Bundesgerichtshof Urteil, 22. Apr. 2004 - IX ZR 370/00

bei uns veröffentlicht am22.04.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 370/00
Verkündet am:
22. April 2004
Preuß,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
DDR-GesO § 10 Abs. 1 Satz 1
Zur Absichtsanfechtung einer Aufrechnungslage.
BGH, Urteil vom 22. April 2004 - IX ZR 370/00 - OLG Jena
LG Mühlhausen
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. April 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Dr. Ganter, Raebel, Kayser und Cierniak

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil des 2. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 6. September 2000 und das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Mühlhausen vom 29. November 1999 aufgehoben.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 41.159 € (= 80.500 DM) nebst 4 v.H. Zinsen seit dem 16. April 1998 zu zahlen.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Verwalter in dem am 11. November 1997 eröffneten Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der M. GmbH (im folgenden auch: Schuldnerin). Die Schuldnerin war im Baugewerbe tätig. Der Beklagte arbeitete bei einer Anzahl von Bauvorhaben als ihr Subunternehmer.
Am 29. Juli 1997 beliefen sich seine offenen Werklohnforderungen aus diesen Subunternehmeraufträgen auf 120.313,93 DM.
Am 3. August 1997 verkaufte und übereignete die Schuld nerin dem Beklagten einen Mobilbagger, den sie anschließend zurückmietete. Der Kaufpreis von 80.500 DM war am 20. August 1997 fällig. Er wurde nicht bezahlt.
Der Aufforderung des Klägers, den Kaufpreis für den M obilbagger zu entrichten, ist der Beklagte durch Aufrechnung mit Gegenforderungen entgegengetreten. Der Kläger hat behauptet, die Schuldnerin sei spätestens im Juli 1997 zahlungsunfähig gewesen. Dies habe der Beklagte gewußt. Er habe den Bagger lediglich erworben, um eine Sicherheit für seine Forderungen zu erhalten. Seine Aufrechnung sei deshalb nicht statthaft. Die am 15. Januar 1999 erhobene Klage ist in den Tatsacheninstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der Revision verfolgt der Kläger den geltend gemachten Kaufpreisanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat Erfolg; die Klage ist begründet.

I.


Das Berufungsgericht hat angenommen, daß der geltend gemachte Kaufpreisanspruch durch Aufrechnung erloschen sei. Nach § 7 Abs. 5 GesO könne der Beklagte seine vor Verfahrenseröffnung entstandenen Ansprüche
gegen den Kaufpreisanspruch der Masse aufrechnen. Dies sei auch nicht durch den Rechtsgedanken des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO gehindert. Danach sei zwar die Aufrechnung gegen eine Forderung der Insolvenzmasse unzulässig, wenn der Insolvenzgläubiger die Möglichkeit zur Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt habe. Diese Vorschrift könne aber auf Sachverhalte vor ihrem Inkrafttreten nicht angewendet werden. Hier gelte der konkursrechtliche Grundsatz, daß der Kläger den Kaufvertrag nur im ganzen, nicht aber eine einzelne Wirkung wie die Herstellung der Aufrechnungslage isoliert anfechten könne (BGH, Urt. v. 12. November 1998 - IX ZR 199/97, NJW 1999, 359). Auf den Zeitpunkt der Zahlungseinstellung und die Kenntnis des Beklagten hiervon komme es deshalb für die Entscheidung des Streitfalles nicht an.

II.


Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung nicht st and. Der vom Kläger geltend gemachte Kaufpreisanspruch ist nach dem unstreitigen Sachverhalt begründet, weil er danach mit Recht die Herstellung der Aufrechnungslage durch den Kaufvertrag vom 3. August 1997 nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 GesO angefochten hat.
1. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ka nn die gläubigerbenachteiligende Wirkung, die mit der Herstellung einer Aufrechnungslage eintritt, insolvenzrechtlich selbständig angefochten werden. Wenn sich der Gläubiger durch eine Rechtshandlung zugleich in eine Schuldnerstellung gegenüber dem Schuldner versetzt und so die Voraussetzungen für eine Aufrechnung begründet, wird die erklärte Aufrechnung durch Anfechtung wir-
kungslos und die Forderung des Schuldners bleibt durchsetzbar (BGHZ 145, 245, 254; 147, 233, 236, 238; BGH, Urt. v. 4. Oktober 2000 - IX ZR 207/00, WM 2001, 2208, 2209 f zu § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO; v. 9. Oktober 2003 - IX ZR 28/03, ZIP 2003, 2370, 2371; anders noch das vom Berufungsgericht angeführte Urt. v. 12. November 1998 aaO). Diese - erst nach Verkündung des Berufungsurteils ergangenen - Entscheidungen konnten in der Vorinstanz noch nicht berücksichtigt werden. Die Aufrechnungslage ist unabhängig von der insolvenzrechtlichen Zulässigkeit der Aufrechnung (§ 7 Abs. 5 GesO) anfechtbar.
2. Der Kläger hat im Streitfall die Herstellung der Aufrechnungslage innerhalb von zwei Jahren seit Eröffnung der Gesamtvollstreckung und damit nach § 10 Abs. 2 GesO rechtzeitig angefochten. Die Anfechtung ist rechtzeitig erfolgt, wenn der Gesamtvollstreckungsverwalter innerhalb der Anfechtungsfrist den Anspruch der Masse rechtshängig macht und dabei dem aufgerechneten Gegenanspruch mit einem Sachverhalt entgegentritt, der geeignet sein kann, die Anfechtung der Aufrechnungslage zu stützen (vgl. ähnlich BGHZ 135, 140, 149 ff; BGH, Urt. v. 26. Oktober 2000 - IX ZR 289/99, WM 2001, 98, 100 unter III. 1. a). Diesen Anforderungen hat der Kläger genügt.
Anders wäre das rechtliche Ergebnis nur dann, wenn die Schuldnerin den Bagger nach dem Willen der Vertragsteile vom 3. August 1997 nur an Erfüllungs Statt auf die Werklohnforderungen des Beklagten geleistet hätte. Dann wäre eine Aufrechnungslage nicht entstanden, so daß der Kläger nur die Rückgewähr der an Erfüllungs Statt geleisteten Sache verlangen könnte. Für die Möglichkeit einer bloßen Erfüllungsabrede statt eines Verkaufs des Baggers am 3. August 1997 gibt jedoch der Parteivortrag nichts her.
3. Die mit der Klage neben dem Anfechtungsgrund des § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO gleichfalls geltend gemachte Absichtsanfechtung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 GesO greift nach unstreitigem Sachvortrag durch, so daß es keiner tatrichterlichen Feststellungen zu den streitigen Behauptungen mehr bedarf, ob die Schuldnerin am 3. August 1997 bereits zahlungsunfähig war und dem Beklagten diese Tatsache nach den Umständen hätte bekannt sein müssen.

a) Durch den Verkauf des Mobilbaggers an den Beklagten am 3. August 1997 haben die anderen Gläubiger der Schuldnerin einen Nachteil erlitten. Einen für die Gläubiger verwertbaren Kaufpreisanspruch gegen den Beklagten hat die Schuldnerin zum Ausgleich für den Vermögensabgang nicht erlangt, weil der Beklagte mit seinen unbeglichenen Forderungen gegen die Kaufpreisschuld aufrechnen konnte. Hierdurch entgeht der Gesamtvollstreckungsmasse der Unterschied zwischen dem Nennwert der Kaufpreisschuld des Beklagten einerseits sowie der bloßen Quote auf dessen Gegenforderungen andererseits (vgl. BGH 147, 233, 238 a.E.). Weitere Gläubiger der Schuldnerin waren, wie auch der Beklagte wußte, zumindest mit den beschäftigten Arbeitnehmern und ihrer gesetzlichen Krankenkasse vorhanden.
Der Vortrag des Beklagten, daß er nach Sicherung durch die Aufrechnungsmöglichkeit am 3. August 1997 Arbeiten auf Baustellen der Schuldnerin fortgeführt habe (Schriftsatz vom 19. April 1999, S. 3 bis 5), ändert an der Gläubigerbenachteiligung durch den Verkauf vom 3. August 1997 nichts (vgl. BGHZ 154, 190, 196; BGH, Urt. v. 25. September 1952 - IV ZR 13/52, LM KO § 30 Nr. 1).

b) Die Schuldnerin hat bei dem Verkauf des Mobilbagge rs an den Beklagten am 3. August 1997 in der nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 GesO vorausgesetzten Absicht gehandelt, ihre anderen Gläubiger zu benachteiligen. Dafür genügt der bedingte Vorsatz (BGHZ 131, 189, 195 m.w.N.).
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lie gt in der Inkongruenz einer Deckung ein starkes Beweisanzeichen für den Vorsatz des Schuldners, durch die Rechtshandlung seine anderen Gläubiger zu benachteiligen (BGHZ 123, 320, 326; 138, 291, 308; BGH, Urt. v. 17. Juli 2003 - IX ZR 202/02, ZIP 2003, 1799; v. 18. Dezember 2003 - IX ZR 199/02, WM 2004, 299, 301 f).
Der Beklagte hat durch den Ankauf des Baggers von der Ge meinschuldnerin am 3. August 1997 eine inkongruente Deckung seiner offenen Forderungen erhalten. Denn er hatte auf die Aufrechnungslage keinen Anspruch, weil die Schuldnerin ihm gegenüber zum Abschluß des Kaufvertrages nicht verpflichtet war (vgl. BGHZ 147, 233, 240 unter IV. 2.).
Das Beweisanzeichen der inkongruenten Deckung für den bed ingten Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin ist hier nach dem Parteivortrag nicht durch besondere Umstände ausgeräumt. Die Schuldnerin wußte, daß sie dem Beklagten auf sein Drängen am 3. August 1997 eine bevorzugte Befriedigungsmöglichkeit für seine Forderungen verschafft hat. Von einem anfechtungsrechtlich unbedenklichen Willen war sie dabei auch dann nicht geleitet , wenn der Verkauf des Baggers hauptsächlich bezweckte, den Beklagten als ihren Subunternehmer zur Weiterarbeit zu bewegen. Die Schuldnerin wußte auch, daß sie mit Herstellung der inkongruenten Aufrechnungslage ihre sonsti-
gen Gläubiger objektiv benachteiligte, wenn sie sich nicht aus anderen Gründen sicher war, diese in absehbarer Zeit sämtlich befriedigen zu können (vgl. BGHZ 138, 291, 308 m.w.N.). Daß auf seiten der Schuldnerin diese Sicherheit am 3. August 1997 noch bestand, behauptet selbst der Beklagte nicht. Anhaltspunkte dafür, daß der Beklagte in einer weiteren Tatsacheninstanz seinen Vortrag hierzu noch ergänzen könnte, sind nicht ersichtlich.
bb) Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin setzt die Absicht sanfechtung nicht voraus. Es genügt das ernsthafte Risiko bevorstehender Zahlungsstörungen oder -stockungen, weil sich damit die Gefährdung der anderen Gläubiger aufdrängt (BGH, Urt. v. 21. Januar 1999 - IX ZR 329/97, ZIP 1999, 406, 407; v. 18. Dezember 2003 - IX ZR 199/02, WM 2004, 299, 301 f, z.V.b. in BGHZ).

c) Die Kenntnis der Schuldnerin und des Beklagten von de r Inkongruenz der Aufrechnungslage bestand bereits, weil ihnen die Tatsachen bekannt waren , die hier den Rechtsbegriff der Inkongruenz ausfüllen. Die Kenntnis von der inkongruenten Aufrechnungslage ist ferner ein wesentliches Beweisanzeichen dafür, daß der Beklagte die Gläubigerbenachteiligungsabsicht der Schuldnerin gekannt hat (vgl. BGH, Urt. v. 21. Januar 1999 - IX ZR 329/97, aaO; v. 2. Dezember 1999 - IX ZR 412/98, ZIP 2000, 82, 83 m.w.N.; v. 17. Juli 2003 - IX ZR 272/02, ZIP 2003, 1799, 1801; v. 18. Dezember 2003 - IX ZR 199/02, aaO).
Die Schuldnerin hatte schon vor dem Verkauf des Baggers o bjektiv Anlaß , an ihrer Liquidität zu zweifeln. Denn der Beklagte hat nicht bestritten, daß die Schuldnerin im Frühjahr 1997 den vereinbarten Ratenplan zur Tilgung der ihm gegenüber aufgelaufenen Rückstände nicht eingehalten hat. Infolgedessen
war auch dem Beklagten trotz der noch erhaltenen Zahlungen bekannt, daß sich eine mögliche Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin abzeichnete.
Das wird dadurch bestätigt, daß der Beklagte sich zu der unter Beweis gestellten Behauptung der Berufungsbegründung (S. 2 oben), ihm sei vor dem 3. August 1997 von dem Geschäftsführer und Mitarbeitern der Schuldnerin wiederholt erklärt worden, bei dieser sei es "sehr eng", entgegen § 138 Abs. 2 ZPO nicht eindeutig erklärt, sondern nur die Bedeutung einer solchen Äußerung im Hinblick auf eine Zahlungseinstellung oder Zahlungsunfähigkeit in Abrede gestellt hat (Seite 2 des Schriftsatzes vom 25. Februar 2000). Andere Tatsachen , mit denen die Vermutung der Kenntnis der Gläubigerbenachteiligungsabsicht entkräftet werden könnte, sind aus dem vorgetragenen Sachverhalt nicht ersichtlich. Auch insoweit besteht kein Anhaltspunkt dafür, daß der Beklagte noch ihm günstige Tatsachen vortragen könnte.

III.


Die vom Beklagten angezeigte Umwandlung seines Einzelunt ernehmens durch Aufnahme von Kommanditisten berührt den Rechtsstreit nicht. Die Haftung der Gesellschaft gemäß § 28 Abs. 1 HGB ist nicht Streitgegenstand.
Kreft Ganter Raebel
Kayser Cierniak

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 22. Apr. 2004 - IX ZR 370/00

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(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

Insolvenzordnung - InsO | § 96 Unzulässigkeit der Aufrechnung


(1) Die Aufrechnung ist unzulässig, 1. wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist,2. wenn ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Eröffnung des Verfahrens vo

Handelsgesetzbuch - HGB | § 28


(1) Tritt jemand als persönlich haftender Gesellschafter oder als Kommanditist in das Geschäft eines Einzelkaufmanns ein, so haftet die Gesellschaft, auch wenn sie die frühere Firma nicht fortführt, für alle im Betriebe des Geschäfts entstandenen Ver
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(1) Die Aufrechnung ist unzulässig,

1.
wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist,
2.
wenn ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Eröffnung des Verfahrens von einem anderen Gläubiger erworben hat,
3.
wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat,
4.
wenn ein Gläubiger, dessen Forderung aus dem freien Vermögen des Schuldners zu erfüllen ist, etwas zur Insolvenzmasse schuldet.

(2) Absatz 1 sowie § 95 Abs. 1 Satz 3 stehen nicht der Verfügung über Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes oder der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen aus Zahlungsaufträgen, Aufträgen zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen oder Aufträgen zur Übertragung von Wertpapieren entgegen, die in Systeme im Sinne des § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes eingebracht wurden, das der Ausführung solcher Verträge dient, sofern die Verrechnung spätestens am Tage der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt; ist der andere Teil ein Systembetreiber oder Teilnehmer in dem System, bestimmt sich der Tag der Eröffnung nach dem Geschäftstag im Sinne des § 1 Absatz 16b des Kreditwesengesetzes.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 272/02
Verkündet am:
17. Juli 2003
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO
setzt kein unlauteres Zusammenwirken von Schuldner und Gläubiger voraus.

b) Von einem Gläubiger, der Umstände kennt, die zwingend auf eine mindestens
drohende Zahlungsunfähigkeit schließen lassen, ist zu vermuten,
daß er auch die drohende Zahlungsunfähigkeit selbst kennt.
BGH, Urteil vom 17. Juli 2003 - IX ZR 272/02 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Juli 2003 durch die Richter Kirchhof, Dr. Ganter, Raebel, Kayser und

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 13. November 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt als Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der F. GmbH (nachfolgend: Schuldnerin) im Wege der Insolvenzanfechtung Rückgewähr von Steuerzahlungen, welche die Schuldnerin in der Zeit vom 25. April bis 7. November 2000 an das Finanzamt L. erbracht hat.
Am 18. April 2000 trafen die Schuldnerin und das Finanzamt L. eine Ratenzahlungsvereinbarung über rückständige Steuern der
Schuldnerin. Danach verpflichtete sich diese, auf die rückständigen Steuern 50.000 DM sofort und Raten in Höhe von 12.500 DM in den Monaten Mai, Juni und Juli und den Restbetrag im August 2000 zu erbringen. In Erfüllung dieser Vereinbarung zahlte die Schuldnerin an das Finanzamt am 25. April 2000 50.000 DM und am 20. Mai 2000 12.500 DM. Nachdem weitere Zahlungen ausblieben, erließ das Finanzamt am 1. August 2000 gegen die Schuldnerin eine Pfändungsverfügung. Daraufhin bat ein von der Schuldnerin beauftragter Rechtsanwalt um Vollstreckungsaufschub u.a. mit dem Hinweis auf eine am 7. August 2000 von der Schuldnerin erbrachte Vorauszahlung auf Umsatz- und Lohnsteuer in Höhe von 44.023,81 DM. Diesen Vollstreckungsaufschub gewährte das Finanzamt am 9. August 2000 unter der Bedingung, daß ab 15. September 2000 monatlich 7.000 DM zur Tilgung der Steuerschulden der Schuldnerin und 3.000 DM zur Tilgung einer persönlichen Steuerschuld des Geschäftsführers der Schuldnerin gezahlt würden; gegen diesen hatte das Finanzamt L. im Dezember 1999 eine Pfändungsverfügung wegen von diesem persönlich geschuldeter rückständiger Steuern in Höhe von 66.837,30 DM erlassen. Daraufhin bezahlte die Schuldnerin am 15. September 2000 10.000 DM und am 7. November 2000 7.000 DM an das Finanzamt.
Auf Antrag einer Allgemeinen Ortskrankenkasse vom 18. Dezember 2000 wurde durch Beschluß vom 1. März 2001 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.
Mit der Klage hat er wegen der vorgenannten und weiterer Zahlungen an das Finanzamt zunächst 152.933,93 DM verlangt. In der Berufungsinstanz hat er die Klage auf den Betrag von 61.622,85 120.523,81 DM) beschränkt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung hatte nur wegen der Zahlung vom 7. November 2000 Erfolg. Mit der - zugelassenen - Revi- sion verfolgt der Kläger seinen Berufungsantrag wegen der früheren Zahlungen weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Klägers führt zur Zurückverweisung der Sache.

I.


Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Eine Anfechtung gemäß § 133 InsO wegen der Zahlungen, die außerhalb des Dreimonatszeitraums des § 131 Abs. 1 Nr. 2 und 3 InsO vorgenommen worden seien, scheide aus, da es dem Kläger nicht gelungen sei, den Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin darzulegen. Der Kläger könne sich nicht darauf berufen, daß sich diese Zahlungen als inkongruente Deckungshandlungen darstellten, weil sie zur Abwendung einer drohenden Zwangsvollstreckung erbracht worden seien. Eine inkongruente Deckung komme vielmehr nur dann in Betracht, wenn die zur Abwendung der Zwangsvollstreckung geleisteten Zahlungen innerhalb des Dreimonatszeitraums des § 131 Abs. 1 Nr. 2 und 3 InsO erfolgt seien. Bis auf die Zahlung vom 7. November 2000 seien alle anderen Zahlungen außerhalb dieses Zeitraums erbracht worden, so daß sie als
kongruente Deckungshandlungen anzusehen seien. Bei solchen Handlungen komme eine Anfechtung gemäß § 133 InsO nur in Betracht, wenn ein unlauteres Handeln vorliege. Dazu habe der Kläger aber nichts vorgetragen, so daß die Anfechtung nur bezüglich der Zahlung vom 7. November 2000 gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO erfolgreich sei.

II.


Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Der Kläger hat die Voraussetzung der Vorsatzanfechtung gemäß § 133 Abs. 1 InsO schlüssig dargelegt. Soweit das beklagte Land sich dagegen rechtserheblich verteidigt, sind tatrichterliche Feststellungen erforderlich.
1. a) Voraussetzung der Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO ist, daß der Schuldner die Rechtshandlung mit Benachteiligungsvorsatz vorgenommen hat. Die Beweislast für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners liegt ebenso wie für die übrigen Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO beim Insolvenzverwalter (Kreft, in: HK-InsO, 2. Aufl. § 133 Rn. 12; MünchKomm-InsO/ Kirchhof, § 133 Rn. 22). Der Tatrichter hat sich seine Überzeugung nach § 286 ZPO zu bilden und dabei das entscheidungserhebliche Parteivorbringen, das Ergebnis einer Beweisaufnahme und Erfahrungssätze zu berücksichtigen (BGHZ 124, 76, 82; BGHZ 131, 189, 195, 196). Zur Feststellung eines Benachteiligungsvorsatzes hat die Rechtsprechung im Laufe der Zeit bestimmte aus der Lebenserfahrung abgeleitete Grundsätze entwickelt. Hat der Schuldner eine inkongruente Deckung vorgenommen, auf die der Begünstigte keinen Rechtsanspruch hatte, so kann darin regelmäßig ein (starkes) Beweisanzei-
chen für einen Benachteiligungsvorsatz liegen (BGH, Urt. v. 15. Dezember 1990 - IX ZR 149/88, ZIP 1990, 459, 460; Urt. v. 26. Juli 1997 - IX ZR 203/96, ZIP 1997, 1509, 1510).

b) Hier hat das Berufungsgericht zwar rechtlich zutreffend die noch im Streit befindlichen Zahlungen der Schuldnerin nicht als inkongruente Dekkungsgeschäfte gewertet. Diese Zahlungen, die sämtlich vor dem Dreimonatszeitraum des § 131 Abs. 1 Nr. 2 und 3 InsO erfolgten, können selbst dann nicht als inkongruent angesehen werden, wenn sie zur Abwendung von drohenden Zwangsvollstreckungsmaßnahmen geleistet werden. Der Senat hat - in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts - entschieden, daß eine Leistung, die der Schuldner dem Gläubiger auf eine fällige Forderung früher als drei Monate vor dem Eröffnungsantrag gewährt, nicht bereits deshalb eine inkongruente Deckung darstellt, weil sie zur Vermeidung einer unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckung erfolgt (BGH, Urt. v. 27. Mai 2003 - IX ZR 169/02, z.V.b. in BGHZ; Urt. v. 17. Juli 2003 - IX ZR 215/02, z.V.b.).

c) Unzutreffend ist hingegen die Auffassung des Berufungsgerichts, daß es dem Kläger nicht gelungen sei, den Benachteiligungsvorsatz auf anderem Wege darzulegen. Insoweit genügt auch bei einer kongruenten Deckung bedingter Vorsatz (BGH, Urt. v. 27. Mai 2003 aaO).
aa) Nicht zu beanstanden ist zwar der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts , daß bei einem kongruenten Deckungsgeschäft, bei dem der Schuldner dem Gläubiger nur das gewährt, worauf dieser ein Anspruch hatte, erhöhte Anforderungen an die Darlegung und den Beweis des Benachteiligungsvorsatzes zu stellen sind.

Dieser besteht, wenn der Schuldner mit kongruenten Zahlungen wenig- stens mittelbar auch die Begünstigung des Gläubigers bezweckt. Dies liegt insbesondere dann nahe, wenn der Schuldner mit der Befriedigung gerade dieses Gläubigers Vorteile für sich erlangen oder Nachteile von sich abwenden will. Einem Schuldner, der weiß, daß er nicht alle seine Gläubiger befriedigen kann und der Forderungen eines einzelnen Gläubigers vorwiegend deshalb erfüllt, um diesen von der Stellung eines Insolvenzantrages abzuhalten, kommt es nicht in erster Linie auf die Erfüllung seiner gesetzlichen oder vertraglichen Pflichten, sondern auf die Bevorzugung dieses einzelnen Gläubigers an; damit nimmt er die Benachteiligung der Gläubiger im allgemeinen in Kauf (vgl. BGH, Urt. v. 27. Mai 2003 aaO).
Das Berufungsgericht hat im Anschluß an ältere Rechtsprechung auch des erkennenden Senates (vgl. BGHZ 12, 232, 238; 121, 179, 185 m.w.N.) angenommen , daß bei kongruenten Deckungsgeschäften der Vorsatz nur dann bejaht werden könne, wenn ein unlauteres Zusammenwirken zwischen Schuldner und Gläubiger vorliege. Diese Abgrenzungsregel geht auf die Fassung des § 31 KO zurück, der seinem Wortlaut nach eine Benachteiligungsabsicht voraussetzte. Für § 133 InsO, der ausdrücklich einen Benachteiligungsvorsatz ausreichen läßt, greift sie insoweit zu kurz, als ein unlauteres Zusammenwirken zwischen Gläubiger und Schuldner nicht der einzige Fall ist, in dem der Schuldner die Benachteiligung der anderen Gläubiger billigt. Die tatsächliche Vermutung, daß es dem Schuldner vorrangig auf die Erfüllung seiner Zahlungspflicht ankommt, kann auch durch andere Umstände erschüttert werden, deren Unlauterkeit zweifelhaft sein mag, etwa einen zwar gesetzmäßigen, aber massiven Druck des sodann begünstigten Gläubigers. Soweit der angeführten
Rechtsprechung eine weitergehende Einschränkung entnommen werden könnte, gibt der Senat sie jedenfalls für den Anwendungsbereich des § 133 InsO auf.
bb) Danach erschöpft die gegenteilige Sichtweise des Berufungsgerichts den entscheidungserheblichen Vortrag des Klägers nicht (§ 286 ZPO). Dieser hat unter Beweisantritt vorgetragen, daß der Geschäftsführer der Schuldnerin am 12. April 2000 und am 18. April 2000 den Beamten des beklagten Landes gegenüber erklärt habe, er sei "illiquide" bzw. "zahlungsunfähig". Der Mitarbeiter des beklagten Landes, K. , habe dem Geschäftsführer der Schuldnerin bei einem weiteren Gespräch am 18. April 2000 erklärt, daß er, wenn die Schuldnerin nicht bis Montag der kommenden Woche 50.000 DM zahle, die "Bude dicht" mache; käme das Geld nicht, würden die 36 Mitarbeiter zumindest ein "geregeltes Einkommen über das Arbeitslosengeld" beziehen können.
Aus diesem Vortrag läßt sich ein starkes Beweisanzeichen für einen Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin bei den Zahlungen ab 25. April 2000 entnehmen. Die Erklärung, nicht zahlen zu können, bedeutet eine Zahlungseinstellung (vgl. BGH, Urt. v. 1. März 1984 - IX ZR 34/83, ZIP 1984, 809, 810, 811; RG SeuffA 38 [1882] Nr. 88; OLG Dresden SeuffA 37 [1881] Nr. 178; Jaeger / Henckel § 30 Rn. 14, 17) und indiziert damit eine Zahlungsunfähigkeit (§ 17 Abs. 2 InsO). Daran ändert es hier nichts, daß der Geschäftsführer der Schuldnerin diese Erklärung als Drittschuldner abgegeben hat. Denn er leugnete nicht, daß die Schuldnerin aufgrund der Pfändungsverfügung des beklagten Landes vom 22. Dezember 1999 zu weitaus höheren Zahlungen verpflichtet war. Die Vermutung, daß die Schuldnerin zahlungsunfähig war, wird auch nicht
dadurch ausgeräumt, daß sie nachträglich noch die hier angefochtenen Zahlungen an das beklagte Land leistete. Der Zahlungsunfähigkeit steht es nicht entgegen, daß der Schuldner noch einzelne - sogar beträchtliche - Zahlungen leistet, sofern die unerfüllt gebliebenen Verbindlichkeiten nicht unwesentlich sind (BGH, Urt. v. 31. März 1982 - 2 StR 744/81, NJW 1982, 1952, 1954; Urt. v. 10. Januar 1985 - IX ZR 4/84,NJW 1985, 1785; Urt. v. 25. September 1997 - IX ZR 231/96, NJW 1998, 607, 608). Ein Schuldner, der in Kenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit im allgemeinen noch einzelne Gläubiger befriedigt, rechnet zwangsläufig mit der dadurch eintretenden Benachteiligung der anderen Gläubiger, für die damit weniger übrig bleibt. Er nimmt dies jedenfalls dann billigend in Kauf, wenn er damit den begünstigten Gläubiger von der Stellung eines Insolvenzantrages abhalten will (vgl. Senatsurt. v. 27. Mai 2003 aaO unter II. 3 c) der Entscheidungsgründe).
2. Weiterhin setzt die Vorsatzanfechtung gemäß § 133 Abs. 1 InsO voraus , daß "der andere Teil", d.h. der Anfechtungsgegner, zur Zeit der Handlung (§ 140 InsO) den Vorsatz des Schuldners kannte. Der Antragsgegner muß mithin gewußt haben, daß die Rechtshandlung des Schuldners dessen Gläubiger benachteiligt und daß der Schuldner dies auch wollte. Nach § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO wird die Kenntnis des anderen Teils vermutet, wenn er wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners im Sinne des § 18 Abs. 2 InsO drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Das Wissen des Antragsgegners von der drohenden Zahlungsunfähigkeit und der Gläubigerbenachteiligung hat der Insolvenzverwalter zu beweisen (vgl. Gerhardt/Kreft, Aktuelle Probleme der Insolvenzanfechtung, 8. Aufl. Rn. 425).
Auch hierzu hat der Kläger schlüssig vorgetragen. Aus der von ihm behaupteten Mitteilung des Geschäftsführers der Schuldnerin über deren Zahlungsunfähigkeit an die Mitarbeiter des beklagten Landes am 12. April und 18. April 2000 sowie der behaupteten Drohung des Zeugen K. , die Bude dicht machen zu wollen, ergibt sich, daß dieser die Mitteilung über die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin genutzt hat, die Schuldnerin unter Druck zu setzen, um mit deren Einverständnis eine bevorzugte Befriedigung des beklagten Landes vor allen anderen Gläubigern zu erreichen.

III.


Das angefochtene Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis zutreffend (§ 561 ZPO). Soweit das beklagte Land der Ansicht ist, es könne bezüglich der Zahlung vom 25. April 2000 in Höhe von 40.000 DM keine Gläubigerbenachteiligung vorliegen, weil dieser Betrag unstreitig aus Privatvermögen erbracht worden sei, kann sie damit nicht durchdringen. Das Geld ist - soweit dargetan - zunächst in das Vermögen der GmbH gelangt. Die Voraussetzungen einer Treuhand zugunsten der Geldgeber sind nicht vorgetragen (vgl. BGH, Urt. v. 7. Februar 2002 - IX ZR 115/99, ZIP 2002, 489, 490; BGH, Urt. v. 27. Mai 2002 aaO).
Das Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO), da sie nicht zur Entscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das beklagte Land ist dem schlüssigen, mit Beweisantritten versehenen Vorbringen des Klägers in rechtserheblicher
Weise entgegengetreten, so daß die entsprechenden Feststellungen durch das Berufungsgericht nachgeholt werden müssen.

IV.


Sollte der Kläger seine Behauptungen über den Inhalt der Gespräche im April 2000 nicht beweisen können, wird das Berufungsgericht folgendes zu bedenken haben:
1. Wie bereits dargestellt [s. unter II. 1. c) bb)], ist es ein starkes Beweiszeichen für einen Benachteiligungsvorsatz, wenn ein Schuldner zur Vermeidung einer unmittelbar bevorstehenden Zwangsmaßnahme an einen einzelnen Gläubiger leistet, obwohl er aufgrund seiner Zahlungsunfähigkeit weiß, daß er nicht mehr alle seine Gläubiger befriedigen kann und infolge der Zahlung an einen einzelnen Gläubiger andere Gläubiger benachteiligt werden.
Unstreitig hat das beklagte Land am 1. August 2000 eine Pfändungsverfügung erlassen, die nach der unter Beweis gestellten Darlegung des Klägers Auslöser für die Zahlung vom 7. August 2000 über 44.023,81 DM war, mit welcher ein Vollstreckungsaufschub erreicht werden sollte. Des weiteren hat der Kläger zur Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin unter Beifügung von Geschäftsunterlagen und anderen Dokumenten umfänglich und detailliert mit entsprechenden Beweisantritten vorgetragen. Der Kläger wird allerdings die zu dieser Zeit fälligen und offenstehenden Gesamtverbindlichkeiten noch darle- gen müssen. Summen- und Saldenlisten reichen nicht.
2. Bei der Prüfung der Kenntnis des beklagten Landes vom Benachteiligungsvorsatz wird das Berufungsgericht in seine Erwägungen insbesondere die in § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO festgelegte Vermutungswirkung für die Kenntnis des "anderen Teils" einzubeziehen haben. Dabei wird es folgende unstreitige Tatsachen zur wirtschaftlichen Lage, von denen das beklagte Land Kenntnis hatte, berücksichtigen müssen:
Die Gesamtsteuerschuld der Schuldnerin und ihres Geschäftsführers betrug am 9. August 2000 - trotz der am 7. August 2000 gezahlten 44.023,81 DM - noch 116.283,29 DM (Anlage K 12 zur Klageschrift). Aus dem Schreiben des Finanzamts vom 29. Mai 2000 (Anlage K 26 zum Schriftsatz des Klägers vom 8. November 2001) geht hervor, daß vor der Zahlung vom 25. April 2000 erneut die für Februar 2000 angemeldeten Umsatzsteuerbeträge und die für April 2000 abzuführende Lohnsteuer nicht entrichtet worden waren. Außerdem hatte die Schuldnerin die aus der Stundungsvereinbarung vom 18. April 2000 zu zahlenden monatlichen Raten für Juni und Juli in Höhe von jeweils 12.500 DM nicht erbracht. Schließlich waren zwei von der Schuldnerin am 5. Juni 2000 ausgestellte Schecks, mit denen sie laufende Steuern (Lohnsteuer 4/2000 und Umsatzsteuer 2/2000) in Höhe von insgesamt 17.793,66 DM bezahlen wollte, mangels Deckung nicht eingelöst worden.
Das Berufungsgericht wird im Rahmen des § 286 ZPO tatrichterlich zu würdigen haben, ob diese Umstände unter Berücksichtigung der jüngeren Rechtsprechung des Senats (vgl. BGH, Urt. v. 27. Mai 2003 aaO, dort II. 4. der Entscheidungsgründe) ausreichen, um eine Kenntnis des "anderen Teils" im Sinne des § 133 Abs. 1 InsO annehmen zu können. Das beklagte Land mußte
- entgegen seinem Einwand - damit rechnen, daß jedenfalls Arbeitnehmer und somit Sozialversicherungsträger als weitere Gläubiger vorhanden waren.

c) Bei seiner tatrichterlichen Würdigung wird das Berufungsgericht gegebenenfalls auch zu beachten haben, daß es genügen kann, wenn der Insolvenzverwalter die Kenntnis des Anfechtungsgegners von Umständen beweist, die zwingend auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit hinweisen. Zwar stellt § 133 Abs. 1 InsO - anders als §§ 130 Abs. 2, 132 Abs. 3 und 131 Abs. 2 Satz 1 InsO - keine entsprechende Rechtsvermutung auf. Das hindert jedoch nicht, im Rahmen von § 286 ZPO insoweit von einer (allerdings widerleglichen) tatsächlichen Vermutung auszugehen (vgl. Gerhardt/Kreft aaO Rn. 426 m.w.N.; zur Anwendung des § 130 Abs. 2 InsO bei der Finanzverwaltung vgl. BGH, Urt. v. 9. Januar 2003 - IX ZR 175/02, WM 2003, 400, 402; vgl. für § 30 Nr. 1 Fall 2 KO BGH, Urt. v. 10. Juli 2003 - IX ZR 89/02 z.V.b.). Von einem Gläubiger, der Umstände kennt, die zwingend auf eine mindestens drohende Zahlungsunfähigkeit schließen lassen, ist deshalb zu vermuten, daß er auch die drohende Zahlungsunfähigkeit selbst kennt.

d) Soweit das beklagte Land meint, seine Mitarbeiter hätten im Hinblick auf § 258 AO aus den vorstehend dargestellten unstreitigen Tatsachen nicht die entsprechenden Schlüsse gezogen, kann es hiermit keinen Erfolg haben. Wenn der zuständige Finanzbeamte die unter c) dargestellte Kenntnis hat, wird die Anfechtung nicht dadurch ausgeschlossen, daß er nach § 258 AO Stundung oder Vollstreckungsaufschub gewähren wollte.
Kirchhof Ganter Raebel Kayser

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Tritt jemand als persönlich haftender Gesellschafter oder als Kommanditist in das Geschäft eines Einzelkaufmanns ein, so haftet die Gesellschaft, auch wenn sie die frühere Firma nicht fortführt, für alle im Betriebe des Geschäfts entstandenen Verbindlichkeiten des früheren Geschäftsinhabers. Die in dem Betriebe begründeten Forderungen gelten den Schuldnern gegenüber als auf die Gesellschaft übergegangen.

(2) Eine abweichende Vereinbarung ist einem Dritten gegenüber nur wirksam, wenn sie in das Handelsregister eingetragen und bekanntgemacht oder von einem Gesellschafter dem Dritten mitgeteilt worden ist.

(3) Wird der frühere Geschäftsinhaber Kommanditist und haftet die Gesellschaft für die im Betrieb seines Geschäfts entstandenen Verbindlichkeiten, so ist für die Begrenzung seiner Haftung § 26 entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, daß die in § 26 Abs. 1 bestimmte Frist mit dem Ende des Tages beginnt, an dem die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen wird. Dies gilt auch, wenn er in der Gesellschaft oder einem ihr als Gesellschafter angehörenden Unternehmen geschäftsführend tätig wird. Seine Haftung als Kommanditist bleibt unberührt.