Bundesgerichtshof Urteil, 14. März 2017 - II ZR 42/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:140317UIIZR42.16.0
bei uns veröffentlicht am14.03.2017
vorgehend
Amtsgericht Siegen, 14 C 903/14, 22.05.2015
Landgericht Siegen, 3 S 54/15, 25.01.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 42/16 Verkündet am:
14. März 2017
Stoll
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2017:140317UIIZR42.16.0

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. März 2017 durch den Richter Prof. Dr. Drescher als Vorsitzenden, die Richter Wöstmann, Sunder und Dr. Bernau sowie die Richterin Grüneberg

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Siegen vom 25. Januar 2016 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagte beteiligte sich mit zwei Beitrittserklärungen vom 28. August 2003 als atypische stille Gesellschafterin an der A. AG & Co. KG, deren Rechtsnachfolgerin die Klägerin ist. Zum einen wählte sie unter der Vertragsnummer 23570031 das Beteiligungsprogramm "Classic" mit einer Einmalanlage in Höhe von 10.000 € zuzüglich Agio. Zum anderen zeichnete sie unter der Vertragsnummer 23568032 das Beteiligungsprogramm "Classic" mit einer Einmalanlage in Höhe von 10.000 € zuzüglich Agio sowie zusätzlich das Beteiligungsprogramm "Plus" in Höhe von 10.000 € zuzüglich Agio, bei dem die Einzahlungen durch Wiederanlage der Auszahlungen auf das Beteiligungsprogramm "Classic" bis zur Höhe von maximal 100 % der Einmaleinlage erfolgen sollten ("Classic Plus"). Die - im Zeichnungsschein entsprechend angegebene - Gesamtzeichnungssumme unter dieser Vertragsnummer betrug 20.000 €. Die Einmaleinlagebeträge aus den zwei "Classic"-Beteiligungen und das Gesamtagio wurden von der Beklagten eingezahlt.
2
Der atypisch stille Gesellschaftsvertrag (im Folgenden: GV) enthält u.a. folgende Regelungen: "§ 3 Einlagen, Abschlussgebühr (Agio), Abtretung der Einlagenforderung 1. Die Gesellschafter leisten die in der Beitrittserklärung vereinbarten Einlagen (Einmaleinlage, Wiederanlage der Auszahlungen [max. 100 % der Einmaleinlage], Rateneinlage). … 2. … Einmalanleger, die in der Beitrittserklärung die Wiederanlage ihrer Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen) vereinbart haben, leisten eine jährliche Einlage in Höhe ihrer Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen) gemäß § 11 dieses Vertrages. Die Wiederanlage der Auszahlungen (Entnahmen /Ausschüttungen) begründet eine eigenständige bedingte Rateneinlage, die, abhängig von der Höhe der tatsächlichen Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen) gemäß § 11 dieses Vertrags, auf max. 100 % der Einmaleinlage begrenzt ist. … . § 4 Gesellschaftskapital, Konten des atypisch stillen Gesellschafters … 2. Für jeden Gesellschafter wird bei dem Geschäftsinhaber für jede Einlage ein gesondertes Kapitalkonto geführt, das sich aus folgenden Unterkonten zusammensetzt:  dem Einlagekonto  dem Gewinn- und Verlustkonto sowie  dem Privatkonto. Das Einlagekonto, das Gewinn- und Verlustkonto sowie das Privatkonto sind jeweils zum 31. Dezember jeden Jahres miteinander zu verrechnen und ergeben zusammen das Kapitalkon- to des Gesellschafters. … 3. Auf dem Einlagekonto werden die Einlagen des einzelnen Gesellschafters verbucht. Dieses Konto ist maßgeblich für die Gewinn - und Verlustbeteiligung des einzelnen Gesellschafters. 4. Auf dem Gewinn- und Verlustkonto werden die dem einzelnen Gesellschafter zugewiesenen Gewinn- und Verlustanteile gebucht. 5. Auf dem Privatkonto werden die Agioforderungen und Agiozahlungen sowie die Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen) gemäß § 11 dieses Vertrags gebucht. § 6 Gesellschaftsbeschlüsse … 3. Ist Gegenstand der Beschlussfassung …
g) die Auflösung der Gesellschaft … so bedarf der Gesellschafterbeschluss einer Mehrheit von 75 % der abgegebenen Stimmen. … § 9 Beteiligung am Vermögen (Auseinandersetzungswert) 1. Die Gesellschafter erhalten im Falle ihres Ausscheidens oder bei Liquidation des Unternehmens des Geschäftsinhabers entsprechend dem Verhältnis ihrer erbrachten Einlagen zum Gesamtbetrag der Einlagen aller Gesellschafter und dem zu diesem Zeitpunkt voll eingezahlten Grundkapital des Geschäftsinhabers einen Anteil an dem seit ihrem Beitritt zu dem Unternehmen des Geschäftsinhabers gebildeten Vermögen einschließlich der stillen Reserven der bilanzierten Wirtschaftsgüter (unter Berücksichtigung eines etwaigen Geschäftswerts). Die Einzelheiten ergeben sich aus den Regelungen in § 16 dieses Vertrages.
2. Weisen die gemäß § 4 dieses Vertrages geführten Konten des einzelnen Gesellschafters bei Ausscheiden auch unter Berücksichtigung der ihm zuzuordnenden stillen Reserven einen Negativsaldo aus, so ist der ausscheidende Gesellschafter verpflichtet , die gemäß § 11 erhaltenen Auszahlungen (Entnahmen /Ausschüttungen) in Höhe des Negativsaldos an die Gesellschaft zurückzuzahlen. § 11 Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen) 1. Diejenigen Gesellschafter, die ihre Einlagen in Form einer Einmaleinlage erbringen, erhalten jährlich gewinnunabhängige Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen) zu Lasten ihres Privatkontos. Hierbei handelt es sich nicht um eine Garantieverzinsung. ... 3. Auf Antrag, d.h. mit Unterzeichnung der Beitrittserklärung, können die Gesellschafter mit Einmaleinlage von ihrem jeweiligen Auszahlungsrecht in der Form Gebrauch machen, daß ihre Auszahlung (Entnahmen/Ausschüttungen) wiederangelegt wird und damit eine eigenständige bedingte Rateneinlage begründet. … § 16 Abfindungsguthaben bei Beendigung der atypisch stillen Gesellschaft 1. Bei Beendigung der atypisch stillen Gesellschaft steht den Gesellschaftern ein Abfindungsguthaben zu. Dieses errechnet sich nach Maßgabe des § 9 dieses Vertrags und den nachstehenden Buchstaben a) bis d) wie folgt: …
d) Übersteigen zum Auseinandersetzungsstichtag (vgl. Buchstabe
e) dieses Paragraphen) die Verlustanteile und Entnahmen, welche die Gesellschafter während ihrer gesamten Gesellschaftszugehörigkeit erhalten haben, ihren eingezahlten Einlagebetrag (ohne Agio) zuzüglich der ihrem Gewinn- und Verlustkonto gutgeschriebenen Gewinnbeteiligungen, wird der sich insoweit ergebende negative Betrag im Falle des vertragsgemäßen Austritts der Gesellschafter zunächst mit ihrem Auseinandersetzungsanspruch gemäß Buchstabe b) bis zur Höhe des (anteiligen) Auseinandersetzungswerts verrechnet. Sollte danach bei Einmalanlegern ein negativer Betrag verbleiben, kann die Gesellschaft den ausstehenden Betrag maximal bis zur Hö-
he der empfangenen Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen ) zurückfordern."
3
In den Jahren nach ihrem Beitritt erhielt die Beklagte aus dem Vertrag Nr. 23570031 ("Classic") gewinnunabhängige Ausschüttungen in Höhe von 1.250 €. Aus dem Vertrag Nr. 23568032 ("Classic Plus") wurden ihr gewinnunabhängige Ausschüttungen in Höhe von 1.333,33 € zugewiesen, die vertragsgemäß nicht an sie ausgezahlt, sondern in die "Plus"-Einlage umgebucht wurden.
4
Am 11. Dezember 2009 beschlossen die stillen Gesellschafter, die stille Gesellschaft zum 15. Dezember 2009 zu "liquidieren".
5
Die Klägerin nimmt die Beklagte gestützt auf § 16 Nr. 1 Satz 2 d GV auf Rückzahlung der Ausschüttungen sowohl aus dem Vertrag 23570031 ("Classic" ) als auch aus dem Vertrag Nr. 23568032 ("Classic Plus") in Höhe von insgesamt 2.583,33 € nebst Zinsen in Anspruch.
6
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie ihren auf Klageabweisung gerichteten Antrag weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
8
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, ausgeführt, der Klägerin stehe aus der entsprechenden Anwendung von § 16 Nr. 1 Satz 2 d GV ein Anspruch auf Rückzahlung der streitgegenständlichen gewinnunabhängigen Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 2.583,33 € zu. § 16 Nr. 1 Satz 2 d GV sei im Wege ergänzender Vertragsauslegung dahingehend auszulegen, dass er nicht nur auf den Fall des "vertragsgemäßen Austritts der Gesellschafter" sondern auch auf den - hier vorliegenden - Fall der Beendigung der atypisch stillen Gesellschaft anwendbar sei.
9
Entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts München (Urteil vom 30. April 2014 - 20 U 2680/13, juris Rn. 28) habe die Beklagte nicht nur die an sie ausgezahlten Ausschüttungen aus dem Vertrag Nr. 23570031 ("Classic") sondern auch die ihr zugewiesenen und anschließend in das Beteiligungsprogramm "Plus" umgebuchten Ausschüttungen aus dem Vertrag Nr. 23568032 ("Classic Plus") im Sinne von § 16 Nr. 1 Satz 2 d GV erhalten. Auch der weiteren Auffassung des Oberlandesgerichts München, dem diesbezüglichen Rückforderungsanspruch der Klägerin stehe jedenfalls die dolo-agit-Einrede (§ 242 BGB) entgegen, sei nicht zu folgen.
10
Die weiteren Voraussetzungen des § 16 Nr. 1 Satz 2 d GV seien ebenfalls erfüllt, da die Beklagte in Bezug auf beide Verträge negative Abfindungsguthaben in einer die jeweiligen Ausschüttungen übersteigenden Höhe habe. Die Klägerin habe hierzu unter Vorlage der Kontoauszüge vorgetragen, dass das Kapitalkonto der Beklagten unter der Vertrags-Nr. 23570031 per 31. Dezember 2009 einen Negativsaldo von 3.072,69 € mit darin enthaltenen Ausschüttungen an die Beklagte in Höhe von 1.250 € und das Kapitalkonto un- ter der Vertrags-Nr. 23568032 einen Negativsaldo von 3.156,02 € mit darin enthaltenen Ausschüttungen an die Beklagte von 1.333,33 € ausgewiesen habe.
Des Weiteren habe sie vorgetragen, dass der Auseinandersetzungswert des Unternehmens und folglich auch der Auseinandersetzungsanspruch der Beklagten bei null liege. Dieser Vortrag sei mangels hinreichend substantiierten Bestreitens der Beklagten der Entscheidung zugrunde zu legen, so dass die Voraussetzungen für den von der Klägerin geltend gemachten Rückzahlungs- anspruch in Höhe von 2.583,33 € erfüllt seien.
11
II. Das Berufungsurteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
12
1. Die Revision wendet sich im Ergebnis ohne Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht einen vertraglichen Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung gewinnunabhängiger Ausschüttungen gemäß § 9 und § 16 Nr. 1 Satz 2 d GV - unter den dort näher geregelten Voraussetzungen - auch für den hier vorliegenden Fall der Beendigung der stillen Gesellschaft bejaht hat.
13
Dieser Anspruch ergibt sich allerdings - anders als vom Berufungsgericht angenommen - nicht erst in analoger Anwendung, sondern unmittelbar aus § 9 und § 16 Nr. 1 Satz 2 d GV, wie der Senat mit Urteilen vom 20. September 2016 (- II ZR 120/15, ZIP 2016, 2262 Rn. 14 ff.; - II ZR 124/15, juris Rn. 12 ff. und - II ZR 139/15, juris Rn. 10 ff.) und vom 6. Dezember 2016 (- II ZR 140/15, ZIP 2017, 1517, Rn. 11 und - II ZR 262/15, juris Rn. 11) entschieden hat. Davon abzuweichen besteht kein Anlass.
14
Insbesondere sind die Regelungen in § 9 und § 16 Nr. 1 Satz 2 dGV entgegen der Ansicht der Revision nicht wegen unklarer Gestaltung oder Intransparenz unwirksam.
15
Allerdings unterliegen Regelungen in Gesellschaftsverträgen von Publikumsgesellschaften - wie hier - nach der Rechtsprechung des Senats unab- hängig davon, ob die Bereichsausnahme des § 23 Abs. 1 AGBG bzw. § 310 Abs. 4 BGB n.F. eingreift, einer ähnlichen objektiven Auslegung und Inhaltskontrolle wie Allgemeine Geschäftsbedingungen (BGH, Urteil vom 27. November 2000 - II ZR 218/00, ZIP 2001, 243, 244; Urteil vom 13. September 2004 - II ZR 276/02, ZIP 2004, 2095, 2097 f.; Beschluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 6/09, ZIP 2012, 117 Rn. 50; Urteil vom 23. April 2012 - II ZR 75/10, ZIP 2012, 1342 Rn. 32; Urteile vom 12. März 2013 - II ZR 73/11, ZIP 2013, 1222 Rn. 14; - II ZR 74/11, BB 2013, 1809 Rn. 14). Für den einer Publikumspersonengesellschaft beitretenden Gesellschafter müssen sich die mit dem Beitritt verbundenen, nicht unmittelbar aus dem Gesetz folgenden Rechte und Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag daher klar ergeben (vgl. BGH, Urteile vom 12. März 2013 - II ZR 73/11, ZIP 2013, 1222 Rn. 14; - II ZR 74/11, BB 2013, 1809 Rn. 14).
16
Das ist hier indes der Fall. Wie der Senat in den oben genannten Urteilen vom 20. September 2016 (- II ZR 120/15, ZIP 2016, 2262 Rn. 14 ff.; - II ZR 124/15, juris Rn. 12 ff. und - II ZR 139/15, juris Rn. 10 ff.) ausgeführt hat, ergibt sich bei objektiver Auslegung aus § 9 und § 16 GV, dass unter den in § 16 Nr. 1 Satz 2 d GV im Einzelnen dargelegten Voraussetzungen eine Pflicht des stillen Gesellschafters zur Rückzahlung gewinnunabhängiger Ausschüttungen bei Beendigung der stillen Gesellschaft bestehen kann. Die Berechnung dieses Rückzahlungsanspruchs ist ebenso wie die dem zugrunde liegende Ermittlung des Abfindungsguthabens des stillen Gesellschafters in § 16 Nr. 1 Satz 1 GV und des Auseinandersetzungswerts in § 9 und § 16 GV nachvollziehbar und verständlich näher geregelt.
17
Das Vorbringen der Revision, die fehlende Nachvollziehbarkeit der vertraglichen Berechnungsvorgaben zeige sich bereits daran, dass anhand der von der Klägerin vorgelegten Dokumente nicht deutlich und klar werde, welchen Restbestand das Vermögen der Gesellschaft haben könnte und welches Auseinandersetzungsguthaben sich daraus konkret für die Beklagte ergibt, gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. Ob die von der Gesellschaft vorgelegten Dokumente im konkreten Fall für die Feststellung eines Rückzahlungsanspruchs nach § 9 und § 16 GV bzw. seiner Voraussetzungen ausreichen, ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalls, für die hier vorzunehmende Auslegung und Beurteilung der abstrakt-generellen vertraglichen Regelungen eines solchen Rückzahlungsanspruchs nach ihrem objektiven Erklärungsbefund hingegen ohne Belang.
18
2. Zutreffend hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass die Klägerin nach § 9, § 16 Nr. 1 Satz 2 d GV nicht nur die an die Beklagte ausgezahlten Ausschüttungen aus dem Vertrag Nr. 23570031 ("Classic") zurückverlangen kann, sondern auch die unmittelbar im Beteiligungsprogramm "Plus" wieder angelegten Ausschüttungen aus dem Vertrag Nr. 23568032 ("Classic Plus").
19
a) Die Beklagte hat (auch) die unmittelbar in der Anlage "Plus" wieder angelegten Ausschüttungen aus dem Vertrag Nr. 23568032 ("Classic Plus") im Sinne von § 16 Nr. 1 Satz 2 d GV "empfangen".
20
Unstreitig wurden auch diese Ausschüttungen zunächst auf dem Kapitalkonto der Beklagten als Auszahlungen verbucht, bevor sie in das Beteiligungsprogramm "Plus" als dortige Einlage umgebucht wurden. Mit dieser Verbuchung als Auszahlung auf ihrem Kapitalkonto sind die Ausschüttungsbeträge in das Vermögen der Beklagten gelangt, die dadurch einen einer Auszahlung gleichzusetzenden Vermögenszuwachs erhalten hat.
21
Der gegenteiligen Auffassung, Ausschüttungen, die sich nach wie vor im Vermögen der Gesellschaft befänden und lediglich von einem Beteiligungsprogramm in ein anderes umgebucht würden, seien nach Wortlaut und Zweck des § 16 Nr. 1 Satz 2 d GV nicht als vom Anleger empfangen anzusehen (so OLG München, Urteil vom 30. April 2014 - 20 U 2680/13, juris Rn. 28), ist nicht zu folgen.
22
Die Umbuchung von dem Beteiligungsprogramm "Classic" als Einlage in das Beteiligungsprogramm "Plus" ändert nichts an dem mit der Auszahlungsverbuchung in dem Programm "Classic" entstandenen Vermögenszuwachs der Beklagten. Vielmehr handelt es sich um die Umsetzung der (Wieder-)Anlageentscheidung der Beklagten, die mit ihrer Beitrittserklärung durch die zusätzliche Zeichnung des Beteiligungsprogramms "Plus" gemäß § 11 Nr. 3 Satz 1 GV als Gesellschafterin mit Einmalanlage von ihrem jeweiligen Auszahlungsrecht in der Form Gebrauch gemacht hat, dass ihre Auszahlung (Entnahmen /Ausschüttungen) wiederangelegt wird und damit eine eigenständige bedingte Rateneinlage begründet wird. Ihr Vermögenszuwachs aus der Beteiligung "Classic" wird damit zur Finanzierung der Einlage einer weiteren Vermögensanlage - mit eigenständigen gesellschaftsrechtlichen Rechten und Pflichten , insbesondere Gewinn- und Verlustzuweisungen - genutzt. Die vorgenommene Umbuchung stellt dabei eine Abkürzung der Zahlungswege dar, da die Ausschüttungen andernfalls hätten ausgezahlt und anschließend von der Beklagten selbst wieder in die Beteiligung "Plus" wieder hätten eingezahlt werden müssen. Die bloße Aussparung dieses Zwischenschritts ändert jedoch nichts an der in dem Umbuchungsvorgang liegenden Vermögensdisposition durch die Beklagte.
23
b) Auch der Einwand des § 242 BGB (dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est) steht dem Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung der wieder angelegten Ausschüttungen gemäß § 16 Nr. 1 Satz 2 d GV nicht entgegen (so aber OLG München, Urteile vom 30. April 2014 - 20 U 2680/13, juris Rn. 28 und - 20 U 2169/13, juris Rn. 57).
24
aa) Nach Auffassung des Oberlandesgerichts München ergibt sich aus § 3 Nr. 2 Satz 4 GV, dass die Verpflichtung des Anlegers zur Zahlung der Einlage im Programm "Plus" dem Grunde und der Höhe nach durch die Zuweisung von Ausschüttungen im Programm "Classic" bedingt sei und die Einlage im Programm "Plus" ausschließlich durch die Ausschüttungen im Programm "Classic" finanziert werden solle. Verlange die Geschäftsherrin die Ausschüttungen zurück, entfalle somit die Einlageverpflichtung im Beteiligungsprogramm "Plus" mit der Folge, dass der Anleger seine dort - in Höhe der Ausschüttungen - geleisteten Einlagen nicht mehr schulde und zurückverlangen könne. Folglich müsse die Geschäftsherrin die vom Anleger zurückbezahlten Ausschüttungen als geleistete, aber nicht geschuldete Einlagen im Beteiligungsprogramm "Plus" umgehend zurückerstatten.
25
bb) Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
26
Da die Beklagte - wie oben ausgeführt - auch die wieder angelegten Ausschüttungen aus dem Vertrag Nr. 23568032 mit der Verbuchung als Auszahlung auf ihrem Kapitalkonto erhalten hat, war sie gemäß den vertraglichen Vereinbarungen zu deren Einzahlung bzw. Wiederanlage in das Beteiligungsprogramm "Plus" verpflichtet. Diese Einzahlungsverpflichtung entfällt nicht nachträglich wieder dadurch, dass die Klägerin die erfolgten Ausschüttungen aus dem Beteiligungsprogramm "Classic" nach § 16 Nr. 1 Satz 2 d GV zurückverlangt.
27
§ 16 Nr. 1 Satz 2 d GV begründet für den Fall der Beendigung der Gesellschaft einen von den dort genannten besonderen Voraussetzungen abhängigen gesonderten Anspruch der Gesellschaft auf Rückzahlung der gewinnunabhängigen Ausschüttungen. Dass die Geltendmachung dieses Rückzahlungsanspruchs bei Beendigung der Gesellschaft Auswirkungen auf die bestehende Einlageverpflichtung des Anlegers in das Beteiligungsprogramm "Plus" - etwa im Sinne einer auflösenden Bedingung - haben sollte, ist den gesellschaftsvertraglichen Regelungen schon nicht zu entnehmen. Vielmehr würde dies und die Annahme einer darauf gegründeten dolo-agit-Einrede dem Sinn und Zweck dieses Rückforderungsanspruchs widersprechen. Wie der Senat mit Urteilen vom 20. September 2016 (- II ZR 120/15, ZIP 2016, 2262 Rn. 19 ff.; - II ZR 124/15, juris Rn. 17 ff. und - II ZR 139/15, juris Rn. 15 ff.) zu den auch hier auszulegenden Bestimmungen dieses Gesellschaftsvertrages entschieden hat, regelt § 16 Nr. 1 Satz 2 d GV für den Fall der Beendigung der Gesellschaft die wegen des gesellschaftsvertraglich begründeten Eigenkapitalcharakters ihrer Einlagen umfassend bestehende Pflicht der stillen Gesellschafter, die Schulden des Geschäftsinhabers , soweit sie auf das Unternehmen entfallen, an dem sie beteiligt sind, möglichst auszugleichen. Die stillen Gesellschafter sollen dem Geschäftsherrn die Schuldentilgung durch die Rückzahlung der Gelder ermöglichen, die sie nicht als Gewinn, sondern zu Lasten des Vermögens des Unternehmens erhalten haben. Dieser Zweck würde unterlaufen, wenn die Geltendmachung des Anspruchs aus § 16 Nr. 1 Satz 2 d GV betreffend die Ausschüttungen aus dem Programm "Classic" durch die Gesellschaft den Gesellschafter zur Rückforderung der vereinbarungsgemäß im Programm "Plus" wieder angelegten Ausschüttungen berechtigen würde, obwohl er auch diese wieder angelegten Ausschüttungen zu Lasten des Vermögens des Unternehmens erhalten und zu eigenen Vermögensdispositionen genutzt hat.
28
3. Das Berufungsgericht hat jedoch rechtsfehlerhaft die weiteren Voraussetzungen des Rückzahlungsanspruchs der Klägerin nach § 9 und § 16 GV bejaht , indem es den Vortrag der Klägerin zur Berechnung dieses Anspruchs mangels hinreichenden Bestreitens der Beklagten als unstreitig zu Grunde gelegt hat. Die Annahme des Berufungsgerichts, das einfache Bestreiten der Be- klagten reiche insoweit nicht aus, überspannt die Anforderungen an ein wirksames Bestreiten gemäß § 138 Abs. 2 ZPO.
29
Die Erklärungslast des Gegners gemäß § 138 Abs. 2 ZPO ist in Bestehen und Umfang davon abhängig, wie die darlegungspflichtige Partei vorgetragen hat. In der Regel genügt gegenüber einer Tatsachenbehauptung des darlegungspflichtigen Klägers das einfache Bestreiten des Beklagten. Ob und inwieweit die nicht darlegungsbelastete Partei ihren Sachvortrag substantiieren muss, lässt sich nur im Wechselspiel von Vortrag und Gegenvortrag bestimmen , wobei die Ergänzung und Aufgliederung des Sachvortrags immer zunächst Sache der darlegungs- und beweispflichtigen Partei ist (vgl. BGH, Urteil vom 25. März 2014 - VI ZR 271/13, NJW-RR 2014, 830 Rn. 7; Urteil vom 4. April 2014 - V ZR 275/12, ZIP 2014, 1532 Rn. 11 - insoweit in BGHZ 200, 350 nicht abgedruckt).
30
Hier hat die insoweit darlegungspflichtige Klägerin bezüglich des - in die Berechnung der Abfindungsguthaben der Beklagten und des Rückzahlungsanspruchs der Klägerin gemäß § 16 Nr. 1 Satz 2 d GV einzustellenden - Auseinandersetzungswerts des Unternehmens lediglich vorgetragen, dieser liege bei null und stille Reserven seien nicht vorhanden, ohne dies näher zu erläutern. Als Beleg hat sie zwar ein Bestätigungsschreiben eines Wirtschaftsprüfers vorgelegt , das jedoch keine weiteren Angaben zu dessen Wertermittlung oder den seiner Bestätigung zugrunde liegenden Berechnungen enthält. In Anbetracht dieses pauschalen und unsubstantiierten Vorbringens der Klägerin war die Beklagte , die ihrerseits über den Vermögensstand der Klägerin nicht unterrichtet ist, nicht zu substantiiertem Gegenvorbringen verpflichtet, sondern konnte sich ihrerseits auf ein einfaches Bestreiten des Auseinandersetzungswerts beschränken. Insbesondere war sie - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - mangels jeglicher Substantiierung des gegnerischen Vortrags auch nicht gehalten, sich bei der Klägerin durch Ausübung ihrer vertraglichen Informationsund Kontrollrechte nach § 13 GV näher über ihr Auseinandersetzungsguthaben zu informieren und auf dieser Grundlage konkret vorzutragen und zu bestreiten. Vielmehr wäre es nach dem - ausreichenden - einfachen Bestreiten der Beklagten zunächst Sache der Klägerin gewesen, ihr Vorbringen hierzu zu substantiieren.
31
III. Die angefochtene Entscheidung ist aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da die Beklagte den Vortrag der Klägerin zu den weiteren Voraussetzungen des Rückzahlungsanspruchs wirksam bestritten hat, sind die hierzu erforderlichen Feststellungen durch das Berufungsgericht nachzuholen. Dabei wird das Berufungsgericht auch den weiteren Einwand der Revision, die Klägerin habe keine ordnungsgemäße Berechnung des Abfindungsguthabens nach § 16 Nr. 1 Satz 2 g GV durch einen Wirtschaftsprüfer vorgelegt, zu berücksichtigen haben. Diesbezüglich weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass maßgeblicher Stichtag für diese Berechnung nicht der 31. Dezember 2009 sondern der 15. Dezember 2009 ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 2015 - II ZR 333/14, ZIP 2016, 523 Rn. 16).
Drescher Wöstmann Sunder Bernau Grüneberg
Vorinstanzen:
AG Siegen, Entscheidung vom 22.05.2015 - 14 C 903/14 -
LG Siegen, Entscheidung vom 25.01.2016 - 3 S 54/15 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 14. März 2017 - II ZR 42/16

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 14. März 2017 - II ZR 42/16

Referenzen - Gesetze

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 310 Anwendungsbereich


(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermöge
Bundesgerichtshof Urteil, 14. März 2017 - II ZR 42/16 zitiert 5 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 310 Anwendungsbereich


(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermöge

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 14. März 2017 - II ZR 42/16 zitiert oder wird zitiert von 13 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 14. März 2017 - II ZR 42/16 zitiert 11 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 06. Dez. 2016 - II ZR 262/15

bei uns veröffentlicht am 06.12.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 262/15 Verkündet am: 6. Dezember 2016 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2016:061216UIIZR262.15.0

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Sept. 2016 - II ZR 139/15

bei uns veröffentlicht am 20.09.2016

Berichtigt durch Beschluss vom 20.12.2016 Vondrasek, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 139/15 Verkündet am: 20. September 2016 Stoll Justizha

Bundesgerichtshof Urteil, 12. März 2013 - II ZR 74/11

bei uns veröffentlicht am 12.03.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 74/11 Verkündet am: 12. März 2013 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs

Bundesgerichtshof Urteil, 12. März 2013 - II ZR 73/11

bei uns veröffentlicht am 12.03.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 73/11 Verkündet am: 12. März 2013 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja HGB §

Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Dez. 2011 - II ZB 6/09

bei uns veröffentlicht am 13.12.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZB 6/09 vom 13. Dezember 2011 in dem Kapitalanleger-Musterverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja KapMuG § 4 Abs. 1 Satz 2, § 15 Abs. 1 Satz 3, § 19 Abs. 2 a) Das Rechtsbeschwerdegericht is

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Nov. 2000 - II ZR 218/00

bei uns veröffentlicht am 27.11.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 218/00 Verkündet am: 27. November 2000 Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Urteil, 06. Dez. 2016 - II ZR 140/15

bei uns veröffentlicht am 06.12.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 140/15 Verkündet am: 6. Dezember 2016 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nei

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Sept. 2016 - II ZR 124/15

bei uns veröffentlicht am 20.09.2016

Berichtigt durch Beschluss vom 20.12.2016 Vondrasek, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 124/15 Verkündet am: 20. September 2016 Stoll Justizhaup

Bundesgerichtshof Versäumnisurteil, 20. Sept. 2016 - II ZR 120/15

bei uns veröffentlicht am 20.09.2016

Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der Zivilkammer 84 des Landgerichts Berlin vom 26. März 2015 aufgehoben.

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Dez. 2015 - II ZR 333/14

bei uns veröffentlicht am 08.12.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 333/14 Verkündet am: 8. Dezember 2015 Stoll Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Urteil, 04. Apr. 2014 - V ZR 275/12

bei uns veröffentlicht am 04.04.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 275/12 Verkündet am: 4. April 2014 Lesniak Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja zu III.5., IV BGHR: ja BGB § 25
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 14. März 2017 - II ZR 42/16.

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Jan. 2019 - KZR 4/17

bei uns veröffentlicht am 29.01.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL KZR 4/17 Verkündet am: 29. Januar 2019 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja Teilnehmerdaten V T

Landgericht Paderborn Urteil, 08. Nov. 2018 - 3 O 306/18

bei uns veröffentlicht am 08.11.2018

Tenor Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 16.613,47 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p. a. über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 01.01.2018 zu zahlen. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist gegen Siche

Referenzen

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der Zivilkammer 84 des Landgerichts Berlin vom 26. März 2015 aufgehoben.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Spandau, 4. Abt., vom 22. Mai 2013 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Beklagte beteiligte sich mit Beitrittserklärung vom 9. Dezember 2002 an der A.           AG, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte, eine GmbH & Co. KG, ist. Hierzu wählte er das Beteiligungsprogramm "Classic" mit einer Einmaleinlage in Höhe von 20.000 € zuzüglich eines Agios; beide Beträge hat er in vollem Umfang eingezahlt.

2

Der atypisch stille Gesellschaftsvertrag (im Folgenden: GV) enthält u.a. folgende Regelungen:

"§ 4 Gesellschaftskapital, Konten des atypisch stillen Gesellschafters

2. Für jeden Gesellschafter wird bei dem Geschäftsinhaber für jede Einlage ein gesondertes Kapitalkonto geführt, das sich aus folgenden Unterkonten zusammensetzt:

• dem Einlagekonto

• dem Gewinn- und Verlustkonto

sowie

• dem Privatkonto.

Das Einlagekonto, das Gewinn- und Verlustkonto sowie das Privatkonto sind jeweils zum 31. Dezember jeden Jahres miteinander zu verrechnen und ergeben zusammen das Kapitalkonto des Gesellschafters. …

3. Auf dem Einlagekonto werden die Einlagen des einzelnen Gesellschafters verbucht. Dieses Konto ist maßgeblich für die Gewinn- und Verlustbeteiligung des einzelnen Gesellschafters.

4. Auf dem Gewinn- und Verlustkonto werden die dem einzelnen Gesellschafter zugewiesenen Gewinn- und Verlustanteile gebucht.

5. Auf dem Privatkonto werden die Agioforderungen und Agiozahlungen sowie die Auszahlungen (Entnahmen/Aus-schüttungen) gemäß § 11 dieses Vertrags gebucht.

§ 6 Gesellschaftsbeschlüsse

3. Ist Gegenstand der Beschlussfassung

g) die Auflösung der Gesellschaft

… so bedarf der Gesellschafterbeschluss einer Mehrheit von 75 % der abgegebenen Stimmen. …

§ 9 Beteiligung am Vermögen (Auseinandersetzungswert)

1. Die Gesellschafter erhalten im Falle ihres Ausscheidens oder bei Liquidation des Unternehmens des Geschäftsinhabers entsprechend dem Verhältnis ihrer erbrachten Einlagen zum Gesamtbetrag der Einlagen aller Gesellschafter und dem zu diesem Zeitpunkt voll eingezahlten Grundkapital des Geschäftsinhabers einen Anteil an dem seit ihrem Beitritt zu dem Unternehmen des Geschäftsinhabers gebildeten Vermögen einschließlich der stillen Reserven der bilanzierten Wirtschaftsgüter (unter Berücksichtigung eines etwaigen Geschäftswerts). Die Einzelheiten ergeben sich aus den Regelungen in § 16 dieses Vertrags.

2. Weisen die gemäß § 4 dieses Vertrags geführten Konten des einzelnen Gesellschafters bei Ausscheiden auch unter Berücksichtigung der ihm zuzuordnenden stillen Reserven einen Negativsaldo aus, so ist der ausscheidende Gesellschafter verpflichtet, die gemäß § 11 erhaltenen Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen) in Höhe des Negativsaldos an die Gesellschaft zurückzuzahlen.

§ 11 Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen)

1. Diejenigen Gesellschafter, die ihre Einlagen in Form einer Einmaleinlage erbringen, erhalten jährlich gewinnunabhängige Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen) zu Lasten ihres Privatkontos. Hierbei handelt es sich nicht um eine Garantieverzinsung.

§ 16 Abfindungsguthaben bei Beendigung der atypisch stillen Gesellschaft

1. Bei Beendigung der atypisch stillen Gesellschaft steht den Gesellschaftern ein Abfindungsguthaben zu. Dieses errechnet sich nach Maßgabe des § 9 dieses Vertrags und den nachstehenden Buchstaben a) bis d) wie folgt:

d) Übersteigen zum Auseinandersetzungsstichtag (vgl. Buchstabe e) dieses Paragraphen) die Verlustanteile und Entnahmen, welche die Gesellschafter während ihrer gesamten Gesellschaftszugehörigkeit erhalten haben, ihren eingezahlten Einlagebetrag (ohne Agio) zuzüglich der ihrem Gewinn- und Verlustkonto gutgeschriebenen Gewinnbeteiligungen, wird der sich insoweit ergebende negative Betrag im Falle des vertragsgemäßen Austritts der Gesellschafter zunächst mit ihrem Auseinandersetzungsanspruch gemäß Buchstabe b) bis zur Höhe des (anteiligen) Auseinandersetzungswerts verrechnet. Sollte danach bei Einmalanlegern ein negativer Betrag verbleiben, kann die Gesellschaft den ausstehenden Betrag maximal bis zur Höhe der empfangenen Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen) zurückfordern."

3

In den Jahren 2003 bis 2005 erhielt der Beklagte vertragsgemäß gewinnunabhängige Ausschüttungen in Höhe von 4.166,67 €.

4

Am 11. Dezember 2009 beschlossen die stillen Gesellschafter im Umlaufverfahren mit der nach § 6 Nr. 3 g) GV erforderlichen Mehrheit, die stille Gesellschaft zum 15. Dezember 2009 zu "liquidieren". Per 31. Dezember 2009 wies das Kapitalkonto des Beklagten - nach Verrechnung von Gewinngutschrift, Verlustbeteiligung, Einlage und Ausschüttungen - einen Negativsaldo in Höhe von 7.812,01 € auf, von dem die Klägerin den darin enthaltenden Ausschüttungsbetrag von 4.166,67 € gemäß § 16 Nr. 1 d) GV mit der Klage geltend macht.

5

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage auf die Berufung hin abgewiesen und die - in der Berufungsinstanz hilfsweise begehrte - Feststellung, dass die Rückzahlungspflicht bei Vollbeendigung der atypisch stillen Gesellschaft bestehe, für unzulässig gehalten. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe

6

Über die Revision ist, da der Beklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung im Revisionsverhandlungstermin nicht vertreten war, durch Versäumnisurteil zu entscheiden, das aber inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer sachlichen Prüfung des Antrags beruht (BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81).

7

Die Revision hat Erfolg und führt unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur Wiederherstellung des klagezusprechenden Urteils des Amtsgerichts.

8

I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

9

Der Rückzahlungsanspruch ergebe sich nicht aus § 9 Nr. 2 GV. Während § 9 Nr. 1 GV den Anteil des Gesellschafters behandele, den dieser im Falle seines Ausscheidens oder der Liquidation des Unternehmens des Geschäftsinhabers erhalte, regele § 9 Nr. 2 GV die Pflicht zur Rückgewähr von Auszahlungen des ausscheidenden Gesellschafters. Die vorliegend beschlossene Liquidation der atypisch stillen Gesellschaft sei kein Ausscheiden in diesem Sinne.

10

Der Anspruch könne auch nicht auf § 3 Nr. 1 GV gestützt werden, der die Einlagepflicht betreffe. Der Beklagte habe die von ihm gezeichnete Einmaleinlage unstreitig geleistet. Dass die gewinnunabhängigen Auszahlungen nach § 11 GV die erbrachte Einlage wieder verringerten, sei dem Gesellschaftsvertrag nicht zu entnehmen. Mangels Rückstands mit der Einlageleistung ergebe sich ein Anspruch auch nicht aus § 236 Abs. 2 HGB, ohne dass es darauf ankomme, ob die Vorschrift auf die Liquidation der stillen Gesellschaft entsprechend anwendbar sei.

11

Auch § 16 Nr. 1 d) GV berechtige die Klägerin nicht zur Rückforderung der Ausschüttungen. In dieser Bestimmung gehe es um den Fall des "vertragsgemäßen Austritts" der Gesellschafter, der hier nicht eingetreten sei. Eine entsprechende Anwendung der Regelung auf den Fall der Liquidation komme nicht in Betracht. Es bestehe nämlich ein wesentlicher Unterschied zwischen dem vertragsgemäßen Austritt eines stillen Gesellschafters aus dem fortbestehenden Unternehmen, dessen Bewertung zu Fortführungswerten erfolge, und der Liquidation der stillen Gesellschaft zur Abwendung der Insolvenz des Unternehmens.

12

Offenbleiben könne, ob die Klageerweiterung in Form des Hilfsantrags in der Berufungsinstanz unzulässig sei. Denn jedenfalls sei die Hilfsfeststellungsklage als solche unzulässig.

13

II. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Beklagte ist gemäß § 9 Nr. 1 und 2 i.V.m. § 16 Nr. 1 d) GV zur Rückzahlung der gemäß § 11 Nr. 1 GV erhaltenen Ausschüttungen in Höhe von 4.166,67 € verpflichtet.

14

1. Der erkennende Senat hat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung mit Urteil vom 8. Dezember 2015 (II ZR 333/14, ZIP 2016, 523 ff.) im Rahmen der ihm als Revisionsgericht obliegenden objektiven Auslegung (st. Rspr., s. nur BGH, Beschluss vom 22. September 2015 - II ZR 310/14, ZIP 2016, 266 Rn. 8; Beschluss vom 23. September 2014 - II ZR 373/13, juris Rn. 1, jeweils mwN) des mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaftsvertrags zu den - auch hier - auszulegenden Bestimmungen, aber auch schon zu wortgleichen Regelungen in anderen stillen Gesellschaftsverträgen, die Gegenstand von Prospekthaftungsklagen gegen vergleichbare Gesellschaften waren (BGH, Beschlüsse vom 3. Februar 2015 - II ZR 52/14, - II ZR 54/14, - II ZR 77/14, - II ZR 93/14, - II ZR 103/14, jeweils juris), entschieden, dass sich die Berechnung des Abfindungsbetrags der stillen Gesellschafter nach der mit Beschluss vom 11. Dezember 2009 mit Wirkung zum 15. Dezember 2009 eingetretenen Vollbeendigung der mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaft nach § 16 und § 9 GV richtet.

15

Im Urteil vom 8. Dezember 2015 (II ZR 333/14, ZIP 2016, 523 Rn. 7, 14) hat der Senat insoweit ausgeführt:

"…

Die stille Gesellschaft ist durch den Beschluss der Gesellschafter vom 11. Dezember 2009 mit Wirkung zum 15. Dezember 2009 im Sinne des § 16 Nr. 1 GV beendet worden. Bei Beendigung der stillen Gesellschaft steht den Gesellschaftern nach § 16 Nr. 1 Satz 1 GV ein Abfindungsguthaben zu, dessen Berechnung sich nach einem in § 16 und § 9 GV näher geregelten Auseinandersetzungswert bestimmt. …

Die den stillen Gesellschaftern im Innenverhältnis wie Kommanditisten eingeräumten Rechte sind, soweit sie nach der Auflösung der stillen Gesellschaft nicht überhaupt entfallen sind, jedenfalls auf die Durchsetzung ihrer sich aufgrund der Auflösung der Gesellschaft ergebenden Ansprüche beschränkt. Hinsichtlich ihrer vermögensmäßigen Beteiligung an dem Unternehmen sind die stillen Gesellschafter nach Maßgabe von § 16 i.V.m. § 9 GV abzufinden."

16

In den Beschlüssen vom 3. Februar 2015 (II ZR 52/14, II ZR 54/14, II ZR 77/14, II ZII ZR 93/14, II ZII ZR 103/14, jeweils juris Rn. 16) heißt es insoweit:

"Hinsichtlich der Rückzahlungspflicht im Rahmen der Auseinandersetzung der atypischen stillen Gesellschaft oder des Ausscheidens eines atypischen stillen Gesellschafters ergibt sich aus § 13 Abs. 1 Buchst. d (wortgleich mit: § 16 Nr. 1 Buchst. d), siehe LG Hamburg, Urteil vom 24. Januar 2013 - 328 O 370/11, juris Rn. 24 - Vorinstanz zu II ZR 52/14) des im Prospekt abgedruckten Gesellschaftsvertrags, dass eine Rückzahlungspflicht an die Gesellschaft dann besteht, wenn die Entnahmen und Verlustanteile die Einlagesumme und Gewinnanteile und das ermittelte Abfindungsguthaben übersteigen und eine Verrechnung nicht zur Deckung des negativen Kapitalkontos ausreicht. …"

17

2. Der Senat sieht keine Veranlassung, von dieser Auslegung der Regelungen in §§ 9, 16 GV abzuweichen.

18

a) § 16 GV verweist ausweislich seiner Überschrift sowie der Formulierung in Nr. 1 Satz 2 für jede Form der Beendigung der mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaft auf § 9 GV sowie die "nachstehenden Buchstaben a) bis d)" als Maßstab für die Berechnung des Abfindungsguthabens der stillen Gesellschafter. Beendet wird die atypisch mehrgliedrige stille Gesellschaft (jedenfalls) durch den Beschluss der Gesellschafter, diese aufzulösen (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2015 - II ZR 333/14, ZIP 2016, 523 Rn. 9 ff.). Hingegen wird die stille Gesellschaft durch den vertragsgemäßen Austritt eines Gesellschafters, wie aus § 15 Nr. 1 Abs. 4 GV folgt, nicht aufgelöst, sondern sie wird in diesem Fall fortgesetzt. Dies rechtfertigt es, in § 9 GV in Verbindung mit § 16 Nr. 1 d) GV ausdrücklich klarzustellen, dass die Pflicht zur Rückzahlung der gewinnunabhängigen Ausschüttungen - auch - bei einem Austritt besteht.

19

b) Die Regelung in § 16 Nr. 1 d) GV betreffend die Pflicht zur Rückzahlung der gewinnunabhängigen Auszahlungen trägt dem Umstand Rechnung, dass die stillen Gesellschafter bei der hier vorliegenden vertraglichen Konstruktion das wirtschaftliche Risiko des Unternehmens des Geschäftsinhabers tragen.

20

Angesichts des Verhältnisses des vom Geschäftsherrn eingelegten Kapitals von 500.000 € zur Höhe der stillen Einlagen in Höhe von 150 Mio. € und des Umstands, dass die stillen Gesellschafter einem Kommanditisten vergleichbare Mitwirkungsrechte haben, die ihnen weitreichende Befugnisse zur Einflussnahme auf die Geschäftsführung und die Gestaltung der Kommanditgesellschaft einräumen (§ 1 Nr. 2 und 4, § 6 Nr. 2 und 3 GV), haben die Einlagen der stillen Gesellschafter Eigenkapitalcharakter (vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Dezember 1984 - II ZR 36/84, ZIP 1985, 347). Die stillen Gesellschafter treten gemäß § 10 Nr. 6 GV (u.a.) mit ihren Abfindungsansprüchen im Rang hinter die Erfüllung der Forderungen von Gläubigern des Geschäftsinhabers zurück. In der Insolvenz des Geschäftsinhabers stehen ihre Forderungen nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO einem Gesellschafterdarlehen im Nachrang gleich (BGH, Urteil vom 28. Juni 2012 - IX ZR 191/11, BGHZ 193, 378 Rn. 24). Auszahlungen an sie können im Falle der Insolvenz des Geschäftsherrn anfechtbar sein (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2012 - IX ZR 191/11, BGHZ 193, 378 Rn. 27; Haas/Vogel, NZI 2012, 875, 877; Mylich, WM 2013, 1010, 1013 f.).

21

Für den Fall der Beendigung der stillen Gesellschaft regelt § 16 Nr. 1 d) GV diese umfassend bestehende Pflicht der stillen Gesellschafter, die Schulden des Geschäftsinhabers, soweit sie auf das Unternehmen entfallen, an dem sie beteiligt sind, möglichst auszugleichen. Die stillen Gesellschafter sollen dem Geschäftsherrn die Schuldentilgung durch die Rückzahlung der Gelder ermöglichen, die sie nicht als Gewinn, sondern zu Lasten des Vermögens des Unternehmens erhalten haben. § 16 Nr. 1 d) GV stellt klar, dass diese Pflicht - schon aus Gründen der Gleichbehandlung - jeden stillen Gesellschafter trifft, der derartige Zahlungen aus dem Vermögen des Unternehmens des Geschäftsinhabers erhalten hat - unabhängig davon, ob die Beendigung der Gesellschafterstellung auf einer Kündigung des Gesellschafters, seiner Ausschließung oder auf der Auflösung der stillen Gesellschaft beruht. Ebenso verweist § 9 GV für jede Form des Ausscheidens eines stillen Gesellschafters auf die Einzelheiten der Berechnung nach § 16 GV, der ausweislich seiner Bezeichnung das "Abfindungsguthaben bei Beendigung der atypisch stillen Gesellschaft" regelt.

22

c) Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass diese Auslegung der §§ 9, 16 Nr. 1 d) GV dem Verständnis einer Vielzahl von stillen Gesellschaftern entspricht, die sich an der Klägerin bzw. vergleichbaren Gesellschaften beteiligt haben. Diese haben ihre, dem Senat aus den bei ihm anhängigen Verfahren bekannten Prospekthaftungsansprüche u.a. darauf gestützt, dass sie über die sich nach ihrem Verständnis aus § 9 i.V.m. § 16 Nr. 1 d) GV (bzw. wortgleichen Regelungen) ergebende Pflicht zur Rückzahlung der gewinnunabhängigen Auszahlungen im Falle der Beendigung der stillen Gesellschaft nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden seien.

23

III. Der Senat kann in der Sache abschließend selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht hat durch Bezugnahme auf die Feststellungen des Amtsgerichts festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Rückzahlungspflicht des Beklagten nach § 16 Nr. 1 d), § 9 Nr. 2 GV - mit Ausnahme der von ihm rechtsfehlerhaft verneinten Anwendbarkeit auf den hier vorliegenden Fall des Ausscheidens infolge Beendigung der Gesellschaft - erfüllt sind. Der von der Klägerin gestellte Hilfsantrag ist damit gegenstandslos geworden.

IV. Rechtsbehelfsbelehrung:

26

Gegen dieses Versäumnisurteil kann die säumige Partei innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen, die mit der Zustellung des Versäumnisurteils beginnt, schriftlich Einspruch durch eine von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnete Einspruchsschrift beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe (Postanschrift: 76125 Karlsruhe) einlegen.

Strohn                    Caliebe                       Wöstmann

               Born                        Sunder

Berichtigungsbeschluss vom 20. Dezember 2016

Das Versäumnisurteil vom 20. September 2016 wird wegen offenbarer Unrichtigkeit gemäß § 319 Abs. 1 ZPO im Tatbestand, Seite 2, Randnummer 1, wie folgt berichtigt:

„Der Beklagte beteiligte sich mit Beitrittserklärung vom 9. Dezember 2002 an der A.                     AG, deren Rechtsnachfolgerin die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, ist.“

Strohn        

    

Caliebe        

    

Wöstmann

    

Born        

    

Sunder        

    

12
1. Der erkennende Senat hat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung mit Urteil vom 8. Dezember 2015 (II ZR 333/14, ZIP 2016, 523 ff.) im Rahmen der ihm als Revisionsgericht obliegenden objektiven Auslegung (st. Rspr., s. nur BGH, Beschluss vom 22. September 2015 - II ZR 310/14, ZIP 2016, 266 Rn. 8; Beschluss vom 23. September 2014 - II ZR 373/13, juris Rn. 1, jeweils mwN) des mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaftsvertrags zu den - auch hier - auszulegenden Bestimmungen, aber auch schon zu wortgleichen Regelungen in anderen stillen Gesellschaftsverträgen, die Gegenstand von Prospekthaftungsklagen gegen vergleichbare Gesellschaften waren (BGH, Beschlüsse vom 3. Februar 2015 - II ZR 52/14, - II ZR 54/14, - II ZR 77/14, - II ZR 93/14, - II ZR 103/14, jeweils juris), entschieden, dass sich die Berechnung des Abfindungsbetrags der stillen Gesellschafter nach der mit Beschluss vom 11. Dezember 2009 mit Wirkung zum 15. Dezember 2009 eingetretenen Vollbeendigung der mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaft nach § 16 und § 9 GV richtet.
10
1. Der erkennende Senat hat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung mit Urteil vom 8. Dezember 2015 (II ZR 333/14, ZIP 2016, 523 ff.) im Rahmen der ihm als Revisionsgericht obliegenden objektiven Auslegung (st. Rspr., s. nur BGH, Beschluss vom 22. September 2015 - II ZR 310/14, ZIP 2016, 266 Rn. 8; Beschluss vom 23. September 2014 - II ZR 373/13, juris Rn. 1, jeweils mwN) des mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaftsvertrags zu den - auch hier - auszulegenden Bestimmungen, aber auch schon zu wortgleichen Regelungen in anderen stillen Gesellschaftsverträgen, die Gegenstand von Prospekthaftungsklagen gegen vergleichbare Gesellschaften waren (BGH, Beschlüsse vom 3. Februar 2015 - II ZR 52/14, - II ZR 54/14, - II ZR 77/14, - II ZR 93/14, - II ZR 103/14, jeweils juris), entschieden, dass sich die Berechnung des Abfindungsbetrags der stillen Gesellschafter nach der mit Beschluss vom 11. Dezember 2009 mit Wirkung zum 15. Dezember 2009 eingetretenen Vollbeendigung der mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaft nach § 16 und § 9 GV richtet.
11
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts folgt aus § 9 und § 16 Nr. 1 d) GV ein vertraglicher Anspruch der Klägerin gegen die stillen Gesellschafter auf Rückzahlung der gemäß § 11 Nr. 1 GV erhaltenen Ausschüttungen , wie der Senat mit Urteilen vom 20. September 2016 (II ZR 120/15, ZIP 2016, 2262 Rn. 14 ff., II ZR 124/15, juris Rn. 12 ff. und II ZR 139/15, juris Rn. 10 ff.) entschieden hat. Davon abzuweichen besteht kein Anlass.
11
1. Im Ergebnis zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Klägerin ein vertraglicher Anspruch auf Rückzahlung der dem Beklagten gewährten gewinnunabhängigen Ausschüttungen zusteht. Dieser Anspruch ergibt sich allerdings nicht erst in analoger Anwendung, sondern unmittelbar aus § 9 und § 16 Nr. 1 d) GV, wie der Senat mit Urteilen vom 20. September 2016 (II ZR 120/15, ZIP 2016, 2262 Rn. 14 ff., II ZR 124/15, juris Rn. 12 ff. und II ZR 139/15, juris Rn. 10 ff.) entschieden hat. Davon abzuweichen besteht kein Anlass.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 218/00 Verkündet am:
27. November 2000
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 133 (B), 157 (Ga), § 242 (A); HGB § 237; Fassung: 19. Dezember 1985
AGBG § 23 Abs. 1

a) Die von einem Unternehmen für eine Vielzahl von Gesellschaftsverträgen mit
stillen Gesellschaftern vorformulierten Vertragsbedingungen unterliegen
- unabhängig von der Bereichsausnahme des § 23 Abs. 1 AGBG - gem. §§ 157,
242 BGB einer ähnlichen objektiven Auslegung und Inhaltskontrolle wie Allgemeine
Geschäftsbedingungen (vgl. Senat BGHZ 64, 238) und können vom Revisionsgericht
frei ausgelegt werden, soweit sie über den Bezirk eines Oberlandesgerichts
hinaus verwendet wurden. Beides gilt auch für Vertragsbestimmungen
in einem Emissionsprospekt, soweit dessen Inhalt in die (vorformulierten)
Einzelverträge einbezogen ist.

b) Das einem stillen Gesellschafter vertraglich eingeräumte Kündigungsrecht kann
auch ohne ausdrückliche Berufung hierauf ausgeübt werden und schließt die Insolvenzanfechtung
einer Einlagenrückgewähr gemäß § 237 a.F. HGB (jetzt:
§ 136 InsO) auch dann aus, wenn es nach der Kündigung zu einer Auflösungsvereinbarung
kommt, die lediglich das konkretisiert, was der Stille auch ohne sie
aufgrund der Kündigungsregelung im ursprünglichen Vertrag hätte verlangen
können.
BGH, Urteil vom 27. November 2000 - II ZR 218/00 - OLG Schleswig
LG Itzehoe
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und
die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Henze, Kraemer und die Richterin
Münke

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des SchleswigHolsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 18. Februar 2000 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Verwalter im Konkurs über das Vermögen der H. Aktiengesellschaft E. , an der sich bis zur Konkurseröffnung am 24. Juli 1997 ca. 38.500 Anleger, darunter der Beklagte, als "stille Gesellschafter" beteiligt hatten. Der Beklagte zeichnete am 28. November 1994 unter Verwendung von Vertragsformularen der Gemeinschuldnerin je eine Beteiligung des Typs A mit einer Einlage von 10.000,-- DM sowie des Typs KAP mit einer in 72 Monatsraten zu zahlenden Einlage von 21.600,-- DM, jeweils zuzüglich 5 % Agio. Nach Zahlung von 10.500,-- DM auf die Beteiligung Typ A und Ratenzahlungen von insgesamt 4.905,-- DM auf die Beteiligung Typ KAP
erklärte er mit Schreiben vom 29. Juli 1996 die Kündigung seiner Beteiligungen , weil er in finanziellen Schwierigkeiten sei. Die Gemeinschuldnerin schloß daraufhin mit dem Beklagten im August/September 1996 je einen schriftlichen "Vertrag zur vorfristigen Auflösung der Beteiligungen" und zahlte dem Beklagten dessen Einlagen mit bestimmten, vereinbarten Abzügen zurück. Er erhielt 9.382,19 DM auf den Typ A sowie 1.649,77 DM auf den Typ KAP. Am 12. Mai 1997 ordnete das Bundesamt für das Kreditwesen gegenüber der Gemeinschuldnerin die unverzügliche Rückzahlung sämtlicher Einlagen des Typs A und KAP an, weil die zugrundeliegenden Verträge als unerlaubte Bankgeschäfte (§§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 32 Abs. 1 Satz 1 KWG) zu qualifizieren seien. Kurz darauf stellte die Gemeinschuldnerin Konkursantrag.
Mit seiner Klage verlangt der Kläger von dem Beklagten im Wege der Konkursanfechtung gemäß § 237 a.F. HGB die Erstattung der an ihn ausbezahlten Beträge mit dem Vortrag, es habe sich nicht um Darlehen, sondern um Einlagen eines stillen Gesellschafters gehandelt, bei deren Rückzahlung der Grund für den späteren Konkurs der Gemeinschuldnerin bereits gelegt gewesen sei. Der Beklagte beruft sich u.a. darauf, daß sich aus dem Emissionsprospekt der Gemeinschuldnerin ein jederzeitiges Kündigungsrecht ergebe. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben; das Oberlandesgericht hat sie auf die Berufung des Beklagten abgewiesen. Dagegen richtet sich die - zugelassene - Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:


Die Revision bleibt im Ergebnis erfolglos.

I. Das Berufungsgericht hat gemeint, ein Rückforderungsanspruch des Klägers gemäß § 237 Abs. 1 Satz 1 a.F. HGB bestehe deshalb nicht, weil die zwischen dem Beklagten und der Gemeinschuldnerin abgeschlossenen Verträge der Typen A und KAP keine stillen Beteiligungen, sondern Darlehen zum Gegenstand gehabt hätten. Denn § 13 Abs. 3 Satz 1 der Vertragsbedingungen garantiere den betreffenden Anlegern unabhängig von dem Gewinn und Verlust der Geschäftsinhaberin eine Ausschüttung oder Einlagenerhöhung von 9 % pro Jahr. Diese (vermeintlich) sichere Rendite und nicht die Förderung der unternehmerischen Ziele der Gemeinschuldnerin sei für die Anleger bestimmend gewesen, während es der Gemeinschuldnerin nur um Liquiditätszuflüsse gegangen sei. Eine analoge Anwendung des § 237 a.F. HGB auf Darlehensverträge sei abzulehnen.
II. Es kann dahinstehen, ob diese Begründung zutrifft, die u.a. auch vom Oberlandesgericht Dresden in einem Urteil vom 8. September 1999 (19 U 101/99) in einer der zahlreichen, bei dem Senat anhängigen Parallelsachen (II ZR 292/99) herangezogen wurde (anders z.B. OLG Stuttgart, Urt. v. 16. Juni 1999 - 20 U 5/99, Revision II ZR 211/99) und im Ergebnis der Auffassung des Bundesamtes für das Kreditwesen zum Darlehenscharakter der angeblichen stillen Einlagen gemäß dem Bescheid vom 12. Mai 1997 entspricht. Jedenfalls war der Beklagte aufgrund der Kündigungsregelung im Emissionsprospekt der Gemeinschuldnerin, der gemäß dem formularmäßigen Beteiligungsvertrag dessen Bestandteil war, zu seiner Kündigung vom 29. Juli 1996 und Zurückforderung seiner Leistungen mit den bereits im Emissionsprospekt vorgesehenen Abzügen berechtigt, was die vom Kläger geltend gemachte Anfechtung der Rückzahlung in direkter oder analoger Anwendung des
§ 237 a.F. HGB ausschließt. Im gleichen Sinne haben etliche Oberlandesgerichte in bei dem Senat anhängigen oder aktenkundigen Anfechtungsprozessen des Klägers mit anderen Anlegern entschieden (vgl. z.B. OLG Celle, Urt. v. 22. September 1999 - 9 U 1/99, Revision II ZR 297/99; OLG Dresden, Urt. v. 20. Mai 1999 - 4 U 3339/98; OLG Frankfurt, Urt. v. 3. Dezember 1999 - 10 U 256/98, Revision II ZR 9/00; OLG Köln, Urt. v. 8. Juni 1999 - 22 U 3/99; OLG Oldenburg, Urt. v. 20. Mai 1999 - 1 U 24/99, Revision II ZR 193/99; OLG Stuttgart, Urt. v. 16. Juni 1999 - 20 U 5/99, Revision II ZR 211/99). Das Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg (aaO) hat der Senat bereits durch Nichtannahmebeschluß vom 17. Juli 2000 (II ZR 193/99) bestätigt.
1. Der Senat kann die im Tatbestand des angefochtenen Urteils in Bezug genommenen und im Rechtsstreit vorgelegten Formularverträge samt den dazugehörigen Vertragsbedingungen im Emissionsprospekt und im "Angebot zum Abschluß eines Gesellschaftsvertrages als stiller Gesellschafter" selbst frei auslegen, weil sie von der Gemeinschuldnerin bundesweit gegenüber zahlreichen Anlegern, mithin über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus, verwendet wurden (vgl. Zöller/Gummer, ZPO 21. Aufl. § 549 Rdn. 8, § 550 Rdn. 5 m.N.). Das gilt nach Sinn und Zweck dieser revisionsgerichtlichen Auslegungskompetenz unabhängig davon, ob es sich hier um Allgemeine Geschäftsbedingungen (für Darlehensverträge) im Sinne des AGB-Gesetzes (vgl. BGHZ 122, 256, 260 m.N.; Musielak/Ball, ZPO 2. Aufl. § 550 Rdn. 5) oder um gesellschaftsvertragliche Regelungen für eine Vielzahl von - entsprechend § 4 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages mit jedem einzelnen Anleger zustande gekommenen - stillen Gesellschaften handelt, die zwar unter die Bereichsausnahme des § 23 Abs. 1 AGBG fallen mögen (vgl. Senat BGHZ 127, 176, 183; s. aber auch Palandt/Heinrichs, BGB 59. Aufl. § 23 AGBG Rdn. 3 m.w.N.), jedoch - entspre-
chend der Rechtsprechung des Senates zu Gesellschaftsverträgen von Publikumsgesellschaften (vgl. BGHZ 64, 238) - einer ähnlichen Auslegung und Inhaltskontrolle (gemäß § 242 BGB) wie Allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen.

a) Gemäß den von der Gemeinschuldnerin vorformulierten Beteiligungserklärungen , die auch im vorliegenden Fall verwendet wurden, beteiligt sich der Anleger nach Maßgabe des im Anhang des Emissionsprospektes abgedruckten Gesellschaftsvertrages als typisch stiller Gesellschafter; er bestätigt, den Emissionsprospekt einschließlich Gesellschaftsvertrag erhalten zu haben und beide als verbindlich anzuerkennen. Dies bedeutet aus der Sicht des Anlegers, daß mit der auf dem Formular vorgesehenen Annahme der Beteiligungserklärung durch die H. AG der Emissionsprospekt ebenso Vertragsbestandteil wird wie der vorgedruckte Gesellschaftsvertrag.

b) Zwar räumt § 16 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages dem Gesellschafter ein ordentliches Kündigungsrecht erstmals zum Ende des sechsten vollen Geschäftsjahres seit Beteiligungsbeginn ein, dessen Abwicklungsfolgen in § 17 Abs. 1 in teilweiser Abweichung von § 235 HGB geregelt sind. Auch im Emissionsprospekt ist unter der Überschrift "Kündigungsfrist und vorzeitige Kündigung" zunächst die Kündigungsregelung des § 16 Nr. 2 wiedergegeben. Anschließend heißt es aber:
"Wird der Vertrag vorzeitig gekündigt, so schuldet der Gesellschafter gleichwohl die im Mittelverwendungsplan unter Kapitalbeschaffungs - sowie Beratungs- und Treuhänderkosten ausgewiesenen Beträge (insgesamt 19,5 %, nämlich 14,5 % der Vertragssumme und das Agio). Die H. AG ist in diesem Fall berechtigt,
das Guthaben des Gesellschafters um den geschuldeten Betrag zu kürzen."
Abschließend heißt es in diesem Abschnitt:
"Mit der Kündigungsregelung wird Ausgewogenheit hergestellt zwischen den jetzigen Gesellschaftern, die den bisherigen Aufbau getragen haben, und dem Kündigenden, sowie den Belangen der Energiewerke mit regionalen Versorgungsaufgaben."
Aus dieser Regelung durfte ein Anleger - unabhängig von der fraglichen Anwendbarkeit des § 5 AGBG - schon nach §§ 133, 157 BGB entnehmen, daß er den Vertrag auch vorzeitig unter Inkaufnahme der vorbestimmten Nachteile sollte kündigen können. Insoweit enthält die Regelung nicht einen Widerspruch , sondern eine Ergänzung zu der im Gesellschaftsvertrag (und im vorherigen Satz des Emissionsprospektes) getroffenen Kündigungsregelung nach Ablauf von sechs Jahren mit anderen Rechtsfolgen. Entgegen der vom Kläger auch in Parallelsachen (z.B. II ZR 193/99) geäußerten Ansicht regelt der Prospekt nicht nur die Rechtsfolgen einer vorzeitigen Kündigung, welche die Geschäftsherrin beliebig zurückweisen könnte, sondern läßt eine vorzeitige Kündigung zu und überläßt es dem Anleger, ob er die für diesen Fall vereinbarten wirtschaftlichen Nachteile in Kauf nehmen will. Eine solche Regelung nur für den Fall einer Kündigung des Anlegers aus gegebenem wichtigem Grund wäre gemäß § 234 Abs. 1 Satz 2 HGB i.V.m. § 723 Abs. 1, 3 BGB unwirksam; sie kann sich daher nach redlichem Verständnis (§ 157 BGB) nicht (nur) auf diesen Fall beziehen; erst recht nicht auf die Fälle einer Kündigung oder eines Rücktritts der Geschäftsinhaberin aus wichtigem Grund bzw. wegen Nichter-
bringung der Einlage des Stillen gemäß §§ 16 Nr. 1, 17 Nr. 3, 5 Nr. 5 des Gesellschaftsvertrages , weil deren Rechtsfolgen in § 5 Nr. 5 anders als im Prospekt geregelt sind und dieser sich an der zitierten Stelle ersichtlich nur mit Kündigungen des Anlegers nach und vor Ablauf einer sechsjährigen Vertragszeit befaßt.
Der Annahme eines vorzeitigen Kündigungsrechts aus der (maßgebenden ) Sicht des durchschnittlichen Anlegers läßt sich auch nicht entgegenhalten , daß dies für ihn erkennbar den Unternehmensinteressen zuwiderliefe. Denn zum einen war das Kündigungsrecht nicht völlig frei, sondern mit nicht unerheblichen wirtschaftlichen Nachteilen für den Anleger verbunden. Zum anderen hat die Gemeinschuldnerin selbst im Prospekt die Kündigungsregelung auch unter Berücksichtigung ihrer Belange als "ausgewogen" bezeichnet und damit zum Ausdruck gebracht, sich diese - ebenso wie gewisse soziale Regelungen bei KAP-Sparern - leisten zu können.
Unabhängig davon, ob es auf das subjektive Verständnis der Gemeinschuldnerin von dem objektiven Regelungsgehalt des Prospektes überhaupt ankommt, hat sie diesen ersichtlich selbst in dem dargelegten Sinne verstanden. Denn sie hat nicht nur im vorliegenden, sondern in zahlreichen Parallelfällen vorzeitige Kündigungen der Anleger unter Abschluß von Auflösungsverträgen akzeptiert und darin exakt nach den im Prospekt vorgesehenen Bedingungen abgerechnet. Die Verwertung dieser gerichtsbekannten Fakten (§ 291 ZPO) aus anderen bei ihm anhängigen Verfahren ist dem Senat - nach entsprechendem Hinweis in der mündlichen Verhandlung (vgl. BGH, Urt. v. 6. Mai 1993 - I ZR 84/91, NJW-RR 1993, 1122 f.) - auch als Revisionsgericht
nicht verwehrt (vgl. BGH, Urt. v. 2. April 1998 - I ZR 1/96, NJW 1998, 3498 zu II 2).
2. Da der Beklagte sonach aufgrund des ihm vertraglich eingeräumten Kündigungsrechtes zu seiner Kündigung vom 29. Juli 1996 berechtigt war, ist die (teilweise) Rückgewähr seiner Einlage nicht gemäß § 237 a.F. HGB anfechtbar (vgl. Senat BGHZ 55, 5, 10; vollständiger Entscheidungsabdruck in NJW 1971, 375).

a) Daß er sich in seiner Kündigungserklärung nicht ausdrücklich auf sein Kündigungsrecht gemäß dem Prospekt, sondern - wie andere Anleger in den Parallelsachen - auf persönliche bzw. wirtschaftliche Gründe berufen hat, ändert am Bestehen seines Kündigungsrechtes nichts und ist jedenfalls bei einem vertraglichen Kündigungsrecht, das dem Gegner bekannt sein muß und auch in anderen Rechtsbereichen nicht selten mit gewissen Begründungen ausgeübt wird, unerheblich. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Senatsurteil BGHZ 55, 5, 10, wonach im Fall eines gesetzlichen Kündigungsrechtes aus wichtigem Grund dessen "Ausübung" verlangt wird, um eine freiwillige, gemäß § 237 a.F. HGB anfechtbare Einlagenrückgewähr auszuschließen.

b) Die nach der (wirksamen) Kündigung des Beklagten abgeschlossenen Verträge "zur vorfristigen Auflösung" seiner Beteiligungen sind für § 237 Abs. 1 a.F. HGB ohne Belang. Denn damit wurde - ebenso wie durch gleichförmige Verträge in Parallelsachen - lediglich klarstellend konkretisiert, was der Beklagte aufgrund der bereits im Prospekt getroffenen Kündigungsregelung ohnehin - auch ohne diese Verträge - hätte verlangen können. Die Einlagenrückge -
währ erfolgte daher nicht "aufgrund" dieser (nachträglichen) Vereinbarung und ist deshalb nicht gemäß § 237 Abs. 1 Satz 1 a.F. HGB anfechtbar.

Röhricht Hesselberger Henze
Kraemer Münke
50
bb) Es bedarf hier keiner Entscheidung darüber, ob die Bereichsausnahme des § 23 Abs. 1 AGBG bzw. des § 310 Abs. 4 BGB nF im Hinblick auf die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95 vom 21. April 1993, S. 29 – 34) nicht eingreift, wenn sich Verbraucher an Publikumsgesellschaften beteiligen (so OLG Frankfurt, NJW-RR 2004, 991, 992 m.w.N.; OLG Oldenburg, NZG 1999, 896, 897; KG, WM 1999, 731, 733; MünchKommmBGB/Basedow, 5. Aufl., § 310 Rn. 86; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 310 Rn. 49 m.w.N.; aA Ulmer/Schäfer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl., § 310 Rn. 120 m.w.N.), oder aber Gesellschaftsverträge von Publikumsgesellschaften weiterhin einer ähnlichen Auslegung und Inhaltskontrolle (§ 242 BGB) wie allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen (vgl. BGH, Urteil vom 14. April 1975 - II ZR 147/73, BGHZ 64, 238, 241 ff.; Urteil vom 27. November 2000 - II ZR 218/00, ZIP 2001, 243, 244; Urteil vom 20. März 2006 - II ZR 326/04, ZIP 2006, 849 Rn. 9). Denn die verjährungsverkürzende Klausel des Gesellschaftsvertrags hält auch einer individualvertraglichen Billigkeitskontrolle gemäß §§ 157, 242 BGB nicht stand, da sie ohne ausreichenden sachlichen Grund einseitig die Belange der Gründungsgesellschafter zu Lasten der berechtigten Interessen der Anlagegesellschafter bevorzugt. Aufgrund der Verkürzung der Verjährung für Schadensersatzansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis auf weniger als fünf Jahre ist die Klausel des Gesellschaftsvertrages unwirksam (vgl. BGH, Urteil vom 14. April 1975 - II ZR 147/73, BGHZ 64, 238, 241 ff.; Urteil vom 20. März 2006 - II ZR 326/04, ZIP 2006, 849 Rn. 9; Urteil vom 13. Juli 2006 - III ZR 361/04, ZIP 2006, 1631 Rn. 14). Die zusätzlich bestimmte Ausschlussfrist , die eine kenntnisabhängige Anmeldung in sechs Monaten verlangt und auch deliktische Ansprüche erfasst, ist zudem wegen Abweichung von § 852 Abs. 1 BGB aF unwirksam (BGH, Urteil vom 20. März 2006 - II ZR 326/04, ZIP 2006, 849 Rn. 9).
14
a) Nach der Rechtsprechung des Senats unterliegen die Regelungen in Gesellschaftsverträgen von Publikumsgesellschaften unabhängig davon, ob die Bereichsausnahme des § 23 Abs. 1 AGBG bzw. § 310 Abs. 4 BGB n.F. eingreift, einer ähnlichen Auslegung und Inhaltskontrolle wie Allgemeine Geschäftsbedingungen (BGH, Urteil vom 27. November 2000 - II ZR 218/00, ZIP 2001, 243, 244; Urteil vom 13. September 2004 - II ZR 276/02, ZIP 2004, 2095, 2097 f.; Beschluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 6/09, ZIP 2012, 117 Rn. 50; Urteil vom 23. April 2012 - II ZR 75/10, ZIP 2012, 1342 Rn. 32). Hieraus folgt in Anlehnung an § 305c Abs. 2 BGB, dass Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Verwenders gehen (BGH, Urteil vom 13. September 2004 - II ZR 276/02, ZIP 2004, 2095, 2097 f.). Für den einer Publikumspersonengesellschaft beitretenden Gesellschafter müssen sich die mit dem Beitritt verbundenen, nicht unmittelbar aus dem Gesetz folgenden Rechte und Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag daher klar ergeben.
14
a) Nach der Rechtsprechung des Senats unterliegen die Regelungen in Gesellschaftsverträgen von Publikumsgesellschaften unabhängig davon, ob die Bereichsausnahme des § 23 Abs. 1 AGBG bzw. § 310 Abs. 4 BGB n.F. eingreift , einer ähnlichen Auslegung und Inhaltskontrolle wie Allgemeine Geschäftsbedingungen (BGH, Urteil vom 27. November 2000 - II ZR 218/00, ZIP 2001, 243, 244; Urteil vom 13. September 2004 - II ZR 276/02, ZIP 2004, 2095, 2097 f.; Beschluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 6/09, ZIP 2012, 117 Rn. 50; Urteil vom 23. April 2012 - II ZR 75/10, ZIP 2012, 1342 Rn. 32). Hieraus folgt in Anlehnung an § 305c Abs. 2 BGB, dass Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Verwenders gehen (BGH, Urteil vom 13. September 2004 - II ZR 276/02, ZIP 2004, 2095, 2097 f.). Für den einer Publikumspersonengesellschaft beitretenden Gesellschafter müssen sich die mit dem Beitritt verbundenen, nicht unmittelbar aus dem Gesetz folgenden Rechte und Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag daher klar ergeben.
14
a) Nach der Rechtsprechung des Senats unterliegen die Regelungen in Gesellschaftsverträgen von Publikumsgesellschaften unabhängig davon, ob die Bereichsausnahme des § 23 Abs. 1 AGBG bzw. § 310 Abs. 4 BGB n.F. eingreift, einer ähnlichen Auslegung und Inhaltskontrolle wie Allgemeine Geschäftsbedingungen (BGH, Urteil vom 27. November 2000 - II ZR 218/00, ZIP 2001, 243, 244; Urteil vom 13. September 2004 - II ZR 276/02, ZIP 2004, 2095, 2097 f.; Beschluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 6/09, ZIP 2012, 117 Rn. 50; Urteil vom 23. April 2012 - II ZR 75/10, ZIP 2012, 1342 Rn. 32). Hieraus folgt in Anlehnung an § 305c Abs. 2 BGB, dass Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Verwenders gehen (BGH, Urteil vom 13. September 2004 - II ZR 276/02, ZIP 2004, 2095, 2097 f.). Für den einer Publikumspersonengesellschaft beitretenden Gesellschafter müssen sich die mit dem Beitritt verbundenen, nicht unmittelbar aus dem Gesetz folgenden Rechte und Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag daher klar ergeben.
14
a) Nach der Rechtsprechung des Senats unterliegen die Regelungen in Gesellschaftsverträgen von Publikumsgesellschaften unabhängig davon, ob die Bereichsausnahme des § 23 Abs. 1 AGBG bzw. § 310 Abs. 4 BGB n.F. eingreift , einer ähnlichen Auslegung und Inhaltskontrolle wie Allgemeine Geschäftsbedingungen (BGH, Urteil vom 27. November 2000 - II ZR 218/00, ZIP 2001, 243, 244; Urteil vom 13. September 2004 - II ZR 276/02, ZIP 2004, 2095, 2097 f.; Beschluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 6/09, ZIP 2012, 117 Rn. 50; Urteil vom 23. April 2012 - II ZR 75/10, ZIP 2012, 1342 Rn. 32). Hieraus folgt in Anlehnung an § 305c Abs. 2 BGB, dass Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Verwenders gehen (BGH, Urteil vom 13. September 2004 - II ZR 276/02, ZIP 2004, 2095, 2097 f.). Für den einer Publikumspersonengesellschaft beitretenden Gesellschafter müssen sich die mit dem Beitritt verbundenen, nicht unmittelbar aus dem Gesetz folgenden Rechte und Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag daher klar ergeben.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der Zivilkammer 84 des Landgerichts Berlin vom 26. März 2015 aufgehoben.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Spandau, 4. Abt., vom 22. Mai 2013 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Beklagte beteiligte sich mit Beitrittserklärung vom 9. Dezember 2002 an der A.           AG, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte, eine GmbH & Co. KG, ist. Hierzu wählte er das Beteiligungsprogramm "Classic" mit einer Einmaleinlage in Höhe von 20.000 € zuzüglich eines Agios; beide Beträge hat er in vollem Umfang eingezahlt.

2

Der atypisch stille Gesellschaftsvertrag (im Folgenden: GV) enthält u.a. folgende Regelungen:

"§ 4 Gesellschaftskapital, Konten des atypisch stillen Gesellschafters

2. Für jeden Gesellschafter wird bei dem Geschäftsinhaber für jede Einlage ein gesondertes Kapitalkonto geführt, das sich aus folgenden Unterkonten zusammensetzt:

• dem Einlagekonto

• dem Gewinn- und Verlustkonto

sowie

• dem Privatkonto.

Das Einlagekonto, das Gewinn- und Verlustkonto sowie das Privatkonto sind jeweils zum 31. Dezember jeden Jahres miteinander zu verrechnen und ergeben zusammen das Kapitalkonto des Gesellschafters. …

3. Auf dem Einlagekonto werden die Einlagen des einzelnen Gesellschafters verbucht. Dieses Konto ist maßgeblich für die Gewinn- und Verlustbeteiligung des einzelnen Gesellschafters.

4. Auf dem Gewinn- und Verlustkonto werden die dem einzelnen Gesellschafter zugewiesenen Gewinn- und Verlustanteile gebucht.

5. Auf dem Privatkonto werden die Agioforderungen und Agiozahlungen sowie die Auszahlungen (Entnahmen/Aus-schüttungen) gemäß § 11 dieses Vertrags gebucht.

§ 6 Gesellschaftsbeschlüsse

3. Ist Gegenstand der Beschlussfassung

g) die Auflösung der Gesellschaft

… so bedarf der Gesellschafterbeschluss einer Mehrheit von 75 % der abgegebenen Stimmen. …

§ 9 Beteiligung am Vermögen (Auseinandersetzungswert)

1. Die Gesellschafter erhalten im Falle ihres Ausscheidens oder bei Liquidation des Unternehmens des Geschäftsinhabers entsprechend dem Verhältnis ihrer erbrachten Einlagen zum Gesamtbetrag der Einlagen aller Gesellschafter und dem zu diesem Zeitpunkt voll eingezahlten Grundkapital des Geschäftsinhabers einen Anteil an dem seit ihrem Beitritt zu dem Unternehmen des Geschäftsinhabers gebildeten Vermögen einschließlich der stillen Reserven der bilanzierten Wirtschaftsgüter (unter Berücksichtigung eines etwaigen Geschäftswerts). Die Einzelheiten ergeben sich aus den Regelungen in § 16 dieses Vertrags.

2. Weisen die gemäß § 4 dieses Vertrags geführten Konten des einzelnen Gesellschafters bei Ausscheiden auch unter Berücksichtigung der ihm zuzuordnenden stillen Reserven einen Negativsaldo aus, so ist der ausscheidende Gesellschafter verpflichtet, die gemäß § 11 erhaltenen Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen) in Höhe des Negativsaldos an die Gesellschaft zurückzuzahlen.

§ 11 Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen)

1. Diejenigen Gesellschafter, die ihre Einlagen in Form einer Einmaleinlage erbringen, erhalten jährlich gewinnunabhängige Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen) zu Lasten ihres Privatkontos. Hierbei handelt es sich nicht um eine Garantieverzinsung.

§ 16 Abfindungsguthaben bei Beendigung der atypisch stillen Gesellschaft

1. Bei Beendigung der atypisch stillen Gesellschaft steht den Gesellschaftern ein Abfindungsguthaben zu. Dieses errechnet sich nach Maßgabe des § 9 dieses Vertrags und den nachstehenden Buchstaben a) bis d) wie folgt:

d) Übersteigen zum Auseinandersetzungsstichtag (vgl. Buchstabe e) dieses Paragraphen) die Verlustanteile und Entnahmen, welche die Gesellschafter während ihrer gesamten Gesellschaftszugehörigkeit erhalten haben, ihren eingezahlten Einlagebetrag (ohne Agio) zuzüglich der ihrem Gewinn- und Verlustkonto gutgeschriebenen Gewinnbeteiligungen, wird der sich insoweit ergebende negative Betrag im Falle des vertragsgemäßen Austritts der Gesellschafter zunächst mit ihrem Auseinandersetzungsanspruch gemäß Buchstabe b) bis zur Höhe des (anteiligen) Auseinandersetzungswerts verrechnet. Sollte danach bei Einmalanlegern ein negativer Betrag verbleiben, kann die Gesellschaft den ausstehenden Betrag maximal bis zur Höhe der empfangenen Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen) zurückfordern."

3

In den Jahren 2003 bis 2005 erhielt der Beklagte vertragsgemäß gewinnunabhängige Ausschüttungen in Höhe von 4.166,67 €.

4

Am 11. Dezember 2009 beschlossen die stillen Gesellschafter im Umlaufverfahren mit der nach § 6 Nr. 3 g) GV erforderlichen Mehrheit, die stille Gesellschaft zum 15. Dezember 2009 zu "liquidieren". Per 31. Dezember 2009 wies das Kapitalkonto des Beklagten - nach Verrechnung von Gewinngutschrift, Verlustbeteiligung, Einlage und Ausschüttungen - einen Negativsaldo in Höhe von 7.812,01 € auf, von dem die Klägerin den darin enthaltenden Ausschüttungsbetrag von 4.166,67 € gemäß § 16 Nr. 1 d) GV mit der Klage geltend macht.

5

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage auf die Berufung hin abgewiesen und die - in der Berufungsinstanz hilfsweise begehrte - Feststellung, dass die Rückzahlungspflicht bei Vollbeendigung der atypisch stillen Gesellschaft bestehe, für unzulässig gehalten. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe

6

Über die Revision ist, da der Beklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung im Revisionsverhandlungstermin nicht vertreten war, durch Versäumnisurteil zu entscheiden, das aber inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer sachlichen Prüfung des Antrags beruht (BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81).

7

Die Revision hat Erfolg und führt unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur Wiederherstellung des klagezusprechenden Urteils des Amtsgerichts.

8

I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

9

Der Rückzahlungsanspruch ergebe sich nicht aus § 9 Nr. 2 GV. Während § 9 Nr. 1 GV den Anteil des Gesellschafters behandele, den dieser im Falle seines Ausscheidens oder der Liquidation des Unternehmens des Geschäftsinhabers erhalte, regele § 9 Nr. 2 GV die Pflicht zur Rückgewähr von Auszahlungen des ausscheidenden Gesellschafters. Die vorliegend beschlossene Liquidation der atypisch stillen Gesellschaft sei kein Ausscheiden in diesem Sinne.

10

Der Anspruch könne auch nicht auf § 3 Nr. 1 GV gestützt werden, der die Einlagepflicht betreffe. Der Beklagte habe die von ihm gezeichnete Einmaleinlage unstreitig geleistet. Dass die gewinnunabhängigen Auszahlungen nach § 11 GV die erbrachte Einlage wieder verringerten, sei dem Gesellschaftsvertrag nicht zu entnehmen. Mangels Rückstands mit der Einlageleistung ergebe sich ein Anspruch auch nicht aus § 236 Abs. 2 HGB, ohne dass es darauf ankomme, ob die Vorschrift auf die Liquidation der stillen Gesellschaft entsprechend anwendbar sei.

11

Auch § 16 Nr. 1 d) GV berechtige die Klägerin nicht zur Rückforderung der Ausschüttungen. In dieser Bestimmung gehe es um den Fall des "vertragsgemäßen Austritts" der Gesellschafter, der hier nicht eingetreten sei. Eine entsprechende Anwendung der Regelung auf den Fall der Liquidation komme nicht in Betracht. Es bestehe nämlich ein wesentlicher Unterschied zwischen dem vertragsgemäßen Austritt eines stillen Gesellschafters aus dem fortbestehenden Unternehmen, dessen Bewertung zu Fortführungswerten erfolge, und der Liquidation der stillen Gesellschaft zur Abwendung der Insolvenz des Unternehmens.

12

Offenbleiben könne, ob die Klageerweiterung in Form des Hilfsantrags in der Berufungsinstanz unzulässig sei. Denn jedenfalls sei die Hilfsfeststellungsklage als solche unzulässig.

13

II. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Beklagte ist gemäß § 9 Nr. 1 und 2 i.V.m. § 16 Nr. 1 d) GV zur Rückzahlung der gemäß § 11 Nr. 1 GV erhaltenen Ausschüttungen in Höhe von 4.166,67 € verpflichtet.

14

1. Der erkennende Senat hat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung mit Urteil vom 8. Dezember 2015 (II ZR 333/14, ZIP 2016, 523 ff.) im Rahmen der ihm als Revisionsgericht obliegenden objektiven Auslegung (st. Rspr., s. nur BGH, Beschluss vom 22. September 2015 - II ZR 310/14, ZIP 2016, 266 Rn. 8; Beschluss vom 23. September 2014 - II ZR 373/13, juris Rn. 1, jeweils mwN) des mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaftsvertrags zu den - auch hier - auszulegenden Bestimmungen, aber auch schon zu wortgleichen Regelungen in anderen stillen Gesellschaftsverträgen, die Gegenstand von Prospekthaftungsklagen gegen vergleichbare Gesellschaften waren (BGH, Beschlüsse vom 3. Februar 2015 - II ZR 52/14, - II ZR 54/14, - II ZR 77/14, - II ZR 93/14, - II ZR 103/14, jeweils juris), entschieden, dass sich die Berechnung des Abfindungsbetrags der stillen Gesellschafter nach der mit Beschluss vom 11. Dezember 2009 mit Wirkung zum 15. Dezember 2009 eingetretenen Vollbeendigung der mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaft nach § 16 und § 9 GV richtet.

15

Im Urteil vom 8. Dezember 2015 (II ZR 333/14, ZIP 2016, 523 Rn. 7, 14) hat der Senat insoweit ausgeführt:

"…

Die stille Gesellschaft ist durch den Beschluss der Gesellschafter vom 11. Dezember 2009 mit Wirkung zum 15. Dezember 2009 im Sinne des § 16 Nr. 1 GV beendet worden. Bei Beendigung der stillen Gesellschaft steht den Gesellschaftern nach § 16 Nr. 1 Satz 1 GV ein Abfindungsguthaben zu, dessen Berechnung sich nach einem in § 16 und § 9 GV näher geregelten Auseinandersetzungswert bestimmt. …

Die den stillen Gesellschaftern im Innenverhältnis wie Kommanditisten eingeräumten Rechte sind, soweit sie nach der Auflösung der stillen Gesellschaft nicht überhaupt entfallen sind, jedenfalls auf die Durchsetzung ihrer sich aufgrund der Auflösung der Gesellschaft ergebenden Ansprüche beschränkt. Hinsichtlich ihrer vermögensmäßigen Beteiligung an dem Unternehmen sind die stillen Gesellschafter nach Maßgabe von § 16 i.V.m. § 9 GV abzufinden."

16

In den Beschlüssen vom 3. Februar 2015 (II ZR 52/14, II ZR 54/14, II ZR 77/14, II ZII ZR 93/14, II ZII ZR 103/14, jeweils juris Rn. 16) heißt es insoweit:

"Hinsichtlich der Rückzahlungspflicht im Rahmen der Auseinandersetzung der atypischen stillen Gesellschaft oder des Ausscheidens eines atypischen stillen Gesellschafters ergibt sich aus § 13 Abs. 1 Buchst. d (wortgleich mit: § 16 Nr. 1 Buchst. d), siehe LG Hamburg, Urteil vom 24. Januar 2013 - 328 O 370/11, juris Rn. 24 - Vorinstanz zu II ZR 52/14) des im Prospekt abgedruckten Gesellschaftsvertrags, dass eine Rückzahlungspflicht an die Gesellschaft dann besteht, wenn die Entnahmen und Verlustanteile die Einlagesumme und Gewinnanteile und das ermittelte Abfindungsguthaben übersteigen und eine Verrechnung nicht zur Deckung des negativen Kapitalkontos ausreicht. …"

17

2. Der Senat sieht keine Veranlassung, von dieser Auslegung der Regelungen in §§ 9, 16 GV abzuweichen.

18

a) § 16 GV verweist ausweislich seiner Überschrift sowie der Formulierung in Nr. 1 Satz 2 für jede Form der Beendigung der mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaft auf § 9 GV sowie die "nachstehenden Buchstaben a) bis d)" als Maßstab für die Berechnung des Abfindungsguthabens der stillen Gesellschafter. Beendet wird die atypisch mehrgliedrige stille Gesellschaft (jedenfalls) durch den Beschluss der Gesellschafter, diese aufzulösen (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2015 - II ZR 333/14, ZIP 2016, 523 Rn. 9 ff.). Hingegen wird die stille Gesellschaft durch den vertragsgemäßen Austritt eines Gesellschafters, wie aus § 15 Nr. 1 Abs. 4 GV folgt, nicht aufgelöst, sondern sie wird in diesem Fall fortgesetzt. Dies rechtfertigt es, in § 9 GV in Verbindung mit § 16 Nr. 1 d) GV ausdrücklich klarzustellen, dass die Pflicht zur Rückzahlung der gewinnunabhängigen Ausschüttungen - auch - bei einem Austritt besteht.

19

b) Die Regelung in § 16 Nr. 1 d) GV betreffend die Pflicht zur Rückzahlung der gewinnunabhängigen Auszahlungen trägt dem Umstand Rechnung, dass die stillen Gesellschafter bei der hier vorliegenden vertraglichen Konstruktion das wirtschaftliche Risiko des Unternehmens des Geschäftsinhabers tragen.

20

Angesichts des Verhältnisses des vom Geschäftsherrn eingelegten Kapitals von 500.000 € zur Höhe der stillen Einlagen in Höhe von 150 Mio. € und des Umstands, dass die stillen Gesellschafter einem Kommanditisten vergleichbare Mitwirkungsrechte haben, die ihnen weitreichende Befugnisse zur Einflussnahme auf die Geschäftsführung und die Gestaltung der Kommanditgesellschaft einräumen (§ 1 Nr. 2 und 4, § 6 Nr. 2 und 3 GV), haben die Einlagen der stillen Gesellschafter Eigenkapitalcharakter (vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Dezember 1984 - II ZR 36/84, ZIP 1985, 347). Die stillen Gesellschafter treten gemäß § 10 Nr. 6 GV (u.a.) mit ihren Abfindungsansprüchen im Rang hinter die Erfüllung der Forderungen von Gläubigern des Geschäftsinhabers zurück. In der Insolvenz des Geschäftsinhabers stehen ihre Forderungen nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO einem Gesellschafterdarlehen im Nachrang gleich (BGH, Urteil vom 28. Juni 2012 - IX ZR 191/11, BGHZ 193, 378 Rn. 24). Auszahlungen an sie können im Falle der Insolvenz des Geschäftsherrn anfechtbar sein (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2012 - IX ZR 191/11, BGHZ 193, 378 Rn. 27; Haas/Vogel, NZI 2012, 875, 877; Mylich, WM 2013, 1010, 1013 f.).

21

Für den Fall der Beendigung der stillen Gesellschaft regelt § 16 Nr. 1 d) GV diese umfassend bestehende Pflicht der stillen Gesellschafter, die Schulden des Geschäftsinhabers, soweit sie auf das Unternehmen entfallen, an dem sie beteiligt sind, möglichst auszugleichen. Die stillen Gesellschafter sollen dem Geschäftsherrn die Schuldentilgung durch die Rückzahlung der Gelder ermöglichen, die sie nicht als Gewinn, sondern zu Lasten des Vermögens des Unternehmens erhalten haben. § 16 Nr. 1 d) GV stellt klar, dass diese Pflicht - schon aus Gründen der Gleichbehandlung - jeden stillen Gesellschafter trifft, der derartige Zahlungen aus dem Vermögen des Unternehmens des Geschäftsinhabers erhalten hat - unabhängig davon, ob die Beendigung der Gesellschafterstellung auf einer Kündigung des Gesellschafters, seiner Ausschließung oder auf der Auflösung der stillen Gesellschaft beruht. Ebenso verweist § 9 GV für jede Form des Ausscheidens eines stillen Gesellschafters auf die Einzelheiten der Berechnung nach § 16 GV, der ausweislich seiner Bezeichnung das "Abfindungsguthaben bei Beendigung der atypisch stillen Gesellschaft" regelt.

22

c) Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass diese Auslegung der §§ 9, 16 Nr. 1 d) GV dem Verständnis einer Vielzahl von stillen Gesellschaftern entspricht, die sich an der Klägerin bzw. vergleichbaren Gesellschaften beteiligt haben. Diese haben ihre, dem Senat aus den bei ihm anhängigen Verfahren bekannten Prospekthaftungsansprüche u.a. darauf gestützt, dass sie über die sich nach ihrem Verständnis aus § 9 i.V.m. § 16 Nr. 1 d) GV (bzw. wortgleichen Regelungen) ergebende Pflicht zur Rückzahlung der gewinnunabhängigen Auszahlungen im Falle der Beendigung der stillen Gesellschaft nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden seien.

23

III. Der Senat kann in der Sache abschließend selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht hat durch Bezugnahme auf die Feststellungen des Amtsgerichts festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Rückzahlungspflicht des Beklagten nach § 16 Nr. 1 d), § 9 Nr. 2 GV - mit Ausnahme der von ihm rechtsfehlerhaft verneinten Anwendbarkeit auf den hier vorliegenden Fall des Ausscheidens infolge Beendigung der Gesellschaft - erfüllt sind. Der von der Klägerin gestellte Hilfsantrag ist damit gegenstandslos geworden.

IV. Rechtsbehelfsbelehrung:

26

Gegen dieses Versäumnisurteil kann die säumige Partei innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen, die mit der Zustellung des Versäumnisurteils beginnt, schriftlich Einspruch durch eine von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnete Einspruchsschrift beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe (Postanschrift: 76125 Karlsruhe) einlegen.

Strohn                    Caliebe                       Wöstmann

               Born                        Sunder

Berichtigungsbeschluss vom 20. Dezember 2016

Das Versäumnisurteil vom 20. September 2016 wird wegen offenbarer Unrichtigkeit gemäß § 319 Abs. 1 ZPO im Tatbestand, Seite 2, Randnummer 1, wie folgt berichtigt:

„Der Beklagte beteiligte sich mit Beitrittserklärung vom 9. Dezember 2002 an der A.                     AG, deren Rechtsnachfolgerin die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, ist.“

Strohn        

    

Caliebe        

    

Wöstmann

    

Born        

    

Sunder        

    

12
1. Der erkennende Senat hat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung mit Urteil vom 8. Dezember 2015 (II ZR 333/14, ZIP 2016, 523 ff.) im Rahmen der ihm als Revisionsgericht obliegenden objektiven Auslegung (st. Rspr., s. nur BGH, Beschluss vom 22. September 2015 - II ZR 310/14, ZIP 2016, 266 Rn. 8; Beschluss vom 23. September 2014 - II ZR 373/13, juris Rn. 1, jeweils mwN) des mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaftsvertrags zu den - auch hier - auszulegenden Bestimmungen, aber auch schon zu wortgleichen Regelungen in anderen stillen Gesellschaftsverträgen, die Gegenstand von Prospekthaftungsklagen gegen vergleichbare Gesellschaften waren (BGH, Beschlüsse vom 3. Februar 2015 - II ZR 52/14, - II ZR 54/14, - II ZR 77/14, - II ZR 93/14, - II ZR 103/14, jeweils juris), entschieden, dass sich die Berechnung des Abfindungsbetrags der stillen Gesellschafter nach der mit Beschluss vom 11. Dezember 2009 mit Wirkung zum 15. Dezember 2009 eingetretenen Vollbeendigung der mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaft nach § 16 und § 9 GV richtet.
10
1. Der erkennende Senat hat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung mit Urteil vom 8. Dezember 2015 (II ZR 333/14, ZIP 2016, 523 ff.) im Rahmen der ihm als Revisionsgericht obliegenden objektiven Auslegung (st. Rspr., s. nur BGH, Beschluss vom 22. September 2015 - II ZR 310/14, ZIP 2016, 266 Rn. 8; Beschluss vom 23. September 2014 - II ZR 373/13, juris Rn. 1, jeweils mwN) des mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaftsvertrags zu den - auch hier - auszulegenden Bestimmungen, aber auch schon zu wortgleichen Regelungen in anderen stillen Gesellschaftsverträgen, die Gegenstand von Prospekthaftungsklagen gegen vergleichbare Gesellschaften waren (BGH, Beschlüsse vom 3. Februar 2015 - II ZR 52/14, - II ZR 54/14, - II ZR 77/14, - II ZR 93/14, - II ZR 103/14, jeweils juris), entschieden, dass sich die Berechnung des Abfindungsbetrags der stillen Gesellschafter nach der mit Beschluss vom 11. Dezember 2009 mit Wirkung zum 15. Dezember 2009 eingetretenen Vollbeendigung der mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaft nach § 16 und § 9 GV richtet.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der Zivilkammer 84 des Landgerichts Berlin vom 26. März 2015 aufgehoben.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Spandau, 4. Abt., vom 22. Mai 2013 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Beklagte beteiligte sich mit Beitrittserklärung vom 9. Dezember 2002 an der A.           AG, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte, eine GmbH & Co. KG, ist. Hierzu wählte er das Beteiligungsprogramm "Classic" mit einer Einmaleinlage in Höhe von 20.000 € zuzüglich eines Agios; beide Beträge hat er in vollem Umfang eingezahlt.

2

Der atypisch stille Gesellschaftsvertrag (im Folgenden: GV) enthält u.a. folgende Regelungen:

"§ 4 Gesellschaftskapital, Konten des atypisch stillen Gesellschafters

2. Für jeden Gesellschafter wird bei dem Geschäftsinhaber für jede Einlage ein gesondertes Kapitalkonto geführt, das sich aus folgenden Unterkonten zusammensetzt:

• dem Einlagekonto

• dem Gewinn- und Verlustkonto

sowie

• dem Privatkonto.

Das Einlagekonto, das Gewinn- und Verlustkonto sowie das Privatkonto sind jeweils zum 31. Dezember jeden Jahres miteinander zu verrechnen und ergeben zusammen das Kapitalkonto des Gesellschafters. …

3. Auf dem Einlagekonto werden die Einlagen des einzelnen Gesellschafters verbucht. Dieses Konto ist maßgeblich für die Gewinn- und Verlustbeteiligung des einzelnen Gesellschafters.

4. Auf dem Gewinn- und Verlustkonto werden die dem einzelnen Gesellschafter zugewiesenen Gewinn- und Verlustanteile gebucht.

5. Auf dem Privatkonto werden die Agioforderungen und Agiozahlungen sowie die Auszahlungen (Entnahmen/Aus-schüttungen) gemäß § 11 dieses Vertrags gebucht.

§ 6 Gesellschaftsbeschlüsse

3. Ist Gegenstand der Beschlussfassung

g) die Auflösung der Gesellschaft

… so bedarf der Gesellschafterbeschluss einer Mehrheit von 75 % der abgegebenen Stimmen. …

§ 9 Beteiligung am Vermögen (Auseinandersetzungswert)

1. Die Gesellschafter erhalten im Falle ihres Ausscheidens oder bei Liquidation des Unternehmens des Geschäftsinhabers entsprechend dem Verhältnis ihrer erbrachten Einlagen zum Gesamtbetrag der Einlagen aller Gesellschafter und dem zu diesem Zeitpunkt voll eingezahlten Grundkapital des Geschäftsinhabers einen Anteil an dem seit ihrem Beitritt zu dem Unternehmen des Geschäftsinhabers gebildeten Vermögen einschließlich der stillen Reserven der bilanzierten Wirtschaftsgüter (unter Berücksichtigung eines etwaigen Geschäftswerts). Die Einzelheiten ergeben sich aus den Regelungen in § 16 dieses Vertrags.

2. Weisen die gemäß § 4 dieses Vertrags geführten Konten des einzelnen Gesellschafters bei Ausscheiden auch unter Berücksichtigung der ihm zuzuordnenden stillen Reserven einen Negativsaldo aus, so ist der ausscheidende Gesellschafter verpflichtet, die gemäß § 11 erhaltenen Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen) in Höhe des Negativsaldos an die Gesellschaft zurückzuzahlen.

§ 11 Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen)

1. Diejenigen Gesellschafter, die ihre Einlagen in Form einer Einmaleinlage erbringen, erhalten jährlich gewinnunabhängige Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen) zu Lasten ihres Privatkontos. Hierbei handelt es sich nicht um eine Garantieverzinsung.

§ 16 Abfindungsguthaben bei Beendigung der atypisch stillen Gesellschaft

1. Bei Beendigung der atypisch stillen Gesellschaft steht den Gesellschaftern ein Abfindungsguthaben zu. Dieses errechnet sich nach Maßgabe des § 9 dieses Vertrags und den nachstehenden Buchstaben a) bis d) wie folgt:

d) Übersteigen zum Auseinandersetzungsstichtag (vgl. Buchstabe e) dieses Paragraphen) die Verlustanteile und Entnahmen, welche die Gesellschafter während ihrer gesamten Gesellschaftszugehörigkeit erhalten haben, ihren eingezahlten Einlagebetrag (ohne Agio) zuzüglich der ihrem Gewinn- und Verlustkonto gutgeschriebenen Gewinnbeteiligungen, wird der sich insoweit ergebende negative Betrag im Falle des vertragsgemäßen Austritts der Gesellschafter zunächst mit ihrem Auseinandersetzungsanspruch gemäß Buchstabe b) bis zur Höhe des (anteiligen) Auseinandersetzungswerts verrechnet. Sollte danach bei Einmalanlegern ein negativer Betrag verbleiben, kann die Gesellschaft den ausstehenden Betrag maximal bis zur Höhe der empfangenen Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen) zurückfordern."

3

In den Jahren 2003 bis 2005 erhielt der Beklagte vertragsgemäß gewinnunabhängige Ausschüttungen in Höhe von 4.166,67 €.

4

Am 11. Dezember 2009 beschlossen die stillen Gesellschafter im Umlaufverfahren mit der nach § 6 Nr. 3 g) GV erforderlichen Mehrheit, die stille Gesellschaft zum 15. Dezember 2009 zu "liquidieren". Per 31. Dezember 2009 wies das Kapitalkonto des Beklagten - nach Verrechnung von Gewinngutschrift, Verlustbeteiligung, Einlage und Ausschüttungen - einen Negativsaldo in Höhe von 7.812,01 € auf, von dem die Klägerin den darin enthaltenden Ausschüttungsbetrag von 4.166,67 € gemäß § 16 Nr. 1 d) GV mit der Klage geltend macht.

5

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage auf die Berufung hin abgewiesen und die - in der Berufungsinstanz hilfsweise begehrte - Feststellung, dass die Rückzahlungspflicht bei Vollbeendigung der atypisch stillen Gesellschaft bestehe, für unzulässig gehalten. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe

6

Über die Revision ist, da der Beklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung im Revisionsverhandlungstermin nicht vertreten war, durch Versäumnisurteil zu entscheiden, das aber inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer sachlichen Prüfung des Antrags beruht (BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81).

7

Die Revision hat Erfolg und führt unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur Wiederherstellung des klagezusprechenden Urteils des Amtsgerichts.

8

I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

9

Der Rückzahlungsanspruch ergebe sich nicht aus § 9 Nr. 2 GV. Während § 9 Nr. 1 GV den Anteil des Gesellschafters behandele, den dieser im Falle seines Ausscheidens oder der Liquidation des Unternehmens des Geschäftsinhabers erhalte, regele § 9 Nr. 2 GV die Pflicht zur Rückgewähr von Auszahlungen des ausscheidenden Gesellschafters. Die vorliegend beschlossene Liquidation der atypisch stillen Gesellschaft sei kein Ausscheiden in diesem Sinne.

10

Der Anspruch könne auch nicht auf § 3 Nr. 1 GV gestützt werden, der die Einlagepflicht betreffe. Der Beklagte habe die von ihm gezeichnete Einmaleinlage unstreitig geleistet. Dass die gewinnunabhängigen Auszahlungen nach § 11 GV die erbrachte Einlage wieder verringerten, sei dem Gesellschaftsvertrag nicht zu entnehmen. Mangels Rückstands mit der Einlageleistung ergebe sich ein Anspruch auch nicht aus § 236 Abs. 2 HGB, ohne dass es darauf ankomme, ob die Vorschrift auf die Liquidation der stillen Gesellschaft entsprechend anwendbar sei.

11

Auch § 16 Nr. 1 d) GV berechtige die Klägerin nicht zur Rückforderung der Ausschüttungen. In dieser Bestimmung gehe es um den Fall des "vertragsgemäßen Austritts" der Gesellschafter, der hier nicht eingetreten sei. Eine entsprechende Anwendung der Regelung auf den Fall der Liquidation komme nicht in Betracht. Es bestehe nämlich ein wesentlicher Unterschied zwischen dem vertragsgemäßen Austritt eines stillen Gesellschafters aus dem fortbestehenden Unternehmen, dessen Bewertung zu Fortführungswerten erfolge, und der Liquidation der stillen Gesellschaft zur Abwendung der Insolvenz des Unternehmens.

12

Offenbleiben könne, ob die Klageerweiterung in Form des Hilfsantrags in der Berufungsinstanz unzulässig sei. Denn jedenfalls sei die Hilfsfeststellungsklage als solche unzulässig.

13

II. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Beklagte ist gemäß § 9 Nr. 1 und 2 i.V.m. § 16 Nr. 1 d) GV zur Rückzahlung der gemäß § 11 Nr. 1 GV erhaltenen Ausschüttungen in Höhe von 4.166,67 € verpflichtet.

14

1. Der erkennende Senat hat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung mit Urteil vom 8. Dezember 2015 (II ZR 333/14, ZIP 2016, 523 ff.) im Rahmen der ihm als Revisionsgericht obliegenden objektiven Auslegung (st. Rspr., s. nur BGH, Beschluss vom 22. September 2015 - II ZR 310/14, ZIP 2016, 266 Rn. 8; Beschluss vom 23. September 2014 - II ZR 373/13, juris Rn. 1, jeweils mwN) des mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaftsvertrags zu den - auch hier - auszulegenden Bestimmungen, aber auch schon zu wortgleichen Regelungen in anderen stillen Gesellschaftsverträgen, die Gegenstand von Prospekthaftungsklagen gegen vergleichbare Gesellschaften waren (BGH, Beschlüsse vom 3. Februar 2015 - II ZR 52/14, - II ZR 54/14, - II ZR 77/14, - II ZR 93/14, - II ZR 103/14, jeweils juris), entschieden, dass sich die Berechnung des Abfindungsbetrags der stillen Gesellschafter nach der mit Beschluss vom 11. Dezember 2009 mit Wirkung zum 15. Dezember 2009 eingetretenen Vollbeendigung der mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaft nach § 16 und § 9 GV richtet.

15

Im Urteil vom 8. Dezember 2015 (II ZR 333/14, ZIP 2016, 523 Rn. 7, 14) hat der Senat insoweit ausgeführt:

"…

Die stille Gesellschaft ist durch den Beschluss der Gesellschafter vom 11. Dezember 2009 mit Wirkung zum 15. Dezember 2009 im Sinne des § 16 Nr. 1 GV beendet worden. Bei Beendigung der stillen Gesellschaft steht den Gesellschaftern nach § 16 Nr. 1 Satz 1 GV ein Abfindungsguthaben zu, dessen Berechnung sich nach einem in § 16 und § 9 GV näher geregelten Auseinandersetzungswert bestimmt. …

Die den stillen Gesellschaftern im Innenverhältnis wie Kommanditisten eingeräumten Rechte sind, soweit sie nach der Auflösung der stillen Gesellschaft nicht überhaupt entfallen sind, jedenfalls auf die Durchsetzung ihrer sich aufgrund der Auflösung der Gesellschaft ergebenden Ansprüche beschränkt. Hinsichtlich ihrer vermögensmäßigen Beteiligung an dem Unternehmen sind die stillen Gesellschafter nach Maßgabe von § 16 i.V.m. § 9 GV abzufinden."

16

In den Beschlüssen vom 3. Februar 2015 (II ZR 52/14, II ZR 54/14, II ZR 77/14, II ZII ZR 93/14, II ZII ZR 103/14, jeweils juris Rn. 16) heißt es insoweit:

"Hinsichtlich der Rückzahlungspflicht im Rahmen der Auseinandersetzung der atypischen stillen Gesellschaft oder des Ausscheidens eines atypischen stillen Gesellschafters ergibt sich aus § 13 Abs. 1 Buchst. d (wortgleich mit: § 16 Nr. 1 Buchst. d), siehe LG Hamburg, Urteil vom 24. Januar 2013 - 328 O 370/11, juris Rn. 24 - Vorinstanz zu II ZR 52/14) des im Prospekt abgedruckten Gesellschaftsvertrags, dass eine Rückzahlungspflicht an die Gesellschaft dann besteht, wenn die Entnahmen und Verlustanteile die Einlagesumme und Gewinnanteile und das ermittelte Abfindungsguthaben übersteigen und eine Verrechnung nicht zur Deckung des negativen Kapitalkontos ausreicht. …"

17

2. Der Senat sieht keine Veranlassung, von dieser Auslegung der Regelungen in §§ 9, 16 GV abzuweichen.

18

a) § 16 GV verweist ausweislich seiner Überschrift sowie der Formulierung in Nr. 1 Satz 2 für jede Form der Beendigung der mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaft auf § 9 GV sowie die "nachstehenden Buchstaben a) bis d)" als Maßstab für die Berechnung des Abfindungsguthabens der stillen Gesellschafter. Beendet wird die atypisch mehrgliedrige stille Gesellschaft (jedenfalls) durch den Beschluss der Gesellschafter, diese aufzulösen (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2015 - II ZR 333/14, ZIP 2016, 523 Rn. 9 ff.). Hingegen wird die stille Gesellschaft durch den vertragsgemäßen Austritt eines Gesellschafters, wie aus § 15 Nr. 1 Abs. 4 GV folgt, nicht aufgelöst, sondern sie wird in diesem Fall fortgesetzt. Dies rechtfertigt es, in § 9 GV in Verbindung mit § 16 Nr. 1 d) GV ausdrücklich klarzustellen, dass die Pflicht zur Rückzahlung der gewinnunabhängigen Ausschüttungen - auch - bei einem Austritt besteht.

19

b) Die Regelung in § 16 Nr. 1 d) GV betreffend die Pflicht zur Rückzahlung der gewinnunabhängigen Auszahlungen trägt dem Umstand Rechnung, dass die stillen Gesellschafter bei der hier vorliegenden vertraglichen Konstruktion das wirtschaftliche Risiko des Unternehmens des Geschäftsinhabers tragen.

20

Angesichts des Verhältnisses des vom Geschäftsherrn eingelegten Kapitals von 500.000 € zur Höhe der stillen Einlagen in Höhe von 150 Mio. € und des Umstands, dass die stillen Gesellschafter einem Kommanditisten vergleichbare Mitwirkungsrechte haben, die ihnen weitreichende Befugnisse zur Einflussnahme auf die Geschäftsführung und die Gestaltung der Kommanditgesellschaft einräumen (§ 1 Nr. 2 und 4, § 6 Nr. 2 und 3 GV), haben die Einlagen der stillen Gesellschafter Eigenkapitalcharakter (vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Dezember 1984 - II ZR 36/84, ZIP 1985, 347). Die stillen Gesellschafter treten gemäß § 10 Nr. 6 GV (u.a.) mit ihren Abfindungsansprüchen im Rang hinter die Erfüllung der Forderungen von Gläubigern des Geschäftsinhabers zurück. In der Insolvenz des Geschäftsinhabers stehen ihre Forderungen nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO einem Gesellschafterdarlehen im Nachrang gleich (BGH, Urteil vom 28. Juni 2012 - IX ZR 191/11, BGHZ 193, 378 Rn. 24). Auszahlungen an sie können im Falle der Insolvenz des Geschäftsherrn anfechtbar sein (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2012 - IX ZR 191/11, BGHZ 193, 378 Rn. 27; Haas/Vogel, NZI 2012, 875, 877; Mylich, WM 2013, 1010, 1013 f.).

21

Für den Fall der Beendigung der stillen Gesellschaft regelt § 16 Nr. 1 d) GV diese umfassend bestehende Pflicht der stillen Gesellschafter, die Schulden des Geschäftsinhabers, soweit sie auf das Unternehmen entfallen, an dem sie beteiligt sind, möglichst auszugleichen. Die stillen Gesellschafter sollen dem Geschäftsherrn die Schuldentilgung durch die Rückzahlung der Gelder ermöglichen, die sie nicht als Gewinn, sondern zu Lasten des Vermögens des Unternehmens erhalten haben. § 16 Nr. 1 d) GV stellt klar, dass diese Pflicht - schon aus Gründen der Gleichbehandlung - jeden stillen Gesellschafter trifft, der derartige Zahlungen aus dem Vermögen des Unternehmens des Geschäftsinhabers erhalten hat - unabhängig davon, ob die Beendigung der Gesellschafterstellung auf einer Kündigung des Gesellschafters, seiner Ausschließung oder auf der Auflösung der stillen Gesellschaft beruht. Ebenso verweist § 9 GV für jede Form des Ausscheidens eines stillen Gesellschafters auf die Einzelheiten der Berechnung nach § 16 GV, der ausweislich seiner Bezeichnung das "Abfindungsguthaben bei Beendigung der atypisch stillen Gesellschaft" regelt.

22

c) Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass diese Auslegung der §§ 9, 16 Nr. 1 d) GV dem Verständnis einer Vielzahl von stillen Gesellschaftern entspricht, die sich an der Klägerin bzw. vergleichbaren Gesellschaften beteiligt haben. Diese haben ihre, dem Senat aus den bei ihm anhängigen Verfahren bekannten Prospekthaftungsansprüche u.a. darauf gestützt, dass sie über die sich nach ihrem Verständnis aus § 9 i.V.m. § 16 Nr. 1 d) GV (bzw. wortgleichen Regelungen) ergebende Pflicht zur Rückzahlung der gewinnunabhängigen Auszahlungen im Falle der Beendigung der stillen Gesellschaft nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden seien.

23

III. Der Senat kann in der Sache abschließend selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht hat durch Bezugnahme auf die Feststellungen des Amtsgerichts festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Rückzahlungspflicht des Beklagten nach § 16 Nr. 1 d), § 9 Nr. 2 GV - mit Ausnahme der von ihm rechtsfehlerhaft verneinten Anwendbarkeit auf den hier vorliegenden Fall des Ausscheidens infolge Beendigung der Gesellschaft - erfüllt sind. Der von der Klägerin gestellte Hilfsantrag ist damit gegenstandslos geworden.

IV. Rechtsbehelfsbelehrung:

26

Gegen dieses Versäumnisurteil kann die säumige Partei innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen, die mit der Zustellung des Versäumnisurteils beginnt, schriftlich Einspruch durch eine von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnete Einspruchsschrift beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe (Postanschrift: 76125 Karlsruhe) einlegen.

Strohn                    Caliebe                       Wöstmann

               Born                        Sunder

Berichtigungsbeschluss vom 20. Dezember 2016

Das Versäumnisurteil vom 20. September 2016 wird wegen offenbarer Unrichtigkeit gemäß § 319 Abs. 1 ZPO im Tatbestand, Seite 2, Randnummer 1, wie folgt berichtigt:

„Der Beklagte beteiligte sich mit Beitrittserklärung vom 9. Dezember 2002 an der A.                     AG, deren Rechtsnachfolgerin die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, ist.“

Strohn        

    

Caliebe        

    

Wöstmann

    

Born        

    

Sunder        

    

12
1. Der erkennende Senat hat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung mit Urteil vom 8. Dezember 2015 (II ZR 333/14, ZIP 2016, 523 ff.) im Rahmen der ihm als Revisionsgericht obliegenden objektiven Auslegung (st. Rspr., s. nur BGH, Beschluss vom 22. September 2015 - II ZR 310/14, ZIP 2016, 266 Rn. 8; Beschluss vom 23. September 2014 - II ZR 373/13, juris Rn. 1, jeweils mwN) des mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaftsvertrags zu den - auch hier - auszulegenden Bestimmungen, aber auch schon zu wortgleichen Regelungen in anderen stillen Gesellschaftsverträgen, die Gegenstand von Prospekthaftungsklagen gegen vergleichbare Gesellschaften waren (BGH, Beschlüsse vom 3. Februar 2015 - II ZR 52/14, - II ZR 54/14, - II ZR 77/14, - II ZR 93/14, - II ZR 103/14, jeweils juris), entschieden, dass sich die Berechnung des Abfindungsbetrags der stillen Gesellschafter nach der mit Beschluss vom 11. Dezember 2009 mit Wirkung zum 15. Dezember 2009 eingetretenen Vollbeendigung der mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaft nach § 16 und § 9 GV richtet.
10
1. Der erkennende Senat hat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung mit Urteil vom 8. Dezember 2015 (II ZR 333/14, ZIP 2016, 523 ff.) im Rahmen der ihm als Revisionsgericht obliegenden objektiven Auslegung (st. Rspr., s. nur BGH, Beschluss vom 22. September 2015 - II ZR 310/14, ZIP 2016, 266 Rn. 8; Beschluss vom 23. September 2014 - II ZR 373/13, juris Rn. 1, jeweils mwN) des mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaftsvertrags zu den - auch hier - auszulegenden Bestimmungen, aber auch schon zu wortgleichen Regelungen in anderen stillen Gesellschaftsverträgen, die Gegenstand von Prospekthaftungsklagen gegen vergleichbare Gesellschaften waren (BGH, Beschlüsse vom 3. Februar 2015 - II ZR 52/14, - II ZR 54/14, - II ZR 77/14, - II ZR 93/14, - II ZR 103/14, jeweils juris), entschieden, dass sich die Berechnung des Abfindungsbetrags der stillen Gesellschafter nach der mit Beschluss vom 11. Dezember 2009 mit Wirkung zum 15. Dezember 2009 eingetretenen Vollbeendigung der mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaft nach § 16 und § 9 GV richtet.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

11
aa) Gemäß § 138 Abs. 2 ZPO hat sich eine Partei allerdings grundsätzlich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. Sie darf sich also, wenn der Gegner seiner Erklärungslast nachgekommen ist, nicht mit einem bloßen Bestreiten begnügen, sondern muss erläutern, von welchem Sachverhalt sie ausgeht (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 138 Rn. 8a). Der Um- fang der erforderlichen Substantiierung richtet sich dabei nach dem Vortrag der darlegungsbelasteten Partei (BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 - III ZR 146/10, NJW 2011, 1509 Rn. 20; Urteil vom 15. Juni 2000 - I ZR 55/98, NJW-RR 2000, 1635, 1638; Urteil vom 3. Februar 1999 - VIII ZR 14/98, NJW 1999, 1404 f. jeweils mwN). Je detaillierter dieser ist, desto höher ist die Erklärungslast gemäß § 138 Abs. 2 ZPO. Ob ein einfaches Bestreiten als Erklärung gemäß § 138 Abs. 2 ZPO ausreicht oder ob ein substantiiertes Bestreiten erforderlich ist, hängt somit von dem Vortrag der Gegenseite ab (Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 138 Rn. 8a).

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

16
6. Selbst wenn sich aber der Geschäftsbetrieb der Beklagten (ohne Auflösung der Gesellschaft) in der Abwicklung befände, wozu das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat, stünde dies dem Anspruch des Klägers auf Errechnung seines Abfindungsguthabens gemäß § 16 i.V.m. § 9 GV auf den Stichtag 15. Dezember 2009 nicht entgegen. Die Auskunft über sein Abfindungsguthaben , das die Beklagte nach § 16 Nr. 1 g) GV durch einen von ihr zu bestellenden Wirtschaftsprüfer zu ermitteln hat, ist erforderlich, damit der Kläger , der über den Vermögensstand der Gesellschaft nicht unterrichtet ist, seinen Abfindungsanspruch beziffern kann. Innerhalb der hier erhobenen Stufenklage (§ 254 ZPO) sind die stufenweise erhobenen Ansprüche auf Rechnungslegung und Zahlung prozessual selbstständige Teile eines einheitlichen Verfah- rens mit der Folge, dass zunächst nur über den Anspruch auf Rechnungslegung zu befinden ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2011 - II ZR 206/09, ZIP 2011, 1145 Rn. 12 mwN). Einwendungen, die lediglich die zweite Stufe betreffen , sind in diesem Verfahrensabschnitt nicht von Bedeutung. Schon aus diesem Grunde steht auch der in § 10 Nr. 6 GV vereinbarte Rangrücktritt dem Anspruch auf Berechnung des Abfindungsguthabens auf den Stichtag 15. Dezember 2009 nicht entgegen. Die Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Kläger mit seinem Abfindungsanspruch hinter Ansprüchen anderer Gläubiger zurücktreten muss, stellt sich erst auf der zweiten Stufe, wenn der Abfindungsanspruch des Klägers auf den Stichtag 15. Dezember 2009 berechnet und in einer dann bezifferten Höhe geltend gemacht worden ist.