Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Juli 2017 - IX ZB 73/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:060717BIXZB73.16.0
bei uns veröffentlicht am06.07.2017
vorgehend
Amtsgericht Frankfurt am Main, 810 IN 587/15 K, 07.01.2016
Landgericht Frankfurt am Main, 9 T 76/16, 22.08.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 73/16
vom
6. Juli 2017
in dem Insolvenzeröffnungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
InsO §§ 9, 34 Abs. 1; InsNetV § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
Der Ausdruck eines Sendeberichts für die Internetveröffentlichung begründet keinen
Anscheinsbeweis für die tatsächlich erfolgte öffentliche Bekanntmachung durch Veröffentlichung
im Internet.
BGH, Beschluss vom 6. Juli 2017 - IX ZB 73/16 - LG Frankfurt am Main
AG Frankfurt am Main
ECLI:DE:BGH:2017:060717BIXZB73.16.0

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann, die Richter Prof. Dr. Pape, Grupp und die Richterin Möhring
am 6. Juli 2017
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 22. August 2016 wird auf Kosten der Schuldnerin mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Insolvenzgericht - Frankfurt am Main vom 7. Januar 2016 als unbegründet zurückgewiesen wird.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1.571,44 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die weitere Beteiligte beantragte am 12. Mai 2015 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der k. GmbH (fortan Schuldnerin ). Mit Beschluss vom 7. Januar 2016 wies das Insolvenzgericht den Antrag mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse ab, ordnete die Eintragung der Schuldnerin in das Schuldnerverzeichnis an und hob die angeordnete Postsperre auf. Ausweislich eines Sendeberichts für die Internetveröf- fentlichung erfolgte die Übertragung zur öffentlichen Bekanntmachung auf der Internetseite www.insolvenzbekanntmachungen.de am 7. Januar 2016 um 12.28:37 Uhr unter Verwendung eines Signaturzertifikats. Als Löschungsdatum war der 16. Februar 2016 angegeben. Die Postzustellungsurkunde wies eine Zustellung des Beschlusses an die Schuldnerin am 9. Januar 2016 durch Einlegung in den Briefkasten der Geschäftsräume aus.
2
Die Schuldnerin hat mit dem am 27. Januar 2016 beim Insolvenzgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt, sie habe am 27. Januar 2016 die Forderung der weiteren Beteiligten beglichen. Diese habe kein Interesse mehr an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Höchst vorsorglich und hilfsweise hat die Schuldnerin Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist beantragt. Das Landgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Schuldnerin.

II.


3
Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Die sofortige Beschwerde sei verfristet, weil die zweiwöchige Notfrist bereits am 25. Januar 2016 abgelaufen sei. Darauf, ob die Zustellung - wie die Schuldnerin unter Vorlage einer Kopie des Briefumschlages behauptet - erst am 13. Januar 2016 erfolgt sei, komme es nicht an. Zum Nachweis der Zustellung an die Schuldnerin genüge die am 9. Januar 2016 als bewirkt geltende öffentliche Bekanntmachung im Internet. Aufgrund des Sendeberichts für die Internetveröffentlichung stehe fest, dass der Beschluss am 7. Januar 2016 in das Internet übertragen worden sei; eine Feh- lermeldung sei nicht erfolgt. Dies könne nicht durch die unter Zeugenbeweis gestellte Behauptung der Schuldnerin erschüttert werden, bei Überprüfung des Portals habe ein Eintrag zur Schuldnerin nicht festgestellt werden können. Die Schuldnerin habe sich trotz Hinweises nicht zum Zeitpunkt dieser Überprüfungen erklärt. Die vorgelegten Internetausdrucke vom 1. März 2016 seien ohne Belang, weil die Veröffentlichung nach dem Sendebericht zu diesem Zeitpunkt bereits gelöscht gewesen sei.

III.


4
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO, §§ 6, 34 Abs. 1 InsO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 575 Abs. 1 und 2 ZPO). Sie ist jedoch unbegründet; die Sache ist zur Endentscheidung reif.
5
1. Allerdings ist die Würdigung des Beschwerdegerichts zur Unzulässigkeit der sofortigen Beschwerde wegen verspäteter Einlegung rechtsfehlerhaft, weil sie dem Sendebericht zur Internetveröffentlichung eine diesem nicht zukommende Beweiswirkung beimisst.
6
a) Noch zutreffend geht das Beschwerdegericht davon aus, dass die zweiwöchige Notfrist zur Erhebung der nach § 34 Abs. 1 InsO statthaften sofortigen Beschwerde (§ 4 InsO, § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO) gegen die Abweisung eines Insolvenzantrages mangels Masse an die Zustellung dieser Entscheidung anknüpft (§ 6 Abs. 2 InsO) und zum Nachweis derselben nach § 26 Abs. 1 Satz 3, § 9 Abs. 3 InsO die öffentliche Bekanntmachung des Beschlusses auf der Internetseite www.insolvenzbekanntmachungen.de genügt (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2011 - IX ZR 165/10, ZInsO 2012, 49 Rn. 7). Die Veröffentlichung im Internet ist gegenüber dem Adressaten des Beschlusses auch dann maßgeblich, wenn ihm der Beschluss später noch persönlich zugestellt wird (BGH, Beschluss vom 24. März 2016 - IX ZB 67/14, ZInsO 2016, 867 Rn. 8 mwN). Auf seine Kenntnis von der zeitlich früheren öffentlichen Bekanntmachung kommt es für den Fristbeginn nicht an.
7
b) Die in § 9 Abs. 3 InsO vorgesehene Beweiserleichterung (BGH, Beschluss vom 20. März 2003 - IX ZB 140/02, ZInsO 2003, 374 unter II.1. mwN; Uhlenbruck/I. Pape, InsO, 14. Aufl., § 9 Rn. 5) in Gestalt einer Zustellungsfiktion (zu § 119 Abs. 4 VerglO BVerfGE 77, 275, 285; MünchKomm-InsO/Ganter/ Lohmann, 3. Aufl., § 9 Rn. 23, 23a) greift nur ein, wenn eine öffentliche Bekanntmachung auch tatsächlich erfolgt ist. Der Senat hat bereits entschieden, dass unrichtige (BGH, Beschluss vom 10. November 2011, aaO Rn. 9 und 14) oder nicht die Mindestangaben nach § 9 Abs. 1 Satz 2 InsO enthaltende öffentliche Bekanntmachungen die Zustellungswirkung nicht auslösen (BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2013 - IX ZB 229/11, ZInsO 2014, 88 Rn. 12 mwN). Diese Rechtsfolge muss erst recht gelten, wenn eine öffentliche Bekanntmachung gänzlich unterblieben ist.
8
Besteht hierüber Streit, hat sich das Gericht gemäß § 286 ZPO aufgrund einer umfassenden Würdigung aller Umstände und gegebenenfalls nach Durchführung einer Beweisaufnahme eine Überzeugung zu bilden. Es gilt der Freibeweis , weil es sich bei der Wahrung der Beschwerdefrist um eine Rechtszugsvoraussetzung handelt (vgl. Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 34. Aufl., Vorbem. § 284 Rn. 6 und Vorbem § 511 Rn. 12, 13 f). Vorbringen und Beweisanerbieten der Parteien sind deshalb von Amts wegen in vollem Umfang zu prüfen, das Gericht ist indes bei der Gewinnung der Beweismittel und im Beweisverfahren freier gestellt (BGH, Beschluss vom 26. Juni 1997 - V ZB 10/97, NJW 1997, 3319, 3320). An Feststellungen des Beschwerdegerichts zur Zulässigkeit oder Unzulässigkeit des Rechtsbehelfs ist das Rechtsbeschwerdegericht nicht gebunden , weil es das Vorliegen dieser Prozessvoraussetzung, von der das gesamte weitere Verfahren abhängt, selbst von Amts wegen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu prüfen hat (vgl. für die Berufung BGH, Beschluss vom 4. Juni 1992 - IX ZB 10/92, NJW-RR 1992, 1338, 1339 unter II. 2.).
9
c) Das Beschwerdegericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass dem Ausdruck des Sendeberichts eine von der Schuldnerin zu erschütternde Beweiswirkung für eine erfolgte Veröffentlichung zukommt. Es stellt weder tragfähige Grundlagen hierfür fest, noch gibt es den einem entsprechenden Anscheinsbeweis zugrunde gelegten Erfahrungssatz an. Ein solcher lässt sich nach dem bisherigen Verfahrensstand auch nicht ermitteln.
10
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs greift der Beweis des ersten Anscheins bei typischen Geschehensabläufen ein. Es muss sich um einen regelmäßig wiederkehrenden Vorgang handeln, für den eine Verkettung von Ursache und Wirkung typisch ist, also nach allgemeinen Erkenntnissen durchweg so beobachtet werden kann. Dabei bedeutet Typizität nicht, dass die Verkettung bei allen Sachverhalten dieser Fallgruppe notwendig immer vorhanden ist. Sie muss aber so häufig vorkommen, dass die Wahrscheinlichkeit , einen solchen Fall vor sich zu haben, sehr groß ist (vgl. BGH, Urteil vom 6. März 1991 - IV ZR 82/90, VersR 1991, 460; vom 10. April 2014 - VII ZR 254/13, NJW-RR 2014, 1115 Rn. 9 mwN). Steht fest, dass eine bestimmte Ausgangssituation typischerweise zu einem bestimmten Geschehensablauf führt oder dass eine bestimmte Folge typischerweise auf einem bestimmten Geschehensablauf beruht, braucht nicht bewiesen zu werden, dass es auch im konkreten Einzelfall zu diesem Ablauf gekommen ist, wenn es keine konkre- ten Anhaltspunkte für einen anderen Verlauf gibt (BeckOK-ZPO/Bacher, 2017, § 284 Rn. 94).
11
Diese Voraussetzungen hat der Bundesgerichtshof bislang für den OKVermerk auf dem Sendebericht beim Telefax-Versand verneint. Mit diesem Vermerk wird nur die Herstellung der Verbindung zwischen Sende- und Empfangsgerät angezeigt. Hingegen besitzt das Sendeprotokoll für die geglückte Übermittlung der Daten und das Ausbleiben von Störungen keinen Aussagewert. Denn es fehlt an einer Feststellung oder gesicherten, gerichtsbekannten Erkenntnis dazu, wie oft Telefaxübertragungen etwa an Leitungsstörungen, Defekten am Sende- und Empfangsgerät, Bedienungsfehlern und ähnlichem scheitern und der Sendebericht gleichwohl einen OK-Vermerk ausdruckt (grundlegend BGH, Urteil vom 7. Dezember 1994 - VIII ZR 153/93, NJW 1995, 665, 666 f; ferner Beschluss vom 21. Juli 2011 - IX ZR 148/10, nv Rn. 3; vom 14. Mai 2013 - III ZR 289/12, NJW 2013, 2514 Rn. 11; vom 12. April 2016 - VI ZB 7/15, NJW-RR 2016, 816 Rn. 7; Laumen in Baumgärtel/Laumen/ Prütting, Handbuch der Beweislast, Grundlagen, 3. Aufl., Rn. 479 f; jeweils mwN). Zudem wird der Sendebericht nicht als fälschungssicher angesehen (Laumen, aaO Rn. 480). Nach einer in der Instanzrechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung soll auch bei der E-Mail ein Sendeprotokoll nicht geeignet sein, den Anscheinsbeweis für den Zugang zu begründen. Anders wird dies bei der Aktivierung der Funktionen Eingangsbestätigung oder Lesebestätigung gesehen, welche die Ablage im E-Mail-Postfach des Empfängers oder das Öffnen der E-Mail auf der Seite des Empfängers dokumentieren (Laumen, aaO Rn. 248; Ahrens, Der Beweis im Zivilprozess, 2015, Kapitel 16 Rn. 71 ff; BeckOK-ZPO/Bacher, aaO Rn. 95.12; jeweils mwN).

12
bb) In Anlehnung an diese Rechtsprechung bedarf die Annahme des Beschwerdegerichts , der Sendebericht für die Internetveröffentlichung begründe den Anschein einer tatsächlich erfolgten Veröffentlichung im Internet, einer tragfähigen Grundlage. Hieran fehlt es.
13
(1) Das Beschwerdegericht teilt nicht mit, auf welchen Erfahrungssatz es seine Erwägungen zur Beweiswirkung des Sendeberichts stützen will. Auch ist nicht ersichtlich, welche Umstände allgemeiner Art es heranziehen will, aus denen ein entsprechender Erfahrungssatz im Wege tatsächlicher Schlussfolgerungen gewonnen werden könnte (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 6. März 1991 - IV ZR 82/90, VersR 1991, 460). Es hat keine Feststellungen zur Sicherheit und Verlässlichkeit der Datenübertragung sowie zu Organisation und Verfahrensablauf hinsichtlich der Veröffentlichung im Internetportal www.insolvenzbekanntmachungen.de getroffen. Hierzu gibt es derzeit auch keine gerichtsbekannte Erkenntnis.
14
(2) Der Regelung des § 9 InsO und der zu seiner Ausführung erlassenen Rechtsverordnung lassen sich unmittelbar keine Einzelheiten zur Organisation und zum näheren Verfahrensablauf der Veröffentlichung im Internet entnehmen.
15
Der Gesetzgeber wollte mit der Neuregelung durch das Gesetz zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens vom 13. April 2007 (BGBl. I S. 509) die frühere Bekanntmachung im Bundesanzeiger durch eine bundeseinheitliche, zentrale und länderübergreifende Internetplattform zur lückenlosen Dokumentation des Insolvenzgeschehens ablösen (vgl. zur Altfassung BT-Drucks. 12/2443, S. 111 zu § 9; zur Neufassung BT-Drucks. 16/3227, S. 10 und 14 zu Nr. 3 Buchst a) und sah das vom Bundesland Nordrhein-Westfalen betriebene elektronische Portal für Insolvenzbekanntmachungen als geeignetes elektronisches Informations- und Kommunikationssystem an (vgl. BT-Drucks. 16/3227, S. 14). Mit § 9 Abs. 2 Satz 2 InsO stellte er eine an das Bundesministerium der Justiz gerichtete Ermächtigungsnorm zur Regelung der Einzelheiten durch Rechtsverordnung zur Verfügung und hielt, wie sich § 9 Abs. 2 Satz 3 InsO entnehmen lässt, neben der Regelung von Löschungsfristen insbesondere Vorschriften für erforderlich, die sicherstellen, dass die Veröffentlichungen unversehrt, vollständig und aktuell bleiben und jederzeit ihrem Ursprung nach zugeordnet werden können.
16
Die auf dieser Grundlage erlassene Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren im Internet vom 12. Februar 2002 (BGBl. I S. 677, zuletzt geändert durch Gesetz vom 13. April 2007, BGBl. I S. 509; fortan "InsNetV") greift in § 2 Abs. 1 Satz 1 diese Vorgaben auf. Aus dessen Nr. 1 ergibt sich, dass die Daten von dem Insolvenzgericht oder dem Insolvenzverwalter an die für die Veröffentlichung zuständige Stelle elektronisch übermittelt werden und hierbei mindestens fortgeschritten elektronisch signiert werden müssen. Hierdurch soll - wie § 9 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 InsO formuliert - die Veröffentlichung jederzeit ihrem Ursprung nach zugeordnet werden können; es geht mithin um die Authentizität der übermittelten Daten (vgl. Keller, ZIP 2003, 149, 154). § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsNetV wiederholt nur die Regelung des § 9 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 InsO zur Sicherstellung einer Unversehrtheit, Vollständigkeit und Aktualität der übermittelten Daten während der Veröffentlichung. Welche die geeigneten technischen und organisatorischen Maßnahmen in diesem Sinne sind, lässt sich der Verordnung nicht entnehmen.

17
cc) Der im Streitfall vorhandene Ausdruck eines Sendeberichts für die Internetveröffentlichung weist den vorgesehenen Veröffentlichungstext nebst Löschungsdatum, das übermittelnde Insolvenzgericht und dessen Aktenzeichen , die nähere Bezeichnung der Schuldnerin sowie das Übertragungsdatum mit Uhrzeit aus. Aus dem angegebenen Signaturzertifikat ist ferner zu entnehmen , dass die Übermittlung mittels des Fachprogramms EUREKA-winsolvenz erfolgte, welches derzeit bei den Insolvenzgerichten in Bremen, Hessen, Niedersachsen , Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt eingesetzt wird und grundsätzlich eine Internetveröffentlichung direkt über das Programm ermöglicht. Indessen fehlt eine förmliche Bestätigung, wonach die Daten erfolgreich übertragen , in das Portal eingestellt und dort unmittelbar nach Übertragung abrufbar sind. Solche weitergehenden Informationen enthält etwa die sogenannte Verarbeitungsbestätigung bei der Übermittlung von Eintragungen in das zentrale Schuldnerverzeichnis. Unter Angabe des Erstellungszeitpunkts erfolgt dort insbesondere die Mitteilung des Verarbeitungsergebnisses "Eintragung erfolgt".
18
d) Dem Sendebericht kann allerdings die Wirkung eines Indizes für die fehlerfreie automatisierte Übertragung der Daten und die anschließende gleichlautende Veröffentlichung im Internetportal zukommen. Bei der gebotenen umfassenden Würdigung durch das Beschwerdegericht ist indes angemessen zu berücksichtigen, dass einem Rechtsmittelführer nicht die Beweislast für Vorgänge aufgebürdet werden darf, die er nicht aufklären kann, weil sie sich ausschließlich im gerichtsinternen Bereich abgespielt haben und ihm daher unbekannt sind, und deren Unaufklärbarkeit allein in den Verantwortungsbereich des Gerichts fällt (zur Berufung BGH, Urteil vom 25. Oktober 1979 - III ZB 13/79, VersR 1980, 90, 91; zur Versäumung der Einspruchsfrist BGH, Urteil vom 5. Dezember 1980 - I ZR 51/80, NJW 1981, 1673, 1674; allgemein BVerfG NJW 1991, 2076 unter III. 1.). In der insolvenzrechtlichen Literatur wird deshalb das Insolvenzgericht für verpflichtet gehalten sicherzustellen, dass Datum und Inhalt der Veröffentlichung im Internet bewiesen werden können, etwa durch sogenannte Sicherheitsausdrucke (Prütting in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2017, § 9 InsO Rn. 8). Ersatzweise kann die Einholung einer Auskunft beim Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen über eine noch vorhandene Protokollierung etwaiger Veröffentlichungen zum Verfahren in Betracht kommen.
19
Schließlich kann auch im Beschwerdeverfahren die Erhebung von Strengbeweismitteln wie dem Zeugenbeweis im Rahmen einer mündlichen Verhandlung geboten sein. Das gilt insbesondere, wenn es um Abweichungen hinsichtlich eines tatsächlichen Geschehensablaufs geht, die auf der Grundlage von Unterlagen nicht miteinander in Einklang zu bringen sind und jene aus Sicht des Gerichts nicht ausreichen, um sich von der Richtigkeit des einen oder anderen Geschehensablaufs zu überzeugen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. November 2007 - XII ZB 217/05, NJW 2008, 1531 Rn. 25). Ob im Streitfall dem Beweisantritt der Schuldnerin zur unterbliebenen Internetveröffentlichung deshalb nicht nachzugehen war, weil die Schuldnerin trotz gerichtlichen Hinweises nicht erklärt hat, auf welchen Zeitraum sich der Beweisantritt zur erfolglosen Suche im Internetportal bezieht, braucht der Senat vorliegend nicht zu entscheiden.
20
2. Die Entscheidung erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig (§ 577 Abs. 3 ZPO), weil die sofortige Beschwerde der Schuldnerin jedenfalls unbegründet ist.
21
a) Das Verbot der Schlechterstellung des Rechtsmittelführers steht einer Sachentscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts auch zu seinen Ungunsten in Fällen wie dem vorliegenden nicht entgegen. Im Fall der Zurückverweisung wäre das Beschwerdegericht zur Zurückweisung der sofortigen Beschwerde als unbegründet in der Lage. Die Prozessökonomie erfordert, dass bereits das Rechtsbeschwerdegericht selbst eine solche Sachentscheidung treffen kann, vorausgesetzt, das Rechtsmittel kann aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt Erfolg haben und die Sache ist in diesem Sinne zur Endentscheidung reif. In diesem Falle beruht die Beschwerdeentscheidung nicht auf der in der Beurteilung des Rechtsmittels als unzulässig liegenden Gesetzesverletzung (vgl. für die Revision BGH, Urteil vom 25. November 1966 - V ZR 30/64, BGHZ 46, 281, 283 f; vom 2. Oktober 2015 - V ZR 5/15, NJW 2015, 3713 Rn. 14 f).
22
b) Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Weitere tatsächliche Feststellungen dazu, ob eine Veröffentlichung des Beschlusses im Internet erfolgt ist, sind nicht zu treffen. Die sofortige Beschwerde bleibt aus Rechtsgründen ohne Erfolg. Der mit ihr geltend gemachte nachträgliche Ausgleich der Forderung der weiteren Beteiligten ist bei der Entscheidung über ein Rechtsmittel gegen die Abweisung mangels Masse nicht zu berücksichtigen. Lagen - wie im Streitfall - sämtliche Eröffnungsvoraussetzungen vor und fehlte es nur an der Deckung der Verfahrenskosten, war die Verfahrenseröffnung durch das Insolvenzgericht ab- zulehnen. Diese Entscheidung kann nicht durch den nachträglichen Ausgleich der Forderung des Antragstellers zu Fall gebracht werden (BGH, Beschluss vom 2. Dezember 2010 - IX ZB 121/10, ZInsO 2011, 92 Rn. 3).
Kayser Lohmann Pape
Grupp Möhring

Vorinstanzen:
AG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 07.01.2016 - 810 IN 587/15 K -
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 22.08.2016 - 2-9 T 76/16 -

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(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a
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(1) Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt durch eine zentrale und länderübergreifende Veröffentlichung im Internet *); diese kann auszugsweise geschehen. Dabei ist der Schuldner genau zu bezeichnen, insbesondere sind seine Anschrift und sein Geschäftszweig anzugeben. Die Bekanntmachung gilt als bewirkt, sobald nach dem Tag der Veröffentlichung zwei weitere Tage verstrichen sind.

(2) Das Insolvenzgericht kann weitere Veröffentlichungen veranlassen, soweit dies landesrechtlich bestimmt ist. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten der zentralen und länderübergreifenden Veröffentlichung im Internet zu regeln. Dabei sind insbesondere Löschungsfristen vorzusehen sowie Vorschriften, die sicherstellen, dass die Veröffentlichungen

1.
unversehrt, vollständig und aktuell bleiben,
2.
jederzeit ihrem Ursprung nach zugeordnet werden können.

(3) Die öffentliche Bekanntmachung genügt zum Nachweis der Zustellung an alle Beteiligten, auch wenn dieses Gesetz neben ihr eine besondere Zustellung vorschreibt.
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www.insolvenzbekanntmachungen.de

(1) Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt, so steht dem Antragsteller und, wenn die Abweisung des Antrags nach § 26 erfolgt, dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

(2) Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, so steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

(3) Sobald eine Entscheidung, die den Eröffnungsbeschluß aufhebt, Rechtskraft erlangt hat, ist die Aufhebung des Verfahrens öffentlich bekanntzumachen. § 200 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend. Die Wirkungen der Rechtshandlungen, die vom Insolvenzverwalter oder ihm gegenüber vorgenommen worden sind, werden durch die Aufhebung nicht berührt.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.

(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.

(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.

(1) Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt, so steht dem Antragsteller und, wenn die Abweisung des Antrags nach § 26 erfolgt, dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

(2) Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, so steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

(3) Sobald eine Entscheidung, die den Eröffnungsbeschluß aufhebt, Rechtskraft erlangt hat, ist die Aufhebung des Verfahrens öffentlich bekanntzumachen. § 200 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend. Die Wirkungen der Rechtshandlungen, die vom Insolvenzverwalter oder ihm gegenüber vorgenommen worden sind, werden durch die Aufhebung nicht berührt.

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und
2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge),
2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2,
3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.

(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.

(1) Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt, so steht dem Antragsteller und, wenn die Abweisung des Antrags nach § 26 erfolgt, dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

(2) Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, so steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

(3) Sobald eine Entscheidung, die den Eröffnungsbeschluß aufhebt, Rechtskraft erlangt hat, ist die Aufhebung des Verfahrens öffentlich bekanntzumachen. § 200 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend. Die Wirkungen der Rechtshandlungen, die vom Insolvenzverwalter oder ihm gegenüber vorgenommen worden sind, werden durch die Aufhebung nicht berührt.

Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen und Terminen die Beteiligten in der Ladung auf die Verpflichtung hinzuweisen sind, wissentliche Ton- und Bildaufzeichnungen zu unterlassen und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Dritte die Ton- und Bildübertragung nicht wahrnehmen können.

(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses. Liegen die Erfordernisse der Nichtigkeits- oder der Restitutionsklage vor, so kann die Beschwerde auch nach Ablauf der Notfrist innerhalb der für diese Klagen geltenden Notfristen erhoben werden.

(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.

(3) Die Beschwerde kann auch durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden, wenn

1.
der Rechtsstreit im ersten Rechtszug nicht als Anwaltsprozess zu führen ist oder war,
2.
die Beschwerde die Prozesskostenhilfe betrifft oder
3.
sie von einem Zeugen, Sachverständigen oder Dritten im Sinne der §§ 142, 144 erhoben wird.

(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.

(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.

(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.

(1) Das Insolvenzgericht weist den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ab, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Die Abweisung unterbleibt, wenn ein ausreichender Geldbetrag vorgeschossen wird oder die Kosten nach § 4a gestundet werden. Der Beschluss ist unverzüglich öffentlich bekannt zu machen.

(2) Das Gericht ordnet die Eintragung des Schuldners, bei dem der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist, in das Schuldnerverzeichnis nach § 882b der Zivilprozessordnung an und übermittelt die Anordnung unverzüglich elektronisch dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 882h Abs. 1 der Zivilprozessordnung. § 882c Abs. 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(3) Wer nach Absatz 1 Satz 2 einen Vorschuß geleistet hat, kann die Erstattung des vorgeschossenen Betrages von jeder Person verlangen, die entgegen den Vorschriften des Insolvenz- oder Gesellschaftsrechts den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens pflichtwidrig und schuldhaft nicht gestellt hat. Ist streitig, ob die Person pflichtwidrig und schuldhaft gehandelt hat, so trifft sie die Beweislast.

(4) Zur Leistung eines Vorschusses nach Absatz 1 Satz 2 ist jede Person verpflichtet, die entgegen den Vorschriften des Insolvenz- oder Gesellschaftsrechts pflichtwidrig und schuldhaft keinen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hat. Ist streitig, ob die Person pflichtwidrig und schuldhaft gehandelt hat, so trifft sie die Beweislast. Die Zahlung des Vorschusses kann der vorläufige Insolvenzverwalter sowie jede Person verlangen, die einen begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner hat.

(1) Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt durch eine zentrale und länderübergreifende Veröffentlichung im Internet *); diese kann auszugsweise geschehen. Dabei ist der Schuldner genau zu bezeichnen, insbesondere sind seine Anschrift und sein Geschäftszweig anzugeben. Die Bekanntmachung gilt als bewirkt, sobald nach dem Tag der Veröffentlichung zwei weitere Tage verstrichen sind.

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aa) Die zweiwöchige Frist zur Erhebung der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss über die Festsetzung der Vergütung des Insolvenzverwalters (§§ 4, 64 Abs. 3 Satz 1 InsO, § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO) knüpft an die Zustellung dieser Entscheidung an (§ 6 Abs. 2 InsO). Nach der Regelung in § 9 Abs. 3, § 64 Abs. 2 InsO genügt zum Nachweis der Zustellung die öffentliche Bekanntmachung der Vergütungsfestsetzung. Diese erfolgt gemäß § 9 Abs. 1 InsO seit dem 1. Juli 2007 (§ 103c Abs. 1 Satz 1 EGInsO) zentral und länderübergreifend durch Veröffentlichung auf der Internetseite www.insolvenzbekanntmachungen.de. Die Veröffentlichung im Internet ist gegenüber dem Insolvenzverwalter auch dann maßgeblich, wenn ihm der Beschluss später noch persönlich zugestellt wird (BGH, Beschluss vom 5. November 2009 - IX ZB 173/08, NZI 2010, 159 Rn. 9; vom 12. Juli 2012 - IX ZB 42/10, WM 2012, 1876 Rn. 6; vom 14. November 2013, aaO Rn. 5). Seine verfassungsmäßigen Rechte werden dadurch nicht verletzt (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 2012, aaO Rn. 7; vom 14. November 2013, aaO).

(1) Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt durch eine zentrale und länderübergreifende Veröffentlichung im Internet *); diese kann auszugsweise geschehen. Dabei ist der Schuldner genau zu bezeichnen, insbesondere sind seine Anschrift und sein Geschäftszweig anzugeben. Die Bekanntmachung gilt als bewirkt, sobald nach dem Tag der Veröffentlichung zwei weitere Tage verstrichen sind.

(2) Das Insolvenzgericht kann weitere Veröffentlichungen veranlassen, soweit dies landesrechtlich bestimmt ist. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten der zentralen und länderübergreifenden Veröffentlichung im Internet zu regeln. Dabei sind insbesondere Löschungsfristen vorzusehen sowie Vorschriften, die sicherstellen, dass die Veröffentlichungen

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 140/02
vom
20. März 2003
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Die öffentliche Bekanntmachung des Insolvenzeröffnungsbeschlusses schließt den
Nachweis einer früheren Zustellung an einzelne Beteiligte (im Streitfall an den
Schuldner) jedenfalls nicht aus, soweit für diese Rechtsmittelfristen in Lauf gesetzt
werden.
Die Zustellungserleichterung durch Aufgabe zur Post ist nicht im Sinne einer
Rechtsgrundverweisung auf die §§ 213, 175 ZPO a.F. zu verstehen.
BGH, Beschluß vom 20. März 2003 - IX ZB 140/02 - LG Ingolstadt
AG Ingolstadt
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Kreft und die Richter Kirchhof, Raebel, Kayser und Dr. Bergmann
am 20. März 2003

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Ingolstadt vom 20. März 2002 wird auf Kosten des Schuldners zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert beträgt 31.000

Gründe:


I.


Das Amtsgericht - Insolvenzgericht - Ingolstadt hat auf Antrag des Gläubigers durch Beschluß vom 1. Februar 2002 das Insolvenzverfahren eröffnet und den weiteren Beteiligten zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Beschluß ist dem Schuldner durch Aufgabe zur Post gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 InsO am 4. Februar 2002 zugestellt worden und gemäß § 9 Abs. 1 InsO am 8. Februar 2002 öffentlich bekanntgemacht worden. Mit beim Amtsgericht Ingolstadt am 19. Februar 2002 (Dienstag) eingegangenen Schreiben vom 18. Februar 2002 hat der Schuldner sofortige Beschwerde eingelegt, die das Landgericht durch Beschluß vom 20. März 2002 wegen Verspätung als unzulässig verworfen hat. Dagegen wendet sich der Schuldner mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.


Das Rechtsmittel ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 7 InsO), aber nicht begründet.
1. Nach überwiegend vertretener Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum läßt sich die unter der Geltung der Konkursordnung entwickelte Rechtsauffassung, eine frühere Einzelzustellung sei für die Berechnung der Beschwerdefrist bedeutungslos, auf die Fristenberechnung nach der Insolvenzordnung nicht übertragen. Der Wortlaut des § 9 Abs. 3 InsO unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt von dem des § 76 Abs. 3 KO. Während nach der konkursrechtlichen Bestimmung erst die Bekanntmachung als Zustellung gilt, bestimmt § 9 Abs. 3 InsO, daß die öffentliche Bekanntmachung zum Nachweis der Zustellung an alle Beteiligten "genügt". Die Vorschrift hat somit den Charakter einer Beweiserleichterung und schließt ersichtlich den Nachweis einer früheren Zustellung an einzelne Beteiligte nicht aus (OLG Köln ZIP 2000, 195, 196 m. zust. Anm. Bork EWiR 2000, 181, 182; HK-InsO/Kirchhof § 9 Rn. 7; MünchKomm-InsO/Ganter, § 9 Rn. 24; Nerlich/Römermann/Becker, InsO § 9 Rn. 25; offengelassen von BayObLG ZInsO 2002, 129, 130; a.A. LG München ZInsO 2000, 684; Kübler/Prütting, InsO § 9 Rn. 15; Kübler/Prütting/Pape aaO § 34 Rn. 1 f; MünchKomm-InsO/Schmahl aaO § 34 Rn. 12). Dieses Verständnis des § 9 Abs. 3 InsO entspricht dem mit der Insolvenzordnung verfolgten Beschleunigungsanliegen, die Frist für diejenigen schon mit der Zustellung nach § 8 InsO beginnen zu lassen, denen die anzufechtende, nicht verkündete Entscheidung nachweislich früher formgerecht zugestellt worden ist (HK-InsO/Kirchhof aaO).

2. Ebenso eindeutig zu bejahen ist die Frage, ob § 8 Abs. 1 Satz 2 InsO als Rechtsfolgenverweisung auf die §§ 213, 175 ZPO a.F. zu verstehen ist. Um das Verfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen, kann das Insolvenzgericht - auch wenn die Voraussetzungen der §§ 174, 175 ZPO a.F. nicht vorliegen - nach seinem pflichtgemäßen Ermessen auswählen, ob die Zustellung "förmlich" oder durch Aufgabe zur Post erfolgen soll (Senat, Beschl. v. 13. Februar 2003 - IX ZB 368/02, ZinsO 2003, 216).
Kreft Kirchhof Raebel
Kayser Bergmann

(1) Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt durch eine zentrale und länderübergreifende Veröffentlichung im Internet *); diese kann auszugsweise geschehen. Dabei ist der Schuldner genau zu bezeichnen, insbesondere sind seine Anschrift und sein Geschäftszweig anzugeben. Die Bekanntmachung gilt als bewirkt, sobald nach dem Tag der Veröffentlichung zwei weitere Tage verstrichen sind.

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Der Inhalt der öffentlichen Bekanntmachung muss sich daran ausrichten, dass die Adressaten in die Lage versetzt werden, ihre Rechte wahrzunehmen, derentwegen die Bekanntmachung erfolgt. Hierzu ist der Schuldner genau zu bezeichnen. Sein bürgerlicher und sein kaufmännischer Name, seine Anschrift und sein Geschäftszweig sind anzugeben (vgl. MünchKomm-InsO/Ganter/ Lohmann, 3. Aufl., § 9 Rn. 17; Pape/Uhländer/Rost, InsO, § 9 Rn. 5; Uhlenbruck /I. Pape, InsO, 13. Aufl., § 9 Rn. 4). Fehlen die in § 9 Abs. 1 Satz 2 InsO angegebenen Mindestanforderungen, zu denen die genaue Bezeichnung des Schuldners gehört, ist die öffentliche Bekanntmachung wirkungslos (Pape/ Uhländer/Rost, aaO, Rn. 5; Uhlenbruck/I. Pape, aaO). Die Frist zur Stellungnahme zum Restschuldbefreiungsantrag des Schuldners, die den Gläubigern nicht individuell mitgeteilt worden ist, hätte dann nicht zu laufen begonnen (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2011 - IX ZB 165/10, ZInsO 2012, 49 Rn. 11, 14).

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

3
Bei einer Telefax-Übermittlung begründet die ordnungsgemäße, durch einen "OK"-Vermerk unterlegte Absendung eines Schreibens nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs über ein bloßes Indiz hinaus nicht den Anscheinsbeweis für dessen tatsächlichen Zugang bei dem Empfänger (BGH, Urteil vom 7. Dezember 1994 - VIII ZR 153/93, NJW 1995, 665, 667; Beschluss vom 23. Oktober 1995 - II ZB 6/95, MDR 1996, 99 (LS); Urteil vom 24. Juni 1999 - VII ZR 196/98, NJW 1999, 3554, 3555; Beschluss vom 28. Februar 2002 - VII ZB 28/01, NJW-RR 2002, 999, 1000). Der "OK"-Vermerk gibt dem Absender keine Gewissheit über den Zugang der Sendung, weil er nur das Zustandekommen der Verbindung, aber nicht die erfolgreiche Übermittlung belegt (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 1995 - II ZB 6/95, MDR 1996, 99). Im Rahmen der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt dem "OK"-Vermerk bei der Frage der wirksamen Ausgangskontrolle Bedeutung zu. Hinsichtlich des Zugangs ist er jedoch lediglich ein Indiz (BGH, Urteil vom 28. Februar 2002, aaO S. 1000). Dieser Rechtsprechung sind der Bundesfinanzhof (Urteil vom 8. Juli 1998 - I R 17/96, BFHE 186, 491, 493 f) und das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 14. August 2002 - 5 AZR 169/01, BAGE 102, 171, 173) beigetreten. Diese rechtliche Würdigung, der das angefochtene Urteil entspricht, wird durch die von der Beschwerde angeführten abweichenden Entscheidungen einzelner Oberlandesgerichte mangels zuverlässiger neuer technischer Erkenntnisse nicht in Frage gestellt.
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Für die Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per Fernkopie übersandten Schriftsatzes kommt es allein darauf an, ob die gesendeten Signale noch vor Ablauf des letzten Tages der Frist vom Telefaxgerät des Gerichts vollständig empfangen (gespeichert) worden sind (BGH, Beschlüsse vom 7. Juli 2011 - I ZB 62/10, juris Rn. 3 und vom 25. April 2006 - IV ZB 20/05, BGHZ 167, 214 Rn. 18). Der Ausdruck durch das Gerät ist nicht maßgeblich (BGH, Beschluss vom 25. April 2005 aaO, Rn. 17). Die durch einen "OK"-Vermerk unterlegte ordnungsgemäße Absendung eines Schreibens per Telefax begründet nach der - auch jüngsten - Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs über ein bloßes Indiz hinaus aber nicht den Anscheinsbeweis für dessen tatsächlichen Zugang bei dem Empfänger (z.B. Beschluss vom 21. Juli 2011 - IX ZR 148/10, juris Rn. 3 mwN). Der "OK"-Vermerk belegt nur das Zustandekommen der Verbindung , nicht aber die erfolgreiche Übermittlung der Signale an das Empfangsgerät (aaO). Die Klägerin hat sich jedoch nicht auf die Vorlage des Sendeberichts beschränkt. Vielmehr hat sie, womit sich das Berufungsgericht nicht befasst hat, für die Tatsache, dass die Klageschrift per Fax in lesbarer Form am 29. Dezember 2010 beim Landgericht eingegangen ist, Beweis durch das Angebot der Einholung eines Sachverständigengutachtens angetreten. Bei verständiger Würdigung ist der dem Beweisantritt zugrunde liegende Sachvortrag so zu verstehen , dass die Signale, in die die Klageschrift umgewandelt worden war, an diesem Tag vollständig vom Faxgerät des Landgerichts empfangen wurden. Der Beweisantritt bezog sich ferner auf die von der Klägerin behauptete Indiztatsache , dass die - sowohl durch den Sendebericht als auch das TelefaxEmpfangsjournal des Landgerichts belegte - Übertragungsdauer von etwa drei Minuten mit der Versendung von elf leeren Blättern unvereinbar sei.

(1) Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt durch eine zentrale und länderübergreifende Veröffentlichung im Internet *); diese kann auszugsweise geschehen. Dabei ist der Schuldner genau zu bezeichnen, insbesondere sind seine Anschrift und sein Geschäftszweig anzugeben. Die Bekanntmachung gilt als bewirkt, sobald nach dem Tag der Veröffentlichung zwei weitere Tage verstrichen sind.

(2) Das Insolvenzgericht kann weitere Veröffentlichungen veranlassen, soweit dies landesrechtlich bestimmt ist. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten der zentralen und länderübergreifenden Veröffentlichung im Internet zu regeln. Dabei sind insbesondere Löschungsfristen vorzusehen sowie Vorschriften, die sicherstellen, dass die Veröffentlichungen

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bb) Ein solcher Ausnahmefall liegt nicht vor, wenn - wie hier - hinsichtlich eines tatsächlichen Geschehensablaufs widerstreitende Sachverhaltsdarstellungen vorliegen, die auf der Grundlage der von den Parteien beigebrachten eidesstattlichen Versicherungen dritter Personen nicht miteinander in Einklang zu bringen sind. Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die von der einen Partei vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen nicht ausreichen, um das Gericht von der Richtigkeit seines Tatsachenvortrages zu überzeugen oder - im Falle des Gegenbeweises - die Überzeugung des Gerichts von der Wahrheit des gegnerischen Vorbringens zu erschüttern, muss das Gericht dieser Partei Gelegenheit zum Antritt des Zeugenbeweises und damit zur Einführung von Strengbeweismitteln mit einem höheren Beweiswert geben (vgl. BGH Beschlüsse vom 7. Dezember 1999 - VI ZB 30/99 - NJW 2000, 814 und vom 16. Januar 2007 - VIII ZB 75/06 - NJW 2007, 1457, 1458). Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als der Antragsgegner zum Beweis für seine Behauptung , dass sein Aufenthaltsort und seine Telefonnummer in Deutschland dem Sohn D. der Parteien schon seit 1992 bekannt gewesen sei, die Vernehmung des Nachtclubbesitzers B. als Zeugen schon von sich aus mehrfach ausdrücklich angeboten hatte. Das Übergehen dieses Beweisantrages findet unter diesen Umständen im Prozessrecht keine Stütze und verletzt daher den Anspruch des Antragsgegners auf rechtliches Gehör (vgl. hierzu BVerfG NJW 2003, 1655; BGH Beschluss vom 7. Dezember 2006 - IX ZR 173/03 - NJW-RR 2007, 500, 501).

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

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3. Die Entscheidung erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO), weil die zulässige Klage unbegründet ist.
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2. Auf die weiter für rechtsgrundsätzlich gehaltene Frage, ob in Analogie zur ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO auch im Rechtsbeschwerdeverfahren gilt, dass in bestimmtem Umfang auch Tatsachen, die sich erst während der Revisionsinstanz ereignen, in die Urteilsfindung einfließen können (BGH, Urt. v. 21. November 2001 - XII ZR 162/99, NJW 2002, 1130, 1131; v. 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08, NJW 2009, 3783 Rn. 27), kommt es nicht an. Liegt ein zulässiger Insolvenzantrag vor, hat das Insolvenzgericht gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 InsO von Amts wegen die Deckung der Verfahrenskosten zu ermitteln; maßgebend ist der Zeitpunkt der Entscheidung über den Insolvenzantrag (Jaeger/Schilken, InsO § 26 Rn. 36; HK-InsO/Kirchhof, 5. Aufl. § 26 Rn. 18 f; Uhlenbruck, InsO 13. Aufl. § 26 Rn. 33). Liegen sämtliche Eröffnungsvoraussetzungen vor und fehlt es nur an der Deckung der Verfahrenskosten, so lehnt das Insolvenzgericht - sieht man einmal von den hier nicht in Betracht kommenden Fällen der Verfahrenskostenstundung und der Einzahlung eines Kostenvorschusses gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 InsO ab - die Verfahrenseröffnung ab. Diese Entscheidung, deren Vor- aussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung des Insolvenzgerichts hier unstreitig gegeben waren, kann nicht durch den nachträglichen Ausgleich der Forderung des Antragstellers zu Fall gebracht werden. Die spätere Befriedigung der Forderung des Gläubigers ändert nichts an der Tatsache, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung des Insolvenzgerichts die Voraussetzungen für eine Abweisung mangels Masse gegeben waren. Beschwerde- und Rechtsbeschwerdegericht haben deshalb den nachträglichen Ausgleich der Forderung des Gläubigers, ungeachtet der Frage, zu welchem Zeitpunkt er erfolgt ist, bei der Entscheidung über ein Rechtsmittel gegen die Abweisung mangels Masse nicht zu berücksichtigen.