Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2004 - XII ZR 175/02

bei uns veröffentlicht am27.10.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 175/02 Verkündet am:
27. Oktober 2004
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 242 Bb, 313
Zur Staffelmietvereinbarung bei Gewerberaummietverhältnissen (im Anschluß an
BGH, Urteil vom 8. Mai 2002 - XII ZR 8/00 - NJW 2002, 2384, 2385).
BGH, Urteil vom 27. Oktober 2004 - XII ZR 175/02 - OLG Dresden
LG Chemnitz
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. Oktober 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Prof. Dr. Wagenitz, Fuchs, Dr. Ahlt und Dose

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 13. Juni 2002 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin macht als Rechtsnachfolgerin der S. mbH rückständige Miete aus einem gewerblichen Mietverhältnis geltend. Mit schriftlichem Vertrag vom 3. November 1994 vermietete die S. mbH an die Beklagte das "St. C." auf die Dauer von 20 Jahren. § 1 des Mietvertrages lautet: "Der Vermieter vermietet die nachstehend bezeichneten Räumlichkeiten der Liegenschaft D. Straße 4/A. - straße 3 und 7 in C. an den Mieter: Gesamtnutzfläche 10.014 m² (Netto-Grundfläche, NGF)
Pkw-Stellplätze: 150 Stück Die Flächenmaße wurden auf der Grundlage der Bauzeichnungen nach DIN 277 ermittelt. Die mietgegenständlichen Räumlichkeiten wurden anhand der Projektunterlagen und Mieterwünsche fertiggestellt. Größenabweichungen von +/- 3 % berechtigen keine der Vertragsparteien zur Änderungen des Mietzinses." In § 4 heißt es: "Der monatliche Mietzins beträgt für die in § 1 Abs. 1 bezeichneten Flächen (Bezugsbasis: Stellplatz DM 100 pro Monat und Stück; DM 32,22 pro qm Nutzfläche), insgesamt DM 337.606,00 zzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer von z.Z. 15 %, d.h. incl. Mehrwertsteuer derzeit DM 388.246,90 …"
Daneben enthält der Vertrag die Vereinbarung einer Staffelmiete, wonach sich der Mietzins jedes Jahr zum 1. November automatisch um 2 %, jeweils bezogen auf den bis zum Erhöhungszeitpunkt geltenden Mietzins, erhöht. Am 7. Februar 1995 schrieb die S. mbH an die Beklagte: "Sehr geehrter Herr B. , der aktuelle Stand der Nettogrundflächenberechnung (NGF) beträgt 15.645,51 qm darunter TG 4.223,23 qm darunter Läden/Büro's 11.422,28 qm Dabei wurden die aktuelle Planung der Passage (Aufteilung in 6 Gewerbeflächen) und des Restaurants in Ebene 0 berücksichtigt. Grundlage dieser Ermittlung durch die Architektengemeinschaft bildete die DIN 277. Damit weicht die Nettogrundfläche (NGF) um mehr als 3 % von 10.014 qm ab. Demgemäß erfolgte eine Anpassung des Mietzinses um
11.422 qm - 10.014 qm = 1.408 qm 1.408 qm x 32,22 DM/qm = 45.365,75 DM / p.M. (Netto) Der monatliche Mietzins erhöht sich von 337.606,00 DM + 45.365,75 DM 82.971,75 DM zzgl. der gesetzlichen Mehrwertst euer. Wir bitten Sie höflich, uns diese Anpassung zu bestätigen."
Die Beklagte erwiderte am 3. März 1995: "… Den Inhalt Ihres Schreibens vom 7.2.95 zur Netto-Grundflächenberechnung nach DIN 277 und die damit verbundene Mietpreisanpassung wird von uns nach erfolgter Prüfung ab dem heutigen Tage anerkannt. Durch die veränderte Fläche bei Läden/Büros = 11.422,28 m² entsteht eine Mietpreiserhöhung von 45.365,75 DM/Monat zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer. …"
Die Klägerin erwarb in der Folge das Gewerbeobjekt. Nach ihrer Eintragung im Grundbuch traf sie mit der Beklagten am 19. April/3. Mai 1995 eine Nachtragsvereinbarung, mit der die Parteien den Übergang des Mietverhältnisses regelten. Danach sollte es, soweit im Nachtrag nichts anderes vereinbart wurde, bei den Regelungen des Mietvertrages verbleiben. In II des Nachtrages wurde unter Bezugnahme auf § 4 des ursprünglichen Mietvertrages und in Ergänzung hierzu hinsichtlich des Mietzinses folgendes vereinbart:
"1. § 4 Ziffer 1 lautet: Der monatliche Mietzins beträgt für die in § 1 Abs. 1 bezeichneten Flächen (Bezugsbasis: Stellplatz DM 100,00 pro Monat und Stück; DM 32,22 pro m² Nutzfläche) insgesamt DM 337.606,00 zzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer von z.Z. 15 %, d.h. incl. Mehrwertsteuer derzeit DM 388.246,90, in Worten: Deutsche Mark dreihundertachtundachtzigtausendzweihundertundsechsundvierzig 90/100. Nunmehr wird ergänzend vereinbart: Aufgrund einer Nachberechnung der tatsächlich überlass enen Nettogeschoßfläche gemäß DIN 277 erhöht sich die Mietfläche von 10.014 m² auf 11.422,28 m². Demzufolge erhöhtsich der Mietzins ab 1.3.1995 von DM 337.606,00 zzgl. MWSt auf 383.025,86 zzgl. MWSt von derzeit DM 57.453,87, d.h. auf insgesamt DM 440.479,73, in Worten: Deutsche Markt vierhundertvierzigtausendvierhundertneunundsiebzig 73/100 …"
Die Beklagte zahlte ab November 2000 nur noch eine monatliche Bruttomiete von 219.412,24 DM, weil sie der Auffassung war, sie schulde Miete nur für die reine Nutzfläche, die sich auf 8.035,85 m² belaufe, und darüber hinaus die Miete nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage an die marktübliche Miete für Büroflächen von 16 DM je m² anzupassen sei. Von der Vereinbarung vom 19. April/3. Mai 1995 ausgehend hat die Klägerin 2.048.552,46 DM nebst Zinsen an rückständiger Miete für die Zeit von November 2000 bis einschließlich Juni 2001 geltend gemacht. Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte nach wie vor Klageabweisung.

Entscheidungsgründe:

Die Revision bleibt ohne Erfolg. 1. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, die Mietvertragsparteien hätten die Nettogrundfläche des Mietobjekts als Berechnungsgrundlage vereinbart. Der Begriff Gesamtnutzfläche sei nicht der DIN 277 entnommen, da diese lediglich den Begriff Haupt-, Neben- und Nutzfläche enthalte. Damit könne nicht zwingend davon ausgegangen werden, daß der Begriff der Gesamtnutzfläche dem der Nutzfläche im Sinne der DIN 277 entspreche. Vielmehr definiere der nach dem Ausdruck Gesamtnutzfläche handschriftlich eingefügte Zusatz "NettoGrundfläche" den vorhergehenden Begriff der Gesamtnutzfläche. Damit stehe im Einklang, daß in einem Prospekt der Vermieterin in den dort angegebenen 10.143,90 m² "verm. Flächen" ebenso wie in einem vorangegangenen, dann aber wieder aufgehobenen Mietvertrag in den darin genannten Ladenflächen und Büroetagen neben Nutz- auch Verkehrs- und Funktionsflächen enthalten gewesen seien. Werde aber keine Unterscheidung getroffen, so deute das darauf hin, daß der Begriff Gesamtnutzfläche umfassender verstanden worden sei als nur die reine Nutzfläche. Hinzu komme die Vereinbarung der Parteien im Nachtrag, wonach für die Berechnung des Mietzinses die aufgrund einer Nachberechnung festgestellte und tatsächlich überlassene Nettogeschoßfläche zugrunde zu legen sei. Aus dem Begriff der Nettogeschoßfläche könne keine Beschränkung auf die reine Nutzfläche hergeleitet werden. Hätten die Parteien auf die reine Nutzfläche abgestellt , so wären die Verkehrs- und Funktionsflächen unentgeltlich überlassen worden. Wegen der angespannten Marktlage seien im Jahre 1994 aber Verkehrs - und Funktionsflächen nur entgeltlich überlassen worden. Die Behauptung der Beklagten, während der Vertragsverhandlungen sei für die Berech-
nung des Mietzinses auf die Nutzfläche abgestellt worden, sei ohne Belang. Der definierende Zusatz "Netto-Grundfläche" sei nämlich vor Vertragsunterzeichnung eingefügt und vom Notar mit verlesen worden, so daß zum maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Berechnungsgrundlage eindeutig festgelegt worden sei. Im übrigen habe die Beklagte zunächst bis 1997 vorbehaltlos die volle Miete entrichtet und erst nach dem Einbrechen der Mieten Verhandlungen mit dem Ziel einer Mietreduzierung aufgenommen, aber weiterhin bis Oktober 2000 die volle Miete vorbehaltlos weiter bezahlt. Schließlich habe die Beklagte die Netto-Grundfläche als Berechnungsgrundlage als auch deren Größe von 11.422,28 m² im Schreiben vom 3. März 1995 anerkannt. Der vertraglich vereinbarte Mietzins sei nicht nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage gemindert. Nur wenn das vertraglich übernommene Risiko die Grenze des Zumutbaren überschreite, sei eine Anpassung gerechtfertigt. Es gehöre zum normalen Risiko solcher Verträge, daß sich die den Wert der vereinbarten Leistung beeinflussenden Verhältnisse während der Vertragsdauer zugunsten der einen oder der anderen Vertragspartei ändern könnten. Die Beklagte habe für 20 Jahre Räumlichkeiten für ihre Tätigkeit erlangt und damit Planungs- und Kalkulationssicherheit. Mit Abschluß des Vertrages habe sie bewußt das Risiko der Marktwertänderung übernommen. Die Klägerin habe ihrerseits einer langfristigen vertraglichen Bindung bedurft. Nur bei Sicherstellung des Ertrages für das Objekt habe sie ihre Verpflichtungen gegenüber ihren Anlegern sicherstellen können. Durch die Vereinbarung einer 2 %igen Mieterhöhung pro Jahr sei der durchschnittliche Kaufkraftverlust ausgeglichen worden. Das Festhalten am vertraglich vereinbarten Mietzins sei für die Beklagte nicht unzumutbar. Daß ihre wirtschaftliche Existenz gefährdet sei, habe sie nicht vorgetragen. Daß die Beklagte bei einem neuen Mietvertrag einen günstigeren Mietzins durchsetzen könnte, führe nicht zur Unzumutbarkeit. Jedenfalls sei die Opfergrenze nicht überschritten. Zwar sei die Grenze des
übernommenen Risikos jeweils individuell zu beurteilen. Als Maßstab könne allerdings die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Erbbaurechtsverträgen herangezogen werden, die bei einem Kaufkraftschwund von mehr als 60 % ein Überschreiten der Opfergrenze annehme. Die Berechnung der Beklagten könne schon deshalb nicht herangezogen werden, weil sie für die reine Nutzfläche von einem ortsüblichen Mietzins von 16 DM/m² ausgehe und dabei nicht berücksichtige, daß in den über 8.000 m² Nutzfläche 2.000 m² Ladenfläche enthalten seien, für die ein höherer Mietzins veranschlagt werden müsse, weil sich die Beklagte verpflichtet habe, Miete nicht nur für die reine Nutzfläche, sondern die gesamte Netto-Grundfläche zu bezahlen. 2. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts hält im Ergebnis einer rechtlichen Überprüfung stand.
a) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Beklagte habe die vereinbarte Quadratmetermiete nicht für die gesamte Netto-Grundfläche, sondern nur für die reine Nutzfläche zu bezahlen. aa) Die Vorinstanzen haben die §§ 1 und 2 des Mietvertrages vom 3. November 1994 dahin ausgelegt, daß die Vertragsparteien die Nettomietflächen des Mietvertrages als Berechnungsgrundlage vereinbart haben. Die gegen diese Auslegung vorgebrachten Rügen der Revision bleiben ohne Erfolg. Die Auslegung von Verträgen ist grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten. Sie kann vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind oder ob die Auslegung auf einem im Revisionsverfahren gerügten Verfahrensfehler beruht (BGHZ 150, 32, 37). Solche revisionsrechtlich beachtlichen Fehler vermag die Revision nicht aufzuzeigen, und sie liegen auch nicht vor. Soweit die Revision geltend macht, das Berufungsgericht
habe für die Auslegung relevante Beweisangebote übergangen, hat der Senat die behaupteten Verfahrensverstöße geprüft, die Rügen aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO). bb) Im übrigen ist die Auslegung der in § 1 des Mietvertrages getroffenen Vereinbarung seitens des Berufungsgerichts nicht entscheidungserheblich. Zutreffend geht das Berufungsgericht nämlich davon aus, daß die Mietvertragsparteien einen kausalen Anerkenntnisvertrag (sogenanntes bestätigendes Schuldanerkenntnis ; vgl. dazu MünchKomm/Hüffer BGB 3. Aufl. § 781 Rdn. 3) geschlossen haben, mit dem die Beklagte die von der Klägerin geltend gemachte Miete anerkannt hat. Die dahingehende Auslegung durch das Berufungsgericht nimmt die Revision hin. Zu Unrecht meint sie aber, die Annahme eines deklaratorischen Anerkenntnisses scheitere daran, daß es an Feststellungen des Berufungsgerichts fehle, zwischen den damaligen Vertragsparteien habe Streit oder Ungewißheit über den Maßstab für die Berechnung der Gesamtmiete oder die Gesamtmiete selbst bestanden, bevor die Beklagte das Schreiben vom 3. März 1995 abgesandt habe. Dies trifft indessen nicht zu. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts führten auf Wunsch der Beklagten durchgeführte bauliche Veränderungen nachträglich zu einer Vergrößerung der Netto-Grundfläche mit der Folge, daß sich für die Beklagte ein höherer Mietzins ergab. Über den Umfang dieser Vergütung bestand Unsicherheit. Deshalb schlug die Rechtsvorgängerin der Klägerin mit Schreiben vom 7. Februar 1995 die Zugrundelegung einer neuen Netto-Grundfläche samt einem neuen Gesamtmietzins vor und bat um Bestätigung. Die neue Netto-Grundfläche und die dadurch bedingte Mietänderung hat die Beklagte geprüft und nach Prüfung mit ihrem Schreiben vom 3. März 1995 anerkannt. Damit hatten die Vertragsparteien die bestehende Ungewißheit einvernehmlich beseitigt. Daran muß sich die Beklagte festhalten lassen.
cc) Über das schuldbestätigende Anerkenntnis zwischen der Rechtsvorgängerin der Klägerin und der Beklagten hinaus haben die Parteien selbst in einem zwischen ihnen schriftlich vereinbarten Nachtrag nochmals die aufgrund der Nachberechnung festgestellte Nettogeschoßfläche zugrunde gelegt. Dem unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten, sie sei in ihrem Schreiben vom 3. März 1995 bei der Beantwortung des Schreibens der S. mbH vom 7. Februar 1995 davon ausgegangen, daß es sich bei der Fläche von 11.422,28 m² um Büroräume und Ladenflächen handele , mußte das Berufungsgericht nicht nachgehen. Ein solcher Irrtum würde an der von der Beklagten im Nachtrag vom 19. April /3. Mai 1995 eingegangenen Verpflichtung zur Zahlung einer erhöhten Miete nichts ändern.
b) Ohne Erfolg beruft sich die Revision darauf, der vertraglich vereinbarte Mietzins sei nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage herabzusetzen. aa) Bei Vereinbarung einer Staffelmiete besteht regelmäßig die nicht fernliegende Möglichkeit, daß der vereinbarte Mietzins im Laufe der Zeit erheblich von der Entwicklung des marktüblichen Mietzinses abweicht. Dieses typische Vertragsrisiko trägt grundsätzlich die jeweils benachteiligte Vertragspartei. Der Mieter bleibt daher in der Regel auch bei einem gravierenden Absinken des allgemeinen Mietniveaus an die vertraglich vereinbarten Staffelerhöhungen gebunden , es sei denn, die Parteien haben eine abweichende Regelung getroffen (BGH, Senatsurteil vom 8. Mai 2002 - XII ZR 8/00 - NJW 2002, 2384, 2385). bb) Ohne Erfolg beruft sich die Revision darauf, der Senat habe in seiner Entscheidung vom 8. Mai 2002 die in § 10 Abs. 2 MHG (jetzt § 557 a Abs. 2, 3 BGB) getroffene gesetzliche Wertung nicht berücksichtigt. Der in §§ 10 MHG, 557a BGB genannte Zeitraum von vier Jahren, über den im Falle der Vermie-
tung von Wohnraum eine Bindung an eine Staffelmietvereinbarung längstens zulässig sei, sei weit überschritten. Das Berufungsgericht habe nicht bedacht, daß ein mit der Vereinbarung einer Staffelmiete bezweckter "Inflationsausgleich" einen weit höheren Effekt bewirke, wenn zeitgleich die für das Objekt maßgebende Vergleichsmiete drastisch sinke. Der frühere § 10 MHG und § 557a BGB sind Schutzvorschriften zugunsten des Wohnraummieters. Der Gesetzgeber hat die Regelung bewußt auf die Wohnraummiete beschränkt. Eine Ausdehnung auf die gewerbliche Miete ist nicht geboten und wird auch nicht gefordert (vgl. Schmidt-Futterer/Börstinghaus MietR 8. Aufl. § 557a BGB Rdn. 10, 12; Emmerich/Sonnenschein Miete 8. Aufl. § 557a Rdn. 2; Herrlein/Kandelhard MietR 2. Aufl. § 557a BGB Rdn. 4). Außerdem betreffen die genannten Vorschriften lediglich, worauf die Revisionserwiderung zu Recht hinweist, die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Beschränkung des Kündigungsrechts des Mieters unwirksam ist, nicht aber die von der Revision geforderte Vertragsanpassung. Soweit sich die Revision auf die Formulierung des Senats im Urteil vom 8. Mai 2002 beruft, daß eine unzumutbare Überschreitung des übernommenen Risikos eher anzunehmen sei, wenn die Bindung an den Vertrag noch viele Jahre bestehe, beruht dies auf einem unzutreffenden Verständnis des Urteils. Der erkennende Senat hat die Argumentation der damaligen Revision verworfen , wonach gerade bei kürzeren Laufzeiten für die Annahme eines Anpassungsgrundes wegen Wegfalls oder Änderung der Geschäftsgru ndlage nicht so strenge Anforderungen zu stellen seien, wie sie die Rechtsprechung für über mehrere Jahrzehnte fest abgeschlossene Verträge aufgestellt hat. Die lange Restlaufzeit des Vertrages ist ein Umstand, der für die Frage einer Anpassung von Bedeutung sein kann, reicht allein aber nicht, um eine Anpassung zu begründen.
cc) Soweit die Revision die Herabsetzung der Miete damit begründet, daß die Äquivalenzstörung durch einen Verfall der Miete n für Gewerbeimmobilien verursacht sei und deshalb nicht auf einer bewußten Risikoübernahme durch die Beklagte, sondern auf der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung in den neuen Bundesländern beruhe, kann ihr nicht gefolgt werden. Denn dies ändert nichts an der vom Senat in seiner Entscheidung vom 8. Mai 2002 angenommenen Risikoverteilung. Auf eine "bewußte" Übernahme des Risikos kommt es nicht an. Der Mieter trägt das Risiko, daß sich das Mietniveau nach Vertragsschluß nach unten entwickelt, der Vermieter das Risiko, daß die Mieten stärker steigen, als mit der Staffelmiete berücksichtigt. Zutreffend weist die Revisionserwiderung darauf hin, daß beide Parteien des Mietvertrages ein erhebliches Interesse daran haben, durch die gewählte Vertragsgestaltung langfristige Planungs-, Kalkulations- und Budgetsicherheit zu erlangen. dd) Entgegen der Auffassung der Revision ist auch die "Opfergrenze" nicht überschritten. Zwar gehört bei gegenseitigen Verträgen der Gedanke der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung zur objektiven Geschäftsgrundlage. Wird dieses Gleichgewicht nach Vertragsschluß durch unvorhergesehene Veränderungen so schwer gestört, daß damit das von einer Partei normalerweise zu tragende Risiko in unzumutbarer Weise überschritten wird, so ist der Vertrag anzupassen (Senatsurteil vom 8. Mai 2002 aaO). Eine solch schwerwiegende, die Unzumutbarkeitsgrenze überschreitende Äquivalenzstörung liegt hier jedoch nicht vor. Zum einen muß sich die Beklagte an der von ihr anerkannten Bezugsgröße von 11.422,28 m² festhalten lassen. Bei Zugrundelegung dieser Fläche errechnet sich kein Rückgang der ortsüblichen Miete auf lediglich 44 % der vereinbarten Miete. Zum anderen würde auch ein Rückgang der ortsüblichen Miete um mehr als 60 % nicht automatisch zur Überschreitung der Opfergrenze füh-
ren. Allein die Tatsache, daß die Beklagte mittlerweile vergleichbare Geschäftsräume zu einem wesentlich günstigeren Mietzins anmieten könnte, rechtfertigt nämlich nicht die Annahme einer zur Vertragsanpassung führenden Äquivalenzstörung (Senatsurteil vom 8. Mai 2002 aaO). Welcher Maßstab bei der Entscheidung der Frage, ob Unzumutbarkeit vorliegt, anzulegen ist, braucht - wie auch im Senatsurteil vom 8. Mai 2002 - nicht entschieden zu werden. Die Revision zeigt keinen Sachvortrag in den Instanzen auf, noch ist ein solcher ersichtlich , weshalb das von der Beklagten, einer Aktiengesellschaft, zu tragende Risiko in unzumutbarer Weise überschritten sein soll. Daß die in der Energieversorgung eingetretene Liberalisierung zu einem erheblichen Wettbewerbsdruck für die früher als Monopolist tätige Beklagte geführt hat, durfte das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler als nicht entscheidungserheblich ansehen.
Hahne Wagenitz Fuchs Ahlt Dose

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2004 - XII ZR 175/02

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2004 - XII ZR 175/02

Anwälte

1 relevante Anwälte

1 Anwälte, die Artikel geschrieben haben, die diesen Urteil erwähnen

Rechtsanwalt

für Familien- und Erbrecht


Familienrecht, Erbrecht, Ehescheidung - Streifler & Kollegen
EnglischDeutsch

Referenzen - Veröffentlichungen

2 Veröffentlichung(en) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2004 - XII ZR 175/02.

1 Artikel zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2004 - XII ZR 175/02.

Referenzen - Gesetze

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 564 Keine Begründung der Entscheidung bei Rügen von Verfahrensmängeln


Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 557a Staffelmiete


(1) Die Miete kann für bestimmte Zeiträume in unterschiedlicher Höhe schriftlich vereinbart werden; in der Vereinbarung ist die jeweilige Miete oder die jeweilige Erhöhung in einem Geldbetrag auszuweisen (Staffelmiete). (2) Die Miete muss jeweils
Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2004 - XII ZR 175/02 zitiert 4 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 564 Keine Begründung der Entscheidung bei Rügen von Verfahrensmängeln


Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 557a Staffelmiete


(1) Die Miete kann für bestimmte Zeiträume in unterschiedlicher Höhe schriftlich vereinbart werden; in der Vereinbarung ist die jeweilige Miete oder die jeweilige Erhöhung in einem Geldbetrag auszuweisen (Staffelmiete). (2) Die Miete muss jeweils

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2004 - XII ZR 175/02 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2004 - XII ZR 175/02 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Mai 2002 - XII ZR 8/00

bei uns veröffentlicht am 08.05.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 8/00 Verkündet am: 8. Mai 2002 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGB § 53
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2004 - XII ZR 175/02.

Bundesgerichtshof Urteil, 23. Mai 2014 - V ZR 208/12

bei uns veröffentlicht am 23.05.2014

Tenor Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 10. August 2012 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung gegen die

Referenzen

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 8/00 Verkündet am:
8. Mai 2002
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zur Frage der Anpassung einer Staffelmiete für Gewerberaum bei unvorhergesehenem
Absinken des Mietpreisniveaus nach den Regeln des Wegfalls der Geschäftsgrundlage.
BGH, Urteil vom 8. Mai 2002 - XII ZR 8/00 - Kammergericht
LG Berlin
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Mai 2002 durch die Richter Gerber, Sprick, Weber-Monecke, Dr. Ahlt
und Dr. Vézina

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Beklagten wird das Urteil der 32. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 22. Januar 1999 im Kostenpunkt dahingehend abgeändert, daß dem Beklagten die Kosten der ersten Instanz mit Ausnahme der durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts entstandenen Mehrkosten, die die Klägerin alleine trägt, auferlegt werden. Im übrigen wird die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 26. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 17. November 1999 auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Mit Mietvertrag vom 23. April 1991 vermietete die Klägerin (zunächst mit einem weiteren Miteigentümer) dem Beklagten Gewerberäume in Berlin für die Zeit vom 1. Juni 1991 bis 31. Mai 2001 (mit Verlängerungsklausel) "zur Benutzung als Rechtsanwaltspraxis". Der Mietvertrag sah eine Staffelmiete vor. Danach erhöhte sich der Mietzins von anfangs 6.400 DM jährlich zum 1. Juni um jeweils 5 Prozent. Er belief sich somit ab Juni 2000 auf 9.928 DM monatlich.
Durch Vereinbarung mit dem Beklagten verzichtete die Klägerin auf die Staffelerhöhungen zum 1. Juni 1995 und 1. Juni 1996. Der Beklagte hat ab Juni 1997 den Mietzins nicht mehr in voller Höhe entrichtet. Er hat dies unter anderem damit begründet, der vereinbarte Staffelmietzins sei nach Treu und Glauben an den marktüblichen Mietzins, der zwischenzeitlich wider Erwarten drastisch gesunken sei, anzupassen. Die ortsübliche Nettokaltmiete habe im April 1998 nur noch 26,60 DM pro Quadratmeter betragen, bei Neuvermietungen sei der Mietzins sogar auf 22,30 DM pro Quadratmeter gefallen, während er nach dem Staffelmietvertrag ab Juni 1997 53,60 DM und ab Juni 1998 56,28 DM pro Quadratmeter zahlen müsse. Die Zahlung eines im Vergleich zur Marktüblichkeit derart überhöhten Mietzinses sei ihm nicht zuzumuten. Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin die Mietdifferenz bis einschließlich Juni 1998 geltend, die sie mit 13.335,02 DM beziffert hat. Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 12.814,02 DM stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision des Beklagten, mit der er sein Begehren auf vollständige Abweisung der Klage weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat in der Sache keinen Erfolg, sie führt lediglich zu einer Abänderung der landgerichtlichen Kostenentscheidung. 1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Beklagte könne weder unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage noch aus anderweiti-
gen Erwägungen gemäß § 242 BGB eine Herabsetzung des vertraglich vereinbarten Mietzinses verlangen. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei der Geschäftswille der Parteien nicht auf der Vorstellung aufgebaut gewesen, die Gewerberaummieten würden nach 1991 weiter ansteigen. Die Mietzinsstaffelung sei vielmehr der von der Vermieterseite verlangte Preis dafür gewesen, daß der Beklagte, wie unstreitig sei, die 10-jährige Laufdauer des Vertrages gewünscht habe. Keine der Parteien habe eine sichere Vorstellung von der Entwicklung der Mietpreise haben können. Ein Absinken der Mietpreise gegenüber dem bei Vertragsschluß 1991 bestehenden hohen Niveau sei auch aus damaliger Sicht ebenso denkbar gewesen, wie ein weiteres Ansteigen. Das Absinken der Mietpreise sei nicht durch einen grundlegenden Wandel der politischen oder gesellschaftlichen Verhältnisse ausgelöst worden. Vielmehr sei es Folge einer wirtschaftlichen Entwicklung , die nicht den erhofften dauerhaften Aufschwung genommen habe, sondern nach der anfänglichen Aufwärtsentwicklung früher als erwartet zum Erliegen gekommen sei. Diese Umstände könnten die Wirksamkeit einmal geschlossener Verträge von Rechts wegen nicht berühren. Eine Anpassung beziehungsweise Herabsetzung des Mietzinses sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Äquivalenzstörung von Leistung und Gegenleistung möglich. Dem Beklagten könne nicht darin gefolgt werden, daß der Wert der gemieteten Gewerberäume nicht (mehr) annähernd der Höhe des jeweils zu zahlenden Mietpreises entspreche. Da das Mietobjekt unverändert dem Beklagten für den mietvertraglichen Zweck zur Verfügung stehe und dessen finanzielle Leistungsfähigkeit von der Mietpreisentwicklung unabhängig sei, könne auch bei einem deutlichen Absinken der Mietpreise in der Umgebung nicht von einer Störung des Äquivalenzverhältnisses zwischen den Parteien in der Weise gesprochen werden, daß dem Beklagten die Zahlung des verein-
barten Mietpreises nicht mehr zuzumuten wäre. Die hierin liegende Beschwer des Beklagten rühre lediglich aus dem für ihn ungünstigen Vergleich mit anderen Mietobjekten und aus dem Umstand her, daû er während der Vertragsdauer gehindert sei, die inzwischen eingetretenen günstigen Anmietungsmöglichkeiten für sich zu nutzen. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision - jedenfalls im Ergebnis - stand. 2. Die Höhe des nach den mietvertraglichen Vereinbarungen der Parteien im hier streitigen Zeitraum noch offenstehenden Mietzinses (12.814,02 DM) ist von der Revision zu Recht nicht angegriffen. 3. Entgegen der Auffassung der Revision ist der Beklagte nicht nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 242 BGB) aufgrund des geltend gemachten Verfalls der allgemeinen Mietpreise für vergleichbare Gewerberäume ganz oder teilweise von seiner Pflicht, den vereinbarten Mietzins zu entrichten (§ 535 Satz 2 BGB a.F.), frei geworden.
a) Es kann dahinstehen, ob der bei Vertragsschluû vorhandene Geschäftswille beider Parteien auf der Vorstellung aufbaute, der marktübliche Mietzins vergleichbarer Objekte in Berlin werde weiterhin kontinuierlich ansteigen , wie die Revision geltend macht. Denn auch in diesem Fall wäre der Mietzins für den fraglichen Zeitraum nicht im Wege der Vertragsanpassung herabzusetzen. Auch wesentliche Änderungen der Geschäftsgrundlage - hier etwa die bei Vertragsschluû vorhandene Vorstellung und Erwartung der Parteien, der marktübliche Mietzins werde weiter ansteigen - führen nicht zur Anpassung des Vertrages, wenn sich durch die Störung ein Risiko verwirklicht, das eine Partei
zu tragen hat (vgl. BGHZ 74, 370 [373]; Senatsurteil vom 16. Februar 2000 - XII ZR 279/97 - NJW 2000, 1714, 1716). aa) Bei Vereinbarung einer Staffelmiete besteht regelmäûig die nicht fernliegende Möglichkeit, daû der vereinbarte Mietzins im Laufe der Zeit erheblich von der Entwicklung des marktüblichen Mietzinses abweicht. Dieses typische Vertragsrisiko trägt grundsätzlich die jeweils benachteiligte Vertragspartei (vgl. Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts , 8. Aufl., Rdn. 429). Der Mieter bleibt daher grundsätzlich auch bei einem gravierenden Absinken des allgemeinen Mietniveaus an die vertraglich vereinbarten Staffelerhöhungen gebunden, es sei denn die Parteien haben eine - hier nicht festgestellte und auch nicht ersichtliche - abweichende Regelung getroffen. bb) Diese der Staffelmietvereinbarung immanente Risikoverteilung ändert sich nicht dadurch, daû nicht nur der Mieter, sondern auch der Vermieter erwartet, das allgemeine Mietniveau werde im gesamten Zeitraum der Staffelmietvereinbarung weiterhin steigen. Es ist grundsätzlich Sache der jeweiligen Partei des Mietvertrages abzuschätzen, ob sich die vereinbarte Staffelmiete im Vergleich zur Entwicklung des Marktes als ihr günstig erweisen wird oder nicht. Die Vereinbarung einer langfristigen Staffelmiete schafft beiden Parteien eine zuverlässige Kalkulationsgrundlage. Allein der Umstand, daû auch der Vermieter im Zeitpunkt des Vertragsschlusses von weiter ansteigenden Mietpreisen ausgeht, verlagert das Risiko der Entwertung der Sachleistung während der Dauer der Staffelmietvereinbarung nicht vom Mieter auf den Vermieter.
b) Die Staffelmietvereinbarung ist auch nicht aus Gründen der Äquivalenzstörung abzuändern. Zwar gehört bei gegenseitigen Verträgen der Gedanke der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung zur objektiven Ge-
schäftsgrundlage. Wird dieses Gleichgewicht nach Vertragsschluû durch unvorhergesehene Veränderungen so schwer gestört, daû damit das von einer Partei normalerweise zu tragende Risiko in unzumutbarer Weise überschritten wird, ist der Vertrag an die veränderten Umstände anzupassen (Senatsurteil vom 17. Februar 1993 - XII ZR 232/91 - NJW-RR 1993, 773, 774; PalandtHeinrichs , BGB, 61. Aufl., § 242 Rdn. 135 bis 139 m.w.N.). Eine solch schwerwiegende, die Unzumutbarkeitsgrenze überschreitende Äquivalenzstörung liegt hier jedoch nicht vor. aa) Die Revision vertritt hierzu die Auffassung, bei einer Staffelmietvereinbarung mit einer Laufzeit von "lediglich" 10 Jahren seien für die Annahme eines Anpassungsgrundes wegen des Wegfalls oder der Änderung der Geschäftsgrundlage nicht so strenge Anforderungen zu stellen, wie sie die Rechtsprechung für über mehrere Jahrzehnte fest abgeschlossene Verträge aufgestellt habe. Staffelmietvereinbarungen von solcher Dauer seien vielmehr schon dann unter dem Gesichtspunkt der Äquivalenzstörung an die geänderten Verhältnisse anzupassen, wenn der vereinbarte Mietzins um mehr als einen bestimmten Prozentsatz unter das Niveau der (bei Vertragsschluû erwarteten) ortsüblichen Mieten absinke. In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Anpassung des Erbbauzinses bei drastischem Geldwertschwund (vgl. etwa BGH, Urteil vom 21. Februar 1986 - V ZR 195/84 - NJW 1986, 2698, 2699) sei diese Grenze bei einem Mietzinsverfall um mehr als 60 % zu ziehen. Im Streitfall sei diese Grenze bei weitem überschritten, mithin sei eine entsprechende Vertragsanpassung vorzunehmen. Damit hat die Revision keinen Erfolg.
bb) Im Gegensatz zur Meinung der Revision ist eine unzumutbare Überschreitung des übernommenen Risikos im dargelegten Sinne eher anzunehmen , wenn die Bindung an den Vertrag, wie zum Beispiel bei Erbbauverträgen, noch viele Jahre besteht. Im vorliegenden Fall war der Beklagte an die vereinbarte Staffelmiete nur noch vier Jahre gebunden, als er die hier streitige Herabsetzung begehrte. Welcher Maûstab bei der Entscheidung der Frage, ob Unzumutbarkeit vorliegt, anzulegen ist, braucht hier nicht entschieden zu werden. Die zur Unzumutbarkeit führenden Umstände müssen jedenfalls auf die in Frage stehende Äquivalenzstörung zurückzuführen sein. Bereits daran fehlt es hier. Der Beklagte hat insoweit geltend gemacht, seine Einnahmen aus seiner Anwaltspraxis hätten sich nicht in gleichem Maûe erhöht wie die Mietzinsstaffel. Durch die Belastung mit der sehr hohen Miete sei er gehindert, weiteren benötigten Gewerberaum anzumieten, um vorhandenes oder weiteres Personal angemessen unterbringen zu können, was für eine etwaige Erhöhung seiner Einnahmen unerläûlich sei. Diese Entwicklung ist jedoch nicht durch das Absinken der marktüblichen Mietpreise verursacht worden. Hierzu wäre es vielmehr auch dann gekommen, wenn die Mietpreise allgemein entsprechend der vereinbarten Staffelmiete - wie vom Beklagten ursprünglich erwartet - gestiegen wären. Die Vertragsvorteile, insbesondere die Möglichkeit, Gewinne zu erzielen, sind dem Beklagten trotz des behaupteten Verfalls der Mietpreise unverändert erhalten geblieben (vgl. auch BGH, Urteil vom 12. April 1960 - VIII ZR 160/59 - NJW 1960, 240, 242 f.). cc) Allein die Tatsache, daû der Beklagte mittlerweile vergleichbare Geschäftsräume zu einem wesentlich günstigeren Mietzins anmieten könnte, rechtfertigt nicht die Annahme einer zur Vertragsanpassung führenden Äquiva-
lenzstörung. Überhaupt genügt der Umstand, daû jemand durch eine nachträgliche Veränderung der Verhältnisse wirtschaftlich ungünstiger steht, als nach den getroffenen Vereinbarungen zu erwarten war, regelmäûig nicht, um ihm aus Billigkeitsgründen ein auch nur teilweises Abgehen vom Vertrag zu erlauben. Eine andere Beurteilung wäre eine Verletzung der gesetzlichen Grundentscheidung , daû Verträge, so wie sie geschlossen sind, gehalten werden müssen (BGH, Urteil vom 1. Oktober 1975 - VIII ZR 108/74 - NJW 1976, 142). Eine Anpassung eines langfristigen abgeschlossenen Mietvertrags wegen einer nachträglich eingetretenen Äquivalenzstörung kann nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht kommen, zum Beispiel wenn das Festhalten am Vertrag für eine Partei existenzgefährdend wäre. Dies ist hier nicht der Fall.
Gerber Sprick Weber-Monecke Ahlt Vézina

(1) Die Miete kann für bestimmte Zeiträume in unterschiedlicher Höhe schriftlich vereinbart werden; in der Vereinbarung ist die jeweilige Miete oder die jeweilige Erhöhung in einem Geldbetrag auszuweisen (Staffelmiete).

(2) Die Miete muss jeweils mindestens ein Jahr unverändert bleiben. Während der Laufzeit einer Staffelmiete ist eine Erhöhung nach den §§ 558 bis 559b ausgeschlossen.

(3) Das Kündigungsrecht des Mieters kann für höchstens vier Jahre seit Abschluss der Staffelmietvereinbarung ausgeschlossen werden. Die Kündigung ist frühestens zum Ablauf dieses Zeitraums zulässig.

(4) Die §§ 556d bis 556g sind auf jede Mietstaffel anzuwenden. Maßgeblich für die Berechnung der nach § 556d Absatz 1 zulässigen Höhe der zweiten und aller weiteren Mietstaffeln ist statt des Beginns des Mietverhältnisses der Zeitpunkt, zu dem die erste Miete der jeweiligen Mietstaffel fällig wird. Die in einer vorangegangenen Mietstaffel wirksam begründete Miethöhe bleibt erhalten.

(5) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.