Bundesgerichtshof Urteil, 18. Apr. 2013 - III ZR 156/12

bei uns veröffentlicht am18.04.2013
vorgehend
Amtsgericht Traunstein, 311 C 1400/11, 29.02.2012
Landgericht Traunstein, 6 S 911/12, 02.05.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 156/12
Verkündet am:
18. April 2013
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Die Möglichkeit des Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO
hindert eine Kostenerstattungsklage nicht.

b) Die klagende Partei hat in dem Fall, dass ihre Klage vor Rechtshängigkeit
zur Erledigung kommt und daraufhin zurückgenommen wird, die Wahl, ob sie
den von ihr geltend gemachten materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch
im Wege des Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO
verfolgen oder deswegen eine Kostenerstattungsklage erheben will.
BGH, Urteil vom 18. April 2013 - III ZR 156/12 - LG Traunstein
AG Traunstein
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. April 2013 durch die Richter Dr. Herrmann, Wöstmann, Seiters,
Tombrink und Dr. Remmert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Traunstein vom 2. Mai 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Parteien streiten um die Erstattung von Prozesskosten, die der Klägerin für eine von ihr zurückgenommene negative Feststellungsklage entstanden sind.
2
Die Klägerin, eine Rechtsanwaltssozietät, sah sich außergerichtlich von Rechtsanwälten der Beklagten im Zusammenhang mit einer Kapitalanlage in einem Hedgefonds auf Schadensersatz in Anspruch genommen und reichte deswegen bei dem Landgericht T. eine Klage auf Feststellung ein, dass den Beklagten ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 39.291,39 € gegen sie, die Klägerin, nicht zustehe. Nachdem die Beklagten mitgeteilt hatten, dass sie "endgültig und verbindlich auf die Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber Ihrer Kanzlei verzichten", nahm die Klägerin ihre Feststellungsklage vor deren Zustellung zurück. Zugleich erhob sie vor dem Amtsgericht T. Klage auf Erstattung der im Zusammenhang mit der zurückgenommenen Klage entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten in Höhe von insgesamt 1.590,60 €.
3
Die Beklagten haben eingewandt, dass die Zahlungsklage nicht zulässig und die zurückgenommene Feststellungsklage ihrerseits unzulässig und unbegründet gewesen sei.
4
Das Amtsgericht hat die (Zahlungs-)Klage als unzulässig abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung der Klägerin hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe


5
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt , dass für die Zahlungsklage kein Rechtsschutzbedürfnis bestehe, weil die Klägerin die Möglichkeit habe, die Kosten der negativen Feststellungsklage gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO in dem dortigen Prozess geltend zu machen. Bei dem Verfahren nach § 269 Abs. 3 Satz 3 und Abs. 4 ZPO handele es sich um einen gleichwertigen Weg, da in diesem Rahmen nicht lediglich eine summarische , sondern eine vollständige und umfassende Überprüfung der Sachund Rechtslage einschließlich etwaiger Beweisaufnahmen erfolgen müsse.

II.


7
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
8
1. Nach überwiegender, vom erkennenden Senat geteilter Auffassung hindert die Möglichkeit des Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO eine Kostenerstattungsklage nicht (s. KG, Beschluss vom 31. März 2011 - 8 U 125/10, Juris Rn. 4; Wieczorek/Schütze/Assmann, ZPO, 4. Aufl., § 269 Rn. 103, 104; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 269 Rn. 57; Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 269 Rn. 18e; MünchKommZPO/Becker-Eberhard, 4. Aufl., § 269 Rn. 67; Musielak/Foerste, ZPO, 9. Aufl., § 269 Rn. 13c; Saenger, ZPO, 5. Aufl., § 269 Rn. 40, 41; Deckenbrock/Dötsch, MDR 2004, 1214, 1217; vgl. auch OLG Hamm, NJW-RR 2011, 1563, 1564; a.A. Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 33. Aufl., § 91a Rn. 36; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 91a Rn. 33; wohl auch Tegeder, NJW 2003, 3327, 3328). Die klagende Partei hat daher in dem Fall, dass ihre Klage vor Rechtshängigkeit zur Erledigung kommt und daraufhin zurückgenommen wird, die Wahl, ob sie den von ihr geltend gemachten materiell -rechtlichen Kostenerstattungsanspruch im Wege des Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO verfolgen oder deswegen eine Kostenerstattungsklage erheben will.
9
a) Der Klagepartei kann in diesen Fällen das Rechtsschutzbedürfnis für eine Kostenerstattungsklage nicht generell versagt werden.
10
aa) Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt regelmäßig dann, wenn dem Kläger ein einfacherer und billigerer Weg zur Erlangung eines vollstreckbaren Titels zur Verfügung steht (vgl. etwa BGH, Urteile vom 24. April 1990 - VI ZR 110/89, BGHZ 111, 168, 171; vom 24. Februar 1994 - IX ZR 120/93, NJW 1994, 1351, 1352 und vom 17. November 2005 - IX ZR 179/04, BGHZ 165, 96, 99; Beschluss vom 9. Juli 2009 - IX ZR 29/09, NJW-RR 2009, 1148, 1149 Rn. 5). Auf einen verfahrensmäßig unsicheren Weg darf der Kläger allerdings nicht verwiesen werden (BGH, Urteile vom 24. April 1990 aaO; vom 24. Februar 1994 aaO und vom 17. November 2005 aaO S. 99 f; Beschluss vom 9. Juli 2009 aaO Rn. 6). Ein schnelleres und billigeres Mittel des Rechtsschutzes lässt das berechtigte Interesse für eine Klage deshalb nur entfallen, sofern es wenigstens vergleichbar sicher oder wirkungsvoll alle erforderlichen Rechtsschutzziele herbeiführen kann (BGH, Urteil vom 24. Februar 1994 aaO; Beschluss vom 9. Juli 2009 aaO).
11
bb) Der Weg des Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO ist gegenüber der Kostenerstattungsklage weder notwendig einfacher und billiger noch vergleichbar sicher und wirkungsvoll, um den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch des Klägers zur Durchsetzung zu bringen.
12
(1) Ist die zurückgenommene Klage - wie hier - noch nicht rechtshängig geworden und stellt der Kläger keinen Kostenantrag nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO, so verbleibt es bei der Abrechnung der bislang angefallenen Anwalts - und Gerichtskosten unter Berücksichtigung der Gebührenermäßigung nach Nummer 1211 Ziffer 1 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz [KV GKG] (eine Gerichtsgebühr statt drei Gerichtsgebühren). Diese Kosten bestimmen den Betrag der Klageforderung (und mithin auch den Streitwert) in dem nachfolgenden Kostenerstattungsprozess, in dem der vom Kläger geltend gemachte materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vollumfänglich überprüft wird.
13
(2) Entscheidet sich der Kläger hingegen für einen Kostenantrag gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO, so geht die Gebührenermäßigung nach Nummer 1211 Ziffer 1 KV GKG verloren (s. auch Deckenbrock/Dötsch aaO S. 1218; Stein/Jonas/Roth aaO § 269 Rn. 55; Zöller/Greger aaO; Musielak/ Foerste aaO). Es hat nun zwar eine sachliche Prüfung nicht nur der ursprünglichen Erfolgsaussicht der erledigten Klage, sondern auch des behaupteten erledigenden Ereignisses und gegebenenfalls eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs zu erfolgen (BGH, Beschluss vom 6. Juli 2005 - IV ZB 6/05, NJW-RR 2005, 1662, 1663 f). Der Kläger muss darlegen und beweisen, dass seine Belastung mit Kosten billigem Ermessen widerspricht, und die beklagte Partei hat ihrerseits Anspruch auf rechtliches Gehör mit der Möglichkeit, Tatsachen vorzutragen und Beweismittel anzubieten (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2005 - I ZB 37/05, NJW 2006, 775 f Rn. 10). Allerdings ist die Kostenregelung in § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO der Regelung in § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO insofern nachgebildet, als in beiden Fällen über die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu bestimmen ist (s. Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform des Zivil- prozesses, BT-Drucks. 14/4722 S. 81; vgl. ferner BGH, Beschlüsse vom 27. Oktober 2003 - II ZB 38/02, NJW 2004, 223, 224; vom 6. Juli 2005 aaO S. 1663 und vom 6. Oktober 2005 aaO S. 775 Rn. 10; OLG Braunschweig, BeckRS 2012, 04765; Wieczorek/Schütze/Assmann aaO § 269 Rn. 95;Stein/ Jonas/Roth aaO; Zöller/Vollkommer aaO § 91a Rn. 31, 33). Ob sich das Gericht im Verfahren nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO hinsichtlich der Tatsachenfeststellung deshalb mit einem bloßen Wahrscheinlichkeitsurteil begnügen darf, (so Stein/Jonas/Roth aaO § 269 Rn. 56), braucht hier nicht entschieden zu werden. Jedenfalls findet im Verfahren der Kostenentscheidung nach § 91a ZPO in rechtlicher Hinsicht lediglich eine summarische Prüfung statt, bei der das Gericht grundsätzlich davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache alle bedeutsamen Rechtsfragen zu klären (s. etwa BGH, Beschlüsse vom 28. Oktober 2008 - VIII ZB 28/08, NJW-RR 2009, 422 Rn. 5 und vom 20. Juni 2012 - XII ZR 131/10, BeckRS 2012, 16688 Rn. 1 mwN). Dies gilt in gleicher Weise für die § 91a Abs. 1 ZPO nachgebildete Kostenentscheidung gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO (vgl. OLG Braunschweig aaO; Deckenbrock /Dötsch aaO S. 1216, 1217; Wieczorek/Schütze/Assmann aaO § 269 Rn. 103; Stein/Jonas/Roth aaO § 269 Rn. 57; Zöller/Greger aaO; MünchKomm ZPO/Becker-Eberhard aaO; s. auch Baumbach/Hartmann, ZPO, 71. Aufl., § 269 Rn. 41: "weiter Entscheidungsspielraum" des Richters).
14
(3) Hiernach gestaltet sich das Verfahren nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO möglicherweise teurer (keine Gebührenermäßigung nach Nummer 1211 Ziffer 1 KV GKG) und nicht notwendig einfacher als eine Kostenerstattungsklage. Vor allem aber darf im ersterwähnten Verfahren eine umfassende rechtliche Überprüfung unterbleiben, so dass dieser Weg für den materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruch des Klägers nicht in vergleichbarer Weise sicher und wirkungsvoll ist.

15
b) Ein allgemeiner Vorrang des Verfahrens nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO gegenüber einer Kostenerstattungsklage ergibt sich nicht aus Gründen der Rechtssicherheit und der Vermeidung einander widersprechender Entscheidungen.
16
aa) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es anerkannt, dass eine prozessuale Kostenentscheidung grundsätzlich nicht erschöpfend ist, sondern Raum lässt für die Durchsetzung materiell-rechtlicher Ansprüche auf Kostenerstattung etwa aus Vertrag, Verzug oder unerlaubter Handlung (vgl. BGH, Urteile vom 18. Mai 1966 - Ib ZR 73/64, BGHZ 45, 251, 256 f; vom 24. April 1990 aaO S. 170 f; vom 19. Oktober 1994 - I ZR 187/92, NJW-RR 1995, 495; vom 22. November 2001 - VII ZR 405/00, NJW 2002, 680; vom 12. Dezember 2006 - VI ZR 224/05, NJW 2007, 1458 Rn. 7 und vom 16. Februar 2011 – VIII ZR 80/10, NJW 2011, 2368, 2369 Rn. 10; Beschluss vom 9. Februar 2012 - VII ZB 95/09, NJW 2012, 1291 f Rn. 8). Ein materiell-rechtlicher Anspruch kann danach je nach Sachlage neben die prozessuale Kostenregelung treten, er kann ihr sogar entgegengerichtet sein, sofern zusätzliche Umstände hinzukommen, die bei der prozessualen Kostenentscheidung nicht berücksichtigt werden konnten. Bleibt hingegen der Sachverhalt, der zu einer abschließenden prozessualen Kostenentscheidung geführt hat, unverändert, geht es nicht an, ihn erneut zur Nachprüfung zu stellen und in seinen kostenrechtlichen Auswirkungen materiell-rechtlich entgegengesetzt zu beurteilen. Dies dient dazu, Unterschiede zwischen auf gleichem Sachverhalt beruhenden Entscheidungen über den materiell-rechtlichen Anspruch einerseits und den prozessualen Kostenerstattungsanspruch andererseits zu vermeiden (vgl. Senatsurteil vom 11. September 2008 - III ZR 212/07, NJW 2008, 3558, 3559 Rn. 8; BGH, Urteile vom 18. Mai 1966 aaO S. 257; vom 19. Oktober 1994 aaO; vom 22. November 2001 aaO; vom 11. Februar 2010 - VII ZR 153/08, NJW-RR 2010, 674, 675 Rn. 13 und vom 16. Februar 2011 aaO; Beschluss vom 9. Februar 2012 aaO S. 1292 Rn. 8). Der mit der Entscheidung über den Kostenerstattungsanspruch eingetretene Rechtsfriede darf nicht nachträglich wieder mit der Begründung beseitigt werden, die Kostenentscheidung sei nach sachlichem Recht eigentlich ungerechtfertigt, sofern nicht die gesetzliche Regelung ihrerseits Korrekturmöglichkeiten vorsieht (BGH, Urteile vom 18. Mai 1966 aaO und vom 19. Oktober 1994 aaO; Beschluss vom 9. Februar 2012 aaO).
17
bb) Demzufolge ist es dem Kläger, der seine Klage zurücknimmt, einen Kostenantrag nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO stellt und hierüber eine ihm ungünstige Entscheidung erhält, versagt, seinen Kostenerstattungsanspruch in einem neuen Prozess geltend zu machen, sofern keine zusätzlichen, bei der Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 4 ZPO nicht berücksichtigten Umstände hinzutreten. Es ist dem Kläger aber nicht verwehrt, von einem Kostenantrag nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO abzusehen und stattdessen den Weg einer Kostenerstattungsklage zu beschreiten. Entscheidet sich der Kläger nach Rücknahme seiner - vor Rechtshängigkeit erledigten - Klage für die Erhebung einer Kostenerstattungsklage und gelangt er hiermit nicht zum Erfolg, so steht die bindende Entscheidung des Gerichts über den mit dieser Klage geltend gemachten materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch einer erneuten Entscheidung über den Kostenerstattungsanspruch in einem Verfahren nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO entgegen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Februar 2012 aaO Rn. 11). Sonach werden einander widersprechende Entscheidungen auch dann abgewendet, wenn dem Kläger eine Wahlfreiheit zugebilligt wird.
18
c) Letztlich läuft das Wahlrecht des Klägers (Kostenantrag nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO oder Kostenerstattungsklage) auch nicht dem Zweck des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO zuwider.
19
aa) § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO soll dem Kläger die Möglichkeit geben , unter Mitberücksichtigung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs eine ihm günstige Kostentragungsregelung zu erreichen, ohne dass hierfür ein neues Verfahren erforderlich wird, und auf diese Weise der Prozessökonomie dienen (s. Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722 S. 81; s. auch Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Justizmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 15/1508 S. 18; BGH, Beschlüsse vom 27. Oktober 2003 aaO; vom 26. Juli 2004 - VIII ZB 44/03, NJW-RR 2005, 217, 218 und vom 6. Juli 2005 aaO). Ist das den Rechtsstreit erledigende Ereignis vor Rechtshängigkeit eingetreten, so war der Kläger vor Schaffung des (in seiner Ursprungsfassung am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen und mit Wirkung vom 1. September 2004 geänderten) § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO häufig darauf verwiesen, zur Durchsetzung seines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs einen Folgeprozess zu führen. Erklärt er nämlich die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache und schließt sich der Beklagte der Erledigungserklärung nicht an (vgl. § 91a Abs. 1 ZPO), so ist die als Feststellungsklage zu behandelnde Klage mit der Kostenfolge des § 91 ZPO abzuweisen, da die durch Urteil festzustellende Erledigung der Hauptsache voraussetzt , dass die Klage nach Eintritt der Rechtshängigkeit unzulässig oder unbegründet geworden ist (BT-Drucks. 14/4722 aaO; s. BGH, Beschlüsse vom 26. Juli 2004 aaO und vom 6. Juli 2005 aaO; s. ferner BGH, Urteile vom 15. Januar 1982 - V ZR 50/81, BGHZ 83, 12, 14 ff; vom 8. Juni 1988 - I ZR 148/86, NJW-RR 1988, 1151 und vom 17. Juli 2003 - IX ZR 268/02, NJW 2003, 3134 mwN).

20
bb) Demnach verfolgt § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO das Ziel, den Kläger in den betreffenden Fallgestaltungen von einem "Zwang" zur Kostenerstattungsklage zu befreien. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass er hierzu fortan nicht mehr befugt und zur Durchsetzung seines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs auf den Kostenantrag nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO beschränkt sein sollte. Der Weg des Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO wird sich insbesondere in einfach gelagerten Fällen empfehlen, in denen etwa der in Verzug befindliche Beklagte seine Zahlungspflicht erst zwischen der Einreichung und der Zustellung der Klage erfüllt, ohne dass sich eine einvernehmliche Kostenregelung zwischen den Parteien erzielen lässt. Geht es hingegen um schwierige Rechtsfragen oder klaffen die Streitwerte der zurückgenommenen Klage und einer Kostenerstattungsklage sehr weit auseinander (so dass der Wegfall der Gebührenermäßigung nach Nummer 1211 Ziffer 1 KV GKG ganz erheblich ins Gewicht fällt), so kann eine Kostenerstattungsklage vorzugswürdig sein.
21
2. Nach alledem durfte das Berufungsgericht die Klage nicht wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abweisen. Das Berufungsurteil ist mithin aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 ZPO). Zur Begründetheit der (Zahlungs-)Klage hat das Berufungsgericht - von seinem Stand- punkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen. Diese wird es nachzuholen haben.
Herrmann Wöstmann Seiters
Tombrink Remmert
Vorinstanzen:
AG Traunstein, Entscheidung vom 29.02.2012 - 311 C 1400/11 -
LG Traunstein, Entscheidung vom 02.05.2012 - 6 S 911/12 (2) -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 18. Apr. 2013 - III ZR 156/12

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 18. Apr. 2013 - III ZR 156/12

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich
Bundesgerichtshof Urteil, 18. Apr. 2013 - III ZR 156/12 zitiert 8 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 269 Klagerücknahme


(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden. (2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, a

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91a Kosten bei Erledigung der Hauptsache


(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksich

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Apr. 2013 - III ZR 156/12 zitiert oder wird zitiert von 17 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Apr. 2013 - III ZR 156/12 zitiert 9 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Okt. 2003 - II ZB 38/02

bei uns veröffentlicht am 27.10.2003

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZB 38/02 vom 27. Oktober 2003 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 269 Abs. 3 Der Kläger trägt auch dann die Kosten des Verfahrens, wenn der die Klage zurücknimmt , weil sich der Rec

Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Juli 2005 - IV ZB 6/05

bei uns veröffentlicht am 06.07.2005

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IV ZB 6/05 vom 6. Juli 2005 in dem Rechtsstreit Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, Wendt und die Richterin Dr. Kessal-Wulf am

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Feb. 2010 - VII ZR 153/08

bei uns veröffentlicht am 11.02.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 153/08 Verkündet am: 11. Februar 2010 Boppel, Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle In dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGH

Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Okt. 2005 - I ZB 37/05

bei uns veröffentlicht am 06.10.2005

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZB 37/05 vom 6. Oktober 2005 in der Rechtsbeschwerdesache Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR : ja Unberechtigte Abmahnung ZPO § 269 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 Die Regelung in § 269 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2009 - IX ZR 29/09

bei uns veröffentlicht am 09.07.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZR 29/09 vom 9. Juli 2009 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 253 Das Rechtsschutzinteresse für eine Leistungsklage entfällt nicht dadurch, dass der Beklagte einen Schulde

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Feb. 2011 - VIII ZR 80/10

bei uns veröffentlicht am 16.02.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 80/10 Verkündet am: 16. Februar 2011 Ring Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGH

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Sept. 2008 - III ZR 212/07

bei uns veröffentlicht am 11.09.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 212/07 Verkündet am: 11. September 2008 W e r m e s Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja EG Art. 288; Ri

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Juli 2003 - IX ZR 268/02

bei uns veröffentlicht am 17.07.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 268/02 Verkündet am: 17. Juli 2003 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja ZPO §§ 91, 91a; BGB §§ 387 ff Erklärt

Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Okt. 2008 - VIII ZB 28/08

bei uns veröffentlicht am 28.10.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VIII ZB 28/08 vom 28. Oktober 2008 in dem Rechtsstreit Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Oktober 2008 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Wiechers, die Richterinnen Hermanns und Dr. Hesse
8 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 18. Apr. 2013 - III ZR 156/12.

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Okt. 2019 - II ZR 94/17

bei uns veröffentlicht am 08.10.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZR 94/17 vom 8. Oktober 2019 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2019:081019BIIZR94.17.0 Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Oktober 2019 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Drescher, den Richter

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Okt. 2019 - III ZR 42/19

bei uns veröffentlicht am 17.10.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 42/19 Verkündet am: 17. Oktober 2019 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja Schadensersatz.

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Dez. 2015 - IX ZR 226/14

bei uns veröffentlicht am 17.12.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZR 226/14 vom 17. Dezember 2015 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2015:171215BIXZR226.14.0 Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, den Richter Vill, die Richterin

Oberlandesgericht München Endurteil, 25. Juni 2018 - 17 U 2168/15

bei uns veröffentlicht am 25.06.2018

Tenor 1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 08.05.2015 (32 O 26502/12) aufgehoben und der Rechtsstreit einschließlich der Entscheidung über die Kosten dieses Berufungsverfahren für den Fal

Referenzen

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

5
b) Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt außerdem regelmäßig dann, wenn ein Titel über die Forderung auf einfacherem und billigerem Weg zu erreichen ist (vgl. etwa BGHZ 111, 168, 171; 165, 96, 99; BGH, Urt. v. 24. Februar 1994 - IX ZR 120/93, ZIP 1994, 654, 655; v. 28. März 1996 - IX ZR 77/95, ZIP 1996, 842, 843). Diese Voraussetzung ist in einem Fall wie dem vorliegenden ebenfalls nicht erfüllt. Das außergerichtliche oder gerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren führt nicht notwendig zur (anteiligen) Titulierung eines gegen den Insolvenzschuldner gerichteten Anspruchs. Das zeigen schon die vom Beklagten selbst mitgeteilten Zahlen: Von etwa 100.000 Verbraucherinsolvenzverfahren im Jahr enden nur etwa 1.700 mit der Annahme eines Schuldenbereinigungsplanes. Die Schuldenbereinigung kann aus mehreren Gründen scheitern. So kann das Insolvenzgericht den Fortgang des Eröffnungsverfahrens anordnen, wenn nach seiner freien Überzeugung der Schuldenbereinigungsplan voraussichtlich nicht angenommen werden wird (§ 306 Abs. 1 Satz 3 InsO). Jeder Gläubiger kann Einwendungen gegen den Schuldenbereinigungsplan erheben. Eine Ersetzung der Zustimmung eines widersprechenden Gläubigers kommt nur dann in Betracht, wenn mehr als die Hälfte der benannten Gläubiger dem Plan zugestimmt haben und die Summe der Ansprüche der zustimmenden Gläubiger mehr als die Hälfte der Summe der benannten Gläubiger beträgt (§ 309 Abs. 1 Satz 1 InsO); der Gläubiger, der die Einwendungen erhoben hat, muss im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern angemessen beteiligt werden und darf durch den Plan nicht schlechter gestellt werden, als er bei Durchführung des Verfahrens über die Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Erteilung von Restschuldbefreiung stünde (§ 309 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 InsO). Die Zustimmung des Gläubigers kann auch dann nicht ersetzt werden, wenn Streit über die Höhe einer vom Schuldner angegebenen Forderung entsteht und die Angemessenheit der Beteiligung des Gläubigers vom Ausgang dieses Streits abhängt (§ 309 Abs. 3 InsO). Schließlich kann der Eröffnungsantrag bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens jederzeit zurückgenommen werden (§ 13 Abs. 2 InsO). Mit der Rücknahme wird auch dem Schuldenbereinigungsplan die Grundlage entzogen.

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 6/05
vom
6. Juli 2005
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, Wendt und
die Richterin Dr. Kessal-Wulf
am 6. Juli 2005

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 29. Dezember 2004 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Wert: bis 1.200 €

Gründe:


I. Der Kläger und die weiteren vier Gesellschafter gewährten der C. G. Verwaltungsgesellschaft mbH im Jahre 1995 Darlehen über jeweils 130.000 DM (66.467,94 €). Durch gerichtlichen Vergleich vom 24. Oktober 2000 übertrug der Kläger seinen Geschäftsanteil zu gleichen Teilen auf die übrigen Gesellschafter. Diese beschlossen die am 14. Januar 2003 in das Handelsregister eingetragene Auflösung der GmbH. Zuvor - am 17. Juli 2002 - waren die von der GmbH an der Beklagten , der G. GmbH & Co. KG, gehaltenen Anteile auf die Gesellschafter der GmbH und ein Versicherungsunternehmen übertragen worden. Mit Schreiben vom 16. Juli und 31. Oktober 2002 mahnte der Kläger bei

der GmbH ausstehende Ratenzahlungen an. Die Beklagte antwortete ihm am 6. November 2002 "als Rechtsnachfolgerin der C. G. Verwaltungsgesellschaft mbH", setzte ihn von der Liquidation der GmbH in Kenntnis und kündigte eine Prüfung der Ansprüche des Klägers durch ihren Wirtschaftsprüfer an. Am 28. November 2002 stellte der Kläger das gesamte Darlehen gegenüber der Beklagten in Höhe von 31.941,27 € fällig. Diese überwies ihm den aus ihrer Sicht allein noch offen stehenden Betrag von 240,02 €. In dem vom Kläger über den Restbetrag angestrengten Rechtsstreit berief sie sich auf ihre fehlende Passivlegitimation. Der Kläger hat seine auf Zahlung von 31.701,25 € gerichtete Klage gegen die Beklagte zurückgenommen und im Wege des Parteiwechsels gegen die beiden Liquidatoren der GmbH erhoben. Das Landgericht hat ihm mit Beschluß vom 22. Mai 2003 in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 3 ZPO die außergerichtlichen Kosten der (bisherigen) Beklagten auferlegt. Seine sofortige Beschwerde ist vor dem Oberlandesgericht ohne Erfolg geblieben. Dagegen wendet er sich mit der Rechtsbeschwerde.
II. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Sa tz 1 Nr. 2 ZPO statthaft; an ihre Zulassung ist der Senat gemäß § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO gebunden. Sie ist auch im übrigen zulässig, jedoch in der Sache unbegründet.
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Die Vorsc hrift des § 269 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 ZPO bestimme, daß eine Klagrücknahme nur dann nicht zur Kostentragungspflicht des Klägers führe, wenn die Kosten der beklagten Partei "aus einem anderen Grunde aufzuerlegen" seien.

Der Gesetzgeber habe damit die von der Rechtsprechung bis dahin anerkannten Ausnahmefälle - etwa bei einer außergerichtlichen Kostenregelung im Zuge eines Vergleichs - erfassen wollen, nicht aber einen materiell -rechtlichen Kostenerstattungsanspruch, wie ihn der Kläger für sich geltend mache. Die Voraussetzungen des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO seien nicht erfüllt, weil die vom Kläger erhobene Klage von Anfang an gegenüber der Beklagten nicht begründet gewesen sei. Auch wenn die Beklagte möglicherweise zum Kläger in einem vertragsähnlichen Verhältnis (§ 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB) stehe und ihm mit ihren unzutreffenden Auskünften über die Rechtsnachfolge Anlaß zur Klagerhebung gegeben habe , müsse es bei der grundsätzlichen Kostentragungspflicht des Klägers verbleiben. Denn das Verfahren nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO sei - auch unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 93d ZPO - nicht geeignet, die sich bei Prüfung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs des Klägers ergebenden Fragen zu klären.
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausg egangen, daß der Kläger nach § 269 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 ZPO verpflichtet ist, die außergerichtlichen Kosten der durch Klagrücknahme aus dem Rechtsstreit ausgeschiedenen Beklagten zu tragen. Die Regelung ist eine Ausprägung des allgemeinen, den §§ 91, 97 ZPO zugrundeliegenden Prinzips , daß die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Nimmt der Kläger seine Klage zurück, begibt er sich freiwillig in die Rolle des Unterlegenen (BGH, Urteil vom 19. Oktober 1994 - I ZR 187/92 - GRUR 1995, 169 unter II 2; Beschlüsse vom 14. Oktober 2004 - VII ZB 23/03 - bei juris abrufbar unter III 3 b; vom 27. Oktober 2003 - II

ZB 38/02 - BGH-Report 2004, 274 unter II 1 a). Ob dieses Ergebnis mit dem materiellen Recht übereinstimmt, ist ohne Bedeutung. Letzteres betrifft allein den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch, nicht aber die davon zu unterscheidende prozessuale Kostenlast (BGHZ 45, 251, 256 f.). Das stellt auch die Rechtsbeschwerde nicht in Frage.

b) Entgegen ihrer Auffassung sind die Voraussetzun gen des § 269 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 ZPO nicht erfüllt, weil sich eine Kostenlast der Beklagten nicht "aus einem anderen Grund" im Sinne dieser Vorschrift ergibt. Anlaß für die Ausnahmeregelung war die Neufassung des § 93d ZPO durch das Kindesunterhaltsgesetz vom 6. April 1998 (BGBl. I S. 666). Danach können die Kosten des Rechtsstreits abweichend von § 269 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 ZPO der beklagten Partei auferlegt werden, wenn sie zu einem Unterhaltsprozeß Anlaß gegeben hat, indem sie ihre Auskunftspflicht nicht oder nicht vollständig erfüllt hat. Damit verbunden war eine Ergänzung des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO dahingehend, daß von der Kostentragungspflicht des Klägers im Falle der Klagrücknahme die Kosten ausgenommen waren, die "dem Beklagten aufzuerlegen" waren. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zum Kindesunterhaltsgesetz war damit allein der Fall des § 93d ZPO gemeint (BT-Drucks. 13/7338, S. 33). Eine sachliche Änderung der Kosten vorschrift über diesen Bereich hinaus war nicht beabsichtigt. Der Vorschrift des § 93d ZPO liegt der Gedanke zugrunde, daß gesetzliche Unterhaltsansprüche im Interesse aller Beteiligten bereits außergerichtlich geklärt werden sollen. Das ist nur möglich, wenn der Verpflichtete bereit- und freiwillig umfassend Auskunft erteilt, so daß der Berechtigte nicht den umständlichen und zeitraubenden Weg einer Stufenklage nach § 254 ZPO zu gehen braucht. Verstöße gegen die Auskunftspflicht normiert § 93d ZPO mit ei-

ner "Kostenstrafe" (BT-Drucks. 13/7338 aaO; Zöller/Herget, ZPO 25. Aufl. § 93d Rdn. 1). Das ist nicht auf andere Ansprüche übertragbar (a.A. Musielak/Foerste, ZPO 4. Aufl. § 269 Rdn. 13).
Auch das ZPO-Reformgesetz vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) hat diese Rechtslage nicht berührt. Vielmehr ist § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO nur redaktionell angepaßt worden. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zum ZPO-Reformgesetz sollte klargestellt werden, daß dem Kläger die Kosten nicht auferlegt werden können, wenn einer der schon bisher von der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmefälle vorliegt (BT-Drucks. 14/4722 S. 80 unter Bezugnahme auf Thomas/Putzo, ZPO 22. Aufl. § 269 Rdn. 15 und Zöller/Greger, ZPO 21. Aufl. § 269 Rdn. 18a; BGH, Beschluß vom 27. Oktober 2003 aaO unter II 1 b). Dazu gehören insbesondere eine Kostentragungspflicht der beklagten Partei gemäß § 344 ZPO (vgl. BGH, Beschluß vom 13. Mai 2004 - V ZB 59/03 - BB 2004, 1470 unter 2 a) und eine von § 269 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 ZPO abweichende Regelung der prozessualen Kostenlast in einem gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleich (vgl. BGH, Beschluß vom 24. Juni 2004 - VII ZB 4/04 - FamRZ 2004, 1552 unter 1).

c) Der Rechtsbeschwerde ist zuzugeben, daß die bea bsichtigte Beschränkung des Anwendungsbereiches von § 269 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 ZPO auf § 93d ZPO oder die von der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmefälle im Gesetzeswortlaut unmittelbar nicht zum Ausdruck kommt. Es genügt nach der im Gesetz gewählten Formulierung, daß dem Beklagten die Kosten überhaupt "aus einem anderen Grund" aufzuerlegen sind. Das schließt in den beiden Gesetzesbegründungen nicht erwähnte Abweichungen von der Kostenregel des § 269 Abs. 3

Satz 2 Halbs. 1 ZPO nicht grundsätzlich aus. Jedoch muß es sich dabei um Bestimmungen handeln, die aus einem (anderen) prozessualen Grund zu einer Kostentragungspflicht der beklagten Partei führen. Materiell -rechtlich begründete Kostenerstattungsansprüche werden davon nicht erfaßt. Der Kläger erstrebt indes eine Kostengrundentscheidung, die sich aus solchen materiell-rechtlichen Erwägungen ergibt. Darauf ist die Vorschrift des § 269 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 ZPO ersichtlich nicht zugeschnitten. Sie dient allein dazu, prozessualen Besonderheiten Rechnung zu tragen und insoweit Ausnahmen von dem in § 269 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 ZPO normierten Veranlassungsprinzip zuzulassen, ohne daß dadurch die Prüfung materiell-rechtlicher Fragen zum Gegenstand der prozessualen Kostenentscheidung gemacht werden könnte.

d) Schließlich scheidet auch eine entsprechende An wendung des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO aus. Eine vergleichbare Fallgestaltung ist nicht gegeben; ebensowenig wird eine vom Gesetzgeber unbeabsichtigte Regelungslücke erkennbar. Die Vorschrift bestimmt, daß die Kosten des Rechtsstreits wie bei einer übereinstimmenden Erledigungserklärung zu verteilen sind, wenn der Anlaß zur Klagerhebung vor Rechtshängigkeit weggefallen ist und der Kläger die Klage daraufhin zurücknimmt. Nach bisheriger Rechtslage hatte der Kläger in diesen Fällen keine Möglichkeit , in dem laufenden Verfahren eine für ihn nachteilige Kostenentscheidung zu vermeiden, selbst wenn der Beklagte Anlaß zur Erhebung der Klage gegeben hatte. Ihm war auch der Weg über eine Erledigungserklärung mit dem Ziel einer Kostenentscheidung nach § 91a ZPO verschlossen , weil diese Möglichkeit eine Erledigung des Rechtsstreits nach Rechtshängigkeit voraussetzt. Deshalb hat das ZPO-Reformgesetz eine Abweichung von dem Grundsatz des § 269 Abs. 3 Satz 2 eingeführt

(BGH, Beschlüsse vom 27. Oktober 2003 aaO unter II 2; vom 18. November 2003 - VIII ZB 72/03 - BGH-Report 2004, 562 unter II 1 und 2 a; vom 18. Dezember 2003 - VII ZB 55/02 - ZfBR 2004, 373 unter III 1). Aus Gründen der Prozeßökonomie ist ausnahmsweise ein materiellrechtlicher Kostenerstattungsanspruch bereits für die Kostenentscheidung des laufenden Rechtsstreits zu berücksichtigen; ein neues Verfahren wird dafür nicht erforderlich.
Die Kostenentscheidung gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 Z PO hat nach billigem Ermessen zu ergehen. Sie fordert unter Würdigung des bisherigen Sach- und Streitstandes eine sachliche Prüfung nicht nur der geltend gemachten Forderung, sondern auch des behaupteten erledigenden Ereignisses und gegebenenfalls eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs (BT-Drucks. 14/4722 S. 81 zu § 91a ZPO; BGH, Beschluß vom 28. Oktober 2004 - III ZB 43/04 - ZVI 2004, 730 unter II 1 b bb). Mit diesen Fragen soll die prozessuale Kostenentscheidung - von dem im Gesetz geregelten Ausnahmefall abgesehen - sonst nicht belastet werden. Die Vorschrift des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO ist daher einer erweiternden Auslegung nicht zugänglich.
Der Kläger war überdies nicht vor die - von § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO allein erfaßte - Situation gestellt, bei Wegfall des Anlasses für die Einreichung einer (begründeten) Klage bereits kostenauslösende Maßnahmen getroffen zu haben. Die Vorschrift des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO hat nicht zum Zweck, den Kläger von der Prüfung der materiellen Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage zu entlasten. Das muß er aus

eigenem Risiko beurteilen, auch wenn die gegnerische Partei ihm gegenüber vorgerichtlich als passivlegitimiert aufgetreten ist.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Wendt Dr. Kessal-Wulf
10
b) Die nunmehr in § 269 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 ZPO ausdrücklich enthaltene Regelung benachteiligt die beklagte Partei entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts nicht in einer gegen Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 GG verstoßenden Weise. Zwar trifft es zu, dass die beklagte Partei im Fall des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO anders als dann, wenn der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, nicht wählen kann, ob sie sich dem anschließt oder nicht. Sie kann hier daher auch nicht bestimmen, dass entweder gemäß § 91a Abs. 1 ZPO - entsprechend § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO - unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kosten nach billigem Ermessen entschieden wird oder aber der Rechtsstreit in der Hauptsache - wenn auch mit geändertem Klageantrag - seinen Fortgang nimmt und daher gegebenenfalls über die ursprüngliche Berechtigung der Klage - anders als im Fall des § 91a ZPO - voller Beweis erhoben wird. Hierin liegt jedoch keine willkürliche oder der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG zuwiderlaufende Benachteiligung des Beklagten. Trotz des an sich entgegenstehenden Wortlauts hat die beklagte Partei auch im Fall des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO Anspruch auf rechtliches Gehör, wobei ihr Tatsachenvortrag und die zu seiner Untermauerung angeführten Beweismittel nach der Natur der Sache - anders als grundsätzlich im Fall des § 91a Abs. 1 ZPO (vgl. dazu Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 91a Rdn. 26) - nicht deshalb unberücksichtigt bleiben können, weil sie bislang noch nicht vorgetragen worden sind. Es kommt hinzu, dass der Kläger im Fall des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO eine vom Regelfall des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO abweichende Kostenentscheidung erstrebt und daher - ebenfalls abweichend vom Fall des § 91a Abs. 1 ZPO - darzulegen und zu beweisen hat, dass seine Belastung mit Kosten billigem Ermessen widerspricht (vgl. Zöller/Greger aaO § 269 Rdn. 18e).

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 38/02
vom
27. Oktober 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Kläger trägt auch dann die Kosten des Verfahrens, wenn der die Klage zurücknimmt
, weil sich der Rechtsstreit nach Rechtshängigkeit in der Hauptsache
erledigt hat.
BGH, Beschluß vom 27. Oktober 2003 - II ZB 38/02 - OLG Düsseldorf
LG Kleve
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 27. Oktober 2003
durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter
Prof. Dr. Goette, Kraemer, Dr. Graf und Dr. Strohn

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 28. November 2002 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: 934,00

Gründe:


I. Die Klägerin hat durch Mahnbescheide einen Zahlungsanspruch gegen die Beklagten geltend gemacht. Nach Widerspruch und Anspruchsbegründung haben die Beklagten die Klageforderung beglichen. Daraufhin hat die Klägerin zunächst den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und dann die Klage zurückgenommen. Ihren Antrag, den Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, hat das Landgericht zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte Beschwerde ist erfolglos geblieben. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Rechtsbeschwerde.
II. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Voraussetzungen für eine Kostengrundentscheidung zu Lasten der Beklagten sind nicht erfüllt. Vielmehr ist die Klägerin nach § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
1. a) Nach § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO trifft im Falle einer Klagerücknahme den Kläger die Kostenlast. Diese Regel ist eine Ausprägung des allgemeinen, den §§ 91, 97 ZPO zugrundeliegenden Prinzips, daß die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Nimmt der Kläger die Klage zurück, begibt er sich freiwillig in die Rolle des Unterlegenen (BGH NJW-RR 1995, 495). Ob dieses Ergebnis mit dem materiellen Recht übereinstimmt, ist ohne Bedeutung. Letzteres betrifft allein den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch , nicht aber die davon zu unterscheidende prozessuale Kostenlast (BGHZ 45, 251, 256 f.; BGHZ 111, 168, 170 f.; Belz in MünchKommZPO, 2. Aufl. 2000, vor § 91 Rdn. 9; Zöller/Herget, ZPO 23. Aufl. 2002, vor § 91 Rdn. 10 f.).

b) Von diesem Grundsatz läßt das Gesetz zwar Ausnahmen zu, die Voraussetzungen eines solchen Ausnahmefalles sind hier aber nicht erfüllt. Insbesondere ergibt sich eine Kostenlast der Beklagten nicht aus § 269 Abs. 3 S. 2, 2. Alt. ZPO.
Nach dieser Vorschrift hat der Kläger bei einer Klagerücknahme diejenigen Kosten nicht zu tragen, die dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Anlaß für diese Ausnahmeregelung war die Neufassung des § 93 d ZPO durch das Gesetz zur Vereinheitlichung des Unterhaltsrechts minderjähriger Kinder (Kindesunterhaltsgesetz) vom 6. April 1998 (BGBl. I S. 666). Danach können die Kosten des Rechtsstreits abweichend von § 269 Abs. 3
ZPO der beklagten Partei auferlegt werden, wenn sie zu einem Unterhaltspro- zeß Anlaß gegeben hat, indem sie ihre Auskunftspflicht nicht oder nicht vollständig erfüllt hat. Damit verbunden war eine Ergänzung des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO dahingehend, daß von der Kostentragungspflicht des Klägers im Falle der Klagerücknahme die Kosten ausgenommen waren, die "dem Beklagten aufzuerlegen" waren. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zum Kindesunterhaltsgesetz war damit allein der Fall des § 93 d ZPO gemeint (BT-Drucks. 13/7338, S. 33). Eine sachliche Änderung über diesen Bereich hinaus war nicht beabsichtigt.
Durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses (ZPO-Reformgesetz) vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) hat sich an dieser Rechtslage nichts geändert. Vielmehr ist § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO nur redaktionell geändert worden. Von der Kostenlast des Klägers sind danach die Kosten ausgenommen, die dem Beklagten "aus einem anderen Grund" aufzuerlegen sind. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zum ZPO-Reformgesetz sollte damit klargestellt werden, daß dem Kläger die Kosten nicht auferlegt werden können, wenn einer der schon bisher von der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmefälle vorliegt (BT-Drucks. 14/4722, S. 80).
Durch diese Gesetzesänderung ist dagegen nicht die Möglichkeit geschaffen worden, bei der Kostenentscheidung nach Klagerücknahme auch die materiell-rechtliche Kostenerstattungspflicht zu berücksichtigen (Hannich/ Meyer-Seitz, ZPO-Reform 2002, Rdn. 9; a.A. Schneider, ZPO-Reform 2002, Rdn. 160). Die Kostenvorschriften der ZPO befassen sich nach wie vor nur mit dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch. Die Kostenpflicht muß sich aus der Prozeßsituation ergeben. Materiell-rechtliche Erwägungen dürfen dabei grundsätzlich keine Rolle spielen. Das Gericht soll nicht gezwungen sein, im
Rahmen der Kostenentscheidung - von den gesetzlich begründeten Ausnah- mefällen abgesehen - materiell-rechtliche Anspruchsgrundlagen zu prüfen.
Im vorliegenden Fall besteht für eine ausweitende Auslegung des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO auch kein Anlaß. Die Klägerin hätte es bei ihrer Erledigungserklärung belassen können. Dann wäre die Erledigung, falls die Beklagten sich der Erklärung nicht noch angeschlossen hätten, durch Urteil festgestellt worden. Die Unannehmlichkeiten, die mit der Wahrnehmung des Verhandlungstermins verbunden sind, rechtfertigen nicht die Durchbrechung der kostenrechtlichen Grundsätze im Wege der Gesetzesauslegung. Hier Abhilfe zu schaffen, ist Sache des Gesetzgebers. Das ist auch bereits geplant. In dem Regierungsentwurf des Gesetzes zur Modernisierung der Justiz ist vorgesehen, § 91 a Abs. 1 ZPO durch folgenden Satz zu ergänzen: "Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht …" (BR-Drucks. 378/03). Damit könnte auch ohne mündliche Verhandlung über die Kosten nach § 91 a ZPO entschieden werden, wenn der Beklagte - wie hier - zu der Erledigungserklärung des Klägers schweigt.
2. Schließlich scheidet auch eine analoge Anwendung des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO aus (a.A. Bonifacio, MDR 2002, 499). Danach sind die Kosten wie bei einer übereinstimmenden Erledigungserklärung zu verteilen, wenn der Anlaß zur Klageerhebung vor Rechtshängigkeit weggefallen ist und der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurücknimmt. Nach bisheriger Rechtslage hatte der Kläger in diesen Fällen keine Möglichkeit, in dem laufenden Verfahren eine für ihn ungünstige Kostenentscheidung zu vermeiden. Deshalb hat das ZPOReformgesetz diesen Sonderfall abweichend von dem Grundsatz des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO geregelt. Die vorliegende Fallgestaltung ist damit nicht ver-
gleichbar. Denn hier kann die klagende Partei durch eine Erledigungserklärung eine für sie günstige Kostenentscheidung erwirken.
Röhricht Goette Kraemer
Graf Strohn

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

5
Es ist - zumal im Rechtsbeschwerdeverfahren - nicht Zweck einer Kostenentscheidung nach § 91a ZPO, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären oder das Recht fortzubilden, soweit es um Fragen des Zwangsvollstreckungsrechts geht. Grundlage der Entscheidung ist demgemäß lediglich eine summarische Prüfung, bei der das Gericht grundsätzlich davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten alle für den hypothetischen Ausgang bedeutsamen Rechtsfragen zu klären (Senatsbeschluss vom 19. Oktober 2004 - VIII ZR 327/03, WuM 2004, 725; BGH, Beschluss vom 17. Juli 2006 - II ZR 163/03, AG 2006, 666). Der Senat sieht sich deshalb nicht veranlasst, die in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum streitige - vom Landgericht als Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde angeführte - Rechtsfrage zu entscheiden, ob ein rechtsgeschäftlicher Verzicht auf den Antrag auf Bewilligung oder Verlängerung einer Räumungsfrist nach § 794a ZPO zulässig ist (dafür: LG Aachen, WuM 1996, 568; Musielak/ Lackmann, aaO, § 794a Rdnr. 2; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 9. Aufl., Anhang 1 zu §§ 574 bis 574c BGB, § 721 ZPO Rdnr. 77; dagegen: LG Berlin, GE 1991, 403; Zöller/Stöber, aaO, § 794a Rdnr. 7, MünchKommZPO/ Wolfsteiner, 3. Aufl., § 794a Rdnr. 1; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 66. Aufl., § 794a Rdnr. 1). Mangels anderer Verteilungskriterien sind die Kosten daher gegeneinander aufzuheben. Ball Wiechers Hermanns Dr. Hessel Dr. Achilles

(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

10
1. Ein Anspruch auf Ersatz des in der Belastung mit den Prozesskosten des Räumungsrechtsstreits liegenden (Verzugs-)Schadens (§ 280 Abs. 1, 2, § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 3 BGB) scheidet bereits wegen der in diesem Rechtsstreit nach § 269 Abs. 3 Satz 2, Halbs. 1 ZPO eingetretenen prozessualen Kostentragungspflicht der Klägerin und des daraufhin ergangenen bestandskräftigen Kostenfestsetzungsbeschlusses aus. Zwar ist - wie in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt ist - eine prozessuale Kostenentscheidung nicht erschöpfend, sondern lässt grundsätzlich noch Raum für die Durchsetzung materiell-rechtlicher Ansprüche auf Kostenerstattung etwa aus Vertrag, wegen Verzuges oder aus unerlaubter Handlung. Dieser materiellrechtliche Anspruch kann dabei je nach Sachlage neben die prozessuale Kostenregelung treten und ihr sogar entgegengerichtet sein, sofern zusätzliche Umstände hinzukommen, die bei der prozessualen Kostenentscheidung nicht berücksichtigt werden konnten. Bleibt hingegen der Sachverhalt, der zu einer abschließenden prozessualen Kostenentscheidung geführt hat, unverändert, geht es nicht an, nunmehr den gleichen Sachverhalt erneut zur Nachprüfung zu stellen und in seinen kostenrechtlichen Auswirkungen materiell-rechtlich entgegengesetzt zu beurteilen (BGH, Urteile vom 18. Mai 1966 - Ib ZR 73/64, BGHZ 45, 251, 257; vom 19. Oktober 1994 - I ZR 187/92, GRUR 1995, 169 unter II 2 - Kosten des Verfügungsverfahrens bei Antragsrücknahme; vom 22. November 2001 - VII ZR 405/00, WM 2002, 396 unter II 1; ebenso BVerwG, Beschlüsse vom 2. Juli 1998 - 2 B 130/97, juris Rn. 6, und 2 B 131/97, juris Rn. 2). So verhält es sich hier.
8
Einer sachlichen Bescheidung der Klage in Bezug auf die Kosten dieses Verfahrens steht nicht - wie der Beklagte meint - entgegen, dass hierüber durch den Verwaltungsgerichtshof rechtskräftig entschieden worden ist. Diese prozessuale Entscheidung schließt einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Kostenerstattung nicht aus (vgl. BGHZ 45, 251, 256 f; BGH, Urteile vom 19. Oktober 1994 - I ZR 187/92 - NJW-RR 1995, 495; vom 22. November 2001 - VII ZR 405/00 - NJW 2002, 680). Zwar wird es nicht für zulässig gehalten, bei einem unveränderten Sachverhalt, der zur prozessualen Kostenentscheidung geführt hat, über einen materiell-rechtlichen Anspruch zu einer in ihren kostenrechtlichen Auswirkungen entgegengesetzten Beurteilung zu gelangen (vgl. BGHZ 45, 251, 257; Urteile vom 19. Oktober 1994 und 22. November 2001 jeweils aaO). Im Bereich der Amtshaftung ist jedoch anerkannt, dass die Kosten eines erfolglosen Rechtsmittels, das der Betroffene ergriffen hat, um einen Schaden aus der Amtspflichtverletzung abzuwenden (§ 839 Abs. 3 BGB), grundsätzlich zu dem ihm zu ersetzenden Schaden gehören (Senatsurteil vom 5. Oktober 2006 - III ZR 283/05 - NJW 2007, 224, 226; ähnlich auch Senatsurteil BGHZ 117, 363, 367 f). Dies beruht auf dem Gedanken, dass es im Hinblick auf § 839 Abs. 3 BGB, der beim gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch entsprechend anwendbar ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 156, 294, 297 f), dem Geschädigten auch bei einer nicht eindeutigen Rechtslage zugemutet wird, einer Belastung im Wege des Primärrechtsschutzes entgegenzuwirken, will er nicht mögliche Schadensersatzansprüche verlieren.
13
Er kann entgegen der Auffassung der Revision auch nicht aus allgemeinen Grundsätzen abgeleitet werden, die zum Verhältnis des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs zum prozessualen Kostenerstattungsan- spruch entwickelt worden sind. Nach diesen Grundsätzen kann die Durchsetzung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs in einem Prozess (BGH, Urteil vom 24. April 1990 - VI ZR 110/89, BGHZ 111, 168, 171; Urteil vom 11. Mai 1989 - VII ZR 39/88, BauR 1989, 601 = ZfBR 1989, 200 jeweils m.w.N.) oder danach (BGH, Urteil vom 18. Mai 1966 - Ib ZR 73/64, BGHZ 45, 251, 257 f.; Urteil vom 22. November 2001 - VII ZR 405/00, BauR 2002, 519) eingeschränkt sein, soweit die geltend gemachten Kosten mit denjenigen Kosten identisch sind, die im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden können bzw. geltend gemacht worden sind. Diese Grundsätze dienen auch dazu , Unterschiede zwischen einer auf gleichem Sachverhalt beruhenden Entscheidung über den materiell-rechtlichen Anspruch einerseits und den prozessualen Kostenerstattungsanspruch andererseits zu vermeiden und räumen insoweit dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch im Grundsatz den Vorrang ein, sofern ein Prozess geführt wird oder geführt worden ist. Inwieweit der Vorrang gilt und worauf er rechtlich gestützt werden kann, ist allerdings im Einzelnen Gegenstand der Auseinandersetzung in der Rechtsprechung und der Literatur (vgl. z.B. BAG, NZA 2009, 1300; BGH, Urteil vom 11. Dezember 1986 - III ZR 268/85, WM 1987, 247, 248 f.; OLG Koblenz, MDR 2009, 471; HK-ZPO/Gierl, 3. Aufl., vor §§ 91-107 Rdn. 15; Wieczorek/Schütze/Steiner, ZPO, 3. Aufl., vor § 91 Rdn. 9 ff.; Schneider, MDR 1981, 353; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., vor § 91 Rdn. 19 ff.). Nach einer Entscheidung des OLG Celle (OLGR 2004, 167) soll in Anwendung dieser Grundsätze die im Prozess erklärte Aufrechnung mit dem materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch unzulässig sein (ebenso Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., vor § 485 Rdn. 29; a.A. OLG Dresden, BauR 2003, 761).

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 268/02
Verkündet am:
17. Juli 2003
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
Erklärt der Beklagte nach Klagezustellung mit einer bereits vor Klageerhebung der
Klageforderung aufrechenbar gegenüberstehenden Forderung gegen diese die Aufrechnung
, so ist trotz der materiell-rechtlichen Rückwirkung der Aufrechnung (§ 389
BGB) erst die Aufrechnungserklärung das "erledigende Ereignis" für eine bis dahin
zulässige und begründete Klage.
BGH, Urteil vom 17. Juli 2003 - IX ZR 268/02 - LG Landshut
AG Landshut
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Juli 2003 durch die Richter Kirchhof, Dr. Ganter, Raebel, Kayser und
Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Landshut vom 23. Oktober 2002 wird auf Kosten des Beklagten zu 1) zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin hat Zahlung eines restlichen Steuerberaterhonorars in Höhe von 3.916,32 klagten mit Schreiben vom 10. Dezember 1999 in Rechnung gestellt hat. Sie hat die Klageforderung mit Mahnbescheid vom 29. Dezember 2000 rechtshängig gemacht. Die Beklagten haben eingewendet, Auftraggeber der Klägerin sei lediglich der Beklagte zu 1) gewesen , und haben weiter einzelne Ansätze der Rechnung bestritten. Im Verlaufe des Rechtsstreites hat der Beklagte zu 1) mit einer ihm durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Landshut vom 14. März 2001 zugesprochenen Forderung gegen die Klägerin in Höhe von 3.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1. Mai 1998 gegen die Klageforderung aufgerechnet. Die Klägerin hat die Hauptsache in Höhe von 1.632,72 3.193,33 DM) für erledigt erklärt, die Verurteilung der Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 2.283,59
(= 4.466,32 DM) und, da die Beklagten der Erledigungserklärung nicht zu- stimmten, die Feststellung der teilweisen Erledigung der Hauptsache begehrt.
Das Amtsgericht hat den Beklagten zu 1) zur Zahlung von 1.401,43 nebst 10,5 % Zinsen seit dem 20. September 2000 verurteilt und die Klage im übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Anspruch gegen die Beklagte zu 2) stehe der Klägerin nicht zu, weil diese nicht Auftraggeberin der Klägerin sei. Aus der Rechnung vom 10. Dezember 1999 seien die dort angesetzten Beträge für Bericht und Antrag zur Bilanz zu streichen, weil die Klägerin insoweit keinen Auftrag des Beklagten zu 1) gehabt habe; ferner seien weitere Vorschußzahlungen sowie die zur Aufrechnung gestellte Forderung in ! "$#% '& ( ) * ) + , - . / 0 0 1 324 5 6 . 7 98 Höhe von 1.632,72 sich die Hauptsache in dieser Höhe erledigt habe, sei zurückzuweisen. Die Forderung des Beklagten zu 1) sei bereits vor Rechtshängigkeit der Klageforderung entstanden. Wegen § 389 BGB sei auf den Eintritt der Aufrechnungslage abzustellen, so daß die Klage unbegründet gewesen sei.
Die Berufung der Klägerin blieb ohne Erfolg, soweit sie die Verurteilung des Beklagten zu 1) zur Zahlung eines weiteren Betrages von 679,05 egehrte. Hingegen stellte das Berufungsgericht auf die Berufung der Klägerin fest, daß sich der Rechtsstreit in bezug auf den Beklagten zu 1) in Höhe von , :! ,"';< + = ?>@ /ABAC / ( D E>@FG + / H ! + I ) + , - 1.632,72 nicht die Aufrechnungslage, sondern die im Prozeß abgegebene Aufrechnungserklärung das erledigende Ereignis dar, durch das die zunächst zulässige und begründete Klage unbegründet geworden sei. Dagegen wendet sich der Beklagte zu 1) mit der - zugelassenen - Revision.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet.

I.


1. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft, da sie vom Berufungsgericht im Tenor des angefochtenen Urteils zugelassen worden ist. Daß in den Entscheidungsgründen von der Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO die Rede ist, berührt die Bindung des Revisionsgerichts an die Zulassung (§ 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO) nicht, weil die Zulassungsgründe für die Rechtsbeschwerde mit denjenigen für die Revision übereinstimmen (§ 543 Abs. 2 Satz 1, § 574 Abs. 2 ZPO). Aus den Entscheidungsgründen ergibt sich jedoch, daß das Berufungsgericht die Revision nur hinsichtlich eines Teils des Streitgegenstandes zugelassen hat. Denn es führt dort zur Zulassung aus, zu der hier für einen Teil des Streitgegenstandes streitentscheidenden Frage, ob bei einer Erledigung durch Aufrechnung auf den Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung oder der Aufrechnungslage abzustellen sei, liege eine divergierende obergerichtliche Rechtsprechung vor. Diese Ausführungen lassen deutlich erkennen, daß das Berufungsgericht nur hinsichtlich eines rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teils des Streitstoffes, über den gesondert hätte entschieden werden können (Antrag auf Feststellung der teilweisen Erledigung der Hauptsache durch die von dem Beklagten zu 1) erklärte Aufrechnung), eine die Anrufung des Revisionsgerichts rechtfertigende Rechtsfrage gesehen hat. In einem solchen Fall ist die Zulassung trotz der uneingeschränkten Zulassung der Revision im Tenor auf diesen Teil des Streit-
gegenstandes beschränkt (vgl. BGH, Urt. v. 5. Februar 1998 - III ZR 103/97, NJW 1998, 1138, 1139 f; v. 9. Januar 2001 - VI ZR 407/99, NJW 2001, 969, 970; v. 29. Januar 2003 - XII ZR 92/01, z.V.b. in BGHZ).
2. Die gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte Revision ist auch im übrigen zulässig, insbesondere ergibt sich - ungeachtet der weiten Antragsfassung - aus der Revisionsbegründung hinreichend deutlich, daß mit der Revision nur die Aufhebung des Berufungsurteils hinsichtlich des zugelassenen Teils des Streitgegenstandes begehrt wird. Denn nur insoweit ist der Beklagte zu 1) durch die angefochtene Entscheidung beschwert.

II.


Die Revision ist jedoch unbegründet.
1. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Berufungsurteil enthalte keine hinreichenden Gründe im Sinne des § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, weil die Berufungsanträge nicht aufgenommen seien. Es genügt, daß aus den Ausführungen des Berufungsgerichts hinreichend deutlich wird, was die Parteien mit ihren Rechtsmitteln erstrebt haben (vgl. BGH, Urt. v. 26. Februar 2003 - VIII ZR 262/02, z.V.b. in BGHZ; Urt. v. 6. Juni 2003 - V ZR 392/02, z.V.b.). Das ist hier der Fall.
2. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, daß der . J Rechtsstreit in bezug auf den Beklagten zu 1) in Höhe von 1.632,72 Hauptsache erledigt ist.


a) Die Hauptsache ist erledigt, wenn die Klage im Zeitpunkt des nach ihrer Zustellung eingetretenen erledigenden Ereignisses zulässig und begründet war und durch das behauptete Ereignis unzulässig oder unbegründet wurde (BGHZ 106, 359, 366 f; BGH, Urt. v. 6. Dezember 1984 - VII ZR 64/84, NJW 1986, 588, 589). Ein vor Rechtshängigkeit liegendes Ereignis kann die Hauptsache nicht erledigen (BGHZ 83, 12, 14; 127, 156, 163).
Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz nur noch darüber, ob die Klage durch die von dem Beklagten zu 1) erklärte Aufrechnung in Höhe von H ! K 05 , - H ! LG M N @ /OGP 0 Q ) @P RP S , ,O' T ' 1.632,72 eklagte zu 1) meint, wegen der Rückwirkung der Aufrechnungserklärung gemäß § 389 BGB von Anfang an unbegründet war. Die Feststellung der Vorinstanzen , daß die Klageforderung in dieser Höhe bis zur Aufrechnung gegen den Beklagten zu 1) bestanden hat und durch die Aufrechnung mit der dem Beklagten zu 1) vor Rechtshängigkeit der Klageforderung aufrechenbar zuste- 6 P /H ! U ) V WO' X 0 T P Y ( henden Gegenforderung in Höhe von 1.632,72 Parteien nicht beanstandet. Sie läßt einen Rechtsfehler auch nicht erkennen.
Ebensowenig bestehen an der Zulässigkeit der Klage hinsichtlich des durch Aufrechnung erloschenen Teils der Klageforderung Bedenken wegen eines möglicherweise fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses (vgl. Axel Schulte, Die Kostenentscheidung bei der Aufrechnung durch den Beklagten im Zivilprozeß , 1990 S. 56; N. Schneider MDR 2000, 507, 508). Insbesondere war die Klägerin nicht gehalten, ihrerseits gegen die Forderung des Beklagten zu 1) mit ihrer Honorarforderung aufzurechnen, statt diese in vollem Umfange klageweise geltend zu machen. Bei der Gegenforderung des Beklagten zu 1) handelte
es sich um eine von der Klägerin zunächst bestrittene Kaufpreisforderung, die in keinem rechtlichen Zusammenhang mit der Honorarforderung der Klägerin stand. In dem über diese Forderung des Beklagten zu 1) anhängigen Rechtsstreit mußte sich die Klägerin schon wegen § 145 Abs. 3 ZPO nicht mit einer (Hilfs-)Aufrechnung verteidigen. Da sie die Gegenforderung des Beklagten zu 1) bestritt, war es ihr bis zu deren rechtskräftiger Feststellung auch nicht zuzumuten, von einer gerichtlichen Geltendmachung ihrer eigenen Forderung in Höhe der Gegenforderung des Beklagten zu 1) abzusehen und sich statt dessen durch Aufrechnung zu befriedigen. Nach ihrer rechtskräftigen Verurteilung zur Bezahlung der Forderung des Beklagten zu 1) war ihr die Verteidigung gegen diese Forderung im Wege der Aufrechnung durch § 767 Abs. 2 ZPO verwehrt. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes beurteilt sich die Frage, wann eine gegen den festgestellten Anspruch geltend gemachte Einwendung entstanden ist, nach materiellem Recht, wobei für die Aufrechnung nicht auf die Ausübung dieses Gestaltungsrechts, sondern ohne Rücksicht auf eine etwaige Kenntnis auf die Aufrechnungslage, also darauf abzustellen ist, wann sich die Forderungen objektiv aufrechenbar gegenübergestanden haben (BGHZ 24, 97, 98; 34, 274, 279; 100, 222, 225).

b) Wenn die Aufrechnungslage (§ 387 BGB) - wie im vorliegenden Fall - bereits vor Zustellung der Klage bestanden hat, ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten, ob das erledigende Ereignis die Aufrechnungslage oder die Aufrechnungserklärung (§ 388 Satz 1 BGB) ist.
aa) Ein Teil der jüngeren Rechtsprechung und die überwiegende Kommentarliteratur sehen wegen der materiell-rechtlichen Rückwirkung nach § 389 BGB die Aufrechnungslage als erledigendes Ereignis an und verneinen dem-
nach, wenn die Aufrechnungslage schon vor Klageerhebung bestanden hat, eine Erledigung der Hauptsache, weil diese nur durch ein nach Klagezustellung liegendes Ereignis eintreten kann (vgl. OLG Hamm MDR 2000, 296, 297 = OLG-Report 2000, 100; OLG Jena OLG-Report 1997, 135, 136; Münch- Komm-ZPO/Lindacher, 2. Aufl. § 91a Rn. 134; Musielak/Wolst, ZPO 3. Aufl. § 91a Rn. 57; Zöller/Vollkommer, ZPO 23. Aufl. § 91a Rn. 58 "Aufrechnung"; Bamberger/Roth/Dennhardt, BGB § 389 Rn. 3; Erman/Westermann, BGB 10. Aufl. § 389 Rn. 5; MünchKomm-BGB/Schlüter, 4. Aufl. § 389 Rn. 11; Palandt /Heinrichs, BGB 62. Aufl. § 389 Rn. 2).
bb) Die Gegenansicht hält demgegenüber die durch § 389 BGB angeordnete Rückwirkung als lediglich materiell-rechtliche Fiktion für die verfahrensmäßige Frage der Erledigung der Hauptsache für bedeutungslos und stellt auf den tatsächlichen Vorgang der Erledigungserklärung als erledigendes Ereignis ab (vgl. BayObLG NJW-RR 2002, 373 f; OLG Düsseldorf NJW-RR 2001, 432 = MDR 2000, 540; Thomas/Putzo, ZPO 25. Aufl. § 91a Rn. 4 a.E.; Stein/Jonas/Bork, ZPO 21. Aufl. § 91a Rn. 6 Fn. 12; Heistermann NJW 2001, 3527 f; N. Schneider, aaO; Schulte, aaO S. 58 ff, 64).
cc) Das Reichsgericht hat kurz nach dem Inkrafttreten des BGB - ohne nähere Begründung - ausgesprochen, daß der Kläger wegen der Rückwirkung der Aufrechnungserklärung nach § 389 BGB kostenfällig sei, wenn schon vor Beginn des Prozesses die beiden Forderungen einander gegenüber gestanden hätten, obgleich in einem solchen Falle die Beseitigung des Klageanspruchs erst durch die Erklärung erfolge (RGZ 50, 389, 391). Später hat es die Erledigung der Hauptsache nur in einem Fall angenommen, in dem die zur Aufrechnung gestellte Forderung im Laufe des Rechtsstreites für die beklagte Partei
entstanden war (RGZ 57, 381, 384). In der Entscheidung RGZ 58, 414, in der es um die Kostenentscheidung bei der Fortsetzung eines von dem Konkursverwalter angestrengten Anfechtungsrechtsstreites nach Aufhebung des Konkurses zwischen dem bisherigen Gemeinschuldner und dem Anfechtungsgeg- ner ging, hat das Reichsgericht offengelassen, ob in dem Falle, daß die Aufrechnungslage bereits vor Beginn des Rechtsstreites bestand, "die rückwirkende Kraft der Aufrechnung zu einem abweichenden Resultate führen kann" (aaO S. 417).
Der Bundesgerichtshof hatte sich in der Entscheidung vom 6. Dezember 1984 (VII ZR 64/84, NJW 1986, 588) mit dem Sachverhalt zu befassen, daß der Kläger mit einem Teil der in einem Erstprozeß im Jahre 1976 rechtshängig gemachten Klageforderung gegen eine Forderung des Beklagten in einem von diesem im Jahre 1980 angestrengten Zwischenprozeß aufgerechnet und sodann im Erstprozeß die Hauptsache im Hinblick auf die im Zwischenprozeß erklärte Aufrechnung insoweit für erledigt erklärt hatte. Der Bundesgerichtshof hat eine Erledigung mit der Begründung angenommen, diese sei materiell eingetreten durch die begründete Aufrechnung der streitgegenständlichen Forderung mit ebenfalls begründeten Gegenforderungen des Beklagten; dies sei das "erledigende Ereignis". Da die Klage bis zu diesem Zeitpunkt zulässig und begründet gewesen sei, sei somit Erledigung eingetreten (aaO S. 589). Nach dem festgestellten Sachverhalt bestand allerdings kein Anhaltspunkt dafür, daß die Aufrechnungslage bereits vor Klageerhebung in dem Erstprozeß bestanden haben könnte.

c) Der Senat schließt sich auch für den Fall, daß die Aufrechnungslage bereits vor Rechtshängigkeit der Klageforderung bestanden hat, der Auffas-
sung an, daß nicht die Aufrechnungslage, sondern erst die Aufrechnung als solche, also die Aufrechnungserklärung, das erledigende Ereignis darstellt.
aa) Ein erledigendes Ereignis ist der Eintritt einer Tatsache mit Auswirkungen auf die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Zulässigkeit oder Begründetheit der Klage (vgl. Musielak/Wolst aaO Rn. 10). Die materiell-rechtliche Wirkung, die bei der Aufrechnung die Geltendmachung der Klageforderung berührt, ist deren Erlöschen. Dieser Erfolg wird aber, wie § 389 BGB eindeutig besagt, (erst) durch die Aufrechnung, d.h. durch die Aufrechnungserklärung (§ 388 Satz 1 BGB) "bewirkt" und nicht (bereits) durch die Aufrechnungslage (vgl. BGHZ 109, 47, 51). Das Vorliegen einer Aufrechnungslage führt, wenn und solange die Aufrechnung nicht erklärt wird, noch nicht zum Erlöschen der beiderseitigen Forderungen (BGHZ 2, 300, 303 f).
bb) Tritt die Erlöschenswirkung erst mit der Erklärung der Aufrechnung ein, so war die Klage bis dahin zulässig und begründet. Die von § 389 BGB angeordnete Fiktion ("gilt") der Rückwirkung des Erlöschens auf den Zeitpunkt der Aufrechnungslage ändert daran nichts. Diese Fiktion der Rückwirkung hat lediglich zur Folge, daß nicht nur die Hauptforderungen erlöschen, sondern auch Ansprüche z.B. auf Verzugszinsen für den Zeitraum bis zur Erklärung der Aufrechnung, die ohne die Rückwirkung nach wie vor bestünden, ab dem Zeitpunkt der Aufrechnungslage wegfallen (vgl. BGHZ 80, 269, 278 f). Diese materiell -rechtliche Rückwirkung tritt aber gleichfalls erst mit Abgabe der Aufrechnungserklärung ein. Sie steht damit der Auffassung, daß prozessual die Aufrechnungserklärung und nicht die Aufrechnungslage das erledigende Ereignis darstellt, nicht entgegen.
cc) Weder die Abwägung der Interessen der Beteiligten noch sonstige Billigkeitserwägungen vermögen ein abweichendes Ergebnis zu rechtfertigen. Zwar mag es zutreffen, daß sich der Inhaber einer aufrechenbaren Forderung wegen § 389 BGB ab Bestehen der Aufrechnungslage "wirtschaftlich nicht mehr als Schuldner zu fühlen" braucht (so Palandt/Heinrichs aaO), weil er jederzeit durch Erklärung der Aufrechnung die Forderung seines Gläubigers rückwirkend zum Erlöschen bringen kann. Gleichwohl wird damit nicht schon die Aufrechnungslage zum "relevanten" Erledigungsereignis (vgl. aber MünchKomm -ZPO/Lindacher aaO). Es ist grundsätzlich dem beklagten Schuldner zur freien Entscheidung überlassen, ob und wann er durch Erklärung der Aufrechnung (§ 388 Satz 1 BGB) die Erlöschenswirkung (mit der materiell-rechtlichen Folge des § 389 BGB) eintreten lassen will. Fordert ihn der Kläger vorprozessual zur Zahlung auf, so vermag der Schuldner, dem die Aufrechnungslage bekannt ist, durch Erklärung der Aufrechnung vor Rechtshängigkeit eine etwaige Klage von Anfang an unbegründet zu machen. Sieht der Kläger von einer vorprozessualen Aufforderung ab, können ihm gemäß § 93 ZPO die Prozeßkosten zur Last fallen.
Dagegen besteht für den klagenden Gläubiger nicht in jedem Falle die Möglichkeit, sich seinerseits vor Klageerhebung durch Erklärung der Aufrechnung gegen die Forderung des beklagten Schuldners zu befriedigen. Für ihn kann die Aufrechnung aus Rechtsgründen ausgeschlossen sein, z.B. wenn dem Beklagten eine Schadensersatzforderung gegen ihn zusteht (§ 393 BGB) oder die Forderung des Klägers vor Klageerhebung noch einredebehaftet ist (§ 390 Satz 1 BGB). Die Aufrechnung vor Klageerhebung kann dem Kläger /Gläubiger ferner aus tatsächlichen Gründen unmöglich sein, wenn etwa der Beklagte die Gegenforderung durch Abtretung oder im Wege der Erbfolge er-
langt hat (möglicherweise sogar erst nach Klageerhebung) und dies dem Kläger nicht bekannt ist. Im übrigen kann der Kläger - wie der Beklagte - gute Gründe haben, von einer Aufrechnungserklärung zunächst abzusehen, so wenn Kläger und/oder Beklagter mehrere Forderungen haben, mit denen und gegen die aufgerechnet werden kann. Für den Kläger kann es ferner beispielsweise naheliegen, von einer Aufrechnung abzusehen, wenn die Forderung des Beklagten demnächst verjährt (vgl. § 390 Satz 2 BGB).
Würde man bei einer vor Rechtshängigkeit gegebenen Aufrechnungslage bereits diese grundsätzlich als erledigendes Ereignis ansehen, so daß bei einer erst im Prozeß erklärten Aufrechnung des Beklagten die Klage gleichwohl als von Anfang an unbegründet zu behandeln wäre, hätte dies zur Folge, daß auch in den soeben genannten Fällen der Kläger weder durch Klagerücknahme noch durch eine Erledigungserklärung verhindern könnte, mit den durch die Klageerhebung verursachten Kosten belastet zu werden, sofern der Beklagte der Erledigung nicht zustimmt (§§ 91, 269 Abs. 3 ZPO a.F.). Auch § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung (§ 26 Nr. 2 EGZPO) zwingt den Kläger nicht, die Klage zurückzunehmen, statt sie für erledigt zu erklären. Ist dagegen die Erledigung der Hauptsache durch Erklärung der Aufrechnung im Prozeß eingetreten, erlaubt es die bei übereinstimmender Erledigungserklärung der Parteien gemäß § 91a ZPO nach billigem Ermessen zu treffende Kostenentscheidung, bei der Verteilung der Kostenlast zu berücksichtigen , ob und gegebenenfalls welcher Partei es billigerweise zuzumuten war, die Aufrechnung bereits vorgerichtlich zu erklären.

III.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Kirchhof Ganter Raebel
Kayser Bergmann

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.