Bundesgerichtshof Urteil, 09. Dez. 2004 - VII ZR 265/03

bei uns veröffentlicht am09.12.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 265/03 Verkündet am:
9. Dezember 2004
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
AGBG § 9 Abs. 1 Bf, CI; BGB §§ 133 B, 157 D

a) Die Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrages, die vorsieht
, daß ein Sicherheitseinbehalt von 5 % der Bausumme nur durch eine Bürgschaft
auf erstes Anfordern abgelöst werden kann, ist auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
eines öffentlichen Auftraggebers unwirksam (im Anschluß an
BGH, Urteil vom 25. März 2004 - VII ZR 453/02, BauR 2004, 1143).

b) Eine derartige Klausel kann nicht in der Weise aufrecht erhalten werden, daß der
Auftragnehmer berechtigt ist, den Sicherheitseinbehalt durch eine selbstschuldnerische
, unbefristete Bürgschaft abzulösen (Bestätigung von BGH, Urteile vom 8.
März 2001 - IX ZR 236/00, BGHZ 147, 99, 105 f. und vom 22. November 2001 -
VII ZR 208/00, BauR 2002, 463).
BGH, Urteil vom 9. Dezember 2004 - VII ZR 265/03 - OLG Hamm
LG Detmold
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Dezember 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die
Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Haß, Dr. Wiebel und Dr. Kuffer

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 1. Juli 2003 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

I.

Die klagende Stadt nimmt die beklagte Sparkasse aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern in Anspruch. Die Beklagte verteidigt sich mit dem Einwand , die Sicherungsvereinbarung in dem Bauvertrag sei unwirksam.

II.

Die Klägerin beauftragte die Firma K. im September 1997 als Generalunternehmerin mit Bauleistungen für eine Schule. Die Parteien vereinbarten die VOB, die besonderen sowie die zusätzlichen Vertragsbedingungen der Klägerin. Die Regelung über die Gewährleistungssicherheit lautet wie folgt:
"BVB 6.2 Als Sicherheit für die Erfüllung der Gewährleistungsansprüche einschließlich Schadensersatz und für die Erstattung von Überzahlungen werden 5 v.H. der Auftragssumme einschließlich eventueller Zusatzaufträge einbehalten. Der Auftragnehmer kann statt dessen eine selbstschuldnerische Gewährleistungsbürgschaft nach dem Muster des Auftraggebers stellen. (Bürgschaftsurkunde im Anhang) 6.3 … Für die Rückgabe der Bürgschaftsurkunden gilt Nr. 21-ZVB." Das Muster der Klägerin sieht eine Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern vor. In Nr. 21-ZVB ist die Rückgabe der Gewährleistungssicherheit wie folgt geregelt: "21.2 Urkunden über Gewährleistungsbürgschaften werden auf Verlangen zurückgegeben, wenn die Verjährungsfristen für Gewährleistung einschließlich Schadensersatz abgelaufen und die bis dahin erhobenen Ansprüche - auch auf Erstattung von Überzahlungen - erfüllt worden sind. ..." Die Beklagte stellte der Klägerin eine selbstschuldnerische Bürgschaft auf erstes Anfordern entsprechend dem Muster der Klägerin. Nach Abschluß der Bauarbeiten traten Mängel auf. Die Firma K. erkannte die Mängel an. Vor der Ausführung der Mängelbeseitigungsarbeiten wurde über das Vermögen der Firma K. das Insolvenzverfahren eröffnet.
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus der Bürgschaft auf erstes Anfordern in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Revision hat keinen Erfolg. Auf das Schuldverhältnis sind die bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetze anwendbar (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

II.

1. Das Berufungsgericht hat den Einwand der Beklagten, ihre Inanspruchnahme aus der Bürgschaft auf erstes Anfordern sei rechtsmißbräuchlich, weil die Sicherungsvereinbarung unwirksam sei, aus folgenden Erwägungen als begründet erachtet:
a) Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers über einen Sicherheitseinbehalt sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unabhängig von der Höhe und der Dauer des Sicherheitseinbehalts unwirksam, wenn der Sicherheitseinbehalt ausschließlich durch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern abgelöst werden könne.

b) Aufgrund der Regelung der Nr. 6.2 BVB sei dem Auftragnehmer als Ersetzungsbefugnis nur die Bürgschaft auf erstes Anfordern vorbehalten, die Möglichkeit, gemäß § 17 Nr. 3 VOB/B die Hinterlegung zu wählen, sei ausgeschlossen.
c) Der Umstand, daß die Klägerin ein öffentlicher Auftraggeber sei, ändere nichts an der Unwirksamkeit der Klausel. Im Unterschied zum privaten Auftraggeber trage der Auftragnehmer kein Insolvenzrisiko, wenn der öffentliche Auftraggeber eine Bürgschaft auf erstes Anfordern verwerte. Die unangemessene Benachteilung ergebe sich daraus, daß nicht auszuschließen sei, daß der öffentliche Auftraggeber die Bürgschaft auf erstes Anfordern unberechtigt verwerte. Im Falle der unberechtigten Inanspruchnahme der Bürgschaft auf erstes Anfordern würde dem Auftragnehmer Liquidität für ungewisse Dauer entzogen. Der Auftragnehmer könne Einwendungen gegenüber dem Auftraggeber erst im späteren Rückforderungsprozeß geltend machen. Der Rechtsstreit könne, wenn er über mehrere Instanzen ausgetragen werde, mehrere Jahre in Anspruch nehmen.
d) Der Vertrag zwischen der Klägerin und dem Hauptschuldner könne nicht dahingehend ausgelegt werden, daß der Hauptschuldner verpflichtet sei, eine selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaft zu stellen. Der Bundesgerichtshof habe für unwirksame Klauseln, die als Vertragserfüllungssicherheit eine Bürgschaft auf erstes Anfordern vorsehen, entschieden, daß für eine Übergangszeit Verträge dahingehend auszulegen seien, daß der Auftragnehmer eine unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft schulde. Diese Grundsätze seien auf Verträge mit unwirksamen Klauseln über eine Gewährleistungssicherheit nicht übertragbar. 2. Diese Erwägungen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

a) Das Berufungsgericht hat die Klausel dahingehend ausgelegt, daß dem Auftragnehmer nur die Möglichkeit eingeräumt ist, den Sicherheitseinbehalt durch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern abzulösen und daß sowohl das Wahlrecht aus § 17 Nr. 3 VOB/B als auch die Verpflichtung des Auftraggebers zur Einzahlung auf ein Sperrkonto nach § 17 Nr. 6 VOB/B ausgeschlossen worden ist. Diese Auslegung ist nicht zu beanstanden (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 2002 - VII ZR 494/00, BauR 2002, 1392 = ZfBR 2002, 677 = NZBau 2002, 493).
b) Umfaßt die Sicherungsvereinbarung aufgrund ihrer textlichen Gestaltung das als Anhang beigefügte Bürgschaftsmuster, gehört das Muster zum Inhalt der Sicherungsvereinbarung. Dann besteht keine Unklarheit darüber, mit welcher Art der Bürgschaft der Sicherheitseinbehalt vom Auftragnehmer ersetzt werden kann. Aus dem Regelungszusammenhang der Klausel und dem Muster , das als Anhang Bestandteil des Vertrages ist, ergibt sich, daß eine selbstschuldnerische , unbefristete Bürgschaft auf erstes Anfordern gemeint ist. Insofern unterscheidet sich die vertragliche Gestaltung von derjenigen, die dem Senatsurteil vom 26. Februar 2004 (VII ZR 247/02, BauR 2004, 841 = ZfBR 2004, 372 = NZBau 2004, 323) zugrunde lag. In jenem Fall war kein bestimmtes Muster , sondern ein Muster nach Wahl des Auftraggebers Inhalt der Sicherungsabrede.
c) Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines privaten Auftraggebers, die vorsieht, daß der Auftragnehmer nur berechtigt ist, den Sicherheitseinbehalt gegen eine Bürgschaft auf erstes Anfordern abzulösen, ist unwirksam (st. Rspr.: BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR 324/95, BGHZ 136, 27; Urteil vom 16. Mai 2002 - VII ZR 494/00, BauR 2002, 1392 = ZfBR 2002, 677 = NZBau 2002, 493 m.w.N.).

d) Die Frage, ob eine derartige Klausel auch dann unwirksam ist, wenn sie von einem öffentlichen Auftraggeber in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gestellt wird, hat der Senat bisher nicht entschieden. (1) Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines öffentlichen Auftraggebers, die vorsieht, daß der Auftragnehmer verpflichtet ist, zur Sicherung von Vertragserfüllungsansprüchen eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen, hat der Bundesgerichtshof für unwirksam erachtet (BGH, Urteil vom 25. März 2004 - VII ZR 453/02, BauR 2004, 1143 = ZfBR 2004, 550 = NZBau 2004, 322). Eine derartige Klausel benachteiligt den Auftragnehmer deshalb unangemessen, weil der Auftragnehmer im Falle einer unberechtigten Inanspruchnahme das Liquiditätsrisiko zu tragen hat. Dem Auftragnehmer wird durch den Rückgriff des Bürgen, der aus der Bürgschaft in Anspruch genommen wird, Liquidität entzogen. Solange der öffentliche Auftraggeber einen zu Unrecht erhaltenen Betrag nicht zurückzahlt, ist der Auftragnehmer in seinem Kreditrahmen beschränkt. Er muß seinen Rückforderungsanspruch gerichtlich geltend machen und trägt damit die Last der Prozeßführung gegen eine Partei, die ihrerseits den Prozeß gerichtskostenfrei führen kann. (2) Die im Rahmen einer Inhaltskontrolle der Vereinbarung der Gewährleistungssicherheit entscheidende Frage, ob eine Bürgschaft auf erstes Anfordern ein angemessener Ausgleich für den Sicherheitseinbehalt ist, ist nach den gleichen Erwägungen zu beurteilen. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern ist als einziges Austauschmittel auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines öffentlichen Auftraggebers kein angemessener Ausgleich. Die mit der Bürgschaft auf erstes Anfordern verbundenen Risiken für den Auftragnehmer, die eine unberechtigte Inanspruchnahme durch den Auftraggeber zur Folge hat, wird nicht durch die Sicherungsinteres-
sen des Auftraggebers gerechtfertigt. Die berechtigten Interessen des Auftraggebers werden hinreichend dadurch gewahrt, daß dem Auftragnehmer die Möglichkeit eines Austauschs des Sicherheitseinbehalts gegen eine selbstschuldnerische , unbefristete Bürgschaft eingeräumt wird. Im Unterschied zu einer Bürgschaft auf erstes Anfordern gibt eine selbstschuldnerische, unbefristete Bürgschaft als Austauschmittel auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des öffentlichen Auftraggebers einen angemessenen Ausgleich, für den in der Vertragsklausel vorgesehenen Einbehalt (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 2003 - VII ZR 57/02, BGHZ 157, 29; Urteil vom 26. Februar 2004 - VII ZR 247/02, BauR 2004, 841 = ZfBR 2004, 372 = NZBau 2004, 323).
e) Die Klausel ist unwirksam. Sie kann nicht mit dem Inhalt aufrecht erhalten werden, daß der Auftragnehmer berechtigt ist, den Sicherheitseinbehalt durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft abzulösen. aa) Der Bundesgerichtshof hat bereits in seiner Entscheidung aus dem Jahre 1997 eine ergänzende Vertragsauslegung nicht in Betracht gezogen (BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR 324/95, BGHZ 136, 27). Er hat sie in späteren Entscheidungen ausdrücklich abgelehnt. Zur Begründung hat er darauf hingewiesen, daß die Klausel über den Sicherheitseinbehalt und dessen Ablösung eine untrennbare Einheit bildeten. Eine Einschränkung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung scheide aus. Es sei nicht erkennbar, welche Regelung Gläubiger und Hauptschuldner vereinbart hätten, wenn sie die Unwirksamkeit der Klausel erkannt hätten (BGH, Urteil vom 8. März 2001 – IX ZR 236/00, BGHZ 147, 99, 105 f.). Statt der Ablösung des Sicherheitseinbehalts durch eine einfache Bürgschaft wären insbesondere die Verringerung des Einbehaltes , eine Verkürzung der Einbehaltsfrist oder die Wahl einer anderen in § 17 VOB/B genannten Sicherungsform in Betracht gekommen. Wenn bewußt von § 17 VOB/B abgewichen werde, schließe das eine Rückkehr zu dieser Re-
gelung durch ergänzende Vertragsauslegung aus (BGH, Urteil vom 22. November 2001 – VII ZR 208/00, BauR 2002, 463, 464 f. = ZfBR 2002, 249 = NZBau 2002, 151). Auch in weiteren Entscheidungen hat er die Klausel nicht einer ergänzenden Vertragsauslegung unterzogen (BGH, Urteil vom 2. März 2000 - VII ZR 475/98, BauR 2000, 1052, 1053 = ZfBR 2000, 332 = NZBau 2000, 285; Beschluß vom 17. Januar 2002 - VII ZR 495/00, IBR 2002, 663; Urteil vom 16. Mai 2002 - VII ZR 494/00, BauR 2002, 1392, 1393 = ZfBR 2002, 677 = NZBau 2002, 493). bb) Dieser Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat sich eine Mehrzahl von Oberlandesgerichten angeschlossen (z. B. OLG Düsseldorf, BauR 2003, 1585, 1586 = NZBau 2003, 674; OLG Hamm, BauR 2003, 1720, 1723; OLG München, BauR 2004, 1466, 1467 f.; OLG Celle, NZBau 2004, 214). Demgegenüber vertreten andere Gerichte, die Klausel sei zwar unwirksam, jedoch ergänzend dahin auszulegen, daß die Ablösung durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft ohne das besondere Merkmal auf erstes Anfordern erfolgen könne (OLG Rostock, BauR 2003, 928, 929; LG Essen, BauR 2003, 1584 f.). cc) Der Senat sieht auch unter Einbeziehung seiner Entscheidung zur ergänzenden Vertragsauslegung einer Sicherungsabrede, nach der der Auftragnehmer verpflichtet ist, eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen (Urteil vom 4. Juli 2002 – VII ZR 502/99, BGHZ 151, 229), keine Veranlassung, von seiner gefestigten Rechtsprechung abzuweichen. Eine ergänzende Vertragsauslegung, nach der eine selbstschuldnerische Bürgschaft ohne das Merkmal auf erstes Anfordern geschuldet ist, kommt nur dann in Betracht, wenn geklärt werden kann, was die Parteien vereinbart hätten , wenn sie die Unwirksamkeit der Klausel gekannt hätten. Der Senat hat
darauf hingewiesen, daß anzunehmen ist, der Auftraggeber sei mit einer selbstschuldnerischen Bürgschaft ohne das Merkmal auf erstes Anfordern nicht einverstanden , wenn er die Klausel mit dem Merkmal auf erstes Anfordern im Rechtsverkehr verwendet, obwohl ihm bekannt ist oder jedenfalls nach dem Bekanntwerden einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hätte bekannt sein können, daß die Klausel unwirksam ist (BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 – VII ZR 502/99, BGHZ 151, 229, 236). Auf dieser Grundlage kommt ohnehin eine ergänzende Vertragsauslegung von Verträgen die unter der Verwendung der umstrittenen Klausel nach dem Bekanntwerden der Entscheidung vom 5. Juni 1997 (VII ZR 324/95, BGHZ 136, 27) geschlossen wurden, nicht in Betracht. Auch für Verträge, die vor dem Bekanntwerden der Entscheidung vom 5. Juni 1997 geschlossen wurden, scheidet eine ergänzende Vertragsauslegung aus. Der Senat hat bereits in der Entscheidung vom 4. Juli 2002 (VII ZR 502/99, BGHZ 151, 229, 235 f.) darauf hingewiesen, daß die Grundsätze zur ergänzenden Vertragsauslegung einer Klausel, mit der eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern vereinbart wird, nicht ohne weiteres auf eine Klausel, mit der ein Bareinbehalt zur Sicherung von Gewährleistungsansprüchen vereinbart wird, der durch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern abgelöst werden kann, anwendbar sind. Es ist zwar nicht zu verkennen, daß in beiden Klauseln der Wille der Parteien manifestiert wird, dem Auftraggeber eine Sicherung zu verschaffen und dieser Wille auch in beiden Fällen dahin gehen mag, dies auch für den Fall zu tun, daß die verwendete Klausel unwirksam ist. Eine ergänzende Vertragsauslegung scheidet jedoch aus, wenn nicht sicher feststellbar ist, wie die Parteien diesen Willen realisiert hätten. Der Senat hat sich im Hinblick auf die vielfaltigen Möglichkeiten einer Sicherung des Auftraggebers , wie sie insbesondere durch § 17 VOB/B vorgegeben sind und auch in der Praxis verwendet werden, nicht in der Lage gesehen, mit der notwendigen Sicherheit eine ergänzende Vertragsauslegung für Gewährleistungssicherungsab-
reden vorzunehmen. Dabei muß es verbleiben. Die dagegen vorgebrachten Argumente sind nicht neu. Sie können auch im Hinblick auf die anzustrebende Rechtssicherheit nicht dazu führen, daß der Senat den Vertrag nunmehr ergänzend auslegt. Dressler Thode Haß Wiebel Kuffer

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 09. Dez. 2004 - VII ZR 265/03

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
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Referenzen

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 494/00 Verkündet am:
16. Mai 2002
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
VOB/B § 17 Nr. 3 und 6

a) Die vorrangig vor der VOB/B geltende Vertragsklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
des Auftraggebers, die vorsieht, daß von der Schlußrechnung ein
Gewährleistungseinbehalt in Abzug gebracht wird, der durch eine Bürgschaft auf
erstes Anfordern abgelöst werden kann, ist dahin auszulegen, daß sowohl das
Wahlrecht aus § 17 Nr. 3 VOB/B als auch die Verpflichtung des Auftraggebers zur
Einzahlung auf ein Sperrkonto nach § 17 Nr. 6 VOB/B ausgeschlossen sind.

b) Eine derartige Klausel ist unwirksam (BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR
324/95, BGHZ 136, 27).
BGH, Urteil vom 16. Mai 2002 - VII ZR 494/00 - OLG Dresden
LG Dresden
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Mai 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Hausmann, Dr. Kuffer, Prof. Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 23. November 2000 aufgehoben. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 18. Mai 2000 wird zurückgewiesen. Die Beklagten tragen die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von den Beklagten die Herausgabe der Urkunde über eine Gewährleistungsbürgschaft. Sie war als Generalunternehmerin mit dem Umbau und der Sanierung eines Gebäudes beauftragt. Vertragsbestandteil waren unter anderem in dieser Reihenfolge der Generalunternehmervertrag und die VOB/B. Vereinbart war eine Gewährleistungsfrist von fünf Jahren. Nach einem Termin- und Zahlungsplan der von den Beklagten gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen
sollten Abschlagszahlungen bis zum Erreichen von 95% der Vertragssumme geleistet werden. Hinsichtlich der Zahlung sah § 5 Nr. 2 des GU-Vertrages weiter vor: "Von der Schluûrechnung wird ein Gewährleistungseinbehalt in Höhe von 5 % in Abzug gebracht. Dieser Gewährleistungseinbehalt kann durch Bürgschaft (Muster C.) abgelöst werden und kommt im Falle der Bürgschaftsvorlage umgehend zur Auszahlung." In § 10 Nr. 1 des Generalunternehmervertrags ist unter "Gewährleistungsbürgschaft" ebenfalls ein Einbehalt von 5% vorgesehen. "Statt dessen" konnte der Generalunternehmer Sicherheit durch Bürgschaft nach Muster leisten. Das Vertragsmuster weist eine Bürgschaft auf erstes Anfordern aus. Nach Erstellung der Schluûrechnung übergab die Klägerin den Beklagten eine Bürgschaftsurkunde über 490.000 DM. Zwischen den Parteien ist streitig , ob die Beklagten den Gewährleistungseinbehalt in voller Höhe ausbezahlt haben. Unstreitig ist noch ein Werklohn in Höhe von 140.115,25 DM offen. Die Klägerin stützt ihr Herausgabeverlangen darauf, daû die Beklagten den Bareinbehalt nicht vollständig ausbezahlt haben, ferner darauf, daû die Sicherungsabrede unwirksam sei. Das Landgericht hat die Beklagten zur Herausgabe der Gewährleistungsbürgschaft verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der dagegen gerichteten Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Das für das Schuldverhältnis maûgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

Das Berufungsgericht sieht in der Vereinbarung über den Sicherheitseinbehalt keinen Verstoû gegen § 9 AGBG. Der Auftragnehmer werde durch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur dann unangemessen benachteiligt, wenn im übrigen das Wahlrecht des § 17 VOB/B ausgeschlossen sei. Dies sei hier nicht der Fall. Weder in § 10 des GU-Vertrages noch in Nr. 17 der zusätzlichen Vertragsbedingungen sei das Wahlrecht ausgeschlossen worden. Dort seien lediglich Sonderregelungen für die Gestellung der Bürgschaft getroffen. § 17 VOB/B bleibe im übrigen anwendbar. Daher sei es dem Auftragnehmer noch möglich, es beim Einbehalt mit Einzahlungspflicht auf ein Sperrkonto zu belassen. Die Vertragsklausel sei deswegen nicht im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Bezug auf Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR 324/95, BGHZ 136, 27) unwirksam.

II.

Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg. Die Klägerin hat Anspruch auf Herausgabe der Bürgschaft auf erstes Anfordern, weil sie diese ohne Rechtsgrund gegeben hat (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Die Klägerin wird durch die Sicherungsabrede unangemessen im Sinne des § 9 AGBG benachteiligt. 1. Eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrages , wonach der Besteller nach Abnahme des Bauwerks 5 % der Auftragssumme für die Dauer der fünfjährigen Gewährleistungsfrist als Sicherheit einbehalten darf, benachteiligt den Unternehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen; sie ist unwirksam, wenn ihm kein angemessener Ausgleich dafür zugestanden wird (BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR 324/95, BGHZ 136, 27). 2. Entgegen der Ansicht des Berufungsgericht ist kein angemessener Ausgleich vereinbart. § 17 VOB/B kommt nicht ergänzend zur Anwendung. Nach § 5 und § 10 Nr. 1 des Generalunternehmervertrags war die Klägerin nur berechtigt, den Gewährleistungseinbehalt von 5% durch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern abzulösen. Diese Vertragsklauseln und Nr. 17 der zusätzlichen Vertragsbedingungen sehen den Bareinbehalt von 5% der Auftragssumme vor. Der Einbehalt kann nur durch eine Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern abgelöst werden. § 10 Nr. 1 Satz 2 des Generalunternehmervertrags läût diese "statt dessen" zu, d.h. statt des in Satz 1 dieser Vertragsklausel geregelten Einbehalts von 5%. Nr. 17 der zusätzlichen Vertragsbedingungen befaût sich nur mit den Bürgschaften und nicht mit dem Austauschrecht. Die Wahl anderer Austauschsicherheiten gemäû § 17 Nr. 3 VOB/B oder das Verlangen nach Einzahlung auf ein Sperrkonto gemäû § 17 Nr. 6 Abs. 1 und 3 VOB/B ist damit nicht eröffnet. Vielmehr wird mit dieser Formulierung eindeutig zum Ausdruck gebracht, daû nur ein Bareinbehalt gewollt ist, der lediglich durch Bürgschaft auf erstes Anfordern abgelöst werden kann (vgl. dazu Heiermann/Riedl/Rusam, VOB/B, 9. Aufl., § 17 Rdn. 40). Auch durch die Be-
zugnahme auf die VOB/B in § 2 des Generalunternehmervertrages läût sich hierzu nichts herleiten, weil die VOB/B gegenüber den anderen das Ablösungsrecht ausschlieûenden Vertragsklauseln nachrangig gelten soll. Nach § 2 Nr. 8 dieses Vertrages soll die VOB/B hinter den speziellen Regelungen des Generalunternehmervertrages zurücktreten. Die Ablösung des Bareinbehalts von 5% durch eine Bürgschaft allein auf erstes Anfordern ist kein angemessener Ausgleich (BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR 324/95 aaO). Ullmann Hausmann Kuffer Kniffka Bauner

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 247/02 Verkündet am:
26. Februar 2004
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
AGBG § 9; VOB/B § 17 Nr. 4 Satz 2

a) Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrags, die den
Auftragnehmer verpflichtet, zur Sicherung der Gewährleistungsansprüche des
Auftraggebers ausschließlich eine unbefristete, unwiderrufliche, selbstschuldnerische
Bürgschaft zu stellen, ist nicht nach § 9 AGBG unwirksam.

b) Wird der Auftragnehmer in einer solchen Klausel verpflichtet, die Bürgschaft gemäß
"Muster des Auftraggebers" zu stellen, ist damit in Anlehnung an § 17 Nr. 4
Satz 2 VOB/B zum Ausdruck gebracht, daß die Bürgschaft nach Vorschrift des
Auftraggebers auszustellen ist. Der Auftraggeber wird nicht berechtigt, die Sicherungsabrede
durch das Muster zu ändern.
BGH, Urteil vom 26. Februar 2004 - VII ZR 247/02 - LG Wiesbaden
AG Wiesbaden
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Februar 2004 durch die Richter Hausmann, Dr. Wiebel, Dr. Kuffer,
Prof. Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 20. Juni 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten, nachdem diese zwei von der Klägerin gestellte Gewährleistungsbürgschaften in Anspruch genommen hat, die Rückzahlung der erlangten Beträge. Die Beklagte beauftragte die Klägerin am 18. Oktober 1994 in zwei selbständigen Verträgen mit den Außen- und Innenputzarbeiten für ein Neubauvorhaben. Die von der Beklagten gestellten Vertragsmuster sehen u.a. eine Gewährleistungszeit von fünf Jahren zuzüglich drei Wochen vor. Die VOB/B ist ergänzend vereinbart. Ferner enthalten die Verträge folgende Regelung:
"§ 9 Schlußzahlung, Gewährleistungssicherheit 1. Für die Dauer der Gewährleistungszeit gemäß § 6 wird eine Summe in Höhe von 5 % der Bruttoschlußrechnungssumme in Form einer unbefristeten, unwiderruflichen, selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Bank - gemäß Muster des Auftraggebers - gestellt. 2. …….." Streitig ist, ob der Klägerin bei Vertragsschluß ein Muster der Bürgschaftsurkunden übergeben worden ist. Dem jedenfalls später übergebenen Muster entsprechend übernahm die N.-Sparkasse zwei Gewährleistungsbürgschaften in Höhe von insgesamt 7.927,32 DM. Die Bürgschaftsurkunden enthalten einen Verzicht auf die Einreden nach den §§ 768, 770, 771 BGB sowie auf das Recht nach § 776 BGB. Ferner heißt es: "Wir verpflichten uns, bei Inanspruchnahme der Bürgschaft an den Auftraggeber Zahlung zu leisten." Nach Abnahme der Arbeiten im Mai und Juni 1995 machte die Beklagte Mängel geltend und setzte Fristen zu deren Beseitigung. Das lehnte die Klägerin mit Ausnahme eines Mangels ab. Die Beklagte nahm im Januar 2001 die Bürgschaften in Anspruch. Die Bürgin leistete unter dem Vorbehalt der Rückforderung wegen Nichtbestehens und Verjährung von Gewährleistungsansprüchen. Sie nahm bei der Klägerin Regreß und trat ihr die Rückforderungsansprüche gegen die Beklagte ab.
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen richtet sich ihre vom Berufungsgericht zugelassene Revision, mit der sie weiterhin Klageabweisung erstrebt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Beurteilung richtet sich nach dem bis zum 31. Dezember 2001 geltenden materiellen Recht (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

Das Berufungsgericht führt aus, der Rückzahlungsanspruch der Klägerin ergebe sich aus § 812 Abs. 1 Satz 1, § 818 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Bürgschaften seien ohne Rechtsgrund gegeben worden, die Sicherungsabreden seien wegen Verstoßes gegen das AGB-Gesetz unwirksam. Es handele sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen der Beklagten. Die Klägerin könne sich insoweit wegen der Gestaltung der Verträge auf den Beweis des ersten Anscheins berufen, den die Beklagte nicht entkräftet habe. Ob die Klauseln die Verpflichtung der Klägerin begründeten, Bürgschaften auf erstes Anfordern zu stellen, könne dahinstehen. Jedenfalls seien sie intransparent. Da auf ein Bürgschaftsmuster des Auftraggebers verwiesen werde, sei aus dem Vertragstext nicht unmittelbar erkennbar, welche Risiken denjenigen träfen, der sich zur Stellung der Bürgschaften verpflichte. Wenn bei Vertragsschluß ein Muster übergeben worden sei, sei die Gesamtregelung auch überraschend. Denn der Vertrags-
partner müsse nicht damit rechnen, daß das Muster weitergehende Regelungen als der Vertrag enthalte.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung überwiegend nicht stand. Die Sicherungsabreden sind nicht nach dem AGB-Gesetz unwirksam; sie verpflichten die Klägerin, unbefristete, unwiderrufliche, selbstschuldnerische Bürgschaften zu stellen. Die Klägerin kann die Rückzahlung der Bürgschaftsbeträge verlangen , wenn der Beklagten keine durch die Bürgschaften gesicherten Ansprüche mehr zustehen. 1. Die Sicherungsabreden sind nicht gemäß § 9 AGBG unwirksam.
a) Die Klauseln sind von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen. Der Vertragstext ist von der Beklagten vorgegeben und nicht im einzelnen ausgehandelt worden. Die Revision stellt allerdings die Absicht der Mehrfachverwendung in Frage und vermißt Feststellungen, daß die Beklagte gewerblich als Bauträgerin tätig gewesen ist. Damit hat sie keinen Erfolg. Allerdings bezeichnet das Berufungsgericht die Beklagte als Baubetreuungsunternehmen. Nach dem übereinstimmenden Sachvortrag der Parteien war sie dagegen als Bauträgerin tätig. Hierauf kommt es jedoch nicht an. Der Senat hat im Anschluß an sein den Bauträgervertrag betreffendes Urteil vom 14. Mai 1992 - VII ZR 204/90, BGHZ 118, 229, 238 entschieden , daß sich aus dem Inhalt und der Gestaltung der in einem Bauvertrag verwendeten Bedingungen ein von dem Verwender zu widerlegender Anschein dafür ergeben kann, daß sie zur Mehrfachverwendung vorformuliert sind. Das könne z.B. dann der Fall sein, wenn der Vertrag zahlreiche formelhafte Klauseln enthalte und nicht auf die individuelle Vertragssituation abgestimmt sei (Urteil
vom 27. November 2003 - VII ZR 53/03, NJW 2004, 502). Diese Grundsätze finden auch auf Baubetreuungsverträge Anwendung. Die Vertragsklauseln sind weitgehend allgemein und abstrakt gehalten. Bis auf wenige für die individualvertragliche Gestaltung notwendige Ausnahmen , wie die Bezeichnung der beauftragten Arbeiten, des Pauschalpreises und des Arbeitsbeginns, sind sie nicht auf das Bauvorhaben der Beklagten und die Beauftragung der Klägerin zugeschnitten. Sie sind allem Anschein nach für eine Mehrfachverwendung vorformuliert. Diesen Anschein hat die Beklagte nicht widerlegt.
b) Die bisher unterbliebene Auslegung der Sicherungsabreden, die der Senat nachholen kann, ergibt, daß die Klägerin unwiderrufliche, unbefristete, selbstschuldnerische Gewährleistungsbürgschaften ohne den Zusatz der Zahlung "auf erstes Anfordern" zu stellen hatte. Nach § 9 Nr. 1 der Verträge müssen die Bürgschaften unwiderruflich, unbefristet und selbstschuldnerisch sein. Bereits damit ist die Ausgestaltung der Bürgschaften abschließend geregelt. Ein Muster der Beklagten ist insoweit ohne Bedeutung. Mit der Formulierung „gemäß Muster des Auftraggebers“ wird zum Ausdruck gebracht, daß in Anlehnung an § 17 Nr. 4 Satz 2 VOB/B die Bürgschaften nach Vorschrift des Auftraggebers auszustellen sind. Der Inhalt der Sicherungsabrede wird durch diesen Zusatz nicht berührt; der Auftraggeber ist nicht berechtigt, die Sicherungsabrede durch das Muster zu ändern. Aus dem Urteil des Senats vom 2. März 2000 – VII ZR 475/98, BauR 2000, 1052, 1053 = ZfBR 2000, 332 = NZBau 2000, 285 folgt nichts anderes. Ihm lag eine Sicherungsabrede zu Grunde, die den Inhalt der Gewährleistungsbürgschaft offen ließ und allein auf das Muster des Auftraggebers verwies.
Eine andere Auslegung der Vertragsbestimmungen wäre auch dann nicht gerechtfertigt, wenn der Klägerin bei Vertragsschluß ein Muster der Bürgschaft übergeben worden sein sollte. Die Beschreibung der Bürgschaften im Vertrag stellt sich als eine abschließende Regelung dar. Die Klägerin mußte aus ihrer maßgeblichen Sicht als Erklärungsempfängerin die Übergabe des Musters nicht dahin verstehen, daß sich der Inhalt der geschuldeten Bürgschaften nicht nur nach dem Vertragstext, sondern auch nach dem Bürgschaftsmuster richten solle.
c) Mit diesem Inhalt sind die Klauseln nicht intransparent oder überraschend. Sie benachteiligen die Klägerin auch nicht unangemessen. Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrags, die einen durch eine selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaft ablösbaren Sicherheitseinbehalt vorsieht, verstößt nicht gegen § 9 AGBG (Urteil vom 13. November 2003 - VII ZR 57/02, BauR 2004, 325). Dem liegt die Überlegung zu Grunde, daß die in der Zinsbelastung und der Einschränkung der Kreditlinie liegenden Nachteile bei Bereitstellung einer Bürgschaft in Anbetracht der berechtigten Sicherungsinteressen des Auftraggebers nicht als so gewichtig erscheinen, daß ihretwegen die Unwirksamkeit der Klausel angenommen werden müsste. Das gilt in gleicher Weise für den Fall, daß die Bürgschaft wie hier als einziges Sicherungsmittel vereinbart ist. 2. Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, sind Bürgschaften auf erstes Anfordern gestellt worden. Die Bürgin hat auch auf erstes Anfordern gezahlt. Das allein führt nicht dazu, daß die Beklagte zur Rückzahlung der erhaltenen Beträge verpflichtet wäre. Eine Rückforderung scheidet aus, wenn die Beklagte einen Anspruch auf Verwertung der Bürgschaften hat (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 2003 – VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311, 317 = NZBau 2003, 321 = BauR 2003, 870 = ZfBR 2003, 447).
Nach dem Vortrag der Beklagten stehen ihr durchsetzbare Gewährleistungsansprüche nach § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B zu. Hierzu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. 3. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Klage nicht deshalb ungeachtet etwaiger Mängel in Höhe von 2.767,93 DM begründet, weil die Beklagte diesen Betrag von der Schlußrechnung für die Außenputzarbeiten abgezogen hat und die Bürgschaft erkennbar der Ablösung dieses Sicherheitseinbehalts gedient habe. Auf die vom Senat aufgestellten Grundsätze zum Austauschrecht des Auftragnehmers (vgl. Urteil vom 13. September 2001 - VII ZR 467/00, BGHZ 148, 151) kann sich die Klägerin nicht berufen. Ein Sicherheitseinbehalt ist nicht vereinbart worden. Hausmann Wiebel Kuffer Kniffka Bauner

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 494/00 Verkündet am:
16. Mai 2002
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
VOB/B § 17 Nr. 3 und 6

a) Die vorrangig vor der VOB/B geltende Vertragsklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
des Auftraggebers, die vorsieht, daß von der Schlußrechnung ein
Gewährleistungseinbehalt in Abzug gebracht wird, der durch eine Bürgschaft auf
erstes Anfordern abgelöst werden kann, ist dahin auszulegen, daß sowohl das
Wahlrecht aus § 17 Nr. 3 VOB/B als auch die Verpflichtung des Auftraggebers zur
Einzahlung auf ein Sperrkonto nach § 17 Nr. 6 VOB/B ausgeschlossen sind.

b) Eine derartige Klausel ist unwirksam (BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR
324/95, BGHZ 136, 27).
BGH, Urteil vom 16. Mai 2002 - VII ZR 494/00 - OLG Dresden
LG Dresden
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Mai 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Hausmann, Dr. Kuffer, Prof. Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 23. November 2000 aufgehoben. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 18. Mai 2000 wird zurückgewiesen. Die Beklagten tragen die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von den Beklagten die Herausgabe der Urkunde über eine Gewährleistungsbürgschaft. Sie war als Generalunternehmerin mit dem Umbau und der Sanierung eines Gebäudes beauftragt. Vertragsbestandteil waren unter anderem in dieser Reihenfolge der Generalunternehmervertrag und die VOB/B. Vereinbart war eine Gewährleistungsfrist von fünf Jahren. Nach einem Termin- und Zahlungsplan der von den Beklagten gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen
sollten Abschlagszahlungen bis zum Erreichen von 95% der Vertragssumme geleistet werden. Hinsichtlich der Zahlung sah § 5 Nr. 2 des GU-Vertrages weiter vor: "Von der Schluûrechnung wird ein Gewährleistungseinbehalt in Höhe von 5 % in Abzug gebracht. Dieser Gewährleistungseinbehalt kann durch Bürgschaft (Muster C.) abgelöst werden und kommt im Falle der Bürgschaftsvorlage umgehend zur Auszahlung." In § 10 Nr. 1 des Generalunternehmervertrags ist unter "Gewährleistungsbürgschaft" ebenfalls ein Einbehalt von 5% vorgesehen. "Statt dessen" konnte der Generalunternehmer Sicherheit durch Bürgschaft nach Muster leisten. Das Vertragsmuster weist eine Bürgschaft auf erstes Anfordern aus. Nach Erstellung der Schluûrechnung übergab die Klägerin den Beklagten eine Bürgschaftsurkunde über 490.000 DM. Zwischen den Parteien ist streitig , ob die Beklagten den Gewährleistungseinbehalt in voller Höhe ausbezahlt haben. Unstreitig ist noch ein Werklohn in Höhe von 140.115,25 DM offen. Die Klägerin stützt ihr Herausgabeverlangen darauf, daû die Beklagten den Bareinbehalt nicht vollständig ausbezahlt haben, ferner darauf, daû die Sicherungsabrede unwirksam sei. Das Landgericht hat die Beklagten zur Herausgabe der Gewährleistungsbürgschaft verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der dagegen gerichteten Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Das für das Schuldverhältnis maûgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

Das Berufungsgericht sieht in der Vereinbarung über den Sicherheitseinbehalt keinen Verstoû gegen § 9 AGBG. Der Auftragnehmer werde durch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur dann unangemessen benachteiligt, wenn im übrigen das Wahlrecht des § 17 VOB/B ausgeschlossen sei. Dies sei hier nicht der Fall. Weder in § 10 des GU-Vertrages noch in Nr. 17 der zusätzlichen Vertragsbedingungen sei das Wahlrecht ausgeschlossen worden. Dort seien lediglich Sonderregelungen für die Gestellung der Bürgschaft getroffen. § 17 VOB/B bleibe im übrigen anwendbar. Daher sei es dem Auftragnehmer noch möglich, es beim Einbehalt mit Einzahlungspflicht auf ein Sperrkonto zu belassen. Die Vertragsklausel sei deswegen nicht im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Bezug auf Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR 324/95, BGHZ 136, 27) unwirksam.

II.

Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg. Die Klägerin hat Anspruch auf Herausgabe der Bürgschaft auf erstes Anfordern, weil sie diese ohne Rechtsgrund gegeben hat (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Die Klägerin wird durch die Sicherungsabrede unangemessen im Sinne des § 9 AGBG benachteiligt. 1. Eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrages , wonach der Besteller nach Abnahme des Bauwerks 5 % der Auftragssumme für die Dauer der fünfjährigen Gewährleistungsfrist als Sicherheit einbehalten darf, benachteiligt den Unternehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen; sie ist unwirksam, wenn ihm kein angemessener Ausgleich dafür zugestanden wird (BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR 324/95, BGHZ 136, 27). 2. Entgegen der Ansicht des Berufungsgericht ist kein angemessener Ausgleich vereinbart. § 17 VOB/B kommt nicht ergänzend zur Anwendung. Nach § 5 und § 10 Nr. 1 des Generalunternehmervertrags war die Klägerin nur berechtigt, den Gewährleistungseinbehalt von 5% durch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern abzulösen. Diese Vertragsklauseln und Nr. 17 der zusätzlichen Vertragsbedingungen sehen den Bareinbehalt von 5% der Auftragssumme vor. Der Einbehalt kann nur durch eine Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern abgelöst werden. § 10 Nr. 1 Satz 2 des Generalunternehmervertrags läût diese "statt dessen" zu, d.h. statt des in Satz 1 dieser Vertragsklausel geregelten Einbehalts von 5%. Nr. 17 der zusätzlichen Vertragsbedingungen befaût sich nur mit den Bürgschaften und nicht mit dem Austauschrecht. Die Wahl anderer Austauschsicherheiten gemäû § 17 Nr. 3 VOB/B oder das Verlangen nach Einzahlung auf ein Sperrkonto gemäû § 17 Nr. 6 Abs. 1 und 3 VOB/B ist damit nicht eröffnet. Vielmehr wird mit dieser Formulierung eindeutig zum Ausdruck gebracht, daû nur ein Bareinbehalt gewollt ist, der lediglich durch Bürgschaft auf erstes Anfordern abgelöst werden kann (vgl. dazu Heiermann/Riedl/Rusam, VOB/B, 9. Aufl., § 17 Rdn. 40). Auch durch die Be-
zugnahme auf die VOB/B in § 2 des Generalunternehmervertrages läût sich hierzu nichts herleiten, weil die VOB/B gegenüber den anderen das Ablösungsrecht ausschlieûenden Vertragsklauseln nachrangig gelten soll. Nach § 2 Nr. 8 dieses Vertrages soll die VOB/B hinter den speziellen Regelungen des Generalunternehmervertrages zurücktreten. Die Ablösung des Bareinbehalts von 5% durch eine Bürgschaft allein auf erstes Anfordern ist kein angemessener Ausgleich (BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR 324/95 aaO). Ullmann Hausmann Kuffer Kniffka Bauner

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 453/02 Verkündet am:
25. März 2004
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
AGBG § 9 Abs. 1 Bf, § 6 Abs. 2

a) Die Verpflichtung eines Bauunternehmers, zur Sicherung von Vertragserfüllungsansprüchen
eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen, ist auch in Allgemeinen
Geschäftsbedingungen eines öffentlichen Auftraggebers unwirksam. Der Vertrag
ist ergänzend dahin auszulegen, daß der Auftragnehmer eine unbefristete,
selbstschuldnerische Bürgschaft schuldet (im Anschluß an BGH, Urteil vom 4. Juli
2002, BGHZ 151, 229).

b) Die ergänzende Vertragsauslegung kommt für Verträge, die nach dem
31. Dezember 2002 geschlossen worden sind, nicht mehr in Betracht. Das gilt
auch für Verträge, bei denen ein öffentlicher Auftraggeber nicht beteiligt ist.

c) Zur Wirksamkeit einer vom öffentlichen Auftraggeber in einem Bauvertrag gestellten
Klausel, mit der Vertragserfüllungssicherheit und Gewährleistungssicherheit
mit teilweise identischer Zweckbestimmung gefordert wird.
BGH, Urteil vom 25. März 2004 - VII ZR 453/02 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Februar 2004 durch den Richter Prof. Dr. Thode als Vorsitzenden und
die Richter Hausmann, Dr. Wiebel, Dr. Kuffer und Prof. Dr. Kniffka

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 15. August 2002 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Kläger.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger fordert von dem beklagten Land aus abgetretenem Recht der inzwischen insolventen Schuldnerin Herausgabe zweier Bürgschaftsurkunden. Anfang 1993 beauftragte das Staatsbauamt F. die Schuldnerin (künftig: S.) mit der Ausführung von landschaftsgärtnerischen Arbeiten bei einem Neubau. Dem Vertrag lagen die vom Beklagten gestellten Besonderen Vertragsbedingungen EVM (B) BVB (künftig: BVB) und die Zusätzlichen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen EVM (B) ZVB/E (künftig: ZVB/E) zugrunde. Ferner war die Geltung der VOB/B vereinbart. Die Regelung über die Sicherheitsleistung in Nr. 6 der BVB lautet u.a. wie folgt:
"6.1 Als Sicherheit für die Vertragserfüllung nach Nr. 33.1 ZVB/E hat der Auftragnehmer eine Bürgschaft nach dem Formblatt EFB-Sich 1 in Höhe von 3 v.H. der Auftragssumme einschließlich der Nachträge zu stellen. ... Nach Empfang der Schlußzahlung und Erfüllung aller bis dahin erhobenen Ansprüche kann der Auftragnehmer verlangen, daß die Bürgschaft in eine Gewährleistungsbürgschaft gemäß Formblatt EFB-Sich 2 in Höhe von 3 v.H. der Abrechnungssumme umgewandelt wird. 6.2 Als Sicherheit für die Gewährleistung nach Nr. 33.2 ZVB/E werden 3 v.H. der Auftragssumme einschließlich der Nachträge einbehalten , nach Feststellung der Abrechnungssumme ist diese maßgebend. Der Auftragnehmer kann statt dessen eine Gewährleistungsbürgschaft nach Formblatt EFB-Sich 2 stellen. ..." Die Regelung über die Sicherheitsleistung in Nr. 33 ZVB/E lautet wie folgt: "33.1 Die Sicherheit für Vertragserfüllung erstreckt sich auf die Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen aus dem Vertrag, insbesondere für die
vertragsgemäße Ausführung der Leistung einschließlich Abrechnung , Gewährleistung und Schadensersatz sowie auf die Erstattung von Überzahlungen einschließlich der Zinsen. 33.2 Die Sicherheit für Gewährleistung erstreckt sich auf die Erfüllung der Ansprüche auf Gewährleistung einschließlich Schadensersatz sowie auf die Erstattung von Überzahlungen einschließlich der Zinsen." Bei der Bürgschaft nach Formblatt EFB-Sich 1 handelt es sich um eine Bürgschaft auf erstes Anfordern. Bei der Bürgschaft nach Formblatt EFB-Sich 2 handelt es sich um eine selbstschuldnerische Bürgschaft. Im Rahmen des Vertragsschlusses stellte S. dem Beklagten unter Verwendung des Formblatts EFB-Sich 1 eine Bürgschaft in Höhe von 77.500 DM zur Verfügung. Nachdem die Leistung der S. im Mai 1995 abgenommen und im November 1995 die Schlußzahlung erfolgt war, stellte S. zur Ablösung des vom Beklagten vorgenommenen Sicherheitseinbehalts für Gewährleistungsansprüche eine weitere Bürgschaft über 31.035,17 DM unter Verwendung eines weiteren Formblatts EFB-Sich 1. Ende Mai 2000 forderte der Beklagte nach Abschluß eines wegen Baumängeln durchgeführten Beweissicherungsverfahrens die Bürgen zur Zahlung auf. Der Kläger, dem der Insolvenzverwalter der S. die Ansprüche auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunden abgetreten hatte, erwirkte eine einstweilige Verfügung , durch die dem Beklagten untersagt wurde, die Bürgen aus den Bürgschaften in Anspruch zu nehmen. Dieses Verfahren ruht bis zum Abschluß des vorliegenden Rechtsstreits.
Der Kläger begehrt Herausgabe der beiden Bürgschaftsurkunden mit der Begründung, die Vereinbarung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (künftig: AGB) verstoße gegen § 9 AGBG und sei daher unwirksam; die auf dieser Grundlage erteilten Bürgschaften seien daher rechtsgrundlos erlangt und herauszugeben. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Auf das Schuldverhältnis sind die bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetze anwendbar (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

Das Berufungsgericht führt aus, eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht gegeben, weil dieser nicht ausschließlich darauf verwiesen sei, für Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers entweder einen Sicherheitseinbehalt von 3 % der Auftragssumme zuzulassen oder eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen. Vielmehr bestimme Nr. 6.1 Satz 3 BVB, daß der Auftragnehmer nach Empfang der Schlußzahlung und Erfüllung aller bis dahin erhobenen Ansprüche verlangen könne, daß die gestellte Bürgschaft in eine Gewährleistungsbürgschaft gemäß Formblatt EFB-Sich 2 und damit in eine einfache
selbstschuldnerische Bürgschaft umgewandelt werde. Die einschlägigen Regelungen über die zu erbringende Sicherheitsleistung seien auch nicht unklar im Sinne von § 5 AGBG.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. Die Klauseln Nr. 6.1 und 6.2 BVB benachteiligen S. im Ergebnis weder für sich gesehen noch in ihrem Zusammenhang unangemessen im Sinne des § 9 Abs. 1 AGBG. 1. Die BVB und die ZVB/E des Beklagten sind als einheitliche Vertragsmuster Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 1 AGBG. Sie sind entweder unmittelbar oder in modifizierter Weise dem seinerzeit geltenden Vergabehandbuch für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes im Zuständigkeitsbereich der Finanzverwaltungen entnommen und für eine Vielzahl von Bauverträgen vorformuliert. Der Senat kann die Klauseln daher selbst uneingeschränkt auslegen. 2. Die Klausel Nr. 6.1 BVB ist im Hinblick auf das Recht, Zahlung auf erstes Anfordern zu verlangen, unwirksam; sie ist jedoch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes mit dem Inhalt einer unbefristeten selbstschuldnerischen Bürgschaft für eine Übergangszeit als wirksam anzusehen.
a) Soweit die Klausel Nr. 6.1 BVB i.V.m. Nr. 34.4 ZVB/E die Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern vorsieht, ist sie unwirksam.
Der Senat hat bereits entschieden, daß eine vom Auftraggeber, der nicht der öffentlichen Hand zuzuordnen ist, vorformulierte Sicherungsabrede unwirksam ist, wenn sie die Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern vorsieht (Urteil vom 18. April 2002 - VII ZR 192/01, BGHZ 150, 299; Urteil vom 4. Juli 2002 - VII ZR 502/99, BGHZ 151, 229; vgl. auch Urteil vom 10. April 2003 - VII ZR 314/01, BauR 2003, 1385 = ZfBR 2003, 672 = NZBau 2003, 493). Die Frage, ob die Klausel auch dann unwirksam ist, wenn sie von der öffentlichen Hand in AGB gestellt wird, hat der Senat bisher nicht entschieden. Die Frage ist streitig (für Unwirksamkeit: KG, IBR 2003, 416 = BauR 2004, 510; Schwenker, BGH-Report 2003, 939 f; Hogrefe, BauR 1999, 111, 113; Thode, ZfIR 2000, 165, 168; für Wirksamkeit: Ingenstau/Korbion/Joussen, 15. Aufl., B § 17 Nr. 4 Rdn. 69; OLG Stuttgart BauR 1994, 376 mit kritischer Anmerkung von Ulbrich). Der Senat hält die Klausel auch in diesem Fall für unwirksam. Es trifft zu, daß gegenüber der öffentlichen Hand ein Grund für die Unwirksamkeit, die unberechtigte Verlagerung des Insolvenzrisikos, ausscheidet. Es ist auch nicht zu verkennen, daß die öffentliche Hand gerade in Zeiten knapper Haushaltsmittel bei angeblich mangelhafter Arbeit des Auftragnehmers ein berechtigtes Interesse daran hat, nicht selbst in finanzielle Engpässe zu geraten. Das rechtfertigt es nicht, durch AGB das mit einer Bürgschaft auf erstes Anfordern verbundene Liquiditätsrisiko einseitig auf den Auftragnehmer zu verlagern. Eine unberechtigte Inanspruchnahme der Bürgschaft auf erstes Anfordern durch die öffentliche Hand ist nicht von vornherein ausgeschlossen. Durch den Rückgriff des Bürgen bei dem Auftragnehmer wird diesem bei Inanspruchnahme einer solchen Bürgschaft Liquidität entzogen. Solange die öffentliche Hand einen zu Unrecht erhaltenen Betrag nicht zurückzahlt, ist der Auftragnehmer in seinem Kreditrahmen bei dem Bürgen beschränkt. Er muß seinen Rückforderungsan-
spruch gerichtlich geltend machen und trägt damit die Last der Prozeßführung gegen eine Partei, die ihrerseits den Prozeß gerichtskostenfrei führen kann.
b) Die Unwirksamkeit der Klausel Nr. 6.1 BVB hat nicht zur Folge, daß keine Verpflichtung des Auftragnehmers besteht, eine Bürgschaft zu stellen. Vielmehr ist für eine Übergangszeit der Vertrag dahin auszulegen, daß der Auftragnehmer eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft schuldet (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - VII ZR 502/99, BGHZ 151, 229). Ein Herausgabeanspruch des Auftragnehmers besteht nicht. Der Auftragnehmer kann lediglich verlangen, daß sich der Auftraggeber gegenüber dem Auftragnehmer und dem Bürgen schriftlich verpflichtet, die Bürgschaft nicht auf erstes Anfordern, sondern nur als selbstschuldnerische Bürgschaft geltend zu machen (BGH, Urteil vom 10. April 2003 - VII ZR 314/01, BauR 2003, 1385).
c) Ein schützenswertes Vertrauen der öffentlichen Auftraggeber in die Wirksamkeit der Klausel Nr. 6.1 BVB besteht allerdings nur für Verträge, die bis zum Bekanntwerden der Entscheidung vom 4. Juli 2002 (VII ZR 502/99, aaO) geschlossen worden sind. Danach ist ein Vertrauen nicht mehr schützenswert. Der maßgebende Zeitpunkt ist der 1. Januar 2003. Im Hinblick auf den Zeitraum zwischen der Verkündung der Entscheidung vom 4. Juli 2002 und diesem Zeitpunkt ist gewährleistet, daß den beteiligten Verkehrskreisen, also auch den öffentlichen Auftraggebern, die Entscheidung bekannt geworden ist. 3. Die Klausel Nr. 6.2 BVB benachteiligt S. gleichfalls nicht unangemessen im Sinne von § 9 Abs. 1 AGBG. Sie sieht zur Sicherung der Gewährleistungsansprüche einen Bareinbehalt vor, der durch eine unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft abgelöst werden kann. Das ist nicht zu beanstanden (BGH, Urteil vom 13. November 2003 – VII ZR 57/02, BauR 2004, 325 = NZBau 2004, 145).
4. Die Klauseln Nr. 6.1 und 6.2 BVB stehen nicht in einem Zusammenhang , der zu einer Unwirksamkeit nach § 9 Abs. 1 AGBG führt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gewährt die Regelung über die Umwandlung in Nr. 6.1 Satz 3 BVB die Befugnis, unter den dort genannten Voraussetzungen die Vertragserfüllungsbürgschaft in eine Gewährleistungsbürgschaft umzuwandeln. Davon unabhängig ist der Auftragnehmer nach Nr. 6.2 BVB berechtigt, den von der Schlußzahlung einbehaltenen Betrag von 3 % sofort durch eine eigenständige Gewährleistungsbürgschaft abzulösen. Macht der Auftragnehmer davon Gebrauch, kann dies zu einer Verdoppelung der Sicherheit des Beklagten führen, die in Höhe von maximal 6 % auch zur Befriedigung aller bis zum Empfang der Schlußzahlung und Erfüllung aller bis dahin erhobenen Ansprüche entstandenen Gewährleistungsansprüche besteht. Das belastet den Auftragnehmer im Hinblick auf den vereinbarten Sicherungszweck , der nicht nur Gewährleistungsansprüche, sondern auch Überzahlungen umfaßt, nicht unangemessen. Thode Hausmann Wiebel Kuffer Kniffka

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 57/02
Verkündet am:
13. November 2003
Seelinger-Schardt
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
AGBG § 9 Bf

a) Die Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrages,
daß ein Sicherheitseinbehalt in Höhe von 5% der Bausumme für die Dauer
der fünfjährigen Gewährleistungsfrist durch eine selbstschuldnerische unbefristete
Bürgschaft abgelöst werden kann, verstößt nicht gegen § 9
Abs. 1 AGBG (im Anschluß an BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR
324/95, BGHZ 136, 27).

b) Wird die Ablösung durch die selbstschuldnerische Bürgschaft zusätzlich
davon abhängig gemacht, daß keine wesentlichen Mängel vorhanden
sind, ist diese Vertragsklausel unwirksam.
BGH, Urteil vom 13. November 2003 - VII ZR 57/02 - OLG Dresden
LG Dresden
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. November 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die
Richter Hausmann, Dr. Wiebel, Dr. Kuffer und Bauner

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 11. Januar 2002 insoweit aufgehoben, als zu ihrem Nachteil entschieden worden ist. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 7. März 2001 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren einschließlich der Kosten der Streithelfer.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin, ein Bauträgerunternehmen, nimmt die beklagte Bank aus einer Gewährleistungsbürgschaft auf Zahlung und Feststellung in Anspruch. Sie hat die inzwischen insolvente S. GmbH mit Generalunternehmervertrag vom 9. April 1997 (GUV) damit beauftragt, ein Haus in D. schlüsselfertig zu modernisieren. Als die Klägerin die Beseitigung von Mängeln verlangte, lehnte der Gesamtvollstreckungsverwalter die weitere Erfüllung des Vertrages ab.
In § 16 Nr. 2 GUV ist vereinbart: "Zur Absicherung eventueller Gewährleistungsansprüche werden 5 % des Pauschalfestpreises für die Dauer von fünf Jahren in Geld einbehalten. Der Auftragnehmer kann, soweit die Sicherheitsleistung nicht verwertet ist, die Auszahlung verlangen ... (,) sofern er in Höhe der geschuldeten Sicherheit eine selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaft ... gem. § 17 Ziff. 4 VOB/B ohne Hinterlegungsklausel erbringt und wesentliche Mängel nicht mehr vorhanden sind. Die Anlegungs- und Verzinsungspflicht nach § 17 Ziff. 6 VOB/B wird abbedungen. ... " Die Beklagte hat eine solche Bürgschaft ausgegeben. Sie hält jedoch die Vertragsklausel für unwirksam und möchte deshalb aus der Bürgschaft nicht für die Erfüllung der Verbindlichkeit einstehen. Nach ihrer Ansicht hat die Klägerin die Bürgschaft wegen der Unwirksamkeit des § 16 Nr. 2 GUV ohne Rechtsgrund erlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben. Dagegen wendet sich die Revision der Beklagten , welche die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils anstrebt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. Die Berufung der Klägerin ist unter Aufhebung des Berufungsurteils zurückzuweisen.
Das maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen.

I.

1. Das Berufungsgericht stellt fest, daß es sich bei § 16 Nr. 2 GUV um Allgemeine Geschäftsbedingungen der Klägerin handelt. Das ist nicht zu beanstanden und wird von der Revision als ihr günstig hingenommen. 2. Das Berufungsgericht führt aus, die Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu einem Bauvertrag, wonach der Auftraggeber nach Abnahme des Bauwerks 5 % der Auftragssumme für die Dauer der fünfjährigen Gewährleistungsfrist als Sicherheit einbehalten dürfe, benachteilige den Auftragnehmer entgegen Treu und Glauben unangemessen und sei unwirksam, wenn dem Auftragnehmer kein angemessener Ausgleich zugestanden werde. Das stellt die Revision zu Recht nicht in Frage; es entspricht der Rechtsprechung des Senats (BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR 324/95, BGHZ 136, 27). 3. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist § 16 Nr. 2 GUV zunächst dahingehend zu verstehen, daß die Hauptschuldnerin den als Sicherheit einbehaltenen Betrag nur durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft ablösen könne. Die Möglichkeit, Sicherheit durch Hinterlegung gemäß § 17 Nr. 5 VOB/B zu leisten , sei ausgeschlossen, desgleichen das Wahlrecht nach § 17 Nr. 3 VOB/B. Diese Auslegung der Klausel wird von der Revision als ihr günstig nicht angegriffen und sie ist rechtlich nicht zu beanstanden.
4. Das Berufungsgericht ist ferner der Ansicht, eine selbstschuldnerische Bürgschaft als einzige Austauschsicherheit sei kein angemessener Ausgleich für den vorgesehenen 5%igen Sicherheitseinbehalt. Diese Auffassung teilt der Senat nicht, jedoch ist die Klausel aus anderen Gründen unwirksam. § 16 Nr. 2 GUV ist gemäß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam, weil der Auftragnehmer unangemessen benachteiligt wird. Das ergibt sich im Gegensatz zur Ansicht des Berufungsgerichts nicht aus der Einschränkung, daß der Sicherheitseinbehalt nur gegen eine selbstschuldnerische Bürgschaft auszuzahlen ist (a), sondern aus der weiteren Voraussetzung, daß wesentliche Mängel nicht vorhanden sein dürfen (b).
a) Anders als im Falle einer Bürgschaft auf erstes Anfordern (BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 – VII ZR 324/95, a.a.O.) bietet die Möglichkeit eines Austausches des Sicherheitseinbehaltes gegen eine selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaft einen hinreichenden Ausgleich zu dem in der Vertragsklausel vorgesehenen Einbehalt. Die Klausel stellt den Auftragnehmer vor die Alternative, entweder für fünf Jahre auf unbestrittenen restlichen Werklohn zu verzichten, entsprechende Zinsverluste hinzunehmen und das Insolvenzrisiko des Auftraggebers zu tragen, oder seine Liquidität durch Beibringung einer Bankbürgschaft zu schmälern, die regelmäßig auf Kosten der Kreditlinie geht; außerdem sind für die Bankbürgschaft Avalzinsen zu zahlen, die wiederum einen Zinsertrag aus dem abgelösten Sicherheitseinbehalt schmälern. Die in der Zinsbelastung und dem Einfluß auf die Kreditlinie liegenden Nachteile bei Bereitstellung einer Bürgschaft erscheinen, berücksichtigt man auf der anderen Seite die berechtigten Interesse des Auftraggebers, nicht als so gewichtig, daß ihretwegen die Unwirksamkeit der Klausel angenommen werden müßte (vgl. für den Fall der Vertragserfüllungsbürgschaft BGH, Urteil vom 20. April 2000 – VII ZR 458/97, BauR 2000, 1498 = ZfBR 2000, 477).

b) Die weitere Voraussetzung in § 16 Nr. 2 GUV dagegen, daß wesentliche Mängel nicht vorhanden sein dürfen, führt zur Unwirksamkeit der Klausel. Diese Voraussetzung bedeutet eine so weitreichende Einschränkung der Berechtigung , eine Austauschbürgschaft zu stellen, daß ein angemessener Ausgleich zu den Nachteilen des Sicherheitseinbehaltes nicht mehr zugestanden wird. Jeder Streit um wesentliche Mängel blockiert das Austauschrecht, so daß es bei dem Sicherheitseinbehalt bleibt. Es ist nichts Ungewöhnliches, daß solche Auseinandersetzungen sich selbst bei unberechtigten Beanstandungen über die Dauer der Gewährleistungsfrist hinziehen. 5. Auf die weiteren Überlegungen des Berufungsgerichts zu einer bedingten Bürgschaft, für deren Vereinbarung sich aus der Vertragsklausel keine Anhaltspunkte ergeben, kommt es aus den vorstehenden Überlegungen nicht an.

II.

Weitere Feststellungen sind nicht zu treffen, so daß der Senat in der Sache selber entscheiden kann. Da § 16 Nr. 2 GUV unwirksam ist, hält die Klägerin die Bürgschaft ohne Rechtsgrund. Aus ihr kann sie die Beklagte nicht in Anspruch nehmen (§§ 768 Abs. 1, 812 Abs. 1 BGB).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO.
Dressler Hausmann Wiebel Kuffer Bauner

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 247/02 Verkündet am:
26. Februar 2004
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
AGBG § 9; VOB/B § 17 Nr. 4 Satz 2

a) Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrags, die den
Auftragnehmer verpflichtet, zur Sicherung der Gewährleistungsansprüche des
Auftraggebers ausschließlich eine unbefristete, unwiderrufliche, selbstschuldnerische
Bürgschaft zu stellen, ist nicht nach § 9 AGBG unwirksam.

b) Wird der Auftragnehmer in einer solchen Klausel verpflichtet, die Bürgschaft gemäß
"Muster des Auftraggebers" zu stellen, ist damit in Anlehnung an § 17 Nr. 4
Satz 2 VOB/B zum Ausdruck gebracht, daß die Bürgschaft nach Vorschrift des
Auftraggebers auszustellen ist. Der Auftraggeber wird nicht berechtigt, die Sicherungsabrede
durch das Muster zu ändern.
BGH, Urteil vom 26. Februar 2004 - VII ZR 247/02 - LG Wiesbaden
AG Wiesbaden
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Februar 2004 durch die Richter Hausmann, Dr. Wiebel, Dr. Kuffer,
Prof. Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 20. Juni 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten, nachdem diese zwei von der Klägerin gestellte Gewährleistungsbürgschaften in Anspruch genommen hat, die Rückzahlung der erlangten Beträge. Die Beklagte beauftragte die Klägerin am 18. Oktober 1994 in zwei selbständigen Verträgen mit den Außen- und Innenputzarbeiten für ein Neubauvorhaben. Die von der Beklagten gestellten Vertragsmuster sehen u.a. eine Gewährleistungszeit von fünf Jahren zuzüglich drei Wochen vor. Die VOB/B ist ergänzend vereinbart. Ferner enthalten die Verträge folgende Regelung:
"§ 9 Schlußzahlung, Gewährleistungssicherheit 1. Für die Dauer der Gewährleistungszeit gemäß § 6 wird eine Summe in Höhe von 5 % der Bruttoschlußrechnungssumme in Form einer unbefristeten, unwiderruflichen, selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Bank - gemäß Muster des Auftraggebers - gestellt. 2. …….." Streitig ist, ob der Klägerin bei Vertragsschluß ein Muster der Bürgschaftsurkunden übergeben worden ist. Dem jedenfalls später übergebenen Muster entsprechend übernahm die N.-Sparkasse zwei Gewährleistungsbürgschaften in Höhe von insgesamt 7.927,32 DM. Die Bürgschaftsurkunden enthalten einen Verzicht auf die Einreden nach den §§ 768, 770, 771 BGB sowie auf das Recht nach § 776 BGB. Ferner heißt es: "Wir verpflichten uns, bei Inanspruchnahme der Bürgschaft an den Auftraggeber Zahlung zu leisten." Nach Abnahme der Arbeiten im Mai und Juni 1995 machte die Beklagte Mängel geltend und setzte Fristen zu deren Beseitigung. Das lehnte die Klägerin mit Ausnahme eines Mangels ab. Die Beklagte nahm im Januar 2001 die Bürgschaften in Anspruch. Die Bürgin leistete unter dem Vorbehalt der Rückforderung wegen Nichtbestehens und Verjährung von Gewährleistungsansprüchen. Sie nahm bei der Klägerin Regreß und trat ihr die Rückforderungsansprüche gegen die Beklagte ab.
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen richtet sich ihre vom Berufungsgericht zugelassene Revision, mit der sie weiterhin Klageabweisung erstrebt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Beurteilung richtet sich nach dem bis zum 31. Dezember 2001 geltenden materiellen Recht (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

Das Berufungsgericht führt aus, der Rückzahlungsanspruch der Klägerin ergebe sich aus § 812 Abs. 1 Satz 1, § 818 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Bürgschaften seien ohne Rechtsgrund gegeben worden, die Sicherungsabreden seien wegen Verstoßes gegen das AGB-Gesetz unwirksam. Es handele sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen der Beklagten. Die Klägerin könne sich insoweit wegen der Gestaltung der Verträge auf den Beweis des ersten Anscheins berufen, den die Beklagte nicht entkräftet habe. Ob die Klauseln die Verpflichtung der Klägerin begründeten, Bürgschaften auf erstes Anfordern zu stellen, könne dahinstehen. Jedenfalls seien sie intransparent. Da auf ein Bürgschaftsmuster des Auftraggebers verwiesen werde, sei aus dem Vertragstext nicht unmittelbar erkennbar, welche Risiken denjenigen träfen, der sich zur Stellung der Bürgschaften verpflichte. Wenn bei Vertragsschluß ein Muster übergeben worden sei, sei die Gesamtregelung auch überraschend. Denn der Vertrags-
partner müsse nicht damit rechnen, daß das Muster weitergehende Regelungen als der Vertrag enthalte.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung überwiegend nicht stand. Die Sicherungsabreden sind nicht nach dem AGB-Gesetz unwirksam; sie verpflichten die Klägerin, unbefristete, unwiderrufliche, selbstschuldnerische Bürgschaften zu stellen. Die Klägerin kann die Rückzahlung der Bürgschaftsbeträge verlangen , wenn der Beklagten keine durch die Bürgschaften gesicherten Ansprüche mehr zustehen. 1. Die Sicherungsabreden sind nicht gemäß § 9 AGBG unwirksam.
a) Die Klauseln sind von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen. Der Vertragstext ist von der Beklagten vorgegeben und nicht im einzelnen ausgehandelt worden. Die Revision stellt allerdings die Absicht der Mehrfachverwendung in Frage und vermißt Feststellungen, daß die Beklagte gewerblich als Bauträgerin tätig gewesen ist. Damit hat sie keinen Erfolg. Allerdings bezeichnet das Berufungsgericht die Beklagte als Baubetreuungsunternehmen. Nach dem übereinstimmenden Sachvortrag der Parteien war sie dagegen als Bauträgerin tätig. Hierauf kommt es jedoch nicht an. Der Senat hat im Anschluß an sein den Bauträgervertrag betreffendes Urteil vom 14. Mai 1992 - VII ZR 204/90, BGHZ 118, 229, 238 entschieden , daß sich aus dem Inhalt und der Gestaltung der in einem Bauvertrag verwendeten Bedingungen ein von dem Verwender zu widerlegender Anschein dafür ergeben kann, daß sie zur Mehrfachverwendung vorformuliert sind. Das könne z.B. dann der Fall sein, wenn der Vertrag zahlreiche formelhafte Klauseln enthalte und nicht auf die individuelle Vertragssituation abgestimmt sei (Urteil
vom 27. November 2003 - VII ZR 53/03, NJW 2004, 502). Diese Grundsätze finden auch auf Baubetreuungsverträge Anwendung. Die Vertragsklauseln sind weitgehend allgemein und abstrakt gehalten. Bis auf wenige für die individualvertragliche Gestaltung notwendige Ausnahmen , wie die Bezeichnung der beauftragten Arbeiten, des Pauschalpreises und des Arbeitsbeginns, sind sie nicht auf das Bauvorhaben der Beklagten und die Beauftragung der Klägerin zugeschnitten. Sie sind allem Anschein nach für eine Mehrfachverwendung vorformuliert. Diesen Anschein hat die Beklagte nicht widerlegt.
b) Die bisher unterbliebene Auslegung der Sicherungsabreden, die der Senat nachholen kann, ergibt, daß die Klägerin unwiderrufliche, unbefristete, selbstschuldnerische Gewährleistungsbürgschaften ohne den Zusatz der Zahlung "auf erstes Anfordern" zu stellen hatte. Nach § 9 Nr. 1 der Verträge müssen die Bürgschaften unwiderruflich, unbefristet und selbstschuldnerisch sein. Bereits damit ist die Ausgestaltung der Bürgschaften abschließend geregelt. Ein Muster der Beklagten ist insoweit ohne Bedeutung. Mit der Formulierung „gemäß Muster des Auftraggebers“ wird zum Ausdruck gebracht, daß in Anlehnung an § 17 Nr. 4 Satz 2 VOB/B die Bürgschaften nach Vorschrift des Auftraggebers auszustellen sind. Der Inhalt der Sicherungsabrede wird durch diesen Zusatz nicht berührt; der Auftraggeber ist nicht berechtigt, die Sicherungsabrede durch das Muster zu ändern. Aus dem Urteil des Senats vom 2. März 2000 – VII ZR 475/98, BauR 2000, 1052, 1053 = ZfBR 2000, 332 = NZBau 2000, 285 folgt nichts anderes. Ihm lag eine Sicherungsabrede zu Grunde, die den Inhalt der Gewährleistungsbürgschaft offen ließ und allein auf das Muster des Auftraggebers verwies.
Eine andere Auslegung der Vertragsbestimmungen wäre auch dann nicht gerechtfertigt, wenn der Klägerin bei Vertragsschluß ein Muster der Bürgschaft übergeben worden sein sollte. Die Beschreibung der Bürgschaften im Vertrag stellt sich als eine abschließende Regelung dar. Die Klägerin mußte aus ihrer maßgeblichen Sicht als Erklärungsempfängerin die Übergabe des Musters nicht dahin verstehen, daß sich der Inhalt der geschuldeten Bürgschaften nicht nur nach dem Vertragstext, sondern auch nach dem Bürgschaftsmuster richten solle.
c) Mit diesem Inhalt sind die Klauseln nicht intransparent oder überraschend. Sie benachteiligen die Klägerin auch nicht unangemessen. Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrags, die einen durch eine selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaft ablösbaren Sicherheitseinbehalt vorsieht, verstößt nicht gegen § 9 AGBG (Urteil vom 13. November 2003 - VII ZR 57/02, BauR 2004, 325). Dem liegt die Überlegung zu Grunde, daß die in der Zinsbelastung und der Einschränkung der Kreditlinie liegenden Nachteile bei Bereitstellung einer Bürgschaft in Anbetracht der berechtigten Sicherungsinteressen des Auftraggebers nicht als so gewichtig erscheinen, daß ihretwegen die Unwirksamkeit der Klausel angenommen werden müsste. Das gilt in gleicher Weise für den Fall, daß die Bürgschaft wie hier als einziges Sicherungsmittel vereinbart ist. 2. Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, sind Bürgschaften auf erstes Anfordern gestellt worden. Die Bürgin hat auch auf erstes Anfordern gezahlt. Das allein führt nicht dazu, daß die Beklagte zur Rückzahlung der erhaltenen Beträge verpflichtet wäre. Eine Rückforderung scheidet aus, wenn die Beklagte einen Anspruch auf Verwertung der Bürgschaften hat (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 2003 – VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311, 317 = NZBau 2003, 321 = BauR 2003, 870 = ZfBR 2003, 447).
Nach dem Vortrag der Beklagten stehen ihr durchsetzbare Gewährleistungsansprüche nach § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B zu. Hierzu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. 3. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Klage nicht deshalb ungeachtet etwaiger Mängel in Höhe von 2.767,93 DM begründet, weil die Beklagte diesen Betrag von der Schlußrechnung für die Außenputzarbeiten abgezogen hat und die Bürgschaft erkennbar der Ablösung dieses Sicherheitseinbehalts gedient habe. Auf die vom Senat aufgestellten Grundsätze zum Austauschrecht des Auftragnehmers (vgl. Urteil vom 13. September 2001 - VII ZR 467/00, BGHZ 148, 151) kann sich die Klägerin nicht berufen. Ein Sicherheitseinbehalt ist nicht vereinbart worden. Hausmann Wiebel Kuffer Kniffka Bauner

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 475/98 Verkündet am:
2. März 2000
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
AGBG § 9 Bf, Ch Abs. 1
Die Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrages
"Der AG bzw. dessen Bevollmächtigter behält sich das Recht vor,
5 % der Gesamtsumme des Auftrags bis zum Ablauf der Garantiezeit
als Sicherheit für die Gewährleistung einzubehalten. Die Bestimmungen
des § 17 Nr. 6 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 3 VOB/B sind
ausdrücklich ausgeschlossen.
Der Gewährleistungseinbehalt ist durch eine Bürgschaft nach dem
Muster des AG ablösbar."
ist gemäß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam (im Anschluß an BGH, Urteil vom 5. Juni
1997 - VII ZR 324/95, BGHZ 136, 27).
BGH, Urteil vom 2. März 1999 - VII ZR 475/98 - OLG Karlsruhe
LG Heidelberg
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. März 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Dr. Haß, Dr. Wiebel, Dr. Kuffer und Wendt

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 29. September 1998 aufgehoben. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Heidelberg vom 23. April 1998 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelzüge.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin (Auftragnehmerin) verlangt von der Beklagten (Auftraggeberin ) Herausgabe einer von ihr gestellten Bürgschaft auf erstes Anfordern zur Ablösung eines Sicherungseinbehalts. In dem von der Beklagten vorformulierten Verhandlungsprotokoll heißt es:
"6. Vertragsgrundlagen Bestandteil des Vertrages sind in nachstehender Reihenfolge, wobei das vorhergehende gegenüber dem nachfolgenden bei Widersprüchen Vorrang hat:
a) dieses Verhandlungsprotokoll und die nach Abschluß dieser Verhandlung zwischen den Parteien schriftlich getroffenen weiteren Vereinbarungen. ... 16. Schlußrechnung Der AG bzw. dessen Bevollmächtigter behält sich das Recht vor, 5 % der Gesamtsumme des Auftrags bis zum Ablauf der Garantiezeit als Sicherheit für die Gewährleistung einzubehalten. Die Bestimmungen des § 17, Ziffer 6, Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 3 VOB/B sind ausdrücklich ausgeschlossen. Der Gewährleistungseinbehalt ist durch eine Bürgschaft nach dem Muster des AG ablösbar. ..."
Die nachrangigen Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) enthalten unter Nr. 1.15 die Klausel, daß der Auftraggeber 5 % der Gesamtsumme des Auftrags "bis zum Ablauf der Garantiezeit als Sicherheit für die Gewährleistung" einbehalten darf. § 17 VOB/B ist ausdrücklich ausgeschlossen. Das Landgericht hat der Herausgabeklage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Klägerin Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

I.

Das Berufungsgericht ist der Ansicht, Nr. 16 des Verhandlungsprotokolls und Nr. 1.15 (AVB) widersprächen sich. Daher gelte gemäß Nr. 6 des Verhandlungsprotokolls Nr. 16 als vorrangige Regelung. Danach sei § 17 VOB/B nur teilweise ausgeschlossen. § 17 Nr. 3 VOB/B gelte, so daß der Klägerin das Wahlrecht geblieben sei, die Einzahlung auf ein Sperrkonto zu verlangen oder eine Bürgschaft i.S.d. § 17 Nr. 4 VOB/B zu stellen. Nr. 16 des Verhandlungsprotokolls sei nicht in dem Sinne zu verstehen, daß der Sicherungseinbehalt nur durch eine Bürgschaft nach dem Muster der Beklagten, einer Bürgschaft auf erstes Anfordern, ablösbar sei.

II.

1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , Nr. 16 des Verhandlungsprotokolls und Nr. 1.15 (AVB) seien widersprüchlich. Maßgebend ist Nr. 16 des Verhandlungsprotokolls und die Beurteilung, ob diese Klausel der Inhaltskontrolle nach den AGBG standhält. 2. Das ist nicht der Fall.
a) Die dem Revisionsgericht obliegende Auslegung von Nr. 16 des Verhandlungsprotokolls ergibt, daß der Gewährleistungseinbehalt nur durch eine
Bürgschaft abgelöst werden kann und die in § 17 Nr. 2 VOB/B vorgesehene Hinterlegung von Geld und insoweit auch das entsprechende Wahlrecht des Auftragnehmers nach § 17 Nr. 3 VOB/B ausgeschlossen ist. Die Vertragsklausel räumt dem Auftraggeber das Recht ein, 5 % der Gesamtsumme des Auftrags bis zum Ablauf der Gewährleistungsfrist als Sicherheit einzubehalten. Wegen des Ausschlusses des § 17 Nr. 6 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 3 VOB/B muß der Auftraggeber einen einbehaltenen Betrag nicht mitteilen und ihn nicht binnen 18 Werktagen nach Mitteilung auf ein Sperrkonto bei dem vereinbarten Kreditinstitut einzahlen. Dem Auftragnehmer ist verwehrt, bei Nichteinzahlung des einbehaltenen Betrags nach angemessener Fristsetzung die sofortige Auszahlung des einbehaltenen Betrags ohne Sicherheitsleistung zu verlangen. Über das Recht des Auftragnehmers, den Einbehalt durch Hinterlegung von Geld zu ersetzen, wird nichts ausgeführt. Vielmehr legt der nachfolgende Hinweis über die Ablösung des Gewährleistungseinbehalts durch eine Bürgschaft nahe, daß nur diese Sicherheitsleistung dem Auftragnehmer als Ersetzungsalternative vorbehalten bleiben sollte.
b) Diese Ersetzungsalternative ist nicht ausreichend. Mit der Formulierung , der Gewährleistungseinbehalt sei "durch eine Bürgschaft nach dem Muster des AG ablösbar" bleibt anders als bei § 17 Nr. 4 VOB/B unklar (§ 5 AGBG), mit welcher Art der Bürgschaft der Gewährleistungseinbehalt vom Auftragnehmer ersetzt werden kann. Damit kann etwa gemeint sein eine Bürgschaft mit der Einrede der Vorausklage gemäß § 771 BGB, eine selbstschuldnerische Bürgschaft unter Verzicht auf die Einrede der Vorausklage (vgl. für den Anwendungsbereich der VOB/B § 17 Nr. 4 VOB/B) oder eine Bürgschaft auf erstes Anfordern. Dadurch ist die Vertragsklausel intransparent. Der Auftragnehmer kann aus ihr nicht entnehmen, mit welcher Bürgschaft er den Ge-
währleistungseinbehalt ablösen kann. Die Formulierung nach "Muster des AG" ist im Rahmen der AGB-rechtlichen Kontrolle dahin zu verstehen, daß eine bei Kaufleuten im Baugewerbe nicht unübliche Bürgschaft auf erstes Anfordern gemeint ist. Damit verlangt der Auftraggeber im Zusammenhang mit dem abzulösenden Gewährleistungseinbehalt von 5 % eine unzulässige Sicherheitsleistung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR 324/95, BGHZ 136, 27) benachteiligt eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrages, wonach der Besteller nach Abnahme eines Bauwerks 5 % der Auftragssumme für die Dauer einer fünfjährigen Gewährleistungsfrist als Sicherheit einbehalten darf, den Unternehmer entgegen Treu und Glauben unangemessen, wenn ihm kein angemessener Ausgleich zugestanden wird. Das dem Unternehmer eingeräumte Recht, den Einbehalt durch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern abzulösen, ist kein angemessener Ausgleich.

III.

Daher hat das Berufungsurteil keinen Bestand. Da weitere Feststellungen nicht mehr zu treffen sind, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden. Nr. 16 des Verhandlungsprotokolls ist unwirksam. Die Beklagte hat keinen Anspruch auf Sicherheit in der dort vereinbarten Form. Die Bürgschaftsurkunde ist an die Klägerin herauszugeben.
Ullmann Haß Wiebel Kuffer Wendt

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 494/00 Verkündet am:
16. Mai 2002
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
VOB/B § 17 Nr. 3 und 6

a) Die vorrangig vor der VOB/B geltende Vertragsklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
des Auftraggebers, die vorsieht, daß von der Schlußrechnung ein
Gewährleistungseinbehalt in Abzug gebracht wird, der durch eine Bürgschaft auf
erstes Anfordern abgelöst werden kann, ist dahin auszulegen, daß sowohl das
Wahlrecht aus § 17 Nr. 3 VOB/B als auch die Verpflichtung des Auftraggebers zur
Einzahlung auf ein Sperrkonto nach § 17 Nr. 6 VOB/B ausgeschlossen sind.

b) Eine derartige Klausel ist unwirksam (BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR
324/95, BGHZ 136, 27).
BGH, Urteil vom 16. Mai 2002 - VII ZR 494/00 - OLG Dresden
LG Dresden
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Mai 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Hausmann, Dr. Kuffer, Prof. Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 23. November 2000 aufgehoben. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 18. Mai 2000 wird zurückgewiesen. Die Beklagten tragen die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von den Beklagten die Herausgabe der Urkunde über eine Gewährleistungsbürgschaft. Sie war als Generalunternehmerin mit dem Umbau und der Sanierung eines Gebäudes beauftragt. Vertragsbestandteil waren unter anderem in dieser Reihenfolge der Generalunternehmervertrag und die VOB/B. Vereinbart war eine Gewährleistungsfrist von fünf Jahren. Nach einem Termin- und Zahlungsplan der von den Beklagten gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen
sollten Abschlagszahlungen bis zum Erreichen von 95% der Vertragssumme geleistet werden. Hinsichtlich der Zahlung sah § 5 Nr. 2 des GU-Vertrages weiter vor: "Von der Schluûrechnung wird ein Gewährleistungseinbehalt in Höhe von 5 % in Abzug gebracht. Dieser Gewährleistungseinbehalt kann durch Bürgschaft (Muster C.) abgelöst werden und kommt im Falle der Bürgschaftsvorlage umgehend zur Auszahlung." In § 10 Nr. 1 des Generalunternehmervertrags ist unter "Gewährleistungsbürgschaft" ebenfalls ein Einbehalt von 5% vorgesehen. "Statt dessen" konnte der Generalunternehmer Sicherheit durch Bürgschaft nach Muster leisten. Das Vertragsmuster weist eine Bürgschaft auf erstes Anfordern aus. Nach Erstellung der Schluûrechnung übergab die Klägerin den Beklagten eine Bürgschaftsurkunde über 490.000 DM. Zwischen den Parteien ist streitig , ob die Beklagten den Gewährleistungseinbehalt in voller Höhe ausbezahlt haben. Unstreitig ist noch ein Werklohn in Höhe von 140.115,25 DM offen. Die Klägerin stützt ihr Herausgabeverlangen darauf, daû die Beklagten den Bareinbehalt nicht vollständig ausbezahlt haben, ferner darauf, daû die Sicherungsabrede unwirksam sei. Das Landgericht hat die Beklagten zur Herausgabe der Gewährleistungsbürgschaft verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der dagegen gerichteten Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Das für das Schuldverhältnis maûgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

Das Berufungsgericht sieht in der Vereinbarung über den Sicherheitseinbehalt keinen Verstoû gegen § 9 AGBG. Der Auftragnehmer werde durch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur dann unangemessen benachteiligt, wenn im übrigen das Wahlrecht des § 17 VOB/B ausgeschlossen sei. Dies sei hier nicht der Fall. Weder in § 10 des GU-Vertrages noch in Nr. 17 der zusätzlichen Vertragsbedingungen sei das Wahlrecht ausgeschlossen worden. Dort seien lediglich Sonderregelungen für die Gestellung der Bürgschaft getroffen. § 17 VOB/B bleibe im übrigen anwendbar. Daher sei es dem Auftragnehmer noch möglich, es beim Einbehalt mit Einzahlungspflicht auf ein Sperrkonto zu belassen. Die Vertragsklausel sei deswegen nicht im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Bezug auf Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR 324/95, BGHZ 136, 27) unwirksam.

II.

Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg. Die Klägerin hat Anspruch auf Herausgabe der Bürgschaft auf erstes Anfordern, weil sie diese ohne Rechtsgrund gegeben hat (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Die Klägerin wird durch die Sicherungsabrede unangemessen im Sinne des § 9 AGBG benachteiligt. 1. Eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrages , wonach der Besteller nach Abnahme des Bauwerks 5 % der Auftragssumme für die Dauer der fünfjährigen Gewährleistungsfrist als Sicherheit einbehalten darf, benachteiligt den Unternehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen; sie ist unwirksam, wenn ihm kein angemessener Ausgleich dafür zugestanden wird (BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR 324/95, BGHZ 136, 27). 2. Entgegen der Ansicht des Berufungsgericht ist kein angemessener Ausgleich vereinbart. § 17 VOB/B kommt nicht ergänzend zur Anwendung. Nach § 5 und § 10 Nr. 1 des Generalunternehmervertrags war die Klägerin nur berechtigt, den Gewährleistungseinbehalt von 5% durch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern abzulösen. Diese Vertragsklauseln und Nr. 17 der zusätzlichen Vertragsbedingungen sehen den Bareinbehalt von 5% der Auftragssumme vor. Der Einbehalt kann nur durch eine Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern abgelöst werden. § 10 Nr. 1 Satz 2 des Generalunternehmervertrags läût diese "statt dessen" zu, d.h. statt des in Satz 1 dieser Vertragsklausel geregelten Einbehalts von 5%. Nr. 17 der zusätzlichen Vertragsbedingungen befaût sich nur mit den Bürgschaften und nicht mit dem Austauschrecht. Die Wahl anderer Austauschsicherheiten gemäû § 17 Nr. 3 VOB/B oder das Verlangen nach Einzahlung auf ein Sperrkonto gemäû § 17 Nr. 6 Abs. 1 und 3 VOB/B ist damit nicht eröffnet. Vielmehr wird mit dieser Formulierung eindeutig zum Ausdruck gebracht, daû nur ein Bareinbehalt gewollt ist, der lediglich durch Bürgschaft auf erstes Anfordern abgelöst werden kann (vgl. dazu Heiermann/Riedl/Rusam, VOB/B, 9. Aufl., § 17 Rdn. 40). Auch durch die Be-
zugnahme auf die VOB/B in § 2 des Generalunternehmervertrages läût sich hierzu nichts herleiten, weil die VOB/B gegenüber den anderen das Ablösungsrecht ausschlieûenden Vertragsklauseln nachrangig gelten soll. Nach § 2 Nr. 8 dieses Vertrages soll die VOB/B hinter den speziellen Regelungen des Generalunternehmervertrages zurücktreten. Die Ablösung des Bareinbehalts von 5% durch eine Bürgschaft allein auf erstes Anfordern ist kein angemessener Ausgleich (BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR 324/95 aaO). Ullmann Hausmann Kuffer Kniffka Bauner

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 502/99 Verkündet am:
4. Juli 2002
Heinzelmann,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
AGBG § 9 Abs. 1 Bf, Cl, § 6 Abs. 2; BGB §§ 133 B, 157 D a.F.

a) Die Verpflichtung eines Bauunternehmers in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
des Bestellers, zur Sicherung von Vertragserfüllungsansprüchen eine Bürgschaft
auf erstes Anfordern zu stellen, ist unwirksam (Bestätigung von BGH, Urteil vom
18. April 2002 – VII ZR 192/01, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

b) Der dadurch lückenhafte Vertrag ist ergänzend dahin auszulegen, daß der Bauunternehmer
eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft schuldet.

c) Eine solche ergänzende Vertragsauslegung kommt für Verträge, die nach Bekanntwerden
dieser Entscheidung in den beteiligten Verkehrskreisen abgeschlossen
werden, nicht mehr in Betracht.
BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 – VII ZR 502/99 - OLG Frankfurt am Main
LG Gießen
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juli 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Hausmann, Dr. Wiebel, Dr. Kuffer und Prof. Dr. Kniffka

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 16. Juli 1999 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist. Die Anschluûrevision der Beklagten wird zurückgewiesen. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die klagende Bauunternehmerin von der beklagten Bestellerin eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern herausverlangen kann.
Die Klägerin verpflichtete sich als Nachunternehmerin der Beklagten zu umfangreichen Elektroinstallationsarbeiten in einer Rheumaklinik in W. In dem unter Verwendung eines Formulars der Beklagten geschlossenen VOB-Vertrag wurde u.a. folgendes vereinbart: "14. Sicherheitsleistung 14.1 Der NU (= Klägerin) hat dem AG (= Beklagte) bis spätestens zum ..... / ...8... Tage / .... Wochen *) nach Vertragsabschluû einzureichen: eine
a) Vertragserfüllungsbürgschaft über DM ..... bzw. 10% der Brutto-Vertragssumme
b) Vorauszahlungsbürgschaft über DM ..... bzw. ....% Der AG behält sich vor, vom Vertrag zurückzutreten, falls der NU nicht die festgelegte (n) Bürgschaft(en) zum vereinbarten Termin einreicht und Schadensersatzansprüche geltend zu machen. 14.2 Der Einbehalt zur Sicherung der Gewährleistungsansprüche beträgt fünf% oder pauschal DM ...... *) der Schluûabrechnungssummen zuzüglich MWSt. Er kann durch eine Bankbürgschaft gemäû beiliegendem Text abgelöst werden (Anlage No. 1). In der Bürgschaft muû auf die Einrede der Anfechtung, Aufrechnung und Vorausklage verzichtet worden sein. Der Bürge muû sich in der Bürgschaftsurkunde verpflichten, auf erste Anforderung des AG (Gläubigers) zu zahlen. Die Bürgschaft darf nicht zeitlich befristet sein."
Die Klägerin stellte aufgrund dieser Regelung eine Bürgschaft auf erstes Anfordern über 195.500 DM. Zweck der Bürgschaft, deren Formulierung die Beklagte durch ein dem Vertrag beigefügtes Muster vorgegeben hatte, war die Sicherung sämtlicher Verpflichtungen aus dem Vertrag, insbesondere die vertragsgemäûe Ausführung der Leistung, die Rückerstattung von Überzahlungen und die Erfüllung aller Gewährleistungsverpflichtungen einschlieûlich eventuell geleisteter Vorauszahlungen. Ob die Klägerin ihre Arbeiten vollständig erbracht hat und ihre Werkleistung abgenommen worden ist, ist streitig. Die Klägerin hat von der Beklagten die Herausgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft an die Bürgin verlangt. Das
Landgericht hat der Klage uneingeschränkt stattgegeben. Das Berufungsgericht hat dieses Urteil dahingehend geändert, daû die Herausgabe von einer Zug um Zug zu übergebenden entsprechenden Bürgschaftsurkunde ohne die Verpflichtung zur Zahlung auf erstes Anfordern abhängig ist. Dagegen richten sich die Revision der Klägerin, die die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt, sowie die Anschluûrevision der Beklagten mit dem Ziel der vollständigen Klageabweisung.

Entscheidungsgründe:


Die Anschluûrevision hat keinen Erfolg. Die Revision hat Erfolg. Das für das Schuldverhältnis maûgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).
A. Zur Anschluûrevision:

I.

Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch der Klägerin auf Herausgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 BGB). Es führt aus, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verwenders verstoûe die Verpflichtung des Vertragspartners,
eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen, gegen § 9 Abs. 1 AGBG. Die Bürgschaftsurkunde sei daher ohne Rechtsgrund geleistet.

II.

Die hiergegen von der Anschluûrevision erhobenen Rügen sind nicht begründet. Die Verpflichtung eines Bauunternehmers in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Bestellers, zur Sicherung von Vertragserfüllungsansprüchen eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen, ist unwirksam. Dies hat der Senat in seinem Urteil vom 18. April 2002 - VII ZR 192/01, in Juris dokumentiert und zum Abdruck in BGHZ bestimmt, im einzelnen ausgeführt. Daran hält der Senat fest; auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils wird Bezug genommen.

B. Zur Revision:

I.

1. Das Berufungsgericht führt aus, der Klägerin stehe ein vertraglicher Anspruch auf Rückgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft nach § 17 Nr. 8 VOB/B nicht zu. Solange zwischen den Parteien Streit über die Frage der Abnahme der Werkleistung der Klägerin bestehe, müsse die Beklagte berechtigt sein, die Vertragserfüllungsbürgschaft zu behalten.
2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Nach § 17 Nr. 8 VOB/B hat der Auftraggeber eine nicht verwertete Sicherheit zum vereinbarten Zeitpunkt, spätestens nach Ablauf der Verjährungsfrist für die Gewährleistung, zurückzugeben. Ist ein Zeitpunkt für die Rückgabe nicht ausdrücklich vereinbart, so kann er sich aus Inhalt und Zweck der Sicherungsabrede ergeben (Ingenstau/Korbion, VOB, 14. Aufl., B § 17 Rdn. 182). Danach kann der Sicherungsnehmer verpflichtet sein, die Sicherung zurückzugewähren , sobald feststeht, daû die Sicherung nicht mehr in Anspruch genommen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 24. September 1998 - IX ZR 371/97, BGHZ 139, 325, 328).
b) Ein Zeitpunkt für die Rückgabe ist nicht vereinbart. Feststellungen dazu , daû die Sicherung nicht mehr in Anspruch genommen werden kann, fehlen. Daû Streit über die Abnahme besteht, ist unerheblich. Die Abnahme allein läût die durch die Vertragserfüllungsbürgschaft gesicherten Ansprüche nicht entfallen.

II.

1. Das Berufungsgericht führt weiter aus, die Klägerin habe einen Anspruch auf Herausgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern. Dieser Anspruch bestehe nur Zug um Zug gegen Stellung einer Bürgschaft ohne das Versprechen einer Zahlung auf erstes Anfordern. Nr. 14 des Vertrages der Parteien sei dahin auszulegen, daû die im letzten Absatz enthaltene Regelung über den Inhalt der Bürgschaft nicht nur für die Gewährleistungsbürgschaft (Nr. 14.2), sondern auch für die Vertragserfüllungsbürgschaft (Nr. 14.1) gelten solle. Insoweit sei der Wortlaut des Vertrages
zwar nicht völlig eindeutig. Die Gestaltung des Textes lasse jedoch die Auslegung zu, daû sich der Text des Vertrages auch auf die Vertragserfüllungsbürgschaft beziehe. Dies folge zu Lasten der Beklagten als Verwenderin aus § 5 AGBG. Die Klausel in Nr. 14 des Vertrages der Parteien sei in der Weise teilbar , daû die Verpflichtung zur Stellung einer gewöhnlichen Vertragserfüllungsbürgschaft gemäû § 6 AGBG aufrechterhalten bleibe. 2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nur teilweise stand.
a) Nach dem Vertrag ist die Klägerin verpflichtet, der Beklagten eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen. Der Revision ist allerdings zuzugeben, daû die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht hinreichend eindeutig sind, ob der letzte Absatz der Nr. 14 des Vertrages über den Inhalt der Bürgschaft auch auf die Vertragserfüllungsbürgschaft anzuwenden ist. Hat das Berufungsgericht dazu keine bindenden Feststellungen getroffen, so kann der Senat die Auslegung nachholen. Danach sind die besonderen Anforderungen an den Inhalt der Bürgschaft eindeutig auch auf die Vertragserfüllungsbürgschaft zu beziehen. Der Text und die Stellung des letzten Absatzes der Nr. 14 des Vertrages lassen zwar nicht ohne weiteres erkennen, ob die besonderen Anforderungen an den Inhalt der zu stellenden Bürgschaft und die Bindung der Klägerin an den Vordruck der Beklagten auch für die Vertragserfüllungsbürgschaft gelten sollen. Das als Anlage in den Vertrag aufgenommene Muster einer Bürgschaftserklärung, wonach der Bürge auf erstes Anfordern zu zahlen verpflichtet ist und das als gesichert auch die vertragsgemäûe Ausführung der Leistung nennt, beseitigt diese Zweifel. Eine solche Verpflichtung verstöût, wie bereits ausgeführt, gegen § 9 Abs. 1 AGBG, so daû der Klägerin ein Anspruch auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde an die Bürgin zusteht (§ 812 Abs. 1 BGB). Entgegen der An-
sicht der Revision kann die Unwirksamkeit der Klausel nicht auch auf einen unwirksamen Verzicht auf die Einrede des § 768 BGB gestützt werden (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2001 - IX ZR 236/00, BGHZ 147, 99 = WM 2001, 947 f). Denn dieser Verzicht ist nicht Inhalt der Klausel Nr. 14. In Satz 1 des letzten Absatzes dieser Klausel werden die Modalitäten des Inhalts der Bürgschaft abschlieûend geregelt.
b) Die Unwirksamkeit der Klausel in Nr. 14, hat nicht zur Folge, daû keine Bürgschaftsverpflichtung mehr bestünde. Der Vertrag ist vielmehr dahin auszulegen, daû die Klägerin verpflichtet ist, eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft ohne den Zusatz der Zahlung auf erstes Anfordern zu stellen (§ 6 Abs. 2 AGBG, §§ 133, 157 BGB). Dabei kann offenbleiben, ob die Klausel durch Streichung des Satzteils, wonach der Bürge sich verpflichtet, auf erste schriftliche Anforderung an den Auftraggeber Zahlung zu leisten, teilbar ist; denn ein ersatzloser Wegfall der Bürgschaftsverpflichtung kommt schon aus anderen Gründen nicht in Betracht. aa) Läût sich die mit dem Wegfall einer nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksamen Klausel entstehende Lücke nicht durch dispositives Gesetzesrecht füllen und führt dies zu einem Ergebnis, daû den beiderseitigen Interessen nicht in vertretbarer Rechnung trägt, so bedient sich die Rechtsprechung der ergänzenden Vertragsauslegung; denn es wäre unbillig und widerspräche der Zielsetzung des AGB-Gesetzes, dem Vertragspartner des Verwenders einen Vorteil zu belassen, der das Vertragsgefüge einseitig zu seinen Gunsten verschiebt (BGH, Urteil vom 13. November 1997 - IX ZR 289/96, BGHZ 137, 153, 157). An die Stelle der Klausel tritt dann die Gestaltung, die die Parteien bei sachgerechter Abwägung der beiderseitigen Interessen gewählt hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Geschäftsbedingung bekannt gewesen wäre. Dies entspricht
dem Sinn und Zweck des § 6 AGBG (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 1997 - IX ZR 289/96, aaO). bb) Die Lücke, die bei einem vollständigen Wegfall der nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksamen Klausel entsteht, läût sich durch dispositives Werkvertragsrecht nicht füllen. Es enthält keine Regelung, nach der ein Unternehmer verpflichtet ist, eine Vertragserfüllungsbürgschaft zu stellen. Es kommt daher nach § 6 Abs. 2 AGBG allein eine ergänzende Vertragsauslegung nach den Maûstäben der §§ 133, 157 BGB in Betracht. Danach hat der Unternehmer eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft zu stellen. (1) Der ersatzlose Wegfall der Bürgschaftsverpflichtung würde zu einem den Interessen der Parteien nicht mehr gerecht werdenden Ergebnis führen. Es entspricht dem anerkennenswerten Interesse des Auftraggebers, den Unternehmer auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft zu verpflichten. Denn ohne eine solche Sicherung ist der Auftraggeber möglicherweise nicht ausreichend geschützt (BGH, Urteile vom 18. April 2002 - VII ZR 192/01, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, und vom 20. April 2000 - VII ZR 458/97, BauR 2000, 1498 = ZfBR 2000, 477). Diesem Sicherungsinteresse haben die Parteien durch die Sicherungsabrede Rechnung tragen wollen. Würde die Sicherungsabrede ersatzlos wegfallen, würde jede Sicherung entfallen. Dieses Ergebnis ist mit dem durch die Sicherungsabrede zum Ausdruck gebrachten Willen der Parteien nicht zu vereinbaren. (2) Die Parteien hätten bei sachgerechter Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft gewählt, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Verpflichtung der Klägerin, eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern stellen zu müssen, bekannt gewesen wä-
re. Die Bedenken, dieses Ergebnis sei im Hinblick auf die Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten für Sicherheiten willkürlich, teilt der Senat nicht. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern ist kein Sicherungsmittel eigener Art. Sie stellt lediglich eine infolge des weitgehenden Einwendungsausschlusses den Gläubiger besonders privilegierende Form der Bürgschaftsverpflichtung dar (BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - IX ZR 24/98, NJW 1999, 2361, 2363). (3) Diesem Ergebnis steht die Entscheidung des Senats (Urteil vom 22. November 2001 - VII ZR 208/00, BauR 2002, 463 = ZfBR 2002, 249 = NZBau 2002, 151) nicht entgegen. Gegenstand der Prüfung war dort eine Formularklausel, in der dem Auftraggeber das Recht auf einen 5 %-igen Gewährleistungseinbehalt eingeräumt worden war. Allein dessen Angemessenheit hatte der Senat, wenn auch unter Berücksichtigung der Gesamtkonzeption der Klausel, zu der die Möglichkeit zur Stellung einer Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern gehörte, zu beurteilen.
c) Dem im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nach § 6 Abs. 2 AGBG gefundenen Ergebnis liegt maûgeblich die Erwägung zugrunde, die nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksame Klausel führe zu einer planwidrigen, von den Vertragsparteien nicht bedachten Unvollständigkeit des Vertrages. Eine solche Lücke wird allerdings dann nicht anzunehmen sein, wenn die in der Klausel enthaltene Regelung bei objektiver Betrachtung als vom Verwender bewuût abschlieûend gewählt anzusehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. April 1985 - IVb ZR 17/84, NJW 1985, 1835 f; MünchKomm/Basedow, 4. Aufl., AGBG § 6 Rdn. 13). Diese Annahme ist geboten, wenn der Auftraggeber nach Bekanntwerden der vorliegenden Entscheidung in alsdann zu schlieûenden Bauverträgen an der Klausel festhält und sie damit weiterverwendet. In diesen Fällen wird regelmäûig davon auszugehen sein, daû der Klauselverwender ausschlieûlich Wert auf eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern legt, und des-
halb bei Unwirksamkeit der Klausel eine ergänzende Vertragsauslegung zur Wahrung seines Sicherungsinteresses nicht mehr in Betracht kommt.
d) Die vom Berufungsgericht ausgesprochene Zug-um-Zug-Verurteilung kann aber gleichwohl nicht bestätigt werden, weil nach den bislang getroffenen Feststellungen noch offen ist, ob die Beklagte die Sicherung in Anspruch nehmen kann. Ullmann Hausmann Wiebel Kuffer Kniffka