Bundesgerichtshof Urteil, 08. März 2017 - 5 StR 333/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:080317U5STR333.16.0
bei uns veröffentlicht am08.03.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Die sogenannte Rückführungsrichtlinie steht der Strafbarkeit
des „Schleusers“ nach § 96 AufenthG nicht entgegen.
BGH, Urteil vom 8. März 2017 – 5 StR 333/16
LG Hamburg –
ECLI:DE:BGH:2017:080317U5STR333.16.0
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 5 StR 333/16
vom 8. März 2017 in der Strafsache gegen

1.



2.



3.



wegen des Verdachts des Einschleusens von Ausländern u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:080317U5STR333.16.0
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 8. März 2017, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Dr. Mutzbauer, Richter Prof. Dr. Sander, Richter Prof. Dr. König, Richter Dr. Berger, Richter Prof. Dr. Mosbacher als beisitzende Richter,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt V. als Verteidiger der Angeklagten R. ,
Rechtsanwältin H. als Verteidigerin des Angeklagten B. ,
Rechtsanwältin Vo. als Verteidigerin der Angeklagten Ri. ,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 27. April 2016 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

- Von Rechts wegen -

Gründe:


Das Landgericht hat die Angeklagten aus rechtlichen Gründen vom Vor1 wurf des gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern (§ 96 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1, § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) freigesprochen. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihren auf Sachbeanstandungen gestützten Revisionen. Die vom Generalbundesanwalt vertretenen Rechtsmittel haben Erfolg.

I.


1. Den Angeklagten wird vorgeworfen, in der Zeit vom 22. Mai 2013 bis
2
zum 13. Juni 2014 in insgesamt 14 Fällen den Tatbestand des (gewerbsmäßig begangenen) Einschleusens von Ausländern verwirklicht zu haben. Sie sollen in Venezuela dortige Staatsangehörige für die Ausübung der Prostitution in Deutschland angeworben haben. Die Angeworbenen, die über gültige Pässe verfügt hätten, seien nach Angabe eines touristischen Reisezwecks visumsfrei eingereist und hier unter Beteiligung der Angeklagten der Prostitution nachgegangen. Sie hätten sich jeweils nicht länger als drei Monate im Gebiet der Schengen-Staaten aufgehalten. Die Angeklagten R. und Ri. hätten dabei die Anwerbungen durchgeführt und den Prostituierten in Deutschland gegen Bezahlung Wohnungen bzw. ein Lokal zur Prostitutionsausübung zur Verfügung gestellt. Der Angeklagte B. habe ihnen Freier vermittelt und Prostitutionserlöse eingefordert sowie vereinnahmt. Er habe zudem in einem Fall – wie auch mehrfach die Angeklagte R. – bei der Einreise geholfen.
2. Das Landgericht hat den Sachverhalt im Wesentlichen so festgestellt,
3
wie er in der Anklageschrift geschildert ist. Danach war den AngeklagtenR. und Ri. insbesondere bewusst, dass die Angeworbenen mit dem Ziel der Aufnahme der Prostitution visumsfrei als Touristen eingereist wa- ren und „nicht über einen Aufenthaltstitel oder eine Arbeitserlaubnis“ verfügten. Eine diesbezügliche Kenntnis des Angeklagten B. hat das Landgericht nicht ausdrücklich festgestellt.
3. Das Landgericht hat den Straftatbestand des § 96 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2
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Nr. 1 AufenthG aus rechtlichen Gründen nicht als erfüllt angesehen. Einer Strafbarkeit der Angeklagten stehe entgegen, dass das Verhalten der eingereisten Venezolaner bei europarechtskonformer Auslegung unter Berücksichtigung der sogenannten Rückführungsrichtlinie (Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger, ABl. L 348 vom 24. Dezember 2008, S. 98) nicht strafbar sei. Es fehle damit an der für die Strafbarkeit der Angeklagten vorausgesetzten „akzessorischen Haupttat“.

II.


Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben Erfolg. Die Freisprüche
5
halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Die Annahme des Landgerichts, das Verhalten der Angeklagten erfülle
6
nicht den Tatbestand des § 96 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG, weil es an einer für die Strafbarkeit erforderlichen „Haupttat“ fehle, begegnet durchgreifenden Bedenken.

a) Durch § 96 Abs. 1 AufenthG werden nach allgemeinen Regeln strafba7 re Teilnahmehandlungen an den dort in Bezug genommenen (Haupt-)Taten bei Erfüllung der weiteren Voraussetzungen als selbständige täterschaftlich begangene Taten unter Strafe gestellt. Trotz dieser Verselbständigung gelten für die Tathandlungen des § 96 Abs. 1 AufenthG die allgemeinen Regeln der Teilnahme einschließlich des Grundsatzes der limitierten Akzessorietät; die Strafbarkeit nach dieser Vorschrift setzt daher lediglich eine vorsätzliche und rechtswidrige, nicht notwendig jedoch auch mit Strafe zu ahndende Haupttat des Geschleusten voraus (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. Juli 2015 – 2 StR 389/13, NJW 2016, 419, 420; vom 13. Januar 2015 – 4 StR 378/14, NStZ 2015, 399, 400 f.; MüKo-StGB/Gericke, 2. Aufl., § 96 AufenthG Rn. 2 f.; Mosbacher in Ignor/Mosbacher, Hdb. ArbeitsstrafR, 3. Aufl., § 4 Rn. 243, 272; NK-AuslR/Fahlbusch, 2. Aufl., § 96 AufenthG Rn. 11 ff.).

b) Die festgestellten Haupttaten entsprechen diesen Anforderungen.
8
9
Denn mit Aufnahme der Erwerbstätigkeit entfiel für die zuvor visumsfrei als vorgebliche Touristen eingereisten, ersichtlich auch insofern vorsätzlich handelnden Venezolaner als „Positivstaater“ die Befreiung vom Erfordernis ei- nes Aufenthaltstitels (§ 17 Abs. 1 AufenthV i.V.m. Art. 1 Abs. 2 und Art. 4 Abs. 3 i.V.m. Anhang II der EG-VisaVO vom 15. März 2001, ABl. L 81 vom 21. März 2001, S. 1). Damit waren sie ab diesem Zeitpunkt vollziehbar ausreisepflichtig (§ 50 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Variante 1 AufenthG; vgl. BGH, Beschluss vom 25. September 2012 – 4 StR 142/12, NStZ 2013, 481; MüKo-StGB/Gericke, aaO, § 95 AufenthG Rn. 36 ff.; Mosbacher, aaO, § 4 Rn. 191). Dieser Pflicht kamen sie nicht nach. Vielmehr hielten sie sich weiterhin – nunmehr unerlaubt – in Deutschland auf und gingen der Prostitution nach.

c) Entgegen der Ansicht des Landgerichts scheitert eine Verurteilung der
10
Angeklagten nicht an einer etwaigen, sich aus dem Vorrang des Rückführungsverfahrens ergebenden Straflosigkeit der „Haupttäter“.
aa) In Rechtsprechung und Literatur wird allerdings unter Verweis auf
11
Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH [Große Kammer], EuGRZ 2011, 687; EuGH [1. Kammer], InfAuslR 2011, 320 Rn. 53 ff.) die Auffassung vertreten, dass der in der Rückführungsrichtlinie normierte absolute Vorrang des Rückführungsverfahrens eine Bestrafung illegal aufhältiger Personen nach § 95 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG ausschließe, wenn ein behördliches Rückführungsverfahren noch nicht endgültig beendet sei und sich der Ausreisepflichtige diesem Verfahren nicht entzogen habe (vgl. HansOLG Hamburg, OLGSt AufenthG § 95 Nr. 5; KG, NStZ-RR 2012, 347; MüKo-StGB/Gericke, aaO, § 95 AufenthG Rn. 29 f.; BeckOK-AuslR/Hohoff, 12. Ed., § 95 AufenthG Rn. 27; noch weitergehend Hörich/Bergmann NJW 2012, 3339).
12
bb) Der Senat kann dahingestellt lassen, ob dieser Rechtsansicht uneingeschränkt zu folgen ist. Denn auch auf ihrer Grundlage sind die in § 96 AufenthG bezeichneten „Schleusungstatbestände“ hier vollständig verwirklicht.
(1) Hinsichtlich der Fälle 1 und 2 ist der Freispruch der Angeklagten be13 reits deswegen rechtsfehlerhaft, weil die Ausreisepflichtigen inzwischen freiwillig ausgereist sind. Nach vollzogener Ausreise kann aber kein Vorrang des Rückführungsverfahrens (mehr) gegeben sein.
(2) Die Annahme des Landgerichts, der Vorrang des Rückführungsver14 fahrens schließe in allen abgeurteilten Fällen die Tatbestandsmäßigkeit oder die Rechtswidrigkeit der „Haupttaten“ aus und führe damit zur Straflosigkeit (auch) der Angeklagten, trifft nicht zu.
(a) Die Rückführungsrichtlinie will ein harmonisiertes und effizientes Ver15 fahren zur Rückführung sich illegal in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhaltender „Drittstaatsangehöriger“ gewährleisten und eine mögliche Beeinträchtigung ihrer praktischen Wirksamkeit ausschließen; eine Strafhaft wegen unerlaubten Aufenthalts ist dabei nach Meinung des EuGH grundsätzlich geeignet, das Rückkehrverfahren scheitern zu lassen bzw. zu verzögern (vgl. zuletzt EuGH [Große Kammer], InfAuslR 2016, 269 Rn. 63 mwN). Dementsprechend soll eine Freiheitsstrafe nicht allein deshalb verhängt werden, weil sich ein „Drittstaatsangehöriger“ illegal im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhält, nachdem ihm eine Anordnung zum Verlassen des Staatsgebiets bekannt gegeben worden und die darin gesetzte Frist abgelaufen ist (vgl. EuGH [1. Kammer], InfAuslR 2011, 320 Rn. 58).
16
(b) Die Rückführungsrichtlinie und das auf ihrer Grundlage durchgeführte Rückführungsverfahren machen indes das mit einem unerlaubten Aufenthalt verbundene Unrecht nicht ungeschehen. Den zuständigen Behörden wird lediglich ein Verfahren vorgegeben, um den unerlaubten Aufenthalt bei Vorliegen der dort geregelten Maßgaben schnellstmöglich zu beenden. Davon ausgehend spricht nichts dafür, dass es unionsrechtlich geboten sein könnte, Fallkonstellationen wie die gegenständlichen als nach nationalem Strafrecht nicht tatbestandsmäßig oder nicht rechtswidrig anzusehen. Hinzu kommt, dass sich die Rechtsprechung des EuGH ausdrücklich nur gegen die Verhängung bzw. den Vollzug von Freiheitsstrafe wendet, der die Gefahr der Beeinträchtigung des Rückführungsverfahrens innewohnt (vgl. auch MüKo-StGB/Gericke, aaO, § 95 AufenthG Rn. 30 mwN), nicht dagegen aber gegen die Durchführung des Strafverfahrens als solchem. Auch daraus wird ersichtlich, dass durch die vom EuGH angestellten Erwägungen, die sich auf einer praktischen Ebene bewegen , nicht schon die Tatbestandsmäßigkeit und Rechtswidrigkeit des illegalen Aufenthalts in Frage gestellt werden.
Darüber hinaus stehen Rückführungsrichtlinie und -verfahren in keinerlei
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Zusammenhang mit dem Unrecht des „Schleusers“ oder sonstigen Hintermanns des unerlaubten Aufenthalts. Schon nach ihrem eindeutigen Wortlaut findet die Rückführungsrichtlinie lediglich Anwendung auf illegal im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhältige Drittstaatsangehörige, nicht auf deren Schleuser (Art. 2 Abs. 1 Richtlinie 2008/115/EG). Es besteht insoweit sogar die in mehreren europarechtlichen Instrumenten verankerte gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung, Anstiftung und Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt wirksam zu sanktionieren (Art. 1 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1 Buchst. a des Rahmenbeschlusses 2002/946/JI; Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 der Richtlinie 2002/90, ABl. L 328 vom 5. Dezember 2002, S. 1, 17; hierzu EuGH, NJW 2012, 1641, 1642 Rn. 43 ff. nach Vor- abentscheidungsersuchen in BGH, Beschlüsse vom 10. Januar 2012 – 5 StR 351/11, NJW 2012, 1669, 1670 f. Rn. 17; vom 8. Februar 2012 – 5 StR 567/11,BGHR AEUV Art. 267 Abs. 4 Inhaftierung 1). Sie könnte nicht erfüllt werden, wenn die hier betroffenen „Schleusungstatbestände“ aufgrund des Fehlens einer rechtswidrigen Haupttat in einem beträchtlichen Umfang leerlaufen würden (vgl. EuGH aaO; BGH, Beschluss vom 10. Januar 2012 – 5 StR 351/11, aaO).
Danach kann aus dem Vorrang des Rückführungsverfahrens – ungeach18 tet der exakten rechtlichen Konstruktion – allenfalls die persönliche Straflosigkeit der illegal Aufhältigen bzw. ein diesbezügliches (partielles) Bestrafungsverbot hergeleitet werden (vgl. zur Einordnung als persönlicher Strafaufhebungsgrund : MüKo-StGB/Gericke, aaO, § 95 AufenthG Rn. 30 aE; BeckOKAuslR /Hohoff, aaO, § 95 AufenthG Rn. 27 aE). Da hiervon weder die Tatbestands - noch die Rechtswidrigkeitsebene tangiert ist, verbleibt es nach den Grundsätzen der limitierten Akzessorietät bei der Strafbarkeit des „Schleusers“ (zu Art. 31 Genfer Flüchtlingskonvention BGH, Urteil vom 25. März 1999 – 1 StR 344/98, NStZ 1999, 409; Beschluss vom 12. September 2002 – 4 StR 163/02, NJW 2002, 3642, 3643; MüKo-StGB/Gericke, aaO, § 96 AufenthG Rn. 3; Mosbacher, aaO, § 4 Rn. 243). Anders als das Landgericht meint, bedarf es im Zuge der vorgenommenen richtlinienkonformen Auslegung insoweit keiner ausdrücklichen gesetzlichen Regelung.
2. Das angefochtene Urteil führt hinsichtlich des Angeklagten B.
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beweiswürdigend aus, es sei nicht festzustellen gewesen, ob dieser Angeklagte dem Angeworbenen L. R. für die Einreise 1.000 € als „Vorzeigegeld“ zur Verfügung gestellt habe (UA S. 25 f.). Der Senat geht nicht davon aus, dass hiermit den Freispruch zusätzlich tragend ein vorsätzliches Handeln des Ange- klagten insgesamt in Frage gestellt werden sollte (vgl. zur „Motivation“ des Angeworbenen durch den Angeklagten UA S. 23 und zur Vereinnahmung des Prostitutionserlöses im Fall 10 UA S. 10, 12).
3. Der Senat hebt das Urteil mit den an sich rechtsfehlerfrei getroffenen
20
Feststellungen auf, weil die freigesprochenen Angeklagten keine Möglichkeit hatten, die Feststellungen mit einer Revision anzugreifen. Eines vorherigen Vorabentscheidungsverfahrens beim Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 AEUV bedarf es nicht, denn die Rechtsfrage ist eindeutig und zweifelsfrei zu beantworten („acte claire“, vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 27. Juni 2016 – 1 StR 19/16 mwN).
4. Angesichts dessen kommt es nicht mehr darauf an, ob der Freispruch
21
der Angeklagten trotz der Beschränkung gemäß § 154a StPO schon deshalb keinen Bestand haben kann, weil das Landgericht, das vor einer solchen Entscheidung zur Wiedereinbeziehung ausgeschiedener Straftatbestände verpflichtet gewesen wäre, das festgestellte Geschehen nicht in Bezug auf Verstöße gegen Straf- und Bußgeldvorschriften geprüft hat, die eine illegale Beschäftigung und Beauftragung von Ausländern oder die Teilnahme an deren illegaler Erwerbstätigkeit sanktionieren (vgl. § 404 Abs. 2 Nr. 3 SGB III, §§ 10 ff. SchwarzArbG, § 98 Abs. 2a, Abs. 3 Nr. 1 AufenthG, hierzu insgesamt Mosbacher , aaO, § 4 Rn. 1 ff.).
Mutzbauer Sander König
Berger Mosbacher

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 08. März 2017 - 5 StR 333/16

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1.
nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a zu begehen und
a)
dafür einen Vorteil erhält oder sich versprechen lässt oder
b)
wiederholt oder zugunsten von mehreren Ausländern handelt oder
2.
nach § 95 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2, Abs. 1a oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b oder Nr. 2 zu begehen und dafür einen Vermögensvorteil erhält oder sich versprechen lässt.

(2) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
gewerbsmäßig handelt,
2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, handelt,
3.
eine Schusswaffe bei sich führt, wenn sich die Tat auf eine Handlung nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a bezieht,
4.
eine andere Waffe bei sich führt, um diese bei der Tat zu verwenden, wenn sich die Tat auf eine Handlung nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a bezieht, oder
5.
den Geschleusten einer das Leben gefährdenden, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder der Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung aussetzt.
Ebenso wird bestraft, wer in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 Buchstabe a zugunsten eines minderjährigen ledigen Ausländers handelt, der ohne Begleitung einer personensorgeberechtigten Person oder einer dritten Person, die die Fürsorge oder Obhut für ihn übernommen hat, in das Bundesgebiet einreist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe a, Nr. 2, Absatz 2 Satz 1 Nummer 1, 2 und 5 und Absatz 3 sind auf Zuwiderhandlungen gegen Rechtsvorschriften über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines Schengen-Staates anzuwenden, wenn

1.
sie den in § 95 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 oder Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Handlungen entsprechen und
2.
der Täter einen Ausländer unterstützt, der nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum besitzt.

(5) § 74a des Strafgesetzbuchs ist anzuwenden.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält,
2.
ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet aufhält, wenn
a)
er vollziehbar ausreisepflichtig ist,
b)
ihm eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und
c)
dessen Abschiebung nicht ausgesetzt ist,
3.
entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 in das Bundesgebiet einreist,
4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 oder 2 oder § 47 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 zuwiderhandelt,
5.
entgegen § 49 Abs. 2 eine Angabe nicht, nicht richtig oder nicht vollständig macht, sofern die Tat nicht in Absatz 2 Nr. 2 mit Strafe bedroht ist,
6.
entgegen § 49 Abs. 10 eine dort genannte Maßnahme nicht duldet,
6a.
entgegen § 56 wiederholt einer Meldepflicht nicht nachkommt, wiederholt gegen räumliche Beschränkungen des Aufenthalts oder sonstige Auflagen verstößt oder trotz wiederholten Hinweises auf die rechtlichen Folgen einer Weigerung der Verpflichtung zur Wohnsitznahme nicht nachkommt oder entgegen § 56 Abs. 4 bestimmte Kommunikationsmittel nutzt oder bestimmte Kontaktverbote nicht beachtet,
7.
wiederholt einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 oder Absatz 1c zuwiderhandelt oder
8.
im Bundesgebiet einer überwiegend aus Ausländern bestehenden Vereinigung oder Gruppe angehört, deren Bestehen, Zielsetzung oder Tätigkeit vor den Behörden geheim gehalten wird, um ihr Verbot abzuwenden.

(1a) Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder in § 98 Abs. 3 Nr. 1 bezeichnete Handlung begeht, für den Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 4 Abs. 1 Satz 1 eines Aufenthaltstitels bedarf und als Aufenthaltstitel nur ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nummer 1 besitzt.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 11 Absatz 1 oder in Zuwiderhandlung einer vollziehbaren Anordnung nach § 11 Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1
a)
in das Bundesgebiet einreist oder
b)
sich darin aufhält,
1a.
einer vollstreckbaren gerichtlichen Anordnung nach § 56a Absatz 1 zuwiderhandelt und dadurch die kontinuierliche Feststellung seines Aufenthaltsortes durch eine in § 56a Absatz 3 genannte zuständige Stelle verhindert oder
2.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung zu beschaffen oder das Erlöschen oder die nachträgliche Beschränkung des Aufenthaltstitels oder der Duldung abzuwenden oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und der Absätze 1a und 2 Nr. 1 Buchstabe a ist der Versuch strafbar.

(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 Nr. 2 bezieht, können eingezogen werden.

(5) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.

(6) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 steht einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln auf Grund eines durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.

(7) In Fällen des Absatzes 2 Nummer 1a wird die Tat nur auf Antrag einer dort genannten zuständigen Stelle verfolgt.

(1) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer einen anderen anstiftet oder ihm dazu Hilfe leistet, eine Handlung

1.
nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a zu begehen und
a)
dafür einen Vorteil erhält oder sich versprechen lässt oder
b)
wiederholt oder zugunsten von mehreren Ausländern handelt oder
2.
nach § 95 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2, Abs. 1a oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b oder Nr. 2 zu begehen und dafür einen Vermögensvorteil erhält oder sich versprechen lässt.

(2) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
gewerbsmäßig handelt,
2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, handelt,
3.
eine Schusswaffe bei sich führt, wenn sich die Tat auf eine Handlung nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a bezieht,
4.
eine andere Waffe bei sich führt, um diese bei der Tat zu verwenden, wenn sich die Tat auf eine Handlung nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a bezieht, oder
5.
den Geschleusten einer das Leben gefährdenden, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder der Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung aussetzt.
Ebenso wird bestraft, wer in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 Buchstabe a zugunsten eines minderjährigen ledigen Ausländers handelt, der ohne Begleitung einer personensorgeberechtigten Person oder einer dritten Person, die die Fürsorge oder Obhut für ihn übernommen hat, in das Bundesgebiet einreist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe a, Nr. 2, Absatz 2 Satz 1 Nummer 1, 2 und 5 und Absatz 3 sind auf Zuwiderhandlungen gegen Rechtsvorschriften über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines Schengen-Staates anzuwenden, wenn

1.
sie den in § 95 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 oder Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Handlungen entsprechen und
2.
der Täter einen Ausländer unterstützt, der nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum besitzt.

(5) § 74a des Strafgesetzbuchs ist anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2StR 389/13
vom
22. Juli 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
8. Juli 2015, in der Sitzung am 22. Juli 2015, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Eschelbach,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
der Richter am Bundesgerichtshof
Zeng,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Bartel,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof in der Verhandlung,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt in der Verhandlung,
Rechtsanwalt in der Verhandlung
als Verteidiger des Angeklagten B. ,
Rechtsanwalt in der Verhandlung,
Rechtsanwalt in der Verhandlung
als Verteidiger der Angeklagten D. ,
Rechtsanwalt in der Verhandlung
als Verteidiger des Angeklagten S. ,
Rechtsanwalt in der Verhandlung
als Verteidiger der Angeklagten T. ,
Rechtsanwalt in der Verhandlung
als Verteidiger des Angeklagten H. ,
Rechtsanwalt in der Verhandlung
als Verteidiger des Angeklagten Th. ,
Rechtsanwalt in der Verhandlung
als Verteidiger des Angeklagten Se. ,
Rechtsanwalt in der Verhandlung
als Verteidiger der Angeklagten He. ,
Justizangestellte in der Verhandlung,
Justizangestellte bei der Verkündung
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Soweit die Angeklagten S. und Th. im Fall 103 der Gründe des Urteils des Landgerichts Gera vom 28. September 2012 verurteilt worden sind, wird das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt.
Im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeklagten der Staatskasse zur Last.
2. Die Revisionen der Angeklagten B. , T. , H. , D. , Se. und He. gegen das vorgenannte Urteil werden mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass von den Gesamtfreiheitsstrafen jeweils zwei Monate als bereits vollstreckt gelten.
Diese Beschwerdeführer haben jeweils die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.
3. Auf die Revision des Angeklagten S. wird das vorgenannte Urteil, soweit er verurteilt worden ist,
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen Beihilfe zum Erschleichen von Aufenthaltstiteln in 90 Fällen, jeweils in Tateinheit mit Amtsanmaßung, schuldig ist,
b) im Ausspruch über die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
4. Auf die Revision des Angeklagten Th. wird das vorgenannte Urteil, soweit es ihn betrifft, im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten S. und Th. werden verworfen.
5. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten wie folgt verurteilt: - den Angeklagten B. wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in acht Fällen unter Auflösung der Gesamtstrafe aus einem früheren Urteil und Einbeziehung der dortigen Einzelstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten sowie wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in fünfundsechzig Fällen und gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren; zudem hat das Landgericht ein Berufsverbot für die Tätigkeit als Rechtsanwalt für die Dauer von drei Jahren verhängt und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 187.000 Euro angeordnet, - die Angeklagte D. unter Freisprechung im Übrigen wegen des Benutzens von unrichtigen oder unvollständigen Angaben, um sich einen Aufenthaltstitel zu beschaffen, in zwei Fällen sowie gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten bei Strafaussetzung zur Bewährung , - den Angeklagten S. unter Freisprechung im Übrigen wegen des Benutzens von unrichtigen oder unvollständigen Angaben, um für einen anderen einen Aufenthaltstitel zu beschaffen, in einundneunzig Fällen, jeweils in Tateinheit mit Amtsanmaßung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten, - die Angeklagte T. unter Freisprechung im Übrigen wegen gewerbs - und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in siebenunddreißig Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten, - den Angeklagten H. unter Freisprechung im Übrigen wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern sowiewegen gewerbsund bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten bei Strafaussetzung zur Bewährung, - den Angeklagten Th. unter Freisprechung im Übrigen wegen Geschehenlassens einer rechtswidrigen Tat seines Untergebenen im Amt in einundachtzig Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten bei Strafaussetzung zur Bewährung, - den Angeklagten Se. unter Freisprechung im Übrigen wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern sowie gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten bei Strafaussetzung zur Bewährung, - die Angeklagte He. unter Freisprechung im Übrigen wegen Einschleusens von Ausländern in fünf Fällen sowie versuchten gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten bei Strafaussetzung zur Bewährung.
2
Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Angeklagten mit Verfahrensbeanstandungen und der Sachrüge. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang Erfolg.

I.


3
Das Landgericht hat im Wesentlichen Folgendes festgestellt:
4
Der als Rechtsanwalt tätige Angeklagte B. verfolgte das Ziel, Flüchtlingen aus Staaten außerhalb der Europäischen Union gegen Zahlung eines Entgelts zu Aufenthaltserlaubnissen im Inland zu verhelfen, um sich selbst dadurch eine fortdauernde Einkommensquelle zu verschaffen. Hierzu stellte er den Ausländern ein von ihm entwickeltes „Limited-Modell“ vor, das darauf ge- richtet war, unter Vorspiegelung einer selbständigen Tätigkeit in Deutschland Aufenthaltstitel zu erlangen. Hierfür hatten die Ausländer im ersten Jahr einen Betrag in Höhe von 5.000 Euro und in den beiden Folgejahren jeweils 1.500 Euro zu zahlen. Das „Limited-Modell“ sah die Gründung einer Scheinfirma in der Rechtsform einer Limited nach britischem Recht sowie die Anmeldung einer gewerblichen Zweigniederlassung im Zuständigkeitsbereich der Ausländerbehörde E. vor, ferner die Wohnsitzanmeldung der Ausländer unter einer Scheinadresse. Die Ausländer sollten durch diesen Anschein wie Unternehmensorgane einer Gesellschaft im europäischen Raum wirken und so den Status von Bürgern der Europäischen Union erlangen. Die Wohnsitzanmeldung erfolgte, um den Anschein des dauerhaften Aufenthalts im Zuständigkeitsbereich der Ausländerbehörde E. zu erwecken und die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen durch den dort zuständigen Sachbearbeiter, den Angeklagten S. , zu erreichen. Tatsächlich hatten die Antragsteller ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht dort, sondern im Raum F. . Der Angeklagte B. übernahm für die Antragsteller jeweils das Einreichen der Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
5
Um sein „Limited-Modell“ umsetzen zu können, handelte der Angeklagte B. seit Mitte Dezember 2007 mit dem gesondert verfolgten Z. sowie mit den Angeklagten T. und H. zusammen. Dabei kam den Letztgenannten die Aufgabe zu, den Ausländern gegen Zahlung eines Entgelts die Wohn- und Meldeadressen zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus schlossen die Angeklagten T. und H. mit den Ausländern Miet- und Büroserviceverträge ab, um den Eingang und die Weiterleitung der behördlichen Post sicherzustellen.
6
Der Angeklagten D. , der auch mit Hilfe des „Limited-Modells“ des Angeklagten B. durch die Ausländerbehörde zunächst selbst eine Aufenthaltserlaubnis erteilt und diese verlängert worden war, oblag ab Januar 2009 die bürotechnische Ausführung des „Limited-Modells“ und die telefonische Be- treuung der Ausländer. Sie erledigte Formalitäten der Firmengründungen und bereitete die Gewerbeanmeldungen vor. Dafür erhielt sie eine Vergütung, die sie als dauerhafte Einnahmequelle nutzen wollte.
7
Seit Februar 2009 war zudem der Angeklagte Se. bei dem Angeklagten B. beschäftigt. Dieser erstellte Unternehmensplanungen mit erfundenen Umsatzprognosen. Auch fingierte er Bauunternehmerverträge, die gegenüber der Ausländerbehörde einen tatsächlich nicht vorhandenen Geschäftsbetrieb der neu gegründeten Firmen vortäuschen sollten. Durch diese Tätigkeit erhoffte sich auch der Angeklagte Se. dauerhafte Einnahmen.
8
Die Angeklagte He. erstellte Prognosen zur Unternehmensentwicklung der Firmen, die jedoch einer tragfähigen Grundlage entbehrten und nur den Eindruck einer künftigen positiven Geschäftsentwicklung erwecken sollten.
9
Die von dem Angeklagten B. bei der Ausländerbehörde E. eingereichten Anträge auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen wurden jeweils von dem hierfür alleine zuständigen Angeklagten S. bearbeitet. Dieser wusste spätestens seit dem 10. Juli 2008, dass die Antragsteller ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht an den in den Anträgen aufgeführten Meldeadressen hatten. Er erteilte gleichwohl aus altruistischen Motiven heraus in zahlreichen Fällen unter Missachtung der gesetzlichen Vorgaben die beantragten Aufenthaltserlaubnisse. Dabei wusste er, dass eine örtliche Zuständigkeit der Ausländerbehörde E. nicht bestand.
10
Auch der Angeklagte Th. , der im Tatzeitraum Sachgebietsleiter bei der Ausländerbehörde E. und Vorgesetzter des Angeklagten S. war, hatte Kenntnis von den eingehenden Anträgen des Angeklagten B.
und seit dem 27. Oktober 2008 von den darin enthaltenen unrichtigen Angaben. Gleichwohl unternahm er jeweils nichts, um die Erteilung von Aufenthaltstiteln durch den Angeklagten S. zu verhindern.

II.


11
Die Sachrügen der Angeklagten B. , D. , T. , H. , Se. und He. sind unbegründet. Auch die erhobenen Verfahrensrügen bleiben ohne Erfolg; das bedarf nur zu den Rügen hinsichtlich der Verletzung von § 243 Abs. 4 StPO unten (V. und VI.) der Erläuterung. Das Urteil ist, soweit es die genannten Angeklagten betrifft, im Übrigen nur um eine Kompensationsentscheidung wegen der langen Dauer des Revisionsverfahrens zu ergänzen (unten VII.).
12
1. Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist, auch soweit sie die Taten der Angeklagten S. und Th. betrifft, rechtsfehlerfrei.
13
Das gilt auch hinsichtlich der Verwertung der Aussage des gesondert verfolgten Z. . Das gegen diesen gerichtete Verfahren ist abgetrennt und nach einer Verständigung durch gesondertes Urteil aufgrund eines verständigungsbasierten Geständnisses dieses früheren Mitangeklagten beendet worden. Das Landgericht hat geprüft, ob dessen Angaben glaubhaft sind, auch soweit sie die Beschwerdeführer belasten können (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2003 - 1 StR 464/02, BGHSt 48, 161, 168; Beschluss vom 6. November 2007 - 1 StR 370/07, BGHSt 52, 78, 82 f.). Zwar hat das Landgericht keine näheren Ausführungen zum Verständigungsverfahren des Gerichts gegenüber dem gesondert verfolgten Z. gemacht, das zu dessen Geständnis mit einem die Beschwerdeführer belastenden Inhalt geführt hat. Auch hat es den Aussageinhalt jenes Geständnisses nicht näher dargelegt. Darauf kam es hier aber nicht an, weil das Landgericht die Taten der Angeklagten, auch soweit sie bandenmäßig begangen wurden, mit Hilfe anderer Beweismittel festgestellt, dies jeweils im Einzelnen belegt und die Angaben des gesondert verfolgten Z. in den Urteilsgründen dabei nicht hervorgehoben hat. Der Senat schließt daher aus, dass das Urteil insoweit auf einem Erörterungsmangel beruht.
14
2. Die rechtlichen Voraussetzungen der Strafbarkeit der Angeklagten wegen Einschleusens von Ausländern gemäß § 96 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG liegen vor.
15
a) Nach dieser Bestimmung wird bestraft, wer einen anderen zu einer der in § 95 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 3 oder Abs. 2 AufenthG bezeichneten Handlungen anstiftet oder ihm dazu Hilfe leistet und dafür einen Vermögensvorteil erhält oder sich versprechen lässt oder wiederholt oder zugunsten von mehreren Ausländern handelt. Für den Fall eines gewerbsmäßigen Handelns sieht § 96 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG eine Qualifikation vor. Bei gewerbs- und bandenmäßigem Handeln ist die Tat gemäß § 97 Abs. 2 AufenthG weitergehend qualifiziert.
16
aa) Durch die Strafvorschrift des § 96 Abs. 1 AufenthG werden nach allgemeinen Regeln strafbare Teilnahmehandlungen an den in Bezug genommenen Taten zu selbständigen, täterschaftlich begangenen Straftaten heraufgestuft , wenn der Beteiligte eines der in § 96 Abs. 1 AufenthG genannten Merkmale erfüllt. Trotz dieser tatbestandlichen Verselbständigung gelten für die Tathandlungen des § 96 Abs. 1 AufenthG die allgemeinen Regeln der Teilnahme einschließlich des Grundsatzes der limitierten Akzessorietät. Erforderlich ist daher eine vorsätzlich und rechtswidrig begangene Tat eines anderen im Sinne von § 95 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 3 oder Abs. 2 AufenthG (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 2015 - 4 StR 378/14, NStZ 2015, 399, 400). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt.
17
Die Ausländer, die in den verfahrensgegenständlichen Fällen bei der Ausländerbehörde in E. einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung gestellt haben, haben sich gemäß § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG strafbar gemacht. Sie haben jeweils unrichtige Angaben über ihren Wohnsitz und die Eigenschaft als Geschäftsführer (Direktoren) von geschäftlich derzeit oder künftig aktiven Gesellschaften gemacht, die ihnen den Status von Bürgern der Europäischen Union verleihen sollten. Die falschen Wohnsitzangaben waren für die Zuständigkeit der Behörde relevant; ohne sie wären die Aufenthaltserlaubnisse dort nicht erteilt worden. Tathandlungen sind auch die Vorlage oder das Benutzen unzutreffender Unterlagen zur angeblichen Geschäftstätigkeit der jeweiligen Gesellschaft, die auch dazu benutzt wurden, den Direktoren den scheinbaren Status von Bürgern der Europäischen Union zu verschaffen. Sämtliche Angaben betreffen die Voraussetzungen zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Die falschen Angaben müssen nach der Strafnorm nur allgemein für das Verfahren von Bedeutung sein und grundsätzlich zur Verschaffung eines unrechtmäßigen Aufenthaltstitels führen können. Dazu waren die Falschangaben der Antragsteller im vorliegenden Fall geeignet.
18
bb) Auf die vom Angeklagten B. in seiner Einlassung vor dem Landgericht hervorgehobene Art des Vorgehens im Rahmen von „informellem Ver- waltungshandeln“ der Ausländerbehörde kommt es nicht an, weil zwingende gesetzliche Vorschriften nicht dadurch umgangen werden dürfen. Auch eine - rechtswidrige - behördliche „Duldung“ des fehlerhaften Verhaltens der Antragsteller hebt weder den Straftatbestand auf noch vermag sie das straftatbestandsmäßige Verhalten zu rechtfertigen.
19
Jedenfalls wenn - wie hier - das behördliche Handeln seinerseits strafrechtliche Bedeutung im Sinne einer Amtsanmaßung des Beamten besitzt, der den begünstigenden Verwaltungsakt erlässt, und in einem kollusiven Zusammenwirken zwischen dem Sachbearbeiter der Ausländerbehörde und den Antragstellern besteht, die falsche Angaben gemacht haben, kann das straftatbestandsmäßige Verhalten des jeweiligen Antragstellers nicht gerechtfertigt sein. Es geht nicht um die Ausnutzung eines behördlichen Ermessenspielraums, sondern um die Verletzung zwingender Vorschriften des Ausländerrechts, die einer aktiven „behördlichen Duldung“ jede rechtfertigende Bedeutung nimmt (vgl. in anderem Zusammenhang Fischer, StGB, 62. Aufl., Vor § 324 Rn. 9; Heine/Hecker in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., Vorbemerkungen zu den §§ 324 ff. Rn. 30; MünchKomm/Schmitz, StGB, 2. Aufl., Vorbemerkung zu den §§ 324 ff. Rn. 99). Die erteilten Aufenthaltserlaubnisse waren nichtig.
20
cc) Es ist zur Erfüllung des Tatbestands des § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG auch nicht erforderlich, dass die falschen Angaben der Antragsteller zur Beschaffung des Aufenthaltstitels konkret geeignet waren. Sie müssen dafür nur eine erhöhte Beweiskraft besitzen (vgl. BGH, Beschluss vom 2. September 2009 - 5 StR 266/09, BGHSt 54, 140, 146); denn die Strafvorschrift regelt ein abstraktes Gefährdungsdelikt. Nach ihrem Zweck stellt sie den Rechtsmissbrauch zur Erlangung eines Aufenthaltstitels im Vorfeld der behördlichen Entscheidung unter Strafe. Es genügt daher, wenn der antragstellende Ausländer solche Angaben macht, die im Allgemeinen zur Verschaffung eines unrechtmäßigen Aufenthaltstitels geeignet sind. Strafbarkeit bestünde sogar dann, wenn trotz der falschen oder unvollständigen Angaben ein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bestünde.
21
Die Tatsache, dass es in mehreren Fällen nicht zur Erteilung eines Aufenthaltstitels kam, steht der Strafbarkeit der darauf abzielenden Handlungen ebenfalls nicht entgegen (vgl. BGH aaO, BGHSt 54, 140, 146). Auch ist es unerheblich , dass der Angeklagte S. im Fall 85 keine Aufenthaltserlaubnis nach § 21 AufenthG erteilte, sondern eine solche nach § 28 AufenthG. Auf eine Kausalität der unrichtigen Angaben bei der Erteilung des Aufenthaltstitels kommt es nicht an (vgl. BGH aaO, BGHSt 54, 140, 143).
22
b) Zu den Taten der Ausländer gemäß § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG haben die Angeklagten B. , D. , T. , H. , Se. und He. im Sinne von § 96 Abs. 1 AufenthG in ihrer jeweiligen Rolle innerhalb des von B. organisierten Systems nach dem „Limited-Modell“ Hilfe geleistet. Nach der Rechtsprechung ist grundsätzlich jede Handlung als Hilfeleistung anzusehen, welche die Herbeiführung des Taterfolgs durch den Haupttäter objektiv fördert oder erleichtert (BGH aaO, BGHSt 54, 140, 142 f.). Dies ist durch die festgestellten Handlungen der genannten Angeklagten geschehen.
23
Sie haben sich dafür einen Vermögensvorteil versprechen lassen. Außerdem haben sie wiederholt oder zugunsten von mehreren Ausländern gehandelt.
24
c) Die Angeklagten B. , D. , T. , H. , Se. und He. , die alle relevanten Umstände kannten und in ihren Willlen aufgenommen haben, handelten vorsätzlich.
25
d) Ein Verbotsirrtum gemäß § 17 StGB lag nicht vor. Nur die rechtmäßige Duldung der zuständigen Behörde könnte im Einzelfall zu einem Verbotsirrtum des Täters führen (vgl. in anderem Zusammenhang Fischer aaO Rn. 11; Heine/ Hecker aaO Rn. 23; MünchKomm/Schmitz aaO Rn. 102). Die Ausländerbehörde in E. war aber nicht zuständig und die Antragstellung bei ihrerfolgte kollusiv mit Hilfe der falschen Wohnsitz- und Unternehmensangaben gerade deshalb, weil der Sachbearbeiter S. bereit war, in Kenntnis der Unrichtigkeit der Angaben die Aufenthaltserlaubnisse zu erteilen.
26
e) In den Fällen 16 - 126 hat das Landgericht jeweils rechtlich zutreffend den Qualifikationstatbestand des § 97 Abs. 2 AufenthG angewendet. In diesen Fällen liegen zugleich die Merkmale des gewerbsmäßigen und des bandenmäßigen Einschleusen von Ausländern bei den Angeklagten B. , D. , T. , H. und Se. im Umfang ihrer jeweiligen Beteiligung vor.
27
Das Landgericht hat eine stillschweigend getroffene Bandenabrede der genannten Angeklagten und des gesondert verfolgten Z. festgestellt und eine bandenmäßige Tatbegehung auf dieser Grundlage angenommen.
28
Auch in den Fällen des § 97 Abs. 2 AufenthG gelten die für den Bandenbegriff allgemein entwickelten Grundsätze (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 22. März 2001 - GSSt 1/00, BGHSt 46, 321, 325 ff.). Allerdings ist es im Gegensatz zu anderen Bandenstraftaten bei § 97 Abs. 2 AufenthG nicht erforderlich , dass mehrere Bandenmitglieder unmittelbar am gleichen Tatort der Einschleusung zusammenwirken, um den Qualifikationstatbestand zu erfüllen. Ausreichend ist insoweit das Handeln eines Bandenmitglieds gegenüber der Ausländerbehörde im Rahmen der bandenmäßigen Verbindung (vgl. BGH, Beschluss vom 6. April 2005 - 5 StR 68/05; MünchKomm/Gericke, StGB, 2. Aufl., § 96 AufenthG Rn. 29). Mittäterschaft reicht andererseits für sich genommen noch nicht aus, um eine bandenmäßige Tatbegehung anzunehmen.
Vielmehr muss sich das Handeln im Rahmen der Bandenabrede halten. Indizien für das Vorliegen einer Bande können unter anderem eine genaue Buchführung , geschäftsmäßige Auftragsverwaltung oder arbeitsteilige Abwicklung sein (vgl. Winkelmann in Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl., § 96 AufenthG Rn. 13). Die Angeklagten haben arbeitsteilig mit gleichbleibenden Rollen in einer Vielzahl von Fällen zusammengewirkt. Die Handlungskomponenten waren aus ihrer Sicht jeweils in ihrem Zusammenwirken zur Erreichung des gemeinsamen Ziels erforderlich und hielten sich im Rahmen der Bandenabrede.
29
Der Annahme einer Bandentat steht es nicht entgegen, dass die Bandenmitglieder vorrangig ihre eigenen finanziellen Interessen verfolgten. Ein gefestigter Bandenwille oder ein Tätigwerden in einem übergeordneten Bandeninteresse ist auch in den Fällen des § 97 Abs. 2 AufenthG nicht erforderlich. Die Tatsache, dass ein Bandenmitglied nicht in die ursprüngliche Tatplanung eingebunden war und nicht mit allen Bandenmitgliedern selbst Kontakt hatte, führt zu keiner anderen Bewertung. Ebenso ist es nicht erforderlich, dass sich sämtliche Mitglieder der Gruppe persönlich verabredet haben. Eine Bandenabrede kann auch durch aufeinander folgende Vereinbarungen entstehen, wenn sich zunächst zwei Täter einig sind, künftig Straftaten mit zumindest einem weiteren Beteiligten zu begehen und ein dritter, der durch einen der beiden Täter über ihr Vorhaben informiert wird, sich dieser Vereinbarung anschließt. Dasselbe gilt sodann für den Anschluss weiterer Tatbeteiligter.
30
f) § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG konsumiert eine mittelbare Falschbeurkundung im Sinne von § 271 Abs. 1 StGB (vgl. BGH aaO, BGHSt 54, 140, 145).
31
3. Soweit die Angeklagte D. darüber hinaus wegen Benutzens von unrichtigen oder unvollständigen Angaben, um für sich einen Aufenthaltstitel zu beschaffen, in zwei Fällen verurteilt wurde, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden.
32
4. Rechtliche Bedenken gegen die Entscheidungen über die Strafzumessung liegen nicht vor.
33
5. Die Entscheidung über das Berufsverbot gemäß § 70 StGB für den Angeklagten B. ist rechtsfehlerfrei. Seine Taten stellen zwar keinen Missbrauch des Berufs dar. Jedoch liegt eine grobe Verletzung beruflicher Pflichten als Rechtsanwalt vor.
34
Das Landgericht hat allerdings die Prognose drohender künftiger Taten nicht näher erläutert. Sie folgt aber ohne weiteres daraus, dass der Angeklagte einschlägig vorverurteilt ist und in einer großen Zahl von Fällen gleichartige Taten begangen hat.
35
Die Dauer des Berufsverbots hält sich im gesetzlichen Rahmen. Die Ermessensentscheidung des Landgerichts ist angesichts der einschlägigen Vorstrafe und der nachfolgenden Tatserie rechtsfehlerfrei.
36
6. Die Entscheidung über den Verfall von Wertersatz gemäß § 73a StGB bei dem Angeklagten B. ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.

III.


37
Die Revision des Angeklagten S. führt nach Teileinstellung des Verfahrens zu einer Änderung des Schuldspruchs sowie zur Aufhebung des Strafausspruchs aufgrund der Sachrüge. Seine Verfahrensrüge hat dagegen aus den vom Generalbundesanwalt genannten Gründen keinen Erfolg.
38
1. Der Senat hat das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts bezüglich Fall 103 der Urteilsgründe gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, da der Angeklagte S. nach den Feststellungen des Landgerichts in diesem Fall keinen Aufenthaltstitel erteilt hat.
39
2. a) Die Verurteilung des Angeklagten S. wegen Amtsanmaßung in den verbleibenden neunzig Fällen ist rechtlich nicht zu beanstanden. Dem Angeklagten war bekannt, dass der tatsächliche Aufenthaltsort der Antragsteller mit den angegebenen Meldeadressen nicht übereinstimmte, so dass eine örtliche Zuständigkeit der Ausländerbehörde E. für die Entscheidung über die Erteilung der Aufenthaltserlaubnisse nicht bestand. Bei bewusster Überschreitung der Zuständigkeit liegt eine Amtsanmaßung vor, wenn der Kompetenzmangel - wie hier - nicht nur auf innerdienstlichen Regeln beruht (vgl. BGH, Urteil vom 30. September 1958 - 1 StR 310/58, BGHSt 12, 85, 86; Urteil vom 24. Oktober 1990 - 3 StR 196/90, BGHSt 37, 207, 211).
40
b) Soweit das Landgericht den Angeklagten S. darüber hinauswegen des Benutzens von unrichtigen oder unvollständigen Angaben, um für einen anderen einen Aufenthaltstitel zu beschaffen, in neunzig Fällen verurteilt hat, wird der Schuldspruch von den Feststellungen nicht getragen. Der Angeklagte hat den Tatbestand des § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG nicht als Täter ver- wirklicht, sondern nur den Antragstellern Beihilfe zur unberechtigten Erlangung eines Aufenthaltstitels geleistet.
41
aa) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Antragsteller insbesondere durch Vorspiegelung eines Wohnsitzes im Zuständigkeitsbereich der Ausländerbehörde E. unrichtige Angaben im Sinne des § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG gemacht haben. Der Angeklagte S. , der seit dem 10. Juli 2008 von der Unrichtigkeit der Angaben wusste, hat jedoch keine unrichtigen Angaben im Sinne des § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG benutzt (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Mai 2013 - 5 StR 130/13, BGHSt 58, 262, 267).
42
§ 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG stellt ein abstraktes Gefährdungsdelikt dar und dient der Sicherung des ausländerrechtlichen Verwaltungsverfahrens gegenüber Falschangaben. Er schützt das Vertrauen des Rechtsverkehrs in die Richtigkeit der Verwaltungsentscheidung (vgl. BGH, Beschluss vom 2. September 2009 - 5 StR 266/09, BGHSt 54, 140, 145 f.). Nach diesem Schutzzweck stellt das Gesetz die Unterbreitung und das Benutzen unrichtiger Angaben im Vorfeld der behördlichen Entscheidung unter Strafe (vgl. Senat, Urteil vom 15. November 2006 - 2 StR 157/06, NStZ 2007, 289, 290). An einer die Richtigkeit der Verwaltungsentscheidung gefährdenden Handlung in diesem Sinne fehlt es jedoch, wenn der Sachbearbeiter der Ausländerbehörde selbst einen Aufenthaltstitel erteilt, obwohl er die Unrichtigkeit der im Antrag enthaltenen Angaben kennt. Die unrichtigen oder unvollständigen Angaben müssen zwar zur Erfüllung des Tatbestands des § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG weder für die Erteilung des Aufenthaltstitels ursächlich gewesen sein (vgl. Hohoff in BeckOKAuslR , § 95 AufenthG Rn. 90) noch bedarf es der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis (vgl. BGH, Beschluss vom 2. September 2009 - 5 StR 266/09, BGHSt 54, 140, 146). Ebenso ist nicht erforderlich, dass die Angaben durch die Aus- länderbehörde tatsächlich geprüft werden, da nach dem Wortlaut des § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG bereits die Absicht genügt, sich durch unrichtige oder unvollständige Angaben einen Aufenthaltstitel zu verschaffen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 2007 - 1 StR 189/07). Jedoch müssen die Angaben vom Täter des Vergehens nach § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG der Ausländerbehörde zur Kenntnis gebracht werden, damit von einem „Benutzen“ gesprochen werden kann (vgl. Gericke in MünchKomm, StGB, 2. Aufl., § 95 AufenthG Rn. 101). Diese Voraussetzung liegt nicht vor, wenn - wie hier - der für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zuständige Sachbearbeiter der Ausländerbehörde selbst handelt und dabei weiß, dass die Angaben des jeweiligen Antragstellers unrichtig sind. Sein eigenes Handeln ist weder auf eine durch Täuschung bewirkte Verfälschung der Entscheidungsgrundlage der Behörde gerichtet noch bringt er die zuvor erfolgten unrichtigen Angaben der Behörde erst zur Kenntnis. Auch verschafft er nicht sich, sondern einem anderen einen Aufenthaltstitel.
43
bb) Die von dem Landgericht getroffenen Feststellungen tragen jedoch eine Verurteilung des Angeklagten S. wegen Beihilfe zum Erschleichen von Aufenthaltstiteln (§ 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG, § 27 StGB; zur Begriffswahl für die Tenorierung s. auch BGH, Beschluss vom 30. Mai 2013 - 5 StR 130/13, BGHSt 58, 262, 265). Da der Tatbestand des § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG frühestens mit der Erteilung des erschlichenen Aufenthaltstitels beendet ist (vgl. BGH aaO, BGHSt 58, 262, 267), war eine Beihilfe dazu durch Inaussichtstellen der Erteilung des Verwaltungsakts möglich.
44
c) Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 Abs. 1 StPO steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte S. nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
45
3. Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung des Strafausspruchs.

IV.


46
Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten Th. hat - nach Teileinstellung des Verfahrens zu Fall 103 wie bei dem Angeklagten S. - keinen Erfolg, soweit sie sich gegen den Schuldspruch richtet. Sie führt aber zur Aufhebung des Urteils im Strafausspruch.
47
1. Der Schuldspruch zeigt auch hinsichtlich der Konkurrenzbewertung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten Th. auf.
48
Ein Vorgesetzter, welcher eine rechtswidrige Tat seiner Untergebenen geschehen lässt, hat nach § 357 Abs. 1 Var. 3 StGB die für diese rechtswidrige Tat angedrohte Strafe verwirkt. Dabei handelt es sich der Sache nach um Beihilfe durch Unterlassen an der Tat des Untergebenen, die vom Gesetz als eine Art von Nebentäterschaft behandelt wird (vgl. Fischer, aaO § 357 Rn. 5; Heine/Weißer in Schönke/Schröder, aaO § 357 Rn. 7). Soweit der Vorgesetzte diese Unterstützung einer Mehrzahl von rechtswidrigen Taten eines Untergebenen durch einheitliches Unterlassen leistet, kann für ihn nur eine Tat im Sinne von § 52 StGB vorliegen. Andererseits kann bei jedem Einzelfall der sukzessiven Tatbegehung durch den Untergebenen ein Unterlassungsdelikt des Vorgesetzten vorliegen, wenn dieser jeweils aufgrund eines neuen Entschlusses das Verhalten des Untergebenen hinnimmt. Nach den Urteilsfeststellungen hatte der Angeklagte Th. schon bei Posteingang von neuen Anträgen der Ausländer auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis Kenntnis erlangt, deren positive Bescheidung durch den Angeklagten S. er trotz falscher Tatsachenanga- ben erwartete. Den Urteilsgründen ist dagegen nicht zu entnehmen, dass der Angeklagte Th. in bestimmten Konstellationen zugleich die Erteilung von mehreren Aufenthaltserlaubnissen durch den Angeklagten S. geschehen ließ, obwohl die Voraussetzungen dafür nicht vorlagen. Die Annahme von Tatmehrheit des jeweiligen Geschehenlassens der rechtswidrigen Taten nach § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG gemäß § 357 StGB durch den Angeklagten Th. ist daher nicht zu beanstanden.
49
2. Jedoch kann der Strafausspruch nicht bestehen bleiben. Die Strafdrohung gegen den Vorgesetzten, der rechtswidrige Taten seiner Untergebenen geschehen lässt, ist gegenüber der Strafdrohung gegen den Untergebenen akzessorisch. Ist der Angeklagte S. entgegen der Annahme des Landgerichts nur wegen Beihilfe zu Vergehen nach § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG strafbar , statt wegen Täterschaft, so muss sich die mindere Beteiligungsform des Untergebenen auch auf den Schuldumfang des Vorgesetzten bei dessen Vergehen gemäß § 357 StGB auswirken.

V.


50
Die Revisionen der Angeklagten Se. und He. haben auch nicht mit Verfahrensrügen Erfolg. Über die Ausführung des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift hinaus bedarf nur die von diesen Angeklagten im Wesentlichen inhaltsgleich erhobenen Rügen einer Verletzung von § 243 Abs. 4 StPO der Erwähnung.
51
1. Die Beschwerdeführer rügen insoweit Folgendes:
52
Kurz vor Beginn der Hauptverhandlung an einem der dem Hauptverhandlungstermin am 5. Juli 2011 zeitnah vorangehenden Verhandlungstagen fand zumindest ein Gespräch zwischen den Verteidigern der genannten Angeklagten und dem Vorsitzenden der Strafkammer statt, in dessen Verlauf die Verteidiger anfragten, ob für das Gericht eine verfahrensbeendende Absprache in Betracht komme. An den konkreten Inhalt des Gesprächs konnten sich die Instanzverteidiger später nicht mehr erinnern. Nach dem Revisionsvorbringen sicherte ihnen der Vorsitzende zu, die Möglichkeit einer Verständigung mit den Mitgliedern der Strafkammer zu erörtern und die Staatsanwaltschaft einzubinden. In der Folge verfügte der Vorsitzende die Verlegung des Beginns der Hauptverhandlung am 5. Juli 2011 von 9.15 Uhr auf 11.00 Uhr. Vor Beginn der Hauptverhandlung an diesem Tag beriet die Strafkammer über die Frage einer Verständigung und machte anschließend in der Hauptverhandlung einen Verständigungsvorschlag. Die Angeklagten Se. und He. stimmten dem jedoch nicht zu.
53
Die Revisionen der Angeklagten Se. und He. machen im Kern übereinstimmend geltend, zu keinem Zeitpunkt sei in der Hauptverhandlung vom Vorsitzenden erklärt worden, ob Erörterungen über die Möglichkeit einer Verständigung stattgefunden haben. Es sei auch nicht mitgeteilt worden, dass keine Erörterungen stattgefunden hätten, mithin fehle bereits eine Negativmitteilung. Dies beweise das Hauptverhandlungsprotokoll passim negativ.
54
2. Die Rügen der Verletzung von § 243 Abs. 4 StPO sind im Sinne von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO unzulässig, weil sie die Angriffsrichtung nicht eindeutig erkennen lassen.
55
Die Angriffsrichtung der Revisionsrüge bestimmt den Prüfungsumfang seitens des Revisionsgerichtes (§ 352 StPO). Der Revisionsführer muss daher den Gegenstand und die Angriffsrichtung seiner Rüge verdeutlichen und hierzu strukturiert vortragen. Kommen nach den dargelegten Tatsachen mehrere Verfahrensfehler in Betracht, muss die Revision erkennen lassen, welchen Fehler sie geltend macht. Mehrdeutiges Vorbringen führt zur Unzulässigkeit der Rüge (BeckOK-StPO/Wiedner, StPO, 21. Edition, § 344 Rn. 40 ff.; differenzierend Norouzi, NStZ 2013, 203, 205 f.), soweit nicht durch Auslegung ein eindeutiges Ergebnis zu erzielen ist (Senat, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 195/12, BGHSt 58, 310, 312).
56
Die jeweilige Revisionsbegründung lässt hier schon offen, welche der Alternativen gemäß § 243 Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO geltend gemacht werden soll. Wäre die Anfrage der Verteidiger an den Vorsitzenden der Strafkammer noch keine Erörterung mit dem Ziel der Herbeiführung einer Verständigung gewesen , so hätte es vom Standpunkt der Revision aus einer Negativmitteilung bedurft. Wäre darin andererseits bereits ein Gespräch zu sehen gewesen, das auf die Herbeiführung einer Verständigung gerichtet war, so hätte der Vorsitzende in der Hauptverhandlung nicht nur die Tatsache der Gesprächsführung, sondern auch deren wesentlichen Inhalt mitteilen müssen. Die schriftliche Revisionsbegründung der genannten Beschwerdeführer lässt es jedoch jeweils unklar erscheinen, worauf sich der Vorwurf der fehlenden Mitteilung des Vorsitzenden der Strafkammer in der Hauptverhandlung beziehen soll. Die Klarstellung der Angriffsrichtung der Revisionsrügen wäre bereits innerhalb der Revisionsbegründungsfrist erforderlich gewesen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 1998 - 4 StR 253/98, NStZ 1998, 636; weitere Nachweise bei Cirener, NStZ-RR 2014, 33, 34). Die Erläuterungen in der Revisionshauptverhandlung können diesen Mangel nicht mehr heilen.
57
Im Übrigen wird das Hauptverhandlungsprotokoll nur für den 3. Juli und 4. August 2011 - und das auch nur auszugsweise - vorgelegt.

VI.


58
Auch die Revision der Angeklagten D. hat mit einer Verfahrensrüge zu § 243 Abs. 4 StPO keinen Erfolg.
59
Die Angeklagte D. beanstandet, in der Hauptverhandlung sei die nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO erforderliche Mitteilung unterblieben, dass keine Gespräche mit dem Ziel der Verständigung geführt wurden. Damit zeigt sie aber ebenfalls keinen durchgreifenden Verfahrensfehler auf.
60
Zwar erfordert § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO eine Negativmitteilung, wenn keine auf eine Verständigung abzielenden Gespräche stattgefunden haben. Ein zur Aufhebung des Urteils nötigender Verfahrensfehler liegt in dieser Konstellation aber nur vor, wenn das Urteil auf dem Fehlen einer solchen Mitteilung beruht. Dies kann ausgeschlossen werden, wenn feststeht, dass es keinerlei Gespräche gegeben hat, in denen die Möglichkeit einer Verständigung im Raum stand (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Januar 2015 - 2 StR 123/14, NStZ 2015, 294 f.; Beschluss vom 25. Februar 2015 - 5 StR 258/13, NStZ 2015, 232 f.; Beschluss vom 14. April 2015 - 5 StR 9/15).
61
Dem Revisionsvortrag der Angeklagten D. ist nicht zu entnehmen , dass außerhalb der Hauptverhandlung mit ihrem Verteidiger Gespräche geführt wurden, die auf eine Verständigung abzielten. Der Senat lässt es an dieser Stelle offen, ob die Rüge der Verletzung von § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO den Zulässigkeitsanforderungen gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt (vgl. BGH, Beschluss vom 6. März 2014 - 3 StR 363/13; Senat, Beschluss vom 25. November 2014 - 2 StR 171/14, NJW 2015, 266 f.). Jedenfalls ist sie unbegründet.
62
Den Urteilsgründen ist zu entnehmen, dass der Verurteilung der Angeklagten D. keine auf eine Verständigung gerichteten Erörterungen mit ihrem Verteidiger vorangegangen sind. Dies hat die Verteidigung in der Revisionshauptverhandlung bestätigt. Die vom Senat im Freibeweisverfahren eingeholte dienstliche Stellungnahme des Vorsitzenden der Strafkammer, der die Verteidigung der Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten ist, belegt ebenfalls , dass keine Gespräche mit dem Verteidiger der Angeklagten D. mit dem Ziel einer Verständigung stattgefunden haben. Danach ist auszuschließen , dass das Urteil auf einer Verletzung von § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO beruht.

VII.


63
Zur Kompensation der langen Dauer des Revisionsverfahrens ist bei den Angeklagten, deren Rechtsmittel vom Senat verworfen werden, anzuordnen, dass zwei Monate der verhängten Gesamtfreiheitsstrafen als vollstreckt gelten. Soweit die Sache an das Landgericht zurückverwiesen wurde, hat das neue Tatgericht die Verfahrensdauer insgesamt bei seiner Sachentscheidung zu berücksichtigen.
64
Das Revisionsverfahren hat aus Gründen, welche die Angeklagten nicht zu vertreten haben, auch unter Berücksichtigung des Umfangs der Sache besonders lange gedauert. Das angefochtene Urteil wurde am 28. September 2012 verkündet. Es wurde den Angeklagten im Mai 2013 zugestellt. Deren Revisionsbegründungen lagen im Juni 2013 vor. Die Anträge des Generalbundesanwalts zu den Revisionen lagen im September 2013 vor. Erwiderungen der Verteidigung der verschiedenen Angeklagten hierzu gingen bis Ende des Jahres 2013 beim Senat ein. Der Senat hat im Dezember 2014 beschlossen, ein Freibeweisverfahren durchzuführen, zu dem Äußerungen im Januar und Februar 2015 eingereicht wurden. Der Generalbundesanwalt hat mit Schriftsatz vom 5. März 2015 dazu nochmals ausführlich Stellung genommen. Hierauf hat der Senat die Revisionshauptverhandlung anberaumt, die im Juli 2015 durchgeführt wurde. Insgesamt hätte das Revisionsverfahren etwa acht Monate schneller erledigt werden können. Zum Ausgleich dieser Verzögerung ist eine Anrechnung von zwei Monaten der Gesamtfreiheitsstrafen, die als vollstreckt gelten, angemessen.
Fischer Eschelbach Ott
Zeng Bartel

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR378/14
vom
13. Januar 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Einschleusens von Ausländern u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
, zu Nr. 1. a) auf dessen Antrag, zu Nr. 1. b) mit dessen Zustimmung
, und des Beschwerdeführers am 13. Januar 2015 gemäß § 154 Abs. 2,
154a Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 11. März 2014 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall II. 4. der Urteilsgründe verurteilt worden ist; insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten;
b) im Fall II. 3. der Urteilsgründe der Vorwurf des versuchten Einschleusens von Ausländern von der Verfolgung ausgenommen;
c) das vorgenannte Urteil aa) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in Tateinheit mit gewerbsmäßigem Verschaffen von falschen aufenthaltsrechtlichen Papieren , des versuchten gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in Tateinheit mit gewerbsmäßigem Verschaffen von falschen aufenthaltsrechtlichen Papieren und des gewerbsmäßigen Verschaffens von falschen aufenthaltsrechtlichen Papieren schuldig ist; bb) mit den zugehörigen Feststellungen hinsichtlich der Einzelstrafen für die Taten II. 1. und 3. der Urteilsgründe , im Gesamtstrafenausspruch und im Ausspruch über die Einziehung aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Verschaffens von falschen amtlichen Ausweisen in drei Fällen jeweils in Tateinheit mit Einschleusen von Ausländern, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, und wegen versuchten Verschaffens von falschen amtlichen Ausweisen in Tateinheit mit versuchtem Einschleusen von Ausländern zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zwei Monaten verurteilt und drei näher bezeichnete Mobiltelefone eingezogen. Hiergegen richtet sich die auf eine Verfahrensbeanstandung und die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt nach einer Verfolgungsbeschränkung in einem der abgeurteilten Fälle und einer Teileinstellung des Verfahrens zur Änderung des Schuldspruchs und zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilaufhebung des Rechtsfolgenausspruchs; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Nach den Feststellungen kam es im Laufe des Jahres 2012 zu Kontakten des Angeklagten mit indischen Staatsangehörigen, deren eigener Aufenthaltsstatus oder der von Verwandten oder Freunden in Deutschland bzw. der Europäischen Union nicht gesichert war. Für diese Personen beschaffte der Angeklagte gefälschte Aufenthaltskarten und Meldebescheinigungen aus Spanien, um mit deren Hilfe entweder eine Einreise nach Deutschland bzw. in einen anderen Schengen-Staat oder die Legalisierung eines bereits tatsächlich bestehenden Aufenthalts zu ermöglichen. Darüber hinaus organisierte der Angeklagte zusätzlich die Vermittlung von weiblichen Staatsangehörigen der Bundesrepublik Deutschland oder anderer europäischer Staaten, die sich gegen Entgelt für die Schließung von Scheinehen vorwiegend in Dänemark zur Verfügung stellen sollten. Zur Durchführung eines entsprechenden Auftrags nahm der Angeklagte zunächst Verbindung zu dem indischen Staatsangehörigen G. S. auf, der in Spanien sein Ansprechpartner für gefälschte Aufenthaltspapiere war und auf Bestellung falsche Aufenthaltskarten und Meldebescheinigungen besorgen konnte. Für seine Tätigkeit verlangte der Angeklagte in der Regel mindestens 1.000 €, wobei er 500 € pro Fall an G. S. weiterleitete. Die Tätigkeit des Angeklagten umfasste die Weiterleitung aller für die Fälschung erforderlichen Daten und Unterlagen an G. S. , der die Fälschung der Aufenthaltskarten nicht selbst vornahm, sondern seinerseits in Auftrag gab, die Kontrolle auf Übereinstimmung der Daten sowie die Rückleitung der falschen Papiere an seine Kunden bzw. deren Weiterleitung an die Heiratsagentur , wobei er auch die Terminsvereinbarungen koordinierte. Der Angeklagte erschloss sich durch die Schleusungshandlungen Vermögensvorteile von einiger Dauer und einigem Umfang zur Aufbesserung seiner finanziellen Situation.
3
Soweit nach der Teileinstellung des Verfahrens noch von Belang, kam es im Einzelnen zu folgenden Taten:
4
Im November 2012 nahm der indische Staatsangehörige V. S. alias M. , der sich als Asylbewerber in der Bundesrepublik Deutschland aufhielt , telefonisch Kontakt zum Angeklagten auf, um Maßnahmen gegen eine befürchtete Abschiebung in sein Heimatland zu treffen. M. hatte vor, mit einer deutschen Staatsangehörigen aus seinem Umfeld eine Scheinehe einzugehen , wusste jedoch nicht, wie er das umsetzen konnte. Zu diesem Zweck bestellte der Angeklagte für M. mit den Daten eines von diesem in Portugal bei der dortigen Botschaft erlangten echten Reisepasses eine falsche spanische Aufenthaltskarte sowie eine falsche spanische Meldebestätigung und organisierte auf der Basis dieser Identitätspapiere über eine Heiratsagentur einen Hochzeitstermin in Dänemark. Die gefälschte spanische Aufenthaltskarte wurde nach Deutschland übersandt. Zu der für den 13. Dezember 2012 angemeldeten Eheschließung in Dänemark kam es kurzfristig nicht, weil die für die Eheschließung vorgesehene Frau aus ungeklärten Umständen nicht zur Verfügung stand. Für seine Tätigkeit sollte der Angeklagte insgesamt 3.500 € erhalten, worauf M. einen Teilbetrag in unbekannter Höhe leistete (Fall II. 1. der Urteilsgründe

).


5
Nachdem die gefälschte spanische Aufenthaltskarte und der Reisepass des M. im Rahmen polizeilicher Ermittlungen in anderer Sache sichergestellt worden waren, besorgte sich M. einen neuen, auf falsche Personalien lautenden indischen Reisepass, um einen weiteren Versuch zu unternehmen, in Dänemark zu heiraten. Erneut bat er den Angeklagten darum, für ihn tätig zu werden. Der Angeklagte bestellte daraufhin bei G. S. in Spanien eine neue, auf die Daten des Ersatzpapiers lautende total gefälschte spanische Auf- enthaltserlaubnis und bemühte sich vergeblich darum, in kurzer Zeit eine andere Frau für eine Scheinehe mit M. zu finden. Dieser war zwischenzeitlich in seinem Umfeld fündig geworden und hatte eine Frau als Ehekandidatin gewinnen können. Nachdem es dem ursprünglich beauftragten Eheinstitut nicht gelungen war, mit den vom Angeklagten per E-Mail übersandten Unterlagen einen Termin bei einem Standesamt zu erhalten, machte die vorgesehene Ehepartnerin eine andere Heiratsagentur ausfindig. Der Angeklagte übernahm daraufhin wie bisher die weitere Organisation und Abstimmung zur Vorbereitung der Eheschließung. Am 19. Februar 2013 reiste M. zur Eheschließung nach Dänemark , wo er im Standesamt festgenommen und anschließend nach Indien abgeschoben wurde. Auch in diesem Fall hatte M. Geldzahlungen in unbekannter Höhe an den Angeklagten erbracht (Fall II. 2. der Urteilsgründe).
6
Um den 7. Februar 2013 traf der Angeklagte mit einer Person zusammen , die sich ihm namentlich vorstellte und einem angeblich in Italien lebenden Cousin den Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland ermöglichen wollte. In Wahrheit handelte es sich bei dieser Person um eine Vertrauensperson der Bundespolizei, die zum Schein auf das Angebot des Angeklagten eingegangen war, eine total gefälschte spanische Aufenthaltskarte zu besorgen. Der Angeklagte gab Anweisungen für die Errichtung eines E-Mail-Postfachs mit Passwort und erhielt hierüber die erforderlichen Informationen über den angeblichen Cousin, insbesondere Personendaten, Lichtbilder und Unterschrift, die er an G. S. in Spanien übermittelte. Hierfür erhielt der Angeklagte bei einem weiteren Treffen vereinbarungsgemäß als Anzahlung einen Betrag von 1.000 €, von dem er 500 € an G. S. weiterleitete. Am 25. Februar 2013 schickte der Angeklagte eine Abbildung der Aufenthaltskarte zur Kontrolle der Daten an die Vertrauensperson. Nachdem die Richtigkeit der Daten bestätigt worden war, veranlasste der Angeklagte die Fertigstellung der Karte, die am 28. März 2013 von Spanien aus direkt an die dem Angeklagten von der Vertrauensperson genannte Adresse in Stuttgart geschickt wurde (Fall II. 3. der Urteilsgründe

).


7
Ohne nähere Ausführungen zur rechtlichen Subsumtion geht die Strafkammer davon aus, dass sich der Angeklagte – jeweils in Tateinheit mit Verschaffen von falschen amtlichen Ausweisen gemäß § 276 Abs. 1 und 2 StGB – in den Fällen II. 1. und 2. der Urteilsgründe des vollendeten und im Fall II. 3. der Urteilsgründe des versuchten Einschleusens von Ausländern nach § 96 Abs. 1 und 2 AufenthG i.V.m. „§ 95 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2, Abs. 1a oder Abs. 2 Nr. 1b oder Nr. 2 AufenthG“ strafbar gemacht hat.

II.


8
1. Die Schuldsprüche wegen (gewerbsmäßigen) Einschleusens von Ausländern gemäß § 96 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AufenthG in Tateinheit mit (gewerbsmäßigem ) Verschaffen von falschen amtlichen Ausweisen nach § 276 Abs. 1 und 2 StGB in den Fällen II. 1. und 2. der Urteilsgründe halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Die Urteilsausführungen ergeben indes, dass sich der Angeklagte im Fall II. 2. der Urteilsgründe des vollendeten und im Fall II. 1. der Urteilsgründe des versuchten gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern gemäß § 96 Abs. 4 AufenthG i.V.m. § 96 Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 2 Nr. 1 AufenthG jeweils in Tateinheit mit gewerbsmäßigem Verschaffen von falschen aufenthaltsrechtlichen Papieren nach § 276 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 276a StGB strafbar gemacht hat.
9
a) Durch die Strafvorschrift des § 96 Abs. 1 AufenthG werden sonst nach den allgemeinen Regeln (§§ 26, 27 StGB) strafbare Teilnahmehandlungen an den in § 96 Abs. 1 AufenthG in Bezug genommenen Taten nach § 95 AufenthG zu selbständigen, in Täterschaft (§ 25 StGB) begangenen Straftaten heraufgestuft , wenn der Teilnehmer zugleich eines der in § 96 Abs. 1 AufenthG geregelten Schleusermerkmale erfüllt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. Juni 2012 – 4 StR 144/12, NStZ 2013, 483; vom 30. Mai 2013 – 5 StR 130/13, BGHSt 58, 262, 265 f.; Urteil vom 11. Juli 2003 – 2 StR 31/03, NStZ 2004, 45; vgl. Gericke in MüKoStGB, 2. Aufl., § 96 AufenthG Rn. 2). Trotz dieser tatbestandlichen Verselbständigung zur Täterschaft gelten für die Tathandlungen des § 96 Abs. 1 AufenthG die allgemeinen Regeln der Teilnahme einschließlich des Grundsatzes der limitierten Akzessorietät (vgl. Gericke aaO, Rn. 3; Senge in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze [Stand: Juli 2014], § 96 AufenthG Rn. 3). Die Strafbarkeit wegen vollendeten Einschleusens von Ausländern setzt daher das Vorliegen einer vorsätzlichen und rechtswidrigen Haupttat des Geschleusten voraus.
10
Fehlt es an einer in § 96 Abs. 1 AufenthG genannten Bezugstat oder wird diese nur versucht, kommt für den mit Schleusermerkmalen handelnden Teilnehmer eine Strafbarkeit wegen versuchten Einschleusens von Ausländern nach § 96 Abs. 3 AufenthG in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juni 2012 – 4 StR 144/12 aaO; Urteil vom 25. März 1999 – 1 StR 344/98, NStZ 1999, 409). Für die durch § 96 Abs. 3 AufenthG strafrechtlich erfasste versuchte Teilnahme gelten die allgemeinen zur Versuchsstrafbarkeit entwickelten Grundsätze. Sowohl für die Anforderungen, die an den Tatvorsatz des Täters zu stellen sind, als auch für die Prüfung des unmittelbaren Ansetzens kann ergänzend die Rechtsprechung zur versuchten Anstiftung nach § 30 Abs. 1 StGB herangezogen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juni 2012 – 4 StR 144/12 aaO; Urteil vom 23. März 1999 – 1 StR 344/99 aaO). Der Versuch des Einschleusens von Ausländern in der Tatbestandsalternative des Hilfeleistens erfordert danach in subjektiver Hinsicht, dass der Vorsatz des Schleusers auf die Förderung einer in ihren wesentlichen Merkmalen oder Grundzügen konkretisierten Bezugstat im Sinne des § 96 Abs. 1 AufenthG gerichtet ist (vgl. BGH, Urteile vom 29. Oktober 1997 – 2 StR 239/97, NStZ 1998, 347, 348; vom 21. April 1986 – 2 StR 661/85, BGHSt 34, 63, 66; vgl. Schünemann in LK-StPO, 12. Aufl., § 30 Rn. 24 ff.). Die objektiven Voraussetzungen des Versuchs sind erfüllt, wenn der Täter eine Handlung vornimmt, mit der er nach seiner Vorstellung von der Tat unmittelbar zur Förderung der präsumtiven Bezugstat ansetzt. Maßgebend ist, wie weit sich der Täter bereits dem von ihm anvisierten Unterstützungserfolg angenähert und durch sein Handeln eine Gefahr für das betroffene Rechtsgut begründet hat (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juni 2012 – 4 StR 144/12 aaO).
11
b) Den im angefochtenen Urteil zu den Fällen II. 1. und 2. der Urteilsgründe getroffenen Feststellungen lassen sich vom Angeklagten geförderte Bezugstaten im Sinne des § 96 Abs. 1 AufenthG nicht entnehmen. Da der indische Staatsangehörige V. S. alias M. zum Zeitpunkt der Unterstützungshandlungen des Angeklagten bereits in das Bundesgebiet eingereist war und sich als Asylbewerber aufgrund der aus § 55 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG resultierenden gesetzlichen Aufenthaltsgestattung für die Dauer des Asylverfahrens (zu den Erlöschensgründen vgl. § 67 Abs. 1 AsylVfG) erlaubt in der Bundesrepublik Deutschland aufhielt, scheidet eine unerlaubte Einreise nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG oder ein unerlaubter Aufenthalt gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AufenthG als Bezugstaten aus. Ein späteres möglicherweise ins Auge gefasstes Erschleichen eines Aufenthaltstitels gemäß § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG durch unrichtige Angaben gegenüber der Ausländerbehörde über das Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft sollte durch die Eheschließung in Dänemark erst vorbereitet werden. Feststellungen zu diesbezüglichen Vorstellungen des Angeklagten enthält das Urteil nicht.
12
c) Die Urteilsfeststellungen ergeben indes, dass der Angeklagte – jeweils unter Verwirklichung des Schleusermerkmals des § 96 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG sowie gewerbsmäßig handelnd – im Fall II. 2. der Urteilsgründe bei einer Zuwiderhandlung gegen die Rechtsvorschriften über die Einreise nach Dänemark Hilfe geleistet und im Fall II. 1. der Urteilsgründe dies versucht hat (vollendetes und versuchtes gewerbsmäßiges Einschleusen von Ausländern gemäß § 96 Abs. 4 AufenthG i.V.m. § 96 Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 2 Nr. 1 AufenthG).
13
Indem der Angeklagte die Beschaffung der für die Einreise nach Dänemark und die dortige Eheschließung erforderlichen gefälschten spanischen Aufenthaltserlaubnis aus Spanien übernahm und die Eheschließung in Dänemark organisatorisch vorbereitete, leistete er im Fall II. 2. der Urteilsgründe einen die Einreise des V. S. alias M. nach Dänemark am 19. Februar 2013 objektiv fördernden Beitrag. Die Einreise erfolgte unter Zuwiderhandlung gegen die Rechtsvorschriften Dänemarks über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern. Hierfür reicht aus, dass die Einreise nach Maßgabe der dänischen Rechtsordnung unerlaubt war (vgl. BGH, Beschluss vom 8. November 2000 – 1 StR 447/00, NStZ 2001, 157, 158; Mosbacher in GK-AufenthG [Stand: Juli 2008], § 96 AufenthG Rn. 52 f.; enger Gericke aaO, § 96 AufenthG Rn. 41 unter Verweis auf BGH, Beschluss vom 5. September 2001 – 3 StR 174/01, NStZ 2002, 33). Dies war hier der Fall, da dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe noch hinreichend zu entnehmen ist, dass V. S. alias M. , der als Negativstaatler der Visumspflicht nach Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates vom 15. März 2001 (EG-VisaVO) unterlag, ein für die Einreise nach Dänemark erforderliches Visum nicht besaß.
14
Im Fall II. 1. der Urteilsgründe war der Vorsatz des Angeklagten darauf gerichtet, V. S. alias M. bei der Eheschließung in Dänemark und der dafür erforderlichen Einreise nach Dänemark zu unterstützen. Da der Angeklagte mit seiner Mitwirkung bei der Beschaffung der gefälschten spanischen Aufenthaltskarte und der Organisation des Hochzeitstermins in Dänemark wesentliche Teile seiner Unterstützungshandlungen erbracht hat, liegt auch das unmittelbare Ansetzen zur Hilfeleistung vor.
15
d) Tateinheitlich zu den Verstößen gegen das Aufenthaltsgesetz hat sich der Angeklagte in den Fällen II. 1. und 2. der Urteilsgründe durch das mittäterschaftlich mit seinem Hintermann in Spanien bewirkte Einführen der falschen Aufenthaltspapiere ins Inland jeweils des gewerbsmäßigen Verschaffens von falschen aufenthaltsrechtlichen Papieren nach §§ 276a, 276 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StGB strafbar gemacht. Durch die Vorschrift des § 276a StGB, die den Anwendungsbereich des § 276 StGB u.a. auf aufenthaltsrechtliche Papiere erstreckt , werden auch ausländische aufenthaltsrechtliche Papiere von Schengen -Staaten erfasst, die aufgrund der im Schengen-Raum geltenden Rechtsregeln (vgl. etwa Art. 21 SDÜ, Art. 5 Abs. 1b Schengener Grenzkodex) im Inland unmittelbare aufenthaltsrechtliche Bedeutung besitzen (vgl. Gesetzentwurf zum Verbrechensbekämpfungsgesetz, BT-Drucks. 12/6853, S. 30; Heger in Lackner/ Kühl, StGB, 28. Aufl., § 276a Rn. 1). Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist zu entnehmen, dass auch die gefälschte Aufenthaltserlaubnis im Fall II. 2. der Urteilsgründe vor der Fahrt des V. S. alias M. nach Dänemark ins Inland gelangte.
16
e) Der Senat ändert die Schuldsprüche in den Fällen II. 1. und 2. der Urteilsgründe entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
17
2. Im Fall II. 3. der Urteilsgründe nimmt der Senat mit Zustimmung des Generalbundesanwalts den Vorwurf des Einschleusens von Ausländern gemäß § 154a Abs. 2 StPO von der Verfolgung aus, weil die bisherigen Feststellungen einen auf die Förderung einer hinreichend konkretisierten Haupttat im Sinne des § 96 Abs. 1 AufenthG gerichteten Tatvorsatz des Angeklagten nicht belegen. Die Verfolgungsbeschränkung führt zur Änderung des Schuldspruchs, wobei der Angeklagte sich auch in diesem Fall des gewerbsmäßigen Verschaffens von falschen aufenthaltsrechtlichen Papieren strafbar gemacht hat. § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen.
18
3. Soweit der Angeklagte im Fall II. 4. der Urteilsgründe verurteilt worden ist, stellt der Senat das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts nach § 154 Abs. 1 StPO aus verfahrensökonomischen Gründen ein.
19
4. Die Schuldspruchänderungen in den Fällen II. 1. und 3. der Urteilsgründe führen zu der Aufhebung der zugehörigen Einzelstrafen. Demgegenüber kann die Einzelstrafe von zwei Jahren im Fall II. 2. der Urteilsgründe mit Blick auf die identische Strafandrohung und die durch die Schuldspruchänderung nicht berührten Strafzumessungserwägungen des Landgerichts bestehen bleiben. Die Aufhebung der Einzelstrafaussprüche in den Fällen II. 1. und 3. der Urteilsgründe und der Wegfall der Einzelstrafe infolge der Teileinstellung des Verfahrens haben die Aufhebung der Gesamtstrafe zur Folge. Die Einziehungsentscheidung kann ebenfalls nicht bestehen bleiben, weil nach den Urteilsausführungen nicht auszuschließen ist, dass eingezogene Mobiltelefone allein bei der nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellten Tat II. 4. der Urteilsgründe gebraucht wurden.
Sost-Scheible Cierniak Franke
Bender Quentin

(1) Für die Einreise und den Kurzaufenthalt sind die Personen nach Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2018/1806 in der jeweils geltenden Fassung und die Inhaber eines von einem Schengen-Staat ausgestellten Aufenthaltstitels oder nationalen Visums für den längerfristigen Aufenthalt vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels nicht befreit, sofern sie im Bundesgebiet eine Erwerbstätigkeit ausüben.

(2) Absatz 1 findet keine Anwendung, soweit der Ausländer im Bundesgebiet bis zu 90 Tage innerhalb von zwölf Monaten lediglich Tätigkeiten ausübt, die nach § 30 Nummer 2 und 3 der Beschäftigungsverordnung nicht als Beschäftigung gelten, oder diesen entsprechende selbständige Tätigkeiten ausübt. Die zeitliche Beschränkung des Satzes 1 gilt nicht für Kraftfahrer im grenzüberschreitenden Straßenverkehr, die lediglich Güter oder Personen durch das Bundesgebiet hindurchbefördern, ohne dass die Güter oder Personen das Transportfahrzeug wechseln. Die Frist nach Satz 1 beträgt für Tätigkeiten nach § 15a und § 30 Nummer 1 der Beschäftigungsverordnung 90 Tage innerhalb von 180 Tagen. Selbständige Tätigkeiten nach § 30 Nummer 1 der Beschäftigungsverordnung und nach den Sätzen 1 und 2 dürfen unter den dort genannten Voraussetzungen ohne den nach § 4a Absatz 1 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes erforderlichen Aufenthaltstitel ausgeübt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 142/12
vom
25. September 2012
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 25. September 2012 gemäß § 46
Abs. 1, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Dem Angeklagten wird auf seinen Antrag nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Halle vom 2. November 2011 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Der Beschluss des Landgerichts Halle vom 28. Februar 2012, durch den die Revision des Angeklagten als unzulässig verworfen wurde, ist damit gegenstandslos. Die Kosten der Wiedereinsetzung hat der Angeklagte zu tragen. 2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil mit den Feststellungen aufgehoben,
a) in den Fällen II. 2 bis II. 4 sowie II. 6 bis II. 11 der Urteilsgründe,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in elf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt und angeordnet, dass zur Entschädigung für die überlange Verfahrensdauer die verhängte Freiheitsstrafe in Höhe von vier Monaten als vollstreckt gilt. Ferner hat es eine Verfallsentscheidung getroffen.

I.


2
Dem Angeklagten ist nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da ihn an der Versäumung der Frist kein (Mit-)Verschulden trifft (§ 44 Satz 1 StPO). Der Beschluss des Landgerichts Halle vom 28. Februar 2012, durch den das Rechtsmittel als unzulässig verworfen wurde, ist damit gegenstandslos.

II.


3
Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg.
4
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
5
1. Von Januar 1998 an betrieb der Angeklagte in H. ein Bordell in dem als Beherbergungsbetrieb ausgelegten Objekt „K. “. Die dort tätigen, vorwiegend aus Kolumbien und Osteuropa stammenden Prostituierten mussten an den Angeklagten ein festes Entgelt als Zimmermiete entrichten und durften im Gegenzug sämtliche Einnahmen behalten. Im Sommer richtete der Angeklagte in dem Nachtclub „D. “ einen weiteren Bordellbetrieb ein, den er gemeinsam mit zwei gesondert verfolgten Mittätern führte. Auch in diesem Betrieb waren Frauen aus Kolumbien und Osteuropa tätig. Ihre Einnahmen hatten sie zur Hälfte an den Angeklagten abzuführen, der sie nach Abzug der Betriebskosten mit seinen Mittätern zu gleichen Teilen aufteilte. Der Angeklagte nahm durch seine regelmäßige Anwesenheit in den beiden Bordellbetrieben und seine dem Personal gegenüber erteilten Weisungen maßgeblichen Einfluss auf den jeweiligen Betriebsablauf. Er entschied insbesondere über die Zimmerbelegung und kümmerte sich um die Getränkeversorgung.
6
Im Tatzeitraum zwischen März 2000 und Juni 2002 waren insgesamt mindestens zwölf Frauen zu unterschiedlichen Zeiten in den beiden Bordellbetrieben als Prostituierte tätig. Im Einzelnen handelte es sich um die kolumbianischen Staatsangehörigen V. (13. Dezember 2001), „J. “ (15. September 2001), P. (13. Dezember 2001), R. (13. Dezember 2001), F. (1. bis 12. Juni 2002), V. O. und L. O. (beide am 12. Juni 2002) sowie die Moldawierin K. (März bis Dezember 2000), jeweils tätig im „K. “, und die Rumäninnen C. (9. April bis 12. Juni 2002) und Fl. (6. bis 12. Juni 2002), die ukrainische Staatsangehörige H. (April 2002 bis 12. Juni 2002) und die russische Staatsangehörige Ch. (9. April bis 12. Juni 2002), jeweils tätig im Nachtclub „D. “.
7
2. Das Landgericht hat jeweils den Tatbestand des gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern im Sinne des § 92a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG in der vom 1. November 1997 bis zum 31. Dezember 2004 gültigen Fassung als erfüllt angesehen. Der Angeklagte habe den illegalen Aufenthalt der Frauen gefördert, indem er ihnen durch die Bereitstellung entsprechender Räumlichkeiten Gelegenheit zur Ausübung der Prostitution gegeben habe. Er habe dabei billigend in Kauf genommen, dass die aus Kolumbien und Osteuropa eingereisten Frauen nicht über die zur Ausübung der Prostitution erforderliche Arbeitserlaubnis verfügt hätten. Er habe durch seine nicht nur unerhebliche Beteiligung an den von den Prostituierten abgeführten Einnahmen seinen Lebensunterhalt dauerhaft finanzieren wollen.

III.


8
Es begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht für die Beurteilung der Strafbarkeit des Angeklagten wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern allein darauf abgestellt hat, ob die in den beiden Bordellen tätigen ausländischen Prostituierten eine Arbeitserlaubnis hatten oder nicht. Der Schuldspruch erweist sich daher lediglich in den Fällen II. 1 und 5 der Urteilsgründe als im Ergebnis rechtsfehlerfrei; in den verbleibenden Fällen hält er rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
9
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs war bei der Frage, ob sich ein Ausländer im Tatzeitraum durch die Aufnahme einer Arbeit nach damaliger Rechtslage wegen unerlaubten Aufenthalts gemäß § 92 AuslG – und wer ihm hierbei behilflich war, als Gehilfe – strafbar machen konnte, zunächst danach zu unterscheiden, ob der Ausländer über ein formell gültiges Visum verfügte oder nicht. War ein solches erteilt, entfaltete es Tatbestandswirkung unabhängig von seiner materiell-rechtlichen Richtigkeit (BGH, Urteil vom 27. April 2005 – 2 StR 457/04, BGHSt 50, 105); der Aufenthalt war daher auch dann erlaubt , wenn das Visum den Aufenthalt zum Zwecke der Erwerbstätigkeit nicht umfasste (vgl. BGH aaO, S. 116) oder rechtsmissbräuchlich erlangt worden war (BGH aaO, S. 115 – vgl. insoweit zur geltenden Rechtslage nach Einführung des § 95 Abs. 6 AufenthG BGH, Beschluss vom 24. Mai 2012 – 5 StR 567/11, NJW 2012, 2210, unter Bezugnahme auf EuGH, Urteil vom 10. April 2012 – Rs. C-83/12 PPU, EuGRZ 2012, 310). Demgegenüber ist der vom Land- gericht gewählte Ansatz im Ausgangspunkt in den Fällen zutreffend, in denen der Ausländer für die Einreise kein Visum benötigte, solange er keine Erwerbstätigkeit aufnahm. In diesem Fall konnte sich der Ausländer, der gleichwohl arbeitete, durch die Arbeitsaufnahme wegen unerlaubten Aufenthalts strafbar machen, die Unterstützung hierbei eine Beihilfehandlung darstellen (vgl. BGH aaO, S. 116).
10
2. Insofern hat die Strafkammer jedoch bei der rechtlichen Bewertung des von ihr festgestellten Tatgeschehens das für die Entscheidung maßgebliche Regelungsgefüge außer Acht gelassen, das sich aus dem Ineinandergreifen nationaler und unionsrechtlicher Vorschriften ergibt.
11
a) Die Staaten der Europäischen Union (EU) haben gemäß Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates vom 15. März 2001 (ABl. L 81 vom 21. März 2001, S. 1 ff. – EUVisaVO) in Verbindung mit den zugehörigen Anhängen I und II für die Zeit ab dem 10. April 2001 unionseinheitlich verbindlich festgelegt, ob und unter welchen Voraussetzungen Staatsangehörige von Drittländern beim Überschreiten der Außengrenzen der EU im Besitz eines Visums sein mussten (sog. Positiv- bzw. Negativstaaten). Wegen des allgemeinen unionsrechtlichen Anwendungsvorrangs im Fall der Kollision zwischen nationalem und Unionsrecht (st. Rspr.; vgl. nur EuGH, Urteil vom 15. Juli 1964 – Rs. 6/64, Slg. 1964, S. 1253, 1269 – Costa/ENEL; Urteil vom 22. Oktober 1998 – Rs. C-10/97 bis C-22/97, NJW 1999, 200 – IN.CO.GE.’90 u.a.; BVerfG, Beschluss vom 22. Oktober 1986 – 2 BvR 197/83, BVerfGE 73, 339 – Solange II)gehen diese Bestimmungen der EUVisaVO dem inzwischen aufgehobenen AuslG wie auch dem an seine Stelle getretenen AufenthG vor. Anders als das deutsche Recht, das im Visum sowohl eine Einreise- als auch eine Aufenthaltsgenehmigung sieht, regelt die EUVisaVO die Einreise über eine Außengrenze der EU. Der erlaubte Aufenthalt eines nach der EUVisaVO visumsfrei nach Deutschland eingereisten Drittausländers ergibt sich vorrangig aus Art. 20 Abs. 1 i.V.m. Art. 5 Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ), bei dem es sich ebenfalls um unmittelbar anzuwendendes, den nationalen Bestimmungen vorgehendes Recht handelt (zum Ganzen vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 29. September 2003 – 12 TG 2339/03, EzAR 011 Nr. 19; BayObLG, Beschluss vom 21. Mai 2002 – 4 St RR 44/02, NStZ-RR 2002, 249; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 4. April 2008 – 3 Ss 79/07, StraFo 2008, 258; Dienelt/Röseler in Renner, Ausländerrecht, 9. Aufl., AufenthG, § 4 Rn. 19 ff.; Westphal/Stoppa, Ausländerrecht für die Polizei, 2. Aufl., S. 137 f.; dies. ZAR 2002, 315).
12
b) Art. 20 Abs. 1 i.V.m. Art. 5 SDÜ stellt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts nicht auf eine beabsichtigte Erwerbstätigkeit ab. Jedoch erlaubt Art. 4 Abs. 3 EUVisaVO i.V.m. Anhang II den einzelnen Mitgliedsstaaten der EU, Ausnahmen von der Visumsbefreiung für solche Drittausländer abweichend zu regeln, die während ihres Aufenthalts einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Eine solche für den Tatzeitraum maßgebliche Ausnahmeregelung enthielt § 3 Abs. 1 Satz 2 AuslG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 12 DVAuslG für Drittausländer aus den in Anlage I zur DVAuslG aufgeführten Drittstaaten (vgl. dazu BayObLG, Beschluss vom 21. Mai 2002 – 4 St RR 44/02 aaO, Tz. 9 f.; Hess. VGH, Beschluss vom 7. Februar 2003 – 12 TG 212/03, NVwZ-RR 2003, 897; a.A. Westphal/Stoppa, ZAR 2002, 315, 316 f.; dies. InfAuslR 2001, 309, 311). Die der Kommission der EU gemäß Art. 5 Abs. 1 EUVisaVO mitgeteilte und gemäß Art. 5 Abs. 2 EUVisaVO im Amtsblatt der EU vom 19. Dezember 2001 (Nr. C 363/21) veröffentlichte Liste der Staaten entspricht im Wesentlichen der Positivliste der Anlage I zur DVAuslG; Rumänien fand sich in der der Kommission übersandten Liste bis zum 21. März 2003 (vgl. ABl. EU Nr. C 68/2) indes nicht.
13
3. Ob die Erwerbstätigkeit der von dem Angeklagten beschäftigten Prostituierten im vorliegenden Fall zu deren unerlaubtem Aufenthalt und damit zur Strafbarkeit des Angeklagten wegen gewerbsmäßigen Einschleusens führt, hängt demgemäß zunächst davon ab, ob die betreffenden Frauen einem Positiv - oder einem Negativstaat im Sinne der genannten Bestimmungen angehören. Dies ist gesondert nach Maßgabe der – insoweit nicht deckungsgleichen – Anlagen zur EUVisaVO und denen zur DVAuslG zu prüfen. Diese Prüfung ergibt für den maßgeblichen Zeitraum hier Folgendes:
14
a) Kolumbien (Fälle II. 1 bis 4, 6 und 7 der Urteilsgründe):
15
aa) Kolumbien war Negativstaat i.S.d. Anhangs I zu Art. 1 Abs. 1 EUVisaVO, jedoch Positivstaat i.S.d. Anlage zur DVAuslG, weshalb kolumbianische Staatsangehörige bei der Überquerung der EU-Außengrenzen im Tatzeitraum visumspflichtig waren. Da die Regelungen der EUVisaVO, wie bereits ausgeführt, nicht an den illegalen Aufenthalt, sondern an die illegale Einreise anknüpfen, § 92 AuslG jedoch auf die Rechtslage nach dem AuslG und der DVAuslG abstellte, richtet sich die Strafbarkeit im vorliegenden Fall allein nach den Bestimmungen des AuslG (vgl. dazu Westphal/Stoppa, Ausländerrecht für die Polizei, 2. Aufl., S. 143). Als sog. Positivstaater im Sinne der DVAuslG bedurften sie gemäß § 1 Abs. 1 DVAuslG für die Dauer von drei Monaten keiner Aufenthaltsgenehmigung, sofern sie einen Pass besaßen und keine Erwerbstätigkeit aufnahmen. Mit der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit endete die in § 1 Abs. 1 DVAuslG normierte Befreiung vom Erfordernis einer Aufenthaltsgenehmigung , der Tatbestand des § 92a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung war erfüllt (vgl. Senatsbeschluss vom 20. April 2004 – 4 StR 67/04, Tz. 18). Eine andere rechtliche Beurteilung kann, wie ausgeführt, vor dem Hintergrund des auch vom Generalbundesanwalt in Bezug genommenen Urteils des Bundesgerichtshofs vom 27. April 2005 (2 StR 457/04, BGHSt 50, 105) indes dann in Betracht kommen, wenn eine der nach der DVAuslG nicht visumspflichtige kolumbianische Staatsangehörige im Besitz eines Visums nach der EUVisaVO war.
16
bb) Danach erweist sich die Verurteilung im Fall II. 1 der Urteilsgründe als rechtsfehlerfrei, da die kolumbianische Staatsangehörige V. nach den Feststellungen (UA 13) nicht im Besitz eines gültigen Visums angetroffen wurde und eine Erwerbstätigkeit aufgenommen hatte.
17
In den Fällen II. 2, 3 und 7 hat das Landgericht, von seinem rechtlichen Ausgangspunkt aus folgerichtig, keine Feststellungen zum Vorhandensein eines gültigen Visums getroffen. Hingegen ergibt sich das Vorhandensein eines gültigen Visums für die kolumbianischen Staatsangehörigen R. und F. aus den Feststellungen (UA 14, 16). Dem Senat ist indes insoweit ein Freispruch verwehrt, da er nicht ausschließen kann, dass die neue Verhandlung Feststellungen zu einer Einbindung des Angeklagten in die Beschaffung der Visa ergibt, die dessen Strafbarkeit nach § 92 Abs. 2 Nr. 2, § 92a Abs. 1 AuslG begründen können.
18
b) Ukraine und Russland (Fälle II. 9 und 10 der Urteilsgründe):
19
aa) Bei der Ukraine und Russland handelt es sich um Negativstaaten sowohl im Sinne der Anhänge zur EUVisaVO als auch derjenigen zur DVAuslG. Nach den vom Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 27. April 2005 (aaO) zur Auslegung der §§ 92, 92a AuslG entwickelten Grundsätzen war der Aufenthalt der diesen Staaten angehörigen Frauen bei Vorliegen eines formell wirksamen Visums unabhängig von der während des Aufenthalts aufgenommenen Erwerbstätigkeit und – vor Einführung des § 95 Abs. 6 AufenthG (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Mai 2012 – 5 StR 567/11 aaO, Tz. 14) – unabhängig davon erlaubt, ob die Aufnahme dieser Tätigkeit bereits bei Erteilung des Visums beabsichtigt war und den Behörden verschwiegen wurde.
20
bb) In den Fällen II. 9 und 10 sind die Voraussetzungen für eine Strafbarkeit des Angeklagten nicht hinreichend dargetan. Als sog. Negativstaaterinnen im Sinne der EUVisaVO und der DVAuslG bedurften die ukrainische Staatsangehörige H. und die russische Staatsangehörige Ch. eines Visums. Das Landgericht hat insoweit lediglich bei der russischen Staatsangehörigen Ch. eine Einreise „als Touristin“ festgestellt (UA 21), nicht aber, ob sie tatsächlich über ein entsprechendes Visum verfügte. Beide Fälle bedürfen daher ebenfalls erneuter Verhandlung und Entscheidung.
21
c) Rumänien (Fälle II. 8 und 11 der Urteilsgründe):
22
aa) Rumänien war im Tatzeitraum Positivstaat i.S.d. Anhangs II zur EUVisaVO, jedoch Negativstaat i.S.d. Anlage I zur DVAuslG, der Aufenthalt eines rumänischen Staatsangehörigen im Schengen-Gebiet danach gemäß Art. 20 Abs. 1 SDÜ nach Maßgabe von Art. 5 Abs. 1 SDÜ für maximal drei Monate innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten visumsfrei erlaubt. Da Rumänien auf der der EU-Kommission für den Tatzeitraum mitgeteilten Liste über die länderspezifischen Ausnahmeregelungen zur Visumspflicht bei Erwerbstätigkeit gemäß Art. 4 Abs. 3 EUVisaVO nicht enthalten ist, stand die Erwerbstätigkeit der hier betroffenen rumänischen Staatsangehörigen einem legalen Aufenthalt nur unter den Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 lit. e SDÜ entgegen , also bei einem Verstoß der Tätigkeit gegen Rechtsvorschriften. Insoweit kommt im vorliegenden Fall ein Verstoß gegen § 284 Abs. 3 i.V.m. § 404 Abs. 2 Nr. 3 SGB III i.d.F. vom 1. Januar 1998 (Arbeitsgenehmigung bei unselbständiger Tätigkeit) oder gegen Vorschriften des Gewerbe-, Gesundheits- und Steuerrechts (bei selbständiger Tätigkeit) in Betracht (vgl. dazu VG Ansbach, Beschluss vom 22. September 2003 – AN 19 S 03.01339; Westphal/Stoppa, ZAR 2002, 315, 319 zur Ausübung der Prostitution).
23
bb) Danach kann der Schuldspruch in den Fällen II. 8 und 11 (rumänische Staatsangehörige C. und Fl. ) ebenfalls keinen Bestand haben. Zwar bedurften beide Frauen keines Visums und fielen auch nicht unter die länderspezifische Ausnahmeregelung im Sinne von Art. 4 Abs. 3 EUVisaVO; der neue Tatrichter wird jedoch der Frage nachgehen müssen, ob die – freiberuflich oder abhängig ausgestaltete – Erwerbstätigkeit als Prostituierte in diesen Fällen gegen Gesetze verstieß und damit die Voraussetzungen von Art. 5 Abs. 1 lit. e SDÜ vorlagen.
24
d) Moldawien (Fall II. 5 der Urteilsgründe):
25
Die Verurteilung im Fall II. 5 der Urteilsgründe ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die moldawische Staatsangehörige K. bedurfte im Jahr 2000 als Negativstaaterin im Sinne der DVAuslG sowohl nach nationalem Recht als auch nach der zur Tatzeit geltenden Verordnung (EG) Nr. 574/1999 des Rates vom 12. März 1999 (ABl. L 72 vom 18. März 1999, S. 2 ff.) eines gültigen Visums. Über ein solches verfügte sie jedoch nicht; als sie angetroffen wurde, war sie lediglich im Besitz eines abgelaufenen Touristenvisums (UA 9).
Mutzbauer Roggenbuck Franke
Quentin Reiter

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält,
2.
ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet aufhält, wenn
a)
er vollziehbar ausreisepflichtig ist,
b)
ihm eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und
c)
dessen Abschiebung nicht ausgesetzt ist,
3.
entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 in das Bundesgebiet einreist,
4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 oder 2 oder § 47 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 zuwiderhandelt,
5.
entgegen § 49 Abs. 2 eine Angabe nicht, nicht richtig oder nicht vollständig macht, sofern die Tat nicht in Absatz 2 Nr. 2 mit Strafe bedroht ist,
6.
entgegen § 49 Abs. 10 eine dort genannte Maßnahme nicht duldet,
6a.
entgegen § 56 wiederholt einer Meldepflicht nicht nachkommt, wiederholt gegen räumliche Beschränkungen des Aufenthalts oder sonstige Auflagen verstößt oder trotz wiederholten Hinweises auf die rechtlichen Folgen einer Weigerung der Verpflichtung zur Wohnsitznahme nicht nachkommt oder entgegen § 56 Abs. 4 bestimmte Kommunikationsmittel nutzt oder bestimmte Kontaktverbote nicht beachtet,
7.
wiederholt einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 oder Absatz 1c zuwiderhandelt oder
8.
im Bundesgebiet einer überwiegend aus Ausländern bestehenden Vereinigung oder Gruppe angehört, deren Bestehen, Zielsetzung oder Tätigkeit vor den Behörden geheim gehalten wird, um ihr Verbot abzuwenden.

(1a) Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder in § 98 Abs. 3 Nr. 1 bezeichnete Handlung begeht, für den Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 4 Abs. 1 Satz 1 eines Aufenthaltstitels bedarf und als Aufenthaltstitel nur ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nummer 1 besitzt.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 11 Absatz 1 oder in Zuwiderhandlung einer vollziehbaren Anordnung nach § 11 Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1
a)
in das Bundesgebiet einreist oder
b)
sich darin aufhält,
1a.
einer vollstreckbaren gerichtlichen Anordnung nach § 56a Absatz 1 zuwiderhandelt und dadurch die kontinuierliche Feststellung seines Aufenthaltsortes durch eine in § 56a Absatz 3 genannte zuständige Stelle verhindert oder
2.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung zu beschaffen oder das Erlöschen oder die nachträgliche Beschränkung des Aufenthaltstitels oder der Duldung abzuwenden oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und der Absätze 1a und 2 Nr. 1 Buchstabe a ist der Versuch strafbar.

(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 Nr. 2 bezieht, können eingezogen werden.

(5) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.

(6) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 steht einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln auf Grund eines durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.

(7) In Fällen des Absatzes 2 Nummer 1a wird die Tat nur auf Antrag einer dort genannten zuständigen Stelle verfolgt.

(1) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer einen anderen anstiftet oder ihm dazu Hilfe leistet, eine Handlung

1.
nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a zu begehen und
a)
dafür einen Vorteil erhält oder sich versprechen lässt oder
b)
wiederholt oder zugunsten von mehreren Ausländern handelt oder
2.
nach § 95 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2, Abs. 1a oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b oder Nr. 2 zu begehen und dafür einen Vermögensvorteil erhält oder sich versprechen lässt.

(2) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
gewerbsmäßig handelt,
2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, handelt,
3.
eine Schusswaffe bei sich führt, wenn sich die Tat auf eine Handlung nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a bezieht,
4.
eine andere Waffe bei sich führt, um diese bei der Tat zu verwenden, wenn sich die Tat auf eine Handlung nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a bezieht, oder
5.
den Geschleusten einer das Leben gefährdenden, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder der Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung aussetzt.
Ebenso wird bestraft, wer in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 Buchstabe a zugunsten eines minderjährigen ledigen Ausländers handelt, der ohne Begleitung einer personensorgeberechtigten Person oder einer dritten Person, die die Fürsorge oder Obhut für ihn übernommen hat, in das Bundesgebiet einreist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe a, Nr. 2, Absatz 2 Satz 1 Nummer 1, 2 und 5 und Absatz 3 sind auf Zuwiderhandlungen gegen Rechtsvorschriften über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines Schengen-Staates anzuwenden, wenn

1.
sie den in § 95 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 oder Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Handlungen entsprechen und
2.
der Täter einen Ausländer unterstützt, der nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum besitzt.

(5) § 74a des Strafgesetzbuchs ist anzuwenden.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält,
2.
ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet aufhält, wenn
a)
er vollziehbar ausreisepflichtig ist,
b)
ihm eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und
c)
dessen Abschiebung nicht ausgesetzt ist,
3.
entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 in das Bundesgebiet einreist,
4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 oder 2 oder § 47 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 zuwiderhandelt,
5.
entgegen § 49 Abs. 2 eine Angabe nicht, nicht richtig oder nicht vollständig macht, sofern die Tat nicht in Absatz 2 Nr. 2 mit Strafe bedroht ist,
6.
entgegen § 49 Abs. 10 eine dort genannte Maßnahme nicht duldet,
6a.
entgegen § 56 wiederholt einer Meldepflicht nicht nachkommt, wiederholt gegen räumliche Beschränkungen des Aufenthalts oder sonstige Auflagen verstößt oder trotz wiederholten Hinweises auf die rechtlichen Folgen einer Weigerung der Verpflichtung zur Wohnsitznahme nicht nachkommt oder entgegen § 56 Abs. 4 bestimmte Kommunikationsmittel nutzt oder bestimmte Kontaktverbote nicht beachtet,
7.
wiederholt einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 oder Absatz 1c zuwiderhandelt oder
8.
im Bundesgebiet einer überwiegend aus Ausländern bestehenden Vereinigung oder Gruppe angehört, deren Bestehen, Zielsetzung oder Tätigkeit vor den Behörden geheim gehalten wird, um ihr Verbot abzuwenden.

(1a) Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder in § 98 Abs. 3 Nr. 1 bezeichnete Handlung begeht, für den Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 4 Abs. 1 Satz 1 eines Aufenthaltstitels bedarf und als Aufenthaltstitel nur ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nummer 1 besitzt.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 11 Absatz 1 oder in Zuwiderhandlung einer vollziehbaren Anordnung nach § 11 Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1
a)
in das Bundesgebiet einreist oder
b)
sich darin aufhält,
1a.
einer vollstreckbaren gerichtlichen Anordnung nach § 56a Absatz 1 zuwiderhandelt und dadurch die kontinuierliche Feststellung seines Aufenthaltsortes durch eine in § 56a Absatz 3 genannte zuständige Stelle verhindert oder
2.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung zu beschaffen oder das Erlöschen oder die nachträgliche Beschränkung des Aufenthaltstitels oder der Duldung abzuwenden oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und der Absätze 1a und 2 Nr. 1 Buchstabe a ist der Versuch strafbar.

(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 Nr. 2 bezieht, können eingezogen werden.

(5) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.

(6) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 steht einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln auf Grund eines durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.

(7) In Fällen des Absatzes 2 Nummer 1a wird die Tat nur auf Antrag einer dort genannten zuständigen Stelle verfolgt.

5 StR 351/11

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 24. Mai 2012
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Mai 2012

beschlossen:
1. Das Vorabentscheidungsersuchen des Senats vom 10. Januar 2012 wird zurückgenommen, nachdem der Europäische Gerichtshof die Vorlagefrage in einem Parallelverfahren durch Urteil vom 10. April 2012 (Rechtssache C-83/12 PPU) entschieden hat.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 17. März 2011 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat: Die Anwendung des § 95 Abs. 6 AufenthG auf den vorliegenden Fall begegnet keinen Bedenken. Auf Vorabentscheidungsersuchen des Senats in der parallel gelagerten Sache hat der Europäische Gerichtshof mit dem genannten Urteil entschieden, dass durch arglistige Täuschung der zuständigen Behörden des Ausstellermitgliedstaats über den wahren Reisezweck erlangte, jedoch formell bestandskräftige Visa von Drittstaatsangehörigen deren Strafbarkeit wegen illegaler Einreise und illegalen Aufenthalts (§ 95 Abs. 1 Nr. 2, 3 AufenthG) sowie eine Strafbarkeit gemäß den hieran anknüpfenden Schleu- sungstatbeständen der §§ 96, 97 AufenthG unionsrechtlich unbedenklich nicht ausschließen (im Einzelnen BGH, Beschluss vom 24. Mai 2012 – 5 StR 567/11; zum Abdruck in BGHSt vorgesehen).
Basdorf Schaal Schneider König Bellay
5 StR 567/11

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 8. Februar 2012
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Februar 2012

beschlossen:
Dem Europäischen Gerichtshof wird gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt: Sind die die Erteilung und die Annullierung eines einheitlichen Visums regelnden Art. 21, 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (ABl. L 243 vom 15. September 2009 S. 1, Visakodex – VK) dahin auszulegen, dass sie einer aus der Anwendung nationaler Rechtsvorschriften resultierenden Strafbarkeit wegen Einschleusens von Ausländern in Fällen entgegenstehen, in denen die geschleusten Personen zwar über ein Visum verfügen , dieses aber durch arglistige Täuschung der zuständigen Behörden eines anderen Mitgliedstaates über den wahren Reisezweck erlangt haben? Das Revisionsverfahren wird bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über die Vorlagefrage ausgesetzt.
G r ü n d e
1
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat über die Revision des Angeklagten gegen ein Urteil des Landgerichts Berlin zu entscheiden. Das Landgericht hatte den Angeklagten wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt.
2
1. Dem Vorabentscheidungsverfahren liegt folgender, vom Landgericht festgestellter Sachverhalt zugrunde:
3
Der Angeklagte gehörte vietnamesischen Banden an, deren Ziel es war, Vietnamesen nach Deutschland illegal einzuschleusen. Eine Bande ging in der Weise vor, dass der ungarischen Botschaft in Vietnam vorgespiegelt wurde, bei gegen ein Entgelt von 11.000 $ bis 15.000 $ zu schleusenden vietnamesischen Staatsbürgern handele es sich um Mitglieder touristischer Reisegruppen. Die vorgeblichen Reisegruppen bestanden jeweils aus 20 bis 30 Personen. In der irrigen Annahme, dass die Reisen tatsächlich stattfinden würden, erteilte die ungarische Botschaft den Betroffenen Touristenvisa, die einen kurzen Aufenthalt in allen Schengenstaaten ermöglichten. Die Reisen wurden in den ersten Tagen zum Schein gemäß Reiseprogramm durchgeführt , bevor die Geschleusten dem vorab gefassten Tatplan entsprechend von Paris aus in die jeweiligen Zielländer – zumeist Deutschland – weitertransportiert wurden. Die in Berlin eintreffenden Geschleusten wurden zu- nächst in so genannten „Safehouses“ untergebracht, bis sie dann von in Deutschland ansässigen Verwandten abgeholt und anderweitig einquartiert wurden.
4
Die weitere Bande machte sich den Umstand zunutze, dass vietnamesische Arbeitskräfte in Schweden als Beerenpflücker auf wenige Monate befristete Arbeitsvisa erlangen konnten, die einen Aufenthalt im Schengenraum erlaubten. Bei der Beantragung der Visa wurde den zuständigen Behörden vorgespiegelt, dass die zu schleusenden Personen als Beerenpflücker arbeiten wollten, während sie in Wahrheit planten, sich unmittelbar nach ihrer Ankunft in Schweden weiter nach Deutschland schleusen zu lassen.
5
2. Dem Angeklagten liegt im Einzelnen zur Last:
6
a) Am 21. Juni 2010 nahm er mit zwei anderen Bandenmitgliedern sechs vietnamesische Staatsbürger in Empfang, die mit erschlichenen unga- rischen Touristenvisa von Paris kommend in Berlin eingetroffen waren. Mit einem der Mittäter sorgte er dafür, dass diese und drei weitere geschleuste Personen durch Verwandte oder Bekannte abgeholt und untergebracht wur- den. Für seine Mithilfe erhielt er einen Lohn von 500 €. Dem Tatplan ent- sprechend tauchten die betreffenden vietnamesischen Staatsbürger nach ihrer Ankunft in Deutschland unter (Tat 1).
7
b) Am 4. Juli 2010 holte er mit zwei Bandenmitgliedern zehn nach Berlin gebrachte vietnamesische Staatsbürger ab, die mit erschlichenen ungarischen Touristenvisa nach Europa eingereist waren, und sorgte für deren Unterbringung. Er erhielt Geldleistungen in unbekannter Höhe (Tat 2).
8
c) Am 17. Juli 2010 fuhren der Angeklagte und ein Mittäter von Berlin nach Schweden, um den Transport einer Gruppe von vietnamesischen Staatsangehörigen nach Berlin zu organisieren. Diese hatten auf die dargestellte Weise schwedische Arbeitsvisa als Beerenpflücker erschlichen. Jeder vietnamesische Staatsangehörige hatte für die Schleusung 2.000 € an den Angeklagten zu zahlen. Der Mittäter des Angeklagten fuhr mit vier geschleusten Personen am 19. Juli 2010 nach Berlin, während der Angeklagte in Schweden verblieb, um die Schleusung der übrigen vietnamesischen Staatsangehörigen zu organisieren. Die vier mit seinem Mittäter nach Berlin gekommenen Vietnamesen wurden plangemäß von einem weiteren Mittäter in Berlin untergebracht (Tat 3).
9
d) Anschließend organisierten der in Schweden verbliebene Angeklagte und sein dorthin zurückgekehrter Mittäter nach gleichem Muster die Schleusung weiterer vietnamesischer Staatsbürger nach Berlin. Auch diese Personen mussten hierfür jeweils 2.000 € an den Angeklagten bezahlen. In der Nacht vom 20. auf den 21. Juli 2010 wurden acht vietnamesische Staatsangehörige von Schweden nach Berlin verbracht, wo die Aufnahme und Unterbringung der geschleusten Personen organisiert wurde (Tat 4).
10
3. Nach Auffassung des Landgerichts hat sich der Angeklagte dadurch in vier selbständigen Fällen des gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern nach § 97 Abs. 2 i.V.m. § 96 Abs. 1 Nr. 1 lit. a und b i.V.m. § 95 Abs. 1 Nr. 3 und § 96 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 95 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet – Aufenthaltsgesetz (AufenthG) strafbar gemacht. Voraussetzung für die Strafbarkeit ist dabei, dass hinsichtlich der geschleusten Personen der Tatbestand der unerlaubten Einreise (§ 95 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG) bzw. des unerlaubten Aufenthalts (§ 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) erfüllt ist. Wie aus der Zitierung des § 95 Abs. 6 AufenthG im Urteil ersichtlich ist, hat das Landgericht in dem Umstand, dass die geschleusten Personen formell über Visa verfügten, keinen die Strafbarkeit hindernden Umstand gesehen. Gemäß dieser Vorschrift steht für die Tatbestände des unerlaubten Aufenthalts und der unerlaubten Einreise nach § 95 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AufenthG einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein – hier gegebenes – Handeln aufgrund eines durch falsche Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.
11
4. Mit seiner Revision wendet sich der Angeklagte gegen seine Verurteilung. Er beanstandet, ohne dies näher zu begründen, die Verletzung sachlichen Rechts.
12
5. Der Senat hält die Beantwortung der – mit seinem Ersuchen um Vorabentscheidung vom 10. Januar 2012 (5 StR 351/11) identischen – Vorlagefrage für den Erlass seiner Entscheidung über die Revision für erforderlich. Sie ist entscheidungserheblich, ohne dass einschlägige oder übertragbare Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ersichtlich wäre (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 24. Oktober 2011 – 2 BvR 1969/09 Rn. 25, und vom 22. September 2011 – 2 BvR 947/11 Rn. 14, jeweils mwN). Der Senat legt sie deshalb dem Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 Abs. 1 lit. a, Abs. 3 AEUV zur Vorabentscheidung vor.
13
Er geht davon aus, dass die Voraussetzungen des § 95 Abs. 6 AufenthG erfüllt sind. Die zu schleusenden Personen haben gegenüber den Amtsträgern der ungarischen bzw. der schwedischen Botschaft in Vietnam bewusst wahrheitswidrig vorgegeben, zu touristischen Zwecken bzw. zum Zweck vorübergehender Arbeit in den Schengenraum einreisen zu wollen (vgl. Art. 21 VK, auch i.V.m. Art. 5 Abs. 1 lit. a, c, d und e der Verordnung (EG) – Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen, Schengener Grenzkodex – SGK, ABl. L 105 vom 13. April 2006, S. 1). Demgegenüber hatten sie von Anfang an die Absicht, dauerhaft in Deutschland zu bleiben, was der Erteilung der Visa zwingend entgegenstand (vgl. Art. 21 Abs. 1 VK, Art. 5 Abs. 1 lit. e SGK; Dienelt in Renner, Ausländerrecht, 9. Aufl., AufenthG § 6 Rn. 22). Nach den tatgerichtlichen Feststellungen wurden die Visa nur aufgrund der Fehlvorstellung der Amtsträger über den wahren Zweck der Reisen erteilt.
14
Zur weiteren Begründung wird auf das in der Sache 5 StR 351/11 ergangene Vorabentscheidungsersuchen vom 10. Januar 2012 Bezug genommen.
15
Der Senat weist darauf hin, dass der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof Verfahrensbeteiligter ist.
Basdorf Brause Schaal Schneider König
5 StR 351/11

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 24. Mai 2012
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Mai 2012

beschlossen:
1. Das Vorabentscheidungsersuchen des Senats vom 10. Januar 2012 wird zurückgenommen, nachdem der Europäische Gerichtshof die Vorlagefrage in einem Parallelverfahren durch Urteil vom 10. April 2012 (Rechtssache C-83/12 PPU) entschieden hat.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 17. März 2011 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat: Die Anwendung des § 95 Abs. 6 AufenthG auf den vorliegenden Fall begegnet keinen Bedenken. Auf Vorabentscheidungsersuchen des Senats in der parallel gelagerten Sache hat der Europäische Gerichtshof mit dem genannten Urteil entschieden, dass durch arglistige Täuschung der zuständigen Behörden des Ausstellermitgliedstaats über den wahren Reisezweck erlangte, jedoch formell bestandskräftige Visa von Drittstaatsangehörigen deren Strafbarkeit wegen illegaler Einreise und illegalen Aufenthalts (§ 95 Abs. 1 Nr. 2, 3 AufenthG) sowie eine Strafbarkeit gemäß den hieran anknüpfenden Schleu- sungstatbeständen der §§ 96, 97 AufenthG unionsrechtlich unbedenklich nicht ausschließen (im Einzelnen BGH, Beschluss vom 24. Mai 2012 – 5 StR 567/11; zum Abdruck in BGHSt vorgesehen).
Basdorf Schaal Schneider König Bellay

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält,
2.
ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet aufhält, wenn
a)
er vollziehbar ausreisepflichtig ist,
b)
ihm eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und
c)
dessen Abschiebung nicht ausgesetzt ist,
3.
entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 in das Bundesgebiet einreist,
4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 oder 2 oder § 47 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 zuwiderhandelt,
5.
entgegen § 49 Abs. 2 eine Angabe nicht, nicht richtig oder nicht vollständig macht, sofern die Tat nicht in Absatz 2 Nr. 2 mit Strafe bedroht ist,
6.
entgegen § 49 Abs. 10 eine dort genannte Maßnahme nicht duldet,
6a.
entgegen § 56 wiederholt einer Meldepflicht nicht nachkommt, wiederholt gegen räumliche Beschränkungen des Aufenthalts oder sonstige Auflagen verstößt oder trotz wiederholten Hinweises auf die rechtlichen Folgen einer Weigerung der Verpflichtung zur Wohnsitznahme nicht nachkommt oder entgegen § 56 Abs. 4 bestimmte Kommunikationsmittel nutzt oder bestimmte Kontaktverbote nicht beachtet,
7.
wiederholt einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 oder Absatz 1c zuwiderhandelt oder
8.
im Bundesgebiet einer überwiegend aus Ausländern bestehenden Vereinigung oder Gruppe angehört, deren Bestehen, Zielsetzung oder Tätigkeit vor den Behörden geheim gehalten wird, um ihr Verbot abzuwenden.

(1a) Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder in § 98 Abs. 3 Nr. 1 bezeichnete Handlung begeht, für den Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 4 Abs. 1 Satz 1 eines Aufenthaltstitels bedarf und als Aufenthaltstitel nur ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nummer 1 besitzt.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 11 Absatz 1 oder in Zuwiderhandlung einer vollziehbaren Anordnung nach § 11 Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1
a)
in das Bundesgebiet einreist oder
b)
sich darin aufhält,
1a.
einer vollstreckbaren gerichtlichen Anordnung nach § 56a Absatz 1 zuwiderhandelt und dadurch die kontinuierliche Feststellung seines Aufenthaltsortes durch eine in § 56a Absatz 3 genannte zuständige Stelle verhindert oder
2.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung zu beschaffen oder das Erlöschen oder die nachträgliche Beschränkung des Aufenthaltstitels oder der Duldung abzuwenden oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und der Absätze 1a und 2 Nr. 1 Buchstabe a ist der Versuch strafbar.

(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 Nr. 2 bezieht, können eingezogen werden.

(5) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.

(6) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 steht einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln auf Grund eines durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.

(7) In Fällen des Absatzes 2 Nummer 1a wird die Tat nur auf Antrag einer dort genannten zuständigen Stelle verfolgt.

Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
BGHR: ja
BGHSt: nein
AuslG § 92 a Abs. 4
Im Sinne des § 92 a Abs. 4 AuslG ist "Vertragsstaat" des Schengener Übereinkommens
vom 19. Juni 1990 jeder Mitgliedstaat, in dem das Übereinkommen in
Kraft getreten ist. Die Anwendbarkeit der Vorschrift setzt nicht voraus, daß das
Übereinkommen zwischen dem betreffenden Staat und den übrigen Mitgliedstaaten
auch bereits in Kraft gesetzt worden ist.
BGH, Beschluß vom 12. September 2002 - 4 StR 163/02 - LG
Arnsberg

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 163/02
vom
12. September 2002
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 12. September 2002 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Arnsberg vom 15. Januar 2002
a) in den Fällen II. 1 und 2 sowie 4 bis 6 der Urteilsgründe
b) im Gesamtstrafenausspruch und im Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "Schleusens von Ausländern in sechs Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt; ferner hat es Maßregeln nach §§ 69, 69 a StGB angeordnet. Gegen das Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er allgemein die Verletzung sachli-
chen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlußformel ersichtlichen weit gehenden Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Nach den Feststellungen bekam der Angeklagte, der bereits Anfang der 90iger Jahre Kontakt zur "Schleuserszene" hatte, im Jahr 1999 erneut in Berührung mit diesen Kreisen. Um sich eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang zu verschaffen und dadurch seine Schuldenlast zu verringern, übernahm es der Angeklagte, "Schleusungsfahrten nach Dänemark und über die Benelux-Staaten oder Frankreich nach England zu organisieren". Dabei wußte der Angeklagte, daß die schleusungswilligen Personen , bei denen es sich ausnahmslos um indische Staatsbürger handelte, "regelmäßig kein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland hatten, da sie entweder vollständig illegal in der BRD waren oder der gestellte Asylantrag nicht ernst gemeint war" (UA 9). Ebenso wußte er, "daß diesen schleusungswilligen Personen auch in den Benelux-Staaten und in Frankreich kein Aufenthaltsrecht zustand" (UA 9).
Soweit das Landgericht den Angeklagten hiernach im Fall II. 3 der Urteilsgründe wegen des "Schleusens" von sechs Indern von Deutschland über die Benelux-Staaten nach Frankreich und von dort nach Großbritannien wegen - gewerbsmäßigen - Einschleusens gemäß § 92 a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 i.V.m. § 92 Abs. 1 Nrn. 1 und 6 AuslG zu der Einzelstrafe von zehn Monaten verurteilt hat, weist das Urteil keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Dagegen hält die Verurteilung in den übrigen Fällen der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
2. Dazu im einzelnen:

a) Zu Fällen II. 1 und 2 der Urteilsgründe
aa) Nach den Feststellungen übernahm der Angeklagte zu nicht näher bestimmten Zeitpunkten im Jahr 1999 von Ekam S. den Auftrag, jeweils zwei Inder von Deutschland nach Dänemark auszuschleusen. Der Angeklagte gewann daraufhin Kai H. dafür, die Fahrten durchzuführen. Vor der dänischen Grenze mußten die indischen Personen jeweils in den Kofferraum des von H. gemieteten Pkw steigen. H. ließ die Inder in beiden Fällen in der nächsten Stadt in Dänemark heraus.
Das Landgericht hat in beiden Fällen eine Strafbarkeit des Angeklagten nach § 92 a Abs. 1, 2 Nr. 1 i.V.m. § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG angenommen, obwohl "der genaue ausländerrechtliche Status der geschleusten Personen nicht mehr festgestellt" werden konnte. Das Landgericht meint, darauf komme es jedoch nicht an, denn "aus deren Verhalten (Verstecken im Kofferraum eines Fahrzeugs)" ergebe sich, "daß sie ein mögliches Asylverfahren nicht mehr weiter verfolgen und konkludent zurückgenommen haben, da sich aus den Umständen ergibt, daß allein eine Schleusung nach Dänemark begehrt worden ist" (UA 18). Dem kann nicht gefolgt werden.
bb) Allerdings erfaßt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Strafvorschrift des § 92 a Abs. 1 i.V.m. § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG über das Einschleusen von Ausländern auch das Durchschleusen von Ausländern, die sich auf dem Wege in ein Drittland vorübergehend in Deutschland illegal - im Fall des § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG ohne Aufenthaltserlaubnis oder Duldung -
aufhalten (BGHSt 45, 103; BGH, Urteil vom 9. Juni 1999 - 3 StR 88/99). Er- schöpft sich dagegen die Tathandlung darin, einem Ausländer in dem Bemühen Hilfe zu leisten, Deutschland zu verlassen, erfüllt dies - sofern nicht die Voraussetzungen des die sog. Schengen-Staaten betreffenden § 92 a Abs. 4 AuslG erfüllt sind - keinen Straftatbestand (BGHR AuslG § 92 a Einschleusen 4; in diesem Sinne auch Klesczewski StV 2000, 364, 365 f.), ohne daß es auf den "ausländerrechtlichen Status" der zu schleusenden Personen im Inland ankäme.
Eine Strafbarkeit des Angeklagten nach § 92 a Abs. 4 AuslG scheidet aus. Diese - vom Landgericht nicht erörterte - Vorschrift, die das entgeltliche und das gewerbsmäßige Schleusen von Drittausländern in die sog. SchengenStaaten unter Strafe stellt, fand in Bezug auf das Königreich Dänemark im Tatzeitraum noch keine Anwendung. Allerdings ist das Königreich Dänemark durch Übereinkommen vom 19. Dezember 1996 (BGBl 2000 II 1108) dem in § 92 a Abs. 4 genannten Schengener Übereinkommen vom 19. Juni 1990 (SDÜ; BGBl 1993 II 1010; 1994 II 631; 1996 II 242) beigetreten. Doch ist das Beitrittsübereinkommen erst am 1. Mai 1999 in Kraft getreten (Bekanntmachung vom 27. Februar 2002 über das Inkrafttreten des Übereinkommens, BGBl 2002 II 627). Zu Gunsten des Angeklagten ist davon auszugehen, daß die Taten in den Fällen II. 1 und 2 der Urteilsgründe vor diesem Zeitpunkt vollendet worden sind.
cc) Der Senat kann aber nicht in der Sache selbst entscheiden und den Angeklagten insoweit freisprechen. Denn das Landgericht hat den Sachverhalt nicht erschöpfend geprüft. Ergibt sich nämlich, daß der Angeklagte über die bislang getroffenen Feststellungen hinaus an dem gesamten Schleusungsvor-
gang der Inder aus dem Ausland durch das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beteiligt war, könnten ihm im Rahmen der zur Täterschaft verselbständigten Beihilfehandlung nach § 92 a Abs. 1 und 2 AuslG (vgl. BGHSt 45, 103, 107) auch eine illegale Einschleusung der Inder in die Bundesrepublik Deutschland und deren – zumindest zunächst – illegaler Aufenthalt im Inland zugerechnet werden. Daß der Angeklagte möglicherweise an dem Einschleusungsvorgang selbst nicht unmittelbar beteiligt war, würde dem nicht entgegenstehen , so wie auch eine feste Einbindung des Angeklagten in die Schleuserorganisation nicht vorausgesetzt wird. Vielmehr genügt, daß der Täter die Schleusungsaktion in ihren wesentlichen Merkmalen erkennt und er seinen Beitrag als Teil der Durchschleusungsaktion zur selbständigen Erledigung übernimmt (vgl. BGHSt aaO).
Dabei käme es für eine Strafbarkeit der Hilfestellung durch den Angeklagten nach § 92 a AuslG nicht darauf an, ob den unerlaubt eingereisten Indern der persönliche Strafaufhebungsgrund gemäß Art. 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention) zur Seite gestanden hat (BGH StV 1999, 382; Westphal/Stoppa Ausländerrecht für die Polizei, 2. Aufl. S. 538 ff., 542, 554 f. m.w.N.). Unerheblich wäre auch, ob eine Aufenthaltsberechtigung der Schleusungswilligen in der Bundesrepublik Deutschland - wie das Landgericht meint – selbst für den Fall zu verneinen sei, daß Asylgesuche mit der Folge des § 55 Asylverfahrensgesetz gestellt worden seien, weil die Inder ein Asylgesuch „letztlich nur zum Schein“ (UA 9) gestellt oder jedenfalls durch die konspirativen Umstände ihrer Ausschleusung einen Asylantrag konkludent zurückgenommen hätten (UA 18 a.E.; vgl. dazu die Erwägung des 3. Strafsenats des Bundesgerichtshofs NJW 1999, 2827, 2828, in BGHSt 45, 103 nicht mit abgedruckt). Denn die Strafbarkeit nach § 92
a AuslG ist unabhängig davon, ob die Eingeschleusten Asylanträge stellen und ob diese als mißbräuchlich zu gelten haben oder nicht (vgl. Kloesel /Christ/Häußer Deutsches Ausländerrecht 45. Lfg. AuslG § 92 a Rdn. 8).

b) Zu Fall II. 4 der Urteilsgründe
aa) Insoweit hat das Landgericht festgestellt, daß der Angeklagte am 14. Dezember 2000 einen Klein-Lkw mietete, mit dem er in Absprache mit Tarsem S. 21 indische Sikhs von Duisburg zu einem britischen Lkw nach Mülheim /Ruhr brachte, von wo aus die Inder durch die Benelux-Staaten und Frankreich nach Großbritanninen geschleust werden sollten. Kurz nach Antritt der Fahrt des britischen Lkw griff die Polizei zu, so daß schon die Ausschleusung aus der Bundesrepublik Deutschland scheiterte. Sieben der indischen Personen hielten sich im Bundesgebiet "ohne jegliche Aufenthaltsgestattung" auf, die übrigen verfügten über eine "vorläufige Aufenthaltsgestattung nach Asylverfahrensgesetz" (UA 11).
Das Landgericht hat hier eine vollendete Tat nach § 92 a Abs. 1, 2 Nr. 1 und Abs. 4 i.V.m. § 92 Abs. 1 Nrn. 1 und 6 AuslG angenommen, weil, obwohl es zu einer Ausreise der Inder aus der Bundesrepublik nicht gekommen sei, der "Tatbeitrag des Angeklagten, nämlich seine Hilfeleistung, ... beendet" gewesen sei (UA 19).
bb) Die Anwendung von § 92 a Abs. 4 AuslG auf den hier festgestellten Fall des (beabsichtigten Schleusens) der Inder über die gemeinsamen Binnengrenzen der sog. Schengen-Staaten hinweg ist zutreffend (BGHR AuslG § 92 a Einschleusen 3). Dagegen trifft die Auffassung, die Tat sei vollendet, nicht zu. Zwar erfaßt die Vorschrift des § 92 a AuslG besondere Formen der zur Täterschaft verselbständigten Anstiftung und Beihilfe zu den darin genannten Vergehen nach § 92 AuslG (vgl. BGHSt 45, 103, 107; Senge in Erbs/Kohlhaas 138. ErgLfg. AuslG § 92 a Rdn. 3). Doch setzt die Strafbarkeit wegen vollen-
deter Schleusungstätigkeit die Vollendung der "Haupttat" nach § 92 AuslG voraus. Dies folgt schon daraus, daß in § 92 a Abs. 1 nur § 92 Abs. 1 und Abs. 2 AuslG, nicht aber die Versuchsvorschrift des § 92 Abs. 2 a AuslG in Bezug genommen ist. Schleusertätigkeit, die nicht zu dem in § 92 AuslG vorausgesetzten Erfolg führt, ist deshalb nur als Versuch nach § 92 a Abs. 3 AuslG erfaßt (vgl. BGH StV 1999, 382; BGH NStZ 2002, 33, 34; Stoppa in Huber, Handbuch des Ausländer- und Asylrechts, Bd. II , Stand 1. Februar 2002, AuslG § 92 a Rdn. 100).
cc) Der Senat sieht aber davon ab, in diesem Fall den Schuldspruch von sich aus zu ändern. Denn er schließt nicht aus, daß sich ergänzende Feststellungen treffen lassen, die nach dem oben zu den Fällen II. 1 und 2 der Urteilsgründe Gesagtem (s.o. 2. a cc) eine Verurteilung wegen vollendeter Schleusung tragen.

c) Zu Fällen II. 5 und 6 der Urteilsgründe
aa) Hierzu hat das Landgericht festgestellt, daß der Angeklagte am 28. Oktober 2000 den "illegal im Bundesgebiet aufhältigen Hardip S. gemeinsam mit zwei Indern, die über ein gültiges Schengen-Visum verfügten, von Hamburg aus per Pkw nach Dänemark zu schleusen" beabsichtigte (UA 12). Zwar traf sich der Angeklagte am Hamburger Hauptbahnhof mit den schleusungswilligen Personen. Die Schleusungsfahrt "scheiterte jedoch", da die Ausländer beim Verlassen des Hauptbahnhofs kontrolliert wurden (Fall II. 5).
Noch am selben Abend bat Ekam S. den Angeklagten, zwei Personen nach Dänemark zu schleusen, "wobei es sich möglicherweise um die Per-
sonen vom gescheiterten Unternehmen am Hamburger Hauptbahnhof handelte" (UA 12). Der Angeklagte gewann daraufhin Thomas N. für die Durchfüh- rung der Fahrt. N. nahm die beiden Inder am 3. November 2000 in Hamburg auf. Bei der Kontrolle am Grenzübergang Ellund wurden die beiden im Kofferraum des Pkw versteckten Inder entdeckt (Fall II. 6).
Das Landgericht hat beide Fälle als selbständige Handlungen des Durchschleusens von Ausländern nach § 92 a i.V.m. § 92 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 AuslG, einen Versuch jedoch nur im Fall II. 5 angenommen.
bb) Die rechtliche Wertung des Landgerichts begegnet durchgreifenden Bedenken. Soweit der Angeklagte nach den bisher getroffenen Feststellungen seine Tätigkeit überhaupt erst entfaltete, als sich die Inder bereits in der Bundesrepublik Deutschland aufhielten, wären seine auf die Ausschleusung, und damit auf die Beendigung des (illegalen?) Aufenthalts in der Bundesrepublik gerichteten Bemühungen nach dem oben zu den Fällen II. 1 und 2 der Urteilsgründe Gesagten (s.o. 2. a bb) – vorbehaltlich der vom Landgericht nicht in den Blick genommenen Strafbarkeit nach § 92 a Abs. 4 AuslG (dazu nachfolgend dd) – straflos. Für eine Einbindung des Angeklagten in die Schleuserorganisation dergestalt, daß sich sein Tatbeitrag als Förderung des (illegalen) Aufenthalts der schleusungswilligen Personen in der Bundesrepublik Deutschland darstellt und er sich deshalb nach den dazu von der Rechtsprechung entwikkelten Grundsätzen (BGHSt 45, 103) wegen vollendeten "Durchschleusens" strafbar gemacht hat, fehlt es bislang an den erforderlichen Feststellungen.
cc) Davon abgesehen könnte die Verurteilung in diesen Fällen auch aus weiteren Gründen nicht bestehen bleiben:
Zum einen sind die Feststellungen, was den "ausländerrechtlichen Status" der Inder anlangt, widersprüchlich bzw. unklar. Denn einerseits stellt das Landgericht zu Fall II. 6 der Urteilsgründe fest, daß die beiden schleusungswilligen Personen "ohne Aufenthaltsgenehmigung für die Bundesrepublik Deutschland" waren (UA 15); andererseits handelte es sich - wie bereits erwähnt - "möglicherweise um die Personen vom gescheiterten Unternehmen am Hamburger Hauptbahnhof", von denen aber zwei Inder "über ein gültiges Schengen-Visum verfügten" (UA 12 zu Fall II. 5 der Urteilsgründe). Welcher Art die Schengen-Visa waren und welche Berechtigung sich daraus für die betreffenden Inder ergab (vgl. dazu Westphal ZAR 1998, 175 ff.), teilt das Urteil nicht mit.
Des weiteren hat das Landgericht im Fall II. 5 die sich aufdrängende Abgrenzung zwischen unbeendetem Versuch, von dem der Angeklagte gemäß § 24 Abs. 1 StGB durch bloßes Aufgeben der weiteren Tatausführung strafbefreiend zurückgetreten sein könnte, und fehlgeschlagenem Versuch nicht vorgenommen. Dieser Frage nachzugehen, bestand schon deshalb Anlaß, weil der Angeklagte wegen der Kontrolle am Hauptbahnhof lediglich "für diesen Tag" das Unternehmen für gescheitert ansah (UA 12). Dies läßt zugleich die Annahme zu, daß sich der Fall II. 6 lediglich als Fortsetzung des vorangehenden abgebrochenen Versuchs darstellt. Dies gilt umso mehr, als das Landgericht nicht ausschließt, daß es sich - wovon zu Gunsten des Angeklagten auszugehen ist - "möglicherweise um die Personen vom gescheiterten Unternehmen am Hamburger Hauptbahnhof handelte", womit naheliegend nur die zwei der im Fall II. 5 bezeichneten schleusungswilligen Inder gemeint sein können. Dann stellt sich aber das Vorgehen des Angeklagten im Fall II. 5 als nicht selbständiger Teil des Schleusungsvorgangs dar, der nach den in der Rechtspre-
chung zur tatbestandlichen Handlungseinheit (vgl. Tröndle/Fischer StGB 50. Aufl. vor § 52 Rdn. 2 d m.N.) entwickelten Grundsätzen die Fälle II. 5 und 6 zu einer Tat im Rechtssinne verbindet.
dd) Zudem hat das Landgericht es unterlassen, die Strafbarkeit des Angeklagten in den Fällen II. 5 und 6 der Urteilsgründe nach § 92 a Abs. 4 AuslG zu prüfen. Das Landgericht hat diese Vorschrift außer Betracht gelassen, obwohl - wie ausgeführt (s.o. 2 a bb) - das Übereinkommen über den Beitritt des Königreichs Dänemark zum Schengener Durchführungsübereinkommen seit dem 1. Mai 1999 in Kraft ist (Bekanntmachung BGBl 2002 II 627). Mit dem Inkrafttreten des Beittrittsabkommens ist nach Art. 2 Abs. 1 Unterabsatz 1 Satz 1 des „Protokolls zur Einbeziehung des Schengen-Besitzstands in den Rahmen der Europäischen Union“ (BGBl 1998 II 429) der Schengen-Besitzstand für Dänemark für sofort anwendbar erklärt worden. Deshalb war Dänemark im Tatzeitraum bereits Vertragsstaat im Sinne der genannten Strafvorschrift. Dies entspricht nach einer vom Senat eingeholten Auskunft auch der Auffassung der Bundesregierung. Daß das Inkrafttreten erst nachträglich bekannt gemacht wurde (BGBl 2002 II 627, ausgegeben am 14. März 2002), steht der Anwendbarkeit von § 92 a Abs. 4 AuslG nicht entgegen (vgl. BayObLGSt 1999, 113, 117 f.; Senge in Erbs/Kohlhaas aaO Rdn. 19).
Der Anwendung der Strafbestimmung des § 92 a Abs. 4 AuslG steht auch nicht entgegen, daß der sog. Schengen-Besitzstand nach der in der Schlußakte zu den zum Beitrittsübereinkommen aufgenommenen Erklärung (BGBl 2000 II 1110) durch Beschluß des Rates der Europäischen Union vom 1. Dezember 2000 – 2000/777/EG (Abl EG L 309/24 vom 9. Dezember 2000) für Dänemark erst zum 25. März 2001 (und damit nach der Tatbegehung) in Kraft
gesetzt worden ist (Bekanntmachung vom 27. Februar 2002, BGBl 2002 II 627, 628). Der Zeitpunkt der Inkraftsetzung des Vertrages ist für die Geltung der (nationalen) Strafbestimmung des § 92 a Abs. 4 AuslG ohne Bedeutung (Stoppa aaO Rdn. 92; ebenso Westphal/Stoppa aaO S. 566; a.A. noch, aber ohne nähere Begründung, Westphal in Huber Handbuch des Ausländer- und Asylrechts , Band II, Vorbem. Schengen II B 651 Rdn. 8).
Für diese Auslegung spricht schon der Wortlaut des Art. 8 des Gesetzes zu dem Schengener Übereinkommen vom 19. Juni 1990 betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen vom 15. Juli 1993 (BGBl II 1010). Denn nach Art. 8 Abs. 1 des Gesetzes trat (auch) die Strafvorschrift des § 92 Abs. 4 a.F. AuslG an dem Tage in Kraft, „an dem das Übereinkommen nach seinem Artikel 139 sowie die Schlußakte und das Protokoll in Kraft tr(a)ten“. Der Gesetzgeber hat in Bezug auf das Übereinkommen den Begriff des Inkrafttretens auch nicht etwa „untechnisch“ verwendet und ihn inhaltlich mit der Inkraftsetzung gleichgesetzt. Denn für die Bekanntgabe der maßgeblichen Zeitpunkte ist in Art. 8 Abs. 2 des Gesetzes ausdrücklich zwischen dem Tag des Inkrafttretens und dem „Zeitpunkt der Inkraftsetzung“ des Übereinkommens unterschieden. Auch die Einzelbegründung zu Art. 4 Nr. 3 des Gesetzentwurfs knüpfte für die Anwendung der Strafvorschrift des § 92 Abs. 4 a.F. AuslG an die „gewerbliche Mitwirkung bei der illegalen Einreise in das Gebiet der Staaten“ an, „in denen das Übereinkommen in Kraft getreten“ ist (BTDrucks. 12/2453 S. 9, Hervorheb. durch den Senat; in diesem Sinne auch BayObLGSt 1999, 113, 116).
Mag auch mit dem Auseinanderfallen von Inkrafttreten und Inkraftsetzen im Verhältnis der Vertragsstaaten untereinander eine „unerfreuliche Rechtsun-
sicherheit“ eingetreten sein (Grotz in Grützner/Pötz Internationale Rechtshilfe in Strafsachen 2. Aufl. Bd. 4 SDÜ Art. 139, dort Fußnote 97), hat der bundesdeutsche Gesetzgeber jedenfalls in europa- und verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise die Strafbarkeit nach § 92 Abs. 4 a.F. AuslG (jetzt § 92 a Abs. 4 AuslG) in Erfüllung der Verpflichtung aus Art. 27 SDÜ an den Zeitpunkt des Inkrafttretens des (Beitrittsübereinkommens zum) SDÜ geknüpft (so auch der Wortlaut der Begründung des Gesetzentwurfs, BTDrucks. 12/2453 S. 9). Daß nach der Gemeinsamen Erklärung zu Art. 139 SDÜ zum Inkrafttreten des Übereinkommens dessen Inkraftsetzen hinzukommen muß (Schomburg in Schomburg/Lagodny Internationale Rechtshilfe in Strafsachen 3. Aufl. SDÜ Art. 139 Rdn. 1), steht in Zusammenhang mit der durch Exekutivakt der Europäischen Union zu treffenden bzw. getroffenen Feststellung, daß „die Voraussetzungen der Anwendung des Übereinkommens bei den Unterzeichnerstaaten gegeben sind und die Kontrollen an den Außengrenzen tatsächlich durchgeführt werden“ (BTDrucks 12/2453 S. 84) bzw. – bezogen auf den Beitritt Dänemarks – „die als notwendig erachteten Regeln für die wirksamen Kontrollen an den Außengrenzen ... Anwendung finden und wirksam sind“ (Gemeinsame Erklärung zu Art. 7 des Übereinkommens über den Beitritt des Königreichs Dänemark zum Schengen-Übereinkommen, BGBl II 2000 1110). Dies berührt indes nicht die Befugnis des einzelnen Mitgliedstaates, in eigener Zuständigkeit schon vor der Inkraftsetzung Sanktionen einzuführen, die der wirksamen Durchsetzung der Vertragsbestimmungen dienen (vgl. Erwägungen 4 und 5 zum Beschluß des Rates der Europäischen Union vom 20. Mai 1999, 1999/436/EG, Abl EG L 176/17). Dazu fehlt es auch nicht an einem legitimierenden Anknüpfungspunkt für die damit begründete Ausdehnung der (bundesdeutschen ) Strafgewalt (vgl. hierzu Franke in GK-AuslR – Stand Januar 2000 –
AuslG § 92a Rdn. 19 m.N.), wenn – wie hier – die Tat durch einen Deutschen im Inland begangen wird.
Auch die weitere Voraussetzung des § 92 a Abs. 4 AuslG, daß die Tat gegen Rechtsvorschriften des betreffenden Vertragsstaates über die Einreise und den Aufenthalt von Drittausländern verstoßen hat, die den in § 92 Abs. 1 Nr. 1 oder 6 oder Abs. 2 Nr. 1 AuslG bezeichneten Handlungen entsprechen, kommt naheliegend in Betracht. Nach einer über die Bundesregierung eingeholten Mitteilung der Botschaft der Bundesrepublik in Kopenhagen sind die illegale Einreise in das Königreich Dänemark und der ungenehmigte Aufenthalt dort sowie die vorsätzliche Hilfeleistung dazu in § 59 des Dänischen Ausländergesetzes (udlændingeloven) grundsätzlich unter Strafe gestellt. Die Vorschrift lautet danach (in nicht-amtlicher Übersetzung) in ihrer seit dem 1. Juni 2000 – und damit auch im Tatzeitpunkt geltenden – Fassung, soweit hier von Interesse, wie folgt:
Abs. 1
Mit Geldstrafe oder Gefängnis bis zu sechs Monaten wird der Ausländer bestraft, der
(1) unter Umgehung der Passkontrollen oder außerhalb der Öffnungszeiten der Grenzübergangsstellen in das Land ... einreist ... . Satz 1 gilt nicht bei der Einreise aus ... einem Land des Schengenabkommens, wenn nicht ausnahmsweise eine Kontrolle an einer solchen Grenze stattfindet gemäß Art. 2 Abs. 2 der Schengenkonvention,...
(2) in das Land entgegen einem Einreiseverbot oder ein im Zusammenhang mit früheren ausländerrechtlichen Bestimmungen ergangenes Verbot in das Land einreist.
(3) sich im Land ohne erforderliche Genehmigung aufhält oder hier arbeitet.
(4) .......
Abs. 5
Wer einem Ausländer vorsätzlich dazu Hilfe leistet, unerlaubt einzureisen oder sich unerlaubt im Land aufzuhalten, wird mit Geldstrafe oder Gefängnis bis zu zwei Jahren verurteilt. ...
Der Senat kann die Frage, ob die Tathandlung des Angeklagten in den Fällen II. 5 und 6 der Urteilsgründe hiernach im Tatzeitpunkt Zuwiderhandlungen gegen die genannten dänischen Vorschriften im Sinne des § 92 a Abs. 4 Nr. 1 AuslG „entsprochen“ hat, aber nicht abschließend beantworten, weil es dazu an den erforderlichen Feststellungen zur rechtlichen und tatsächlichen Situation der Kontrolle an der dänischen Grenze zur Tatzeit unter Beachtung der Bestimmungen des SDÜ fehlt. Im übrigen kommt nach dem oben zu Fall II. 4 der Urteilsgründe Gesagten (s.o. 2. b) eine Strafbarkeit des Angeklagten ohnedies nur wegen versuchter Einschleusung nach § 92 a Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 AuslG in Betracht, wenn – wozu sich das angefochtene Urteil nicht verhält – die schleusungswilligen Personen dänisches Hoheitsgebiet nicht erreicht haben, sondern die Ausschleusung schon auf deutscher Seite der Grenze gescheitert war (vgl. zur entsprechenden Fragestellung bei der Einfuhr von Betäubungsmitteln BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Einfuhr 25, 30, 38). Auch in diesem Fall würde es nicht schon an einer § 92 a Abs. 3 AuslG entsprechenden , nämlich auch die versuchte Tat erfassenden Rechtsvorschrift in Dänemark fehlen; denn § 21 des dänischen Strafgesetzes (straffeloven) in der zur Tatzeit geltenden Fassung bestimmte, soweit hier von Interesse (Cornils/Greve Das dänische Strafgesetz, 1997, S. 21):
Abs.1
Handlungen, die darauf abzielen, die Ausführung einer Straftat zu fördern oder zu bewirken , werden, wenn die Straftat nicht zur Ausführung gelangt, als Versuch bestraft.
Abs. 3
Sofern nichts anderes bestimmt ist, wird der Versuch nur bestraft, wenn für die Straftat eine höhere Strafe als Haft vorgesehen ist.
[In der seit dem 1. Juli 2001 geltenden Fassung lautet der 2. Halbsatz: „..., wenn für die Straftat eine Strafe verhängt werden kann, die 4 Monate Gefängnis übersteigt“. (Cornils/Greve Das dänische Strafgesetz 2. Aufl., 2001, S. 29).]
Die Sache bedarf deshalb aber auch insoweit weiterer Aufklärung durch den neuen Tatrichter.
3. Die Aufhebung des Urteils in den Fällen II. 1 und 2 sowie 4 bis 6 der Urteilsgründe entzieht dem Gesamtstrafenausspruch die Grundlage. Auch der Maßregelausspruch nach §§ 69, 69 a StGB kann nicht bestehen bleiben; denn
das Landgericht hat die Entziehung der Fahrerlaubnis auch auf die von der Aufhebung betroffene Tat im Fall II 4 gestützt.
Tepperwien Maatz Kuckein
Ernemann

(1) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer einen anderen anstiftet oder ihm dazu Hilfe leistet, eine Handlung

1.
nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a zu begehen und
a)
dafür einen Vorteil erhält oder sich versprechen lässt oder
b)
wiederholt oder zugunsten von mehreren Ausländern handelt oder
2.
nach § 95 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2, Abs. 1a oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b oder Nr. 2 zu begehen und dafür einen Vermögensvorteil erhält oder sich versprechen lässt.

(2) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
gewerbsmäßig handelt,
2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, handelt,
3.
eine Schusswaffe bei sich führt, wenn sich die Tat auf eine Handlung nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a bezieht,
4.
eine andere Waffe bei sich führt, um diese bei der Tat zu verwenden, wenn sich die Tat auf eine Handlung nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a bezieht, oder
5.
den Geschleusten einer das Leben gefährdenden, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder der Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung aussetzt.
Ebenso wird bestraft, wer in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 Buchstabe a zugunsten eines minderjährigen ledigen Ausländers handelt, der ohne Begleitung einer personensorgeberechtigten Person oder einer dritten Person, die die Fürsorge oder Obhut für ihn übernommen hat, in das Bundesgebiet einreist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe a, Nr. 2, Absatz 2 Satz 1 Nummer 1, 2 und 5 und Absatz 3 sind auf Zuwiderhandlungen gegen Rechtsvorschriften über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines Schengen-Staates anzuwenden, wenn

1.
sie den in § 95 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 oder Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Handlungen entsprechen und
2.
der Täter einen Ausländer unterstützt, der nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum besitzt.

(5) § 74a des Strafgesetzbuchs ist anzuwenden.

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer als Unternehmerin oder Unternehmer Dienst- oder Werkleistungen in erheblichem Umfang ausführen lässt, indem sie oder er eine andere Unternehmerin oder einen anderen Unternehmer beauftragt, von dem sie oder er weiß oder fahrlässig nicht weiß, dass diese oder dieser zur Erfüllung dieses Auftrags

1.
entgegen § 284 Absatz 1 oder § 4a Absatz 5 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes eine Ausländerin oder einen Ausländer beschäftigt oder
2.
eine Nachunternehmerin oder einen Nachunternehmer einsetzt oder es zulässt, dass eine Nachunternehmerin oder ein Nachunternehmer tätig wird, die oder der entgegen § 284 Absatz 1 oder § 4a Absatz 5 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes eine Ausländerin oder einen Ausländer beschäftigt.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
entgegen § 42 Absatz 4 oder § 287 Abs. 3 sich die dort genannte Gebühr oder den genannten Aufwendungsersatz erstatten lässt,
1a.
entgegen § 82 Absatz 6 Satz 3 einen Nachweis nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erbringt,
2.
entgegen § 165 Absatz 5 einen dort genannten Beschluß nicht oder nicht rechtzeitig bekanntgibt,
3.
entgegen § 284 Abs. 1 oder § 4a Absatz 5 Satz 1 oder 2 des Aufenthaltsgesetzes eine Ausländerin oder einen Ausländer beschäftigt,
4.
entgegen § 284 Absatz 1 oder entgegen § 4a Absatz 3 Satz 4 oder Absatz 4, § 6 Absatz 2a, § 7 Absatz 1 Satz 4 erster Halbsatz, § 16a Absatz 3 Satz 1, § 16b Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 7 Satz 3, § 16b Absatz 5 Satz 3 zweiter Halbsatz, § 16c Absatz 2 Satz 3, § 16d Absatz 1 Satz 4, Absatz 3 Satz 2 oder Absatz 4 Satz 3, § 16f Absatz 3 Satz 4, § 17 Absatz 3 Satz 1, § 20 Absatz 1 Satz 4, auch in Verbindung mit Absatz 2 Satz 2, § 23 Absatz 1 Satz 4 erster Halbsatz, § 24 Absatz 6 Satz 2 erster Halbsatz oder § 25 Absatz 4 Satz 3 erster Halbsatz, Absatz 4a Satz 4 erster Halbsatz oder Absatz 4b Satz 4 erster Halbsatz des Aufenthaltsgesetzes eine Beschäftigung ausübt,
5.
entgegen § 39 Absatz 4 Satz 2 des Aufenthaltsgesetzes eine Auskunft nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig erteilt,
6.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 288a Abs. 1 zuwiderhandelt,
7.
entgegen § 288a Abs. 2 Satz 1 eine Auskunft nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt oder eine Unterlage nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vorlegt,
8.
entgegen § 288a Abs. 3 Satz 2 eine Maßnahme nicht duldet,
9.
einer Rechtsverordnung nach § 292 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist,
10.
(weggefallen)
11.
entgegen § 296 Abs. 2 oder § 296a eine Vergütung oder einen Vorschuss entgegennimmt,
12.
(weggefallen)
13.
entgegen § 298 Abs. 2 Satz 1 eine Unterlage nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig zurückgibt,
14.
(weggefallen)
15.
(weggefallen)
16.
einer Rechtsverordnung nach § 352 Abs. 2 Nr. 2 oder § 357 Satz 1 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist,
17. u. 18.
(weggefallen)
19.
entgegen
a)
§ 312 Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, oder Absatz 3 oder § 313 Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 3,
b)
§ 312a Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, oder § 314 Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 2,
eine dort genannte Tatsache nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig bescheinigt oder eine Bescheinigung nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig übermittelt,
20.
entgegen § 313 Absatz 2, auch in Verbindung mit Absatz 3, eine Nebeneinkommensbescheinigung nicht oder nicht rechtzeitig verlangt,
21.
entgegen § 313a Absatz 1 Satz 2 zweiter Halbsatz einen Nachweis nicht oder nicht rechtzeitig zuleitet,
22.
(weggefallen)
23.
entgegen § 315 Abs. 1, 2 Satz 1 oder Abs. 3, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 4, § 315 Absatz 5 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, § 316, § 317 oder als privater Arbeitgeber oder Träger entgegen § 318 Abs. 1 Satz 1 eine Auskunft nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt oder entgegen § 318 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 eine Mitteilung an die Agentur für Arbeit nicht oder nicht rechtzeitig erteilt,
24.
entgegen § 319 Abs. 1 Satz 1 Einsicht oder Zutritt nicht gewährt,
25.
entgegen § 320 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 oder 2 oder Abs. 5 einen Nachweis nicht, nicht richtig oder nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erbringt, eine Aufzeichnung nicht, nicht richtig oder nicht vollständig führt oder eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet,
26.
entgegen § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Ersten Buches eine Angabe nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht oder
27.
entgegen § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Ersten Buches eine Änderung in den Verhältnissen, die für einen Anspruch auf eine laufende Leistung erheblich ist, nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig mitteilt.

(3) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen der Absätze 1 und 2 Nr. 3 mit einer Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro, in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1, 5 bis 9 und 11 bis 13 mit einer Geldbuße bis zu dreißigtausend Euro, in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2, 4, 16, 26 und 27 mit einer Geldbuße bis zu fünftausend Euro, in den übrigen Fällen mit einer Geldbuße bis zu zweitausend Euro geahndet werden.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer eine in § 95 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b bezeichnete Handlung fahrlässig begeht.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer

1.
entgegen § 4 Absatz 2 Satz 1 einen Nachweis nicht führt,
2.
entgegen § 13 Abs. 1 Satz 2 sich der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs nicht unterzieht,
2a.
entgegen § 47a Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, oder entgegen § 47a Satz 3, ein dort genanntes Dokument nicht oder nicht rechtzeitig vorlegt oder einen Abgleich mit dem Lichtbild nicht oder nicht rechtzeitig ermöglicht,
3.
entgegen § 48 Abs. 1 oder 3 Satz 1 eine dort genannte Urkunde oder Unterlage oder einen dort genannten Datenträger nicht oder nicht rechtzeitig vorlegt, nicht oder nicht rechtzeitig aushändigt oder nicht oder nicht rechtzeitig überlässt,
4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 44a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 oder 3 zuwiderhandelt oder
5.
entgegen § 82 Absatz 6 Satz 1, auch in Verbindung mit § 60d Absatz 3 Satz 4, eine Mitteilung nicht oder nicht rechtzeitig macht.

(2a) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig

1.
entgegen § 4a Absatz 5 Satz 1 einen Ausländer mit einer nachhaltigen entgeltlichen Dienst- oder Werkleistung beauftragt, die der Ausländer auf Gewinnerzielung gerichtet ausübt,
2.
entgegen § 4a Absatz 5 Satz 3 Nummer 3 oder § 19a Absatz 1 Satz 2 oder 3 eine Mitteilung nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig macht,
3.
entgegen § 19b Absatz 7 eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet oder
4.
entgegen § 60c Absatz 5 Satz 1 oder § 60d Absatz 3 Satz 3 eine Mitteilung nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig macht.

(2b) (weggefallen)

(3) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
entgegen § 4a Absatz 3 Satz 4 oder Absatz 4, § 6 Absatz 2a, § 7 Absatz 1 Satz 4 erster Halbsatz, § 16a Absatz 3 Satz 1, § 16b Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 7 Satz 3, § 16b Absatz 5 Satz 3 zweiter Halbsatz, § 16c Absatz 2 Satz 3, § 16d Absatz 1 Satz 4, Absatz 3 Satz 2 oder Absatz 4 Satz 3, § 16f Absatz 3 Satz 4, § 17 Absatz 3 Satz 1, § 20 Absatz 1 Satz 4, auch in Verbindung mit Absatz 2 Satz 2, § 23 Absatz 1 Satz 4 erster Halbsatz oder § 25 Absatz 4 Satz 3 erster Halbsatz, Absatz 4a Satz 4 erster Halbsatz oder Absatz 4b Satz 4 erster Halbsatz eine selbständige Tätigkeit ausübt,
2.
einer vollziehbaren Auflage nach § 12 Abs. 2 Satz 2 oder Abs. 4 zuwiderhandelt,
2a.
entgegen § 12a Absatz 1 Satz 1 den Wohnsitz nicht oder nicht für die vorgeschriebene Dauer in dem Land nimmt, in dem er zu wohnen verpflichtet ist,
2b.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 12a Absatz 2, 3 oder 4 Satz 1 oder § 61 Absatz 1c zuwiderhandelt,
3.
entgegen § 13 Abs. 1 außerhalb einer zugelassenen Grenzübergangsstelle oder außerhalb der festgesetzten Verkehrsstunden einreist oder ausreist oder einen Pass oder Passersatz nicht mitführt,
4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 1, § 56 Absatz 1 Satz 2 oder Abs. 3 oder § 61 Absatz 1e zuwiderhandelt,
5.
entgegen § 56 Absatz 1 Satz 1 eine Meldung nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig macht,
5a.
einer räumlichen Beschränkung nach § 56 Absatz 2 oder § 61 Absatz 1 Satz 1 zuwiderhandelt,
5b.
entgegen § 60b Absatz 2 Satz 1 nicht alle zumutbaren Handlungen vornimmt, um einen anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz zu erlangen,
6.
entgegen § 80 Abs. 4 einen der dort genannten Anträge nicht stellt oder
7.
einer Rechtsverordnung nach § 99 Absatz 1 Nummer 3a Buchstabe d, Nummer 7, 10 oder 13a Satz 1 Buchstabe j zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.

(4) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 und des Absatzes 3 Nr. 3 kann der Versuch der Ordnungswidrigkeit geahndet werden.

(5) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 2a Nummer 1 mit einer Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro, in den Fällen des Absatzes 2a Nummer 2, 3 und 4 mit einer Geldbuße bis zu dreißigtausend Euro, in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 und des Absatzes 3 Nr. 1 und 5b mit einer Geldbuße bis zu fünftausend Euro, in den Fällen der Absätze 1 und 2 Nr. 1, 2a und 3 und des Absatzes 3 Nr. 3 mit einer Geldbuße bis zu dreitausend Euro und in den übrigen Fällen mit einer Geldbuße bis zu tausend Euro geahndet werden.

(6) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.