Bundesgerichtshof Urteil, 08. Mai 2014 - III ZR 371/12

bei uns veröffentlicht am08.05.2014
vorgehend
Landgericht Braunschweig, 9 O 899/10, 15.06.2011
Oberlandesgericht Braunschweig, 2 U 59/11, 31.10.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 371/12
Verkündet am:
8. Mai 2014
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Mai 2014 durch die Richter Dr. Herrmann, Wöstmann, Seiters, Tombrink
und Dr. Remmert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 31. Oktober 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Klägerin mit Sitz in Dänemark und die in Indien ansässige Beklagte stellen Gehäuse für elektrische Anlagen her. Der Geschäftsführer und alleinige Gesellschafter der Klägerin L. ist Inhaber des eine dreidimensionale rahmenartige Konstruktion und deren Verwendung betreffenden europäischen Patents EP , aus dem das deutsche Patent DE resultiert. Mit zum 15. Dezember 2008 beendetem Lizenzvertrag vom 12. Februar 1999 zwischen der I. P. H. Ltd. (im Folgenden: IPH) - mit Sitz in Mauritius - als Lizenzgeberin, vertreten durch den Patentinhaber L.
, und der B. I. P. Ltd. (im Folgenden: BIP) - mit Sitz in Indien - als Lizenznehmerin, wurde letzterer unter anderem die Nutzung der streitgegenständlichen Erfindung gestattet. Der Vertrag enthielt unter Art. VIII Ziffer 8.2 und 8.3 eine Schiedsabrede, wonach Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien aus und im Zusammenhang mit dem Vertrag einem Schiedsgericht in Neu-Delhi (Indien) gemäß den Regeln der Internationalen Handelskammer zur Entscheidung vorgelegt werden sollten.
2
Die Beklagte war auf der Hannover-Messe im April 2010 mit einem Stand vertreten. Zwischen den Parteien ist streitig, ob es in diesem Zusammenhang zum Anbieten von das Patent verletzenden Gehäusen gekommen ist.
3
Die Klägerin hat die Beklagte auf Unterlassung, Herausgabe patentverletzender Rahmenkonstruktionen, Auskunft und Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen. Ihre Aktivlegitimation stützt die Klägerin dabei zum einen auf eine schriftliche "Abtretungs- und Prozessführungsermächtigungserklärung" des Patentinhabers vom 15. November 2010, zum anderen darauf, dass ihr der Patentinhaber im Oktober 1999 mündlich eine ausschließliche Lizenz für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilt habe.
4
Die Beklagte hat in der Klageerwiderung die Einrede des Schiedsvertrags erhoben. Die Schiedsabrede im Lizenzvertrag vom 12. Februar 1999 gelte auch für die Parteien dieses Rechtsstreits. Sie sei Rechtsnachfolgerin der BIP. Die Klägerin ihrerseits sei an die Abrede gebunden aufgrund der Verbindungen zwischen der IPH, dem Pateninhaber und der Klägerin. Aus Ziffer II 2.1 (d) des Lizenzvertrags folge, dass sie über das Vertragsende hinaus berechtigt sei, das Patent in Form des Vertriebs zu nutzen. Deshalb falle der Streitgegenstand unter die Schiedsvereinbarung. Hilfsweise hat die Beklagte widerklagend die Fest- stellung der Rechtswidrigkeit der außerprozessualen Abmahnung der Klägerin sowie ihrer daraus folgenden Schadensersatzverpflichtung beantragt.
5
Das Landgericht hat in einem Zwischenurteil die Einrede des Schiedsvertrags als unbegründet erachtet und Klage sowie Widerklage für zulässig erklärt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die von der Vorinstanz zugelassene Revision der Beklagten.
6
Der Senat hat während des Revisionsverfahrens die Klägerin mit Beschluss vom 27. November 2013 (GRURPrax 2014, 117) darauf hingewiesen, dass die Klage bislang mangels hinreichender Bestimmung des Streitgegenstands (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) unzulässig sei. Die Klägerin stütze ihre Klage gleichrangig sowohl auf Ansprüche aus eigenem wie aus fremdem Recht. Insoweit handele es sich jedoch auch bei einheitlichem Klageziel um unterschiedliche Streitgegenstände. Diese könnten nicht im Wege einer alternativen Klagehäufung derart geltend gemacht werden, dass zwar nur einer der Ansprüche tenoriert, die Auswahl aber dem Gericht überlassen werden solle. Vielmehr sei es Sache der klagenden Partei, die Streitgegenstände in ein Eventualverhältnis zu stellen, was auch noch in der Revisionsinstanz geschehen könne.
7
Die Klägerin hat daraufhin erklärt, dass sie die Klage primär auf die "Abtretungs - und Prozessführungsermächtigungserklärung" des Patentinhabers vom 15. November 2010 stütze.
8
Zum 3. Dezember 2013 ist das Patent des Geschäftsführers der Klägerin erloschen.

Entscheidungsgründe


9
Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


10
Nach Auffassung des Berufungsgerichts greift die von der Beklagten gemäß § 1025 Abs. 2, § 1032 Abs. 1 ZPO, Art. II Abs. 3 des (UN-)Übereinkommens vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (nachfolgend UNÜ) erhobene Einrede der Schiedsgerichtsbarkeit nicht durch.
11
Ob eine den Streitgegenstand der Klage erfassende Schiedsvereinbarung bestehe und wie diese auszulegen sei, richte sich im Streitfall grundsätzlich nach indischem Recht. Denn zur Bestimmung des Statuts der Schiedsvereinbarung sei primär auf das von den Vertragsparteien gewählte Recht abzustellen. Hierbei könne die Rechtswahl auch stillschweigend erfolgen, was insbesondere bei einer für das Statut des Hauptvertrags erfolgten Rechtswahl anzunehmen sei. Die Parteien des Lizenzvertrags hätten in dessen Art. VIII Nr. 8.1 bestimmt, dass sich Gültigkeit, Auslegung und Durchführung des Vertrags nach indischem Recht richteten. Ferner sei in Art. VIII Nr. 8.3 als Schiedsort das indische Neu-Delhi bestimmt. Hieraus folge, dass nach ihren Vorstellungen auch für die Schiedsvereinbarung in Art. VIII Nr. 8.2 indisches Recht gelten solle.
12
Ob der Streitgegenstand des Verfahrens unter die Schiedsvereinbarung falle, sei zweifelhaft, könne aber letztlich offen bleiben. Denn die Vereinbarung erstrecke sich jedenfalls nicht auf die Klägerin. Die Beklagte berufe sich insoweit zu Unrecht auf die Grundsätze der sogenannten "group of companies doctrine" , die nach ihrer Darstellung unter anderem auch im indischen Recht gelte und die deshalb zu einer Erstreckung der Schiedsabrede auf die Klägerin führe, da diese - ebenso wie die IPH - zum Konzern des Patentinhabers L. gehöre. Nach der "group of companies doctrine" würden Schiedsvereinbarungen innerhalb eines Konzerns erstreckt, wenn sich die Vertreter des nicht unterzeichnenden Konzernunternehmens in irgendeiner Weise an den Verhandlungen oder der Vertragserfüllung beteiligt hätten, dieses Unternehmen als wirkliche Partei des Hauptvertrags oder der Schiedsvereinbarung anzusehen sei und ihm aus diesem Auftreten Vorteile erwüchsen oder solche zu erwarten seien. Auch komme eine Erstreckung der Schiedsabrede bei - aufgrund etwa konzerninterner Abhängigkeit - übermäßiger Kontrolle einer Partei des Schiedsvertrags durch den Dritten in Betracht. Diese Voraussetzungen lägen im Verhältnis der Klägerin zur IPH aber nicht vor. Einer Einbeziehung nach der "group of companies doctrine" stehe auch entgegen, dass diese Rechtsfigur im dänischen Recht nicht anerkannt sei. Für die spezielle Frage der Einbeziehung Dritter in eine Schiedsvereinbarung sei das Recht maßgeblich, das den Dritten mit einer der ursprünglichen Parteien der Schiedsvereinbarung verbinde, was hier - abweichend von dem ansonsten anwendbaren indischen Recht - zum dänischen Recht führe. Denn insoweit sei nach konzernrechtlichen Grundsätzen auf das Personalstatut der dänischen Klägerin abzustellen. Im Übrigen verstoße die "group of companies doctrine" gegen den deutschen ordre public. Es sei Bestandteil der deutschen öffentlichen Ordnung, dass niemand der staatlichen Gerichtsbarkeit zugunsten eines Schiedsgerichts entzogen werden dürfe, wenn er sich dem Spruch des Schiedsgerichts nicht freiwillig unterworfen habe. Dem widerspreche es aber, wenn man die Klägerin allein deshalb an die Schiedsvereinbarung binde, weil sie zum gleichen Konzern wie die Lizenzgeberin gehöre. Zudem wäre bei Anwendung der "group of companies doctrine" das Schriftformerfordernis des Art. II Abs. 1 UNÜ jedenfalls hinsichtlich der Klägerin nicht erfüllt. Es fehle an ihrer Unterschrift, da ihr Geschäftsführer L. bei Abschluss des Lizenzvertrags nicht für sie, sondern als Vertreter der IPH aufgetreten sei. Die Beklagte berufe sich letztlich auch zu Unrecht auf § 242 BGB. Die Klägerin verhalte sich weder widersprüchlich noch treuwidrig, wenn sie die Bindung an eine Vereinbarung in Abrede stelle, die nicht sie, sondern ein anderes Unternehmen getroffen habe.

II.


13
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis nicht stand.
14
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht die - auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfende (vgl. nur Senat, Urteil vom 28. November 2002 - III ZR 102/02, BGHZ 153, 82, 84 ff.; BGH, Urteil vom 7. November 2012 - VIII ZR 108/12, BGHZ 195, 243 Rn. 10, jew. mwN) - internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nach Maßgabe des § 32 ZPO bejaht. Hiergegen wendet sich die Revision zu Recht nicht.
15
2. Allerdings hat das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung, ob die Erhebung der Einrede der Schiedsvereinbarung durch die Beklagte (§ 1032 Abs. 1 ZPO) begründet ist, wesentliche Gesichtspunkte außer Acht gelassen, aus denen sich die Bindung der Klägerin an die im Lizenzvertrag vom 12. Februar 1999 enthaltene Schiedsabrede ergeben könnte. Die insoweit erforderlichen Feststellungen sind nachzuholen.
16
Hierbei werden zunächst die auf die "Abtretungs- und Prozessführungsermächtigungserklärung" des Patentinhabers vom 15. November 2010 gestützten Ansprüche zu prüfen sein.
17
Bei einem Anspruch aus eigenem und einem aus fremdem Recht handelt es sich auch bei einheitlichem Klageziel um unterschiedliche Streitgegenstände (Senat, Beschluss vom 27. November 2013, GRURPrax 2014, 117 Rn. 2 mwN). Nachdem die Klägerin ihre Forderungen in der Revisionsinstanz in das insoweit notwendige Eventualverhältnis gebracht hat, ist über die Frage, ob für die nur hilfsweise geltend gemachten Ansprüche aus eigenem Recht der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten gegeben ist oder die von der Beklagten erhobene Einrede des Schiedsvertrags durchgreift, nicht vor der endgültigen Entscheidung über die primär geltend gemachten Ansprüche aus fremden Recht zu befinden. Für diese Ansprüche lässt sich aber mit der vom Berufungsgericht gegebenen , lediglich auf die Klägerin und deren Konzernzugehörigkeit abstellenden Begründung eine Zuständigkeit des Schiedsgerichts in Neu-Delhi nicht verneinen.
18
a) Da die Klägerin im Rahmen der Abtretungs- und Prozessführungsermächtigungserklärung vom 15. November 2010 aus dem Recht des Patentinhabers vorgeht und es insoweit darum geht, ob die Beklagte durch ihr Verhalten auf der Hannover-Messe im April 2010 dessen Rechte verletzt hat, ist bei der Frage, ob die Klägerin die Schiedsvereinbarung gegen sich geltend lassen muss, zunächst auf die Person des Patentinhabers abzustellen. Feststellungen dazu, ob dieser an die Schiedsvereinbarung gebunden und dann diese Bindung auf die Klägerin übergegangen ist, hat das Berufungsgericht aber nicht getroffen. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass insoweit indisches Recht anwendbar sein dürfte:
19
Das Berufungsgericht ist zunächst rechtsfehlerfrei - Rügen werden im Revisionsverfahren nicht erhoben - davon ausgegangen, dass die Parteien des Lizenzvertrags die Schiedsvereinbarung indischem Recht unterstellt haben.
20
Welches Recht für die Einbeziehung Dritter - hier zunächst des Patentinhabers - in eine solche Schiedsvereinbarung maßgeblich ist, wird im Schrifttum nur vereinzelt und insoweit unterschiedlich erörtert. Teilweise wird das auf die Schiedsvereinbarung anwendbare Recht für maßgeblich gehalten (vgl. Schwab/ Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Auflage, Kap. 44 Rn. 24; siehe auch OLG Düsseldorf, RIW 1996, 239 f: jedenfalls, wenn der Beklagte geltend macht, in den Anwendungsbereich des Schiedsvertrags, an dem er nicht beteiligt war, einbezogen worden zu sein), teilweise wird auf das Recht abgestellt, das die präsumptiv an eine Schiedsklausel gebundene Person mit einer der ursprünglichen Parteien der Schiedsvereinbarung verbindet (vgl. Hausmann in Reithmann /Martiny, Internationales Vertragsrecht, 7. Auflage, Rn. 6783; Schlosser in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., Anhang zu § 1061 Rn. 47).
21
Gegen das Abstellen auf die für die Schiedsvereinbarung anwendbaren Normen könnte man einwenden, dass die Parteien des Schiedsvertrags nicht das Recht haben, die für die Frage der Einbeziehung eines außerhalb des Vertrags stehenden Dritten maßgebliche Rechtsordnung zu dessen Lasten zu bestimmen , sondern dass hierfür das auch ansonsten für das Verhältnis des Dritten zu den Vertragsparteien oder einer von ihnen maßgebliche Recht anwendbar ist. Solche - letztlich im Schutz vor Fremdbestimmung wurzelnden - Überle- gungen können jedoch in einem Fall wie hier nicht eingreifen, in dem der Patentinhaber die Schiedsvereinbarung selbst - wenn auch im Rahmen des Lizenzvertrags formal als Vertreter für die Lizenzgeberin - abgeschlossen hat. Seine Einbeziehung in die Schiedsvereinbarung ist deshalb ebenfalls nach dem für diese geltenden Recht zu entscheiden.
22
Ob sich im Falle einer Bindung des Patentinhabers - wie bei Maßgeblichkeit deutschen Rechts (vgl. zur Bindung des Zessionars an eine vom Zedenten abgeschlossene Schiedsvereinbarung nur Senat, Urteil vom 2. Oktober 1997 - III ZR 2/96, NJW 1998, 371 mwN) - auch die Klägerin, an die der Patentinhaber seine aus der geltend gemachten Patentverletzung folgenden Rechte abgetreten hat, an die Schiedsabrede halten muss, ist gleichfalls nach dem Recht zu beurteilen, das für die Schiedsvereinbarung maßgeblich ist.
23
Im internationalen Privatrecht gilt der Grundsatz, dass das Recht, dem eine Forderung unterliegt, im Fall der Abtretung ebenso für das Rechtsverhältnis zwischen dem Neugläubiger und dem Schuldner gilt. In diesem Sinn regelte früher Art. 33 Abs. 2 EGBGB, dass das für eine übertragene Forderung anwendbare Recht auch ihre Übertragbarkeit, das Verhältnis zwischen neuem Gläubiger und Schuldner, die Voraussetzungen, unter denen die Übertragung dem Schuldner entgegengehalten werden kann, und die befreiende Wirkung einer Leistung durch den Schuldner bestimmt. Art. 33 Abs. 2 EGBGB ist - wie der gesamte Erste Unterabschnitt des Fünften Abschnitts des EGBGB (Art. 27-37) - zum 17. Dezember 2009 außer Kraft getreten (Art. 1 Nr. 4, Art. 3 des Gesetzes zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 vom 25. Juni 2009, BGBl. I 1574) und durch die inhaltsgleiche Regelung in Art. 14 Abs. 2 der vorgenannten Verordnung (Rom I VO) ersetzt worden. Allerdings findet die Rom I VO auf Schieds- vereinbarungen keine unmittelbare Anwendung (Art. 1 Abs. 2 Buchst. e Rom I VO). Dies hindert aber nicht, den diesen Regelungen zugrundeliegenden Rechtsgedanken auch auf die vorliegende Fallkonstellation zu übertragen. Sowohl Art. 33 Abs. 2 EGBGB als auch Art. 14 Abs. 2 Rom I VO liegt die zutreffende Überlegung zugrunde, dass sich der Inhalt eines Schuldverhältnisses durch die Abtretung grundsätzlich nicht ändert und daher auch das maßgebliche Recht das Gleiche bleiben soll. Insoweit wird dem schutzwürdigen Interesse des Schuldners am Fortbestand der einmal geschaffenen Situation Rechnung getragen.
24
Dies rechtfertigt es, die Frage, ob im Rahmen der Abtretungs- und Prozessführungsermächtigungserklärung eine Schiedsbindung des Patentinhabers auf die Klägerin übergegangen ist, nach dem für die Schiedsvereinbarung geltenden Recht zu beurteilen. Dem Schuldner bleibt damit das für sein Verhältnis zum Zedenten maßgebliche Recht, dem er aufgrund der Schiedsvereinbarung unterworfen ist, erhalten.
25
Sollte der Patentinhaber L. an die Schiedsvereinbarung gebunden sein, würde sich im Übrigen auch, soweit die Klägerin hilfsweise aus eigenem Recht gegen die Beklagte vorgeht, die entscheidungserhebliche Fragestellung ändern. Insoweit ginge es in erster Linie nicht darum, ob sich die Klägerin aufgrund etwaiger gesellschaftsrechtlicher Verbindungen zur IPH an die von dieser abgeschlossene Schiedsabrede halten müsste, sondern ob letzteres (auch) deshalb der Fall ist, weil der Patentinhaber an die Schiedsabrede gebunden ist und die Klägerin ihre Rechte - ausschließliche Lizenz für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland - aus einer zeitlich später abgeschlossenen Vereinbarung mit dem Patentinhaber herleitet.
26
b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht einer etwaigen Bindung der Klägerin an die Schiedsklausel im Lizenzvertrag auch nicht der deutsche ordre public entgegen.
27
Zwar ist nach Art. 6 EGBGB ausländisches Recht nicht anzuwenden, wenn die Anwendung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist. Insoweit geht es nicht um eine abstrakte Prüfung des ausländischen Rechts, sondern um das konkrete Anwendungsergebnis im jeweiligen Einzelfall.
28
Hierbei setzt die Überprüfung des Ergebnisses der Anwendung ausländischen Rechts regelmäßig jedoch zunächst die Ermittlung dieses Auslegungsergebnisses voraus, wobei sämtliche anwendbaren komplementären Rechtsinstitute der verwiesenen Rechtsordnung zu berücksichtigen sind. Eine Anwendung von Art. 6 EGBGB "auf Verdacht" unter Verzicht auf die Feststellung und Ermittlung des anwendbaren Rechts ist grundsätzlich unzulässig. Vielmehr sind erst das ausländische Recht und die ihm zugrundeliegenden Wertungen zu ermitteln , bevor in einem zweiten Schritt ein Verstoß gegen Art. 6 EGBGB bejaht werden kann (vgl. nur BGH, Urteile vom 19. März 1997 - VIII ZR 316/96, BGHZ 135, 124, 139 f und vom 26. März 1998 - VII ZR 123/96, WM 1998, 1637, 1640; Lorenz in Bamberger/Roth, BGB, 3. Aufl., Art. 6 EGBGB Rn. 13; MüKoBGB/ Sonnenberger, Bd. 10, 5. Aufl., Art. 6 EGBGB Rn. 43; Palandt/Thorn, BGB, 73. Aufl., Art. 6 EGBGB Rn. 5). Das Berufungsgericht hätte deshalb zunächst prüfen müssen, ob das ausländische Recht im konkreten Fall eine Bindung der Klägerin an die Schiedsabrede im Lizenzvertrag vorsieht.
29
Selbst wenn man hiervon aber - wie das Berufungsgericht - absehen wollte, ist nicht ersichtlich, dass eine solche Bindung gegen den ordre public verstoßen würde. Art. 6 EGBGB schützt - wie andere entsprechende Vorbehaltsklauseln (z.B. § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO; § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO; Art. V Abs. 2 Buchst. b UNÜ) auch - nur den "Kernbestand der inländischen Rechtsordnung" (Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts vom 20. Mai 1983, BT-Drucks. 222/83, S. 42). Maßgeblich ist insoweit, ob das Ergebnis der Anwendung des ausländischen Rechts zu den Grundgedanken der deutschen Regelungen und den in ihnen enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch steht, dass es nach inländischen Vorstellungen untragbar erscheint (vgl. nur BGH, Urteil vom 28. April 1988 - IX ZR 127/87, BGHZ 104, 240, 243 zu Art. 6 EGBGB und Art. 30 EGBGB a.F.; Urteil vom 4. Juni 1992 - IX ZR 149/91, BGHZ 118, 312, 330 zu § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO; Beschluss vom 16. September 1993 - IX ZB 82/90, BGHZ 123, 268, 270 zu Art. 27 Nr. 1 EuGVÜ). Hierfür reicht es nicht aus, wenn der deutsche Richter, hätte er den Prozess nach deutschem Recht zu entscheiden, aufgrund zwingender deutscher Normen zu einem anderen Ergebnis kommen würde (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juni 1992 und Beschluss vom 16. September 1993, jew. aaO). Die Annahme eines Verstoßes gegen den ordre public kommt daher nur in extremen Ausnahmefällen in Betracht (Senat, Beschluss vom 28. Januar 2014 - III ZB 40/13, ZIP 2014, 595 Rn. 2 zu § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO).
30
Insoweit greift bereits die Argumentation des Berufungsgerichts, der ordre public sei verletzt, wenn man die Klägerin gegen ihren Willen allein deshalb der staatlichen Gerichtsbarkeit entziehe und der Schiedsgerichtsbarkeit unterwerfe , weil sie zum selben Konzern wie die Lizenzgeberin gehöre, zu kurz. Es geht nicht allein darum. Entscheidend ist, dass - wie bereits ausgeführt - die Klägerin im Rahmen der Abtretungs- und Prozessführungsermächtigungserklärung Rechte des Patentinhabers geltend macht. Sollte das ausländische Recht eine Bindung des Patentinhabers an die von ihm als Vertreter der Lizenzgeberin selbst vereinbarte Schiedsklausel bezüglich eines unter diese fallenden Streitgegenstands bejahen, würde dies genauso wenig zu einem aus Sicht des deutschen Rechts unerträglichen Ergebnis führen wie eine daraus folgende Bindung auch der Klägerin, soweit sie ihre Rechte vom Patentinhaber ableitet. Gleiches würde im Übrigen auch gelten, soweit die Klägerin hilfsweise Rechte aus der behaupteten mündlichen Lizenzvereinbarung vom Oktober 1999 geltend macht. Denn auch insoweit leitet sie ihre Rechtsposition vom Patentinhaber ab.
31
c) Einer etwaigen Bindung der Klägerin stünde auch nicht Art. II Abs. 1 UNÜ entgegen, wonach sich jeder Vertragsstaat verpflichtet hat, eine durch "schriftliche Vereinbarung" getroffene Schiedsabrede anzuerkennen. Nach Art. 11 Abs. 1 EGBGB ist ein Rechtsgeschäft formgültig, wenn es die Formerfordernisse des Rechts, das auf das seinen Gegenstand bildende Rechtsverhältnis anzuwenden ist, oder das Recht des Staates erfüllt, in dem es vorgenommen wird. Feststellungen dazu, ob nach dem insoweit maßgeblichen ausländischen Recht die Erstreckung einer schriftlichen Schiedsvereinbarung auf Dritte - zumal unter den konkreten Umständen des hiesigen Falls - ihrerseits formbedürftig ist, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Wäre dies nicht der Fall, stünde der Bindung des Patentinhabers bzw. der Klägerin auch nicht Art. II Abs. 1UNÜ entgegen. Denn durch das UNÜ soll die Durchsetzung von Schiedsvereinbarungen international erleichtert werden. Bezweckt ist dagegen nicht die Aufstellung strengerer Vorschriften als im nationalen Recht. Art. II Abs. 1 und 2 UNÜ enthalten dabei Formerfordernisse, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Abkommens im Jahr 1958 vergleichsweise liberal waren und in ihrer Strenge deutlich hinter denen vieler nationaler Rechte zurückblieben. Seither haben im Rahmen einer schiedsfreundlicheren Grundhaltung viele Rechtsordnungen ihre Formerfordernisse dahingehend gelockert, dass sie nun geringere Anforderungen stellen als Art. II Abs. 1 und 2 UNÜ. Dieser Historie widerspricht eine Auslegung , durch die Art. II Abs. 1 und 2 UNÜ entgegen seiner ursprünglichen Intention zu einem Anerkennungshindernis wird (Senat, Beschluss vom 30. September 2010 - III ZB 69/09, BGHZ 187, 126 Rn. 8 mwN). Davon abgesehen lässt Art. VII Abs. 1 UNÜ im Rahmen des sogenannten Meistbegünstigungsgrundsatzes ausdrücklich die Anwendung schiedsfreundlichen nationalen Rechts zu. Hierzu gehören nicht nur die Bestimmungen der §§ 1025 ff ZPO, sondern auch die nationalen Kollisionsregelungen und damit das danach als Statut der Schiedsvereinbarung berufene (ausländische) Recht (vgl. Senat, Beschluss vom 21. September 2005 - III ZB 18/05, NJW 2005, 3499, 3500). Zudem folgt aus dem Umstand, dass eine Schiedsvereinbarung formbedürftig ist, nicht automatisch, dass auch jede Erstreckung auf einen Dritten ihrerseits formbedürftig ist bzw. der Dritte nur gebunden ist, wenn er selbst die Schiedsabrede unterzeichnet oder ihr schriftlich beigetreten ist (vgl. nur Senat, Urteil vom 2. Oktober 1997 - III ZR 2/96, NJW 1998, 371).
32
3. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen zum ausländischen Recht an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich noch auf Folgendes hin:
33
a) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das Verfahren bezüglich beider Streitgegenstände nicht aufgrund des Umstands, dass das Patent am 3. Dezember 2013 erloschen ist, erledigt. Für die Frage, ob die Klage zulässig oder im Hinblick auf die von der Beklagten erhobene Einrede des Schiedsver- trags unzulässig ist, spielt das Erlöschen des Patents keine Rolle. Lediglich im Rahmen der Begründetheit der Klage wird die Klägerin diesem Umstand Rechnung tragen müssen, da sich insoweit zum Beispiel der in die Zukunft gerichtete Unterlassungsantrag in der Hauptsache erledigt hat und die Auskunfts- und Feststellungsanträge zeitlich entsprechend zu begrenzen sein dürften.
34
b) Das Berufungsgericht wird im weiteren Verfahren gegebenenfalls auch die von ihm offen gelassene Frage, ob der Streitgegenstand unter die Schiedsvereinbarung fällt, zu entscheiden haben. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist dies zweifelhaft. Denn ob ein nachwirkendes Vertriebsrecht der Beklagten aus dem Lizenzvertrag in Betracht komme, hänge maßgeblich davon ab, ob die Lizenzgeberin bei Abschluss des Vertrags am 12. Februar 1999 überhaupt Inhaberin von Lizenzrechten gewesen sei, die den Vertrieb in Deutschland - und damit auch auf der Hannover-Messe - gestattet hätten, obwohl dem das Patent des Patentinhabers und seit Oktober 1999 die ausschließliche Lizenz der Klägerin entgegenstehen könnten. Soweit die Beklagte eine entsprechende Rechtsposition der Lizenzgeberin behaupte, sei dieser Vortrag ersichtlich ins Blaue hinein erfolgt und unsubstantiiert. Lege man demgemäß zugrunde, dass die Lizenzgeberin über keine eigenen oder abgeleiteten Rechte für das deutsche Staatsgebiet verfügt habe, werde man kaum zum Ergebnis gelangen können, dass der Streitgegenstand der Schiedsabrede unterfalle. Denn bei einer Patentverletzung außerhalb des Vertragsgebiets stünden sich die Beteiligten nicht als Vertragspartner, sondern wie beliebige Dritte gegenüber.
35
Hierzu ist Folgendes anzumerken: Abgesehen davon, dass sich die Frage , ob der Streitgegenstand unter die Schiedsvereinbarung fällt, nach indischem Recht richtet und das Berufungsgericht hierzu keine abschließenden Feststellungen getroffen hat, rügt die Revision zu Recht als fehlerhaft, dass das Berufungsgericht den Vortrag der Beklagten als Behauptung ins Blaue hinein bewertet hat. Nicht deren Behauptung ist unsubstantiiert, sondern vielmehr umgekehrt ist die Annahme fernliegend, dass die Lizenzgeberin bei Abschluss des Vertrags am 12. Februar 1999 nur über eingeschränkte Lizenzrechte verfügte. Insoweit hat das Berufungsgericht nicht gewürdigt, dass es der Patentinhaber L. selbst war, der den Lizenzvertrag für die Lizenzgeberin abgeschlossen hat. Dass sich aus dem Wortlaut des Lizenzvertrags selbst eine Einschränkung des Vertragsgebiets ergibt, sodass die Aktivitäten der Beklagten auf der Hannover-Messe außerhalb des Vertragsgebiets erfolgten, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Wenn aber L. als Vertreter der Lizenzgeberin der Lizenznehmerin unbeschränkte Rechte einräumt, liegt die Annahme fern, die Lizenzgeberin sei im Verhältnis zu ihm dazu nicht berechtigt gewesen beziehungsweise L. sei als Patentinhaber damit nicht einverstanden gewesen. Die Annahme des Berufungsgerichts, einer entsprechenden Rechtsposition der Lizenzgeberin stehe insoweit das Patent des Inhabers entgegen, vermag daher nicht zu überzeugen. Soweit das Berufungsgericht auf die Behauptung der Klägerin verweist, dass L. ihr im Oktober 1999 mündlich eine ausschließliche Lizenz für Deutschland erteilt habe, ist diese Darstellung zum einen streitig und zum anderen nicht geeignet, einer ggfs. be- reits früher erfolgten und räumlich umfassenden Erteilung der Lizenz an die BIP nachträglich ihre Wirkung zu nehmen.
Herrmann Wöstmann Seiters
Tombrink Remmert
Vorinstanzen:
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Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 253 Klageschrift


(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift). (2) Die Klageschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;2.die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Ansp

Zivilprozessordnung - ZPO | § 32 Besonderer Gerichtsstand der unerlaubten Handlung


Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.
Bundesgerichtshof Urteil, 08. Mai 2014 - III ZR 371/12 zitiert 8 §§.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 1032 Schiedsvereinbarung und Klage vor Gericht


(1) Wird vor einem Gericht Klage in einer Angelegenheit erhoben, die Gegenstand einer Schiedsvereinbarung ist, so hat das Gericht die Klage als unzulässig abzuweisen, sofern der Beklagte dies vor Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache rügt,

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Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Jan. 2014 - III ZB 40/13

bei uns veröffentlicht am 28.01.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZB 40/13 vom 28. Januar 2014 in dem Verfahren auf Aufhebung eines inländischen Schiedsspruchs Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b a) Die Anerkennung oder Vollstr

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Nov. 2002 - III ZR 102/02

bei uns veröffentlicht am 28.11.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 102/02 Verkündet am: 28. November 2002 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja ZPO § 545 Abs.

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Nov. 2012 - VIII ZR 108/12

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 108/12 Verkündet am: 7. November 2012 Ermel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja CISG Art. 8, Art

Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Sept. 2005 - III ZB 18/05

bei uns veröffentlicht am 21.09.2005

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Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Jan. 2019 - XII ZB 188/17

bei uns veröffentlicht am 09.01.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 188/17 vom 9. Januar 2019 in der Personenstandssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja WRV Art. 109 Abs. 3; GG Art. 123; AEUV Art. 21 Zur Annahme einer deutschsprachigen Adelsbezeichnung i

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Nov. 2018 - XII ZB 292/15

bei uns veröffentlicht am 14.11.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 292/15 vom 14. November 2018 in der Personenstandssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja EGBGB Art. 48; WRV Art. 109 Abs. 3; GG Art. 123; AEUV Art. 21 a) Vom Anwendungsbereich des Art. 48 Sa

Referenzen

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Die Vorschriften dieses Buches sind anzuwenden, wenn der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens im Sinne des § 1043 Abs. 1 in Deutschland liegt.

(2) Die Bestimmungen der §§ 1032, 1033 und 1050 sind auch dann anzuwenden, wenn der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens im Ausland liegt oder noch nicht bestimmt ist.

(3) Solange der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens noch nicht bestimmt ist, sind die deutschen Gerichte für die Ausübung der in den §§ 1034, 1035, 1037 und 1038 bezeichneten gerichtlichen Aufgaben zuständig, wenn der Beklagte oder der Kläger seinen Sitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat.

(4) Für die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche gelten die §§ 1061 bis 1065.

(1) Wird vor einem Gericht Klage in einer Angelegenheit erhoben, die Gegenstand einer Schiedsvereinbarung ist, so hat das Gericht die Klage als unzulässig abzuweisen, sofern der Beklagte dies vor Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache rügt, es sei denn, das Gericht stellt fest, dass die Schiedsvereinbarung nichtig, unwirksam oder undurchführbar ist.

(2) Bei Gericht kann bis zur Bildung des Schiedsgerichts Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens gestellt werden.

(3) Ist ein Verfahren im Sinne des Absatzes 1 oder 2 anhängig, kann ein schiedsrichterliches Verfahren gleichwohl eingeleitet oder fortgesetzt werden und ein Schiedsspruch ergehen.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 102/02
Verkündet am:
28. November 2002
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Die Revision kann auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des
Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) darauf gestützt werden, daß
das untere Gericht mit Unrecht seine internationale Zuständigkeit angenommen
oder verneint hat.
EuGVÜ Art. 5 Nr. 3; 13 Abs. 1 Nr. 3; 14 Abs. 1 2. Alt.; BGB § 661a
Für die auf eine Gewinnzusage i.S. des § 661a BGB gestützte Klage gegen eine
(natürliche oder juristische) Person, die in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates
ansässig ist, besteht am Wohnsitz des klagenden Verbrauchers
entweder die internationale Zuständigkeit für Verbrauchersachen (Art. 13 f.
EuGVÜ) oder der unerlaubten Handlung (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ).
BGH, Urteil vom 28. November 2002 - III ZR 102/02 - OLG Düsseldorf
LG Mönchengladbach
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Oktober 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die
Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. Februar 2002 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Beklagte ist eine in den Niederlanden ansässige Versandhandelsgesellschaft. Mit Schreiben vom 30. Juni 2000 sandte sie der in der Bundesrepublik Deutschland wohnhaften Klägerin eine "Wichtige Benachrichtigung wegen Bargeld-Zuteilung aus Auswahl-Verfahren". Darin teilte die Beklagte der Klägerin mit, im Zuge einer "Extra-Auszahlung" würden noch vor dem 20. Juli 2000 12.300 DM vergeben. Weiter hieß es in dem Schreiben:
"Und stellen Sie sich vor, Frau M., Ihr Name wurde nicht nur nominiert, sondern sogar als Gewinner gezogen. Das heißt für Sie, der Bargeld-Betrag gehört jetzt schon Ihnen!"
Entsprechend der im Schreiben vom 30. Juni 2000 gegebenen Anleitung sandte die Klägerin der Beklagten den "Ziehungs-Bescheid" mit aufgeklebter "Zuteilungs-Marke" zurück. Die Beklagte zahlte nicht.
Die Klägerin macht geltend, die Beklagte schulde ihr aufgrund einer Gewinnzusage (§ 661a BGB) 12.300 DM nebst Zinsen. Die Beklagte hat gerügt , das angerufene Landgericht Mönchengladbach sei weder international noch örtlich zuständig. Sie könne nur an ihrem Sitz in den Niederlanden verklagt werden. Das Landgericht hat abgesonderte Verhandlung über die Zulässigkeit der Klage angeordnet und durch Zwischenurteil entschieden, daß die Klage zulässig sei. Das Berufungsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte weiterhin ihren Antrag, die Klage als unzulässig abzuweisen.

Entscheidungsgründe


Die Revision ist unbegründet.

I.


Das Berufungsgericht hat das Landgericht Mönchengladbach für international und örtlich zuständig erachtet. Es könne dahinstehen, ob Mönchengladbach Gerichtsstand des Erfüllungsortes (Art. 5 Nr. 1 erster Halbsatz des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September
1968, BGBl. 1972 II S. 774, im folgenden: EuGVÜ) sei. Die internationale Zu- ständigkeit der deutschen Gerichte ergebe sich jedenfalls aus dem Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ). Denn die Klage werde auf ein deliktsähnliches Verhalten der Beklagten gestützt.

II.


Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Prüfung im Ergebnis stand.
Die Klage ist zulässig. Die deutschen Gerichte sind international zuständig.
1. Das Revisionsgericht ist befugt, die internationale Zuständigkeit zu prüfen. § 545 Abs. 2 ZPO n.F., der hier anzuwenden ist (vgl. § 26 Nr. 7 Satz 1 EGZPO), steht insoweit nicht entgegen. Die Vorschrift hat die Regelungen in den bisherigen §§ 10, 549 Abs. 2 ZPO übernommen. Sie bestimmt - entsprechend dem neu gefaßten § 513 Abs. 2 ZPO (bisher: § 512 a ZPO) - darüber hinaus, die Revision könne nicht darauf gestützt werden, daß das erstinstanzliche Gericht seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat (Begründung der Bundesregierung zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses BT-Drucks. 14/4722 S. 106, s. auch S. 94 zu § 513 Abs. 2-E und S. 107 zu § 547-E). Diese Regelung bezieht sich jedoch ungeachtet ihres weitgefaßten Wortlauts nicht auf die internationale Zuständigkeit (vgl. Geimer, Internationales Zivilprozeßrecht 4. Aufl. 2001 Rn. 1008 f und 1855; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 60. Aufl. 2002 Übersicht § 38 Rn. 9; s. auch Albers aaO § 545 Rn. 17
a.E.; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl. 2002 § 280 Rn. 8; Zöller/Geimer aaO IZPR Rn. 38; s. auch BGH, Beschluß vom 17. September 2001 - VI ZR 105/02 - Umdruck S. 4; a.A. Reichold in Thomas/Putzo, ZPO 23. Aufl. 2001 § 545 Rn. 13; Zöller/Gummer aaO § 545 Rn. 16 und § 513 Rn. 8; vgl. ferner Musielak/Ball, ZPO 3. Aufl. 2002 § 545 Rn. 12 f).

a) Hinsichtlich des § 549 Abs. 2 ZPO a.F., der die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Gerichts des ersten Rechtszuges sowie die Frage nach der Zuständigkeit des Arbeitsgerichts und dem Vorliegen einer Familiensache der revisionsrechtlichen Prüfung entzogen hatte, war anerkannt, daß er für die internationale Zuständigkeit nicht - auch nicht entsprechend - galt. Die internationale Zuständigkeit war in jedem Verfahrensabschnitt, auch im Revisionsverfahren , von Amts wegen zu prüfen (st. Rspr., vgl. BGHZ - GSZ - 44, 46; BGHZ 115, 90, 91; 134, 127, 129 f; BGH, Urteil vom 17. Dezember 1998 - IX ZR 196/97 - NJW 1999, 1395 f; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO 21. Aufl. 1993 §§ 549, 550 Rn. 56). Weder dem Wortlaut des § 545 Abs. 2 ZPO (n.F.) noch der Gesetzesbegründung ist ein ausreichender Hinweis darauf zu entnehmen, daß der Gesetzgeber daran etwas ändern wollte.
aa) Gemäß § 545 Abs. 2 ZPO (n.F.) erstreckt sich die revisionsrechtliche Prüfung nicht darauf, daß das Gericht des ersten Rechtszuges "seine" Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat. Damit kann allein die Zuständigkeitsverteilung unter den deutschen Gerichten gemeint sein, nämlich die Frage der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit, ferner - abweichend vom bisherigen Recht - der funktionellen Zuständigkeit, der Abgrenzung zwischen Zivilkammer und Kammer für Handelssachen sowie zwischen Prozeßgericht und Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit (vgl. Musielak/Ball aaO Rn. 13
a.E.), nicht jedoch diejenige zwischen den deutschen und den ausländischen Gerichten.
bb) Die Gesetzesbegründung (Begründung aaO) verweist darauf, daß im Interesse der Verfahrensbeschleunigung und der Entlastung des Revisionsgerichts Rechtsmittelstreitigkeiten, die allein auf die Frage der Zuständigkeit "des Gerichts" gestützt werden, vermieden werden sollen. Die in den Vorinstanzen geleistete Sacharbeit solle nicht wegen fehlender Zuständigkeit hinfällig werden. Diese Hinweise sind zu allgemein, als daß angenommen werden könnte, der Gesetzgeber habe die internationale Zuständigkeit ebenso wie die Zuständigkeitsverteilung unter den - unterstelltermaßen gleichwertigen (BGHZ 44, 46, 49) - innerstaatlichen Gerichten der revisionsrechtlichen Nachprüfung entziehen wollen. Die internationale Zuständigkeit hat nämlich ein ungleich größeres Gewicht. Sie betrifft die Abgrenzung zu den Souveränitätsrechten anderer Staaten. Es handelt sich darum, inwieweit die deutschen Gerichte in Rechtssachen mit Auslandsbeziehungen eine Entscheidungsbefugnis in Anspruch nehmen können (vgl. BGHZ aaO 51).
Es kommt hinzu, daß die internationale Zuständigkeit - anders als die örtliche, sachliche, funktionelle und ähnliche innerstaatliche Zuständigkeit - über das Verfahrensrecht entscheidet, dem der Rechtsstreit unterliegt. Denn nur das deutsche Gericht wendet deutsches Prozeßrecht, das ausländische Gericht aber sein eigenes Verfahrensrecht an. Darüber hinaus hängt von der internationalen Zuständigkeit nicht selten ab, nach welchem materiellen Recht die Rechtssache entschieden wird. Wird die deutsche internationale Zuständigkeit bejaht, so bestimmt das deutsche internationale Privatrecht, nach welchem materiellen Recht das streitige Rechtsverhältnis zu beurteilen ist; wird
aber die deutsche internationale Zuständigkeit verneint (und ruft deshalb der Kläger ein ausländisches Gericht an), so entscheidet dieses nach dem internationalen Privatrecht seines Landes über die anzuwendende Rechtsnorm. Demgemäß kann die Entscheidung über die internationale Zuständigkeit - im Gegensatz zu der Zuständigkeitsabgrenzung unter den deutschen Gerichten - die sachliche Entscheidung des Prozesses vorwegnehmen (BGHZ aaO 50; Geimer aaO Rn. 1009).

b) Die Auffassung, daß § 545 Abs. 2 ZPO (n.F.) die revisionsrechtliche Prüfung der internationalen Zuständigkeit nicht hindert, wahrt schließlich die Beachtung der Vorlagepflichten nach dem EuGVÜ und dem hierzu abgeschlossenen Protokoll betreffend die Auslegung des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen durch den Gerichtshof vom 3. Juni 1971 (BGBl. 1972 II S. 846, künftig: Protokoll). Danach können in der Bundesrepublik Deutschland nur die obersten Gerichtshöfe des Bundes (Art. 2 Nr. 1 des Protokolls) und andere Gerichte, sofern sie als Rechtsmittelgericht entscheiden (Art. 2 Nr. 2 des Protokolls), dem Gerichtshof eine Auslegungsfrage zur Vorabentscheidung vorlegen. Diese Vorlageberechtigung ginge ins Leere, wenn der Bundesgerichtshof aufgrund des § 545 Abs. 2 ZPO n.F. die internationale Zuständigkeit nicht mehr zu prüfen hätte. Entsprechendes gälte dann nämlich auch für die Berufungsgerichte (vgl. § 513 Abs. 2 ZPO n.F.), so daß es in der Bundesrepublik Deutschland kein Gericht gäbe, das berechtigt wäre, dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Fragen zur Auslegung des EuGVÜ (und des am selben Tag und am selben Ort unterzeichneten Protokolls sowie des Protokolls vom 3. Juni 1971 ) vorzulegen. Ein solches Ergebnis wäre aber mit der im Protokoll vom
3. Juni 1971 bestimmten Vorlageregelung unvereinbar (vgl. zu den völkerver- trags- und sekundärrechtlichen Kontrollpflichten Staudinger IPRax 2001, 298, 299 f).
2. Die mithin zulässige revisionsrechtliche Prüfung ergibt, daß im Streitfall die deutschen Gerichte entweder gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 zweite Alternative EuGVÜ oder gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ international zuständig sind.

a) Grundsätzlich sind natürliche Personen, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates des EuGVÜ haben, vor den Gerichten dieses Staates zu verklagen (Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ); entsprechendes gilt für Gesellschaften und juristische Personen, die ihren Sitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates haben (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 53 Abs. 1 Satz 1 EuGVÜ ). Abweichend von dieser Regel können in einem Vertragsstaat ansässige (natürliche oder juristische) Personen vor den Gerichten eines anderen Vertragsstaates verklagt werden, wenn dort einer der in Art. 5 ff EuGVÜ genannten Wahlgerichtsstände besteht (Art. 3 Abs. 1 EuGVÜ; vgl. auch Musielak/Weth, ZPO 2. Aufl. 2000 Art. 3 EuGVÜ Rn. 1). So liegt der Streitfall. Die in den Niederlanden ansässige Beklagte kann vor einem deutschen Gericht verklagt werden , weil in der Bundesrepublik Deutschland entweder die internationale Zuständigkeit für Verbrauchersachen (Art. 13, 14 EuGVÜ) oder der unerlaubten Handlung (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ) begründet ist.

b) Für Klagen aus einem Vertrag, den eine Person zu einem Zweck abgeschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person (Verbraucher) zugerechnet werden kann, bestimmt sich die Zuständig-
keit nach den Art. 13 ff. EuGVÜ für "andere Verträge" (als Teilzahlungskauf oder Darlehen), wenn sie die Lieferung beweglicher Sachen zum Gegenstand haben, sofern dem Vertragsschluß in dem Staat des Wohnsitzes des Verbrauchers ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung vorausgegangen ist und der Verbraucher in diesem Staat die zum Abschluß des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen hat (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 zweite Alternative EuGVÜ). Es handelt sich bei dieser Zuständigkeit um einen Sonderfall des Gerichtsstandes des Erfüllungsortes (Art. 5 Nr. 1 erster Halbsatz EuGVÜ). Während Art. 5 Nr. 1 erster Halbsatz EuGVÜ sich allgemein auf Klagen aus Vertrag bezieht, erfaßt Art. 13 EuGVÜ bestimmte Arten von Verträgen, die ein Verbraucher geschlossen hat (EuGH, Urteil vom 11. Juli 2002 - Rs. C-96/00 - NJW 2002, 2697, 2698). Die in Art. 13 EuGVÜ verwendeten Begriffe sind autonom auszulegen, wobei in erster Linie die Systematik und die Zielsetzung des Übereinkommens zu berücksichtigen sind, um dessen volle Wirksamkeit zu sichern (EuGH aaO).
Die vorliegende auf eine Gewinnzusage im Sinne des § 661a BGB gestützte Klage kann als Klage aus einem Verbrauchervertrag (Art. 13 Abs. 1 EuGVÜ) angesehen werden.
aa) Zwar handelt es sich bei der Gewinnzusage oder vergleichbaren Mitteilung der Beklagten nicht um einen Vertrag, sondern um ein einseitiges Rechtsgeschäft oder eine geschäftsähnliche Handlung (vgl. Lorenz, NJW 2000, 3305, 3307; Palandt/Sprau, BGB 61. Aufl. 2002 § 661a Rn. 2; Ring, Fernabsatzgesetz 2002 Art. 2 Abs. 4 Rn. 172). Die vertragliche Natur des Klageanspruchs kann auch nicht daraus hergeleitet werden, daß eine untrennbare Verbindung zwischen der Gewinnzusage und der Warenbestellung bestanden
hätte (vgl. EuGH aaO S. 2699). Es ist nicht ersichtlich, daß die Klägerin bei der Beklagten Waren bestellt oder die Beklagte die Auszahlung des Gewinns von einer Warenbestellung abhängig gemacht hätte.
bb) Die an die Klägerin gerichtete Gewinnbenachrichtigung der Beklagten zielte jedoch auf eine Vertragsanbahnung. Die Klägerin, die unstreitig Verbraucherin im vorbeschriebenen Sinn war, sollte hierdurch veranlaßt werden, bei der Beklagten Waren zu bestellen (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 zweite Alternative und lit. a EuGVÜ). Denn sie wurde in dem Schreiben der Beklagten vom 30. Juni 2000 aufgefordert, von der Klägerin angebotene "Schnäppchen" zu nutzen. Auch das in Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 lit. b EuGVÜ bestimmte Erfordernis, daß der Verbraucher in dem Staat seines Wohnsitzes die zum Abschluß des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen hat, war - zumindest dem Rechtsgedanken nach - erfüllt. Die Klägerin versah entsprechend den Anweisungen der Beklagten im Schreiben vom 30. Juni 2000 den Ziehungsbescheid mit der Zuteilungsmarke und schickte ihn am 7. Juli 2000 zurück.
cc) Sind aber die Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ gegeben , dann konnte die in der Bundesrepublik Deutschland wohnende Klägerin ihre "Klage eines Verbrauchers" gegen die in den Niederlanden ansässige Beklagte wahlweise vor den niederländischen (Art. 14 Abs. 1 erste Alternative EuGVÜ) oder - wie geschehen - vor den deutschen Gerichten (Art. 14 Abs. 1 zweite Alternative EuGVÜ) erheben.

c) Wäre hingegen für die Zuständigkeit für Verbrauchersachen (Art. 13 ff. EuGVÜ) entscheidend auf den - hier nicht erfolgten - Abschluß eines Vertra-
ges abzustellen, wären die deutschen Gerichte jedenfalls aufgrund des Gerichtsstandes der unerlaubten Handlung zuständig.
aa) Gemäß Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ können in einem Vertragsstaat ansässige (natürliche oder juristische) Personen auch vor den Gerichten eines anderen Vertragsstaats verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, und zwar vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist (Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 5 Nr. 3; Art. 53 Abs. 1 Satz 1 EuGVÜ). Der Begriff der "unerlaubten Handlung" im Sinne des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ ist als autonomer Begriff anzusehen. Um eine einheitliche Lösung in allen Mitgliedsstaaten zu gewährleisten, ist davon auszugehen, daß sich der Begriff der "unerlaubten Handlung" auf Klagen bezieht, mit denen eine Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht wird und die nicht an einen Vertrag im Sinne von Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ anknüpfen (st. Rspr. des EuGH, vgl. Urteil vom 11. Juli 2002 aaO; Urteil vom 27. September 1988 - Rs. 189/87 - EuGHE 1988, 5565, 5585 = NJW 1988, 3088, 3089 m. Anm. Geimer; vgl. auch BGH, Urteil vom 11. Februar 1988 - I ZR 201/86 - NJW 1988, 1466, 1467). So läge der Streitfall, wenn für den Gerichtsstand des Erfüllungsortes (Art. 5 Nr. 1 erster Halbsatz EuGVÜ) und, was hier in Frage steht, die Zuständigkeit für Verbrauchersachen (Art. 13 ff. EuGVÜ) die Anknüpfung an die mit der Gewinnzusage betriebene Vertragsanbahnung nicht genügte. Die Haftung wegen Gewinnzusage (§ 661a BGB) wäre dann als nichtvertragliche deliktische oder deliktsähnliche Haftung - nicht als eine solche wegen zurechenbar gesetzten Rechtsscheins (vgl. Lorenz aaO S. 3306, 3308) - aufzufassen.
Mit der Einführung des § 661a BGB wollte der Gesetzgeber einer verbreiteten und wettbewerbsrechtlich unzulässigen Praxis entgegenwirken, daß Unternehmer Verbrauchern Mitteilungen über angebliche Gewinne übersenden , um sie zur Bestellung von Waren zu veranlassen, die Gewinne auf Nachfrage aber nicht aushändigen (vgl. Begründung der Bundesregierung zu dem Entwurf eines Gesetzes über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro BT-Drucks. 14/2658 S. 48 f, Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates BT-Drucks. 14/2920 S. 15; Lorenz aaO S. 3306 m.w.N.). Damit wurde - österreichischem Vorbild folgend (Lorenz IPRax 2002, 192) - eine Tendenz der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsschlüssen im Fernabsatz (ABl. EG Nr. L 144 S. 19) aufgegriffen, wettbewerbsrechtliche Verstöße allgemein-zivilrechtlich zu ahnden (Lorenz NJW 2000, 3306; vgl. auch Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem vorgenannten Gesetzentwurf BT-Drucks. 14/3195 S. 33 f; Ring aaO Rn. 167-169). Die unlautere Werbung mittels Vortäuschung scheinbarer Gewinne sollte unterbunden werden, indem dem Verbraucher gesetzlich eingeräumt wurde, den Unternehmer beim Wort zu nehmen und die Leistung des mitgeteilten Gewinns zu verlangen (Begründung Fernabsatzgesetz aaO S. 49; Bericht aaO S. 34). Darin ist jedenfalls eine Haftung wegen "unerlaubter Handlung" - im oben beschriebenen weitgefaßten Sinn des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ - zu sehen. Der Unternehmer wird für sein - in der Regel vorsätzlich abgegebenes (vgl. Lorenz aaO S. 3306, 3307) - täuschendes Versprechen "bestraft" , indem er gemäß § 661a BGB hierfür dem Verbraucher auf Erfüllung haftet (vgl. Gegenäußerung aaO; Rauscher/Schülke, The European Legal Fo-
rum 2000/01, 334, 337). Diese deliktische Qualifikation einer Klage aus Ge- winnzusage wahrt zugleich die Parallelität zu den Wettbewerbssachen (vgl. Lorenz aaO S. 3308 und 3309; s. aber dagegen ders. IPRax 2002, 192, 194 f; Rauscher/Schülke aaO), die nach allgemeiner Auffassung unter den Gerichtsstand der "unerlaubten Handlung" im Sinne des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ fallen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 1988 aaO; Gottwald in MünchKomm ZPO 2. Aufl. 2001 Schlußanhang IZPR Art. 5 EuGVÜ Rn. 37; Wieczorek /Schütze/Hausmann, ZPO 3. Aufl. 1994 Anh. § 40 Art. 5 EuGVÜ Rn. 51; Albers aaO Rn. 17; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO 22. Aufl. 1999 Art. 5 EuGVÜ Rn. 10; Auer in Bülow/ Böckstiegel/Geimer/Schütze, Der internationale Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen Art. 5 EuGVÜ Rn. 100; Geimer /Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht 1997 Art. 5 EuGVÜ Rn. 151; Schlosser, EuGVÜ 1996 Art. 5 Rn. 16; Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht 6. Aufl. 1998 Art. 5 EuGVÜ Rn. 57; Lorenz IPRax 2002, 192, 194).
Der Anspruch aus Gewinnzusage wäre im übrigen auch dann dem Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ) zuzuordnen, wenn es sich um einen gesetzlichen Fall der culpa in contrahendo handelte (vgl. Lorenz aaO 3307, 3309; EuGH, Urteil vom 17. September 2002 - Rs. C 334/00 - NJW 2002, 3159 f).
bb) Der gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ maßgebliche Ort, "an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist", liegt sowohl an dem Ort, an dem der Schaden eingetreten ist, als auch an dem Ort des ursächlichen Geschehens (EuGH, Urteil vom 30. November 1976 - Rs. 21/76 - EuGHE 1976, 1735, 1746 f und vom 7. März 1995 - Rs. C-68/93 - EuGHE 1995 I S. 415, 460;
Gottwald aaO Rn. 42; Auer aaO Rn. 107). Dementsprechend konnte die Be- klagte an dem für den Wohnsitz der Klägerin zuständigen Gericht verklagt werden. Dort trat nämlich mit dem Empfang des scheinbaren Gewinnversprechens der Erfolg der unerlaubten Handlung (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ) ein (vgl. Rauscher /Schülke aaO S. 338; Lorenz NJW 2000, 3308, 3309).
3. Einer Vorlage wegen der hier vorgenommenen Auslegung der Art. 13 und 5 Nr. 3 EuGVÜ nach Art. 2 f des Protokolls vom 3. Juni 1971 bedarf es nicht. Zwar ist die Auslegungsfrage in der für den vorliegenden Rechtsstreit erheblichen Form noch nicht Gegenstand einer Entscheidung des Gerichtshofes gewesen. Eine Vorlage ist aber - ebenso wie im Falle des Art. 177 Abs. 3 EWG-Vertrag und des Art. 234 Abs. 3 EG-Vertrag - entbehrlich, wenn die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts so offenkundig ist, daß für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. 283/81 - EuGHE 1982, 3415; BVerfG NJW 1988, 1456; BGHZ 109, 29, 35; BGH, Urteil vom 12. Mai 1993 - VIII ZR 110/92 - BGHR EGÜbk Art. 6 Nr. 3 Zuständigkeit 1). So liegt es hier. Die auf eine Gewinnzusage oder eine vergleichbare Mitteilung (§ 661a BGB) gestützte Klage ist in Anlehnung an die Urteile des Europäischen Gerichtshofs vom 11. Juli 2002 (aaO) und 17. September 2002 (aaO) dem internationalen Gerichtsstand für Verbrauchersachen (Art. 13 f EuGVÜ) oder der unerlaubten Handlung (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ) zuzuordnen. Daß weder die eine noch die andere Vorschrift anwendbar ist und sich die Beklagte auf den allgemeinen Gerichtsstand des Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ berufen könnte, hält der Senat im Hinblick auf die genannten Entscheidungen des Gerichtshofs für ausgeschlossen. Er ist davon überzeugt, daß die gleiche Gewißheit für die Gerichte der übrigen Vertragsstaaten und den Europäischen Gerichtshof selbst besteht (vgl. EUGH, BVerfG und BGHZ aaO).

4. Die Beklagte hat die Kosten der erfolglosen Rechtsmittel gegen das Zwischenurteil des Landgerichts zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO; vgl. Zöller/Greger aaO § 280 Rn. 8 a.E.).
Rinne Wurm Kapsa Dörr Galke
10
Das Berufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte , die in jeder Lage des Verfahrens, und zwar auch noch im Revisionsverfahren , von Amts wegen zu prüfen ist (BGH, Urteil vom 11. Juli 2012 - IV ZR 164/11, WM 2012, 1582 Rn. 22 mwN), und damit die Zuständigkeit des Landgerichts Köln zu Recht für gegeben erachtet. Die Zuständigkeit folgt aus § 29 ZPO, weil die Parteien durch den von ihnen verwendeten Incoterm (International Commercial Term, herausgegeben von der Internationalen Handelskammer ) DDP Cologne Köln als Erfüllungsort vereinbart und darüber zugleich - als Formkaufleute im Sinne von § 6 Abs. 1 HGB nach § 29 Abs. 2 ZPO wirksam - die Zuständigkeit des hier bestehenden Gerichts begründet haben.

Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.

(1) Wird vor einem Gericht Klage in einer Angelegenheit erhoben, die Gegenstand einer Schiedsvereinbarung ist, so hat das Gericht die Klage als unzulässig abzuweisen, sofern der Beklagte dies vor Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache rügt, es sei denn, das Gericht stellt fest, dass die Schiedsvereinbarung nichtig, unwirksam oder undurchführbar ist.

(2) Bei Gericht kann bis zur Bildung des Schiedsgerichts Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens gestellt werden.

(3) Ist ein Verfahren im Sinne des Absatzes 1 oder 2 anhängig, kann ein schiedsrichterliches Verfahren gleichwohl eingeleitet oder fortgesetzt werden und ein Schiedsspruch ergehen.

(1) Die Anerkennung des Urteils eines ausländischen Gerichts ist ausgeschlossen:

1.
wenn die Gerichte des Staates, dem das ausländische Gericht angehört, nach den deutschen Gesetzen nicht zuständig sind;
2.
wenn dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat und sich hierauf beruft, das verfahrenseinleitende Dokument nicht ordnungsmäßig oder nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte;
3.
wenn das Urteil mit einem hier erlassenen oder einem anzuerkennenden früheren ausländischen Urteil oder wenn das ihm zugrunde liegende Verfahren mit einem früher hier rechtshängig gewordenen Verfahren unvereinbar ist;
4.
wenn die Anerkennung des Urteils zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere wenn die Anerkennung mit den Grundrechten unvereinbar ist;
5.
wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist.

(2) Die Vorschrift der Nummer 5 steht der Anerkennung des Urteils nicht entgegen, wenn das Urteil einen nichtvermögensrechtlichen Anspruch betrifft und nach den deutschen Gesetzen ein Gerichtsstand im Inland nicht begründet war.

2
1. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist das Oberlandesgericht bei seiner Prüfung, ob die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht (§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO), nicht von einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab ausgegangen. Die Annahme des Oberlandesgerichts, dass ein Widerspruch gegen den ordre public nur bei "offensichtlicher" Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts vorliege und daher der Einwand einer Verletzung des ordre public nur in "extremen Ausnahmefällen" greife, ist zutreffend und entspricht der Senatsrechtsprechung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 18/05
vom
21. September 2005
in dem Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer
Schiedssprüche (BGBl. 1961 II S. 121 - UNÜ) Art. VII Abs. 1

a) Die durch den Meistbegünstigungsgrundsatz des Art. VII Abs. 1 UNÜ gebotene
Anwendung schiedsfreundlicheren nationalen Rechts umfasst die Bestimmungen
zur Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen (§§ 1025 ff ZPO) und
die (nationalen) Kollisionsregeln sowie das danach als Statut der Schiedsvereinbarung
berufene nationale Recht.

b) Unterliegt die Schiedsvereinbarung nach dem - durch den lex fori-Grundsatz bestimmten
- internationalen Privatrecht des Exequaturstaates einem nationalen
Recht, das liberalere Formvorschriften hat als diejenigen des Art. II Abs. 1 und 2
UNÜ, ist dieses anerkennungsfreundlichere nationale Recht gemäß Art. VII Abs. 1
UNÜ maßgeblich.
BGH, Beschluss vom 21. September 2005 - III ZB 18/05 - OLG Oldenburg
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. September 2005 durch
den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Streck, Dr. Kapsa, Galke und
Dr. Herrmann

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 1. Februar 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Wert des Beschwerdegegenstandes: 34.387,83 Euro

Gründe:


I.


Die Antragstellerin beansprucht von der Antragsgegnerin restliche Vergütung für die Erledigung von Baggerarbeiten. Sie erhob deshalb Schiedsklage gegen die Antragsgegnerin vor der Schiedskommission "Allgemeine Ge-
schäftsbedingungen für E. betriebe" in W. /Niederlande. Die Antragsgegnerin rügte die Zuständigkeit dieses Schiedsgerichts.
Durch Schiedsspruch ("Arbitraal vonnis") vom 17. Dezember 2 003 verurteilte das Schiedsgericht die Antragsgegnerin, an die Antragstellerin 34.387,83 € nebst Zinsen und Kosten zu zahlen. Das Oberlandesgericht hat entschieden, der Schiedsspruch sei im Inland nicht anzuerkennen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren, den Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären, weiter.

II.


Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mi t § 1025 Abs. 4, § 1065 Abs. 1 Satz 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
Die Rechtsbeschwerde ist begründet; sie führt zur Aufhebu ng des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
1. Das Oberlandesgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
Die Vollstreckbarerklärung nach dem Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (BGBl. 1961 II S. 121 - im folgenden UNÜ) sei zu versagen, weil die Entschei-
dung des Schiedsgerichts nicht durch eine "schriftliche Vereinbarung" im Sinne der Art. V Abs. 1 lit. a, Art. II Abs. 2 UNÜ legitimiert gewesen sei. Die Parteien hätten die zu erbringenden Leistungen mündlich vereinbart. Zwar habe sich auf den Rechnungen der Antragstellerin ein Hinweis auf Allgemeine Geschäftsbedingungen befunden, die eine Schiedsklausel enthalten hätten. Das habe aber - mangels gesonderten Hinweises auf die Schiedsklausel - der von Art. II Abs. 2 UNÜ geforderten Schriftform nicht genügt.
Dem UNÜ könne nationales, hier also deutsches, Recht vorge hen, soweit es der Vollstreckbarkeitserklärung günstiger sei. Es gebe aber keinen Schiedsvertrag, der den Anforderungen des § 1031 Abs. 1 bis 3 ZPO entspreche.
2. Die Begründung des Oberlandesgerichts hält in einem entscheidenden Punkt der rechtlichen Prüfung nicht stand. Aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Parteien eine formwirksame Schiedsvereinbarung geschlossen haben und damit dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs stattzugeben ist.

a) Die Rechtsbeschwerde nimmt hin, dass das Oberlandesgeri cht die Formerfordernisse, die Art. II UNÜ an eine Schiedsvereinbarung stellt, im Streitfall nicht für erfüllt angesehen und deshalb die Anerkennung des Schiedsspruchs nach dem UNÜ versagt hat. Dagegen ist auch nichts zu erinnern.
Art. II Abs. 1 UNÜ fordert eine schriftliche Vereinbar ung. Darunter ist gemäß Art. II Abs. 2 UNÜ eine Schiedsklausel in einem Vertrag oder eine Schiedsabrede zu verstehen, sofern der Vertrag oder die Schiedsabrede von
den Parteien unterzeichnet oder in Briefen oder in Telegrammen enthalten ist, die sie gewechselt haben. Hier hatten die Parteien indes lediglich mündliche Abreden über die Beauftragung der Antragstellerin mit Baggerarbeiten getroffen. Der Verweis auf die in AGB niedergelegte Schiedsklausel befand sich allein auf Rechnungen, die die Antragstellerin der Antragsgegnerin übersandte, mithin nicht in gewechselten Schriftstücken.

b) Die Rechtsbeschwerde meint, nach dem Meistbegünstigung sgrundsatz des Art. VII Abs. 1 UNÜ sei der Rückgriff auf nationales Recht erlaubt. Die Formerfordernisse des danach maßgeblichen § 1031 ZPO seien - entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts - erfüllt. Dem ist nicht beizutreten.
aa) An dieser Stelle mag - was noch zu erörtern sein wi rd - mit der Rechtsbeschwerde davon ausgegangen werden, dass Art. VII Abs. 1 UNÜ die Anwendung des § 1031 ZPO gestattet. Die Vorschrift kann der Rechtsbeschwerde aber nicht zum Erfolg verhelfen; denn die dort niedergelegten Formalien einer Schiedsvereinbarung sind ebenfalls nicht eingehalten.
bb) Die Schiedsvereinbarung war weder in einem von den Parteien unterzeichneten Dokument (§ 1031 Abs. 1 Alt. 1 ZPO) noch in - nicht notwendigerweise unterschriebenen - gewechselten Dokumenten oder anderen Formen der Nachrichtenübermittlung (§ 1031 Abs. 1 Alt. 2 ZPO) enthalten. Lediglich die einseitig von der Antragstellerin der Antragsgegnerin übermittelten Rechnungen enthielten einen Verweis auf AGB, die u.a. ein Schiedsverfahren vorsahen.
Die Rechnungen können auch nicht als kaufmännische Bestätig ungsschreiben aufgefasst werden, die gemäß § 1031 Abs. 2 Alt. 1 in Verbindung mit
Abs. 3 ZPO wirksam auf die AGB-mäßige Schiedsklausel Bezug genommen hätten. Die Rechnungen waren - ebenso wenig wie die von der Rechtsbeschwerde in den Rechnungen gesehenen Auftragsbestätigungen - dazu bestimmt , den Vertragsschluss und den Inhalt der getroffenen Vereinbarungen verbindlich festzulegen; mit ihnen sollten erkennbar lediglich die von der Antragstellerin erbrachten Werkleistungen gegenüber der Antragsgegnerin abgerechnet werden.

c) Auf einem anderen Wege könnte aber der von der Rech tsbeschwerde geltend gemachte Meistbegünstigungsgrundsatz (Art. VII Abs. 1 UNÜ) zur Anerkennung der Schiedsvereinbarung und damit des Schiedsspruchs führen:
aa) Das UNÜ lässt die Anwendung nationalen Rechts zu, sow eit es der Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs günstiger ist (Art. VII Abs. 1 UNÜ). Das deutsche Gericht ist deshalb befugt, auch ohne dass sich die Parteien darauf berufen, auf das anerkennungsfreundlichere innerstaatliche Recht in toto zurückzugreifen; denn es hat das Recht - völkerrechtliche Verträge ebenso wie (originär-)nationales Recht - von Amts wegen zu beachten (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 25. September 2003 - III ZB 68/02 - SchiedsVZ 2003, 281, 282 m.w.N.).
bb) Nach dem vorbeschriebenen Meistbegünstigungsgrundsatz w äre mithin - sofern schiedsfreundlicher - das deutsche Recht, d.h. die Vorschriften der Zivilprozessordnung zur Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (§ 1025 Abs. 4, §§ 1061 bis 1065 ZPO) anwendbar. Dort wird aber (vgl. § 1061 Abs. 1 Satz 1 ZPO) abgesehen von wenigen eigenständigen Regelungen (vgl. Musielak/Voit, ZPO 4. Aufl. 2005 § 1061 Rn. 11) das UNÜ in
Bezug genommen (dessen formfordernden Art. II Abs. 1 und 2 wie dargelegt hier nicht genügt worden ist). Weitgehend wird zwar der Meistbegünstigungsgrundsatz (Art. VII Abs. 1 UNÜ) dahin verstanden, dass er - unter Durchbrechung der Rückverweisung des nationalen Rechts auf das UNÜ - die Anwendung von im Vergleich zu Art. II Abs. 2 UNÜ zurückhaltenderen nationalen Formvorschriften wie die des § 1031 ZPO erlaubt (vgl. Stein/Jonas/Schlosser, ZPO 22. Aufl. 2002 Anh. § 1061 Rn. 159; so wohl auch Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit 7. Aufl. 2005 Kap. 44 Rn. 12 f, jeweils m.w.N.; MünchKommZPO -Gottwald, 2. Aufl. 2001 Art. II UNÜ Rn. 13 ; a.A. Zöller/Geimer, ZPO 25. Aufl. 2005 § 1061 Rn. 2; Musielak/Voit aaO § 1061 Rn. 14 und § 1031 Rn. 18 sowie MünchKommZPO-Münch aaO § 1061 Rn. 6 unter Hinweis auf Moller NZG 1999, 143, 145, 146). Für ein solches anerkennungsfreundlicheres Verständnis des Meistbegünstigungsgrundsatzes spricht viel. Das kann jedoch dahinstehen; die Formerfordernisse des danach gegebenenfalls berufenen § 1031 ZPO sind hier nicht erfüllt (s.o. unter II. 2. b) bb)).
cc) Die durch den Meistbegünstigungsgrundsatz gebotene Anw endung schiedsfreundlicheren nationalen Rechts gilt allerdings nicht nur für die Bestimmungen zur Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen (§§ 1025 ff ZPO); sie umfasst - was das Oberlandesgericht nicht berücksichtigt hat - ferner die (nationalen) Kollisionsregeln und das danach als Statut der Schiedsvereinbarung berufene nationale Recht. Unterliegt die Schiedsvereinbarung nach dem - durch den lex fori-Grundsatz bestimmten - internationalen Privatrecht des Exequaturstaates einem nationalen Recht, das liberalere Formvorschriften hat als diejenigen des Art. II Abs. 1 und 2 UNÜ, ist dieses anerkennungsfreundlichere nationale Recht gemäß Art. VII Abs. 1 UNÜ maßgeblich (vgl. Stein/Jonas/Schlosser aaO § 1031 Rn. 24; Schwab/Walter aaO Kap. 44
Rn. 12). So könnte der Streitfall liegen, was im Verfahren der Rechtsbeschwerde indes nicht abschließend entschieden werden kann.
Kollisionsrecht ist hier das (deutsche) EGBGB als lex fori . Danach kommt es für das Recht, dem die Schiedsvereinbarung unterliegt - und dessen Form regiert (vgl. Art. 11 Abs. 1 Alt. 1 EGBGB) - auf die Parteivereinbarung an (vgl. BGHZ 40, 320, 322 ff; 71, 131, 137; BGH, Urteil vom 25. Mai 1970 - VII ZR 157/68 - AWD 1970, 417, 418; Schwab/Walter aaO Kap. 43 Rn. 5 ff und Kap. 44 Rn. 17; Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit 2. Aufl. 1989 Rn. 253 m.w.N.). Diesbezüglich hat die Antragstellerin vorgetragen, die Parteien hätten, was gemäß Art. 28 Abs. 2 EGBGB zu vermuten sei, den zwischen ihnen geschlossenen Vertrag über Baggerleistungen und die Schiedsvereinbarung niederländischem Recht unterstellt. Nach der somit maßgeblichen niederländischen Rechtsprechung sei für die Einbeziehung der die Schiedsklausel enthaltenden AGB ausreichend, wenn bei langjährigen Geschäftsbeziehungen - wie geschehen - ein entsprechender Hinweis auf die Rechnungen oder auf dem Briefpapier erfolge (vgl. auch Schlosser aaO Rn. 380 und 382 zur Lehre von der "facture acceptée"

).


Das Oberlandesgericht hat diesen Punkt nicht geklärt. Es l ässt sich im Rahmen der rechtlichen Prüfung deshalb nicht ausschließen, dass die Formgültigkeit der Schiedsvereinbarung nach dem weniger strengen niederländischen Recht zu beurteilen ist und dies zur Anerkennung der Schiedsvereinbarung als formwirksam führt. Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts kann auch
nicht davon ausgegangen werden, dass der Vollstreckbarerklärung ein sonstiges Hindernis entgegensteht.
Schlick Streck Kapsa
Galke Herrmann