Bundesgerichtshof Urteil, 18. Juli 2013 - III ZR 323/12

bei uns veröffentlicht am18.07.2013
vorgehend
Landgericht Erfurt, 10 O 1377/10, 29.07.2011
Thüringer Oberlandesgericht, 4 U 695/11, 18.09.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 323/12
Verkündet am:
18. Juli 2013
B o t t
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 839 A, Cb; ThürKO (F.: 14. April 1998) § 111 Abs. 4, § 117; ThürStHG § 1

a) Aus der Kommunalaufsicht des Staates können sich auch gegenüber einem
kommunalen (Vor-)Zweckverband Amtspflichten zur sachgemäßen Ausübung dieser
Aufsicht ergeben (im Anschluss an Senatsurteil vom 12. Dezember 2002 - III
ZR 201/01, BGHZ 153, 198). Die sich aus einer Verletzung dieser Pflichten ergebenden
Amts- oder Staatshaftungsansprüche eines Vor-Zweckverbands gehen
auf den Zweckverband über, sobald dieser wirksam entstanden ist.

b) Diese Haftungsgrundsätze gelten auch für thüringische Zweckverbände, sofern
sich das Fehlverhalten der Kommunalaufsicht während der Geltungsdauer (bis 30.
Dezember 2002) des § 117 ThürKO in der Fassung der Bekanntmachung vom 14.
April 1998 ereignet hat.

c) Ist das Landratsamt als untere staatliche Behörde für die Kommunalaufsicht zuständig
, so hängt in Thüringen die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit (Landkreis
oder Land), sofern sich das Fehlverhalten der Kommunalaufsicht während der
Geltungsdauer (bis 30. Dezember 2002) des § 111 ThürKO in der Fassung der
Bekanntmachung vom 14. April 1998 ereignet hat, davon ab, wer Anstellungskörperschaft
des handelnden Amtsträgers ist.
BGH, Urteil vom 18. Juli 2013 - III ZR 323/12 - OLG Jena
LG Erfurt
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Juli 2013 durch den Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter
Dr. Herrmann, Hucke, Seiters und Dr. Remmert

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts vom 18. September 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger ist ein Zweckverband zur Abwasserentsorgung im Freistaat Thüringen. Am 18. Juni 1992 vereinbarten mehrere Gemeinden eine Verbandssatzung für den Kläger, die nach Maßgabe einer (eingeschränkten) Genehmigung durch das Landratsamt am 29. Januar 1993 bekannt gemacht wurde. Der Kläger nahm im Anschluss daran seine Tätigkeit auf. Die Satzung wurde mehrfach geändert, zuletzt im Dezember 1996. Nachdem die Verbandsgründung in der Folgezeit in mehreren verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen als unwirksam angesehen worden war, teilte das Thüringer Innenministerium mit Schrei- ben vom 29. August 2002 - gerichtet an den Abwasserzweckverband - mit, das Verfahren zur Gründung des Verbands müsse "aus Rechtssicherheitsgründen" wiederholt werden. Im Rahmen des erneuten Gründungsverfahrens genehmigte das Landratsamt unter dem 6. Dezember 2002 die im Dezember 1996 beschlossene Verbandssatzung wiederum, die es im Amtsblatt des Landkreises vom 18. Dezember 2002 nebst der Genehmigung öffentlich bekannt machte. Der Kläger erließ sodann Beitrags- und Gebührensatzungen, auf deren Grundlage er Beiträge und Gebühren für von ihm erbrachte Leistungen erhob.
2
Mit Urteil vom 28. September 2009 erklärte das Thüringer Oberverwaltungsgericht die Verbandssatzung des Klägers im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens wegen der in der Hauptsatzung des Landkreises enthaltenen unwirksamen Bekanntmachungsregelung ihrerseits für unwirksam.
3
Das Gründungsverfahren wurde daraufhin nochmals wiederholt, der Kläger wurde mit Wirkung vom 1. Oktober 2009 ordnungsgemäß gegründet. Er begehrt nunmehr die Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung des beklagten Freistaats (im Folgenden: Beklagter), weil er durch die fehlerhafte Veröffentlichung seiner Verbandssatzung und der Genehmigung der Aufsichtsbehörde im Amtsblatt des Landkreises S. vom 18. Dezember 2002 nicht bereits zu diesem Zeitpunkt ordnungsgemäß entstanden ist. Der Beklagte stellt eine vorwerfbare Pflichtverletzung in Abrede und hat die Einrede der Verjährung erhoben.
4
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe


5
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung sowie zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

I.


6
Das Berufungsgericht hat die Feststellungsklage als zulässig angesehen, insbesondere ein Feststellungsinteresse angenommen. Dabei sei zu berücksichtigen , dass der zunächst fehlerhaft gegründete Zweckverband kein rechtliches "nullum" sei, sondern im öffentlichen Recht als körperschaftlich strukturierter , nicht rechtsfähiger Verband eigener Art behandelt werde, der zivilrechtlich teilrechtsfähig und im Verwaltungsprozess beteiligtenfähig sei. Bislang erworbene zivilrechtliche Rechte und Pflichten des fehlerhaften Verbands seien ohne weiteres auf den als öffentlich-rechtliche Körperschaft konstituierten Kläger übergegangen. Nach seinem Vorbringen sei die Wahrscheinlichkeit eines bereits entstandenen und sich noch entwickelnden Schadens anzunehmen.
7
In der Sache seien die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs nach dem in Thüringen geltenden Staatshaftungsgesetz gegeben. Die Haftung des Beklagten gründe sich darauf, dass die Voraussetzungen für eine wirksame Veröffentlichung und Genehmigung der Verbandssatzung im Jahr 2002 durch den Landkreis als Aufsichtsbehörde unzureichend erfolgt sei. Die vor der Veröffentlichung notwendige Rechtsprüfung durch die Rechtsaufsichtsbehörde hätte zur Versagung der Genehmigung aus Rechtsgründen und zur Unterlassung der Veröffentlichung führen müssen. Zwar sei die Veröffentli- chungsregelung der Hauptsatzung des Landkreises im Jahre 2002 nicht konkret Prüfungsgegenstand für das Landratsamt gewesen. Dem Beklagten sei die rechtliche Problematik der Unwirksamkeit jedoch bekannt gewesen und er habe selbst eine Überprüfung "aus Gründen der Rechtssicherheit" initiiert.
8
In den Schutzbereich dieser Verpflichtung zu sorgfältiger Prüfung der Bekanntmachungsvoraussetzungen sei auch der Kläger einbezogen. Denn er sei auch als Vorverband für den zu vollziehenden konstitutiven Akt seines Entstehens als Körperschaft des öffentlichen Rechts in eigenen Rechten geschützt. Bei dem Erlass von Beitrags-, Vorauszahlungs- und Leistungsbescheiden sei er existenziell darauf angewiesen, dass seine Gründung wirksam zustande komme. Für den geltend gemachten Anspruch sei entgegen der Auffassung des Beklagten die Darlegung des handelnden Mitarbeiters oder Beauftragten des Beklagten nicht erforderlich. Denn er hafte für die objektive Rechtswidrigkeit des im Jahr 2002 geschaffenen Zustands. Die Ansprüche des Klägers seien auch nicht verjährt.

II.


9
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
10
1. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Zulässigkeit der erhobenen Feststellungsklage werden von der Revision nicht beanstandet. Sie sind auch rechtsfehlerfrei.
11
2. Zutreffend und von der Revision unangegriffen ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Kläger Inhaber von möglichen Schadensersatzansprüchen aufgrund der fehlerhaften Bekanntmachung und Genehmigung seiner Verbandssatzung ist (Aktivlegitimation).
12
a) Der Kläger ist nach § 18 Abs. 1, § 19 Abs. 1 des Thüringer Gesetzes über die kommunale Gemeinschaftsarbeit (ThürKGG) vom 11. Juni 1992 (GVBl. S. 232) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Oktober 2001 (GVBl. S. 290) zwar erst am 1. Oktober 2009 wirksam entstanden. Die ordnungsgemäße öffentliche Bekanntmachung seiner Verbandssatzung und ihrer Genehmigung durch das Landratsamt als der nach § 118 Abs. 1 der Thüringer Kommunalordnung (ThürKO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Januar 2003 (GVBl. S. 41), § 44 Abs. 2 Nr. 3 ThürKGG hierfür zuständigen Aufsichtsbehörde ist erst zu diesem Zeitpunkt erfolgt. Im Jahr 2002 hat es dagegen, wie das Thüringer Oberverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 28. September 2009 (LKV 2010, 285) festgestellt hat, (noch) nicht zu einer wirksamen Entstehung des Klägers kommen können. Gleichwohl hatte er bereits seit dem Jahr 1993 seine Tätigkeit als Abwasserzweckverband aufgenommen und regelmäßig in den folgenden Jahren ausgeübt. Vor seiner wirksamen Gründung bestand der Kläger danach nur als fehlerhafter (Vor-)Zweckverband. Insoweit handelt es sich jedoch nicht um ein rechtliches "nullum", sondern um einen körperschaftlich strukturierten, öffentlich-rechtlichen Verband eigener Art, dem zumindest eine Teilrechtsfähigkeit zukommt (vgl. ThürOVG, Urteil vom 25. Februar 2004 - 4 KO 703/01, juris Rn. 53 ff mwN). Diese umfasst jedenfalls Ansprüche wegen möglicher, durch die unwirksame Bekanntmachung verursachter Schäden.
13
b) Ansprüche eines solchen (Vor-)Zweckverbands können, wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend angenommen hat, nach der erfolgten Genehmigung der Verbandssatzung und der ordnungsgemäßen Bekanntmachung sowie der damit wirksamen Entstehung des Verbands von ihm geltend gemacht werden. Ebenso wie bei der zivilrechtlichen Haftung des (Vor-)Zweckverbands (vgl. BGH, Urteil vom 28. März 1996 - VII ZR 228/94, NJW-RR 1996, 853) ist auch bei zivil- oder öffentlich-rechtlichen Ansprüchen eine solche Annahme gerechtfertigt. Dabei kann dahinstehen, ob - vergleichbar dem Verhältnis von VorGmbH zu GmbH (siehe dazu BGH, Urteil vom 26. Oktober 1981 - II ZR 31/81, NJW 1982, 932, 933) - eine Gesamtrechtsnachfolge anzunehmen ist oder aber von einer Funktionsnachfolge auszugehen ist (so ThürOVG, LKV 2006, 191, 183).
14
3. Als Anspruchsgrundlage für den hier geltend gemachten Schadensersatzanspruch hat das Berufungsgericht zutreffend § 1 Abs. 1 ThürStHG in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Oktober 1998 (GVBl. S. 336) herangezogen. Danach tritt für Schäden, die einer natürlichen oder juristischen Person hinsichtlich ihres Vermögens oder ihrer Rechte durch Mitarbeiter oder Beauftragte staatlicher oder kommunaler Organe in Ausübung staatlicher Tätigkeit rechtswidrig zugefügt werden, eine verschuldensunabhängige Haftung des jeweiligen Organs ein.
15
a) Anknüpfungspunkt für die Haftung des beklagten Landes ist, dass die Veröffentlichung und Genehmigung der Verbandssatzung des Klägers im Jahr 2002 durch die nach § 111 Abs. 2 und 4, § 117 Abs. 1, § 118 Abs. 1 Satz 1 ThürKO (in der noch bis zum 30. Dezember 2002 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 14. April 1998, GVBl. S. 73), § 18 Abs. 1, § 19 Abs. 1, § 44 Abs. 1 Nr. 3 ThürKGG zuständige Aufsichtsbehörde, nämlich das Landratsamt S. als untere staatliche Verwaltungsbehörde, fehlerhaft war und der Kläger deshalb nicht zum Entstehen gelangen konnte. Dies beruhte nach der für die Zivilgerichte bindenden (vgl. nur Senatsurteil vom 9. Dezember 2004 - III ZR 263/04, BGHZ 161, 305, 309) Entscheidung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 28. September 2009 darauf, dass die Form der öffentlichen Bekanntmachung von Satzungen in der Hauptsatzung des Landkreises (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 2 ThürKO a.F.; § 1 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 5 der Thüringer Bekanntmachungsverordnung vom 22. August 1994, GVBl. S. 1045) nicht wirksam geregelt war. Auf dieser Grundlage bekannt gemachte Verbandssatzungen waren danach ebenfalls unwirksam.
16
b) Die Revision meint, es fehle vorliegend schon deshalb an einer Amtspflichtverletzung des Landratsamts, weil für die Rechtmäßigkeitskontrolle der Hauptsatzung des Landkreises nach § 118 Abs. 2, § 120 Abs. 1 ThürKO a.F. allein das Landesverwaltungsamt als Rechtsaufsichtsbehörde des Landkreises zuständig gewesen sei, das die Hauptsatzung nicht beanstandet habe; deshalb sei das Landratsamt bei der Prüfung, ob die Verbandssatzung zu genehmigen sei, nicht verpflichtet gewesen, auch die Wirksamkeit der in der Hauptsatzung enthaltenen Bekanntmachungsregelung zu überprüfen. Dem kann nicht gefolgt werden.
17
Für die Haftung nach § 1 ThürStHG ist im Ausgangspunkt allein maßgeblich , ob die in Rede stehende Maßnahme sachlich richtig ist und mit der objektiven Rechtslage übereinstimmt. Maßgeblich ist nicht ein etwaiges Handlungsunrecht , sondern allein das Ergebnis, nämlich die den gesetzlichen Anforderungen objektiv nicht entsprechende Form der Bekanntmachung der Verbandsatzung und ihrer Genehmigung (vgl. Senatsurteil vom 19. Januar 2006 - III ZR 82/05, BGHZ 166, 22 Rn. 11, 12). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze geht es im Streitfall deshalb in erster Linie um die Aufgabe des zuständigen Landratsamts , durch eine wirksame Bekanntmachung der Verbandssatzung und ihrer Genehmigung den Kläger als Körperschaft des öffentlichen Rechts entstehen zu lassen. In diesem Zusammenhang kommt dem Umstand, dass das Landesverwaltungsamt die Hauptsatzung nicht nach § 120 Abs. 1 ThürKO a.F. beanstandet hat, keine maßgebliche Bedeutung zu. Dessen ungeachtet war das Landratsamt nicht von der Pflicht entbunden, die Grundlagen für die von ihm zu treffenden Maßnahmen in der Hauptsatzung selbständig einer Prüfung zu unterziehen , weil die Gesetzmäßigkeit eigenen Handelns stets zu überprüfen ist. Dies galt vorliegend umso mehr, als aufgrund von zuvor ergangenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen und anschließend erteilter "Handlungsempfehlungen" des Innenministeriums konkreter Anlass für eine eingehende Prüfung auch und gerade der Frage der richtigen förmlichen Bekanntmachung bestanden hat.
18
4. Der Vor-Zweckverband, dessen Rechtsnachfolge der Kläger angetreten hat, war auch in den Schutzbereich der vom Landratsamt im Zusammenhang mit der Verbandsgründung zu beachtenden Amtspflichten einbezogen.
19
a) In der Rechtsprechung des Senats ist anerkannt, dass Dritter im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB auch eine juristische Person des öffentlichen Rechts sein kann. Dies gilt insbesondere im Verhältnis von Gemeinden zu den die Rechtsaufsicht in Selbstverwaltungsangelegenheiten ausübenden Behörden : Die Kommunalaufsicht des Staates begründet den Gemeinden gegenüber Amtspflichten zur sachgemäßen Ausübung der Aufsicht, weil dadurch auch die Interessen der Gemeinden gefördert und geschützt werden sollen (vgl. nur Senatsurteil vom 12. Dezember 2002 - III ZR 201/01, BGHZ 153, 198, 202 f mwN).
Diese Maßstäbe gelten auch im Anwendungsbereich des Staatshaftungsgesetzes (Senat aaO S. 201).
20
Gemessen an diesen Grundsätzen ist auch vorliegend von der Stellung des Klägers als Drittem auszugehen. Das Landratsamt hatte als untere Aufsichtsbehörde den Erfordernissen der Bekanntmachung und Genehmigung einer Verbandssatzung nach den Vorschriften des Thüringer Gesetzes über die kommunale Gemeinschaftsarbeit Rechnung zu tragen. Die den (Vor-)Zweckverband begünstigenden Maßnahmen der Genehmigung sowie der Bekanntmachung von Satzung und Genehmigung nach diesem Gesetz zur voll wirksamen Entstehung des Verbands dienen nicht nur den Interessen der den Kläger bildenden Kommunen. Vielmehr sind sie auch in ihrer öffentlich-rechtlichen Verbundenheit in den Schutz einbezogen, denn sie sind von einer Unwirksamkeit der Verbandssatzung gemeinsam betroffen. Als in den Schutzbereich einbezogen ist deshalb auch der (Vor-)Zweckverband anzusehen. Die Tätigkeit der Aufsichtsbehörde soll dabei sicherstellen, dass der Zweckverband auf einer sicheren Grundlage entsteht und seine Aufgaben wirksam erfüllen kann. Beides schafft für den Verband in besonderer Weise einen Verlässlichkeits- und Vertrauenstatbestand (vergleichbar einer Baugenehmigung, siehe Senatsurteil vom 19. Januar 2006 aaO), wonach er als Körperschaft des öffentlichen Rechts im Rahmen seiner Aufgabe tätig werden kann.
21
Allerdings wurde § 117 ThürKO durch Art. 1 Nr. 60 des Gesetzes zur Änderung der Thüringer Kommunalordnung und anderer Gesetze vom 18. Dezember 2002 (GVBl. 2002, 467) dahin ergänzt, dass die Aufsicht "im staatlichen Interesse" erfolge. Diese Gesetzesänderung, die zur "Klarstellung" vorgenommen wurde, dass die Rechtsaufsicht keine Schutzwirkung zugunsten der Kommunen im Sinne des Haftungsrechts entfaltet (vgl. LT-Drucks. 3/2206 S. 51), ist, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, vorliegend noch nicht zu berücksichtigen , weil dieses Gesetz erst am 31. Dezember 2002 in Kraft getreten ist.
22
5. Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, dass der Kläger erst aufgrund des Urteils des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 28. September 2009 die nach § 4 Abs. 2 ThürStHG für den Beginn der (einjährigen) Verjährungsfrist erforderliche Kenntnis von der Unwirksamkeit der Verbandssatzung und damit der Rechtswidrigkeit seiner Bescheide erhalten habe, ist vor dem Hintergrund, dass der Beklagte selbst sich darauf berufen hat, dass die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts sehr überraschend gekommen sei, nicht zu beanstanden.
23
6. Das Berufungsurteil enthält allerdings keine hinreichenden Feststellungen , aus denen sich die haftungsrechtliche Verantwortung des beklagten Freistaats ergibt.
24
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht angenommen, es sei unerheblich, ob der beim Landratsamt handelnde Mitarbeiter Landesbeamter oder Bediensteter des Landkreises gewesen ist. Die Frage, welche Körperschaft, Landkreis oder Land, bei Pflichtverletzungen von Amtsträgern zu haften hat, beantwortet sich - soweit nicht der Landrat persönlich gehandelt hat beziehungsweise keine besonderen gesetzlichen Regelungen bestehen - grundsätzlich nicht nach der Natur der Aufgabe (hier: Kommunalaufsicht als Aufgabe des Landes), sondern danach, welche Körperschaft den handelnden Mitarbeiter angestellt hat (vgl. Senatsurteile vom 14. Dezember 2006 - III ZR 74/06, VersR 2007, 497 Rn. 7 f und vom 15. Januar 1987 - III ZR 17/85, BGHZ 99, 326, 330 f mwN).
25
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass nach § 111 Abs. 4 Satz 4 ThürKO bei der Ausübung der Aufgaben der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde das Land das Haftungsrisiko trägt. Dabei hat es an dieser Stelle übersehen, dass vorliegend - da die Genehmigung der Satzung am 6. Dezember 2002 und ihre Bekanntmachung am 18. Dezember 2002 erfolgt waren - für die Beurteilung der Frage der Passivlegitimation noch die Thüringer Kommunalordnung in der bis zum 30. Dezember 2002 geltenden Fassung zugrunde zu legen ist. Aus § 111 Abs. 4 Satz 1 ThürKO a.F. ist zunächst zu entnehmen, dass das Land (unter anderem) zur Wahrnehmung der Aufgabe der staatlichen Aufsicht über die Gemeinden und die Zweckverbände jedem Landratsamt einen Landesbeamten mit der Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst oder zum Richteramt zuweist; das übrige Personal stellt der Landkreis. Gemäß § 111 Abs. 4 Satz 4 ThürKO a.F. haftet das Land, wenn der Landrat oder die Landesbediensteten in Ausübung der staatlichen Aufgaben schuldhaft die ihnen einem anderen gegenüber obliegenden Amtspflichten verletzen. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss - in Übereinstimmung mit den allgemeinen Haftungsgrundsätzen -, dass dann, wenn Kreisbedienstete staatliche Aufgaben fehlerhaft wahrnehmen, stets der Landkreis zu haften hat.
26
Dass vorliegend der Landrat persönlich oder gegebenenfalls ein dem Landkreis zugewiesener Landesbeamter des höheren Dienstes für die Genehmigung der Verbandssatzung und die anschließende Bekanntmachung verantwortlich zeichnete, ist nicht festgestellt und versteht sich nicht von selbst.
27
7. Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben. Da zur Frage der Passivlegitimation des Beklagten noch keine ausreichenden Feststellungen getroffen worden sind, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Schlick Herrmann Hucke
Seiters Remmert
Vorinstanzen:
LG Erfurt, Entscheidung vom 29.07.2011 - 10 O 1377/10 -
OLG Jena, Entscheidung vom 18.09.2012 - 4 U 695/11 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 18. Juli 2013 - III ZR 323/12

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(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 263/04
Verkündet am:
9. Dezember 2004
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
GG Art. 14 Cc; BGB § 839 B; BBergG §§ 7, 8, 12; SachsAnhEntschG § 1

a) Bei einer fehlerhaften behördlichen Entscheidung fehlt es an einem haftungsbegründenden
Verschulden des Amtsträgers, wenn sich von mehreren
die Entscheidung selbständig tragenden Begründungen auch nur eine
als unverschuldet erweist.

b) In den Schutzbereich des Art. 14 GG fällt auch eine Aufsuchungserlaubnis
gemäß § 7 BBergG. Der Anspruch auf Erteilung einer Abbaubewilligung
nach § 8 BBergG (hier: für Kiese und Kiessande zur Herstellung von Betonzuschlagstoffen
) ist demgegenüber selbst dann nicht eigentumsrechtlich
geschützt, wenn dem Antragsteller zuvor eine Erlaubnis zum Aufsuchen
desselben Bodenschatzes erteilt war. Bei rechtswidriger Versagung der
Bewilligung besteht daher kein Entschädigungsanspruch aus enteignungsgleichem
Eingriff oder nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung von
Entschädigungsansprüchen im Lande Sachsen-Anhalt.
BGH, Urteil vom 9. Dezember 2004 - III ZR 263/04 - OLG Naumburg
LG Magdeburg
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Dezember 2004 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 14. Mai 2004 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Klägerin war Inhaberin einer von dem Kaufmann va n D. mit Zustimmung des Bergamts erworbenen, bis zum 31. Dezember 1992 befristeten Erlaubnis für das Aufsuchen von Kiesen und Kiessanden zur Herstellung von Betonzuschlagstoffen in Sachsen-Anhalt. An das Erlaubnisfeld schließt sich das Biosphärenreservat "Mittlere Elbe" an. Unter dem 23. Oktober 1992 beantragte die Klägerin für dasselbe Feld eine Bewilligung zur Gewinnung von Kiesen und Kiessanden. Den Antrag lehnte das Bergamt St. mit Bescheid vom 20. Januar 1994 auf der Grundlage des § 12 Abs. 1 BBergG i.V.m. § 11 Nr. 10 BBergG wegen vorgehender Belange des Naturschutzes und der Land-
schaftspflege sowie nach § 11 Nr. 8 BBergG wegen entgegenstehender Interessen der Kiesabbauberechtigten benachbarter Bewilligungsfelder ab. Die von der Klägerin dagegen erhobene Verpflichtungsklage wurde vom Verwaltungsgericht M. durch Urteil vom 30. Januar 1997 mit Rücksicht auf die zwischenzeitliche Beseitigung der Bergfreiheit des Bodenschatzes durch das Gesetz zur Vereinheitlichung der Rechtsverhältnisse bei Bodenschätzen vom 15. April 1996 (BGBl. I S. 602; künftig: Vereinheitlichungsgesetz) abgewiesen. Jedoch stellte das Verwaltungsgericht auf den Hilfsantrag der Klägerin die Rechtswidrigkeit des Ablehnungsbescheids fest. Der Antrag der Klägerin beim Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt auf Zulassung der Berufung hatte keinen Erfolg. Die Berufung des Bergamts wies das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 4. November 1999 (A 1/4 S 170/97) zurück.
In dem vorliegenden Rechtsstreit verlangt die Klägerin Ersatz ihrer Aufwendungen sowie entgangenen Gewinns in Höhe von zuletzt insgesamt 7.477.774,77 €. Das Landgericht hat das Klagebegehren unter den Gesichtspunkten der Amtshaftung und des Gesetzes zur Regelung von Entschädigungsansprüchen im Lande Sachsen-Anhalt (in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. November 1993, GVBl. S. 720 - EntschG LSA) dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung des beklagten Landes die Klage abgewiesen und unter Bezugnahme auf § 1 Abs. 1 EntschG LSA die Revision zu der Frage zugelassen, ob eine erloschene Aufsuchungserlaubnis ein von Art. 14 GG geschütztes Recht sei. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge uneingeschränkt weiter.

Entscheidungsgründe



Die Revision hat keinen Erfolg.

I.


Das Berufungsgericht verneint abweichend vom Landgericht sowohl einen Amtshaftungsanspruch der Klägerin als auch einen Anspruch auf Entschädigung nach § 1 Abs. 1 EntschG LSA. Aufgrund der verwaltungsgerichtlichen Urteile stehe zwar rechtskräftig fest, daß die Begründung für die Versagung der bergrechtlichen Bewilligung rechtsirrig gewesen sei. Hieran treffe die Beamten jedoch kein Verschulden. Der Wortlaut des § 11 Nr. 8 BBergG sei nicht klar und eindeutig; seinerzeit habe es dazu auch weder eine höchstrichterliche Rechtsprechung oder einschlägige Äußerungen in der bergr echtlichen Standardliteratur noch eine einheitliche Auffassung der Instanzgerichte gegeben. Zudem habe die vom Bergamt vertretene Ansicht der damaligen Praxis vieler Bergbehörden entsprochen. Auf die weitere Begründung des Ablehnungsbescheids mit naturschutzrechtlichen Belangen (§ 11 Nr. 10 BBergG) komme es nicht an; diese könne hinweggedacht werden.
Ebensowenig stehe der Klägerin ein Entschädigungsanspruc h aus § 1 Abs. 1 EntschG LSA in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Januar 1997 (GVBl. S. 2, 17) zu. Bei diesem Gesetz handele es sich um eine Kodifizierung der Rechtsprechung zum enteignungsgleichen Eingriff. Der Schutzbereich der Norm werde somit auf das Eigentum im Sinne des Art. 14 GG begrenzt. Durch die rechtswidrige Versagung der Bewilligung habe das beklagte Land aber nicht unmittelbar in ein Eigentumsrecht der Klägerin eingegriffen. Denn deren bis zum 31. Dezember 1992 befristete Aufsuchungserlaubnis sei bereits erloschen gewesen und ein anderes eigentumsfähiges Recht sei der Klägerin da-
nach nicht mehr verblieben. Auch unter Berücksichtigung des § 14 BBergG ergebe sich keine durch Art. 14 GG geschützte Rechtsstellung des ehemaligen Erlaubnisinhabers.
Schadensersatz könne die Klägerin schließlich nicht wegen V erletzung der Amtspflicht zur Entscheidung innerhalb angemessener Frist verlangen. Die Verzögerung der Bearbeitung habe zu keinem bezifferbaren Schaden der Klägerin geführt. Deren Behauptung, das Verwaltungsgericht Magdeburg hätte noch vor Inkrafttreten des Vereinheitlichungsgesetzes vom 15. April 1996 entschieden , sei rein hypothetisch. Der gesamte weitere Ablauf hätte sich lediglich um ein halbes Jahr verschoben, so daß das Verwaltungsgericht im August 1996 mündlich verhandelt hätte. Im übrigen sei die Klägerin auch nicht mehr Inhaberin einer Aufsuchungserlaubnis im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 2 des Vereinheitlichungsgesetzes gewesen.

II.


Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision i m ganzen stand.
1. Die Revision ist unbeschränkt zulässig. Der Tenor des Berufungsurteils enthält keine Einschränkung der Zulassung. Eine solche Beschränkung kann sich zwar auch aus den Entscheidungsgründen ergeben (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - VII ZR 226/03, NJW 2004, 3264, 3265 m.w.N.). Ob die Begründung der Zulassungsentscheidung in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils in diesem Sinne zu verstehen ist, mag zweifelhaft sein, kann aber dahinstehen. Denn die Revisionszulassung
darf nicht auf bestimmte Rechtsfragen und nur dann auf einen Teil des Streitgegenstands begrenzt werden, wenn dieser Gegenstand eines Teilurteils nach § 301 ZPO sein kann und auch der Revisionskläger selbst seine Revision entsprechend beschränken könnte (BGH aaO). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor; eine Einschränkung der Revisionszulassung wäre darum unwirksam. Nach der Rechtsprechung des Senats bilden Amtshaftungsansprüche und aus demselben Sachverhalt hergeleitete Entschädigungsansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff lediglich konkurrierende materiellrechtliche Forderungen und folglich prozessual nicht abtrennbare Rechtsfragen innerhalb eines einheitlichen Streitgegenstands (BGHZ 136, 182, 184; 146, 365, 371). Nichts anderes kann für den nach dem Berufungsurteil inhaltsgleichen Anspruch aus § 1 Abs. 1 EntschG LSA gelten.
2. Für Amtshaftungsansprüche nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG sieht das Berufungsgericht hier mit Recht keine Grundlage. Das gilt sowohl für die Ablehnung der bergrechtlichen Bewilligung zur Förderung hochwertiger Kiese und Kiessande, die zum damaligen Zeitpunkt im Beitrittsgebiet nach den Maßgaben des Einigungsvertrags (Anl. I Kap. V Sachgeb. D Abschn. III Nr. 1 Buchst. a) bergfrei waren, als auch für die Dauer der Antragsbearbeitung von seiten des Bergamts.

a) Was zunächst den Vorwurf verspäteter Bescheidung des Bew illigungsantrags anbelangt, so stellt das Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung fest, daß das Abwarten der Behörde bis zu den von der Gemeinde S. und dem Amt für Landwirtschaft und Flurneuordnung M. abgegebenen Äußerungen im Dezember 1993 lediglich zur Verzögerung um ein halbes Jahr geführt habe, da - so versteht der Senat das Berufungsurteil -
das Bergamt jedenfalls nicht vor Eingang der Stellungnahme des Regierungspräsidiums M. am 16. Juli 1993 hätte entscheiden müssen. In diesem Fall hätte das Verwaltungsgericht M. im August 1996 und damit ebenfalls nach Inkrafttreten des Vereinheitlichungsgesetzes am 23. April 1996 mündlich verhandelt. Diese Beurteilung ist frei von Rechtsfehlern. Die Verfahrensrüge der Revision hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet ; von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 564 ZPO).

b) Die Versagung der beantragten Abbaubewilligung w ar allerdings, wie aufgrund der verwaltungsgerichtlichen Urteile im vorausgegangenen Verfahren für den Amtshaftungsprozeß bindend feststeht (vgl. nur Senatsurteil BGHZ 146, 153, 156), rechtswidrig und zugleich amtspflichtwidrig. Der Senat folgt indessen dem Berufungsgericht auch darin, daß der fehlerhafte Bescheid im Ergebnis nicht auf einem Verschulden der handelnden Beamten beruht und eine Schadensersatzpflicht des Landes nach § 839 BGB, Art. 34 GG darum insgesamt entfällt.
aa) Zwar muß sich jeder Amtsträger die zur Führung sein es Amtes notwendigen Rechts- und Verwaltungskenntnisse verschaffen. Bei der Gesetzesauslegung und Rechtsanwendung hat er die Rechtslage unter Zuhilfenahme der ihm zu Gebote stehenden Hilfsmittel sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen und danach aufgrund vernünftiger Überlegungen sich eine Rechtsmeinung zu bilden. Nicht jeder objektive Rechtsirrtum begründet jedoch einen Schuldvorwurf. Wenn die nach sorgfältiger Prüfung gewonnene Rechtsansicht des Amtsträgers als rechtlich vertretbar angesehen werden kann und er daran bis zur gerichtlichen Klärung der Rechtslage festhält, so kann aus der späteren Mißbilligung seiner Rechtsauffassung durch die Gerichte ein Schuldvorwurf nicht her-
geleitet werden (st. Rspr.; vgl. etwa Senatsurteile BGHZ 119, 365, 369 f.; 139, 200, 203; vom 3. Juli 1997 - III ZR 205/96 - NJW 1997, 3432, 3433 - insoweit in BGHZ 136, 182 nicht abgedruckt). Das gilt insbesondere in Fällen, in denen die objektiv unrichtige Rechtsanwendung eine Vorschrift betrifft, deren Inhalt - bezogen auf den zur Entscheidung stehenden Einzelfall - zweifelhaft sein kann und noch nicht durch eine höchstrichterliche Rechtsprechung klargestellt ist (Senatsbeschluß vom 19. Dezember 1991 - III ZR 9/91 - NJW-RR 1992, 919).
bb) So verhält es sich hier jedenfalls in bezug auf den vom Bergamt St. gleichwertig herangezogenen Versagungsgrund des § 11 Nr. 8 BBergG (i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BBergG). Danach ist die Erlaubnis oder Bewilligung zu versagen, wenn eine sinnvolle und planmäßige Aufsuchung und Gewinnung von bergfreien oder grundeigenen Bodenschätzen gefährdet würde. Dieser Schutz bezieht sich nicht nur auf die Bodenschätze, die Gegenstand der beantragten Erlaubnis sein sollen, sondern umfaßt auch das Aufsuchen und Gewinnen anderer bergfreier oder grundeigener Bodenschätze durch sonstige Berechtigte (Boldt/Weller, BBergG, 1984, § 11 Rn. 11). Zu der weiteren Frage, ob dabei, wie das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen -Anhalt im Urteil vom 4. November 1999 später angenommen hat, ausschließlich technische Gesichtspunkte zu prüfen sind oder ob auch die wirtschaftlichen Belange anderer Abbauberechtigter einbezogen werden dürfen, wovon das Bergamt St. in seinem ablehnenden Bescheid ausgegangen ist, gab es bis dahin weder eine einschlägige Rechtsprechung noch verwertbare Äußerungen in der Kommentarliteratur. Die vom Obe rverwaltungsgericht zur Rechtfertigung seiner Ansicht angeführte Bemerkung in dem Kommentar von Boldt/Weller, aaO, § 12 Rn. 7, "wie bei der Frage der Gewinnbarkeit der Bo-
denschätze" habe "sich die Prüfung der Bewilligungsbehörde auch in diesem Zusammenhang auf technische Gesichtspunkte zu beschränken, während wirtschaftliche Überlegungen dem Antragsteller vorbehalten" blieben, bezieht sich unmittelbar nur auf die nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BBergG notwendige Vorlage eines Arbeitsprogramms, insbesondere zur technischen Durchführung der Gewinnung, und mittelbar auf die vorausgegangenen Erläuterungen in dem Kommentar zum Versagungsgrund des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BBergG (Boldt/Weller, aaO, § 12 Rn. 5), und hat daher allenfalls geringe Aussagekraft für die Auslegung des in § 11 Nr. 8 BBergG geregelten anders gearteten Tatbestands. Auf dieser Grundlage erscheint die vom Bergamt St. gewonnene Auslegung jedenfalls nicht als unvertretbar, zumal volkswirtschaftliche Erwägungen bei sonstigen Versagungsgründen durchaus zu beachten sein können (z.B. in § 11 Nr. 7, 9 und 10 BBergG, vgl. Boldt/Weller, aaO, § 11 Rn. 10, 12, 14).
Das Berufungsgericht hat außerdem keine Anhaltspunkte da für gefunden , daß die Rechtsauffassung der Behörde nicht das Ergebnis einer sorgfältigen rechtlichen und tatsächlichen Prüfung gewesen wäre. Die Revision bekämpft dies mit Verfahrensrügen und will aus der Behandlung der Bewilligungsanträge zweier Konkurrenzunternehmen folgern, daß das Bergamt zum Nachteil der Klägerin aus sachfremden Erwägungen mit zweierlei Maß gemessen habe. Auch diese Rügen können keinen Erfolg haben. Von einer näheren Begründung sieht der Senat gemäß § 564 ZPO gleichfalls ab.
cc) Da von den in der Verwaltungsentscheidung alternativ gegebenen Begründungen für die Versagung einer Abbaubewilligung zumindest eine nicht auf einem Verschulden der Beamten beruht, läßt sich der Schaden der Kläge-
rin insgesamt nicht auf eine schuldhafte Amtspflichtverletzung zurückführen. Eine Entscheidung ist im Ergebnis richtig, wenn von mehreren selbständig nebeneinander stehenden Gründen auch nur einer zutrifft und damit die Entscheidung trägt. Der Senat hat keine Bedenken, diese Erwägung mit dem Berufungsgericht im Falle des § 839 BGB auf die Verschuldensebene zu übertragen und ein haftungsbegründendes Verschulden des Amtsträgers auch dann zu verneinen, falls sich lediglich eine der tragenden Begründungen für die fehlerhafte Entscheidung als unverschuldet herausstellt. Auch die Revision wendet sich hiergegen nicht.
3. Ebensowenig steht der Klägerin ein auf § 1 Abs. 1 EntschG LSA (in der für den Streitfall noch maßgebenden Fassung vom 16. November 1993) gestützter Ausgleichsanspruch zu.

a) Zwar ist das Gesetz zur Regelung von Entschädigungsansprü chen im Lande Sachsen-Anhalt, durch das das im Beitrittsgebiet als Landesrecht fortgeltende Staatshaftungsgesetz der DDR umfassend umgestaltet wurde, an sich nicht mehr dem revisiblen Landesrecht zuzurechnen (Senatsurteil vom 6. November 1997 - III ZR 198/96 - VersR 1998, 504). Revisibel sind aber die aus dem Bundesrecht übernommenen Tatbestandsvoraussetzungen des enteignungsgleichen Eingriffs (vgl. LT-Drucks. Sachsen-Anhalt 1/1502 S. 11 f.), insbesondere der geforderte Eingriff in das Eigentum (vgl. BGHZ 46, 17, 21 zur Übernahme eines Rechtsbegriffs aus dem revisiblen preußischen Landesrecht in eine nicht revisible Polizeiverordnung und Senatsurteil BGHZ 118, 295, 299 f. zur Auslegung und Anwendung revisibler Rechtssätze als Vorfrage), sowie die hier zur Ausfüllung dieser Tatbestandsmerkmale heranzuziehenden Vorschriften des Bundesberggesetzes.


b) Durch die Verweigerung der von der Klägerin beant ragten Abbaukonzession hat das beklagte Land in diesem Sinne nicht in deren "Eigentum" eingegriffen.
aa) Schutzgut des enteignungsgleichen Eingriffs sind von d er Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG umfaßte Rechtspositionen (Senatsurteile BGHZ 94, 373, 374 f.; 124, 394, 400). Als solche kommen nicht nur das Eigentum an Grundstücken oder beweglichen Sachen in Betracht, sondern auch sonstige dingliche oder obligatorische Rechte, dagegen nicht bloße Chancen und Aussichten, auf deren Verwirklichung ein rechtlich gesicherter Anspruch nicht besteht (siehe etwa Senatsurteil vom 3. Oktober 1985 - III ZR 103/84 - NVwZ 1986, 689, 690). Auch der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb ist hiernach in seiner Substanz geschützt. Greift allerdings ein Akt der öffentlichen Gewalt eher in die Freiheit der individuellen Erwerbs- und Leistungstätigkeit ein, so ist nicht der Schutzbereich des Art. 14 GG, sondern der des Art. 12 GG berührt (Senatsurteile BGHZ 111, 349, 355 ff.; 132, 181, 186 f.; Urteil vom 13. Juli 2000 - III ZR 131/99 - NVwZ-RR 2000, 744 f.). Weitere Einschränkungen gelten für öffentlich-rechtliche Rechtspositionen. Das Bundesverfassungsgericht zieht einen Eigentumsschutz in diesem Bereich nur dann in Betracht, wenn der ein subjektiv-öffentliches Recht begründende Sachverhalt dem einzelnen eine Rechtsposition verschafft, die derjenigen eines (bürgerlichrechtlichen ) Eigentümers entspricht und die so stark ist, daß ihre ersatzlose Entziehung dem rechtsstaatlichen Gehalt des Grundgesetzes widersprechen würde (BVerfGE 40, 65, 83; 72, 141, 153), insbesondere, wenn die vermögenswerte öffentlich-rechtliche Rechtsposition für den Bürger ein Ä quivalent eigener Lei-
stung bildet und nicht überwiegend auf staatlicher Gewährung beruht (BVerfGE 72, 175, 193; siehe auch BVerfGE 97, 67, 83).
bb) Nach diesen Maßstäben ist eine durch Art. 14 GG eig entumsrechtlich geschützte und durch die Versagung der Bewilligung tangierte Rechtsposition der Klägerin zu verneinen.
(1) Die nach den §§ 6 ff. BBergG verliehenen Bergbau berechtigungen (Erlaubnis, Bewilligung, Bergwerkseigentum) beruhen auf staatlicher Konzession. Sofern keiner der in den §§ 11 bis 13 BBergG aufgeführten Versagungsgründe vorliegt, hat der Antragsteller zwar einen Rechtsanspruch auf Erteilung der beantragten Berechtigung (Begründung des Regierungsentwurfs, BTDrucks. 8/1315 S. 86; Boldt/Weller, aaO, § 6 Rn. 13, § 11 Rn. 1, § 12 Rn. 1; Piens/Schulte/Graf Vitzthum, BBergG, 1983, § 11 Rn. 2 m.w.N.). Dieser ergibt sich aber aus der in Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 12 GG verfassungsrechtlich garantierten Unternehmer- und Berufsfreiheit (Boldt/Weller, aaO, § 6 Rn. 13). Es geht mit anderen Worten in diesem Zusammenhang nicht um einen Schutz des "Erworbenen" - dann Geltung des Art. 14 GG -, sondern um den künftigen "Erwerb" infolge von Chancen und Verdienstmöglichkeiten, d.h. um den Anwendungsbereich des Art. 12 GG. Der Anspruch auf Erteilung einer Bewilligung zum Aufsuchen und Gewinnen bestimmter Bodenschätze (§ 8 BBergG) gehört daher grundsätzlich nicht zu dem nach Art. 14 GG grundrechtlich geschützten Eigentum.
(2) Etwas anderes folgt im Streitfall auch nicht aus de m Umstand, daß die Klägerin bis zum 31. Dezember 1992 Inhaberin einer Aufsuchungserlaubnis gemäß § 7 BBergG war. Eine solche, auch private Rechte begründende Er-
laubnis fällt allerdings in den Schutzbereich des Artikels 14 GG (vgl. BVerfGE 77, 130, 136; Papier in Maunz/Dürig, GG, Bearbeitung Juni 2002, Art. 14 Rn. 203; Boldt/Weller, aaO, § 6 Rn. 14). Der Erlaubnisinhaber genießt auch gemäß § 12 Abs. 2 BBergG eine Vorzugsstellung insofern, als ihm eine beantragte Bewilligung für die in der Erlaubnis bezeichneten Bodenschätze nur aus den Gründen des § 12 Abs. 1 BBergG und nur unter der weiteren Voraussetzung versagt werden darf, daß die Tatsachen, die einen Versagungsgrund rechtfertigen, erst nach Erteilung der Erlaubnis eingetreten sind. Hierdurch soll dem Tatbestand Rechnung getragen werden, daß dem Berechtigten bis zur Entdeckung der Bodenschätze in der Regel finanzielle Aufwendungen entstanden sind und derartige Investitionen vernünftigerweise nur mit dem Ziel getätigt werden, entdeckte Bodenschätze auch im eigenen Unternehmen zu gewinnen. Ohne einen speziellen Schutz dieser Interessen würde angesichts der ständig steigenden Aufwendungen einer ordnungsgemäßen Aufsuchung niemand bereit sein, das mit dieser Tätigkeit verbundene Risiko zu übernehmen (BTDrucks. 8/1315 S. 88; Boldt/Weller, aaO, § 12 Rn. 9). Überdies kommt dem Erlaubnisinhaber unter den Voraussetzungen des § 14 BBergG auch gegenüber Konkurrenten ein Vorrang zu.
Das alles kann indessen nicht dazu führen, den vom Bundesbe rggesetz einfachrechtlich gewährten Investitionsschutz des Erlaubnisinhabers derart aufzuwerten, daß er der Rechtsstellung des Inhabers einer erteilten Bewilligung und der zu dessen Gunsten bestehenden verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie bereits gleichkommt. Das widerspräche auch dem gesetzlichen "Stufenverhältnis" der Bergbauberechtigungen, wonach erst die Bewilligung ein umfassendes Gewinnungsrecht verschafft. Infolgedessen kommt es für die Entscheidung auch nicht auf die vom Berufungsgericht gestellte Frage an, ob
die Vorzugsstellung des Erlaubnisinhabers nach § 12 Abs. 2 BBergG mit dem Erlöschen der Aufsuchungserlaubnis durch Fristablauf endet, selbst dann, wenn - wie hier - der Antrag auf Erteilung der Bewilligung zur Förderung der aufgefundenen Bodenschätze noch vor dem Ende der Frist gestellt war (so Sächsisches OVG ZfB 2000, 153, 157 f. - aufgehoben durch BVerwG NVwZ 2001, 1038 = ZfB 2002, 148 - im Zusammenhang mit § 2 Abs. 2 Satz 2 des Vereinheitlichungsgesetzes; a.A. OVG des Landes Sachsen-Anhalt im Urteil vom 4. November 1999, Umdruck S. 6; Gutbrod/Töpfer, Praxis des Bergrechts, 1996, Rn. 75). Die Bewilligung zur Gewinnung des Bodenschatzes ist nicht notwendig mit der Aufsuchungserlaubnis verbunden und nimmt an deren eigentumsrechtlichen Schutz nicht teil; insofern besteht auch keine gesicherte Anwartschaft (a.A. wohl Piens/Schulte/Graf Vitzthum, aaO, § 12 Rn. 9). Vielmehr bleibt es auch in den Fällen des § 12 Abs. 2 BBergG dabei, daß der Betreiber trotz eingeschränkter Prüfungsbefugnis der Bergbehörde eine von der Einhaltung zahlreicher, von ihm nicht immer beeinflußbarer Bedingungen abhängige öffentlich-rechtliche Konzession erstrebt. Seine zu diesem Zweck vorgenommenen Investitionen begründen keinen weitergehenden eigentumsrechtlichen Schutz. Auch der Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs erstreckt sich nicht auf künftige Chancen und Erwerbsmöglichkeiten, zu denen beabsichtigte Betriebserweiterungen gehören (Senatsurteil BGHZ 132, 181, 187 m.w.N.).
Schlick Wurm Kapsa
Dörr Galke
11
b) Diesen Lösungsansatz - der darauf hinausgelaufen wäre, die Rechtswidrigkeit in § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NRW nach ähnlichen Gesichtspunkten zu beurteilen wie die (objektive) Amtspflichtverletzung in § 839 BGB (vgl. dazu Staudinger/Wurm, BGB 13. Bearb 2002 § 839 Rn. 198) - hat der Senat indessen später wieder aufgegeben und unter Bezugnahme auf ein bereits im Jahre 1986 ergangenes Senatsurteil (BGHZ 99, 249, 253 f) klargestellt, dass die Frage , ob ein Verwaltungsakt rechtmäßig oder rechtswidrig ist, sich generell allein danach beantwortet, ob die durch ihn getroffene Regelung sachlich richtig ist und mit der objektiven Rechtslage übereinstimmt oder ob sie sachlich falsch ist und gegen die Rechtslage verstößt. Der Verwaltungsakt ist selbständig, so wie er sich im Ergebnis präsentiert, zu beurteilen (Senatsurteil BGHZ 123, 191, 197 ff). Im Ergebnis hat der Senat in den "Altlastenfällen" jedoch an der Linie seiner früheren Rechtsprechung festgehalten und verneint nach wie vor eine Haftung nach § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NRW bei fehlender Erkennbarkeit des Gefahrenpotentials, wobei nunmehr die Einhaltung des objektiven Sorgfaltsstandards nicht mehr als Kriterium für die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der erteilten Baugenehmigung, sondern als ein solches für den Schutzzweck der betreffenden Maßnahme herangezogen wird (vgl. BGHZ 123, 191, 198 ff). Diese für begünstigende Verwaltungsakte, etwa Baugenehmigungen, geltenden Schutzzweckerwägungen können indessen für den hier zu beurteilenden Fall nicht herangezogen werden, unbeschadet dessen, dass auch im Anwendungsbereich des Staatshaftungsgesetzes der Schutzzweck als haftungsbegrenzendes Kriterium gilt (siehe dazu sogleich). Denn hier geht es nicht um den Schutz des durch einen begünstigenden Verwaltungsakt als "Verlässlichkeitsgrundlage" geschaffenen Vertrauens, sondern um die Beseitigung eines belastenden Verwaltungsakts.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 201/01
Verkündet am:
12. Dezember 2002
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 839 Cb, Fe; DDR-StHG § 1
Die kommunale Rechtsaufsicht kann Amtspflichten der Aufsichtsbehörde auch
gegenüber der zu beaufsichtigenden Gemeinde als einem geschützten Dritten
begründen. Schutzpflichten der Aufsicht gegenüber der Gemeinde können
auch bei begünstigenden Maßnahmen bestehen, also solchen, die von der
Gemeinde selbst angestrebt werden, etwa bei der Genehmigung eines von der
Gemeinde abgeschlossenen Rechtsgeschäfts. Verletzungen dieser Pflichten
können Amts- oder Staatshaftungsansprüche der Gemeinde gegen die Aufsichtsbehörde
auslösen.
BGH, Urteil vom 12. Dezember 2002 - III ZR 201/01 - OLG Dresden
LG Görlitz
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Dezember 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die
Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 11. Juli 2001 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die klagende Gemeinde ist Rechtsnachfolgerin der inzwischen in sie eingemeindeten ehemaligen Gemeinde N. (im folgenden durchgängig nur: die Klägerin). Diese beabsichtigte im Jahre 1992 den Neubau einer gemeindlichen Sporthalle. Wegen fehlender Eigenmittel entschloß sie sich, den Neubau als kommunales Investorenvorhaben zu realisieren, und zwar in Zusammenarbeit mit der E. GbR. Diese sollte die Sporthalle auf einem Erbbaugrundstück errichten und langfristig an die Gemeinde vermieten. Zu diesem Zweck erwarb die Gemeinde mit Vertrag vom 20. Dezember 1996 das Erbbaurecht an dem Baugrundstück und veräußerte es mit Vertrag vom 27. Dezember
1996 für 100 DM an die E. weiter. Durch einen weiteren Vertrag vom 27. Dezember 1996 verpflichtete sich die E. , die Sporthalle für 3,9 Mio. DM zu errichten und für 30 Jahre an die Gemeinde zu vermieten. Vorgesehen war, daß der Mietzins bis zum Ende der Vertragslaufzeit stetig anstieg. Außerdem sollte die Gemeinde das Ankaufsrecht nach Ablauf der Mietzeit erhalten. Schließlich gewährte die Gemeinde nach § 12 dieses Vertrages der E. neben dem Mietzins ein Mieterdarlehen.
Mit zwei Bescheiden vom 21. April 1997 erteilte der beklagte Landkreis auf Antrag der Klägerin die für beide Verträge vom 27. Dezember 1996 erforderlichen kommunalaufsichtlichen Genehmigungen.
Im Februar 1999 stellte der Sächsische Rechnungshof in einem Prüfbericht , betreffend das Objekt Sporthalle N. , fest, daß die als Leasingmodell eingestufte Finanzierung der Sporthalle unwirtschaftlich und im Vergleich zu einer Kreditfinanzierung zu teuer gewesen sei.
Die Klägerin ist der Auffassung, daß der beklagte Landkreis unter diesen Umständen das Vertragswerk nicht hätte genehmigen dürfen. Sie erblickt in den gleichwohl erteilten Genehmigungen eine Amtspflichtverletzung ihr gegenüber und begehrt, gestützt auf Amtshaftung und Haftung nach dem Staatshaftungsgesetz der DDR, die Feststellung, daß der Beklagte verpflichtet sei, ihr den Schaden zu ersetzen, der ihr dadurch entstanden sei und in Zukunft entstehen werde, daß der Beklagte den Mietvertrag zwischen der Gemeinde N. und der E. , betreffend die Anmietung der Sporthalle, sowie den Erbbaurechtsveräußerungsvertrag genehmigt habe. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben und die begehrte
Feststellung getroffen. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision ist nicht begründet.
Das Berufungsgericht hat den Beklagten wegen der Erteilung der hier in Rede stehenden Genehmigungen vom 21. April 1997 gegenüber der Klägerin für schadensersatzpflichtig gehalten. Die Anspruchsgrundlage hat es in § 1 des Staatshaftungsgesetzes der DDR in der Fassung des Einigungsvertrages (Anlage II Kapitel III Sachgebiet B Abschnitt III, BGBl. 1990 II S. 885, 1168) erblickt , das zwar mittlerweile in Sachsen durch Gesetz vom 17. April 1998 (SächsGVBl. S. 151) aufgehoben worden ist, aber auf den Streitfall weiterhin Anwendung findet. Daneben hält das Berufungsgericht ersichtlich auch einen mit dem Staatshaftungsanspruch konkurrierenden Amtshaftungsanspruch (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) für gegeben. Hiergegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
1. Im Revisionsrechtszug steht außer Streit, daß eine Finanzierung des Vorhabens "Sporthalle N. " über Kommunalkredit für die Klägerin günstiger gewesen wäre als die hier gewählte Form eines Leasingmodells. Deswegen stellt auch die Revision nicht in Abrede, daß die Genehmigungen nicht hätten erteilt werden dürfen. Dabei sind die abgeschlossenen Einzelverträge als Bestandteile eines einheitlichen Vertragswerks zu werten, so daß es für die haftungsrechtliche Würdigung einer Unterscheidung nach der Genehmigung des Mietvertrages einerseits und derjenigen des Erbbaurechtsveräußerungsvertrages andererseits nicht bedarf. Die Revision nimmt auch die weitere
Feststellung des Berufungsgerichts hin, daß der für die Erteilung verantwortliche Amtsleiter des Beklagten schuldhaft gehandelt hat und somit das für den Amtshaftungs-, nicht dagegen für den Staatshaftungsanspruch geltende Verschuldenserfordernis erfüllt ist.
2. Im Mittelpunkt der rechtlichen Würdigung des Falles stehen vielmehr die - auch für die staatshaftungsrechtliche Beurteilung entscheidenden (vgl. Senatsurteil BGHZ 142, 259, 273 m.w.N.) - Fragen, ob die bei der Erteilung der Genehmigungen wahrzunehmenden Amtspflichten des Beklagten zugunsten der Klägerin drittgerichtet waren und ob der entstandene Schaden in den sachlichen Schutzbereich der verletzten Pflichten fällt. Beides ist - entgegen der Revision und in Übereinstimmung mit dem Berufungsurteil - zu bejahen.

a) In der Rechtsprechung des Senats ist anerkannt, daß "Dritter" im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB auch eine juristische Person des öffentlichen Rechts sein kann. Dies gilt jedoch nur dann, wenn der für die haftpflichtige Behörde tätig gewordene Beamte der geschädigten Körperschaft bei Erledigung seiner Dienstgeschäfte in einer Weise gegenübertritt, wie sie für das Verhältnis zwischen ihm und seinem Dienstherrn einerseits und dem Staatsbürger andererseits charakteristisch ist. Wirken hingegen der Dienstherr des Beamten und eine andere Körperschaft des öffentlichen Rechts bei der Erfüllung einer ihnen gemeinsam übertragenen Aufgabe gleichsinnig und nicht in Vertretung einander widerstreitender Interessen derart zusammen, daß sie im Rahmen dieser Aufgabe als Teil eines einheitlichen Ganzen erscheinen, dann können jene Pflichten, die dem Beamten im Interesse der Förderung des gemeinsam angestrebten Ziels obliegen, nicht als drittgerichtete Amtspflichten angesehen werden , deren Verletzung außenrechtliche Amtshaftungsansprüche der geschä-
digten Körperschaft auslöst (st. Rspr., vgl. z.B. Senatsurteile BGHZ 148, 139, 147; 116, 312, 315 jew. m.w.N.).

b) Im vorliegenden Fall war das Landratsamt als Rechtsaufsichtsbehörde nach § 112 Abs. 1 Satz 1 SächsGemO tätig geworden. Das Genehmigungserfordernis für den Mietvertrag folgte aus § 82 Abs. 5 SächsGemO, da die durch diesen Vertrag begründeten Zahlungsverpflichtungen unstreitig wirtschaftlich einer Kreditaufnahme gleichkamen. Die Veräußerung des Erbbaurechts war nach § 90 Abs. 3 Nr. 1 SächsGemO genehmigungspflichtig. Die bei der Erteilung der Genehmigung einzuhaltenden Prüfungsmaßstäbe ergaben sich aus den einschlägigen Vorschriften der Gemeindeordnung in Verbindung mit der Gemeinsamen Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen und des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zur kommunal- und haushaltsrechtlichen Beurteilung von Investorenvorhaben im kommunalen Bereich (KommInvestVwV vom 18. Dezember 1996, Sächsisches Amtsblatt 1997 S. 74). Nach Nr. 3.1.4 durfte die Genehmigung nur erteilt werden , wenn der Vertragsschluß den Grundsätzen einer geordneten Haushaltswirtschaft entsprach (§ 82 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 SächsGemO). Die Genehmigung setzte insbesondere voraus, daß die übernommenen Verpflichtungen mit der dauernden Leistungsfähigkeit des kommunalen Aufgabenträgers in Einklang standen (§ 82 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 SächsGemO), das Investorenvorhaben dem Grundsatz einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung entsprach (§ 72 Abs. 2 SächsGemO) und die Aufgabenerfüllung seitens des kommunalen Aufgabenträgers sichergestellt war. Außerdem war zu beachten, daß die Gemeinde Vermögensgegenstände in der Regel nur zu ihrem vollen Wert veräußern durfte (§ 90 Abs. 1 Satz 2 SächsGemO).

c) Mit dieser Zielrichtung erlegt die Rechtsaufsicht der zuständigen Behörde Schutzfunktionen auch zugunsten der zu beaufsichtigenden Gemeinde auf. Dies hat in allgemeiner Form bereits das Reichsgericht ausgesprochen: Die Beaufsichtigung der Selbstverwaltungskörper durch staatliche Behörden soll sicherstellen, daß die Verwaltung der Gemeindeangelegenheiten den Vorschriften der Gesetze gemäß geführt wird und stets in geordnetem Gange bleibt. Trotz dieses Zweckes der Kommunalaufsicht haben die mit ihr betrauten Beamten bei ihrer Ausübung auch auf die Belange der Gemeinde die gebührende Rücksicht zu nehmen und sie vor Schädigungen zu bewahren. Sie verletzen , wenn sie es nicht tun, die ihnen den Gemeinden gegenüber obliegende Amtspflicht. Das gilt nicht bloß für Zwangsmaßnahmen im Aufsichtswege, sondern für jede Art von Betätigung der Kommunalaufsicht. Eine bloße Raterteilung an eine Gemeinde, eine ihr erteilte Genehmigung, Maßnahmen, die auf die Entschließung der Gemeinden von erheblichem Einfluß zu sein pflegen, können schon eine Amtspflichtverletzung ihnen gegenüber enthalten (RGZ 118, 94, 99). Auch der Senat hat, wenn auch - wie der Revision zuzugeben ist - eher beiläufig, darauf hingewiesen, daß die Kommunalaufsicht des Staates den Gemeinden gegenüber Amtspflichten zur sachgemäßen Ausübung der Aufsicht begründet, weil dadurch auch die Interessen der Gemeinden gefördert oder geschützt werden sollen (BGHZ 35, 44, 50).

d) Entgegen der Auffassung der Revision gilt dies nicht nur für belastende Maßnahmen der Aufsicht, die von der Gemeinde mit verwaltungsrechtlichen oder verwaltungsgerichtlichen Rechtsbehelfen angegriffen werden könnten und bei denen daher die Drittgerichtetheit der verletzten Amtspflicht bereits nach dem im Senatsurteil BGHZ 125, 258 niedergelegten Grundsatz bejaht werden kann, daß sie in der Regel mit der Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO zu-
sammenfällt. Besondere Schutzpflichten der Aufsicht gegenüber der Gemeinde können vielmehr auch bei begünstigenden Maßnahmen bestehen, also solchen , die von der Gemeinde selbst angestrebt werden, wie bei der hier in Rede stehenden Genehmigung eines Rechtsgeschäfts. Auch insoweit obliegt es der Kommunalaufsicht, die Gemeinde vor möglichen Selbstschädigungen zu bewahren. Dabei ergeben sich Berührungspunkte mit der staatlichen Stiftungsaufsicht , bei der ebenfalls anerkannt ist, daß sie Amtspflichten auch gegenüber der Stiftung selbst begründen kann, die insbesondere den Inhalt haben können , die Stiftung vor ihren eigenen Organen zu schützen (Senatsurteil BGHZ 68, 142, 146; BayObLGZ 1990, 264). Der Revision kann nicht gefolgt werden, wenn sie dem Senatsurteil BGHZ 148, 139 entnehmen will, eine öffentlichrechtliche Körperschaft könne nur dann geschützter "Dritter" sein, wenn sie durch das schädigende Verwaltungshandeln in einer Weise betroffen werde, die der eines einzelnen Bürgers entspreche. Vielmehr kommt es auch im amtshaftungsrechtlichen Verhältnis zwischen öffentlich-rechtlichen Körperschaften untereinander entscheidend auf den Schutzzweck der jeweils wahrzunehmenden Amtspflicht an.

e) Der Einbeziehung des durch die hier in Rede stehenden Genehmigungen verursachten Schadens in den Schutzbereich der wahrzunehmenden Amtspflichten steht insbesondere nicht entgegen, daß das genehmigte Handeln der Gemeinde in den Bereich kommunaler Selbstverwaltung fiel. Denn auch in diesem Bereich war die Klägerin verpflichtet, ihre finanziellen Dispositionen an den vorstehend wiedergegebenen Rechts- und Verwaltungsgrundsätzen einer sparsamen Haushaltsführung und der Einhaltung ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszurichten. Die Mißachtung dieser Grenzen begründete daher in besonderem Maße die Gefahr von Selbstschädigungen im
vorbezeichneten Sinne. Deswegen hatte die Rechtsaufsicht auch den Zweck, die Gemeinde in diesem Bereich vor vermeidbaren Schädigungen zu bewahren. Das entspricht auch einer im Schrifttum verbreiteten Auffassung (z.B. Cromme, DVBl. 1996, 1230; Oebbecke, DÖV 2001, 406; Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht 11. Aufl. IV Rn. 49; jeweils m.w.N.).
3. Eine anderweitige Ersatzmöglichkeit in Form eines Anspruchs gegen den ehemaligen Bürgermeister, die zum Nichtentstehen des Amtshaftungsanspruchs nach § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB und des Staatshaftungsanspruchs nach § 3 Abs. 3 DDR-StHG hätte führen können, ist vom Berufungsgericht mit zutreffender Begründung verneint worden und wird von der Revision auch nicht mehr geltend gemacht. Das Berufungsgericht hat ferner eine - vom Ansatz her in Betracht zu ziehende - Anspruchskürzung wegen mitwirkenden Verschuldens nach den Besonderheiten des Falles rechtsfehlerfrei verneint.
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2. Darin kann dem Berufungsgericht nicht gefolgt werden. Haftpflichtige Körperschaft im Sinne des § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG und im Sinne des § 1 DDR-StHG ist vielmehr der beklagte Landkreis.