Bundesgerichtshof Urteil, 19. Okt. 2005 - XII ZR 224/03

bei uns veröffentlicht am19.10.2005
vorgehend
Landgericht Magdeburg, 4 O 1406/02, 31.03.2003
Oberlandesgericht Naumburg, 9 U 50/03, 04.11.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 224/03 Verkündet am:
19. Oktober 2005
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 539 a.F., 242 Cc
§ 539 BGB a.F. kann nicht analog auf einen Mietzinsrückstand angewandt werden
, der aus einer vom Vermieter über längere Zeit widerspruchslos hingenommenen
Mietminderung herrührt. Ob der Vermieter mit solchen Nachforderungen
ausgeschlossen ist, beurteilt sich nach den allgemeinen Voraussetzungen
der Verwirkung.
BGH, Urteil vom 19. Oktober 2005 - XII ZR 224/03 - OLG Naumburg
LG Magdeburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Oktober 2005 durch den Richter Sprick, die Richterin Weber-Monecke,
die Richter Fuchs und Dr. Ahlt sowie die Richterin Dr. Vézina

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 4. November 2003 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin verlangt aus abgetretenem Recht von der Beklagten rückständige Miete für die Zeit von Januar 1998 bis Dezember 2000 aus einem am 15. September 1992 zwischen der Beklagten, die damals als K. -I. Warenhandelsgesellschaft mbH firmierte, und dem damaligen Eigentümer des Mietobjekts abgeschlossenen Mietvertrag über Gewerberäume. Dieser verkaufte das Mietobjekt an eine GbR, deren Gesellschafter der Ehemann der Klägerin und die Eigentümergemeinschaft "A. S. ", bestehend aus dem Ehemann der Klägerin und der T. -GmbH (ab 10. März 1995: T. -AG), waren. Zur Sicherung eines am 30. Januar 1995 aufgenommenen Kredits trat die GbR die Mietzinsansprüche gegen die Beklagte an die I. bank (im Folgenden: I. Bank) ab. Im Jahr 1998 zahlte die Beklagte an die I. Bank auf die vereinbarte Miete von 207.879,55 DM nur 90.675,70 DM.
2
Mit Vertrag vom 28. September 1998 trat die Eigentümergemeinschaft "A. S. ", vertreten durch den Ehemann der Klägerin, unter Hinweis darauf, dass die bereits erfolgte Abtretung an die I. Bank bei einem Verkauf des Objekts an die Klägerin demnächst aufgehoben werde, und weiteren Hinweis auf bestehende Mietrückstände von ca. 90.000 DM sämtliche Mietzinsansprüche aus dem Mietvertrag an die Klägerin ab.
3
Nachdem mit Beschluss des Amtsgerichts vom 8. Dezember 1998 auf Betreiben der I. Bank die Zwangsverwaltung des Mietgrundstücks angeordnet worden war, zahlte die Beklagte ab 1. Januar 1999 bis zur Aufhebung der Zwangsverwaltung am 14. September 2000 an den Zwangsverwalter im Jahr 1999 eine um 15 % und danach bis September 2000 eine in unterschiedlicher Höhe gekürzte Miete.
4
Die I. Bank teilte der Generalbevollmächtigten der Beklagten mit Schreiben vom 9. Oktober 2000 mit, dass sie "per 14.9.2000 (Aufhebung der Zwangsverwaltung durch das Gericht)" keine Rechte aus der Abtretung der Mietforderungen mehr herleite. Mit Schreiben vom 30. Oktober 2000 bestätigte sie diese Erklärung gegenüber den Bevollmächtigten der Klägerin.
5
Die Klägerin, die mit notariellem Kaufvertrag vom 12. Mai 2000 das Mietgrundstück erworben hatte und am 7. März 2001 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen worden ist, forderte die Beklagte, vertreten durch ihren Ehemann , mit Schreiben vom 20. Dezember 2000 und 20. November 2001 zur Zah- lung der mit der Klage geltend gemachten behaupteten rückständigen Miete auf.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb ohne Erfolg. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.


I.

8
Das Berufungsgericht führt im Wesentlichen aus:
9
Die Klägerin habe durch die widerspruchslose Hinnahme der gekürzten Miete über einen längeren Zeitraum ihr Nachforderungsrecht auf die volle Miete gemäß § 539 BGB a.F. analog "verwirkt". Die Partner eines Mietverhältnisses könnten in der Regel davon ausgehen, dass laufend zu erfüllende Ansprüche zeitnah geltend gemacht würden. Deshalb sei es - zumindest für die Zeit vor Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes am 1. September 2001 - herrschende Meinung gewesen, dass der Mieter in analoger Anwendung des § 539 BGB a.F. sein Recht zur Minderung verliere, wenn er den Mietzins vorbehaltlos und ungemindert über einen Zeitraum von sechs Monaten gezahlt habe. Die Gewährleistungsrechte seien dann für die Vergangenheit und die Zukunft ausgeschlossen gewesen, ohne dass es eines weiteren Vertrauenstatbestands auf Seiten des Vermieters bedurft hätte. Diese Grundsätze seien spiegelbildlich auch auf den hier vorliegenden Fall anzuwenden, in dem der Vermieter über einen längeren Zeitraum widerspruchslos die restliche Miete nicht verlange. Ob für den Verlust des Nachforderungsrechts ebenfalls eine Frist von sechs Monaten ausreichend sei, bedürfe für den vorliegenden Fall keiner abschließenden Entscheidung. Die Beklagte habe ab Januar 1998 den Mietzins nicht mehr in voller Höhe gezahlt. Die erste dokumentierte Reaktion der Vermieterseite sei das Schreiben des Zwangsverwalters vom 20. Januar 2000 gewesen. Unabhängig davon, ob es sich bei diesem Schreiben überhaupt um eine Aufforderung zur Zahlung des Mietrückstandes handele, sei eine Frist von zwei Jahren jedenfalls ausreichend. Ein Nachforderungsanspruch sei somit im Januar 2000 "verwirkt" gewesen.
10
Dies gelte auch für die weiter bis Dezember 2000 geltend gemachten Nachforderungen. Denn ein einmal verwirktes Forderungsrecht könne jedenfalls so lange nicht geltend gemacht werden, wie sich an den Umständen nichts verändert habe. Ebenso wie das Minderungsrecht des Mieters auch für die nach Eintritt der Verwirkung entstehenden, künftigen Mietzinsansprüche ausgeschlossen sei, könne auch ein Nachforderungsrecht des Vermieters nicht neu entstehen. Der Anspruch sei vielmehr insgesamt "verwirkt".
11
Eine Neuentstehung komme in Anlehnung an die Senatsentscheidung vom 26. Februar 2003 (- XII ZR 66/01 - NJW-RR 2003, 727, 728) zudem erst ab dem Zeitpunkt in Betracht, in dem ein auf Seiten des Mieters bestehender Vertrauenstatbestand wieder entfallen sei. Dafür reiche ein einfaches Aufforderungsschreiben des Vermieters zur Zahlung nicht aus. Vielmehr sei zu fordern, dass der Vermieter den Mieter mit der Zahlung des vollen Mietzinses in Verzug setze, dem Mieter die gerichtliche Geltendmachung androhe und im Falle der Nichtzahlung zeitnah die gerichtliche Geltendmachung auch betreibe. Dies sei hier jedenfalls bis Dezember 2000 nicht geschehen, so dass auch diese Ansprüche verwirkt seien.
12
Das Berufungsgericht hat die Revision zur Klärung der Frage, unter welchen konkreten Voraussetzungen ein Nachforderungsrecht des Vermieters auf Zahlung rückständiger Miete verwirkt werden bzw. nachträglich wieder aufleben kann, zugelassen.

II.

13
Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
14
1. Das Berufungsurteil leidet allerdings entgegen der Annahme der Revision nicht an einem Verfahrensmangel. Zwar enthält es keine wörtliche Wiedergabe der Berufungsanträge. Aus dem Zusammenhang ergibt sich jedoch, daß die Klägerin mit der Berufung ihren unveränderten Sachantrag gegen das ihre Klage abweisende erstinstanzliche Urteil weiterverfolgt. Das genügt den Anforderungen des § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO (BGHZ 154, 99, 100 f.).
15
2. Das Berufungsgericht ist auch entgegen der Annahme der Revisionserwiderung in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen , daß die Klägerin aufgrund des Abtretungsvertrages vom 28. September 1998 berechtigt ist, Mietnachforderungen auch für die Zeit vor deren deren Rückübertragung von der I. Bank an die GbR am 9. Oktober 2000 geltend zu machen. Die Auslegung der Erklärung der I. Bank dahin, dass sie bezüglich sämtlicher offenen Mietforderungen (und nicht etwa nur solcher, die nach der Aufhebung der Zwangsverwaltung entstanden sind) keine Rechte aus der Abtretung mehr herleite, begegnet keinen Bedenken.
16
3. Zu Recht wendet sich die Revision aber gegen die Ansicht des Berufungsgerichts , § 539 BGB a.F. könne analog auf rückständige Mietzinsansprüche des Vermieters angewandt werden, die aus einer über längere Zeit widerspruchslos hingenommenen Kürzung der Miete herrühren (gegen Analogie: Wichert ZMR 2000, 65, 68; Kandelhard NZM 2005, 43 ff.; Kraemer in Bub/Treier Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 3. Aufl. Kap. III Rdn. 1367; Blank/Börstinghaus Miete 2. Aufl. § 536 Rdn. 77; für Analogie: OLG Hamburg WuM 1999, 281; Ventsch/Storm NZM 2003, 577, 579 f.; differenzierend : Timme NZM 2003, 508, 509).
17
Die Klägerin hat nicht bereits dadurch, dass sie über einen längeren Zeitraum einen Mietabzug der Beklagten widerspruchslos hingenommen hat, ihren Anspruch auf rückständige Miete gemäß § 539 BGB a.F. analog verwirkt.
18
Die ständige Rechtsprechung und überwiegende Kommentarliteratur haben zwar bis zum Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1149) am 1. September 2001 angenommen, dass der Mieter das Recht zur Mietminderung wegen eines nachträglich eingetretenen oder ihm bekannt gewordenen Mangels der Mietsache in entsprechender Anwendung des § 539 BGB a.F. verliert, wenn er die Miete ungekürzt über einen längeren Zeitraum und ohne Vorbehalt weiter zahlt. Dabei wurde eine Frist von sechs Monaten im Regelfall als "längerer Zeitraum" angesehen (vgl. hierzu: BGHZ 155, 380, 385 m.w.N.). Diese für die neue Gesetzeslage vom Bundesgerichts- hof aufgegebene Rechtsprechung (BGHZ aaO; Senatsbeschluß vom 16. Februar 2005 - XII ZR 24/02 - DWW 2005, 153) kann jedoch auch für die Zeit vor Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes nicht auf die Nachforderungsansprüche des Vermieters, der die Kürzung der Miete über längere Zeit widerspruchslos hingenommen hat, übertragen werden.
19
Insoweit fehlt es schon an der für eine Analogie erforderlichen planwidrigen Regelungslücke (vgl. dazu BGHZ 155, 380, 389; 149, 165, 174). Das Gesetz enthält mit der Verjährungsvorschrift des § 197 BGB eine Regelung für den Fall, dass der Vermieter seine Ansprüche auf Miete längere Zeit nicht geltend macht. Die Fälle, in denen ausnahmsweise bereits vor Ablauf der Verjährungsfrist die Nachforderung von Miete infolge längeren Zeitablaufs und weiterer vertrauensbildender Umstände nach Treu und Glauben ausgeschlossen ist, werden von dem aus § 242 BGB entwickelten Rechtsinstitut der Verwirkung erfasst.
20
Eine analoge Anwendung des § 539 BGB a.F. kommt auch deshalb nicht in Betracht, weil der auf Gewährleistungsansprüche des Mieters gerichtete Normzweck des § 539 BGB a.F. nicht mit dem Anspruch des Vermieters auf Zahlung von Miete vergleichbar ist (vgl. Wichert aaO).
21
4. Die Klägerin kann die geltend gemachte rückständige Miete daher nur dann nicht verlangen, wenn neben dem Zeitmoment auch die weiteren Voraussetzungen der Verwirkung vorliegen (vgl. Senatsurteil vom 26. Februar 2003 - XII ZR 66/01 - aaO).
22
a) Der Rechtsgedanke der Verwirkung, der auch im Miet- und Pachtrecht gilt, ist ein Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung aufgrund widersprüchlichen Verhaltens (BGH Urteil vom 29. Februar 1984 - VIII ZR 310/82 - NJW 1984, 1684; Gramlich in Bub/Treier aaO Kap. VI Rdn. 101; Blank/Börstinghaus aaO § 548 Rdn. 64). Danach ist ein Recht verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (Senatsurteile BGHZ 84, 280, 281; BGHZ 105, 290, 298; BGH Urteil vom 14. November 2002 - VII ZR 23/02 - NJW 2003, 824; MünchKomm /Roth 4. Aufl. § 242 BGB Rdn. 464 m.w.N.).
23
Die Annahme einer Verwirkung setzt somit neben dem Zeitablauf (sog. Zeitmoment) das Vorliegen besonderer, ein Vertrauen des Verpflichteten begründender Umstände voraus (sog. Umstandsmoment). Zwischen diesen Umständen und dem erforderlichen Zeitablauf besteht eine Wechselwirkung insofern , als der Zeitablauf um so kürzer sein kann, je gravierender die sonstigen Umstände sind, und dass umgekehrt an diese Umstände desto geringere Anforderungen gestellt werden, je länger der abgelaufene Zeitraum ist (BGHZ 146, 217, 224 f.). Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalls (MünchKomm/Roth § 242 BGB Rdn. 469 m.w.N.; Schmidt-Futterer/Gather Mietrecht 8. Aufl. § 548 Rdn. 19).
24
b) Das Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - lediglich zum Zeitablauf Feststellungen getroffen, nicht aber zu den Umständen, die den Schluss rechtfertigen könnten, die Beklagte habe bereits darauf vertrauen können , dass die Klägerin die Forderung nicht mehr geltend mache, und sie sich hierauf auch eingerichtet habe.
25
Zum Zeitablauf hat das Berufungsgericht festgestellt, dass zwischen dem Beginn der gekürzten Mietzahlung, dem 1. Januar 1998, und der ersten - allerdings nicht die Mietrückstände betreffenden - Reaktion von Vermietersei- te, einem Schreiben des Zwangsverwalters vom 20. Januar 2000, zwei Jahre liegen. Die Revisionserwiderung weist insoweit zu Recht darauf hin, daß die erste Aufforderung zur Zahlung der rückständigen Miete mit Schreiben der Klägerin vom 20. Dezember 2000 erfolgt ist.
26
Dieser Zeitraum, innerhalb dessen die GbR als Vermieterin, die I. Bank als Zessionarin und der Zwangsverwalter die Mietkürzung widerspruchslos hingenommen haben, reicht grundsätzlich aus, um das für die Annahme einer Verwirkung erforderliche Zeitmoment als erfüllt anzusehen.
27
Die Klägerin muss sich als Zessionarin diese Zeit der Untätigkeit gemäß § 404 BGB auch entgegenhalten lassen. Nach § 404 BGB kann die Beklagte der Klägerin die Einwendungen entgegensetzen, die zur Zeit der Abtretung der Forderung gegen die GbR begründet waren. § 404 BGB dient dem Zweck, eine Verschlechterung der Verteidigungsmöglichkeiten des Schuldners infolge der Forderungsabtretung zu verhindern (BGH Urteil vom 23. März 2004 - XI ZR 14/03 - NJW-RR 2004, 1347, 1348 m.w.N.; MünchKomm/Roth 4. Aufl. § 404 BGB Rdn. 10). Daher umfasst die Vorschrift auch Einwendungen des Schuldners , die zum Zeitpunkt der Abtretung lediglich im Schuldverhältnis angelegt waren und erst später entstanden sind (vgl. BGH aaO; BGHZ 25, 27, 29; 93, 71, 79).
28
Hier ist die Abtretung der Mietforderungen von der GbR an die Klägerin (28. September 1998) erst mit dem Verzicht der I. Bank auf ihre Rechte aus der zeitlich früheren Abtretung im Jahr 1995, somit am 9. Oktober 2000, wirksam geworden. Denn durch die frühere Abtretung hatte die GbR ihre Gläubigerstellung und damit die Verfügungsbefugnis verloren. Erst durch die in dem Verzicht der I. Bank zu sehende stillschweigende Rückabtretung der Mietforderungen (vgl. BGH, Urteil vom 21. November 1985 - VII ZR 305/84 - NJW 1986, 977) ist die GbR wieder Berechtigte geworden, so dass die Abtretung an die Klägerin durch Konvaleszenz (§ 185 Abs. 2 Satz 1 BGB) frühestens am 9. Oktober 2000 wirksam geworden ist.
29
Zu diesem Zeitpunkt konnte sich die Beklagte gegenüber der GbR auf die widerspruchslose Hinnahme der Mietkürzungen durch die I. Bank berufen (§ 404 BGB). Die GbR musste sich auch gemäß § 242 BGB von der Beklagten die Untätigkeit des für die Dauer der Zwangsverwaltung in die Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag eingetretenen (Böttcher ZVG 4. Aufl. § 152 Rdn. 41) Zwangsverwalters entgegenhalten lassen. Denn ein Wechsel auf Seiten des Berechtigten oder Verpflichteten ist für das Zeitmoment bei der Verwirkung grundsätzlich ohne Bedeutung (MünchKomm/Roth § 242 BGB Rdn. 490; Staudinger/Schmidt BGB 13. Aufl. § 242 Rdn. 570); er kann allenfalls im Rahmen der zu beurteilenden Umstände des Einzelfalls für die Frage der Verwirkung zu berücksichtigen sein.
30
c) Über den bloßen Zeitablauf hinaus müssen jedoch für die Annahme der Verwirkung weitere Umstände vorliegen, die das Vertrauen der Beklagten begründen, die nicht gezahlten Mieten würden nicht mehr geltend gemacht.
31
Solche Feststellungen hat das Berufungsgericht nicht getroffen.
32
Die Beklagte hat substantiiert unter Beweisantritt vorgetragen, sie habe die GbR, vertreten durch den Ehemann der Klägerin, die I. Bank und den Zwangsverwalter wiederholt zur Beseitigung von Mängeln aufgefordert und nach vorherigen Ankündigungen Notreparaturen vorgenommen, deren Kosten sie jeweils mit der Miete verrechnet habe. Diese Behauptungen sind im Hinblick darauf, dass weder die GbR noch die I. Bank noch der Zwangsverwalter auf die Schreiben reagiert haben, für die Beurteilung, ob die Beklagte darauf vertrauen durfte, die Mietkürzungen würden angesichts der gerügten und nicht behobe- nen Mängel akzeptiert, entscheidungserheblich. Da die Klägerin den Zugang der Schreiben bestritten hat, ist darüber Beweis zu erheben.
33
5. Der Senat ist deshalb nicht in der Lage abschließend zu entscheiden. Der Rechtsstreit muß an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, damit es, gegebenenfalls nach ergänzendem Parteivortrag und Beweiserhebungen, die erforderlichen Feststellungen zum Umstandsmoment treffen und einer Gesamtwürdigung unterziehen kann.
Sprick Weber-Monecke Fuchs Ahlt Vézina

Vorinstanzen:
LG Magdeburg, Entscheidung vom 31.03.2003 - 4 O 1406/02 -
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Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 19. Okt. 2005 - XII ZR 224/03

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für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 6. Februar 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Beklagte zur Zahlung verurteilt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin macht Miete und Nebenkosten für ein gewerbliches Mietobjekt geltend. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin vermietete mit schriftlichem Vertrag vom 7. Dezember 1992 Büroräume an eine Bürogemeinschaft, an der der Beklagte beteiligt war, für die Zeit vom 15. April 1993 bis 15. April 2003. Die Miete samt Nebenkostenpauschale betrug monatlich zunächst 4.708,20 DM, ab Dezember 1993 4.801,25 DM.
§ 12 des Mietvertrages lautet: "1. Der Mieter kann gegen Mietzinsforderungen mit Schadensersatzforderungen nach § 538 BGB nur aufrechnen oder diesbezüglich ein Zurückbehaltungsrecht ausüben, wenn er seine Absicht dem Vermieter mindestens einen Monat vor Fälligkeit des Mietzinses schriftlich angezeigt hat. 2. Mit sonstigen Gegenforderungen kann der Mieter nur aufrechnen, soweit sie unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sind. Zurückbehaltungsrechte stehen dem Mieter unbeschadet von Ziffer 1. nur wegen Gegenforderungen zu, die auf dem Mietverhältnis beruhen." Im Juli/August 1993 bezog der Beklagte, der nach dem Ausscheiden der übrigen Mieter aus der Bürogemeinschaft den Mietvertrag als alleiniger Mieter weiterführte, das Mietobjekt. Mit Schreiben vom 13. Juli 1995 wies er erstmals die Klägerin auf "unerträgliche Temperaturen infolge der Sonneneinstrahlung" hin. Seit August 1995 minderte er deshalb die Miete um 50 %, seit September 1999 zahlte der Beklagte nur noch 1 DM Nettomiete. Mit Schreiben vom 21. August 1995 erklärte sich die Klägerin mit einer Minderung um 4 DM/qm auf 21 DM/qm einverstanden. Die Minderung sollte ab dem 1. September 1995 beginnen und "vorerst für den Zeitraum von einem Jahr" gelten. Darüber hinaus teilte sie dem Beklagten mit, "daß mit Nachdruck an der Installation von Außenjalousien gearbeitet wird". Sie versprach, die Außenjalousien innerhalb der nächsten acht Wochen zu installieren. Mit Schreiben vom 12. September 1995 stellte die Klägerin klar, daß sie die Minderung in der vorgenommenen Höhe nicht akzeptiere. Der Beklagte zahlte weiterhin nur eine um 50 % geminderte Nettomiete. Erstmals mit Schreiben vom 15. Februar 1998 wies die neue Verwalterin der Klägerin auf Rück-
stände hin, erklärte, daß ihr die Mängelanzeigen bekannt seien und schlug ein persönliches Gespräch mit dem Ziel einer Einigung vor. Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 125.920,52 DM sowie Zinsen in Höhe von 14.355,58 DM sowie 6 % Zinsen aus 125.920,52 DM seit dem 25. Dezember 1999 zu bezahlen. Die Widerklage, mit der der Beklagte Schadensersatz in Höhe von 395.214,22 DM geltend gemacht hat, hat das Landgericht abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die landgerichtliche Entscheidung abgeändert und den Beklagten zur Zahlung von 106.179,59 DM nebst 6 % Zinsen, monatlich gestaffelt, verurteilt. Hinsichtlich der abgewiesenen Widerklage ist das Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Revision, die der Senat insoweit angenommen hat, als der Beklagte zur Zahlung verurteilt worden ist.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Beklagten führt im Umfang der Annahme zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. 1. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, die Miete sei nicht gemindert. Da der Beklagte vom Zeitpunkt seines Einzuges im Juli/August 1993 bis einschließlich Juli 1995 die Miete vorbehaltlos bezahlt habe, sei sein Minderungsrecht entsprechend § 539 BGB für die Vergangenheit und die Zukunft verwirkt. Ein Zeitraum von sechs Monaten reiche in diesem Zusammenhang in der Regel aus, Gewährleistungsrechte des Mieters auch für die Zukunft auszuschließen.
Eine längere Frist komme in Betracht, wenn sich der Mangel erst langsam entwickle und der Mieter daher Zeit zur Prüfung benötige, ob ihm ein Minderungsrecht zustehe. Der Beklagte trage selbst vor, daß er die zu hohen Temperaturen alsbald nach dem Einzug in die Mieträume bemerkt habe. Selbst bei Einräumung einer Prüfungsfrist bis Ende 1994 sei durch die vorbehaltslose Zahlung der Miete bis einschließlich Juli 1995 das Minderungsrecht verwirkt. Auf die Mängelbeseitigungszusage könne sich der Beklagte nicht berufen. Das Versprechen , innerhalb der nächsten acht Wochen Außenjalousien anzubringen, sei erst nach Ablauf der dem Beklagten einzuräumenden Prüfungsfrist erfolgt. Sie lasse die bereits eingetretene Verwirkung des Minderungsrechts nicht mehr entfallen. Die Berufung der Vermieterin auf § 539 BGB sei nicht rechtsmißbräuchlich (§ 242 BGB), zumal der Mieter seinen vertraglichen Erfüllungsanspruch aus § 536 BGB behalte. Der Anspruch auf Miete sei nicht deshalb verwirkt , weil die Klägerin seit 1995 nichts gegen die Kürzungen der Miete durch den Beklagten unternommen habe. Dem Vermieter dürfe es nicht ohne weiteres zum Nachteil gereichen, wenn er mit der Geltendmachung seiner Ansprüche aus Bequemlichkeit oder Sorglosigkeit zuwarte. Die Nebenansprüche seien nicht verjährt, die Gesamtforderung betrage 225,869,79 DM. Abzüglich der insgesamt gezahlten 119.690,20 DM verbleibe eine Restforderung in Höhe von 106.179,59 DM. Die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch aus § 538 Abs. 1 1. Alt. BGB bzw. § 823 Abs. 1 BGB sowie die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechtes sei bereits durch § 12 Ziffer 1 des Mietvertrages ausgeschlossen, weil sie nicht mindestens einen Monat vor Fälligkeit der Miete angezeigt worden seien. Die zulässige Widerklage sei unbegründet. 2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.

a) Ohne Rechtsfehler durfte das Oberlandesgericht davon ausgehen, daß der Beklagte aufgrund analoger Anwendung des § 539 BGB a.F. mit Gewährleistungsansprüchen ausgeschlossen sei, weil er die Miete seit seinem Einzug Juli/August 1993 bis Juli 1995 vorbehaltlos bezahlt habe. Das Berufungsgericht stützte sich dabei auf die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 2000 - XII ZR 41/98 - NJW 2000, 2663, 2664; Urteil vom 11. Dezember 1991 - XII ZR 63/90 - NJW-RR 1992, 267, 269; ebenso bereits das Reichsgericht mit Urteil vom 15. Juni 1936 - IV 132/36 - JW 1936, 2706). Der Senat hat die - nicht neuen - Argumente der Revision geprüft. Sie geben keinen Anlaß, die bisherige Rechtsprechung aufzugeben.
b) Ohne Erfolg beruft sich die Revision darauf, der Beklagte habe den Mangel beim Einzug 1993 nicht sofort bemerkt; erst mit fortschreitender Mietdauer habe er festgestellt, daß eine erhebliche Mietbeeinträchtigung vorliege. Nach den bindenden Feststellungen (§ 561 ZPO a.F.) des Berufungsurteils hat der Beklagte selbst vorgetragen, daß er die zu hohen Temperaturen alsbald nach dem Einzug in die gemieteten Räume bemerkt habe. Das Oberlandesgericht konnte deshalb ohne Rechtsverstoß davon ausgehen, daß der Beklagte selbst bei Einräumung einer großzügigen Prüfungsfrist bis Ende 1994 das Minderungsrecht durch die vorbehaltlose Zahlung der Miete bis einschließlich Juli 1995 in entsprechender Anwendung des § 539 BGB a.F. verloren habe. Der Einwand der Revision, die Anwendung des § 539 BGB a.F. scheitere schon an der Zusage der Mangelbeseitigung seitens des Klägers, verkennt, daß die Zusage der Mangelbeseitigung erst mit Schreiben vom 21. August 1995, somit zu einem Zeitpunkt erfolgt ist, als der Beklagte seine Gewährleistungsrechte bereits verloren hatte.
c) Zu Recht macht die Revision aber geltend, auch der Mieter müsse sich darauf verlassen können, daß der Vermieter, der eine Minderung über ei-
nen längeren Zeitraum rügelos hinnehme, die vertraglich vereinbarte Miete nicht rückwirkend verlangen werde. Ob insoweit die - gleichsam spiegelbildliche - entsprechende Anwendung des § 539 BGB a.F. in Betracht kommt (bejahend OLG Hamburg ZMR 99, 328; a.A. Wiechert ZMR 2000, 65, 68; Palandt /Weidenkaff BGB 60. Aufl. § 539 Rdn. 5) kann dahinstehen, da § 539 BGB ein Unterfall der Verwirkung ist und jedenfalls die allgemeinen Voraussetzungen der Verwirkung erfüllt sind. Die Revision rügt zutreffend, daß die Gründe, mit denen das Berufungsgericht die Voraussetzungen einer Verwirkung abgelehnt hat, seine Entscheidung nicht tragen. Das Oberlandesgericht hat die Verwirkung unter Hinweis auf ein Urteil des VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 29. Februar 1984 - VIII ZR 310/82 - NJW 1984, 1684) verneint, weil es dem Vermieter nicht ohne weiteres zum Nachteil gereichen dürfe, wenn er mit der Geltendmachung seiner Ansprüche aus Bequemlichkeit oder Sorglosigkeit zuwarte. Damit hat es ein Argument dieser Entscheidung in unzulässiger Weide verallgemeinert. Das Berufungsgericht hat zwar insoweit recht, als zur Annahme der Verwirkung allein der Ablauf eines längeren Zeitraums im allgemeinen nicht genügt (vgl. auch BGH aaO). Der Verstoß gegen Treu und Glauben, der den Verwirkungstatbestand begründet, besteht nämlich in der Illoyalität der verspäteten Geltendmachung des Anspruchs, die darin zu sehen ist, daß eine Forderung verfolgt wird, obwohl der Vertragspartner bereits darauf vertrauen durfte, daß keine Forderungen mehr geltend gemacht werden, und er sich hierauf auch bereits eingerichtet hat. Über den bloßen Zeitablauf hinaus müssen somit besondere Umstände vorliegen, die die Feststellung rechtfertigen, der Schuldner habe bereits darauf vertrauen können, daß der Gläubiger die Forderung nicht mehr geltend mache. Solche Umstände lagen hier aber vor. Die Klägerin hatte sich bereits mit einer Minderung - wenn auch nicht in der vom Beklagten vorgenommenen Höhe - einverstanden erklärt. Sie hat Beseitigung des Mangels innerhalb von
acht Wochen durch Einbau von Außenjalousien zugesagt, diese Zusage aber nicht eingehalten. Wenn die Klägerin unter diesen Umständen die Minderung über Jahre hinweg hinnimmt, so konnte die Beklagte darauf vertrauen, daß die Klägerin keine Nachzahlung der einbehaltenen Miete verlangen werde. Es ist auch naheliegend, daß der Beklagte im Vertrauen darauf von einer Kündigung abgesehen hat. An einer eigenen Entscheidung ist der Senat aber schon deshalb gehindert , weil nicht feststeht, wie lange der Vertrauenstatbestand gegeben war. Mit Schreiben vom 17. Februar 1998 hat die neue Verwalterin - erstmals seit September 1995 - auf Rückstände hingewiesen, aber keineswegs zur Nachzahlung der vollen Miete aufgefordert, sondern Vergleichsverhandlungen vorgeschlagen. Feststellungen dazu, wann der Beklagte nicht mehr mit der Duldung der Minderung rechnen durfte, hat das Berufungsgericht - aus seiner Sicht zu Recht - nicht getroffen (vgl. auch nachfolgend unter 4.).
d) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Nebenforderungen für 1994 seien verjährt, diejenigen für 1995 bis 1998 durch Aufrechnungen erloschen. Das Berufungsgericht hat die Beklagte nicht zur Zahlung von Nebenkosten verurteilt. Im Berufungsurteil ist lediglich eine Abrechnung vorgenommen, welche Nebenkosten der Beklagte - neben der Miete - insgesamt schuldete und wieviel er insgesamt bezahlte. Die Nebenforderungen waren durch die Vorauszahlungen in vollem Umfang getilgt. 3. Der Senat ist nicht in der Lage, abschließend zu entscheiden. Der Rechtsstreit muß an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, damit es, gegebenenfalls nach ergänzendem Parteivortrag, die erforderlichen Feststellungen treffen kann.
4. Der Senat weist für das weitere Verfahren auf folgendes hin: Sollte das Berufungsgericht zu der Überzeugung gelangen, daß der geltend gemachte Anspruch nicht in vollem Umfang verwirkt ist, so muß die Frage geklärt werden, ob die behaupteten Mängel tatsächlich vorliegen. Zu Recht macht die Revision nämlich geltend, daß dem Beklagten bei Vorliegen der behaupteten Mängel ein Zurückbehaltungsrecht zusteht. Ist das Mietobjekt mangelhaft und kann der Mieter Gewährleistungsansprüche nicht mehr geltend machen, so bleibt ihm der Erfüllungsanspruch erhalten; er kann Herstellung eines zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache geeigneten Zustandes verlangen (BGHZ 84, 42, 45). Darüber hinaus ist der Mieter berechtigt, die Einrede des nichterfüllten Vertrages gemäß § 320 BGB zu erheben (aaO 46). Diese Einrede ist in § 12 Abs. 1 des Mietvertrages nicht ausgeschlossen und deren Geltendmachung auch nicht davon abhängig gemacht, daß sie der Mieter einen Monat vor Fälligkeit der Miete schriftlich anzeigt (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 2 des Mietvertrages). Der Beklagte hat die Einrede erhoben. Sie führt - bei Vorliegen des Herstellungsanspruches - zur Verurteilung Zug um Zug und schließt darüber hinaus den Verzug des Beklagten aus (BGH aaO).
Gerber Sprick Fuchs
Ahlt Bundesrichterin Dr. Vézina hat Urlaub und kann deshalb nicht unterschreiben. Gerber

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Der Mieter kann vom Vermieter Aufwendungen auf die Mietsache, die der Vermieter ihm nicht nach § 536a Abs. 2 zu ersetzen hat, nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag ersetzt verlangen.

(2) Der Mieter ist berechtigt, eine Einrichtung wegzunehmen, mit der er die Mietsache versehen hat.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZR 24/02
vom
16. Februar 2005
in dem Rechtsstreit
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Februar 2005 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter Sprick, Fuchs, Dr. Ahlt und die
Richterin Dr. Vézina

beschlossen:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 18. Dezember 2001 wird nicht angenommen.

Gründe:

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Frage, ob die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur analogen Anwendung des § 539 BGB a.F. auf Fälle, in denen im Verlauf der Mietzeit ein Mangel auftritt und der Mieter den Mietzins gleichwohl über längere Zeit vorbehaltlos weiterbezahlt, auch nach Inkrafttreten des neuen Mietrechts für § 536 b BGB n.F. fortgilt, hat der VIII. Senat durch Urteil vom 16. Juli 2003 (BGHZ 155, 380) entschieden. Danach ist eine analoge Anwendung des ab 1. September 2001 geltenden § 536 b BGB in Fortführung der bisherigen Rechtsprechung zu § 539 BGB a.F. ausgeschlossen. Der Senat schließt sich dieser Rechtsansicht auch für den Bereich der gewerblichen Miete an. 2. Die Revision hat im Endergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg (vgl. § 554 b ZPO a.F. in der Auslegung des Beschlusses des BVerfG vom 11. Juni 1980 - 1 PBvU 1/79 - BVerfGE 54, 277). Zwar verstößt das Berufungsgericht, soweit es die Feststellungswiderklage der Beklagten abgewiesen hat, gegen die obengenannte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu dem seit dem
1. September 2001 geltenden § 536 b BGB. Danach kann für das neue Mietrecht nicht mehr von einer planwidrigen Regelungslücke für die Fälle eines nachträglich aufgetretenen Mangels ausgegangen und somit § 536 b BGB539 BGB a.F.) auf diese Fälle nicht mehr analog angewandt werden. Deshalb kann den Beklagten entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ihr Recht zur Minderung der Pacht für die Zeit ab 1. September 2001 jedenfalls nicht durch eine analoge Anwendung des § 536 b BGB abgesprochen werden. 3. Das Berufungsurteil erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig. Die Beklagten haben nämlich ihr Recht zur Minderung für die Zeit ab 1. September 2001 verwirkt.
a) Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, daß dieser das Recht in Zukunft nicht geltend machen werde (BGHZ 84, 281; 105, 298; BGH Urteil vom 14. November 2002 - VII ZR 23/02 - NJW 2003, 824). Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen.
b) Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Beklagten wußten seit Februar 1994, daß für eine Grenzbebauung die Übernahme einer Baulast durch den benachbarten Grundstückseigentümer (damals der Kläger) erforderlich ist. Sie haben - nach eigener Behauptung -, nichts unternommen, um die für eine Baugenehmigung erforderlichen Unterlagen beizubringen, obwohl sie seit 1995 wußten, daß die von den Klägern erteilte Einverständniserklärung (angeblich) nicht ausreichend war. Soweit sie pau-
schal behaupten, die Kläger zu weiteren Handlungen aufgefordert zu haben, ist ihr Vortrag unsubstantiiert. Die Beklagten haben ihre Behauptung, die Kläger hätten mehrmals Abhilfe zugesagt, obwohl das Landgericht den Vortrag insoweit als unsubstantiiert zurückgewiesen hat, in zweiter Instanz ebenfalls nicht substantiiert. Sie haben auch sonst in keiner Weise zu erkennen gegeben, daß sie den Plan einer Grenzbebauung weiter verfolgen wollen. Sie haben im Gegenteil den gestellten Bauantrag zurückgezogen. Die Beklagten haben den Klägern somit nicht nur vier Jahre lang keine Mitteilung davon gemacht, daß die Baugenehmigung an unzureichenden Erklärungen der Kläger gescheitert sei, sie haben darüber hinaus in diesen vier Jahren vorbehaltlos den Pachtzins bezahlt. Die Kläger haben sich auch aufgrund dieses Verhaltens der Beklagten darauf eingerichtet, daß diese in Zukunft von ihnen keine weiteren Maßnahmen und Erklärungen im Zusammenhang mit der beabsichtigten Grenzbebauung verlangen würden, und durch den Verkauf des Nachbargrundstücks entsprechende Dispositionen getroffen, die nicht mehr rückgängig zu machen sind.
Hahne Sprick Fuchs Ahlt Vézina

(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen,
2.
Herausgabeansprüche aus Eigentum, anderen dinglichen Rechten, den §§ 2018, 2130 und 2362 sowie die Ansprüche, die der Geltendmachung der Herausgabeansprüche dienen,
3.
rechtskräftig festgestellte Ansprüche,
4.
Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden,
5.
Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, und
6.
Ansprüche auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung.

(2) Soweit Ansprüche nach Absatz 1 Nr. 3 bis 5 künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben, tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Der Mieter kann vom Vermieter Aufwendungen auf die Mietsache, die der Vermieter ihm nicht nach § 536a Abs. 2 zu ersetzen hat, nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag ersetzt verlangen.

(2) Der Mieter ist berechtigt, eine Einrichtung wegzunehmen, mit der er die Mietsache versehen hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 66/01 Verkündet am:
26. Februar 2003
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Februar 2003 durch die Richter Gerber, Sprick, Fuchs, Dr. Ahlt und die
Richterin Dr. Vézina

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 6. Februar 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Beklagte zur Zahlung verurteilt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin macht Miete und Nebenkosten für ein gewerbliches Mietobjekt geltend. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin vermietete mit schriftlichem Vertrag vom 7. Dezember 1992 Büroräume an eine Bürogemeinschaft, an der der Beklagte beteiligt war, für die Zeit vom 15. April 1993 bis 15. April 2003. Die Miete samt Nebenkostenpauschale betrug monatlich zunächst 4.708,20 DM, ab Dezember 1993 4.801,25 DM.
§ 12 des Mietvertrages lautet: "1. Der Mieter kann gegen Mietzinsforderungen mit Schadensersatzforderungen nach § 538 BGB nur aufrechnen oder diesbezüglich ein Zurückbehaltungsrecht ausüben, wenn er seine Absicht dem Vermieter mindestens einen Monat vor Fälligkeit des Mietzinses schriftlich angezeigt hat. 2. Mit sonstigen Gegenforderungen kann der Mieter nur aufrechnen, soweit sie unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sind. Zurückbehaltungsrechte stehen dem Mieter unbeschadet von Ziffer 1. nur wegen Gegenforderungen zu, die auf dem Mietverhältnis beruhen." Im Juli/August 1993 bezog der Beklagte, der nach dem Ausscheiden der übrigen Mieter aus der Bürogemeinschaft den Mietvertrag als alleiniger Mieter weiterführte, das Mietobjekt. Mit Schreiben vom 13. Juli 1995 wies er erstmals die Klägerin auf "unerträgliche Temperaturen infolge der Sonneneinstrahlung" hin. Seit August 1995 minderte er deshalb die Miete um 50 %, seit September 1999 zahlte der Beklagte nur noch 1 DM Nettomiete. Mit Schreiben vom 21. August 1995 erklärte sich die Klägerin mit einer Minderung um 4 DM/qm auf 21 DM/qm einverstanden. Die Minderung sollte ab dem 1. September 1995 beginnen und "vorerst für den Zeitraum von einem Jahr" gelten. Darüber hinaus teilte sie dem Beklagten mit, "daß mit Nachdruck an der Installation von Außenjalousien gearbeitet wird". Sie versprach, die Außenjalousien innerhalb der nächsten acht Wochen zu installieren. Mit Schreiben vom 12. September 1995 stellte die Klägerin klar, daß sie die Minderung in der vorgenommenen Höhe nicht akzeptiere. Der Beklagte zahlte weiterhin nur eine um 50 % geminderte Nettomiete. Erstmals mit Schreiben vom 15. Februar 1998 wies die neue Verwalterin der Klägerin auf Rück-
stände hin, erklärte, daß ihr die Mängelanzeigen bekannt seien und schlug ein persönliches Gespräch mit dem Ziel einer Einigung vor. Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 125.920,52 DM sowie Zinsen in Höhe von 14.355,58 DM sowie 6 % Zinsen aus 125.920,52 DM seit dem 25. Dezember 1999 zu bezahlen. Die Widerklage, mit der der Beklagte Schadensersatz in Höhe von 395.214,22 DM geltend gemacht hat, hat das Landgericht abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die landgerichtliche Entscheidung abgeändert und den Beklagten zur Zahlung von 106.179,59 DM nebst 6 % Zinsen, monatlich gestaffelt, verurteilt. Hinsichtlich der abgewiesenen Widerklage ist das Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Revision, die der Senat insoweit angenommen hat, als der Beklagte zur Zahlung verurteilt worden ist.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Beklagten führt im Umfang der Annahme zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. 1. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, die Miete sei nicht gemindert. Da der Beklagte vom Zeitpunkt seines Einzuges im Juli/August 1993 bis einschließlich Juli 1995 die Miete vorbehaltlos bezahlt habe, sei sein Minderungsrecht entsprechend § 539 BGB für die Vergangenheit und die Zukunft verwirkt. Ein Zeitraum von sechs Monaten reiche in diesem Zusammenhang in der Regel aus, Gewährleistungsrechte des Mieters auch für die Zukunft auszuschließen.
Eine längere Frist komme in Betracht, wenn sich der Mangel erst langsam entwickle und der Mieter daher Zeit zur Prüfung benötige, ob ihm ein Minderungsrecht zustehe. Der Beklagte trage selbst vor, daß er die zu hohen Temperaturen alsbald nach dem Einzug in die Mieträume bemerkt habe. Selbst bei Einräumung einer Prüfungsfrist bis Ende 1994 sei durch die vorbehaltslose Zahlung der Miete bis einschließlich Juli 1995 das Minderungsrecht verwirkt. Auf die Mängelbeseitigungszusage könne sich der Beklagte nicht berufen. Das Versprechen , innerhalb der nächsten acht Wochen Außenjalousien anzubringen, sei erst nach Ablauf der dem Beklagten einzuräumenden Prüfungsfrist erfolgt. Sie lasse die bereits eingetretene Verwirkung des Minderungsrechts nicht mehr entfallen. Die Berufung der Vermieterin auf § 539 BGB sei nicht rechtsmißbräuchlich (§ 242 BGB), zumal der Mieter seinen vertraglichen Erfüllungsanspruch aus § 536 BGB behalte. Der Anspruch auf Miete sei nicht deshalb verwirkt , weil die Klägerin seit 1995 nichts gegen die Kürzungen der Miete durch den Beklagten unternommen habe. Dem Vermieter dürfe es nicht ohne weiteres zum Nachteil gereichen, wenn er mit der Geltendmachung seiner Ansprüche aus Bequemlichkeit oder Sorglosigkeit zuwarte. Die Nebenansprüche seien nicht verjährt, die Gesamtforderung betrage 225,869,79 DM. Abzüglich der insgesamt gezahlten 119.690,20 DM verbleibe eine Restforderung in Höhe von 106.179,59 DM. Die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch aus § 538 Abs. 1 1. Alt. BGB bzw. § 823 Abs. 1 BGB sowie die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechtes sei bereits durch § 12 Ziffer 1 des Mietvertrages ausgeschlossen, weil sie nicht mindestens einen Monat vor Fälligkeit der Miete angezeigt worden seien. Die zulässige Widerklage sei unbegründet. 2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.

a) Ohne Rechtsfehler durfte das Oberlandesgericht davon ausgehen, daß der Beklagte aufgrund analoger Anwendung des § 539 BGB a.F. mit Gewährleistungsansprüchen ausgeschlossen sei, weil er die Miete seit seinem Einzug Juli/August 1993 bis Juli 1995 vorbehaltlos bezahlt habe. Das Berufungsgericht stützte sich dabei auf die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 2000 - XII ZR 41/98 - NJW 2000, 2663, 2664; Urteil vom 11. Dezember 1991 - XII ZR 63/90 - NJW-RR 1992, 267, 269; ebenso bereits das Reichsgericht mit Urteil vom 15. Juni 1936 - IV 132/36 - JW 1936, 2706). Der Senat hat die - nicht neuen - Argumente der Revision geprüft. Sie geben keinen Anlaß, die bisherige Rechtsprechung aufzugeben.
b) Ohne Erfolg beruft sich die Revision darauf, der Beklagte habe den Mangel beim Einzug 1993 nicht sofort bemerkt; erst mit fortschreitender Mietdauer habe er festgestellt, daß eine erhebliche Mietbeeinträchtigung vorliege. Nach den bindenden Feststellungen (§ 561 ZPO a.F.) des Berufungsurteils hat der Beklagte selbst vorgetragen, daß er die zu hohen Temperaturen alsbald nach dem Einzug in die gemieteten Räume bemerkt habe. Das Oberlandesgericht konnte deshalb ohne Rechtsverstoß davon ausgehen, daß der Beklagte selbst bei Einräumung einer großzügigen Prüfungsfrist bis Ende 1994 das Minderungsrecht durch die vorbehaltlose Zahlung der Miete bis einschließlich Juli 1995 in entsprechender Anwendung des § 539 BGB a.F. verloren habe. Der Einwand der Revision, die Anwendung des § 539 BGB a.F. scheitere schon an der Zusage der Mangelbeseitigung seitens des Klägers, verkennt, daß die Zusage der Mangelbeseitigung erst mit Schreiben vom 21. August 1995, somit zu einem Zeitpunkt erfolgt ist, als der Beklagte seine Gewährleistungsrechte bereits verloren hatte.
c) Zu Recht macht die Revision aber geltend, auch der Mieter müsse sich darauf verlassen können, daß der Vermieter, der eine Minderung über ei-
nen längeren Zeitraum rügelos hinnehme, die vertraglich vereinbarte Miete nicht rückwirkend verlangen werde. Ob insoweit die - gleichsam spiegelbildliche - entsprechende Anwendung des § 539 BGB a.F. in Betracht kommt (bejahend OLG Hamburg ZMR 99, 328; a.A. Wiechert ZMR 2000, 65, 68; Palandt /Weidenkaff BGB 60. Aufl. § 539 Rdn. 5) kann dahinstehen, da § 539 BGB ein Unterfall der Verwirkung ist und jedenfalls die allgemeinen Voraussetzungen der Verwirkung erfüllt sind. Die Revision rügt zutreffend, daß die Gründe, mit denen das Berufungsgericht die Voraussetzungen einer Verwirkung abgelehnt hat, seine Entscheidung nicht tragen. Das Oberlandesgericht hat die Verwirkung unter Hinweis auf ein Urteil des VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 29. Februar 1984 - VIII ZR 310/82 - NJW 1984, 1684) verneint, weil es dem Vermieter nicht ohne weiteres zum Nachteil gereichen dürfe, wenn er mit der Geltendmachung seiner Ansprüche aus Bequemlichkeit oder Sorglosigkeit zuwarte. Damit hat es ein Argument dieser Entscheidung in unzulässiger Weide verallgemeinert. Das Berufungsgericht hat zwar insoweit recht, als zur Annahme der Verwirkung allein der Ablauf eines längeren Zeitraums im allgemeinen nicht genügt (vgl. auch BGH aaO). Der Verstoß gegen Treu und Glauben, der den Verwirkungstatbestand begründet, besteht nämlich in der Illoyalität der verspäteten Geltendmachung des Anspruchs, die darin zu sehen ist, daß eine Forderung verfolgt wird, obwohl der Vertragspartner bereits darauf vertrauen durfte, daß keine Forderungen mehr geltend gemacht werden, und er sich hierauf auch bereits eingerichtet hat. Über den bloßen Zeitablauf hinaus müssen somit besondere Umstände vorliegen, die die Feststellung rechtfertigen, der Schuldner habe bereits darauf vertrauen können, daß der Gläubiger die Forderung nicht mehr geltend mache. Solche Umstände lagen hier aber vor. Die Klägerin hatte sich bereits mit einer Minderung - wenn auch nicht in der vom Beklagten vorgenommenen Höhe - einverstanden erklärt. Sie hat Beseitigung des Mangels innerhalb von
acht Wochen durch Einbau von Außenjalousien zugesagt, diese Zusage aber nicht eingehalten. Wenn die Klägerin unter diesen Umständen die Minderung über Jahre hinweg hinnimmt, so konnte die Beklagte darauf vertrauen, daß die Klägerin keine Nachzahlung der einbehaltenen Miete verlangen werde. Es ist auch naheliegend, daß der Beklagte im Vertrauen darauf von einer Kündigung abgesehen hat. An einer eigenen Entscheidung ist der Senat aber schon deshalb gehindert , weil nicht feststeht, wie lange der Vertrauenstatbestand gegeben war. Mit Schreiben vom 17. Februar 1998 hat die neue Verwalterin - erstmals seit September 1995 - auf Rückstände hingewiesen, aber keineswegs zur Nachzahlung der vollen Miete aufgefordert, sondern Vergleichsverhandlungen vorgeschlagen. Feststellungen dazu, wann der Beklagte nicht mehr mit der Duldung der Minderung rechnen durfte, hat das Berufungsgericht - aus seiner Sicht zu Recht - nicht getroffen (vgl. auch nachfolgend unter 4.).
d) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Nebenforderungen für 1994 seien verjährt, diejenigen für 1995 bis 1998 durch Aufrechnungen erloschen. Das Berufungsgericht hat die Beklagte nicht zur Zahlung von Nebenkosten verurteilt. Im Berufungsurteil ist lediglich eine Abrechnung vorgenommen, welche Nebenkosten der Beklagte - neben der Miete - insgesamt schuldete und wieviel er insgesamt bezahlte. Die Nebenforderungen waren durch die Vorauszahlungen in vollem Umfang getilgt. 3. Der Senat ist nicht in der Lage, abschließend zu entscheiden. Der Rechtsstreit muß an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, damit es, gegebenenfalls nach ergänzendem Parteivortrag, die erforderlichen Feststellungen treffen kann.
4. Der Senat weist für das weitere Verfahren auf folgendes hin: Sollte das Berufungsgericht zu der Überzeugung gelangen, daß der geltend gemachte Anspruch nicht in vollem Umfang verwirkt ist, so muß die Frage geklärt werden, ob die behaupteten Mängel tatsächlich vorliegen. Zu Recht macht die Revision nämlich geltend, daß dem Beklagten bei Vorliegen der behaupteten Mängel ein Zurückbehaltungsrecht zusteht. Ist das Mietobjekt mangelhaft und kann der Mieter Gewährleistungsansprüche nicht mehr geltend machen, so bleibt ihm der Erfüllungsanspruch erhalten; er kann Herstellung eines zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache geeigneten Zustandes verlangen (BGHZ 84, 42, 45). Darüber hinaus ist der Mieter berechtigt, die Einrede des nichterfüllten Vertrages gemäß § 320 BGB zu erheben (aaO 46). Diese Einrede ist in § 12 Abs. 1 des Mietvertrages nicht ausgeschlossen und deren Geltendmachung auch nicht davon abhängig gemacht, daß sie der Mieter einen Monat vor Fälligkeit der Miete schriftlich anzeigt (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 2 des Mietvertrages). Der Beklagte hat die Einrede erhoben. Sie führt - bei Vorliegen des Herstellungsanspruches - zur Verurteilung Zug um Zug und schließt darüber hinaus den Verzug des Beklagten aus (BGH aaO).
Gerber Sprick Fuchs
Ahlt Bundesrichterin Dr. Vézina hat Urlaub und kann deshalb nicht unterschreiben. Gerber

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Der Schuldner kann dem neuen Gläubiger die Einwendungen entgegensetzen, die zur Zeit der Abtretung der Forderung gegen den bisherigen Gläubiger begründet waren.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 14/03 Verkündet am:
23. März 2004
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
Der Schuldner einer abgetretenen Forderung kann sich gegenüber dem neuen
Gläubiger auch auf eine Kündigung berufen, die er erst nach der Abtretung
erklärt hat.
BGH, Urteil vom 23. März 2004 - XI ZR 14/03 - OLG Brandenburg
LG Frankfurt an der Oder
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 23. März 2004 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe und
die Richter Dr. Bungeroth, Dr. Müller, Dr. Wassermann und Dr. Appl

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 5. Dezember 2002 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt die beklagte Sparkasse aus einer dreiseitigen Vereinbarung auf Zahlung von 109.512,32 Zinsen in Anspruch. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Im Juli 1997 verpflichtete die Klägerin sich gegenüber der B. GmbH (nachfolgend: Bauherrin) zur Durchführung eines Bauvorhabens. Zur Sicherung des Werklohnanspruchs der Klägerin unterzeichneten die Beklagte und die Bauherrin im August 1997 eine Formular-Urkunde der Klägerin mit der Überschrift "Abtretungserklärung ohne Anfechtung Dritter". Diese Urkunde enthielt die Bestätigung der Beklagten, daß die Finanzierung des Bauvorhabens gesichert sei, die
unwiderrufliche Abtretung eines Betrages von 856.750 DM aus den Fi- nanzierungsmitteln an die Klägerin sowie Bestimmungen darüber, daß der genannte Betrag für die Klägerin gesperrt sei und in bestimmten Teilbeträgen "bei Erreichen des jeweiligen Bautenstandes und Vorlage der von den Bauherren gegengezeichneten Rechnungen" überwiesen werden sollte.
Die Klägerin führte das Bauvorhaben durch und erhielt auf den vereinbarten Werklohn einen Teilbetrag von 599.725 DM. Ein weiterer Teilbetrag von ursprünglich 214.187,50 DM, jetzt 109.512,32 egenstand ihrer Klage. Sie ist der Ansicht, die Beklagte schulde ihr diesen Betrag aufgrund der dreiseitigen Vereinbarung vom August 1997. Die Beklagte hält dem unter anderem entgegen, daß sie im Jahre 1999 ihre der dreiseitigen Vereinbarung zugrunde liegenden Kreditverträge mit der inzwischen in Vermögensverfall geratenen Bauherrin aus wichtigem Grund gekündigt hat.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet.

I.


Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte verneint und dies im wesentlichen wie folgt begründet:
Ein Anspruch auf Darlehensauszahlung aus abgetretenem Recht der Bauherrin stehe der Klägerin nicht zu, weil dieser Anspruch infolge der wirksamen Kündigung der Kreditverträge durch die Beklagte erloschen sei.
1. Mit dieser Einwendung sei die Beklagte nicht nach § 407 Abs. 1 BGB ausgeschlossen. Vielmehr sei die spätere Kündigung der Kreditverträge eine Einwendung, die die Beklagte nach § 404 BGB auch der Klägerin als neuer Gläubigerin des Anspruchs auf Darlehensauszahlung entgegensetzen könne, weil die Kündigungsmöglichkeit ihrem Rechtsgrund nach bereits im Zeitpunkt der Abtretung dieses Anspruchs im Schuldverhältnis zwischen der Beklagten und der Bauherrin angelegt gewesen sei.
2. Aus der Vereinbarung vom August 1997 ergebe sich ebenfalls kein Ausschluß der genannten Einwendung. Diese Vereinbarung enthalte zwar mit der Bestätigung der Beklagten, daß die Finanzierung des Bauvorhabens gesichert sei, sowie mit deren Zusage, bei Vorlage bestimmter Dokumente bestimmte Zahlungen zu leisten, Erklärungen mit garantieähnlichem Charakter. Das werde aber dadurch in Frage gestellt, daß die Vereinbarung lediglich mit "Abtretungserklärung ohne Anfechtung Dritter" überschrieben sei und tatsächlich auch eine Abtretungserklärung der Bauherrin an die Klägerin enthalte. Daraus ergebe sich, daß die Ur-
kunde im wesentlichen eine Abtretung von Darlehensauszahlungsan- sprüchen der Bauherrin an die Klägerin enthalte, von der die Beklagte durch Gegenzeichnung habe Kenntnis nehmen sollen und hinsichtlich derer die Beklagte darüber hinaus im Kern nichts anderes habe erklären sollen, als daß der Bauherrin Darlehen gewährt würden, die den Gesamtwerklohn zu decken geeignet waren und die vor einer unbegründeten Inanspruchnahme Dritter geschützt werden sollten. Die in der Urkunde enthaltene treuhänderische Einbindung der Beklagten betreffe die zweckentsprechende Verwendung der Finanzierungsmittel für das Bauvorhaben sowie deren Schutz vor dem Zugriff Dritter. Darin liege eine kostengünstige Befriedigung der Sicherungsinteressen der Klägerin, durch die die bei einer Garantieerklärung oder Bürgschaft anfallende und nach § 648 a Abs. 3 Satz 1 BGB der Klägerin zur Last fallende Avalprovision vermieden worden sei. Die Klägerin habe sich somit für eine im Vergleich zur vollwertigen Garantie kostengünstigere Alternative entschieden , was von der Beklagten nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte auch so habe verstanden werden müssen.
Selbst wenn man der abweichenden Auslegung der Vereinbarung vom August 1997 durch die Klägerin folgen würde, so verstießen die dann anzunehmenden Garantieerklärungen gegen das Transparenzgebot und hielten einer Inhaltskontrolle nach § 9 Abs. 1 AGBG nicht stand. Das AGB-Gesetz finde auf diese Vereinbarung Anwendung, weil es sich um ein Formular handele, in dem die wesentlichen Erklärungen vorformuliert seien und das von der Klägerin bei zahlreichen Verträgen verwendet werde.
3. Die Beklagte sei auch nicht durch einen Einwendungsverzicht daran gehindert, sich auf die von ihr ausgesprochene Kündigung der Darlehensverträge mit der Bauherrin zu berufen. Dabei könne dahinstehen , ob ein Schreiben vom 11. September 2000, in dem die Beklagte ungeachtet der längst erfolgten Kündigung der Darlehensverträge ihre Zahlungsverweigerung ausschließlich mit dem Fehlen von der Bauherrin gegengezeichneter Rechnungen begründet habe, einen Verzicht auf den Einwand der Darlehenskündigung enthalte. Bei diesem Schreiben, das die Klägerin erst mit der Berufungserwiderung vorgelegt habe, handele es sich nämlich um neues Tatsachenvorbringen, das nur unter den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen sei. Diese Voraussetzungen lägen jedoch nicht vor, weil die Klägerin bereits im ersten Rechtszug in der Lage gewesen sei, das genannte Schreiben vorzulegen , und dazu auch Veranlassung gehabt habe.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in allen wesentlichen Punkten stand.
1. Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die Abtretung der Ansprüche der Bauherrin auf Darlehensauszahlung an die Klägerin eine Berücksichtigung der später erklärten Kündigung der Verträge durch die Beklagte nicht ausschließt. Diese Kündigung konnte zwar nicht nach § 407 Abs. 1 BGB auch gegenüber der Klägerin als neuer Gläubigerin Wirkungen entfalten, weil die Beklagte von Anfang an über die Abtretung der Auszahlungsansprüche unterrichtet war. Sie begrün-
dete jedoch eine im Sinne des § 404 BGB bereits zur Zeit der Abtretung begründete Einwendung. § 404 BGB dient dem Zweck, eine Verschlechterung der Verteidigungsmöglichkeiten des Schuldners infolge der Forderungsabtretung zu verhindern (MünchKommBGB/Roth, 4. Aufl. § 404 Rdn. 10). Daher erfaßt die Vorschrift alle Einwendungen des Schuldners, die, ohne in ausschließlicher Beziehung zum Wechsel des Gläubigers zu stehen, in dem Schuldverhältnis, so wie es zur Zeit der Forderungsabtretung bestand, ihre Grundlage finden, selbst wenn die Tatsachen, auf die die Einwendungen sich gründen, erst nach der Abtretung entstanden sind (BGHZ 25, 27, 29; 54, 269, 271; 93, 71, 79; BGH, Urteil vom 16. März 1994 - VIII ZR 246/92, NJW-RR 1994, 880, 881; jeweils m.w.Nachw.). Das gilt auch dann, wenn die Einwendung, wie hier, dadurch entstanden ist, daß der Schuldner erst nach der Abtretung ein in dem Schuldverhältnis angelegtes Gestaltungsrecht wie das Recht zur Kündigung oder zu einer sonstigen einseitigen Durchsetzung der Vertragsbeendigung (vgl. dazu BGHZ 111, 84, 96) ausgeübt hat.
2. Zutreffend hat das Berufungsgericht auch aus dem übrigen Inhalt der dreiseitigen Vereinbarung vom August 1997 nichts entnommen, was die Beklagte daran hindern könnte, sich gegenüber der Klägerin auf die Kündigung der Darlehensverträge mit der Bauherrin zu berufen.

a) Bei der genannten Vereinbarung handelt es sich nach den von keiner der Parteien angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts um eine Formularerklärung, in der die wesentlichen Erklärungen vorformuliert waren und die von der Klägerin bereits seit Jahren für eine Vielzahl von Verträgen verwendet wurde. Mit Recht ist das Berufungsgericht daher davon ausgegangen, daß dieser Vereinbarung der Charakter von
Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Sinne des § 1 Abs. 1 AGBG zukommt. Da die Klägerin die genannte Formularerklärung - wie bereits der Sitz der Parteien des vorliegenden Rechtsstreits in unterschiedlichen Oberlandesgerichtsbezirken zeigt - über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus verwendet, hat der erkennende Senat die Auslegung dieser Formularerklärung durch das Berufungsgericht in vollem Umfang zu überprüfen (vgl. BGHZ 98, 256, 258; 105, 24, 27; 112, 204, 210; Senatsurteil BGHZ 146, 138, 140; jeweils m.w.Nachw.).

b) Der danach gebotenen umfassenden Überprüfung hält die Auslegung der Vereinbarung vom August 1997 durch das Berufungsgericht jedenfalls im Ergebnis stand.
Mit Recht hat das Berufungsgericht dem Umstand, daß die genannte Vereinbarung mit "Abtretungserklärung" überschrieben ist, erhebliche Bedeutung beigemessen. Dieser Umstand legt die Deutung nahe, daß die in der Urkunde enthaltene Abtretung der Forderung auf Darlehensauszahlung der Bauherrin an die Klägerin den wesentlichen Inhalt der Vereinbarung darstellt und daß dem übrigen Text demgegenüber nur untergeordnete Bedeutung zukommt. Es erscheint daher plausibel, in den darin enthaltenen Erklärungen der Beklagten lediglich die Bestätigung einer ihrem Umfang nach die Werklohnforderung der Klägerin dekkenden Darlehenszusage an die Bauherrin, verbunden mit dem Versprechen des Schutzes der Mittel vor anderweitiger Verwendung sowie vor dem Zugriff Dritter, zu sehen. In dieser Auslegung waren die Erklärungen der Beklagten für die Klägerin nicht wertlos, weil sie deren Sicherungsinteresse zwar nicht lückenlos befriedigten, immerhin aber einen Teil der möglichen Risiken ausschalteten. Dagegen, daß eine darüber hinausge-
hende Absicherung der Klägerin durch eine eigene, unabhängig vom Fortbestand des abgetretenen Darlehensauszahlungsanspruchs der Bauherrin bestehende Verpflichtung der Beklagten beabsichtigt war, spricht auch der Umstand, daß derartige weitergehende Verpflichtungen der Kreditinstitute durch Garantien oder Bürgschaften, die ausdrücklich als solche bezeichnet und grundsätzlich nur gegen Provision erteilt werden , begründet zu werden pflegen.
Danach erscheint es fernliegend, die in der Vereinbarung vom August 1997 enthaltenen Erklärungen der Beklagten im Sinne einer eigenständigen , vom Fortbestand der abgetretenen Darlehensauszahlungsansprüche unabhängigen Zahlungsverpflichtung der Beklagten auszulegen. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob dem Berufungsgericht darin zu folgen ist, daß eine solche Auslegung die Vereinbarung unter dem Gesichtspunkt des Verstoßes gegen das sogenannte Transparenzgebot nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam machen würde. Eine derartige Auslegung der von der Klägerin vorformulierten Formularerklärung kommt jedenfalls deshalb nicht in Betracht, weil ihr die Unklarheitenregel des § 5 AGBG entgegenstünde.
3. Aus dem von der Klägerin erst in der Berufungsinstanz vorgelegten Schreiben der Beklagten vom 11. September 2000 läßt sich entgegen der Ansicht der Revision kein für die Klägerin günstigeres Ergebnis ableiten.

a) Für die Auslegung der Vereinbarung vom August 1997 kann diesem Schreiben - unabhängig davon, welche Rückschlüsse man aus seinem Inhalt auf die subjektive Willensrichtung der Beklagten im August
1997 zieht - schon deshalb keine Bedeutung zukommen, weil Allgemeine Geschäftsbedingungen und Formularverträge, die unter das AGB-Gesetz fallen, nach objektiven Maßstäben so auszulegen sind, wie die an solchen Geschäften typischerweise beteiligten Verkehrskreise sie verstehen können und müssen (st.Rspr.; vgl. z.B. BGHZ 102, 384, 389 f.; BGH, Urteil vom 8. November 2002 - V ZR 78/02, WM 2003, 1241, 1242; jeweils m.w.Nachw.). Das schließt es aus, ein davon etwa abweichendes Verständnis einer der Parteien des konkreten Rechtsstreits zum Maßstab der Auslegung zu machen.

b) Auch unter dem Gesichtspunkt eines Verzichts der Beklagten auf den Einwand der Kündigung der Darlehensverträge mit der Bauherrin kann die Klägerin sich nicht auf das Schreiben der Beklagten vom 11. September 2000 berufen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Umstand, daß die Beklagte sich in diesem Schreiben nicht auf ihre Kündigung der Darlehensverträge berufen und eine aus der Vereinbarung vom August 1997 zu entnehmende Zahlungspflicht nur unter Hinweis auf das Fehlen der in der Vereinbarung festgelegten Auszahlungsvoraussetzungen in Abrede gestellt hat, als Verzicht auf den Kündigungseinwand gewertet werden könnte. Der erkennende Senat darf den Inhalt dieses Schreibens nicht berücksichtigen, weil das Berufungsgericht den darauf gestützten Vortrag der Klägerin zu Recht als neues Vorbringen im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO angesehen und nicht zugelassen hat.
Die Revision hält dem zwar entgegen, es habe sich deshalb nicht um neuen Sachvortrag gehandelt, weil das Schreiben der Beklagten vom 11. September 2000 bereits Gegenstand eines Prozesses vor dem Landgericht L. gewesen und die Gerichtsakte dieses Prozesses so-
dann in der ersten Instanz des vorliegenden Rechtsstreits zum Gegen- stand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sei. Dieser Einwand greift jedoch nicht durch. Die Klägerin hat in der ersten Instanz des vorliegenden Rechtsstreits weder geltend gemacht, die Beklagte sei durch ihr Schreiben vom 11. September 2000 gehindert, sich auf die Kündigung der Darlehensverträge zu berufen, noch hat sie dieses Schreiben in erster Instanz vorgelegt. Dieses Versäumnis wird entgegen der Ansicht der Revision nicht dadurch ausgeglichen, daß die Akte des Landgerichts L., die unter anderem das genannte Schreiben enthielt, in erster Instanz auf Antrag der Klägerin beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden ist. Da die Klägerin in ihrem Antrag auf Beiziehung dieser Akte neben dem Endurteil des Landgerichts L. nur auf ein in der Akte enthaltenes Sachverständigengutachten über angebliche Baumängel Bezug genommen hatte, sind die übrigen Teile der Akte, darunter auch das hier interessierende Schreiben der Beklagten vom 11. September 2000, nicht bereits in erster Instanz zum Prozeßstoff des vorliegenden Rechtsstreits geworden. Der im Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13. Februar 2002 enthaltene Vermerk, die Akte sei Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen , ändert daran nichts. Solche Vermerke sind in dem Sinne zu verstehen , daß sie sich nur auf die Teile der Akte beziehen, die einen von den Parteien vorgetragenen Sachverhalt betreffen (BGH, Urteil vom 9. Juni 1994 - IX ZR 125/93, WM 1994, 2113, 2115; insoweit in BGHZ 126, 217 ff. nicht abgedruckt).
4. Entgegen der Ansicht der Revision ist die Beklagte nicht unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmißbrauchs (§ 242 BGB) daran gehindert, sich auf ihre Kündigung der Darlehensverträge mit der Bauherrin zu be-
rufen. Der Umstand, daß nach dem Vortrag der Klägerin in ihrer Berufungserwiderung die Beklagte durch Grundpfandrechte am Baugrundstück der Bauherrin abgesichert ist und dieses Baugrundstück durch die Leistungen der Klägerin eine Wertsteigerung erfahren hat, rechtfertigt es nicht, der Klägerin auf dem Umweg über § 242 BGB Ansprüche gegen die Beklagte zu gewähren, die durch die vertraglichen Vereinbarungen nicht gedeckt sind.

III.


Die Revision der Klägerin war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Nobbe Bungeroth Müller
Wassermann Appl

(1) Eine Verfügung, die ein Nichtberechtigter über einen Gegenstand trifft, ist wirksam, wenn sie mit Einwilligung des Berechtigten erfolgt.

(2) Die Verfügung wird wirksam, wenn der Berechtigte sie genehmigt oder wenn der Verfügende den Gegenstand erwirbt oder wenn er von dem Berechtigten beerbt wird und dieser für die Nachlassverbindlichkeiten unbeschränkt haftet. In den beiden letzteren Fällen wird, wenn über den Gegenstand mehrere miteinander nicht in Einklang stehende Verfügungen getroffen worden sind, nur die frühere Verfügung wirksam.

Der Schuldner kann dem neuen Gläubiger die Einwendungen entgegensetzen, die zur Zeit der Abtretung der Forderung gegen den bisherigen Gläubiger begründet waren.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.