Bundesgerichtshof Urteil, 14. Nov. 2017 - VII ZR 65/14

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:141117UVIIZR65.14.0
bei uns veröffentlicht am14.11.2017
vorgehend
Landgericht Hechingen, 2 O 273/11, 05.12.2012
Oberlandesgericht Stuttgart, 10 U 78/13, 25.02.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 65/14 Verkündet am:
14. November 2017
Klein,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB §§ 242 Ba, 133 B und C, 157 B; VOB/B (2006) § 13 Nr. 1
1. Der Auftragnehmer schuldet gemäß § 13 Nr. 1 VOB/B (2006) grundsätzlich die
Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zum Zeitpunkt der Abnahme.
Dies gilt auch bei einer Änderung der allgemein anerkannten Regeln der
Technik zwischen Vertragsschluss und Abnahme.
2. a) In einem solchen Fall hat der Auftragnehmer den Auftraggeber regelmäßig über
die Änderung und die damit verbundenen Konsequenzen und Risiken für die Bauausführung
zu informieren, es sei denn, diese sind dem Auftraggeber bekannt oder
ergeben sich ohne Weiteres aus den Umständen.

b) Der Auftraggeber hat sodann im Regelfall zwei Optionen.
ECLI:DE:BGH:2017:141117UVIIZR65.14.0

Der Auftraggeber kann zum einen die Einhaltung der neuen allgemein anerkannten Regeln der Technik verlangen mit der Folge, dass ein aufwändigeres Verfahren zur Herstellung erforderlich werden kann, als im Zeitpunkt des Vertragsschlusses von den Parteien vorgesehen. Der Auftragnehmer kann, soweit hierfür nicht von der Vergütungsvereinbarung erfasste Leistungen erforderlich werden, im Regelfall eine Vergütungsanpassung nach § 1 Nr. 3 oder 4, § 2 Nr. 5 oder 6 VOB/B (2006) verlangen. Der Auftraggeber kann zum anderen von einer Einhaltung der neuen allgemein anerkannten Regeln der Technik und damit von einer etwaigen Verteuerung des Bauvorhabens absehen.
VOB/B (2006) § 4 Nr. 7, § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 3. Ein Anspruch aus § 4 Nr. 7, § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB/B (2006) setzt gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 1 und Nr. 5 VOB/B (2006) grundsätzlich eine schriftliche Kündigungserklärung des Auftraggebers voraus. Bei ernsthafter und endgültiger Erfüllungsverweigerung des Auftragnehmers muss der Auftraggeber, der Vorschuss verlangt, zumindest konkludent zum Ausdruck bringen, dass er den Vertrag mit dem Auftragnehmer beenden will (Abweichung von BGH, Urteil vom 12. Januar 2012 - VII ZR 76/11, BGHZ 192, 190 Rn. 9; Versäumnisurteile vom 9. Oktober 2008 - VII ZR 80/07, BauR 2009, 99 Rn. 16 = NZBau 2009, 173 und vom 5. Juli 2001 - VII ZR 201/99, BauR 2001, 1577, juris Rn. 6 = NZBau 2001, 623; Urteil vom 20. April 2000 - VII ZR 164/99, BauR 2000, 1479, 1481, juris Rn. 21 = NZBau 2000, 421).
BGH, Urteil vom 14. November 2017 - VII ZR 65/14 - OLG Stuttgart LG Hechingen
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. November 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick, den Richter Dr. Kartzke und die Richterinnen Graßnack, Sacher und Borris
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 25. Februar 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung eines Vorschusses zur Mängelbeseitigung.
2
Auf der Grundlage des Angebots der Beklagten vom 14. März 2007, dem die VOB/B (2006) beigefügt war, erteilte die Klägerin der Beklagten - in Abände- rung eines bereits im Juli 2006 geschlossenen Vertrags - noch im März 2007 den Auftrag zur Errichtung dreier Pultdachhallen in verzinkter Stahlkonstruktion in G. zum Festpreis von 770.000 € zuzüglich Umsatzsteuer. In der Gebäudebeschreibung ist für die Hallen eine Schneelast von 80 kg/m² angegeben. Dies entsprach der DIN 1055-5 (1975) und der im Jahr 2006 erteilten Baugenehmigung. Nach den technischen Vorgaben der geänderten DIN 1055-5 (2005), deren verbindliche bauaufsichtliche Einführung für Bauvorhaben erfolgte, deren Genehmigung nach dem 1. Januar 2007 beantragt wurde, und die vorab im Jahr 2005 im Weißdruck erschienen war, ist in G. eine Schneelast von 139 kg/m² anzusetzen.
3
Die Beklagte errichtete die Hallen in der Zeit bis August 2007. Nachdem das mit der Montage der vorgesehenen Photovoltaikanlage auf dem Dach befasste Unternehmen wegen der Durchbiegung der Dachkonstruktion Bedenken angemeldet hatte, forderte die Klägerin die Beklagte zur Verstärkung der Dachkonstruktion auf. Die Beklagte kam dem nicht nach, stellte unter dem 30. Juni 2008 die Schlussrechnung und zeigte am 1. Juli 2008 Fertigstellung an. Die Klägerin verweigerte eine förmliche Abnahme.
4
Die Klägerin hat auf der Grundlage eines im Rahmen des von ihr eingeleiteten selbständigen Beweisverfahrens eingeholten Sachverständigengutachtens Mängelbeseitigungskosten in Höhe von ca. 856.800 € brutto veranschlagt. Dabei ist sie von einer Verpflichtung der Beklagten ausgegangen, die Dachkonstruktion unter Berücksichtigung der nach der DIN 1055-5 (2005) vorgesehenen Schneelast von 139 kg/m² zu ertüchtigen. Nach Abzug eines Einbehalts von der Werklohnforderung hat sie mit der Klage die Zahlung von 518.849,24 € brutto als Vorschuss gefordert.
5
Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich der Hauptforderung in vollem Umfang stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und diese unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung von 382.049,24 € verurteilt. Mit der vom Senat zugelassenen Revision strebt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage an.


Entscheidungsgründe:

6
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils im tenorierten Umfang und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

7
Das Berufungsgericht hat, soweit für die Revision von Bedeutung, im Wesentlichen ausgeführt:
8
Die von der Beklagten errichteten Hallen seien mangelhaft unabhängig davon, ob die Standsicherheit auf der Grundlage einer Schneelast von 80 kg/m² oder 139 kg/m² zu berechnen sei. Denn in allen drei Hallen seien bauliche Mängel vorhanden, die die Standsicherheit der Hallen selbst unter der Annahme einer zu berücksichtigenden Schneelast von 80 kg/m² gefährdeten.
9
Grundlage für den geltend gemachten Vorschussanspruch sei § 4 Nr. 7 i.V.m. § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB/B (2006), da das Werk nicht abgenommen worden sei. Dem Auftraggeber stehe danach die Differenz zwischen den zur Fertigstellung bzw. Mangelbeseitigung erforderlichen Kosten und der nach dem Vertrag an den Auftragnehmer zu bezahlenden restlichen Vergütung zu. Die Kosten richteten sich danach, welche Maßnahmen zur Ertüchtigung der Hallen unter Berücksichtigung einer Schneelast von 139 kg/m² erforderlich seien.
10
Nach § 13 Nr. 1 VOB/B (2006) habe der Auftragnehmer die Leistung zum Zeitpunkt der Abnahme frei von Sachmängeln zu verschaffen. Die Leistung sei im Zeitpunkt der Abnahme frei von Sachmängeln, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit habe und den anerkannten Regeln der Technik entspreche. Maßgeblich für die Frage, ob das Werk den anerkannten Regeln der Technik entspreche , sei nicht der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, sondern der Zeitpunkt der Abnahme. Da bisher weder eine Abnahme erfolgt noch die vorliegenden Mängel beseitigt worden seien, komme es für die Frage, welche Anforderungen den durchzuführenden Mangelbeseitigungsmaßnahmen zugrunde zu legen seien , auf den Zeitpunkt des Schlusses der letzten mündlichen Verhandlung an.
11
Spätestens ab dem Jahr 2010 und damit auch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht sei die DIN 1055-5 (2005) in der seit 1. Januar 2007 geltenden Fassung als anerkannte Regel der Technik im Hinblick auf die zu berücksichtigenden Schneelasten anzusehen gewesen.
12
Dem stehe nicht entgegen, dass nach der Parteivereinbarung lediglich eine Schneelast von 80 kg/m² habe maßgeblich sein sollen, was der DIN 1055-5 (1975) in der bis 31. Dezember 2006 geltenden Fassung entspreche. Unstreitig sei im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss zwischen den Parteien nicht ausdrücklich darüber gesprochen worden, dass die Ausführung von den anerkannten Regeln der Technik abweichen solle. Daher sei die ausdrückliche Vereinbarung einer Schneelast von 80 kg/m² zwar dahingehend zu verstehen, dass dadurch die von der Beklagten geschuldete Leistung bestimmt worden sei, aber nicht dahingehend, dass ausdrücklich eine Abweichung von den geltenden Regeln der Technik habe vereinbart werden sollen.
13
Die formalen Voraussetzungen des Vorschussanspruchs seien erfüllt. Zwar seien die von § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB/B (2006) grundsätzlich vorausgesetzte Fristsetzung mit Androhung der Auftragsentziehung und die anschließende Auftragsentziehung nicht erfolgt. Dies sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedoch entbehrlich, wenn der Auftragnehmer die vertragsgemäße Fertigstellung ernsthaft und endgültig verweigert habe. In der E-Mail des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 12. April 2011 liege eine solche ernsthafte und endgültige Verweigerung der vertragsgemäßen Fertigstellung , die bereits zu diesem Zeitpunkt die Berücksichtigung einer Schneelast von 139 kg/m² beinhaltet habe.
14
Damit stehe der Klägerin ein Kostenvorschuss für Maßnahmen zu, nach deren Durchführung die Hallen einer Schneelast von 139 kg/m² standhielten, obwohl zwischen den Parteien als maßgebliche Schneelast 80 kg/m² vereinbart gewesen sei. Dieser Vorteil führe jedoch nicht zu einer Kürzung des klägerischen Anspruchs unter dem Gesichtspunkt von Sowieso-Kosten. SowiesoKosten , mit denen der Auftragnehmer nicht belastet werden dürfe, seien Kosten für Maßnahmen, die dieser nach dem Vertrag nicht zu erbringen gehabt habe und um die das Werk bei ordnungsgemäßer Ausführung von vornherein teurer gewesen wäre. Eine solche Konstellation liege jedoch nicht vor. Denn die bei Berücksichtigung einer Schneelast von 139 kg/m² entstehenden Mehrkosten wären nicht angefallen, wenn die Beklagte ihre Leistung von vornherein mangelfrei erbracht hätte. Bei einer im Übrigen mangelfreien Bauausführung im Jahr 2007 auf der Grundlage einer Schneelast von 80 kg/m² hätte nicht deshalb eine mangelhafte Leistung der Beklagten vorgelegen, weil sich die Anforderun- gen der DIN 1055 geändert hätten. Die verschärften Anforderungen hätten nämlich noch nicht für Bauvorhaben gegolten, die aufgrund einer vor dem 1. Januar 2007 beantragten Baugenehmigung errichtet worden seien. Erst nachdem die DIN 1055-5 (2005) - spätestens ab dem Jahr 2010 - als anerkannte Regel der Technik anzusehen sei, habe sich dies geändert.
15
Eine Kürzung des klägerischen Anspruchs komme ferner nicht unter dem Gesichtspunkt des Vorteilsausgleichs in Betracht. Die Beklagte habe nicht vorgetragen , in welcher Höhe dem Vermögen der Klägerin durch die Ertüchtigung der Hallen unter Berücksichtigung der erhöhten Schneelast von 139 kg/m² ein Vermögensvorteil zuwachse.
16
Da die Klägerin vorsteuerabzugsberechtigt sei, stehe ihr indes nur der Nettobetrag der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 382.049,24 € als Vorschuss zu.

II.

17
Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der Vorschussanspruch nicht in der ausgeurteilten Höhe zuerkannt werden.
18
1. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass eine Abnahme des Bauwerks durch die Klägerin bislang nicht erfolgt ist.
19
Es hat weiter festgestellt, dass die Vorgaben der DIN 1055-5 (2005) zu den bei Bauvorhaben anzusetzenden Schneelasten spätestens ab dem Jahr 2010 zu den allgemein anerkannten Regeln der Technik zählen. Danach entsprach es spätestens ab diesem Zeitpunkt den allgemein anerkannten Regeln der Technik, in G. die Standsicherheit auf der Grundlage einer Schneelast von 139 kg/m² zu berechnen.
20
Die hiergegen erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet, § 564 Satz 1 ZPO.
21
2. Die auf diesen Feststellungen beruhende Auslegung des Berufungsgerichts , die Beklagte schulde nach dem Vertrag ungeachtet der Vereinbarung einer Schneelast von 80 kg/m² wegen der spätestens ab dem Jahr 2010 erfolgten Änderung der allgemein anerkannten Regeln der Technik die Errichtung der Hallen unter Berücksichtigung einer Schneelast von 139 kg/m², ist indes von Rechtsfehlern beeinflusst.
22
Die Auslegung von Willenserklärungen ist grundsätzlich Angelegenheit des Tatrichters. Eine revisionsrechtliche Überprüfung findet allerdings dahin statt, ob Verstöße gegen gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze , sonstige Erfahrungssätze oder Denkgesetze vorliegen oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht. Zu den anerkannten Auslegungsgrundsätzen zählt der Grundsatz der beiderseits interessengerechten Vertragsauslegung (vgl. BGH, Urteile vom 31. August 2017 - VII ZR 5/17, WM 2017, 2169 Rn. 24; vom 22. Oktober 2015 - VII ZR 58/14, NZBau 2016, 213 Rn. 15 f., und vom 5. März 2015 - IX ZR 133/14, BGHZ 204, 231 Rn. 21, jeweils m.w.N.). Diese Maßstäbe hat das Berufungsgericht nicht hinreichend berücksichtigt.
23
a) Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Auftragnehmer im Rahmen eines Vertrags, in den die VOB/B (2006) einbezogen ist, gemäß § 13 Nr. 1 VOB/B (2006) zum Zeitpunkt der Abnahme ein Bauwerk schuldet, das der vereinbarten Beschaffenheit und den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht.
24
Danach ist die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik unabhängig davon geschuldet, ob öffentlich-rechtlich geringere Anforderungen an die Bauausführung gestellt werden. Der Umstand, dass ein Bauwerk öffentlich -rechtlich zulässig ist und genutzt werden darf, ändert nichts daran, dass der Auftragnehmer die sich in den allgemein anerkannten Regeln der Technik widerspiegelnden üblichen (höheren) Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen einzuhalten hat.
25
Maßgebend sind nach § 13 Nr. 1 VOB/B (2006) grundsätzlich die allgemein anerkannten Regeln der Technik zum Zeitpunkt der Abnahme. (vgl. Kapellmann/Messerschmidt/Weyer, VOB Teile A und B, 5. Aufl., § 13 VOB/B Rn. 55 f.; Beck'scher VOB/B-Kommentar/Ganten, 3. Aufl., § 13 Abs. 1 Rn. 77; Leinemann/Schliemann, VOB/B, 6. Aufl., § 13 Rn. 35 ff.; Kniffka in Kniffka/ Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Aufl., 6. Teil Rn. 35; Messerschmidt/ Voit/Drossart, Privates Baurecht, 2. Aufl., § 633 BGB Rn. 32; vgl. zum gesetzlichen Werkvertragsrecht auch BGH, Urteil vom 14. Mai 1998 - VII ZR 184/97, BGHZ 139, 16, 19 juris Rn. 11).
26
Dies gilt im Regelfall auch bei einer Änderung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zwischen Vertragsschluss und Abnahme. In einem solchen Fall hat der Auftragnehmer den Auftraggeber über die Änderung und die damit verbundenen Konsequenzen und Risiken für die Bauausführung zu informieren, es sei denn, diese sind dem Auftraggeber bekannt oder ergeben sich ohne Weiteres aus den Umständen. Ein nach beiden Seiten hin interessengerechtes Verständnis des Bauvertrags führt unter Berücksichtigung von Treu und Glauben regelmäßig dazu, dass für den Auftraggeber zwei Optionen bestehen.
27
Der Auftraggeber kann zum einen die Einhaltung der neuen allgemein anerkannten Regeln der Technik verlangen mit der Folge, dass ein aufwändige- res Verfahren zur Herstellung des Werks erforderlich werden kann, als im Zeitpunkt des Vertragsschlusses von den Parteien vorgesehen, oder dass ein bereits erstelltes Bauwerk für die Abnahme noch ertüchtigt werden muss. Der Auftragnehmer kann, soweit hierfür nicht von der Vergütungsvereinbarung erfasste Leistungen erforderlich werden, im Regelfall eine Vergütungsanpassung nach § 1 Nr. 3 oder 4, § 2 Nr. 5 oder 6 VOB/B (2006) verlangen.
28
Der Auftraggeber kann zum anderen von einer Einhaltung der neuen allgemein anerkannten Regeln der Technik und damit von einer etwaigen Verteuerung des Bauvorhabens absehen.
29
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können die Parteien allerdings bei Vertragsschluss auch eine Vereinbarung treffen, nach der die Bauausführung hinter den aktuellen oder den künftigen allgemein anerkannten Regeln der Technik, soweit deren Einführung bereits absehbar ist, zurückbleibt. Dies erfordert, dass der Auftragnehmer den Auftraggeber auf die Bedeutung der allgemein anerkannten Regeln der Technik und die mit der Nichteinhaltung verbundenen Konsequenzen und Risiken hinweist, es sei denn, diese sind dem Auftraggeber bekannt oder ergeben sich ohne Weiteres aus den Umständen. Ohne eine entsprechende Kenntnis kommt eine rechtsgeschäftliche Zustimmung des Auftraggebers zu einer hinter den allgemein anerkannten Regeln der Technik zurückbleibenden Ausführung regelmäßig nicht in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2013 - VII ZR 134/12, BauR 2013, 952 Rn. 15 = NZBau 2013, 295; Urteil vom 4. Juni 2009 - VII ZR 54/07, BGHZ 181, 225 Rn. 14; jeweils m.w.N.; vgl. auch Kniffka in Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Aufl., 6. Teil Rn. 37). Die Parteien können eine solche Vereinbarung auch nach Vertragsschluss treffen.
30
c) Soweit das Berufungsgericht eine solche Vereinbarung allein deshalb verneint, weil anlässlich des Vertragsschlusses nicht ausdrücklich darüber gesprochen worden sei, dass mit der Vereinbarung einer Schneelast von 80 kg/m² eine von den allgemein anerkannten Regeln der Technik abweichende Ausführung vereinbart werden sollte, lässt die Auslegung wesentliche, für eine beiderseits interessengerechte Auslegung bedeutsame Umstände unberücksichtigt.
31
Das Berufungsgericht setzt sich bei der Auslegung nicht hinreichend mit dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden, teilweise unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten auseinander. Danach beruhte die Vereinbarung einer Schneelast von 80 kg/m² auf ausdrücklichen Vertragsverhandlungen der Parteien, wobei der fachkundigen Klägerin und deren Architekten und Statiker die Änderung der Vorgaben zur Schneelast in der DIN 1055-5 (2005) bekannt gewesen sei. Es sei der Klägerin im Hinblick auf einen engen Finanzspielraum gerade darauf angekommen, die öffentlich-rechtlich noch zulässige und deutlich preiswertere Herstellungsart, die eine Schneelast von nur 80 kg/m² gemäß der DIN 1055-5 (1975) vorsah, zu verwirklichen. Entsprechend sei auch in den Baubesprechungen über die neue Schneelastnorm gesprochen worden, ohne dass eine Änderung der Bauausführung verlangt worden sei. Bei Zugrundelegung dieses Vortrags kommt in Betracht, dass die Klägerin eines besonderen Hinweises auf die Bedeutung der Schneelastnormen und die mit der Vereinbarung einer geringeren Schneelast gemäß der DIN 1055-5 (1975) verbundenen Konsequenzen und Risiken nicht bedurfte, da diese für sie auf der Hand lagen, und sie in Kenntnis der maßgebenden Umstände aus Preisgründen diese Bauausführung vereinbart hat.
32
3. Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht mangels Abnahme den Vorschussanspruch auf § 4 Nr. 7 in Verbindung mit § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB/B (2006) gestützt (vgl. BGH, Urteil vom 20. April 1989 - VII ZR 80/88, BauR 1989, 462, 464, juris Rn. 15). Allerdings ist die Auffassung des Berufungsgerichts, im Rahmen dieses Anspruchs sei eine Kündigungserklärung der Klägerin entbehrlich gewesen, von Rechtsfehlern beeinflusst.
33
Ein Anspruch aus § 4 Nr. 7, § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB/B (2006) setzt gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 1 und Nr. 5 VOB/B (2006) grundsätzlich eine schriftliche Kündigungserklärung des Auftraggebers voraus. Allerdings hat der Bundesgerichtshof bei ernsthafter und endgültiger Erfüllungsverweigerung des Auftragnehmers eine Kündigungserklärung des Auftraggebers nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB für entbehrlich gehalten. Er hat die Entbehrlichkeit der Kündigungserklärung damit begründet, dass der Auftragnehmer durch seine endgültige Weigerung das Recht zur Vertragserfüllung verloren habe, so dass es zu unklaren Verhältnissen über die weitere Bauabwicklung nicht mehr kommen könne (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2012 - VII ZR 76/11, BGHZ 192, 190 Rn. 9; Versäumnisurteile vom 9. Oktober 2008 - VII ZR 80/07, BauR 2009, 99 Rn. 16 = NZBau 2009, 173 und vom 5. Juli 2001 - VII ZR 201/99, BauR 2001, 1577, juris Rn. 6 = NZBau 2001, 623; Urteil vom 20. April 2000 - VII ZR 164/99, BauR 2000, 1479, 1481, juris Rn. 21 = NZBau 2000, 421). An dieser Rechtsprechung hält der Senat nicht uneingeschränkt fest. Allein der Verlust des Rechts des Auftragnehmers, den Vertrag zu erfüllen, beschränkt nicht das Recht des Auftraggebers, auf Erfüllung zu bestehen und gegebenenfalls Erfüllungsklage zu erheben. Es ist daher für einen Anspruch aus § 4 Nr. 7, § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB/B (2006) neben der ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung des Auftragnehmers auch ein Verhalten des Auftraggebers erforderlich , das dem mit der Regelung verfolgten Zweck, klare Verhältnisse zu schaffen, gerecht wird. Das ist der Fall, wenn der Auftraggeber, der Vorschuss verlangt, zumindest konkludent zum Ausdruck bringt, dass er den Vertrag mit dem Auftragnehmer beenden will.

III.

34
Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Das Berufungsgericht wird die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben.
35
Insoweit weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:
36
Kommt das Berufungsgericht nach Aufklärung weiterhin zu dem Ergebnis , dass die Voraussetzungen eines Vorschussanspruchs vorliegen und die Beklagte die Errichtung der Hallen unter Berücksichtigung einer Schneelast von 139 kg/m² schuldet, wird es zu überprüfen haben, inwieweit der Anspruch der Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Sowieso-Kosten zu kürzen ist. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann eine Kürzung nicht verneint werden.
37
1. Haben die Parteien neben dem Werkerfolg eine bestimmte Herstellungsart nach Vorgaben des Auftraggebers ausdrücklich vereinbart, so wird regelmäßig nur diese durch die Vergütungsvereinbarung abgegolten. Schuldet der Auftragnehmer zur Erreichung des vereinbarten Werkerfolgs zusätzlichen Herstellungsaufwand, der nicht von der Vergütung erfasst ist, ist das rechtsgeschäftlich festgelegte Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung gestört. Im Rahmen eines Vertrags, in den die VOB/B (2006) einbezogen ist, schaffen die Regelungen in § 1 Nr. 3 und 4, § 2 Nr. 5 und 6 VOB/B (2006) hierfür einen Ausgleich. Danach kann der Auftraggeber den zur Erreichung des Werkerfolgs erforderlichen zusätzlichen Herstellungsaufwand anordnen. Dem Auftragnehmer steht hierfür eine Nachtragsvergütung zu, die sich nach § 2 Nr. 5 oder 6 VOB/B (2006) oder bei fehlender Anordnung nach § 2 Nr. 8 VOB/B (2006) bestimmt. Liegen in einem solchen Fall die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Vorschuss der im Rahmen einer Ersatzvornahme voraussichtlich anfallenden Mängelbeseitigungskosten vor, sind die Kosten für den zusätzlichen Herstellungsaufwand im Rahmen von Sowieso-Kosten zu berücksichtigen. Es besteht kein Anlass, den Auftraggeber im Rahmen eines Anspruchs gemäß § 4 Nr. 7, § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB/B (2006) oder im Rahmen von Mängelansprüchen besser zu stellen (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 1999 - VII ZR 468/98, BauR 2000, 571, 573, juris Rn. 18 = NZBau 2000, 131 zum Anspruch gemäß § 4 Nr. 7, § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB/B (2006); BGH, Urteile vom 27. Juli 2006 - VII ZR 202/04, BGHZ 168, 368 Rn. 25; vom 17. Mai 1984 - VII ZR 169/82, BGHZ 91, 206, 209 ff., juris Rn. 17 ff., und vom 22. März 1984 - VII ZR 50/82, BGHZ 90, 344, 348, juris Rn. 34 zu Mängelansprüchen). Als Sowieso-Kosten sind danach diejenigen Mehrkosten zu berücksichtigen, um die das Werk bei ordnungsgemäßer Ausführung von vornherein teurer geworden wäre.
38
2. Gleiches gilt, wenn bei der Bestimmung des geschuldeten Werkerfolgs eine vor Abnahme eingetretene Änderung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zu berücksichtigen ist und der zur Erreichung des Werkerfolgs erforderliche zusätzliche Herstellungsaufwand nicht von der vereinbarten Vergütung erfasst ist. Auch in diesem Fall sind die hierfür anfallenden Kosten gemäß § 1 Nr. 3 und 4, § 2 Nr. 5 und 6 VOB/B (2006) oder unter dem Gesichtspunkt der Sowieso-Kosten vom Auftraggeber zu tragen.
39
3. Sollte das Berufungsgericht weiterhin zu dem Ergebnis kommen, dass die vertragliche Vergütungsvereinbarung nur auf eine Schneelast von 80 kg/m² bezogen ist, ist die Auffassung des Berufungsgerichts, eine Kürzung des Vorschussanspruchs unter dem Gesichtspunkt der Sowieso-Kosten sei abzulehnen , weil im Jahr 2007 die Errichtung der Hallen unter Berücksichtigung einer Schneelast von 80 kg/m² noch ohne zusätzlichen Herstellungsaufwand mangelfrei möglich gewesen wäre, nicht tragfähig. Damit wird verkannt, dass die Klägerin mit der geforderten Mangelbeseitigung unter Berücksichtigung einer Schneelast von 139 kg/m² ein Bauwerk erhält, für das sie wegen des von der Vergütungsvereinbarung nicht erfassten zusätzlichen Herstellungsaufwandes von vornherein mehr hätte zahlen müssen.
Eick Kartzke Graßnack Sacher Ri'inBGH Borris ist wegen dienstlicher Abwesenheit an der Unterschriftsleistung gehindert. Eick

Vorinstanzen:
LG Hechingen, Entscheidung vom 05.12.2012 - 2 O 273/11 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 25.02.2014 - 10 U 78/13 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 14. Nov. 2017 - VII ZR 65/14

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 14. Nov. 2017 - VII ZR 65/14

Referenzen - Gesetze

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 564 Keine Begründung der Entscheidung bei Rügen von Verfahrensmängeln


Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.
Bundesgerichtshof Urteil, 14. Nov. 2017 - VII ZR 65/14 zitiert 4 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 564 Keine Begründung der Entscheidung bei Rügen von Verfahrensmängeln


Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

Referenzen - Urteile

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Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juni 2009 - VII ZR 54/07

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Bundesgerichtshof Urteil, 07. März 2013 - VII ZR 134/12

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 134/12 Verkündet am: 7. März 2013 Besirovic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR

Bundesgerichtshof Urteil, 05. Juli 2001 - VII ZR 201/99

bei uns veröffentlicht am 05.07.2001

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Bundesgerichtshof Urteil, 20. Apr. 2000 - VII ZR 164/99

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Bundesgerichtshof Urteil, 14. Nov. 2017 - VII ZR 65/14

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Bundesgerichtshof Urteil, 22. Okt. 2015 - VII ZR 58/14

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Bundesgerichtshof Urteil, 05. März 2015 - IX ZR 133/14

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR133/14 Verkündet am: 5. März 2015 Kluckow Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja BGB § 311 Abs. 1, § 32
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 14. Nov. 2017 - VII ZR 65/14.

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Referenzen

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄ UMNISURTEIL
VII ZR 201/99 Verkündet am:
5. Juli 2001
Heinzelmann,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Juli 2001 durch die Richter Prof. Dr. Thode, Hausmann, Dr. Wiebel,
Dr. Kuffer und Dr. Kniffka

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten werden das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 23. September 1998 einschließlich des ihm zugrundeliegenden Verfahrens sowie das Urteil des 13. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 12. Mai 1999 insoweit aufgehoben, als die Widerklage in Höhe von 64.707,11 DM zuzüglich Zinsen abgewiesen und die Berufung des Beklagten insoweit zurückgewiesen worden ist. In diesem Umfang wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten beider Rechtsmittelverfahren , an das Landgericht Potsdam zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Abrechnung eines Bauvertrages über eine Doppelhaushälfte. Sie haben die VOB/B vereinbart. Die Klägerin hat restlichen Werklohn verlangt, nachdem sie den Vertrag gekündigt hatte. Der Beklagte hat in Höhe von 136.885,90 DM Widerklage erhoben. Mit dieser verlangt er
Mehrkosten der Fertigstellung, Mängelbeseitigungskosten und Schadensersatz vor allem für Mietausfall infolge späterer Fertigstellung. Das Landgericht hat den Beklagten erstmals in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, daß es die Widerklage mangels ausreichenden Vortrages zur Höhe der Widerklageforderung für unschlüssig halte. Zugleich hat es einen Verkündungstermin bestimmt. Einen Antrag des Beklagten auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung hat es nicht beschieden, sondern ein sowohl die Klage als auch die Widerklage abweisendes Urteil verkündet. Die Berufung des Beklagten gegen die Abweisung der Widerklage ist zurückgewiesen worden. Der Senat hat die Revision insoweit angenommen, als die Widerklage in Höhe von 64.707,11 DM ohne Erfolg geblieben ist.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist im Umfang der Annahme begründet. Sie führt insoweit zur Aufhebung der vorangegangenen Entscheidungen und z ur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

I.

Das Berufungsgericht hält die Berufung für unbegründet. Zwar habe der Beklagte auch ohne Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung einen Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin aus § 5 Nr. 4 VOB/B oder § 326 BGB.
Diesen Anspruch habe der Beklagte aber auch in der Berufungsinstanz der Höhe nach nicht schlüssig dargelegt.

II.

Das hält einer rechtlichen Nachprüfung teilweise nicht stand. Zur Widerklage hat der Beklagte in Höhe von 64.707,11 DM schlüssig vorgetragen. 1. Die Klägerin hat nach Auffassung des Berufungsgerichts den Vertrag zu Unrecht gekündigt. Auf dieser Grundlage stehen dem Beklagten die Ansprüche wegen der Mehrkosten der Fertigstellung und der Kosten der Mängelbeseitigung auch ohne eine Androhung der Kündigung und ohne eigene Kündigung zu. Beides war entbehrlich, weil die Klägerin durch ihre unberechtigte, vom Beklagten zurückgewiesene Kündigung sowie ihre Weigerung, die Arbeiten wieder aufzunehmen, die Leistung endgültig verweigert hat (vgl. BGH, Urteil vom 20. April 2000 - VII ZR 164/99, ZfBR 2000, 479, 480 = BauR 2000, 1479 = NJW 2000, 2997). Der Beklagte hat ferner unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 7 Satz 2 oder § 6 Nr. 6 VOB/B Anspruch auf Ersatz der Schäden, welche durch die von der Klägerin zu vertretende Verzögerung der Mängelbeseitigung oder Fertigstellung entstanden sind. 2. Die Widerklage ist nach dem Vortrag des Beklagten in Höhe von 64.707,11 DM begründet. Die schlüssig dargestellten Kosten der Fertigstellung , die Mängelbeseitigungskosten und sonstigen Schäden des Beklagten betragen im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichts nicht nur 258.318,83 DM, sondern insgesamt 323.171,07 DM. Dem steht ein hypothetischer Fertigstellungsaufwand bei Vertragserfüllung durch die Klägerin in Höhe von lediglich 258.463,96 DM gegenüber. Im einzelnen sind zusätzlich zu den
vom Berufungsgericht anerkannten Beträgen in die gebotene Gegenüberstellung einzustellen:
a) Das Berufungsgericht berücksichtigt als Kosten des Beklagten für die Erstellung der Außenanlagen und der Drainage nur einen Betrag in Höhe von 15.038,61 DM. Zu den Leistungen, die die G. GmbH aufgrund verschiedener Nachtragsangebote in Höhe von netto insgesamt 1.443,68 DM abgerechnet hat, vermißt es Vortrag über die entsprechende vertragliche Verpflichtung der Klägerin. Insoweit sind Kosten in der Gesamthöhe von 15.481,75 DM, also zusätzlich 443,14 DM brutto zu berücksichtigen. Die Revision rügt zu Recht das Übergehen schlüssigen Beklagtenvortrages zur Position 1 zum Baustellenprotokoll vom 21. Mai 1996. Diese Position betrifft Erdbewegungen zur Ergänzung zu tief liegender Drainplatten. Der Beklagte hatte hierzu unter Hinweis auf ein Gutachten des Sachverständigen Di. erstinstanzlich ausreichend vorgetragen und hierauf in der Berufungsbegründung konkret Bezug genommen.
b) Von den Rechnungen des Sägewerks M. zu restlichen Dacharbeiten stellt das Berufungsgericht nur 9.471,31 DM in die Abrechnung ein. Für das Steildach auf der Garage könne der Beklagte nicht den Rechnungsbetrag von 9.491,71 DM geltend machen, sondern nur die ausweislich des von ihm vorgelegten Sachverständigengutachtens De. für das unstreitig geschuldete Flachdach erforderlichen 5.665,55 DM brutto. Mangels nachvollziehbaren Vortrages zur Leistung seien auch die gemäß Nachtragsangebot vom 20. Oktober 1996 netto berechneten 652,17 DM abzuziehen. Auch in diesem Punkt ist die Revision überwiegend begründet. Als schlüssig vorgetragen einzustellen sind hierfür insgesamt 14.367,26 DM.
(1) Die Revision beanstandet zu Recht, der Beklagte habe vorgetragen, ein Steildach sei günstiger herzustellen als ein Flachdach, die von M. für das Steildach berechneten Preise seien üblich. Dieser Vortrag ließ deutlich genug erkennen, daß sich der Beklagte die Schätzung seines Bauleiters De. zur absoluten Höhe der für die Erstellung des Dachs erforderlichen Kosten nicht zueigen gemacht hatte. Der Beklagte hatte insoweit den Anspruch auf Erstattung der ihm berechneten Kosten schlüssig vorgetragen; zusätzlich einzustellen sind brutto 4.145,95 DM. (2) Zum Nachtragsangebot vom 20. Oktober 1996 rügt die Revision zutreffend das Übergehen von Beklagtenvortrag. Der Beklagte hatte in erster Instanz genau genug vorgetragen, daß es um Mängelbeseitigungsarbeiten an der Traufe ging, und das Nachtragsangebot vom 20. Oktober 1996 als Anlage B 14 vorgelegt. In der Berufungsbegründung hat er hierauf konkret Bezug genommen. Zusätzlich einzustellen sind brutto 750 DM.
c) Die Kosten für das Verputzen der Garageninnenwände stellt das Berufungsgericht in Höhe von 2.114,38 DM in die Abrechnung ein. Die Revision weist zu Recht darauf hin, daß zusätzlich der Sicherheitseinbehalt in Höhe von 111,28 DM, insgesamt also für diese Arbeiten ein Aufwand in Höhe von 2.225,66 DM zu berücksichtigen ist.
d) Die Kosten für restliche Arbeiten an der Heizung berücksichtigt das Berufungsgericht nur in Höhe von 603,18 DM. Die von der Klägerin in ihrer Rechnung für fehlende Heizungsarbeiten abgezogene Summe von 10.052,06 DM könne nicht angesetzt werden, da sie auch Fixkosten und Gewinn enthalte.
Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg; die Differenz beider Beträge in Höhe von 9.448,88 DM ist zusätzlich in die Abrechnung einzustellen. Auch der vom Beklagten anstelle der Klägerin mit den Heizungsarbeiten beauftragte Unternehmer berechnete ihm Fixkosten- und Gewinnanteile. Die Ausführungen der Klägerin zu den von ihr erbrachten Teilleistungen im Heizungsbereich und dem Wert der Restarbeiten lassen einen Umkehrschluß auf den Aufwand zu, den der Beklagte noch zu leisten hatte. Die Tatsache, daß die Klägerin für die restlichen Heizungsarbeiten keinen Werklohn erhalten hat, bleibt für die Ermittlung der dem Beklagten entstandenen Mehrkosten außer Betracht. Denn Vergleichsgröße ist der Betrag, den der Beklagte bei vollständiger und ordnungsgemäßer Erfüllung des Vertrages an die Klägerin hätte zahlen müssen.
e) Das Berufungsgericht hat Kosten für Sanitärarbeiten nicht berücksichtigt. Der Beklagte habe sich eine umfangreichere und höherwertige Sanitärausstattung einbauen lassen. Eine Vereinbarung mit der Klägerin über diese Sonderausstattung habe er weder substantiiert dargelegt noch bewiesen. Die ihm berechneten Sonderleistungen seien nicht einzeln abzugsfähig. Die Revision rügt zu Recht, daß jedenfalls der Betrag hätte berücksichtigt werden müssen, den die Klägerin für die nicht ausgeführten Restarbeiten in ihrer Rechnung angesetzt hat; das sind 3.701,75 DM.
f) Den für Plattenarbeiten in den Hauseingängen geltend gemachten Betrag von 1.588,90 DM hat das Berufungsgericht mit der Begründung unberücksichtigt gelassen, die Arbeiten seien unzureichend dargelegt, weshalb offen bleiben könne, ob sie überhaupt von der Klägerin zu erbringen gewesen seien.
Die Revision weist zutreffend darauf hin, daß der Beklagte behauptet hat, im Hauseingang sei eine große Steinplatte verlegt worden. Daß diese Arbeit zum vertraglichen Leistungsumfang der Klägerin gehörte, ist mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts in der Revision zugunsten des Beklagten zu unterstellen. Der abgezogene Betrag ist insgesamt zu berücksichtigen.
g) Für die Küchenfenster berücksichtigt das Berufungsgericht nur den anerkannten Teilbetrag von 437 DM. Der Vortrag des Beklagten, er habe die vertraglich vereinbarten Fenster einbauen lassen, reiche nicht aus. Die Revision weist zutreffend darauf hin, daß das Berufungsgericht erheblichen Beklagtenvortrag übergangen hat. Der Rechnungsbetrag von 630,84 DM ist insgesamt schlüssig dargelegt, so daß zusätzlich 193,84 DM in die Abrechnung einzustellen sind. Der Beklagte hatte auf Nr. 1.22 der Baubeschreibung hingewiesen; danach schuldete die Klägerin weiße Kunststoffenster mit Isolierverglasung. Die vom Beklagten vorgelegte Rechnung der I. GmbH weist Küchenfenster in "Kunststoff, Farbe weiß, 2-fach-Isolierverglasung" aus.
h) Das Berufungsgericht berücksichtigt keinen Anteil an den Kosten für die Sachverständigengutachten Pl. und Me. Der Beklagte mache nicht geltend, daß die zwei zuvor von der Klägerin eingeholten Sachverständigengutachten unbrauchbar gewesen seien. Der vom Beklagten geltend gemachte Betrag von 1.379,50 DM ist insgesamt zu berücksichtigen, auch der Anteil von 406 DM für die beiden genannten Gutachten. Die Revision weist ausreichenden Vortrag zu den Mängeln des von der Klägerin eingeholten Sachverständigengutachtens Dr. Be. nach.

i) Das Berufungsgericht läßt den auf 464,13 DM bezifferten Aufwand des Beklagten für Besprechungen mit Bauhandwerkern, Sachverständigen etc. unberücksichtigt. Es fehle an einer zeitlichen Einordnung und an einer Begründung dafür, daß dieser Aufwand gerade auf der Fertigstellung durch Dritte beruhe. Die Revision hat in Höhe von 414,96 DM Erfolg. Das Berufungsgericht stellt überspannte Substantiierungsanforderungen. Die zeitliche Einordnung ergab sich ohne weiteres aus den als Anlage B 60 vorgelegten Belegen. Der Beklagte hat seine Tätigkeit ausreichend dargestellt. Es bedurfte keiner näheren Begründung, daß dieser Aufwand nicht entstanden wäre, wenn die Klägerin das Haus vertragsgemäß schlüsselfertig erstellt hätte. Abzuziehen ist lediglich der auf den Beklagten entfallende Anteil von 1/6 am Aufwand von 295 DM für eine am 22. Mai 1995 und damit lange vor der Kündigung der Klägerin unternommene Flugreise; das entspricht 49,17 DM.
j) Kosten für Bauenergie u.ä. berücksichtigt das Berufungsgericht in Höhe von 174,41 DM; Wasserkosten in Höhe von 144,14 DM zieht es mit der Begründung ab, die vorgelegte Rechnung sei nicht an den Beklagten gerichtet. Der Abzug ist nicht gerechtfertigt. Die Revision weist zu Recht darauf hin, daß das Berufungsgericht Beklagtenvortrag zum Abschluß einer Kostenübernahmevereinbarung mit dem Mitbauherrn Ko. übergangen hat.
k) Das Berufungsgericht berücksichtigt als unstreitig einen Schadensersatzbetrag von 843,37 DM für die infolge Bauverzögerung angefallene Entschädigung eines Küchenstudios. Den als streitig angesehenen Restbetrag von 3.003,40 DM zieht es mit der Begründung ab, es fehle Vortrag zur alleinigen Ursächlichkeit der von der Klägerin ausgesprochenen Kündigung für diesen Verzögerungsschaden.
Der geltend gemachte Betrag von 3.846,77 DM ist insgesamt zu berücksichtigen. Ausweislich des landgerichtlichen Urteils war der Betrag von 3.003,40 DM nicht mehr streitig. Der Restbetrag von 843,37 DM ist streitig geblieben , jedoch schlüssig vorgetragen und dementsprechend zu berücksichtigen , wie es das Berufungsgericht aus anderen Gründen bereits getan hat. Ein Fehlverhalten Dritter, auch der Personen, die der Geschädigte zur Abwicklung und Beseitigung des Schadens hinzuzieht, unterbricht den Zurechnungszusammenhang regelmäßig nicht. Im Streitfall gilt nichts anderes. Wenn die Klägerin zum vereinbarten Zeitpunkt die Voraussetzungen für den Einbau der Küche geschaffen hätte, wären die weiteren Unternehmer nicht beauftragt worden.
l) Der Beklagte hat behauptet, er habe seine Doppelhaushälfte kündigungsbedingt wegen der verspäteten Fertigstellung erst später vermieten können. Das Berufungsgericht läßt die für den Mietausfall geltend gemachte Gesamtforderung in Höhe von 40.500 DM mit der Begründung unberücksichtigt, die pauschale Behauptung, er hätte das Haus bei vertragsgemäßer Fertigstellung sofort für 1.500 DM vermieten können, reiche nicht aus; außerdem beruhe die Fertigstellungsverzögerung von 21 Monaten bei einer vereinbarten Bauzeit von 8 Monaten nicht allein auf dem Verhalten der Klägerin. Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg; der geltend gemachte Schadensbetrag ist in die Abrechnung einzustellen. Das Berufungsgericht hat auch in diesem Punkt überhöhte Substantiierungsanforderungen gestellt. Der Beklagte mußte zum hypothetischen Verlauf der Dinge keinen weiteren Vortrag halten. Die Haftung der Klägerin hängt, wie ausgeführt, nicht von der “alleinigen” Ursächlichkeit ihres Verhaltens für die Bauverzögerung ab. Daß der Be-
klagte erkennbar ungeeignete oder langsam arbeitende Ersatzunternehmer beauftragt hätte, stellt das Berufungsgericht nicht fest.

III.

Das Urteil des Berufungsgerichts ist danach aufzuheben. Die Sache ist an das Landgericht zurückzuverweisen, nachdem das Berufungsgericht gemäß § 539 ZPO dorthin hätte zurückverweisen müssen. Eine Entscheidung durch das Berufungsgericht wäre nicht sachdienlich (§ 540 ZPO). Das Landgericht hat gegen §§ 139, 156 ZPO verstoßen. Es liegt ein wesentlicher Verfahrensmangel im Sinne des § 539 ZPO vor. Ein Gericht verletzt ihre Hinweispflicht, wenn es den gebotenen Hinweis erst in oder kurz vor der mündlichen Verhandlung erteilt, sogleich Verkündungstermin bestimmt, der Partei keine Frist zur ergänzenden Stellungnahme einräumt und einem Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht nachkommt (vgl. BGH, Urteile vom 11. Februar 1999 - VII ZR 399/97, BGHZ 140, 365, 371 f; vom 8. Februar 1999 - II ZR 261/97, NJW 1999, 2123, 2124, jeweils m.w.N.). Dieses Verfahren hat das Landgericht gewählt. Es hat ungeachtet des Antrags des Prozeßbevollmächtigten des Beklagten die mündliche Verhandlung nicht wieder eröffnet, wie dies geboten gewesen wäre. Die Annahme des Landgerichts, der Prozeßbevollmächtigte habe bewußt lückenhaft vorgetragen, ist nicht nachvollziehbar und rechtfertigt sein Verfahren nicht.
Thode Hausmann Wiebel
Kuffer Kniffka

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 164/99 Verkündet am:
20. April 2000
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
VOB/B § 4 Nr. 7 Satz 2
Die Pflicht des Auftragnehmers zum Schadensersatz gemäß § 4 Nr. 7 Satz 2 VOB/B
umfaßt die engeren und entfernteren Mangelfolgeschäden, die auf einen Mangel
des Werkes oder eine Vertragswidrigkeit des Auftragnehmers zurückzuführen sind.
VOB/B § 4 Nr. 7 Satz 3, § 8 Nr. 3 Abs. 1, Abs. 2

a) Dem Auftraggeber steht ein Anspruch auf Kostenvorschuß oder auf Ersatz der
Fremdnachbesserungskosten auch ohne die Entziehung des Auftrages zu, wenn
der Auftragnehmer endgültig die vertragsgemäße Fertigstellung verweigert (Anschluß
an BGH, Urteil vom 2. Oktober 1997 - VII ZR 44/97, ZfBR 1998, 31 =
BauR 1997, 1027).

b) Der Auftragnehmer verliert sein Recht auf vertragsgemäße Fertigstellung des
Werkes, wenn er diese endgültig verweigert; der Auftraggeber kann die vertragsgemäße
Fertigstellung verlangen oder die Ersatzvornahme durchführen.
BGH, Urteil vom 20. April 2000 - VII ZR 164/99 - OLG Nürnberg
LG Nürnberg-Fürth
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. April 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Kuffer, Dr. Kniffka und Wendt

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 11. März 1999 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


I.

Der Kläger verlangt restlichen Werklohn in Höhe von 15.930 DM. Der Beklagte rechnet mit Schadensersatzforderungen in Höhe der Klageforderung auf und verlangt mit der Widerklage weiteren Schadensersatz in Höhe von 4.068,78 DM sowie den Ersatz von Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 45.828,97 DM nebst Zinsen.

II.

1. Im Jahre 1992 ließ der Beklagte ein größeres Anwesen in M. sanieren. Mit den Außenputzarbeiten beauftragte der Beklagte den Kläger. Der Kläger verpflichtete sich, Verunreinigungen an anderen Gewerken zu beseitigen, die bei der Herstellung seines Gewerkes entstehen würden. Die VOB/B wurde vereinbart. Nachdem die Dachdecker- und Malerarbeiten fertiggestellt waren, führte der Kläger sein Gewerk im Mai 1992 aus. Die erbrachte Leistung stellte er dem Beklagten mit 27.930 DM in Rechnung. Der Beklagte zahlte einen Teilbetrag von 12.000 DM. Er weigerte sich unter Hinweis auf Mängel der Arbeiten des Klägers, das Werk abzunehmen und den Restwerklohn zu zahlen. Der Kläger bestritt seine Verantwortlichkeit für die Mängel und verweigerte die Nachbesserung, zu der er von dem Beklagten aufgefordert worden war. 2. Der Beklagte hat behauptet, er habe 17.787,78 DM für die Beseitigung der Verschmutzung an anderen Gewerken aufbringen müssen, die der Kläger bei der Ausführung der Außenputzarbeiten verursacht habe. Außerdem habe er für ein Gutachten der Landesgewerbeanstalt B. über die Arbeiten des Klägers, das er zur Prozeßvorbereitung habe erstatten lassen, eine Vergütung in Höhe von 2.210,92 DM bezahlt. Mit den ihm seiner Ansicht nach zustehenden Ersatzansprüchen hat der Beklagte gegenüber der Restwerklohnforderung aufgerechnet. 3. Mit seiner Widerklage hat der Beklagte den nach der Aufrechnung verbleibenden Schadensersatzanspruch in Höhe von 4.068,78 DM sowie einen Anspruch auf einen Kostenvorschuß für die Neuherstellung des nach seinem Vortrag mangelhaften Putzes in Höhe von 45.828,97 DM verlangt. In der Berufungsinstanz hat der Beklagte statt des Kostenvorschusses die Erstattung der Mängelbeseitigungskosten in gleicher Höhe gefordert.

III.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage in Höhe von 4.068,78 DM stattgegeben. Hinsichtlich des in erster Instanz mit der Widerklage verlangten Kostenvorschusses hat es ein Grundurteil zu Lasten des Klägers erlassen. Das Berufungsgericht hat der Klage in Höhe von 13.719,08 DM nebst Zinsen stattgegeben und die Klage im übrigen sowie die Widerklage abgewiesen. Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner Revision. Er erstrebt die Abweisung der Klage und die Verurteilung des Klägers auf die Widerklage.

Entscheidungsgründe:


I.

Die Revision des Beklagten hat Erfolg, sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

II.


1. Das Berufungsgericht hat den Werklohnanspruch ohne Begründung als fällig behandelt, obwohl das Werk nicht abgenommen worden ist. 2. Die vom Berufungsgericht unterstellte Fälligkeit der Forderung ohne Abnahme ist nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 23. November 1978 - VII ZR 29/78, NJW 1979, 549 = BauR 1979, 152) wird der Werklohn des Auftragnehmers auch ohne Abnahme fällig, wenn der Auftragnehmer die ursprünglich vom Auftraggeber geforderte Nachbesserung abgelehnt hat und der Auftraggeber nicht mehr Mangelbeseitigung, sondern Schadensersatz verlangt. Unter diesen Voraussetzungen sind die der erbrachten Bauleistung entsprechenden Vergütungen des Auftragnehmers und der Schadensersatzanspruch des Auftraggebers endgültig abzurechnen. Die Voraussetzungen der Abrechnung des Vertragsverhältnisses nach diesen Grundsätzen lagen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vor.

III.

1. Das Berufungsgericht hat die Forderung auf Erstattung der Kosten für die Beseitigung der Verunreinigungen an anderen Gewerken, die nach dem Sachvortrag des Beklagten, der in der Revision als richtig zu unterstellen ist, bei der Ausführung der Außenputzarbeiten entstanden sein sollen, und die Erstattung der Kosten für die Erneuerung des Putzes mit folgenden Erwägungen als unbegründet erachtet: Der Beklagte könne die Kosten für die Beseitigung der Verunreinigungen an den anderen Gewerken und für die Neuherstellung des Putzes nicht
verlangen, weil die Voraussetzungen des § 4 Nr. 7 Satz 3 i.V.m. § 8 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B nicht gegeben seien.
a) Die Aufwendungen für die Neuherstellung des Putzes und für die Beseitigung der Verunreinigungen seien Kosten der Mängelbeseitigung. Auf die Kosten für die Beseitigung der Verunreinigungen sei § 4 Nr. 7 Satz 2 VOB/B nicht anwendbar, weil es sich nicht um Kosten für die Beseitigung von Mangelfolgeschäden handele. Da der Kläger sich vertraglich verpflichtet habe, etwaige Verunreinigungen an anderen Gewerken zu beseitigen, gehöre die Beseitigung der Verunreinigungen zu dem geschuldeten Werkerfolg des Klägers.
b) Die Erstattung der Fremdnachbesserungskosten könne der Beklagte nicht verlangen, weil er dem Kläger nicht vor der Durchführung der Fremdnachbesserung den Auftrag entzogen habe. Die Entziehung des Auftrags sei auch dann erforderlich, wenn der Auftragnehmer die Nachbesserung verweigere und den Werklohn verlange. 2. Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
a) Dem Beklagten steht ein Anspruch auf Erstattung der Kosten sowohl für die Beseitigung der Verunreinigungen als auch für die Neuherstellung des Putzes zu. Für die Revision ist zugunsten des Beklagten zu unterstellen, daß die Beseitigung der Mängel am Putz nur im Wege der Neuherstellung möglich war. Ob es sich bei den Kosten für die Beseitigung der Verunreinigungen um Kosten der Mängelbeseitigung oder um Kosten für die Beseitigung von Mangelfolgeschäden handelt, auf die § 4 Nr. 7 Satz 2 VOB/B anwendbar wäre, kann dahinstehen. Selbst wenn es sich um Kosten der Mängelbeseitigung handeln sollte, ist der Erstattungsanspruch des Beklagten begründet.

b) Der Auftraggeber muß einem Auftragnehmer, der mit der Mängelbeseitigung in Verzug ist, und der noch Fertigstellungsarbeiten am Bau erbringen muß, den Auftrag nach einer Fristsetzung mit Kündigungsandrohung vor einer Fremdnachbesserung entziehen (§ 4 Nr. 7 Satz 3 i.V.m. § 8 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B). Die Entziehung des Auftrages dient in diesem Fall dazu, für die weitere Bauabwicklung unter den Beteiligten klare Verhältnisse zu schaffen, um Streitigkeiten nach Möglichkeit zu verhindern (BGH, Urteil vom 15. Mai 1986 - VII ZR 176/85, ZfBR 1986, 226 = BauR 1986, 573; Urteil vom 2. Oktober 1997 - VII ZR 44/97, ZfBR 1998, 31 = BauR 1997, 1027).
c) Diese Grundsätze sind auf die Fallkonstellation dieses Rechtsstreites nicht anwendbar, weil sie sich von beiden Entscheidungen in relevanten Punkten unterscheidet. Im Hinblick auf die endgültige Weigerung des Klägers, das Werk vertragsgemäß fertigzustellen, war eine erneute Fristsetzung zur Mängelbeseitigung mit einer Kündigungsandrohung entbehrlich (BGH, Urteil vom 20. April 1978 - VII ZR 166/76, BauR 1978, 306: zu § 13 Nr. 5 VOB/B). Die Auftragsentziehung durch den Beklagten vor einer Fremdnachbesserung war aufgrund der Besonderheiten der Fallsituation ebenfalls nicht erforderlich. Der Kläger hat die vertragsgemäße Fertigstellung endgültig verweigert. Dadurch hat er sein Recht, die vertragsgemäße Herstellung selbst vorzunehmen , verloren. Bei dieser Fallgestaltung kann es unter den Beteiligten zu unklaren Verhältnissen bei der weiteren Bauabwicklung nicht kommen. Der Auftraggeber kann entweder die vertragsgemäße Fertigstellung verlangen oder die Ersatzvornahme durchführen. Ein Nebeneinander von Auftragnehmer und Drittunternehmer, der zu Streitigkeiten auf der Baustelle führen könnte, ist ausgeschlossen. Unter diesen besonderen Voraussetzungen ist der Auftraggeber
ohne vorherige Kündigung des Vertrages oder Benachrichtigung des Auftragnehmers berechtigt, die Mängel durch einen Drittunternehmer beseitigen zu lassen.
Ullmann Thode Kuffer Kniffka Wendt

Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

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Die Auslegung von Willenserklärungen ist grundsätzlich Angelegenheit des Tatrichters. Eine revisionsrechtliche Überprüfung findet allerdings dahin statt, ob Verstöße gegen gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze , sonstige Erfahrungssätze oder Denkgesetze vorliegen oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht (BGH, Urteil vom 22. Dezember 2011 - VII ZR 67/11, BGHZ 192, 172 Rn. 12 m.w.N.). Zu den anerkannten Auslegungsgrundsätzen zählt der Grundsatz der beiderseits interessengerechten Vertragsauslegung (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 2015 - IX ZR 133/14, BGHZ 204, 231 Rn. 21; Versäumnisurteil vom 22. Januar 2015 - VII ZR 87/14, NJW 2015, 1107 Rn. 14).
15
aa) Rechtsfehlerhaft geht das Berufungsgericht davon aus, dass sich die aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag über die Lieferung und Verwertung von Restabfällen ergebende Pflicht der Klägerin zur Verwertung der von der Beklagten zu liefernden Abfälle lediglich allgemein auf die fachgerechte Verwertung des von der Beklagten zu liefernden Abfalls beschränkte und nicht die Verwertung der von der Beklagten zu liefernden Abfälle in der im Vertrag bezeichneten TRV B. zum Gegenstand hatte. Diese Annahme beruht auf einer rechtsfehlerhaften Auslegung der vertraglichen Vereinbarung der Parteien. Die tatrichterliche Vertragsauslegung ist allerdings revisionsrechtlich nur dahingehend überprüfbar, ob Verstöße gegen gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, sonstige Erfahrungssätze oder Denkgesetze vorliegen oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 2015 - VII ZR 5/15, BauR 2015, 1652 Rn. 20 = NZBau 2015, 549; Versäumnisurteil vom 22. Januar 2015 - VII ZR 87/14, NJW 2015, 1107 Rn. 14; Urteil vom 18. Dezember 2014 - VII ZR 60/14, BauR 2015, 828 Rn. 17 = NZBau 2015, 220; Urteil vom 4. Dezember 2014 - VII ZR 4/13, BauR 2015, 527 Rn. 17 m.w.N. = NZBau 2015, 84). Solche Auslegungsfehler liegen hier jedoch vor.
21
aa) Die tatrichterliche Auslegung ist für das Revisionsgericht nicht bindend , wenn gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt werden. Die Vertragsauslegung hat in erster Linie den von den Parteien gewählten Wortlaut der Vereinbarungen und den diesem zu entnehmenden objektiv erklärten Parteiwillen zu berücksichtigen. Zu den allgemein anerkannten Auslegungsregeln gehört der Grundsatz einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung. Dieser Grundsatz bezweckt, die Abrede auf einen vertretbaren Sinngehalt zurückzuführen. Es geht hierbei nicht darum, dem Rechtsgeschäft zu dem Inhalt zu verhelfen, der dem Richter im Entscheidungszeitpunkt als interessengemäß erscheint. Maßgeblich ist vielmehr der Einfluss, den das Interesse der Parteien auf den objektiven Erklärungswert ihrer Äußerungen bei deren Abgabe hatte (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2009 - IX ZR 214/08, WM 2010, 365 Rn. 14 mwN).
15
c) Das Berufungsgericht hat danach zutreffend in der Unterschreitung der grundsätzlich vorgesehenen Wangenstärke eine Nichteinhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik gesehen und dieses als Mangel gewertet. Dem steht nicht entgegen, dass, worauf die Revision hinweist, die Parteien im Vertrag eine Wangenstärke von 40 mm vorgesehen haben. Eine solche Vereinbarung kann nicht dahin ausgelegt werden, dass von einem üblicherweise zu erwartenden Mindeststandard abgewichen werden soll, wenn auf eine solche Bedeutung nicht ausdrücklich hingewiesen wird oder der Besteller dies aus anderen Gründen, etwa einer entsprechenden Fachkunde, weiß (vgl. BGH, Urteile vom 20. Dezember 2012 - VII ZR 209/11, juris Rn. 23; vom 4. Juni 2009 - VII ZR 54/07, BGHZ 181, 225, 230).
14
aa) Denn auch in diesem Fall hat eine Gesamtabwägung stattzufinden, bei der die gesamten Umstände des Vertrages zu berücksichtigen sind. Der Umstand, dass im Vertrag auf eine Schalldämmung nach DIN 4109 Bezug genommen wird, lässt schon deshalb nicht die Annahme zu, es seien die Mindestanforderungen der DIN 4109 vereinbart, weil diese Werte in der Regel keine anerkannten Regeln der Technik für die Herstellung des Schallschutzes in Wohnungen sind, die üblichen Qualitäts- und Komfortstandards genügen (LG München I, IBR 2008, 727, mit Volltext in www.ibr-online.de). Der Erwerber kann ungeachtet der sonstigen Vereinbarungen grundsätzlich erwarten, dass der Veräußerer einer noch zu errichtenden Eigentumswohnung den Schallschutz nach den zur Zeit der Abnahme geltenden anerkannten Regeln der Technik herstellt (BGH, Urteil vom 14. Mai 1998 - VII ZR 184/97, BGHZ 139, 16, 18). Das hat auch die Beklagte in der Baubeschreibung unter dem Stichwort "Grundlagen der Planung und Ausführung" versprochen. Den Hinweis auf die DIN 4109 muss der Erwerber nicht dahin verstehen, der Unternehmer wolle davon abweichen. Vielmehr ist der Verweis auf die DIN 4109 redlicherweise lediglich dahin zu verstehen, dass ein diesem Normwerk entsprechender Schallschutz versprochen wird, soweit die DIN 4109 anerkannte Regel der Technik ist. Will ein Unternehmer von den anerkannten Regeln der Technik abweichen , darf der Erwerber über den Hinweis auf die DIN 4109 hinaus eine entsprechende Aufklärung erwarten, die ihm mit aller Klarheit verdeutlicht, dass die Mindestanforderungen der DIN 4109 nicht mehr den anerkannten Regeln der Technik entsprechen, der Erwerber also einen Schallschutz erhält, der deutlich unter den Anforderungen liegt, die er für seine Wohnung erwarten darf (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 1998 - VII ZR 350/96, BGHZ 139, 244; Urteil vom 9. Juni 1996 - VII ZR 181/93, BauR 1996, 732 = ZfBR 1996, 264; Urteil vom 17. Mai 1984 - VII ZR 169/82, BGHZ 91, 206; Kögl, BauR 2009, 156 f.).

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄ UMNISURTEIL
VII ZR 201/99 Verkündet am:
5. Juli 2001
Heinzelmann,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Juli 2001 durch die Richter Prof. Dr. Thode, Hausmann, Dr. Wiebel,
Dr. Kuffer und Dr. Kniffka

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten werden das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 23. September 1998 einschließlich des ihm zugrundeliegenden Verfahrens sowie das Urteil des 13. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 12. Mai 1999 insoweit aufgehoben, als die Widerklage in Höhe von 64.707,11 DM zuzüglich Zinsen abgewiesen und die Berufung des Beklagten insoweit zurückgewiesen worden ist. In diesem Umfang wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten beider Rechtsmittelverfahren , an das Landgericht Potsdam zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Abrechnung eines Bauvertrages über eine Doppelhaushälfte. Sie haben die VOB/B vereinbart. Die Klägerin hat restlichen Werklohn verlangt, nachdem sie den Vertrag gekündigt hatte. Der Beklagte hat in Höhe von 136.885,90 DM Widerklage erhoben. Mit dieser verlangt er
Mehrkosten der Fertigstellung, Mängelbeseitigungskosten und Schadensersatz vor allem für Mietausfall infolge späterer Fertigstellung. Das Landgericht hat den Beklagten erstmals in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, daß es die Widerklage mangels ausreichenden Vortrages zur Höhe der Widerklageforderung für unschlüssig halte. Zugleich hat es einen Verkündungstermin bestimmt. Einen Antrag des Beklagten auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung hat es nicht beschieden, sondern ein sowohl die Klage als auch die Widerklage abweisendes Urteil verkündet. Die Berufung des Beklagten gegen die Abweisung der Widerklage ist zurückgewiesen worden. Der Senat hat die Revision insoweit angenommen, als die Widerklage in Höhe von 64.707,11 DM ohne Erfolg geblieben ist.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist im Umfang der Annahme begründet. Sie führt insoweit zur Aufhebung der vorangegangenen Entscheidungen und z ur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

I.

Das Berufungsgericht hält die Berufung für unbegründet. Zwar habe der Beklagte auch ohne Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung einen Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin aus § 5 Nr. 4 VOB/B oder § 326 BGB.
Diesen Anspruch habe der Beklagte aber auch in der Berufungsinstanz der Höhe nach nicht schlüssig dargelegt.

II.

Das hält einer rechtlichen Nachprüfung teilweise nicht stand. Zur Widerklage hat der Beklagte in Höhe von 64.707,11 DM schlüssig vorgetragen. 1. Die Klägerin hat nach Auffassung des Berufungsgerichts den Vertrag zu Unrecht gekündigt. Auf dieser Grundlage stehen dem Beklagten die Ansprüche wegen der Mehrkosten der Fertigstellung und der Kosten der Mängelbeseitigung auch ohne eine Androhung der Kündigung und ohne eigene Kündigung zu. Beides war entbehrlich, weil die Klägerin durch ihre unberechtigte, vom Beklagten zurückgewiesene Kündigung sowie ihre Weigerung, die Arbeiten wieder aufzunehmen, die Leistung endgültig verweigert hat (vgl. BGH, Urteil vom 20. April 2000 - VII ZR 164/99, ZfBR 2000, 479, 480 = BauR 2000, 1479 = NJW 2000, 2997). Der Beklagte hat ferner unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 7 Satz 2 oder § 6 Nr. 6 VOB/B Anspruch auf Ersatz der Schäden, welche durch die von der Klägerin zu vertretende Verzögerung der Mängelbeseitigung oder Fertigstellung entstanden sind. 2. Die Widerklage ist nach dem Vortrag des Beklagten in Höhe von 64.707,11 DM begründet. Die schlüssig dargestellten Kosten der Fertigstellung , die Mängelbeseitigungskosten und sonstigen Schäden des Beklagten betragen im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichts nicht nur 258.318,83 DM, sondern insgesamt 323.171,07 DM. Dem steht ein hypothetischer Fertigstellungsaufwand bei Vertragserfüllung durch die Klägerin in Höhe von lediglich 258.463,96 DM gegenüber. Im einzelnen sind zusätzlich zu den
vom Berufungsgericht anerkannten Beträgen in die gebotene Gegenüberstellung einzustellen:
a) Das Berufungsgericht berücksichtigt als Kosten des Beklagten für die Erstellung der Außenanlagen und der Drainage nur einen Betrag in Höhe von 15.038,61 DM. Zu den Leistungen, die die G. GmbH aufgrund verschiedener Nachtragsangebote in Höhe von netto insgesamt 1.443,68 DM abgerechnet hat, vermißt es Vortrag über die entsprechende vertragliche Verpflichtung der Klägerin. Insoweit sind Kosten in der Gesamthöhe von 15.481,75 DM, also zusätzlich 443,14 DM brutto zu berücksichtigen. Die Revision rügt zu Recht das Übergehen schlüssigen Beklagtenvortrages zur Position 1 zum Baustellenprotokoll vom 21. Mai 1996. Diese Position betrifft Erdbewegungen zur Ergänzung zu tief liegender Drainplatten. Der Beklagte hatte hierzu unter Hinweis auf ein Gutachten des Sachverständigen Di. erstinstanzlich ausreichend vorgetragen und hierauf in der Berufungsbegründung konkret Bezug genommen.
b) Von den Rechnungen des Sägewerks M. zu restlichen Dacharbeiten stellt das Berufungsgericht nur 9.471,31 DM in die Abrechnung ein. Für das Steildach auf der Garage könne der Beklagte nicht den Rechnungsbetrag von 9.491,71 DM geltend machen, sondern nur die ausweislich des von ihm vorgelegten Sachverständigengutachtens De. für das unstreitig geschuldete Flachdach erforderlichen 5.665,55 DM brutto. Mangels nachvollziehbaren Vortrages zur Leistung seien auch die gemäß Nachtragsangebot vom 20. Oktober 1996 netto berechneten 652,17 DM abzuziehen. Auch in diesem Punkt ist die Revision überwiegend begründet. Als schlüssig vorgetragen einzustellen sind hierfür insgesamt 14.367,26 DM.
(1) Die Revision beanstandet zu Recht, der Beklagte habe vorgetragen, ein Steildach sei günstiger herzustellen als ein Flachdach, die von M. für das Steildach berechneten Preise seien üblich. Dieser Vortrag ließ deutlich genug erkennen, daß sich der Beklagte die Schätzung seines Bauleiters De. zur absoluten Höhe der für die Erstellung des Dachs erforderlichen Kosten nicht zueigen gemacht hatte. Der Beklagte hatte insoweit den Anspruch auf Erstattung der ihm berechneten Kosten schlüssig vorgetragen; zusätzlich einzustellen sind brutto 4.145,95 DM. (2) Zum Nachtragsangebot vom 20. Oktober 1996 rügt die Revision zutreffend das Übergehen von Beklagtenvortrag. Der Beklagte hatte in erster Instanz genau genug vorgetragen, daß es um Mängelbeseitigungsarbeiten an der Traufe ging, und das Nachtragsangebot vom 20. Oktober 1996 als Anlage B 14 vorgelegt. In der Berufungsbegründung hat er hierauf konkret Bezug genommen. Zusätzlich einzustellen sind brutto 750 DM.
c) Die Kosten für das Verputzen der Garageninnenwände stellt das Berufungsgericht in Höhe von 2.114,38 DM in die Abrechnung ein. Die Revision weist zu Recht darauf hin, daß zusätzlich der Sicherheitseinbehalt in Höhe von 111,28 DM, insgesamt also für diese Arbeiten ein Aufwand in Höhe von 2.225,66 DM zu berücksichtigen ist.
d) Die Kosten für restliche Arbeiten an der Heizung berücksichtigt das Berufungsgericht nur in Höhe von 603,18 DM. Die von der Klägerin in ihrer Rechnung für fehlende Heizungsarbeiten abgezogene Summe von 10.052,06 DM könne nicht angesetzt werden, da sie auch Fixkosten und Gewinn enthalte.
Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg; die Differenz beider Beträge in Höhe von 9.448,88 DM ist zusätzlich in die Abrechnung einzustellen. Auch der vom Beklagten anstelle der Klägerin mit den Heizungsarbeiten beauftragte Unternehmer berechnete ihm Fixkosten- und Gewinnanteile. Die Ausführungen der Klägerin zu den von ihr erbrachten Teilleistungen im Heizungsbereich und dem Wert der Restarbeiten lassen einen Umkehrschluß auf den Aufwand zu, den der Beklagte noch zu leisten hatte. Die Tatsache, daß die Klägerin für die restlichen Heizungsarbeiten keinen Werklohn erhalten hat, bleibt für die Ermittlung der dem Beklagten entstandenen Mehrkosten außer Betracht. Denn Vergleichsgröße ist der Betrag, den der Beklagte bei vollständiger und ordnungsgemäßer Erfüllung des Vertrages an die Klägerin hätte zahlen müssen.
e) Das Berufungsgericht hat Kosten für Sanitärarbeiten nicht berücksichtigt. Der Beklagte habe sich eine umfangreichere und höherwertige Sanitärausstattung einbauen lassen. Eine Vereinbarung mit der Klägerin über diese Sonderausstattung habe er weder substantiiert dargelegt noch bewiesen. Die ihm berechneten Sonderleistungen seien nicht einzeln abzugsfähig. Die Revision rügt zu Recht, daß jedenfalls der Betrag hätte berücksichtigt werden müssen, den die Klägerin für die nicht ausgeführten Restarbeiten in ihrer Rechnung angesetzt hat; das sind 3.701,75 DM.
f) Den für Plattenarbeiten in den Hauseingängen geltend gemachten Betrag von 1.588,90 DM hat das Berufungsgericht mit der Begründung unberücksichtigt gelassen, die Arbeiten seien unzureichend dargelegt, weshalb offen bleiben könne, ob sie überhaupt von der Klägerin zu erbringen gewesen seien.
Die Revision weist zutreffend darauf hin, daß der Beklagte behauptet hat, im Hauseingang sei eine große Steinplatte verlegt worden. Daß diese Arbeit zum vertraglichen Leistungsumfang der Klägerin gehörte, ist mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts in der Revision zugunsten des Beklagten zu unterstellen. Der abgezogene Betrag ist insgesamt zu berücksichtigen.
g) Für die Küchenfenster berücksichtigt das Berufungsgericht nur den anerkannten Teilbetrag von 437 DM. Der Vortrag des Beklagten, er habe die vertraglich vereinbarten Fenster einbauen lassen, reiche nicht aus. Die Revision weist zutreffend darauf hin, daß das Berufungsgericht erheblichen Beklagtenvortrag übergangen hat. Der Rechnungsbetrag von 630,84 DM ist insgesamt schlüssig dargelegt, so daß zusätzlich 193,84 DM in die Abrechnung einzustellen sind. Der Beklagte hatte auf Nr. 1.22 der Baubeschreibung hingewiesen; danach schuldete die Klägerin weiße Kunststoffenster mit Isolierverglasung. Die vom Beklagten vorgelegte Rechnung der I. GmbH weist Küchenfenster in "Kunststoff, Farbe weiß, 2-fach-Isolierverglasung" aus.
h) Das Berufungsgericht berücksichtigt keinen Anteil an den Kosten für die Sachverständigengutachten Pl. und Me. Der Beklagte mache nicht geltend, daß die zwei zuvor von der Klägerin eingeholten Sachverständigengutachten unbrauchbar gewesen seien. Der vom Beklagten geltend gemachte Betrag von 1.379,50 DM ist insgesamt zu berücksichtigen, auch der Anteil von 406 DM für die beiden genannten Gutachten. Die Revision weist ausreichenden Vortrag zu den Mängeln des von der Klägerin eingeholten Sachverständigengutachtens Dr. Be. nach.

i) Das Berufungsgericht läßt den auf 464,13 DM bezifferten Aufwand des Beklagten für Besprechungen mit Bauhandwerkern, Sachverständigen etc. unberücksichtigt. Es fehle an einer zeitlichen Einordnung und an einer Begründung dafür, daß dieser Aufwand gerade auf der Fertigstellung durch Dritte beruhe. Die Revision hat in Höhe von 414,96 DM Erfolg. Das Berufungsgericht stellt überspannte Substantiierungsanforderungen. Die zeitliche Einordnung ergab sich ohne weiteres aus den als Anlage B 60 vorgelegten Belegen. Der Beklagte hat seine Tätigkeit ausreichend dargestellt. Es bedurfte keiner näheren Begründung, daß dieser Aufwand nicht entstanden wäre, wenn die Klägerin das Haus vertragsgemäß schlüsselfertig erstellt hätte. Abzuziehen ist lediglich der auf den Beklagten entfallende Anteil von 1/6 am Aufwand von 295 DM für eine am 22. Mai 1995 und damit lange vor der Kündigung der Klägerin unternommene Flugreise; das entspricht 49,17 DM.
j) Kosten für Bauenergie u.ä. berücksichtigt das Berufungsgericht in Höhe von 174,41 DM; Wasserkosten in Höhe von 144,14 DM zieht es mit der Begründung ab, die vorgelegte Rechnung sei nicht an den Beklagten gerichtet. Der Abzug ist nicht gerechtfertigt. Die Revision weist zu Recht darauf hin, daß das Berufungsgericht Beklagtenvortrag zum Abschluß einer Kostenübernahmevereinbarung mit dem Mitbauherrn Ko. übergangen hat.
k) Das Berufungsgericht berücksichtigt als unstreitig einen Schadensersatzbetrag von 843,37 DM für die infolge Bauverzögerung angefallene Entschädigung eines Küchenstudios. Den als streitig angesehenen Restbetrag von 3.003,40 DM zieht es mit der Begründung ab, es fehle Vortrag zur alleinigen Ursächlichkeit der von der Klägerin ausgesprochenen Kündigung für diesen Verzögerungsschaden.
Der geltend gemachte Betrag von 3.846,77 DM ist insgesamt zu berücksichtigen. Ausweislich des landgerichtlichen Urteils war der Betrag von 3.003,40 DM nicht mehr streitig. Der Restbetrag von 843,37 DM ist streitig geblieben , jedoch schlüssig vorgetragen und dementsprechend zu berücksichtigen , wie es das Berufungsgericht aus anderen Gründen bereits getan hat. Ein Fehlverhalten Dritter, auch der Personen, die der Geschädigte zur Abwicklung und Beseitigung des Schadens hinzuzieht, unterbricht den Zurechnungszusammenhang regelmäßig nicht. Im Streitfall gilt nichts anderes. Wenn die Klägerin zum vereinbarten Zeitpunkt die Voraussetzungen für den Einbau der Küche geschaffen hätte, wären die weiteren Unternehmer nicht beauftragt worden.
l) Der Beklagte hat behauptet, er habe seine Doppelhaushälfte kündigungsbedingt wegen der verspäteten Fertigstellung erst später vermieten können. Das Berufungsgericht läßt die für den Mietausfall geltend gemachte Gesamtforderung in Höhe von 40.500 DM mit der Begründung unberücksichtigt, die pauschale Behauptung, er hätte das Haus bei vertragsgemäßer Fertigstellung sofort für 1.500 DM vermieten können, reiche nicht aus; außerdem beruhe die Fertigstellungsverzögerung von 21 Monaten bei einer vereinbarten Bauzeit von 8 Monaten nicht allein auf dem Verhalten der Klägerin. Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg; der geltend gemachte Schadensbetrag ist in die Abrechnung einzustellen. Das Berufungsgericht hat auch in diesem Punkt überhöhte Substantiierungsanforderungen gestellt. Der Beklagte mußte zum hypothetischen Verlauf der Dinge keinen weiteren Vortrag halten. Die Haftung der Klägerin hängt, wie ausgeführt, nicht von der “alleinigen” Ursächlichkeit ihres Verhaltens für die Bauverzögerung ab. Daß der Be-
klagte erkennbar ungeeignete oder langsam arbeitende Ersatzunternehmer beauftragt hätte, stellt das Berufungsgericht nicht fest.

III.

Das Urteil des Berufungsgerichts ist danach aufzuheben. Die Sache ist an das Landgericht zurückzuverweisen, nachdem das Berufungsgericht gemäß § 539 ZPO dorthin hätte zurückverweisen müssen. Eine Entscheidung durch das Berufungsgericht wäre nicht sachdienlich (§ 540 ZPO). Das Landgericht hat gegen §§ 139, 156 ZPO verstoßen. Es liegt ein wesentlicher Verfahrensmangel im Sinne des § 539 ZPO vor. Ein Gericht verletzt ihre Hinweispflicht, wenn es den gebotenen Hinweis erst in oder kurz vor der mündlichen Verhandlung erteilt, sogleich Verkündungstermin bestimmt, der Partei keine Frist zur ergänzenden Stellungnahme einräumt und einem Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht nachkommt (vgl. BGH, Urteile vom 11. Februar 1999 - VII ZR 399/97, BGHZ 140, 365, 371 f; vom 8. Februar 1999 - II ZR 261/97, NJW 1999, 2123, 2124, jeweils m.w.N.). Dieses Verfahren hat das Landgericht gewählt. Es hat ungeachtet des Antrags des Prozeßbevollmächtigten des Beklagten die mündliche Verhandlung nicht wieder eröffnet, wie dies geboten gewesen wäre. Die Annahme des Landgerichts, der Prozeßbevollmächtigte habe bewußt lückenhaft vorgetragen, ist nicht nachvollziehbar und rechtfertigt sein Verfahren nicht.
Thode Hausmann Wiebel
Kuffer Kniffka

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 164/99 Verkündet am:
20. April 2000
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
VOB/B § 4 Nr. 7 Satz 2
Die Pflicht des Auftragnehmers zum Schadensersatz gemäß § 4 Nr. 7 Satz 2 VOB/B
umfaßt die engeren und entfernteren Mangelfolgeschäden, die auf einen Mangel
des Werkes oder eine Vertragswidrigkeit des Auftragnehmers zurückzuführen sind.
VOB/B § 4 Nr. 7 Satz 3, § 8 Nr. 3 Abs. 1, Abs. 2

a) Dem Auftraggeber steht ein Anspruch auf Kostenvorschuß oder auf Ersatz der
Fremdnachbesserungskosten auch ohne die Entziehung des Auftrages zu, wenn
der Auftragnehmer endgültig die vertragsgemäße Fertigstellung verweigert (Anschluß
an BGH, Urteil vom 2. Oktober 1997 - VII ZR 44/97, ZfBR 1998, 31 =
BauR 1997, 1027).

b) Der Auftragnehmer verliert sein Recht auf vertragsgemäße Fertigstellung des
Werkes, wenn er diese endgültig verweigert; der Auftraggeber kann die vertragsgemäße
Fertigstellung verlangen oder die Ersatzvornahme durchführen.
BGH, Urteil vom 20. April 2000 - VII ZR 164/99 - OLG Nürnberg
LG Nürnberg-Fürth
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. April 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Kuffer, Dr. Kniffka und Wendt

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 11. März 1999 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


I.

Der Kläger verlangt restlichen Werklohn in Höhe von 15.930 DM. Der Beklagte rechnet mit Schadensersatzforderungen in Höhe der Klageforderung auf und verlangt mit der Widerklage weiteren Schadensersatz in Höhe von 4.068,78 DM sowie den Ersatz von Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 45.828,97 DM nebst Zinsen.

II.

1. Im Jahre 1992 ließ der Beklagte ein größeres Anwesen in M. sanieren. Mit den Außenputzarbeiten beauftragte der Beklagte den Kläger. Der Kläger verpflichtete sich, Verunreinigungen an anderen Gewerken zu beseitigen, die bei der Herstellung seines Gewerkes entstehen würden. Die VOB/B wurde vereinbart. Nachdem die Dachdecker- und Malerarbeiten fertiggestellt waren, führte der Kläger sein Gewerk im Mai 1992 aus. Die erbrachte Leistung stellte er dem Beklagten mit 27.930 DM in Rechnung. Der Beklagte zahlte einen Teilbetrag von 12.000 DM. Er weigerte sich unter Hinweis auf Mängel der Arbeiten des Klägers, das Werk abzunehmen und den Restwerklohn zu zahlen. Der Kläger bestritt seine Verantwortlichkeit für die Mängel und verweigerte die Nachbesserung, zu der er von dem Beklagten aufgefordert worden war. 2. Der Beklagte hat behauptet, er habe 17.787,78 DM für die Beseitigung der Verschmutzung an anderen Gewerken aufbringen müssen, die der Kläger bei der Ausführung der Außenputzarbeiten verursacht habe. Außerdem habe er für ein Gutachten der Landesgewerbeanstalt B. über die Arbeiten des Klägers, das er zur Prozeßvorbereitung habe erstatten lassen, eine Vergütung in Höhe von 2.210,92 DM bezahlt. Mit den ihm seiner Ansicht nach zustehenden Ersatzansprüchen hat der Beklagte gegenüber der Restwerklohnforderung aufgerechnet. 3. Mit seiner Widerklage hat der Beklagte den nach der Aufrechnung verbleibenden Schadensersatzanspruch in Höhe von 4.068,78 DM sowie einen Anspruch auf einen Kostenvorschuß für die Neuherstellung des nach seinem Vortrag mangelhaften Putzes in Höhe von 45.828,97 DM verlangt. In der Berufungsinstanz hat der Beklagte statt des Kostenvorschusses die Erstattung der Mängelbeseitigungskosten in gleicher Höhe gefordert.

III.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage in Höhe von 4.068,78 DM stattgegeben. Hinsichtlich des in erster Instanz mit der Widerklage verlangten Kostenvorschusses hat es ein Grundurteil zu Lasten des Klägers erlassen. Das Berufungsgericht hat der Klage in Höhe von 13.719,08 DM nebst Zinsen stattgegeben und die Klage im übrigen sowie die Widerklage abgewiesen. Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner Revision. Er erstrebt die Abweisung der Klage und die Verurteilung des Klägers auf die Widerklage.

Entscheidungsgründe:


I.

Die Revision des Beklagten hat Erfolg, sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

II.


1. Das Berufungsgericht hat den Werklohnanspruch ohne Begründung als fällig behandelt, obwohl das Werk nicht abgenommen worden ist. 2. Die vom Berufungsgericht unterstellte Fälligkeit der Forderung ohne Abnahme ist nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 23. November 1978 - VII ZR 29/78, NJW 1979, 549 = BauR 1979, 152) wird der Werklohn des Auftragnehmers auch ohne Abnahme fällig, wenn der Auftragnehmer die ursprünglich vom Auftraggeber geforderte Nachbesserung abgelehnt hat und der Auftraggeber nicht mehr Mangelbeseitigung, sondern Schadensersatz verlangt. Unter diesen Voraussetzungen sind die der erbrachten Bauleistung entsprechenden Vergütungen des Auftragnehmers und der Schadensersatzanspruch des Auftraggebers endgültig abzurechnen. Die Voraussetzungen der Abrechnung des Vertragsverhältnisses nach diesen Grundsätzen lagen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vor.

III.

1. Das Berufungsgericht hat die Forderung auf Erstattung der Kosten für die Beseitigung der Verunreinigungen an anderen Gewerken, die nach dem Sachvortrag des Beklagten, der in der Revision als richtig zu unterstellen ist, bei der Ausführung der Außenputzarbeiten entstanden sein sollen, und die Erstattung der Kosten für die Erneuerung des Putzes mit folgenden Erwägungen als unbegründet erachtet: Der Beklagte könne die Kosten für die Beseitigung der Verunreinigungen an den anderen Gewerken und für die Neuherstellung des Putzes nicht
verlangen, weil die Voraussetzungen des § 4 Nr. 7 Satz 3 i.V.m. § 8 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B nicht gegeben seien.
a) Die Aufwendungen für die Neuherstellung des Putzes und für die Beseitigung der Verunreinigungen seien Kosten der Mängelbeseitigung. Auf die Kosten für die Beseitigung der Verunreinigungen sei § 4 Nr. 7 Satz 2 VOB/B nicht anwendbar, weil es sich nicht um Kosten für die Beseitigung von Mangelfolgeschäden handele. Da der Kläger sich vertraglich verpflichtet habe, etwaige Verunreinigungen an anderen Gewerken zu beseitigen, gehöre die Beseitigung der Verunreinigungen zu dem geschuldeten Werkerfolg des Klägers.
b) Die Erstattung der Fremdnachbesserungskosten könne der Beklagte nicht verlangen, weil er dem Kläger nicht vor der Durchführung der Fremdnachbesserung den Auftrag entzogen habe. Die Entziehung des Auftrags sei auch dann erforderlich, wenn der Auftragnehmer die Nachbesserung verweigere und den Werklohn verlange. 2. Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
a) Dem Beklagten steht ein Anspruch auf Erstattung der Kosten sowohl für die Beseitigung der Verunreinigungen als auch für die Neuherstellung des Putzes zu. Für die Revision ist zugunsten des Beklagten zu unterstellen, daß die Beseitigung der Mängel am Putz nur im Wege der Neuherstellung möglich war. Ob es sich bei den Kosten für die Beseitigung der Verunreinigungen um Kosten der Mängelbeseitigung oder um Kosten für die Beseitigung von Mangelfolgeschäden handelt, auf die § 4 Nr. 7 Satz 2 VOB/B anwendbar wäre, kann dahinstehen. Selbst wenn es sich um Kosten der Mängelbeseitigung handeln sollte, ist der Erstattungsanspruch des Beklagten begründet.

b) Der Auftraggeber muß einem Auftragnehmer, der mit der Mängelbeseitigung in Verzug ist, und der noch Fertigstellungsarbeiten am Bau erbringen muß, den Auftrag nach einer Fristsetzung mit Kündigungsandrohung vor einer Fremdnachbesserung entziehen (§ 4 Nr. 7 Satz 3 i.V.m. § 8 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B). Die Entziehung des Auftrages dient in diesem Fall dazu, für die weitere Bauabwicklung unter den Beteiligten klare Verhältnisse zu schaffen, um Streitigkeiten nach Möglichkeit zu verhindern (BGH, Urteil vom 15. Mai 1986 - VII ZR 176/85, ZfBR 1986, 226 = BauR 1986, 573; Urteil vom 2. Oktober 1997 - VII ZR 44/97, ZfBR 1998, 31 = BauR 1997, 1027).
c) Diese Grundsätze sind auf die Fallkonstellation dieses Rechtsstreites nicht anwendbar, weil sie sich von beiden Entscheidungen in relevanten Punkten unterscheidet. Im Hinblick auf die endgültige Weigerung des Klägers, das Werk vertragsgemäß fertigzustellen, war eine erneute Fristsetzung zur Mängelbeseitigung mit einer Kündigungsandrohung entbehrlich (BGH, Urteil vom 20. April 1978 - VII ZR 166/76, BauR 1978, 306: zu § 13 Nr. 5 VOB/B). Die Auftragsentziehung durch den Beklagten vor einer Fremdnachbesserung war aufgrund der Besonderheiten der Fallsituation ebenfalls nicht erforderlich. Der Kläger hat die vertragsgemäße Fertigstellung endgültig verweigert. Dadurch hat er sein Recht, die vertragsgemäße Herstellung selbst vorzunehmen , verloren. Bei dieser Fallgestaltung kann es unter den Beteiligten zu unklaren Verhältnissen bei der weiteren Bauabwicklung nicht kommen. Der Auftraggeber kann entweder die vertragsgemäße Fertigstellung verlangen oder die Ersatzvornahme durchführen. Ein Nebeneinander von Auftragnehmer und Drittunternehmer, der zu Streitigkeiten auf der Baustelle führen könnte, ist ausgeschlossen. Unter diesen besonderen Voraussetzungen ist der Auftraggeber
ohne vorherige Kündigung des Vertrages oder Benachrichtigung des Auftragnehmers berechtigt, die Mängel durch einen Drittunternehmer beseitigen zu lassen.
Ullmann Thode Kuffer Kniffka Wendt

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.