Bundesgerichtshof Urteil, 06. Dez. 2016 - II ZR 140/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:061216UIIZR140.15.0
bei uns veröffentlicht am06.12.2016
vorgehend
Landgericht Darmstadt, 19 O 184/12, 16.04.2014
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 12 U 71/14, 21.05.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 140/15 Verkündet am:
6. Dezember 2016
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Bei Beendigung einer atypisch stillen Gesellschaft wird der Anspruch des stillen Gesellschafters
auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens - ebenso wie ein
eventueller Verlustausgleichsanspruch des Geschäftsinhabers - regelmäßig erst
nach der Auseinandersetzung gemäß § 235 Abs. 1 HGB in Form der Durchführung
einer Gesamtabrechnung fällig, die der Geschäftsinhaber allerdings nicht ungebührlich
hinauszögern darf.
BGH, Urteil vom 6. Dezember 2016 - II ZR 140/15 - OLG Frankfurt am Main
LG Darmstadt
ECLI:DE:BGH:2016:061216UIIZR140.15.0

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. Dezember 2016 durch den Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Strohn als Vorsitzenden, die Richterin Caliebe und die Richter Prof. Dr. Drescher, Born und Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt vom 21. Mai 2015 aufgehoben und das Urteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 16. April 2014 abgeändert und wie folgt neu gefasst: Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10.416,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11. März 2013 zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Beklagte beteiligte sich mit Beitrittserklärung vom 14. Dezember 2002 an der A. AG, deren Rechtsnachfolgerin die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, ist. Hierzu wählte er das Beteiligungsprogramm "Classic" mit einer Einmaleinlage in Höhe von 50.000 € zuzüglich eines Agios; beide Beträge hat er in vollem Umfang eingezahlt.
2
Der atypisch stille Gesellschaftsvertrag (im Folgenden: GV) enthält u.a. folgende Regelungen: "§ 4 Gesellschaftskapital, Konten des atypisch stillen Gesellschafters … 2. Für jeden Gesellschafter wird bei dem Geschäftsinhaber für jede Einlage ein gesondertes Kapitalkonto geführt, das sich aus folgenden Unterkonten zusammensetzt:  dem Einlagekonto  dem Gewinn- und Verlustkonto sowie  dem Privatkonto. Das Einlagekonto, das Gewinn- und Verlustkonto sowie das Privatkonto sind jeweils zum 31. Dezember jeden Jahres miteinander zu verrechnen und ergeben zusammen das Ka- pitalkonto des Gesellschafters. … 3. Auf dem Einlagekonto werden die Einlagen des einzelnen Gesellschafters verbucht. Dieses Konto ist maßgeblich für die Gewinn- und Verlustbeteiligung des einzelnen Gesellschafters. 4. Auf dem Gewinn- und Verlustkonto werden die dem einzelnen Gesellschafter zugewiesenen Gewinn- und Verlustanteile gebucht.
5. Auf dem Privatkonto werden die Agioforderungen und Agiozahlungen sowie die Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen ) gemäß § 11 dieses Vertrags gebucht. § 6 Gesellschaftsbeschlüsse … 3. Ist Gegenstand der Beschlussfassung …
g) die Auflösung der Gesellschaft … so bedarf der Gesellschafterbeschluss einer Mehrheit von 75 % der abgegebenen Stimmen. … § 9 Beteiligung am Vermögen (Auseinandersetzungswert) 1. Die Gesellschafter erhalten im Falle ihres Ausscheidens oder bei Liquidation des Unternehmens des Geschäftsinhabers entsprechend dem Verhältnis ihrer erbrachten Einlagen zum Gesamtbetrag der Einlagen aller Gesellschafter und dem zu diesem Zeitpunkt voll eingezahlten Grundkapital des Geschäftsinhabers einen Anteil an dem seit ihrem Beitritt zu dem Unternehmen des Geschäftsinhabers gebildeten Vermögen einschließlich der stillen Reserven der bilanzierten Wirtschaftsgüter (unter Berücksichtigung eines etwaigen Geschäftswerts). Die Einzelheiten ergeben sich aus den Regelungen in § 16 dieses Vertrags. 2. Weisen die gemäß § 4 dieses Vertrags geführten Konten des einzelnen Gesellschafters bei Ausscheiden auch unter Berücksichtigung der ihm zuzuordnenden stillen Reserven einen Negativsaldo aus, so ist der ausscheidende Gesellschafter verpflichtet, die gemäß § 11 erhaltenen Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen) in Höhe des Negativsaldos an die Gesellschaft zurückzuzahlen. § 11 Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen) 1. Diejenigen Gesellschafter, die ihre Einlagen in Form einer Einmaleinlage erbringen, erhalten jährlich gewinnunabhängige Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen) zu Lasten ihres Privatkontos. Hierbei handelt es sich nicht um eine Garantieverzinsung. …
§ 16 Abfindungsguthaben bei Beendigung der atypisch stillen Gesellschaft 1. Bei Beendigung der atypisch stillen Gesellschaft steht den Gesellschaftern ein Abfindungsguthaben zu. Dieses errechnet sich nach Maßgabe des § 9 dieses Vertrags und den nachstehenden Buchstaben a) bis d) wie folgt: …
d) Übersteigen zum Auseinandersetzungsstichtag (vgl. Buchstabe e) dieses Paragraphen) die Verlustanteile und Entnahmen, welche die Gesellschafter während ihrer gesamten Gesellschaftszugehörigkeit erhalten haben, ihren eingezahlten Einlagebetrag (ohne Agio) zuzüglich der ihrem Gewinn- und Verlustkonto gutgeschriebenen Gewinnbeteiligungen , wird der sich insoweit ergebende negative Betrag im Falle des vertragsgemäßen Austritts der Gesellschafter zunächst mit ihrem Auseinandersetzungsanspruch gemäß Buchstabe b) bis zur Höhe des (anteiligen ) Auseinandersetzungswerts verrechnet. Sollte danach bei Einmalanlegern ein negativer Betrag verbleiben, kann die Gesellschaft den ausstehenden Betrag maximal bis zur Höhe der empfangenen Auszahlungen (Entnah- men/Ausschüttungen) zurückfordern….. …
f) Das Abfindungsguthaben ist bei vertragsgemäßem Ausscheiden ein Jahr nach dem Wirksamkeitszeitpunkt der jeweiligen Kündigung zur Zahlung fällig. Bei der Auszahlung von Abfindungsguthaben ist jedoch Rücksicht auf die Liquiditätslage der Gesellschaft zu nehmen. …"
3
In den Jahren 2003 bis 2005 erhielt der Beklagte vertragsgemäß gewinnunabhängige Ausschüttungen in Höhe von 10.416,67 €.
4
Im Jahr 2009 stellte die Klägerin ihren Geschäftsbetrieb ein. Am 11. Dezember 2009 beschlossen die stillen Gesellschafter im Umlaufverfahren mit der nach § 6 Nr. 3 g) GV erforderlichen Mehrheit, die stille Gesellschaft zum 15. Dezember 2009 zu "liquidieren". Der Auflösungsbeschluss wurde nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien gefasst zur Abwendung der Insolvenz und Bedienung der Schulden des gescheiterten und wertlosen Handelsgewerbes der Klägerin. Per 31. Dezember 2009 wies das Kapitalkonto des Beklagten - nach Verrechnung von Gewinngutschrift, Verlustbeteiligungen, Einlage und Ausschüttungen - einen Negativsaldo in Höhe von 19.530,04 € aus, von dem die Klägerin den darin enthaltenen Ausschüttungsbetrag von 10.416,67 € gemäß § 16 Nr. 1 d) GV mit der am 11. März 2013 zugestellten Klage geltend macht.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision der Klägerin hat Erfolg und führt unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Abänderung des Urteils des Landgerichts zur Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 10.416,67 € nebst Zinsen.
7
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
8
Die vertraglichen Vereinbarungen sähen eine Rückerstattung gewinnunabhängiger Ausschüttungen für den Fall der Liquidation der Gesellschaft nicht hinreichend deutlich vor. Ein solcher Anspruch der Klägerin sei dem Gesellschaftsvertrag weder unmittelbar noch durch ergänzende Auslegung zu entnehmen. § 11 Nr. 1 GV enthalte keinen Hinweis darauf, dass gewinnunabhängige Ausschüttungen einer Rückforderung unterliegen könnten. Da der Beklag- te seine Einlage durch Zahlung in voller Höhe erbracht habe, stelle § 3 Nr. 1 GV ebenfalls keine tragfähige Anspruchsgrundlage dar. Eine Zahlungspflicht des Beklagten lasse sich auch nicht aus § 16 Nr. 1 d) i.V.m. § 9 GV begründen. Die Regelung sehe einen Anspruch auf Ausgleich eines negativen Gewinn- und Verlustkontos bis zur Höhe der Auszahlungen nur für den Fall eines vertragsgemäßen Austritts des Gesellschafters vor. Eine ergänzende Auslegung komme nicht in Betracht. Der Anspruch könne auch nicht aus § 9 Nr. 2 GV hergeleitet werden. Die Regelung betreffe ebenfalls nur das Ausscheiden eines einzelnen Gesellschafters, nicht aber die Liquidation der stillen Gesellschaft insgesamt.
9
Da kein primärer Leistungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten bestehe, komme es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht auf den hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzanspruch des Beklagten wegen fehlerhafter Prospektangaben der Klägerin an. Ebenso wenig komme es auf die Berechtigung der vom Beklagten erhobenen Verjährungseinrede an, die das Landgericht jedoch zu Unrecht gegenüber dem Klageanspruch habe durchgreifen lassen. Bestünde der Anspruch, wäre er nicht verjährt.
10
II. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
11
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts folgt aus § 9 und § 16 Nr. 1 d) GV ein vertraglicher Anspruch der Klägerin gegen die stillen Gesellschafter auf Rückzahlung der gemäß § 11 Nr. 1 GV erhaltenen Ausschüttungen , wie der Senat mit Urteilen vom 20. September 2016 (II ZR 120/15, ZIP 2016, 2262 Rn. 14 ff., II ZR 124/15, juris Rn. 12 ff. und II ZR 139/15, juris Rn. 10 ff.) entschieden hat. Davon abzuweichen besteht kein Anlass.
12
III. Die angefochtene Entscheidung erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Die Forderung der Klägerin gegen den Be- klagten ist nicht verjährt (1.); die Hilfsaufrechnung des Beklagten mit einem ihm seiner Ansicht nach gegen dieKlägerin zustehenden Schadensersatzanspruch greift nicht durch (2.).
13
1. Der Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Rückzahlung der gewinnunabhängigen Ausschüttungen ist nicht verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist nach § 195 BGB begann nach dem Auflösungsbeschluss vom 15. Dezember 2009 nicht am 1. Januar 2010 zu laufen, da der Anspruch der Klägerin zu diesem Zeitpunkt nicht fällig war (vgl. § 199 Abs. 1 BGB). Die am 11. März 2013 zugestellte Klage ist mithin in unverjährter Zeit erhoben worden und hat die Verjährung gehemmt.
14
Der Anspruch auf Zahlung eines Auseinandersetzungsguthabens des stillen Gesellschafters entsteht - ebenso wie der Verlustausgleichsanspruch - mit der Beendigung der stillen Gesellschaft (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 1997 - II ZR 122/96, ZIP 1997, 1589, 1590) und kann nach seiner Fälligkeit geltend gemacht bzw. mit einer Klage durchgesetzt werden (§ 271 BGB). Da die stille Gesellschaft zum 15. Dezember 2009 beendet worden ist, ist der einem Verlustausgleichsanspruch der Klägerin gleichstehende Anspruch auf Rückerstattung der Ausschüttungen zu diesem Zeitpunkt zwar entstanden. Fällig wäre er gemäß § 271 Abs. 1 BGB vor dem 1. Januar 2010 aber nur gewesen, wenn die Klägerin die Rückzahlung der Ausschüttungen sofort im Jahr 2009 hätte fordern können, weil eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen war. Dies ist hier nicht der Fall.
15
a) Entgegen der Ansicht der Klägerin folgt die mangelnde Fälligkeit wegen Bestimmung einer Leistungszeit im Sinne des § 271 BGB allerdings nicht aus dem Gesellschaftsvertrag (vgl. zu einem solchen Fall BGH, Urteil vom 19. Juli 2010 - II ZR 57/09, ZIP 2010, 1637 Rn. 8). Die in § 16 Nr. 1 f) GV ent- haltene Fälligkeitsregelung bezieht sich nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift auf den Abfindungsanspruch des kündigungsbedingt ausscheidenden stillen Gesellschafters aus der fortbestehenden stillen Gesellschaft und dient, wie sich aus dem Hinweis auf die Liquiditätslage der Gesellschaft ergibt, dem Schutz der Vermögensinteressen des Geschäftsinhabers und damit auch dem Schutz der fortbestehenden mehrgliedrigen stillen Gesellschaft. Diese für den Fall des Fortbestehens der mehrgliedrigen stillen Gesellschaft getroffene Fälligkeitsregelung ist mangels Vergleichbarkeit der Interessenlage im Fall der Vollbeendigung der stillen Gesellschaft nicht entsprechend anwendbar, insbesondere nicht auf den hier geltend gemachten Anspruch des Geschäftsinhabers auf Rückerstattung der Ausschüttungen.
16
b) Die mangelnde Fälligkeit des Zahlungsanspruchs der Klägerin vor dem 1. Januar 2010 folgt jedoch aus § 235 Abs. 1 HGB, der verlangt, dass sich der Inhaber des Handelsgeschäfts nach der Auflösung der stillen Gesellschaft mit dem stillen Gesellschafter auseinanderzusetzen hat. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats und der vorherrschenden Ansicht im Schrifttum , dass bei Beendigung einer atypisch stillen Gesellschaft der Anspruch des stillen Gesellschafters auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens - ebenso wie ein eventueller Verlustausgleichsanspruch des Geschäftsinhabers - regelmäßig erst nach der Auseinandersetzung gemäß § 235 Abs. 1 HGB in Form der Durchführung einer Gesamtabrechnung fällig wird, die der Geschäftsinhaber allerdings nicht ungebührlich hinauszögern darf (BGH, Urteil vom 3. Februar 2015 - II ZR 335/13, ZIP 2015, 1116 Rn. 15; Urteil vom 8. November 2004 - II ZR 300/02, ZIP 2005, 82, 84; Urteil vom 29. Juni 1992 - II ZR 284/91, ZIP 1992, 1552, 1553; Urteil vom 12. Mai 1977 - III ZR 91/75, WM 1977, 973, 974; Urteil vom 8. Juli 1976 - II ZR 34/75, DB 1977, 87, 89; Urteil vom 12. Juni 1972 - II ZR 109/71, WM 1972, 1056; Kauffeld in Blaurock, HdB der stillen Gesellschaft, 8. Aufl., § 16 Rn. 16.39; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 37. Aufl., § 235 Rn. 2; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl., § 235 Rn. 19). Die danach erforderliche Gesamtabrechnung wurde nach Aufstellung des Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr 2009 im Jahre 2011 erstellt; Anhaltspunkte für ein ungebührliches Verzögern der Gesamtabrechnung - jedenfalls über das Jahr 2010 hinaus - sind weder ersichtlich noch vorgetragen.
17
2. Die Hilfsaufrechnung des Beklagten mit einem ihm seiner Ansicht nach zustehenden Schadensersatzanspruch aus Prospekthaftung im weiteren Sinne gegen die Klägerin wegen angeblich bestehender Prospektmängel greift nicht durch. Dahingestellt bleiben kann, ob die Behauptung des Beklagten, er sei nicht ordnungsgemäß über die Nachteile und Risiken des Anlagemodells aufgeklärt worden, zutrifft. Der Durchsetzung eines solchen Schadensersatzanspruchs des Beklagten im Wege der Aufrechnung stehen die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft und die damit bezweckte Gleichbehandlung aller Gesellschafter im Wege einer geordneten Auseinandersetzung entgegen.
18
Der Senat hat bereits mit Urteil vom 19. November 2013 (II ZR 383/12, BGHZ 199, 104 Rn. 25 ff.) entschieden, dass auf die vorliegende mehrgliedrige atypisch stille Gesellschaft die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft zur Anwendung kommen und diese einem Schadensersatzanspruch eines Anlegers , wie er von dem Beklagten hier geltend gemacht wird, entgegenstehen. Eine (hier unterstellte) Aufklärungspflichtverletzung durch die Klägerin berechtigte den stillen Gesellschafter (zunächst nur) zur Geltendmachung seines Abfindungsanspruchs. Voraussetzung für die Durchsetzung eines darüber hinausgehenden Schadensersatzanspruchs ist, dass die Abfindungsansprüche aller anderen stillen (Mit)Gesellschafter ebenfalls befriedigt sind oder befriedigt werden könnten; gegebenenfalls bleibt dem stillen Gesellschafter die Möglichkeit der Geltendmachung des weitergehenden Schadens im Wege der Feststel- lungsklage (BGH, Urteil vom 19. November 2013 - II ZR 383/12, BGHZ 199, 104 Rn. 29 f., 33). Steht - wie im vorliegenden Fall - fest, dass nach Beendigung der mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaft kein Abfindungsanspruch eines stillen Gesellschafters befriedigt werden kann, weil der Auseinandersetzungswert für das gesamte Unternehmen des Geschäftsinhabers einschließlich der stillen Reserven und unter Einbeziehung des Geschäftswertes negativ ist - dies ist nach § 16 Nr. 1 d) GV (u.a.) Voraussetzung für den Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung der Ausschüttungen -, so dass, wovon beide Parteien ausgehen, die Klägerin ohne das Bestehen ihrer Ansprüche gegen die stillen Gesellschafter hätte Insolvenz anmelden müssen, scheidet die Geltendmachung eines Schadenersatzanspruchs im Wege der Leistungsklage (hier: der Aufrechnung) ebenso aus. Den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft und dem damit verbundenen Ziel der gleichmäßigen Belastung aller stillen Gesellschafter im Wege der geordneten Auseinandersetzung (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 2013 - II ZR 383/12, BGHZ 199, 104 Rn. 29) widerspricht es, dass sich ein einzelner Gesellschafter seiner Beteiligung an den von allen stillen Gesellschaftern zu tragenden Schulden des Geschäftsinhabers (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 20. September 2016 - II ZR 120/15, ZIP 2016, 2262 Rn. 21) durch Aufrechnung entzieht. Den ihm seiner Ansicht nach zustehenden Schadensersatzanspruch gegen den Geschäftsinhaber kann der stille Gesellschafter in einer (Prozess)Situation wie der vorliegenden nur in Form einer Feststellungswiderklage geltend machen.
19
IV. Der Senat kann in der Sache abschließend selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das von der Klägerin gemäß § 16 Nr. 1 a) bis d) GV errechnete negative Kapitalkonto weist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gewinnunabhängige Ausschüttungen in Höhe von 10.416,67 € aus. Die Revisionserwiderung hat insoweit keine Gegenrügen erhoben, sondern geht in Über- einstimmung mit der Klägerin von der Wertlosigkeit des Handelsgewerbes der Klägerin im Zeitpunkt des Auflösungsbeschlusses aus.
Strohn Caliebe Drescher Born Sunder
Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 16.04.2014 - 19 O 184/12 -
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(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen


(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem1.der Anspruch entstanden ist und2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des S

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 195 Regelmäßige Verjährungsfrist


Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
Bundesgerichtshof Urteil, 06. Dez. 2016 - II ZR 140/15 zitiert 8 §§.

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Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 561 Revisionszurückweisung


Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 271 Leistungszeit


(1) Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken. (2) Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Gläu

Handelsgesetzbuch - HGB | § 235


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(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

(1) Nach der Auflösung der Gesellschaft hat sich der Inhaber des Handelsgeschäfts mit dem stillen Gesellschafter auseinanderzusetzen und dessen Guthaben in Geld zu berichtigen.

(2) Die zur Zeit der Auflösung schwebenden Geschäfte werden von dem Inhaber des Handelsgeschäfts abgewickelt. Der stille Gesellschafter nimmt teil an dem Gewinn und Verlust, der sich aus diesen Geschäften ergibt.

(3) Er kann am Schluß jedes Geschäftsjahrs Rechenschaft über die inzwischen beendigten Geschäfte, Auszahlung des ihm gebührenden Betrags und Auskunft über den Stand der noch schwebenden Geschäfte verlangen.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der Zivilkammer 84 des Landgerichts Berlin vom 26. März 2015 aufgehoben.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Spandau, 4. Abt., vom 22. Mai 2013 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Beklagte beteiligte sich mit Beitrittserklärung vom 9. Dezember 2002 an der A.           AG, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte, eine GmbH & Co. KG, ist. Hierzu wählte er das Beteiligungsprogramm "Classic" mit einer Einmaleinlage in Höhe von 20.000 € zuzüglich eines Agios; beide Beträge hat er in vollem Umfang eingezahlt.

2

Der atypisch stille Gesellschaftsvertrag (im Folgenden: GV) enthält u.a. folgende Regelungen:

"§ 4 Gesellschaftskapital, Konten des atypisch stillen Gesellschafters

2. Für jeden Gesellschafter wird bei dem Geschäftsinhaber für jede Einlage ein gesondertes Kapitalkonto geführt, das sich aus folgenden Unterkonten zusammensetzt:

• dem Einlagekonto

• dem Gewinn- und Verlustkonto

sowie

• dem Privatkonto.

Das Einlagekonto, das Gewinn- und Verlustkonto sowie das Privatkonto sind jeweils zum 31. Dezember jeden Jahres miteinander zu verrechnen und ergeben zusammen das Kapitalkonto des Gesellschafters. …

3. Auf dem Einlagekonto werden die Einlagen des einzelnen Gesellschafters verbucht. Dieses Konto ist maßgeblich für die Gewinn- und Verlustbeteiligung des einzelnen Gesellschafters.

4. Auf dem Gewinn- und Verlustkonto werden die dem einzelnen Gesellschafter zugewiesenen Gewinn- und Verlustanteile gebucht.

5. Auf dem Privatkonto werden die Agioforderungen und Agiozahlungen sowie die Auszahlungen (Entnahmen/Aus-schüttungen) gemäß § 11 dieses Vertrags gebucht.

§ 6 Gesellschaftsbeschlüsse

3. Ist Gegenstand der Beschlussfassung

g) die Auflösung der Gesellschaft

… so bedarf der Gesellschafterbeschluss einer Mehrheit von 75 % der abgegebenen Stimmen. …

§ 9 Beteiligung am Vermögen (Auseinandersetzungswert)

1. Die Gesellschafter erhalten im Falle ihres Ausscheidens oder bei Liquidation des Unternehmens des Geschäftsinhabers entsprechend dem Verhältnis ihrer erbrachten Einlagen zum Gesamtbetrag der Einlagen aller Gesellschafter und dem zu diesem Zeitpunkt voll eingezahlten Grundkapital des Geschäftsinhabers einen Anteil an dem seit ihrem Beitritt zu dem Unternehmen des Geschäftsinhabers gebildeten Vermögen einschließlich der stillen Reserven der bilanzierten Wirtschaftsgüter (unter Berücksichtigung eines etwaigen Geschäftswerts). Die Einzelheiten ergeben sich aus den Regelungen in § 16 dieses Vertrags.

2. Weisen die gemäß § 4 dieses Vertrags geführten Konten des einzelnen Gesellschafters bei Ausscheiden auch unter Berücksichtigung der ihm zuzuordnenden stillen Reserven einen Negativsaldo aus, so ist der ausscheidende Gesellschafter verpflichtet, die gemäß § 11 erhaltenen Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen) in Höhe des Negativsaldos an die Gesellschaft zurückzuzahlen.

§ 11 Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen)

1. Diejenigen Gesellschafter, die ihre Einlagen in Form einer Einmaleinlage erbringen, erhalten jährlich gewinnunabhängige Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen) zu Lasten ihres Privatkontos. Hierbei handelt es sich nicht um eine Garantieverzinsung.

§ 16 Abfindungsguthaben bei Beendigung der atypisch stillen Gesellschaft

1. Bei Beendigung der atypisch stillen Gesellschaft steht den Gesellschaftern ein Abfindungsguthaben zu. Dieses errechnet sich nach Maßgabe des § 9 dieses Vertrags und den nachstehenden Buchstaben a) bis d) wie folgt:

d) Übersteigen zum Auseinandersetzungsstichtag (vgl. Buchstabe e) dieses Paragraphen) die Verlustanteile und Entnahmen, welche die Gesellschafter während ihrer gesamten Gesellschaftszugehörigkeit erhalten haben, ihren eingezahlten Einlagebetrag (ohne Agio) zuzüglich der ihrem Gewinn- und Verlustkonto gutgeschriebenen Gewinnbeteiligungen, wird der sich insoweit ergebende negative Betrag im Falle des vertragsgemäßen Austritts der Gesellschafter zunächst mit ihrem Auseinandersetzungsanspruch gemäß Buchstabe b) bis zur Höhe des (anteiligen) Auseinandersetzungswerts verrechnet. Sollte danach bei Einmalanlegern ein negativer Betrag verbleiben, kann die Gesellschaft den ausstehenden Betrag maximal bis zur Höhe der empfangenen Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen) zurückfordern."

3

In den Jahren 2003 bis 2005 erhielt der Beklagte vertragsgemäß gewinnunabhängige Ausschüttungen in Höhe von 4.166,67 €.

4

Am 11. Dezember 2009 beschlossen die stillen Gesellschafter im Umlaufverfahren mit der nach § 6 Nr. 3 g) GV erforderlichen Mehrheit, die stille Gesellschaft zum 15. Dezember 2009 zu "liquidieren". Per 31. Dezember 2009 wies das Kapitalkonto des Beklagten - nach Verrechnung von Gewinngutschrift, Verlustbeteiligung, Einlage und Ausschüttungen - einen Negativsaldo in Höhe von 7.812,01 € auf, von dem die Klägerin den darin enthaltenden Ausschüttungsbetrag von 4.166,67 € gemäß § 16 Nr. 1 d) GV mit der Klage geltend macht.

5

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage auf die Berufung hin abgewiesen und die - in der Berufungsinstanz hilfsweise begehrte - Feststellung, dass die Rückzahlungspflicht bei Vollbeendigung der atypisch stillen Gesellschaft bestehe, für unzulässig gehalten. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe

6

Über die Revision ist, da der Beklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung im Revisionsverhandlungstermin nicht vertreten war, durch Versäumnisurteil zu entscheiden, das aber inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer sachlichen Prüfung des Antrags beruht (BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81).

7

Die Revision hat Erfolg und führt unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur Wiederherstellung des klagezusprechenden Urteils des Amtsgerichts.

8

I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

9

Der Rückzahlungsanspruch ergebe sich nicht aus § 9 Nr. 2 GV. Während § 9 Nr. 1 GV den Anteil des Gesellschafters behandele, den dieser im Falle seines Ausscheidens oder der Liquidation des Unternehmens des Geschäftsinhabers erhalte, regele § 9 Nr. 2 GV die Pflicht zur Rückgewähr von Auszahlungen des ausscheidenden Gesellschafters. Die vorliegend beschlossene Liquidation der atypisch stillen Gesellschaft sei kein Ausscheiden in diesem Sinne.

10

Der Anspruch könne auch nicht auf § 3 Nr. 1 GV gestützt werden, der die Einlagepflicht betreffe. Der Beklagte habe die von ihm gezeichnete Einmaleinlage unstreitig geleistet. Dass die gewinnunabhängigen Auszahlungen nach § 11 GV die erbrachte Einlage wieder verringerten, sei dem Gesellschaftsvertrag nicht zu entnehmen. Mangels Rückstands mit der Einlageleistung ergebe sich ein Anspruch auch nicht aus § 236 Abs. 2 HGB, ohne dass es darauf ankomme, ob die Vorschrift auf die Liquidation der stillen Gesellschaft entsprechend anwendbar sei.

11

Auch § 16 Nr. 1 d) GV berechtige die Klägerin nicht zur Rückforderung der Ausschüttungen. In dieser Bestimmung gehe es um den Fall des "vertragsgemäßen Austritts" der Gesellschafter, der hier nicht eingetreten sei. Eine entsprechende Anwendung der Regelung auf den Fall der Liquidation komme nicht in Betracht. Es bestehe nämlich ein wesentlicher Unterschied zwischen dem vertragsgemäßen Austritt eines stillen Gesellschafters aus dem fortbestehenden Unternehmen, dessen Bewertung zu Fortführungswerten erfolge, und der Liquidation der stillen Gesellschaft zur Abwendung der Insolvenz des Unternehmens.

12

Offenbleiben könne, ob die Klageerweiterung in Form des Hilfsantrags in der Berufungsinstanz unzulässig sei. Denn jedenfalls sei die Hilfsfeststellungsklage als solche unzulässig.

13

II. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Beklagte ist gemäß § 9 Nr. 1 und 2 i.V.m. § 16 Nr. 1 d) GV zur Rückzahlung der gemäß § 11 Nr. 1 GV erhaltenen Ausschüttungen in Höhe von 4.166,67 € verpflichtet.

14

1. Der erkennende Senat hat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung mit Urteil vom 8. Dezember 2015 (II ZR 333/14, ZIP 2016, 523 ff.) im Rahmen der ihm als Revisionsgericht obliegenden objektiven Auslegung (st. Rspr., s. nur BGH, Beschluss vom 22. September 2015 - II ZR 310/14, ZIP 2016, 266 Rn. 8; Beschluss vom 23. September 2014 - II ZR 373/13, juris Rn. 1, jeweils mwN) des mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaftsvertrags zu den - auch hier - auszulegenden Bestimmungen, aber auch schon zu wortgleichen Regelungen in anderen stillen Gesellschaftsverträgen, die Gegenstand von Prospekthaftungsklagen gegen vergleichbare Gesellschaften waren (BGH, Beschlüsse vom 3. Februar 2015 - II ZR 52/14, - II ZR 54/14, - II ZR 77/14, - II ZR 93/14, - II ZR 103/14, jeweils juris), entschieden, dass sich die Berechnung des Abfindungsbetrags der stillen Gesellschafter nach der mit Beschluss vom 11. Dezember 2009 mit Wirkung zum 15. Dezember 2009 eingetretenen Vollbeendigung der mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaft nach § 16 und § 9 GV richtet.

15

Im Urteil vom 8. Dezember 2015 (II ZR 333/14, ZIP 2016, 523 Rn. 7, 14) hat der Senat insoweit ausgeführt:

"…

Die stille Gesellschaft ist durch den Beschluss der Gesellschafter vom 11. Dezember 2009 mit Wirkung zum 15. Dezember 2009 im Sinne des § 16 Nr. 1 GV beendet worden. Bei Beendigung der stillen Gesellschaft steht den Gesellschaftern nach § 16 Nr. 1 Satz 1 GV ein Abfindungsguthaben zu, dessen Berechnung sich nach einem in § 16 und § 9 GV näher geregelten Auseinandersetzungswert bestimmt. …

Die den stillen Gesellschaftern im Innenverhältnis wie Kommanditisten eingeräumten Rechte sind, soweit sie nach der Auflösung der stillen Gesellschaft nicht überhaupt entfallen sind, jedenfalls auf die Durchsetzung ihrer sich aufgrund der Auflösung der Gesellschaft ergebenden Ansprüche beschränkt. Hinsichtlich ihrer vermögensmäßigen Beteiligung an dem Unternehmen sind die stillen Gesellschafter nach Maßgabe von § 16 i.V.m. § 9 GV abzufinden."

16

In den Beschlüssen vom 3. Februar 2015 (II ZR 52/14, II ZR 54/14, II ZR 77/14, II ZII ZR 93/14, II ZII ZR 103/14, jeweils juris Rn. 16) heißt es insoweit:

"Hinsichtlich der Rückzahlungspflicht im Rahmen der Auseinandersetzung der atypischen stillen Gesellschaft oder des Ausscheidens eines atypischen stillen Gesellschafters ergibt sich aus § 13 Abs. 1 Buchst. d (wortgleich mit: § 16 Nr. 1 Buchst. d), siehe LG Hamburg, Urteil vom 24. Januar 2013 - 328 O 370/11, juris Rn. 24 - Vorinstanz zu II ZR 52/14) des im Prospekt abgedruckten Gesellschaftsvertrags, dass eine Rückzahlungspflicht an die Gesellschaft dann besteht, wenn die Entnahmen und Verlustanteile die Einlagesumme und Gewinnanteile und das ermittelte Abfindungsguthaben übersteigen und eine Verrechnung nicht zur Deckung des negativen Kapitalkontos ausreicht. …"

17

2. Der Senat sieht keine Veranlassung, von dieser Auslegung der Regelungen in §§ 9, 16 GV abzuweichen.

18

a) § 16 GV verweist ausweislich seiner Überschrift sowie der Formulierung in Nr. 1 Satz 2 für jede Form der Beendigung der mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaft auf § 9 GV sowie die "nachstehenden Buchstaben a) bis d)" als Maßstab für die Berechnung des Abfindungsguthabens der stillen Gesellschafter. Beendet wird die atypisch mehrgliedrige stille Gesellschaft (jedenfalls) durch den Beschluss der Gesellschafter, diese aufzulösen (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2015 - II ZR 333/14, ZIP 2016, 523 Rn. 9 ff.). Hingegen wird die stille Gesellschaft durch den vertragsgemäßen Austritt eines Gesellschafters, wie aus § 15 Nr. 1 Abs. 4 GV folgt, nicht aufgelöst, sondern sie wird in diesem Fall fortgesetzt. Dies rechtfertigt es, in § 9 GV in Verbindung mit § 16 Nr. 1 d) GV ausdrücklich klarzustellen, dass die Pflicht zur Rückzahlung der gewinnunabhängigen Ausschüttungen - auch - bei einem Austritt besteht.

19

b) Die Regelung in § 16 Nr. 1 d) GV betreffend die Pflicht zur Rückzahlung der gewinnunabhängigen Auszahlungen trägt dem Umstand Rechnung, dass die stillen Gesellschafter bei der hier vorliegenden vertraglichen Konstruktion das wirtschaftliche Risiko des Unternehmens des Geschäftsinhabers tragen.

20

Angesichts des Verhältnisses des vom Geschäftsherrn eingelegten Kapitals von 500.000 € zur Höhe der stillen Einlagen in Höhe von 150 Mio. € und des Umstands, dass die stillen Gesellschafter einem Kommanditisten vergleichbare Mitwirkungsrechte haben, die ihnen weitreichende Befugnisse zur Einflussnahme auf die Geschäftsführung und die Gestaltung der Kommanditgesellschaft einräumen (§ 1 Nr. 2 und 4, § 6 Nr. 2 und 3 GV), haben die Einlagen der stillen Gesellschafter Eigenkapitalcharakter (vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Dezember 1984 - II ZR 36/84, ZIP 1985, 347). Die stillen Gesellschafter treten gemäß § 10 Nr. 6 GV (u.a.) mit ihren Abfindungsansprüchen im Rang hinter die Erfüllung der Forderungen von Gläubigern des Geschäftsinhabers zurück. In der Insolvenz des Geschäftsinhabers stehen ihre Forderungen nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO einem Gesellschafterdarlehen im Nachrang gleich (BGH, Urteil vom 28. Juni 2012 - IX ZR 191/11, BGHZ 193, 378 Rn. 24). Auszahlungen an sie können im Falle der Insolvenz des Geschäftsherrn anfechtbar sein (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2012 - IX ZR 191/11, BGHZ 193, 378 Rn. 27; Haas/Vogel, NZI 2012, 875, 877; Mylich, WM 2013, 1010, 1013 f.).

21

Für den Fall der Beendigung der stillen Gesellschaft regelt § 16 Nr. 1 d) GV diese umfassend bestehende Pflicht der stillen Gesellschafter, die Schulden des Geschäftsinhabers, soweit sie auf das Unternehmen entfallen, an dem sie beteiligt sind, möglichst auszugleichen. Die stillen Gesellschafter sollen dem Geschäftsherrn die Schuldentilgung durch die Rückzahlung der Gelder ermöglichen, die sie nicht als Gewinn, sondern zu Lasten des Vermögens des Unternehmens erhalten haben. § 16 Nr. 1 d) GV stellt klar, dass diese Pflicht - schon aus Gründen der Gleichbehandlung - jeden stillen Gesellschafter trifft, der derartige Zahlungen aus dem Vermögen des Unternehmens des Geschäftsinhabers erhalten hat - unabhängig davon, ob die Beendigung der Gesellschafterstellung auf einer Kündigung des Gesellschafters, seiner Ausschließung oder auf der Auflösung der stillen Gesellschaft beruht. Ebenso verweist § 9 GV für jede Form des Ausscheidens eines stillen Gesellschafters auf die Einzelheiten der Berechnung nach § 16 GV, der ausweislich seiner Bezeichnung das "Abfindungsguthaben bei Beendigung der atypisch stillen Gesellschaft" regelt.

22

c) Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass diese Auslegung der §§ 9, 16 Nr. 1 d) GV dem Verständnis einer Vielzahl von stillen Gesellschaftern entspricht, die sich an der Klägerin bzw. vergleichbaren Gesellschaften beteiligt haben. Diese haben ihre, dem Senat aus den bei ihm anhängigen Verfahren bekannten Prospekthaftungsansprüche u.a. darauf gestützt, dass sie über die sich nach ihrem Verständnis aus § 9 i.V.m. § 16 Nr. 1 d) GV (bzw. wortgleichen Regelungen) ergebende Pflicht zur Rückzahlung der gewinnunabhängigen Auszahlungen im Falle der Beendigung der stillen Gesellschaft nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden seien.

23

III. Der Senat kann in der Sache abschließend selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht hat durch Bezugnahme auf die Feststellungen des Amtsgerichts festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Rückzahlungspflicht des Beklagten nach § 16 Nr. 1 d), § 9 Nr. 2 GV - mit Ausnahme der von ihm rechtsfehlerhaft verneinten Anwendbarkeit auf den hier vorliegenden Fall des Ausscheidens infolge Beendigung der Gesellschaft - erfüllt sind. Der von der Klägerin gestellte Hilfsantrag ist damit gegenstandslos geworden.

IV. Rechtsbehelfsbelehrung:

26

Gegen dieses Versäumnisurteil kann die säumige Partei innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen, die mit der Zustellung des Versäumnisurteils beginnt, schriftlich Einspruch durch eine von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnete Einspruchsschrift beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe (Postanschrift: 76125 Karlsruhe) einlegen.

Strohn                    Caliebe                       Wöstmann

               Born                        Sunder

Berichtigungsbeschluss vom 20. Dezember 2016

Das Versäumnisurteil vom 20. September 2016 wird wegen offenbarer Unrichtigkeit gemäß § 319 Abs. 1 ZPO im Tatbestand, Seite 2, Randnummer 1, wie folgt berichtigt:

„Der Beklagte beteiligte sich mit Beitrittserklärung vom 9. Dezember 2002 an der A.                     AG, deren Rechtsnachfolgerin die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, ist.“

Strohn        

    

Caliebe        

    

Wöstmann

    

Born        

    

Sunder        

    

12
1. Der erkennende Senat hat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung mit Urteil vom 8. Dezember 2015 (II ZR 333/14, ZIP 2016, 523 ff.) im Rahmen der ihm als Revisionsgericht obliegenden objektiven Auslegung (st. Rspr., s. nur BGH, Beschluss vom 22. September 2015 - II ZR 310/14, ZIP 2016, 266 Rn. 8; Beschluss vom 23. September 2014 - II ZR 373/13, juris Rn. 1, jeweils mwN) des mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaftsvertrags zu den - auch hier - auszulegenden Bestimmungen, aber auch schon zu wortgleichen Regelungen in anderen stillen Gesellschaftsverträgen, die Gegenstand von Prospekthaftungsklagen gegen vergleichbare Gesellschaften waren (BGH, Beschlüsse vom 3. Februar 2015 - II ZR 52/14, - II ZR 54/14, - II ZR 77/14, - II ZR 93/14, - II ZR 103/14, jeweils juris), entschieden, dass sich die Berechnung des Abfindungsbetrags der stillen Gesellschafter nach der mit Beschluss vom 11. Dezember 2009 mit Wirkung zum 15. Dezember 2009 eingetretenen Vollbeendigung der mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaft nach § 16 und § 9 GV richtet.
10
1. Der erkennende Senat hat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung mit Urteil vom 8. Dezember 2015 (II ZR 333/14, ZIP 2016, 523 ff.) im Rahmen der ihm als Revisionsgericht obliegenden objektiven Auslegung (st. Rspr., s. nur BGH, Beschluss vom 22. September 2015 - II ZR 310/14, ZIP 2016, 266 Rn. 8; Beschluss vom 23. September 2014 - II ZR 373/13, juris Rn. 1, jeweils mwN) des mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaftsvertrags zu den - auch hier - auszulegenden Bestimmungen, aber auch schon zu wortgleichen Regelungen in anderen stillen Gesellschaftsverträgen, die Gegenstand von Prospekthaftungsklagen gegen vergleichbare Gesellschaften waren (BGH, Beschlüsse vom 3. Februar 2015 - II ZR 52/14, - II ZR 54/14, - II ZR 77/14, - II ZR 93/14, - II ZR 103/14, jeweils juris), entschieden, dass sich die Berechnung des Abfindungsbetrags der stillen Gesellschafter nach der mit Beschluss vom 11. Dezember 2009 mit Wirkung zum 15. Dezember 2009 eingetretenen Vollbeendigung der mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaft nach § 16 und § 9 GV richtet.

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

(1) Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken.

(2) Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner aber sie vorher bewirken kann.

8
1. Der Anspruch ist vor dem 1. Januar 2002 entstanden. Ein Anspruch ist nach § 199 Abs. 1 BGB entstanden, sobald er erstmals vom Gläubiger geltend gemacht und mit einer Klage durchgesetzt werden kann (BGH Urt. v. 8. Juli 2008 - XI ZR 230/07, ZIP 2008, 1762 Tz. 17; v. 18. Juni 2009 - VII ZR 167/08, ZIP 2009, 1821 Tz. 19). Der Anspruch auf Zahlung eines Auseinandersetzungsguthabens entsteht - ebenso wie der Verlustausgleichsanspruch - grundsätzlich mit dem Ausscheiden des Gesellschafters (Senat, BGHZ 88, 205, 206; Urt. v. 11. Juli 1988 - II ZR 281/87, ZIP 1988, 1545; v. 14. Juli 1997 - II ZR 122/96, ZIP 1997, 1589) und kann nach seiner Fälligkeit geltend gemacht bzw. mit Klage durchgesetzt werden (§ 271 Abs. 2 BGB). Da die Beklagten zum 31. Dezember 2000 ausgeschieden sind, wurde der Verlustausgleichsanspruch Anfang Juli 2001 fällig. Die Fälligkeit des Verlustausgleichsanspruchs ist - was das Berufungsgericht übersehen hat - in § 17 Abs. 7 des Gesellschaftsvertrags geregelt. Danach war der Verlustausgleichsanspruch innerhalb von sechs Monaten nach dem Ausscheiden einzuzahlen. Das Fehlen einer Abfindungsbilanz hindert den Eintritt der Fälligkeit nicht. Um eine Forderung mit Klage geltend machen zu können, reicht es aus, dass eine Feststellungsklage erhoben werden kann. Der Eintritt der Fälligkeit hängt nicht davon ab, dass eine Forderung auch beziffert werden kann (BGH, Urt. v. 18. Juni 2009 - VII ZR 167/08, ZIP 2009, 1821 Tz. 19).

(1) Nach der Auflösung der Gesellschaft hat sich der Inhaber des Handelsgeschäfts mit dem stillen Gesellschafter auseinanderzusetzen und dessen Guthaben in Geld zu berichtigen.

(2) Die zur Zeit der Auflösung schwebenden Geschäfte werden von dem Inhaber des Handelsgeschäfts abgewickelt. Der stille Gesellschafter nimmt teil an dem Gewinn und Verlust, der sich aus diesen Geschäften ergibt.

(3) Er kann am Schluß jedes Geschäftsjahrs Rechenschaft über die inzwischen beendigten Geschäfte, Auszahlung des ihm gebührenden Betrags und Auskunft über den Stand der noch schwebenden Geschäfte verlangen.

15
1. Eine stille Gesellschaft kann gemäß § 234 Abs. 1 Satz 2 HGB, § 723 BGB aus wichtigen Gründen ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden. Die Kündigung führt zur Auflösung der stillen Gesellschaft und zur Auseinandersetzung nach Maßgabe des § 235 HGB, bei der die Einzelansprüche unselbstständige Rechnungsposten werden (BGH, Urteil vom 8. November 2004 - II ZR 300/02, ZIP 2005, 82, 84). Der Anspruch des stillen Gesellschafters auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens wird regelmäßig erst nach dieser Auseinandersetzung fällig (BGH, Urteil vom 29. Juni 1992 - II ZR 284/91, ZIP 1992, 1552, 1553). Insoweit gilt - entsprechend der Durchsetzungssperre bei der Auflösung einer Personengesellschaft - auch für die Beendigung einer stillen Gesellschaft das Prinzip der Gesamtabrechnung (BGH, Urteil vom 12. Juni 1972 - II ZR 109/71, WM 1972, 1056; Urteil vom 8. Juli 1976 - II ZR 34/75, WM 1976, 1030, 1032; Urteil vom 29. Juni 1992 - II ZR 284/91, ZIP 1992, 1552, 1553; Urteil vom 8. November 2004 - II ZR 300/02, ZIP 2005, 82, 84; vgl. auch MünchKommHGB/K. Schmidt, 3. Aufl., § 235 Rn. 18; Ebenroth /Boujong/Joost/Strohn/Gehrlein, HGB, 3. Aufl., § 235 Rn. 7; Harbarth in Großkommentar/HGB, 5. Aufl., § 235 Rn. 14 mwN). Erst der Saldo der Auseinandersetzungsrechnung ergibt, wer von wem noch etwas zu fordern hat (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 2012 - II ZR 159/10, ZIP 2013, 361 Rn. 43).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 300/02 Verkündet am:
8. November 2004
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine eigenkapitalersetzende Gesellschafterhilfe darf nach den Rechtsprechungsregeln
zum Eigenkapitalersatz im GmbH-Recht nur dann zurückgezahlt
werden, wenn wieder genügend freies, die Stammkapitalziffer übersteigendes
Vermögen vorhanden ist. Das gleiche gilt für Zinsen und - nach Umwandlung
der Gesellschafterhilfe in eine stille Einlage - Gewinnanteile.
BGH, Urteil vom 8. November 2004 - II ZR 300/02 - OLG Hamm
LG Bochum
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 8. November 2004 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette, Kraemer, Dr Strohn und
Caliebe

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 4. September 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger war Gesellschafter der beklagten GmbH. Mit Vertrag vom 16. September 1994 übertrug er seinen Geschäftsanteil i.H.v. 200.000,00 DM zu je 50 % auf den Mitgesellschafter Dr. Z. und den Geschäftsführer M.. Als Gegenleistung traten die Erwerber jeweils einen gegen die Beklagte gerichteten Darlehensrückzahlungsanspruch i.H.v. 50.000,00 DM an den Kläger ab. Mit Vertrag vom selben Tage wurde der Kläger stiller Gesellschafter der
Beklagten. Seine Einlage sollte 200.000,00 DM betragen. Sie wurde aufgebracht durch Umwandlung eines von ihm an die Beklagte gegebenen Darlehens i.H.v. 100.000,00 DM und durch Umwandlung der beiden an ihn abgetretenen Darlehensrückzahlungsansprüche i.H.v. je 50.000,00 DM. In § 6 des Vertrages über die stille Gesellschaft heißt es, daß für die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters von dem Gewinn auszugehen sei, der sich aus dem Jahresabschluß der Beklagten ergebe, und daß eine Beteiligung am Verlust ausgeschlossen sei.
Mit der Klage macht der Kläger den Gewinnanspruch für 1997 geltend. Er berechnet diesen Anspruch auf der Grundlage des in dem Jahresabschluß ausgewiesenen Jahresüberschusses und läßt einen - höheren - Verlustvortrag außer Betracht. Die Beklagte ist dagegen der Auffassung, Jahresüberschuß und Verlustvortrag müßten verrechnet werden mit der Folge, daß dem Kläger kein Anspruch zustehe. Außerdem meint die Beklagte, einer Gewinnausschüttung an den Kläger stünden jedenfalls die Kapitalerhaltungsregeln entgegen, weil die in die Einlage umgewandelten Darlehen eigenkapitalersetzenden Charakter gehabt hätten.
Beide Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Dagegen richtet sich die auf die Beschwerde der Beklagten zugelassene Revision.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Ohne Erfolg bleibt allerdings der Angriff der Revision gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, unter dem für die Beteiligung des Klägers maßgeblichen Gewinn im Sinne von § 6 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages sei der Jahresüberschuß - ohne Berücksichtigung eines Verlustvortrags - zu verstehen.
Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt: Unter Gewinn im Sinne des § 231 Abs. 1 HGB sei der nach Rücklagenbildung von den Gesellschaftern als Überschuß erklärte und damit gleichzeitig freigegebene Anteil am Gesellschaftsvermögen zu verstehen. Hier hätten die Parteien aber vereinbart, daß eine Beteiligung des stillen Gesellschafters am Verlust ausgeschlossen sein solle. Diese Regelung würde unterlaufen, wenn der Begriff Gewinn im Sinne des Jahresüberschusses abzüglich eines Verlustvortrags verstanden werde. Daher falle darunter nur der Jahresüberschuß. Daß die Parteien bei Abschluß des Vertrages etwas anderes vereinbart hätten, sei durch die Aussagen der vernommenen Zeugen nicht bewiesen.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Die Auslegung eines Vertrages ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Das Revisionsgericht prüft nur nach, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln , Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer acht gelassen wurde (st.Rspr., vgl. Sen.Urt. v. 3. April 2000 - II ZR 194/98, NJW 2000, 2099). Das ist hier nicht der Fall.
Die Parteien haben den Gewinnbegriff in dem Gesellschaftsvertrag nicht näher umschrieben. Was darunter zu verstehen ist, muß daher aufgrund einer Auslegung des Vertrages ermittelt werden. Dabei hat das Berufungsgericht zu Recht dem vereinbarten Verlustausschluß eine wichtige Bedeutung beigemessen. Die Regelung in § 6 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages, daß der stille Ge-
sellschafter am Verlust nicht beteiligt sein soll, kann zwar allein auf den Auseinandersetzungsanspruch bei Beendigung der stillen Gesellschaft bezogen sein und dann eine Ausnahme von der Regel des § 232 Abs. 2 HGB darstellen. Ebenso gut kann damit aber auch - wie das Berufungsgericht angenommen hat - ein Ausschluß des Verlustvortrags bei der Bemessung des jährlichen Gewinnanspruchs gemeint sein. Dafür spricht hier sogar, daß die stille Einlage nach § 6 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages zu verzinsen ist, auch wenn das Privatkonto des stillen Gesellschafters im Soll geführt wird. Durch diese Verzinsung könnte sich ein Verlustvortrag in das nächste Geschäftsjahr ergeben. Die Verzinsung würde dann dort - bei Berücksichtigung des Verlustvortrags - zu einer Verringerung des möglichen Gewinnanspruchs führen. Das aber würde der Regelung einer verlustunabhängigen Verzinsung widersprechen.
II. Die Revision hat dennoch Erfolg, weil nach dem bisherigen Sach- und Streitstand nicht ausgeschlossen werden kann, daß dem Zahlungsanspruch des Klägers die Rechtsprechungsgrundsätze zu den eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistungen entgegenstehen.
Das Berufungsgericht hat dies verneint. Eine Insolvenzreife der Beklagten sei nicht dargelegt. Sie ergebe sich nicht schon aus dem Vorliegen einer Unterbilanz. Auch fehle es an einer Kreditunwürdigkeit. Dabei könne offen bleiben , ob die Beklagte im Jahre 1994 kreditunwürdig gewesen sei. Sie habe nämlich nicht substantiiert vorgetragen, daß diese Kreditunwürdigkeit auch noch im Jahre 1997, für das der Kläger seinen Gewinnanspruch geltend mache, bestanden habe. Dagegen spreche, daß die kreditgewährende Bank den Kläger im Jahre 1996 aus einer von ihm übernommenen Bürgschaft entlassen habe.
Diese Ausführungen begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
1. Zutreffend ist lediglich die Annahme, daß die Rechtsprechungsgrundsätze zum Eigenkapitalersatz in der vorliegenden Fallgestaltung zur Anwendung kommen können. Danach sind Darlehen und ähnliche Leistungen, die ein Gesellschafter der sonst nicht mehr lebensfähigen GmbH anstelle von Eigenkapital zuführt oder beläßt, wie gebundenes Stammkapital zu behandeln, soweit diese Kredithilfen verlorenes Stammkapital oder eine darüber hinausgehende Überschuldung abdecken (st.Rspr. des Senats, siehe etwa BGHZ 31, 258, 268 ff.; 76, 326, 328 ff.; 90, 370, 376 ff.). Dieser Bindung kann sich der Gesellschafter nicht dadurch entziehen, daß er - wie hier der Kläger - aus der Gesellschaft ausscheidet (Senat, BGHZ 69, 274, 280 f.; Urt. v. 15. Februar 1996 - II ZR 245/94, ZIP 1996, 538, 539). War das Darlehen zu diesem Zeitpunkt eigenkapitalersetzend, bleibt es der Bindung auch nach dem Ausscheiden des Gesellschafters unterworfen. Wird es im Rahmen der Gründung einer stillen Gesellschaft in eine Einlage des stillen Gesellschafters umgewandelt, ändert sich auch dadurch an der Bindung nichts.
Danach durften das Darlehen des Klägers i.H.v. 100.000,00 DM und das Darlehen des Mitgesellschafters Dr. Z. i.H.v. 50.000,00 DM nicht zurückgezahlt werden, wenn die Beklagte bei Hingabe der Darlehen - oder bei einem "Stehenlassen" (BGHZ 75, 334, 337 f.) in der Zeit bis zu dem Ausscheiden des Klägers als GmbH-Gesellschafter - insolvenzreif oder kreditunwürdig war. Ebenso durften unter diesen Voraussetzungen keine Zinsen auf die Darlehen gezahlt werden (Senat, BGHZ 67, 171, 179 f.; 109, 55, 66), was nach der Umwandlung der Darlehen in die Einlage des Klägers als stiller Gesellschafter auch für die darauf entfallenden Gewinnanteile gilt. Das Darlehen des damaligen Geschäftsführers der Beklagten, M., war dagegen im Zweifel nicht nach den oben dargestellten Grundsätzen gebunden, weil M. bis zu dem Erwerb des (Teil-) Geschäftsanteils des Klägers noch nicht Gesellschafter der Beklag-
ten war. Sein Darlehen wäre nur dann nach den Regeln des Eigenkapitalersatzes zu beurteilen, wenn in seiner Person ausnahmsweise die Voraussetzungen für die Einbeziehung gesellschaftsfremder Dritter erfüllt waren (vgl. Senat, BGHZ 31, 258, 264 ff.; 75, 334, 335 f.; Urt. v. 15. Februar 1996 - II ZR 245/94, ZIP 1996, 538, 539). Dazu fehlen Feststellungen des Berufungsgerichts.
2. Unzutreffend ist aber die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die Eigenkapitalersatzregeln seien schon deshalb nicht anwendbar, weil bezüglich des Jahres 1997 weder eine Insolvenzreife noch eine Kreditunwürdigkeit der Beklagten dargelegt sei, ohne daß es darauf ankomme, ob eine Unterbilanz bestehe.
Ist ein Darlehen oder eine sonstige Gesellschafterleistung eigenkapitalersetzend , darf eine Rückzahlung oder eine Zinsleistung erst dann erfolgen, wenn wieder so viel Gesellschaftsvermögen vorhanden ist, daß die Stammkapitalziffer nicht angegriffen wird (BGHZ 67, 171, 174 ff.; 69, 274, 280 f.; 76, 326, 332 ff.; 81, 365, 367; 109, 55, 66; Urt. v. 6. April 1995 - II ZR 108/94, NJW 1995, 1962, 1964). Das gleiche gilt für Gewinnanteile auf eine aus der Umwandlung einer solchen Darlehensforderung entstandene Einlage eines stillen Gesellschafters. Die Rechtsprechungsregeln zum Eigenkapitalersatz beruhen, anders als die Novellenregeln der §§ 32 a, b GmbHG, jedenfalls ursprünglich auf einer analogen Anwendung der §§ 30 f. GmbHG. Dafür ist aber gerade das Stammkapital die entscheidende Messgröße. Damit stünde im Widerspruch, die Eigenkapitalbindung schon vor Auffüllung des Stammkapitals entfallen zu lassen. Danach hätte das Berufungsgericht nicht offen lassen dürfen, ob die Darlehen zunächst eigenkapitalersetzend waren und ob das Stammkapital der Beklagten mittlerweile wieder aufgefüllt ist.
III. Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die erforderlichen Feststellungen nachgeholt werden können.
Dabei ist aufgrund einer den Anforderungen des § 42 GmbHG entsprechenden Bilanz zu fortgeführten Buchwerten festzustellen, ob eine Unterbilanz besteht (vgl. Sen.Urt. v. 11. Mai 1987 - II ZR 226/86, ZIP 1987, 1113, 1114; BGHZ 106, 7, 12). Sollte sich herausstellen, daß die Beklagte mittlerweile wieder über ein die Stammkapitalziffer entsprechend übersteigendes Vermögen verfügt, ist die Klage in vollem Umfang begründet. Der Eigenkapitalersatzcharakter der Darlehen führt lediglich dazu, daß die Zinsen und damit - nach Umwandlung in die Einlage - die Gewinnansprüche während der Bindung nicht durchgesetzt werden können. Entfällt die Bindung, können auch die Rückstände geltend gemacht werden (Sen.Urt. v. 15. Februar 1996 - II ZR 245/94, ZIP 1996, 538, 540; BGHZ 140, 147, 153; 146, 264, 272).
Die mittlerweile eingetretene Beendigung der stillen Gesellschaft schließt die Durchsetzbarkeit der Gewinnansprüche nicht aus. Zwar muß bei Beendigung einer Gesellschaft zunächst eine Auseinandersetzung stattfinden, bei der die Einzelansprüche unselbständige Rechnungsposten werden. Eine Zahlungsklage ist aber ausnahmsweise schon vor Abschluß der Auseinandersetzung begründet, wenn der stille Gesellschafter - wie hier der Kläger - am Verlust der Gesellschaft nicht beteiligt ist und daher auch ohne Auseinandersetzung fest-
steht, daß er einen Betrag in Höhe des Gewinnanspruchs verlangen kann (Sen.Urt. v. 29. Juni 1992 - II ZR 284/91, ZIP 1992, 1552, 1553).
Röhricht Goette Kraemer
Strohn Caliebe
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cc) Die Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft ist nicht nur im Verhältnis zu der aus der Beklagten und allen stillen Gesellschaftern bestehenden Gesellschaft, sondern auch in Bezug auf den aus dem Beitrittsvertrag hergeleiteten Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte geboten , mit dem der Kläger so gestellt werden will, als habe er sich nicht als stiller Gesellschafter beteiligt (gegen einen Rückabwicklungsanspruch bei der mehr- gliedrigen atypisch stillen Gesellschaft mit teils unterschiedlicher Begründung und unter unterschiedlichen Voraussetzungen auch MünchKommHGB/ K. Schmidt, 3. Aufl., § 230 Rn. 133 ff.; Westermann, Handbuch Personengesellschaften , Rn. 221b ff.; ders., VGR 2009, 145, 165 f.; Wälzholz, DStR 2003, 1533, 1535; Hey, NZG 2004, 1097, 1098; Armbrüster/Joos, ZIP 2004, 189, 192; Bayer/Riedel, NJW 2003, 2567, 2572 Fn. 56; für eine Beschränkung des Er- satzanspruchs auf das „Eigenvermögen“ des Geschäftsinhabers Konzen, Fest- schrift H. P. Westermann, 2008, S. 1133, 1153 f.; gegen eine Differenzierung zwischen Schadensersatzansprüchen und anderen Nichtigkeitsfolgen Schäfer, ZHR 2006, 373, 391 ff., der sich allerdings grundsätzlich gegen die Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auf die stille Gesellschaft wendet; vgl. ferner MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 6. Aufl., § 705 Rn. 359 f.; Schäfer in Großkommentar/HGB, 5. Aufl., § 105 Rn. 329 f.; Soergel/Hadding/Kießling, BGB, 13. Aufl., § 705 Rn. 92; zur Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auf Anleger, die bis zur Eintragung als Kommanditisten im Handelsregister als atypische stille Gesellschafter unter entsprechender Anwendung der Regelungen des Kommanditgesellschaftsvertrags beteiligt sein sollten , vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2013 - IX ZR 198/10, ZIP 2013, 1533 Rn. 29).
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Für den Fall der Beendigung der stillen Gesellschaft regelt § 16 Nr. 1 d) GV diese umfassend bestehende Pflicht der stillen Gesellschafter, die Schulden des Geschäftsinhabers, soweit sie auf das Unternehmen entfallen, an dem sie beteiligt sind, möglichst auszugleichen. Die stillen Gesellschafter sollen dem Geschäftsherrn die Schuldentilgung durch die Rückzahlung der Gelder ermöglichen , die sie nicht als Gewinn, sondern zu Lasten des Vermögens des Unternehmens erhalten haben. § 16 Nr. 1 d) GV stellt klar, dass diese Pflicht - schon aus Gründen der Gleichbehandlung - jeden stillen Gesellschafter trifft, der derartige Zahlungen aus dem Vermögen des Unternehmens des Geschäftsinhabers erhalten hat - unabhängig davon, ob die Beendigung der Gesellschafterstellung auf einer Kündigung des Gesellschafters, seiner Ausschließung oder auf der Auflösung der stillen Gesellschaft beruht. Ebenso verweist § 9 GV für jede Form des Ausscheidens eines stillen Gesellschafters auf die Einzelheiten der Berechnung nach § 16 GV, der ausweislich seiner Bezeichnung das "Abfindungsguthaben bei Beendigung der atypisch stillen Gesellschaft" regelt.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.