Bundesgerichtshof Urteil, 06. Mai 2004 - III ZR 247/03

bei uns veröffentlicht am06.05.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 247/03
Verkündet am:
6. Mai 2004
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Mai 2004 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Streck, Dr. Kapsa, Galke und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main - 4. Zivilsenat - vom 23. Juli 2003 wird zurückgewiesen.
Auf die Revision des Beklagten wird das vorbezeichnete Urteil im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten entschieden worden ist.
In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die I. GmbH (im folgenden I. ) war Eigentümerin des mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks L.Straße 34 in L. . Das Grundstück war mit einer Grundschuld in Höhe
von 850.000 DM zugunsten einer Hypothekenbank belastet. Die I. wandelte durch von dem beklagten Notar beurkundete Teilungserklärung das Grundstückseigentum in Wohnungseigentum um. Sie beabsichtigte, das Gebäude zu renovieren und die Eigentumswohnungen zu veräußern.
Der Steuerberater H. , der faktisch die Ge schäfte der I. führte, bewegte den Kläger, zwecks Steuerersparnis zwei Eigentumswohnungen zum Preis von je 150.000 DM von der I. zu erwerben. Der Beklagte beurkundete den am 18. Juli 1995 geschlossenen Kaufvertrag. Darin verpflichtete sich die I. , dem Kläger - abgesehen von noch einzutragenden Dienstbarkeiten und Baulasten - an den beiden von ihr noch zu renovierenden Eigentumswohnungen lastenfreies Wohnungseigentum zu verschaffen (§ 1 Nr. 2 Abs. 1 und 2, § 2 Abs. 1 des Kaufvertrages). Weiter hieß es in dem Kaufvertrag:
"§ 1... 2. ... Der Notar hat das Grundbuch nicht eingesehen. Auf die Gefahren einer sofortigen Beurkundung wurde hingewiesen. § 3... 6. Das Haus wird voraussichtlich zum 31.12.1995 bezugsfertig sein. ... § 5 Fälligkeit und Zahlung 1. Der Kaufpreis ist in Raten zu zahlen. Es gelten folgende allgemeine Fälligkeitsvoraussetzungen: - Vorlage aller für den Vertrag erforderlichen Genehmigungen und eine entsprechende schriftliche Mitteilung des Notars , - Eintragung einer Auflassungsvormerkung,
- eine Freistellungserklärung für Grundpfandrechtsgläubiger für das Vertragsobjekt, auch für den Fall der Nichtvollendung. Weiter werden folgende Fälligkeiten vereinbart:
a) der Grundstücks- und Gebäudeanteil 'alt' 2 Wochen nach Erfüllung obiger Voraussetzungen; danach
b) die Renovierungskosten binnen zwei Wochen nach Aufforderung wie folgt: - nach Abschluß des Vertrages 35 % - nach Fertigstellung der Dachdeckerarbeiten einschließlich Regenrohre 6 % - nach Fertigstellung der Fensterarbeiten 6 % ... 2. Der Kaufpreis ist bei Fälligkeit auf das vom Verkäufer nachfolgend angegebene Konto zu zahlen. Zahlungen des Käufers können mit schuldbefreiender Wirkung nur auf dieses Konto erfolgen. - Treuhandkonto I. Baukonto L. bei der Volksbank ..."
Die I. teilte dem Kläger durch Schreiben vom 27. Juli 1995 mit, "nach Vertragsabschluß" seien die Kosten für das vorhandene Altgebäude und für die Renovierung in Höhe von 142.056,95 DM zur Zahlung fällig. Mit Schreiben vom 4. Dezember 1995 forderte die I. von dem Kläger "nach Fertigstellung" der Wohnungen den restlichen Kaufpreis in Höhe von 157.943,05 DM an. Der Kläger überwies am 4. August und 28. Dezember 1995 die erbetenen Geldbeträge in Höhe von insgesamt 300.000 DM auf das im Kaufvertrag angegebene "Treuhandkonto" , das tatsächlich ein gewöhnliches Girokonto der I. war. Zur Zeit der Zahlung hatte der Kläger die im Kaufvertrag vorgesehene Mitteilung des
Beklagten über das Vorliegen der erforderlichen Genehmigungen noch nicht erhalten. Ebensowenig war damals bereits die Auflassungsvormerkung zugunsten des Klägers eingetragen; schließlich fehlte die "Freistellungserklärung für Grundpfandrechtsgläubiger".
1996 geriet die I. in Vermögensverfall; sie konn te die auf dem Wohnungseigentum lastende Grundschuld nicht ablösen. Die Hypothekenbank betrieb daher aus der Grundschuld die Zwangsvollstreckung in die Wohnungseigentumsanlage.
Von der zahlungsunfähigenI. konnte der Kläger d en bereits entrichteten Kaufpreis nicht zurückerlangen. Mit H. verständigte er sich dahin, daß dieser ein notarielles Schuldanerkenntnis über 225.000 DM erklärte. Hinsichtlich weiterer 25.000 DM wurde eine Verrechnung gegen Forderungen von H. aus seiner Tätigkeit als Steuerberater oder Hausverwalter vereinbart. Geld war von dem inzwischen ebenfalls mittellos gewordenen H. nicht zu erhalten.
Am 11. Januar 1999 wurde der Kläger als Eigentümer d er - weiterhin mit der Grundschuld belasteten - Eigentumswohnungen im Wohnungsgrundbuch eingetragen.
Der Kläger beansprucht von dem Beklagten Schadensersatz in Höhe von 153.387,56 € (= 300.000 DM) nebst Zinsen wegen der Verletzung notarieller Amtspflichten. Der Beklagte habe bei der Beurkundung des Kaufvertrages nicht über die Gefahren einer ungesicherten Vorleistung an die I. belehrt, obwohl er die Verpfändung des Grundstücks gekannt habe. Insbesondere habe
er nicht darüber aufgeklärt, daß der Erwerb lastenfreien Wohnungseigentums nur dann gesichert sei, wenn der Kaufpreis unter Verwendung eines notariellen Treuhandkontos oder sonst Zug um Zug gegen Erteilung der Freigabeerklärung oder Löschungsbewilligung der Grundschuldgläubigerin gezahlt werde. Bei gehöriger Belehrung hätte er, der Kläger, keine ungesicherte Vorleistung erbracht und den von seiten der I. nicht (vollständig) erfüllbaren Vertrag spätestens 1996 rückabgewickelt. Die in diesem Fall nicht verlorenen 300.000 DM hätte er zum Erwerb eines anderen rentablen Objekts mit denselben Steuervorteilen verwandt.
Das Landgericht hat dem Kläger 140.605,26 € nebst Zin sen Zug um Zug gegen Abtretung seiner Ersatzansprüche gegen H. in dieser Höhe zugesprochen und die weitergehende Klage abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat der Beklagte unter anderem geltend gemacht, ihm liege bezüglich der auf dem Wohnungseigentum lastenden Grundschuld eine auflagenfreie Löschungsbewilligung vor. Er biete sie dem Kläger unter Übernahme der durch die Löschung veranlaßten notariellen Kosten und der Kosten dieses Rechtsstreits an. Die Gefahr der Zwangsversteigerung bestehe nicht mehr.
Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten sowi e diejenige des Klägers zurückgewiesen und "die Revision" zugelassen. Der Beklagte begehrt mit der Revision weiterhin die vollständige Klageabweisung; der Kläger hat gleichfalls Revision - und vorsorglich Anschlußrevision - eingelegt mit dem Antrag, den Beklagten zur Zahlung weiterer 12.782,30 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche gegen H. zu verurteilen.

Entscheidungsgründe


Die Revision des Beklagten ist begründet; insoweit ist da s Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Revision des Klägers ist unbegründet.

I.


Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Der Beklagte sei dem Kläger nach § 19 Abs. 1 BNotO zum Schadensersatz verpflichtet. Denn er habe durch unzureichende Belehrung über die Fälligkeit des Kaufpreises und die mit einer ungesicherten Vorleistung verbundenen Gefahren eine fahrlässige Amtspflichtverletzung begangen. Der Vertragstext sei hinsichtlich der Fälligkeitsvoraussetzungen widersprüchlich gewesen und habe bezüglich der Beurkundung ohne vorherige Einsichtnahme in das Grundbuch den Erfordernissen des § 21 Abs. 1 Satz 2 BeurkG nicht genügt. Pflichtgemäß belehrt hätte der Kläger den Kaufpreis allenfalls auf ein Notaranderkonto geleistet. Falls dann nach einem Jahr immer noch keine Löschungsbewilligung für die Grundschuld vorgelegen hätte, wäre der Kläger vom Vertrag zurückgetreten und hätte den Kaufpreis noch vor Änderung d es Fördergebietsgesetzes mit dem gleichen Steuervorteil anderweitig angelegt.
Der Schaden werde durch den Wert der vom Kläger erwor benen Eigentumswohnungen nicht ausgeglichen oder gemindert; denn die Grundschuld sei bislang nicht gelöscht worden. Der Kläger sei ferner nicht verpflichtet, die vom
Beklagten angebotene Löschungsbewilligung anzunehmen. Denn dieser habe es versäumt, das - vom Kläger bestrittene - Vorliegen der Löschungsbewilligung zu beweisen.
Der Beklagte müsse dem Kläger auch den Schaden ersetzen, der infolge des zwischenzeitlichen Wertverfalls der Immobilien in den neuen Bundesländern seit 1996 eingetreten sei. Vom Schutzzweck der Haftungsnorm sei es gedeckt, wenn der Kläger seinen Schadensersatzanspruch nicht deshalb verliere , weil das erworbene Objekt nachträglich aus Gründen wertlos werde, die mit denjenigen, derentwegen er Schadensersatz von dem Beklagten verlange, nicht unmittelbar zusammenhingen.
Die eingeklagten 153.387,56 € (= 300.000 DM) Schaden sersatz minderten sich allerdings um 12.782,30 € (= 25.000 DM). Denn der Kläger habe insoweit durch Verrechnung mit Honorarforderungen von H. Kompen- eine sation erhalten. Das hiergegen gerichtete Berufungsvorbringen des Klägers sei nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO und mangels Substantiierung unbeachtlich.

II.


Revision des Beklagten
Das Berufungsurteil hält der Prüfung auf Rechtsfehler zum Nachteil des Beklagten nicht in allen Punkten stand.
1. Dem Berufungsgericht ist insoweit beizutreten, als es angenommen hat, der Beklagte habe dem Kläger wegen schuldhafter Verletzung notarieller Amtspflichten Schadensersatz zu leisten (§ 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO). Der Beklagte ist bei der am 18. Juli 1995 erfolgten Beurkundung des Kaufvertrages der ihm gegenüber dem Kläger obliegenden Hinweispflicht (§ 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG) nicht nachgekommen.

a) Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG hat der Notar den Wi llen der Beteiligten zu erforschen, den Sachverhalt zu klären und über die rechtliche Tragweite des Geschäfts zu belehren. Diese Belehrungspflicht umfaßt bei Grundstücksgeschäften , insbesondere bei Grundstückskaufverträgen, die Unterrichtung über das Bestehen von Belastungen. Geht der Wille der Parteien auf Verschaffung lastenfreien Eigentums, gehört das Vorhandensein von Belastungen zur rechtlichen Tragweite; denn der Erfolg des Geschäfts ist ein anderer je nachdem, ob der Erwerber volles oder belastetes Eigentum erwirbt (vgl. Ganter in Zugehör/Ganter/Hertel, Handbuch der Notarhaftung 2004 Rn. 1057 unter Hinweis auf BGH, Urteile vom 12. Juli 1968 - VI ZR 91/66 - DNotZ 1969, 173, 174 und vom 19. Dezember 1991 - IX ZR 8/91 - DNotZ 1992, 457, 458).

b) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Beru fungsgerichts belehrte der Beklagte den Kläger nicht in dem vorbeschriebenen gebotenen Umfang über die Belastungen, die auf dem zu erwerbenden Wohnungseigentum ruhten, und die daraus für den Käufer herrührenden Gefahren.
aa) Der Kläger konnte der in der notariellen Verhan dlung errichteten Vertragsurkunde nicht entnehmen, daß das Grundstück mit einer Grundschuld in Höhe von 850.000 DM belastet war. Im Vertragstext finden sich zwar verein-
zelt Anhaltspunkte für das Bestehen von (Vor-)Belastungen. In § 1 Nr. 2 Satz 1 des Kaufvertrages war niedergelegt, daß die Löschung der "Rechte Abteilung II u. III" beantragt werde, soweit sie auf den verkauften Wohnungen lasteten. Der Verkäufer verpflichtete sich zur "lastenfreien" Übertragung des Wohnungseigentums und haftete insoweit auf Gewährleistung (§ 2 Abs. 1, § 12 Nr. 1 Satz 1 des Kaufvertrages). Die "Freistellungserklärung für Grundpfandrechtsgläubiger" war nach § 5 Nr. 1 Satz 2 des Kaufvertrages "allgemeine Fälligkeitsvoraussetzung". Nirgends war aber klargelegt, welche Grundpfandrechte in welcher Höhe an dem Grundstück bestanden; jedenfalls ein in Fragen des Grundstücksrechts nicht geschulter Laie (vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 1991 aaO), wie hier der Kläger, konnte nicht erkennen, daß die veräußernde I. - neben der Finanzierung der Renovierung - eine erhebliche Grundschuld ablösen mußte, um lastenfreies Eigentum verschaffen zu können.
bb) Der Beklagte gab dem Kläger auch nicht mündlich Au fschluß über die vorgenannte Belastung, obgleich sie ihm bekannt war. In der notariellen Verhandlung beschränkte er sich, wie das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf das landgerichtliche Urteil festgestellt hat, auf das schnelle Verlesen der Urkunde.
cc) Im Streitfall hatte der Notar besonderen Anlaß, ü ber die vorhandene Grundstücksbelastung zu belehren und dem Käufer zu raten, den Kaufpreis nur dann zu zahlen, wenn - Zug um Zug - die Löschung der Grundschuld gesichert war. Das Berufungsgericht hat die in dem Kaufvertrag getroffene Fälligkeitsregelung zu Recht für teilweise widersprüchlich angesehen; sie barg jedenfalls die Möglichkeit eines Mißverständnisses.
§ 5 Nr. 1 Satz 2 des Kaufvertrages sah "allgemeine Fäll igkeitsvoraussetzungen" - die Vorlage aller für den Vertrag erforderlichen Genehmigungen und die entsprechende Mitteilung des Notars, die Eintragung einer Auflassungsvormerkung und die "Freistellungserklärung für Grundpfandrechtsgläubiger" - vor. Weiter waren durch § 5 Nr. 1 Satz 3 des Kaufvertrages "folgende Fälligkeiten" für den Grundstücks- und Gebäudeanteil "alt" und die Renovierungskosten bestimmt. Die Zahlung des Grundstücks- und Gebäudeanteils "alt" (vgl. § 4 des Kaufvertrages) sollte zwei Wochen nach Erfüllung der "allgemeinen Fälligkeitsvoraussetzungen" erfolgen (§ 5 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a in Verbindung mit § 5 Nr. 1 Satz 2 des Kaufvertrages). Im Gegensatz dazu wurde in § 5 Nr. 1 Satz 3 Buchst. b des Kaufvertrages festgelegt, daß die Renovierungskosten - prozentual aufgeteilt - binnen zwei Wochen nach Aufforderung "nach Abschluß des Vertrages", nach Fertigstellung bestimmter Arbeiten und am Tag der Schlüsselübergabe fällig sein sollten. Das Verhältnis dieser Fälligkeitsregelung zu den "allgemeinen Fälligkeitsvoraussetzungen", insbesondere zu der Voraussetzung, daß eine Auflassungsvormerkung eingetragen und eine "Freistellungserklärung für Grundpfandrechtsgläubiger" vorliegen sollte, war im Vertrag durch die Verknüpfung der Regelungen des § 5 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a und b durch das Wort "danach" nicht hinreichend klargestellt. Damit bestand die Möglichkeit, daß sich der Käufer auf entsprechende Aufforderung des Verkäufers veranlaßt sah, "nach Vertragsschluß" oder "nach Fertigstellung" - ohne durch Auflassungsvormerkung und Löschungsbewilligung abgesichert zu sein, daß er lastenfreies Wohnungseigentum erhielt - den Kaufpreis ganz oder teilweise zu zahlen. Dem hätte der Beklagte entgegenwirken müssen, indem er auf diese Gefahr hinwies und - im Rahmen der ihm gegenüber beiden Vertragsparteien obliegenden Formulierungspflicht (§ 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG; vgl. Senatsurteil vom 4. März 2004 - III ZR 72/03 - ZIP 2004, 719, 722, vorge-
sehen zum Abdruck in BGHZ; BGH, Urteil vom 26. Juni 1997 - IX ZR 163/96 - VersR 1998, 115, 116; Winkler, BeurkG 15. Aufl. 2003 § 17 Rn. 274) - eine die Zug-um-Zug-Leistung unzweideutig regelnde vertragliche Bestimmung vorschlug.

c) Die vorbeschriebene - fahrlässige - Verletzung des § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG war schadensursächlich.
Die unterbliebene Belehrung war adäquat kausal dafür , daß der Kläger 300.000 DM an dieI. zahlte, ohne im Gegenzug lastenfreies Eigentum zu erwerben. Denn nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist davon auszugehen, daß der Kläger bei pflichtgemäßer Belehrung nicht ungesichert vorgeleistet hätte.

d) Zu Unrecht leugnet die Revision den Zurechnungszusamme nhang. Sie macht geltend, der Schaden sei allein dadurch eingetreten, daß der Kläger, ohne Rücksprache mit dem Beklagten zu halten, den Kaufpreis gezahlt habe, obwohl die "allgemeinen Fälligkeitsvoraussetzungen" (noch) nicht vorgelegen hätten.
Der Zurechnungszusammenhang zwischen der haftungsbegründen den Handlung und dem eingetretenen Schaden kann fehlen, wenn der Geschädigte in ungewöhnlicher und unsachgemäßer Weise in den Geschehensablauf eingreift und eine weitere Ursache setzt, die den Schaden erst endgültig herbeiführt. Eine solche "Unterbrechung" der durch die Verletzung notarieller Amtspflichten ausgelösten Ursachenkette tritt allerdings nicht ein, wenn für die Zweithandlung des Geschädigten ein rechtfertigender Anlaß bestand oder die-
se durch das haftungsbegründende Ereignis herausgefordert wurde und eine nicht ungewöhnliche Reaktion auf ein Ereignis darstellt (Ganter aaO Rn. 2218; vgl. BGH, Urteile vom 26. Juni 1997 aaO S. 116 f und 29. März 2001 - IX ZR 445/98 - NJW-RR 2001, 1639, 1641). So liegt der Streitfall. Die Fälligkeit des Kaufpreises war - wie bereits dargelegt - in § 5 Nr. 1 Satz 2 und 3 des Kaufvertrages nicht unmißverständlich geregelt. Bezüglich der "Renovierungskosten", die den weitaus größten Teil des Kaufpreises (jeweils 119.089,14 DM von 150.000 DM, vgl. § 4 des Kaufvertrages) ausmachten, war nicht hinreichend klargestellt, ob sie (anteilig) bereits nach Abschluß des Vertrages, Fertigstellung bestimmter Arbeiten und Schlüsselübergabe fällig waren (§ 5 Nr. 1 Satz 3 Buchst. b) oder ob zusätzlich die "allgemeinen Fälligkeitsvoraussetzungen" nach § 5 Nr. 1 Satz 2 des Kaufvertrages erfüllt sein mußten. Darüber hinaus mußte sich dem Kläger mangels Unterrichtung über die erhebliche Belastung des Kaufgegenstandes mit Grundpfandrechten nicht aufdrängen, daß der Erwerb lastenfreien Eigentums gefährdet sein könnte, wenn er einer Aufforderung des Verkäufers, den Kaufpreis zu zahlen, nachkam. Unter diesen Umständen kann es nicht als unvertretbares und damit nicht zurechenbares Verhalten angesehen werden, wenn der Kläger nach - von der I. behaupteter (Schreiben vom 27. Juli und 4. Dezember 1995) - Fälligkeit des Anteils für das vorhandene Altgebäude und für die Renovierung "nach Vertragsschluß", wegen des restlichen Kaufpreises "nach Fertigstellung Ihrer Wohnungen", den Kaufpreis vollständig zahlte. Dies schließt nicht aus, daß dem Kläger ein Mitverschulden anzulasten sein könnte.
2. Mit dem Berufungsgericht ist demnach ein Schadensersatzanspruch gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO dem Grunde nach zu bejahen; den weiteren
Erwägungen zur Schadensbemessung ist indes nicht in allen Punkten zu folgen.

a) Ausgangspunkt für die Ermittlung des Vermögensschadens aus einer notariellen Amtspflichtverletzung ist die sogenannte Differenzhypothese. Der Verletzte ist grundsätzlich so zu stellen, wie er stünde, wenn die Amtspflichtverletzung unterblieben wäre (vgl. BGH, Urteil vom 9. November 2000 - IX ZR 310/99 - NJW-RR 2001, 1428 m.w.N.; Ganter aaO Rn. 2246). Maßgebender Zeitpunkt für den Vermögensvergleich ist im Schadensersatzprozeß die letzte mündliche Tatsachenverhandlung (BGH aaO).

b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wäre der Kläger im Fall amtspflichtgemäßer Belehrung bei seinem Kaufentschluß geblieben; er hätte aber seinen Anspruch auf Übertragung lastenfreien Wohnungseigentums durch die Vereinbarung eines Notaranderkontos oder eine sonstige Zug-umZug -Regelung gesichert. Nachdem sich dann im Jahre 1996 herausgestellt hätte, daß die I. den Verschaffungsanspruch nicht würde erfüllen können , wäre der Kläger vom Kaufvertrag zurückgetreten. Er hätte den treuhänderisch verwahrten oder noch nicht gezahlten Kaufpreis in Höhe von 300.000 DM - rechtzeitig vor der Änderung des Fördergebietsgesetzes - für eine andere Anlage in den neuen Bundesländern verwandt und denselben Steuervorteil erzielt. Der Kläger hätte demnach einen Schaden erlitten, wenn für die von ihm - fiktiv - anderweit erworbene "Ost-Immobilie" ein höherer Wert anzunehmen wäre als derjenige, den die von derI. erworbenen zwei Eigentumswohnungen haben, jeweils bezogen auf den Zeitpunkt der Berufungsverhandlung; der Schaden läge in der Differenz zwischen diesen Werten.
aa) Das Berufungsgericht hat den Wert der im Jahr 1996 hypothetisch erworbenen "Ost-Immobilie" zur Zeit der Berufungsverhandlung (28. Mai 2003) offenbar in Höhe von 300.000 DM, also in Höhe der Anschaffungskosten, angesetzt. Zwar wäre bei einer solchen Immobilie - wie allgemein bei Immobilien in den neuen Bundesländern - in der Zeit seit 1996 ein Wertverfall eingetreten. Hierfür müsse der Beklagte entsprechend den in BGHZ 123, 106, 113 f niedergelegten Grundsätzen jedoch ebenfalls einstehen. Vom Schutzzweck der Haftungsnorm her verliere der geschädigte Anleger danach seinen Schadensersatzanspruch nicht deshalb, weil das erworbene Objekt nachträglich aus Gründen wertlos werde, die mit denjenigen, deretwegen er Schadensersatz beanspruchen könne, nicht unmittelbar zusammenhingen.
bb) Gegen diese Erwägungen bestehen durchgreifende re chtliche Bedenken. Die von dem Berufungsgericht herangezogene Entscheidung betraf das Recht des Anlageinteressenten zur Selbstbestimmung über die Verwendung seines Vermögens. Der Anleger hätte, von dem Prospektverantwortlichen pflichtgemäß aufgeklärt, die Anlage nicht erworben. Er kann, wenn der Prospektverantwortliche schuldhaft handelte, verlangen, auf dem Schadensersatzwege so gestellt zu werden, als hätte er die Anlage nicht getätigt. Der von dem Schutzbereich der Verhaltensnorm (Aufklärungspflicht) umfaßte Schaden besteht in dem Betrag, den er für den Erwerb der später vom Wertverfall betroffenen Anlage aufgewendet hat, ohne daß es ausschlaggebend darauf ankäme, ob sich gerade die im Prospekt verschwiegene Gefahr als solche verwirklichte (vgl. BGHZ aaO S. 111 ff).
Hier ging es indes nicht um die vorgenannte Selbstbestim mung der Entscheidung für oder gegen eine Anlage. Der Kläger hätte auch bei pflichtgemä-
ßer Aufklärung von dem Kauf der Eigentumswohnungen von der I. nicht Abstand genommen. Er hätte seinen Anspruch auf die Gegenleistung durch eine Anderkonto- oder sonstige Zug-um-Zug-Abrede gesichert. Den Anlagebetrag hätte er, wenn der Kaufvertrag mit der I. scheiterte, nicht "auf die hohe Kante" gelegt; in weiterer Verfolgung seines Ziels, Steuern zu sparen, hätte er in eine andere, ebenfalls nach dem Fördergebietsgesetz begünstigte Immobilie investiert. Das allgemeine Risiko des Wertverlusts ist aber ein für Anlagen in Immobilien typisches Risiko, das der Anleger - hier also der Kläger - tragen muß; der Beklagte muß dafür nicht unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks der Haftungsnorm einstehen.
cc) Ist jedoch bei dem Vermögensvergleich, wie von der Revi sion gefordert , der Wertverfall der - fiktiv - von dem Kläger anderweit angeschafften Immobilie zu berücksichtigen, hat die Schadensbemessung des Berufungsgerichts keinen Bestand. Denn zu dem sich dann ergebenden Verkehrswert der anstelle der Eigentumswohnungen der I. (hypothetisch) erworbenen "OstImmobilie" zur Zeit der letzten Verhandlung vor dem Tatrichter hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - Feststellungen nicht getroffen.
3. Das Berufungsgericht hat in der neuen mündlichen Verhandlung Gelegenheit , die vorbeschriebenen Feststellungen nachzuholen und auf die weiteren Beanstandungen der Revision einzugehen.

III.


Revision des Klägers
Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler die von dem K läger geltend gemachte Schadensersatzforderung in Höhe von mehr als 140.605,26 € (= 275.000 DM) für nicht gerechtfertigt gehalten. In Höhe von 12.782,30 € (= 25.000 DM) hat der Kläger einen Ausgleich erhalten. Gemäß einer mit H. getroffenen Vereinbarung wurde ein Teil des Schadens dadurch kompensiert , daß H. auf Honorar für steuerberatende Tätigkeit im Wert von 25.000 DM verzichtete. Die Würdigung des Berufungsgerichts, daß diese Verrechnungsabrede für die Klageforderung und nicht für darüber hinausgehende, nicht hinreichend substantiierte Schadenspositionen gegolten habe, ist im Rahmen der revisionsmäßigen Prüfung hinzunehmen. Der Senat sieht gemäß § 564 Satz 1 ZPO von einer Begründung ab.
Schlick Streck Richter am Bundesgerichtshof Dr. Kapsa ist infolge Urlaubsabwesenheit gehindert zu unterschreiben. Schlick Galke Herrmann

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 06. Mai 2004 - III ZR 247/03

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(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie1.einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht

Zivilprozessordnung - ZPO | § 564 Keine Begründung der Entscheidung bei Rügen von Verfahrensmängeln


Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

Bundesnotarordnung - BNotO | § 19 Amtspflichtverletzung


(1) Verletzt der Notar vorsätzlich oder fahrlässig die ihm anderen gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er diesen den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Notar nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen w
Bundesgerichtshof Urteil, 06. Mai 2004 - III ZR 247/03 zitiert 4 §§.

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(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie1.einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht

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Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

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(1) Verletzt der Notar vorsätzlich oder fahrlässig die ihm anderen gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er diesen den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Notar nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn die Verletzten nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermögen; das gilt jedoch nicht bei Amtsgeschäften der in §§ 23, 24 bezeichneten Art im Verhältnis zwischen dem Notar und seinen Auftraggebern. Im übrigen sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Schadensersatzpflicht im Fall einer von einem Beamten begangenen Amtspflichtverletzung entsprechend anwendbar. Eine Haftung des Staates an Stelle des Notars besteht nicht.

(2) Hat ein Notarassessor bei selbständiger Erledigung eines Geschäfts der in §§ 23, 24 bezeichneten Art eine Amtspflichtverletzung begangen, so haftet er in entsprechender Anwendung des Absatzes 1. Hatte ihm der Notar das Geschäft zur selbständigen Erledigung überlassen, so haftet er neben dem Assessor gesamtschuldnerisch; im Verhältnis zwischen dem Notar und dem Assessor ist der Assessor allein verpflichtet. Durch das Dienstverhältnis des Assessors zum Staat (§ 7 Abs. 3) wird eine Haftung des Staates nicht begründet. Ist der Assessor als Notarvertretung des Notars tätig gewesen, so bestimmt sich die Haftung nach § 46.

(3) Für Schadensersatzansprüche nach Absatz 1 und 2 sind die Landgerichte ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes ausschließlich zuständig.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Verletzt der Notar vorsätzlich oder fahrlässig die ihm anderen gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er diesen den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Notar nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn die Verletzten nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermögen; das gilt jedoch nicht bei Amtsgeschäften der in §§ 23, 24 bezeichneten Art im Verhältnis zwischen dem Notar und seinen Auftraggebern. Im übrigen sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Schadensersatzpflicht im Fall einer von einem Beamten begangenen Amtspflichtverletzung entsprechend anwendbar. Eine Haftung des Staates an Stelle des Notars besteht nicht.

(2) Hat ein Notarassessor bei selbständiger Erledigung eines Geschäfts der in §§ 23, 24 bezeichneten Art eine Amtspflichtverletzung begangen, so haftet er in entsprechender Anwendung des Absatzes 1. Hatte ihm der Notar das Geschäft zur selbständigen Erledigung überlassen, so haftet er neben dem Assessor gesamtschuldnerisch; im Verhältnis zwischen dem Notar und dem Assessor ist der Assessor allein verpflichtet. Durch das Dienstverhältnis des Assessors zum Staat (§ 7 Abs. 3) wird eine Haftung des Staates nicht begründet. Ist der Assessor als Notarvertretung des Notars tätig gewesen, so bestimmt sich die Haftung nach § 46.

(3) Für Schadensersatzansprüche nach Absatz 1 und 2 sind die Landgerichte ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes ausschließlich zuständig.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 72/03
Verkündet am:
4. März 2004
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Bei der sukzessiv erfolgenden Beurkundung von Vertragsangebot und
-annahme kann dem sogenannten Zentralnotar, der nur die Vertragsannahme
beurkundet, gegenüber dem Anbietenden eine betreuende Belehrungspflicht
bezüglich zwischenzeitlich eingetragener Belastungen obliegen.
BGH, Urteil vom 4. März 2004 - III ZR 72/03 - OLG München
LG München I
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Januar 2004 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten zu 1 wird zurückgewiesen.
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Teilend- und Grundurteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 20. Februar 2003 teilweise aufgehoben und das Urteil des Landgerichts München I, 24. Zivilkammer, vom 7. August 2002 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt: Die Klage gegen den Beklagten zu 2 wird abgewiesen.
Die Klage gegen den Beklagten zu 1 ist in bezug auf den hauptsächlich gestellten Zahlungsantrag dem Grunde nach gerechtfertigt.
Es wird festgestellt, daß der Beklagte zu 1 verpflichtet ist, über den mit dem hauptsächlich gestellten Zahlungsantrag begehrten Schadensersatz hinaus dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der ihm dadurch entstand und noch entsteht, daß der Beklagte zu 1 ihn nicht anläßlich der Beurkundung der Annahme darüber unterrichtete, daß das von ihm zu erwerbende Wohnungseigentum mit einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (Be- schränkung der Nutzung auf Studentenwohnungen mit Büros und Läden) zugunsten der Stadt N. belastet war.
Der Kläger hat die Hälfte der Gerichtskosten erster Instanz und die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 zu tragen.
Die Sache wird zur Verhandlung und Entscheidung über den Betrag des Anspruchs und die übrigen Kosten, einschließlich der Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die I. Wohnbau GmbH (im folgenden: I. ) beabsichtigte, auf einem Grundstück in N. ein Wohngebäude zu errichten. Die Wohnungen sollten als Eigentumswohnungen an Kapitalanleger veräußert werden. Der in N. ansässige erstbeklagte Notar wirkte an dem Vorhaben als sogenannter Zentralnotar mit. Er entwarf für die I. ein Angebot zum Kauf einer solchen Eigentumswohnung, das der Kapitalanleger an die I. richten und das von einem Notar am Wohnsitz des Anlegers (sogenannter Ortsnotar) beurkundet werden sollte.
Der Kläger gab auf der Grundlage des Entwurfs des Beklagten zu 1 am 27. November 1992 ein Kaufangebot vor Notar Dr. K. in Sch. ab. Am 23. Dezember 1992 erklärte die I. zur Urkunde des Beklagten zu 1 die Annahme des Kaufangebotes. Entsprechend den Vorgaben des Angebots beantragte der Beklagte zu 1 am 13. Mai 1993 die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten des Klägers, was am 17. August 1993 geschah. Am 27. September 1995 erklärte die I. vor dem Beklagten zu 1 - im eigenen Namen sowie in Vertretung des Klägers - die Auflassung. Die hierüber errichtete Urkunde genehmigte der Kläger am 16. November 1995 unter Verwendung eines von dem Beklagten zu 1 vorbereiteten Entwurfs. Am 7. November 1997 wurde der Kläger als Eigentümer eingetragen.
Die Stadt N. hatte am 18. Dezember 1992 das Bauvorhaben der I. unter der Auflage genehmigt, daß im Grundbuch eine Nutzungseinschränkung auf Studentenwohnungen eingetragen werde. Der Beklagte zu 1 hatte bereits zuvor eine Erklärung der I. entworfen, in der es hieß:
"Der jeweilige Eigentümer des Grundstücks ... verpflichtet sich gegenüber der Stadt N. , das auf dem Grundstück zur Erstellung kommende Anwesen als Studentenwohnungen mit Büros und Läden für immer zu benutzen und zu betreiben. Zur Sicherung dieser Verpflichtung wird zugunsten der Stadt N. an dem vorgenannten Grundbesitz die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit bewilligt und beantragt."
Der Geschäftsführer der I. unterzeichnete die Erklärung am 20. November 1992; die Unterschrift wurde von dem früheren Beklagten zu 2 - in seiner Eigenschaft als amtlich bestellter Vertreter des Beklagten zu 1 - beglaubigt. Mit Schreiben vom 1. Dezember 1992 legte der Beklagte zu 1 die Erklärung der
I. dem Grundbuchamt vor mit der Bitte um Vollzug. Die Dienstbarkeit wurde am 9. Dezember 1992 im Grundbuch eingetragen.
Das am 27. November 1992 gemäß dem Entwurf des Beklagten zu 1 beurkundete Kaufangebot des Klägers sah vor, daß der zu erwerbende Grundbesitz , abgesehen von einer noch einzutragenden Kfz-Dienstbarkeit, in Abteilung II des Grundbuchs "frei" von Belastungen sein sollte. Der Beklagte zu 1 unterrichtete den Kläger weder anläßlich der Beurkundung der Annahme des Kaufangebotes durch die I. am 23. Dezember 1992, der Beantragung der Auflassungsvormerkung am 13. Mai 1993, der Beurkundung der Auflassung am 27. September 1995 noch anläßlich deren Genehmigung am 16. November 1995 über die dinglich gesicherte Nutzungsbeschränkung.
Gestützt auf Gewährleistungsansprüche forderte der Kläger von der I. Schadensersatz. Er verklagte sie und verkündete in jenem Rechtsstreit den Beklagten den Streit. Im Hinblick auf einen als Musterprozeß geführten Rechtsstreit eines anderen Anlegers wurde auf übereinstimmenden Antrag der Parteien das Ruhen jenes Verfahrens angeordnet. In dem Musterverfahren hob der Bundesgerichtshof durch Urteil vom 30. Juni 2000 (V ZR 156/99) das klageabweisende Urteil des Berufungsgerichts auf und sprach den dortigen Klägern einen - der Höhe nach noch zu klärenden - Schadensersatzanspruch gegen die I. zu. Diese beantragte daraufhin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Das Amtsgericht M. entsprach dem Antrag durch Beschluß vom 4. Juli 2000. Der Rechtsstreit des Klägers gegen die I. ist seitdem unterbrochen.
Mit der am 21. November 2001 eingereichten Klage verlangt der Kläger von dem Beklagten zu 1 Schadensersatz wegen Verletzung notarieller Amtspflichten. Der Beklagte zu 1 habe es versäumt, ihn auf die Belastung des Wohnungseigentums mit einer nutzungsbeschränkenden Dienstbarkeit hinzuweisen. Der Kläger begehrt Zahlung von 153.530,56 300.279,69 DM) nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung des Wohnungseigentums sowie Feststellung , daß der Beklagte zu 1 verpflichtet ist, ihm den darüber hinaus entstehenden Schaden aus dem Erwerb der Eigentumswohnung zu ersetzen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat der Kläger für den Fall, daß der in erster Linie gestellte Antrag auf Zahlung von 153.530,56 ! !" # $ &%(' ) igentums unzulässig sein sollte, beantragt, den Beklagten zu 1 zu verurteilen, 130.522,43 255.279,69 DM) nebst Zinsen ohne Zug-um-Zug-Einschränkung zu zahlen. Das Berufungsgericht hat den Hilfsantrag dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und dem Feststellungsantrag zum Teil stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte zu 1 seinen Antrag, die Klage insgesamt abzuweisen, weiter. Der Kläger hat Anschlußrevision eingelegt mit dem Antrag, den Beklagten entsprechend dem Hauptantrag zur Zahlung Zug um Zug zu verurteilen und dem Feststellungsantrag in vollem Umfang stattzugeben.

Entscheidungsgründe


Die Revision des Beklagten zu 1 ist unbegründet; die Anschlußrevision des Klägers ist dagegen begründet. Die Klage gegen den Beklagten zu 1 ist
hinsichtlich des hauptsächlich gestellten Zahlungsantrages dem Grunde nach gerechtfertigt; der Feststellungsantrag ist in vollem Umfang begründet.

I.


Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Der hauptsächlich gestellte Antrag auf Zahlung Zug um Zug gegen Übertragung des Wohnungseigentums sei unbegründet. Der Kläger könne nicht Schadensersatz in Gestalt von Naturalrestitution und deshalb keine Zugum -Zug-Verurteilung verlangen.
Der Hilfsantrag sei dem Grunde nach gerechtfertigt, weil der Beklagte zu 1 Schadensersatz wegen notarieller Amtspflichtverletzung (§ 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO) schulde. Der Beklagte zu 1 habe es amtspflichtwidrig und schuldhaft unterlassen, den Kläger über die am 9. Dezember 1992 eingetragene Dienstbarkeit zu unterrichten. Eine Belehrungspflicht habe zwar nicht im Zusammenhang mit der am 23. Dezember 1992 erfolgten Beurkundung der Erklärung von I. , das Kaufangebot des Klägers annehmen zu wollen, bestanden ; der Kläger sei insoweit nicht Beteiligter (§§ 6 Abs. 2, 17 Abs. 1 BeurkG) gewesen. Der Beklagte zu 1 habe den Kläger aber anläßlich des Antrages auf Eintragung der Auflassungsvormerkung am 13. Mai 1993 über die Dienstbarkeit unterrichten müssen. Der Kläger sei an dieser Amtshandlung mittelbar beteiligt gewesen. Die Belastung des Grundstücks mit einer dinglich gesicherten Nutzungsbeschränkung sei ein ihm unbekannter Rechtsmangel der Kaufsache gewesen. Ersichtlich habe der Kläger ein Interesse daran gehabt , die tatsächlichen Grundlagen für die Ausübung seiner vertraglichen Rechte (§§ 434, 440, 320, 326 BGB a.F.) zu erlangen.
Dem Kläger sei durch diese Amtspflichtverletzung ein Schaden entstanden. Hätte er bei der Beantragung der Auflassungsvormerkung am 13. Mai 1993 von der Dienstbarkeit erfahren, wäre er vom Kaufvertrag zurückgetreten und hätte zumindest weitere Kaufpreiszahlungen vermieden.
Der Schadensersatzanspruch sei nicht verjährt. Da es sich bei der Beantragung der Auflassungsvormerkung nicht um ein selbständiges Betreuungsgeschäft gehandelt habe, habe der Kläger zunächst einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit nachgehen, das heißt seine Rechte gegen die I. geltend machen müssen. Erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der I. am 4. Juli 2000 - weniger als drei Jahre vor Einreichung der Klage am 21. November 2001 - habe festgestanden, daß eine anderweitige Ersatzmöglichkeit nicht bestehe.
Der Beklagte zu 1 habe den Kläger über das Bestehen der Dienstbarkeit ferner im Zusammenhang mit der Beurkundung der Auflassung am 27. September 1995 und deren Genehmigung durch den Kläger am 16. November 1995 unterrichten müssen. Durch die unterbliebene Unterrichtung sei dem Kläger jedenfalls insoweit ein Schaden entstanden, als nach dem 27. September 1995 noch "schadensstiftende stornierbare Verfügungen" des Klägers angefallen seien.

II.


Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Prüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.

1. Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, daß der Beklagte zu 1 dem Kläger dem Grunde nach Schadensersatz zu leisten hat wegen schuldhafter Verletzung notarieller Amtspflichten (§ 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO).

a) Zu Recht beanstandet aber die Anschlußrevision, daß das Berufungsgericht eine Amtspflichtverletzung des Beklagten zu 1 bei der am 23. Dezember 1992 erfolgten Beurkundung der Annahmeerklärung der I. verneint hat. Der Beklagte zu 1 verletzte bei diesem Urkundsgeschäft eine ihm gegenüber dem Kläger obliegende Hinweis- und Formulierungspflicht (§§ 17 Abs. 1 BeurkG, 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO).
aa) Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG hat der Notar den Willen der Beteiligten zu erforschen, den Sachverhalt zu klären und über die rechtliche Tragweite des Geschäfts zu belehren. Damit soll gewährleistet werden, daß die zu errichtende Urkunde den Willen der Parteien vollständig sowie inhaltlich richtig und eindeutig wiedergibt. Demzufolge hat der Notar die Beteiligten über die rechtliche Bedeutung ihrer Erklärungen sowie die Voraussetzungen für den Eintritt der bezweckten Rechtsfolge in dem Umfang zu belehren, wie es zur Errichtung einer dem wahren Willen entsprechenden rechtsgültigen Urkunde erforderlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 2. November 1995 - IX ZR 15/95 - NJW 1996, 522, 523 m.w.N.). Bestehen Zweifel, ob das Geschäft den wahren Willen der Beteiligten entspricht, so sollen die Bedenken mit den Beteiligten erörtert werden (§ 17 Abs. 2 Satz 1 BNotO).
Die vorgenannten Aufklärungs- und Belehrungspflichten beschränken sich allerdings, wenn allein die Annahme eines vorgegebenen Vertragsange-
bots beurkundet werden soll, grundsätzlich auf die rechtliche Bedeutung der Annahme; der Inhalt des Vertragsangebotes gehört nicht zur rechtlichen Tragweite dieses Urkundsgeschäfts (vgl. BGHZ 125, 218, 223 f; BGH, Urteil vom 24. Juni 1993 - IX ZR 216/92 - NJW 1993, 2747, 2750; Sandkühler in Arndt/ Lerch/Sandkühler, BNotO 5. Aufl. 2003 § 14 Rn. 141; Ganter in Zugehör/Ganter /Hertel, Handbuch der Notarhaftung 2004 Rn. 979, 1462). Der die Annahme beurkundende Notar schuldet aber den an diesem Urkundsgeschäft Beteiligten eine "betreuende Belehrung" (§ 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO), wenn er bei gebotener Sorgfalt erkennen kann, daß der mit der Annahme bewirkte Vertragsschluß ihre Vermögensinteressen gefährdet (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 1993 aaO). So liegt der Streitfall.
bb) Der Kläger war mittelbar Beteiligter an der von dem Beklagten zu 1 beurkundeten Annahmeerklärung der I. .
Die aus § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG erwachsende Pflicht zur Rechtsbelehrung obliegt dem Notar gegenüber den formell an der Beurkundung Beteiligten (unmittelbar Beteiligten; BGH, Urteil vom 8. Juli 1993 - IX ZR 222/92 - NJW 1993, 2617, 2618, insoweit in BGHZ 123, 178 nicht abgedruckt). Das sind gemäß § 6 Abs. 2 BeurkG die Erschienenen, deren im eigenen oder fremden Namen abgegebene Erklärungen beurkundet werden sollen.
Ausnahmsweise können jedoch auch gegenüber anderen Personen, die nicht formell (unmittelbar), wohl aber mittelbar Beteiligte sind, Belehrungspflichten nach §§ 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG, 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO bestehen (vgl. Ganter aaO Rn. 1113 ff, 1282). Mittelbar Beteiligter ist insbesondere, wer im eigenen Interesse bei der Beurkundung anwesend ist, weil er aus dem be-
urkundeten Rechtsgeschäft verpflichtet werden oder Rechte erwerben soll (vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 1991 - IX ZR 8/91 - NJW-RR 1992, 393, 395); wer von den unmittelbar Beteiligten zu der Beurkundung hinzugezogen wird, um ihn "faktisch einzubinden" (vgl. Ganter aaO Rn. 1116 unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 9. Januar 2003 - IX ZR 422/99 - NJW 2003, 1940 f); ferner, wer sich aus Anlaß der Beurkundung an den Notar gewandt und ihm eigene Belange anvertraut hat (vgl. BGHZ 58, 343, 353; BGH, Urteile vom 30. Juni 1981 - VI ZR 197/79 - NJW 1981, 2705 und vom 29. September 1981 - VI ZR 2/80 - DNotZ 1982, 384, 385).
Der Kläger kann aufgrund der besonderen Ausgestaltung des Beurkundungsverfahrens (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 1981 aaO S. 2706) der zuletzt genannten Fallgruppe zugerechnet werden.
(1) Das hier von dem Beklagten zu 1 als sogenannter Zentralnotar mitgestaltete Beurkundungsverfahren barg wegen der sukzessiv erfolgenden Beurkundung von Vertragsangebot und -annahme von vornherein die Gefahr, daß zwischenzeitlichen Änderungen der Sachlage, insbesondere zwischenzeitlich im Grundbuch eingetragenen Belastungen, nicht Rechnung getragen wurde. Nach dem von ihm vorbereiteten Entwurf des Kaufangebotes sollte der Ortsnotar das Grundbuch nicht einsehen; im Streitfall hätte er die am 1. Dezember 1992 - also nach der Beurkundung des Kaufangebotes am 27. November 1992 - beantragte und am 9. Dezember 1992 eingetragene Dienstbarkeit auch nicht durch Einsicht in das Grundbuch feststellen können. Es kam insoweit alles auf den Beklagten zu 1 an, der als Zentralnotar das Geschehen umfassend überblicken und steuern konnte.
(2) Für den Beklagten zu 1 lag bei der Beurkundung der Annahmeerklärung am 23. Dezember 1992 auf der Hand, daß der von dem Kläger und der I. angestrebte Kaufvertrag die nach der Abgabe des Vertragsangebotes im Grundbuch eingetragene Belastung mit einer nutzungsbeschränkenden Dienstbarkeit nicht berücksichtigte. Der vom Kläger mit Urkunde vom 27. November 1992 angebotene Kaufvertrag sah bezüglich der Belastungen des zu erwerbenden Grundbesitzes vor:
"Der ... Grundbesitz wird wie folgt belastet sein: Abteilung II: frei Abteilung III: ... Buchgrundschuld ... In Abteilung II des Grundbuches kommt jedoch eine Grunddienstbarkeit (Kfz-Dienstbarkeit) ... zur Eintragung."
Die I. schuldete damit dem Kläger (abgesehen von der Kfz-Dienstbarkeit ) in Abteilung II des Grundbuchs lastenfreies Eigentum. Daran änderte die der I. in Abschnitt B XIV Buchstabe c des Kaufangebotes eingeräumte Vollmacht, Dienstbarkeiten eintragen zu lassen, nichts; diese Regelung betraf lediglich das Außenverhältnis, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat.
Bei der Beurkundung der Annahmeerklärung am 23. Dezember 1992 war die zweite Abteilung indes nicht mehr "frei". Am 9. Dezember 1992 war eine Nutzungsbeschränkung (Studentenwohnungen mit Büros und Läden) für die Stadt N. eingetragen worden. Seitdem konnte die I. das Wohnungseigentum nur belastet mit dieser Dienstbarkeit (und gegebenenfalls der im Angebot aufgeführten Kfz-Dienstbarkeit) übertragen. Der Sachverhalt war
dem Beklagten zu 1 bekannt. Er hatte das Kaufangebot des Klägers entworfen und in der Niederschrift über die vor ihm erklärte Annahme des Kaufangebotes durch die I. vom 23. Dezember 1992 festgehalten "Der Inhalt diese Angebote ist in allen Teilen und Einzelheiten genau bekannt.". Die Urkunde über die Bewilligung der Dienstbarkeit zugunsten der Stadt N. hatte er selbst entworfen und mit Schreiben vom 1. Dezember 1992 die Eintragung der Dienstbarkeit beim Grundbuchamt beantragt.
(3) Es kommt hinzu, daß der Beklagte zu 1 von dem Kläger (und der I. ) mit dem Vollzug des Kaufvertrages betraut worden war. In dem gemäß dem Entwurf des Beklagten zu 1 beurkundeten Kaufangebot des Klägers heißt es nämlich: "Die Beteiligten beauftragen und ermächtigen den die Annahme beurkundenden Notar ..., alle zum Vollzug dieses Vertrages erforderlichen Erklärungen abzugeben und Anträge zu stellen" (Abschnitt B XI des Kaufangebotes).
(4) Hatte der Beklagte zu 1 aber die vorbeschriebene überragende Stellung, dann hatte er zumindest betreuende Belehrungspflichten (§§ 17 Abs. 1 BeurkG, 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO analog) gegenüber den Erwerbern, die - wie der Kläger - nicht unmittelbar mit ihm in Verbindung getreten sind, aber das unter seiner Mitwirkung entstandene Vertragswerk abschließen (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 1981 aaO S. 2706).
cc) Der Beklagte zu 1 hätte am 23. Dezember 1992 nicht die bloße Annahme des Kaufangebotes beurkunden und hierdurch an dem Abschluß des Kaufvertrages zwischen dem Kläger und der I. zu unveränderten Bedingungen mitwirken dürfen. Bei pflichtgemäßer Prüfung der Sach- und Rechtsla-
ge hätte der Beklagte zu 1 erkennen können, daß ein von seiten der I. teilweise nicht mehr erfüllbarer Kaufvertrag geschlossen wurde, wenn letztere die uneingeschränkte Annahme des Kaufangebotes des Klägers erklärte. Denn das Angebot war durch die neu eingetragene Dienstbarkeit zugunsten der Stadt N. überholt. Die I. konnte dem Kläger nicht mehr, wie im Angebot bestimmt, in Abteilung II des Grundbuchs (abgesehen von der KfzDienstbarkeit ) lastenfreies Eigentum übertragen.
Der Beklagte zu 1 hätte vielmehr den Kläger - aufgrund der diesem gegenüber bestehenden betreuenden Belehrungspflicht - vor der Beurkundung der Annahmeerklärung auf die neue Grundbuchlage hinweisen müssen. Sofern die I. weiterhin auf der (sofortigen) Beurkundung bestanden hätte, hätte er - wegen der ihm beiden Vertragsparteien gegenüber obliegenden (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 1997 - IX ZR 163/96 - NJW-RR 1998, 133, 134) - Formulierungspflicht (§ 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG) nur die Annahme unter Änderung des angebotenen Kaufvertrages, nämlich unter Berücksichtigung der mittlerweile eingetragenen Dienstbarkeit, vorschlagen dürfen (vgl. § 150 Abs. 2 BGB). Ließ sich die I. darauf nicht ein, etwa weil sie bereits damals beabsichtigte, dem Kläger die Dienstbarkeit im Wege einer späteren versteckten Vertragsänderung unterzuschieben (vgl. Urteil des V. Zivilsenats vom 30. Juni 2000 - V ZR 156/99, unveröffentlicht, Umdruck S. 7), hätte der Beklagte zu 1 die Beurkundung gemäß § 14 Abs. 2 BNotO ablehnen müssen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 1997 aaO). Diesen Amtspflichten ist der Beklagte zu 1 unstreitig nicht nachgekommen.
dd) Der Kläger war als mittelbar Beteiligter des Urkundsgeschäfts in den Schutzbereich der Amtspflichten, die der Beklagte zu 1 verletzt hat, einbezo-
gen (vgl. BGH, Urteile vom 30. Juni 1981 aaO S. 2705 und vom 9. Januar 2003 aaO; Zugehör aaO Rn. 327).

b) Es ist davon auszugehen, daß der Beklagte zu 1 die Amtspflichten fahrlässig verletzte.
Ein Verschulden ist insbesondere nicht nach der Kollegialgerichts-Richtlinie zu verneinen. Danach trifft den Beamten - Entsprechendes gilt für den Notar - kein Verschulden, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen (Berufsrichtern ) besetztes Kollegialgericht die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen hat (vgl. Senatsurteil BGHZ 97, 97, 107; Staudinger/Wurm, BGB 2002 § 839 Rn. 216, jew. m.w.N.). Diese Richtlinie ist aber dann nicht anzuwenden, wenn die Annahme des Kollegialgerichts, die Amtshandlung sei rechtmäßig gewesen, auf einer unzureichenden tatsächlichen oder rechtlichen Beurteilungsgrundlage beruhte, etwa deshalb, weil das Gericht den festgestellten Sachverhalt nicht sorgfältig und erschöpfend gewürdigt hat (Senatsurteile vom 13. Juli 2000 - III ZR 131/99 - WM 2000, 2016, 2017 und vom 2. April 1998 - III ZR 111/97 - NVwZ 1998, 878). So liegt der Streitfall.
Die Revision hat sich auf das in einem Parallelverfahren ergangene, eine Amtspflichtverletzung des Beklagten zu 1 verneinende Urteil des Landgerichts München I (Urteil vom 7. August 2001 - 4 O 4991/01) bezogen. In dieser Kammerentscheidung hat das Landgericht München I eine Amtspflichtverletzung des Beklagten zu 1 im Zusammenhang mit der Beurkundung der Annahme des Kaufangebotes verneint. Es hat dabei jedoch nicht genügend berücksichtigt , daß das von dem Anleger erklärte Kaufangebot die Übertragung von Wohnungseigentum forderte, das in Abteilung II des Grundbuchs (abgesehen
von der Kfz-Dienstbarkeit) lastenfrei war, die annehmende Verkäuferin I. das aber nicht mehr gewährleisten konnte. Nicht im Blick war ferner, daß der Beklagte zu 1 als Zentralnotar die Übersicht über die vor den Ortsnotaren - gemäß seinem Entwurf ohne Grundbucheinsicht - abgegebenen Kaufangebote der Anleger und die jeweilige Grundbuchlage hatte, insbesondere die von ihm selbst beantragte Eintragung der Dienstbarkeit zugunsten der Stadt N. kannte; also der Beklagte zu 1 durchaus Anlaß hatte, darauf bei der Beurkundung der Kaufannahme hinzuweisen. Keinesfalls durfte sich der Beklagte zu 1 darauf verlassen, die I. werde den Kläger hinreichend unterrichten.

c) Die Amtspflichtverletzung führte zu einem Schaden. Hätte der Beklagte zu 1 der zwischenzeitlich erfolgten Eintragung einer Dienstbarkeit Rechnung getragen, indem er zunächst von einer Beurkundung abgesehen und den Kläger auf die neue Grundbuchlage hingewiesen oder aber die - dem Kläger zu übermittelnde - Erklärung der I. als Annahme unter Änderungen (§ 150 Abs. 2 BGB) formuliert hätte, hätte sich der Kläger von seinem Kaufangebot gelöst oder das geänderte Angebot nicht angenommen und keine Zahlungen auf den Kaufpreis entrichtet.
aa) Die Anschlußrevision weist mit Recht darauf hin, daß der Kläger zur Zeit der Annahmeerklärung (23. Dezember 1992) nicht mehr an sein Angebot gebunden war; er hätte es, wie im Angebot ausdrücklich vermerkt, nach Ablauf des 22. Dezember 1992 frei widerrufen können.
bb) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger hätte von der Möglichkeit des Rücktritts - nichts anderes kann für den Widerruf gelten - Gebrauch
gemacht, wenn er erfahren hätte, die käuflich zu erwerbende Eigentumswohnung sei mit einer Dienstbarkeit belastet; er dürfe die Eigentumswohnung deshalb "für immer" nur von Studenten bewohnen lassen. Der Senat erachtet die gegen diese Feststellung erhobenen Verfahrensrügen nicht für durchgreifend; von einer Begründung wird gemäß § 564 Satz 1 ZPO abgesehen.

d) Der Beklagte zu 1 kann dem Schadensersatzanspruch des Klägers nicht den Einwand des Mitverschuldens (§ 254 BGB) entgegensetzen.
aa) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts mußte der Kläger nicht damit rechnen, daß das von der I. angebotene Wohnungseigentum mit einer dinglich gesicherten Nutzungsbeschränkung belastet war, und deshalb selbst Erkundigungen einziehen. Zwar war die zum Kauf angebotene Eigentumswohnung in der Teilungserklärung und anderen Unterlagen, die dem Kaufangebot beigefügt waren, als "Studentenappartement" bezeichnet. Der Kläger durfte und konnte den Begriff "Studentenappartement" aber - wie das Berufungsgericht vertretbar (§ 286 ZPO) beurteilt hat - als Umschreibung für eine einfach gehaltene Kleinwohnung auffassen. Die Nutzungsbeschränkung ergab sich weder aus dem Verkaufsprospekt noch aus der maßgeblichen Gemeinschaftsordnung ; es fehlte jeder Hinweis auf die dingliche Belastung (BGH, Urteil vom 30. Juni 2000 - V ZR 156/99, Umdruck S. 8).
bb) Der Kläger war nicht aufgrund seiner Schadensminderungspflicht gehalten, den mit der Stadtsparkasse N. geschlossenen Darlehensvertrag zu widerrufen. Die tatsächlichen Voraussetzungen eines solchen etwaigen Widerrufsrechts sind nicht festgestellt. Die Revision macht entsprechenden
Parteivortrag, den das Berufungsgericht insoweit übergangen haben könnte, nicht namhaft.

e) Der Schadensersatzanspruch des Klägers ist nicht verjährt.
Dem Beklagten zu 1 unterlief das Belehrungsversäumnis bei der Beurkundung der Annahme des Kaufangebotes durch die I. . Dabei handelte es sich nicht um ein Amtsgeschäft im Sinne der §§ 23, 24 BNotO, sondern um ein Urkundsgeschäft, bei dem die Haftung des Notars für fahrlässige Amtspflichtverletzungen vom Bestehen oder Nichtbestehen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit abhängt (§ 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO). In einem solchen Fall beginnt die Verjährung (§ 19 Abs. 1 Satz 3 BNotO i.V.m. § 852 Abs. 1 BGB a.F.) erst mit der Kenntnis des Geschädigten, daß er auf andere Weise keinen Ersatz erlangen kann (st. Rspr., siehe nur Senatsurteil BGHZ 121, 65, 71 m.w.N.). Diese Kenntnis hatte der Kläger (frühestens) am 4. Juli 2000, als das Insolvenzverfahren über das Vermögen der I. eröffnet wurde und damit - unstreitig - feststand, daß von der I. anderweitiger Ersatz nicht zu erlangen war. Die am 21. November 2001 eingereichte Klage hat die Verjährung mithin rechtzeitig unterbrochen (§ 209 Abs. 1 BGB a.F.).
2. Der Kläger kann gemäß seinem Hauptantrag dem Grunde nach Zahlung von Schadensersatz in Geld Zug um Zug gegen Übertragung der rechtsmangelbehafteten Eigentumswohnung beanspruchen.
Für die Schadensersatzpflicht des Notars nach § 19 BNotO gelten grundsätzlich die allgemeinen Vorschriften der §§ 249 ff BGB. Im Regelfall wird der Schaden allerdings nicht durch Naturalrestitution, sondern durch Gelder-
satz zu beseitigen sein (vgl. Zugehör aaO Rn. 2246 ff). Der wird vom Kläger auch begehrt. Die beantragte Zug-um-Zug-Verurteilung berücksichtigt den Grundsatz des Vorteilsausgleichs; der Kläger läßt sich empfangene Vorteile, nämlich das Wohnungseigentum an dem Studentenappartement, auf den beanspruchten Schadensersatz in Geld anrechnen (vgl. Sandkühler aaO Rn. 152; zu § 839 BGB: Senatsurteil vom 22. Mai 2003 - III ZR 32/02 - NVwZ 2003, 1285; RG JW 1937, 1917, 1918, 1919).
3. Dem Kläger steht mithin gegen den Beklagten zu 1 ein Schadensersatzanspruch wegen Amtspflichtverletzung bei der Beurkundung der Annahme des Kaufangebotes am 23. Dezember 1992 zu. Schon dieser Anspruch trägt das Grundurteil bezüglich der hauptsächlich begehrten Zahlung von Schadensersatz Zug um Zug gegen Übertragung des Wohnungseigentums sowie die beantragte Feststellung. Es bedarf daher keiner Erörterung, ob der Kläger darüber hinaus Schadensersatz wegen weiterer Amtspflichtverletzungen des Beklagten zu 1 bei der Beantragung der Auflassungsvormerkung am 13. Mai 1993 und bei der Beurkundung der Auflassung am 27. September 1995 sowie deren Genehmigung durch den Kläger am 16. November 1995 beanspruchen kann.
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(1) Verletzt der Notar vorsätzlich oder fahrlässig die ihm anderen gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er diesen den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Notar nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn die Verletzten nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermögen; das gilt jedoch nicht bei Amtsgeschäften der in §§ 23, 24 bezeichneten Art im Verhältnis zwischen dem Notar und seinen Auftraggebern. Im übrigen sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Schadensersatzpflicht im Fall einer von einem Beamten begangenen Amtspflichtverletzung entsprechend anwendbar. Eine Haftung des Staates an Stelle des Notars besteht nicht.

(2) Hat ein Notarassessor bei selbständiger Erledigung eines Geschäfts der in §§ 23, 24 bezeichneten Art eine Amtspflichtverletzung begangen, so haftet er in entsprechender Anwendung des Absatzes 1. Hatte ihm der Notar das Geschäft zur selbständigen Erledigung überlassen, so haftet er neben dem Assessor gesamtschuldnerisch; im Verhältnis zwischen dem Notar und dem Assessor ist der Assessor allein verpflichtet. Durch das Dienstverhältnis des Assessors zum Staat (§ 7 Abs. 3) wird eine Haftung des Staates nicht begründet. Ist der Assessor als Notarvertretung des Notars tätig gewesen, so bestimmt sich die Haftung nach § 46.

(3) Für Schadensersatzansprüche nach Absatz 1 und 2 sind die Landgerichte ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes ausschließlich zuständig.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 310/99 Verkündet am:
9. November 2000
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. November 2000 durch die Richter Dr. Kreft, Stodolkowitz, Dr. Zugehör,
Dr. Ganter und Raebel

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 5. Juli 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt den verklagten Notar wegen Amtspflichtverletzung bei einer Beurkundung auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Beklagte beurkundete am 23. Oktober 1992 einen Vertrag, mit welchem die Klägerin von J. F. zwei Eigentumswohnungen für jeweils 140.000 DM kaufte. Das Eigentum sollte frei von in Abteilung III des Grundbuchs eingetragenen Rechten übergehen. Die Klägerin erwarb nicht lastenfrei, weil der Beklagte eine Grundschuld in Höhe von 300.000 DM übersah. Diese löste der Beklagte später mit eigenen Mitteln ab.

Am 14. Dezember 1994 - als die Grundschuld noch eingetragen war - schloß die Klägerin mit der LVG-GmbH & Co KG (im folgenden: LVG) zwei notarielle Kaufverträge. Danach wollte die LVG die Wohnungen für jeweils 160.000 DM erwerben. Für den Fall, daß die Klägerin ihr nicht bis zum Ablauf des 29. Dezember 1994 das Vorliegen der Löschungsbewilligung hinsichtlich der Grundschuld nachweisen würde, behielt sich die LVG Rücktrittsrechte vor. Da die Klägerin die Löschungsbewilligung nicht rechtzeitig erhielt, machte die LVG mit Telefax vom 30. Dezember 1994, 15.10 Uhr, von diesen Rechten Gebrauch.
Die Grundschuld wurde am 29. Mai 1995 gelöscht. Die Klägerin verkaufte die eine Wohnung am 15. August 1995 für 95.000 DM und die andere am 21. Mai 1997 für 84.000 DM weiter.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin von dem Beklagten 141.000 DM für entgangenen Gewinn, 3.152,03 DM für die Kosten der nutzlosen Beurkundungen vom 14. Dezember 1994 und 39.933,76 DM für Zinsbelastungen verlangt. Das Landgericht hat der Klage mit Ausnahme der zuletzt genannten Position stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Verurteilungssumme um 40.000 DM auf 104.152,03 DM gekürzt. Mit seiner Revision begehrt der Beklagte die vollständige Klageabweisung.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

I.


Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung – teils durch Bezugnahme auf das erstinstanzliche Urteil - folgendermaßen begründet:
Der Beklagte habe eine schuldhafte Amtspflichtverletzung begangen, indem er bei den Beurkundungen nicht auf die vorhandene Belastung hingewiesen habe. Daraus ergebe sich aber kein Anspruch auf entgangenen Gewinn , weil die Klägerin – die nach eigenem Bekunden die Wohnungen nicht gekauft hätte, wenn ihr die Grundschuld bekannt gewesen wäre – bei pflichtgemäßem Verhalten des Beklagten nicht in die Lage versetzt worden wäre, die Wohnungen gewinnbringend weiterzuverkaufen. Die vom Landgericht in Höhe von 141.000 DM zugesprochene erste Schadensposition sei deshalb nur in Höhe von 101.000 DM gerechtfertigt. Insofern gehe es nicht um entgangenen Gewinn. Die Klägerin könne auch Ersatz für die Kosten der Beurkundungen vom 14. Dezember 1994 verlangen. Ihr Versuch, die Wohnungen an die LVG weiterzuverkaufen, sei durch das haftungsbegründende Ereignis herausgefordert worden und stelle eine nicht ungewöhnliche Reaktion auf dieses dar.

II.


Entgegen der Ansicht der Revision liegt der absolute Revisionsgrund des § 551 Nr. 7 ZPO nicht vor.
Das Berufungsgericht hat gemeint, sich mit solchen Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs nicht befassen zu müssen, zu denen sich das Landgericht geäußert habe und die mit der Berufung nicht angegriffen worden seien. Entsprechendes gelte für Einwendungen des Beklagten, die das Landgericht nicht für durchgreifend erachtet habe, soweit es an Angriffen der Berufung hiergegen fehle.
Das offenbart - wie die Revision zutreffend rügt - falsche Vorstellungen über den Prozeßstoff der zweiten Instanz. Was der Prüfung durch das Berufungsgericht unterfällt, ergibt sich nicht aus § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO, sondern aus §§ 525 f, 537 ZPO. Durch eine zulässige Berufung wird die erneute sachliche und rechtliche Prüfung des Klageanspruchs uneingeschränkt eröffnet (BGH, Urt. v. 8. November 1991 – V ZR 260/90, BGHR ZPO § 537 – Rechtsanwendung 1; v. 17. März 1994 – IX ZR 102/93, NJW 1994, 1656, 1657 unter III 2). Das Berufungsgericht hat auf das Rechtsmittel des verurteilten Beklagten sein gesamtes Vorbringen zu berücksichtigen, soweit es - durch Vortrag in der zweiten Instanz oder Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen (BGH, Urt. v. 7. Mai 1992 - IX ZR 151/91, BGHR ZPO § 537 – Streitpunkt 1) - Prozeßstoff geworden ist (vgl. ferner Rimmelspacher, in: MünchKomm-ZPO, § 537 Rdnr. 21; Musielak/Ball, ZPO 2. Aufl. § 519 Rdnr. 33 und § 537 Rdnr. 8 f). Eine besondere, auf einzelne Streitpunkte bezogene Rüge ist nicht erforderlich, so-
fern nur die Berufung zulässig ist. Letzteres hat das Berufungsgericht – zu Recht – nicht in Zweifel gezogen.
Der Rechtsirrtum des Berufungsgerichts wirkt sich jedoch im Rahmen des § 551 Nr. 7 ZPO nicht aus, weil es sich letztlich die Ausführungen im Ersturteil zu eigen gemacht hat. Das angefochtene Urteil enthält deshalb eine vollständige Begründung. Wenn diese in einzelnen Punkten rechtsfehlerhaft ist (vgl. unten III. 2 b, c und f), ist dies für § 551 Nr. 7 ZPO unerheblich (vgl. BGHZ 39, 333, 338; BGH, Urt. v. 11. März 1983 – V ZR 287/81, WM 1983, 658, 660 unter 4 b).

III.


Dennoch hält das Berufungsurteil einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Soweit in dem Übersehen einer im Grundbuch eingetragenen Belastung eine schuldhafte notarielle Amtspflichtverletzung (§ 19 Abs. 1 BNotO, § 21 BeurkG) gesehen worden ist, läßt das Berufungsurteil allerdings keinen Rechtsfehler erkennen. Gegenteiliges macht auch die Revision nicht geltend.
2. Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand kann aber nicht davon ausgegangen werden, daß der Klägerin durch die Amtspflichtverletzung ein Schaden in Höhe von 101.000 DM und 3.152,03 DM entstanden ist.

a) Für die Ermittlung des Vermögensschadens aus einer notariellen Amtspflichtverletzung ist die sogenannte Differenzhypothese maßgeblich. Ein Schaden liegt danach vor, wenn die infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretene Vermögenslage des Betroffenen schlechter ist als diejenige , die sich ohne jenes Ereignis ergeben hätte (st. Rspr., vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 18. November 1999 – IX ZR 402/97, WM 2000, 35, 38; v. 18. November 1999 – IX ZR 153/98, WM 2000, 193, 196; v. 6. Juli 2000 – IX ZR 88/98, WM 2000, 1808, 1809). Maßgebender Zeitpunkt für den Vermögensvergleich ist im Schadensersatzprozeß die letzte mündliche Tatsachenverhandlung (BGH, Urt. v. 14. März 1985 – IX ZR 26/84, NJW 1986, 1329, 1332).

b) Die Klägerin hat geltend gemacht, sie hätte die Wohnungen im Jahre 1992 nicht gekauft, wenn der Beklagte das Bestehen der dinglichen Belastung offengelegt hätte. Dann hätte die Klägerin den Kaufpreis von 280.000 DM - der beim Wiederverkauf nur in Höhe von 179.000 DM an sie zurückgeflossen ist - in ihrem Vermögen behalten.
Allerdings wären der Klägerin dann auch die Mieteinnahmen, die von ihr selbst mit 820 DM monatlich angegeben worden sind, entgangen. Die Nichtberücksichtigung dieser Einnahmen durch das Berufungsgericht ist - wie die Revision mit Recht geltend macht - fehlerhaft.

c) Nach der Behauptung des Beklagten, die das Berufungsgericht - wie die Revision zu Recht rügt - übergangen hat, hätte die Klägerin die Wohnungen trotzdem gekauft. Für diesen - in der Revisionsinstanz zu unterstellenden - Fall hat die Klägerin nicht vorgetragen, daß der im Rahmen der Differenzhy-
pothese vorzunehmende Vermögensvergleich ebenfalls einen Schaden ergäbe.

d) Daß die Klägerin im Jahre 1992 für den Erwerb der Wohnungen tatsächlich 280.000 DM aufgewendet hat, ist nicht in erheblicher Weise bestritten. Der Vortrag, ein Kaufpreisanteil von 80.000 DM sei an die Ehefrau des Geschäftsführers der Klägerin gezahlt worden, gestattet nicht ohne weiteres den Schluß darauf, die Klägerin habe im wirtschaftlichen Ergebnis nur 200.000 DM gezahlt.

e) Ein vom Landgericht erhobenes Sachverständigengutachten hat die Behauptung des Beklagten bestätigt, daß die Wohnungen von der Klägerin überteuert angekauft worden sind. Sie waren am 23. Oktober 1992 insgesamt nur 184.000 DM (91.000 DM und 93.000 DM) wert.
Auch dieser Umstand ist für die Schadensermittlung unerheblich. Nach Ansicht der Revision soll die notarielle Pflicht, die Urkundsbeteiligten auf grundbuchmäßige Belastungen des Kaufgegenstands hinzuweisen, den Erwerber nicht davor schützen, daß er eine Immobilie ankauft, die - unabhängig von der dinglichen Belastung - ihren Preis nicht wert ist. Diese Meinung teilt der Senat nicht. Bei den Beurkundungen am 23. Oktober 1992 hatte der verklagte Notar über die Voraussetzungen zu belehren, von denen der allseits gewünschte rechtliche Erfolg des Geschäfts - lastenfreie Übertragung des Eigentums - abhing (§ 17 Abs. 1 BeurkG). Die vorhandene Belastung stand diesem Erfolg entgegen. Sie verhinderte, wenn es dem Verkäufer nicht gelang, die Belastung zur Löschung zu bringen, auch einen gewinnbringenden Weiterverkauf. Die Aussicht darauf darf dem Käufer selbst dann nicht genommen wer-
den, wenn sie - weil er überteuert erworben hat - gering erscheint. Im vorliegenden Fall wäre es der Klägerin Ende 1994 beinahe gelungen, die Wohnungen zu einem Preis zu veräußern, der nicht nur den Schaden beseitigt, sondern sogar einen Gewinn abgeworfen hätte.

f) Erheblich ist demgegenüber der Mitverschuldenseinwand. Wenn die - für die Klägerin äußerst günstigen - Kaufverträge vom 14. Dezember 1994 durchgeführt worden wären, wäre aus dem Notarfehler über den Schaden hinaus , den der Beklagte durch Ablösung der Grundpfandlast beseitigt hat, kein Nachteil entstanden. Daß die Verträge gescheitert sind, kann auf dem Mitverschulden der Klägerin beruhen (§ 254 Abs. 2 Alt. 2 BGB).
Nach dem – bislang, soweit ersichtlich, unbestritten gebliebenen – Vortrag des Beklagten wurde er von der Klägerin nicht über den genauen Inhalt der beiden am 14. Dezember 1994 beurkundeten Kaufverträge unterrichtet. Insbesondere hatte er von der knapp bemessenen Rücktrittsfrist keine Kenntnis. Den Zeitpunkt des Fristablaufs durfte die Klägerin dem Beklagten nicht vorenthalten. Zwar hatten ihre Anwälte ihm unter dem 28. November 1994 geschrieben , die Klägerin werde die Immobilien bis spätestens 15. Dezember 1994 veräußern. Gleichzeitig hatten sie angekündigt, dem Käufer werde ein Rücktrittsrecht für den Fall eingeräumt werden, daß der Erwerb nicht lastenfrei erfolgen könne. Die Länge der Frist, innerhalb deren das Rücktrittsrecht auszuüben war, hatten sie aber nicht mitgeteilt. Es bestand deshalb die Gefahr, daß der Beklagte die Freistellung der Immobilien von der Grundschuld nicht fristgemäß bewirkte, obwohl ihm dies grundsätzlich möglich gewesen wäre. Daß der Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 8. Dezember 1994 in Aussicht gestellt hatte, die Abwicklung werde ”noch in diesem Jahr” erfolgen, durfte die
Klägerin nicht zum Anlaß nehmen, dem Beklagten zu verschweigen, daß die von ihr mit dem Erwerber vereinbarte Frist bereits am 29. Dezember 1994 ablaufe.
Erheblich ist ferner der – unbestritten gebliebene - Vortrag des Beklagten , seine Anwälte hätten mit Schreiben vom 27. Dezember 1994 den gegnerischen Anwälten mitgeteilt, die Löschungsbewilligung sei ”heute bei uns eingegangen”. Man dürfe aber erst darüber verfügen, wenn die Abfindungszahlung, deren Überweisung sofort veranlaßt worden sei, bei der Grundpfandgläubigerin eingegangen sei. Sobald die Grundpfandgläubigerin den Eingang der Zahlung bestätige, werde die Löschungsbewilligung an die Anwälte der Klägerin weitergeleitet werden. Dies werde innerhalb weniger Tage der Fall sein. Dieses Schreiben ist am 29. Dezember 1994 bei den Anwälten der Klägerin eingegangen. In Anbetracht des Umstands, daß der Beklagte und seine anwaltlichen Vertreter nicht wissen konnten, daß die Rücktrittsfrist an eben diesem Tage ablief, wären die Anwälte der Klägerin verpflichtet gewesen, die Gegenseite – telefonisch, durch Fax oder E-Mail – darauf aufmerksam zu machen, daß alles, was später erfolgte, zu spät sein würde. Eine solche Nachricht ist unterblieben. Wäre sie erfolgt, hätte die Zahlung möglicherweise – zum Beispiel durch ”BlitzGiro” – beschleunigt werden können. Wäre sie spätestens am 30. Dezember 1994 bei der Grundpfandgläubigerin eingegangen und hätte der Beklagte daraufhin der LVG noch an diesem Tage - vor Absendung des Telefax - bestätigt, daß ihm die Löschungsbewilligung ”verfügungsfrei” vorliege, wäre die Ausübung des Rücktrittsrechts bereits ausgeschlossen gewesen (§ 3 C Abs. 1 Satz 3 der Kaufverträge).

IV.


Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist, weil noch nicht entscheidungsreif, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird nunmehr zu prüfen haben, ob die Einwendungen des Beklagten (oben III 2 c und f) begründet sind.
Kreft Stodolkowitz Zugehör Ganter Raebel

Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.