Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Juli 2018 - V ZR 229/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:190718BVZR229.17.0
bei uns veröffentlicht am19.07.2018
vorgehend
Amtsgericht Köln, 215 C 202/15, 24.05.2016
Landgericht Köln, 29 S 128/16, 13.07.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 229/17
vom
19. Juli 2018
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EGZPO § 21 Nr. 8; WEG § 12
Das für die Rechtsmittelbeschwer maßgebliche Interesse eines Wohnungseigentümers
, der erreichen will, dass die Zustimmung zur Veräußerung des
Wohnungseigentums versagt wird, ist in der Regel auf 20 % des Verkaufspreises
des Wohnungseigentums zu schätzen (im Anschluss an den Beschluss
des Senats vom 18. Januar 2018 - V ZR 71/17, WuM 2018, 317).
GKG § 49a; WEG § 12
In Streitigkeiten über die Zustimmung zur Veräußerung des Wohnungseigentums
beläuft sich der Streitwert in der Regel auf 20 % des Verkaufspreises
des Wohnungseigentums.
BGH, Beschluss vom 19. Juli 2018 - V ZR 229/17 - LG Köln
AG Köln
ECLI:DE:BGH:2018:190718BVZR229.17.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Juli 2018 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Brückner, den Richter Dr. Göbel und die Richterin Haberkamp

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 13. Juli 2017 wird auf Kosten des Beklagten als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 18.000 €.

Gründe:


I.


1
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Nach der Teilungserklärung bedarf die Veräußerung des Wohnungseigentums der Zustimmung des Verwalters; im Falle der Versagung kann die Zustimmung durch Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer ersetzt werden. Für jede Einheit wird ein Stimmrecht gewährt. Mit notariellem Vertrag vom 28. November 2014 verkaufte die Klägerin zu 3 ihre Einheit Nr. 3 zum Preis von 90.000 € an die Klägerin zu 1, die auch Eigentümerin der Einheit Nr. 2 ist. Der Beklagte, der Wohnungseigentümer und zugleich Verwalter ist, versagte die Zustimmung. In der Eigentümerversammlung vom 16. November 2015 wurde zu TOP 2 mit den drei Stimmen der Klägerinnen für und mit den beiden Stimmen des Beklagten gegen die Erteilung der Zustimmung gestimmt. Daraufhin stellte der Beklagte fest, dass die Zustimmung nicht erteilt ist, weil die Klägerin zu 3 als Verkäuferin nicht stimmberechtigt sei.
2
Die Klägerinnen wenden sich mit der Anfechtungsklage gegen den verkündeten Beschluss und beantragen festzustellen, dass der Beschluss über die Erteilung der Zustimmung zustande gekommen ist. Das Amtsgericht hat der Klage vollen Umfangs stattgegeben. Das Landgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Nichtzulassungsbeschwerde; er will die Abweisung der Klage erreichen.

II.


3
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, da der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer den Betrag von 20.000 € nicht über- steigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO). Maßgeblich ist insoweit das Interesse des Beschwerdeführers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung, das unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten ist (näher Senat, Beschluss vom 17. November 2016 - V ZR 86/16, WuM 2017, 62 Rn. 2 mwN). Wie der Senat zwischenzeitlich entschieden hat, ist das Interesse eines Wohnungseigentümers an der Erteilung der Zustimmung zur Veräußerung des Wohnungseigentums in der Regel mit 20 % des Verkaufspreises des Wohnungseigentums zu bemessen (Senat, Beschluss vom 18. Januar 2018 - V ZR 71/17, WuM 2018, 317 Rn. 6). Daran angelehnt ist auch das für die Rechtsmittelbeschwer maßgebliche Interesse eines Wohnungseigentümers, der - wie der Beklagte - erreichen will, dass die Zustimmung zur Veräußerung des Wohnungseigentums versagt wird, in der Regel auf 20 % des Verkaufspreises des Wohnungseigen- tums zu schätzen. Danach ergibt sich eine Beschwer des Beklagten von 18.000 €; aus den Gründen, die er für die Versagung der Zustimmung anführt, ergeben sich jedenfalls keine Anhaltspunkte für einen höheren Wert.

III.


4
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. In Streitigkeiten über die Zustimmung zur Veräußerung des Wohnungseigentums beläuft sich der Streitwert nach den Vorgaben des § 49a GKG in der Regel - und auch hier - ebenfalls auf 20 % des Verkaufspreises des Wohnungseigentums. In diesem Bereich stimmen Beschwer und Streitwert ausnahmsweise (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 17. November 2016 - V ZR 86/16, WuM 2017, 62 Rn. 2) regelmäßig überein. Das wirtschaftliche Interesse mehrerer Wohnungseigentümer, die - wie hier die Klägerinnen zu 1 bis 3 - die Erteilung der Zustimmung erreichen wollen, ist nämlich insgesamt mit 20 % des Verkaufspreises zu bemessen; ebenso ist das gegenläufige Interesse mehrerer Wohnungseigentümer ander Versagung der Zustimmung als wirtschaftlich identisch anzusehen und mit (weiteren ) 20 % des Verkaufspreises zu bewerten. Infolgedessen beträgt das gemäß § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG maßgebliche hälftige Interesse der Parteien regelmäßig 20 % des Verkaufspreises des Wohnungseigentums, wobei die in § 49a Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 2 GKG enthaltenen Grenzen gewahrtwerden (vgl. auch Senat, Beschluss vom 17. November 2016 - V ZR 86/16, WuM 2017, 62 Rn. 8).
Stresemann Schmidt-Räntsch Brückner
Göbel Haberkamp
Vorinstanzen:
AG Köln, Entscheidung vom 24.05.2016 - 215 C 202/15 -
LG Köln, Entscheidung vom 13.07.2017 - 29 S 128/16 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Juli 2018 - V ZR 229/17

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Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Wohnungseigentumsgesetz - WoEigG | § 12 Veräußerungsbeschränkung


(1) Als Inhalt des Sondereigentums kann vereinbart werden, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten bedarf. (2) Die Zustimmung darf nur aus einem wichtigen G
Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Juli 2018 - V ZR 229/17 zitiert 4 §§.

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Referenzen

(1) Als Inhalt des Sondereigentums kann vereinbart werden, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten bedarf.

(2) Die Zustimmung darf nur aus einem wichtigen Grund versagt werden. Durch Vereinbarung gemäß Absatz 1 kann dem Wohnungseigentümer darüber hinaus für bestimmte Fälle ein Anspruch auf Erteilung der Zustimmung eingeräumt werden.

(3) Ist eine Vereinbarung gemäß Absatz 1 getroffen, so ist eine Veräußerung des Wohnungseigentums und ein Vertrag, durch den sich der Wohnungseigentümer zu einer solchen Veräußerung verpflichtet, unwirksam, solange nicht die erforderliche Zustimmung erteilt ist. Einer rechtsgeschäftlichen Veräußerung steht eine Veräußerung im Wege der Zwangsvollstreckung oder durch den Insolvenzverwalter gleich.

(4) Die Wohnungseigentümer können beschließen, dass eine Veräußerungsbeschränkung gemäß Absatz 1 aufgehoben wird. Ist ein Beschluss gemäß Satz 1 gefasst, kann die Veräußerungsbeschränkung im Grundbuch gelöscht werden. § 7 Absatz 2 gilt entsprechend.

2
a) Der Wert der Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelführers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Dieses Interesse ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten (vgl. BGH, Urteil vom 24. November 1971 - VIII ZR 80/71, BGHZ 57, 301, 302 mwN). Nichts anderes gilt in wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren. Das Änderungsinteresse des Rechtsmittelführers erhöht oder ermäßigt sich nicht dadurch, dass bei der Bemessung des Streitwerts auch eine Reihe von anderen Kriterien Berücksichtigung findet; infolgedessen entspricht der gemäß § 49a GKG bestimmte Streitwert in der Regel nicht der für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels maßgeblichen Beschwer (vgl. auch Senat, Beschluss vom 9. Februar 2012 - V ZB 211/11, ZWE 2012, 224 Rn. 4; Suilmann in Jennißen, WEG, 4. Aufl., § 49a GKG Rn. 24 ff.).
6
bb) Richtigerweise ist das Interesse des klagenden Wohnungseigentümers an der Erteilung der Zustimmung zur Veräußerung des Wohnungseigentums in der Regel mit 20 % des Verkaufspreises des Wohnungseigentums zu bemessen. Durch die Verweigerung der Zustimmung wird die Veräußerung nicht allgemein verhindert, sondern grundsätzlich nur verzögert, bis die Erteilung der Zustimmung im Klageweg durchgesetzt wird oder der Wohnungseigentümer einen Erwerber findet, gegen den kein wichtiger Grund spricht. Der Nachteil des Wohnungseigentümers, der veräußern will, liegt daher grundsätzlich nur in der Verzögerung der Veräußerung bzw. ggf. in einem geringen Verkaufspreis. Dieser Nachteil entspricht nicht dem Kaufpreis, sondern ist mit einem Bruchteil davon zu bewerten, den der Senat in der Regel - und so auch hier - auf 20 % schätzt.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

2
a) Der Wert der Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelführers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Dieses Interesse ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten (vgl. BGH, Urteil vom 24. November 1971 - VIII ZR 80/71, BGHZ 57, 301, 302 mwN). Nichts anderes gilt in wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren. Das Änderungsinteresse des Rechtsmittelführers erhöht oder ermäßigt sich nicht dadurch, dass bei der Bemessung des Streitwerts auch eine Reihe von anderen Kriterien Berücksichtigung findet; infolgedessen entspricht der gemäß § 49a GKG bestimmte Streitwert in der Regel nicht der für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels maßgeblichen Beschwer (vgl. auch Senat, Beschluss vom 9. Februar 2012 - V ZB 211/11, ZWE 2012, 224 Rn. 4; Suilmann in Jennißen, WEG, 4. Aufl., § 49a GKG Rn. 24 ff.).