Bundesgerichtshof Urteil, 18. Dez. 2015 - V ZR 269/14

ECLI:ECLI:DE:BGH:2015:181215UVZR269.14.0
bei uns veröffentlicht am18.12.2015
vorgehend
Landgericht Bremen, 8 O 1795/13, 21.03.2014
Landgericht Bremen, 1 U 15/14, 19.11.2014
Landgericht Bremen, 1 U 16/14, 19.11.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 269/14 Verkündet am:
18. Dezember 2015
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der Eigentümer eines Nießbrauchsgrundstücks wird mit dem Erlöschen des Nießbrauchs
nicht Rechtsnachfolger des Nießbrauchers.

b) Die Beendigung des Nießbrauchs führt grundsätzlich zu einem Erlöschen der gegen
einen Dritten bestehenden Ansprüche des Nießbrauchers gemäß § 1065
i.V.m. §§ 985, 1004 BGB auf Herausgabe der Nießbrauchssache oder Störungsbeseitigung.
Ausnahmsweise können solche Ansprüche bestehen bleiben, wenn der ehemalige
Nießbraucher durch die Einwirkung des Dritten an der Erfüllung seiner aus dem
gesetzlichen Rückabwicklungsschuldverhältnis gegenüber dem Eigentümer bestehenden
Pflichten gehindert wird; dies gilt jedenfalls dann, wenn die Ansprüche
gegen den Dritten vor der Beendigung des Nießbrauchs bereits rechtshängig geworden
oder tituliert worden sind.
BGH, Urteil vom 18. Dezember 2015 - V ZR 269/14 - OLG Bremen
LG Bremen
ECLI:DE:BGH:2015:181215UVZR269.14.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. Oktober 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Weinland, den Richter Dr. Göbel und die Richterin Haberkamp

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger werden die Urteile des 1. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 19. November 2014 (Az. 1 U 15/14; 1 U 16/14) im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Kläger zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
W. W. (fortan: Nießbraucher) übertrug im Jahr 1995 sein Grundstück auf die Beklagten zu 2 und 3, seine beiden Söhne. Im Gegenzug räumten diese ihm hieran einen Nießbrauch ein. Gegenüber der Beklagten zu 1, ihrer Mutter und Ehefrau des Nießbrauchers, bewilligten sie einen durch den Tod des Nießbrauchers aufschiebend bedingten Nießbrauch.
2
In der Folgezeit erstritt der Nießbraucher die - rechtskräftigen - Urteile des Landgerichts Bremen vom 18. März 2003 und vom 17. April 2007, welche die Kläger zur Herausgabe einer mit einem Überbau bebauten Teilfläche des Nießbrauchsgrundstücks sowie zur Beseitigung des Überbaus verpflichten (vgl. Senat, Urteil vom 16. Januar 2004 - V ZR 243/03, BGHZ 157, 301, und Urteil vom 30. Mai 2008 - V ZR 184/07, NJW 2008, 3122). Im Jahr 2012 verstarb der Nießbraucher. Die Beklagten zu 1 bis 3 sind seine Erben. Ihnen wurde eine mit einer Rechtsnachfolgeklausel versehene vollstreckbare Ausfertigung der Titel erteilt.
3
Mit der Vollstreckungsabwehrklage und Klauselgegenklage wollen die Kläger erreichen, dass die von den Beklagten zu 1 bis 3 betriebene Zwangsvollstreckung aus den beiden Urteilen für unzulässig erklärt wird. Das Landgericht hat den Klagen gegen die Beklagte zu 1 stattgegeben, sie hinsichtlich der Beklagten zu 2 und 3 hingegen abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufungen der Kläger und der Beklagten zu 1 zurückgewiesen. Mit ihren Revisionen gegen beide Entscheidungen des Oberlandesgerichts verfolgen die Kläger gegenüber den Beklagten zu 2 und 3 ihre Klageziele weiter. Diese beantragen die Zurückweisung der Revisionen. Der Senat hat mit Beschluss vom 23. Oktober 2015 die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Entscheidungsgründe:


I.


4
Nach Ansicht des Berufungsgerichts sind die Klagen, soweit sie sich gegen die Beklagten zu 2 und 3 richten, unbegründet. Zwar erlösche der Nießbrauch gemäß § 1061 Satz 1 BGB mit dem Tod des Nießbrauchers und sei damit unvererblich. Das schließe aber den Fortbestand des Nießbrauchs gegenüber den Beklagten zu 2 und 3 in ihrer Eigenschaft als Eigentümer des vormals belasteten Grundstücks nicht aus. Der Nießbrauch erlösche insoweit nicht, sondern falle an den Eigentümer zurück. Aufgrund des Heimfalls sei der Grundstückseigentümer Rechtsnachfolger des verstorbenen Nießbrauchers. Dieses Ergebnis entspreche auch dem Rechtsgedanken des § 889 BGB. Im Übrigen wäre es ein ungerechtfertigter Formalismus, den Grundstückseigentümer bei Versterben des nießbrauchsberechtigten Titelgläubigers darauf zu verweisen , die ihm als Eigentümer unter denselben Prämissen zustehenden Ansprüche aus §§ 985, 1004 BGB erneut gerichtlich geltend zu machen. Der Heimfall des Nießbrauchs an die Beklagten zu 2 und 3 sei auch nicht auf den Tod der Beklagten zu 1 hinausgeschoben. Diese habe ihr jetziges Nießbrauchsrecht nicht durch Erbschaft erworben, sondern von den Beklagten zu 2 und 3.

II.


5
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
6
1. Nicht frei von Rechtsfehlern sieht das Berufungsgericht die Klauselgegenklagen (§ 768 ZPO) als unbegründet an.

7
a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind die Beklagten zu 2 und 3 nicht in ihrer Eigenschaft als Eigentümer des vormals belasteten Grundstücks Rechtsnachfolger des verstorbenen Nießbrauchers geworden.
8
aa) Der Nießbrauch ist nicht - wie das Berufungsgericht meint - auf die Beklagten zu 2 und 3 im Wege des „Heimfalls“ übergegangen.
9
(1) Bereits der Wortlaut von § 1061 Satz 1 BGB schließt einen Übergang des Nießbrauchs auf den Eigentümer bei Versterben des Nießbrauchers aus, indem er bestimmt, dass der Nießbrauch mit dem Tod des Nießbrauchers erlischt. Ein Übergang des Nießbrauchs auf den Eigentümer scheitert somit daran , dass der Nießbrauch nicht mehr besteht (vgl. NK-BGB/Lemke, 3. Aufl., § 1030 Rn. 5).
10
(2) Die Annahme eines „Heimfalls“ des Nießbrauchs auf den Eigentümer bei Tod des Nießbrauchers entspricht auch nicht - wie das Berufungsgericht meint - dem Rechtsgedanken des § 889 BGB. Nach dieser Vorschrift erlischt ein Recht an einem fremden Grundstück nicht dadurch, dass der Eigentümer des Grundstücks das Recht oder der Berechtigte das Eigentum an dem Grundstück erwirbt. Die Vorschrift macht zwar deutlich, dass dem Gesetz ein Ausschluss des Bestehens dinglicher Rechte an eigenen Grundstücken fremd ist. Daher kann ein Grundstückseigentümer einen Nießbrauch auch für sich selbst bestellen (Senat, Beschluss vom 14. Juli 2011 - V ZB 271/10, BGHZ 190, 267 Rn. 7, 9 „Eigennießbrauch“). Die hier relevante- vorgelagerte - Frage, ob nach dem Tod des Nießbrauchers noch ein Recht besteht, das auf den Eigentümer übergehen kann, wird von § 889 BGB aber nicht beantwortet. Vielmehr setzt die Vorschrift voraus, dass der Eigentümer das dingliche Recht, hier den Nieß- brauch, „erwirbt“. Ein erloschenes Recht kann jedoch nicht mehr erworben wer- den. Einen Rechtsgedanken, nach dem bei Erlöschen des dinglichen Rechts an einem Grundstück stets eine Vereinigung mit dem Eigentum erfolgt, enthält § 889 BGB nicht.
11
(3) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gebieten Sinn und Zweck der Regelung des § 1061 BGB nicht eine einschränkende Auslegung der Vorschrift dahingehend, dass der Nießbrauch mit dem Tod des Nießbrauchers nur im Verhältnis zu dem Erben erlischt, im Verhältnis zu dem Eigentümer dagegen bestehen bleibt und an diesen zurückfällt. Eine solche (teleologische) Reduktion einer Vorschrift nach ihrem Zweck ist geboten, wenn der Gesetzgeber nicht alle Konsequenzen der von ihm gewählten Gesetzesfassung bedacht hat und ihre wortgetreue Anwendung das gesetzgeberische Ziel deutlich verfehlen würde (Senat, Urteil vom 18. Juli 2014 - V ZR 291/13, RdL 2014, 335 Rn. 14). Von einer Verfehlung der gesetzgeberischen Intention kann hier nicht ausgegangen werden. Wie § 1059 BGB trägt auch die Vorschrift des § 1061 BGB der Tatsache Rechnung, dass der Nießbrauch eine Vertrauensstellung des Nießbrauchers begründet und der Eigentümer deshalb nicht gezwungen sein soll, Dritte als Nießbraucher zu akzeptieren (MüKo-BGB/Pohlmann, 6. Aufl., § 1061 Rn. 1). Dieses Ziel wird durch die Anordnung des Erlöschens des Nießbrauchs bei Tod des Nießbrauchers erreicht. Es wäre zwar auch dann nicht gefährdet, wenn man - wie das Berufungsgericht - nur ein „relatives“ Erlöschen des Nießbrauches im Verhältnis zu den Erben, nicht aber gegenüber dem Eigentümer annähme. Dies allein vermag jedoch nicht die Annahme einer Verfehlung des gesetzgeberischen Ziels zu begründen. Die Rückübertragung der dinglichen Rechtsposition des Nießbrauchers auf den Eigentümer ist nicht erforderlich, da die Einräumung des Nießbrauchs die dingliche Rechtsposition des Eigentümers unberührt lässt und das im Nießbrauch verdinglichte Sachnut- zungsrecht mit Ende des Nießbrauchs dem Eigentümer ohne weiteres wieder als Inhaltsbestandteil des Vollrechts „Eigentum“ zusteht.
12
bb) Die Beklagten zu 2 und 3 sind hinsichtlich der titulierten Herausgabeund Beseitigungsansprüche aus § 1065 i.V.m. §§ 985, 1004 BGB auch nicht aus sonstigen Gründen in ihrer Eigenschaft als Eigentümer des Nießbrauchsgrundstücks Rechtsnachfolger nach dem Nießbraucher geworden.
13
(1) Zwar wird in der Literatur die Auffassung vertreten, der Eigentümer der belasteten Sache sei Rechtsnachfolger des verstorbenen Nießbrauchers (Wieczorek/Schütze/Paulus, ZPO, 3. Aufl., § 727 Rn. 25; Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl., § 727 Rn. 10; MüKo-ZPO/Gehrlein, 4. Aufl., § 239 Rn. 27; Musielak /Voit/Lackmann, ZPO, § 239 Rn. 6; BeckOK-ZPO/Jaspersen, § 239 [Stand: 1.6.2015] Rn. 32; Staudinger/Frank, BGB [2009], § 1061 Rn. 17; Soergel /Stürner, BGB, 13. Aufl., § 1061 Rn. 4). Zur Begründung wird aber lediglich auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle (Rpfleger 1953, 82 f.) verwiesen , das den Grundstückseigentümer in Bezug auf einen von dem verstorbenen Nießbraucher mit einem Dritten geschlossenen Pachtvertrag als Rechtsnachfolger des Nießbrauchers bezeichnet hat. Hierbei hat das Oberlandesgericht Celle allerdings verkannt, dass der Eigentümer von Gesetzes wegen (§ 1056 BGB) in einen solchen Vertrag eintritt, ohne dass dies eine Rechtsnachfolge nach dem Nießbraucher bedeutet (Senat, Urteil vom 20. Oktober 1989 - V ZR 341/87, BGHZ 109, 111, 114; BGH, Urteil vom 29. Januar 1970 - VII ZR 34/68, BGHZ 53, 174, 179).
14
(2) Richtigerweise wird der Eigentümer mit dem Erlöschen des Nießbrauchs nicht Rechtsnachfolger des Nießbrauchers hinsichtlich der diesem gegenüber Dritten gemäß § 1065 BGB zustehenden Herausgabe- oder Beseiti- gungsansprüche aus §§ 985, 1004 BGB (zur Rechtsnachfolge des Nießbrauchers in die Rechtsstellung des Eigentümers vgl. Senat, Beschluss vom 26. März 2014 - V ZB 140/13, NJW 2014, 1740). Der Eigentümer leitet die Ansprüche aus §§ 985, 1004 BGB nicht von dem Nießbraucher ab. Nicht erst das Erlöschen des Nießbrauchs versetzt ihn in die Lage, solche Rechte geltend zu machen; vielmehr hat der Eigentümer auch während des Bestehens des Nießbrauchs gegen Dritte eigene, aus seiner Eigentümerstellung folgende Ansprüche , die - wenn auch mit gewissen Modifikationen (vgl. MüKo-BGB/Pohlmann, 6. Aufl., § 1065 Rn. 7) - grundsätzlich neben denen des Nießbrauchers aus § 1065 BGB bestehen (vgl. Senat, Urteil vom 21. Mai 2010 - V ZR 244/09, NJW 2010, 2341 Rn. 8). Diese Ansprüche können, weil Nießbraucher und Eigentümer nach allgemeiner Auffassung keine notwendigen Streitgenossen sind (Staudinger/Frank, BGB [2009], § 1065 Rn. 9; MüKo-BGB/Pohlmann, 6. Aufl., § 1065 Rn. 7; Erman/Bayer, BGB, 14. Aufl., § 1065 Rn. 1; vgl. allerdings auch Staudinger/Frank, BGB [2009], § 1042 Rn. 8), ein unterschiedliches rechtliches Schicksal nehmen. Das Erlöschen des Nießbrauchs hat auch nicht zur Folge, dass der Eigentümer die dem Nießbraucher gegen einen Dritten zustehenden Rechte aus § 1065 i.V.m. §§ 985, 1004 BGB zusätzlich zu den Eigentümerrech- ten „hinzuerwirbt“. Es bleibt vielmehr bei dem Nebeneinander der Ansprüche von Eigentümer und Nießbraucher; soweit die Ansprüche des Nießbrauchers nicht auf dessen Erben übergehen (dazu unter 1 b bb), erlöschen sie.
15
(3) Überlegungen zur Schutzbedürftigkeit des Eigentümersrechtfertigen kein anderes Ergebnis. Dem Eigentümer steht es jederzeit offen, die neben den Ansprüchen des Nießbrauchers bestehenden eigenen Ansprüche aus §§ 985, 1004 BGB selbständig geltend zu machen. Zu berücksichtigen ist außerdem, dass der Eigentümer, sähe man ihn als Rechtsnachfolger nach dem Nießbrau- cher an, auch an ein Urteil zu Lasten des Nießbrauchers gebunden wäre; dass dies nicht seinen Interessen entspricht, liegt auf der Hand.
16
b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann sich eine Rechtsnachfolge der Beklagten zu 2 und 3 in die titulierten Ansprüche aber aus deren Stellung als Erben des Nießbrauchers ergeben.
17
aa) Zwar ist der Nießbrauch - wovon das Berufungsgericht zutreffend ausgeht - als solcher nicht vererblich, da er gemäß § 1061 Satz 1 BGB mit dem Tod des Nießbrauchers erlischt. Die Beendigung des Nießbrauchs, gleichviel ob sie aufgrund Todes des Nießbrauchers, durch Ablauf einer zeitlichen Befristung oder aufgrund einer einverständlichen Aufhebung (§ 1062 BGB) eintritt, führt grundsätzlich zu einem Erlöschen auch der Ansprüche des Nießbrauchers auf Herausgabe der Nießbrauchssache oder auf Störungsbeseitigung, da diese Ansprüche das weitere Bestehen der Stellung als Nießbraucher voraussetzen (zum öffentlich-rechtlichen Abwehranspruch vgl. OVG Münster, NJW 1994, 3244). Ebenso wie die Ansprüche des Eigentümers aus §§ 985, 1004 BGB untrennbar mit dem Eigentum verbunden sind (Senat, Urteil vom 23. Februar 1973 - V ZR 109/71, BGHZ 60, 235, 240; Urteil vom 18. Oktober 2007 - V ZR 12/07, Grundeigentum 2007, 1551), kann auch der Herausgabe- und Beseitigungsanspruch des Nießbrauchers nicht von dem Nießbrauch getrennt werden. Der Herausgabe- und Beseitigungsanspruch gemäß § 1065 i.V.m. §§ 985, 1004 BGB dient dem Schutz der dinglichen Rechtsposition des Nießbrauchers bei einer vollständigen oder partiellen Verletzung seines Rechts (vgl. Mugdan III S. 297; BeckOK-BGB/Wegmann, Edition 36, § 1065 Rn. 1). Erlischt die dingliche Rechtsposition des Nießbrauchers, hat er, da er zur Nutzung der Nießbrauchssache nicht mehr berechtigt ist, grundsätzlich kein rechtlich schützens- wertes Interesse daran, einer durch Entziehung oder sonstige Beeinträchtigung hervorgerufenen Verletzung des Nießbrauchsrechts weiter zu begegnen.
18
bb) Ausnahmsweise kann ein gegen einen Dritten gerichteter Herausgabe - oder Beseitigungsanspruch des Nießbrauchers aber auch nach Beendigung des Nießbrauchs bestehen bleiben, wenn der ehemalige Nießbraucher durch Einwirkungen des Dritten auf die Nießbrauchssache an der Erfüllung seiner aus dem gesetzlichen Rückabwicklungsschuldverhältnis gegenüber dem Eigentümer bestehenden Pflichten gehindert wird; dies gilt jedenfalls dann, wenn die Ansprüche gegen den Dritten vor der Beendigung des Nießbrauchs bereits rechtshängig geworden oder tituliert worden sind.
19
(1) Mit der Nießbrauchsbestellung entsteht zwischen dem Eigentümer und dem Nießbraucher ein besonderes gesetzliches Schuldverhältnis (Staudinger /Frank, BGB [2009], Vorbem. zu §§ 1030 ff. Rn. 6). Dieses erlischt nicht mit der Beendigung des Nießbrauchs. Vielmehr wandelt es sich in ein gesetzliches Rückabwicklungsschuldverhältnis um (Staudinger/Frank, BGB [2009], § 1055 Rn. 1). Ist die Beendigung des Nießbrauchs aufgrund Todes des Nießbrauchers eingetreten, gehen die Rechte und Pflichten des Nießbrauchers aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis auf dessen Erben über (MüKo-BGB/Pohlmann, 6. Aufl., § 1061 Rn. 12). Als Bestandteil des gesetzlichen Rückabwicklungsschuldverhältnisses normiert § 1055 BGB eine Rückgabepflicht des Nießbrauchers gegenüber dem Eigentümer. Der Nießbraucher - bzw. sein Erbe, auf den der Besitz an dem Nießbrauchsgrundstück gemäß § 857 BGB übergeht - hat die Nießbrauchssache grundsätzlich in dem Zustand zurückzugeben, der ordnungsmäßiger Bewirtschaftung unter Aufrechterhaltung der bisherigen wirtschaftlichen Bestimmung entspricht (Soergel/Stürner, BGB, 13. Aufl., § 1055 Rn. 2).
20
(2) Wird der Nießbraucher an der Erfüllung seiner Rückgabepflichten aus § 1055 Abs. 1 BGB durch Einwirkungen Dritter auf die Nießbrauchssache gehindert , sei es durch deren vollständige Entziehung, sei es durch deren partielle Beeinträchtigung, können ihm gegen den Dritten ausnahmsweise weiterhin die Rechte aus § 1065 i.V.m. §§ 985, 1004 BGB zustehen. Das durch § 1065 BGB geschützte Interesse des Nießbrauchers, Beeinträchtigungen des Nießbrauchsrechts abzuwehren, gründet sich auf das durch die Bestellung des Nießbrauchs entstandene gesetzliche Schuldverhältnis zwischen Eigentümer und Nießbraucher und verändert durch die Umwandlung des Schuldverhältnisses in ein Rückgewährschuldverhältnis lediglich seine Zielrichtung. Während der Nießbraucher für die Dauer des Nießbrauchsrechts ein rechtlich schutzwürdiges Interesse daran hat, die Nießbrauchssache frei von Störungen durch Dritte zu nutzen, und er daher Verletzungen des Nießbrauchsrechts unterbinden kann, kann er (bzw. - im Fall des § 1061 Satz 1 BGB - sein Erbe) nach Beendigung des Nießbrauchs ein in gleicher Weise schutzwürdiges Interesse daran haben, an der Erfüllung seiner aus dem gesetzlichen Rückabwicklungsschuldverhältnis folgenden Pflichten gegenüber dem Eigentümer nicht durch Einwirkungen Dritter auf die Nießbrauchssache gehindert zu werden. Bestünden in einem solchen Fall niemals Herausgabe- oder Beseitigungsansprüche des Nießbrauchers gegen den Dritten, könnte er seine Rückgabeverpflichtung nicht erfüllen, müsste dem Eigentümer deshalb Schadensersatz leisten und wäre gehalten, den Dritten seinerseits auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Ein sachlicher Grund, ihn auf diesen Weg zu beschränken statt die (weitere) Durchsetzung der sich aus dem Nießbrauch ergebenden Rechte zuzulassen, besteht jedenfalls in den Fällen nicht, in denen die Ansprüche gegen den Dritten - wie hier - noch während des Bestehen des Nießbrauchs rechtshängig geworden oder tituliert worden sind.
21
Schutzwürdige Interessen des Dritten sind nicht berührt. Für ihn stellt es sich als reinen Zufall dar, dass der Nießbraucher stirbt oder das Nießbrauchsrecht infolge Zeitablaufs erlischt; er kann, wenn der Nießbraucher bereits gerichtliche Schritte in die Wege geleitet hatte, nicht erwarten, dass sich ein während des Bestehens des Nießbrauchsrechts begonnener Rechtsstreit aus diesem Grund erledigt und er deshalb seiner Verpflichtung zur Herausgabe des Grundstücks oder zur Störungsbeseitigung nicht mehr oder nur nach (erneuter) Geltendmachung durch den Eigentümer nachkommen muss.
22
cc) Entscheidend ist daher, ob die Beklagten zu 2 und 3 als Erben des Nießbrauchers, dessen Herausgabe- und Beseitigungsansprüche gegen die Kläger bereits vor Beendigung des Nießbrauchs tituliert waren, an der Erfüllung ihrer Pflichten aus dem gesetzlichen Rückabwicklungsschuldverhältnis gehindert werden. Nur dann können die aus dem dinglichen Recht folgenden Ansprüche trotz Erlöschens des Rechts ausnahmsweise fortbestehen. Dies gilt auch für die hier in Rede stehenden Ansprüche. Es ist nicht ausgeschlossen, dass im Einzelfall zur ordnungsmäßigen Wirtschaft i.S.d. § 1036 Abs. 2 BGB auch die Beseitigung eines Überbaus gehört und daher die Verpflichtung aus § 1055 Abs. 1 BGB die Rückgabe eines nicht überbauten Nießbrauchsgrundstücks umfasst.
23
Ob die Durchsetzung der gegen die Kläger titulierten Herausgabe- und Beseitigungsansprüche des Nießbrauchers zur Erfüllung der Rückgabepflicht aus § 1055 Abs. 1 BGB erforderlich ist, die Ansprüche deshalb trotz Beendigung des Nießbrauchs ausnahmsweise weiter bestehen und damit auf die Beklagten zu 2 und 3 als seine Erben übergegangen sind, hat das Berufungsgericht nicht geprüft. Den Parteien ist Gelegenheit zu geben, sich mit den neuen Gesichtspunkten auseinanderzusetzen und dazu ergänzend vorzutragen.
24
2. Auch mit Blick auf die Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) ist die Revision begründet.
25
Rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht beanstandet geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass die Kläger mit dem Einwand der Unmöglichkeit und Unzumutbarkeit der Beseitigung des Überbaus ausgeschlossen sind. Ob dagegender von den Klägern erhobene Einwand des Erlöschens der titulierten Forderungen begründet oder unbegründet ist, hängt - wie dargelegt - davon ab, ob es sich im konkreten Fall um einen jener Ausnahmefälle handelt, bei der die Ansprüche des Nießbrauchers aus § 1065 BGB i.V.m. §§ 985, 1004 BGB trotz Beendigung des Nießbrauchs weiterbestehen.

III.


26
Nach allem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Mangels Entscheidungsreife ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen , damit die erforderlichen Feststellungen getroffen werden können (§§ 562 Abs. 1, 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO).
Stresemann Schmidt-Räntsch Weinland
Göbel Haberkamp
Vorinstanzen:
LG Bremen, Entscheidung vom 21.03.2014 - 8 O 1795/13 -
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(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen. (2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 985 Herausgabeanspruch


Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 768 Klage gegen Vollstreckungsklausel


Die Vorschriften des § 767 Abs. 1, 3 gelten entsprechend, wenn in den Fällen des § 726 Abs. 1, der §§ 727 bis 729, 738, 742, 744, des § 745 Abs. 2 und des § 749 der Schuldner den bei der Erteilung der Vollstreckungsklausel als bewiesen angenommenen E

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1056 Miet- und Pachtverhältnisse bei Beendigung des Nießbrauchs


(1) Hat der Nießbraucher ein Grundstück über die Dauer des Nießbrauchs hinaus vermietet oder verpachtet, so finden nach der Beendigung des Nießbrauchs die für den Fall der Veräußerung von vermietetem Wohnraum geltenden Vorschriften der §§ 566, 566a,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1061 Tod des Nießbrauchers


Der Nießbrauch erlischt mit dem Tode des Nießbrauchers. Steht der Nießbrauch einer juristischen Person oder einer rechtsfähigen Personengesellschaft zu, so erlischt er mit dieser.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1036 Besitzrecht; Ausübung des Nießbrauchs


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1059 Unübertragbarkeit; Überlassung der Ausübung


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 857 Vererblichkeit


Der Besitz geht auf den Erben über.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1065 Beeinträchtigung des Nießbrauchsrechts


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Bundesgerichtshof Urteil, 16. Jan. 2004 - V ZR 243/03

bei uns veröffentlicht am 16.01.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 243/03 Verkündet am: 16. Januar 2004 K a n i k, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BG

Bundesgerichtshof Urteil, 30. Mai 2008 - V ZR 184/07

bei uns veröffentlicht am 30.05.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 184/07 Verkündet am: 30. Mai 2008 Langendörfer-Kunz, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Mai 2010 - V ZR 244/09

bei uns veröffentlicht am 21.05.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 244/09 Verkündet am: 21. Mai 2010 Lesniak Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 18. Dez. 2015 - V ZR 269/14.

Bundesgerichtshof Urteil, 11. März 2016 - V ZR 208/15

bei uns veröffentlicht am 11.03.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 208/15 Verkündet am: 11. März 2016 Rinke Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Referenzen

Der Nießbrauch erlischt mit dem Tode des Nießbrauchers. Steht der Nießbrauch einer juristischen Person oder einer rechtsfähigen Personengesellschaft zu, so erlischt er mit dieser.

(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.

(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.

(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.

Die Vorschriften des § 767 Abs. 1, 3 gelten entsprechend, wenn in den Fällen des § 726 Abs. 1, der §§ 727 bis 729, 738, 742, 744, des § 745 Abs. 2 und des § 749 der Schuldner den bei der Erteilung der Vollstreckungsklausel als bewiesen angenommenen Eintritt der Voraussetzung für die Erteilung der Vollstreckungsklausel bestreitet, unbeschadet der Befugnis des Schuldners, in diesen Fällen Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Vollstreckungsklausel nach § 732 zu erheben.

Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 243/03 Verkündet am:
16. Januar 2004
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) War dem Eigentümer des Stammgrundstücks der Überbau aufgrund eines Mietvertrags
über die überbaute Fläche gestattet, berührt der Ablauf des Vertrags sein
Eigentum am Überbau nicht; er ist aber verpflichtet, dem Eigentümer des überbauten
Grundstücks das Eigentum am Überbau zu verschaffen.

b) Dem Eigentümer des rechtmäßig überbauten Grundstücks kann das Eigentum am
Überbau durch Bestellung einer Dienstbarkeit zu Lasten des Stammgrundstücks
(Ausschluß der Ausübung des Überbaurechts) oder durch Aufhebung der Gestattung
und Trennung des Überbaus vom übrigen Gebäude verschafft werden.

c) Der Erwerb des Stammgrundstücks berechtigt den Erwerber nicht, den aufgrund
eines von seinem Rechtsvorgänger abgeschlossenen Mietvertrags errichteten
Überbau auf dem fremden Grundstück zu unterhalten.
BGH, Urt. v. 16. Januar 2004 - V ZR 243/03 - OLG Bremen
LG Bremen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Januar 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Tropf, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die
Richterin Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 8. August 2003 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariellem Vertrag vom 2. Februar 1998 kauften die Kläger von dem Voreigentümer Z. Teileigentum an dem Grundstück P. 95-97 (im folgenden: P. ) in B. . Die im Erdgeschoß gelegenen Räume des Sondereigentums erstrecken sich über die Grundstücksgrenze hinweg auf eine Teilfläche von 42 qm des Nachbargrundstücks, dessen Nießbraucher der Beklagte ist. Die Räume werden von der Firma P. zum Betrieb eines Supermarkts genutzt. Auf der Teilfläche befindet sich das Getränkelager. Der Beklagte hatte die Teilfläche am 11. Januar 1973 an den damaligen Eigentümer des Grundstücks P. B. vermietet. Der Rechtsvorgänger im Teileigentum Z. war, anders als die Kläger, in den Vertrag eingetreten. Der Miet-
vertrag war auf 20 Jahre geschlossen und konnte vom Mieter um 10 Jahre ver- längert werden.
Das Landgericht hat die Klage auf Rückzahlung geleisteten Mietzinses rechtskräftig abgewiesen, da die Zahlungen auf Rechnung des Mieters Z. erfolgt seien. Auf Widerklage hat es die Kläger zur Herausgabe der Teilfläche verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung ist ohne Erfolg geblieben.
Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision streben die Kläger weiterhin die Abweisung der Widerklage an.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht stellt fest, daß die Räume auf der Teilfläche zu einem einheitlichen Gebäude gehören, das von dem Eigentümer des Grundstücks P. über dessen Grenze gebaut worden ist. § 912 BGB finde jedoch keine Anwendung, da der Überbau auf vertraglicher Grundlage beruhe. Mit dem inzwischen eingetretenen Ende des Mietvertrags sei die Duldungspflicht des Beklagten erloschen. Anderes gelte auch nicht deshalb, weil der Eigentümer des Grundstücks P. gewechselt habe.
Dies hält den Angriffen der Revision stand.

II.


Der Beklagte kann nach § 985 i.V.m. § 1065 BGB Herausgabe der Teilfläche verlangen, denn sie ist Bestandteil des Grundstücks, auf dem der Nießbrauch lastet. Der Grenzüberbau, dessen tatsächliche Voraussetzungen die Revision nicht in Zweifel zieht, verschafft den Klägern kein Recht zum Besitz (§ 986 BGB).
1. Der Ausgangspunkt des Berufungsurteils, der Mietvertrag vom 11. Januar 1973 habe dem Überbau nur eine Grundlage auf Zeit verschafft, ist nicht zu beanstanden.

a) Ohne Erfolg rügt die Revision, der Mietvertrag beschränke sich darauf, in Abweichung von den Rechtsfolgen der §§ 912 ff. BGB, das Entgelt für die Benutzung des Nießbrauchsgrundstücks festzulegen, die Gestattung des Überbaus selbst sei dagegen außerhalb des Vertrags erfolgt. Dies ist ungeeignet, einen Auslegungsfehler des Berufungsgerichts (§§ 133, 157 BGB) aufzuzeigen. Die Rüge geht am Wortlaut und am inneren Zusammenhang des Vertrags vorbei. Danach war der Mieter, der die Teilfläche in ihrem bestehenden Zustand übernahm, berechtigt, die erforderlichen Baumaßnahmen (auf eigene Kosten) vorzunehmen. Zu äußerlichen Veränderungen bedurfte er allerdings der vorherigen Zustimmung des Vermieters. Diese hatte jedoch, soweit sie erforderlich geworden sein sollte, ihre Grundlage im Mietvertrag.
b). Die Zweifel der Revision an der Möglichkeit, den Überbau befristet zu gestatten, sind, was die dinglichen Wirkungen der Grenzüberschreitung anbelangt , dagegen begründet. Für die Entscheidung über den Herausgabeanspruch
des Beklagten kommt es aber nicht hierauf, sondern darauf an, ob die Kläger berechtigt sind, den in ihrem Eigentum stehenden Überbau auf dem fremden Grundstück zu unterhalten.
aa) Die Zustimmung des Grundstückseigentümers zur Überbauung seines Grundstücks (rechtmäßiger Überbau) führt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats dazu, daß der Überbauende entgegen der Grundregel der §§ 946, 94 Abs. 1 BGB Eigentümer des auf dem Nachbargrundstück stehenden Gebäudeteils wird (§ 95 Abs. 1 Satz 2 BGB entspr.). Die Gebäudeeinheit erweist sich unter dieser Voraussetzung, wie in den Fällen des gutgläubigen Überbaus (§ 912 BGB), gegenüber der Einheit von Boden und Gebäude als das stärkere Band (Senat, BGHZ 62, 141, 144, 110, 298, 300 f; Urt. v. 3. Dezember 1954, V ZR 93/53, LM BGB § 912 Nr. 1; Urt. v. 21. Januar 1983, V ZR 154/81, NJW 1983, 1112; vgl. bereits RGZ 109, 107, 110). Die dinglichen Wirkungen folgen beim rechtmäßigen Überbau aus dem rechtsgeschäftlichen Willen der Beteiligten, im Falle des § 912 BGB aus den Willensmomenten des Tatbestands (Fehlen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit, Ausbleiben des Widerspruchs; Senat, Urt. v. 18. Dezember 1970, V ZR 73/68, NJW 1971, 426, 428; Staudinger /Roth, BGB [2002], § 912 Rdn. 67). Hinzu tritt jeweils der aus dem Überbautatbestand (Gebäudeeinheit, Zuordnung des einheitlichen Gebäudes zu einem Stammgrundstück) folgende Schutzgedanke, Wertvernichtungen zu vermeiden. Er findet in § 912 BGB unmittelbar Ausdruck (Motive III 43; Senat BGHZ 53, 5, 11; 102, 311, 314) und bestimmt auch die Eigentumslage beim rechtmäßigen Überbau. Insoweit besteht zwischen dem rechtmäßigen und dem gesetzlich geregelten gutgläubigen Überbau kein Unterschied (klarstellend Senat BGHZ 62, 141, 144 gegenüber Urt. v. 13. Juli 1966, V ZR 8/64, WM 1966, 1185, wo es
der Senat offengelassen hatte, ob die dinglichen Wirkungen des gestatteten Überbaus § 912 BGB folgen).
bb) Damit ist die rechtliche Bedeutung der (hier im Mietvertrag erteilten) Zustimmung aber nicht erschöpft. Wie § 912 BGB beim gutgläubigen Überbau schafft sie bei der rechtmäßigen Grenzüberbauung den Rechtsgrund dafür, daß der Nachbar den fremden Gebäudeteil auf seinem Grundstück dulden muß. Die auf dem Willen der Beteiligten beruhende Legitimation der Überbauung begrenzt zugleich deren Umfang und Bestand. Dies hat der Senat wiederholt ausgesprochen (Urt. v. 13. Juli 1966, V ZR 8/64, a.a.O. für die Grundstücksleihe zum Zweck des Überbaus; Urteil vom 18. Dezember 1970, V ZR 73/68, NJW 1971, 426, 428 für die räumliche Überschreitung der Gestattung). Freilich bedeutet dies nicht, daß mit dem Ende der Gestattung, hier mit dem Ablauf des Mietvertrags vom 11. Januar 1973, der Überbau ohne weiteres Bestandteil des überbauten Grundstücks und damit zum Gegenstand des Nießbrauchs des Beklagten geworden wäre. Bei der Errichtung eines Gebäudes auf einem fremden Grundstück zu einem nur vorübergehenden Zweck (§ 95 Abs. 1 Satz 1 BGB) ist für die Eigentumslage die Zwecksetzung im Zeitpunkt der Verbindung mit dem Grund und Boden maßgeblich (Senat, Urt. v. 16. Mai 1956, V ZR 146/54, LM Preisstopp VO Nr. 7; BGHZ 23, 57, 59). Eine nachträgliche Änderung der Zweckbestimmung durch den Eigentümer des Gebäudes berührt dessen Eigenschaft als vom Grundstück gesonderte, bewegliche Sache nicht. Zur Zurückführung in den Bestandteilsverband des Grundstücks ist eine dingliche Einigung der beiden Eigentümer erforderlich (Senat in den vorstehenden Entscheidungen ; ferner Urt. v. 19. September 1979, V ZR 41/77, NJW 1980, 771; v. 31. Oktober 1986, V ZR 168/85, NJW 1987, 774; vgl. auch Urt. v. 25. Mai 1959, V ZR 173/57, NJW 1959, 1487). Entsprechendes gilt, wenn die befristete
Zweckbestimmung mit Ablauf der vereinbarten Zeit entfällt. Denn das Merkmal der Verbindung zu einem nur vorübergehenden Zweck besteht gerade darin, daß der Verbindende bei der Errichtung des Bauwerks den Willen hat, dieses bei Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht "in das Eigentum seines Vertragspartners übergehen zu lassen" (Senat, BGHZ 8, 1, 6; 104, 298, 301; Urt. v. 22. Dezember 1995, V ZR 334/94, NJW 1996, 916 f., in BGHZ 131, 368, 370 nicht ausgeführt; Urt. v. 15. Mai 1998, V ZR 83/97, WM 1998, 1633). Für die Beendigung der Berechtigung zum Überbau sind diese Gesichtspunkte in gleicher Weise maßgeblich. Der kraft Gestattung auf Zeit Überbauende hat sich die Befugnis, sein Eigentum auf dem fremden Grundstück zu unterhalten, zwar nur auf Zeit gesichert. Seiner Eigentümerrechte am Überbau, etwa des Rechts, für dessen Übertragung auf den Grundstückseigentümer, je nach den Umständen, ein Entgelt zu verlangen oder den Gebäudeteil, je nach Bauweise, insgesamt oder zu Teilen anderweit zu nutzen, hat er sich nicht begeben. Im Unterschied zu dem Gebäude, das einen Scheinbestandteil auf dem fremden Grundstück bildet, liefe ein Eigentumswechsel am Überbau kraft Fristablaufs ohnehin sachenrechtlichen Grundsätzen zuwider. Immobiliareigentum, zu dem der Überbau zählt (Senat, BGHZ 62, 141, 145; 110, 298, 300), ist auf Zeit im Sachenrecht nicht vorgesehen (vgl. § 925 Abs. 2 BGB).
cc) Wie eine Übertragung des Eigentums am Überbau auf den Eigentümer des überbauten Grundstücks rechtlich vor sich geht, hat der Senat noch nicht abschließend entschieden. Soll ein Eingriff in die Gebäudesubstanz unterbleiben , kommt die Belastung des Stammgrundstücks mit einer Dienstbarkeit in Betracht, die die Ausführung des Überbaurechts ausschließt (§ 1018 BGB, 3. Alt.; Senat, Urt. v. 26. April 1961, V ZR 203/59, LM BGB § 912 Nr. 9). Der Senat hält dies aber nicht für die einzige Möglichkeit, den Überbau in den Be-
standteilsverband des überbauten Grundstücks zurückzuführen. In Frage kommt auch ein der Begründung des Eigentums am Überbau gegenläufiges Geschäft. In diesem Falle muß mit der erforderlichen Einigung über die Beendigung des Überbaurechts (vgl. RGRK/Augustin, BGB, 12. Aufl., § 921 Rn. 21) die Beseitigung der Gebäudeeinheit einhergehen, die den Überbau zum Bestandteil des Stammgrundstücks macht. Dies kann durch baulichen Abschluß des Überbaus von dem übrigen Gebäude erfolgen. Eine rechtsbegründende Dokumentation im Grundbuch ist nicht möglich, da der Überbau als Grundstücksbelastung nicht eintragungsfähig ist (vgl. Senat, Urt. v. 3. Dezember 1954, V ZR 93/53, LM BGB § 912 Nr. 1) und die Bestandsverzeichnisse der Grundbücher von der Änderung unberührt bleiben (§ 2 GBO in Verbindung mit dem Liegenschaftskataster). Die Diskontinuität gegenüber den allgemeinen Regeln der rechtsgeschäftlichen Begründung und Aufhebung dinglicher Rechte (§ 873 BGB) ist in der Eigenart des gestatteten Überbaus begründet, die den rechtsgeschäftlichen Willen der Beteiligten mit der gesetzlichen Anordnung des § 912 BGB verbindet (oben aa). Die Aufgabe des Besitzes an der Teilfläche, die Gegenstand des Herausgabeanspruchs ist, kann durch die vom Berufungsgericht aufgezeigten Maßnahmen (Abriß des Anbaues; baulicher Abschluß des Getränkelagers vom Supermarkt im übrigen, gegebenenfalls mit Eröffnung eines Zutritts vom Grundstück des Beklagten aus) erfolgen.
2. Nicht zu beanstanden ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, diese Rechtslage erfahre durch den Wechsel des Eigentums an dem Grundstück , von dem aus der Überbau erfolgt (Stammgrundstück), keine Änderung.

a) Die Rechtsnachfolge im Eigentum am Stammgrundstück berührt die dingliche Rechtslage, das Eigentum am Überbau, ebensowenig wie der Ablauf
der Zeit, für die der Überbau gestattet war. Die dem Rechtsvorgänger schuldrechtlich , hier durch Mietvertrag, erteilte Gestattung, die Grenze mit dem Bau zu überschreiten, bietet allerdings für den Rechtsnachfolger, der in den Mietvertrag nicht eingetreten ist, keine Grundlage dafür, den Überbau beizubehalten. Unzutreffend ist aber die Folgerung der Revision, wegen der nur schuldrechtlichen Wirkung der rechtsgeschäftlichen Gestattung rücke zugunsten des Rechtsnachfolgers im Eigentum am Stammgrundstück die gesetzliche Regelung des § 912 BGB an die Stelle des vom Rechtsvorgänger abgeschlossenen Vertrages. Die gesetzliche Duldungspflicht des Eigentümers des überbauten Grundstücks beruht auf dem nachbarrechtlichen Tatbestand der rechtswidrigen, aber gutgläubigen Überbauung und dem Ausbleiben des Widerspruchs hiergegen (oben zu 1 b). Ihr Gegenstand, das fremde Eigentum am Überbau, ist, insoweit vergleichbar der gutgläubig erworbenen fremden Sache (§ 932 BGB) oder dem aufgrund Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung erworbenen Eigentum (§§ 946 ff., 951 BGB), einem Herausgabeanspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung entzogen. Wer immer der Eigentümer des Überbaus ist, hat diesen gegenüber dem Grundstückseigentümer mit Rechtsgrund inne. Von der gleichen Rechtsstellung des Eigentümers am Überbau ist der Senat, worauf die Revision abhebt, allerdings auch in Fällen der gestatteten, mithin rechtmäßigen Überbauung der Grenze ausgegangen (Urt. v. 21. Januar 1983, V ZR 154/81, NJW 1983, 1112; v. 25. Februar 1983, V ZR 299/81, NJW 1983, 2022). Gegenstand dieser Rechtsprechung waren Überbauungen, die auf eine rechtsgeschäftliche Gestattung zurückgingen, die, wie die Duldung kraft gesetzlicher Anordnung im Falle des § 912 BGB, auf Dauer erfolgt war. Die Sachlage war zwar mit dem versehentlichen Überbau nach § 912 BGB insofern nicht vergleichbar , als den Beteiligten im Gestattungsfall die Überbauung der Grundstücksgrenze bewußt ist, sie mithin die Möglichkeit haben, das Eigentum am
Überbau durch Bestellung einer Grunddienstbarkeit rechtlich zu sichern (§§ 1018, 95 Abs. 1 Satz 2 BGB). Das Interesse an der Erhaltung des mit dem Überbau geschaffenen Wertes, das der Duldungspflicht nach § 912 BGB zugrunde liegt (oben 1 b), bietet aber eine hinreichende Grundlage, dem Gestattungswillen , auch wenn er sich nicht in einer Dienstbarkeit niedergeschlagen hat, wohl aber wie im Falle des § 912 BGB auf Dauer angelegt ist, Bestand zu verleihen ("Verdinglichung der Zustimmung"; vgl. Staudinger/Roth, aaO, § 912 Rdn. 69). Den "Erst recht"-Schluß vom Fortbestand des rechtswidrigen auf den des rechtmäßigen Überbaus beim Eigentumswechsel hat der Senat mit Tatbestandselementen des § 912 BGB, nämlich damit begründet, im Hinblick auf die dem Rechtsvorgänger am Stammgrundstück erteilte Gestattung falle dem Rechtsnachfolger weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit zur Last.
Dies schafft indessen keine Grundlage dafür, den Eigentümer, der die Inanspruchnahme seines Grundstücks für einen fremden Überbau auf bestimmte Zeit gestattet hat, auch nach deren Ende zu binden. Die Bindung widerspräche seiner autonomen Befugnis als Teilnehmer am Rechtsverkehr, schuldrechtliche Rechtsverhältnisse im Rahmen zwingender Vorschriften mit beliebigem Inhalt einzugehen. Der Eigentümer, der auf die Ausübung eines Teiles seiner Rechte am Grundstück (§ 903 BGB) auf Zeit verzichtet, behält sich vor, nach deren Ablauf von seinem Eigentum wieder in vollem Umfang Gebrauch zu machen, mithin den Überbau zu gleichen oder veränderten Bedingungen weiterhin zu dulden oder Herausgabe der überbauten Fläche zu verlangen. Verfehlt ist es, worauf das Berufungsgericht zu Recht hinweist, den Grundstückseigentümer nach Erlöschen des Mietzinsanspruchs auf die gesetzliche Überbaurente zu verweisen, die auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Grenzüberbaus abstellt (§ 912 Abs. 2 Satz 2 BGB). An die Stelle der mit Ablauf der schuldrechtlichen
Bindung eröffneten Möglichkeit, frei die Nutzungen (§ 100 BGB) des Grundstücks zu ziehen, träte der "versteinerte" (Staudinger/Roth, aaO, Rdn. 47), einer Anpassung etwa nach § 323 ZPO entzogene, Rentenanspruch. Der Gesichtspunkt der Erhaltung des mit dem Überbau geschaffenen Wertes tritt demgegenüber zurück. Die Laufzeit von Mietverträgen, die der Gebäudeerrichtung- und Nutzung dienen, ist im Rechtsverkehr regelmäßig so bemessen, daß die Kosten der Gebäudeerrichtung, der mit der Nutzung erzielte Gewinn und die Abschreibung der Substanz in einem kalkulierten Verhältnis stehen. In dieses, von den Beteiligten verantwortete Wertverhältnis unter dem Gesichtspunkt der Werterhaltung einzugreifen, besteht kein Anlaß. Der Eingriff ließe eher eine Wertvernichtung durch Fixierung überholter Verhältnisse befürchten.

b) Praktische Probleme treten, wenn der Überbau nach dem Wechsel des Eigentums am Stammgrundstück seine Rechtsgrundlage behalten soll, nicht auf. Herrscht unter den Beteiligten Einverständnis, kann der neue Eigentümer anstelle seines Rechtsvorgängers durch dreiseitigen Vertrag Mieter werden. Läßt der Mietvertrag eine Untervermietung zu, kann sich der Rechtsnachfolger hierdurch eines Herausgabeanspruchs erwehren (§ 986 Abs. 1 Satz 1 BGB). Im Falle des Eigentumswechsels am überbauten Grundstück tritt der Erwerber nach Maßgabe der §§ 578, 566 ff. BGB in den Mietvertrag ein.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 184/07 Verkündet am:
30. Mai 2008
Langendörfer-Kunz,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die in § 275 Abs. 2 BGB bestimmte Einrede kann auch gegen einen Beseitigungsanspruch
aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB erhoben werden.
BGH, Urt. v. 30. Mai 2008 - V ZR 184/07 - OLG Bremen
LG Bremen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. Mai 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die
Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandegerichts in Bremen vom 12. September 2007 aufgehoben.
Die Berufung der Kläger gegen das Teilurteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bremen vom 17. April 2007 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
P. B. war Eigentümer des Grundstücks P. straße in B. (Stammgrundstück); der Beklagte war Eigentümer des Nachbargrundstücks P. straße . 1973 errichtete B. auf dem rückwärtigen Teil seines Grundstücks ein einstöckiges, als Supermarkt nutzbares Gebäude. In den Bau bezog er eine mehr als 42 qm große Teilfläche des Grundstücks des Beklagten ein, die ihm der Beklagte mit Vertrag vom 11. Januar 1973 hierzu auf die Dauer von 20 Jahren mit Verlängerungsoption währungsgesichert vermietet hatte. Später teilte B. das Stammgrundstück nach dem Wohnungseigentumsgesetz. Die als Supermarkt genutzten Teileigentumseinheiten verkaufte er an G. Z. , der an seiner Stelle in den Mietvertrag mit dem Beklagten eintrat. Für die Überlassung der Teilfläche hatte Z. schließlich monatlich 418 DM zu zahlen.
2
1998 verkaufte Z. die Teileigentumseinheiten an die Kläger. Den Überbau und den Mietvertrag mit dem Beklagten offenbarte er nicht. Die Kläger zahlten zunächst für Z. ; einen Eintritt in den Mietvertrag anstelle von Z. lehnten sie jedoch ab. Daraufhin kündigte der Beklagte vorsorglich den Mietvertrag. Das Eigentum an dem Grundstück übertrug er unter dem Vorbehalt eines Nießbrauchs seinen Kindern. Gegen die Kläger erwirkte er ein Urteil auf Herausgabe des für den Überbau genutzten Teils (Vorprozess; Senat, BGHZ 157, 301 ff.) des Grundstücks P. straße (im Folgenden: Grundstück des Beklagten).
3
Die Kläger haben beantragt, festzustellen, für die Nutzung des Grundstücks des Beklagten monatlich 100 € bezahlen zu müssen. Insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem der Beklagte Widerklage auf Zahlung eines höheren Betrags erhoben hatte. Im Wege der Widerklage hat der Beklagte von den Klägern darüber hinaus die Räumung des Grundstücks durch Beseitigung des Überbaus verlangt.
4
Das Landgericht hat dem Räumungsverlangen durch Teilurteil stattgegeben. Auf die Berufung der Kläger hat das Oberlandesgericht die Widerklage insoweit abgewiesen. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht verneint einen Räumungsanspruch des Beklagten. Es meint, aufgrund der Beendigung des Vertrages vom 11. Januar 1973 müsse der Beklagte den Überbau auf dem Grundstück nicht mehr dulden. Ob die Kläger gegenüber dem Beklagten anerkannt hätten, zur Beseitigung des Überbaus verpflichtet zu sein, könne dahingestellt bleiben. Ein Anerkenntnis schließe die Kläger nur mit solchen Einwendungen aus, die sie gekannt oder mit denen sie gerechnet hätten. Daran fehle es bei den Abbruchkosten von rund 90.000 €. Deren Höhe hätten die Kläger erst durch das von dem Landgericht eingeholte Sachverständigengutachten erfahren. Über diese Kosten hinaus hätten die Kläger bei einem Abriss des Überbaus weitere Nachteile seitens der Mieterin des Supermarkts zu erwarten. Das stehe außer Verhältnis zu dem Interesse des Beklagten an der Beseitigung des Überbaus. Dieses sei auf der Grundlage des Wertes der in Anspruch genommenen Fläche des Grundstücks allenfalls mit 19.360 € anzunehmen. Das Missverhältnis schließe den Anspruch des Beklagten aus, von den Klägern den Abriss verlangen zu können.

II.

6
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Kläger sind gemäß §§ 1065, 1004 Abs. 1 BGB verpflichtet, den als Supermarkt genutzten Gebäudeteil auf dem Grundstück des Beklagten zu beseitigen.
7
1. Wird die Überschreitung der Grundstücksgrenze zur Bebauung eines Grundstücks von dem Eigentümer des angrenzenden Grundstücks gestattet, ist der Überbau rechtmäßig. Er ist wesentlicher Bestandteil des auf dem Stamm- grundstück errichteten Gebäudes (Senat, BGHZ 62, 141, 145; 157, 301, 304). Wird das Stammgrundstück nach dem Wohnungseigentumsgesetz geteilt, entsteht an den tragenden Teilen des Gebäudes Miteigentum. Zu den tragenden Teilen gehören insbesondere die Außenmauern eines Gebäudes. Das gilt auch insoweit, als diese nur das Sondereigentum eines einzelnen Wohnungs- oder Teileigentümers umschließen (Senat, BGHZ 50, 56, 59 ff.). Soweit sich die Außenmauern des von B. errichteten Gebäudes auf dem Grundstück des Beklagten befinden, sind die Kläger zu deren Beseitigung rechtlich daher nur in der Lage, wenn die übrigen Miteigentümer der Beseitigung durch die Kläger zustimmen. Das behauptet der Beklagte, Festsstellungen hierzu sind nicht getroffen.
8
Solcher Feststellungen bedarf es auch nicht. Das Schreiben des Klägers an den Beklagten und dessen Bevollmächtigten vom 21. Januar 2004 bedeutet ein deklaratorisches Anerkenntnis der Verpflichtung der Kläger zum Abriss des Überbaus. Zu dieser Feststellung ist der Senat in der Lage, weil weiteres Vorbringen insoweit nicht in Betracht kommt.
9
In dem Schreiben des Klägers, der im vorliegenden Rechtsstreit ebenso wie im Vorprozess die Klägerin und sich selbst als Rechtsanwalt vertreten hat, heißt es:
10
"Die Lage stellt sich nunmehr wie folgt dar: Räumungsvollstreckung aus dem vorhandenen Titel scheidet aus, weil wir nicht Gewahrsaminhaber sind und die Firma P. nicht herausgabebereit ist. … Zu Gunsten von Herrn W. bestehen gleichsam parallel die Ansprüche auf Herausgabe und auf Beseitigung. Den Herausgabeanspruch hat er geltend gemacht und insoweit obsiegt. Nunmehr geht es um den Beseitigungsanspruch. Mit diesem obsiegt er gleichermaßen, weil - wie gesagt - beide Ansprüche gleich laufen. Meine Ehefrau und ich sehen nach der BGHE keine hinreichenden Chancen, den Beseitigungsanspruch abzu- wehren. Somit ist dieserhalb ein weiterer Rechtsstreit nicht erforderlich. Wir erkennen den Anspruch an und werden bei dessen Geltendmachung das Erforderliche veranlassen. …"
11
Das bedeutet schon dem Wortlaut nach das Anerkenntnis des mit der Widerklage von dem Beklagten geltend gemachten Anspruchs. Anlass des Schreibens war das Urteil des Senats im Vorprozess vom 16. Januar 2004. Ziel der Erklärung war es, die in dem Vorprozess nicht entschiedene Frage der Verpflichtung zum Abriss des Überbaus der Ungewissheit zu entziehen, die Pflicht endgültig festzulegen und so einen Rechtsstreit um diesen Anspruch zu vermeiden.
12
Auch ohne ausdrückliche Erklärung der Annahme durch den Beklagten, § 151 Abs.1 BGB, sind die Kläger daher nach dem Sinn und Zweck ihrer Erklärung mit der Berufung auf sämtliche Einwendungen und der Geltendmachung sämtlicher Einreden ausgeschlossen, die ihnen bei Abgabe der Erklärung vom 21. Januar 2004 bekannt waren oder mit denen sie rechneten (st. Rechtspr., vgl. BGHZ 66, 250, 254; 69, 328, 331). Hierzu gehört der Einwand, zum Abriss des Überbaus nicht in der Lage zu sein, weil einzelne Miteigentümer Teile eines gemeinschaftlichen Gebäudes nicht ohne die Zustimmung der übrigen Miteigentümer abreißen dürfen und ohne diese daher nicht zum Abriss verurteilt werden können. Die Kläger haben durch ih r Anerkenntnis die Verpflichtung übernommen, das Einverständnis der übrigen Miteigentümer zum Abriss des Überbaus herbeizuführen.
13
2. Ebenso liegt es, soweit das Berufungsgericht meint, die Kläger würden bei einer Kündigung des Mietvertrags über den Supermarkt aus Anlass des Abrisses des Überbaus Schäden erleiden, die bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen zu berücksichtigen seien.
14
3. Etwas anderes gilt nur für die Kosten des Abrisses. Diese sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts mit etwa 90.000 € anzunehmen. Mit Kosten in auch nur annähernd dieser Höhe haben die Kläger bis zu den im vorliegenden Rechtsstreit getroffenen Feststellungen des Sachverständigen nicht gerechnet. Sie haben diese Kosten im Vorprozess vielmehr mit knapp 25.000 € und damit weit unter ihrer tatsächlichen Höhe angenommen.
15
a) Das Verhältnis zwischen diesen Kosten und dem Interesse des Beklagten an dem Abriss schließt den Anspruch des Beklagten entgegen der Meinung des Berufungsgerichts und der Revisionserwiderung jedoch nicht aus.
16
Die Rechtsprechung hat den Anspruch auf Beseitigung aus § 1004 Abs.1 Satz 1 BGB auf der Grundlage des in § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB zum Ausdruck kommenden Grundsatzes der Unzumutbarkeit als ausgeschlossen angesehen, wenn die Beseitigung mit Aufwendungen verbunden ist, die in keiner vertretbaren Relation zu dem Nachteil des Beeinträchtigten stehen (vgl. statt aller Senat, BGHZ 143,1, 6 m.w.N.).
17
Das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz hat den Rückgriff auf den in § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB zum Ausdruck kommenden Grundsatz zur Beschränkung des Anspruchs aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB überflüssig gemacht. Die Beschränkung folgt nunmehr aus § 275 BGB. Die Vorschrift findet auf alle Leistungspflichten Anwendungen, gleichgültig ob diese auf einem Vertrag, auf einem gesetzlichen Schuldverhältnis oder allgemein auf einer gesetzlichen Verpflichtung beruhen (Erman/Westermann, BGB, 12. Aufl. § 275 Rdn. 2; MünchKomm -BGB/Ernst, 5. Aufl., § 275 Rdn. 12; Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl., § 275 Rdn. 2; ferner OLG Düsseldorf NJW-RR 2007, 1024, 1025). Dies war Absicht des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes. Die Begründung des Gesetzesvorschlags verweist zum Anwendungsbereich von § 275 Abs. 2 BGB ausdrücklich auf Leistungsansprüche aus dem Sachenrecht und führt aus, die Begrenzung derartiger Ansprüche sei bisher § 251 Abs. 2 BGB entnommen worden. Hierzu ist auf das Urteil des Senats, BGHZ 62, 388 ff., ausdrücklich Bezug genommen (BT-Drucks. 14/6040, S. 130).
18
b) Ob die festgestellte Diskrepanz zwischen dem Interesse des Beklagten an der Beseitigung des Überbaus und dem hierzu notwendigen Aufwand hinreichend ist, den Klägern eine Einrede gegen von dem Beklagten geltend gemachten Abrissanspruch zu eröffnen, kann dahin gestellt bleiben. Die Einrede scheitert nämlich schon an dem in § 275 Abs. 2 Satz 2 BGB zum Ausdruck kommenden Grundsatz.
19
Nach diesem hängt das Leistungsverweigerungsrecht aus § 275 Abs. 2 Satz 1 BGB auch davon ab, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat. So verhält es sich bei den Klägern. Auch diese Feststellung kann der Senat treffen.
20
Der Beklagte hat die Einbeziehung seines Grundstücks in das Bauvorhaben für die Dauer des Bestehens eines Mietverhältnisses geduldet. Der Überbau war daher grundsätzlich nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses zu beseitigen, § 546 BGB, § 556 BGB a.F. Zu der von den Klägern anerkannten Verpflichtung ist es nur deshalb gekommen, weil sie bei dem Erwerb des Teileigentums der Ausdehnung des Gebäudes auf das Grundstück des Beklagten keine Beachtung geschenkt und so den Mangel des ihnen von Z. verkauften Teileigentums nicht erkannt haben. Soweit Z. den Klägern deshalb verantwortlich ist, ist seine Inanspruchnahme nach Behauptung der Kläger aussichtslos, weil Z. insolvent ist. Das liegt außerhalb des Risikobereichs des Beklagten.
21
Auch nach der Aufdeckung des Rechtsmangels hatten die Kläger es in der Hand, die Verpflichtung zur Beseitigung des Überbaus zu vermeiden oder dadurch aufzuschieben, dass sie die von Z. dem Beklagten geschuldete Miete weiter bezahlten oder das Angebot des Beklagten annahmen, anstelle von Z. in den Vertrag vom 11. Januar 1973 einzutreten. Statt dies zu tun, haben sie dem Beklagten mit ihrem Verhalten Anlass gegeben, den Mietvertrag zu kündigen, und damit die Situation geschaffen, deren Folgen sie als wirtschaftlich unzumutbar ansehen. Damit aber schließt die im Rahmen von § 275 Abs. 2 BGB gebotene Wertung des Verhaltens der Kläger es aus, ihnen das Recht zu eröffnen, die geschuldete Leistung zu verweigern.

III.

22
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Klein Lemke Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
LG Bremen, Entscheidung vom 17.04.2007 - 8 O 1570/04 -
OLG Bremen, Entscheidung vom 12.09.2007 - 1 U 29/07 -

Der Nießbrauch erlischt mit dem Tode des Nießbrauchers. Steht der Nießbrauch einer juristischen Person oder einer rechtsfähigen Personengesellschaft zu, so erlischt er mit dieser.

Ein Recht an einem fremden Grundstück erlischt nicht dadurch, dass der Eigentümer des Grundstücks das Recht oder der Berechtigte das Eigentum an dem Grundstück erwirbt.

Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Die Vorschriften des § 767 Abs. 1, 3 gelten entsprechend, wenn in den Fällen des § 726 Abs. 1, der §§ 727 bis 729, 738, 742, 744, des § 745 Abs. 2 und des § 749 der Schuldner den bei der Erteilung der Vollstreckungsklausel als bewiesen angenommenen Eintritt der Voraussetzung für die Erteilung der Vollstreckungsklausel bestreitet, unbeschadet der Befugnis des Schuldners, in diesen Fällen Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Vollstreckungsklausel nach § 732 zu erheben.

Der Nießbrauch erlischt mit dem Tode des Nießbrauchers. Steht der Nießbrauch einer juristischen Person oder einer rechtsfähigen Personengesellschaft zu, so erlischt er mit dieser.

Ein Recht an einem fremden Grundstück erlischt nicht dadurch, dass der Eigentümer des Grundstücks das Recht oder der Berechtigte das Eigentum an dem Grundstück erwirbt.

7
a) Der Grundstückseigentümer kann einen Nießbrauch für sich selbst bestellen. Die Schaffung eines Rechts am eigenen Grundstück ist im Gesetz zwar nur für die Grundschuld und die Rentenschuld vorgesehen (§§ 1196, 1199 BGB). Die Vorschrift des § 889 BGB, die bestimmt, dass ein Recht an einem fremden Grundstück bei nachträglicher Vereinigung von Eigentum und dinglichem Recht nicht erlischt, macht aber deutlich, dass dem Gesetz ein Ausschluss des Bestehens dinglicher Rechte an eigenen Grundstücken fremd ist. Auch steht das in § 873 BGB aufgestellte Erfordernis einer Einigung zwischen zwei Personen der Bestellung eines solchen Rechts nicht entgegen; die Vorschrift soll lediglich verhindern, dass jemand ein Recht gegen seinen Willen erwirbt. Der Senat hat deshalb die Bestellung einer Eigentümerdienstbarkeit für zulässig erachtet (Senat, Urteil vom 11. März 1964 – V ZR 78/62, BGHZ 41, 209, 210 f.; Urteil vom 8. April 1988 – V ZR 120/87, NJW 1988, 2362, 2363).

Ein Recht an einem fremden Grundstück erlischt nicht dadurch, dass der Eigentümer des Grundstücks das Recht oder der Berechtigte das Eigentum an dem Grundstück erwirbt.

Der Nießbrauch erlischt mit dem Tode des Nießbrauchers. Steht der Nießbrauch einer juristischen Person oder einer rechtsfähigen Personengesellschaft zu, so erlischt er mit dieser.

14
bb) Die Anwendung des § 13 MeAnlG ist auch nicht im Hinblick auf die Erwägung zur Entschädigungspflicht in den Gesetzesmaterialien einzuschränken, wonach die von der LPG angelegte Drainage deshalb einen Vorteil für den Bodeneigentümer darstelle, weil er - wäre die Anlage nicht vorhanden - selbst eine Drainage anlegen müsste (BT-Drucks. 12/7135, S. 79). Eine solche (teleologische) Reduktion einer Vorschrift nach ihrem Zweck ist allerdings geboten, wenn der Gesetzgeber nicht alle Konsequenzen der von ihm gewählten Gesetzesfassung bedacht hat und ihre wortgetreue Anwendung das gesetzgeberische Ziel deutlich verfehlen würde (BGH, Urteil vom 5. Juli 2007 - IX ZR 185/06, BGHZ 173, 116 Rn. 31; Beschluss vom 29. November 2013 - BLw 4/12, NJW-RR 2014, 243 Rn. 23). Von einer solchen Verfehlung der gesetzgeberischen Intention kann hier jedoch nicht ausgegangen werden.

Der Nießbrauch ist nicht übertragbar. Die Ausübung des Nießbrauchs kann einem anderen überlassen werden.

Der Nießbrauch erlischt mit dem Tode des Nießbrauchers. Steht der Nießbrauch einer juristischen Person oder einer rechtsfähigen Personengesellschaft zu, so erlischt er mit dieser.

Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Hat der Nießbraucher ein Grundstück über die Dauer des Nießbrauchs hinaus vermietet oder verpachtet, so finden nach der Beendigung des Nießbrauchs die für den Fall der Veräußerung von vermietetem Wohnraum geltenden Vorschriften der §§ 566, 566a, 566b Abs. 1 und der §§ 566c bis 566e, 567b entsprechende Anwendung.

(2) Der Eigentümer ist berechtigt, das Miet- oder Pachtverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist zu kündigen. Verzichtet der Nießbraucher auf den Nießbrauch, so ist die Kündigung erst von der Zeit an zulässig, zu welcher der Nießbrauch ohne den Verzicht erlöschen würde.

(3) Der Mieter oder der Pächter ist berechtigt, den Eigentümer unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erklärung darüber aufzufordern, ob er von dem Kündigungsrecht Gebrauch mache. Die Kündigung kann nur bis zum Ablauf der Frist erfolgen.

Wird das Recht des Nießbrauchers beeinträchtigt, so finden auf die Ansprüche des Nießbrauchers die für die Ansprüche aus dem Eigentum geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.

Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 140/13
vom
26. März 2014
in dem Zwangsverwaltungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Hat sich der Grundstückseigentümer in einer notariellen Grundschuldbestellungsurkunde
der sofortigen Zwangsvollstreckung in der Weise unterworfen, dass die
Zwangsvollstreckung aus der Urkunde gegen den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks
zulässig sein soll, kann gegen den Berechtigten eines im Rang nach der
Grundschuld in das Grundbuch eingetragenen Nießbrauchs eine die eingeschränkte
Rechtsnachfolge ausweisende Vollstreckungsklausel erteilt werden (titelerweiternde
Klausel). Die mit ihr versehene Urkunde ist ein für die unbeschränkte Anordnung der
Zwangsverwaltung ausreichender Vollstreckungstitel.
BGH, Beschluss vom 26. März 2014 - V ZB 140/13 - LG Kiel
AG Kiel
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. März 2014 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richter Dr. Lemke und Dr. Czub, die
Richterin Weinland und den Richter Dr. Kazele

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss der 13. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 4. September 2013 aufgehoben. Die sofortigen Beschwerden der Schuldnerin und der Nießbrauchsberechtigten gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts Kiel vom 15. April 2011 und vom 28. November 2011 werden zurückgewiesen. Die Schuldnerin und die Nießbrauchsberechtigte tragen die Kosten der Rechtsmittelverfahren. Der Gegenstandswert der Beschwerdeverfahren und des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt jeweils 50.000 € für die Gerichtskosten und für die anwaltliche Vertretung der Nießbrauchsberechtigten sowie 925.118,74 € für die anwaltliche Vertretung der Gläubigerin und der Schuldnerin.

Gründe:

I.

1
Die Schuldnerin ist Eigentümerin der in dem Eingang dieses Beschlusses bezeichneten Grundstücke. Diese sind mit einer am 26. Oktober 1990 in die Grundbücher jeweils in Abteilung III Nr. 2 eingetragenen Gesamtgrundschuld über 100.000 DM und mit einer im Jahr 1995 jeweils in Abteilung III Nr. 15 eingetragenen Gesamtgrundschuld über 1.000.000 DM belastet. In den Eintragungsvermerken heißt es: „Vollstreckbar nach § 800 ZPO.“
2
Inhaberin der Grundschulden ist nunmehr die Gläubigerin. Im Jahr 2002 wurde zugunsten der Nießbrauchsberechtigten ein Nießbrauch in die Grundbücher eingetragen. Die Gläubigerin erwirkte die Erteilung vollstreckbarer Ausfertigungen der Grundschuldbestellungsurkunden mit Rechtsnachfolgeklauseln auch gegen die Nießbrauchsberechtigte.
3
Mit Beschluss vom 5. August 2010 hat das Amtsgericht den Beitritt der Gläubigerin aus dem jeweils in Abteilung III Nr. 15 der Grundbücher eingetragenen Gesamtrecht zu einem damals aus dem jeweils in Abteilung III Nr. 2 eingetragenen Gesamtrecht betriebenen, später aufgehobenen Zwangsverwaltungsverfahren zugelassen. Den Antrag der Schuldnerin und der Nießbrauchsberechtigten , diesen Beschluss aufzuheben, hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 28. November 2011 zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde ist erfolgreich gewesen. Das Landgericht hat die Beschlüsse vom 5. August 2010 und vom 28. November 2011 aufgehoben und den Antrag der Gläubigerin auf Zulassung des Beitritts zurückgewiesen.
4
Am 15. April 2011 hat das Amtsgericht den Beitritt der Gläubigerin aus dem jeweils in Abteilung III Nr. 2 der Grundbücher eingetragenen Gesamtrecht zu dem aus dem jeweils in Abteilung III Nr. 15 eingetragenen Recht betriebenen Zwangsverwaltungsverfahren zugelassen. Auch die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Schuldnerin und der Nießbrauchsberechtigten ist erfolgreich gewesen. Das Landgericht hat den Beitrittsbeschluss aufgehoben und den Antrag der Gläubigerin auf Zulassung des Beitritts zurückgewiesen.
5
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde will die Gläubigerin die Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts und die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde erreichen. Die Nießbrauchsberechtigte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

II.

6
Nach Ansicht des Beschwerdegerichts erfordert die unbeschränkte Anordnung der Zwangsverwaltung bzw. die unbeschränkte Zulassung des Beitritts zu einem Zwangsverwaltungsverfahren einen auf die Duldung der Zwangsvollstreckung auch gegen die Nießbrauchsberechtigte gerichteten Vollstreckungstitel. Dieser könne nicht dadurch erwirkt werden, dass die Vollstreckungsunterwerfungen in den Grundschuldbestellungsurkunden gemäß § 727 ZPO auf die Nießbrauchsberechtigte umgeschrieben würden.
7
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

III.

8
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige (§ 575 ZPO) Rechtsbeschwerde ist begründet.
9
1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts.
10
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 14. März 2003 - IXa ZB 45/03, NJW 2003, 2164 f.) hat der die Zwangsvollstreckung betreibende Grundschuldgläubiger für die - wie hier - unbeschränkte Anordnung der Zwangsverwaltung bei einem - ebenfalls wie hier - nachrangig eingetragenen Nießbrauch einen auf den Nießbrauchsberechtigten lautenden Duldungstitel vorzulegen. Dies ist deshalb erforderlich, weil sich der von dem Vollstreckungsgericht bestellte Zwangsverwalter den Besitz an dem der Zwangsverwaltung unterliegenden Grundstück verschaffen muss, damit er den betreibenden Gläubiger aus den Erträgnissen des Grundstücks befriedigen kann (§ 146, § 150 Abs. 2, § 152 Abs. 1 ZVG), dem Nießbrauchsberechtigten jedoch ebenfalls das Besitz- und Nutzungsziehungsrecht an dem Grundstück zusteht (§ 1030 Abs. 1, § 1036 Abs. 1 BGB). Da die Zwangsvollstreckung nur gegen denjenigen betrieben werden darf, der in dem Vollstreckungstitel oder in der Vollstreckungsklausel (§ 727 ZPO) als Vollstreckungsschuldner namentlich benannt ist, und da bei der Zwangsverwaltung allein diesem die Verwaltung und Benutzung des Grundstücks entzogen werden (§ 148 Abs. 2 ZVG), betrifft die in den Grundschuldbestellungsurkunden enthaltene Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung (§ 800 Abs. 1 ZPO) lediglich den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks, nicht jedoch einen Nießbrauchsberechtigten. Diesen kann der Zwangsverwalter nur dann aus seinem Besitz setzen und an dessen Stelle die Nutzungen ziehen, wenn die Zwangsverwaltung aufgrund eines auf die Duldung der Zwangsvollstreckung auch gegen den Nießbrauchsberechtigten gerichteten Titels angeordnet worden ist.
11
b) Das alles sieht das Beschwerdegericht nicht anders. Es hat jedoch nicht erkannt, dass es auf der Grundlage seiner Rechtsansicht die Beitrittsanträge der Gläubigerin nicht hätte vollständig zurückweisen dürfen, sondern ihnen insoweit hätte stattgeben müssen, als die Rechte der Nießbrauchsberechtigten durch die Zwangsverwaltung nicht beeinträchtigt werden dürfen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. März 2003 - IXa ZB 45/03, NJW 2003, 2164, 2165).
12
2. Zu Unrecht meint das Beschwerdegericht jedoch, dass die auch mit Vollstreckungsklauseln gegen die Nießbrauchsberechtigte versehenen Grundschuldbestellungsurkunden keine für die unbeschränkte Anordnung der Zwangsverwaltung ausreichenden Duldungstitel seien.
13
a) Auf die Duldung der Zwangsvollstreckung gerichtete Titel sind nicht nur solche, welche in einem Klageverfahren ergangen sind, sondern auch notarielle Urkunden, in denen sich der Grundstückseigentümer der sofortigen Zwangsvollstreckung in der Weise unterworfen hat, dass die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde gegen den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks zulässig sein soll (§ 794 Abs. 1 Nr. 5, § 800 ZPO). Zur Vollstreckung aus diesen Urkunden ist es notwendig, dass sie mit einer Vollstreckungsklausel (§ 725 ZPO) versehen sind und beides vor oder spätestens bei dem Beginn der Zwangsvollstreckung dem Schuldner zugestellt wird (§ 750 Abs. 1 und 2, § 795 Satz 1 ZPO).
14
b) Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die notariellen Grundschuldbestellungsurkunden enthalten Vollstreckungsunterwerfungen gemäß § 800 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Unterwerfung ist in den Grundbüchern eingetragen. Von den Urkunden wurden vollstreckbare Ausfertigungen erteilt (§ 724 Abs. 1, § 795 Satz 1, § 797 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Gläubigerin als Rechtsnachfolgerin der ursprünglichen Grundschuldgläubigerin erhielt Vollstreckungsklauseln (§ 727, § 795 Satz 1 ZPO). Auch gegen die Nießbrauchsberechtigte wurden Vollstreckungsklauseln erteilt, allerdings mit der - zutreffenden - Einschränkung, dass die Zwangsvollstreckung auf die Duldung der Zwangsverwaltung der mit dem Nießbrauch belasteten Grundstücke gerichtet ist. Schließlich fehlt es auch nicht an der Zustellung der Urkunden nebst Vollstreckungsklauseln an die Schuldnerin und an die Nießbrauchsberechtigte.
15
c) Die Erteilung der gegen die Nießbrauchsberechtigte gerichteten - eingeschränkten - Vollstreckungsklauseln beruht auf § 727 ZPO in Verbindung mit § 325 ZPO, § 795 Satz 1 ZPO. Danach kann unter bestimmten, hier gegebenen Voraussetzungen eine vollsteckbare Ausfertigung gegen denjenigen erteilt werden, der nach der Errichtung der Grundschuldbestellungsurkunde Rechtsnachfolger des in der Urkunde bezeichneten Schuldners geworden ist (BGH, Urteil vom 9. Dezember 1992 - VIII ZR 218/91, NJW 1993, 1396, 1397 mwN). Rechtsnachfolger in diesem Sinn ist nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur nicht nur derjenige, der in die volle Rechtsstellung seines Vorgängers eingetreten ist, sondern auch derjenige, der eine mindere Rechtsstellung erworben hat, wie z.B. ein Nießbrauchsberechtigter (RGZ 82, 35, 38; OLG Dresden, Rpfleger 2006, 92, 93; Hk-ZPO/Saenger, 5. Aufl., § 325 Rn. 9; MünchKomm-ZPO/Gottwald, § 325 Rn. 28; Musielak in Musielak, ZPO, 10. Aufl., § 325 Rn. 7; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 325 Rn. 21; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl. Rn. 20). Hat dieser - wie hier - den Nießbrauch im Rang nach der Grundschuld erlangt, kann gegen ihn eine - die eingeschränkte Rechtsnachfolge ausweisende - Vollstreckungsklausel erteilt werden (titelerweiternde Klausel). Die mit ihr versehene Grundschuldbestellungsurkunde ist der für die unbeschränkte Anordnung der Zwangsverwaltung notwendige Duldungstitel (OLG Dresden, Rpfleger 2006, 92, 93; Staudinger /Wolfsteiner, BGB [2009], § 1124 Rn. 22; Engels in Dassler/ Schiffhauer/Hintzen/Engels/Rellermeyer, ZVG, 14. Aufl., § 145 Rn. 8; Stöber, ZVG, 20. Aufl., § 145 Rn. 11; Depré/Mayer, Die Praxis der Zwangsverwaltung, 7. Aufl., § 1 Rn. 66; Harmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 5. Aufl., § 146 ZVG Rn. 12).
16
3. Somit liegen die für die unbeschränkte Anordnung der Zwangsverwaltung bzw. für die unbeschränkte Zulassung des Beitritts notwendigen Duldungstitel gegen die Nießbrauchsberechtigte vor. Der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts ist deshalb aufzuheben (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Da auch die übrigen Voraussetzungen für die Zulassung des Beitritts gegeben sind, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 577 Abs. 5 ZPO). Das führt zur Zurückweisung der sofortigen Beschwerden der Schuldnerin und der Nießbrauchsberechtigten gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts vom 15. April 2011 und vom 28. November 2011.

IV.

17
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung der Gegenstandswerte folgt aus § 55 GKG, § 22 Abs. 1, § 23 Abs. 3 Satz 2, § 27 RVG.
Stresemann Lemke Czub Weinland Kazele

Vorinstanzen:
AG Kiel, Entscheidung vom 15.04.2011 - 22 L 45/08 -
LG Kiel, Entscheidung vom 04.09.2013 - 13 T 124 - 125/11 und 13 T 202 - 203/11 -

Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Wird das Recht des Nießbrauchers beeinträchtigt, so finden auf die Ansprüche des Nießbrauchers die für die Ansprüche aus dem Eigentum geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.

8
1. Der Beklagte ist Störer im Sinne von § 1004 Abs. 1 BGB. Als solcher ist er gegenüber beiden Klägerinnen grundsätzlich verpflichtet, die PFT aus dem Grundstück zu entfernen (vgl. Senat, Urt. v. 1. Dezember 1995, V ZR 9/94, NJW 1996, 845, 846 m.w.N.).

Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Der Nießbrauch erlischt mit dem Tode des Nießbrauchers. Steht der Nießbrauch einer juristischen Person oder einer rechtsfähigen Personengesellschaft zu, so erlischt er mit dieser.

Wird der Nießbrauch an einem Grundstück durch Rechtsgeschäft aufgehoben, so erstreckt sich die Aufhebung im Zweifel auf den Nießbrauch an dem Zubehör.

Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Der Nießbraucher ist verpflichtet, die Sache nach der Beendigung des Nießbrauchs dem Eigentümer zurückzugeben.

(2) Bei dem Nießbrauch an einem landwirtschaftlichen Grundstück finden die Vorschriften des § 596 Abs. 1 und des § 596a, bei dem Nießbrauch an einem Landgut finden die Vorschriften des § 596 Abs. 1 und der §§ 596a, 596b entsprechende Anwendung.

Der Besitz geht auf den Erben über.

(1) Der Nießbraucher ist verpflichtet, die Sache nach der Beendigung des Nießbrauchs dem Eigentümer zurückzugeben.

(2) Bei dem Nießbrauch an einem landwirtschaftlichen Grundstück finden die Vorschriften des § 596 Abs. 1 und des § 596a, bei dem Nießbrauch an einem Landgut finden die Vorschriften des § 596 Abs. 1 und der §§ 596a, 596b entsprechende Anwendung.

Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Wird das Recht des Nießbrauchers beeinträchtigt, so finden auf die Ansprüche des Nießbrauchers die für die Ansprüche aus dem Eigentum geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.

Der Nießbrauch erlischt mit dem Tode des Nießbrauchers. Steht der Nießbrauch einer juristischen Person oder einer rechtsfähigen Personengesellschaft zu, so erlischt er mit dieser.

(1) Der Nießbraucher ist zum Besitz der Sache berechtigt.

(2) Er hat bei der Ausübung des Nutzungsrechts die bisherige wirtschaftliche Bestimmung der Sache aufrechtzuerhalten und nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft zu verfahren.

(1) Der Nießbraucher ist verpflichtet, die Sache nach der Beendigung des Nießbrauchs dem Eigentümer zurückzugeben.

(2) Bei dem Nießbrauch an einem landwirtschaftlichen Grundstück finden die Vorschriften des § 596 Abs. 1 und des § 596a, bei dem Nießbrauch an einem Landgut finden die Vorschriften des § 596 Abs. 1 und der §§ 596a, 596b entsprechende Anwendung.

(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.

(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.

(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.

Wird das Recht des Nießbrauchers beeinträchtigt, so finden auf die Ansprüche des Nießbrauchers die für die Ansprüche aus dem Eigentum geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.

Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.