Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Apr. 2018 - VI ZR 378/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:100418BVIZR378.17.0
bei uns veröffentlicht am10.04.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Tenor

Auf die Nichtzulassungsbeschwerden der Beklagten zu 2 und der Streithelferin des Beklagten zu 1 wird der Beschluss des 7. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 24. August 2017 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Gegenstandswert: 20.539,90 €

Gründe

I.

1

Der Kläger beansprucht von den Beklagten Schadensersatz aufgrund eines Verkehrsunfalls. Am Abend des 4. November 2015 gegen 18:00 Uhr fuhren der Kläger mit seinem Fahrzeug und der Beklagte zu 1 als Fahrer des bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Fahrzeugs Mercedes S 500 L nebeneinander; der Kläger auf dem linken Fahrtrichtungsstreifen und der Beklagte zu 1 auf dem rechten Fahrtrichtungsstreifen. Als sich die Fahrzeuge annähernd auf gleicher Höhe befanden, kam es zur seitlichen Kollision beider Fahrzeuge. An dem Pkw des Klägers entstand ein Sachschaden in Höhe von 18.923,00 €. Diesen, die Kostenpauschale sowie Freistellungsansprüche wegen vorgerichtlicher Gutachterkosten und Anwaltskosten macht der Kläger mit der vorliegenden Klage geltend. Die Beklagte zu 2 beruft sich darauf, dass der Unfall von dem Kläger und dem Beklagen zu 1 willentlich herbeigeführt worden sei.

2

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zu 2 und der Streithelferin des Beklagten zu 1 durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Beklagte zu 2 - zugleich auch als Streithelferin des Beklagten zu 1 (beide im folgenden auch "Beklagte zu 2") - mit ihren Nichtzulassungsbeschwerden.

II.

3

Die Nichtzulassungsbeschwerden haben Erfolg. Sie führen gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt.

4

1. Das Berufungsgericht hat - soweit hier erheblich - ausgeführt, die Beweiswürdigung des Landgerichts in Bezug auf die Behauptung der Beklagten zu 2, es liege ein manipulierter Unfall vor, sei nicht zu beanstanden. Die Haftung des Schädigers entfalle nur dann, wenn in ausreichendem Maße Umstände vorlägen, die die Feststellung gestatteten, dass es sich bei dem behaupteten Unfall um ein manipuliertes Geschehen handele. Hier sei zwar nicht von der Hand zu weisen, dass es einige solche Anzeichen gebe. Im Ergebnis reichten diese Umstände aber nicht aus. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Beklagte zu 1 möglicherweise nur unaufmerksam oder abgelenkt gewesen sei und deshalb seine Fahrspur nicht eingehalten habe. Der Unfall habe sich auf einer vielbefahrenen Straße bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h ereignet. Die Ehefrau des Klägers sei mit im Fahrzeug und dem Risiko eines Personenschadens ausgesetzt gewesen.

5

Für die Einholung eines Unfallrekonstruktionsgutachtens fehle es an entsprechenden Anknüpfungstatsachen. Durch ein solches Gutachten könne nämlich nicht bewiesen werden, ob der Beklagte zu 1 willentlich oder absichtlich die Kollision herbeigeführt habe oder nicht. Es sei unstreitig, dass es eine streifende Kollision zwischen den beteiligten Fahrzeugen gegeben habe. Auf den ersten Blick ergebe sich anhand der eingereichten Fotodokumentationen der beteiligten Fahrzeuge ein kompatibles Schadensbild, das mit der Schilderung des Unfallhergangs durch die unbeteiligten Zeugen K. in Einklang zu bringen sei.

6

2. Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand und verletzen die Beklagte zu 2 in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör.

7

a) Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (Senat, Beschluss vom 27. Oktober 2015 - VI ZR 355/14, NJW 2016, 641 Rn. 6 mwN; BVerfG, WM 2012, 492 f.).

8

b) So verhält es sich im Streitfall. Die Nichtzulassungsbeschwerde beanstandet zu Recht, dass das Berufungsgericht den unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten zu 2, bei einem (tatsächlichen) Unfall sei ein unfallverhütendes bzw. beendendes Fahrmanöver (auch) des Klägers zu erwarten gewesen, nicht ausreichend berücksichtigt hat und aus diesem Grund einem erheblichen Beweisangebot nicht nachgegangen ist.

9

aa) Die Ablehnung eines Beweisantrags wegen Ungeeignetheit des Beweismittels kommt nur dann in Betracht, wenn es völlig ausgeschlossen erscheint, dass das Beweismittel zu dem Beweisthema sachdienliche Erkenntnisse erbringen kann (BGH, Urteil vom 23. Oktober 2014 - III ZR 82/13, WM 2014, 2212 Rn. 17 mwN). Insoweit ist größte Zurückhaltung geboten (BGH, Urteil vom 26. November 2003 - IV ZR 438/02, BGHZ 157, 79, 84 f.). Darüber hinaus scheidet die Ablehnung eines Beweisantrags als ungeeignet aus, wenn dadurch ein noch nicht erhobener Beweis vorab gewürdigt wird, weil dies eine unzulässige Beweisantizipation darstellt (BGH, Urteil vom 23. Oktober 2014, ebenda).

10

bb) Das Berufungsgericht hat (nur) darauf abgestellt, dass ein Sachverständiger keine Aussage dazu treffen kann, ob der Beklagte zu 1 das Fahrzeug willentlich auf die andere Spur gelenkt hat, oder schlicht abgelenkt war. Es hat sich in diesem Zusammenhang nicht mit dem Vortrag der Beklagten zu 2 auseinandergesetzt, dass (auch) die (Nicht-)reaktion des Klägers nicht plausibel zu erklären sei und ein Unfallrekonstruktionsgutachten insoweit weiteres ergeben könne. Das ist auch unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers bei seiner Anhörung nicht von der Hand zu weisen, vor allem, nachdem der Vorgang nach der Aussage der Zeugen K. so viel Zeit in Anspruch genommen hat, dass der Zeuge K. noch vor dem Unfall die Lichthupe getätigt und die Warnblinkanlage angeschaltet hat. Vor diesem Hintergrund findet die Nichtberücksichtigung des Antrags der Beklagten zu 2 auf Einholung eines Unfallrekonstruktionsgutachtens im Prozessrecht keine Stütze, Art. 103 Abs. 1 GG.

11

c) Die Gehörsverletzung ist entscheidungserheblich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei der gebotenen Berücksichtigung des Vortrags der Beklagten zu 2 zu einer anderen Beurteilung gelangt wäre. Bei der neuen Würdigung wird das Berufungsgericht auch zu beachten haben, dass der Tatrichter bei der Beurteilung einer Fachwissen voraussetzenden Frage auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens nur verzichten kann, wenn er entsprechende eigene besondere Sachkunde auszuweisen vermag (BGH, Urteil vom 23. Oktober 2014, aaO, Rn. 18 mwN).

12

3. Die weitere Rüge der Nichtzulassungsbeschwerden hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet. Von einer Begründung wird insoweit abgesehen (§ 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO).

Galke     

      

von Pentz     

      

Offenloch

      

Roloff     

      

Allgayer     

      

Berichtigungsbeschluss vom 28. Juni 2018

Der Beschluss des Senats vom 10. April 2018 wird gemäß § 319 Abs. 1 ZPO wie folgt berichtigt: In der Randnummer 3 (Gründe) muss es anstatt "des Klägers" lauten: "der Beklagten zu 2".

Galke     

      

von Pentz     

      

Offenloch

      

Roloff     

      

Allgayer     

      

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Apr. 2018 - VI ZR 378/17

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Apr. 2018 - VI ZR 378/17

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 319 Berichtigung des Urteils


(1) Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in dem Urteil vorkommen, sind jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen. (2) Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil un
Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Apr. 2018 - VI ZR 378/17 zitiert 5 §§.

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

6
a) Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung die Gerichte, erheblichen Beweisanträgen nachzugehen. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots, die im Prozessrecht keine Stütze hat, verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG (Senatsbeschluss vom 16. September 2014 - VI ZR 118/13, VersR 2015, 338 Rn. 4; BGH, Beschluss vom 23. April 2015 - V ZR 200/14, juris Rn. 7; BVerfGE 69, 141, 143 f.; BVerfG, WM 2012, 492 f.; NJW 1993, 254).
17
Die Ablehnung eines Beweisantrags wegen Ungeeignetheit des Beweismittels kommt nur dann in Betracht, wenn es völlig ausgeschlossen erscheint , dass das Beweismittel zu dem Beweisthema sachdienliche Erkenntnisse erbringen kann (vgl. BVerfG, NJW 1993, 254, 255; BGH, Urteile vom 26. November 2003 - IV ZR 438/02, BGHZ 157, 79, 84 f., und vom 6. Dezember 2007 - I ZR 174/04, NJW-RR 2008, 1209 Rn. 22 sowie Beschluss vom 12. September 2012 - IV ZR 177/11, NJW-RR 2013, 9 Rn. 14; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., vor § 284 Rn. 10a; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 284 Rn. 64, 65). Darüber hinaus scheidet die Ablehnung eines Beweisantrags als ungeeignet aus, wenn dadurch ein noch nicht erhobener Beweis vorab gewürdigt wird, weil dies eine unzulässige Beweisantizipation darstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 12. September 2012, aaO; MüKoZPO/Prütting, 4. Aufl., § 284 Rn. 98).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 438/02 Verkündet am:
26. November 2003
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
Überträgt eine Erblasserin Vermögen durch eine unter Lebenden vollzogene Verfügung
zugunsten Dritter auf den Todesfall (§§ 518 Abs. 2, 2301 Abs. 2 BGB),
unterliegen die auf diese Weise begründeten Rechtsbeziehungen nicht nur im
Deckungs-, sondern auch im Valutaverhältnis den allgemeinen Regeln für Rechtsgeschäfte
unter Lebenden, nicht aber dem Erbrecht. Das gilt sowohl für die rechtliche
Einordnung der im Valutaverhältnis begründeten Rechtsbeziehung als auch
für deren Anfechtung (Fortführung von BGH, Urteil vom 19. Oktober 1983 – IVa
ZR 71/82 – NJW 1984, 480 unter 1).
BGH, Urteil vom 26. November 2003 - IV ZR 438/02 - OLG Düsseldorf
LG Wuppertal
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, Wendt und
die Richterin Dr. Kessal-Wulf auf die mündliche Verhandlung vom
26. November 2003

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 8. November 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt im Hinblick auf das Testament der Erblasserin Zahlung von 52.317,67 DM (jetzt: 26.749,59 vom 5. Juni 1996 teilt die Erblasserin ihre Sparbriefe, die ihr wesentliches Vermögen darstellten, zu je einem Drittel auf die Klägerin, den Beklagten und einen weiteren Miterben auf. Nach Abzug des Guthabens eines Kontos, das die Erblasserin dem Beklagten bereits im Jahre 1984 durch Verfügung zugunsten Dritter zugewandt hatte, sowie zweier Vermächtnisse zugunsten der Kinder der Klägerin belief sich das restliche

Guthaben der Erblasserin bei ihrer Sparkasse beim Erbfall auf 156.953 DM, d.h. das Dreifache der Klageforderung. Die Erblasserin hat im Testament angeordnet, daß der Beklagte berechtigt sei, ihr Vermögen zu verwalten. Er hat das Amt des Testamentsvollstreckers mit Schreiben vom 27. Mai 1997 angenommen.
Vor der Klägerin forderte bereits der an diesem Verfahren nicht beteiligte dritte Miterbe die Aufteilung des Guthabens der Erblasserin bei der Sparkasse. Der Beklagte berief sich demgegenüber auf eine weitere Verfügung zugunsten Dritter für den Todesfall, mit der die Erblasserin am 25. März 1996 durch ihre Unterschrift auf einem vorgedruckten Formular der Sparkasse den Beklagten bezüglich des gesamten, von den Miterben herausverlangten Guthabens begünstigt hatte, sofern der Beklagte die Erblasserin überleben werde. Mithin stehen nach Ansicht des Beklagten den anderen Miterben keine Ansprüche auf das Sparkassenguthaben zu; ein Widerruf der zu seinen Gunsten getroffenen Verfügung durch das Testament der Erblasserin sei nicht möglich. Der weitere Miterbe erklärte darauf mit Anwaltsschreiben vom 11. September 1997 gegenüber dem Anwalt des Beklagten, er fechte die Verfügung zugunsten Dritter vom 25. März 1996 an; die Erblasserin sei unmittelbar nach Beerdigung ihres Mannes am 21. März 1996 wegen ihrer Krebserkrankung zur Sterbebegleitung in das Hospiz aufgenommen worden, in dem sie am 22. September 1996 verstarb; der Beklagte habe lediglich als Testamentsvollstrecker Verfügungsgewalt über das Guthaben der Erblasserin erlangen sollen, die Verteilung des Guthabens ergebe sich aber aus dem wenig später errichteten Testament. Es kam zu einem Rechtsstreit zwischen dem weiteren Miterben und dem Beklagten, in dem letzterer rechtskräftig zur Zahlung von 52.317,67 DM verurteilt wurde.

Im Anschluß an jenes Verfahren macht die Klägerin geltend, die Erblasserin habe sich bei Unterzeichnung der Verfügung zugunsten Dritter vom 25. März 1996 in einem Irrtum befunden, da sie dem Beklagten lediglich Kontenvollmacht habe einräumen wollen. Er habe das Sparkassenguthaben nach Abzug von Nachlaßverbindlichkeiten unmittelbar an die anderen Erben auszahlen sollen. Die Anfechtung des weiteren Miterben wirke auch zu ihren Gunsten. Der Beklagte behauptet dagegen , die Erblasserin habe ihm das gesamte Guthaben geschenkt. Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt; das Oberlandesgericht hat dessen Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision erstrebt er die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Nach Ansicht der Vorinstanzen kann die Klägerin den geforderten Betrag vom Beklagten gemäß §§ 2218, 667 BGB verlangen. Denn die Verfügung zugunsten Dritter für den Todesfall vom 25. März 1996 sei wirksam angefochten worden. Die Vorschrift des § 2078 BGB sei auf den vorliegenden Fall entsprechend anwendbar. Nach Meinung des Berufungsgerichts entfalten die Urteile in dem vorangegangenen Verfahren des dritten Miterben gegen den Beklagten zwar keine Rechtskraft im Verhältnis der Klägerin zum Beklagten. Wie aber aus der im Urkundenbeweis verwertbaren Zeugenvernehmung in jenem Verfahren hervorge-

he, habe sich die Erblasserin tatsächlich in dem behaupteten Irrtum befunden. Dafür spreche insbesondere ihr nur gut zwei Monate später errichtetes Testament. Für eine zwischenzeitliche Änderung des Zuwendungswillens fehle jeder Anhalt. Einer erneuten Vernehmung des Mitarbeiters der Sparkasse, in dessen Gegenwart die Erblasserin die Verfügung vom 25. März 1996 errichtet habe, bedürfe es nicht. Auf ihn komme es zwar entscheidend an, er habe sich aber schon bei seiner Vernehmung in dem vorangegangenen Verfahren nicht mehr erinnern können, was mit der Erblasserin konkret besprochen worden sei. Die von dem dritten Miterben mithin wirksam erklärte Anfechtung komme nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 8. Mai 1985 - IVa ZR 230/83 - NJW 1985, 2025 unter III) auch der Klägerin zugute.
II. Diese Würdigung ist in rechtlicher Hinsicht aus mehreren Gründen zu beanstanden.
1. Sie läßt zunächst außer Betracht, daß bei der am 25. März 1996 zwischen der Erblasserin, ihrer Sparkasse und dem Beklagten vereinbarten Verfügung zugunsten Dritter auf den Todesfall zu unterscheiden ist zwischen dem Deckungsverhältnis der Erblasserin zur Sparkasse einerseits und dem Valutaverhältnis der Erblasserin zum Beklagten andererseits.

a) Im Deckungsverhältnis liegt ein Vertrag zugunsten Dritter, nämlich zugunsten des Beklagten vor, durch den dieser einen Anspruch auf das Guthaben gegenüber der Sparkasse nach dem Tod der Erblasserin erworben hat (§§ 328, 331 BGB). Nach gefestigter höchstrichterlicher

Rechtsprechung unterliegen die Rechtsbeziehungen im Deckungsver- hältnis nicht dem Erbrecht, sondern dem Schuldrecht. Deshalb gilt § 2301 Abs. 1 BGB für sie auch dann nicht, wenn es sich im Valutaverhältnis um eine unentgeltliche Zuwendung handelt (BGHZ 41, 95, 96; 66, 8, 12 f.; Urteil vom 19. Oktober 1983 - IVa ZR 71/82 - NJW 1984, 480 unter 1). Die besonderen erbrechtlichen Auslegungsregeln für letztwillige Verfügungen sind auf die Auslegung der rechtsgeschäftlichen Vereinbarung , durch die der Anspruch aus § 331 BGB begründet wird, auch nicht entsprechend anwendbar (BGH, Urteil vom 12. Mai 1993 - IV ZR 227/92 - NJW 1993, 2171 unter 2).

b) Dementsprechend ist auch die Frage, ob der Begünstigte den auf diese Weise erlangten Anspruch behalten darf oder an die Erben nach § 812 BGB herausgeben muß, also die Frage nach dem rechtlichen Grund im Valutaverhältnis, nicht nach Erbrecht, sondern nach Schuldrecht zu beurteilen (Urteil vom 19. Oktober 1983 aaO). Der Bundesgerichtshof hat die Frage, ob derartige Zuwendungen zwar nicht in der Rechtsform, wohl aber in anderen Beziehungen erbrechtlichen Normen unterstellt werden müssen, im Hinblick auf erbvertragliche oder diesen gleichstehende Bindungen des Erblassers durch wechselbezügliches gemeinschaftliches Testament erwogen, aber verneint, um erhebliche Abgrenzungschwierigkeiten sowie Rechtsunsicherheit zu vermeiden (BGHZ 66, 8, 12 ff.). Als Valutaverhältnis kommt, wenn eine unentgeltliche Zuwendung gewollt ist, im allgemeinen nur eine Schenkung in Betracht ; im Hinblick auf den "Von-Selbst-Erwerb" des Begünstigten ist sowohl Vollziehung im Sinne von § 2301 Abs. 2 BGB als auch Heilung des Formmangels gemäß § 518 Abs. 2 BGB anzunehmen (Urteil vom 19. Oktober 1983 aaO). Es sind aber auch andere Rechtsgeschäfte unter

Lebenden im Valutaverhältnis möglich, etwa eine ehebedingte Zuwendung ; die erbrechtliche Vorschrift des § 2077 BGB ist in einem solchen Fall auf die Begünstigung nicht anwendbar (BGHZ 128, 125, 132 ff.). An diesen Grundsätzen hält der Senat fest.

c) Die Urteile der Vorinstanzen befassen sich demgegenüber undifferenziert mit der Anfechtung des Vertrages zugunsten Dritter für den Todesfall vom 25. März 1996. Nach den Urteilen im vorangegangenen Verfahren betrifft die Anfechtung des dritten Miterben vom 11. September 1997, die er dem Beklagten gegenüber erklärt hat, nicht das Deckungsverhältnis gegenüber der Sparkasse, sondern eine im Valutaverhältnis gegenüber dem Beklagten vorliegende Schenkung. Insoweit bedarf es auch im vorliegenden Verfahren tatrichterlicher Feststellungen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die unter den Parteien streitige Frage, was die Erblasserin mit dem Rechtsgeschäft vom 25. März 1996 bezweckt hat, nicht erst für einen eventuellen Anfechtungsgrund, sondern schon für die rechtliche Charakterisierung des Valutaverhältnisses Bedeutung erlangen kann.
2. a) Nach dem Vortrag der Klägerin ging es im Valutaverhältnis um einen Auftrag oder eine Geschäftsbesorgung; der Beklagte habe die Guthaben für die Erblasserin verwalten sollen. Insoweit ist wie bei jedem Rechtsgeschäft unter Lebenden gemäß §§ 133, 157 BGB maßgebend, was als Wille der Erblasserin für den Beklagten als Empfänger ihrer Erklärung erkennbar geworden ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 1992 - IX ZR 141/91 - NJW 1992, 1446 unter II 1 b). Für die Behauptung der Klägerin , der Beklagte habe die Guthaben lediglich verwalten sollen, ist die Klägerin beweispflichtig (vgl. Palandt/Sprau, BGB 62. Aufl. § 667

Rdn. 10). Da sie aber an dem Rechtsgeschäft zwischen der Erblasserin, der Sparkasse und dem Beklagten vom 25. März 1996 nicht beteiligt war, ist der Beklagte zu einer substantiierten Darlegung verpflichtet (vgl. BGH, Urteil vom 3. Februar 1999 - VIII ZR 14/98 - NJW 1999, 1404 unter II 2 b aa).

b) Die Klägerin hat sich in ihrer Berufungserwiderung auf die Protokolle der Aussagen der vom Amtsgericht im vorangegangenen Verfahren vernommenen Zeugen bezogen. Danach habe die Erblasserin stets erklärt, ihr Nachlaß werde gleichmäßig verteilt. Insbesondere habe sie nach der Beerdigung ihres Mannes am 21. März 1996 im Hinblick auf ihre eigene Erkrankung erklärt, der Beklagte solle, da er örtlich und zeitlich am besten verfügbar sei, die Gelddinge für sie regeln, da sie nicht mehr aus dem Hospiz herauskomme.
Diesem Vortrag steht nicht etwa der Wortlaut der Verfügung zugunsten Dritter für den Todesfall vom 25. März 1996 entgegen. Im vorgedruckten Text heißt es zwar: "Für den Fall des Widerrufs der Vereinbarung gelten auch ein darin liegendes Schenkungsversprechen bzw. Schenkungsangebot an den Begünstigten sowie ein etwaiger Auftrag zur Weiterleitung dieses Versprechens/Angebots an ihn als widerrufen." Daraus geht aber nicht hervor, daß in der hier getroffenen Vereinbarung zugleich eine Schenkung an den Beklagten als anwesendem Begünstigten liegen sollte.
Der Beklagte hat demgegenüber zum Beweis seines Vortrags, das Bankguthaben der Erblasserin sei ihm durch deren Verfügung zugunsten Dritter für den Todesfall vom 25. März 1996 geschenkt worden, in der

Berufungsbegründung ausdrücklich die Vernehmung des seinerzeit anwesenden Sparkassenangestellten als Zeugen beantragt.

c) Die Entscheidung des Berufungsgerichts, im Hinblick auf die von ihm als Urkunden verwerteten Vernehmungsprotokolle des vorangegangenen Verfahrens sowie den Inhalt des Testaments von der erneuten Vernehmung auch des vom Beklagten zum Zwecke des unmittelbaren Beweises benannten Zeugen abzusehen, ist rechtsfehlerhaft, wie die Revision mit Recht rügt (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1999 - VI ZR 207/98 - NJW 2000, 1420 unter II 2 a). Daran ändert die Meinung des Berufungsgerichts, der Zeuge werde sich jetzt nicht genauer erinnern können als bei seiner Vernehmung im Jahre 1999, nichts. Der Richter darf auch im Zivilverfahren von der Erhebung zulässiger und rechtzeitig angetretener Beweise nur dann absehen, wenn das Beweismittel völlig ungeeignet oder die Richtigkeit der unter Beweis gestellten Tatsache bereits erwiesen ist; bei der Zurückweisung eines Beweismittels als ungeeignet ist größte Zurückhaltung geboten; es muß jede Möglichkeit ausgeschlossen sein, daß der übergangene Beweisantrag Sachdienliches ergeben könnte (BVerfG NJW 1993, 254 unter 1 b; vgl. auch BGH, Urteil vom 12. Oktober 1998 - II ZR 164/97 - BGHR ZPO § 286 Abs. 1, Beweisantrag , Ablehnung 20). Hier hat der Zeuge im vorangegangenen Verfahren u.a. bekundet, wenn jemand möchte, daß das Guthaben zum Zeitpunkt seines Todes vom Begünstigten verteilt werden solle, werde von Seiten der Sparkasse darauf hingewiesen, daß die Verfügung zugunsten Dritter nicht der richtige Vertrag sei. Das Berufungsgericht hat mithin unzulässig eine vorweggenommene Beweiswürdigung vorgenommen.


d) Die Sache muß daher zur weiteren Aufklärung schon der Frage, wie der Beklagte unter Berücksichtigung aller ihm bekannten Umstände das von der Erblasserin ihm gegenüber am 25. März 1996 begründete Valutaverhältnis verstehen durfte, an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
Die Klägerin nimmt den Beklagten im übrigen nicht, wie das Landgericht gemeint hat, in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker aus § 2218 BGB in Anspruch, sondern persönlich. Auch nach der Behauptung des Beklagten ist das streitige Guthaben nicht in den Nachlaß gefallen. Zwar macht die Klägerin ihren Anspruch als Miterbin geltend (§§ 2039, 667 BGB in Verbindung mit dem Testament; der Nachlaß ist nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des Landgerichts im übrigen bereits auseinandergesetzt und eine Klage unmittelbar auf Zahlung an die Klägerin ohne besondere Erbauseinandersetzung daher zulässig ). Der Anspruch richtet sich gegen den Beklagten aber in seiner Eigenschaft als Nachlaßschuldner, so daß das Prozeßführungsrecht der Erbin selbst zusteht (BGH, Urteil vom 14. November 2002 - III ZR 19/02 - ZEV 2003, 75 unter I).
3. Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen, daß im Valutaverhältnis von einer Schenkung an den Beklagten auszugehen ist, kommt es weiterhin auf die hier erklärte Anfechtung an. Hierzu gibt der Senat folgende Hinweise:

a) Im Schrifttum wird die - von den Vorinstanzen zugrunde gelegte - Ansicht vertreten, die erbrechtliche Anfechtungsregelung in § 2078 BGB sei entsprechend auch auf Verträge zugunsten Dritter auf den To-

desfall anzuwenden (MünchKomm/Leipold, BGB 3. Aufl. § 2078 Rdn. 15; Palandt/Edenhofer, aaO § 2078 Rdn. 12; Soergel/Loritz, BGB 13. Aufl. § 2078 Rdn. 9; v.Hippel NJW 1966, 867 f.; a.A. Staudinger/Otte, BGB [2003] § 2078 Rdn. 4). Nach Auffassung des Senats steht jedoch der Schutz des Vertragspartners der Rechtsgeschäfte unter Lebenden, die im Deckungs-, aber auch im Valutaverhältnis geschlossen werden, einer Erweiterung der sich aus §§ 119 ff. BGB ergebenden Anfechtungsmöglichkeiten entgegen. Es wäre auch nicht gerechtfertigt, dem Vertragspartner den von § 2078 Abs. 3 BGB ausgeschlossenen Schadensersatzanspruch aus § 122 BGB zu nehmen. Daß die verfügende Partei durch einen solchen Vertrag zu ihren Lebzeiten wirtschaftlich nicht belastet und insofern nicht mehr mit den Folgen des Geschäfts konfrontiert wird, wie das Berufungsgericht und die Klägerin hervorheben, ist nicht allein maßgebend.

b) Das Anfechtungsrecht nach § 119 BGB geht beim Tod des Erklärenden auf dessen Erben über; es kann grundsätzlich nur von allen Miterben gemeinschaftlich ausgeübt werden (RGZ 107, 238, 239; BGH, Urteil vom 26. Januar 1951 - V ZR 61/50 - NJW 1951, 308; MünchKomm/ Mayer-Maly/Busche, BGB 4. Aufl. § 142 Rdn. 6). Da es hier der Begründung eines Anspruchs gegen den Beklagten persönlich dient, steht diesem als Miterben wegen des Interessenwiderstreits kein Stimmrecht zu (vgl. BGHZ 56, 47, 53; Urteil vom 25. Juni 2003 - IV ZR 285/02 - MDR 2003, 1116, 1117). Die Anfechtung muß nicht von allen Miterben gleichzeitig und in einem einheitlichen Rechtsakt erklärt werden; wie auch sonst bei Verfügungsgeschäften der Miterben genügen zeitlich aufeinander folgende Erklärungen oder die Genehmigung einer Erklärung, die von einem Miterben zugleich für die anderen abgegeben worden ist (vgl.

MünchKomm/Dütz, aaO § 2040 Rdn. 14). Insoweit wird der Tatrichter das Verhalten der Klägerin gegebenenfalls aufzuklären und auszulegen haben. Die Anfechtung ist gegenüber dem Empfänger der anzufechtenden Willenserklärung zu erklären; da es hier um das Valutaverhältnis geht, war der Beklagte (und nicht, wie die Revision meint, die Sparkasse ) der richtige Erklärungsempfänger. Die Anfechtung muß gemäß § 121 BGB unverzüglich erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Insoweit bliebe also weiterhin zu klären, wann die Klägerin des vorliegenden und der Kläger des vorangegangenen Verfahrens die erforderliche Kenntnis erlangt und ob sie unter Berücksichtigung einer angemessenen Überlegungsfrist rechtzeitig angefochten haben. Dabei kommt die Kenntnis eines Anfechtungsgrundes erst in Betracht, wenn überhaupt von einem durch Irrtum beeinflußten Rechtsgeschäft im Valutaverhältnis auszugehen ist. Eine Verzögerung könnte überdies entschuldbar sein, soweit nach der Rechtsauffassung beider Vorinstanzen eine eigene Anfechtung durch die Klägerin nicht erforderlich war.

c) Schließlich bliebe zu prüfen, ob die Erblasserin in einem zur Anfechtung berechtigenden Irrtum war. Auch insofern durfte das Berufungsgericht nicht ohne Vernehmung des von dem Beklagten als Zeugen benannten Mitarbeiters der Sparkasse entscheiden.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Wendt Dr. Kessal-Wulf

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(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in dem Urteil vorkommen, sind jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen.

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