Zugewinnausgleichsanspruch ist mit der Beendigung des Güterstandes durch die rechtskräftige Scheidung fällig geworden (§ 1378 Abs. 3 BGB). 1. Die Beklagte hat hinreichend substantiiert dargelegt, daû sie eine die Klageforderung übersteigende Zugewinnausgleichsforderung gemäû § 1378
Abs. 1 BGB gegen den Kläger hat. Sie hat den betreffenden Anspruch in erster Instanz mit 157.292 DM beziffert und sich zur näheren Darlegung der Berechnung auf ein beigefügtes Schreiben ihres Prozeûbevollmächtigten bezogen. In diesem ist das jeweilige Anfangs- und Endvermögen der Parteien dargelegt, das Anfangsvermögen auf den Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags hochgerechnet und aus der Gegenüberstellung der beiderseits angenommenen Werte der der Beklagten nach ihrer Ansicht zustehende Zugewinnausgleichsanspruch betragsmäûig errechnet. Damit ist die Forderung schlüssig dargetan worden. Die angesetzten Beträge sind bis auf den - mit 250.000 DM bezifferten - Firmenwert der A. GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Kläger ist, unstreitig. Zum Beweis des Firmenwertes, dessen Berechnung unter anderem die Bilanzen bis einschlieûlich 1995 zugrunde gelegt worden sind, hat die Beklagte die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. In ihrer Berufungsbegründung hat sie auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug genommen und darauf hingewiesen, ihr Zugewinnausgleichsanspruch belaufe sich jedenfalls auf über 100.000 DM. Soweit das Berufungsgericht ausgeführt hat, zur Höhe des Zugewinnausgleichsanspruchs sei nachvollziehbar nichts dargelegt, stellt dies keine nach § 561 Abs. 2 ZPO bindende Feststellung dar, sondern eine bloûe Wertung des Berufungsgerichts , so daû keine Verfahrensrüge erforderlich ist, um das Vorbringen der Beklagten berücksichtigen zu können. Die Revision vertritt deshalb zu Recht die Auffassung, zur Höhe des Anspruchs seien - mit Rücksicht auf die angenommene fehlende Fälligkeit - keine Feststellungen getroffen worden, so daû für das Revisionsverfahren von dem betreffenden Sachvortrag der Beklagten auszugehen ist. Daû der Zugewinnausgleichsanspruch bereits vor dem Familiengericht rechtshängig ist, stellt die Zulässigkeit der Aufrechnung nicht in Fra-
ge (Senatsurteil vom 17. November 1999 - XII ZR 281/97 - FamRZ 2000, 355, 357). 2. Die Aufrechnung steht allerdings grundsätzlich unter dem Gebot von Treu und Glauben. Es ist anerkannt, daû sich eine Aufrechnung verbietet, wenn nach dem besonderen Inhalt des zwischen den Parteien begründeten Schuldverhältnisses der Ausschluû als stillschweigend vereinbart anzusehen ist (§ 157 BGB) oder wenn die Natur der Rechtsbeziehung oder der Zweck der geschuldeten Leistung eine Erfüllung im Wege der Aufrechnung als mit Treu und Glauben unvereinbar erscheinen lassen (vgl. BGHZ 95, 109, 113). Bei der Abwicklung vermögensrechtlicher Beziehungen zwischen früheren Ehegatten ist die Aufrechnung mit einem Zugewinnausgleichsanspruch nach Auffassung des Senats aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Sie verstöût auch nicht deshalb gegen Treu und Glauben, weil das Zugewinnausgleichsverfahren etwa langwierig und kompliziert sein wird. Denn für den Inhaber der unbestrittenen, ebenfalls in der durch die Ehe begründeten Lebensgemeinschaft wurzelnden Forderung ist es grundsätzlich nicht unzumutbar, den Ausgang des Zugewinnausgleichsverfahrens abzuwarten, damit eine Gesamtbereinigung der beiderseitigen aus der Ehe herrührenden Ansprüche in einem Akt ermöglicht wird (Senatsurteil vom 17. November 1999 aaO S. 356, 357). Besondere Umstände, aufgrund deren es wegen der konkreten Situation des hier vorliegenden Einzelfalles dennoch treuwidrig sein könnte, daû die Beklagte die Forderung des Klägers auf Zahlung des ihm zustehenden restlichen Erlöses mit Hilfe ihres Zugewinnausgleichsanspruchs tilgen will, sind - vom Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts aus folgerichtig - bisher nicht festgestellt worden. Das gilt insbesondere für eine eventuelle Abrede der Parteien des Inhalts, daû der anteilige Erlös dem Kläger in jedem Fall auszuzahlen sei.
3. Der Senat ist zu einer abschlieûenden Entscheidung nicht in der Lage. Es bedarf - bevor es auf die Frage ankommt, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Gegenforderung der Beklagten besteht, zunächst der Prüfung , ob die Aufrechnung aus den besonderen Gründen des Einzelfalls unter Abwägung des Interesses des Klägers an der Verwirklichung seines Anspruchs einerseits gegenüber dem Sicherungsbedürfnis der Beklagten andererseits gegen Treu und Glauben verstöût. Das Berufungsgericht hat lediglich erwogen, ob sich das geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht vor Eintritt der Fälligkeit der Gegenforderung aus Treu und Glauben ergebe und dies verneint. Der dabei berücksichtigte Umstand, daû die Beklagte zunächst die Auszahlung des Erlöses auf ihr Konto durchgesetzt und dem Kläger sodann durch den Widerruf der Vollmacht die Möglichkeit genommen hat, den Betrag selbst abzuheben, mag zwar auch im Rahmen der nunmehr vorzunehmenden Abwägung gegen die Beklagte sprechen. Andererseits hat sie aber den Erlös bis auf die Klageforderung an den Kläger ausgekehrt und den Einbehalt mit der Befürchtung begründet, dieser werde ihren Zugewinnausgleichsanspruch nicht erfüllen. Wie ihr Sicherungsbedürfnis zu bewerten ist, dürfte auch davon abhängen, welchen Wert das Grundstück hat, das der Kläger zusammen mit seiner neuen Partnerin erworben hat, und inwieweit Belastungen bestehen. Die dazu erforderlichen Feststellungen zu treffen, ist ebenso wie die abschlieûende Abwägung der beiderseitigen Interessen unter den jetzt maûgebenden Umständen Aufgabe des Tatrichters. An diesen ist die Sache daher zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Hahne Sprick Weber-Monecke Fuchs Ahlt
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b) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO allerdings einschränkend dahin auszulegen, dass in bestimmtem Umfang auch Tatsachen, die sich erst während der Revisionsinstanz ereignen, in die Urteilsfindung einfließen können, soweit sie unstreitig sind oder ihr Vorliegen in der Revisionsinstanz ohnehin von Amts wegen zu beachten ist und schützenswerte Belange der Gegenseite nicht entgegenstehen. Der Gedanke der Konzentration der Revisionsinstanz auf die rechtliche Bewertung eines festgestellten Sachverhalts verliert nämlich an Gewicht, wenn die Berücksichtigung von neuen tatsächlichen Umständen keine nennenswerte Mehrarbeit verursacht und die Belange des Prozessgegners gewahrt bleiben. Dann kann es aus prozessökonomischen Gründen nicht zu verantworten sein, die vom Tatsachenausschluss betroffene Partei auf einen weiteren, ggf. durch mehrere Instanzen zu führenden Prozess zu verweisen. In einem solchen Fall ist vielmehr durch die Zulassung neuen Vorbringens im Revisionsverfahren eine rasche und endgültige Streitbereinigung herbeizuführen (Senatsurteil vom 21. November 2001 - XII ZR 162/99 - FamRZ 2002, 318, 319 m.w.N.).

(1) Das Insolvenzgericht weist den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ab, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Die Abweisung unterbleibt, wenn ein ausreichender Geldbetrag vorgeschossen wird oder die Kosten nach § 4a gestundet werden. Der Beschluss ist unverzüglich öffentlich bekannt zu machen.

(2) Das Gericht ordnet die Eintragung des Schuldners, bei dem der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist, in das Schuldnerverzeichnis nach § 882b der Zivilprozessordnung an und übermittelt die Anordnung unverzüglich elektronisch dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 882h Abs. 1 der Zivilprozessordnung. § 882c Abs. 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(3) Wer nach Absatz 1 Satz 2 einen Vorschuß geleistet hat, kann die Erstattung des vorgeschossenen Betrages von jeder Person verlangen, die entgegen den Vorschriften des Insolvenz- oder Gesellschaftsrechts den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens pflichtwidrig und schuldhaft nicht gestellt hat. Ist streitig, ob die Person pflichtwidrig und schuldhaft gehandelt hat, so trifft sie die Beweislast.

(4) Zur Leistung eines Vorschusses nach Absatz 1 Satz 2 ist jede Person verpflichtet, die entgegen den Vorschriften des Insolvenz- oder Gesellschaftsrechts pflichtwidrig und schuldhaft keinen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hat. Ist streitig, ob die Person pflichtwidrig und schuldhaft gehandelt hat, so trifft sie die Beweislast. Die Zahlung des Vorschusses kann der vorläufige Insolvenzverwalter sowie jede Person verlangen, die einen begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner hat.

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1. Das Insolvenzgericht hat den Anspruch des weiteren Beteiligten zu 1 auf Gewährung rechtlichen Gehörs missachtet, weil es vor Ablauf einer Frist von zwei Wochen seit Eingang der Beschwerde über das Rechtsmittel gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wuppertal vom 15. Oktober 2008 entschieden hat. Kündigt der Beschwerdeführer in der Beschwerdeschrift an, eine Begrün- dung seines Rechtsmittels kurzfristig nachreichen zu wollen, ist das Beschwerdegericht zu einer Fristsetzung nach § 571 Abs. 3 Satz 1 ZPO zwar nicht verpflichtet (vgl. BVerfG ZIP 1986, 1336, 1337). Es hat dem Beschwerdeführer aber eine angemessene Frist zur Begründung zu lassen, deren Länge durch die Schwierigkeit der Sache, den Umfang der Akten und die Eilbedürftigkeit des Verfahrens bestimmt wird (BVerfGE 60, 317, 318) und die in der Regel mindestens zwei Wochen betragen soll (vgl. OLG Celle Nds.Rpfl. 1992, 51; OLG Köln MDR 1990, 556; Zöller/Heßler, ZPO 27. Aufl. § 571 Rn. 14). Der weitere Beteiligte hatte in der Beschwerdeschrift angekündigt, eine Beschwerdebegründung kurzfristig nachzureichen. Im Hinblick auf diese Ankündigung hätte das Beschwerdegericht frühestens nach Ablauf des 21. November 2008 über die sofortige Beschwerde entscheiden dürfen. Mithin liegt eine Gehörsverletzung vor, die unabhängig von der Frage, ob sich der Rechtsverstoß auf das Ergebnis ausgewirkt hat, zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung führt (vgl. BGH, Beschl. v. 23. Oktober 2003 - V ZB 28/02, NJW 2004, 367, 368).