Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2009 - VI ZR 296/08

bei uns veröffentlicht am27.10.2009
vorgehend
Landgericht Stade, 4 O 31/08, 11.04.2008
Oberlandesgericht Celle, 5 U 66/08, 16.10.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 296/08
Verkündet am:
27. Oktober 2009
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Dass bei einem Wettkampf - hier: Fußballspiel - ein Spieler einen anderen verletzt,
begründet für sich genommen noch keinen Sorgfaltspflichtverstoß.

b) Das Bestehen von Haftpflichtversicherungsschutz wirkt grundsätzlich nicht anspruchsbegründend.
BGH, Urteil vom 27. Oktober 2009 - VI ZR 296/08 - OLG Celle
LG Stade
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. Oktober 2009 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Zoll
und Wellner und die Richterinnen Diederichsen und von Pentz

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 16. Oktober 2008 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld sowie auf Feststellung der Ersatzpflicht für künftige materielle und immaterielle Schäden in Anspruch.
2
Am 18. März 2007 spielte der Kläger als Mitglied des Fußballvereins MTV R. gegen die Mannschaft des FC E., der der Beklagte angehörte. Während des Spiels kam es zwischen den Parteien zu einem Kampf um den Ball, bei dem der Kläger eine Fraktur des Schien- und Wadenbeins erlitt.
3
Der Kläger hat behauptet, der Beklagte habe ihn von hinten mit gestrecktem Bein angegriffen, nachdem er den Ball schon abgespielt habe. Der Beklagte hat behauptet, dass beide Parteien nach dem Ball gelaufen seien. Er habe den Ball zuerst erreicht. Der Kläger habe sein Bein nach dem Ball ausgestreckt und dadurch den Lauf des Beklagten gestört. Bei dieser Aktion seien beide Parteien zu Fall gekommen.
4
Die Klage blieb in beiden Vorinstanzen erfolglos. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht verneint eine Haftung des Beklagten für die Unfallschäden des Klägers. Ein Schadensersatzanspruch eines Teilnehmers an einem sportlichen Kampfspiel gegen einen Mitspieler setze den Nachweis voraus, dass dieser sich nicht regelgerecht verhalten habe. Verletzungen, die auch bei regelgerechtem Verhalten auftreten könnten, nehme jeder Spielteilnehmer in Kauf, weshalb es jedenfalls gegen das Verbot des treuwidrigen Selbstwiderspruchs verstoße, wenn der Geschädigte den beklagten Schädiger in Anspruch nehme, obwohl er ebenso gut in die Lage habe kommen können, in der sich nun der Beklagte befinde, sich dann aber (und mit Recht) dagegen gewehrt haben würde, diesem trotz Einhaltens der Spielregeln Ersatz leisten zu müssen. Der Kläger habe den Beweis für einen Regelverstoß von einiger Erheblichkeit nicht geführt. Die Angaben des vom Kläger benannten Zeugen O. seien nicht glaubhafter als die der anderen Zeugen. Auf die Frage, ob der Beklagte haftpflichtversichert sei, komme es nicht an. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs , wonach eine Haftungsfreistellung bei sportlichen Wettbewerben mit nicht unerheblichem Gefahrenpotential nicht anzunehmen sei, soweit Versicherungsschutz bestehe (vgl. Senatsurteil vom 29. Januar 2008 - VI ZR 98/07 - VersR 2008, 540), sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Diese Ent- scheidung beziehe sich auf einen Schaden bei einer motorsportlichen Veranstaltung , bei der alle Teilnehmer pflichtversichert gewesen seien. Eine Ausdehnung der in diesem Urteil aufgestellten Grundsätze auf private Haftpflichtversicherungen sei dagegen abzulehnen. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Teilnehmer eines sportlichen Wettbewerbs dem anderen gegenüber hafte, wäre nämlich sonst unterschiedlich je nach beteiligtem Spieler danach zu beantworten, ob eine Haftpflichtversicherung bestehe oder nicht.

II.

6
Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
7
1. Die Frage, zu deren Klärung das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, stellt sich im Streitfall allerdings nicht.
8
a) Das Berufungsgericht hat die Revision wegen der Frage zugelassen, ob in Fortführung des Senatsurteils vom 29. Januar 2008 (VI ZR 98/07 - VersR 2008, 540) ein Haftungsausschluss bei sportlichen Wettbewerben mit nicht unerheblichem Gefahrenpotential auch dann nicht in Betracht kommt, wenn eine private Haftpflichtversicherung besteht. In diesem Urteil, dem ein Auffahrunfall während einer motorsportlichen Veranstaltung auf dem Hockenheimring zugrunde lag, hat der erkennende Senat entschieden, dass im Regelfall weder von einem konkludenten Haftungsausschluss ausgegangen noch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen als treuwidrig angesehen werden kann, wenn für die aufgrund des besonderen Gefahrenpotentials einer Sportveranstaltung zu erwartenden bzw. eintretenden Schäden für die Teilnehmer Versicherungsschutz besteht. Seien die bestehenden Risiken durch eine Haft- pflichtversicherung gedeckt, bestehe weder ein Grund für die Annahme, die Teilnehmer wollten gegenseitig auf etwaige Schadensersatzansprüche verzichten , noch erscheine es treuwidrig, wenn der Verletzte den durch die Versicherung gedeckten Schaden geltend mache (vgl. Senatsurteil vom 29. Januar 2008 - VI ZR 98/07 - aaO). Der Senat hat dem Bestehen eines Versicherungsschutzes damit eine anspruchserhaltende Funktion beigemessen.
9
b) Auf die Frage, ob die Haftung des Beklagten konkludent abbedungen wurde oder die Geltendmachung gegen ihn gerichteter Ersatzansprüche treuwidrig ist, kommt es im Streitfall aber nicht an. Eine Haftung des Beklagten ist bereits deshalb nicht gegeben, weil die Voraussetzungen des vorliegend allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden § 823 Abs. 1 BGB nicht erfüllt sind. Es fehlt jedenfalls an dem erforderlichen Verschulden des Beklagten.
10
aa) Das Berufungsgericht hat im Ansatz zutreffend angenommen, dass die Haftung eines Sportlers aus § 823 Abs. 1 BGB den Nachweis voraussetzt, dass dieser schuldhaft gegen die Regeln des sportlichen Wettkampfs verstoßen und dabei einen anderen verletzt hat (vgl. Senatsurteile BGHZ 58, 40, 43; 63, 140, 142; 154, 316, 323; Urteil vom 5. März 1957 - VI ZR 199/56 - VersR 1957, 290). Dagegen scheidet eine Haftung aus, wenn es sich um Verletzungen handelt , die sich ein Sportler bei einem regelgerechten und dem - bei jeder Sportausübung zu beachtenden - Fairnessgebot entsprechenden Einsatz seines Gegners zuzieht (vgl. Senatsurteile BGHZ 63, 140, 143; 154, 316, 323; OLG Köln, VersR 1994, 1072). In einem solchen Fall hat sich der Schädiger jedenfalls nicht sorgfaltswidrig verhalten (§ 276 BGB, vgl. Senatsurteile BGHZ 63, 140, 147; vom 10. Februar 1976 - VI ZR 32/74 - VersR 1976, 591; vom 16. März 1976 - VI ZR 199/74 - VersR 1976, 775, 776; OLG Düsseldorf VersR 1996, 343 f.; Wagner in MünchKomm, BGB, 5. Aufl., § 823 Rn. 549; Staudinger /Hager, BGB, 13. Aufl., Vorbem. zu § 823 Rn. 55). Die Sorgfaltsanforderun- gen an den Teilnehmer eines Wettkampfs bestimmen sich nach den besonderen Gegebenheiten des Sports, bei dem sich der Unfall ereignet hat (vgl. Senatsurteile BGHZ 58, 40, 43; vom 16. März 1976 - VI ZR 199/74 - aaO). Sie sind an der tatsächlichen Situation und den berechtigten Sicherheitserwartungen der Teilnehmer des Wettkampfes auszurichten und werden durch das beim jeweiligen Wettkampf geltende Regelwerk konkretisiert (vgl. Senatsurteile BGHZ 63, 140, 142 ff.; vom 16. März 1976 - VI ZR 199/74 - aaO; OLG Düsseldorf VersR 1996, 343 f.; Wagner in MünchKomm, aaO, Rn. 547).
11
Die Beweislast für eine Sorgfaltspflichtverletzung des Schädigers trägt dabei nach allgemeinen Grundsätzen der Verletzte (vgl. Senatsurteile BGHZ 63, 140, 148; vom 10. Februar 1976 - VI ZR 32/74 - aaO; Wagner in MünchKomm , aaO, Rn. 549; Staudinger/Hager, aaO, Rn. 56).
12
bb) Tatsachen, die die rechtliche Beurteilung erlauben würden, der Beklagte habe schuldhaft gegen eine dem Schutz des Klägers dienende Spielregel oder gegen das Fairnessgebot verstoßen, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Es ist nach eigener Beweiswürdigung in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise der Beweiswürdigung des Landgerichts beigetreten, dass sich die Aussagen der von den beiden Parteien benannten Zeugen gegenüberstehen, so dass es keinen sicheren Schluss für die Richtigkeit der Darstellung des Klägers zu ziehen vermöge. Die Angaben des vom Kläger benannten Zeugen O. seien nicht glaubhafter als die der anderen Zeugen, insbesondere des als Schiedsrichter tätigen Zeugen K.. Dass der Zeuge O. keine vollständig korrekte Erinnerung an den Vorfall habe, zeige sich an seiner unstreitig unrichtigen Angabe, der Schiedsrichter habe dem Beklagten die rote Karte gezeigt. Die Zeugen B. und S. hätten keine Regelverletzung beobachtet, sondern einen fairen Kampf um den Ball. Im Rahmen der Beweiswürdigung komme besondere Bedeutung der Aussage des Schiedsrichters K. zu. Dieser habe die Behauptung des Klägers, er habe sichdie rote Karte gespart, weil das Spiel sowieso abgebrochen worden sei, gerade nicht bestätigt, sondern angegeben , dass beide Spieler fair eingestiegen seien. Der Beklagte sei nicht gegrätscht , sonst hätte er ein Foul gepfiffen. Gleichwohl seien beide zu Fall gekommen. Wie das genau geschehen sei, wisse er nicht. Im Spielbericht habe er auch nur angegeben, dass die Spieler bei einem Zweikampf zu Fall gekommen seien.
13
Der Zweikampf um den Ball, bei dem ein oder beide Spieler mitunter zu Fall kommen, gehört aber zum Wesen eines Fußballspiels und begründet deshalb für sich genommen keinen Sorgfaltspflichtverstoß.
14
c) Da die Anspruchsvoraussetzungen des § 823 Abs. 1 BGB nicht erfüllt sind, kommt es nicht darauf an, ob der Beklagte haftpflichtversichert war. Das Bestehen eines Haftpflichtversicherungsschutzes vermag das fehlende Verschulden des Beklagten nicht zu ersetzen. Der Versicherungsschutz wirkt grundsätzlich nicht anspruchsbegründend (vgl. BGHZ 23, 90, 99; Senatsurteile vom 13. Juni 1958 - VI ZR 109/57 - VersR 1958, 485, 486 f.; vom 24. April 1979 - VI ZR 8/78 - VersR 1979, 645; vgl. zur Ausnahme bei Bestehen einer Pflichtversicherung für den besonderen verschuldensunabhängigen Anspruch aus Billigkeitsgründen gemäß § 829 BGB: Senatsurteile BGHZ 76, 279, 283; 127, 186, 192). Dies entspricht dem allgemeinen Grundsatz, dass sich die Versicherung nach der Haftung und nicht umgekehrt die Haftung nach der Versicherung richtet (Trennungsprinzip, vgl. Senatsurteile BGHZ 76, 279, 283; 116, 200, 209; 127, 186, 192; BGH, Urteil vom 1. Oktober 2008 - IV ZR 285/06 - VersR 2008, 1560, jeweils m.w.N.).

15
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Galke Zoll Wellner Diederichsen von Pentz
Vorinstanzen:
LG Stade, Entscheidung vom 11.04.2008 - 4 O 31/08 -
OLG Celle, Entscheidung vom 16.10.2008 - 5 U 66/08 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2009 - VI ZR 296/08

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 276 Verantwortlichkeit des Schuldners


(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos
Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2009 - VI ZR 296/08 zitiert 6 §§.

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 829 Ersatzpflicht aus Billigkeitsgründen


Wer in einem der in den §§ 823 bis 826 bezeichneten Fälle für einen von ihm verursachten Schaden auf Grund der §§ 827, 828 nicht verantwortlich ist, hat gleichwohl, sofern der Ersatz des Schadens nicht von einem aufsichtspflichtigen Dritten erlangt w

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BUNDESGERICHTSHOF

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Blum,
Justizangestellte
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der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
AKB § 2 b Abs. 3 b
Der Grundsatz, dass bei sportlichen Wettbewerben mit nicht unerheblichem Gefahrenpotential
die Inanspruchnahme des schädigenden Wettbewerbers für ohne gewichtige
Regelverletzung verursachte Schäden eines Mitbewerbers ausgeschlossen ist, gilt nicht,
soweit Versicherungsschutz besteht (Fortführung von BGHZ 154, 316 ff.).
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Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Januar 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten zu 1 wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 23. Februar 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien haben durch Klage und Widerklage Ersatzansprüche wegen Schäden geltend gemacht, die ihnen jeweils bei einem Zusammenstoß ihrer Kraftfahrzeuge anlässlich einer motorsportlichen Veranstaltung entstanden sind.
2
Der Drittwiderbeklagte zu 1 nahm am 9. November 2002 mit dem bei der Drittwiderbeklagten zu 2 haftpflichtversicherten Audi RS 4 Avant der Klägerin auf dem Hockenheimring an dem 35. "Akademischen" teil. Es handelt sich um eine Veranstaltung der Akademischen Motorsportgruppe Stuttgart. Bei der Veranstaltung fuhr der Erstbeklagte und Widerkläger auf regennasser Fahrbahn in einer Rechtskurve mit seinem bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherten Kraftfahrzeug des gleichen Typs auf das Klägerfahrzeug auf. Die Parteien streiten über die Unfallursache, insbesondere darüber, ob es zu dem Auffahrunfall kam, weil der Widerkläger seine Geschwindigkeit nicht ausreichend reduzierte, oder deshalb, weil der Drittwiderbeklagte zu 1 den Widerkläger schnitt, als dieser in der Kurve überholen wollte.
3
Die Drittwiderbeklagte zu 2, die auch als Streithelferin des Drittwiderbeklagten zu 1 am Rechtsstreit beteiligt ist, und die Zweitbeklagte haben in erster Linie eingewandt, eine Haftung sei ausgeschlossen, weil es sich bei der Veranstaltung um ein Autorennen gehandelt habe.
4
Das Landgericht hat Klage und Widerklage mit der Begründung abgewiesen , dass es sich bei der Veranstaltung um ein Rennen gehandelt habe und die Teilnehmer auf eine Haftung für nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verursachte Schäden verzichtet hätten; eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Schadensverursachung liege nicht vor. Dagegen haben die Klägerin sowie der Erstbeklagte und Widerkläger Berufung eingelegt. Die Klägerin hat ihre Berufung zurückgenommen. Der Widerkläger hat seine auf Ersatz von Reparaturkosten und Nutzungsausfallentschädigung gerichtete Widerklage gegen die Drittwiderbeklagten mit der Berufung weiter verfolgt. Das Berufungsgericht hat diese Berufung zurückgewiesen. Es hat die Revision zugelassen.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Drittwiderbeklagten hafteten nicht für den dem Widerkläger entstandenen Schaden. Zwar sei die Haftung der Drittwiderbeklagten entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht deshalb ausgeschlossen , weil die Teilnehmer des 35. "Akademischen", hier also der Drittwiderbeklagte zu 1 und der Widerkläger, einen Haftungsverzicht erklärt hätten. In der Anmeldung zu der Veranstaltung hätten die Teilnehmer auf Haftungsansprüche gegen die anderen Teilnehmer nur verzichtet, "soweit es sich um ein Rennen ... handelt". Ein Rennen habe die Veranstaltung aber nicht dargestellt. Deshalb greife auch nicht der Ausschluss des Versicherungsschutzes durch die Drittwiderbeklagte zu 2 bei der Beteiligung an Fahrtveranstaltungen, bei denen es auf die Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankomme, was auch die Haftung gegenüber dem Widerkläger als geschädigtem Dritten betreffe. Das Berufungsgericht verneint ein Rennen, weil es nicht auf die Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten angekommen sei. Dies ergebe sich aus den Ausschreibungsbedingungen. Die Punktebewertung der Teilnehmer habe sich maßgeblich danach gerichtet, wer am besten die vorgegebene Zeit von 1 min 35 s einhielt. Ein Anreiz, schneller zu fahren als die anderen Teilnehmer, habe nicht bestanden. Demgemäß habe der Veranstalter in der Ausschreibung erklärt, dass die Vorgabe von Sollzeiten die Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten oder kürzesten Fahrzeiten verhindern solle. Die zuständige Stadtverwaltung habe die Veranstaltung als "Fahr- und Sicherheitstraining" genehmigt. Aufgrund dieser Umstände sei ohne Bedeutung, dass der Veranstalter damit geworben habe, die Fahrer könnten ein "Rennfeeling erleben", und dass das Fahren bei nasser Fahrbahn als "wet race" bezeichnet worden sei.
6
Eine Haftung der beiden Drittwiderbeklagten scheide jedoch nach den Grundsätzen über unzulässiges widersprüchliches Verhalten aus. Es habe sich um eine gefährliche kraftfahrzeugsportliche Veranstaltung gehandelt, so dass jeder Teilnehmer darauf habe vertrauen dürfen, im Fall eines bei der Veranstaltung auftretenden Unfalls nicht wegen solcher einem anderen Teilnehmer zugefügter Schäden in Anspruch genommen zu werden, die er ohne nennenswerte Regelverletzung aufgrund der typischen Risikolage der Veranstaltung verursache. Demnach stehe dem Widerkläger kein Schadensersatzanspruch gegen den Drittbeklagten als Unfallgegner und die Klägerin als gegnerische Fahrzeughalterin zu. Denn es könne nicht festgestellt werden, dass der Drittwiderbeklagte zu 1 einen gewichtigen Verstoß gegen die bei der Veranstaltung geltenden Regeln begangen habe. Der Haftungsausschluss wirke auch zugunsten des drittwiderbeklagten Haftpflichtversicherers.

II.

7
Die Revision ist begründet.
8
1. Allerdings kann der Revision nicht gefolgt werden, soweit sie meint, die Grundsätze des Urteils des erkennenden Senats vom 1. April 2003 (VI ZR 321/02 = BGHZ 154, 316 ff.) könnten auf motorsportliche Veranstaltungen der vorliegenden Art keine Anwendung finden. Der Senat hat entschieden, dass bei sportlichen Wettbewerben mit nicht unerheblichem Gefahrenpotential, bei denen typischerweise auch bei Einhaltung der Wettbewerbsregeln oder geringfügiger Regelverletzung die Gefahr gegenseitiger Schadenszufügung besteht, die Inanspruchnahme des schädigenden Wettbewerbers für solche - nicht versicherten - Schäden eines Mitbewerbers ausgeschlossen ist, die er ohne gewichtige Regelverletzung verursacht. Grund dafür ist, dass bei solchen Veranstaltungen jeder Fahrer durch die typischen Risiken in gleicher Weise betroffen ist und es mehr oder weniger vom Zufall abhängt, ob er bei dem Rennen durch das Verhalten anderer Wettbewerber zu Schaden kommt oder anderen selbst einen Schaden zufügt, wobei hinzu kommt, dass sich bei Unfällen beim Überholen oder bei der Annäherung der Fahrzeuge oft kaum ausreichend klar feststellen lassen wird, ob einer der Fahrer und gegebenenfalls welcher die Ursache gesetzt hat. Da den Fahrern, die an einem solchen Wettbewerb teilnehmen, die damit verbundenen Gefahren im Großen und Ganzen bekannt sind und sie wissen , dass die eingesetzten Fahrzeuge erheblichen Risiken ausgesetzt sind, sie diese aber gleichwohl wegen des sportlichen Vergnügens, der Spannung oder auch der Freude an der Gefahr in Kauf nehmen, darf jeder Teilnehmer des Wettkampfs darauf vertrauen, nicht wegen solcher einem Mitbewerber zugefügten Schäden in Anspruch genommen zu werden, die er ohne nennenswerte Regelverletzung aufgrund der typischen Risikolagen des Wettbewerbs verursacht. Die Geltendmachung solcher Schäden steht damit erkennbar in Widerspruch und muss nach Treu und Glauben nicht hingenommen werden (Senatsurteil BGHZ 154, 316, 325).
9
Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen handelt es sich bei der hier in Frage stehenden Veranstaltung um eine gefährliche motorsportliche Veranstaltung. Es ist deshalb aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden , wenn es die genannten Grundsätze heranzieht. Entgegen den Ausführungen der Revision steht dem nicht entgegen, dass es sich nach Auffassung des Berufungsgerichts nicht um ein Rennen handelte. In der Rechtsprechung werden die vom Senat entwickelten Grundsätze im Ansatz zutreffend auch bei anderen Veranstaltungen angewendet (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 28. Juni 2007 - 12 U 209/06 - zitiert nach Juris - Motorradpulk; OLG Stuttgart, NJW-RR 2007, 1251 - organisierte Radtouristikfahrt). Dass bei einer Fahrveranstaltung, deren Teilnehmer, ohne geübte Rennfahrer zu sein, mit relativ hohen Geschwindigkeiten ohne Sicherheitsabstand fahren und auch rechts überholen dürfen, ein erheblich gesteigertes Gefahrenpotential besteht, kann entgegen der Auffassung der Revision nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn man mit der Revision darauf abstellt, dass die Teilnehmer mit ihren Fahrleistungen ein Sicherheitstraining absolvierten.
10
2. Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht jedoch darin, dass der Haftungsausschluss trotz des bestehenden Versicherungsschutzes greife. Der erkennende Senat hat in dem Urteil vom 1. April 2003 ausdrücklich offen gelassen, ob die genannten Grundsätze auch dann gelten, wenn der eingetretene Schaden versichert ist (Senatsurteil BGHZ 154, 316, 325). Diese Frage ist nunmehr dahin zu beantworten, dass im Regelfall weder von einem konkludenten Haftungsausschluss ausgegangen noch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen als treuwidrig angesehen werden kann, wenn für die aufgrund des besonderen Gefahrenpotentials der Veranstaltung zu erwartenden bzw. eintretenden Schäden für die Teilnehmer Versicherungsschutz besteht (vgl. auch Möllers, JZ 2004, 95, 97).
11
Die in BGHZ 154, 316 ff. für unversicherte Risiken aufgestellten Grundsätze sind kein in sich selbst gegründetes Prinzip, welches auch bei bestehendem Versicherungsschutz gilt und damit - wie das Berufungsgericht meint - auf den Haftpflichtversicherer durchschlägt. Der Grund für die Annahme eines treuwidrigen Verhaltens liegt bei fehlendem Versicherungsschutz gerade darin, dass dem schädigenden Teilnehmer der sportlichen Veranstaltung ein besonderes Haftungsrisiko zugemutet wird, obwohl der Geschädigte die besonderen Risiken der Veranstaltung in Kauf genommen hat und ihn die Rolle des Schädi- gers ebenso gut hätte treffen können. Sind die bestehenden Risiken durch eine Haftpflichtversicherung gedeckt, besteht weder ein Grund für die Annahme, die Teilnehmer wollten gegenseitig auf etwaige Schadensersatzansprüche verzichten , noch erscheint es als treuwidrig, dass der Geschädigte den durch die Versicherung gedeckten Schaden geltend macht.
12
Der erkennende Senat hat bereits früher mehrfach ausgesprochen, dass es dort, wo der Schädiger gegen Haftpflicht versichert ist, insbesondere eine Pflichtversicherung besteht, weder dem gesetzlichen Anliegen der Versicherungspflicht noch dem Willen der Beteiligten entspricht, den Haftpflichtversicherer zu entlasten (vgl. Senatsurteile BGHZ 39, 156, 158; vom 26. Oktober 1965 - VI ZR 102/64 - VersR 66, 40, 41; vom 9. Juni 1992 - VI ZR 49/91 - VersR 1992, 1145, 1147; vom 13. Juli 1993 - VI ZR 278/92 - VersR 1993, 1092, 1093), und dass das Bestehen eines Haftpflichtversicherungsschutzes für den Schädiger in aller Regel gegen eine stillschweigende Haftungsbeschränkung spricht (vgl. BGHZ 63, 51, 59; Senatsurteile vom 15. Januar 1980 - VI ZR 191/78 - VersR 1980, 384, 385; vom 13. Juli 1993 - VI ZR 278/92 - aaO). Unter besonderen Umständen kann das Bestehen einer Pflichtversicherung sogar Grund und Umfang eines Haftungsanspruchs bestimmen (vgl. zu § 829 BGB: Senatsurteil vom 11. Oktober 1994 - VI ZR 303/93 - VersR 1995, 96, 97 f. m.w.N.). Auf diesem Hintergrund kann die Inanspruchnahme des Mitteilnehmers einer gefährlichen Veranstaltung für entstandene Schäden in der Regel nicht als treuwidrig angesehen werden, wenn dieser dadurch keinem nicht hinzunehmenden Haftungsrisiko ausgesetzt wird, weil Versicherungsschutz besteht. Dass durch die Inanspruchnahme eventuell ein teilweiser Verlust des Schadensfreiheitsrabatts bewirkt wird, vermag die Annahme eines treuwidrigen Verhaltens nicht zu rechtfertigen, weil dies keine unzumutbare Belastung darstellt.
13
Den dagegen gerichteten Ausführungen der Revisionserwiderung ist nicht zu folgen. Sie macht nicht geltend, dass es sich bei der hier in Frage stehenden Veranstaltung entgegen den Ausführungen im Berufungsurteil doch um ein Rennen gehandelt habe, für welches kein Versicherungsschutz besteht. Besteht aber Versicherungsschutz für ein schädigendes Verhalten auch dann, wenn sich besondere Gefahren verwirklichen, kann es nicht Aufgabe des Haftungsrechts sein, die Reichweite des Versicherungsschutzes über die Versicherungsbedingungen hinaus einzuschränken. Ob es dem gesetzlichen Anliegen der Versicherungspflicht entspricht, dass Versicherungsschutz auch in Fällen besteht, die man als freiwillige Selbstgefährdung bezeichnen mag, ist keine haftungsrechtliche Frage.
14
Hier kommt hinzu, dass die beteiligten Fahrer mit der Unterzeichnung der Antragsunterlagen eine ausdrückliche Erklärung zur Haftungsfrage abgegeben haben, die so angelegt ist, dass die Haftung nur für Fälle ausgeschlossen wird, in denen kein Versicherungsschutz besteht, weil es sich um ein Rennen handelte. Ein Rennen sollte aber so, wie die Veranstaltung konzipiert war, gerade nicht stattfinden. Im Streitfall erscheint der Vorwurf der Treuwidrigkeit schon deshalb als ungerechtfertigt.
15
3. Auf den weiteren Revisionsvortrag, insbesondere zur Regelverletzung durch den Drittwiderbeklagten zu 1, kommt es bei dieser Rechtslage nicht an.

III.

16
Das angefochtene Urteil kann demnach keinen Bestand haben. Die Sache ist zur weiteren Prüfung der Haftungsvoraussetzungen und der Schadenshöhe auch unter Berücksichtigung des Revisionsvortrags an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 31.03.2005 - 6 O 53/04 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 23.02.2007 - 10 U 60/05 -

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Wer in einem der in den §§ 823 bis 826 bezeichneten Fälle für einen von ihm verursachten Schaden auf Grund der §§ 827, 828 nicht verantwortlich ist, hat gleichwohl, sofern der Ersatz des Schadens nicht von einem aufsichtspflichtigen Dritten erlangt werden kann, den Schaden insoweit zu ersetzen, als die Billigkeit nach den Umständen, insbesondere nach den Verhältnissen der Beteiligten, eine Schadloshaltung erfordert und ihm nicht die Mittel entzogen werden, deren er zum angemessenen Unterhalt sowie zur Erfüllung seiner gesetzlichen Unterhaltspflichten bedarf.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 285/06 Verkündetam:
1.Oktober2008
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Teilungsabkommen; SGB X § 116 Abs. 1; BGB §§ 133 (C), 157 (E)
Zur Bedeutung des in der Haftpflichtversicherung geltenden Trennungsprinzips für
die Auslegung eines Teilungsabkommens.
BGH, Urteil vom 1. Oktober 2008 - IV ZR 285/06 - OLG Naumburg
LG Magdeburg
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Oktober 2008

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 18. Oktober 2006 aufgehoben und das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 4. April 2006 geändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 24.130 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11. März 2005 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin, eine gesetzliche Krankenkasse, nimmt die Beklagte als Haftpflichtversicherer von Pflegeheimen aus einem zwischen dem Bundesverband der Ortskrankenkassen und der Beklagten geschlossenen Teilungsabkommen, dem die Klägerin beigetreten ist, auf Ersatz von Kosten in Höhe von 24.130 € in Anspruch, die sie für die Heilbehandlung von 16 in Pflegeheimen gestürzte, bei ihr gesetzlich krankenversicherte pflegebedürftige Heimbewohner aufgewendet hatte. Das Teilungsabkommen enthält unter anderem folgende Regelungen: "§ 1 (1) Kann eine diesem Abkommen beigetretene Krankenkasse ("K") gegen eine natürliche oder juristische Person , die bei der "H" haftpflichtversichert ist, gemäß § 116 SGB X Ersatzansprüche aus Schadenfällen ihrer Versicherten oder deren mitversicherten Familienangehörigen (Geschädigte) geltend machen, so verzichtet die "H" auf die Prüfung der Haftungsfrage. (2) Voraussetzung für die Anwendung des Abkommens ist in der Kraftfahrt-Haftpflichtversicherung ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen dem Schadenfall und dem Gebrauch eines Kraftfahrzeugs; bei der Allgemeinen Haftpflichtversicherung ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen dem Schadenfall und dem versicherten Haftpflichtbereich. (3) Die Leistungspflicht der "H" entfällt, wenn schon aufgrund des unstreitigen Sachverhalts unzweifelhaft und offensichtlich ist, dass eine Schadenersatzpflicht des Haftpflichtversicherten gar nicht in Frage kommt. Dies gilt nicht für den Einwand des unabwendbaren Ereignisses (§ 7 II StVG) und für den Fall, daß der Schaden durch eigenes Verschulden - jedoch nicht durch Vorsatz - des Geschädigten entstanden ist. (4) Ferner findet in der Allgemeinen Haftpflichtversicherung das Abkommen keine Anwendung, wenn nach dem unstreitigen Sachverhalt kein objektiver Verstoß gegen Sorgfalts- und Verhaltensvorschriften vorliegt. … (8) Das Abkommen ist nur insoweit anwendbar, als die "H" für den Schadenfall Versicherungsschutz zu gewähren hat. … (9) Die "H" ersetzt der "K" …
b) in übrigen Fällen der Allgemeinen Haftpflichtversicherung 45% der von ihr zu gewährenden Leistungen im Rahmen des § 4 dieses Abkommens. … § 2 (1) Die verspätete Anzeige eines Schadens bei der "H" schließt die Anwendung dieses Teilungsabkommens nicht aus. (2) Die "H" ist auch dann zur abkommensgemäßen Leistung an die "K" verpflichtet, wenn der Haftpflichtversicherte es ablehnt, den Schaden der "H" zu melden und sie in Anspruch zu nehmen. … § 3 Die "K" hat auf Verlangen der "H" im Zweifelsfalle die Ursächlichkeit des fraglichen Schadenfalles für den der Kostenanforderung zugrundeliegenden Krankheitsfall nachzuweisen.
§ 7 Die "H" zahlt die abkommensgemäße Leistung an die "K" innerhalb eines Monats nach Eingang der Kostenrechnung, jedoch nicht vor einwandfreier Klärung des Versicherungsschutzes. Evtl. Einwendungen der "H" sollen innerhalb der vorgenannten Frist gegenüber der "K" dargelegt werden. …"
2
Die Beklagte meint, das Teilungsabkommen sei nicht anwendbar, weil es an dem nach § 1 Abs. 2 Halbs. 2 des Teilungsabkommens (TA) erforderlichen adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem Schadenfall und dem versicherten Haftpflichtbereich fehle. Hierzu genüge es nicht, dass die Verletzten einer der drei Pflegestufen des § 15 Abs. 1 SGB XI zugeordnet worden und im Rahmen ihres stationären Heimaufenthalts gestürzt seien.
3
Die Klägerin verfolgt den in den Vorinstanzen abgewiesenen Anspruch mit ihrer Revision weiter.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision führt zur antragsgemäßen Verurteilung der Beklagten. Die Klägerin hat nach § 1 Abs. 9b, § 4 TA Anspruch auf Ersatz der für die Heilbehandlung der verletzten Heimbewohner aufgewendeten, im Einzelnen dargelegten und nicht bestrittenen Kosten.
5
I. Das Oberlandesgericht meint - der Argumentation der Beklagten folgend -, das Teilungsabkommen sei nicht anwendbar, weil es an einem adäquaten Kausalzusammenhang zwischen den Schadenfällen und dem jeweils versicherten Haftpflichtbereich i.S. des § 1 Abs. 2 TA fehle. Zur Annahme eines solchen inneren Zusammenhangs reiche ein rein örtlicher Zusammenhang nicht aus. Bei einem Sturz in einem Pflegeheim könne sich auch das allgemeine Lebensrisiko des Patienten verwirklicht haben. Entscheidend sei, dass der Sturz mit einer Pflegemaßnahme bzw. einem Unterlassen des Pflegepersonals im Zusammenhang stehe, gegen deren Folgen die Beklagte die Pflegeheimbetreiber im Rahmen der Betriebshaftpflichtversicherung abgesichert habe. Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 28. April 2005 (BGHZ 163, 53) könne allein aus dem Umstand, dass ein Heimbewohner im Bereich des Pflegeheimes gestürzt sei, nicht auf eine schuldhafte Pflichtverletzung des Pflegepersonals geschlossen werden. Denn daneben bestehe ein normaler alltäglicher Gefahrenbereich, der grundsätzlich in der eigenverantwortlichen Risikosphäre der Geschädigten verbleibe. Der Vortrag der Klägerin reiche nicht aus, um den erforderlichen adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem Schadenfall und dem versicherten Haftpflichtbereich zu bejahen. Vielmehr müsse sie das Gericht mit ihrem Tatsachenvortrag in die Lage versetzen zu beurteilen, ob in der konkreten Situation die Verwirklichung des Haftpflichtrisikos zumindest möglich erscheine. Es müsse daher vorgetragen werden, unter welchen Umständen sich der Sturz ereignet habe bzw. aufgrund welcher Tatsachen eine zur Abwendung eines Sturzes gebotene Pflegemaßnahme unterlassen worden sei. Wollte man allein von der Tatsache eines Sturzes im Pflegeheim auf ein pflichtwidriges Unterlassen schließen, würde man dem Heimbetreiber eine Garantiehaftung auferlegen. Der Betreiber hätte dann die Pflicht, grundsätzlich jeden Sturz zu verhindern. Dem Heimbewohner würde damit das allgemeine Lebensrisiko abgenommen. Die Revision werde zugelassen, weil das Oberlandesgericht Celle (Urteil vom 3. August 2006 - 5 U 71/06) die Auswirkungen der Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28. April 2005 (aaO) anders als der erkennende Senat beurteile.
6
II. Dem folgt der Senat nicht. Schon die Begründung für die Zulassung der Revision zeigt, dass das Berufungsgericht die rechtlichen Grundlagen der Haftpflichtversicherung, insbesondere das Trennungs- prinzip, nicht hinreichend beachtet und deshalb auch Sinn und Zweck des Teilungsabkommens nicht zutreffend erfasst hat.
7
In 1. der Haftpflichtversicherung gilt das Trennungsprinzip. Das Haftpflichtverhältnis, das zwischen dem geschädigten Dritten und dem haftpflichtigen Versicherungsnehmer besteht, ist von dem Deckungsverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Haftpflichtversicherer zu trennen. Grundsätzlich ist im Haftpflichtprozess zu entscheiden, ob und in welcher Höhe der Versicherungsnehmer dem Dritten gegenüber haftet. Ob der Versicherer dafür eintrittspflichtig ist, wird im Deckungsprozess geklärt (BGH, Urteil vom 28. September 2005 - IV ZR 255/04 - VersR 2006, 106 unter II 1 m.w.N.). Demgemäß setzt eine Zahlungspflicht des Haftpflichtversicherers an den geschädigten Dritten voraus, dass er seinem Versicherungsnehmer Deckung zu gewähren hat und dass dieser dem Dritten schadensersatzpflichtig ist. Beide Rechtsverhältnisse sind zu trennen.
8
Das Trennungsprinzip liegt auch dem hier zu beurteilenden (wie grundsätzlich auch vergleichbaren anderen) Teilungsabkommen zugrunde. Es regelt zwar beide Rechtsverhältnisse und modifiziert sie, hält sie aber rechtlich auseinander.
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a) Die Haftungsfrage wird nicht streitig ausgetragen, vielmehr wird nach § 1 Abs. 1 TA auf ihre Prüfung verzichtet mit zwei - von der Beklagten nicht geltend gemachten - Ausnahmen, den so genannten Groteskfällen in § 1 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 TA (vgl. zu solchen Fällen Senatsurteile vom 11. Juli 1984 - IVa ZR 171/82 - VersR 1984, 889 f. und vom 15. Juni 1983 - IVa ZR 209/81 - VersR 1983, 771 unter II). Diese betreffen den Haftungsgrund. § 3 TA enthält eine weitere Ausnahme - um die es hier ebenfalls nicht geht - für die haftungsausfüllende Kausalität (vgl. dazu BGH, Urteil vom 12. Juni 2007 - VI ZR 110/06 - VersR 2007, 1247 Tz. 13-15). Davon abgesehen verbleibt es beim Verzicht auf die Prüfung der Haftungsfrage. Dieser Verzicht umfasst schon den objektiven Tatbestand einer Pflichtverletzung und erst recht das Verschulden (vgl. Senatsurteile vom 23. November 1983 - IVa ZR 3/82 - VersR 1984, 158 unter 2 m.w.N. und vom 26. Mai 1982 - IVa ZR 78/81 - VersR 1982, 774 unter 1 und 2). Selbst ein im Haftpflichtprozess ergangenes klagabweisendes Urteil wäre ohne Bedeutung (vgl. BGH, Urteile vom 12. Juni 2007 aaO Tz. 15 a.E. und vom 8. Februar 1983 - VI ZR 48/81 - VersR 1983, 534 unter II 2 e).
10
b) Während die Haftungsfrage grundsätzlich nicht geprüft wird, ist es bei der Frage der Deckungspflicht des Haftpflichtversicherers umgekehrt. Sie ist gegebenenfalls wie in einem Deckungsprozess (mit der dort geltenden Darlegungs- und Beweislast) zu klären. Das bedeutet, dass der Schadenfall seiner Art nach zum versicherten Wagnis gehören muss und der Versicherer im Einzelfall Versicherungsschutz zu gewähren hat (vgl. Schneider in Wussow, Unfallhaftpflichtrecht 15. Aufl. Kap. 76 Rdn. 10 ff.).
11
aa) Die erste Voraussetzung ist nach § 1 Abs. 2 TA bei der Allgemeinen Haftpflichtversicherung erfüllt, wenn zwischen dem Schadenfall und dem versicherten Haftpflichtbereich ein adäquater Kausalzusammenhang besteht. Ein solcher Zusammenhang liegt vor, wenn das Schadenereignis seiner Art nach in den Gefahrenbereich fällt, für den der Haftpflichtversicherer Versicherungsschutz zu gewähren hat (Senatsurteile vom 26. Mai 1982 aaO vor 1 und vom 16. Dezember 1981 - IVa ZR 181/80 - VersR 1982, 333 f.). Versicherungsschutz hat der Haftpflicht- versicherer nicht nur zur Befriedigung begründeter, sondern auch zur Abwehr unberechtigter Schadensersatzansprüche zu gewähren, die gegen den Versicherungsnehmer erhoben werden. Deshalb ist der Anwendungsbereich des Teilungsabkommens bereits dann eröffnet, wenn der Anspruch, sein Bestehen unterstellt, unter das versicherte Wagnis fallen würde (OLG Hamm VersR 2003, 333 ff.; Wussow, Teilungsabkommen zwischen Sozialversicherern und Haftpflichtversicherern 4. Aufl. S. 39 f. unter III 5). Ob der Anspruch begründet ist, also dem Versicherungsnehmer u.a. eine objektive Pflichtverletzung anzulasten ist, ist dagegen unerheblich, weil es dabei um die Haftungsfrage geht, auf deren Prüfung die Parteien verzichtet haben, und weil jede andere Auslegung dem Wortlaut und dem Zweck des Teilungsabkommens widersprechen würde (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juni 2007 aaO Tz. 11, 12; Senatsurteile vom 11. Juli 1984 - IVa ZR 171/82 - VersR 1984, 889; vom 23. November 1983 aaO unter 1 und 2; vom 6. Oktober 1982 - IVa ZR 54/81 - VersR 1983, 26 unter I und vom 26. Mai 1982 aaO vor 1, unter 1 und 2, jeweils m.w.N.).
12
bb) Nach § 1 Abs. 8, § 7 TA müssen auch die weiteren Voraussetzungen der Deckungspflicht im konkreten Fall gegeben sein (Schneider aaO Rdn. 19 ff.). So besteht z.B. bei Leistungsfreiheit wegen eines Risikoausschlusses , Gefahrerhöhung oder einer Obliegenheitsverletzung (Ausnahmen in § 1 Abs. 8 Satz 4 TA für Leistungsfreiheit nach § 7 Abs. 5 AKB und in § 2 Abs. 1 und 2 TA für die Verletzung der Anzeigeobliegenheit ) gegen den Haftpflichtversicherer kein Anspruch aus dem Teilungsabkommen (vgl. zu solchen Fällen Senatsurteile vom 8. Januar 1975 - IV ZR 149/73 - VersR 1975, 245 f.; vom 30. Oktober 1970 - IV ZR 1109/68 - VersR 1971, 117 unter II und vom 8. Oktober 1969 - IV ZR 633/68 - NJW 1970, 134 f.).

13
Um solche Voraussetzungen des Versicherungsschutzes geht es im hier zu entscheidenden Fall nicht.
14
2. Die Auslegung des Teilungsabkommens durch das Berufungsgericht ist rechtsfehlerhaft, weil es die Frage der Haftung mit der Frage der versicherungsrechtlichen Deckungspflicht vermischt hat. Es hat seine Entscheidung maßgeblich darauf gestützt, nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 28. April 2005 aaO könne allein aus dem Umstand, dass ein Heimbewohner im Bereich des Pflegeheimes gestürzt sei und sich dabei verletzt habe, nicht auf eine schuldhafte Pflichtverletzung des Pflegepersonals geschlossen werden, anderenfalls träfe den Heimbetreiber eine Garantiehaftung. Damit hat das Berufungsgericht - anders als das Oberlandesgericht Celle aaO - verkannt, dass die Entscheidung des Bundesgerichtshofs in einem Haftpflichtprozess ergangen ist und demgemäß die Frage der Haftung des Heimbetreibers betrifft, auf deren Prüfung die Vertragsparteien nach § 1 Abs. 1 TA verzichtet haben. Die Ansicht des Berufungsgerichts mit den daraus abgeleiteten Anforderungen an den Tatsachenvortrag der Klägerin läuft auf eine vertraglich ausgeschlossene Prüfung der Haftungsfrage mit entsprechenden prozessualen Konsequenzen hinaus (Beweisaufnahme durch Zeugen und Sachverständige zum Sturzgeschehen, zum Umfang der Pflegebedürftigkeit, zur Organisation der Pflege usw.).
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allein Der die Deckungspflicht nach § 1 Abs. 2 TA betreffende adäquate Kausalzusammenhang zwischen dem Schadenfall und dem versicherten Haftpflichtbereich liegt auf der Hand. Verletzt sich ein pflegebedürftiger Bewohner bei einem Sturz im Pflegeheim und nimmt er oder sein gesetzlicher Krankenversicherer (wie im Fall BGHZ 163, 53) den Betreiber des Pflegeheimes auf Schadensersatz in Anspruch, handelt es sich um einen typischen, vom Versicherungsschutz umfassten Vorgang.
16
Der Auffassung des Berufungsgerichts steht auch nahezu die gesamte Rechtsprechung der Instanzgerichte entgegen. Zu dem hier maßgeblichen Teilungsabkommen haben das Oberlandesgericht Rostock (OLG-Report 2007, 734), das Oberlandesgericht Dresden (Urteil vom 31. Mai 2007 - 4 U 287/07) und das Brandenburgische Oberlandesgericht (Urteil vom 18. April 2007 - 13 U 115/06) der Klage anderer Allge- meiner Ortskrankenkassen gegen die Beklagte stattgegeben. Der Senat hat die dagegen eingelegten Revisionen durch Urteile vom heutigen Tage zurückgewiesen (IV ZR 133/07, IV ZR 157/07, IV ZR 114/07).
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Magdeburg, Entscheidung vom 04.04.2006 - 10 O 2276/05 (671) -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 18.10.2006 - 6 U 85/06 -

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)