Bundesgerichtshof Urteil, 23. Okt. 2014 - III ZR 82/13

bei uns veröffentlicht am23.10.2014
vorgehend
Landgericht Bamberg, 2 O 113/11, 16.07.2012
Oberlandesgericht Bamberg, 3 U 232/12, 13.02.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 82/13
Verkündet am:
23. Oktober 2014
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zu den Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast für den Eintritt eines
durch die fehlerhafte Beratung eines Versicherungsmaklers verursachten
Schadens.
BGH, Urteil vom 23. Oktober 2014 - III ZR 82/13 - OLG Bamberg
LG Bamberg
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Oktober 2014 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter
Dr. Herrmann, Hucke, Tombrink und Dr. Remmert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 13. Februar 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der 2008 an den Folgen eines unverschuldeten Verkehrsunfalls verstorbene Ehemann der Klägerin beantragte am 21. Dezember 2006 bei derD. Lebensversicherungs-AG den Abschluss einer Risikolebensversicherung mit einer degressiven Versicherungssumme von 200.000 € (zum Unfallzeitpunkt noch 193.103 €). Er wurde dabei von dem damals bei der Beklagten, einer Ver- sicherungsmaklerin, beschäftigten Zeugen S. beraten. In dem Antrag auf Abschluss des Versicherungsvertrags verneinte der Ehemann der Klägerin sämtliche Fragen nach gesundheitlichen Beeinträchtigungen für den zurückliegenden Zeitraum von fünf Jahren, obwohl er im Jahr 2006 unter einem behand- lungsbedürftigen Hörsturz, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Lärmempfindlichkeit und allergischem Bronchialasthma gelitten hatte und unter anderem wegen eines hirnorganischen Psychosyndroms in ärztlicher Behandlung war. Die D. Lebensversicherungs-AG nahm den Antrag auf Abschluss des Versicherungsvertrages zum 1. Januar 2007 an. Nachdem ihr nach Eintritt des Versicherungsfalls die verschwiegenen Vorerkrankungen bekannt geworden waren, focht sie den Versicherungsvertrag wegen arglistiger Täuschung an und verweigerte die Leistung. Die daraufhin von der Klägerin und ihren Kindern erhobene Klage auf Auszahlung der Versicherungssumme wurde rechtskräftig abgewiesen.
2
Die Klägerin verlangt nunmehr von der Beklagten, der sie in dem Rechtsstreit gegen die D. Lebensversicherungs-AG den Streit verkündet hatte, Schadensersatz in Höhe der nicht ausgezahlten Versicherungssumme wegen fehlerhafter Beratung durch ihren Mitarbeiter dahin, dass die fraglichen Vorerkrankungen , die ihm mitgeteilt worden seien, nicht anzugeben gewesen seien.
3
Das Landgericht hat der Klage nach Vernehmung des Beraters S. und informatorischer Anhörung der Klägerin im Wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Zurückweisung der Berufung.

Entscheidungsgründe


4
Die Revision ist zulässig und auch in der Sache begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

I.


5
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Unterstelle man den Klägervortrag als zutreffend, wonach der für die Beklagte tätige Zeuge S. dem Ehemann der Klägerin pflichtwidrig geraten habe, seine Vorerkrankungen nicht anzugeben , habe dies dazu geführt, dass die D. Lebensversicherungs-AG die vereinbarte Versicherungssumme nicht ausgezahlt habe. Gleichwohl bestehe der geltend gemachte Anspruch nicht, weil die Beklagte den ihr obliegenden Beweis erbracht habe, dass der Schaden auch bei aufklärungsrichtigem Verhalten eingetreten wäre. Dies ergebe sich daraus, dass die D. Lebensversicherungs -AG, nachdem sie Kenntnis von den verschwiegenen Erkrankungen erhalten hatte, den abgeschlossenen Versicherungsvertrag wegen arglistiger Täuschung wirksam angefochten habe. Hieraus sei zwangsläufig zu entnehmen, dass sie bei Kenntnis der Vorerkrankungen den Versicherungsvertrag nicht abgeschlossen hätte. Demgegenüber habe die Klägerin den ihr obliegenden Gegenbeweis nicht führen können, dass die D. Lebensversicherungs-AG diesen Versicherungsvertrag dennoch und zu den gleichen Bedingungen abgeschlossen hätte. Das von ihr zum Beweis angebotene Sachverständigengutachten stelle ein ungeeignetes Beweismittel dar. Damit könne nur geklärt werden, ob die bestehenden Erkrankungen das Risiko einer Lebensverkürzung in sich bargen. Daneben könnten aber auch chronische und psychische Erkrankungen risikoerhöhende Umstände sein, die zur Ablehnung eines Versicherungsantrags führen. So seien im Streitfall der erlittene Hörsturz und das hirnorganische Psychosyndrom schwerwiegende Erkrankungen des Ehemanns der Klägerin gewesen , die einen Antragsteller als ungeeignet für eine Risikolebensversicherung erscheinen ließen. Auf der Basis der von der Klägerin vorgetragenen Anknüpfungstatsachen könne ein Sachverständiger nur seine subjektive Auffassung zum Ausdruck bringen, ob die D. Lebensversicherungs-AG bei Kenntnis der vorhandenen Erkrankungen gleichwohl den Versicherungsantrag angenommen hätte. Dies reiche angesichts der erfolgten Anfechtung für eine ordnungsgemäße Beweisführung nicht aus. Soweit die Klägerin in der Berufungsinstanz vorgetragen und ebenfalls unter Sachverständigenbeweis gestellt habe, dass jedenfalls irgendein anderer Versicherer den Antrag ihres Ehemanns trotz Kenntnis seiner Vorerkrankungen angenommen hätte, und dem Zeugen S. vorgeworfen habe, einen entsprechenden Versicherer nicht benannt zu haben, sei dem ebenfalls nicht nachzugehen gewesen; dieses Beweisangebot laufe auf einen Ausforschungsbeweis hinaus. Es fehle an konkretem Sachvortrag dazu, bei welchem anderen Versicherer ein entsprechender Antrag gestellt worden wäre, welche den Antrag zu den gleichen oder zu welchen abgeänderten Bedingungen angenommen hätte, und ob dem Zeugen S. überhaupt eine solche Versicherung bekannt gewesen sei oder hätte bekannt sein müssen.

II.


6
Die auf dieser Beurteilung beruhende und in Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung vorgenommene vollständige Klageabweisung hält den Angriffen der Revision nicht stand.
7
1. Das Berufungsgericht hat den Klägervortrag als richtig unterstellt, wonach der Zeuge S. pflichtwidrig den unzutreffenden Rat erteilt habe, die - ihm mitgeteilten - Vorerkrankungen des Ehemanns der Klägerin seien nicht anzugeben. Davon ist auch für das Revisionsverfahren auszugehen.
8
2. Die Revision rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht § 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO verletzt hat, weil es den angetretenen Beweis auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zu ihrer Behauptung nicht erhoben hat, dass die verschwiegenen Vorerkrankungen ihres Ehemanns nur geringfügig gewesen seien, die Lebenserwartung nicht vermindert hätten und deshalb auch bei wahrheitsgemäßer Angabe der Vorerkrankungen ein Versicherungsvertrag mit der D. Lebensversicherungs-AG zustande gekommen wäre.
9
a) Der hier maßgebliche haftungsausfüllende Ursachenzusammenhang zwischen dem - unterstellten - Haftungsgrund und dem Eintritt des geltend gemachten Schadens ist nach dem Beweismaß des § 287 Abs. 1 ZPO zu beurteilen; dabei ist zu prüfen, welchen Verlauf die Dinge ohne die Pflichtverletzung genommen hätten und wie sich die Vermögenslage des Anspruchstellers ohne die Pflichtverletzung darstellen würde; darlegungs- und beweisbelastet ist insoweit grundsätzlich der Geschädigte (vgl. nur BGH, Urteile vom 22. Mai 1985 - IVa ZR 190/83, BGHZ 94, 356, 362; vom 30. September 1993 - IX ZR 73/93, BGHZ 123, 311, 313; vom 12. Dezember 1996 - IX ZR 214/95, BGHZ 134, 212, 214 und vom 23. November 2006 - IX ZR 21/03, VersR 2007, 393 Rn. 21). Allerdings kann sich dieser bei der Beurteilung, ob ein schuldhafter Verstoß des Versicherungsmaklers gegen Hinweis- oder Beratungspflichten einen wirtschaftlichen Nachteil verursacht hat, auf die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens stützen. Danach trifft den Makler die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Geschädigte sich über die aus der Aufklärung und Beratung folgenden Verhaltensempfehlungen hinweggesetzt hätte und deshalb der Schaden auch bei vertragsgerechter und pflichtgemäßer Aufklärung und Beratung eingetreten wäre (BGH, Urteil vom 22. Mai 1985 aaO S. 363; Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 63 Rn. 17).
10
Dementsprechend ist vorliegend zwar davon auszugehen, dass der Ehemann der Klägerin bei zutreffender Beratung durch den Zeugen S. bei Antragstellung die vorliegenden Erkrankungen wahrheitsgemäß angegeben hätte. Auf die hier im Vordergrund stehende und von der Beklagten bestrittene Behauptung, dass auch bei vollständiger und wahrheitsgemäßer Beantwortung der Gesundheitsfragen Versicherungsschutz zu erlangen gewesen und ein Versicherungsvertrag mit der D. Lebensversicherungs-AG zustande gekommen wäre, erstreckt sich - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - diese Vermutungswirkung nicht. Vielmehr verbleibt es insoweit bei der Darlegungs - und Beweislast des Geschädigten (so auch OLG Brandenburg, Urteil vom 19. März 2014 – 11 U 212/12, juris Rn. 25; OLG Koblenz, OLGR2007, 8, 9).
11
b) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe den ihr obliegenden Beweis, dass die Klägerin auch bei aufklärungsgemäßem Verhalten keine Versicherungsleistung erhalten hätte, schon deshalb erbracht, weil die Di. Lebensversicherungs-AG den Versicherungsvertrag wirksam angefochten habe und deshalb "zwangsläufig" bei Kenntnis der Erkrankungen den Vertrag nicht abgeschlossen hätte, ist rechtsfehlerhaft. Abgesehen davon, dass ihr - wie ausgeführt - eine fehlerhafte Sicht der Darlegungs- und Beweislast zugrunde liegt, verkennt sie den Kern des Vorbringens der Klägerin.
12
Die Anfechtung der eigenen Willenserklärung des getäuschten Versicherers ist nicht nur dann zulässig, wenn er diese bei Vertragsschluss überhaupt nicht abgegeben hätte. Die erforderliche Kausalität zwischen Täuschungshandlung und Willenserklärung ist im Rahmen der Anfechtung nach § 22 VVG, § 123 BGB auch dann gegeben, wenn die Willenserklärung ohne die Täuschung mit einem anderen Inhalt oder zu einem anderen Zeitpunkt abgegeben worden wäre (Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Aufl., § 123 Rn. 24; MüKoBGB/Armbrüster, 6. Aufl., § 123 Rn. 20). Die erfolgte Anfechtung durch die D. Lebensversicherungs -AG besagt daher noch nicht, dass sie den Vertrag unter keinen Umständen geschlossen hätte. Dementsprechend hat auch das Oberlandesgericht München in dem (den mit der D. Lebensversicherungs-AG geführten "Vorprozess" betreffenden) Hinweisbeschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO vom 12. August 2010 lediglich ausgeführt, dass die verschwiegenen Angaben für den Vertragsschluss jedenfalls insoweit kausal gewesen seien, als eine Annahme des Versicherungsantrags "zu den gegenständlichen Bedingungen" bei zutreffenden Angaben nicht erfolgt wäre.
13
Aus dem Gesamtzusammenhang des Sachvortrags der Klägerin ergibt sich ohne weiteres, dass der Kern ihres Vorbringens dahin geht, ihr Ehemann sei trotz der vorhandenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen "versicherbar" gewesen. Dies schließt die Behauptung mit ein, dass ein Lebensversicherungsvertrag gegebenenfalls auch mit bestimmten Risikoausschlüssen oder mit entsprechenden Prämienzuschlägen zustande gekommen wäre.
14
c) Die Klägerin hat in den Vorinstanzen vorgetragen und entsprechenden Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angetreten, dass es sich bei den gesundheitlichen Beeinträchtigungen ihres verstorbenen Ehemanns lediglich um banale Erkrankungen gehandelt habe, die bei jedem Men- schen im Laufe des Lebens vorkommen können, ohne dass eine Verminderung der Lebenserwartung damit verbunden wäre; sie hat ihr Vorbringen durch ein von ihr vorgelegtes ärztliches Privatgutachten bekräftigt, das zu dem Schluss gelangt, dass die Art der fraglichen Erkrankungen unter Einschluss der Beeinträchtigungen aufgrund eines früheren Unfalls aus dem Jahr 1990 einem entsprechenden Versicherungsschutz nicht entgegen gestanden hätte.
15
Diesem Beweisantritt hätte das Berufungsgericht nachgehen müssen.
16
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts handelte es sich bei dem angebotenen Sachverständigengutachten nicht um ein ungeeignetes Beweismittel.
17
Die Ablehnung eines Beweisantrags wegen Ungeeignetheit des Beweismittels kommt nur dann in Betracht, wenn es völlig ausgeschlossen erscheint , dass das Beweismittel zu dem Beweisthema sachdienliche Erkenntnisse erbringen kann (vgl. BVerfG, NJW 1993, 254, 255; BGH, Urteile vom 26. November 2003 - IV ZR 438/02, BGHZ 157, 79, 84 f., und vom 6. Dezember 2007 - I ZR 174/04, NJW-RR 2008, 1209 Rn. 22 sowie Beschluss vom 12. September 2012 - IV ZR 177/11, NJW-RR 2013, 9 Rn. 14; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., vor § 284 Rn. 10a; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 284 Rn. 64, 65). Darüber hinaus scheidet die Ablehnung eines Beweisantrags als ungeeignet aus, wenn dadurch ein noch nicht erhobener Beweis vorab gewürdigt wird, weil dies eine unzulässige Beweisantizipation darstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 12. September 2012, aaO; MüKoZPO/Prütting, 4. Aufl., § 284 Rn. 98).
18
aa) Ausgehend hiervon tragen die Erwägungen des Berufungsgerichts, bei den gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Ehemanns der Klägerin habe es sich um schwerwiegende Erkrankungen gehandelt, die ebenso wie chronische Erkrankungen, Suchterkrankungen oder sonstige psychische Erkrankungen dazu führten, dass ein Antragsteller als ungeeignet für eine Risikolebensversicherung erscheine, die Zurückweisung des Beweisantrags nicht. Hierbei handelt es sich um eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung. Davon abgesehen ist auch nicht dargelegt, dass der Tatrichter über die für eine solche Einschätzung erforderliche eigene Sachkunde verfügt (vgl. dazu Senatsurteil vom 23. November 2006 - III ZR 65/06, NJW-RR 2007, 357 Rn. 14; BGH, Urteil vom 21. März 2000 - VI ZR 158/99, NJW 2000, 1946, 1947). Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich dabei nicht nur um eine einfache, "primär" kaufmännische Fragestellung.
19
bb) Fehl geht auch die Einschätzung des Berufungsgerichts, ein Sachverständiger könne lediglich seine subjektive Auffassung dazu äußern, ob die D. Lebensversicherungs-AG bei Kenntnis der vorhandenen Erkrankungen des Ehemanns der Klägerin gleichwohl den Versicherungsantrag angenommen hätte. Zutreffend rügt die Revision, es könne davon ausgegangen werden, dass ein Sachverständiger in der Lage sei, das Risikopotential sämtlicher bei dem Ehemann der Klägerin diagnostizierten (Vor-)Erkrankungen allgemein unter Anwendung der im Versicherungswesen anerkannten Methoden einzuschätzen und zu kalkulieren. Sollte sich dabei erweisen, dass die fraglichen Erkrankungen aus medizinischer Sicht der Versicherbarkeit nicht entgegengestanden hätten , kann nicht ohne weiteres angenommen werden, die D. Lebensversicherungs -AG hätte den Abschluss eines Lebensversicherungsvertrags in jedem Falle abgelehnt.
20
3. Aus dem zuvor Gesagten ergibt sich ohne weiteres, dass der Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens auch hinsichtlich der Behauptung der Klägerin, (jedenfalls) ein anderer Versicherer hätte den Antrag ihres Ehemanns in Kenntnis der vorhandenen Erkrankungen angenommen, ein taugliches Beweismittel ist. Von einem bloßen "Ausforschungsbeweis" kann insoweit keine Rede sein. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Klägerin auch kein Vorbringen dazu abzuverlangen, bei welchem anderen Versicherer ein entsprechender Antrag gestellt worden wäre, beziehungsweise welcher Versicherer den Antrag zu den gleichen oder zu welchen abgeänderten Bedingungen angenommen hätte. Angesichts der seitens der Beklagten erbrachten Beratungsleistungen und ihrer (scheinbar) erfolgreichen Vermittlungsbemühungen bestand für den Ehemann der Klägerin zum fraglichen Zeitpunkt kein Anlass , an andere potentielle Versicherer heranzutreten beziehungsweise Überlegungen darüber anzustellen, zu welchen Bedingungen andere Versicherer zu einem Vertragsschluss bereit wären. Der Klägerin kann deshalb kein weiterer Vortrag als der abverlangt werden, ihr Ehemann hätte sich im Falle der Ablehnung des Versicherungsantrags durch die D. Lebensversicherungs-AG an einen anderen Versicherer, gegebenenfalls unter Einschaltung eines weiteren Versicherungsmaklers, gewandt und sich dort mit Erfolg um den Abschluss eines Lebensversicherungsvertrags bemüht.
21
Auf die von der Revision bemühten Grundsätze zur sogenannten sekundären Darlegungslast (vgl. BGH, Urteile vom 10. Dezember 2013 - VI ZR 534/12, NJW-RR 2014, 614 Rn. 17 und vom 3. Juni 2014 - VI ZR 394/13, NJW 2014, 2797 Rn. 20) kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
22
4. Danach kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, war sie gemäß § 563 Abs. 1 und 3 ZPO unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

23
Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin: Zwar trifft der Hinweis der Revision zu, dass infolge der unterstellten Pflichtverletzung des Zeugen S. jedenfalls dadurch ein Schaden entstanden ist, dass bis zum Eintritt des Versicherungsfalls Versicherungsbeiträge (1.002,82 €)gezahlt worden sind. Indes hat die Klägerin einen Anspruch auf Ersatz des "negativen Interesses", bei dem es sich um einen selbständigen Streitgegenstand handelt, bisher nicht (hilfsweise) geltend gemacht.
Schlick Herrmann Hucke
Tombrink Remmert
Vorinstanzen:
LG Bamberg, Entscheidung vom 16.07.2012 - 2 O 113/11 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 13.02.2013 - 3 U 232/12 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 23. Okt. 2014 - III ZR 82/13

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 23. Okt. 2014 - III ZR 82/13

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer
Bundesgerichtshof Urteil, 23. Okt. 2014 - III ZR 82/13 zitiert 9 §§.

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Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 123 Anfechtbarkeit wegen Täuschung oder Drohung


(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten. (2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 22 Arglistige Täuschung


Das Recht des Versicherers, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten, bleibt unberührt.

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(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Das Recht des Versicherers, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten, bleibt unberührt.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 438/02 Verkündet am:
26. November 2003
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
Überträgt eine Erblasserin Vermögen durch eine unter Lebenden vollzogene Verfügung
zugunsten Dritter auf den Todesfall (§§ 518 Abs. 2, 2301 Abs. 2 BGB),
unterliegen die auf diese Weise begründeten Rechtsbeziehungen nicht nur im
Deckungs-, sondern auch im Valutaverhältnis den allgemeinen Regeln für Rechtsgeschäfte
unter Lebenden, nicht aber dem Erbrecht. Das gilt sowohl für die rechtliche
Einordnung der im Valutaverhältnis begründeten Rechtsbeziehung als auch
für deren Anfechtung (Fortführung von BGH, Urteil vom 19. Oktober 1983 – IVa
ZR 71/82 – NJW 1984, 480 unter 1).
BGH, Urteil vom 26. November 2003 - IV ZR 438/02 - OLG Düsseldorf
LG Wuppertal
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, Wendt und
die Richterin Dr. Kessal-Wulf auf die mündliche Verhandlung vom
26. November 2003

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 8. November 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt im Hinblick auf das Testament der Erblasserin Zahlung von 52.317,67 DM (jetzt: 26.749,59 vom 5. Juni 1996 teilt die Erblasserin ihre Sparbriefe, die ihr wesentliches Vermögen darstellten, zu je einem Drittel auf die Klägerin, den Beklagten und einen weiteren Miterben auf. Nach Abzug des Guthabens eines Kontos, das die Erblasserin dem Beklagten bereits im Jahre 1984 durch Verfügung zugunsten Dritter zugewandt hatte, sowie zweier Vermächtnisse zugunsten der Kinder der Klägerin belief sich das restliche

Guthaben der Erblasserin bei ihrer Sparkasse beim Erbfall auf 156.953 DM, d.h. das Dreifache der Klageforderung. Die Erblasserin hat im Testament angeordnet, daß der Beklagte berechtigt sei, ihr Vermögen zu verwalten. Er hat das Amt des Testamentsvollstreckers mit Schreiben vom 27. Mai 1997 angenommen.
Vor der Klägerin forderte bereits der an diesem Verfahren nicht beteiligte dritte Miterbe die Aufteilung des Guthabens der Erblasserin bei der Sparkasse. Der Beklagte berief sich demgegenüber auf eine weitere Verfügung zugunsten Dritter für den Todesfall, mit der die Erblasserin am 25. März 1996 durch ihre Unterschrift auf einem vorgedruckten Formular der Sparkasse den Beklagten bezüglich des gesamten, von den Miterben herausverlangten Guthabens begünstigt hatte, sofern der Beklagte die Erblasserin überleben werde. Mithin stehen nach Ansicht des Beklagten den anderen Miterben keine Ansprüche auf das Sparkassenguthaben zu; ein Widerruf der zu seinen Gunsten getroffenen Verfügung durch das Testament der Erblasserin sei nicht möglich. Der weitere Miterbe erklärte darauf mit Anwaltsschreiben vom 11. September 1997 gegenüber dem Anwalt des Beklagten, er fechte die Verfügung zugunsten Dritter vom 25. März 1996 an; die Erblasserin sei unmittelbar nach Beerdigung ihres Mannes am 21. März 1996 wegen ihrer Krebserkrankung zur Sterbebegleitung in das Hospiz aufgenommen worden, in dem sie am 22. September 1996 verstarb; der Beklagte habe lediglich als Testamentsvollstrecker Verfügungsgewalt über das Guthaben der Erblasserin erlangen sollen, die Verteilung des Guthabens ergebe sich aber aus dem wenig später errichteten Testament. Es kam zu einem Rechtsstreit zwischen dem weiteren Miterben und dem Beklagten, in dem letzterer rechtskräftig zur Zahlung von 52.317,67 DM verurteilt wurde.

Im Anschluß an jenes Verfahren macht die Klägerin geltend, die Erblasserin habe sich bei Unterzeichnung der Verfügung zugunsten Dritter vom 25. März 1996 in einem Irrtum befunden, da sie dem Beklagten lediglich Kontenvollmacht habe einräumen wollen. Er habe das Sparkassenguthaben nach Abzug von Nachlaßverbindlichkeiten unmittelbar an die anderen Erben auszahlen sollen. Die Anfechtung des weiteren Miterben wirke auch zu ihren Gunsten. Der Beklagte behauptet dagegen , die Erblasserin habe ihm das gesamte Guthaben geschenkt. Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt; das Oberlandesgericht hat dessen Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision erstrebt er die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Nach Ansicht der Vorinstanzen kann die Klägerin den geforderten Betrag vom Beklagten gemäß §§ 2218, 667 BGB verlangen. Denn die Verfügung zugunsten Dritter für den Todesfall vom 25. März 1996 sei wirksam angefochten worden. Die Vorschrift des § 2078 BGB sei auf den vorliegenden Fall entsprechend anwendbar. Nach Meinung des Berufungsgerichts entfalten die Urteile in dem vorangegangenen Verfahren des dritten Miterben gegen den Beklagten zwar keine Rechtskraft im Verhältnis der Klägerin zum Beklagten. Wie aber aus der im Urkundenbeweis verwertbaren Zeugenvernehmung in jenem Verfahren hervorge-

he, habe sich die Erblasserin tatsächlich in dem behaupteten Irrtum befunden. Dafür spreche insbesondere ihr nur gut zwei Monate später errichtetes Testament. Für eine zwischenzeitliche Änderung des Zuwendungswillens fehle jeder Anhalt. Einer erneuten Vernehmung des Mitarbeiters der Sparkasse, in dessen Gegenwart die Erblasserin die Verfügung vom 25. März 1996 errichtet habe, bedürfe es nicht. Auf ihn komme es zwar entscheidend an, er habe sich aber schon bei seiner Vernehmung in dem vorangegangenen Verfahren nicht mehr erinnern können, was mit der Erblasserin konkret besprochen worden sei. Die von dem dritten Miterben mithin wirksam erklärte Anfechtung komme nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 8. Mai 1985 - IVa ZR 230/83 - NJW 1985, 2025 unter III) auch der Klägerin zugute.
II. Diese Würdigung ist in rechtlicher Hinsicht aus mehreren Gründen zu beanstanden.
1. Sie läßt zunächst außer Betracht, daß bei der am 25. März 1996 zwischen der Erblasserin, ihrer Sparkasse und dem Beklagten vereinbarten Verfügung zugunsten Dritter auf den Todesfall zu unterscheiden ist zwischen dem Deckungsverhältnis der Erblasserin zur Sparkasse einerseits und dem Valutaverhältnis der Erblasserin zum Beklagten andererseits.

a) Im Deckungsverhältnis liegt ein Vertrag zugunsten Dritter, nämlich zugunsten des Beklagten vor, durch den dieser einen Anspruch auf das Guthaben gegenüber der Sparkasse nach dem Tod der Erblasserin erworben hat (§§ 328, 331 BGB). Nach gefestigter höchstrichterlicher

Rechtsprechung unterliegen die Rechtsbeziehungen im Deckungsver- hältnis nicht dem Erbrecht, sondern dem Schuldrecht. Deshalb gilt § 2301 Abs. 1 BGB für sie auch dann nicht, wenn es sich im Valutaverhältnis um eine unentgeltliche Zuwendung handelt (BGHZ 41, 95, 96; 66, 8, 12 f.; Urteil vom 19. Oktober 1983 - IVa ZR 71/82 - NJW 1984, 480 unter 1). Die besonderen erbrechtlichen Auslegungsregeln für letztwillige Verfügungen sind auf die Auslegung der rechtsgeschäftlichen Vereinbarung , durch die der Anspruch aus § 331 BGB begründet wird, auch nicht entsprechend anwendbar (BGH, Urteil vom 12. Mai 1993 - IV ZR 227/92 - NJW 1993, 2171 unter 2).

b) Dementsprechend ist auch die Frage, ob der Begünstigte den auf diese Weise erlangten Anspruch behalten darf oder an die Erben nach § 812 BGB herausgeben muß, also die Frage nach dem rechtlichen Grund im Valutaverhältnis, nicht nach Erbrecht, sondern nach Schuldrecht zu beurteilen (Urteil vom 19. Oktober 1983 aaO). Der Bundesgerichtshof hat die Frage, ob derartige Zuwendungen zwar nicht in der Rechtsform, wohl aber in anderen Beziehungen erbrechtlichen Normen unterstellt werden müssen, im Hinblick auf erbvertragliche oder diesen gleichstehende Bindungen des Erblassers durch wechselbezügliches gemeinschaftliches Testament erwogen, aber verneint, um erhebliche Abgrenzungschwierigkeiten sowie Rechtsunsicherheit zu vermeiden (BGHZ 66, 8, 12 ff.). Als Valutaverhältnis kommt, wenn eine unentgeltliche Zuwendung gewollt ist, im allgemeinen nur eine Schenkung in Betracht ; im Hinblick auf den "Von-Selbst-Erwerb" des Begünstigten ist sowohl Vollziehung im Sinne von § 2301 Abs. 2 BGB als auch Heilung des Formmangels gemäß § 518 Abs. 2 BGB anzunehmen (Urteil vom 19. Oktober 1983 aaO). Es sind aber auch andere Rechtsgeschäfte unter

Lebenden im Valutaverhältnis möglich, etwa eine ehebedingte Zuwendung ; die erbrechtliche Vorschrift des § 2077 BGB ist in einem solchen Fall auf die Begünstigung nicht anwendbar (BGHZ 128, 125, 132 ff.). An diesen Grundsätzen hält der Senat fest.

c) Die Urteile der Vorinstanzen befassen sich demgegenüber undifferenziert mit der Anfechtung des Vertrages zugunsten Dritter für den Todesfall vom 25. März 1996. Nach den Urteilen im vorangegangenen Verfahren betrifft die Anfechtung des dritten Miterben vom 11. September 1997, die er dem Beklagten gegenüber erklärt hat, nicht das Deckungsverhältnis gegenüber der Sparkasse, sondern eine im Valutaverhältnis gegenüber dem Beklagten vorliegende Schenkung. Insoweit bedarf es auch im vorliegenden Verfahren tatrichterlicher Feststellungen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die unter den Parteien streitige Frage, was die Erblasserin mit dem Rechtsgeschäft vom 25. März 1996 bezweckt hat, nicht erst für einen eventuellen Anfechtungsgrund, sondern schon für die rechtliche Charakterisierung des Valutaverhältnisses Bedeutung erlangen kann.
2. a) Nach dem Vortrag der Klägerin ging es im Valutaverhältnis um einen Auftrag oder eine Geschäftsbesorgung; der Beklagte habe die Guthaben für die Erblasserin verwalten sollen. Insoweit ist wie bei jedem Rechtsgeschäft unter Lebenden gemäß §§ 133, 157 BGB maßgebend, was als Wille der Erblasserin für den Beklagten als Empfänger ihrer Erklärung erkennbar geworden ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 1992 - IX ZR 141/91 - NJW 1992, 1446 unter II 1 b). Für die Behauptung der Klägerin , der Beklagte habe die Guthaben lediglich verwalten sollen, ist die Klägerin beweispflichtig (vgl. Palandt/Sprau, BGB 62. Aufl. § 667

Rdn. 10). Da sie aber an dem Rechtsgeschäft zwischen der Erblasserin, der Sparkasse und dem Beklagten vom 25. März 1996 nicht beteiligt war, ist der Beklagte zu einer substantiierten Darlegung verpflichtet (vgl. BGH, Urteil vom 3. Februar 1999 - VIII ZR 14/98 - NJW 1999, 1404 unter II 2 b aa).

b) Die Klägerin hat sich in ihrer Berufungserwiderung auf die Protokolle der Aussagen der vom Amtsgericht im vorangegangenen Verfahren vernommenen Zeugen bezogen. Danach habe die Erblasserin stets erklärt, ihr Nachlaß werde gleichmäßig verteilt. Insbesondere habe sie nach der Beerdigung ihres Mannes am 21. März 1996 im Hinblick auf ihre eigene Erkrankung erklärt, der Beklagte solle, da er örtlich und zeitlich am besten verfügbar sei, die Gelddinge für sie regeln, da sie nicht mehr aus dem Hospiz herauskomme.
Diesem Vortrag steht nicht etwa der Wortlaut der Verfügung zugunsten Dritter für den Todesfall vom 25. März 1996 entgegen. Im vorgedruckten Text heißt es zwar: "Für den Fall des Widerrufs der Vereinbarung gelten auch ein darin liegendes Schenkungsversprechen bzw. Schenkungsangebot an den Begünstigten sowie ein etwaiger Auftrag zur Weiterleitung dieses Versprechens/Angebots an ihn als widerrufen." Daraus geht aber nicht hervor, daß in der hier getroffenen Vereinbarung zugleich eine Schenkung an den Beklagten als anwesendem Begünstigten liegen sollte.
Der Beklagte hat demgegenüber zum Beweis seines Vortrags, das Bankguthaben der Erblasserin sei ihm durch deren Verfügung zugunsten Dritter für den Todesfall vom 25. März 1996 geschenkt worden, in der

Berufungsbegründung ausdrücklich die Vernehmung des seinerzeit anwesenden Sparkassenangestellten als Zeugen beantragt.

c) Die Entscheidung des Berufungsgerichts, im Hinblick auf die von ihm als Urkunden verwerteten Vernehmungsprotokolle des vorangegangenen Verfahrens sowie den Inhalt des Testaments von der erneuten Vernehmung auch des vom Beklagten zum Zwecke des unmittelbaren Beweises benannten Zeugen abzusehen, ist rechtsfehlerhaft, wie die Revision mit Recht rügt (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1999 - VI ZR 207/98 - NJW 2000, 1420 unter II 2 a). Daran ändert die Meinung des Berufungsgerichts, der Zeuge werde sich jetzt nicht genauer erinnern können als bei seiner Vernehmung im Jahre 1999, nichts. Der Richter darf auch im Zivilverfahren von der Erhebung zulässiger und rechtzeitig angetretener Beweise nur dann absehen, wenn das Beweismittel völlig ungeeignet oder die Richtigkeit der unter Beweis gestellten Tatsache bereits erwiesen ist; bei der Zurückweisung eines Beweismittels als ungeeignet ist größte Zurückhaltung geboten; es muß jede Möglichkeit ausgeschlossen sein, daß der übergangene Beweisantrag Sachdienliches ergeben könnte (BVerfG NJW 1993, 254 unter 1 b; vgl. auch BGH, Urteil vom 12. Oktober 1998 - II ZR 164/97 - BGHR ZPO § 286 Abs. 1, Beweisantrag , Ablehnung 20). Hier hat der Zeuge im vorangegangenen Verfahren u.a. bekundet, wenn jemand möchte, daß das Guthaben zum Zeitpunkt seines Todes vom Begünstigten verteilt werden solle, werde von Seiten der Sparkasse darauf hingewiesen, daß die Verfügung zugunsten Dritter nicht der richtige Vertrag sei. Das Berufungsgericht hat mithin unzulässig eine vorweggenommene Beweiswürdigung vorgenommen.


d) Die Sache muß daher zur weiteren Aufklärung schon der Frage, wie der Beklagte unter Berücksichtigung aller ihm bekannten Umstände das von der Erblasserin ihm gegenüber am 25. März 1996 begründete Valutaverhältnis verstehen durfte, an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
Die Klägerin nimmt den Beklagten im übrigen nicht, wie das Landgericht gemeint hat, in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker aus § 2218 BGB in Anspruch, sondern persönlich. Auch nach der Behauptung des Beklagten ist das streitige Guthaben nicht in den Nachlaß gefallen. Zwar macht die Klägerin ihren Anspruch als Miterbin geltend (§§ 2039, 667 BGB in Verbindung mit dem Testament; der Nachlaß ist nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des Landgerichts im übrigen bereits auseinandergesetzt und eine Klage unmittelbar auf Zahlung an die Klägerin ohne besondere Erbauseinandersetzung daher zulässig ). Der Anspruch richtet sich gegen den Beklagten aber in seiner Eigenschaft als Nachlaßschuldner, so daß das Prozeßführungsrecht der Erbin selbst zusteht (BGH, Urteil vom 14. November 2002 - III ZR 19/02 - ZEV 2003, 75 unter I).
3. Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen, daß im Valutaverhältnis von einer Schenkung an den Beklagten auszugehen ist, kommt es weiterhin auf die hier erklärte Anfechtung an. Hierzu gibt der Senat folgende Hinweise:

a) Im Schrifttum wird die - von den Vorinstanzen zugrunde gelegte - Ansicht vertreten, die erbrechtliche Anfechtungsregelung in § 2078 BGB sei entsprechend auch auf Verträge zugunsten Dritter auf den To-

desfall anzuwenden (MünchKomm/Leipold, BGB 3. Aufl. § 2078 Rdn. 15; Palandt/Edenhofer, aaO § 2078 Rdn. 12; Soergel/Loritz, BGB 13. Aufl. § 2078 Rdn. 9; v.Hippel NJW 1966, 867 f.; a.A. Staudinger/Otte, BGB [2003] § 2078 Rdn. 4). Nach Auffassung des Senats steht jedoch der Schutz des Vertragspartners der Rechtsgeschäfte unter Lebenden, die im Deckungs-, aber auch im Valutaverhältnis geschlossen werden, einer Erweiterung der sich aus §§ 119 ff. BGB ergebenden Anfechtungsmöglichkeiten entgegen. Es wäre auch nicht gerechtfertigt, dem Vertragspartner den von § 2078 Abs. 3 BGB ausgeschlossenen Schadensersatzanspruch aus § 122 BGB zu nehmen. Daß die verfügende Partei durch einen solchen Vertrag zu ihren Lebzeiten wirtschaftlich nicht belastet und insofern nicht mehr mit den Folgen des Geschäfts konfrontiert wird, wie das Berufungsgericht und die Klägerin hervorheben, ist nicht allein maßgebend.

b) Das Anfechtungsrecht nach § 119 BGB geht beim Tod des Erklärenden auf dessen Erben über; es kann grundsätzlich nur von allen Miterben gemeinschaftlich ausgeübt werden (RGZ 107, 238, 239; BGH, Urteil vom 26. Januar 1951 - V ZR 61/50 - NJW 1951, 308; MünchKomm/ Mayer-Maly/Busche, BGB 4. Aufl. § 142 Rdn. 6). Da es hier der Begründung eines Anspruchs gegen den Beklagten persönlich dient, steht diesem als Miterben wegen des Interessenwiderstreits kein Stimmrecht zu (vgl. BGHZ 56, 47, 53; Urteil vom 25. Juni 2003 - IV ZR 285/02 - MDR 2003, 1116, 1117). Die Anfechtung muß nicht von allen Miterben gleichzeitig und in einem einheitlichen Rechtsakt erklärt werden; wie auch sonst bei Verfügungsgeschäften der Miterben genügen zeitlich aufeinander folgende Erklärungen oder die Genehmigung einer Erklärung, die von einem Miterben zugleich für die anderen abgegeben worden ist (vgl.

MünchKomm/Dütz, aaO § 2040 Rdn. 14). Insoweit wird der Tatrichter das Verhalten der Klägerin gegebenenfalls aufzuklären und auszulegen haben. Die Anfechtung ist gegenüber dem Empfänger der anzufechtenden Willenserklärung zu erklären; da es hier um das Valutaverhältnis geht, war der Beklagte (und nicht, wie die Revision meint, die Sparkasse ) der richtige Erklärungsempfänger. Die Anfechtung muß gemäß § 121 BGB unverzüglich erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Insoweit bliebe also weiterhin zu klären, wann die Klägerin des vorliegenden und der Kläger des vorangegangenen Verfahrens die erforderliche Kenntnis erlangt und ob sie unter Berücksichtigung einer angemessenen Überlegungsfrist rechtzeitig angefochten haben. Dabei kommt die Kenntnis eines Anfechtungsgrundes erst in Betracht, wenn überhaupt von einem durch Irrtum beeinflußten Rechtsgeschäft im Valutaverhältnis auszugehen ist. Eine Verzögerung könnte überdies entschuldbar sein, soweit nach der Rechtsauffassung beider Vorinstanzen eine eigene Anfechtung durch die Klägerin nicht erforderlich war.

c) Schließlich bliebe zu prüfen, ob die Erblasserin in einem zur Anfechtung berechtigenden Irrtum war. Auch insofern durfte das Berufungsgericht nicht ohne Vernehmung des von dem Beklagten als Zeugen benannten Mitarbeiters der Sparkasse entscheiden.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Wendt Dr. Kessal-Wulf
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Das Berufungsgericht durfte das Beweisangebot (Zeugnis T. ) auch nicht mit der Begründung unberücksichtigt lassen, der Zeuge sei als Leiter der Vertriebsabteilung der Versicherungsnehmerin nicht mit der tatsächlichen Abwicklung von Transportaufträgen befasst gewesen und könne daher keine Angaben dazu machen, wie die Beladung in früheren Fällen und insbesondere im konkreten Fall vor sich gegangen sei. Die Ablehnung eines Beweisantrages wegen Ungeeignetheit des Beweismittels kommt nur ganz ausnahmsweise in Betracht, wenn es völlig ausgeschlossen erscheint, dass das Beweismittel zu dem Beweisthema sachdienliche Erkenntnisse erbringen kann (vgl. BVerfG NJW 1993, 254, 255; BGH, Urt. v. 26.11.2003 - IV ZR 438/02, NJW 2004, 767, 769).
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(2) Eine Beweisaufnahme ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Zeugen- und Parteivernehmung als ungeeignete oder unerreichbare Beweismittel i.S. des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO anzusehen wären. Zwar findet diese Vorschrift entsprechend auch im Zivilprozess Anwendung (Senatsbeschluss vom 21. September 2011 aaO Rn. 16; BGH, Urteil vom 17. Februar 1970 - III ZR 139/67, BGHZ 53, 245, 259 f.; MünchKommZPO /Prütting, 3. Aufl. § 284 Rn. 90; Musielak/Foerste, ZPO 9. Aufl. § 284 Rn. 21). An eine derartige Untauglichkeit des Beweismittels sind aber strenge Anforderungen zu stellen. Weder die Unwahrscheinlichkeit einer Tatsache noch der Wahrnehmung durch den Zeugen berechtigen den Tatrichter, von einer Beweisaufnahme abzusehen. Insbesondere kommt keine Ablehnung eines Beweisantrags als ungeeignet in Betracht, wenn dadurch ein noch nicht erhobener Beweis vorab gewürdigt wird, da dies eine unzulässige Beweisantizipation darstellt (MünchKommZPO /Prütting aaO Rn. 97). Vielmehr kann von einem untauglichen Beweismittel nur dann ausgegangen werden, wenn es im Einzelfall vollkommen ausgeschlossen erscheint, dass die Beweisaufnahme irgendetwas Sachdienliches ergeben könnte. Das ist hier nicht der Fall. Unerheblich ist zunächst, dass die Zeugen teilweise bereits im Strafverfahren vernommen worden sind. Aus dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO folgt, dass der Zivilrichter sich seine Überzeu- gung selbst bilden muss und daher an einzelne Tatsachenfeststellungen in einem Strafverfahren nicht gebunden ist (Senatsbeschluss vom 16. März 2005 - IV ZR 140/04, ZEV 2005, 307 unter 1). Entsprechend spielt es keine Rolle, dass etwa die als Zeugen benannten B. und D. bereits Angaben im Strafverfahren gemacht und eine Beteiligung an einer behaupteten Tötung des Erblassers nicht eingeräumt haben. Auch ein den Zeugen gegebenenfalls zustehendes Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 384 Nr. 2 ZPO führt nicht dazu, sie bereits von vornherein in einem Zivilrechtsstreit als ungeeignete oder unerreichbare Beweismittel anzusehen (Senatsbeschluss vom 21. September 2011 aaO Rn. 16). Hinzu kommt, dass der Tatrichter im Falle einer Zeugnisverweigerung nach § 384 Nr. 2 ZPO nicht gehindert ist, diese im Rahmen seiner freien Überzeugungsbildung zu würdigen (Senatsbeschluss vom 21. September 2011 aaO Rn. 18).
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Es ist zwar grundsätzlich dem pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters überlassen, ob er seine eigene Sachkunde für ausreichend erachtet und deshalb von der Einholung eines Sachverständigengutachtens absieht (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 21. März 2000 - VI ZR 158/99 - NJW 2000, 1946, 1947). Die Grenze seines Ermessens hat das Berufungsgericht jedoch nicht eingehalten. Die Würdigung eines nicht einfachen technischen Sachverhalts, wie die Beurteilung , in welcher Weise das auf dem Rechner des Beklagten vorgefundene Schadprogramm wirkt und ob es das umstrittene Entgeltaufkommen verursachen konnte, setzt besondere computertechnische Kenntnisse voraus und wird nicht schon durch die Kenntnis allgemeiner Erfahrungssätze ermöglicht (Ernst CR 2006, 590, 594). Der Tatrichter kann, wenn es um die Beurteilung einer Fachwissen voraussetzenden Frage geht, auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens nur verzichten, wenn er entsprechende eigene besondere Sachkunde auszuweisen vermag (z.B.: BGHZ 159, 254, 262; BGH, Urteile vom 17. Oktober 2001 - IV ZR 205/00 - NJW-RR 2002, 166, 167 und vom 14. Februar 1995 - VI ZR 106/94 - NJW 1995, 1619 jew. m.w.N.). Eigenes computer- technisches Fachwissen hat das Berufungsgericht jedoch weder in dem Urteil noch, wie es außerdem geboten gewesen wäre (vgl. MünchKommZPO/Damrau , ZPO, 2. Aufl., § 402 Rn. 7; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 402 Rn. 7), in einem vorherigen Hinweis an die Parteien dargetan.
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bb) Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet außerdem, dass das Berufungsgericht der Beklagten hinsichtlich des Nichtbestehens der Verrichtungsgehilfeneigenschaft des S. eine sekundäre Darlegungslast auferlegt hat. Die Annahme einer sekundären Darlegungslast setzt voraus, dass die nähere Darlegung dem Behauptenden nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (vgl. Senatsurteil vom 17. März 1987 - VI ZR 282/85, BGHZ 100, 190, 195 f.; BGH, Urteil vom 7. Dezember 1998 - II ZR 266/97, BGHZ 140, 156, 158). War S. seit dem Jahr 1999 nicht mehr Mitarbeiter der Beklagten, ist eine dem Kläger verschlossene Kenntnis der Beklagten von den näheren Umständen des Auftretens des S. beim Vertragsschluss im September 2000 ersichtlich nicht gegeben, zumal S. im Inland auftrat und die Beklagte ihren Sitz in der Türkei hat. Zweifel daran, dass S. als Verrichtungsgehilfe der Beklagten gehandelt hat, gehen zu Lasten des Klägers und nicht der Beklagten.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 15. August 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger macht gegen die Beklagte, eine Aktiengesellschaft nach türkischem Recht, deliktische Schadensersatzansprüche wegen des Erwerbs von Anteilen an der Beklagten geltend.

2

Die Beklagte hat ihren Sitz in Konya/Türkei. Der Kläger erwarb am 21. November 1999 im Inland Aktien der Beklagten für einen Betrag von 28.350 DM. In Anwesenheit des Zeugen S. übergab der Kläger den Kaufpreis an D. und erhielt dafür die Aktien und eine Einzahlungsquittung. Gegen Rückgabe dieser Quittung übergab D. an den Kläger am 3. April 2000 eine Beteiligungsübersicht, nach der er 360 Anteilsscheine der Beklagten besitzt. Mit anwaltlichem Schreiben vom 11. Mai 2010 kündigte der Kläger die Beteiligung. Sein Begehren auf Rückzahlung des Anlagebetrages blieb erfolglos.

3

Der Kläger behauptet, D. sei unter Vorlage einer Visitenkarte im Namen der Beklagten als deren Mitarbeiter aufgetreten. Im Beisein des Zeugen S. habe D. ihn darüber getäuscht, dass es sich um eine sichere Geldanlage mit einer Rückzahlungsgarantie der Beklagten auf Anforderung innerhalb von drei Monaten handle. Der Kläger verlangt, so gestellt zu werden, als hätte er die Kapitalanlage nicht getätigt.

4

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

I.

5

Das Berufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für deliktische Ansprüche bejaht und unter Anwendung deutschen Rechts den vom Landgericht angenommenen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Schadensersatz gemäß § 831 BGB i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB, § 263 StGB Zug um Zug gegen Rückübertragung der Aktien bestätigt. Es hat dies wie folgt begründet:

6

Der Vermittler D. habe den Kläger vor dem Erwerb der Anteile an der Beklagten über die in Wahrheit nicht bestehende Rechtspflicht der Beklagten zur Rückgewähr des angelegten Geldes getäuscht und ihn dadurch zum Erwerb der Aktien veranlasst. D. sei ausdrücklich für die Beklagte aufgetreten und habe sich als deren Mitarbeiter ausgewiesen. Dies habe das Landgericht aufgrund der Durchführung einer Zeugenvernehmung für bewiesen gehalten. An diese Feststellungen sei der Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden, denn konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen seien nicht gegeben. Insbesondere zeige die Beklagte nicht auf, woraus sich eine unrichtige Beweiswürdigung konkret ergeben solle. Der bloße Hinweis, der gehörte Zeuge sei unglaubwürdig, sei nicht ausreichend, um die Beweisaufnahme zu wiederholen. Der Zeuge D. habe den Kläger vor dem Erwerb der Aktien über eine in Wahrheit nicht bestehende Rechtspflicht der Beklagten zur Rückgewähr des angelegten Geldes getäuscht. Die Beklagte, der insoweit eine sekundäre Darlegungslast gemäß § 138 Abs. 2 ZPO zukomme, habe nichts vorgetragen, obwohl sie dazu in der Lage gewesen wäre, da nur sie Angaben über das Abhängigkeitsverhältnis machen könne, was Zweifel an der Eigenschaft des D. als Verrichtungsgehilfen begründen könnte. D. sei mit einer Visitenkarte der Beklagten ausgestattet gewesen und habe Formulare verwendet, die die Beklagte zur Verfügung gestellt habe. Die Beklagte habe anerkannt, dass D. für sie tätig geworden sei. Sie habe in erster Instanz unter Beweisantritt vorgetragen, D. habe als "selbständiger Vermittler" Handlungsvollmacht gehabt, Aktien zu veräußern, Gelder entgegenzunehmen sowie Interessenten grob zu informieren. Der hiervon abweichende Vortrag in der Berufungsinstanz, wonach D. eventuell ein ehemaliger Aktionär gewesen sei, der eigene Aktien verkauft habe, sei nicht nur rein spekulativ, sondern lasse auch seine Einbindung in die Organisationsstruktur der Beklagten unerklärt. Der Anspruch sei nicht verjährt. Er könne gemäß § 852 BGB immer noch mit Erfolg geltend gemacht werden.

II.

7

Die Revision ist begründet.

8

1. Die Revision wendet sich nicht dagegen, dass das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit dem Landgericht die Verjährungseinrede der Beklagten zurückgewiesen hat. Dagegen ist von Rechts wegen nichts zu erinnern.

9

2. Mit Recht rügt die Revision, dass das Berufungsgericht keine eigenen Feststellungen zu den Voraussetzungen für die Verrichtungsgehilfenschaft des M. getroffen hat, weil es irrigerweise gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO eine Bindung an die Feststellungen des Landgerichts zum Auftreten des D. angenommen hat (§ 286 ZPO).

10

a) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das Berufungsgericht an die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, welche die Bindung des Berufungsgerichts an die vorinstanzlichen Feststellungen entfallen lassen, können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind (vgl. Senatsurteil vom 8. Juni 2004 - VI ZR 230/03, BGHZ 159, 254, 258 f. und BGH, Urteil vom 12. März 2004 - V ZR 257/03, BGHZ 158, 269, 272; Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 100; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1901; Stackmann, NJW 2003, 169, 171). Zweifel im Sinne der Regelung in § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO liegen schon dann vor, wenn aus der für das Berufungsgericht gebotenen Sicht eine gewisse - nicht notwendig überwiegende - Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt (vgl. Senatsurteil vom 15. Juli 2003 - VI ZR 361/02, NJW 2003, 3480, 3481; Begründung des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 14/6036, S. 124). Ist dies der Fall, obliegt dem Berufungsgericht nach Maßgabe des § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO die Kontrolle der tatsächlichen Entscheidungsgrundlage des erstinstanzlichen Urteils im Fall eines zulässigen Rechtsmittels, wie es im Streitfall zweifellos gegeben ist, ungeachtet einer entsprechenden Berufungsrüge (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 2004 - V ZR 257/03, BGHZ 158, 269, 278 f.)

11

b) Zutreffend weist die Revision darauf hin, dass die auf den Inhalt der Aussage des Zeugen S. gestützten Feststellungen des Landgerichts, D. sei als Mitarbeiter der Beklagten aufgetreten, von den im Protokoll über die Beweisaufnahme niedergelegten Wortlaut der Aussagen nicht gedeckt sind. Der Zeuge S. hat wie folgt zur Sache ausgesagt:

12

"Wir, d.h. ich und Herr K., sind zusammen in das Moscheelokal gegangen. Der, dem wir das Geld gegeben haben, war auch in der Moschee. Wir haben das Geld abgegeben. Wir haben gefragt, ob man das Geld jederzeit zurückbekommen kann. Sie haben nur gesagt, dass das geht."

13

Auf Nachfrage des Gerichts:

14

"Sonst wurde eigentlich nichts besprochen. Herr K. hat Belege bekommen. Ich habe an dem Tag selbst nichts eingezahlt, ich hatte ein paar Monate vorher etwas eingezahlt. Als gefragt wurde, ob wir das Geld jederzeit zurückbekommen können, war ich dabei."

15

Danach ist der Zeuge S. vor dem Landgericht nicht dazu befragt worden, ob sich der Verkäufer der Aktien als Mitarbeiter der Beklagten durch Vorlage einer Visitenkarte ausgewiesen hatte. Die Feststellung des Landgerichts, dass der Zeuge D. ausdrücklich für die Beklagte aufgetreten sei und sich als deren Mitarbeiter, unter anderem unter Vorlage einer Visitenkarte, ausgewiesen habe, lässt sich weder mit den Angaben des Klägers selbst noch mit den Angaben des Zeugen S. im Termin vom 4. Dezember 2012 in Einklang bringen. Der Kläger hat im Rahmen seiner persönlichen Anhörung vor dem Landgericht am 4. Dezember 2012 angegeben, dass er zusammen mit Freunden in einen Laden oder ein Lokal der Moschee gegangen sei. Er habe Formalitäten durchgeführt und unterschrieben. Man habe ihm gesagt, es gebe kein Problem. Sie hätten gesagt: "Herzlichen Glückwunsch". Dann seien sie auseinandergegangen. Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge S. Angaben gemacht hat, die nicht im Protokoll festgehalten sind, sind nicht gegeben und werden auch von Seiten des Klägers nicht geltend gemacht. Soweit die Revisionserwiderung meint, dass sich die Beweiskraft des Protokolls gemäß § 165 ZPO nicht auf den Inhalt von Partei- und Zeugenaussagen erstreckt, trifft dies zu (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 1993 - XII ZR 133/92, FamRZ 1994, 300, 302; Urteil vom 14. Oktober 1981 - IVa ZR 152/80, NJW 1982, 1052, 1053 mwN). Allerdings genießt das Protokoll die allgemeine Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde (§ 415 ZPO). Der Widerspruch zwischen dem im Protokoll niedergelegten Inhalt der Beweisaufnahme und der Beweiswürdigung des Landgerichts musste danach Zweifel an der Richtigkeit der getroffenen Feststellungen begründen, die das Berufungsgericht hätte ausräumen müssen.

16

Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Eingangsgerichts waren außerdem aufgrund der von der Beklagten in der Berufungsbegründung vorgebrachten Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen S. gegeben. Die Beklagte hat mit der Berufung geltend gemacht, der Zeuge S. sei unglaubwürdig, da er seine Aussage auf die für eine Verurteilung wichtige Aussage beschränkt habe, dass eine jederzeitige Rückzahlung möglich sei. Das Landgericht bildete sich seine Überzeugung aufgrund der "glaubhaften Bekundungen des Zeugen S.". Herkömmlich werden bei der Beurteilung von Zeugenaussagen die Begriffe "Glaubhaftigkeit der Aussage" und "Glaubwürdigkeit des Zeugen" unterschieden. Es besteht Einigkeit darüber, den Begriff "Glaubhaftigkeit" auf die Sachdarstellung und den Begriff "Glaubwürdigkeit" auf die Persönlichkeit des Zeugen zu beziehen (Schneider, Beweis und Beweiswürdigung, 5. Aufl. Rn. 905; Reinecke, MDR 1986, 630, 632, 635; BGH, Urteil vom 13. März 1991 - IV ZR 74/90, NJW 1991, 3284). Auf Darlegungen zur Glaubwürdigkeit des Zeugen S. hat das Landgericht verzichtet. Schon danach hätte das Berufungsgericht Veranlassung gehabt, den Zeugen S. erneut zu vernehmen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 1999 - III ZR 295/98, VersR 2000, 227, 228; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rn. 16). Hat die erste Instanz von der Würdigung der von ihr vernommenen Zeugenaussagen und der Erörterung der Glaubwürdigkeit der Zeugen ganz abgesehen, muss eine Wiederholung der Beweisaufnahme erfolgen, wenn es für die Glaubwürdigkeit der Zeugen auf deren persönlichen Eindruck ankommt und diese sich nicht aus dem Vernehmungsprotokoll ergibt und auch nicht sonst in die Verhandlung eingeführt worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 1999 - III ZR 295/98 aaO).

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c) Feststellungen zum Auftreten des D. gegenüber dem Kläger sind - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht schon deshalb entbehrlich, weil die Beklagte erstinstanzlich unstreitig gestellt hätte, dass D. ihr weisungsgebundener Mitarbeiter gewesen ist. Die Beklagte hat in der Erwiderung auf die Klage bestritten, dass der Vermittler ihr Mitarbeiter gewesen ist. Im Schriftsatz vom 21. März 2011 hat die Beklagte betont, dass der Vermittler selbständig tätig und kein Mitarbeiter der Beklagten gewesen sei. Er habe Handlungsvollmacht besessen, Aktien zu veräußern, Gelder entgegenzunehmen und die Interessenten grob zu informieren. In der Berufungsbegründung hat die Beklagte erneut geltend gemacht, dass der Verkäufer der Aktien nicht für sie gehandelt habe. Stets hat die Beklagte bestritten, dass der Verkäufer von ihr abhängig war.

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Entscheidend für die Verrichtungsgehilfeneigenschaft ist aber, dass die Tätigkeit in einer abhängigen Stellung vorgenommen wird und der Geschäftsherr die Tätigkeit des Handelnden jederzeit beschränken oder entziehen oder nach Zeit und Umfang bestimmen kann (vgl. Senatsurteile vom 10. Dezember 2013 - VI ZR 534/12, VersR 2014, 466 Rn. 12; vom 6. November 2012 - VI ZR 174/11, VersR 2013, 203 Rn. 15; vom 10. März 2009 - VI ZR 39/08, VersR 2009, 784 Rn. 11; BGH, Urteile vom 30. Juni 1966 - VII ZR 23/65, BGHZ 45, 311, 313 und vom 12. Juni 1997 - I ZR 36/95, VersR 1998, 862, 863). Die Qualifikation als Verrichtungsgehilfe setzt Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit voraus (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1988 - VII ZR 348/86, BGHZ 103, 298, 303; MünchKommBGB-Wagner, 6. Aufl., § 831 Rn. 14). Der Geschäftsherr haftet für einen Verrichtungsgehilfen deshalb, weil er aufgrund eines objektiven Abhängigkeitsverhältnisses befugt ist, auf das Verhalten des Dritten tatsächlich Einfluss zu nehmen und gegebenenfalls auch das Verhältnis zu diesem zu beenden. Bestehende Zweifel gehen zu Lasten des Anspruchstellers, dem grundsätzlich der Beweis dafür obliegt, dass ihm der geltend gemachte Schaden von einem Verrichtungsgehilfen des Geschäftsherrn zugefügt worden ist (vgl. Senatsurteile vom 10. Dezember 2013 - VI ZR 534/12, aaO und vom 21. Juni 1994 - VI ZR 215/93, VersR 1994, 1202, 1203).

19

d) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts oblag der Beklagten nicht eine sekundäre Darlegungslast für Umstände, aus denen sich ergibt, dass D. nicht ihr Verrichtungsgehilfe war.

20

Die Annahme einer sekundären Darlegungslast setzt voraus, dass die nähere Darlegung dem Behauptenden nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (vgl. Senatsurteile vom 10. Dezember 2013 - VI ZR 534/12, aaO Rn. 17 und vom 17. März 1987 - VI ZR 282/85, BGHZ 100, 190, 195 f.; BGH, Urteil vom 7. Dezember 1998 - II ZR 266/97, BGHZ 140, 156, 158; Senatsbeschluss vom 25. März 2014 - VI ZR 271/13, juris Rn. 7). Ob und inwieweit die nicht darlegungsbelastete Partei ihren Sachvortrag substantiieren muss, lässt sich nur aus dem Wechselspiel von Vortrag und Gegenvortrag bestimmen, wobei die Ergänzung und Aufgliederung des Sachvortrags bei hinreichendem Gegenvortrag immer zunächst Sache der darlegungs- und beweispflichtigen Partei ist (vgl. BGH, Urteile vom 1. April 1993 - VII ZR 22/92, DtZ 1993, 278, 280 und vom 30. September 1993 - VII ZR 178/91, NJW 1993, 3196; jeweils mwN; vom 3. Februar 1999 - VIII ZR 14/98, NJW 1999, 1404, 1405). Eine darüber hinausgehende Substantiierungslast trifft die nicht beweisbelastete Partei nur ausnahmsweise dann, wenn der darlegungspflichtige Gegner außerhalb des von ihm darzulegenden Geschehensablaufs steht und die maßgebenden Tatsachen nicht näher kennt, während sie der anderen Partei bekannt und ihr ergänzende Angaben zuzumuten sind (st. Rspr., vgl. z.B. BGH, Urteil vom 11. Juni 1990 - II ZR 159/89, WM 1990, 1844, 1846; vom 17. Oktober 1996 - IX ZR 293/95, WM 1996, 2253, 2254).

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Dies ist für die Beklagte entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht anzunehmen. War derjenige, von dem der Kläger Aktien erworben hat, nicht Mitarbeiter der Beklagten, ist eine dem Kläger verschlossene Kenntnis der Beklagten von den näheren Umständen des Auftretens bei Vertragsschluss am 21. November 1999 nicht gegeben, zumal der Kläger die Aktien im Inland gekauft und die Beklagte ihren Sitz in der Türkei hat.

III.

22

Das Berufungsurteil war aufzuheben und die Sache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die gebotenen Feststellungen nachgeholt werden können. Die rechtliche Prüfung, ob und inwieweit eine Haftung der Beklagten überhaupt in Betracht kommt, ist nur auf der Grundlage von Feststellungen der näheren Umstände des jeweiligen Einzelfalls, insbesondere unter Berücksichtigung des Inhalts eines gegebenenfalls bei dem Erwerb der Aktien mit dem Kläger geführten Gespräches, möglich.

Galke                    Diederichsen                      Stöhr

           v. Pentz                          Offenloch

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.