Bundesgerichtshof Urteil, 18. Jan. 2018 - IX ZR 144/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:180118UIXZR144.16.0
bei uns veröffentlicht am18.01.2018
vorgehend
Landgericht Berlin, 36 O 23/14, 13.07.2015
Kammergericht, 14 U 79/15, 17.06.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 144/16
Verkündet am:
18. Januar 2018
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Schweigt der Schuldner einer erheblichen, seit mehr als neun Monaten fälligen Forderung
nach anwaltlicher Mahnung und Androhung gerichtlicher Maßnahmen bis
zum Erlass eines Vollstreckungsbescheids und bietet er erst nach dessen Rechtskraft
die Begleichung der Forderung in nicht näher bestimmten Teilbeträgen aus seinem
laufenden Geschäftsbetrieb an, hat der Gläubiger die Zahlungseinstellung des
Schuldners erkannt.
BGH, Urteil vom 18. Januar 2018 - IX ZR 144/16 - KG Berlin
LG Berlin
ECLI:DE:BGH:2018:180118UIXZR144.16.0

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. Januar 2018 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Prof. Dr. Pape, Grupp und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 17. Juni 2016 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Eigenantrag vom 3. Juni 2010 über das Vermögen der L. AG (nachfolgend: Schuldnerin) am 16. Juli 2010 eröffneten Insolvenzverfahren. Die Beklagte vermittelt Gewerbeimmobilien.
2
Im Jahr 2008 unterhielt die Schuldnerin in Düsseldorf, Hamburg und Frankfurt insgesamt vier Restaurants. Sie beabsichtigte, ihren Betrieb um ein fünftes Restaurant in Berlin zu erweitern. Zu diesem Zweck ließ sie sich von der Beklagten im Juli 2008 Gewerberäume nachweisen. Hierfür berechnete die Beklagte der Schuldnerin am 13. November 2008 eine Courtage in Höhe von 117.810 €, die zum 1. Dezember 2008 fällig war. Auf diese Rechnung zahlte die Schuldnerin an die Beklagte bis zum 17. September 2009 einen Betrag von 39.270 €. Nach Aufforderung zur Zahlung weiterer 78.540 € und anwaltlicher Androhung gerichtlicher Maßnahmen mit Schreiben vom 17. September2009 erging am 3. November 2009 gegen die Schuldnerin ein Vollstreckungsbescheid über 83.889,92 €. Hierauf kündigte diese der Beklagten gegenüber an, nunmehr Teilleistungen auf die Schuld erbringen zu wollen, die aus dem laufenden Berliner Geschäftsbetrieb, dessen Aufnahme sich verzögert habe, erfolgen sollten. Nach dieser Ankündigung zahlte sie am 23. Dezember 2009 einen Betrag von 20.000 €, am 26. Januar 2010 einen Betrag von 20.000 €, am 23. März 2010 einen Betrag von 10.000 € und in der Zeit vom 20. April bis 20. Mai 2010 an 20 Tagen jeweils einen Betrag von 500 €.
3
Die unter dem Gesichtspunkt der Vorsatz- und Deckungsanfechtung erhobene Klage auf Rückgewähr der in der Zeit vom 23. Dezember 2009 bis zum 20. Mai 2010 geleisteten Beträge ist im ersten Rechtszug erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat das Rechtsmittel des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision des Klägers führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

I.


5
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dem Kläger stehe gegen die Beklagte kein Anspruch aus § 143 Abs. 1 Satz 1, §§ 129, 133 Abs. 1 InsO zu. Die Behauptung des Klägers, die Beklagte habe erkannt, dass die Schuldnerin die Zahlungen in der Zeit vom 23. Dezember 2009 bis zum 20. Mai 2010 mit dem Vorsatz erbracht habe, ihre Gläubiger zu benachteiligen, sei nicht erwiesen. Ein Gläubiger kenne den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners, wenn er selbst bei Leistungsempfang seine Ansprüche ernsthaft eingefordert habe, diese verhältnismäßig hoch seien und er wisse, dass der Schuldner nicht in der Lage sei, die Forderungen zu erfüllen. Ersatzweise reiche es auch aus, wenn der Schuldner selbst erkläre, zahlungsunfähig zu sein, oder der Leistungsempfänger Hilfstatsachen von solcher Beweiskraft kenne, dass sich daraus eindeutig eine Zahlungseinstellung ergebe.
6
Ein solcher Fall liege nicht vor. Die vom Kläger vorgetragenen Hilfstatsachen ließen weder für sich genommen noch in einer Gesamtschau den Schluss zu, die Beklagte habe den Vorsatz der Schuldnerin, ihre Gläubiger zu benachteiligen , gekannt. Das Gesamtbild eines "am Rand des finanzwirtschaftlichen Abgrunds operierenden Schuldners" ergebe sich nicht. Die Beklagte habe zwar gewusst, dass die offen gebliebene Verbindlichkeit von 78.540 € (wohl) nicht gering gewesen sei, es habe sich aber nicht um betriebsnotwendige oder fortlaufende Verbindlichkeiten gehandelt. Eine nur schleppende Tilgung der Forderung , die ebenfalls ein Beweisanzeichen für die Kenntnis sein könne, liege nicht vor. Auch wenn die Titulierung einer Forderung, gegen die der Schuldner nichts einzuwenden habe, ein Beweisanzeichen sein könne, stelle der Erlass des Vollstreckungsbescheids keine Zäsur dar. Der Zeitablauf sei nur in Zusammenhang mit der Einschaltung eines Inkassounternehmens von Bedeutung. Dass es der Schuldnerin gelungen sei, nach der Titulierung über einen Zeitraum von vier Monaten insgesamt 50.000 € zu zahlen, spreche für deren Zahlungsfähigkeit. Insoweit sei zu würdigen, dass der Restaurantbetrieb wegen baulicher Verzögerungen erst sehr viel später als geplant habe eröffnet werden können und sich die Schuldnerin von der Beklagten eine "Starthilfe" erbeten habe. Dies deute eher auf eine Priorisierung hin. Deshalb sei es auch nicht von Bedeutung, dass die Zahlungen nach dem Vortrag des Klägers von unterschiedlichen Konten bei verschiedenen Kreditinstituten erfolgt seien, was für "strategische Zahlungen" sprechen könne.

II.


7
Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung in wesentlichen Punkten nicht stand. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Voraussetzungen eines Anfechtungsanspruchs aus § 133 Abs. 1 InsO verneint hat, beruht auf einer unvollständigen Auswertung des maßgeblichen Sachvortrags.
8
1. Die angefochtenen Ratenzahlungen stellen Rechtshandlungen der Schuldnerin dar, die selbstbestimmt darüber entschieden hat, die ihr im Vollstreckungsbescheid auferlegte Zahlungspflicht durch Teilzahlungen zu erfüllen. Infolge des Vermögensabflusses haben die Rechtshandlungen eine Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) ausgelöst (vgl. BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 - IX ZR 95/14, ZInsO 2015, 1262 Rn. 8 mwN; vom 25. Februar 2016 - IX ZR 109/15, ZInsO 2016, 628 Rn. 9).

9
2. Die aus revisionsrechtlicher Sicht zum Zeitpunkt der jeweiligen Rechtshandlungen zahlungsunfähige Schuldnerin hat die Zahlungen mit einem von der Beklagten erkannten Benachteiligungsvorsatz vorgenommen.
10
a) Die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung können - weil es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt - meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden (BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, ZInsO 2009, 1901 Rn. 8 mwN; vom 25. Februar 2016 - IX ZR 109/15, ZInsO 2016, 628 Rn. 11, ständige Rspr.). Ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz. In diesem Fall weiß der Schuldner, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen. Kennt der Gläubiger die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, so weiß er auch, dass Leistungen aus dessen Vermögen die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereiteln oder zumindest erschweren und verzögern. Mithin ist ein solcher Gläubiger zugleich regelmäßig über den Benachteiligungsvorsatz im Bilde. Dies gilt insbesondere, wenn der Schuldner gewerblich tätig ist, weil der Gläubiger in diesem Fall mit weiteren Gläubigern des Schuldners mit ungedeckten Ansprüchen rechnen muss (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, ZInsO 2013, 190 Rn. 15; vom 24. Oktober 2013 - IX ZR 104/13, ZInsO 2013, 2378 Rn. 11; vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 11 mwN).
11
b) Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die Schuldnerin zum Zeitpunkt der von ihr erbrachten Teilzahlungen bereits zahlungsunfähig war oder die Zahlungsunfähigkeit erst später eingetreten ist. Nach dem unter Beweis gestellten Vortrag des Klägers gab es am 30. September 2009 zwar bereits fällige offene Verbindlichkeiten in Höhe von 1.477.176,53 €, die bis zum 4. März 2010 auf 1.632.005,29 € angewachsen sind, was für eine Zahlungseinstellung sprechen könnte. Nachdem das Berufungsgericht die Feststellung der Zahlungseinstellung zum Zeitpunkt der angefochtenen Zahlungen aber für entbehrlich gehalten hat und die Beklagte diese bestreitet, muss revisionsrechtlich davon ausgegangen werden, dass die Schuldnerin zum 30. September 2009 ihre Zahlungen eingestellt hatte und nach § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO ihre Zahlungsunfähigkeit vermutet wurde. Ausgehend von dieser Annahme kann nach dem weiteren revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalt die Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz bei der Beklagten nicht verneint werden.
12
c) Zwar beschränkt sich die revisionsgerichtliche Kontrolle der vom Berufungsgericht zur Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes getroffenen Feststellungen darauf, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urteil vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 12 mwN). Einer solchen Überprüfung hält die Würdigung des Berufungsgerichts jedoch nicht stand. Das Berufungsgericht hat maßgebliche, aus Sicht der Beklagten auf eine Zahlungseinstellung der Schuldnerin deutende Beweisanzeichen nicht beachtet und bei seiner Würdigung, die unterbliebene Zahlung der Schuldnerin habe aus der Sicht eines Außenstehenden anstelle einer Zahlungsunfähigkeit auf der fehlenden Betriebsnotwendigkeit der Bezahlung der Maklercourtage und der verzögerten Aufnahme des Restaurantbetriebs der Schuldnerin in Berlin beruht, gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen. Dies gilt auch für die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe davon ausgehen können, die Schuldnerin habe der Begleichung ihrer Forderung nur keine Priorität eingeräumt.
13
aa) Das monatelange völlige Schweigen der Schuldnerin auf die Rechnung der Beklagten kann schon für sich genommen ein Indiz für eine Zahlungseinstellung begründen (BGH, Urteil vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 13 mwN).
14
(1) Die Forderung der Beklagten war der Schuldnerin am 13. November 2008 in Rechnung gestellt worden und am 1. Dezember 2008 fällig. Bis zum 30. September 2009 hatte die Schuldnerin eine Zahlung in Höhe von 39.270 € erbracht, wobei die Beklagte die ausstehende Bezahlung der Restforderung auf bauliche Verzögerungen bei der Einrichtung des Restaurantbetriebes in Berlin zurückführte. Ob die Schuldnerin zu der ausstehenden Begleichung der ganz erheblichen Forderung überhaupt eine Erklärung abgab und ob es vor Einschaltung eines RechtsanwaltsMahnungen gab, ist nicht festgestellt. Jedenfalls ließ die Beklagte am 17. September 2009 die Schuldnerin anwaltlich mahnen und drohte die Einleitung gerichtlicher Maßnahmen an. Durch diese nachdrückliche Zahlungsaufforderung mit der Androhung von Zwangsmaßnahmen entfaltete die Beklagte einen erheblichen Zahlungsdruck. Dieser gab der Schuldnerin allen Anlass, sich zur Vermeidung der angekündigten kostenträchtigen gerichtlichen Maßnahmen wegen der Begleichung der Forderung, mit der sie sich nunmehr seit neuneinhalb Monaten in Verzug befand und der sie keine Einwendungen entgegenzusetzen hatte, schleunigst mit der Beklagten in Verbindung zu setzen. Stattdessen ließ es die Schuldnerin bis zum Erlass des Vollstreckungsbescheids am 3. November 2009 kommen. Dies stellt im Blick auf die besonderen zeitlichen Abläufe (insoweit anders als in BGH, Urteil vom 22. Juni 2017, ZInsO 2017, 1616) entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts eine Zäsur dar, aus der die Beklagte Rückschlüsse auf die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin ziehen musste. Nachdem die Schuldnerin angesichts des intensiven Zahlungsverlangens mit der alsbaldigen Geltendmachung gerichtlicher Schritte rechnen musste, deutete ihr monatelanges Schweigen gerade aus der Sicht der Beklagten nach aller Erfahrung nicht - wie das Berufungsgericht meint - auf zeitnah überwindbare Anlaufschwierigkeiten bei der Einrichtung des Restaurantbetriebs in Berlin hin, sondern auf schwerwiegende Liquiditätsprobleme. Im Falle fortbestehender Zahlungsfähigkeit hätte es der Interessenlage der Schuldnerin entsprochen, nach Erhalt des anwaltlichen Mahnschreibens entweder begründete Einwendungen gegen die Forderung zu erheben oder diese zur Vermeidung einer zu befürchtenden kostenträchtigen gerichtlichen Inanspruchnahme umgehend zu tilgen. Mit Anlaufschwierigkeiten des Restaurantbetriebs in Berlin war der inzwischen seit fast einem Jahr ausstehende Ausgleich der Forderung und das fast zwei Monate dauernde Schweigen der Schuldnerin zwischen der anwaltlichen Mahnung und dem Erwirken des Vollstreckungsbescheides am 3. November 2009 nach aller Erfahrung nicht zu erklären. Als im Wirtschaftsverkehr allein realistische Schlussfolgerung begründete der knapp einjährige Zahlungsverzug der Schuldnerin, die keine Einwendungen gegen die Forderung erhob, die Annahme unüberwindlicher Zahlungsschwierigkeiten. Die in dem einjährigen Herausschieben der Forderung zum Ausdruck kommende schlechte Zahlungsmoral verdeutlichte entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts , dass die Schuldnerin am Rande des finanzwirtschaftlichen Abgrunds operierte (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 14; MünchKomm-InsO/Eilenberger, 3. Aufl., § 17 Rn. 30). Mit Anlaufschwierigkeit bei der Einrichtung des Betriebs in Berlin war das Zahlungsverhalten der Schuldnerin ohnehin - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht zu erklären, weil die Schuldnerin über vier weitere Restaurants in anderen deutschen Großstädten verfügte, hinsichtlich derer die Beklagte keine Umstände geltend gemacht hat, die auf kurzfristig überwindbare Liquiditätsprobleme hindeuteten.
15
(2) Entgegen der weiteren Würdigung des Berufungsgerichts ließ sich auch das prozessuale Verhalten der Schuldnerin, die sich gegen den Mahnbescheid nicht verteidigte und es zum Erlass eines Vollstreckungsbescheids kommen ließ, bevor sie Teilzahlungen anbot und diese Ende Dezember 2009 aufnahm, nicht auf zeitlich überschaubare bauliche Probleme zurückführen. Durch das weitere Schweigen auf die Androhung gerichtlicher Maßnahmen bis zum Erlass des Vollstreckungsbescheids waren erhebliche zusätzliche Kosten angefallen, die ein zahlungsfähiger Schuldner durch Begleichung der begründeten Forderung vermieden hätte. Auch insofern offenbarte die monatelange völlige Untätigkeit der Schuldnerin und die Inkaufnahme des von vornherein aussichtslosen gerichtlichen Verfahrens, dass sie mangels flüssiger Zahlungsmittel lediglich Zeit zu gewinnen suchte. Mit dem Angebot, Teilzahlungen zu erbringen , offenbarte die Schuldnerin entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts , das einfach unterstellt hat, die Schuldnerin hätte die Forderung der Beklagten nicht erfüllt, weil sie diese nicht für vordringlich gehalten hat, sehr wohl, dass sie zum baldigen Ausgleich der Forderung nicht in der Lage war. Dies musste die Beklagte insbesondere aus der Ankündigung entnehmen, die Zahlungen nur aus den laufenden Einnahmen des Berliner Restaurants tätigen zu können. Die Schuldnerin kam damit aus der Warte der Beklagten nur der Vollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid, die nach der Titulierung der Forderung ernsthaft drohte, zuvor. Ihr Unvermögen, im Falle einer Vollstreckung den Gesamtbetrag zu zahlen, ergab sich ohne weiteres aus der Ankündigung, Teilzahlungen in unbestimmter Höhe nur aus dem laufenden Geschäftsbetrieb erbringen zu können.
16
bb) Ein weiteres Indiz einer Zahlungseinstellung verkörperte sich in dem für die Beklagte infolge des Zeitablaufs zutage getretenen Unvermögen der Schuldnerin, die erhebliche Verbindlichkeit der Beklagten zu tilgen.

17
(1) Ein Gläubiger kennt die Zahlungseinstellung schon dann, wenn er selbst bei Leistungsempfang seine Ansprüche ernsthaft eingefordert hat, diese verhältnismäßig hoch sind und er weiß, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, die Forderungen zu erfüllen (BGH, Urteil vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 17 mwN). Aus Rechtsgründen genügt es, wenn die Zahlungseinstellung auf Grund der Nichtbezahlung nur einer - nicht unwesentlichen - Forderung dem Anfechtungsgegner bekannt wird (BGH, Urteil vom 11. Februar 2010 - IX ZR 104/07, ZInsO 2010, 673 Rn. 39 mwN). In dieser Weise verhält es sich im Streitfall.
18
(2) Die Beklagte hatte ihre noch immer hohe Restforderung von mehr als 78.540 € über einen längeren Zeitraum von mehr als neun Monaten ab der ersten Rechnungsstellung vergeblich eingefordert. Ob es sich dabei um eine betriebsnotwendige oder fortlaufende Forderung handelte, ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ohne Bedeutung. Gleichwohl war die Schuldnerin ersichtlich außerstande, die Verbindlichkeit zu tilgen. Selbst die Einschaltung eines Rechtsanwalts und die Betreibung des Mahnverfahrens sowie der Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids konnten die Schuldnerin nicht zur Zahlung bewegen. Angesichts der zeitlichen Gegebenheiten gestattete bereits die schlichte Nichtbegleichung der offenen Forderung, deren Berechtigung zu keinem Zeitpunkt im Zweifel stand, den Schluss auf eine Zahlungseinstellung (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 2012 - IX ZB 264/11, ZInsO 2012, 1418 Rn. 9; Urteil vom 25. Februar 2016 - IX ZR 109/15, ZInsO 2016, 628 Rn. 18). Mit dem Fall, dass sich der Schuldner einer geringfügigen Forderung gegenüber dem Gerichtsvollzieher zum Abschluss einer Zahlungsvereinbarung bereiterklärt und diese dann auch einhält (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juli 2017 - IX ZR 178/16, ZInsO 2017, 1881), ist dies nicht vergleichbar. Aus der mehr als einjährigen Zahlungsverzögerung konnte und musste die Beklagte entnehmen, dass die Schuldnerin nicht in der Lage war, ihre Verbindlichkeiten zurückzuführen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2007 - IX ZR 93/06, ZInsO 2008, 273 Rn. 35; vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 18). Da die Beklagte mit weiteren Gläubigern der gewerblich tätigen Schuldnerin rechnen musste, war sie über deren Zahlungseinstellung unterrichtet (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 18). Dies folgt schon aus dem Umstand, dass ihr die Schuldnerin erklärt hatte, die Teilzahlungen nur aus den laufenden Einnahmen des Restaurantbetriebs in Berlin erbringen zu können. Hieraus musste die Beklagte entnehmen , dass die Schuldnerin, welche auch die Kosten dieses Betriebes aus diesen Einnahmen bestreiten musste, am finanziellen Abgrund stand. Sie war entweder nicht in der Lage, ihre Miete, den Wareneinkauf und das Personal zu bezahlen, wenn sie die Forderung der Beklagten durch Einmalzahlung aus den Einnahmen beglich, oder sie konnte ihre laufenden Kosten decken und nur den verbleibenden Rest zur ratenweisen Rückführung der Maklerforderung einsetzen.
19
cc) Schließlich offenbarte sich in dem als alternativlos unterbreiteten Vorschlag der Schuldnerin, Teilzahlungen aus dem Restaurantbetrieb in Berlin zu erbringen, gegenüber der Beklagten ein zusätzliches Indiz einer Zahlungseinstellung.
20
(1) Die Bitte des Schuldners auf Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung ist, wenn sie sich im Rahmen der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs hält, als solche kein Indiz für eine Zahlungseinstellung oder Zahlungsunfähigkeit. Die Bitte um eine Ratenzahlungsvereinbarung kann auf den verschiedensten Gründen beruhen, die mit einer Zahlungseinstellung nichts zu tun haben, etwa der Erzielung von Zinsvorteilen oder der Vermeidung von Kosten und Mühen im Zusammenhang mit der Aufnahme eines ohne weiteres erlang- baren Darlehens (BGH, Beschluss vom 16. April 2015 - IX ZR 6/14, ZInsO 2015, 898 Rn. 3; Urteil vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 20). Eine Bitte um Ratenzahlung ist jedoch ein Indiz für eine Zahlungseinstellung, wenn sie vom Schuldner mit der Erklärung verbunden wird, seine fälligen Verbindlichkeiten (anders) nicht begleichen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, ZInsO 2011, 1410 Rn. 17; Beschluss vom 16. April 2015, aaO Rn. 4 mwN).
21
(2) In dieser Weise verhält es sich im Streitfall. Die Schuldnerin war die Begleichung der Forderung über viele Monate schuldig geblieben und gut neun Monate nach Fälligkeit hatte die Beklagte ohne Erfolg die Zahlung der rückständigen Rechnungen durch einen Rechtsanwalt angemahnt. Danach hatte die Beklagte den Rechtsanwalt mit dem Forderungseinzug betraut. Mangels Zahlung der Schuldnerin hatte die Beklagte einen Vollstreckungsbescheid erwirkt , auf den die Schuldnerin nicht zahlte. Die erst nach Offenbarwerden der Zahlungsschwierigkeiten erfolgte Ankündigung, nunmehr Teilzahlungen auf die Forderung aus den Einnahmen des Restaurantbetriebs in Berlin in nicht näher bezeichneter Höhe und Zeit leisten zu wollen, entspricht nicht den üblichen Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs. Ebenso entspricht es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht diesen Gepflogenheiten, einem Gläubiger, dessen Forderung seit über einem Jahr rückständig ist, eine Starthilfe abzuverlangen. Ein solches Ansinnen kann vielmehr nur als erzwungene weitere Stundung zugunsten eines insolventen Schuldners - eine Stundungsvereinbarung haben die Schuldnerin und die Beklagte nicht getroffen - verstanden werden. Kein redlicher Schuldner lässt sich, ohne die geltend gemachte Forderung sachlich abwehren zu wollen, gerichtlich in Anspruch nehmen, nur um die Zahlung hinauszuzögern und dem Gläubiger ein Teilzahlungsangebot abzuringen. Das Verlangen einer Starthilfe von einem Gläubiger, mit dem der Schuldner sonst in keiner Geschäftsbeziehung steht, kann ebenfalls nicht als Erscheinung des normalen Geschäftsverkehrs angesehen werden, sondern erscheint auf dem Hintergrund eines mehr als einjährigen Zahlungsverzugs höchst ungewöhnlich. Dabei fällt ins Gewicht, dass die Schuldnerin nach Titulierung der Forderung nicht einmal in der Lage war, die Forderung innerhalb von drei Monaten zu tilgen, und schließlich nur noch tägliche Zahlungen von jeweils 500 € erbringen konnte, ohne die Forderung vollständig auszugleichen.
22
(3) Im Blick auf diese Art der Schuldentilgung deutet - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - auch der Umstand, dass die Teilzahlungen über bei unterschiedlichen Kreditinstituten unterhaltene Konten erfolgten, darauf hin, dass es sich um strategische Zahlungen der Schuldnerin handelte, die sich zur Schonung der schwindenden Liquidität auf Teilzahlungen über gerade eine hinreichende Deckung ausweisende Konten beschränkte, was eine Zahlungseinstellung erkennen ließ (vgl. BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 - IX ZR 95/14, ZInsO 2015, 1262 Rn. 21 mwN). Dass die Zahlungen über unterschiedliche Konten erfolgten, war mit der Ankündigung, sie aus den Einnahmen eines der Restaurants leisten zu wollen, nicht in Einklang zu bringen. Vor diesem Hintergrund ging es der Schuldnerin angesichts des monatelangen Zahlungsrückstands entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts ersichtlich nicht darum, verfügbare Finanzmittel anderweitig einzusetzen. Vielmehr konnte die angesichts der Titulierung der Forderung erfolgte einseitige Ankündigung der Schuldnerin, nunmehr Teilzahlungen in ungenannter Höhe und innerhalb einer nicht näher bestimmten Zeit aus den Einnahmen des Restaurantbetriebs in Berlin erbringen zu wollen, nur dahin verstanden werden, ihre fälligen Verbindlichkeiten anders nicht begleichen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 21). Einer ausdrücklich erklärten Erfüllungsverweigerung oder eines sonstigen Verhaltens der Schuldnerin, das ihre Zahlungsunfähigkeit dokumentierte, bedurfte es nicht (BGH, Urteil vom 22. November 1990 - IX ZR 103/90, ZIP 1991, 39, 40).
23
dd) Bei dieser Sachlage haben sich mehrere Beweisanzeichen verwirklicht , die aus Sicht der Beklagten nur auf eine Zahlungseinstellung der Schuldnerin und damit auf einen Benachteiligungsvorsatz hindeuteten (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, ZInsO 2011, 1410 Rn. 18; vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 22). Nach der fruchtlosen monatelangen Beitreibung ihrer erheblichen Forderung und der Ankündigung von Teilzahlungen angesichts der drohenden Vollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid konnte sich die Beklagte der Tatsache nicht verschließen, dass die Schuldnerin zahlungsunfähig war und eine bevorzugte Befriedigung der Beklagten zum Nachteil anderer Gläubiger zumindest billigend in Kauf nahm. Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann deshalb keinen Bestand haben.

III.


24
Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Eine eigene Sachentscheidung (§ 563 Abs. 3 ZPO) kann der Senat auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts mangels Feststellung der Zahlungsunfähigkeit /Zahlungseinstellung nicht treffen. Hinsichtlich der Zahlungen, welche die Schuldnerin in der Zeit vom 23. März 2010 bis zum 20. Mai 2010 geleistet hat, wird sich das Berufungsgericht auch mit den Voraussetzungen des § 130 InsO zu befassen haben, den es bislang nicht in den Blick genommen hat.
Kayser Gehrlein Pape
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 13.07.2015 - 36 O 23/14 -
KG Berlin, Entscheidung vom 17.06.2016 - 14 U 79/15 -

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(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Insolvenzordnung - InsO | § 133 Vorsätzliche Benachteiligung


(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Tei

Insolvenzordnung - InsO | § 130 Kongruente Deckung


(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, 1. wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, we
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(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem E

Insolvenzordnung - InsO | § 129 Grundsatz


(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten. (2) Eine Unterlassung steht einer Rechts

Insolvenzordnung - InsO | § 17 Zahlungsunfähigkeit


(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit. (2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner sei

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Bundesgerichtshof Urteil, 18. Jan. 2018 - IX ZR 144/16 zitiert oder wird zitiert von 13 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 13. Aug. 2009 - IX ZR 159/06

bei uns veröffentlicht am 13.08.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 159/06 Verkündet am: 13. August 2009 Hauck Justizsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Juli 2012 - IX ZB 264/11

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 264/11 vom 12. Juli 2012 in dem Insolvenzeröffnungsverfahren Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fischer, Grupp und die

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Feb. 2010 - IX ZR 104/07

bei uns veröffentlicht am 11.02.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 104/07 Verkündet am: 11. Februar 2010 Kirchgeßner Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 96 Abs. 1 N

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Okt. 2013 - IX ZR 104/13

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 104/13 Verkündet am: 24. Oktober 2013 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 133 Abs. 1

Bundesgerichtshof Urteil, 06. Juli 2017 - IX ZR 178/16

bei uns veröffentlicht am 06.07.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 178/16 Verkündet am: 6. Juli 2017 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 17 Abs. 2 Satz 2

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Feb. 2016 - IX ZR 109/15

bei uns veröffentlicht am 25.02.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 109/15 Verkündet am: 25. Februar 2016 Kluckow Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 133 Abs. 1

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Mai 2015 - IX ZR 95/14

bei uns veröffentlicht am 07.05.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR95/14 Verkündet am: 7. Mai 2015 Kluckow Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 133 Abs. 1 Werden S

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Apr. 2015 - IX ZR 6/14

bei uns veröffentlicht am 16.04.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZR6/14 vom 16. April 2015 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 133 Abs. 1 Die Bitte des Schuldners auf Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung ist, wenn sie sich im Ra
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Bundesgerichtshof Urteil, 28. März 2019 - IX ZR 7/18

bei uns veröffentlicht am 28.03.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 7/18 Verkündet am: 28. März 2019 Kluckow Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2019:280319UIXZR7.18.0 Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Juli 2019 - IX ZR 258/18

bei uns veröffentlicht am 18.07.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 258/18 Verkündet am: 18. Juli 2019 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 133 Abs. 1 aF

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Juli 2019 - IX ZR 259/18

bei uns veröffentlicht am 18.07.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 259/18 Verkündet am: 18. Juli 2019 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2019:180719UIXZR259.18.0 Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshof

Oberlandesgericht Bamberg Endurteil, 08. März 2018 - 1 U 180/16

bei uns veröffentlicht am 08.03.2018

Tenor 1. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 01.09.2016, Az. 13 O 484/14, wird zurückgewiesen. 2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. 3. Das Urteil ist

Referenzen

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.

(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.

(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.

(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.

(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.

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1. Die im Zeitraum des Jahres 2008 bewirkten Überweisungen stellen Rechtshandlungen der Schuldnerin dar. Auch soweit der Schuldner - wiehier - zur Abwendung einer ihm angedrohten, demnächst zu erwartenden Vollstreckung leistet, ist eine anfechtbare Rechtshandlung gegeben. Er ist dann noch in der Lage, über den angeforderten Betrag nach eigenem Belieben zu verfügen. Anstatt ihn an den Gläubiger zu zahlen, kann er ihn auch selbst verbrauchen, Dritten zuwenden oder Insolvenzantrag stellen und den Gläubiger davon in Kenntnis setzen (BGH, Urteil vom 10. Dezember 2009 - IX ZR 128/08, WM 2010, 360 Rn. 10; vom 21. November 2013 - IX ZR 128/13, WM 2014, 44 Rn. 7). Infolge des Vermögensabflusses haben die Zahlungen eine objektive Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO bewirkt (BGH, Urteil vom 25. April 2013 - IX ZR 235/12, WM 2013, 1044 Rn. 15; vom 5. März 2015 - IX ZR 133/14, WM 2015, 623 Rn. 47). Die Anfechtungsfrist ist gewahrt.
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1. Die angefochtenen Ratenzahlungen stellen Rechtshandlungen der Schuldnerin dar, die selbstbestimmt darüber entschieden hat, ob sie die im Vergleichswege übernommenen Verpflichtungen durch Banküberweisungen erfüllt. Infolge des Vermögensabflusses haben die Rechtshandlungen eine Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) ausgelöst (BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 - IX ZR 95/14, WM 2015, 1202 Rn. 8 mwN).
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Die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung können - weil es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt - meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden. Soweit dabei Rechtsbegriffe wie die Zahlungsunfähigkeit betroffen sind, muss deren Kenntnis außerdem oft aus der Kenntnis von Anknüpfungstatsachen erschlossen werden. Der Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit steht auch im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen (BGH, Urt. v. 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, ZIP 2007, 1511, 1513 Rn. 25; Urt. v. 20. November 2008 - IX ZR 188/07, ZIP 2009, 189, 190 Rn. 10 m.w.N.). Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die (drohende) Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt (BGH, Urt. v. 19. Februar 2009 - IX ZR 62/08, ZIP 2009, 526, 527 Rn. 13 m.w.N., z.V.b. in BGHZ). Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass solche Tatsachen nur mehr oder weniger gewichtige Beweisanzeichen darstellen, die eine Gesamtwürdigung nicht entbehrlich machen und nicht schematisch im Sinne einer vom anderen Teil zu widerlegenden Vermutung angewandt werden dürfen. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung hat der Tatrichter gemäß § 286 ZPO unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme zu prüfen (BGH, Urt. v. 12. Juli 2007 - IX ZR 235/03, ZIP 2007, 2084, 2087 Rn. 21; vgl. Fischer NZI 2008, 588, 593; Schoppmeyer, ZIP 2009, 600, 605; Ganter WM 2009, 1441, 1443). Soweit frühere Entscheidungen des Senats anders verstanden werden könnten, wird daran nicht festgehalten.
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1. Die angefochtenen Ratenzahlungen stellen Rechtshandlungen der Schuldnerin dar, die selbstbestimmt darüber entschieden hat, ob sie die im Vergleichswege übernommenen Verpflichtungen durch Banküberweisungen erfüllt. Infolge des Vermögensabflusses haben die Rechtshandlungen eine Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) ausgelöst (BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 - IX ZR 95/14, WM 2015, 1202 Rn. 8 mwN).
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Sind beide Teile über die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners unterrichtet , kann von einem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners und dessen Kenntnis bei dem Gläubiger ausgegangen werden, weil der Schuldner weiß, nicht sämtliche Gläubiger befriedigen zu können, und dem Gläubiger bekannt ist, dass infolge der ihm erbrachten Leistung die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereitelt oder zumindest erschwert wird (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, WM 2013, 174 Rn. 15 mwN). Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts war die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners sowohl diesem selbst als auch dem Beklagten zum Zeitpunkt der Überweisungen geläufig. Außerdem ist das Beweisanzeichen der Inkongruenz gegeben (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012, aaO Rn. 46), weil die Zahlungen durch eine dritte Person erfolgten, der die erforderlichen Mittel zuvor von dem Schuldner zur Verfügung gestellt worden waren (BGH, Urteil vom 14. Oktober 2010 - IX ZR 16/10, WM 2010, 2319 Rn. 8). Mithin kann von einem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners und dessen Kenntnis bei dem Beklagten ausgegangen werden.

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

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Aus b) Rechtsgründen genügt es, wenn die Zahlungseinstellung auf Grund der Nichtbezahlung nur einer - nicht unwesentlichen - Forderung gegenüber einer einzigen Person erkennbar wird (BGH, Urt. v. 27. April 1995 - IX ZR 147/94, ZIP 1995, 929, 930). Für eine erfolgreiche Anfechtung muss diese Per- son dann allerdings gerade der Anfechtungsgegner sein (BGHZ 118, 171, 174; BGH, Urt. v. 10. Januar 1985 - IX ZR 4/84, ZIP 1985, 363, 365; v. 17. April 1986 - IX ZR 54/85, ZIP 1986, 720, 723; v. 27. April 1995 aaO; v. 9. Januar 2003 - IX ZR 175/02, ZIP 2003, 410, 412; MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 130 Rn. 40).
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3. Die Glaubhaftmachung des Insolvenzgrundes muss nicht notwendig durch Vorlage einer Bescheinigung über einen fruchtlosen Vollstreckungsversuch oder durch die Erklärung des Finanzamtes, erfolglos gegen den Steuerschuldner vollstreckt zu haben, erfolgen. Der antragstellende Gläubiger kann den Eröffnungsgrund auch auf andere Weise glaubhaft machen (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2008 - IX ZB 7/08, WuM 2009, 144 Rn. 3). Die schlichte Nichtbegleichung einer unbestrittenen Forderung kann im Einzelfall eine weitere Glaubhaftmachung entbehrlich machen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. April 2008 - II ZR 51/07, ZInsO 2008, 1019 Rn. 5; FKInsO /Schmerbach, 6. Aufl., § 14 Rn. 125; Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl., § 14 Rn. 81). Ein Indiz für die fehlende Zahlungsfähigkeit kann sein, wenn der Schuldner auf Zahlungsaufforderungen durch das Finanzamt nicht reagiert und dem angekündigten Vollstreckungsversuch weder entgegentritt noch den Zugang zur Wohnung ermöglicht.
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1. Die angefochtenen Ratenzahlungen stellen Rechtshandlungen der Schuldnerin dar, die selbstbestimmt darüber entschieden hat, ob sie die im Vergleichswege übernommenen Verpflichtungen durch Banküberweisungen erfüllt. Infolge des Vermögensabflusses haben die Rechtshandlungen eine Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) ausgelöst (BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 - IX ZR 95/14, WM 2015, 1202 Rn. 8 mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 178/16
Verkündet am:
6. Juli 2017
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Erklärt sich der Schuldner einer geringfügigen Forderung gegenüber dem Gerichtsvollzieher
zum Abschluss einer Zahlungsvereinbarung bereit, muss der Gläubiger
allein aus diesem Umstand nicht zwingend darauf schließen, dass der Schuldner
seine Zahlungen eingestellt hat.
BGH, Urteil vom 6. Juli 2017 - IX ZR 178/16 - LG Köln
AG Köln
ECLI:DE:BGH:2017:060717UIXZR178.16.0

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. Juli 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann, die Richter Prof. Dr. Pape, Grupp und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 26. Juli 2016 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf Antrag vom 4. Oktober 2013 am 27. November 2013 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des S. (nachfolgend: Schuldner), der einen Dachdeckerbetrieb unterhielt. Der Beklagte erstellte für den Betrieb des Schuldners im Rahmen eines einmaligen geschäftlichen Kontakts Dachöffnungen und führte Kernbohrungen durch. Für diese Arbeiten stellte er dem Schuldner am 7. Juli 2011 einen Betrag in Höhe von 1.674,93 € in Rechnung. Nachdem der Schuldner den Rechnungs- betrag auch nach dreimaliger Mahnung nicht beglichen hatte, leitete der Beklagte das gerichtliche Mahnverfahren ein. Am 27. Januar 2012 erging gegen den Schuldner ein Vollstreckungsbescheid. Im März 2012 bestanden gegen den Schuldner fällige Forderungen weiterer Gläubiger in Höhe von mehr als 91.000 €, welche bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr zurück- geführt wurden. Der mit der Vollstreckung des Titels beauftragte Gerichtsvoll- zieher vereinbarte mit dem Schuldner am 12. März 2012 Ratenzahlungen in Höhe von monatlich 200 €. Am selben Tag erbrachte der Schuldner die erste Teilleistung in der vereinbarten Höhe. Anschließend informierte der Gerichtsvollzieher den Beklagten schriftlich über das Ratenzahlungsangebot des Schuldners und teilte mit, der Schuldner sei seines Erachtens in der Lage, die Sache durch Ratenzahlung zu erledigen. Am 3. April 2012 und 4. Mai 2012 zahlte der Schuldner jeweils 355 € an den Gerichtsvollzieher, am 4. Juli 2012 einen Betrag von 460,80 € sowie am 10. August 2012 und 30. August 2012 je- weils 300 €.
2
Gestützt auf eine Vorsatzanfechtung der über den Gerichtsvollzieher erbrachten Leistungen hat der Insolvenzverwalter im Oktober 2014 Klage auf Zahlung von 1.965,80 € erhoben. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


3
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.


4
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Dem Kläger stehe kein auf § 143 Abs. 1 Satz 1, § 133 Abs. 1 InsO gestützter Rückgewähranspruch zu. Es fehle die Kenntnis des Beklagten vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners. Der Beklagte habe zum Zeitpunkt der Entgegennahme der Ratenzahlun- gen nicht zwingend auf eine wenigstens drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners schließen müssen. Zwar deute das monatelange Schweigen des Schuldners einer unstreitigen Forderung trotz erheblichen Zahlungsdrucks grundsätzlich auf schwerwiegende Liquiditätsprobleme hin und könne ein Indiz für eine Zahlungseinstellung darstellen. Vorliegend habe der Beklagte jedoch nicht in einer länger andauernden Geschäftsbeziehung zum Schuldner gestanden , sondern aufgrund der erstmaligen Auftragserteilung keine Kenntnis über dessen Zahlungsverhalten und sonstiges geschäftliches Gebaren besessen. Überdies stelle die ursprüngliche Forderung in Höhe von 1.674,96 € auch für kleine und mittlere Geschäftsbetriebe eine lediglich geringe Forderung dar. Die Nichtbegleichung einer geringfügigen Forderung lasse jedoch für sich genommen nicht den Schluss auf existenzbedrohende Zahlungsschwierigkeiten zu. Die Tatsache, dass der Schuldner mit dem Gerichtsvollzieher trotz der Geringfügigkeit der Forderung eine - bis auf eine Unterbrechung im Juni 2012 - termingerecht eingehaltene Ratenzahlungsvereinbarung abgeschlossen habe, stelle ebenfalls kein starkes Indiz für eine Zahlungseinstellung dar.

II.


5
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand. Die Anfechtbarkeit einer Rechtshandlung des Schuldners nach § 133 Abs. 1 InsO in der hier anwendbaren bis zum 5. April 2017 geltenden Fassung setzt voraus, dass der Schuldner mit dem Vorsatz handelte, seine Gläubiger zu benachteiligen, und der Anfechtungsgegner diesen Vorsatz kannte. Die Würdigung des Berufungsgerichts , der zufolge der Beklagte den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners nicht erkannt hat, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
6
1. Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt stellen die zwischen dem 12. März 2012 und 30. August 2012 an den Gerichtsvollzieher geleisteten Zahlungen Rechtshandlungen des Schuldners im Sinne des § 133 Abs. 1 InsO dar. Leistet der Schuldner zur Abwendung einer ihm angedrohten , demnächst zu erwartenden Vollstreckung, ist eine anfechtbare Rechtshandlung gegeben, weil der Schuldner noch in der Lage ist, über den angeforderten Betrag nach seinem Belieben zu verfügen. Diese Möglichkeit zu eigenem, willensgesteuerten Handeln wird dem Schuldner nicht allein dadurch genommen, dass die Einzelzwangsvollstreckung bereits begonnen hat (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 2009 - IX ZR 128/08, ZInsO 2010, 226 Rn. 10 f). Im Rahmen einer Zahlungsvereinbarung nach § 806b ZPO aF erbrachte Leistungen des Vollstreckungsschuldners sind regelmäßig nicht auf einen einheitlichen hoheitlichen Zugriff zurückzuführen, sondern beruhen auf der eigenen Entscheidung des Schuldners (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 2009, aaO Rn. 13 mwN; MünchKomm-InsO/Kayser, 3. Aufl., § 133 Rn. 9a). Auch nach Beginn der Zwangsvollstreckung kann der Schuldner frei entscheiden , ob er die vom Gerichtsvollzieher bislang nicht aufgefundenen oder herausverlangten Vermögenswerte ratenweise herausgibt oder aber die Fortsetzung der Zwangsvollstreckung in Kauf nimmt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 2009, aaO Rn. 12).
7
2. Die angefochtenen Vermögensverlagerungen haben die Insolvenzgläubiger im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO benachteiligt. Die an den Beklagten geleisteten Zahlungen haben das später der Gläubigergesamtheit zur Verfügung stehende Vermögen des Schuldners verringert (vgl. BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 - IX ZR 95/14, ZInsO 2015, 1262 Rn. 8 mwN). Die Anfechtungsfrist ist gewahrt.
8
3. Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Schuldner die Rechtshandlungen mit dem gemäß § 133 Abs. 1 InsO erforderlichen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz vorgenommen hat.
9
a) Ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz. In diesem Fall weiß der Schuldner, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 2016 - IX ZR 109/15, ZInsO 2016, 628 Rn. 11 mwN). Zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit im Sinn des § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO ist die Aufstellung einer Liquiditätsbilanz regelmäßig entbehrlich , wenn eine Zahlungseinstellung gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit begründet (vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 2015 - IX ZR 180/12, ZInsO 2015, 628 Rn. 18 f mwN).
10
b) Nach den tatrichterlichen Feststellungen hatte der gewerblich tätige Schuldner bereits im März 2012 seine Zahlungen eingestellt. Zu diesem Zeitpunkt bestanden gegen den Schuldner fällige Forderungen in Höhe von mehr als 91.000 €, welche bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr zu- rückgeführt wurden. Dieser Umstand gestattet für sich genommen den Rückschluss auf eine Zahlungseinstellung (vgl. BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 - IX ZR 95/14, ZInsO 2015, 1262 Rn. 15 mwN).
11
4. Die eine Kenntnis des Beklagten von dem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners ablehnende Würdigung des Berufungsgerichts ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
12
a) Die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtungkönnen - weil es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt - meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden (vgl. BGH, Urteil vom 19. September 2013 - IX ZR 4/13, ZInsO 2013, 2213 Rn. 14; vom 14. Juli 2016 - IX ZR 188/15, ZInsO 2016, 1749 Rn. 12). Soweit dabei Rechtsbegriffe wie die Zahlungsunfähigkeit betroffen sind, muss deren Kenntnis oft aus der Kenntnis von Anknüpfungstatsachen geschlossen werden. Der Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit steht auch im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen. Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die (drohende) Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass solche Tatsachen nur mehr oder weniger gewichtige Beweisanzeichen darstellen, die eine Gesamtwürdigung nicht entbehrlich machen und nicht schematisch im Sinne einer vom anderen Teil zu widerlegenden Vermutung angewandt werden dürfen. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung hat der Tatrichter gemäß § 286 ZPO unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme zu prüfen (BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, ZInsO 2009, 1901 Rn. 8). Die revisionsgerichtliche Kontrolle der vom Berufungsgericht zur Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes getroffenen Feststellungen beschränkt sich darauf, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 2016, aaO).
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b) Einer Überprüfung anhand dieses Maßstabes hält die angefochtene Entscheidung stand.
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aa) Die Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes wird gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit drohte und die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Kennt der Anfechtungsgegner die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, so weiß er auch, dass Leistungen aus dessen Vermögen die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereiteln oder zumindest erschweren und verzögern. Mithin ist der Anfechtungsgegner regelmäßig über den Benachteiligungsvorsatz im Bilde (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2015 - IX ZR 61/14, ZInsO 2016, 214 Rn. 23 mwN).
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bb) Das Berufungsgericht konnte im Streitfall ohne Verstoß gegen § 286 ZPO zu dem Ergebnis gelangen, dass dem Beklagten keine Umstände bekannt waren, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zweifelsfrei folgte. Insbesondere ist die Würdigung des Berufungsgerichts revisionsrechtlich hinzunehmen, wonach der im erstmaligen Geschäftskontakt zu dem Schuldner stehende Beklagte aus der Tatsache, dass der Schuldner die verhältnismäßig geringfügige Forderung erst nach dreimaliger außergerichtlicher Mahnung und Erlass eines Vollstreckungsbescheides im Rahmen einer mit dem Gerichtsvollzieher gemäß § 806b ZPO aF geschlossenen Zahlungsvereinbarung beglich, nicht zwingend auf die aus einer Zahlungseinstellung herrührende Zahlungsunfähigkeit (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) schließen musste.
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(1) Grundsätzlich kennt ein Gläubiger die Zahlungseinstellung bereits dann, wenn er selbst bei Leistungsempfang seine Ansprüche ernsthaft eingefordert hat, diese verhältnismäßig hoch sind und er weiß, dass der Schuldner nicht der Lage ist, die Forderungen zu erfüllen (BGH, Urteil vom 30. April 2015 - IX ZR 149/14, ZInsO 2015, 1441 Rn. 9; vom 14. Juli 2016 - IX ZR 188/15, ZInsO 2016, 1749 Rn. 21). Das monatelange völlige Schweigen eines Schuldners auf Rechnungen und Mahnungen kann hierbei für sich genommen ein Indiz für eine Zahlungseinstellung begründen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 2016 - IX ZR 109/15, ZInsO 2016, 628 Rn. 13; vom 14. Juli 2016, aaO Rn. 23). Ein weiteres Beweisanzeichen ist in der eigenen Erklärung des Schuldners zu sehen, fällige Verbindlichkeiten nicht begleichen zu können, auch wenn sie mit einer Stundungsbitte verbunden ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 2016 - IX ZR 242/13, ZInsO 2016, 910 Rn. 8; vom 8. Januar 2015 - IX ZR 203/12, ZInsO 2015, 396 Rn. 21 mwN). Betreibt ein die kritische Lage des Schuldners erkennender Gläubiger die Zwangsvollstreckung und zahlt der Schuldner zu deren Abwendung, kann dies ebenfalls eine Anfechtbarkeit nach § 133 Abs. 1 InsO begründen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 2003 - IX ZR 199/02, BGHZ 157, 242, 256 mwN).
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Allerdings ermöglicht die zwangsweise Durchsetzung einer Forderung für sich betrachtet keinen zwingenden Schluss auf Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungseinstellung (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juni 2017 - IX ZR 111/14, zVb Rn. 19). Die Vorsatzanfechtung beruht nicht auf dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung , sondern schützt das Interesse der Gläubiger, dass der Schuldner ihre prinzipiell gleichen Befriedigungschancen nicht beeinträchtigt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2005 - IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 150; vom 16. Januar 2014 - IX ZR 31/12, ZInsO 2014, 293 Rn. 17; vom 22. Juni 2017, aaO Rn. 20). Daher unterliegt der Gläubiger, welcher sich mangels näherer Kenntnisse über die Liquiditätslage des Schuldners der staatlichen Zwangsmittel zur Forderungsdurchsetzung bedient, außerhalb des von den Normen der besonderen Insolvenzanfechtung geschützten Zeitraums grundsätzlich keinen vom Anfechtungsrecht ausgehenden Beschränkungen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juni 2017, aaO mwN). Zum Schutz vor einer möglichen Zahlungsunwilligkeit, bewussten Zahlungsverzögerungen oder einem erzwungenen Lieferantenkredit muss dem Gläubiger, demgegenüber erstmalig ein Zahlungsrückstand auftritt und der über keine weiteren Erkenntnisse zur Zahlungsfähigkeit des Schuldners verfügt, möglich sein, außerhalb des von der besonderen Insolvenzanfechtung erfassten Zeitraums seine Forderung ohne Anfechtungsrisiko auf dem gerichtlichen Weg durchzusetzen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juni 2017, aaO Rn. 22).
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Auch das Wissen um die ausbleibende oder stockende Tilgung einer verhältnismäßig geringen Forderung begründet regelmäßig noch nicht die Kenntnis des Gläubigers von einer Zahlungseinstellung (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2015, aaO Rn. 10 mwN). Die schleppende Berichtigung einer nicht auffallend hohen Verbindlichkeit kann verschiedene Ursachen haben und muss nicht zwingend auf eine Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hindeuten (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2015, aaO; MünchKomm-InsO/Kayser, 3. Aufl., § 130 Rn. 39). Insbesondere trifft die Erwägung der Revision, wonach die Nichtbegleichung kleinerer Forderungen erst recht auf die Unfähigkeit zur Entrichtung größerer , ebenfalls noch offener Beträge schließen lasse, nicht zu (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, 143). Ein solches Zahlungsverhalten lässt mehrere Deutungen zu, etwa auch die, dass die kleinere Forderung aus Nachlässigkeit nicht beglichen worden ist.
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(2) Hiernach durfte das Berufungsgericht annehmen, dass der Beklagte zum Zeitpunkt der Zahlungen die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht erkannt hat. Das Berufungsgericht hat die vom Senat geforderte Gesamtwürdigung vorgenommen, welche die vorgenannten, hier wesentlichen Umstände einbezieht. Dazu gehört insbesondere, dass der Beklagte als außenstehender Gläubiger keinen Gesamtüberblick über die Liquiditäts- oder Zahlungslage des Schuldners hatte (vgl. BGH, Urteil vom 19. Februar 2009 - IX ZR 62/08, BGHZ 180, 63 Rn. 17; vom 30. April 2015, aaO Rn. 11). Er hatte weder Einblick in die Geschäftsunterlagen des Schuldners, noch kannte er dessen Zahlungsverhalten gegenüber anderen Gläubigern (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2015, aaO). Er musste lediglich allgemein damit rechnen, dass der gewerblich tätige Schuldner weitere Gläubiger mit offenen Rechnungen hatte (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2012 - IX ZR 117/11, ZInsO 2012, 2244 Rn. 30; vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, ZInsO 2013, 190 Rn. 42; vom 30. April 2015, aaO). Entscheidend ist - was das Berufungsgericht mit Recht hervorgehoben hat - des Weiteren, dass sich der Geschäftskontakt zwischen dem Schuldner und dem Beklagten auf die einmalige Ausführung von Werkleistungen beschränkte. Dem Beklagten war es deshalb nicht möglich, aus dem vorangehenden Zahlungsverhalten eindeutige Rückschlüsse auf die finanzielle Situation des Schuldners zu ziehen. Anderweitige Kontakte oder Gespräche zwischen dem Beklagten und dem Schuldner, in deren Rahmen sich finanzielle Schwierigkeiten offenbarten oder um Stundung gebeten wurde, hat der darlegungs- und beweisbelastete Kläger nicht vorgetragen.
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Innerhalb des von § 286 ZPO eröffneten Wertungsrahmens hält sich auch die Erwägung des Berufungsgerichts, wonach der Beklagte angesichts der Höhe und der Bedeutung der Verbindlichkeit für die Fortführung des schuldnerischen Geschäftsbetriebs keinen zwingenden Schluss auf existenzielle wirtschaftliche Schwierigkeiten des Schuldners ziehen musste. Zwar wurde die streitgegenständliche Forderung erst nach monatelangem Schweigen unter dem Eindruck der Zwangsvollstreckung im Wege einer Zahlungsvereinbarung nach § 806b ZPO aF beglichen. Dies kann grundsätzlich auf das Vorliegen eines nicht unerheblichen finanziellen Engpasses hindeuten (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 2016 - IX ZR 109/15, ZInsO 2016, 628 Rn. 14). Entgegen der An- sicht der Revision kann aber allein aus der Tatsache, dass mit dem Gerichtsvollzieher eine Zahlungsvereinbarung nach § 806b ZPO aF geschlossen wurde, kein zwingendes Indiz für eine Zahlungseinstellung abgeleitet werden. Zwar setzt der Abschluss einer Zahlungsvereinbarung nach § 806b ZPO aF das Nichtvorfinden pfändbarer Gegenstände und damit den fruchtlosen Verlauf eines Vollstreckungsversuchs voraus. Dieser Umstand kann grundsätzlich für eine Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungseinstellung des Schuldners gewertet werden (vgl. BGH, Urteil vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178, 185 f; vom 22. Juni 2017 - IX ZR 111/14, zVb Rn. 25). Werden dem Gläubiger - wie im hier zu entscheidenden Einzelfall - jedoch im Rahmen der Vollstreckung keine über die durch den Gerichtsvollzieher mitgeteilte, grundsätzliche Fähigkeit und Bereitschaft des Schuldners, die ausstehende Schuld kurzfristig in Teilbeträgen zu tilgen, hinausgehenden Tatsachen bekannt, begründet der Abschlusses einer Zahlungsvereinbarung nach § 806b ZPO aF für sich betrachtet keine Anfechtbarkeit der empfangenen Zahlungen nach § 133 Abs. 1 ZPO. Anderenfalls wäre ein Einzelgläubiger regelmäßig gehalten, sein Einverständnis zum Abschluss einer Vereinbarung nach § 806b ZPO aF aufgrund der hierdurch erst eröffneten Vorsatzanfechtung zu versagen.
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Der Wertung des Berufungsgerichts, wonach der Beklagte aufgrund der unter Berücksichtigung des konkreten Zuschnitts des schuldnerischen Unternehmens geringen Forderungshöhe von 1.674,93 € von dem Vorliegen einer nur geringfügigen Liquiditätslücke ausgehen durfte, ist demnach nicht zu beanstanden (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 2013 - IX ZR 49/13, ZInsO 2013, 2434 Rn. 14 mwN). Für diese Sichtweise spricht ferner, dass es sich bei der Forderung nicht um eine zur Betriebsfortführung notwendige, fortlaufende Verbindlichkeit wie Sozialabgaben, Steuern, Mieten oder Lohnzahlungen handelte (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2015 - IX ZR 149/14, ZInsO 2015, 1441 Rn. 9), sondern lediglich um eine aus einer einmaligen Geschäftsbeziehung folgende Schuld.
Kayser Lohmann Pape
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
AG Köln, Entscheidung vom 06.05.2015 - 112 C 223/14 -
LG Köln, Entscheidung vom 26.07.2016 - 11 S 219/15 -
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Die Bitte des Schuldners auf Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung ist, wenn sie sich - wie vorliegend - im Rahmen der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs hält, als solche kein Indiz für eine Zahlungseinstellung oder Zahlungsunfähigkeit. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann die Bitte um eine Ratenzahlungsvereinbarung auf den verschiedensten Gründen beruhen, die mit einer Zahlungseinstellung nichts zu tun haben, etwa der Erzielung von Zinsvorteilen oder der Vermeidung von Kosten und Mühen im Zusammenhang mit der Aufnahme eines ohne weiteres erlangbaren Darlehens.
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1. Die im Zeitraum des Jahres 2008 bewirkten Überweisungen stellen Rechtshandlungen der Schuldnerin dar. Auch soweit der Schuldner - wiehier - zur Abwendung einer ihm angedrohten, demnächst zu erwartenden Vollstreckung leistet, ist eine anfechtbare Rechtshandlung gegeben. Er ist dann noch in der Lage, über den angeforderten Betrag nach eigenem Belieben zu verfügen. Anstatt ihn an den Gläubiger zu zahlen, kann er ihn auch selbst verbrauchen, Dritten zuwenden oder Insolvenzantrag stellen und den Gläubiger davon in Kenntnis setzen (BGH, Urteil vom 10. Dezember 2009 - IX ZR 128/08, WM 2010, 360 Rn. 10; vom 21. November 2013 - IX ZR 128/13, WM 2014, 44 Rn. 7). Infolge des Vermögensabflusses haben die Zahlungen eine objektive Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO bewirkt (BGH, Urteil vom 25. April 2013 - IX ZR 235/12, WM 2013, 1044 Rn. 15; vom 5. März 2015 - IX ZR 133/14, WM 2015, 623 Rn. 47). Die Anfechtungsfrist ist gewahrt.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,

1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder
2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
Dies gilt nicht, soweit die Rechtshandlung auf einer Sicherungsvereinbarung beruht, die die Verpflichtung enthält, eine Finanzsicherheit, eine andere oder eine zusätzliche Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes zu bestellen, um das in der Sicherungsvereinbarung festgelegte Verhältnis zwischen dem Wert der gesicherten Verbindlichkeiten und dem Wert der geleisteten Sicherheiten wiederherzustellen (Margensicherheit).

(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.

(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.