Bundessozialgericht Urteil, 17. Dez. 2015 - B 2 U 1/14 R

ECLI:ECLI:DE:BSG:2015:171215UB2U114R0
bei uns veröffentlicht am17.12.2015

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 17. September 2013 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Anerkennung eines in Vietnam erlittenen Unfalls als Arbeitsunfall.

2

Der 1982 geborene Kläger ist als Tierpfleger bei der Zoo L. GmbH (in Zukunft Zoo L.) beschäftigt. Im Jahr 2009 war er in Vietnam im Endangered Primate Rescue Center im Cuc Phuong Nationalpark, Nho Quan District, Ninh Binh Province (in Zukunft EPCR) tätig. Dort erlitt er am 10.11.2009 während einer Exkursion zum Auffinden geeigneter Futterpflanzen für laubfressende Affen einen Unfall, in dessen Folge ihm das linke Bein zu einem Drittel amputiert werden musste. Zwischen dem Kläger und dem Zoo L. war am 11.12.2008 eine "Freistellungsvereinbarung" geschlossen worden, nach der "einvernehmlich die befristete Freistellung von der Arbeitsleistung für den Zeitraum vom 01.01.2009 bis 31.12.2009, sofern betriebliche Interessen dem nicht entgegenstehen", vereinbart wurde (§ 1). § 2 dieser Freistellungsvereinbarung lautet: "Während der Freistellungsphase ruht das Arbeitsverhältnis. Der Arbeitnehmer macht für diesen Zeitraum keinen Entgeltanspruch gemäß §§ 611, 615 Satz 1 BGB in Verbindung mit seinem Arbeitsvertrag geltend." Der Zoo L. hatte zudem eine "Vereinbarung" mit dem EPCR mit folgendem Inhalt abgeschlossen:

        

"…
1. Leistungen des Zoos

        

Der Zoo leistet eine Zahlung von EUR 12.000,- an das EPRC. Die Zahlung erfolgt bis zum 01.03.2009 in einer Summe an den verantwortlichen Projektleiter.

        

3. Verwendungszweck

        

Mit dem o.g. Beitrag soll die Stelle eines L. Tierpflegers finanziert werden, der die Arbeit der Station unterstützt und heimische Pfleger schulen kann. Das EPRC ist für die korrekte Abwicklung der Bezahlung des Pflegers verantwortlich.

        

4. Laufzeit

        

Zoo und EPRC vereinbaren eine einjährige Laufzeit der Vereinbarung vom 01.01.2009 - 31.12.2009. Anschließend entscheidet der Zoo, ob er die Zusammenarbeit in dieser Form fortsetzen will, abhängig von der personellen Besetzung der Stelle durch einen L. Tierpfleger.

        

6. Verwendungsnachweis

        

Bis zum 31.03.2010 ist ein Nachweis der Mittelverwendung durch das EPRC an den Zoo zu übergeben."

3

Die Beklagte lehnte die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall ab (Bescheid vom 11.12.2009, Widerspruchsbescheid vom 11.6.2010). Das SG hat die Klage mit Urteil vom 6.5.2011 abgewiesen.

4

Auf die Berufung des Klägers hat das LSG das Urteil des SG und die Bescheide der Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass es sich bei dem Ereignis um einen Arbeitsunfall gehandelt habe (Urteil vom 17.9.2013). Der Unfall des Klägers habe sich im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Tierpfleger ereignet. Zwar habe er diesen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland erlitten und es existierten keine zwischen- oder überstaatlichen Abkommen mit Vietnam. Es sei jedoch ein Fall der Ausstrahlung nach § 4 Abs 1 SGB IV gegeben. Die Beschäftigung im Ausland sei von vornherein zeitlich begrenzt gewesen. Das vor Beginn der Entsendung bestehende Beschäftigungsverhältnis habe nach deren Beendigung weitergeführt werden sollen. Die für das Jahr 2009 geschlossene Freistellungsvereinbarung spreche zwar allein aufgrund der Schriftform für ein nur noch fortbestehendes Rumpfbeschäftigungsverhältnis. Jedoch komme es nicht nur auf den Wortlaut, sondern auf die tatsächlich gelebte Praxis an. Die faktischen Verhältnisse sprächen vorliegend für eine fortbestehende enge Verknüpfung mit dem inländischen Beschäftigungsverhältnis mit dem Zoo L., die weit über ein bloßes Rumpfarbeitsverhältnis hinausgehe. So sei die Personalauswahl durch den Zoo L. nach zoointerner Ausschreibung der Stelle des Cheftierpflegers in Vietnam erfolgt. Der Zoo L. habe seine gesamte Unterstützung für das Primatenprojekt beim EPRC in Vietnam vom dortigen Einsatz eines "L. Tierpflegers" abhängig gemacht. Die Zahlungen des Zoos L. an das EPRC hätten ausschließlich der Finanzierung der Stelle eines L. Tierpflegers gedient, der die Arbeit der Station unterstützen und einheimische Pfleger schulen sollte. Des Weiteren habe der Zoo L. die Freistellung des Klägers auch davon abhängig gemacht, dass keine betrieblichen Interessen entgegenstünden. Damit habe sich der Zoo L. ein jederzeitiges Rückrufrecht und sein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht als Arbeitgeber vorbehalten. Auch habe sich der Zoo L. zum Fortbestehen seiner Fürsorgepflicht als Arbeitgeber für die Dauer der Tätigkeit des Klägers in Vietnam bekannt. Die Entgeltzahlung an den Kläger durch den Projektleiter des EPRC spreche nicht gegen das Vorliegen einer Entsendung. Bei der Auszahlung des Arbeitsentgelts durch den im Ausland ansässigen Betrieb gehe es nur um die praktische Abwicklung. Es komme wesentlich darauf an, wem der Geldfluss wirtschaftlich zuzurechnen sei. Der Zoo L. habe letztlich seine Verantwortung als Arbeitgeber für den Kläger wahrgenommen, als er das EPCR vertraglich verpflichtet habe, für die korrekte Abwicklung der Bezahlung des L. Tierpflegers zu sorgen. Schließlich habe der Zoo L. auch die Impf- und Visakosten sowie die Kosten für Hin- und Rückflug übernommen und sich dazu verpflichtet, zusätzlich zwischenzeitliche Urlaubsheimflüge zu finanzieren.

5

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 4 SGB IV. Das Arbeitsverhältnis sei während der Freistellungsphase im Jahr 2009 ruhend gestellt worden. Entgeltansprüche sowie Urlaubsansprüche seien ausdrücklich ausgeschlossen worden. Der Kläger sei in die betrieblichen Abläufe des EPRC vor Ort eingebunden gewesen. Direkte Weisungsbefugnis gegenüber dem Kläger habe der Leiter des EPRC gehabt. Auch der Auftrag zur unfallbringenden Tätigkeit sei durch den Projektleiter des EPRC ergangen. Anwesenheits- und Zeitkontrollen hätten ebenfalls nur vor Ort erfolgen können. Daher spreche mehr für eine Eingliederung des Klägers in die Arbeitsorganisation des EPRC und damit für eine dortige abhängige Beschäftigung. Auch für die Urlaubsgewährung habe das EPRC die abschließende Entscheidungsgewalt gehabt. Urlaubsansprüche im Jahr 2009 seien gegenüber dem Zoo L. in der Freistellungsvereinbarung explizit ausgeschlossen worden. Auch sei die Arbeitsleistung des Klägers wirtschaftlich eindeutig dem EPRC zuzurechnen. Maßgebliches Kriterium für ein fortbestehendes inländisches Beschäftigungsverhältnis sei, ob der inländische Arbeitgeber das Arbeitsentgelt des im Ausland beschäftigten Arbeitnehmers weiterhin wie für seine Beschäftigten im Inland ausgewiesen habe, weil dann bei der Gewinnermittlung das Entgelt nach dem EStG als Betriebsausgabe geltend zu machen sei. Dies rechtfertige die Annahme, dass die Arbeit bei diesem Betrieb auch im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses erbracht werde. Es sei hier nicht nachgewiesen, dass der Zoo L. die Zahlungen an das EPRC für das Jahr 2009 steuerrechtlich wie für seine Beschäftigten im Inland ausgewiesen habe. Gegen eine Weiterzahlung des Gehalts durch den Zoo L. spreche bereits, dass der Kläger lediglich 1000 Euro pro Monat erhalten habe. Vielmehr sei von einer Spende des Zoo L. auszugehen.

6

Die Beklagte beantragt,

        

das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 17. September 2013 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 6. Mai 2011 zurückzuweisen.

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Der Kläger beantragt,

        

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

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Er beruft sich auf das angefochtene Urteil. Bei größeren geografischen Entfernungen erfolge die Eingliederung in den Betrieb und die Ausübung der Weisungsrechte des Arbeitgebers immer am Tätigkeitsort. Der Schwerpunkt des Beschäftigungsverhältnisses werde dadurch bestimmt, wem die Zahlung des Arbeitsentgelts wirtschaftlich zuzurechnen sei.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Die vom LSG festgestellten Tatsachen reichen für eine abschließende Entscheidung des Senats nicht aus. Es kann nicht beurteilt werden, ob der Kläger während der Suche nach Affennahrung am 10.11.2009 in Vietnam aufgrund der Ausstrahlung deutscher Unfallversicherungsnormen als Beschäftigter des Zoos L. gesetzlich unfallversichert war.

10

Der Kläger begehrt mit der zulässigen Kombination aus Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß §§ 54 Abs 1 iVm § 55 SGG die Feststellung, dass der Unfall vom 10.11.2009 ein Arbeitsunfall ist. Der Senat kann im Ergebnis aber nicht entscheiden, ob die Klage begründet ist, weil die Feststellungen des LSG nicht ausreichen, um zu beurteilen, ob die Ablehnung der Feststellung eines Arbeitsunfalls in den Bescheiden der Beklagten gemäß § 8 Abs 1 SGB VII rechtswidrig war und den Kläger in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt(§ 54 Abs 2 Satz 1 SGG).

11

Gemäß § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 16/11 R - BSGE 111, 52 = SozR 4-2700 § 2 Nr 21, RdNr 10 mwN, vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 44 RdNr 26 f, vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 20, vom 18.6.2013 - B 2 U 10/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 47 RdNr 12, vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 27 RdNr 11, vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 52 RdNr 11 und vom 4.12.2014 - B 2 U 10/13 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 32, juris RdNr 11; vgl zuletzt ua BSG vom 4.12.2014 - B 2 U 13/13 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 31 und BSG vom 23.4.2015 - B 2 U 5/14 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 33).

12

Es kann anhand der Feststellungen des LSG nicht entschieden werden, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind. Zwar erlitt der Kläger wohl einen Unfall iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII(dazu unter A.). Es kann jedoch nicht beurteilt werden, ob der Kläger zum Zeitpunkt des Unfallereignisses in Vietnam überhaupt in einem Beschäftigungsverhältnis und ggf zu wem stand (dazu unter B.). Schließlich kann anhand der Feststellungen des LSG auch nicht beurteilt werden, ob die objektivierte Handlungstendenz der Klägers auf die Erfüllung des gesetzlichen Versicherungstatbestands als Beschäftigter iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII gerichtet war(dazu unter C.).

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A. Die Verrichtung unmittelbar vor dem Unfallereignis - Handlungen bei einer Exkursion zum Auffinden von Affennahrung - hat hier wohl die gesundheitlichen Schäden beim Kläger (Teil-Amputation des linken Beins) rechtlich wesentlich verursacht, wenngleich Feststellungen zum konkreten Unfallgeschehen fehlen. Damit dürfte vom Vorliegen eines zeitlich begrenzten Unfallereignisses iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII, das einen Gesundheitsschaden rechtlich wesentlich verursacht hat, auszugehen sein.

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B. Anhand der vom LSG getroffenen Feststellungen lässt sich jedoch nicht entscheiden, ob der Kläger zum Zeitpunkt des Unfallereignisses Beschäftigter war und ggf zu wem er in einem Beschäftigungsverhältnis stand. Dies ist aber notwendige Voraussetzung, um beurteilen zu können, ob der Kläger während des Unfallereignisses auf dem Territorium eines ausländischen und nicht zur EU gehörenden Staates zum Kreis der versicherten Personen gehörte.

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Nach § 30 Abs 1 SGB I gelten die Vorschriften des SGB für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des SGB haben. Hiervon abweichend (§ 37 Satz 2 SGB I) gelten nach § 3 Nr 1 SGB IV die Vorschriften über die Versicherungspflicht, soweit sie eine Beschäftigung voraussetzen, für alle Personen, die im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs beschäftigt oder selbständig tätig sind(Kruschinsky in Becker/Burchardt/Krasney/Kruschinsky/Heinz, SGB VII, § 2 RdNr 230 ff). Ein zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Republik Vietnam abgeschlossenes Abkommen über Soziale Sicherheit, das gemäß § 6 SGB IV abweichende Regeln enthalten könnte, existiert nicht(vgl Richtlinien zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Arbeitnehmern bei Ausstrahlung <§ 4 SGB IV> und Einstrahlung<§ 5 SGB IV> vom 2.11.2010, veröffentlicht in Aichberger unter 4/30 Nr 2.2.1.; BSG vom 5.12.2006 - B 11a AL 3/06 R - SozR 4-2400 § 4 Nr 1 RdNr 16). § 4 Abs 1 SGB IV ("Ausstrahlung") bestimmt in Erweiterung des § 3 SGB IV, dass - soweit die Vorschriften über die Versicherungspflicht eine Beschäftigung voraussetzen - diese auch für Personen gelten, die im Rahmen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereichs entsandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist. Nach seinem Wortlaut setzt § 4 Abs 1 SGB IV - neben dem Aufenthalt im Ausland - die zeitliche Begrenzung des Auslandseinsatzes(dazu unter 1.) sowie ein im Inland bestehendes Arbeitsverhältnis (dazu unter 2.) voraus.

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1. Die zeitliche Befristung des Auslandseinsatzes setzt voraus, dass nach dem Ende der Entsendung weiterhin Hauptpflichten eines Arbeitsverhältnisses im Inland zu erfüllen sind (BSG vom 19.12.2013 - B 2 U 14/12 R - SozR 4-2700 § 140 Nr 1 RdNr 17; s bereits BSG vom 14.1.1987 - 10 RKg 20/85 - BSGE 61, 123, 125 = SozR 5870 § 1 Nr 11 S 24; BSG vom 22.6.1989 - 4 REg 4/88 - SozR 7833 § 1 Nr 6 S 15; BSG vom 17.11.1992 - 4 RA 15/91 - BSGE 71, 227, 234 = SozR 3-2600 § 56 Nr 4 S 19; BSG vom 8.12.1994 - 2 RU 37/93 - BSGE 75, 232, 234 = SozR 3-6050 Art 14 Nr 4 S 11; BSG vom 10.8.1999 - B 2 U 30/98 R - SozR 3-2400 § 4 Nr 5 S 8). Bereits die konkreten Umstände des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers mit dem Zoo L. vor seinem Auslandsaufenthalt sind nicht festgestellt. Das LSG hätte zunächst feststellen müssen, ob zwischen dem Kläger und dem Zoo L. tatsächlich ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestand, das durch die Tätigkeit in Vietnam lediglich unterbrochen wurde. Wäre der Arbeitsvertrag von vornherein bis zum 31.12.2008 befristet gewesen, könnte von den Voraussetzungen der Ausstrahlung nur dann ausgegangen werden, wenn die Freistellungsvereinbarung zum 1.1.2009 neben der Entsendung zugleich den Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages mit dem Zoo L. enthalten und der Kläger zu diesem Zeitpunkt seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt hätte (BSG vom 25.8.1994 - 2 RU 14/93 - juris; BSG vom 27.5.1986 - 2 RU 12/85 - BSGE 60, 96, 98 f = SozR 2100 § 4 Nr 3 S 3).Das LSG wird mithin zunächst den genauen Inhalt des Arbeitsvertrages vom 21.5.2008 festzustellen haben, insbesondere ob dieser unbefristet oder befristet war und ggf zu welchem Zeitpunkt dieses Arbeitsverhältnis enden sollte. Erst wenn feststeht, dass vor und nach der Tätigkeit in Vietnam ein Beschäftigungsverhältnis des Klägers im Inland bestand, ist überhaupt zu prüfen, ob dieses erst durch die Freistellung unterbrochen wurde.

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2. Anhand der Feststellungen des LSG lässt sich auch nicht hinreichend beurteilen, ob ein ggf bestehendes unbefristetes Beschäftigungsverhältnis mit dem Zoo L. während der Zeit der Entsendung in Vietnam iS des § 4 SGB IV fortbestanden hat. Das Gesetz umschreibt in § 4 SGB IV nicht näher, welche Merkmale gegeben sein müssen, um bei tatsächlicher Arbeitsleistung im Ausland von einem weiter bestehenden Beschäftigungsverhältnis mit dem entsendenden inländischen Arbeitgeber und damit den Voraussetzungen der Ausstrahlung ausgehen zu können(BSG vom 5.12.2006 - B 11a AL 3/06 R - SozR 4-2400 § 4 Nr 1 RdNr 18). Nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Maßgebliche Bedeutung für die Annahme einer Beschäftigung wird hierbei dem Ort der Eingliederung zugemessen (dazu unter a) sowie der Frage, gegen wen sich der materielle Arbeitsentgeltanspruch richtet (dazu unter b).

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a) Es kann zunächst nicht abschließend beurteilt werden, ob und in welchen Betrieb der Kläger während seiner Tätigkeit in Vietnam eingegliedert war. Der erkennende Senat lässt für das Vorliegen einer Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII auch ohne bestehendes Arbeitsverhältnis genügen, dass der Verletzte sich in ein fremdes Unternehmen eingliedert und sich seine konkrete Handlung dem Weisungsrecht eines Unternehmers insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Verrichtung unterordnet(BSG vom 23.4.2015 - B 2 U 5/14 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 33, RdNr 16; BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 31 ff). Das LSG hat hierzu zwar festgestellt, dass der Kläger im gesamten Kalenderjahr 2009 im EPRC "beschäftigt" gewesen sei. Die fehlende Eingliederung in den Betrieb des Zoos L. kann jedoch nicht bereits aus dieser rechtlichen Würdigung des LSG geschlossen werden. Die weiteren Ausführungen zur Eingliederung und zur Entgeltzahlung in dem angefochtenen Urteil sind nicht so hinreichend konkret, dass sie als den Senat bindende tatsächliche Feststellung iS des § 163 SGG gewertet werden können, ein Beschäftigungsverhältnis habe ausschließlich zu einem vietnamesischen Arbeitgeber bestanden(vgl BSG vom 5.12.2006 - B 11a AL 3/06 R - SozR 4-2400 § 4 Nr 1 RdNr 20). Zudem sind grundsätzlich auch mehrere parallel bestehende Beschäftigungsverhältnisse denkbar (vgl BSG vom 23.4.2015 - B 2 U 5/14 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 33 RdNr 25). Aus den vom LSG festgestellten Vertragsformulierungen lässt sich ein hinreichend intensives Beschäftigungsverhältnis zum Zoo L. jedenfalls nicht ableiten (dazu unter aa). Die Feststellungen des LSG zu den faktischen Verhältnissen hingegen reichen nicht aus, um abschließend beurteilen zu können, ob zwischen dem Kläger und dem Zoo L. ein solches Beschäftigungsverhältnis bestand (dazu unter bb).

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aa) Aus dem Inhalt der vom LSG festgestellten vertraglichen Vereinbarungen lässt sich - entgegen der Ansicht des LSG - rechtlich jedenfalls kein (weiter-)bestehendes Beschäftigungsverhältnis zum Zoo L. für die Zeit der Tätigkeit in Vietnam ableiten. Wie das BSG bereits in früheren Entscheidungen dargelegt hat, genügt für die Bejahung der Ausstrahlung eines inländischen Beschäftigungsverhältnisses ein bloßes Rumpfarbeitsverhältnis nicht. Ein solches liegt vor, wenn Arbeitgeber und Beschäftigter eine den ursprünglichen Arbeitsvertrag abändernde Abrede über das Ruhen der Hauptpflichten auf Arbeitsleistung und Zahlung von Arbeitsentgelt und das "automatische" Wiederaufleben der Rechte und Pflichten aus dem ursprünglichen Vertrag bei Beendigung des ausländischen Arbeitsverhältnisses treffen (s zum Begriff BSG vom 17.11.1992 - 4 RA 15/91 - BSGE 71, 227, 231 = SozR 3-2600 § 56 Nr 4, S 19).

20

Stellt man auf die rein formale Vertragsgestaltung als Kriterium ab (vgl Giesen, NZS 1996, 309, 312; s auch von Maydell, GK-SGB IV § 4 Anm 11), kann - entgegen der Rechtsansicht des LSG - von einem über ein bloßes Rumpfarbeitsverhältnis hinausgehenden Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zum Zoo L. während der Tätigkeit des Klägers in Vietnam gerade nicht ausgegangen werden. Das inländische Beschäftigungsverhältnis muss in seinen wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Merkmalen während der Auslandstätigkeit fortbestehen und damit hinreichend intensiv sein (BSG vom 28.11.1990 - 5 RJ 87/89 - BSGE 68, 24, 27 = SozR 3-2200 § 1251a Nr 11, S 26; vgl für den Fall der Einstrahlung nach § 5 SGB IV: BSG vom 7.11.1996 - 12 RK 79/94 - BSGE 79, 214, 217 = SozR 3-2400 § 5 Nr 2, S 5; Udsching in Hauck/Noftz, SGB IV, IV/14, § 4 RdNr 4b; vgl auch zum Elterngeld BSG vom 24.6.2010 - B 10 EG 12/09 R - SozR 4-7833 § 1 Nr 11 RdNr 31),was jedenfalls der Freistellungsvereinbarung nicht entnommen werden kann.

21

Die zwischen dem Kläger und dem Zoo L. geschlossene Vereinbarung vom 11.12.2008 beinhaltet nach § 1 die "einvernehmliche befristete Freistellung von der Arbeitsleistung für den Zeitraum vom 1.9.2009 bis 31.12.2009" sowie, dass der Kläger keinen Entgeltanspruch für den Zeitraum der "Freistellung" geltend macht (§ 2). Diese Formulierungen legt das LSG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dahin aus, dass nach den schriftlichen Formulierungen ein gegenseitiges Ruhen des Arbeitsverhältnisses vereinbart worden und damit lediglich ein Rumpfbeschäftigungsverhältnis verblieben sei (s zur Überprüfung der Auslegung von Willenserklärungen durch die Revisionsinstanz BSG vom 11.12.2008 - B 9 VS 1/08 R - BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1, RdNr 67; Heinz in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 163 RdNr 7). Unter "Freistellung" wird nach der allgemeinen Terminologie des Arbeitsrechts die Suspendierung der vertraglichen Hauptpflichten zumindest des Arbeitnehmers im Sinne eines Ruhens verstanden (vgl Koch in Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 16. Aufl 2015, § 109 RdNr 9). § 1 der Vereinbarung betrifft insoweit die Hauptleistungspflicht des Klägers, § 2 diejenige des Arbeitgebers, sodass damit offensichtlich das Arbeitsverhältnis insgesamt im Sinne einer vollständigen Suspendierung der gegenseitigen Hauptpflichten ruhen sollte(vgl Linck in Schaub, aaO, § 32 RdNr 78).

22

Das LSG hat die Formulierung in § 1 der Vereinbarung vom 11.12.2008, die befristete Freistellung werde vereinbart, "sofern betriebliche Interessen dem nicht entgegenstehen", dahingehend ausgelegt, dass der Zoo L. sich ein jederzeitiges Rückrufrecht vorbehalten habe. Sofern das LSG dieses als Weisungsrecht iS des § 106 GewO und damit eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts iS des § 315 BGB gewertet hat, kann dem nicht gefolgt werden. Eine Direktionsmaßnahme ist die Ausübung eines Gestaltungsrechts (Linck in Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 16. Aufl 2015, § 45 RdNr 13; Blomeyer in Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, Bd 1, München 2000, § 48 RdNr 31 mwN), durch das Ort, Zeit sowie die Art der Arbeit und ihre Methode geregelt wird (Linck, aaO, § 45 RdNr 14; Preis, Der Arbeitsvertrag, 5. Aufl 2015, II D 30 RdNr 11) und das die Verpflichtung des Arbeitnehmers erst zur Entstehung bringt (vgl Hromadka/Maschmann, Arbeitsrecht, Bd 1, 5. Aufl 2012, § 6 RdNr 7). Alleine aus einem Rückrufvorbehalt kann ein inhaltliches Direktionsrecht des Arbeitgebers hinsichtlich der Arbeitsausführung während der Freistellung nicht begründet werden (vgl Linck in Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 16. Aufl 2015, § 32 RdNr 82)und zwar unabhängig davon, ob bei Vorliegen betrieblicher Interessen eine wirksame Anordnung der Rückreise ohne Zustimmungserklärung des EPRC möglich gewesen wäre oder ob die Freistellung als solche zum Zeitpunkt ihrer drei Monate zuvor erfolgten Vereinbarung nur von einer Bedingung abhängig gemacht werden sollte. Entgegen der Rechtsansicht des LSG wird eine inhaltliche Weisungsbefugnis des inländischen Arbeitgebers auch nicht alleine dadurch begründet, dass sich dieser zum Fortbestehen seiner Fürsorgepflicht gegenüber dem Arbeitnehmer während der Freistellung bekennt und der Rückruf nicht nur bei Vorliegen betrieblicher Interessen im Inland, sondern auch bei Differenzen des Klägers mit Mitarbeitern des EPRC möglich gewesen wäre.

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bb) Über den Wortlaut der schriftlich getroffenen Vereinbarungen hinaus kommt den faktischen Verhältnissen entscheidende Bedeutung für die Beurteilung des Bestehens eines den Anforderungen des § 4 SGB IV genügenden Beschäftigungsverhältnisses zu. Dies hat das LSG zutreffend erkannt. Letztlich reichen die getroffenen Feststellungen aber nicht für eine rechtliche Beurteilung durch den Senat aus, ob nach den faktisch gelebten Verhältnissen ein Beschäftigungsverhältnis mit dem Zoo L. weiterbestand. Dabei kommt es auf die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse an. Hierbei kommt der tatsächlichen Eingliederung in einen Betrieb als selbstständigem Merkmal eines Beschäftigungsverhältnisses (BSG vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - juris RdNr 16; BSG vom 10.08.2000 - B 12 KR 21/98 R - BSGE 87, 53, 55 = SozR 3-2400 § 7 Nr 15 S 46; BSG vom 14.12.1999 - B 2 U 38/98 R - BSGE 85, 214, 216 = SozR 3-2200 § 539 Nr 48 S 206; BSG vom 28.11.1990 - 5 RJ 87/89 - BSGE 68, 24, 27 = SozR 3-2200 § 1251a Nr 11 S 27; BSG vom 29.1.1981 - 12 RK 63/79 - BSGE 51, 164, 167 = SozR 2400 § 2 Nr 16 S 19)wiederum erhebliche Bedeutung zu. Maßgebend hierfür ist, ob die tätig werdende Person Glied eines fremden Betriebs ist und bezogen auf diesen Betrieb fremdbestimmte Tätigkeit verrichtet (BSG vom 28.1.1960 - 3 RK 49/56 - BSGE 11, 257, 260 f; s auch Seewald in Kasseler Kommentar, Stand Juni 2015, § 7 SGB IV RdNr 64).

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Dafür ist von ausschlaggebender Bedeutung die faktische Ausgestaltung der Weisungsverhältnisse (BSG vom 5.12.2006 - B 11a AL 3/06 R - SozR 4-2400 § 4 Nr 1 RdNr 25). Deshalb kommt es vorliegend entscheidend darauf an, ob der Kläger während seiner Tätigkeit in Vietnam im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses zum Zoo L. weiterhin (auch) dessen Weisungen unterlag. Zu einem solchen fortbestehenden Weisungsrecht des Zoos L. hat das LSG - nach seiner Rechtsansicht zu Recht - keine Feststellungen getroffen.Das LSG wird daher zu ermitteln haben, ob die tatsächliche Praxis Hinweise auf weiterbestehende Weisungsrechte des Zoos L. gegenüber dem Kläger auch zur Zeit des Aufenthaltes in Vietnam ergeben kann. Auch hierzu wird es den Inhalt des Arbeitsvertrags vom 21.5.2008 festzustellen und zu klären haben, ob dieser überhaupt abweichende Vereinbarungen ohne Einhaltung der Schriftform zuließ, weil die tatsächlichen Verhältnisse nur im Rahmen des rechtlich zulässigen beachtlich sind (BSG vom 23.4.2015 - B 2 U 5/14 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 33 RdNr 16; BSG vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 16 mwN; BSG vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 27 RdNr 14). Dabei kann als Indiz etwa auch berücksichtigt werden, wer am konkreten Unfalltag dem Kläger die Weisung erteilt hat, Futterpflanzen für Affen zu suchen, zB ob der Kläger diese - zum Unfall führende Verrichtung - auf (evtl generelle) Weisung des Zoos L. vorgenommen hat oder er insofern dem Weisungsrecht des EPRC unterlegen hat. Wie die Tätigkeit des Klägers in Vietnam tatsächlich und konkret ausgestaltet war, lässt sich den Feststellungen des LSG jedoch nicht entnehmen.

25

Folglich wird das LSG auch festzustellen haben, ob der Kläger in Vietnam in einen dortigen Betrieb so eingegliedert war, dass er dort Weisungen unterlegen hat. Wenn sowohl im Inland als auch im Ausland Merkmale vorhanden sind, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen, ist auf den Schwerpunkt des Beschäftigungsverhältnisses abzustellen (BSG vom 7.11.1996 - 12 RK 79/94 - BSGE 79, 214, 217 = SozR 3-2400 § 5 Nr 2, S 5; vgl BSG vom 1.7.1999 - B 12 KR 2/99 R - BSGE 84, 136, 138 f = SozR 3-2400 § 28h Nr 9, S 30; Seewald in Kasseler Komm, § 4 SGB IV RdNr 9; vgl amtl Begründung zu Art 1 § 4 des Entwurfs eines SGB IV, BT-Drucks 7/4122 S 30). Um eine Ausstrahlung iS des § 4 SGB IV bejahen zu können, setzt dies regelmäßig voraus, dass der im Ausland beschäftigte Arbeitnehmer weiter organisatorisch in den Betrieb des inländischen Arbeitgebers eingegliedert bleibt und wesentliche Elemente eines Beschäftigungsverhältnisses(vgl § 7 Abs 1 Satz 2 SGB IV) im Inland erfüllt werden. Insbesondere der Anspruch auf Arbeitsentgelt muss sich gegen den inländischen Arbeitgeber richten (BSG vom 5.12.2006 - B 11a AL 3/06 R - SozR 4-2400 § 4 Nr 1, RdNr 19; vgl BSG vom 7.11.1996 - 12 RK 79/94 - BSGE 79, 214, 217 = SozR 3-2400 § 5 Nr 2, S 5). Hierbei wird das LSG zu beachten haben, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des BSG nicht darauf ankommt, mit welchem Unternehmen der Arbeitsvertrag formal geschlossen wurde. Entscheidend sind wiederum die tatsächlichen Umstände im Hinblick auf Eingliederung, Weisungsverhältnisse sowie Entgeltzahlung (BSG vom 7.11.1996 - 12 RK 79/94 - BSGE 79, 214, 221 - SozR 3-2400 § 5 Nr 2, S 5; vgl zur Einstrahlung BSG vom 5.5.1994 - 2 RU 35/93 - juris RdNr 19; vgl auch Giesen, NZS 1996, 309, 312; vgl auch amtl Begründung zu Art 1 § 4 des Entwurfs eines SGB IV, BT-Drucks 7/4122, S 30).

26

Sollte es sich beim EPRC seinerseits um einen rechtsfähigen oder um einen einem selbständigen (privaten oder öffentlich-rechtlichen) Rechtsträger im Ausland zurechenbaren Betrieb handeln - wozu das LSG ebenfalls keinerlei Feststellungen getroffen hat - könnte hingegen sogar die Vermutung gelten, dass bei der Arbeit in diesem Betrieb regelmäßig von einer dortigen Eingliederung auszugehen ist (BSG vom 5.12.2006 - B 11a AL 3/06 R - SozR 4-2400 § 4 Nr 1 RdNr 23; vgl bereits vgl BSG vom 7.11.1996 - 12 RK 79/94 - BSGE 79, 214, 218 = SozR 3-2400 § 5 Nr 2 S 8 zur Einstrahlung; s auch Udsching in Hauck/Noftz, SGB IV, K § 4 RdNr 4c; s zu einer Limited Partnership nach kalifornischem Recht Bieresborn, RdA 2008, 165, 168). Nicht ausreichend für das Weiterbestehen eines Beschäftigungsverhältnisses des Klägers mit dem Zoo L. wäre jedenfalls, wenn der Zoo L. während der Tätigkeit des Klägers in Vietnam lediglich dem EPRC und damit dem Kläger nur indirekt Weisungen erteilen oder lediglich kraft wirtschaftlicher Stellung Einfluss auf die Verwendung des Klägers nehmen konnte (BSG vom 5.12.2006 - B 11a AL 3/06 R - SozR 4-2400 § 4 Nr 1 RdNr 26; vgl Aus- und EinstrahlungsRL 3.3.3). Selbst wenn es sich beim EPRC um eine rechtlich unselbständige Zweigniederlassung oder bloße Repräsentanz des Zoo L. gehandelt haben sollte mit der Konsequenz, dass eine Zuordnung der Weisungsrechte nicht möglich oder kein taugliches Abgrenzungskriterium wäre (BSG vom 7.11.1996 - 12 RK 79/94 - BSGE 79, 214, 221 f = SozR 3-2400 § 5 Nr 2 S 6), wäre gleichwohl nicht ausgeschlossen, dass diese nach dem auf sie anzuwendenden Statut rechtsfähig ist, wie auch nach deutschem Recht inländische Zweigniederlassungen ausländischer Unternehmen rechts- und parteifähig sein können (vgl Hessisches LAG Urteil vom 28.3.1994 - 10 Sa 595/93 - ZIP 1994, 1626, 1627; vgl aber OLG Düsseldorf Urteil vom 23.5.1996 - 6 U 120/95 - Rpfleger 1997, 32; Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, 9. Aufl 2004, § 17 II 1).

27

b) Schließlich wird das LSG ggf zu berücksichtigen haben, dass eine Ausstrahlung iS des § 4 SGB IV nur angenommen werden könnte, wenn sich der Arbeitsentgeltanspruch weiter gegen dieses inländische Unternehmen richtete und von diesem erfüllt wurde(vgl BSG vom 5.12.2006 - B 11a AL 3/06 R - SozR 4-2400 § 4 Nr 1 RdNr 23; Dietrich in jurisPK-SGB IV, 3. Aufl 2016, § 4 RdNr 39; Aus- und EinstrahlungsRL 3.3.4). Auch hierzu wird das LSG die entsprechenden Feststellungen nachzuholen haben. Zwar ist nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ein Entgeltanspruch nicht zwingende Voraussetzung für eine Beschäftigung iS von § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII(BSG vom 23.4.2015 - B 2 U 5/14 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 33 RdNr 22; BSG vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 27 RdNr 14). Sofern ein solcher aber besteht, ist dieser ein hinreichendes Kriterium, um bei fehlender Eindeutigkeit der Weisungsrechte die Zuordnung zu einem Betrieb vorzunehmen zu können.

28

Das LSG wird folglich Feststellungen dazu treffen müssen, wer letztlich Schuldner der Vergütung für die Tätigkeit des Klägers war, wie und in welcher Höhe das Arbeitsentgelt gezahlt wurde und ob der vietnamesische Nationalpark hier lediglich als Zahlstelle für den Zoo L. auftrat (vgl BSG vom 7.11.1996 - 12 RK 79/94 - BSGE 79, 214, 218 = SozR 3-2400 § 5 Nr 2, S 5). Zu Recht hat die Beklagte in ihrer Revision darauf verwiesen, dass es unschwer zu ermitteln ist, ob der Zoo L. den Kläger im fraglichen Zeitraum weiterhin auf seiner Gehaltsliste führte. Insbesondere wird festzustellen sein, wie der Pauschalbetrag von 12 000 Euro, den der Zoo L. an das EPRC geleistet hat, verbucht wurde (vgl Dietrich in jurisPK-SGB IV, 3. Aufl 2016, § 4 RdNr 39). Das LSG wird hierbei zu beachten haben, dass möglicherweise das bloße Zurverfügungstellen eines Betrags, aus dem die Stelle eines Tierpflegers finanziert werden soll, ohne dass die genaue Arbeitsentgelthöhe festgelegt wird, es nicht zuließe, diesen Vorgang als eine dem Zoo L. zurechenbare Arbeitsentgeltzahlung zu werten (s zum Sponsoring als Vertrag sui generis BGH vom 17.6.1992 - XII ZR 253/90 - juris RdNr 2).

29

C. Das LSG wird ferner, sofern es zu einem Fortbestand der inländischen Beschäftigung auch während der Zeit des Klägers in Vietnam gelangen sollte, zu beachten haben, dass Versicherungsschutz nur besteht, wenn die Verrichtung unmittelbar vor dem Unfallereignis nach der objektivierten Handlungstendenz des Klägers auf die Erfüllung des gesetzlichen Versicherungstatbestands als Beschäftigter iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII gerichtet war. Ob das der Fall war, kann ebenfalls nicht entschieden werden.

30

Eine nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als Beschäftigter liegt vor, wenn der Verletzte zur Erfüllung eines von ihm begründeten Rechtsverhältnisses, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses, eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen(vgl § 7 Abs 1 SGB IV) zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse ihrer Verrichtung diesem und nicht ihm selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen (vgl § 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII). Es kommt objektiv auf die Eingliederung des Handelns des Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen des anderen bringen soll. Eine Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII wird daher ausgeübt, wenn die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, entweder eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, oder der Verletzte eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern er nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht, oder er unternehmensbezogene Rechte aus dem Rechtsverhältnis ausübt(vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 27 ff, vom 13.11.2012 - B 2 U 27/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 45 RdNr 23 f und vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 27 RdNr 13). Ob eine solche und ggf welche Verrichtung des Klägers dem Unfallereignis unmittelbar vorausging, ist nicht festgestellt. Auch hierzu wird das LSG ggf Feststellungen nachzuholen haben.

31

Das LSG wird auch über die Kosten zu entscheiden haben.

Urteilsbesprechung zu Bundessozialgericht Urteil, 17. Dez. 2015 - B 2 U 1/14 R

Urteilsbesprechungen zu Bundessozialgericht Urteil, 17. Dez. 2015 - B 2 U 1/14 R

Referenzen - Gesetze

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig
Bundessozialgericht Urteil, 17. Dez. 2015 - B 2 U 1/14 R zitiert 25 §§.

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 315 Bestimmung der Leistung durch eine Partei


(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist. (2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil. (3) Sol

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 163


Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 7 Beschäftigung


(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. (1a) Eine B

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 170


(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision eb

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 2 Versicherung kraft Gesetzes


(1) Kraft Gesetzes sind versichert 1. Beschäftigte,2. Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,3. Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnliche

Gewerbeordnung - GewO | § 106 Weisungsrecht des Arbeitgebers


Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder geset

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 8 Arbeitsunfall


(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem G

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 615 Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko


Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch de

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 6 Freiwillige Versicherung


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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 55


(1) Mit der Klage kann begehrt werden 1. die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,2. die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,3. die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörun

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(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf1.Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,2.Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 30 Geltungsbereich


(1) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs gelten für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben. (2) Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts bleiben unberührt. (3) Einen Wohnsitz hat jem

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 37 Vorbehalt abweichender Regelungen


Das Erste und Zehnte Buch gelten für alle Sozialleistungsbereiche dieses Gesetzbuchs, soweit sich aus den übrigen Büchern nichts Abweichendes ergibt; § 68 bleibt unberührt. Der Vorbehalt gilt nicht für die §§ 1 bis 17 und 31 bis 36. Das Zweite Kapite

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 4 Ausstrahlung


(1) Soweit die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung eine Beschäftigung voraussetzen, gelten sie auch für Personen, die im Rahmen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs bestehenden Beschäftigungsverhältniss

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 3 Persönlicher und räumlicher Geltungsbereich


Die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung gelten, 1. soweit sie eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, für alle Personen, die im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs beschäftigt oder sel

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 5 Einstrahlung


(1) Soweit die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung eine Beschäftigung voraussetzen, gelten sie nicht für Personen, die im Rahmen eines außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzbuchs bestehenden Beschäftigun

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Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.

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Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 20. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 04. Dez. 2014 - B 2 U 13/13 R

bei uns veröffentlicht am 04.12.2014

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 27. September 2013 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das La

Bundessozialgericht Urteil, 19. Dez. 2013 - B 2 U 14/12 R

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Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. April 2012 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 14. Nov. 2013 - B 2 U 15/12 R

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Tenor Die Revision wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten auch für das Re

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Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12. April 2011 aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom

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Tenor Auf die Revision der Beigeladenen zu 2. wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. September 2010 aufgehoben, soweit es die Feststellung der Rentenversicherungspfli

Bundessozialgericht Urteil, 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R

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Tenor Auf die Revision der Beklagten wird der Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Dezember 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das La

Bundessozialgericht Urteil, 15. Mai 2012 - B 2 U 16/11 R

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Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 22. Juni 2011 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses zurü

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Bundessozialgericht Urteil, 24. Juni 2010 - B 10 EG 12/09 R

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Tatbestand 1 Die Klägerin begehrt Bundeserziehungsgeld (BErzg) für den 6. bis 12. Lebensmonat ihrer am 16.3.2001 geborenen Tochter C. ; in dieser Zeit hat sie sich mit i
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Bundessozialgericht Urteil, 19. Juni 2018 - B 2 U 32/17 R

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Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 26. Januar 2016 wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

(1) Soweit die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung eine Beschäftigung voraussetzen, gelten sie auch für Personen, die im Rahmen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereichs entsandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist.

(2) Für Personen, die eine selbständige Tätigkeit ausüben, gilt Absatz 1 entsprechend.

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Mit der Klage kann begehrt werden

1.
die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,
2.
die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,
3.
die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist,
4.
die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts,
wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

(2) Unter Absatz 1 Nr. 1 fällt auch die Feststellung, in welchem Umfang Beiträge zu berechnen oder anzurechnen sind.

(3) Mit Klagen, die sich gegen Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch richten, kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Erwerbstätigkeit als Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
2.
Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2 Absatz 3 Satz 4 erster Halbsatz gilt entsprechend,
3.
Personen, die
a)
im Ausland bei einer staatlichen deutschen Einrichtung beschäftigt werden,
b)
im Ausland von einer staatlichen deutschen Einrichtung anderen Staaten zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt werden;
Versicherungsschutz besteht nur, soweit die Personen nach dem Recht des Beschäftigungsstaates nicht unfallversichert sind,
4.
ehrenamtlich Tätige und bürgerschaftlich Engagierte,
5.
Kinder und Jugendliche während der Teilnahme an Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für

1.
Haushaltsführende,
2.
Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien oder Imkereien und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
3.
Personen, die aufgrund einer vom Fischerei- oder Jagdausübungsberechtigten erteilten Erlaubnis als Fischerei- oder Jagdgast fischen oder jagen,
4.
Reeder, die nicht zur Besatzung des Fahrzeugs gehören, und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner.

(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien, von nicht gewerbsmäßig betriebenen Unternehmen nach § 123 Abs. 1 Nr. 2 und ihre Ehegatten oder Lebenspartner sowie Fischerei- und Jagdgäste,
2.
Personen, die in Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
3.
gewählte oder beauftragte Ehrenamtsträger in gemeinnützigen Organisationen,
4.
Personen, die in Verbandsgremien und Kommissionen für Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften sowie anderen selbständigen Arbeitnehmervereinigungen mit sozial- oder berufspolitischer Zielsetzung (sonstige Arbeitnehmervereinigungen) ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
5.
Personen, die ehrenamtlich für Parteien im Sinne des Parteiengesetzes tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 kann auch die Organisation, für die die Ehrenamtsträger tätig sind, oder ein Verband, in dem die Organisation Mitglied ist, den Antrag stellen; eine namentliche Bezeichnung der Versicherten ist in diesen Fällen nicht erforderlich. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 4 und 5 gilt Satz 2 entsprechend.

(2) Die Versicherung beginnt mit dem Tag, der dem Eingang des Antrags folgt. Die Versicherung erlischt, wenn der Beitrag oder Beitragsvorschuß binnen zwei Monaten nach Fälligkeit nicht gezahlt worden ist. Eine Neuanmeldung bleibt so lange unwirksam, bis der rückständige Beitrag oder Beitragsvorschuß entrichtet worden ist.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 22. Juni 2011 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Feststellung eines Arbeitsunfalls.

2

Der Kläger ließ sich für seinen Bruder am 17.10.2002 operativ die linke Niere entnehmen. Während der Operation wurde zur Nierenentfernung ua ein Flankenschnitt gesetzt, der zu einer partiellen Bauchwandparese links führte. Im Übrigen zeigten sich die stationäre Behandlung vom 16. bis zum 29.10.2002, die primäre Wundheilung und der weitere postoperative Verlauf unauffällig.

3

Die Beklagte lehnte es ab, das "Ereignis vom 17.10.2002" als Arbeitsunfall anzuerkennen (Bescheid vom 21.1.2005; Widerspruchsbescheid vom 14.9.2005). Das SG Halle hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 9.11.2007). Das LSG Sachsen-Anhalt hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 22.6.2011). Der zu Organentnahme notwendige operative Eingriff erfülle schon den Versicherungstatbestand des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII und scheide damit als Unfallereignis iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII aus. Ein Arbeitsunfall komme nur bei einem weiteren von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis in Betracht. Eine über die versicherte Tätigkeit der Organspende hinausgehende äußere Ursache für die partielle Bauchwandparese links liege aber nicht vor. Zudem habe sich der Kläger dem Eingriff freiwillig unterzogen. Die Unfreiwilligkeit einer Einwirkung sei aber dem Unfallbegriff immanent.

4

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII. Nach der Systematik des SGB VII stelle die Organspende als die den Versicherungsschutz begründende Tätigkeit zwar keinen Unfall dar. Damit wären aber zahlreiche mittel- und langfristig eintretenden Komplikationen nicht geschützt. Nach dem Willen des Gesetzgebers sei die gesetzliche Krankenversicherung allein für die Organentnahme an sich und die mit ihr zwangsläufig einhergehenden Folgen eintrittspflichtig. In allen anderen Fällen einer im Zusammenhang mit der Organspende stehenden Gesundheitsbeeinträchtigung greife hingegen die gesetzliche Unfallversicherung ein. Als Unfall sei jede Komplikation anzusehen, mit der sich - wie bei der partiellen Bauchwandparese links - nicht lediglich das durch die Organentnahme erhöhte allgemeine Krankheitsrisiko verwirkliche.

5

Der Kläger beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 22. Juni 2011 und des Sozialgerichts Halle vom 9. November 2007 abzuändern sowie die Ablehnung der Feststellung eines Versicherungsfalls im Bescheid der Beklagten vom 21. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2005 aufzuheben und festzustellen, dass infolge der Organspende vom 17. Oktober 2002 am 27. Mai 2004 ein Arbeitsunfall eingetreten ist.

6

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Auf das Tatbestandsmerkmal "Unfall" könne ohne Gesetzesänderung nicht verzichtet werden.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Die vom LSG festgestellten Tatsachen reichen für eine abschließende Entscheidung nicht aus.

9

Die Ablehnung der Beklagten, einen Arbeitsunfall anzuerkennen, ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinem Anspruch auf Feststellung dieses Versicherungsfalls aus § 102 SGB VII iVm § 8 Abs 1 SGB VII. Er hat infolge der Organspende vom 17.10.2002 einen Arbeitsunfall erlitten. Allerdings lässt sich anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht beurteilen, ob sich der Arbeitsunfall bereits vor dem 5.11.2009 ereignet hat.

10

Nach § 8 Abs 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit, Satz 1). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Satz 2). Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte zur Zeit des Unfalls (genauer: davor) durch eine Verrichtung den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt; nur dann ist er kraft Gesetzes Versicherter. Sodann muss diese Verrichtung ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dieses einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität im engeren Sinn; vgl BSG vom 27.3.2012 - B 2 U 7/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 2 Nr 19 vorgesehen).

11

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Kläger hat dadurch, dass er seinem Bruder eine Niere spendete, als (Lebend-)Organspender iS des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII eine versicherte Tätigkeit verrichtet(dazu 1.). Diese Verrichtung hat den zur Organentnahme durchgeführten Flankenschnitt als das Unfallereignis (dazu 2.) und dieses hat die partielle Bauchwandparese links als Gesundheitserstschaden (dazu 3.) rechtlich wesentlich verursacht (dazu 4.). Die Freiwilligkeit der Organspende und die Vorhersehbarkeit der mit der Operation notwendig verbundenen Körperschäden schließen den Arbeitsunfall nicht aus (dazu 5.). Anhand der bisherigen Tatsachenfeststellungen kann jedoch nicht entschieden werden, wann infolge der Organspende der Arbeitsunfall eingetreten ist (dazu 6.).

12

1. Nach § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII sind Personen versichert, die Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden. Der Tatbestand dieser versicherten Tätigkeit des "Spendens eines Organs" setzt folgende Verrichtungen voraus: Der Spender muss freiwillig und nach Maßgabe des Transplantationsgesetzes (TPG) in seiner jeweils gültigen Fassung in die Entnahme seines Organs durch ein anerkanntes Transplantationszentrum und in die Übertragung des Organs auf einen gesetzlich zugelassenen Empfänger eingewilligt, sich in ein Transplantationszentrum begeben und sich dort der Entnahmeoperation einschließlich der Vor- und Nachbehandlung unterworfen haben. Denn das Gesetz soll nur solchen Lebendorganspendern Unfallversicherungsschutz gewähren, die sich zu einer nach Maßgabe des Transplantationsgesetzes rechtmäßigen Organspende bereitfinden.

13

Der Kläger hat diesen Tatbestand erfüllt, die dafür notwendigen Handlungen vorgenommen. Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das seiner Art nach von Dritten beobachtbar und (zumindest auch) auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet (sog objektivierte Handlungstendenz) ist (BSG vom 27.3.2012 - B 2 U 7/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 2 Nr 19 vorgesehen). Der Kläger hat sich freiwillig der Operation unterzogen, um iS der §§ 8 bis 10 TPG (hier in der vor dem 1.8.2007 geltenden Fassung) für seinen Bruder, einen Verwandten zweiten Grades, die linke Niere, ein körpereigenes Organ, in einem dafür zugelassenen Transplantationszentrum entfernen zu lassen. Durch das Entgegennehmen der insoweit erforderlichen ärztlichen Behandlung war das Verhalten des Klägers darauf gerichtet, das Ziel der ärztlichen Maßnahme, die Übertragung seiner Niere auf seinen Bruder zu erreichen.

14

Entgegen dem LSG ist die Verrichtung einer Organspende nicht in der operativen Nierenentnahme durch Ärzte und andere Kräfte des Krankenhauses zu erblicken. Denn der Tatbestand einer versicherten Tätigkeit kann nur durch Verrichtungen/Handlungen des Verletzten selbst erfüllt werden. Die Verrichtung einer versicherten Tätigkeit ist eine höchstpersönliche Handlung. Eine Zurechnung des Handelns anderer Personen ist hierbei ausgeschlossen.

15

2. Infolge dieser Verrichtung einer Organspende ist es zu einem Unfall iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII und damit zu einem Arbeitsunfall gekommen. Nach § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Das im Wesentlichen durch das Handeln des Klägers verursachte (Unfall-)Ereignis bestand hinsichtlich des hier umstrittenen Gesundheitserstschadens der Bauchwandparese links entgegen dem LSG in dem zur operativen Nierenentnahme durchgeführten chirurgischen Flankenschnitt des Transplantationschirurgen. Er war ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper des Klägers einwirkendes Ereignis, das unmittelbar den physiologischen Zustand des Körpers verändert und die körperliche Integrität des Klägers verletzt hat. Auch dann, wenn die Einwirkung auf den Körper nicht nur zu einer Veränderung seines physiologischen Zustandes, sondern auch zu einer Verletzung der körperlichen (seelischen oder geistigen) Integrität führt, ist zwischen der Einwirkung auf den Körper als mögliche Ursache und dem Gesundheitserstschaden (oder dem Tod) als mögliche Wirkung der Einwirkung auf den Körper zu unterscheiden (vgl BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 10/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 8 Nr 42 vorgesehen).

16

Das einwirkende Ereignis erfasst (auch) Geschehnisse, die aufgrund der jeweiligen versicherten Tätigkeit "üblich" sind. Es bedarf keines außergewöhnlichen Vorgangs. Vielmehr genügt jedes Ereignis, bei dem ein Teil der Außenwelt auf den Körper einwirkt. Das Erfordernis der Einwirkung von außen dient der Abgrenzung von unfallbedingten Gesundheitsschäden zu Gesundheitsbeeinträchtigungen aus inneren Ursachen sowie zu absichtlichen Selbstschädigungen. Die Einwirkung des Transplantationschirurgen auf den Körper des rechtmäßigen Organspenders, die dessen Körper notwendig verletzt, ist nach dem Tatbestand der versicherten Tätigkeit des Spendens von Organen die Einwirkung, die rechtlich wesentlich Gesundheitserstschäden iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII verursachen kann, aber nicht muss(dazu 3.).

17

Keiner Darlegung bedarf, dass die unfallversicherte Verrichtung des Klägers den Flankenschnitt des Transplantationschirurgen rechtlich wesentlich verursacht hat.

18

3. Der Gesundheitserstschaden besteht in der Bauchwandparese links, die durch den Flankenschnitt (rechtlich wesentlich) verursacht wurde.

19

Gesundheitserstschaden iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII ist grundsätzlich jeder regelwidrige körperliche, geistige oder seelische Zustand, der unmittelbar durch die (von außen kommende, zeitlich begrenzte) Einwirkung rechtlich wesentlich verursacht wurde, die selbst rechtlich wesentlich durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit verursacht wurde. Von diesem zum Tatbestand des Versicherungsfalls gehörenden Primärschaden sind diejenigen Gesundheitsschäden zu unterscheiden, die rechtlich wesentlich erst durch den Erstschaden verursacht (unmittelbare Unfallfolgen) oder der versicherten Tätigkeit aufgrund der Spezialvorschrift des § 11 SGB VII als Versicherungsfall zuzurechnen sind (mittelbare Unfallfolgen). Das Vorliegen von Unfallfolgen gleich welcher Art ist keine Tatbestandsvoraussetzung des Arbeitsunfalls (vgl hierzu BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - zur Veröffentlichung in BSGE 108, 274 und SozR 4-2700 § 11 Nr 1 vorgesehen).

20

Die Bauchwandparese des Klägers ist keine Unfallfolge, sondern der Gesundheitserstschaden. Zwar hat bereits der Flankenschnitt, also die Einwirkung auf den Körper, unmittelbar zu einer Verletzung des Körpers geführt. Schon durch ihn ist in die körperliche Integrität eingegriffen worden. Dies wird grundsätzlich rechtlich missbilligt. Nach dem sog natürlichen Schadensbegriff liegt daher ein Gesundheitsschaden vor. Es handelt sich aber nicht um einen Gesundheitsschaden iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII. Denn der natürliche Schadensbegriff bedarf hier einer wertenden Korrektur, die sich aus dem Zweck der den Versicherungsschutz begründenden Vorschrift ergibt (vgl stellv zu solchen Korrekturen BGH vom 8.4.2008 - VI ZR 49/07 - BGHZ 176, 109, 114).

21

Die Gesundheitsschäden, die beim Lebendorganspender durch eine rechtmäßige Transplantation (einschließlich Vor- und Nachbehandlung für die Durchführung der Organentnahme) notwendig verursacht werden, sind nach dem Schutzzweck des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII keine missbilligten Wirkungen des Eingriffs, sondern gehören notwendig zur Organspende, die durch den das Transplantationsgesetz ergänzenden Unfallversicherungsschutz gebilligt wird und gefördert werden soll. Deshalb setzt der Versicherungstatbestand des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII die Hinnahme der zur Organspende erforderlichen Körperverletzung voraus. Sieht aber schon der Tatbestand der versicherten Tätigkeit den operativen Eingriff zur Organentnahme vor, ist der Gesundheitserstschaden im Falle einer Organspende nach Maßgabe des Schutzzwecks dieser Vorschrift zu bestimmen.

22

Die Organtransplantation ist grundsätzlich Teil der dem Organempfänger von der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung zu gewährenden Krankenbehandlung; die ambulante und stationäre Behandlung des Organspenders stellen eine Nebenleistung zu der dem Organempfänger zu erbringenden Behandlungsmaßnahme dar (BSG vom 16.7.1996 - 1 RK 15/95 - BSGE 79, 53 = SozR 3-2500 § 27 Nr 7).

23

In Abgrenzung zur gesetzlichen Krankenversicherung greift die gesetzliche Unfallversicherung erst dann ein, wenn im Zusammenhang mit der Organentnahme beim Organspender gesundheitliche Schäden auftreten, die über die durch die Organentnahme notgedrungen entstehenden Beeinträchtigungen hinausgehen und in ursächlichem Zusammenhang mit der Organentnahme stehen, oder wenn der Organspender an der Organentnahme verstirbt (vgl BT-Drucks 15/5050 S 62 zu Abschn 7.2.2.1). § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII soll (freiwillige) Lebendorganspender gegen alle Gesundheitsbeeinträchtigungen einschließlich des Todes schützen, die durch die Organentnahme verursacht sind und nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft nicht zwingend mit dem operativen Eingriff und einer erforderlichen Vor- und Nachbehandlung einhergehen.

24

Versicherte Gesundheitserstschäden sind daher nur diejenigen Gesundheitsbeeinträchtigungen, die gerade nicht im Eingriff zu Organentnahme selbst bestehen, also Gesundheitsschäden, die durch die Organentnahme zusätzlich zu den mit ihr notgedrungen verbundenen Beeinträchtigungen wesentlich verursacht wurden. Das operative Geschehen nebst einer Vor- und Nachbehandlung ist hingegen, wie gesagt, das durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit wesentlich bedingte einwirkende Ereignis iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII. Eine damit zwingend verbundene Integritätseinbuße (hier der Flankenschnitt) scheidet demnach als Gesundheitserstschaden aus.

25

Als ein durch die Organentnahme hervorgerufener Gesundheitserstschaden kommt vielmehr nur eine Gesundheitsbeeinträchtigung in Betracht, die nach den derzeit anerkannten medizinischen Erfahrungssätzen nicht notwendig allein schon durch die operative Organentnahme verursacht wird. Dass eine Bauchwandparese zwingend mit einer Nierenentfernung verbunden ist, hat das LSG nicht festgestellt und ist auch nicht ersichtlich. Es hat jedoch für das BSG bindend festgestellt, dass beim Kläger infolge des Flankenschnitts eine Bauchwandparese links aufgetreten ist.

26

4. Nach dem genannten Schutzzweck des in § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b Alt 2 SGB VII geregelten Versicherungstatbestandes war der Flankenschnitt auch die rechtlich wesentliche Ursache für die Bauchwandparese. Denn der Unfallversicherungsschutz soll gerade eingreifen, wenn eine rechtmäßige Organspende zu weiteren (üblichen oder unüblichen) Gesundheitsschäden führt, die über die mit der Organentnahme (einschließlich Vor- und Nachbehandlung) notwendig verbundenen Gesundheitsbeeinträchtigungen hinausgehen. Anhaltspunkte dafür, dass das Unfallereignis oder der Gesundheitserstschaden durch andere Umstände allein rechtlich wesentlich verursacht worden sein könnte, sind nach den Feststellungen des LSG und dem Vortrag der Beteiligten offenkundig nicht gegeben.

27

5. Dem Anspruch auf Feststellung des Arbeitsunfalls steht auch nicht entgegen, dass der Kläger "freiwillig" in die Entnahme seiner Niere eingewilligt hat (§ 8 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst b TPG), er sich damit freiwillig dem operativen Eingriff unterzogen und die Beeinträchtigung seiner körperlichen Integrität durch die Transplantation vorhergesehen hat.

28

Die Freiwilligkeit der rechtmäßigen (Lebend-)Organspende und die Vorhersehbarkeit der damit notwendig verbundenen Körperverletzungen sind schon Tatbestandsvoraussetzungen der versicherten Tätigkeit ("Organe…spenden") und können schon deshalb den Eintritt eines Versicherungsfalles nicht ausschließen. Zudem sind die wie auch immer zu verstehende "Freiwilligkeit" der das einwirkende Ereignis verursachenden Verrichtung oder die "Unvorhersehbarkeit" des Gesundheitsschadens keine Tatbestandsvoraussetzungen des gesetzlichen Unfallbegriffs des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII. Maßgeblich für die Erheblichkeit oder Unbeachtlichkeit dieser Aspekte ist grundsätzlich der Schutzzweck des jeweiligen Versicherungstatbestandes.

29

Das BSG hat unter Hinweis auf eine Entscheidung zu § 1252 Abs 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) über die vorzeitige Erfüllung der Wartezeit in der gesetzlichen Rentenversicherung gesagt, dass die Unfreiwilligkeit einer Einwirkung dem Unfallbegriff immanent sei, weil ihm ein geplantes, willentliches Herbeiführen der Einwirkung widerspreche(vgl BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 23/10 R - Juris RdNr 17 mwN). Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Ausführungen zum Unfallbegriff tragend für die damalige Entscheidung waren. Jedenfalls hat es ausdrücklich nur ein "geplantes, willentliches Herbeiführen der Einwirkung" als mit dem Arbeitsunfall unvereinbar bezeichnet. Dem ist mit der Klarstellung beizupflichten, dass ein Versicherungsfall "wegen Freiwilligkeit oder Vorhersehbarkeit" nur dann nicht vorliegen kann, wenn es dem Verletzten gerade darauf ankam (Absicht als dolus directus ersten Grades), durch sein Handeln eine Einwirkung auf seinen Körper und dadurch seinen eigenen Gesundheitsschaden zu verursachen. Dabei kann offen bleiben, ob je nach Versicherungstatbestand schon eine "Verrichtung" der versicherten Tätigkeit mangels einer (auch) auf die Erfüllung eines bestimmten Tatbestandes einer versicherten Tätigkeit gerichteten objektivierten Handlungstendenz abzulehnen ist oder die rechtliche Wesentlichkeit der Verrichtung für die Verursachung des Schadens fehlt.

30

Das Erfordernis der Einwirkung von außen dient der Abgrenzung von unfallbedingten Gesundheitsschäden zu Gesundheitsbeeinträchtigungen aus inneren Ursachen sowie zu geplanten willentlichen, also absichtlichen, Selbstschädigungen (vgl BSG vom 12.4.2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr 15, jeweils RdNr 7). Auch bei der Entscheidung zu § 1252 Abs 2 RVO war ein Fall der versuchten Selbsttötung zu beurteilen und darüber zu entscheiden, ob die Erkrankung "infolge" eines Unfalls eingetreten war. Die früheren Ausführungen zum Unfallbegriff stehen daher im Zusammenhang mit der Frage, ob die Verrichtung einer versicherten Tätigkeit, die absichtlich ausgeübt wird, um ein Unfallereignis herbeizuführen, gerade in rechtlicher Wertung wesentliche Ursache iS der Theorie der wesentlichen Bedingung für den dadurch verursachten Gesundheitserstschaden oder Tod sein kann.

31

Unabhängig davon sind, wie gesagt, die Unfreiwilligkeit und Unvorhersehbarkeit keine ausdrücklich genannten oder ungeschriebenen Tatbestandsmerkmale des gesetzlich definierten Unfallbegriffs. § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII beschreibt den Unfall nicht als "unfreiwilliges", "unvorhergesehenes" oder "unvorhersehbares", sondern nur als ein von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt. Für eine Einengung des Anwendungsbereichs dieser für Unfälle infolge sämtlicher versicherten Tätigkeiten geltenden Vorschrift fehlt es an einem dies rechtfertigenden Zweck. Verschiedene in § 2 SGB VII aufgeführte Tatbestände einer versicherten Tätigkeit gehen gerade mit der freiwilligen Inkaufnahme eines vorhersehbaren und vorhergesehenen Gesundheitsschadens oder sogar des Todes einher. Nicht nur Helfer bei Unglücksfällen, gemeiner Gefahr oder Not oder Retter aus einer erheblichen gegenwärtigen Gefahr für die Gesundheit anderer (§ 2 Abs 1 Nr 13 Buchst a SGB VII; vgl zum Unglückshelfer BSG vom 27.3.2012 - B 2 U 7/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 2 Nr 19 vorgesehen), auch Beschäftigte, die sich zur Erfüllung ihrer Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis gefährlichen Einwirkungen aussetzen, handeln freiwillig und im Bewusstsein einer vorhersehbaren und ggf vorhergesehenen Beeinträchtigung ihrer körperlichen Integrität.

32

Gerade auch bei der Organspende iS des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b Alt 2 SGB VII würde durch eine Beschränkung des Unfallbegriffs auf lediglich unfreiwillig erlittene Einwirkungen der Regelungszweck dieses Versicherungstatbestandes vereitelt. Diese Vorschrift schützt gerade diejenigen Personen, die sich freiwillig einer operativen Organentnahme unterziehen. Ihr Schutzzweck, das von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht abgedeckte gesundheitliche Risiko des Organspenders im Zusammenhang mit der Organspende abzusichern (hierzu unter 3.), bliebe weitgehend unerfüllt, wenn lediglich eine zusätzlich zum operativen Eingriff zur Organentnahme (mit Vor- und nachfolgender Heilbehandlung) hinzutretende weitere Einwirkung geeignet wäre, ein Unfallereignis zu begründen. Anhaltspunkte für eine andere Intention des Gesetzes ergeben sich weder aus dem Wortlaut des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB VII noch aus den Gesetzesmaterialien zu dieser Bestimmung und ihrer Vorläuferregelung des § 539 Abs 1 Nr 10 RVO. Die Freiwilligkeit der Organspende und des insoweit notwendigen operativen Eingriffs ist bereits Bestandteil dieser versicherten Tätigkeit und kann schon deshalb nicht den Versicherungsfall ausschließen.

33

Da der Kläger nach den Feststellungen des LSG seine partielle Bauchwandparese nicht absichtlich herbeiführen wollte, liegt ein Arbeitsunfall vor.

34

6. Zu welchem Zeitpunkt infolge der Organspende der Arbeitsunfall eingetreten ist, lässt sich anhand der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen. Das Berufungsgericht ist auf der Grundlage der von Dr. J am 5.11.2009 durchgeführten ambulanten Untersuchung davon ausgegangen, dass der Flankenschnitt zu einer Vorwölbung der Bauchwand im kranialen Bereich iS einer partiellen Parese geführt hat. Damit ist lediglich festgestellt, dass jedenfalls am 5.11.2009 der Gesundheitserstschaden entstanden war. Ein davor liegender Zeitpunkt der Entstehung der Bauchwandparese wird dadurch aber nicht ausgeschlossen. Diesen wird das LSG daher noch zu klären haben.

35

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird der Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Dezember 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die gerichtliche Feststellung, dass sein Bandscheibenvorfall im Bereich C 6/7 seiner Halswirbelsäule (HWS) ein weiterer Gesundheitserstschaden seines von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalls vom 3.7.2005 ist.

2

Der Kläger absolvierte an diesem Tag als Arbeitnehmer eines Automobilherstellers aufgabengemäß eine Testfahrt auf einer Hochgeschwindigkeitsstrecke in Italien. Dabei platzte bei einer Geschwindigkeit von 295 km/h ein Hinterreifen seines Fahrzeugs. Es kam von der Fahrbahn ab, durchbrach die Leitplanke und kam in einem Wäldchen zum Stehen.

3

Bei der Erstuntersuchung des Klägers erbrachten die Röntgenaufnahmen keinen Anhalt für Frakturen. Am 6.7.2005 diagnostizierte ein Facharzt für Chirurgie ua eine Halswirbelsäulen-Distorsion (Verstauchung, Zerrung). In der Kernspintomographie der HWS vom 4.8.2005 wurden erhebliche degenerative Veränderungen bei multisegmentaler Osteochondrose sowie für den Bereich von C 6/7 eine fast normal hohe Bandscheibe mit normal weiten Neuroforamina (Wurzelkanälen) beschrieben. Eine weitere Kernspintomographie der HWS vom 30.8.2005 ergab zwischen den Halswirbelkörpern C 6/7 einen links gelegenen Bandscheibenvorfall mit intraforaminaler Vorfallskomponente. Eine Begleitverletzung wurde nicht benannt.

4

Im Bescheid vom 18.10.2007 anerkannte die Beklagte den Unfall vom 3.7.2005 als Arbeitsunfall. Als "Unfallfolgen" wurden "Druck- und Klopfschmerz über der oberen Brustwirbelsäule nach unter keilförmiger Deformierung knöchern verheilter Deckplattenimpressionsfraktur des 2. Brustwirbelkörpers" anerkannt.

5

Ferner wurde festgestellt, der Bandscheibenvorfall zwischen dem 6. und 7. Halswirbelkörper sei keine "Folge des Arbeitsunfalls", weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung. Ein traumatischer Bandscheibenvorfall sei angesichts des MRT-Befundes vom 4.8.2005, in dem eine Traumatisierung des Segments C 6/7 nicht beschrieben sei, zu verneinen. Der dagegen eingelegte Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 28.2.2008).

6

Das SG Karlsruhe hat mit Urteil vom 14.7.2010 festgestellt, dass "die Versteifung im Bewegungssegment C 6/7 mit daraus resultierender Schmerzsymptomatik … Folge des Arbeitsunfalls vom 03.07.2005" sei.

7

Die Beklagte hat mit ihrer Berufung geltend gemacht, das Urteil sei in seiner Kausalitätsbeurteilung mit dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft nicht vereinbar. Im Standardwerk der gesetzlichen Unfallversicherung von Schönberger/Mehrtens/Valentin, das den anerkannten neuesten medizinischen Kenntnisstand dokumentiere, werde seit der 7. Auflage ausgeführt, dass die traumatische Verursachung eines isolierten Bandscheibenschadens ohne Begleitverletzung nicht möglich sei. Dazu sei Beweis zu erheben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.

8

Das LSG hat die Berufung durch Beschluss vom 22.12.2010 zurückgewiesen. Es sei vorliegend zumindest wahrscheinlich, dass der Unfall vom 3.7.2005 naturwissenschaftliche Ursache des beim Kläger aufgetretenen Bandscheibenvorfalls im Bewegungssegment C 6/7 gewesen sei. Hierfür sprächen vor allem jene Indizien, die auf eine akute Schädigung im Bereich des Bewegungssegments C 6/7 und damit eine Substanzschädigung der betreffenden Bandscheibe in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Unfallereignis hinwiesen. Vor dem Unfall sei der Kläger trotz bestehender degenerativer Veränderungen gerade auch im Bereich der HWS beschwerdefrei gewesen. Der Unfall habe zu einer Einwirkung auf den oberen Bereich der Wirbelsäule geführt. Umstände, die üblicherweise gegen einen naturwissenschaftlichen Zusammenhang sprächen, hätten im vorliegenden Fall keine durchgreifende Bedeutung.

9

Zu Unrecht berufe sich die Beklagte auf das Werk von Schönberger/Mehrtens/Valentin und meine, es sei dort dokumentierter neuester medizinischer Kenntnisstand, dass ein traumatischer Bandscheibenvorfall immer mit knöchernen oder ligamentären Begleitverletzungen einhergehe. Diesen Ausführungen könne aus Rechtsgründen nicht gefolgt werden. Denn dieses Standardwerk der unfallmedizinischen Literatur vermenge die Prüfung der naturwissenschaftlichen Kausalität auf der ersten Stufe mit der wertenden Entscheidung der zweiten Stufe der Kausalitätsprüfung (Wesentlichkeit). Bei der Prüfung der Wesentlichkeit handele es sich um eine wertende Entscheidung, die dem juristischen Betrachter vorbehalten sei.

10

Der Antrag der Beklagten auf Einholung eines Sachverständigengutachtens werde abgelehnt. Selbst wenn die von Schönberger/Mehrtens/Valentin vertretene Auffassung den herrschenden medizinischen Kenntnisstand der Kausalitätsbetrachtung wiedergeben sollte, ändere dies nichts daran, dass dieser Kenntnisstand der Kausalitätsbetrachtung nicht zugrunde gelegt werden dürfe, weil er die maßgebenden rechtlichen Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BSG vernachlässige.

11

Lägen - wie hier - Hinweise auf eine traumatische Schädigung vor, ohne dass eine andere Schädigung als der Arbeitsunfall "örtlich-zeitlich in Rede" stehe, sei ein naturwissenschaftlicher Zusammenhang regelmäßig als wahrscheinlich anzusehen.

12

Sei der naturwissenschaftliche Zusammenhang zu bejahen, stelle sich die Frage (zweite Stufe der Kausalitätsprüfung), ob das Unfallereignis auch wesentlich gewesen sei. Hierbei sei vor dem Hintergrund der Schwere des Unfalltraumas mit einer plötzlichen unphysiologischen Belastung der HWS den bereits vorliegenden degenerativen Veränderungen im Hinblick auf den aufgetretenen Bandscheibenvorfall keine überragende Bedeutung beizumessen gewesen. Demnach sei das Unfallereignis wesentliche Mitursache des erlittenen Bandscheibenvorfalls und die beim Kläger in der Folge erforderlich gewordene Versteifung im Bewegungssegment einschließlich der fortbestehenden Schmerzsymptomatik als Unfallfolge festzustellen.

13

Mit der vom BSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII und einen Verstoß gegen den Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung(§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG). Der erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Bandscheibenvorfall liege nicht vor. Das LSG habe nicht den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand ermittelt.

14

Die Beklagte beantragt,
den Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Dezember 2010 und das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. Juli 2010 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

15

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Beschlusses des LSG und der Zurückverweisung der Sache an das LSG (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG) begründet.

17

1. Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG kann das BSG nicht abschließend darüber befinden, ob die Verrichtung der versicherten Tätigkeit, die die Verbandszuständigkeit der Beklagten begründet und eine Einwirkung auf die HWS des Klägers wesentlich mitverursacht hat (dazu unter 3.), dadurch auch eine objektive und zudem rechtlich wesentliche Mitursache des Bandscheibenvorfalls auf der Höhe des 6./7. Halswirbelkörpers geworden ist. Nur dann wäre dieser ein Gesundheitserstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls.

18

Das LSG hat nicht festgestellt, ob dieser Schaden nach Maßgabe des derzeit anerkannten Standes der medizinischen Wissenschaft durch die verrichtungsbedingte und deshalb versicherte Einwirkung unmittelbar objektiv mitverursacht wurde (dazu unter 4.). Seine Ansicht, dies könne durch "eine wertende Entscheidung …, die … dem juristischen Betrachter vorbehalten" sei, im Rahmen der rechtlichen "Wesentlichkeitsbeurteilung" ersetzt werden, verfehlt den Rechtsbegriff der unfallversicherungsrechtlichen "Wesentlichkeit" einer Ursache für eine bestimmte Wirkung (dazu unter 3. und 5.).

19

2. Die Beklagte wendet sich mit ihrer Revision gegen die Zurückweisung ihrer zulässigen Berufung durch das LSG. Mit ihr wandte sie sich erstens gegen die Aufhebung ihres Verwaltungsakts durch das SG, der Kläger habe gegen sie keinen Anspruch auf Feststellung seines Bandscheibenvorfalls C 6/7 als "Folge des Arbeitsunfalls". Zweitens begehrte sie die Aufhebung des Feststellungsurteils des SG, dass die "Versteifung im Bewegungssegment C 6/7 mit daraus resultierender Schmerzsymptomatik … Folge des Arbeitsunfalls vom 03.07.2005" sei. Der Erfolg ihrer Rechtsmittel hängt davon ab, ob die zulässige Kombination der zulässigen Anfechtungs- mit der zulässigen Feststellungsklage des Klägers begründet ist. Das wäre dann der Fall, wenn sie durch ihren negativ feststellenden Verwaltungsakt einen Anspruch des Klägers auf die Feststellung eines Bandscheibenvorfalls C 6/7 als Gesundheitserstschaden zu Unrecht abgelehnt hätte. Dann wäre dieser (insoweit unter klarstellender Änderung des bisherigen Ausspruchs des SG) durch Feststellungsurteil als weiterer Erstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls festzustellen. Andernfalls hätte ihre Revision durchgreifenden Erfolg.

20

Wie in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG zwischen den Beteiligten klargestellt werden konnte, richtete sich das Begehren des Klägers von Anfang an nicht auf die Feststellung seines Bandscheibenvorfalls als eine (unmittelbare) Unfallfolge. Ihm kam es vielmehr stets auf die Feststellung dieses Gesundheitsschadens als weiteren Erstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls an. Eine unmittelbare Unfallfolge kann sich hingegen nur infolge eines Gesundheitserstschadens einstellen, der selbst als Tatbestandsvoraussetzung des Unfallbegriffs iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII dem Begriff des Arbeitsunfalls unterfällt. Der Bandscheibenvorfall war zudem ersichtlich keine Wirkung eines bereits anerkannten Erstschadens. Bei sachgerechter Auslegung war auch die angefochtene negative Feststellung der Beklagten auf die Ablehnung der Anerkennung eines Erstschadens gerichtet.

21

3. Nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen des LSG ist nicht abschließend beurteilbar, aber möglich, dass dem Kläger der erhobene Feststellungsanspruch gegen die Beklagte zusteht. Jeder Versicherte hat nämlich das Recht, vom zuständigen Unfallversicherungsträger gemäß § 102 SGB VII die Feststellung aller Erstschäden (Gesundheitserstschäden oder Tod) eines Arbeitsunfalls iS von § 8 Abs 1 SGB VII zu verlangen, wenn ein solcher eingetreten ist(vgl BSG vom 31.1.2012 - B 2 U 2/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 8 Nr 43 vorgesehen, Juris RdNr 15 sowie BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - SozR 4-2700 § 11 Nr 1 RdNr 15 f).

22

a) Der Anspruch scheitert nicht schon daran, dass die Beklagte eine insoweit unanfechtbar gewordene Feststellung getroffen hat, der Kläger habe infolge seiner versicherten Testfahrt einen Arbeitsunfall mit folgenden Gesundheitserstschäden erlitten: "Druck- und Klopfschmerz über der oberen Brustwirbelsäule nach unter keilförmiger Deformierung knöchern verheilter Deckplattenimpressionsfraktur des 2. Brustwirbelkörpers".

23

Die rechtliche Bindungswirkung dieses Verwaltungsakts erstreckt sich nicht auf die hier umstrittene Frage, ob die infolge der Testfahrt eingetretene Einwirkung auf den Körper des Klägers weitere Gesundheitserstschäden (objektiv und unfallversicherungsrechtlich wesentlich) mitverursacht hat. Werden die Erstschäden anfangs nur unvollständig anerkannt, hat der Versicherte Anspruch auf eine vollständige Feststellung aller objektiv vom Arbeitsunfall umfassten Gesundheitserstschäden. Entscheidet der Versicherungsträgerbei seiner Feststellung eines Arbeitsunfalls, wie hier, dass der Versicherte keinen Anspruch auf Feststellung bestimmter weiterer Erstschäden habe, oder stellt er die Gesundheitserstschäden ausdrücklich abschließend (positiv oder negativ) fest, ist dagegen der Widerspruch gegeben (nach Fristablauf allein §§ 44 f SGB X). Da hier erstmals um einen weiteren, von der Beklagten abgelehnten Gesundheitserstschaden gestritten wird, erfasst die rechtliche Bindungswirkung des den Arbeitsunfall feststellenden Verwaltungsakts den hier rechtshängigen Streitgegenstand nicht.

24

b) Die Feststellungen des LSG lassen erkennen, dass der Kläger möglicherweise einen Anspruch auf Feststellung der umstrittenen Gesundheitserstschäden hat. Denn danach hat er eine versicherte Tätigkeit als Beschäftigter verrichtet und infolge dessen ein Unfallereignis erlitten (dazu sogleich).

25

Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 (oder 8 Abs 2) SGB VII begründenden Tätigkeit(versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Abs 1 Satz 2).

26

Daher muss eine Verrichtung des Verletzten vor dem fraglichen Unfallereignis, das "infolge" also ua nach dieser Verrichtung eingetreten sein muss, den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt haben. Nur dies begründet seine Versichertenstellung in und seinen Versicherungsschutz aus der jeweiligen Versicherung.

27

Diese (versicherte) Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis), kurz gesagt: eine Einwirkung, objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität). Diese (versicherte) Einwirkung muss einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität).

28

Die den Versicherungsschutz in der jeweiligen Versicherung begründende "Verrichtung", die (möglicherweise dadurch verursachte) "Einwirkung" und der (möglicherweise dadurch verursachte) "Erstschaden" müssen (vom Richter im Überzeugungsgrad des Vollbeweises) festgestellt sein.

29

aa) § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII setzt voraus, dass der Verletzte eine "den Versicherungsschutz" begründende "Tätigkeit (versicherte Tätigkeit)" verrichtet hat und dass der Unfall (iS von Satz 2 aaO) "infolge" dieser versicherten Tätigkeit eingetreten ist.

30

Diese gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen umschreiben den Rechtsgrund, aufgrund dessen der wegen einer Verrichtung einer versicherten Tätigkeit durch den Verletzten verbandszuständige Unfallversicherungsträger überhaupt versicherungsrechtlich für die Schäden, Nachteile und Bedarfe des verunfallten Verletzten einstehen soll. Er soll nur verpflichtet sein, soweit der Versicherungsschutz durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit in der jeweiligen Versicherung begründet ist. Er soll deshalb (grundsätzlich) nur einstehen müssen für Gesundheitsschäden (oder Tod und ggf wirtschaftliche Folgen etc), die "infolge" der versicherten Verrichtung eingetreten sind und ein Risiko realisieren, gegen das die jeweils begründete Versicherung schützen soll. Zurechnungsvoraussetzungen sind somit auf der ersten Stufe die (faktisch-objektive) Wirkursächlichkeit der versicherten Verrichtung des Verletzten für den Schaden und auf der darauf aufbauenden zweiten Stufe dessen rechtliche Erfassung vom jeweiligen Schutzzweck der begründeten Versicherung.

31

bb) Die Zurechnung setzt somit erstens voraus, dass die Verrichtung der versicherten Tätigkeit den Schaden (ggf neben anderen konkret festgestellten unversicherten Wirkursachen) objektiv mitverursacht hat. Denn für Einbußen des Verletzten, für welche die versicherte Verrichtung keine Wirkursache war, ist schlechthin kein Versicherungsschutz begründet, hat also der Versicherungsträger nicht einzustehen. Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar (BSG vom 9.11.2010 - B 2 U 14/10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 39 RdNr 22) und (subjektiv, also jedenfalls in laienhafter Sicht) - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist (innere Tatsache). Als (objektives) Handeln des Verletzten kann es erste Ursache einer objektiven Verursachungskette sein. Diese kann über die Einwirkung auf den Körper, über Gesundheitserstschäden oder Tod hinaus bis zu unmittelbaren oder iS von § 11 SGB VII, der für die zweite Stufe andere Zurechnungsgründe als die "Wesentlichkeit" regelt, mittelbaren Unfallfolgen sowie ua zur Minderung der Erwerbsfähigkeit und zu den Bedarfen reichen, derentwegen das SGB VII Leistungsrechte vorsieht.

32

Erst dann, wenn die "Verrichtung", die (möglicherweise dadurch verursachte) "Einwirkung" und der (möglicherweise dadurch verursachte) "Erstschaden" festgestellt sind, kann und darf (auf der ersten Stufe der Zurechnung) über die tatsächliche Kausalitätsbeziehung (objektive Verursachung) zwischen der Verrichtung und der Einwirkung (mit dem richterlichen Überzeugungsgrad mindestens der Wahrscheinlichkeit) entschieden werden. Es geht hierbei ausschließlich um die rein tatsächliche Frage, ob und ggf mit welchem Mitwirkungsanteil die versicherte Verrichtung (ggf neben anderen konkret festgestellten unversicherten Wirkursachen) eine Wirkursache der von außen kommenden, zeitlich begrenzten Einwirkung auf den Körper des Versicherten war.

33

cc) Zweitens muss der (letztlich) durch die versicherte Verrichtung mitbewirkte Schaden rechtlich auch unter Würdigung unversicherter Mitursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fallenden Gefahr, eines dort versicherten Risikos, zu bewerten sein. Denn der Versicherungsschutz greift nur ein, wenn sich ein Risiko verwirklicht hat, gegen das die jeweils begründete Versicherung Schutz gewähren soll.

34

Wird auf der ersten Stufe die objektive (Mit-)Verursachung bejaht, indiziert dies in keiner Weise die auf der zweiten Stufe der Zurechnung rechtlich zu gebende Antwort auf die Rechtsfrage (so schon BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17), ob die Mitverursachung der Einwirkung durch die versicherte Verrichtung unfallversicherungsrechtlich rechtserheblich, "wesentlich", war. Denn die unfallversicherungsrechtliche Wesentlichkeit der Wirkursächlichkeit der versicherten Verrichtung für die Einwirkung (etc) muss eigenständig rechtlich nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils begründeten Versicherung beurteilt werden.

35

Sie setzt rechtlich voraus, dass der Schutzbereich und der Schutzzweck der jeweiligen durch die versicherte Verrichtung begründeten Versicherung durch juristische Auslegung des Versicherungstatbestandes nach den anerkannten Auslegungsmethoden erkannt werden. Insbesondere ist festzuhalten, ob und wie weit der Versicherungstatbestand gegen Gefahren aus von ihm versicherten Tätigkeiten schützen soll (vgl hierzu BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 16/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 2 Nr 21 vorgesehen - RdNr 21 ff - Lebendnierenspende).

36

Bei der folgenden Subsumtion muss vorab entschieden werden, ob die versicherte Verrichtung durch ihren auf der ersten Stufe festgestellten Verursachungsbeitrag überhaupt ein Risiko verwirklicht hat, das in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fällt. Nur wenn dies, wie zumeist, zu bejahen ist, kommt es darauf an, ob ggf konkret festgestellte unversicherte Mitursachen, die selbst die Zurechnung zum Unfallversicherungsträger nie begründen können, gleichwohl die Zurechnung ausschließen. Das ist der Fall, wenn die unversicherten Wirkursachen das gesamte Unfallgeschehen derart geprägt haben, dass die Wirkung insgesamt trotz des Mitwirkungsanteils der versicherten Verrichtung nicht mehr unter den Schutzbereich der jeweiligen Versicherung fällt. Bei dieser Subsumtion sind alle auf der ersten Stufe im Einzelfall konkret festgestellten versicherten und unversicherten Wirkursachen mit ihren ggf festgestellten Mitwirkungsanteilen in einer rechtlichen Gesamtabwägung nach Maßgabe des jeweilig festgestellten Schutzzwecks des Versicherungstatbestandes zu bewerten.

37

Nur wenn beide Zurechnungskriterien bejaht sind, erweist sich die versicherte Verrichtung als "wesentliche Ursache" (vgl schon RVA vom 24.5.1912, AN 1912, 930 = Breithaupt 1912, 212; GS RVA vom 26.2.1914, AN 1914, 411 <2690>; vgl BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 26/10 R -; BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr 1; BSG vom 17.2.2009 - B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 31; BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17; BSG vom 12.4.2005 - B 2 U 11/04 R - BSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr 14, RdNr 17).

38

dd) In gleicher Weise muss zum Vorliegen eines Arbeitsunfalls ggf die versicherte Einwirkung den Erstschaden (ggf den Tod) a) objektiv und b) rechtlich wesentlich verursacht haben. Dabei kommt es schon wegen der Einheit des jeweiligen Versicherungsfalls stets auch darauf an, dass die Zurechnungskette auf ein- und dieselbe versicherte und den Versicherungsschutz bei dem Unfallversicherungsträger begründende Verrichtung zurückzuführen ist.

39

ee) Diese Voraussetzungen müssen für jeden einzelnen Gesundheitserstschaden erfüllt sein. "Gesundheitserstschaden" ist jeder abgrenzbare Gesundheitsschaden, der unmittelbar durch eine versicherte Einwirkung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde, die durch ein- und dieselbe versicherte Verrichtung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde. Es handelt sich also um die ersten voneinander medizinisch abgrenzbaren Gesundheitsschäden (oder den Tod), die "infolge" ein- und derselben versicherten Verrichtung eintreten.

40

c) Nach den Feststellungen des LSG liegt eine versicherte Verrichtung des Klägers vor, die eine Einwirkung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat.

41

aa) Der Kläger hat durch seine Testfahrt den Tatbestand der versicherten Tätigkeit als "Beschäftigter" iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII erfüllt(zu den Voraussetzungen dieses Tatbestandes näher BSG Urteil vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2700 § 2 Nr 20 vorgesehen). Denn er hat dadurch zur Erfüllung einer Hauptpflicht aus seinem Beschäftigungsverhältnis mit dem Automobilhersteller zumindest angesetzt, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG auch in tatsächlicher Hinsicht abschließend außer Streit gestellt werden konnte. Er war daher in der Beschäftigtenversicherung grundsätzlich gegen alle Gefahren unfallversichert, die sich "infolge" der versicherten Testfahrt verwirklichten.

42

bb) Das LSG hat ferner bindend festgestellt, dass es infolge der Testfahrt zu einer "Einwirkung auf den oberen Bereich der Wirbelsäule" gekommen ist. Unter "Einwirkung" (als Kurzbezeichnung für das von außen kommende, zeitlich begrenzt einwirkende Unfallereignis) ist die durch einen solchen Vorgang ausgelöste Änderung des physiologischen Körperzustandes zu verstehen, die von dem (möglicherweise zeitnah danach eintretenden) Gesundheitserstschaden zu unterscheiden ist. Das LSG hat zur Natur der körperlichen Veränderung festgestellt, dass ein Chirurg am 6.7.2005 beim Kläger eine "HWS-Distorsion" diagnostiziert habe. Nach dem Gesamtzusammenhang des Beschlusses des LSG hat es sich diese Diagnose zu eigen gemacht. Eine solche HWS-Verstauchung genügt jedenfalls dem (weiten) Einwirkungsbegriff.

43

cc) Das LSG hat auch noch festgestellt, dass die versicherte Testfahrt mit äußerst hoher Geschwindigkeit, das Platzen des Autoreifens, das Abkommen von der Testbahn, das Durchbrechen der Leitplanke und das Abstoppen im Wäldchen diese Einwirkung auf die HWS objektiv mitverursacht haben. Auch wenn das LSG keine näheren Feststellungen zur Ursache des Platzens des Reifens (ua Materialfehler, äußere Ursache) und auch nicht dazu getroffen hat, ob es bei der Testfahrt gerade um die Prüfung der Belastbarkeit der Reifen ging, ist seine Feststellung rechtlich nicht zu beanstanden, dass die versicherte Testfahrt als Grundvoraussetzung des Unfallhergangs eine mitwirkende Ursache für die Einwirkung war. Wie zudem vor dem BSG zur Gehörsgewährung eingeführt und von den Beteiligten bestätigt wurde, entspricht es dem heutigen allgemeinkundigen Stand der Erfahrung, dass ein solcher Ablauf einer Autofahrt Ursache eines starken Aufpralls mit der Wirkung ua einer Verstauchung der HWS sein kann und nach den konkreten Umständen des Falles hier auch war. Weitere Mitursachen wurden vom LSG nicht festgestellt und von der Beklagten nicht behauptet.

44

dd) Das LSG hat sinngemäß auch die rechtliche Beurteilung geäußert, dass das versicherte Handeln des Klägers eine mit der Erfüllung dieser Pflicht aus seinem Beschäftigungsverhältnis verbundene Gefahr für seine Gesundheit verwirklicht hat. Das trifft bundesrechtlich zu. Denn die Beschäftigtenversicherung soll grundsätzlich in allen Lebens- und Gesundheitsgefahren schützen, die sich aus dem Handeln zur Erfüllung von Pflichten oder zur Wahrnehmung unternehmensbezogener Rechte aus dem Beschäftigungsverhältnis unter Eingliederung in einen vom Unternehmer bestimmten Gefahrenbereich ergeben. Der Kläger hat infolge der ihm aufgetragenen Testfahrt mit äußerst hoher Geschwindigkeit Gesundheitsgefahren eingehen müssen, die sich in der Einwirkung realisiert haben. Damit fällt die durch die versicherte Verrichtung mitbewirkte Einwirkung auf die HWS unter den Schutzbereich der hier begründeten Beschäftigtenversicherung. Die konkret festgestellten Mitursachen der Einwirkung, das Platzen des Reifens, der Widerstand der durchbrochenen Leitplanke schließen in der gebotenen rechtlichen Gesamtabwägung die Zuordnung der HWS-Verstauchung zum Schutzbereich der Beschäftigtenversicherung nicht aus. Denn in ihnen hat sich gerade die besondere Gefahr verwirklicht, die mit der vom Kläger zu erfüllenden Pflicht verbunden war.

45

ee) Das LSG hat schließlich bindend festgestellt, dass der vom Kläger als Gesundheitserstschaden geltend gemachte Bandscheibenvorfall C 6/7 vorliegt.

46

d) Damit sind die Voraussetzungen für den vom Kläger erhobenen Anspruch auf Feststellung dieses Vorfalls C 6/7 als weiteren Gesundheitserstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls mit der Ausnahme erfüllt, dass das BSG noch nicht entscheiden kann, ob die Testfahrt mit der durch sie rechtlich wesentlich mitverursachten Einwirkung auf die HWS des Klägers auch rechtserhebliche (Mit-)Wirkursache dieses Bandscheibenvorfalls war.

47

4. Das LSG hat zwar ausgeführt, die versicherte Einwirkung und letztlich die versicherte Testfahrt hätten auch den Bandscheibenvorfall objektiv und wesentlich verursacht. Dies ist jedoch für das BSG nicht bindend. Es darf dies seiner Entscheidung nicht zugrunde legen.

48

a) Dies folgt für die Rechtsfrage der unfallversicherungsrechtlichen Wesentlichkeit schon daraus, dass es hier allein um Rechtsanwendung, also um die rechtliche Subsumtion der auf der ersten Stufe der Zurechnung festgestellten Tatsachen unter den Schutzbereich der für die konkrete Beschäftigung begründeten Beschäftigtenversicherung geht. Hier muss das Revisionsgericht in vollem Umfang die Beachtung des Bundesrechts überprüfen. Das LSG hat hierbei den Rechtsbegriff der unfallversicherungsrechtlichen "Wesentlichkeit" einer Ursache unzutreffend angewandt (dazu unter 5.).

49

b) Auf der ersten Stufe der Zurechnung hat das LSG keine das BSG bindenden tatsächlichen Feststellungen zur objektiven Verursachung des Bandscheibenvorfalls durch die versicherte Einwirkung/versicherte Verrichtung getroffen.

50

Allerdings hat das LSG ausdrücklich festgestellt, dass die (versicherte) Einwirkung auf die HWS des Klägers "naturwissenschaftliche Ursache des beim Kläger aufgetretenen Bandscheibenvorfalls im Bewegungssegment C 6/7" gewesen ist.

51

aa) Grundsätzlich ist das Revisionsgericht an eine solche Tatsachenfeststellung, zu der auch der konkrete objektive Kausalzusammenhang im Einzelfall gehört, gebunden (§ 163 SGG). Hier tritt diese Bindung jedoch nicht ein, weil das LSG zum einen von einem unzutreffenden Rechtsbegriff der objektiven ("wissenschaftlich-philosophischen") Kausalität ausgegangen ist. Zum anderen hat es, wie die Beklagte zulässig und begründet rügt, die Grenzen der Befugnis zur freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) überschritten. Es hat seinem Beschluss einen nicht existierenden Erfahrungssatz zugrunde gelegt und deshalb davon abgesehen aufzuklären, ob es einen nach dem neuesten Stand der medizinischen Wissenschaft anerkannten Erfahrungssatz gibt, nach dem isolierte Bandscheibenvorfälle durch Unfalleinwirkungen nur verursacht werden können, wenn ein unfallbedingter Begleitschaden vorliegt.

52

bb) Das LSG hat seine Kausalitätsbeurteilung auch auf folgenden nicht existierenden Erfahrungssatz gestützt: Liegen - wie hier - Hinweise auf eine traumatische Schädigung vor, ohne dass eine andere Schädigung als der Arbeitsunfall örtlich-zeitlich in Rede steht, ist ein naturwissenschaftlicher Zusammenhang regelmäßig als wahrscheinlich anzusehen.

53

Daran ist das BSG nicht gebunden. Ein solcher Erfahrungssatz ist nicht allgemeinkundig oder dem BSG gerichtsbekannt. Die Revisionsführerin bestreitet seine Existenz. Das LSG hat nicht mitgeteilt, woher es diese Erkenntnis gewonnen hat. Soweit die Formulierung auch als generelle weitere "Beweiserleichterung" bei der richterlichen Überzeugungsbildung zum Grad der (juristischen) Wahrscheinlichkeit gemeint sein könnte, wäre sie bundesrechtswidrig. Denn der juristische Überzeugungsgrad der Wahrscheinlichkeit knüpft an die Würdigung der Einzelfallumstände nach Maßgabe der im jeweiligen Lebensbereich vorhandenen aktuell anerkannten wissenschaftlichen Erfahrung, hilfsweise der sonstigen einschlägigen Fachkunde, und deren ggf vorhandene Unsicherheiten an. Er erlaubt es aber nicht, an dem vorhandenen Erfahrungswissen durch "juristische Betrachtungen" vorbeizugehen.

54

c) Das LSG hat auch im Übrigen einen unzutreffenden Rechtsbegriff der objektiven Verursachung (der "philosophisch-wissenschaftlichen Kausalität") zugrunde gelegt.

55

Objektive Verursachung bedeutet einen nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand der einschlägigen Erfahrung (insbesondere der Wissenschaft, hilfsweise der sonstigen Fachkunde) geprüften und festgestellten Wirkungszusammenhang zwischen einer bestimmten Wirkursache und ihrer Wirkung. Dabei gibt es keine Ursache ohne Wirkung und keine Wirkung ohne Ursache.

56

Die versicherte Verrichtung muss also eine Wirkursache (ggf neben anderen Wirkursachen) der Einwirkung, die Einwirkung eine Wirkursache (ggf neben anderen Wirkursachen) des Gesundheitserstschadens sein. Ob die Verrichtung Wirkursache der Einwirkung (etc) war, ist eine Frage, die nur auf der Grundlage von Erfahrung über Kausalbeziehungen beantwortet werden kann.

57

Auch der Satz der Bedingungstheorie, ein tatsächlicher Umstand sei "notwendige Bedingung" (nicht: Ursache) eines anderen Umstandes, wenn der erste nicht "hinweggedacht" werden könne, ohne dass der zweite (der "Erfolg") entfiele ("conditio sine qua non"), ist kein logischer Schluss. Er verlangt eine hypothetische, dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung grundsätzlich fremde, alternative Zusammenhangserwägung ohne Berücksichtigung eines in Wirklichkeit vorhandenen Umstandes und mit Unterstellung eines in Wirklichkeit nicht erfolgten Geschehensablaufs. Darüber hinaus verweist er auf Erfahrungswissen über den Zusammenhang von Bedingungen.

58

Die Erwägung nach dieser Formel führt zur Unbeachtlichkeit von Bedingungen, die nach Erfahrung die Wirkung nicht mitverursacht haben können. Insoweit kann sie zur ersten negativen Vorklärung, dem Ausscheiden von als Ursachen von vornherein nicht in Betracht kommender Bedingungen, beitragen. Sie erfasst aber alle Bedingungen, die nach Erfahrung möglicherweise die fragliche Wirkung (den "Erfolg") verursacht haben könnten. Aus sich heraus gibt sie aber keinen Maßstab dafür, ob ein solcher als für das Geschehen erforderliche (und nur in diesem Sinne "notwendige") Bedingung erkannter Umstand den "Erfolg" wirklich bewirkt, also die Wirkung mitverursacht hat, worauf schon der große Senat des RVA (aaO) hingewiesen hat. Eine solche Bedingung kann Wirkursache sein, muss es aber nicht. Sie kann auch bloße Randbedingung sein. Die Formel schließt nur "Bedingungen" aus, die nach Erfahrung unmöglich Wirkursachen sein können.

59

Entscheidend ist aber, ob die versicherte Verrichtung die Einwirkung und ob diese den Erstschaden bewirkt hat. Wenn die festgestellte versicherte Verrichtung nach Erfahrung eine "Bedingung eines Erfolgs", also einer Einwirkung und des Gesundheitserstschadens (etc) ist, wären diese (hypothetisch) ohne sie nicht eingetreten. Gleiches gilt für eine kaum abzählbare Menge anderer Bedingungen für den konkreten Unfall. Die Verrichtung war aber nur dann eine Wirkursache der Einwirkung/des Gesundheitserstschadens, wenn sie das Unfallereignis hervorgerufen oder in Gang gehalten und dadurch die Einwirkung herbeigeführt hat, welche den Körper des Verletzten, seinen physiologischen Zustand verändert und dadurch den Gesundheitsschaden mitbewirkt hat. Ob dies der Fall war, ist nach dem neuesten anerkannten Stand des einschlägigen Fachwissens zu beurteilen.

60

aa) Dies gilt auch für die Beantwortung der Frage, ob der festgestellte Bandscheibenvorfall des Klägers Wirkung der festgestellten versicherten Einwirkung/versicherten Testfahrt als Ursache war. Dafür kommt es, weil es sich um eine in den Fachbereich der medizinischen Wissenschaft fallende Frage handelt, allein darauf an, ob ein Wirkungszusammenhang zwischen dieser Testfahrt und dieser Einwirkung auf die HWS des Klägers und diesem Bandscheibenvorfall nach dem aktuellen Stand des anerkannten medizinischen Erfahrungswissens vorliegt. Dafür reicht ein bloßer örtlicher und zeitlicher Zusammenhang nicht aus.

61

Vielmehr ist der jeweils neueste anerkannte Stand des einschlägigen Erfahrungswissens zugrunde zu legen. Dies wird in der Regel die Auffassung der Mehrheit der im jeweiligen Fragenbereich veröffentlichenden Wissenschaftler/Fachkundigen eines Fachgebiets sein. Lässt sich eine solche "herrschende Meinung" nicht feststellen, so darf der Richter nicht gleichsam als Schiedsrichter im Streit einer Wissenschaft fungieren und selbst eine (von ihm anerkannte) Ansicht zur maßgeblichen des jeweiligen für ihn fachfremden Wissenschaftsgebietes erklären. Vielmehr kommt, falls auch durch staatliche Merkblätter, Empfehlungen der Fachverbände etc kein von den Fachkreisen mehrheitlich anerkannter neuester Erfahrungsstand festgestellt werden kann, eine Entscheidung nach Beweislastgrundsätzen in Betracht (anders offenbar noch BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 18).

62

Dazu muss dieser Erfahrungsstand inhaltlich festgestellt und so rechtzeitig mit seiner Erkenntnisquelle (zB medizinisches Fachbuch) in das Gerichtsverfahren eingeführt werden, dass die Beteiligten sich darüber fachkundig machen und ggf konkrete Beweiserhebungen beantragen können. Das gilt auch dann, wenn das Gericht meint, der Stand des einschlägigen Erfahrungswissens sei gerichtsbekannt, allgemeinkundig oder könne vom Gericht aus eigener, stets rechtzeitig offenzulegender Fachkompetenz beurteilt werden.

63

bb) Soweit ein nicht allgemeinkundiges oder gerichtsbekanntes Erfahrungswissen Gegenstand einer staatlich anerkannten Wissenschaft, hilfsweise einer sonstigen fachkundigen Profession, ist, muss das Gericht, sofern es keine nachweisbare eigene Fachkompetenz oder Gerichtskenntnis auf diesem Gebiet hat, aufgrund der Ermessensreduktion im Rahmen seiner Sachaufklärung nach § 103 SGG sich die erforderliche Kenntnis durch Sachverständige verschaffen. Es ist gerade Aufgabe der Sachverständigen, dem Richter den aktuellen anerkannten Stand des Wissens darüber zu vermitteln, ob es Erfahrungssätze über Ursache-Wirkung-Beziehungen der fraglichen Art gibt und ggf welche Anwendungsbedingungen für die Anwendung dieser Sätze im Einzelfall erfüllt sein müssen. Soweit auch die Anwendung der Erfahrungssätze im Einzelfall, wie häufig, ebenfalls besondere Sachkunde erfordert, kann der Sachverständige auch damit beauftragt werden.

64

Gegenstand solcher Erfahrungssätze und ihrer generellen Anwendungsbedingungen ist, ob Vorgänge der Art des vorderen Kausalgliedes - hier: die Einwirkung auf den HWS-Bereich durch den Aufprall unter Absehung von bloßen Randbedingungen des konkreten Falles - allein oder im Zusammenwirken mit anderen nach dieser Erfahrung ursächlichen Bedingungen Vorgänge der Art des zweiten Kausalgliedes - hier: Bandscheibenvorfall C 6/7 als Gesundheitserstschaden - bewirken. Sofern diese Kausalbeziehung zwischen den beiden Arten der Kausalglieder besteht, ist das vordere eine hinreichende Ursache des folgenden Kausalgliedes. Tritt das zweite Kausalglied (hier: der Gesundheitserstschaden) immer und nur dann auf, wenn das vordere Kausalglied vorliegt, handelt es sich bei diesem um eine notwendige Ursache, bei dem zweiten um eine notwendige Wirkung. Bedingungen im Sinne der Bedingungstheorie, die erfahrungsgemäß keine solchen hinreichenden oder sogar notwendigen Wirkursachen sind, bleiben schon deshalb bei der Zurechnung außer Betracht.

65

cc) Allerdings darf das Gericht die jeweils einschlägige Wissenschaft (oder Fachkunde) auch nicht mit gebietsfremden Anforderungen überfordern, welchen dieser Erfahrungsbereich nicht genügen kann. Das Rechtssystem knüpft in den Grenzen der Rechtslogik an den jeweiligen aktuell anerkannten Stand der einschlägigen empirischen Wissenschaft (oder Fachkunde) an.

66

Es sind - gerade auch im Bereich der Medizin - nicht immer deterministische Erfahrungssätze vorhanden oder anerkannt. Sehr häufig werden nur wissenschaftlich begründete Wahrscheinlichkeitssätze (die nichts mit dem juristischen Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit zu tun haben) festgestellt werden können. Dabei gibt es in den verschiedenen Wissenschaften unterschiedliche Begriffe von empirischer Wahrscheinlichkeit bis hin zu probabilistischen Erfahrungssätzen. Sie werden nach entsprechenden Untersuchungen gelegentlich mathematisch formuliert, häufig aber allein durch tradierte Erfahrung im jeweiligen Fachkreis mit geringer Überprüfungsdichte gelehrt und/oder bloß unausgesprochen in der Praxis vorausgesetzt (begründete Vermutungen). Hier sind Unterschiede ferner zwischen Fachbereichen zu beachten, in denen es wissenschaftliche Fachdisziplinen gibt, und solchen, in denen es überwiegend nur die tradierte Erfahrung des Kreises der professionell im jeweiligen Gebiet Tätigen gibt.

67

dd) Maßstab für die objektive Kausalitätsbeurteilung ist also der neueste anerkannte Stand des Erfahrungswissens (vgl hierzu zuletzt auch BSG Urteil vom 15.9.2011 - B 2 U 25/10 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4111 Nr 3 RdNr 23 f "in der Regel 100 Feinstaubjahre"). Als Maßstäbe sind jeweils, soweit vorhanden, die aktuell anerkannten Erfahrungssätze festzustellen und anzuwenden. Dies ist eine reine Tatsachenfeststellung bei der der Richter der Hilfe des Sachverständigen bedarf. Hinsichtlich der richterlichen Feststellung des Inhalts der Erfahrungssätze genügt der richterliche Beweisgrad der juristischen Wahrscheinlichkeit. Der Sachverständige muss bei seiner Begutachtung also gerade verdeutlichen, welche Erfahrungssätze er seiner Begutachtung zugrunde legt und dass dieses Erfahrungswissen in der einschlägigen Wissenschaft (oder Fachkunde) aktuell als neuester Stand anerkannt ist.

68

ee) Die Feststellung des jeweils aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes ist für eine objektive Urteilsfindung unerlässlich (BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 24 ff). Ausgangsbasis der richterlichen Erkenntnisbildung über wissenschaftliche Erfahrungssätze sind auch bei Fragen der objektiven Verursachung die Fachbücher und Standardwerke insbesondere zur Begutachtung im jeweiligen Bereich. Außerdem sind die jeweiligen Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) zu berücksichtigen. Hinzu kommen andere aktuelle wissenschaftliche Veröffentlichungen. Diese Quellen hat der Richter jeweils kritisch zu würdigen.

69

Eine bloße Literaturauswertung durch auf dem einschlägigen Gebiet nicht fachgerecht ausgebildete Richter genügt zur Feststellung des (nicht allgemeinkundigen oder gerichtsbekannten) aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über Kausalbeziehungen in der Regel nicht. Vielmehr wird dessen Klärung im Rahmen des ohnehin benötigten Gutachtens erfolgen. Dieser Erkenntnisstand ist aber die Basis für die Beurteilung durch den Sachverständigen, die er stets zugrunde legen muss und von der er nur durch zusätzliche Ausführungen, weshalb er ihr nicht folgt, mit wissenschaftlicher Begründung abweichen darf.

70

Bestreitet nach rechtzeitiger Einführung eines solchen Erfahrungssatzes in den Prozess einer der Beteiligten dessen Vorliegen oder Tragweite mit nicht offenkundig fernliegenden Sachargumenten, so wird das Gericht im Regelfall diesem Vorbingen durch (zumindest schriftliche) Befragung eines Sachverständigen nachzugehen haben (vgl BSG Beschluss vom 24.7.2012 - B 2 U 100/12 B - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

71

d) Das LSG hat hinsichtlich der strittigen Verursachung des Bandscheibenvorfalls schon keinen neuesten anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft festgestellt, sondern einen anderen Verursachungsbegriff zugrunde gelegt.

72

aa) Die Beklagte hatte unter Zitierung des Werks von Schönberger/Mehrtens/Valentin dargelegt, dass es dem dort dokumentierten Stand der medizinischen Wissenschaft entspreche, dass ein traumatischer Bandscheibenvorfall nur mit knöchernen oder ligamentären Begleitverletzungen vorkommen könne. Das LSG hätte hierauf selbst die Existenz oder Nichtexistenz dieses oder eines anderen anerkannten Erfahrungssatzes in der medizinischen Wissenschaft feststellen müssen.

73

bb) Dies war nicht etwa deshalb gerechtfertigt, weil das LSG davon ausgegangen ist, dass sich eine Feststellung des einschlägigen medizinischen Erfahrungssatzes erübrige, weil die Autoren Schönberger/Mehrtens/Valentin von einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab bei der Kausalitätsbetrachtung ausgegangen seien. Sie hätten Aspekte der rechtlichen Wesentlichkeit im Sinne der Rechtsprechung des BSG mit naturwissenschaftlichen Aussagen verquickt.

74

Es ist hier nicht darauf einzugehen, ob diese Behauptungen zutreffen. Beiläufig ist darauf hinzuweisen, dass nicht jeder Gebrauch des Wortes "wesentlich" zugleich eine Äußerung zur "Theorie der wesentlichen Bedingung" sein muss. Soweit Nichtjuristen sich zu solchen juristischen Problemen äußern, liegen keine Stellungnahmen eines Sachverständigen, möglicherweise aber dennoch bedenkenswerte oder richtige Argumente vor. In keinem Fall durfte das LSG davon absehen, den aktuellen Stand der anerkannten medizinischen Erfahrung über durch Unfälle verursachte Bandscheibenvorfälle festzustellen.

75

e) Es ist nicht tunlich (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG), dass das BSG das Bestehen und den Inhalt des von der Beklagten behaupteten oder eines sonstigen aktuell anerkannten medizinischen Erfahrungssatzes über die Verursachung von Bandscheibenvorfällen durch Unfalleinwirkungen und dessen generelle Anwendungsbedingungen selbst feststellt. Zwar gehören solche generellen Erfahrungssätze dem revisiblen Bundesrecht (§ 162 SGG) an. Jedoch bedürfte es zu einer Entscheidung darüber, ob im Fall des Klägers die Vorgaben eines solchen Erfahrungssatzes erfüllt sind, der Feststellung von Einzelfalltatsachen und deren fachgerechte Zuordnung zum generellen medizinischen Erfahrungssatz. Das BSG müsste daher voraussichtlich nach Klärung des generellen Standes der anerkannten Erfahrung die Sache dennoch an das LSG zurückverweisen, dem die Feststellung von Tatsachen des Einzelfalles grundsätzlich vorbehalten ist.

76

Das LSG wird folglich nach der Zurückverweisung durch Einholung von Sachverständigengutachten und die anderen aufgezeigten Ermittlungsmöglichkeiten festzustellen haben, ob der von der Beklagten behauptete wissenschaftliche Erfahrungssatz oder ein anderer von der Mehrheit der Wissenschaftler des einschlägigen medizinischen Wissenschaftszweiges vertreten wird.

77

Lässt sich dies zur vollen richterlichen Überzeugung bejahen, so ist er nebst seinen in gleicher Weise wissenschaftlich anerkannten generellen Anwendungsbedingungen der (mindestens im richterlichen Beweisgrad der juristischen Wahrscheinlichkeit zu treffenden) Feststellung zwingend zugrunde zu legen, ob im vorliegenden Fall die versicherte Einwirkung faktische Mitursache des Bandscheibenvorfalls C 6/7 war. Stellt das LSG hingegen fest, dass nicht dieser Erfahrungssatz, sondern ein anderer entsprechend anerkannt ist, ist dieser zwingend maßgeblich. In jedem Fall ist dann über die Mitursächlichkeit der Testfahrt und der durch sie verursachten Einwirkung für den Vorfall C 6/7 und dabei auch der Mitverursachungsanteil anderer Wirkursachen zu entscheiden.

78

5. Von diesen Feststellungen darf das LSG nicht wegen der zweiten Zurechnungsstufe, der rechtlichen "Wesentlichkeit" der Wirkursache für den Schaden, absehen. Das LSG hat nämlich in seinem Beschluss den dargelegten bundesrechtlichen Begriff der Wesentlichkeit unzutreffend auf den Bereich der objektiven Verursachung angewandt. Er betrifft aber allein die zweite Stufe der Zurechnung. Auf ihr geht es ausschließlich um die Rechtsfrage, ob die auf der ersten Stufe abschließend festzustellende faktische Mitverursachung des Gesundheitsschadens durch die versicherte Verrichtung/versicherte Einwirkung überhaupt ein versichertes Risiko der Beschäftigtenversicherung verwirklicht hat. Ggf hängt - wie oben gezeigt - diese Rechtserheblichkeit davon ab, ob unversicherte Mitursachen und ihr Mitwirkungsanteil nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweiligen Versicherung in einer Gesamtabwägung dieser Umstände des Einzelfalls die Schadensverursachung derart prägen, dass dieser nicht mehr dem Schutzbereich der Versicherung, sondern dem allgemeinen Lebensrisiko unterfällt.

79

Hierbei geht es ausschließlich um rechtliche Bewertungen (Auslegung und Subsumtion). Die Wirkursachen und ihre Mitwirkungsanteile (Tatsachenfrage) sind bereits auf der ersten Stufe der objektiven Verursachung abschließend festzustellen. Insbesondere kann die ordnungsgemäße Tatsachenfeststellung auf der ersten Stufe nicht durch Wertungen auf der zweiten ersetzt werden.

80

Das LSG wird daher, falls es auf der ersten Stufe die objektive Verursachung des Bandscheibenvorfalls durch die versicherte Verrichtung/Einwirkung nach neuer Prüfung bejahen wird, auf der zweiten Stufe erstmals die vorgenannte Rechtsfrage beantworten müssen.

81

6. Das LSG wird auch abschließend über die Kosten des Rechtsstreits zu befinden haben.

Tenor

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Feststellung eines Arbeitsunfalles.

2

Der Kläger bewarb sich im Herbst 2009 als Empfänger von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende aus eigener Initiative bei der T. GmbH (im Folgenden: T. GmbH) um eine Stelle als Briefausträger. Daraufhin wurde vereinbart, dass er vom 15. bis zum 17.10.2009 jeweils 6 Stunden täglich als Postzusteller ohne Anspruch auf ein Entgelt eingesetzt werden sollte. Außerdem wurde der Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrages für den 22.10.2009 in Aussicht gestellt.

3

Am 15. und 16.10.2009 stellte der Kläger die Post nach Einweisung ihn begleitender anderer Mitarbeiter der T. GmbH zu. Am Morgen des 17.10.2009 erhielt er zunächst ein Dienstfahrrad, Dienstkleidung und zwei am Fahrrad zu befestigende Taschen mit Post, die er ohne Begleitung eigenständig austragen sollte. Nachdem der Kläger etwa die Hälfte der zuzustellenden Post verteilt hatte, wurde er von einem Hund angesprungen. Er rutschte mit dem Fahrrad weg, stürzte und zog sich dabei einen komplizierten Schienbeinkopfbruch zu. Die Beklagte lehnte es ab, dieses Geschehen als Arbeitsunfall anzuerkennen, weil der Kläger zum Unfallzeitpunkt weder als Beschäftigter noch als sog Wie-Beschäftigter versichert gewesen sei (Bescheid vom 23.2.2010, Widerspruchsbescheid vom 10.6.2010).

4

Das SG Hamburg hat die Verwaltungsentscheidung aufgehoben und festgestellt, dass das Ereignis vom 17.9.2009 (richtig: 17.10.2009) ein Arbeitsunfall ist (Urteil vom 11.2.2011). Das LSG Hamburg hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei zum Unfallzeitpunkt Beschäftigter iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII gewesen. Spätestens am 17.10.2009 sei er mit der Anweisung, die Post in Dienstkleidung in einem bestimmten Bezirk zuzustellen, in die Arbeitsorganisation der T. GmbH eingegliedert und deren Weisungsrecht in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung unterstellt gewesen. Allein wegen des eigenwirtschaftlichen Motivs des Klägers, eine Festanstellung zu erreichen, könne nicht von der Anbahnung eines späteren potentiellen Beschäftigungsverhältnisses gesprochen werden. Der Kläger habe die Zustelltätigkeit wegen seiner Obhutspflichten für die ihm übergebenen Postsendungen und überlassene Briefträgerausstattung auch nicht jederzeit abbrechen können (Urteil vom 31.1.2012).

5

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII. Der Kläger habe zum Unfallzeitpunkt nicht dem versicherten Personenkreis der Beschäftigten angehört. Auch am 17.10.2009 habe er mit der eigenwirtschaftlichen Motivation gehandelt, eine Festanstellung zu erreichen. Bei Hospitations- und Probearbeitstagen im Rahmen eines laufenden Bewerbungsverfahrens mangele es regelmäßig an der betrieblichen Eingliederung. Eine Person, die im Wesentlichen allein eigene Angelegenheiten verfolge, sei auch nicht wie ein Beschäftigter tätig.

6

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Hamburg vom 31. Januar 2012 und des Sozialgerichts Hamburg vom 11. Februar 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die angegriffenen Entscheidungen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet.

10

Das LSG hat die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG, das auf die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und § 55 Abs 1 Nr 1 SGG) die begehrte Feststellung getroffen hatte, zu Recht zurückgewiesen. Die Ablehnung der Beklagten in ihrem Bescheid vom 23.2.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.6.2010 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinem Anspruch auf Feststellung eines Versicherungsfalles aus § 102 iVm § 8 Abs 1 SGB VII. Er hat am 17.10.2009 einen Arbeitsunfall erlitten.

11

Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; vgl zuletzt BSG vom 4.7.2013 - B 2 U 3/13 R - juris RdNr 10 mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

12

Die Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses - das Austragen der Post - hat den Sturz und damit einen Unfall und dieser hat einen Schienbeinkopfbruch und folglich einen Gesundheitserstschaden rechtlich wesentlich verursacht. Bei dieser Tätigkeit war der Kläger auch als Beschäftigter iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versichert.

13

Eine nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als Beschäftigter wird verrichtet, wenn der Verletzte zur Erfüllung eines von ihm begründeten Rechts- und damit Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen(vgl § 7 Abs 1 SGB IV ) zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse seiner Verrichtung diesem und nicht ihm selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen (vgl § 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII ). Es kommt objektiv auf die Eingliederung des Handelns des Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen des anderen bringen soll. Eine Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII wird daher ausgeübt, wenn die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zu Grunde liegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, der Verletzte eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern er nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht, oder er unternehmensbezogene Rechte aus dem Rechtsverhältnis ausübt(BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 27/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 45 RdNr 23 f und vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 27 ff).

14

Das LSG hat die vom Kläger am 17.10.2009 verrichtete Tätigkeit zutreffend dem Typus der Beschäftigung zugeordnet. § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII erfasst die Beschäftigten iS des § 7 Abs 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Eine Beschäftigung liegt daher immer dann vor, wenn ein Arbeitsverhältnis besteht. Sie kann aber auch ohne Arbeitsverhältnis gegeben sein, wenn der Verletzte sich in ein fremdes Unternehmen eingliedert und seine konkrete Handlung sich dem Weisungsrecht eines Unternehmers insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Verrichtung unterordnet (BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 31 ff). Dabei kommt es auf die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse an. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Entscheidend ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 16 mwN). Ob der Verletzte ein Entgelt erhalten hat, ist für die Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII - und grundsätzlich auch des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV - unerheblich.

15

Nach Maßgabe dieser Grundsätze sind die Vorinstanzen zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger im Unfallzeitpunkt eine versicherte Beschäftigung verrichtet hat. Mit dem Austragen der Post erfüllte er eine sich aus einem zuvor begründeten Rechts- und damit Beschäftigungsverhältnis ergebende Hauptpflicht.

16

Zwischen der T. GmbH und dem Kläger war zwar noch kein Arbeitsvertrag zustande gekommen. Dessen Abschluss war lediglich für den 22.10.2009 in Aussicht gestellt worden. Nach den nicht mit zulässig erhobenen sowie begründeten Verfahrensrügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG war der Kläger gleichwohl am 17.10.2009 abredegemäß in einem fremden Betrieb der T. GmbH tätig und dabei in deren Arbeitsorganisation eingebunden. Für diesen Tag war ihm die Dienstkleidung und ein Dienstfahrrad übergeben worden, weil er in einem vorgegebenen Bezirk die Post allein und eigenständig austragen sollte. Mit der Verwendung der Arbeitsmittel war nach außen die Unternehmenszugehörigkeit dokumentiert. Zudem sollte der damit in den Betriebsablauf eingegliederte Kläger die ihm überlassene Post zwischen 8 Uhr und voraussichtlich 14 Uhr in einem ihm zugewiesenen Gebiet verteilen. Dadurch kommt unzweifelhaft seine zum Weisungsrecht der T. GmbH korrespondierende Weisungsgebundenheit in Bezug auf Zeit, Dauer und Ort der Verrichtung zum Ausdruck, der sich der Kläger vereinbarungsgemäß auch unterworfen hat.

17

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die unfallbringende Verrichtung nicht deshalb dem unversicherten eigenwirtschaftlichen Bereich zuzuordnen, weil sie im Zusammenhang mit einer Arbeitssuche oder Verhandlungen über den Abschluss eines Arbeitsvertrages gestanden hat (vgl hierzu BSG vom 30.1.1986 - 2 RU 1/85 - NZA 1986, 542). Sie diente auch nicht der Vorstellung bei der T. GmbH als potentielle Arbeitgeberin (vgl hierzu BSG vom 20.1.1987 - 2 RU 15/86 - SozR 2200 § 539 Nr 119). Eine solche Zweckbindung ist vom LSG weder festgestellt worden noch ersichtlich. Sie mag evtl - was vorliegend nicht zu entscheiden ist - für die am 15. und 16.10.2009 verrichteten Tätigkeiten anzunehmen sein, weil der Kläger an diesen beiden Tagen die Post nach Einweisung ihn begleitender anderer Mitarbeiter der T. GmbH zustellte. Diese Einweisung und die mit ihr gegebenenfalls verbundene Feststellung der Fähigkeiten und Eignung des Klägers waren jedoch abgeschlossen, nachdem ihm von der T. GmbH aufgetragen worden war, die Post in Dienstkleidung allein und eigenständig auszutragen. Daher kann jedenfalls hinsichtlich der am 17.10.2009 verrichteten Tätigkeiten nicht mehr von einer bloßen Anbahnung ausgegangen werden, die allein darauf abgezielt hätte, die persönliche und fachliche Eignung festzustellen. Auch einer Hospitation oder Probearbeit ist der Kläger jedenfalls am Unfalltag nicht nachgegangen.

18

Dass am 17.10.2009 ein wirksamer Arbeitsvertrag noch nicht zustande gekommen, sein Abschluss vielmehr für den 22.10.2009 vorgesehen war und die unfallbringende Verrichtung möglicherweise auch der Begründung des in Aussicht gestellten Arbeitsvertrages gedient hat, führt zu keiner anderen Beurteilung. An einer die Beschäftigung charakterisierenden fremdwirtschaftlichen Zweckbestimmung eines Verhaltens fehlt es erst dann, wenn mit ihm im Wesentlichen allein eigene Angelegenheiten verfolgt werden (BSG vom 5.7.2005 - B 2 U 22/04 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 6 = NZS 2006, 375). Das abredegemäß erfolgte Austragen der Post diente indes auch der Erfüllung der mit der Übertragung der Postzustellaufgaben einhergehenden Pflichten.

19

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 20. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten auch des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob ein bei einem Basketballspiel erlittener Unfall als Arbeitsunfall festzustellen ist.

2

Der 1980 geborene Kläger war als Student an der J.-Universität M. im Fachbereich Wirtschaftspädagogik mit dem Doppelwahlpflichtfach "Sport" eingeschrieben. Im Sommer 2009 nahm er mit der Hochschulmannschaft der Universität M. an den Deutschen Hochschulmeisterschaften im Basketball in Köln teil. Diese wurden vom Allgemeinen Deutschen Hochschulsport (ADH) organisiert und von der Universität Köln veranstaltet. Die Universität M. rekrutierte die Teilnehmer der Universitätsmannschaft aus den Basketball als Hochschulsport betreibenden Studierenden. Sie stellte die Mannschaft auf und organisierte deren Teilnahme an den Deutschen Hochschulmeisterschaften. Ferner organisierte sie die An- und Abreise, die Unterbringung und die Verpflegung während des Turniers und trug die Kosten hierfür.

3

Am 27.6.2009 erlitt der Kläger bei einem Basketballspiel im Rahmen der Meisterschaften eine Verletzung am linken Knie in Form eines schweren Anpralltraumas mit Kniegelenkserguss und einer vorderen Kreuzbandruptur. Die Beklagte lehnte die Anerkennung dieses Unfalls als Arbeitsunfall ab (Bescheid vom 31.8.2009; Widerspruchsbescheid vom 4.11.2009). Versicherungsschutz für Studierende bestehe nicht bei Leistungssport und der Teilnahme an Wettkämpfen. Die Deutsche Hochschulmeisterschaft habe auch nicht im organisatorischen Verantwortungsbereich der Universität M. stattgefunden, weil sie vom ADH organisiert und finanziert worden sei.

4

Auf die Klage hat das SG Mainz durch Urteil vom 27.1.2012 das Vorliegen eines Arbeitsunfalls festgestellt. Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. In seinem Urteil vom 20.6.2013 hat es ausgeführt, der organisatorische Verantwortungsbereich der Universität M. erstrecke sich auch auf die Hochschulmeisterschaften. Hierfür genüge es, dass die Teilnahme des Klägers von der Hochschule als Organisation verantwortet worden sei. Der Versicherungsschutz sei auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil der Kläger sich seine Verletzung im Rahmen des Wettkampfsports zugezogen habe. Die für Beschäftigte geltenden Grundsätze zum Betriebssport seien für Studierende nicht anwendbar. Bei der Teilnahme des Klägers an den Hochschulmeisterhaften habe es sich nicht um eine private, sondern um eine wesentlich der Universität dienende Tätigkeit gehandelt.

5

Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung der § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c und § 8 Abs 1 SGB VII. Der Kläger stehe nur im Rahmen einer studienbezogenen Sportausübung unter Versicherungsschutz. Der ADH verfolge hingegen im Wesentlichen allgemeine gesellschaftspolitische Ziele. Indem das LSG für die Definition des organisatorischen Verantwortungsbereichs der Universität auf diese Ziele abstelle, gehe es über das gesetzgeberische Ziel einer Gleichstellung von Schülern und Studierenden im Versicherungsschutz hinaus. Bei Schülern käme es auf das Bildungsziel der Einrichtung an. Daher finde auch bei Studierenden der organisatorische Verantwortungsbereich der Hochschule dort seine Grenze, wo der Bildungsbereich überschritten werde. Dies sei beim Allgemeinen Hochschulsport der Fall, wenn er vom "Ausgleichssport" in den Leistungssport übergehe und der Wettkampf im Sinne eines Vergleichs der Höchstleistungen im Vordergrund stehe. Mit dem Bildungsauftrag der Hochschule habe dies nichts mehr zu tun. Aus der bloßen Teilnahme des Klägers mit finanzieller und organisatorischer Unterstützung der Hochschule allein könne nicht deren organisatorischer Verantwortungsbereich abgeleitet werden. Wie ein in einem Unternehmen beschäftigter Spitzensportler müsse zur Begründung eines Versicherungsschutzes auch ein an den Meisterschaften teilnehmender Studierender einem Direktions- und Weisungsrechts der Hochschule unterstehen. Die Teilnahme am Allgemeinen Hochschulsport sei darüber hinaus nur versichert, soweit dieser als "Ausgleichssport" oder "Betriebssport" anzusehen sei. Die sportliche Betätigung von Universitätsangehörigen und Studierenden dürfe aus Gleichheitsgesichtspunkten nicht besser behandelt werden als der Betriebssport in Unternehmen. Spätestens bei der Teilnahme an den Wettkämpfen der Hochschulmeisterschaften habe daher kein Versicherungsschutz mehr bestanden.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 20.6.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er schließt sich dem angefochtenen Urteil an. Insbesondere gehöre die Teilnahme am Universitätssport einschließlich aller damit zusammenhängenden Wettkampfveranstaltungen originär zur "Aus- und Fortbildung an der Hochschule".

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet. Das LSG hat zu Recht die Berufung gegen das den Arbeitsunfall feststellende Urteil des SG zurückgewiesen.

10

Die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs 1 iVm § 55 Abs 1 Nr 1 SGG, vgl zuletzt BSG vom 26.6.2014 - B 2 U 7/13 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, Juris RdNr 10) ist begründet. Bei dem Ereignis vom 27.6.2009 handelte es sich um einen Arbeitsunfall des Klägers.

11

Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; vgl BSG Urteil vom 15.5.2012 - B 2 U 16/11 R - BSGE 111, 52 = SozR 4-2700 § 2 Nr 21, RdNr 10 mwN; vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 44, RdNr 26 f; vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 20; vom 18.6.2013 - B 2 U 10/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 47, RdNr 12; vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 2 Nr 27 vorgesehen, Juris RdNr 11; BSG Urteil vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 52, Juris RdNr 11).

12

Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt als Studierender iS des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII kraft Gesetzes versichert(dazu 1.). Die konkrete Verrichtung des Basketballspielens stand auch in einem sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit der Aus- und Fortbildung als Studierender iS des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII(vgl unter 2a). Dem steht der Wettkampfcharakter der Veranstaltung mit dem Ziel der Erlangung eines Meisterschaftstitels nicht entgegen (dazu 2b). Die Hochschulmeisterschaften fanden schließlich im organisatorischen Verantwortungsbereich der Universität statt (vgl unter 3.).

13

1. Erste Voraussetzung für den Versicherungsschutz bei einer sportlichen Betätigung von Studierenden iS des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c ist die Zulassung (in der Regel: Immatrikulation) des Studierenden durch die Hochschule. Der Senat hat dies zu § 539 Nr 14 Buchst d RVO, der Vorläufernorm des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII, unter Berücksichtigung der historischen Entwicklung des Versicherungsschutzes für Studierende und der Systematik der den Versicherungsschutz von Personen in Aus- und Fortbildung betreffenden Regelungen(BSG Urteil vom 13.2.2013 - B 2 U 24/11 R - SozR 4-2200 § 539 Nr 2 zu § 539 RVO) im Einzelnen begründet. Dies gilt auch für den im Wortlaut nahezu identischen § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII. Nach den Feststellungen des LSG war der Kläger zum Unfallzeitpunkt eingeschriebener Student der J.-Universität M., einer Hochschule iS des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII.

14

2. Die konkrete Verrichtung unmittelbar vor Eintritt des Unfallereignisses - die Teilnahme an einem Basketballspiel der Hochschulmeisterschaften - war auch studienbezogen. Der erforderliche Studienbezug einer Verrichtung ist grundsätzlich auch während der sportlichen Betätigung der Studierenden im Rahmen des Hochschulsports gegeben, was hier aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG noch bejaht werden kann (hierzu unter a). Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei der Deutschen Hochschulmeisterschaft um einen Wettkampf gehandelt hat (siehe unter b).

15

a) Versicherter iS des § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII ist jemand nur, wenn, solange und soweit er den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit durch eigene Verrichtungen erfüllt. Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar und (subjektiv) - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist (s zur Handlungstendenz BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 21 f und zuletzt BSG vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Der erforderliche sachliche Zusammenhang zwischen einer Verrichtung und der Aus- und Fortbildung ist jedenfalls bei studienfachbezogenen Tätigkeiten, die als solche im Vorlesungsverzeichnis enthalten oder die zur Erlangung eines Studienabschlusses erforderlich sind, gegeben. Durch das Studienangebot kommen die Hochschulen ihrem gesetzlichen Bildungsauftrag nach (vgl § 2 Hochschulrahmengesetz - HRG - in der Fassung, die er durch das Gesetz zur Gleichstellung Behinderter und zur Änderung anderer Gesetze vom 27.4.2002, BGBl I 1467, mit Wirkung zum 1.5.2002 erfahren hat).

16

Der Versicherungsschutz Studierender ist aber unter Berücksichtigung der besonderen Umstände der Aus- und Fortbildung an der Hochschule nicht auf rein studienfachbezogene Verrichtungen beschränkt. Im Unterschied zu Schülern sind Studierende in ihrer Wahl, an welchen Lehrveranstaltungen sie über ihr Fach hinaus teilnehmen, regelmäßig frei, sofern die Hochschule den Teilnehmerkreis nicht ihrerseits konkreter eingrenzt. Studierende sind deshalb in der Regel auch versichert, wenn sie andere Hochschuleinrichtungen wie Universitätsbibliotheken, Seminare und Institute zu Studienzwecken aufsuchen oder sich an Exkursionen der Universität beteiligen (BSG Urteil vom 28.2.1990 - 2 RU 34/89 - SozR 3-2200 § 539 Nr 1 S 4; vom 30.6.1993 - 2 RU 43/92 - BSGE 73, 5, 6 = SozR 3-2200 § 539 Nr 26 S 91 f; BSG vom 4.7.1995 - 2 RU 45/94 - Juris). Diese von der Rechtsprechung zu § 539 Abs 1 Nr 14d RVO entwickelten Grundsätze gelten auch für § 2 Abs 1 Nr 8 c SGB VII. Diese Norm übernahm den Regelungsinhalt des § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst d RVO unverändert. Es ist nicht ersichtlich, dass bei Kenntnis der zu § 539 RVO ergangenen Rechtsprechung trotz nahezu gleichen Wortlauts mit der Neuregelung eine inhaltliche Änderung des Umfanges des Versicherungsschutzes erfolgt sein könnte(vgl Entwurf des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes BT-Drucks 13/2204, S 74; vgl auch BSG Urteil vom 13.2.2013 - B 2 U 24/11 R - SozR 4-2200 § 539 Nr 2 RdNr 18).

17

Der erforderliche Studienbezug ist grundsätzlich auch während der sportlichen Betätigung der Studierenden im Rahmen des Hochschulsports gegeben, denn die Aus- und Fortbildung an einer Hochschule beschränkt sich nicht nur auf die Teilnahme an studienfachbezogenen Veranstaltungen, sondern umfasst auch die Teilnahme an sportlichen Veranstaltungen der Hochschule. Die gesetzlichen Aufgaben der Hochschulen erstrecken sich über die Berufsvorbereitung hinaus auf die soziale Förderung der Studierenden und damit auch auf die Förderung ihrer sportlichen Betätigung. Neben der gesundheitlichen Ausgleichsfunktion des Sports zur oft einseitigen Körperhaltung bei hoher geistiger Belastung dient der Hochschulsport zugleich ua der sozialen Integration der häufig an wohnortfremden Hochschulorten wohnenden Studierenden, der Identifikation mit der eigenen Hochschule und nicht zuletzt der Persönlichkeitsentwicklung (vgl auch Erklärung der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder zum Allgemeinen Hochschulsport - Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 9.11.1990 S 3). So bestimmte § 2 Abs 4 Satz 3 HRG(aaO) bzw dessen Satz 2 in der vor dem 1.5.2002 geltenden Fassung, dass die Hochschulen in ihrem Bereich den Sport zu fördern haben. Dadurch, dass sie den Hochschulmitgliedern Gelegenheit zu sportlicher Betätigung bieten, sollen sie sowohl eine soziale als auch eine Funktion der gesundheitlichen Vorsorge erfüllen (vgl Entwurf zum HRG BT-Drucks 7/1328, S 31).

18

Nach dem vom LSG festgestellten Inhalt des § 101 des Hochschulgesetzes für Rheinland-Pfalz(HochSchG - idF vom 21.7.2003 zuletzt geändert durch Gesetz vom 7.3.2008, GVBl 2008, S 57) ist der für den Sport zuständige Fachbereich der für die Durchführung des sportwissenschaftlichen Auftrags in Forschung, Lehre und Studium und damit auch den zum Studium zählenden Hochschulsport verantwortlich. Die Eingliederung des Hochschulsports in die Aus- und Fortbildung an der Hochschule wird damit auch durch das Vorhandensein einer für den Hochschulsport zuständigen gesonderten Einheit - hier des Fachbereichs - belegt, deren Aufgabe die Durchführung der sportlichen Veranstaltungen des Hochschulsports ist. Mit dem Angebot einer Hochschule an die Studierenden, sich im Rahmen ihres Hochschulsports sportlich zu betätigen, erfüllt sie diesen Bildungsauftrag. Die Teilnahme am Hochschulsport gehört damit zur Aus- und Fortbildung an einer Hochschule und ist eine studienbezogene Tätigkeit (vgl Behrendt/Bigge, Unfallversicherung für Schüler und Studierende sowie für Kinder in Tageseinrichtungen, 6. Aufl 2002, Kap 3.4.4; S 35: der allgemeine Sportbetrieb ist, ähnlich wie das Studium generale, ein Teil des gesamten Lehrprogrammes der Hochschulen"; Schlaeger/Linder, Unfallversicherung für Kinder in Tagesbetreuung, Schüler und Studierende, 2011, § 5 RdNr 61 f).

19

Die Teilnahme des Klägers an der Hochschulmeisterschaft gehörte zum - grundsätzlich versicherten - Hochschulsport iS des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII. Die an dem unfallbringenden Meisterschaftsspiel teilnehmenden Spieler wurden nach den Feststellungen des LSG als Universitätsmannschaft aus den Basketball als Hochschulsport betreibenden Studierenden rekrutiert. Während des regelmäßigen Hochschulsports wurden besonders talentierte Studenten gezielt auf eine Teilnahme in der Hochschulmannschaft angesprochen, sodass diese sich aus den (besten) Studenten des Hochschulsports zusammensetzte. Insofern handelte es sich um eine reine Studierendenmannschaft, die den "Wettkampf" als bloße Fortsetzung des Hochschulsports betrieb, zumal Basketball als Mannschaftssportart schon von seinem Wesen her auf ein gegenseitiges sich Messen von Mannschaften, die beide gewinnen möchten, angelegt ist.

20

Nach den gemäß § 162 SGG bindenden Feststellungen des LSG regelt das einschlägige Landesrecht in § 101 Satz 3 HochSchG zudem, dass der Hochschulsport an der Universität M. nicht nur der Förderung des Breitensports, sondern auch des Leistungssports dient. Leistungssport ist ohne Durchführung von die jeweilige Leistung messbar werden lassenden Wettkämpfen nicht denkbar (s auch Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 9.11.1990 veröffentlicht bei Luchterhand: Leitzahl 80.2; Dateiname KMK: 1990_80.2-Hochschulsport.doc, wonach auch leistungssportorientierte Studierende einen Anspruch auf Berücksichtigung haben). Damit ist auch die Teilnahme des Klägers an dem Meisterschaftsspiel als eine direkte Folge des erfolgreich betriebenen Hochschulsports und somit auch als studienbezogene Verrichtung anzusehen.

21

b) Gegen diese grundsätzliche Einbeziehung auch von Hochschulmeisterschaften in den Schutzbereich des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII stehen schließlich die zum Versicherungsschutz Beschäftigter nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII entwickelten Grundsätze zum Betriebssport nicht entgegen. Diese sind auf Studierende nicht übertragbar (dazu unter aa). Hierin ist keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung iS von Art 3 Abs 1 GG zu sehen (dazu unter bb).

22

aa) Die Nichtübertragbarkeit der zum Betriebssport Beschäftigter nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII entwickelten Grundsätze auf Studierende folgt bereits aus der unterschiedlichen rechtlichen Begründung des jeweiligen Versicherungsschutzes. Während eine Versicherung von Verrichtungen im Rahmen des Betriebssports auf einer den Gesetzeswortlaut ausweitenden Rechtsfortbildung beruht, findet der Versicherungsschutz des Hochschulsports im Gesetz selbst in dem Tatbestandsmerkmal der Aus- und Fortbildung seine Stütze. Letztere wird durch den gesetzlichen Förderauftrag konkretisiert und damit zur Verpflichtung der Hochschulen. Betriebssport wird im Gegensatz dazu von einem Unternehmer auf freiwilliger Basis angeboten. Kerngedanke der Einbeziehung des Betriebssports in den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung ist die Erkenntnis, dass eine solche sportliche Betätigung mit dem Ziel der körperlichen Schulung und Ausbildung nicht nur dem Sporttreibenden, sondern durch die günstige Beeinflussung der Gesunderhaltung des Arbeitnehmers letztlich auch dem Unternehmerinteresse durch eine Reduzierung des Krankenstandes sowie Steigerung der Motivation der Mitarbeiter zugutekommt (vgl BSG Urteil vom 13.12.2005 - B 2 U 29/04 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 16; BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 2 U 27/08 R - UV-Recht Aktuell 2010, 275; vom 27.10.2009 - B 2 U 29/08 R - UV-Recht Aktuell 2010, 279; zuletzt BSG vom 4.7.2013 - B 2 U 5/12 R - SozR 4-2200 § 1150 Nr 2, SozR 4-2200 § 539 Nr 3 sowie vom 13.11.2012 - B 2 U 27/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 45, SozR 4-2700 § 2 Nr 23; s auch Bieresborn, SGb 2007, 472 ff). Dies rechtfertigt zugleich die entsprechende Beitragsbelastung der Unternehmer. Der Ausgleichscharakter zur ggf körperlich gering belastenden Arbeit steht dabei im Vordergrund. Das BSG hat deshalb neben den einschränkenden Voraussetzungen der Regelmäßigkeit, Betriebsbezogenheit und des Ausgleichscharakters der betriebenen Sportart verlangt, dass es sich beim versicherten Betriebssport nicht um eine Veranstaltung des allgemeinen sportlichen Wettkampfverkehrs oder eine solche zur Erzielung von Spitzenleistungen handelt (BSG Beschluss vom 11.8.1998 - B 2 U 26/98 B - veröffentlicht in Juris RdNr 7).

23

Für einen vergleichbaren, eine Einschränkung des Schutzbereichs des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII rechtfertigenden Grundgedanken findet sich im Rahmen des Hochschulstudiums hingegen kein Anknüpfungspunkt. Auch wenn das konkrete Angebot und die Ausgestaltung des Sports grundsätzlich den Hochschulen überlassen bleibt, ist Hochschulsport als integraler Bestandteil des Hochschulangebots gesetzlich verankert. Der Versicherungsschutz muss damit im Gegensatz zum Betriebssport nicht erst im Wege der Rechtsfortbildung und nicht erst über eine Erweiterung eines gesetzlichen Tatbestands konstruiert werden. Die Gegenansicht, die den Sportförderauftrag in den Hochschulgesetzen als nicht ausreichend für die Begründung des Versicherungsschutzes erachtet (Schlaeger/Linder, aaO, RdNr 66), verkennt, dass im Beschäftigungsverhältnis ein solcher Sportförderauftrag gerade nicht besteht. Wie soeben ausgeführt (vgl oben 2a) regelt das einschlägige Landesrecht in § 101 Satz 3 HochSchG ja gerade, dass der Hochschulsport an der Universität M. nicht nur der Förderung des Breitensports, sondern auch derjenigen des Leistungssports dient.

24

bb) In dieser "Bevorzugung" der an einer Hochschulmeisterschaft teilnehmenden Studierenden gegenüber Beschäftigten, die mit einer Werksmannschaft an Meisterschaften teilnehmen, liegt entgegen der Rechtsansicht der Revision kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG, sodass es hier auch nicht darauf ankommt, inwieweit die Beklagte aus einem solchen Verstoß überhaupt eigene Rechte ableiten könnte. Zwischen der Gruppe der Beschäftigten und der Gruppe der Studierenden, die jeweils Wettkampfsport betreiben, bestehen Unterschiede von solcher Art und Gewicht, dass sie eine Ungleichbehandlung rechtfertigen (stRspr; vgl BVerfG vom 28.4.1999 - 1 BvR 1926/96, 1 BvR 485/97 - BVerfGE 100, 104 = SozR 3-2600 § 307b Nr 6; BSG Urteil vom 18.6.2013 - B 2 U 6/12 R - SozR 4-2700 § 9 Nr 22). Erstere verrichten eine dem Unterhaltserwerb dienende Tätigkeit und haben - typisierend betrachtet - ihre Ausbildung abgeschlossen, weshalb sich die Gewährung von Versicherungsschutz für gemeinsame Sportausübung im Wesentlichen auf den auch dem die Beiträge zahlenden Arbeitgeber zugutekommenden Ausgleichscharakter reduzieren lässt. Demgegenüber dient der Hochschulsport - ebenfalls typisierend betrachtet - jungen, noch in der Ausbildung befindlichen Menschen, bei denen dem Sport neben dem Ausgleichscharakter zum vornehmlich intellektuell fordernden Studium auch eine persönlichkeitsbildende Funktion zukommt. Dies rechtfertigt es auch, der Allgemeinheit die Finanzierung des insoweit weitergehenden Unfallversicherungsschutzes für Studierende aufzuerlegen, weil die Aus- und Fortbildung an Hochschulen letztlich einem gesamtgesellschaftlichen Interesse entspricht. Maßgebendes Kriterium für den Versicherungsschutz bei einer konkreten Verrichtung ist der sachliche Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, die je nach versichertem Personenkreis einen unterschiedlichen Inhalt (Schutzbereich) hat. Dementsprechend muss die konkret zu beurteilende Verrichtung für die Annahme von Versicherungsschutz im Falle des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII den Interessen des Betriebes dienen, im Falle des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII dagegen dem Erfolg der Aus- oder Fortbildung(BSG vom 5.10.1995 - 2 RU 36/94 - SozR 3-2200 § 539 Nr 33). Dass das Unfallversicherungsrecht insofern unterschiedlich weite Schutzbereiche für Studierende und Beschäftigte eröffnet, ist durch die aufgezeigten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen gerechtfertigt.

25

3. Auch die dritte Voraussetzung für einen Versicherungsschutz Studierender während der Teilnahme am Hochschulsport gemäß § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII liegt vor. Die Veranstaltung fand (noch) im organisatorischen Verantwortungsbereich der Universität statt. Dem steht nicht entgegen, dass das Spiel nicht auf dem Gelände der Universität M. ausgetragen und auch nicht unmittelbar von dieser, sondern vom ADH organisiert wurde. Zwar ist der Versicherungsschutz - ebenso wie während des Besuchs allgemeinbildender Schulen - während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen zur Abgrenzung vom eigenwirtschaftlichen Bereich des Studierenden auf Tätigkeiten innerhalb des organisatorischen Verantwortungsbereichs der Hochschule beschränkt (BSG Urteil vom 23.6.1977 - 8 RU 86/76 - BSGE 44, 100, 102 = SozR 2200 § 539 Nr 36 S 110; vom 26.5.1987 - 2 RU 35/86 - SozR 2200 § 539 Nr 122 S 351; vom 28.2.1990 - 2 RU 34/89 - SozR 3-2200 § 539 Nr 1 S 3; vom 30.6.1993 - 2 RU 43/92 - BSGE 73, 5, 6 = SozR 3-2200 § 539 Nr 26 S 91). Außerhalb des organisatorischen Verantwortungsbereichs der Hochschule besteht hingegen in der Regel kein Versicherungsschutz auch bei Verrichtungen, die wesentlich durch den (Hoch-)Schulbesuch bedingt sind (BSG Urteil vom 27.1.1976 - 8 RU 114/75 - BSGE 41, 149, 151 = SozR 2200 § 539 Nr 16 S 40; vom 31.3.1981 - 2 RU 29/79 - BSGE 51, 257, 259 = SozR 2200 § 548 Nr 55 S 147 f; vom 25.2.1993 - 2 RU 11/92 - SozR 3-2200 § 539 Nr 22 S 77; vom 30.6.1993 - 2 RU 43/92 - BSGE 73, 5, 6 = SozR 3-2200 § 539 Nr 26 S 91).

26

Das Basketballspiel, bei dem sich der streitgegenständliche Unfall ereignete, war jedoch noch vom organisatorischen Verantwortungsbereich der Universität M. umfasst. Dies erfordert grundsätzlich, dass ein unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zusammenhang der Verrichtung zur Schule oder Hochschule besteht, der verlassen wird, wenn eine Einwirkung auf die Verrichtung durch Aufsichtsmaßnahmen nicht mehr gewährleistet ist (BSG vom 18.4.2000 - B 2 U 5/99 R - SozR 3-2200 § 539 Nr 49). Der organisatorische Verantwortungsbereich ist aber auch dann gegeben, wenn die Hochschule zumindest organisatorische Mitverantwortung für die Teilnahme an der Veranstaltung trägt, der Studierende in der Ausgestaltung der Verrichtung nicht völlig frei ist und sich die Tätigkeit der Hochschule nicht auf eine reine Unterstützungsleistung einer ansonsten in der Organisationshoheit des Studierenden liegenden Verrichtung beschränkt (BSG vom 30.6.1993 - 2 RU 43/92 - BSGE 73, 5 = SozR 3-2200 § 539 Nr 26, Juris RdNr 21 f). Die Universität M. trug hier mit der Auswahl aus den Basketball als Hochschulsport betreibenden Studierenden für die Universitätsmannschaft die organisatorische Verantwortung für den Teilnehmerkreis. Eine eigenständige Entscheidung zur Teilnahme war Studenten nicht eröffnet. Die Universität organisierte nach den Feststellungen des LSG auch die An- und Abfahrt, die Unterbringung der Mannschaft, sowie die Verpflegung während des Turniers. Aus der Satzung des ADH (jeweils aktuelle Fassung abrufbar unter http://www.adh.de/service/verbandsdokumente.html), dem die Universität als Mitglied beigetreten ist und deren Inhalt der Senat gemäß § 162 SGG selbst feststellen kann, folgt zudem, dass die jeweilige Universität als Mitglied (mittelbare) Mitveranstalterin der durch den ADH veranstalteten Meisterschaften ist. Nach Art 1 Abs 1 Satz 2 der Satzung des ADH wirken die Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland zur Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrags, den Hochschulsport zu fördern, rechtlich selbständig und in parteipolitischer Neutralität überregional zusammen. Nach Art 3 Abs 1 der zum Unfallzeitpunkt geltenden Satzung können ordentliche Mitglieder des ADH nur durch Landesgesetz als solche ausgewiesene Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland sowie Berufsakademien sein, sofern die allgemeine oder fachgebundene Hochschulreife Zulassungsvoraussetzung ist. Die Universität M. ist gemäß § 1 Abs 2 Satz 1 Nr 3 HochSchG eine Hochschule. Dieses rheinland-pfälzische Landesrecht konnte der Senat ebenfalls heranziehen, weil es vom LSG nicht berücksichtigt worden ist (BSG vom 10.3.2011 - B 3 P 3/10 R - BSGE 108, 14 = SozR 4-3300 § 82 Nr 5 RdNr 25 mwN). Im Übrigen unterstreicht § 2 der in der Satzung des ADH enthaltenen Wettkampfordnung, dass die Veranstaltung von Verbandswettbewerben wie auch die Deutschen Hochschulmeisterschaften, die dort ausdrücklich genannt werden, insofern zum gesetzlichen Bildungsauftrag gehört. Durch die ordentliche Mitgliedschaft im ADH, der als Dachverband des Hochschulsports fungiert, ist die Veranstaltung des Basketballspiels damit letztlich auch der Universität M. organisatorisch zuzurechnen, als deren Repräsentanten die Mannschaftsmitglieder auftraten (vgl Schlaeger/Linder, Unfallversicherung für Kinder in Tagesbetreuung, Schüler und Studierende, 2011, § 5 RdNr 69, die auch die Teilnahme am Hochschulsport fremder Hochschulen im Falle der Kooperation der Hochschulen als unfallversichert ansehen). Im Übrigen würde das Abstellen auf eine unmittelbare Organisation durch die Hochschule selbst zu dem kaum vor Art 3 Abs 1 GG zu rechtfertigenden Ergebnis führen, dass nur die Teilnehmer an den Meisterschaften, die als Studierende an der Universität K. als Austragungsort eingeschrieben waren, unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung standen.

27

Der Kläger war also im Zeitpunkt der Vornahme der Verrichtung Basketballspielen als Mitglied einer Hochschulmannschaft versicherter Studierender iS des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII. Er erlitt auch einen Arbeitsunfall gemäß § 8 Abs 1 SGB VII. Der Kläger hat - wie sich den Feststellungen des LSG noch hinreichend entnehmen lässt - durch einen von außen auf den Körper einwirkenden Zusammenprall bei dem Basketballspiel einen Unfall in Form eines zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignisses iS von § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII und dadurch einen Gesundheitsschaden erlitten.

28

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 27. September 2013 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob ein Skiunfall der Klägerin als Arbeitsunfall festzustellen ist.

2

Die 1986 geborene Klägerin war an der W. Universität M. als ordentliche Studierende der Fächer Mathematik und Germanistik sowie Katholische Religion eingeschrieben. Sie meldete sich im August 2007 zu einem Sporttouren-Skikurs an, der vom Hochschulsport M. im Rahmen des Hochschulsport-Programms im Zeitraum vom 29.12.2007 bis 5.1.2008 in C. in der Schweiz veranstaltet wurde. Nach einer Vorbesprechung in den Räumlichkeiten der Universität im November 2007 reiste die Klägerin am 29.12.2007 vom Büro des Hochschulsports aus mit insgesamt etwa 50 Teilnehmern in einem vom Hochschulsport M. gebuchten Bus nach C. Die Teilnehmer waren gemeinsam in einem Haus untergebracht und verpflegten sich teilweise selbst. Die Klägerin belegte mit anderen mitgereisten Studierenden einen Skikurs für Anfänger, der von einem vom Hochschulsport M. gestellten Skilehrer geleitet wurde, der auch für den organisatorischen Ablauf vor Ort verantwortlich war. Am 3.1.2008 wurde sie während der Teilnahme an diesem Skikurs auf der Skipiste von einem Snowboardfahrer umgefahren und erlitt einen Schlüsselbein- und einen Oberschenkelbruch.

3

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 11.6.2008 die Anerkennung dieses Ereignisses als Arbeitsunfall ab und wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 11.11.2008 zurück. Zur Begründung führte sie ua aus, während der Teilnahme an der Sporttour in die Schweiz habe kein Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung als Studierende gemäß § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII bestanden, weil kein wesentlicher sachlicher Zusammenhang mit den gesundheitlichen, sozialen und persönlichkeitsbildenden Aufgaben des Hochschulsports ersichtlich sei, sondern der Freizeit- bzw Urlaubscharakter im Vordergrund gestanden habe.

4

Das SG Münster hat die Klage mit Urteil vom 18.8.2010 abgewiesen. Zur Begründung hat es ua ausgeführt, für den Unfallversicherungsschutz im Rahmen des Hochschulsports bedürfe es einer gewissen Regelmäßigkeit der sportlichen Betätigung, die hier nicht vorliege. Auch schütze die gesetzliche Unfallversicherung Studierende nicht vor Risiken, die mit einer einwöchigen Skitour während der Weihnachtsferien verbunden seien. Vielmehr sei die Skitour - auch weil nicht der Universität angehörende Personen teilnehmen konnten - wie eine private Urlaubsreise zu behandeln. Sachliche Gründe, für Studierende während einer solchen Skitour Versicherungsschutz zu gewähren, während in der Beschäftigtenversicherung hierfür nach den Grund-sätzen des Betriebssports kein Versicherungsschutz bestehe, seien nicht ersichtlich. Das LSG hat auf die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 27.9.2013 das Urteil des SG sowie die Bescheide der Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass es sich bei dem Ereignis vom 3.1.2008 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat. Der Versicherungsschutz als Studierende bestehe auch während der Teilnahme an einer von der Hochschule im Rahmen des Hochschulsports organisierten Skisporttour mit Skikurs. Diese Teilnahme diene wie auch andere Formen des Hochschulsports der Persönlichkeitsbildung und damit letztlich der beruflichen Ausbildung der Studierenden. Der von der Klägerin belegte Sporttouren-Kurs sei offizieller Bestandteil des Hochschulsportprogramms der Universität gewesen und vom Hochschulsport der Universität als deren selbständige Betriebseinheit organisiert, angeboten und veranstaltet worden. Der Zurechnung zum organisatorischen Verantwortungsbereich der Hochschule stehe nicht entgegen, dass die Veranstaltung im Ausland über Silvester stattgefunden und dass der Kurs auch Hochschulexternen zu denselben Bedingungen offengestanden habe.

5

Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung der §§ 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c und 8 Abs 1 SGB VII. Der Skiunfall der Klägerin sei kein infolge ihrer versicherten Tätigkeit als Studierende erlittener Arbeitsunfall. Die Skisporttour habe nicht im organisatorischen Verantwortungsbereich der Hochschule stattgefunden. Auch sei der erforderliche konkrete Studienbezug nicht erkennbar, denn ein sachlicher Zusammenhang zur Aus- und Fortbildung der Klägerin bestehe nicht. Das LSG habe die öffentlich-rechtliche Natur der Rechtsbeziehung zwischen Hochschule und Studierenden außer Acht gelassen, die einer Regelung durch privatrechtliche Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) nicht zugänglich sei. Auch hätten sich Nicht-Studierende zu der Tour anmelden können. Schließlich seien die für den Betriebssport geltenden Maßstäbe, die den Unfallversicherungsschutz während einer Skireise ausschlössen, auf den Hochschulsport zu übertragen.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 27. September 2013 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 18. August 2010 zurückzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der gesetzliche Unfallversicherungsschutz der Studierenden sei mit dem Versicherungsschutz von Schülern an allgemeinen und berufsbildenden Schulen vergleichbar, nicht dagegen mit dem Versicherungsschutz der am Betriebssport teilnehmenden Beschäftigten.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Die vom LSG festgestellten Tatsachen reichen nicht für eine abschließende Entscheidung darüber aus, ob ein Arbeitsunfall iS des § 8 SGB VII vorliegt. Die Klägerin stand bei der konkreten Verrichtung des Skifahrens nur dann unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gemäß § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII, wenn es sich bei dem Skifahren um eine "studienbezogene" Verrichtung handelte. Dies kann der Senat nicht abschließend entscheiden.

10

Die Klägerin hat ihre Klagen zulässig auf die Anfechtung der Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Feststellung des Eintritts eines Versicherungsfalles beschränkt (§ 54 Abs 1 SGG iVm § 55 Abs 1 Nr 1 SGG; vgl zuletzt BSG vom 26.6.2014 - B 2 U 7/13 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen - Juris RdNr 10).

11

Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass die Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb Versicherte ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod der Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 16/11 R - BSGE 111, 52 = SozR 4-2700 § 2 Nr 21, RdNr 10 mwN; vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 44 RdNr 26 f; vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 20; vom 18.6.2013 - B 2 U 10/12 R - SozR 4-2700 § 47 RdNr 12; vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 27 RdNr 11; zuletzt BSG vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 52 RdNr 11 und - B 2 U 7/13 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, Juris RdNr 11).

12

Das zum Unfallzeitpunkt von außen beobachtbare Handeln (Verrichtung) ist hier im Skifahren in der Schweiz zu erblicken. Ob diese sportliche Betätigung der Klägerin noch zu deren Hochschulausbildung iS des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII gehörte, kann nicht abschließend entschieden werden. Nach § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII sind kraft Gesetzes Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen versichert. Der Schutzbereich dieses Versicherungstatbestands ist eröffnet (vgl hierzu die Urteile des Senats vom 4.12.2014 - B 2 U 10/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen und - B 2 U 14/13 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), wenn die Klägerin Studierende war (sogleich unter 1.), die Studienbezogenheit der unfallbringenden Verrichtung vorlag (vgl unter 2.) und die Sportausübung im organisatorischen Verantwortungsbereich der Hochschule (hierzu unter 3.) erfolgte.

13

1. Erste Voraussetzung für den Versicherungsschutz bei einer sportlichen Betätigung von Studierenden iS des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII ist die Zulassung (in der Regel: Immatrikulation) der Studierenden durch die Hochschule. Der Senat hat dies zu § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst d RVO, der Vorläufernorm des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII, unter Berücksichtigung der historischen Entwicklung des Versicherungsschutzes für Studierende und der Systematik der den Versicherungsschutz von Personen in Aus- und Fortbildung betreffenden Regelungen(BSG vom 13.2.2013 - B 2 U 24/11 R - SozR 4-2200 § 539 Nr 2 zu § 539 RVO) im Einzelnen begründet. Dies gilt auch für den im Wortlaut nahezu identischen § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII. Nach den Feststellungen des LSG war die Klägerin zum Unfallzeitpunkt eingeschriebene Studentin der W. Universität M., einer Hochschule iS des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII.

14

2. Es kann jedoch nicht abschließend entschieden werden, ob die unmittelbar vor dem Unfallereignis ausgeübte Verrichtung des Skifahrens studienbezogen war iS des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII. Der erforderliche Studienbezug einer Verrichtung ist grundsätzlich auch während der sportlichen Betätigung der Studierenden im Rahmen des Hochschulsports gegeben, was hier aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG bejaht werden kann (hierzu unter a). Allerdings setzt der Studienbezug - und damit die Eröffnung des Schutzbereichs des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII - zwingend voraus, dass es sich um eine (Hochschul-) Sportveranstaltung handelt, die im Wesentlichen nur Studierenden offensteht. Zum Teilnehmerkreis der Sporttour fehlen Feststellungen des LSG (hierzu unter b).

15

a) Versicherter iS des § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII ist jemand nur, wenn, solange und soweit er den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit durch eigene Verrichtungen erfüllt. Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar und (subjektiv) - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist (s zur Handlungstendenz BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 21 f und zuletzt BSG vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 52 RdNr 14). Der erforderliche sachliche Zusammenhang zwischen einer Verrichtung und der Aus- und Fortbildung ist jedenfalls bei studienfachbezogenen Tätigkeiten, die als solche im Vorlesungsverzeichnis enthalten oder die zur Erlangung eines Studienabschlusses erforderlich sind, gegeben. Durch das Studienangebot kommen die Hochschulen ihrem gesetzlichen Bildungsauftrag nach (vgl § 2 Hochschulrahmengesetz - in der Fassung, die er durch das Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen und zur Änderung anderer Gesetze vom 27.4.2002, BGBl I 1467, mit Wirkung zum 1.5.2002 erfahren hat).

16

Der Versicherungsschutz Studierender ist aber unter Berücksichtigung der besonderen Umstände der Aus- und Fortbildung an der Hochschule nicht auf rein studienfachbezogene Verrichtungen beschränkt. Im Unterschied zu Schülern sind Studierende in ihrer Wahl, an welchen Lehrveranstaltungen sie über ihr Fach hinaus teilnehmen, regelmäßig frei, sofern die Hochschule den Teilnehmerkreis nicht ihrerseits konkreter eingrenzt. Studierende sind deshalb in der Regel auch versichert, wenn sie andere Hochschuleinrichtungen wie Universitätsbibliotheken, Seminare und Institute zu Studienzwecken aufsuchen oder sich an Exkursionen der Universität beteiligen (BSG vom 28.2.1990 - 2 RU 34/89 - SozR 3-2200 § 539 Nr 1 S 4; vom 30.6.1993 - 2 RU 43/92 - BSGE 73, 5, 6 = SozR 3-2200 § 539 Nr 26 S 91 f; BSG vom 4.7.1995 - 2 RU 45/94 - Juris). Diese von der Rechtsprechung zu § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst d RVO entwickelten Grundsätze gelten auch für § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII. Diese Norm übernahm den Regelungsinhalt des § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst d RVO unverändert. Es ist nicht ersichtlich, dass bei Kenntnis der zu § 539 RVO ergangenen Rechtsprechung trotz nahezu gleichen Wortlauts mit der Neuregelung eine inhaltliche Änderung des Umfanges des Versicherungsschutzes erfolgt sein könnte(vgl Entwurf des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes BT-Drucks 13/2204 S 74; vgl auch BSG vom 13.2.2013 - B 2 U 24/11 R - SozR 4-2200 § 539 Nr 2 RdNr 18).

17

Der erforderliche Studienbezug ist grundsätzlich auch während der sportlichen Betätigung der Studierenden im Rahmen des Hochschulsports gegeben (vgl im Einzelnen auch BSG vom 4.12.2014 - B 2 U 10/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Die Aus- und Fortbildung an einer Hochschule beschränkt sich nicht nur auf die Teilnahme an studienfachbezogenen Veranstaltungen, sondern umfasst auch die Teilnahme an sportlichen Veranstaltungen der Hochschule. Die gesetzlichen Aufgaben der Hochschulen erstrecken sich über die Berufsvorbereitung hinaus auf die soziale Förderung der Studierenden und damit auch auf die Förderung ihrer sportlichen Betätigung. Neben der gesundheitlichen Ausgleichsfunktion des Sports zur oft einseitigen Körperhaltung bei hoher geistiger Belastung dient der Hochschulsport zugleich ua der sozialen Integration der häufig an wohnortfremden Hochschulorten wohnenden Studierenden, der Identifikation mit der eigenen Hochschule und nicht zuletzt der Persönlichkeitsentwicklung (vgl auch Erklärung der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder zum Allgemeinen Hochschulsport - Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 9.11.1990 S 3). So bestimmte § 2 Abs 4 Satz 3 HRG in der ab 1.5.2002 geltenden Fassung des BGuaÄndG bzw Satz 2 in der vor dem 1.5.2002 geltenden Fassung, dass die Hochschulen in ihrem Bereich den Sport zu fördern haben. Dadurch, dass sie den Hochschulmitgliedern Gelegenheit zu sportlicher Betätigung bieten, sollen sie sowohl eine soziale als auch eine Funktion der gesundheitlichen Vorsorge erfüllen (vgl Entwurf zum HRG BT-Drucks 7/1328 S 31). Nach dem vom LSG festgestellten Inhalt des § 3 des Hochschulgesetzes für Nordrhein-Westfalen vom 31.10.2006 (GV NRW S 474 in der vom 1.1.2007 bis zum 30.9.2014 gültigen Fassung) umfasste der Bildungsauftrag der Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen die Förderung der sportlichen Betätigung der Studierenden. Mit ihrem Angebot an die Studierenden, sich im Rahmen ihres Hochschulsports sportlich zu betätigen, erfüllt die Hochschule diesen Bildungsauftrag. Dies muss jedenfalls für eine Sportart gelten, die - wie das Skifahren - in der Breite der Bevölkerung betrieben wird. Die Eingliederung des Hochschulsports in die Aus- und Fortbildung an einer Hochschule wird auch durch das Vorhandensein von für den Hochschulsport zuständigen gesonderten Einheiten der Hochschulen - wie hier dem Hochschulsport M. als Betriebseinheit der Universität M. belegt, deren Aufgabe die Durchführung der sportlichen Veranstaltungen des Hochschulsports ist. Die Teilnahme am Hochschulsport gehört damit zur Aus- und Fortbildung an einer Hochschule und ist eine studienbezogene Tätigkeit (vgl Behrendt/Bigge, Unfallversicherung für Schüler, Studierende sowie für Kinder in Tageseinrichtungen, 6. Aufl 2002, Kap 3.4.4 S 35: "der allgemeine Sportbetrieb ist, ähnlich wie das Studium generale, ein Teil des gesamten Lehrprogrammes der Hochschulen"; Schlaeger/Linder, Unfallversicherung für Kinder in Tagesbetreuung, Schüler und Studierende, 2011, § 5 RdNr 61 f).

18

Der Skikurs, an dem die Klägerin am 3.1.2008 teilnahm, war Teil des Hochschulsports in diesem Sinne. Er war Bestandteil eines vom Hochschulsport der Universität in dem Hochschulsport-Programm angebotenen Sporttourenkurses. Dass es sich um eine einmalige Skireise und nicht um eine regelmäßige (wöchentliche oä) sportliche Betätigung handelte, vermag an der Studienbezogenheit des Skifahrens nichts zu ändern.

19

b) Insbesondere der auch in den Hochschulgesetzen betonte Bildungsauftrag des Sports führt - wie oben unter a) dargelegt - dazu, dass sportliche Aktivitäten der Studierenden im Rahmen des Hochschulsports in den Schutzbereich des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII fallen. Die Teilnahme am Skikurs war folglich nur dann eine nach § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII versicherte Tätigkeit, wenn es sich um eine sportliche Betätigung handelte, die im Wesentlichen nur den Studierenden offenstand. Nur dann lag eine für den Versicherungsschutz erforderliche Sportveranstaltung des Hochschulsports vor. Schutzzweck des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII ist es, wie soeben aufgezeigt, die Teilnahme der Studierenden an von der Hochschule durchgeführten Veranstaltungen der Aus- und Fortbildung unter Versicherungsschutz zu stellen. Hierzu gehört die sportliche Betätigung der Studierenden aber nur insoweit, als sie soziale und persönlichkeitsbildende Funktionen im Rahmen des Studiums erfüllt. Es muss sich daher jeweils um eine Sportveranstaltung handeln, die für die Studierenden zum Zwecke der Erfüllung des gesetzlichen Auftrags der Sportförderung durchgeführt wird. Deshalb ist grundsätzlich nur die Teilnahme an solchen Veranstaltungen vom Versicherungsschutz nach § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII erfasst, deren Teilnehmerkreis im Wesentlichen auf die Studierenden beschränkt ist. Dies schließt es allerdings nicht aus, dass ggf auch andere Hochschulangehörige an dem Sportangebot der Universität teilnehmen. Es wird damit sichergestellt, dass die soziale Funktion des Sports, Kontakte innerhalb der Hochschule, insbesondere zu anderen Studierenden, aber auch ggf zu sonstigen Hochschulangehörigen, wie zB an der Universität Lehrenden, zu knüpfen, zur Identifikation mit der Hochschule beizutragen und damit letztlich der Persönlichkeitsbildung der Studierenden zu dienen, erreicht werden kann. Bietet dagegen die Universität eine Sporttour an, an der unbeschränkt jeder teilnehmen kann, liegt keine unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehende Sportveranstaltung vor, selbst wenn der Sportkurs im organisatorischen Verantwortungsbereich der Hochschule durchgeführt wird (hierzu sogleich unter 3.). Eine solche Veranstaltung dient nicht der Erfüllung des gesetzlichen Auftrags der Hochschule, den Sport der Studierenden zu fördern, sondern schafft allenfalls eine Gelegenheit zur sportlichen Betätigung, an der dann unter anderem auch Studierende teilnehmen können. Es liegt dann eine mit einer Reisebürotätigkeit vergleichbare Angebotsleistung einer Hochschule für Dritte vor, die in keinem Zusammenhang mit dem gesetzlichen Förderauftrag steht. Die von der Revision mehrfach ins Feld geführte Verwendung von AGB durch den Hochschulsport der Universität M. könnte in diesem Zusammenhang ggf Bedeutung erlangen. Die bloße Verwendung einer zivilrechtlichen Rechtsform - wie AGB - ändert freilich grundsätzlich nichts daran, dass es sich um versicherten Hochschulsport gehandelt hat, wenn der Kreis der Teilnehmenden von vornherein im Wesentlichen auf Universitätsangehörige beschränkt war. Steht die sportliche Betätigung im Wesentlichen nur Studierenden und sonstigen Hochschulangehörigen offen, entfällt deren Versicherungsschutz nicht deshalb, weil im Einzelfall ausnahmsweise auch Dritte teilnehmen können oder sich der Hochschulsport auch zivilrechtlicher Handlungsformen bedient. Versicherter Hochschulsport liegt jedenfalls dann vor, wenn die zur Verfügung stehenden Plätze vorrangig an Studierende vergeben werden, denn dann kann die Sportveranstaltung die oben genannten Funktionen des Hochschulsports erfüllen.

20

Von diesen Grundsätzen ausgehend kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob die Klägerin unmittelbar vor ihrem Unfall als Teilnehmerin an dem Skikurs unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand. Nach den Feststellungen des LSG stand die Teilnahme an der Skisporttour und damit auch am Skiunterricht auch Hochschulexternen zu denselben Bedingungen offen. Nicht festgestellt hat das LSG allerdings, um welche Hochschulexternen und um welche Bedingungen es sich handelte, ob grundsätzlich auch Dritte ohne Vorrang für Studierende und sonstige Angehörige der Hochschule teilnehmen konnten oder ob und welche besonderen Voraussetzungen für die Teilnahme Dritter erfüllt sein mussten.

21

3. Stand die Teilnahme am Skiunterricht des Sporttourenkurses im Wesentlichen nur Studierenden und sonstigen Hochschulangehörigen offen (soeben 2.), dann bestand für die Klägerin Versicherungsschutz während des Skifahrens, denn auch die dritte Voraussetzung für einen Versicherungsschutz Studierender während der Teilnahme am Hochschulsport gemäß § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII lag vor. Die Veranstaltung fand (noch) im organisatorischen Verantwortungsbereich der Universität statt.

22

Zwar ist der Versicherungsschutz - ebenso wie während des Besuchs allgemeinbildender Schulen - während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen zur Abgrenzung vom eigenwirtschaftlichen Bereich des Studierenden auf Tätigkeiten innerhalb des organisatorischen Verantwortungsbereichs der Hochschule beschränkt (BSG vom 23.6.1977 - 8 RU 86/76 - BSGE 44, 100, 102 = SozR 2200 § 539 Nr 36 S 110; vom 26.5.1987 - 2 RU 35/86 - SozR 2200 § 539 Nr 122 S 351; vom 28.2.1990 - 2 RU 34/89 - SozR 3-2200 § 539 Nr 1 S 3; vom 30.6.1993 - 2 RU 43/92 - BSGE 73, 5, 6 = SozR 3-2200 § 539 Nr 26 S 91). Außerhalb des organisatorischen Verantwortungsbereichs der Hochschule besteht hingegen in der Regel kein Versicherungsschutz, und zwar auch bei Verrichtungen, die wesentlich durch den (Hoch-) Schulbesuch bedingt sind (BSG vom 27.1.1976 - 8 RU 114/75 - BSGE 41, 149, 151 = SozR 2200 § 539 Nr 16 S 40; vom 31.3.1981 - 2 RU 29/79 - BSGE 51, 257, 259 = SozR 2200 § 548 Nr 55 S 147 f; vom 25.2.1993 - 2 RU 11/92 - SozR 3-2200 § 539 Nr 22 S 77; vom 30.6.1993 - 2 RU 43/92 - BSGE 73, 5, 6 = SozR 3-2200 § 539 Nr 26 S 91).

23

Die Skifahrt der Klägerin am 3.1.2008 war noch vom organisatorischen Verantwortungsbereich der Hochschule umfasst. Dies erfordert grundsätzlich, dass ein unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zusammenhang der Verrichtung zur Schule oder Hochschule besteht, der verlassen wird, wenn eine Einwirkung auf die Verrichtung durch Aufsichtsmaßnahmen nicht mehr gewährleistet ist (BSG vom 18.4.2000 - B 2 U 5/99 R - SozR 3-2200 § 539 Nr 49). Der organisatorische Verantwortungsbereich ist aber auch dann gegeben, wenn die Hochschule zumindest organisatorische Mitverantwortung für die Teilnahme an der Veranstaltung trägt, die Studierenden in der Ausgestaltung der Verrichtung nicht völlig frei sind und sich die Tätigkeit der Hochschule nicht auf eine reine Unterstützungsleistung einer ansonsten in der Organisationshoheit der Studierenden liegenden Verrichtung beschränkt (vgl BSG vom 4.12.2014 - B 2 U 10/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; BSG vom 30.6.1993 - 2 RU 43/92 - BSGE 73, 5, 7 f = SozR 3-2200 § 539 Nr 26 S 92 f). Nach den nicht mit zulässigen und begründeten Rügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG) erfolgte der Skiunterricht im Rahmen der vom Hochschulsport der Universität im Hochschulsportprogramm angebotenen Sporttour. Die Studierenden meldeten sich beim Hochschulsport der Hochschule an. In der Universität fand auch eine durch den Hochschulsport organisierte Vorbesprechung statt. Ausgangspunkt der Fahrt in die Alpen war das Büro des Hochschulsports. Die Fahrt in die Schweiz erfolgte gemeinsam in einem vom Hochschulsport gebuchten Bus. Auch die Unterkunft wurde durch den Hochschulsport organisiert. Die Skilehrer wurden vom Hochschulsport gestellt und waren für den Ablauf der Sporttour vor Ort verantwortlich. Die Studierenden waren grundsätzlich gehalten, am Unterricht teilzunehmen. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat das LSG auch festgestellt, dass der Unterricht unmittelbar vor dem Unfall von einem vom Hochschulsport gestellten Skilehrer erteilt wurde. Damit waren zahlreiche objektive Einflussmöglichkeiten eröffnet, weshalb der Skikurs im organisatorischen Verantwortungsbereich der Universität durchgeführt wurde.

24

Liegen die Voraussetzungen einer von der Hochschule in ihrem organisatorischen Verantwortungsbereich angebotenen und durchgeführten sportlichen Betätigung damit dem Grunde nach vor, so entfällt der Versicherungsschutz der teilnehmenden Studierenden nach § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII nicht deshalb wieder, weil diese sportliche Betätigung im Ausland und außerhalb der Vorlesungszeit stattfand. Besteht gemäß § 2 Abs 3 Satz 4 SGB VII iVm § 4 SGB IV für die Studierenden Versicherungsschutz nach § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII, so steht der Anerkennung eines Arbeitsunfalls grundsätzlich nicht entgegen, dass der Unfall sich im Ausland ereignete. Der Versicherungsschutz bei der Teilnahme an von der Hochschule angebotenen und durchgeführten Sportveranstaltungen setzt entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht zwingend voraus, dass diese einen zeitlichen und örtlichen Bezug zum Studium an der Hochschule haben. Der dem Hochschulsport zugrunde liegende Zweck, durch sportliche Betätigung den körperlichen Ausgleich zu den Belastungen des Studiums, aber auch die soziale Integration und Persönlichkeitsentwicklung der Studierenden zu fördern, kann auch durch die Teilnahme an einem Skikurs außerhalb der Vorlesungszeit im Ausland erreicht werden.

25

Schließlich folgt auch nichts anderes daraus, dass bei Beschäftigten iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII die Teilnahme an einer mehrtägigen Skiausfahrt nach Italien nicht als versicherter Betriebssport unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht, weil es an einem zeitlichen und örtlichen Bezug zu der regulären versicherten Tätigkeit fehlt(vgl BSG vom 13.12.2005 - B 2 U 29/04 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 16). Die zum Versicherungsschutz Beschäftigter nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII während der Teilnahme am sog Betriebssport entwickelten Grundsätze der Rechtsprechung sind auf den Versicherungsschutz der am allgemeinen Hochschulsport teilnehmenden Studierenden nach § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII nicht übertragbar. Hierin liegt kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG unabhängig davon, ob sich die Beklagte vorliegend hierauf berufen könnte (vgl Urteil des Senats vom 4.12.2014 - B 2 U 10/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

26

Steht nach den nachzuholenden Feststellungen des LSG die Studienbezogenheit (s im Einzelnen oben 2. b) des Skikurses fest, so dürfte auch ein Arbeitsunfall iS des § 8 Abs 1 SGB VII vorliegen. Die Klägerin hat durch einen von außen auf den Körper einwirkenden Zusammenprall beim Skifahren einen Unfall in Form eines zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignisses iS von § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII und dadurch einen Gesundheitsschaden erlitten.

27

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin und dem Beigeladenen die außergerichtlichen Kosten auch des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der bei einem Handballtraining erlittene Unfall der Klägerin ein Arbeitsunfall ist.

2

Die 1981 geborene Klägerin übte eine Vollzeitbeschäftigung aus, neben der sie als Handballspielerin der ersten Damenmannschaft des Sportvereins A. (SVA) in der 2. Bundesliga spielte. Sie war Vereinsmitglied des SVA, zahlte den Mitgliedsbeitrag und nahm am Trainings- und Spielbetrieb teil. Die Klägerin schloss mit dem SVA jeweils jährlich neu einen Vertrag für eine Spielsaison, der der Handball-Bundesliga-Vereinigung Frauen eV angezeigt wurde. Die Klägerin verpflichtete sich darin ua, in der 2. Handball-Bundesliga unentgeltlich für den SVA Handball zu spielen, wobei ihr ein jährlicher Urlaub gemäß den gesetzlichen Bestimmungen eingeräumt wurde, den sie im Einvernehmen mit dem für den Spielbetrieb Verantwortlichen nehmen konnte.

3

Der beigeladene Handball-Sportmanagement-A. (HSA) betrieb das Management der ersten Damenhandballmannschaft des SVA. Die Klägerin war nicht Mitglied des HSA. Sie schloss mit dem HSA ebenfalls einen Vertrag, der sich jeweils um ein Jahr verlängerte. In diesem Vertrag verpflichtete sich die Klägerin ua, ihre sportliche Leistungsfähigkeit für den HSA einzusetzen, alles zu tun, die Leistungsfähigkeit zu erhalten und zu steigern und am Training und allen Vereinsspielen und Lehrgängen des SVA teilzunehmen. Weiterhin verpflichtete sich die Klägerin gegenüber dem beigeladenen HSA, im Falle einer durch den Handballsport eingetretenen Erkrankung oder Verletzung, sich bei einem vom Beigeladenen zu benennenden Arzt unverzüglich vorzustellen sowie sich den angeordneten sportmedizinischen und sporttherapeutischen Maßnahmen zu unterziehen und an Reisen im In- und Ausland teilzunehmen, für die der Beigeladene auch das zu benutzende Verkehrsmittel bestimmte. Schließlich hatte sie an Veranstaltungen des Beigeladenen zum Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit mitzuwirken, bei denen sie die von dem Beigeladenen gestellte Kleidung tragen musste. Anderweitige Werbung war der Klägerin untersagt. Sie übertrug dem Beigeladenen vielmehr die Verwertung ihrer im Zusammenhang mit der Ausübung des Handballsports stehenden Persönlichkeitsrechte und hatte jederzeit ihr Autogramm für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit zu leisten bzw verarbeiten zu lassen. Die aus Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit und Werbung erzielten Erlöse standen ausschließlich dem Beigeladenen zu. Der Beigeladene verpflichtete sich, der Klägerin eine Aufwandsentschädigung, insbesondere Fahrtkostenersatz, in Höhe von jährlich maximal 7950 Euro zu zahlen. Die Klägerin erhielt für Fahrtkosten vom Beigeladenen 0,30 Euro je km.

4

Das Handballtraining fand dreimal wöchentlich von 19.00 Uhr bis 21.00 Uhr statt. Im Mannschaftstraining am 29.1.2009 wurde die Klägerin vom Ellenbogen einer Mitspielerin im Gesicht getroffen, wodurch sie eine Verletzung am linken Schneidezahn mit Nervschädigung und Abriss der Wurzel erlitt. Die beklagte Berufsgenossenschaft lehnte mit Bescheid vom 25.11.2009 die Anerkennung dieses Ereignisses als Arbeitsunfall und die Erbringung von Leistungen ab und wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 27.5.2010 zurück. Das SG Reutlingen hat die dagegen gerichtete Klage mit Gerichtsbescheid vom 18.2.2013 abgewiesen, weil die Klägerin nicht als Beschäftigte oder wie eine Beschäftigte tätig geworden und damit nicht in der Unfallversicherung versichert gewesen sei. Die persönliche Abhängigkeit der Klägerin habe allein auf den mitgliedschaftlichen Verpflichtungen beruht, wie sie jedes Mitglied einer Handballmannschaft typischerweise träfen. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit der Klägerin habe nicht vorgelegen.

5

Das LSG Baden-Württemberg hat auf die Berufung der Klägerin unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Unfall der Klägerin als Arbeitsunfall festzustellen (Urteil vom 13.12.2013). Im Übrigen hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Berufung des Beigeladenen als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, die Klägerin habe den Unfall während einer versicherten Tätigkeit als Beschäftigte erlitten. Das Handballspielen der Klägerin sei von den Vertragsbeziehungen zum SVA und zum Beigeladenen geprägt gewesen. Die Sparte "Handball" im SVA sei organisatorisch gesondert gegliedert gewesen und habe dem Beigeladenen oblegen, der auch vom SVA auf ihn übertragene merkantile Interessen verfolgt habe. Unfallversicherungsschutz als Beschäftigte setze nicht die Zahlung eines Entgeltes voraus. Auch die Vereinsmitgliedschaft im SVA stehe der Annahme einer Beschäftigung nicht entgegen, weil die Klägerin als Leistungssportlerin in einem Maße in den SVA eingebunden gewesen sei, das deutlich über das von normalen Vereinsmitgliedern geschuldete Verhalten hinausgegangen sei.

6

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 2 Abs 1 Nr 1, § 8 Abs 1 SGB VII und § 7 Abs 1 SGB IV. Die Klägerin sei während des Handballtrainings weder als Beschäftigte noch wie eine Beschäftigte versichert gewesen. Sie habe als Vereinsmitglied des SVA im Rahmen ihres mitgliedschaftlichen Engagements trainiert. Die rechtlichen Beziehungen zu dem beigeladenen HSA stellten keinen Arbeitsvertrag, sondern eine besondere vertraglich-persönliche Bindung einer Hochleistungssportlerin dar, die bis in das Privatleben hinein reiche und sich auf eine lediglich sportliche, dem Arbeitsleben nicht zurechenbare Tätigkeit beziehe. Darüber hinaus bedürfe es im Bereich des Sports für die Annahme einer Beschäftigung generell einer Entgeltzahlung, die hier weder vereinbart noch erfolgt sei.

7

Die Beklagte beantragt,

        

das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 13.12.2013 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG Reutlingen vom 18.2.2013 insgesamt zurückzuweisen.

8

Die Klägerin und der Beigeladene beantragen,

        

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie halten das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Das LSG hat im Ergebnis zu Recht die Beklagte verpflichtet, den am 29.1.2009 beim Handballtraining erlittenen Unfall der Klägerin als Arbeitsunfall festzustellen, denn die Klägerin hat einen Arbeitsunfall als Beschäftigte des Beigeladenen erlitten.

11

Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 16/11 R - BSGE 111, 52 = SozR 4 - 2700 § 2 Nr 21, RdNr 10 mwN, vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4 - 2700 § 8 Nr 44 RdNr 26 f, vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4 - 2700 § 8 Nr 46, RdNr 20, vom 18.6.2013 - B 2 U 10/12 R - SozR 4 - 2700 § 8 Nr 47 RdNr 12, vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4 - 2700 § 2 Nr 27 RdNr 11, vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R - SozR 4 - 2700 § 8 Nr 52 RdNr 11 und vom 4.12.2014 - B 2 U 10/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2700 § 2 Nr 32 vorgesehen, Juris RdNr 11; vgl zuletzt ua BSG vom 4.12.2014 - B 2 U 13/13 R - zur Veröffentlichung in SozR 4 - 2700 § 2 Nr 31 vorgesehen, Juris RdNr 11). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

12

Die Verrichtung unmittelbar vor dem Unfallereignis - die Teilnahme am Training der Handballmannschaft - hat den Stoß mit dem Ellenbogen einer Mitspielerin in das Gesicht der Klägerin und damit einen Unfall und dieser hat eine Verletzung des linken Schneidezahns mit Zahnnervschädigung und Wurzelabriss und damit einen Gesundheitserstschaden rechtlich wesentlich verursacht. Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar und (subjektiv) - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist (sog Handlungstendenz - vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 21 f, vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 52 RdNr 14 und vom 4.12.2014 - B 2 U 14/13 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 30 RdNr 12). Bei ihrer Tätigkeit war die objektivierte Handlungstendenz der Klägerin auf die Erfüllung des gesetzlichen Versicherungstatbestands als Beschäftigte iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII gerichtet, denn mit der Teilnahme am Handballtraining am 29.1.2009 erfüllte die Klägerin eine dem Beigeladenen gegenüber bestehende Hauptpflicht aus einem Beschäftigungsverhältnis.

13

Bei Vornahme der Verrichtung des Handballtrainings war die Klägerin nach Überzeugung des Senats jedenfalls als Beschäftigte des Beigeladenen iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versichert(sogleich unter 1.) Ob darüber hinaus auch ein Beschäftigungsverhältnis mit dem SVA bestand, wovon offenbar das LSG ausging, kann der Senat insoweit offenlassen (hierzu unter 2.).

14

1. Eine nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als Beschäftigte liegt vor, wenn die Verletzte zur Erfüllung eines von ihr begründeten Rechtsverhältnisses, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses, eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen(vgl § 7 Abs 1 SGB IV) zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse ihrer Verrichtung diesem und nicht ihr selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen (vgl § 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII). Es kommt objektiv auf die Eingliederung des Handelns der Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen des anderen bringen soll. Eine Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII wird daher ausgeübt, wenn die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, entweder eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zu Grunde liegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, oder die Verletzte eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern sie nach den besonderen Umständen ihrer Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, sie treffe eine solche Pflicht, oder sie unternehmensbezogene Rechte aus dem Rechtsverhältnis ausübt(vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 27 ff, vom 13.11.2012 - B 2 U 27/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 45 RdNr 23 f und vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 27 RdNr 13).

15

Das LSG hat die von der Klägerin am 29.1.2009 verrichtete Tätigkeit, nämlich die Teilnahme am Handballtraining ihrer Mannschaft, zutreffend als Verrichtung angesehen, die auf die Erfüllung einer der Klägerin als Beschäftigte iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII obliegenden Pflicht gerichtet war. Diese Pflicht bestand hier gegenüber dem beigeladenen HSA.

16

§ 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII erfasst die Beschäftigten iS des § 7 Abs 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Eine Beschäftigung liegt daher immer dann vor, wenn ein Arbeitsverhältnis besteht. Sie kann aber auch ohne Arbeitsverhältnis gegeben sein, wenn die Verletzte sich in ein fremdes Unternehmen eingliedert und ihre konkrete Handlung sich dem Weisungsrecht eines Unternehmers insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Verrichtung unterordnet (vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 31 ff). Dabei kommt es auf die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse an. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine formlose Abbedingung rechtlich möglich ist. Entscheidend ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl BSG vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 16 mwN und vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 27 RdNr 14).

17

Die Einordnung der Rechtsbeziehung der Klägerin gegenüber dem Beigeladenen als Beschäftigung ergibt sich zunächst aus dem Vertrag vom 12.3.2006, den die Klägerin mit dem HSA geschlossen hat. Den Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) lässt sich auch noch hinreichend entnehmen, dass die tatsächlich gelebten Verhältnisse diesem Vertragsinhalt entsprachen. Die Klägerin war danach weder Vereinsmitglied des Beigeladenen noch existierten sonstige Rechtsbeziehungen, die das Handeln der Klägerin als bloße Erfüllung rein mitgliedschaftlicher Pflichten erscheinen ließen (vgl hierzu die Urteile des erkennenden Senats vom 31.1.1961 - 2 RU 173/58 - BSGE 14, 1, 3 f = SozR Nr 1 zu § 798 RVO A a 2, vom 20.12.1961 - 3 RK 65/57 - BSGE 16, 98, 101 f = SozR Nr 29 zu § 165 RVO A a 31, vom 17.10.1990 - 2 RU 3/90 - HVBG-INFO 1991, 423, 427, vom 27.1.1994 - 2 RU 17/93 - SozR 3-2200 § 539 Nr 27 S 101, vom 24.2.2000 - B 2 U 4/99 R - HVBG-INFO 2000, 1253, 1255, vom 13.8.2002 - B 2 U 29/01 R - HVBG-INFO 2002, 2511, 2516 f, vom 18.3.2003 - B 2 U 25/02 R - HVBG-INFO 2003, 1412, 1419, vom 30.6.2009 - B 2 U 22/08 R - UV-Recht Aktuell 2009, 1040, 1046 und vom 27.10.2009 - B 2 U 26/08 R - UV-Recht Aktuell 2010, 185, 189). Dies könnte sich ggf anders darstellen, wenn die Klägerin ausschließlich Mitglied des Handballvereins SVA gewesen wäre (vgl hierzu unter 2.).

18

Jedenfalls sind keine Anhaltspunkte für eine von dem schriftlichen Vertragsinhalt abweichende Handhabung und damit für mögliche abweichende Regelungen oder für die Unwirksamkeit einzelner oder sämtlicher Vertragsbestimmungen aus dem Verhältnis zum Beigeladenen ersichtlich. Es ist dabei - anders als in dem angefochtenen Urteil des LSG - auch keine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der der Klägerin gegenüber dem SVA ggf obliegenden vertraglichen und mitgliedschaftlichen Pflichten vorzunehmen, weil der Beigeladene in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins arbeitet und als juristische Person selbstständig rechtsfähig ist (§ 21 BGB).

19

Die Klägerin war nach den vom LSG mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen für den Senat bindend festgestellten (§ 163 SGG) Bestimmungen des Vertrags vom 12.3.2006 in den Betrieb des Beigeladenen eingegliedert und an dessen Weisungen gebunden. So hatte sie sich gegenüber dem Beigeladenen verpflichtet, ihre sportliche Leistungsfähigkeit einzusetzen, zu erhalten und zu steigern, sowie am Training und an den Spielen ihrer Handballmannschaft teilzunehmen, sowie auch anwesend zu sein, wenn ihr Einsatz nicht in Betracht kam. Darüber hinaus hatte sie an Lehrgängen und an Reisen im In- und Ausland teilzunehmen. Diese Unterordnung unter die Erfordernisse des Spielbetriebs wurde ergänzt durch eine Eingliederung in die Öffentlichkeitsarbeit des Beigeladenen. Die Klägerin war zur Mitwirkung bei Veranstaltungen zur Öffentlichkeitsarbeit verpflichtet, bei denen sie von dem Beigeladenen gestellte Kleidung zu tragen hatte. Anderweitige Werbung war ihr untersagt. Sie übertrug dem Beigeladenen die Verwertung ihrer im Zusammenhang mit der Ausübung des Handballsports stehenden Persönlichkeitsrechte und hatte jederzeit ihr Autogramm für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit zu leisten bzw verarbeiten zu lassen. Dass es sich hierbei um eine Eingliederung gerade in das Unternehmen des Beigeladenen handelte, folgt auch daraus, dass Einnahmen aus der Öffentlichkeitsarbeit und Werbung allein dem Beigeladenen zustanden. Ferner hatte die Klägerin ihren Urlaub grundsätzlich vor der Vorbereitungsphase auf die neue Saison zu nehmen.

20

Bei den einzelnen Tätigkeiten, die eine Eingliederung in den Betrieb des Beigeladenen beinhalten, war die Klägerin auch an die Weisungen des Beigeladenen gebunden. Beim Spielbetrieb hatte sie sich den Weisungen aller vom Beigeladenen dazu eingesetzten Personen, insbesondere des Trainers, unterzuordnen. Selbst wenn - wie die Beklagte meint - dies nur ein Trainer des SVA sein konnte, steht dies der Bindung der Klägerin an Weisungen als Beschäftigte des Beigeladenen nicht entgegen, weil das Weisungsrecht auch auf Dritte delegiert werden kann. Bei Reisen bestimmte der Beigeladene das zu benutzende Verkehrsmittel. Weisungen des Beigeladenen unterlag die Klägerin auch im Falle einer durch die Ausübung des Handballsports eingetretenen Erkrankung oder Verletzung, weil sie verpflichtet war, sich bei einem vom Beigeladenen zu benennenden Arzt unverzüglich vorzustellen sowie sich angeordneten sportmedizinischen und sporttherapeutischen Maßnahmen zu unterziehen. Die Weisungsgebundenheit der Klägerin wird dadurch unterstrichen, dass sie bei Verletzung von Vertragspflichten Vertragsstrafen ausgesetzt war (vgl hierzu auch BSG Urteil vom 20.12.1961 - 3 RK 65/57 - BSGE 16, 98, 101 = SozR Nr 29 zu § 165 RVO A a 31).

21

Die konkrete Ausgestaltung der Pflichten der Klägerin gegenüber dem Beigeladenen ging damit deutlich über eine allein durch eine Vereinsmitgliedschaft oder durch die Ausübung eines Mannschaftssports begründete Rechtsbeziehung hinaus. Selbst wenn die Klägerin den Handballsport auch aus dem eigenen Bedürfnis zur sportlichen Betätigung und ggf in Erfüllung einer gegenüber dem SVA bestehenden mitgliedschaftlichen Pflicht betrieb und damit auch einen eigenwirtschaftlichen Zweck verfolgte, diente das Handballspiel und Handballtraining jedenfalls wesentlich dem wirtschaftlichen Interesse des Beigeladenen. Dessen Aufgabe war das Management der ersten Damenhandballmannschaft des SVA und damit die Verpflichtung befähigter Spielerinnen und deren Förderung zur Einnahmeerzielung durch attraktive Spiele. An der die Beschäftigung charakterisierenden fremdwirtschaftlichen Zweckbestimmung eines Verhaltens fehlt es erst dann, wenn mit ihm im Wesentlichen - anders als hier - allein eigene Angelegenheiten verfolgt werden (BSG vom 5.7.2005 - B 2 U 22/04 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 6 = NZS 2006, 375).

22

Offenbleiben kann hier, inwieweit die der Klägerin gezahlten Fahrtkosten in Höhe von maximal 7950 Euro jährlich ein Entgelt für das Handballspielen darstellte. Ob Arbeitnehmern ein Entgelt für ihre Tätigkeit gezahlt wird, ist für das Vorliegen einer Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII wie auch iS des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV nicht ausschlaggebend(vgl BSG vom 26.6.1980 - 8a RU 48/79 - SozR 2200 § 539 Nr 68, vom 30.6.2009 - B 2 U 3/08 R - UV-Recht Aktuell 2009, 1008, 1014 und vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 27 RdNr 14 - Postzustellerfall). Arbeitsentgelt setzt das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses voraus, begründet ein solches aber nicht. Auch ohne eine aus der Zahlung eines Entgelts folgende wirtschaftliche Abhängigkeit kann eine Beschäftigung vorliegen.

23

Auch im Bereich der sportlichen Betätigung und bei Tätigkeiten in Vereinen ist die Beschäftigung von rein mitgliedschaftlicher bzw sportlicher Betätigung nicht danach abzugrenzen, ob ein Entgelt vereinbart ist und gezahlt wird. Sofern der erkennende Senat im Zusammenhang mit sportlichen Betätigungen innerhalb einer Vereinsmitgliedschaft ausgeführt hat, dass eine von dieser abzugrenzende Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII typischerweise bei Zahlung eines Arbeitsentgelts anzunehmen ist(vgl BSG vom 18.3.2003 - B 2 U 25/02 R - HVBG-INFO 2003, 1412, 1418 und vom 27.10.2009 - B 2 U 26/08 R - UV-Recht Aktuell 2010, 185, 190), hat er dabei auf die Entgeltzahlung lediglich als ein Indiz für das Vorliegen einer Beschäftigung abgestellt. Entgegen der Rechtsansicht der Revision existiert hingegen keine rechtliche Vermutung, dass im sportlichen Bereich das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses zwingend die Zahlung eines "nennenswerten" Entgelts voraussetzt. Die allgemeinen Kriterien für das Vorliegen einer Beschäftigung, nämlich die über die reine Ausübung eines Mannschaftssports hinausgehende Eingliederung in den Betrieb des Beigeladenen, verbunden mit einer zahlreiche Aspekte der Tätigkeit umfassenden Weisungsgebundenheit, ermöglichen hier bereits hinreichend die Einordnung als Beschäftigung, ohne dass zusätzlich auf eine Entgeltzahlung und eine rechtliche Qualifizierung des Fahrtkostenersatzes abgestellt werden muss.

24

Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat die Klägerin im Unfallzeitpunkt eine versicherte Beschäftigung verrichtet und mit ihrer Teilnahme am Handballtraining eine sich aus dem Beschäftigungsverhältnis mit dem Beigeladenen ergebende Hauptpflicht erfüllt.

25

2. Auf die Einordnung der zum eigentlichen Handballverein SVA bestehenden Rechtsbeziehungen der Klägerin kam es im vorliegenden Fall mithin nicht mehr entscheidend an. Die Revision hat hier zu Recht darauf verwiesen, dass die Klägerin Vereinsmitglied des SVA war und die bisherige Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Frage, welche Verrichtungen aufgrund einer mitgliedschaftlichen Verpflichtung als Vereinsmitglied vorgenommen werden und mithin gerade keine Beschäftigung darstellen, eher dazu tendiert, von weitgehenden mitgliedschaftlichen Handlungspflichten der Vereinsmitglieder auszugehen (vgl die Urteile vom 31.1.1961 - 2 RU 173/58 - BSGE 14, 1, 3 f = SozR Nr 1 zu § 798 RVO A a 2, vom 20.12.1961 - 3 RK 65/57 - BSGE 16, 98, 101 f = SozR Nr 29 zu § 165 RVO A a 31, vom 17.10.1990 - 2 RU 3/90 - HVBG-INFO 1991, 423, 427, vom 27.1.1994 - 2 RU 17/93 - SozR 3-2200 § 539 Nr 27 S 101, vom 24.2.2000 - B 2 U 4/99 R - HVBG-INFO 2000, 1253, 1255, vom 13.8.2002 - B 2 U 29/01 R - HVBG-INFO 2002, 2511, 2516 f, vom 18.3.2003 - B 2 U 25/02 R - HVBG-INFO 2003, 1412, 1419, vom 30.6.2009 - B 2 U 22/08 R - UV-Recht Aktuell 2009, 1040, 1046 und vom 27.10.2009 - B 2 U 26/08 R - UV-Recht Aktuell 2010, 185, 189). Letztlich kann hier offenbleiben, wie die Rechtsbeziehung zwischen der Klägerin und dem SVA einzuordnen wäre, denn ausschlaggebend ist, dass die Klägerin in einem Beschäftigungsverhältnis zum beigeladenen HSA stand, bei dem sie gerade nicht Mitglied war.

26

Der Senat konnte auch die Verurteilung der Beklagten zur Feststellung eines Arbeitsunfalls bestätigen, denn die Beklagte war für die Feststellung des Arbeitsunfalles zuständig, weil nach § 3 I Nr 9 ihrer Satzung ihr Zuständigkeitsbereich sowohl Sportvereine als auch sonstige Sportunternehmen umfasst, wozu der Beigeladene gehört.

27

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. Die Beklagte hat der Klägerin und dem Beigeladenen deren außergerichtliche Kosten zu erstatten, weil deren im Revisionsverfahren gestellte Anträge Erfolg hatten. Zwar sind gemäß § 193 Abs 4 SGG die Aufwendungen der in § 184 Abs 1 SGG genannten Gebührenpflichtigen, die nicht gemäß § 183 SGG kostenprivilegiert sind, nicht erstattungsfähig. Zu diesem Personenkreis gehört jedoch der HSA als Beigeladener nicht (vgl BSG vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 60/06 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 5 RdNr 18 und vom 1.3.2011 - B 1 KR 10/10 R - BSGE 107, 267 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 90).

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs gelten für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben.

(2) Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts bleiben unberührt.

(3) Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, daß er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.

Das Erste und Zehnte Buch gelten für alle Sozialleistungsbereiche dieses Gesetzbuchs, soweit sich aus den übrigen Büchern nichts Abweichendes ergibt; § 68 bleibt unberührt. Der Vorbehalt gilt nicht für die §§ 1 bis 17 und 31 bis 36. Das Zweite Kapitel des Zehnten Buches geht dessen Erstem Kapitel vor, soweit sich die Ermittlung des Sachverhaltes auf Sozialdaten erstreckt.

Die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung gelten,

1.
soweit sie eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, für alle Personen, die im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs beschäftigt oder selbständig tätig sind,
2.
soweit sie eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit nicht voraussetzen, für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs haben.

(1) Soweit die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung eine Beschäftigung voraussetzen, gelten sie auch für Personen, die im Rahmen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereichs entsandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist.

(2) Für Personen, die eine selbständige Tätigkeit ausüben, gilt Absatz 1 entsprechend.

(1) Soweit die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung eine Beschäftigung voraussetzen, gelten sie nicht für Personen, die im Rahmen eines außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzbuchs bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in diesen Geltungsbereich entsandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist.

(2) Für Personen, die eine selbständige Tätigkeit ausüben, gilt Absatz 1 entsprechend.

(1) Soweit die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung eine Beschäftigung voraussetzen, gelten sie auch für Personen, die im Rahmen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereichs entsandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist.

(2) Für Personen, die eine selbständige Tätigkeit ausüben, gilt Absatz 1 entsprechend.

Die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung gelten,

1.
soweit sie eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, für alle Personen, die im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs beschäftigt oder selbständig tätig sind,
2.
soweit sie eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit nicht voraussetzen, für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs haben.

(1) Soweit die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung eine Beschäftigung voraussetzen, gelten sie auch für Personen, die im Rahmen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereichs entsandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist.

(2) Für Personen, die eine selbständige Tätigkeit ausüben, gilt Absatz 1 entsprechend.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. April 2012 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Anerkennung eines in Kasachstan erlittenen Unfalls als Arbeitsunfall.

2

Der 1955 geborene Kläger schloss im November 2007 mit der Engineering D. GmbH in M. einen Arbeitsvertrag als Montageleiter für eine Baustelle in Kasachstan, der mit dem Abschluss dieser Baustelle beendet sein sollte. Für das Ausscheiden des Klägers wurde die Rückgabe verschiedener Unterlagen sowie die Anfertigung eines Übergabeprotokolls vereinbart.

3

Auf eine Anfrage der Personalreferentin der Arbeitgeberin hin übersandte die Beklagte eine Kopie des Aufsatzes "Versicherungsschutz bei Tätigkeiten im Ausland". Form und Inhalt der Anfrage sowie der Aussagen von Mitarbeitern der Beklagten zum Versicherungsschutz des Klägers sind nicht geklärt. Einen Antrag auf die Aufnahme in die bei der Beklagten mögliche freiwillige Auslandsunfallversicherung stellte die Arbeitgeberin des Klägers nicht. Der Kläger selbst hatte keinen Kontakt zur Beklagten. Nach einer ab dem 3.12.2007 in Deutschland durchgeführten Einarbeitungsphase begab sich der Kläger am 16.12.2007 nach Kasachstan. In der Folgezeit reiste er zwei Mal für jeweils ein bis zwei Tage nach Deutschland, um den weiteren Projektablauf zu besprechen. Das Arbeitsverhältnis endete vereinbarungsgemäß am 21.12.2009.

4

Am 2.12.2009 knickte der Kläger auf einem Weg vom Büro zu der Baustelle mit dem Fuß auf einer schneebedeckten Fläche um und zog sich eine Sprunggelenksfraktur zu. Mit Bescheid vom 22.2.2010 lehnte die Beklagte die Gewährung von "Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung" aufgrund des Unfalls vom 2.12.2009 ab. Der Kläger gehöre nicht zum Kreis der versicherten Personen. Die Voraussetzung für eine Ausstrahlung nach § 4 SGB IV, dass das Arbeitsverhältnis nach dem Auslandsaufenthalt im Inland fortgesetzt werde, sei nicht erfüllt. Eine Auslandsunfallversicherung sei nicht abgeschlossen worden. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 15.4.2010 zurück.

5

Das SG Speyer hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen (Urteil vom 14.10.2010). Zur Begründung hat es ua ausgeführt, eine Ausstrahlung sei auch unter Berücksichtigung der Vereinbarungen des Klägers mit seiner Arbeitgeberin über die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses nicht anzunehmen.

6

Der Kläger hat seine Berufung ua ergänzend darauf gestützt, dass die Beklagte seine Arbeitgeberin unzutreffend über den Versicherungsschutz im Ausland beraten habe. Das LSG hat die Berufung durch Urteil vom 30.4.2012 zurückgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, es liege kein Fall der Entsendung vor. Die vom Kläger zu erledigenden Aufgaben hätten auf der Baustelle in Kasachstan erfüllt werden müssen. Bei den vom Kläger am Ende des Arbeitsverhältnisses in Deutschland vorzunehmenden Tätigkeiten handele es sich lediglich um Maßnahmen, mit denen das Auslandsprojekt abgeschlossen und abgewickelt worden sei. Von Pflichten aus einem in Deutschland fortgesetzten Beschäftigungsverhältnis könne keine Rede sein. Es komme auch nicht darauf an, ob die Beklagte die Arbeitgeberin des Klägers in Bezug auf den Abschluss einer Auslandsunfallversicherung zutreffend beraten habe. Zwar lägen Anhaltspunkte für einen Beratungsfehler der Beklagten gegenüber der Arbeitgeberin des Klägers vor. Der Kläger könne hieraus aber keinen Anspruch auf Feststellung eines Arbeitsunfalls herleiten, weil ein eventueller Beratungsfehler im Verhältnis zwischen der Beklagten und der Arbeitgeberin des Klägers keinen Anspruch in der Person des Klägers begründen könne. Der Kläger selbst sei nicht falsch beraten worden.

7

Der Kläger hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Das LSG habe insbesondere einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zu Unrecht verneint. Seine Arbeitgeberin sei bei seiner Entsendung mit der schwierigen Materie des Unfallversicherungsschutzes im Ausland nicht vertraut gewesen und habe sich deshalb an die Beklagte gewandt, um für ihn Versicherungsschutz zu erhalten. Die Beklagte habe seiner Arbeitgeberin mitgeteilt, dass er während seiner Tätigkeit in Kasachstan versichert sei. Im Vertrauen darauf habe seine Arbeitgeberin davon abgesehen, eine Auslandsunfallversicherung abzuschließen. Soweit das LSG anführe, die Beklagte habe nicht ihn beraten, werde außer Acht gelassen, dass die Arbeitgeberin hier seine Interessen wahrzunehmen habe, weil er selbst den Auslandsversicherungsschutz nicht beantragen könne. Auch laufe der sozialrechtliche Herstellungsanspruch ins Leere, wenn der zu Beratende und der Geschädigte jeweils identisch sein müssten.

8

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. März 2012 und des Sozialgerichts Speyer vom 14. Oktober 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. April 2010 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger am 2. Dezember 2009 einen Arbeitsunfall erlitten hat.

9

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG).

12

1. Die Revision genügt den Anforderungen des § 164 Abs 2 Satz 3 SGG. Sie enthält einen bestimmten Antrag und bezeichnet die verletzte Rechtsnorm. Es genügt, insoweit den in ständiger Rechtsprechung (zB BSG vom 17.2.2009 - B 2 U 34/07 R - juris RdNr 27 = SGb 2010, 47, 49 mit Anm Mrozynski) anerkannten sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zu benennen. Bei diesem handelt es sich um ein zu Gewohnheitsrecht erstarktes, richterrechtlich gebildetes Rechtsinstitut und damit um revisibles Bundesrecht (vgl BSG Urteil vom 15.11.1995 - 6 RKa 43/94 - BSGE 77, 53, 55 = SozR 3-2500 § 106 Nr 33 S 185). Der Kläger hat die Revision auch noch in ausreichendem Umfang begründet (s bereits Beschluss vom 24.9.1957 - 2 RU 70/54 - SozR Nr 27 zu § 164 SGG; BSG vom 2.1.1979 - 11 RA 54/78 - SozR 1500 § 164 Nr 12 S 17; zuletzt BSG vom 11.4.2013 - B 2 U 21/11 R - UV-Recht Aktuell 2013, 620, 623). Der Kläger verfolgt sein Begehren auch in zulässiger Weise mit der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs 1, 55 Abs 1 Nr 1 SGG; dazu: BSG vom 7.9.2004 - B 2 U 46/03 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 3 RdNr 4).

13

2. Die Revision ist aber unbegründet, denn der Kläger hat bei dem Sturz am 2.12.2009 keinen Arbeitsunfall erlitten.

14

Gemäß § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Der Kläger gehörte nicht zu dem Kreis der versicherten Personen, als er an dem fraglichen Tag stürzte und sich verletzte. Es liegt kein Fall der Einbeziehung in den Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung im Wege der Ausstrahlung vor (a>). Seine Arbeitgeberin hat für ihn auch keinen Antrag auf Auslandsversicherung gestellt (b>).

15

a) Der Kläger war am Unfalltag nicht im Wege der Ausstrahlung nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versichert.

16

Gemäß § 3 Nr 1 SGB IV gelten die Vorschriften über die Versicherungspflicht, soweit sie eine Beschäftigung voraussetzen, für alle Personen, die im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs beschäftigt sind. § 4 Abs 1 SGB IV ("Ausstrahlung")bestimmt in Erweiterung der zuvor genannten Regelung, dass - soweit die Vorschriften über die Versicherungspflicht eine Beschäftigung voraussetzen - diese auch für Personen gelten, die im Rahmen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereichs entsandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist.

17

Nach seinem Wortlaut setzt § 4 Abs 1 SGB IV - neben einem Auslandsaufenthalt - ein im Inland bestehendes Arbeitsverhältnis und einen im Voraus zeitlich begrenzten Einsatz im Ausland voraus. Dazu muss das Arbeitsverhältnis nach dem Ende der Entsendung im Inland weitergeführt werden (BSG vom 14.1.1987 - 10 RKg 20/85 - BSGE 61, 123, 125 = SozR 5870 § 1 Nr 11 S 24; BSG vom 22.6.1989 - 4 REg 4/88 - SozR 7833 § 1 Nr 6 S 15; BSG vom 17.11.1992 - 4 RA 15/91 - BSGE 71, 227, 234 = SozR 3-2600 § 56 Nr 4 S 19; BSG vom 8.12.1994 - 2 RU 37/93 - BSGE 75, 232, 234 = SozR 3-6050 Art 14 Nr 4 S 11; BSG vom 10.8.1999 - B 2 U 30/98 R - SozR 3-2400 § 4 Nr 5 S 8). Die Weiterführung eines Arbeitsverhältnisses nach einem Auslandseinsatz im Inland liegt vor, wenn nach der Entsendung weiterhin Hauptpflichten eines Arbeitsverhältnisses im Inland zu erfüllen sind (BSG vom 8.12.1994, aaO).

18

Der Annahme einer Ausstrahlung iS des § 4 Abs 1 SGB IV steht hier entgegen, dass nach den Feststellungen des LSG(§ 163 SGG) der Kläger und seine Arbeitgeberin weder bei Eingehung des Beschäftigungsverhältnisses noch zum Zeitpunkt der Entsendung Vereinbarungen getroffen haben, nach denen Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis nach dem Ende der Auslandstätigkeit in Deutschland erbracht werden sollten. Vielmehr sollte das Arbeitsverhältnis mit dem Abschluss des Bauprojekts in Kasachstan enden. Die vertragliche Vereinbarung über die Herausgabe von Unterlagen und die Anfertigung eines Protokolls umfasst keine in Deutschland zu erbringenden Hauptpflichten eines Arbeitsverhältnisses. Der Kläger erfüllte - wie auch das SG und das LSG zutreffend entschieden haben - mit diesen Tätigkeiten lediglich Nebenpflichten, die nur zur Abwicklung des beendeten Arbeitsverhältnisses erforderlich waren.

19

b) Der Kläger war auch nicht über eine Auslandsversicherung unfallversichert.

20

Gemäß § 140 Abs 2, Abs 3 Satz 1 und 3 SGB VII können die Unfallversicherungsträger durch Beschluss der Vertreterversammlung, der der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedarf, eine Versicherung gegen Unfälle einrichten, die Personen im Zusammenhang mit einer Beschäftigung bei einem inländischen Unternehmen im Ausland erleiden, wenn diese Personen nicht bereits Versicherte im Sinne dieses Buches sind. Die Teilnahme an der Versicherung erfolgt auf Antrag der Unternehmer.

21

Die Beklagte hat eine solche Auslandsversicherung zwar eingerichtet, die Arbeitgeberin des Klägers hat aber einen Antrag auf Versicherung des Klägers während des Einsatzes in Kasachstan nicht gestellt. Der Kläger war deshalb bei der Tätigkeit in Kasachstan auch nicht in der gesetzlichen Unfallversicherung (auslands-)versichert.

22

3. Der Kläger ist auch nicht im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs in die Auslandsunfallversicherung einzubeziehen.

23

Ein Herstellungsanspruch setzt voraus, dass ein Sozialleistungsträger eine ihm gegenüber einem Berechtigten obliegende Nebenpflicht aus dem Sozialversicherungsverhältnis verletzt, dem Berechtigten ein unmittelbarer (sozialrechtlicher) Nachteil entsteht und zwischen der Pflichtverletzung und dem Nachteil ein Ursachenzusammenhang vorliegt. Der Herstellungsanspruch ist grundsätzlich auf die Vornahme der Amtshandlung gerichtet, die den möglichen und rechtlich zulässigen Zustand erreicht, der ohne die Pflichtverletzung eingetreten wäre (stRspr; BSG vom 18.12.1975 - 12 RJ 88/75 - BSGE 41, 126, 127 = SozR 7610 § 242 Nr 5 S 5; BSG vom 2.2.2006 - B 10 EG 9/05 R - BSGE 96, 44 = SozR 4-1300 § 27 Nr 2, RdNr 19; BSG vom 17.2.2009 - B 2 U 34/07 R - SGb 2010, 47, 49).

24

Die erste Voraussetzung eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs, die Verletzung von Nebenpflichten, kann sich insbesondere aus der Verletzung des § 14 Satz 1 SGB I ergeben, nach dem jeder Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch hat. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch kann auch aus der Verletzung des § 15 Abs 2 Halbs 2 SGB I folgen, nach dem sich die Auskunftspflicht der Auskunftsstelle auf alle Sach- und Rechtsfragen erstreckt, die für die Auskunftsuchenden von Bedeutung sein können und zu deren Beantwortung die Auskunftsstelle imstande ist.

25

Gegenüber dem Kläger bestand unter den für den Senat bindend festgestellten Gegebenheiten (§ 163 SGG) schon keine entsprechende Obliegenheit der Beklagten, ihm selbst eine Auskunft zu erteilen oder ihn zu beraten (hierzu unter a>). Gegenüber der Arbeitgeberin des Klägers könnte sich zwar aus einer fehlerhaften Auskunft oder Beratung über den Auslandsunfallversicherungsschutz ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch ergeben. Ob sich die Auskunft oder Beratung auch über den Auslandsversicherungsschutz eines Beschäftigten erstrecken muss, begegnet jedoch Zweifeln. Ebenso bestehen Zweifel, ob der Arbeitgeberin des Klägers überhaupt ein Nachteil entstehen kann, der über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ausgeglichen werden könnte. Diese sogleich (unter b>) beiläufig erörterten Fragen bedürfen jedoch keiner Entscheidung. Jedenfalls konnte der Kläger hier einen ggf bestehenden Herstellungsanspruch seiner Arbeitgeberin nicht prozessual geltend machen, denn weder hat ihm die Arbeitgeberin einen solchen Anspruch abgetreten noch ist ein Fall der Prozessstandschaft gegeben (hierzu unter c>).

26

a) Für einen (eigenen) Herstellungsanspruch des Klägers fehlt es bereits an einer Nebenpflichtverletzung aufgrund einer fehlerhaften Auskunft oder Beratung (über den Versicherungsschutz im Ausland) ihm selbst gegenüber.

27

Die Beklagte war gegenüber dem Kläger ohne dessen vorheriges Ersuchen nicht zur Auskunft aufgerufen. Bereits aus dem Wortlaut des § 15 Abs 2 Halbs 2 SGB I ergibt sich, dass nur eine konkrete Frage den Sozialleistungsträger zur Auskunft verpflichtet. Es bedarf daher zumindest einer Kontaktaufnahme mit der Behörde (LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 21.9.2007 - L 11 KR 3/07 - juris RdNr 19; Mönch-Kalina in: jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2011, § 15 RdNr 24). Hieran fehlt es, weil der Kläger vor seinem Auslandsaufenthalt keinen Kontakt zu der Beklagten hatte.

28

Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, den Kläger ohne konkretes Ersuchen spontan zu beraten. Für die Beratung gemäß § 14 Satz 1 SGB I ist zwar anerkannt, dass diese im Einzelfall auch ohne konkretes Ersuchen zu leisten ist(sog Spontanberatung, vgl nur BSG vom 18.1.2011 - B 4 AS 29/10 R - SozR 4-1200 § 14 Nr 15 RdNr 14 mwN). Allerdings ist eine Spontanberatung erst geboten, wenn der Mitarbeiter eines Leistungsträgers anhand des konkreten Vorgangs Gestaltungsmöglichkeiten erkennen kann, die so offensichtlich zweckmäßig sind, dass ein verständiger Bürger sie mutmaßlich nutzen würde (BSG vom 18.1.2011, aaO). Gestaltungsmöglichkeiten in diesem Sinne sind Handlungen des Beratenen, die Sozialleistungen oder Anwartschaften unmittelbar vorausgehen oder diese begleiten, insbesondere diesbezügliche Anträge (vgl Knecht in: Hauck/Noftz, Vorbem zu §§ 13 - 15 SGB I RdNr 5; Mönch-Kalina in: jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2011, § 14 RdNr 29). Dem Kläger standen aber keine Gestaltungsmöglichkeiten in diesem Sinne offen. Die Einbeziehung in die Auslandsversicherung konnte er nicht selbst beantragen, sondern hätte lediglich die Möglichkeit gehabt, bei seiner Arbeitgeberin auf den Abschluss einer Auslandsunfallversicherung hinzuwirken.

29

b) Für einen Herstellungsanspruch der Arbeitgeberin des Klägers ist bereits im Grundsatz zweifelhaft, ob sich aus einer fehlerhaften Auskunft oder Beratung gegenüber einem Arbeitgeber (die hier noch im Einzelnen festzustellen wäre) über den Auslandsunfallversicherungsschutz eines Beschäftigten eine Verletzung von Nebenpflichten ergeben kann. Eine Behörde ist nach Äußerung einer konkreten Frage bzw eines Beratungswunsches ohne weitergehende förmliche Anforderungen zur Auskunft oder Beratung verpflichtet (BSG Urteil vom 12.11.1980 - 1 RA 45/79 - SozR 1200 § 14 Nr 9 S 10; Mönch-Kalina in: jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2011, § 14 RdNr 20 und § 15 RdNr 31; Mrozynski, SGB I, 4. Aufl 2010, § 14 RdNr 6 und § 15 RdNr 7). Zwar hat der Senat im Rahmen seiner Rechtsprechung zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch bereits eine Beratungsobliegenheit des Unfallversicherungsträgers gegenüber einem Arbeitgeber hinsichtlich der Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung gemäß § 6 Abs 1 SGB VII anerkannt. Bei einem Beratungsversäumnis kann der Unternehmer diesen Versicherungsschutz im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs erreichen (BSG Urteil vom 22.9.1988 - 2/9b RU 36/87 - BSGE 64, 89, 94 = SozR 2200 § 545 Nr 8 S 14 mit Anm Wolber SGb 1990, 29, 32).

30

Der Senat hat bislang nicht entschieden, ob die Einbeziehung in die freiwillige Auslandsunfallversicherung iS des § 140 Abs 2 SGB VII(bzw der Vorgängervorschriften der §§ 762 Abs 2, 830, 891 RVO) rückwirkend im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs erreicht werden kann. Unter Berücksichtigung der soeben genannten Entscheidung (BSG Urteil vom 22.9.1988, aaO) spricht einiges dafür, dass Unternehmer jedenfalls auf Anfrage auch über eventuelle Zugangsmöglichkeiten zur freiwilligen Auslandsversicherung zu informieren und beraten sind. Ob dies auch für den Unfallversicherungsschutz ins Ausland entsandter Beschäftigter gilt, begegnet dagegen Zweifeln. Bei der Auslandsunfallversicherung eines Beschäftigten besteht ein Dreiecksverhältnis. Aufgrund der alleinigen Beitragspflicht der Unternehmer (§ 150 Abs 1 Satz 1 SGB VII) fällt - außer bei den nach § 2 SGB VII versicherten Unternehmern sowie den nach § 3 Abs 1 Nr 1 und § 6 Abs 1 SGB VII Versicherten - das Mitgliedschafts-/Beitragsverhältnis (Unternehmer - Unfallversicherungsträger) und das Leistungs-/Versicherungsschutzverhältnis (Beschäftigter - Unfallversicherungsträger) auseinander. Hängt der Versicherungsschutz bei der freiwilligen Auslandsunfallversicherung eines Beschäftigten - anders als bei inländischen Versicherungsverhältnissen, bei denen kraft Gesetzes Versicherungsschutz besteht - von einem Antrag des Unternehmers ab, so führt das Dreiecksverhältnis dazu, dass der über den Auslandsversicherungsschutz Auskunfts- oder Beratungsberechtigte und der im Falle einer fehlerhaften Auskunft/Beratung unmittelbar sozialrechtlich Benachteiligte stets personenverschieden sind. Allein der Beschäftigte ist vom ggf fehlenden Auslandsversicherungsschutz betroffen. Dagegen ist der über den Auslandsversicherungsschutz zu beratende Unternehmer lediglich insoweit betroffen, als er einen Antrag auf Auslandsversicherung mit nachfolgender (ihn zunächst belastender) Beitragszahlung unterlassen hat.

31

Weiterhin ist zweifelhaft, ob der Arbeitgeberin selbst überhaupt ein Nachteil daraus entstehen konnte, dass sie den Abschluss einer Auslandsunfallversicherung für ihre Arbeitnehmer in Kasachstan unterlassen hat. Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Schadensersatz wegen unterlassener Auslandsunfallversicherung gemäß § 618 Abs 3 BGB oder wegen der Verletzung der allgemeinen arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht erscheinen nach der bisherigen arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung fraglich(zum Hinweis auf fehlenden Krankenversicherungsschutz in den USA: Hessisches LAG Urteil vom 4.9.1995 - 16 Sa 215/95 - NZA 1996, 482; zum Hinweis auf Steuerpflichten: BAG Urteil vom 22.1.2009 - 8 AZR 161/08 - NZA 2009, 608, 609). Allerdings ist bislang nicht entschieden, ob der Beschäftigte von seinem Arbeitgeber den - über die schlichte Information über fehlenden Versicherungsschutz deutlich hinausgehenden - Abschluss einer Auslandsunfallversicherung zur Abdeckung der aus der Arbeitstätigkeit erwachsenden Risiken aus § 618 Abs 1 BGB oder der Fürsorgepflicht verlangen kann(ablehnend für den Abschluss einer Kfz-Kaskoversicherung BAG Urteil vom 22.3.1968 - 1 AZR 392/67 - BAGE 20, 352, 357; ebenso ablehnend für eine über den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz hinausgehende private Gruppenversicherung für ein Auslandsgastspiel BAG Urteil vom 4.5.1983 - 5 AZR 108/81 - juris RdNr 14; vgl auch LAG Rheinland-Pfalz Urteil vom 31.8.2009 - 5 Sa 702/08 - juris RdNr 62 zur Unzulässigkeit der Arbeitsverweigerung des Arbeitnehmers bei Unklarheiten über eine vorhandene soziale Sicherung im Ausland). Allerdings sehen Teile des Schrifttums den Arbeitgeber insbesondere bei einer Gefahrerhöhung im Vergleich zum Wohn- und Beschäftigungsort im Heimatland verpflichtet, eine Auslandsunfallversicherung für den Beschäftigten abzuschließen (so Krieger/Herzberg, BB 2012, 1089, 1091; Leube, ZESAR 2010, 171, 175; Edenfeld, NZA 2009, 938, 942; zurückhaltender Mastmann/Stark, BB 2005, 1849, 1853; Heuser/Heidenreich/Fritz, Auslandsentsendung und Beschäftigung ausländischer Mitarbeiter, 4. Aufl 2011, RdNr 543).

32

c) Diese soeben unter b) erörterten Fragen können hier aber dahingestellt bleiben, denn der Kläger konnte einen ggf vorliegenden Herstellungsanspruch seiner Arbeitgeberin im vorliegenden Falle jedenfalls nicht selbst prozessual geltend machen. Insofern hat das LSG auch zu Recht keine weiteren Ermittlungen angestellt, inwieweit die Arbeitgeberin des Klägers tatsächlich von der Beklagten fehlerhaft oder unzureichend beraten worden ist.

33

Zwar ist die Geltendmachung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs durch einen anderen als den in seinen Auskunfts- oder Beratungsrechten Verletzten grundsätzlich möglich. Allerdings ist der Kläger hier weder durch Legalzession noch durch Universalsukzession noch durch gewillkürte Übertragung Inhaber eines eventuellen Herstellungsanspruchs seiner Arbeitgeberin geworden. Solche gewillkürten (Abtretungs-)Erklärungen der Arbeitgeberin des Klägers liegen erkennbar nicht vor und werden von den Beteiligten auch nicht vorgetragen. Anders als in anderen Fällen (siehe § 91a BSHG idF vom 23.3.1994, § 1922 BGB, § 320 Abs 1 SGB III)sieht das Gesetz auch keinen unmittelbaren oder durch einseitige Erklärung vollziehbaren Anspruchsübergang auf den Benachteiligten vor.

34

Das BSG hat entschieden, dass der Träger der Sozialhilfe den in der Person einer Leistungsempfängerin entstandenen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch gegen eine dritte Behörde nach der gesetzlichen Anspruchsüberleitung (§ 91a BSHG aF)selbst geltend machen kann (BSG vom 26.1.2000 - B 13 RJ 37/98 R - SozR 3-5910 § 91a Nr 7 S 36). Auch wird angenommen, dass der sozialrechtliche Herstellungsanspruch durch Erbschaft auf eine andere Person übergehen kann (BSG vom 25.10.1984 - 11 RA 18/84 - BSGE 57, 215, 216 = SozR 1200 § 59 Nr 6 S 13; LSG Rheinland-Pfalz vom 10.3.1993 - L 3 U 147/91 - Breithaupt 1993, 919, 926; BSG vom 8.10.1998 - B 8 KN 1/97 U R - SGb 2000, 29, 31 mit kritischer Anm Brandenburg aaO, 33, 35; aA LSG Baden-Württemberg Urteil vom 19.3.2013 - L 9 R 4622/11 - juris RdNr 19). Schließlich sind andere Personen als der oder die Berechtigte in besonders geregelten Ausnahmefällen befugt, Ansprüche des anderen geltend zu machen. Dies gilt zB für den Herstellungsanspruch im Zusammenhang mit der Beantragung von Kurzarbeitergeld (vgl LSG Rheinland-Pfalz vom 30.11.1984 - L 6 Ar 53/84 - NZA 1985, 263, 264; Striebinger in: Gagel, SGB II/SGB III, Stand: 50. ErgLfg, § 320 SGB III RdNr 26; Siefert in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, 5. Aufl 2013, § 320 RdNr 10). Ein anderer kann aber nur in solchen Fällen einen Herstellungsanspruch geltend machen, in denen er - wie der Arbeitgeber nach §§ 95, 99 SGB III - durch Gesetz zum Prozessstandschafter (dort der Arbeitnehmer) berufen ist(vgl Mutschler in Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, 5. Aufl 2013, § 95 RdNr 45 mwN und § 99 RdNr 39). An entsprechenden gesetzlichen Regelungen fehlt es vorliegend.

35

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 Abs 1 Satz 1 SGG.

(1) Soweit die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung eine Beschäftigung voraussetzen, gelten sie auch für Personen, die im Rahmen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereichs entsandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist.

(2) Für Personen, die eine selbständige Tätigkeit ausüben, gilt Absatz 1 entsprechend.

(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn

1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und
2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin und dem Beigeladenen die außergerichtlichen Kosten auch des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der bei einem Handballtraining erlittene Unfall der Klägerin ein Arbeitsunfall ist.

2

Die 1981 geborene Klägerin übte eine Vollzeitbeschäftigung aus, neben der sie als Handballspielerin der ersten Damenmannschaft des Sportvereins A. (SVA) in der 2. Bundesliga spielte. Sie war Vereinsmitglied des SVA, zahlte den Mitgliedsbeitrag und nahm am Trainings- und Spielbetrieb teil. Die Klägerin schloss mit dem SVA jeweils jährlich neu einen Vertrag für eine Spielsaison, der der Handball-Bundesliga-Vereinigung Frauen eV angezeigt wurde. Die Klägerin verpflichtete sich darin ua, in der 2. Handball-Bundesliga unentgeltlich für den SVA Handball zu spielen, wobei ihr ein jährlicher Urlaub gemäß den gesetzlichen Bestimmungen eingeräumt wurde, den sie im Einvernehmen mit dem für den Spielbetrieb Verantwortlichen nehmen konnte.

3

Der beigeladene Handball-Sportmanagement-A. (HSA) betrieb das Management der ersten Damenhandballmannschaft des SVA. Die Klägerin war nicht Mitglied des HSA. Sie schloss mit dem HSA ebenfalls einen Vertrag, der sich jeweils um ein Jahr verlängerte. In diesem Vertrag verpflichtete sich die Klägerin ua, ihre sportliche Leistungsfähigkeit für den HSA einzusetzen, alles zu tun, die Leistungsfähigkeit zu erhalten und zu steigern und am Training und allen Vereinsspielen und Lehrgängen des SVA teilzunehmen. Weiterhin verpflichtete sich die Klägerin gegenüber dem beigeladenen HSA, im Falle einer durch den Handballsport eingetretenen Erkrankung oder Verletzung, sich bei einem vom Beigeladenen zu benennenden Arzt unverzüglich vorzustellen sowie sich den angeordneten sportmedizinischen und sporttherapeutischen Maßnahmen zu unterziehen und an Reisen im In- und Ausland teilzunehmen, für die der Beigeladene auch das zu benutzende Verkehrsmittel bestimmte. Schließlich hatte sie an Veranstaltungen des Beigeladenen zum Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit mitzuwirken, bei denen sie die von dem Beigeladenen gestellte Kleidung tragen musste. Anderweitige Werbung war der Klägerin untersagt. Sie übertrug dem Beigeladenen vielmehr die Verwertung ihrer im Zusammenhang mit der Ausübung des Handballsports stehenden Persönlichkeitsrechte und hatte jederzeit ihr Autogramm für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit zu leisten bzw verarbeiten zu lassen. Die aus Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit und Werbung erzielten Erlöse standen ausschließlich dem Beigeladenen zu. Der Beigeladene verpflichtete sich, der Klägerin eine Aufwandsentschädigung, insbesondere Fahrtkostenersatz, in Höhe von jährlich maximal 7950 Euro zu zahlen. Die Klägerin erhielt für Fahrtkosten vom Beigeladenen 0,30 Euro je km.

4

Das Handballtraining fand dreimal wöchentlich von 19.00 Uhr bis 21.00 Uhr statt. Im Mannschaftstraining am 29.1.2009 wurde die Klägerin vom Ellenbogen einer Mitspielerin im Gesicht getroffen, wodurch sie eine Verletzung am linken Schneidezahn mit Nervschädigung und Abriss der Wurzel erlitt. Die beklagte Berufsgenossenschaft lehnte mit Bescheid vom 25.11.2009 die Anerkennung dieses Ereignisses als Arbeitsunfall und die Erbringung von Leistungen ab und wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 27.5.2010 zurück. Das SG Reutlingen hat die dagegen gerichtete Klage mit Gerichtsbescheid vom 18.2.2013 abgewiesen, weil die Klägerin nicht als Beschäftigte oder wie eine Beschäftigte tätig geworden und damit nicht in der Unfallversicherung versichert gewesen sei. Die persönliche Abhängigkeit der Klägerin habe allein auf den mitgliedschaftlichen Verpflichtungen beruht, wie sie jedes Mitglied einer Handballmannschaft typischerweise träfen. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit der Klägerin habe nicht vorgelegen.

5

Das LSG Baden-Württemberg hat auf die Berufung der Klägerin unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Unfall der Klägerin als Arbeitsunfall festzustellen (Urteil vom 13.12.2013). Im Übrigen hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Berufung des Beigeladenen als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, die Klägerin habe den Unfall während einer versicherten Tätigkeit als Beschäftigte erlitten. Das Handballspielen der Klägerin sei von den Vertragsbeziehungen zum SVA und zum Beigeladenen geprägt gewesen. Die Sparte "Handball" im SVA sei organisatorisch gesondert gegliedert gewesen und habe dem Beigeladenen oblegen, der auch vom SVA auf ihn übertragene merkantile Interessen verfolgt habe. Unfallversicherungsschutz als Beschäftigte setze nicht die Zahlung eines Entgeltes voraus. Auch die Vereinsmitgliedschaft im SVA stehe der Annahme einer Beschäftigung nicht entgegen, weil die Klägerin als Leistungssportlerin in einem Maße in den SVA eingebunden gewesen sei, das deutlich über das von normalen Vereinsmitgliedern geschuldete Verhalten hinausgegangen sei.

6

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 2 Abs 1 Nr 1, § 8 Abs 1 SGB VII und § 7 Abs 1 SGB IV. Die Klägerin sei während des Handballtrainings weder als Beschäftigte noch wie eine Beschäftigte versichert gewesen. Sie habe als Vereinsmitglied des SVA im Rahmen ihres mitgliedschaftlichen Engagements trainiert. Die rechtlichen Beziehungen zu dem beigeladenen HSA stellten keinen Arbeitsvertrag, sondern eine besondere vertraglich-persönliche Bindung einer Hochleistungssportlerin dar, die bis in das Privatleben hinein reiche und sich auf eine lediglich sportliche, dem Arbeitsleben nicht zurechenbare Tätigkeit beziehe. Darüber hinaus bedürfe es im Bereich des Sports für die Annahme einer Beschäftigung generell einer Entgeltzahlung, die hier weder vereinbart noch erfolgt sei.

7

Die Beklagte beantragt,

        

das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 13.12.2013 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG Reutlingen vom 18.2.2013 insgesamt zurückzuweisen.

8

Die Klägerin und der Beigeladene beantragen,

        

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie halten das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Das LSG hat im Ergebnis zu Recht die Beklagte verpflichtet, den am 29.1.2009 beim Handballtraining erlittenen Unfall der Klägerin als Arbeitsunfall festzustellen, denn die Klägerin hat einen Arbeitsunfall als Beschäftigte des Beigeladenen erlitten.

11

Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 16/11 R - BSGE 111, 52 = SozR 4 - 2700 § 2 Nr 21, RdNr 10 mwN, vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4 - 2700 § 8 Nr 44 RdNr 26 f, vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4 - 2700 § 8 Nr 46, RdNr 20, vom 18.6.2013 - B 2 U 10/12 R - SozR 4 - 2700 § 8 Nr 47 RdNr 12, vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4 - 2700 § 2 Nr 27 RdNr 11, vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R - SozR 4 - 2700 § 8 Nr 52 RdNr 11 und vom 4.12.2014 - B 2 U 10/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2700 § 2 Nr 32 vorgesehen, Juris RdNr 11; vgl zuletzt ua BSG vom 4.12.2014 - B 2 U 13/13 R - zur Veröffentlichung in SozR 4 - 2700 § 2 Nr 31 vorgesehen, Juris RdNr 11). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

12

Die Verrichtung unmittelbar vor dem Unfallereignis - die Teilnahme am Training der Handballmannschaft - hat den Stoß mit dem Ellenbogen einer Mitspielerin in das Gesicht der Klägerin und damit einen Unfall und dieser hat eine Verletzung des linken Schneidezahns mit Zahnnervschädigung und Wurzelabriss und damit einen Gesundheitserstschaden rechtlich wesentlich verursacht. Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar und (subjektiv) - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist (sog Handlungstendenz - vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 21 f, vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 52 RdNr 14 und vom 4.12.2014 - B 2 U 14/13 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 30 RdNr 12). Bei ihrer Tätigkeit war die objektivierte Handlungstendenz der Klägerin auf die Erfüllung des gesetzlichen Versicherungstatbestands als Beschäftigte iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII gerichtet, denn mit der Teilnahme am Handballtraining am 29.1.2009 erfüllte die Klägerin eine dem Beigeladenen gegenüber bestehende Hauptpflicht aus einem Beschäftigungsverhältnis.

13

Bei Vornahme der Verrichtung des Handballtrainings war die Klägerin nach Überzeugung des Senats jedenfalls als Beschäftigte des Beigeladenen iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versichert(sogleich unter 1.) Ob darüber hinaus auch ein Beschäftigungsverhältnis mit dem SVA bestand, wovon offenbar das LSG ausging, kann der Senat insoweit offenlassen (hierzu unter 2.).

14

1. Eine nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als Beschäftigte liegt vor, wenn die Verletzte zur Erfüllung eines von ihr begründeten Rechtsverhältnisses, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses, eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen(vgl § 7 Abs 1 SGB IV) zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse ihrer Verrichtung diesem und nicht ihr selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen (vgl § 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII). Es kommt objektiv auf die Eingliederung des Handelns der Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen des anderen bringen soll. Eine Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII wird daher ausgeübt, wenn die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, entweder eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zu Grunde liegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, oder die Verletzte eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern sie nach den besonderen Umständen ihrer Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, sie treffe eine solche Pflicht, oder sie unternehmensbezogene Rechte aus dem Rechtsverhältnis ausübt(vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 27 ff, vom 13.11.2012 - B 2 U 27/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 45 RdNr 23 f und vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 27 RdNr 13).

15

Das LSG hat die von der Klägerin am 29.1.2009 verrichtete Tätigkeit, nämlich die Teilnahme am Handballtraining ihrer Mannschaft, zutreffend als Verrichtung angesehen, die auf die Erfüllung einer der Klägerin als Beschäftigte iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII obliegenden Pflicht gerichtet war. Diese Pflicht bestand hier gegenüber dem beigeladenen HSA.

16

§ 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII erfasst die Beschäftigten iS des § 7 Abs 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Eine Beschäftigung liegt daher immer dann vor, wenn ein Arbeitsverhältnis besteht. Sie kann aber auch ohne Arbeitsverhältnis gegeben sein, wenn die Verletzte sich in ein fremdes Unternehmen eingliedert und ihre konkrete Handlung sich dem Weisungsrecht eines Unternehmers insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Verrichtung unterordnet (vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 31 ff). Dabei kommt es auf die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse an. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine formlose Abbedingung rechtlich möglich ist. Entscheidend ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl BSG vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 16 mwN und vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 27 RdNr 14).

17

Die Einordnung der Rechtsbeziehung der Klägerin gegenüber dem Beigeladenen als Beschäftigung ergibt sich zunächst aus dem Vertrag vom 12.3.2006, den die Klägerin mit dem HSA geschlossen hat. Den Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) lässt sich auch noch hinreichend entnehmen, dass die tatsächlich gelebten Verhältnisse diesem Vertragsinhalt entsprachen. Die Klägerin war danach weder Vereinsmitglied des Beigeladenen noch existierten sonstige Rechtsbeziehungen, die das Handeln der Klägerin als bloße Erfüllung rein mitgliedschaftlicher Pflichten erscheinen ließen (vgl hierzu die Urteile des erkennenden Senats vom 31.1.1961 - 2 RU 173/58 - BSGE 14, 1, 3 f = SozR Nr 1 zu § 798 RVO A a 2, vom 20.12.1961 - 3 RK 65/57 - BSGE 16, 98, 101 f = SozR Nr 29 zu § 165 RVO A a 31, vom 17.10.1990 - 2 RU 3/90 - HVBG-INFO 1991, 423, 427, vom 27.1.1994 - 2 RU 17/93 - SozR 3-2200 § 539 Nr 27 S 101, vom 24.2.2000 - B 2 U 4/99 R - HVBG-INFO 2000, 1253, 1255, vom 13.8.2002 - B 2 U 29/01 R - HVBG-INFO 2002, 2511, 2516 f, vom 18.3.2003 - B 2 U 25/02 R - HVBG-INFO 2003, 1412, 1419, vom 30.6.2009 - B 2 U 22/08 R - UV-Recht Aktuell 2009, 1040, 1046 und vom 27.10.2009 - B 2 U 26/08 R - UV-Recht Aktuell 2010, 185, 189). Dies könnte sich ggf anders darstellen, wenn die Klägerin ausschließlich Mitglied des Handballvereins SVA gewesen wäre (vgl hierzu unter 2.).

18

Jedenfalls sind keine Anhaltspunkte für eine von dem schriftlichen Vertragsinhalt abweichende Handhabung und damit für mögliche abweichende Regelungen oder für die Unwirksamkeit einzelner oder sämtlicher Vertragsbestimmungen aus dem Verhältnis zum Beigeladenen ersichtlich. Es ist dabei - anders als in dem angefochtenen Urteil des LSG - auch keine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der der Klägerin gegenüber dem SVA ggf obliegenden vertraglichen und mitgliedschaftlichen Pflichten vorzunehmen, weil der Beigeladene in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins arbeitet und als juristische Person selbstständig rechtsfähig ist (§ 21 BGB).

19

Die Klägerin war nach den vom LSG mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen für den Senat bindend festgestellten (§ 163 SGG) Bestimmungen des Vertrags vom 12.3.2006 in den Betrieb des Beigeladenen eingegliedert und an dessen Weisungen gebunden. So hatte sie sich gegenüber dem Beigeladenen verpflichtet, ihre sportliche Leistungsfähigkeit einzusetzen, zu erhalten und zu steigern, sowie am Training und an den Spielen ihrer Handballmannschaft teilzunehmen, sowie auch anwesend zu sein, wenn ihr Einsatz nicht in Betracht kam. Darüber hinaus hatte sie an Lehrgängen und an Reisen im In- und Ausland teilzunehmen. Diese Unterordnung unter die Erfordernisse des Spielbetriebs wurde ergänzt durch eine Eingliederung in die Öffentlichkeitsarbeit des Beigeladenen. Die Klägerin war zur Mitwirkung bei Veranstaltungen zur Öffentlichkeitsarbeit verpflichtet, bei denen sie von dem Beigeladenen gestellte Kleidung zu tragen hatte. Anderweitige Werbung war ihr untersagt. Sie übertrug dem Beigeladenen die Verwertung ihrer im Zusammenhang mit der Ausübung des Handballsports stehenden Persönlichkeitsrechte und hatte jederzeit ihr Autogramm für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit zu leisten bzw verarbeiten zu lassen. Dass es sich hierbei um eine Eingliederung gerade in das Unternehmen des Beigeladenen handelte, folgt auch daraus, dass Einnahmen aus der Öffentlichkeitsarbeit und Werbung allein dem Beigeladenen zustanden. Ferner hatte die Klägerin ihren Urlaub grundsätzlich vor der Vorbereitungsphase auf die neue Saison zu nehmen.

20

Bei den einzelnen Tätigkeiten, die eine Eingliederung in den Betrieb des Beigeladenen beinhalten, war die Klägerin auch an die Weisungen des Beigeladenen gebunden. Beim Spielbetrieb hatte sie sich den Weisungen aller vom Beigeladenen dazu eingesetzten Personen, insbesondere des Trainers, unterzuordnen. Selbst wenn - wie die Beklagte meint - dies nur ein Trainer des SVA sein konnte, steht dies der Bindung der Klägerin an Weisungen als Beschäftigte des Beigeladenen nicht entgegen, weil das Weisungsrecht auch auf Dritte delegiert werden kann. Bei Reisen bestimmte der Beigeladene das zu benutzende Verkehrsmittel. Weisungen des Beigeladenen unterlag die Klägerin auch im Falle einer durch die Ausübung des Handballsports eingetretenen Erkrankung oder Verletzung, weil sie verpflichtet war, sich bei einem vom Beigeladenen zu benennenden Arzt unverzüglich vorzustellen sowie sich angeordneten sportmedizinischen und sporttherapeutischen Maßnahmen zu unterziehen. Die Weisungsgebundenheit der Klägerin wird dadurch unterstrichen, dass sie bei Verletzung von Vertragspflichten Vertragsstrafen ausgesetzt war (vgl hierzu auch BSG Urteil vom 20.12.1961 - 3 RK 65/57 - BSGE 16, 98, 101 = SozR Nr 29 zu § 165 RVO A a 31).

21

Die konkrete Ausgestaltung der Pflichten der Klägerin gegenüber dem Beigeladenen ging damit deutlich über eine allein durch eine Vereinsmitgliedschaft oder durch die Ausübung eines Mannschaftssports begründete Rechtsbeziehung hinaus. Selbst wenn die Klägerin den Handballsport auch aus dem eigenen Bedürfnis zur sportlichen Betätigung und ggf in Erfüllung einer gegenüber dem SVA bestehenden mitgliedschaftlichen Pflicht betrieb und damit auch einen eigenwirtschaftlichen Zweck verfolgte, diente das Handballspiel und Handballtraining jedenfalls wesentlich dem wirtschaftlichen Interesse des Beigeladenen. Dessen Aufgabe war das Management der ersten Damenhandballmannschaft des SVA und damit die Verpflichtung befähigter Spielerinnen und deren Förderung zur Einnahmeerzielung durch attraktive Spiele. An der die Beschäftigung charakterisierenden fremdwirtschaftlichen Zweckbestimmung eines Verhaltens fehlt es erst dann, wenn mit ihm im Wesentlichen - anders als hier - allein eigene Angelegenheiten verfolgt werden (BSG vom 5.7.2005 - B 2 U 22/04 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 6 = NZS 2006, 375).

22

Offenbleiben kann hier, inwieweit die der Klägerin gezahlten Fahrtkosten in Höhe von maximal 7950 Euro jährlich ein Entgelt für das Handballspielen darstellte. Ob Arbeitnehmern ein Entgelt für ihre Tätigkeit gezahlt wird, ist für das Vorliegen einer Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII wie auch iS des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV nicht ausschlaggebend(vgl BSG vom 26.6.1980 - 8a RU 48/79 - SozR 2200 § 539 Nr 68, vom 30.6.2009 - B 2 U 3/08 R - UV-Recht Aktuell 2009, 1008, 1014 und vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 27 RdNr 14 - Postzustellerfall). Arbeitsentgelt setzt das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses voraus, begründet ein solches aber nicht. Auch ohne eine aus der Zahlung eines Entgelts folgende wirtschaftliche Abhängigkeit kann eine Beschäftigung vorliegen.

23

Auch im Bereich der sportlichen Betätigung und bei Tätigkeiten in Vereinen ist die Beschäftigung von rein mitgliedschaftlicher bzw sportlicher Betätigung nicht danach abzugrenzen, ob ein Entgelt vereinbart ist und gezahlt wird. Sofern der erkennende Senat im Zusammenhang mit sportlichen Betätigungen innerhalb einer Vereinsmitgliedschaft ausgeführt hat, dass eine von dieser abzugrenzende Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII typischerweise bei Zahlung eines Arbeitsentgelts anzunehmen ist(vgl BSG vom 18.3.2003 - B 2 U 25/02 R - HVBG-INFO 2003, 1412, 1418 und vom 27.10.2009 - B 2 U 26/08 R - UV-Recht Aktuell 2010, 185, 190), hat er dabei auf die Entgeltzahlung lediglich als ein Indiz für das Vorliegen einer Beschäftigung abgestellt. Entgegen der Rechtsansicht der Revision existiert hingegen keine rechtliche Vermutung, dass im sportlichen Bereich das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses zwingend die Zahlung eines "nennenswerten" Entgelts voraussetzt. Die allgemeinen Kriterien für das Vorliegen einer Beschäftigung, nämlich die über die reine Ausübung eines Mannschaftssports hinausgehende Eingliederung in den Betrieb des Beigeladenen, verbunden mit einer zahlreiche Aspekte der Tätigkeit umfassenden Weisungsgebundenheit, ermöglichen hier bereits hinreichend die Einordnung als Beschäftigung, ohne dass zusätzlich auf eine Entgeltzahlung und eine rechtliche Qualifizierung des Fahrtkostenersatzes abgestellt werden muss.

24

Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat die Klägerin im Unfallzeitpunkt eine versicherte Beschäftigung verrichtet und mit ihrer Teilnahme am Handballtraining eine sich aus dem Beschäftigungsverhältnis mit dem Beigeladenen ergebende Hauptpflicht erfüllt.

25

2. Auf die Einordnung der zum eigentlichen Handballverein SVA bestehenden Rechtsbeziehungen der Klägerin kam es im vorliegenden Fall mithin nicht mehr entscheidend an. Die Revision hat hier zu Recht darauf verwiesen, dass die Klägerin Vereinsmitglied des SVA war und die bisherige Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Frage, welche Verrichtungen aufgrund einer mitgliedschaftlichen Verpflichtung als Vereinsmitglied vorgenommen werden und mithin gerade keine Beschäftigung darstellen, eher dazu tendiert, von weitgehenden mitgliedschaftlichen Handlungspflichten der Vereinsmitglieder auszugehen (vgl die Urteile vom 31.1.1961 - 2 RU 173/58 - BSGE 14, 1, 3 f = SozR Nr 1 zu § 798 RVO A a 2, vom 20.12.1961 - 3 RK 65/57 - BSGE 16, 98, 101 f = SozR Nr 29 zu § 165 RVO A a 31, vom 17.10.1990 - 2 RU 3/90 - HVBG-INFO 1991, 423, 427, vom 27.1.1994 - 2 RU 17/93 - SozR 3-2200 § 539 Nr 27 S 101, vom 24.2.2000 - B 2 U 4/99 R - HVBG-INFO 2000, 1253, 1255, vom 13.8.2002 - B 2 U 29/01 R - HVBG-INFO 2002, 2511, 2516 f, vom 18.3.2003 - B 2 U 25/02 R - HVBG-INFO 2003, 1412, 1419, vom 30.6.2009 - B 2 U 22/08 R - UV-Recht Aktuell 2009, 1040, 1046 und vom 27.10.2009 - B 2 U 26/08 R - UV-Recht Aktuell 2010, 185, 189). Letztlich kann hier offenbleiben, wie die Rechtsbeziehung zwischen der Klägerin und dem SVA einzuordnen wäre, denn ausschlaggebend ist, dass die Klägerin in einem Beschäftigungsverhältnis zum beigeladenen HSA stand, bei dem sie gerade nicht Mitglied war.

26

Der Senat konnte auch die Verurteilung der Beklagten zur Feststellung eines Arbeitsunfalls bestätigen, denn die Beklagte war für die Feststellung des Arbeitsunfalles zuständig, weil nach § 3 I Nr 9 ihrer Satzung ihr Zuständigkeitsbereich sowohl Sportvereine als auch sonstige Sportunternehmen umfasst, wozu der Beigeladene gehört.

27

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. Die Beklagte hat der Klägerin und dem Beigeladenen deren außergerichtliche Kosten zu erstatten, weil deren im Revisionsverfahren gestellte Anträge Erfolg hatten. Zwar sind gemäß § 193 Abs 4 SGG die Aufwendungen der in § 184 Abs 1 SGG genannten Gebührenpflichtigen, die nicht gemäß § 183 SGG kostenprivilegiert sind, nicht erstattungsfähig. Zu diesem Personenkreis gehört jedoch der HSA als Beigeladener nicht (vgl BSG vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 60/06 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 5 RdNr 18 und vom 1.3.2011 - B 1 KR 10/10 R - BSGE 107, 267 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 90).

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 8. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die gerichtliche Feststellung eines Arbeitsunfalls.

2

Am 5.5.2006 brachte sie während ihrer Freistellungsphase aufgrund vereinbarter Altersteilzeit ihrem Arbeitgeber ein von ihm auszufüllendes Formular für eine sog Vorausbescheinigung von Arbeitsentgelt, um sie sodann beim Rentenversicherungsträger vorzulegen, damit dieser ihr nahtlos zum Eintritt in den Ruhestand Rente wegen Alters in richtiger Höhe zahlen sollte. Dabei stolperte sie auf einer Treppe im Betriebsbereich, stürzte auf ihr linkes Handgelenk und erlitt dadurch einen Speichenbruch des linken Unterarms.

3

Die Beklagte lehnte es ab, deswegen einen Arbeitsunfall festzustellen (Bescheid vom 17.8.2006; Widerspruchsbescheid vom 17.1.2007). Von einer versicherten Tätigkeit sei nicht auszugehen, da die Abgabe der Bescheinigung im eigenwirtschaftlichen Interesse der Klägerin gelegen habe.

4

Die Klagen und die Berufung sind erfolglos geblieben (Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 29.3.2010 und Urteil des Bayerischen LSG vom 8.2.2011). Das LSG hat ausgeführt: Ein sachlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit als Beschäftigte und der Überbringung des Formulars liege nicht vor. Das private Interesse der Klägerin im Rahmen ihrer Sozialversicherungsangelegenheit stehe hierbei im Vordergrund. Soweit auch Belange des Arbeitgebers berührt seien, beträfen diese weder seine unmittelbaren Pflichten aus dem Arbeitsvertrag noch seine allgemeine Fürsorgepflicht. Dass die Gewährung von Altersrente zugleich Voraussetzung für die Gewährung einer Betriebsrente sei und dass der Arbeitgeber bei fehlerhafter oder verspäteter Ausstellung der Bescheinigung sich möglicherweise schadensersatzpflichtig mache, rechtfertige kein anderes Ergebnis. Zwar habe das BSG einen Arbeitnehmer auf dem Weg zum Personalbüro als versichert angesehen, wenn er dort eine Arbeitsbescheinigung abholen wollte, die er für die weitere Aufenthaltserlaubnis benötige (Urteil vom 29.1.1986 - 9b RU 76/84 - SozR 2200 § 548 Nr 78). Während der Arbeitgeber die Ausstellung der Arbeitsbescheinigung aufgrund seiner Fürsorgepflicht aus dem Arbeitsverhältnis schulde, diene die Vorausbescheinigung jedoch wesentlich dem eigenwirtschaftlichen Interesse der Realisierung von Sozialleistungsansprüchen.

5

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 8 Abs 1 SGB VII. Das Überbringen des Formulars für eine Vorausbescheinigung des Arbeitgebers stehe im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit. Die ordnungsgemäße Ausfüllung einer Vorausbescheinigung iS des § 194 SGB VI stelle neben der Erfüllung seiner Fürsorgepflicht aus dem Arbeitsverhältnis eine eigene gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers dar und habe daher nicht ausschließlich in ihrem privaten Interesse gelegen. Eine unrichtige oder verspätete Ausstellung der Bescheinigung hätte nicht nur dazu geführt, dass die Klägerin nicht nahtlos die rentenversicherungsrechtliche Altersrente erhalten hätte. Der Bezug der Altersrente sei auch Voraussetzung für den Bezug der betrieblichen Altersrente gewesen. Die Ausstellung der Bescheinigung habe also im Hinblick auf ihre möglicherweise entstehenden Schadensersatzansprüche im wirtschaftlichen Interesse des Arbeitgebers gelegen. Sie habe ohne weiteres der Auffassung sein können, mit der Überbringung des Formulars und der beabsichtigten gemeinsamen Ausfüllung desselben mit dem zuständigen Mitarbeiter des Arbeitgebers, eine sich aus ihrem Arbeitsverhältnis ergebende Nebenpflicht zu erfüllen. Schließlich müsse die Entscheidung des BSG (Urteil vom 29.1.1986 - 9b RU 76/84 - SozR 2200 § 548 Nr 78) - anders als das LSG meint - aufgrund der in beiden Fällen vergleichbaren Motivation der Arbeitnehmer zur Zurechnung der Abgabe des Formulars zur versicherten Tätigkeit führen. In beiden Fällen bestehe eine Fürsorgepflicht des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis.

6

Die Klägerin beantragt,

        

das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 8. Februar 2011 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 29. März 2010 aufzuheben und unter Aufhebung der die Feststellung eines Versicherungsfalls ablehnenden Entscheidung in dem Bescheid der Beklagten vom 17. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Januar 2007 festzustellen, dass das Ereignis vom 5. Mai 2006 ein Arbeitsunfall der Klägerin ist.

7

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält das angefochtene Urteil des LSG für zutreffend. Die Entscheidung des BSG vom 29.1.1986 - 9b RU 76/84 - sei nicht einschlägig. Die Klägerin habe die Vorausbescheinigung zur Berechnung ihrer Altersrente und nicht für ihre Arbeitstätigkeit benötigt. Mangels Aufforderung zum Tätigwerden sei auch die Motivationslage in beiden Fällen unterschiedlich gewesen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat die zulässige Berufung der Klägerin zu Recht zurückgewiesen, da das SG ihre zulässigen Klagen zutreffend als unbegründet abgewiesen hat.

10

Gemäß § 54 Abs 1 iVm § 55 Abs 1 Nr 1, § 56 SGG ist die Kombination einer Anfechtungs- mit einer Feststellungsklage zulässig.

11

Die Anfechtungsklage richtet sich zulässig gegen die Ablehnung des von der Klägerin bei der Beklagten verfolgten Anspruchs auf Feststellung des geltend gemachten Arbeitsunfalls.

12

Die Feststellungsklage ist statthaft auf die gerichtliche Feststellung eines konkreten Rechtsverhältnisses iS des § 55 Abs 1 Nr 1 SGG, nämlich des geltend gemachten Versicherungsfalls, gerichtet. Der Eintritt eines Versicherungsfalls iS des § 7 Abs 1 SGB VII bedeutet die Begründung eines konkreten, nach Inhalt und Umfang durch den Versicherungsfall bestimmten Leistungsrechtsverhältnisses zwischen dem Versicherten und einem bestimmten Unfallversicherungsträger, aus dem konkrete Rechte auf Versicherungsleistungen entstehen können, aber nicht müssen.

13

Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse an der baldigen gerichtlichen Feststellung, ob ein Arbeitsunfall vorliegt, also das Leistungsrechtsverhältnis besteht. Insbesondere fehlt es hieran nicht deshalb, weil sie nach ständiger Rechtsprechung des BSG zulässig auch eine Klage auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung des Arbeitsunfalls, also auf Erlass eines feststellenden Verwaltungsaktes, erheben könnte. Der prozessuale Nachrang der Feststellungsklage im Verhältnis zu den (Gestaltungs- und) Leistungsklagen (Verpflichtungsklagen, allgemeine Leistungsklagen) besteht nur, wenn das jeweilige Rechtsschutzbegehren umfassend und effektiv durch eine dieser spezieller ausgestalteten Klagen verfolgt werden kann. Die Feststellungsklage ist aber gerade bei der Entscheidung über das Vorliegen eines Versicherungsfalls jedenfalls gleich rechtsschutzintensiv, da die gerichtliche Feststellung des Versicherungsfalls mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit für die Beteiligten auch materiell rechtskräftig wird (§§ 141 Abs 1, 179, 180 SGG). Allerdings kann die Verpflichtungsklage dem maßgeblichen (§ 123 SGG) Begehren des Verletzten im Einzelfall eher entsprechen. Daher erkennt das BSG ein Wahlrecht des Verletzten zwischen einer zulässigen Feststellungs- und einer zulässigen Verpflichtungsklage an (zuletzt BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr 1, RdNr 12 mwN; BSG vom 27.4.2010 - B 2 U 23/09 R - Juris RdNr 9 mwN - UV-Recht Aktuell 2010, 897 und BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 29/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 25 RdNr 8 mwN).

14

Die Klagen sind, wie die Vorinstanzen richtig gesehen haben, nicht begründet.

15

Die Anfechtungsklage ist unbegründet, weil die Ablehnung der Feststellung eines Arbeitsunfalls durch die Beklagte rechtmäßig und die Klägerin dadurch nicht in einem ihr zustehenden subjektiv-öffentlichen Recht verletzt ist (§ 54 Abs 2 S 1 SGG). Sie hat nämlich gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung, da kein Arbeitsunfall vorliegt. Deswegen ist der angefochtene Verwaltungsakt rechtmäßig und auch die Feststellungsklage unbegründet, weil das umstrittene Rechtsverhältnis nicht besteht.

16

Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Feststellung eines Arbeitsunfalls vom 5.5.2006.

17

Der Versicherte kann vom zuständigen Unfallversicherungsträger gemäß § 102 SGB VII die Feststellung eines Versicherungsfalls, hier eines Arbeitsunfalls iS von § 8 Abs 1 SGB VII, beanspruchen, wenn ein solcher eingetreten ist(vgl BSG vom 31.1.2012 - B 2 U 2/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, Juris RdNr 15 sowie BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - SozR 4-2700 § 11 Nr 1 RdNr 15 f).

18

Nach § 8 Abs 1 S 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit(versicherte Tätigkeit, S 1). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Abs 1 S 2).

19

Ein Arbeitsunfall setzt danach voraus: Eine Verrichtung des Verletzten vor dem fraglichen Unfallereignis muss den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt haben. Diese Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis) wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität). Diese Einwirkung muss schließlich einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten wesentlich verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität; vgl ua BSG vom 31.1.2012 - B 2 U 2/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, Juris RdNr 16; BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 10/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG vom 18.1.2011 - B 2 U 9/10 R - BSGE 107, 197 = SozR 4-2700 § 2 Nr 17, RdNr 10; BSG vom 18.11.2008 - B 2 U 27/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 30 RdNr 10 mwN).

20

Die Klägerin hat keine versicherte Tätigkeit verrichtet, war also keine Versicherte und hat deshalb keinen Arbeitsunfall erlitten, als sie ihrem Arbeitgeber das Formular für eine Vorausbescheinigung von Arbeitsentgelt für den Rentenversicherungsträger brachte und dabei auf einer Treppe im Betriebsbereich stürzte. Versicherter ist jemand nur, wenn, solange und soweit er den Tatbestand einer (in der freiwilligen Versicherung nach § 6 Abs 1 SGB VII nur kraft Antrags iS des Abs 2 aaO) versicherten Tätigkeit durch eigene Verrichtungen erfüllt.

21

Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar (BSG vom 9.11.2010 - B 2 U 14/10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 39 RdNr 22) und (subjektiv) - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist. Diese auch als "Handlungstendenz" bezeichnete subjektive Ausrichtung des objektiven konkreten Handelns des Verletzten ist eine innere Tatsache.

22

Wenn das beobachtbare objektive Verhalten allein noch keine abschließende Subsumtion unter den jeweiligen Tatbestand der versicherten Tätigkeit erlaubt, diese aber auch nicht ausschließt, kann die finale Ausrichtung des Handelns auf die Erfüllung des jeweiligen Tatbestandes, soweit die Intention objektiviert ist (sog objektivierte Handlungstendenz), die Subsumtion tragen. Die bloße Absicht einer Tatbestandserfüllung (erst recht nicht eine niedrigere Vorsatzstufe) reicht hingegen nicht.

23

Zwar liegt die objektive Grundvoraussetzung der Verrichtung einer versicherten Tätigkeit, das von außen beobachtbare Handeln an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit, mit dem Begehen der Treppe vor. Dieses sehr unspezifische Verhalten lässt aber aus sich heraus keinen Schluss auf die Erfüllung eines bestimmten Tatbestandes einer versicherten Tätigkeit zu. Jedoch steht es in natürlicher Handlungseinheit mit der Überbringung des Formulars, dessen Ausfüllung als Vorausbescheinigung die Klägerin von ihrem Arbeitgeber beanspruchte. Daher kommt, wie die Vorinstanzen zutreffend angesprochen haben, als einziger Tatbestand einer versicherten Tätigkeit der der Beschäftigtenversicherung, also die Tätigkeit als "Beschäftigte" iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII in Betracht.

24

Die Klägerin hat die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift sind "Beschäftigte" versichert.

25

Das Gesetz stellt für die Versicherteneigenschaft nicht abstrakt auf einen rechtlichen "Status" als "Beschäftigter" ab. In der gesetzlichen Unfallversicherung sind Rechte auf Versicherungsleistungen nach den §§ 26 ff SGB VII bei Arbeitsunfällen iS des § 8 Abs 1 S 1 SGB VII nur wegen solcher Unfälle vorgesehen, die infolge "einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit)" entstanden sind. Die Tatbestände der versicherten Tätigkeiten sind jeweils gesondert materiell gesetzlich bestimmt und begründen eigenständige "Sparten" der gesetzlichen Unfallversicherung mit eigenen Schutzbereichen. Nur wenn, solange und soweit jemand den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit durch eine eigene Verrichtung erfüllt, ist er gegen Unfälle (§ 8 Abs 1 S 2 SGB VII) versichert, die rechtlich wesentlich durch diese Verrichtung verursacht werden.

26

Deswegen reicht die Fiktion einer Beschäftigung für Personen nach § 7 Abs 1a SGB IV, die wegen Altersteilzeit von der Pflicht zur Arbeitsleistung freigestellt sind, zur Begründung der Versicherteneigenschaft nicht aus. § 7 Abs 1 und 1a SGB IV lassen die unfallversicherungsrechtliche Bedeutung des Rechtsbegriffs "Beschäftigte" iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII unberührt, soweit sie davon abweichen(§ 1 Abs 3 SGB IV). Erforderlich ist auch bei solchen Freigestellten stets die tatsächliche Verrichtung einer Beschäftigung.

27

1. Eine nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als "Beschäftigter" setzt tatbestandlich voraus, dass der Verletzte eine eigene Tätigkeit(vgl auch § 121 Abs 1 SGB VII) in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen (vgl § 7 Abs 1 SGB IV) zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse seiner Verrichtung diesem und nicht ihm selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen (§ 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII).

28

Das ist nur der Fall, wenn

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seine Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus seinem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen,

-       

er eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um eine vermeintliche Pflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen, sofern er nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht,

-       

er eigene unternehmensbezogene Rechte aus der Beschäftigung ausübt.

29

a) Für die Verrichtung einer Tätigkeit als Beschäftigter iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII kommt es nach dem Wortlaut dieser Vorschrift im Zusammenhang des SGB VII objektiv auf die Eingliederung des Handelns des Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile nur für das Unternehmen des anderen bringen soll. Denn nur unter diesen Voraussetzungen ist nicht der die Tätigkeit Verrichtende selbst Unternehmer im unfallversicherungsrechtlichen Sinne (§ 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII), sondern der andere, der durch sie unmittelbar begünstigt wird. Der "Beschäftigte" verrichtet seine Beschäftigung also nur, wenn er Handlungen in Unterordnung zur selbständigen Tätigkeit eines anderen und zu deren unmittelbaren Förderung vornimmt.

30

b) Auch die Entstehungsgeschichte des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII führt zu diesem Ergebnis.

31

Nach den Gesetzesmaterialien zum Gesetz zur Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch (Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz ) vom 7.8.1996 (BGBl I 1254) erfasst § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII die Beschäftigten iS des § 7 Abs 1 SGB IV(vgl BT-Drucks 13/2204, S 74 zu § 2 Abs 1 SGB VII). Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (S 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (S 2).

32

§ 7 Abs 1 SGB IV ist mit Wirkung vom 1.7.1977 durch Gesetz vom 23.12.1976 (BGBl I 3845, 3846) eingeführt worden. Eine entsprechende Vorschrift gab es bis dahin nicht. Der Begriff der Beschäftigung war jedoch Gegenstand einer umfangreichen Rechtsprechung zu allen Bereichen des Sozialversicherungsrechts, die mit der Begriffsbestimmung zu § 7 SGB IV im Wesentlichen übereinstimmt. Nach § 7 Abs 1 SGB IV liegt eine Beschäftigung zwar immer dann vor, wenn ein Arbeitsverhältnis besteht; sie kann allerdings auch ohne ein Arbeitsverhältnis gegeben sein (vgl BT-Drucks 7/4122, S 31). Hierin ist eine Konkretisierung und behutsame Weiterentwicklung der in der Rechtsprechung bereits vorher herausgearbeiteten Rechtsgrundsätze zu sehen (vgl Knospe in Hauck/Noftz, SGB IV, Stand August 2009, K § 7 RdNr 9 unter Hinweis auf BSGE 37, 10, 13; 41, 24, 25; 41, 41, 53; vgl zur Entwicklung des § 7 SGB IV in der Folgezeit: Seewald in Kasseler Kommentar, § 7 SGB IV RdNr 1, Stand April 2012 sowie Rittweger in BeckOK SGB IV, § 7 RdNr 1, Stand 1.3.2012). Auch Dienstleistungsverhältnisse anderer Art werden erfasst, soweit das Handeln des Dienstverpflichteten sich in das Unternehmen des Dienstberechtigten einfügt und dessen unmittelbarer Förderung dient.

33

Ein Verletzter hat nach den allgemeinen Anhaltspunkten des § 7 Abs 1 SGB VII dann eine Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII ausgeübt, wenn er sich in ein fremdes Unternehmen (eine fremde Arbeitsorganisation) eingliedert und seine konkrete Handlung sich dem Weisungsrecht eines Unternehmers, insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer und Art der Verrichtung, unterordnet(vgl hierzu etwa BSG vom 29.1.1981 - 12 RK 63/79 - BSGE 51, 164, 167 = SozR 2400 § 2 Nr 16 mwN sowie BSG vom 17.3.1992 - 2 RU 22/91 - SozR 3-2200 § 539 Nr 16 S 57). Naturgemäß ist dieses Weisungsrecht besonders bei Diensten höherer Art erheblich eingeschränkt; es genügt für die Unterordnung unter die Tätigkeit des anderen die "funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess" (vgl hierzu schon BSG vom 14.12.1999 - B 2 U 38/98 R - BSGE 85, 214, 216 = SozR 3-2200 § 539 Nr 48 S 202 mwN).

34

c) Ferner sind die unfallversicherungsrechtlichen Bedeutungen der Begriffe des "Beschäftigten" und der Verrichtung einer Beschäftigung iS von § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII eigenständig nach dem Zweck dieses Versicherungstatbestandes im Gefüge des SGB VII zu bestimmen.

35

Die Schutzzwecke der Beschäftigtenversicherung und ihre Stellung im Rechtssystem begrenzen den Anwendungsbereich des Versicherungstatbestandes des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII gleichfalls auf die oben umschriebenen Voraussetzungen.

36

Zweck der Beschäftigtenversicherung ist vor allem anderen der umfassende Unfallversicherungsschutz aller Beschäftigten vor und bei Gesundheitsschäden (oder Tod) infolge der Verrichtung der Beschäftigung, unabhängig davon, ob ein anderer den Unfall überhaupt mitverursacht und ggf dabei rechtswidrig und schuldhaft gehandelt hat.

37

Die Versicherung zielt primär auf die Verhütung von Gesundheitsschäden und Tod infolge der Gefahren ab, denen die Beschäftigten gerade durch die Verrichtung der Beschäftigung in Eingliederung in den fremdbestimmten Unternehmensbereich ausgesetzt sind (Prävention nach §§ 14 ff SGB VII). Ferner wird ihnen, falls die Prävention versagt, bei Gesundheitsschäden eine umfassende medizinische Rehabilitation sowie berufliche und soziale Teilhabe gesichert. Zudem werden sie gegen die wirtschaftlichen Folgen einer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit oder Minderung der Erwerbsfähigkeit geschützt. Bei unfallbedingtem Tod sollen auch ihre Familienangehörigen gegen den Unterhaltsverlust abgesichert werden.

38

Daneben soll die Beschäftigtenversicherung auch den sog Betriebsfrieden nach Unfällen infolge der Verrichtung der Beschäftigung schützen, wenn umstritten sein könnte, ob der Unternehmer (oder ein ihm gesetzlich gleichgestellter Dritter) den Gesundheitsschaden oder den Tod mitverursacht und ggf dabei rechtswidrig und fahrlässig oder sogar grob fahrlässig gehandelt hat und dem Verletzten deswegen nach Zivilrecht/Arbeitsrecht haftet. Da die Versicherung dem Verletzten die Schadensfolgen weitgehend ausgleicht, besteht insoweit kein Bedarf für einen Rechtsstreit zwischen dem Verletzten und dem Unternehmer (oder ihm gleichgestellten Dritten), wenn dieser nicht vorsätzlich gehandelt hat. Deshalb entzieht das SGB VII dem Verletzten insoweit seine ggf nach Zivilrecht entstandenen Schadensersatzansprüche (einschließlich der Schmerzensgeldansprüche) gegen den Unternehmer (§§ 104 bis 109 SGB VII).

39

Schließlich bezweckt sie auch eine gerechte Lastenverteilung unter den beitragszahlenden Unternehmern, die durch ihre Umlagebeiträge zu ihrer Berufsgenossenschaft den Versicherungsschutz in der Beschäftigtenversicherung bezahlen. Ein Unternehmer, der den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig mitverursacht hat, haftet dem Unfallversicherungsträger (also mittelbar auch den anderen Unternehmern) auf Ersatz der Ausgaben für Versicherungsleistungen an den Verletzten (§§ 110 bis 113 SGB VII).

40

Die Beschäftigtenversicherung hat also in diesem Sinne und in diesen Grenzen eine möglicherweise gegebene zivilrechtliche Haftung der Unternehmer (oder gleichgestellter Dritter) gegenüber den Beschäftigten aus Gefährdungshaftung, Delikt oder aus der Verletzung von arbeitsrechtlichen Schutz- oder Fürsorgepflichten ersetzt (vgl BSG vom 19.12.2000 - B 2 U 37/99 R - BSGE 87, 224 = SozR 3-2200 § 548 Nr 41; Gitter/Nunius in Schulin, HS-UV, § 5 RdNr 28, 51, 119; zu §§ 539 Abs 1 Nr 1, 636 ff RVO: BSG vom 25.10.1989 - 2 RU 26/88 - SozR 2200 § 548 Nr 96; ferner auch BSG vom 26.6.2007 - B 2 U 17/06 R - BSGE 98, 285 = SozR 4-2700 § 105 Nr 2, RdNr 16 ff).

41

Sie bildet jeher den Kern des Systems der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl schon § 95 des Unfallversicherungsgesetzes vom 6.7.1884, RGBl 69; §§ 898 f RVO vom 19.7.1911, RGBl 509; die Vorläufervorschrift in § 636 Abs 1 RVO). Sie versichert im genannten Sinn die Beschäftigten unter weitgehendem Ausschluss ihrer zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche nur gegen solche Gesundheits- und Lebensgefahren, die sich spezifisch daraus ergeben, dass sie Tätigkeiten für einen anderen unter Eingliederung in dessen Tätigkeit und nur zu dessen unmittelbarem Vorteil verrichten.

42

2. Auch die Entwicklung der Rechtsprechung des BSG zu § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII und dessen Vorgängervorschriften führt zu dem Ergebnis, dass nur unter den drei oben genannten Voraussetzungen eine Beschäftigung verrichtet wird.

43

a) Nach der Rechtsprechung des BSG wird eine Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII verrichtet, wenn der Verletzte zumindest dazu ansetzt, eine ihn gegenüber dem Unternehmer treffende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis tatsächlich zu erfüllen.

44

aa) Dies ist dann der Fall, wenn die Verrichtung eine Hauptpflicht des Beschäftigten erfüllt, weil sie die vertragsgemäß geschuldete Arbeits- oder Dienstleistung ist (vgl BSG vom 31.1.2012 - B 2 U 2/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, Juris RdNr 18; BSG vom 9.11.2010 - B 2 U 14/10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 39 RdNr 19; BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 14; BSG vom 7.12.2004 - B 2 U 47/03 R - Juris RdNr 26 - SozR 4-2700 § 8 Nr 11).

45

bb) Der Tatbestand der versicherten Tätigkeit iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII wird auch erfüllt, wenn die Verrichtung eine Nebenpflicht des Beschäftigten gegenüber dem Unternehmer aus dem Beschäftigungsverhältnis erfüllen soll.

46

Als Nebenpflichten kommen vor allem die Mitwirkungspflichten des Beschäftigten als Gläubiger von Leistungspflichten des Unternehmers (§§ 293 ff BGB) und die Pflichten zur Rücksichtnahme auf dessen Rechte, Rechtsgüter und Interessen in Betracht. Diese seit dem 1.1.2002 in § 241 Abs 2 BGB ausdrücklich normierte Pflicht wurde zuvor aus § 242 BGB hergeleitet(BAG vom 22.1.2009 - 8 AZR 161/08 - Juris RdNr 27, NZA 2009, 608; vgl auch Müller-Glöge in Münchener Kommentar zum BGB, § 611, RdNr 985 f). Arbeitsrechtlich muss jeder Vertragspartner seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis so erfüllen, seine Rechte so ausüben und die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Vertragspartners so wahren, wie dies unter Berücksichtigung der wechselseitigen Belange verlangt werden kann (vgl BAG vom 16.2.2012 - 6 AZR 553/10 - Juris RdNr 12, zur Veröffentlichung in BAGE vorgesehen; BAG vom 13.8.2009 - 6 AZR 330/08 - Juris RdNr 31 - BAGE 131, 325; BAG vom 19.5.2010 - 5 AZR 162/09 - Juris RdNr 26 - BAGE 134, 296; Müller-Glöge in Münchener Kommentar zum BGB, § 611, RdNr 984, 1074). Gleiches gilt für Beschäftigte und Unternehmer, die nicht durch ein Arbeitsverhältnis, sondern durch ein anderes Beschäftigungsverhältnis miteinander verbunden sind. Auch für den Beschäftigten zählt dazu die sog Treuepflicht, sich im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses so zu verhalten, dass Leben, Körper, Eigentum und sonstige absolute Rechtsgüter des Unternehmers nicht verletzt werden (vgl dazu BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 16).

47

Das BSG hat bisher zumeist nicht zwischen Haupt- oder Nebenpflichten des Beschäftigten unterschieden. Die Erfüllung des Tatbestandes des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII (bzw nach früherem Sprachgebrauch: der innere Zusammenhang zwischen der Verrichtung und der versicherten Tätigkeit) wurde als gegeben erachtet, wenn die Verrichtung Teil der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung des Beschäftigten war, bzw dann, wenn der Beschäftigte zur Erfüllung einer sich aus seinem Arbeitsvertrag ergebenden Verpflichtung handelte(vgl BSG vom 30.6.2009 - B 2 U 22/08 R - Juris RdNr 14 - UV-Recht Aktuell 2009, 1040; BSG vom 18.11.2008 - B 2 U 31/07 R - Juris RdNr 11 - UV-Recht Aktuell 2009, 485; so auch noch einleitend, später aber differenzierend BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 14; BSG vom 30.1.2007 - B 2 U 8/06 R - Juris RdNr 12 - UV-Recht Aktuell 2007, 860; BSG vom 12.4.2005 - B 2 U 11/04 R - BSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr 14, RdNr 14; BSG vom 7.12.2004 - B 2 U 47/03 R - Juris RdNr 26 - SozR 4-2700 § 8 Nr 11).

48

Es hat aber seit dem genannten Urteil vom 18.3.2008, insbesondere in seinen Entscheidungen vom 9.11.2010 - B 2 U 14/10 R - (SozR 4-2700 § 8 Nr 39 RdNr 19) und vom 31.1.2012 - B 2 U 2/11 R - (Juris RdNr 18 - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen - SGb 2012, 148 ), ausdrücklich die Erfüllung beider Pflichtenarten aus dem Beschäftigungsverhältnis als Verrichtung einer versicherten Beschäftigung anerkannt (vgl auch BSG vom 17.2.2009 - B 2 U 26/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 32 RdNr 21). Es hat schon im Urteil vom 18.3.2008 (B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 16 ff) entschieden, dass auch die Erfüllung allein einer Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis den Tatbestand der versicherten Tätigkeit iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII zu erfüllen vermag. Den Arbeitnehmer treffe die aus § 241 Abs 2 BGB folgende Nebenpflicht, sich bei der Abwicklung des Arbeitsverhältnisses so zu verhalten, dass Leben, Körper, Eigentum und sonstige absolute Rechtsgüter des Arbeitgebers nicht verletzt werden. Das Aufstellen eines Warndreiecks sei eine Nebenpflicht eines Beschäftigten, der in Verrichtung der Beschäftigung mit dem Pkw des Unternehmers an einem Verkehrsunfall beteiligt sei. Dadurch würden die Unfallstelle gesichert, der nachfolgende Verkehr gewarnt und damit Folgeschäden vermieden, die sich zu Lasten des Unternehmers auswirken könnten (BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 16 ff). Es hat dazu festgestellt, dass der Verletzte durch sein Handeln objektiv seine Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis erfüllt hatte. Daher kam es nicht darauf an, ob er dabei das Rechtsbewusstsein hatte, auch einer Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis nachzukommen, oder ob er in erster Linie sich und andere schützen und seiner allgemeinen Verkehrssicherungspflicht genügen wollte. Das Bewusstsein, dem Unternehmer rechtlich zu der Handlung verpflichtet zu sein, ist weder notwendige subjektive Voraussetzung des Versicherungstatbestandes der Beschäftigung noch einer Verrichtung einer Beschäftigung. Es reicht, wenn die Intention auch darauf gerichtet war, etwas zu tun, das objektiv dem Unternehmer geschuldet war.

49

cc) Eigene Nebenpflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis gegenüber dem Unternehmer erfüllt der Verletzte auch, wenn er Mitwirkungshandlungen vornimmt, die ihm zu dem Zweck obliegen (vgl §§ 241 Abs 2, 293 ff BGB), dass der Unternehmer seine ihm aus dem Beschäftigungsverhältnis gegenüber dem Beschäftigten treffenden Haupt- oder Nebenpflichten erfüllen kann.

50

Das ist der Fall bei Handlungen des Verletzten zwecks Empfangnahme des Lohnes (BSG vom 1.12.1960 - 5 RKn 69/59 - BSGE 13, 178 = SozR Nr 31 zu § 543 RVO unter Bezugnahme auf RVA EuM Bd 20, 31; 26, 165; 33, 270) oder zur Geltendmachung von (vermeintlichen) Fehlern bei der Lohnabrechnung (BSG vom 1.12.1960 - 5 RKn 69/59 - BSGE 13, 178 = SozR Nr 31 zu § 543 RVO) oder zum Abtransport von Deputatholz als Teil der Vergütung (BSG vom 4.5.1999 - B 2 U 21/98 R - SozR 3-2200 § 548 Nr 34). In diesen Fällen ist der Beschäftigte zivilrechtlich gehalten, dem Unternehmer zu ermöglichen, seine Hauptpflicht (§ 611 Abs 1 BGB) zu erfüllen, die Vergütung zur rechten Zeit, am rechten Ort, in rechter Weise und in richtiger Höhe zu leisten (vgl BSG vom 4.5.1999 - B 2 U 21/98 R - SozR 3-2200 § 548 Nr 34 ua unter Hinweis auf BSGE 13, 178 = SozR Nr 31 zu § 543 RVO aF; BSGE 41, 207 = SozR 2200 § 548 Nr 16; BSGE 43, 119, 121 = SozR 2200 § 548 Nr 28).

51

Gleiches gilt für eine ggf bestehende Obliegenheit des Beschäftigten, dem Unternehmer die Erfüllung seiner Nebenpflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis zu ermöglichen. Solche Nebenpflichten des Beschäftigten können sich aus § 241 Abs 2 BGB, der nicht nur in Arbeitsverhältnissen gilt, ergeben. Voraussetzung ist, dass eine solche Haupt- oder Nebenpflicht des Unternehmers bereits entstanden ist und er sie nur erfüllen kann, wenn der Beschäftigte in bestimmter und ihm zumutbarer Weise mitwirkt. Denn der Beschäftigte und der Unternehmer müssen bei ihrem Zusammenwirken jeweils auf das Wohl und die berechtigten Interessen des anderen Rücksicht nehmen (vgl BAG vom 16.11.2010 - 9 AZR 573/09 - BAGE 136, 156 mwN; vgl zu den Einzelheiten Preis in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 12. Aufl 2012, § 611 BGB RdNr 610 ff).

52

In diesem Sinn hat das BSG die Verrichtung einer Beschäftigung in einer Mitwirkungshandlung gesehen, als ein Beschäftigter den Weg zum Ort seiner bisherigen Tätigkeit zurücklegte, um sich dort seine Arbeitspapiere aushändigen zu lassen. Der Beschäftigte hatte den Unternehmer in gebotener Rücksichtnahme auf die Belange seines bisherigen Arbeitgebers durch die (beabsichtigte) Empfangnahme der Arbeitspapiere von der diesem obliegenden (nachgehenden) Nebenpflicht entlastet, ihm seine Arbeitspapiere - nach erfolglosem ersten Abholversuch - auf seine Rechnung und Gefahr zu übersenden (BSG vom 30.8.1963 - 2 RU 68/60 - BSGE 20, 23, 25 = SozR Nr 43 zu § 543 RVO aF). Die Verrichtung einer Beschäftigung lag auch bei einer Mitwirkungshandlung des Verletzten vor, der vom Arbeitgeber eine Arbeitsbescheinigung abholte, die er auf Verlangen der Ausländerbehörde für seine weitere Aufenthaltserlaubnis und damit für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses benötigte. Er hat vom Arbeitgeber eine Handlung begehrt, die dieser ihm aus dem Arbeitsverhältnis schuldete; das Abholen der Bescheinigung war vertragsgemäße arbeitsrechtliche Nebenpflicht des Beschäftigten (BSG vom 29.1.1986 - 9b RU 76/84 - Juris RdNr 11 - SozR 2200 § 548 Nr 78).

53

b) Keine Verrichtung einer Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII durch Erfüllung einer Nebenpflicht liegt hingegen dann vor, wenn der Verletzte zur Mitwirkungshandlung bei der Pflichtenerfüllung des Unternehmers aus dem Beschäftigungsverhältnis nicht verpflichtet war. Dasselbe gilt, wenn die Pflicht des Unternehmers nur entstanden ist, weil der Beschäftigte nach freiem Ermessen ein Recht gegen ihn ausgeübt hatte, das nicht auf die Förderung des Unternehmens gerichtet ist und auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, die den Unternehmer hoheitlich für den Staat zugunsten von Verwaltungsverfahren in Dienst nimmt. In beiden Fällen erfüllt nämlich der Beschäftigte keine Haupt- oder Nebenpflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis, sondern begibt er sich freiwillig in den unternehmerischen Gefahrenbereich, um daraus unmittelbar nur eigene Vorteile zu erlangen (sog eigenwirtschaftliche Verrichtung).

54

War er zur Mitwirkung nicht verpflichtet, unterlag er dem unternehmerischen Gefahrenbereich nicht kraft des Beschäftigungsverhältnisses, sondern kraft freien Entschlusses, wie zB bei einer Gefälligkeit. Entstand die Pflicht des Unternehmers nicht aus dem Beschäftigungsverhältnis, sondern durch die freiwillige Ausübung eines anderweitig begründeten Rechts des Beschäftigten, ist seine Mitwirkungshandlung an der Durchsetzung seines eigenen Rechts nicht "der Beschäftigung geschuldet", sondern allein der Verfolgung eigener Interessen, also gleichfalls ein freiwilliger Eintritt in den unternehmerischen Gefahrenbereich. Das wird durch die Beschäftigtenversicherung nicht versichert. Denn sie soll nur gegen solche Gefahren begründet werden, denen der Beschäftigte wegen der Ausübung seiner Beschäftigung im fremden Gefahrenbereich, nicht aber aus eigenem Entschluss in Verfolgung nur eigener Belange ausgesetzt ist. Haupt- und Nebenpflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis sind also nur solche, die das Zusammenwirken des Unternehmers mit dem Beschäftigten zur Förderung der Unternehmenszwecke betreffen. In beiden Fallgruppen fehlt es an der aus der Beschäftigung entstehenden Nebenpflicht des Beschäftigten, in der zweiten außerdem an der Förderung der Unternehmenszwecke.

55

In der arbeitsrechtlichen höchstrichterlichen Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass den Arbeitgeber treffende öffentlich-rechtliche Pflichten (zumeist aus dem Steuer- und Sozialversicherungsrecht), die an das Arbeitsverhältnis tatbestandlich anknüpfen und durch die der Arbeitgeber hoheitlich für den Staat in Dienst genommen wird, zugleich zivilrechtliche (arbeitsrechtliche) Nebenpflichten des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis gegenüber dem Arbeitnehmer sind. Sie werden arbeitsrechtlich als Konkretisierungen der privatrechtlichen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers verstanden (vgl die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen; BAG vom 29.3.2001 - 6 AZR 653/99 - NZA 2003, 105; BAG vom 11.6.2003 - 5 AZB 1/03 - BAGE 106, 269 ; BAG vom 15.1.1992 - 5 AZR 15/91 - BAGE 69, 204, 210 ; BAG vom 13.5.1970 - 5 AZR 385/69 - BAGE 22, 332 ; BAG vom 30.1.1969 - 5 AZR 229/68 - BB 1969, 407 ; BAG vom 2.6.1960 - 2 AZR 168/59 - BB 1960, 983 ; Linck in Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 14. Aufl 2011, § 106, RdNr 56 mwN; Ring in Handkommentar zum Arbeitsrecht, 2. Aufl 2010, § 611 BGB, RdNr 658; vgl zum Begriff der Fürsorgepflicht auch Boemke in Handkommentar zum Arbeitsrecht, 2. Aufl 2010, § 611 BGB, RdNr 378 mwN, danach stellt die Fürsorgepflicht selbst keine eigenständige Pflicht, sondern ein Bündel einzelner Nebenpflichten dar und soll nach im Vordringen befindlicher Auffassung sogar ganz fallen gelassen werden).

56

Hierauf ist nicht näher einzugehen, da es für die Verrichtung einer Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII nicht entscheidend auf die arbeitsrechtliche Fürsorgepflicht des Arbeitgebers oder deren öffentlich-rechtliche "Konkretisierungen" ankommt. Entscheidend ist, ob der Beschäftigte zur Mitwirkung an der Erfüllungshandlung des Arbeitgebers aus dem Beschäftigungsverhältnis verpflichtet war. Falls überhaupt eine Mitwirkungspflicht bestand, ist er nicht "aus dem Beschäftigungsverhältnis" zur Mitwirkung verpflichtet, wenn der Arbeitgeber seine Handlung nur deshalb vornehmen muss, weil der Beschäftigte ein Recht ohne Bindungen aus dem Beschäftigungsverhältnis im ausschließlich eigenen Interesse ausgeübt hat, das ihm durch öffentliches Recht verliehen wurde.

57

c) Ferner verrichtet der Verletzte eine Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII, wenn er in der vertretbaren, aber objektiv irrigen Annahme handelt, dazu aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses verpflichtet zu sein. Die Annahme dieser Pflicht ist vertretbar, wenn der Beschäftigte nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung (ex ante) und nach Treu und Glauben annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht. Die durchgeführte Verrichtung muss objektiviert darauf ausgerichtet sein, die angenommene Pflicht zu erfüllen.

58

Die Einbeziehung dieser Fallgruppe der vermeintlichen Pflichterfüllung durch den Beschäftigten rechtfertigt sich aus dem genannten ersten Schutzzweck der Beschäftigtenversicherung. Jeder, der etwas in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen zu dessen unmittelbarem Vorteil tut, muss, außer bei völliger Weisungsabhängigkeit, seine Pflichten kennen. Er kann durch die Beschäftigung aber auch in Umstände geraten, in denen er sofort entscheiden muss, ob ihn eine Haupt- oder Nebenpflicht zur Vornahme bestimmter Handlungen trifft. Dies ist ggf Teil seiner Pflichten aus seiner Beschäftigung.

59

In diesem Sinne hat das BSG die Verrichtung einer Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII bejaht, als ein Versicherter aus gutem Grund der Auffassung sein konnte, sich "betriebsdienlich" zu verhalten(BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 14 unter Verweis auf BSGE 20, 215, 218 = SozR Nr 67 zu § 542 RVO aF; BSG SozR Nr 30 zu § 548 RVO; BSGE 52, 57, 59 = SozR 2200 § 555 Nr 5). Daher liegt bei einem "nur" eigenwirtschaftlichen Zwecken dienenden Verhalten, also bei einer Handlung mit der Absicht (dolus directus ersten Grades), nur andere Zwecke zu verfolgen als die Erfüllung des Versicherungstatbestandes der Beschäftigung, auch dann keine Verrichtung einer Beschäftigung vor, wenn das Handeln zugleich dem Unternehmen objektiv nützlich ist (BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 14 unter Bezugnahme auf BSG vom 25.10.1989 - 2 RU 26/88 - SozR 2200 § 548 Nr 96; BSG vom 20.1.1987 - 2 RU 15/86 - SozR 2200 § 539 Nr 119). Entscheidend ist nur, ob der Verletzte von seinem Standpunkt aufgrund objektiver Anhaltspunkte der Auffassung sein durfte, seine Verrichtung sei von ihm geschuldet, um den Interessen des Unternehmens zu dienen. Dafür reichen aber subjektive Vorstellungen ohne bestätigende objektive Anhaltspunkte nicht aus.

60

d) Den Tatbestand einer versicherten Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII erfüllt ein Verletzter schließlich auch dann, wenn er handelt, um eigene unternehmensbezogene Rechte wahrzunehmen. Dabei handelt es sich um die Wahrnehmung von Rechten, die die Regelung innerbetrieblicher Belange zum Gegenstand haben und/oder den Zusammenhalt in der Belegschaft und mit der Unternehmensführung fördern. Hierzu zählen ua:

die Teilnahme an Betriebsversammlungen (vgl hierzu etwa Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 8 RdNr 65, Stand Mai 2011; Ricke in Kasseler Kommentar, § 8 SGB VII RdNr 59, Stand Dezember 2011; Schmitt, 3. Aufl 2008, § 8 SGB VII RdNr 40; Schwerdtfeger in Lauterbach, § 8 SGB VII RdNr 179, Stand August 2009; Wagner in jurisPK-SGB VII, § 8 RdNr 103, Stand Mai 2010),

die Tätigkeit als Betriebsratsmitglied bei der Ausübung der im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehenen Aufgaben (vgl etwa BSG vom 20.5.1976 - 8 RU 76/75 - BSGE 42, 36, 37 = SozR 2200 § 539 Nr 19 RdNr 18 und BSG vom 20.2.2001 - B 2 U 7/00 R - SozR 3-2200 § 539 Nr 54; vgl ferner Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 8 RdNr 65, Stand Mai 2011; Ricke in Kasseler Kommentar, § 8 SGB VII RdNr 59, Stand Dezember 2011; Schmitt, 3. Aufl 2008, § 8 SGB VII RdNr 38; Schwerdtfeger in Lauterbach, § 8 SGB VII RdNr 180, Stand August 2009; Wagner in jurisPK-SGB VII, § 8 RdNr 102, Stand Mai 2010),

und die Tätigkeiten zur Vorbereitung und Durchführung der zur Bildung der Räte erforderlichen Wahlen (Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 8 RdNr 65, Stand Mai 2011; Ricke in Kasseler Kommentar, § 8 SGB VII RdNr 59, Stand Dezember 2011; Schmitt, 3. Aufl 2008, § 8 SGB VII RdNr 40; Schwerdtfeger in Lauterbach, § 8 SGB VII RdNr 180, Stand August 2009; Wagner in jurisPK-SGB VII, § 8 RdNr 103, Stand Mai 2010; vgl hierzu insgesamt zuletzt auch Krasney, SGb 2012, 130).

61

3. Die Klägerin hat vor ihrem Treppensturz keine versicherte Beschäftigung im Sinne der abschließend aufgeführten Voraussetzungen des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII verrichtet.

62

Nach § 194 Abs 1 S 1 SGB VI(in der bis zum 31.12.2007 geltenden und damit hier maßgeblichen Fassung, die die Vorschrift durch das Gesetz zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 21.7.2004 - BGBl I 1791 - erhalten hatte ) haben die Arbeitgeber auf Verlangen des Beschäftigten, der für die Zeit nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses eine Altersrente beantragt hat, die Pflicht, das voraussichtliche Arbeitsentgelt bis zu drei Monate im Voraus zu bescheinigen (vgl Finke in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 194 RdNr 1, Stand Juli 1996).

63

Die Klägerin beabsichtigte, von ihrem Arbeitgeber eine sog Vorausbescheinigung iS des § 194 SGB VI zu verlangen. Dazu wollte sie ihm das einschlägige Formular vorlegen und hatte sich deshalb auf das Betriebsgelände begeben. Sie hatte also mit der Verrichtung, deren unfallversicherungsrechtliche Bedeutung hier umstritten ist, begonnen.

64

Die Abgabe des Formulars für eine Vorausbescheinigung erfüllt aber weder eine vertragliche Haupt- oder Nebenleistungspflicht der Klägerin aus ihrem Beschäftigungsverhältnis (s sogleich unter a>). Ferner durfte die Klägerin nicht annehmen, sie treffe eine solche Pflicht (dazu unter b>). Schließlich hat sie auch keine unternehmensbezogenen Rechte wahrgenommen (dazu unter c>).

65

a) Die Abgabe des Formulars für die Ausstellung der Vorausbescheinigung iS des § 194 SGB VI ist augenfällig keine sich aus dem Beschäftigungsverhältnis ergebende Hauptpflicht der Klägerin.

66

Sie hat damit auch keine gegenüber dem Unternehmer treffende Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis erfüllt, sondern, wie die Vorinstanzen richtig gesehen haben, nur eigene Vorteile angestrebt. Mit ihrem Vortrag, sie habe auch abstrakt denkbare mittelbare Schadensersatzansprüche aus verzögerter Betriebsrentenzahlung vom Arbeitgeber abwehren wollen, hat sie keine solche eigene Nebenpflicht dargetan. Sie hat nicht zur Abwendung von Gefahren, die absolut geschützte Rechtsgüter des Unternehmers betrafen, gehandelt, sondern Gefahren bedacht, die allenfalls mittelbar seinen Vermögensinteressen drohten. Nach den Feststellungen des LSG gab es aber keine allgemeine oder spezielle Vermögensfürsorgepflicht der Klägerin für ihren Arbeitgeber. Hierfür sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich.

67

Die beabsichtigte Vorlage des Formulars erfüllte auch keine sie treffende Mitwirkungspflicht, dem Unternehmer dabei Hilfe zu leisten, eine ihm aus dem Beschäftigungsverhältnis ihr gegenüber obliegende Haupt- oder Nebenleistungspflicht zu erfüllen.

68

Die begehrte Ausstellung der Vorausbescheinigung durch den Arbeitgeber ist für die Erfüllung seiner Hauptleistungspflicht gegenüber der Klägerin - nämlich seiner Pflicht zur Vergütung iS des § 611 Abs 1 BGB - offensichtlich ohne rechtlichen Belang. Eine Mitwirkungspflicht der Klägerin zur Ermöglichung der Hauptleistung des Arbeitgebers bestand somit nicht.

69

Sie hatte zudem keine Mitwirkungspflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis gegenüber ihrem Arbeitgeber, von diesem die Ausstellung einer Vorausbescheinigung zu verlangen und ihm dies dann durch Vorlage des Formulars zu ermöglichen. Aufgrund ihrer Beschäftigung war sie nicht verpflichtet, vom Unternehmer die Vorausbescheinigung zu verlangen, die ausschließlich der Durchsetzung ihres allein gegen den Rentenversicherungsträger gerichteten Rechts auf nahtlose richtige Zahlung der dort beantragten Altersrente diente.

70

Dass der Unternehmer allein aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses, ohne § 194 SGB VI, nicht verpflichtet war, eine Vorausbescheinigung zu erteilen, liegt auf der Hand. Daher bestand allein auf dieser Grundlage keine Mitwirkungspflicht der Klägerin. Notwendige Voraussetzungen der Entstehung dieser Pflicht waren das Bestehen einer gesetzlichen Vorschrift, die dem Beschäftigten das Recht gegen den Arbeitgeber gewährt, nach freiem Willen die Ausstellung der Bescheinigung zu verlangen, und die Ausübung dieses Rechts. Dieses dient allein dem privaten Interesse der Klägerin an richtiger Rentenzahlung durch den Rentenversicherungsträger. Dasselbe gilt daher auch für ihre Mitwirkung an der Ausstellung der Vorausbescheinigung durch den Arbeitgeber, dessen Unternehmen dadurch nicht berührt wird.

71

Entgegen der Ansicht der Klägerin unterscheidet sich ihr Fall grundlegend von dem der Erteilung einer Arbeitsbescheinigung zur Erlangung einer Aufenthaltserlaubnis, die auch die Fortführung des Beschäftigungsverhältnisses ermöglichte. Der Arbeitnehmer hat, wie oben schon gesagt, vom Arbeitgeber eine Handlung begehrt, die dieser ihm unmittelbar aus dem Arbeitsverhältnis schuldete; das Abholen der Bescheinigung war vertragsgemäße arbeitsrechtliche Nebenpflicht des Beschäftigten (vgl BSG vom 29.1.1986 - 9b RU 76/84 - SozR 2200 § 548 Nr 78).

72

b) Die Klägerin hat ferner keine objektiv nicht geschuldete Handlung vorgenommen in der vertretbaren, aber irrigen Annahme, damit eine vermeintliche Pflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen. Die Annahme dieser Pflicht ist nur vertretbar, wenn der Beschäftigte nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung (ex ante) aufgrund objektiver Anhaltspunkte und nach Treu und Glauben annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht (BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 14; BSG vom 29.1.1986 - 9b RU 18/85 - BSGE 59, 291 = SozR 2200 § 539 Nr 115 und BSG vom 27.6.1991 - 2 RU 17/90 - Juris RdNr 15; vgl auch Wagner in jurisPK-SGB VII, § 8 RdNr 34 f, Stand Mai 2010).

73

Objektive Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin der Auffassung sein durfte, eine vermeintliche eigene Pflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen, sind jedoch nicht ersichtlich. Die von ihr angenommene Vermögensbetreuungspflicht für das Vermögen des Arbeitgebers besteht nicht.

74

c) Schließlich hat die Klägerin durch die beabsichtigte Formularabgabe auch kein eigenes unternehmensbezogenes Recht wahrgenommen. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Handlung die Regelung innerbetrieblicher Belange zum Gegenstand hatte oder sie den Zusammenhalt in der Belegschaft und mit der Unternehmensführung förderte. Vielmehr ging es nur um das eigenwirtschaftliche Interesse an der sofort richtigen Altersrente.

75

4. Das Berufungsgericht hat schließlich auch zu Recht darauf hingewiesen, dass eine versicherte Tätigkeit im Sinne einer sog gemischten Tätigkeit nicht vorliegt. Es liegt mit dem Gehen auf der Treppe vor der Abgabe des Formulars für eine Vorausbescheinigung nämlich nur eine einzige Verrichtung vor. Gemischte Tätigkeiten setzen (zumindest) zwei gleichzeitig ausgeübte untrennbare Verrichtungen voraus, von denen (wenigstens) eine den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt.

76

Das LSG hat schließlich auch richtig erkannt, dass diese einzige Verrichtung auch nicht auf einer gemischten Motivationslage beruhte. Denn es hat schon nicht festgestellt, dass die Klägerin mit dem Weg zur Vorlage des Formulars zusätzlich noch eine andere Intention hatte als diejenige, die Vorausbescheinigung des Arbeitgebers und dadurch sofort die angestrebte Rentenhöhe zu erhalten.

77

5. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.

Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin und dem Beigeladenen die außergerichtlichen Kosten auch des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der bei einem Handballtraining erlittene Unfall der Klägerin ein Arbeitsunfall ist.

2

Die 1981 geborene Klägerin übte eine Vollzeitbeschäftigung aus, neben der sie als Handballspielerin der ersten Damenmannschaft des Sportvereins A. (SVA) in der 2. Bundesliga spielte. Sie war Vereinsmitglied des SVA, zahlte den Mitgliedsbeitrag und nahm am Trainings- und Spielbetrieb teil. Die Klägerin schloss mit dem SVA jeweils jährlich neu einen Vertrag für eine Spielsaison, der der Handball-Bundesliga-Vereinigung Frauen eV angezeigt wurde. Die Klägerin verpflichtete sich darin ua, in der 2. Handball-Bundesliga unentgeltlich für den SVA Handball zu spielen, wobei ihr ein jährlicher Urlaub gemäß den gesetzlichen Bestimmungen eingeräumt wurde, den sie im Einvernehmen mit dem für den Spielbetrieb Verantwortlichen nehmen konnte.

3

Der beigeladene Handball-Sportmanagement-A. (HSA) betrieb das Management der ersten Damenhandballmannschaft des SVA. Die Klägerin war nicht Mitglied des HSA. Sie schloss mit dem HSA ebenfalls einen Vertrag, der sich jeweils um ein Jahr verlängerte. In diesem Vertrag verpflichtete sich die Klägerin ua, ihre sportliche Leistungsfähigkeit für den HSA einzusetzen, alles zu tun, die Leistungsfähigkeit zu erhalten und zu steigern und am Training und allen Vereinsspielen und Lehrgängen des SVA teilzunehmen. Weiterhin verpflichtete sich die Klägerin gegenüber dem beigeladenen HSA, im Falle einer durch den Handballsport eingetretenen Erkrankung oder Verletzung, sich bei einem vom Beigeladenen zu benennenden Arzt unverzüglich vorzustellen sowie sich den angeordneten sportmedizinischen und sporttherapeutischen Maßnahmen zu unterziehen und an Reisen im In- und Ausland teilzunehmen, für die der Beigeladene auch das zu benutzende Verkehrsmittel bestimmte. Schließlich hatte sie an Veranstaltungen des Beigeladenen zum Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit mitzuwirken, bei denen sie die von dem Beigeladenen gestellte Kleidung tragen musste. Anderweitige Werbung war der Klägerin untersagt. Sie übertrug dem Beigeladenen vielmehr die Verwertung ihrer im Zusammenhang mit der Ausübung des Handballsports stehenden Persönlichkeitsrechte und hatte jederzeit ihr Autogramm für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit zu leisten bzw verarbeiten zu lassen. Die aus Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit und Werbung erzielten Erlöse standen ausschließlich dem Beigeladenen zu. Der Beigeladene verpflichtete sich, der Klägerin eine Aufwandsentschädigung, insbesondere Fahrtkostenersatz, in Höhe von jährlich maximal 7950 Euro zu zahlen. Die Klägerin erhielt für Fahrtkosten vom Beigeladenen 0,30 Euro je km.

4

Das Handballtraining fand dreimal wöchentlich von 19.00 Uhr bis 21.00 Uhr statt. Im Mannschaftstraining am 29.1.2009 wurde die Klägerin vom Ellenbogen einer Mitspielerin im Gesicht getroffen, wodurch sie eine Verletzung am linken Schneidezahn mit Nervschädigung und Abriss der Wurzel erlitt. Die beklagte Berufsgenossenschaft lehnte mit Bescheid vom 25.11.2009 die Anerkennung dieses Ereignisses als Arbeitsunfall und die Erbringung von Leistungen ab und wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 27.5.2010 zurück. Das SG Reutlingen hat die dagegen gerichtete Klage mit Gerichtsbescheid vom 18.2.2013 abgewiesen, weil die Klägerin nicht als Beschäftigte oder wie eine Beschäftigte tätig geworden und damit nicht in der Unfallversicherung versichert gewesen sei. Die persönliche Abhängigkeit der Klägerin habe allein auf den mitgliedschaftlichen Verpflichtungen beruht, wie sie jedes Mitglied einer Handballmannschaft typischerweise träfen. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit der Klägerin habe nicht vorgelegen.

5

Das LSG Baden-Württemberg hat auf die Berufung der Klägerin unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Unfall der Klägerin als Arbeitsunfall festzustellen (Urteil vom 13.12.2013). Im Übrigen hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Berufung des Beigeladenen als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, die Klägerin habe den Unfall während einer versicherten Tätigkeit als Beschäftigte erlitten. Das Handballspielen der Klägerin sei von den Vertragsbeziehungen zum SVA und zum Beigeladenen geprägt gewesen. Die Sparte "Handball" im SVA sei organisatorisch gesondert gegliedert gewesen und habe dem Beigeladenen oblegen, der auch vom SVA auf ihn übertragene merkantile Interessen verfolgt habe. Unfallversicherungsschutz als Beschäftigte setze nicht die Zahlung eines Entgeltes voraus. Auch die Vereinsmitgliedschaft im SVA stehe der Annahme einer Beschäftigung nicht entgegen, weil die Klägerin als Leistungssportlerin in einem Maße in den SVA eingebunden gewesen sei, das deutlich über das von normalen Vereinsmitgliedern geschuldete Verhalten hinausgegangen sei.

6

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 2 Abs 1 Nr 1, § 8 Abs 1 SGB VII und § 7 Abs 1 SGB IV. Die Klägerin sei während des Handballtrainings weder als Beschäftigte noch wie eine Beschäftigte versichert gewesen. Sie habe als Vereinsmitglied des SVA im Rahmen ihres mitgliedschaftlichen Engagements trainiert. Die rechtlichen Beziehungen zu dem beigeladenen HSA stellten keinen Arbeitsvertrag, sondern eine besondere vertraglich-persönliche Bindung einer Hochleistungssportlerin dar, die bis in das Privatleben hinein reiche und sich auf eine lediglich sportliche, dem Arbeitsleben nicht zurechenbare Tätigkeit beziehe. Darüber hinaus bedürfe es im Bereich des Sports für die Annahme einer Beschäftigung generell einer Entgeltzahlung, die hier weder vereinbart noch erfolgt sei.

7

Die Beklagte beantragt,

        

das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 13.12.2013 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG Reutlingen vom 18.2.2013 insgesamt zurückzuweisen.

8

Die Klägerin und der Beigeladene beantragen,

        

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie halten das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Das LSG hat im Ergebnis zu Recht die Beklagte verpflichtet, den am 29.1.2009 beim Handballtraining erlittenen Unfall der Klägerin als Arbeitsunfall festzustellen, denn die Klägerin hat einen Arbeitsunfall als Beschäftigte des Beigeladenen erlitten.

11

Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 16/11 R - BSGE 111, 52 = SozR 4 - 2700 § 2 Nr 21, RdNr 10 mwN, vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4 - 2700 § 8 Nr 44 RdNr 26 f, vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4 - 2700 § 8 Nr 46, RdNr 20, vom 18.6.2013 - B 2 U 10/12 R - SozR 4 - 2700 § 8 Nr 47 RdNr 12, vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4 - 2700 § 2 Nr 27 RdNr 11, vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R - SozR 4 - 2700 § 8 Nr 52 RdNr 11 und vom 4.12.2014 - B 2 U 10/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2700 § 2 Nr 32 vorgesehen, Juris RdNr 11; vgl zuletzt ua BSG vom 4.12.2014 - B 2 U 13/13 R - zur Veröffentlichung in SozR 4 - 2700 § 2 Nr 31 vorgesehen, Juris RdNr 11). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

12

Die Verrichtung unmittelbar vor dem Unfallereignis - die Teilnahme am Training der Handballmannschaft - hat den Stoß mit dem Ellenbogen einer Mitspielerin in das Gesicht der Klägerin und damit einen Unfall und dieser hat eine Verletzung des linken Schneidezahns mit Zahnnervschädigung und Wurzelabriss und damit einen Gesundheitserstschaden rechtlich wesentlich verursacht. Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar und (subjektiv) - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist (sog Handlungstendenz - vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 21 f, vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 52 RdNr 14 und vom 4.12.2014 - B 2 U 14/13 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 30 RdNr 12). Bei ihrer Tätigkeit war die objektivierte Handlungstendenz der Klägerin auf die Erfüllung des gesetzlichen Versicherungstatbestands als Beschäftigte iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII gerichtet, denn mit der Teilnahme am Handballtraining am 29.1.2009 erfüllte die Klägerin eine dem Beigeladenen gegenüber bestehende Hauptpflicht aus einem Beschäftigungsverhältnis.

13

Bei Vornahme der Verrichtung des Handballtrainings war die Klägerin nach Überzeugung des Senats jedenfalls als Beschäftigte des Beigeladenen iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versichert(sogleich unter 1.) Ob darüber hinaus auch ein Beschäftigungsverhältnis mit dem SVA bestand, wovon offenbar das LSG ausging, kann der Senat insoweit offenlassen (hierzu unter 2.).

14

1. Eine nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als Beschäftigte liegt vor, wenn die Verletzte zur Erfüllung eines von ihr begründeten Rechtsverhältnisses, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses, eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen(vgl § 7 Abs 1 SGB IV) zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse ihrer Verrichtung diesem und nicht ihr selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen (vgl § 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII). Es kommt objektiv auf die Eingliederung des Handelns der Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen des anderen bringen soll. Eine Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII wird daher ausgeübt, wenn die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, entweder eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zu Grunde liegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, oder die Verletzte eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern sie nach den besonderen Umständen ihrer Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, sie treffe eine solche Pflicht, oder sie unternehmensbezogene Rechte aus dem Rechtsverhältnis ausübt(vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 27 ff, vom 13.11.2012 - B 2 U 27/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 45 RdNr 23 f und vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 27 RdNr 13).

15

Das LSG hat die von der Klägerin am 29.1.2009 verrichtete Tätigkeit, nämlich die Teilnahme am Handballtraining ihrer Mannschaft, zutreffend als Verrichtung angesehen, die auf die Erfüllung einer der Klägerin als Beschäftigte iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII obliegenden Pflicht gerichtet war. Diese Pflicht bestand hier gegenüber dem beigeladenen HSA.

16

§ 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII erfasst die Beschäftigten iS des § 7 Abs 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Eine Beschäftigung liegt daher immer dann vor, wenn ein Arbeitsverhältnis besteht. Sie kann aber auch ohne Arbeitsverhältnis gegeben sein, wenn die Verletzte sich in ein fremdes Unternehmen eingliedert und ihre konkrete Handlung sich dem Weisungsrecht eines Unternehmers insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Verrichtung unterordnet (vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 31 ff). Dabei kommt es auf die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse an. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine formlose Abbedingung rechtlich möglich ist. Entscheidend ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl BSG vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 16 mwN und vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 27 RdNr 14).

17

Die Einordnung der Rechtsbeziehung der Klägerin gegenüber dem Beigeladenen als Beschäftigung ergibt sich zunächst aus dem Vertrag vom 12.3.2006, den die Klägerin mit dem HSA geschlossen hat. Den Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) lässt sich auch noch hinreichend entnehmen, dass die tatsächlich gelebten Verhältnisse diesem Vertragsinhalt entsprachen. Die Klägerin war danach weder Vereinsmitglied des Beigeladenen noch existierten sonstige Rechtsbeziehungen, die das Handeln der Klägerin als bloße Erfüllung rein mitgliedschaftlicher Pflichten erscheinen ließen (vgl hierzu die Urteile des erkennenden Senats vom 31.1.1961 - 2 RU 173/58 - BSGE 14, 1, 3 f = SozR Nr 1 zu § 798 RVO A a 2, vom 20.12.1961 - 3 RK 65/57 - BSGE 16, 98, 101 f = SozR Nr 29 zu § 165 RVO A a 31, vom 17.10.1990 - 2 RU 3/90 - HVBG-INFO 1991, 423, 427, vom 27.1.1994 - 2 RU 17/93 - SozR 3-2200 § 539 Nr 27 S 101, vom 24.2.2000 - B 2 U 4/99 R - HVBG-INFO 2000, 1253, 1255, vom 13.8.2002 - B 2 U 29/01 R - HVBG-INFO 2002, 2511, 2516 f, vom 18.3.2003 - B 2 U 25/02 R - HVBG-INFO 2003, 1412, 1419, vom 30.6.2009 - B 2 U 22/08 R - UV-Recht Aktuell 2009, 1040, 1046 und vom 27.10.2009 - B 2 U 26/08 R - UV-Recht Aktuell 2010, 185, 189). Dies könnte sich ggf anders darstellen, wenn die Klägerin ausschließlich Mitglied des Handballvereins SVA gewesen wäre (vgl hierzu unter 2.).

18

Jedenfalls sind keine Anhaltspunkte für eine von dem schriftlichen Vertragsinhalt abweichende Handhabung und damit für mögliche abweichende Regelungen oder für die Unwirksamkeit einzelner oder sämtlicher Vertragsbestimmungen aus dem Verhältnis zum Beigeladenen ersichtlich. Es ist dabei - anders als in dem angefochtenen Urteil des LSG - auch keine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der der Klägerin gegenüber dem SVA ggf obliegenden vertraglichen und mitgliedschaftlichen Pflichten vorzunehmen, weil der Beigeladene in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins arbeitet und als juristische Person selbstständig rechtsfähig ist (§ 21 BGB).

19

Die Klägerin war nach den vom LSG mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen für den Senat bindend festgestellten (§ 163 SGG) Bestimmungen des Vertrags vom 12.3.2006 in den Betrieb des Beigeladenen eingegliedert und an dessen Weisungen gebunden. So hatte sie sich gegenüber dem Beigeladenen verpflichtet, ihre sportliche Leistungsfähigkeit einzusetzen, zu erhalten und zu steigern, sowie am Training und an den Spielen ihrer Handballmannschaft teilzunehmen, sowie auch anwesend zu sein, wenn ihr Einsatz nicht in Betracht kam. Darüber hinaus hatte sie an Lehrgängen und an Reisen im In- und Ausland teilzunehmen. Diese Unterordnung unter die Erfordernisse des Spielbetriebs wurde ergänzt durch eine Eingliederung in die Öffentlichkeitsarbeit des Beigeladenen. Die Klägerin war zur Mitwirkung bei Veranstaltungen zur Öffentlichkeitsarbeit verpflichtet, bei denen sie von dem Beigeladenen gestellte Kleidung zu tragen hatte. Anderweitige Werbung war ihr untersagt. Sie übertrug dem Beigeladenen die Verwertung ihrer im Zusammenhang mit der Ausübung des Handballsports stehenden Persönlichkeitsrechte und hatte jederzeit ihr Autogramm für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit zu leisten bzw verarbeiten zu lassen. Dass es sich hierbei um eine Eingliederung gerade in das Unternehmen des Beigeladenen handelte, folgt auch daraus, dass Einnahmen aus der Öffentlichkeitsarbeit und Werbung allein dem Beigeladenen zustanden. Ferner hatte die Klägerin ihren Urlaub grundsätzlich vor der Vorbereitungsphase auf die neue Saison zu nehmen.

20

Bei den einzelnen Tätigkeiten, die eine Eingliederung in den Betrieb des Beigeladenen beinhalten, war die Klägerin auch an die Weisungen des Beigeladenen gebunden. Beim Spielbetrieb hatte sie sich den Weisungen aller vom Beigeladenen dazu eingesetzten Personen, insbesondere des Trainers, unterzuordnen. Selbst wenn - wie die Beklagte meint - dies nur ein Trainer des SVA sein konnte, steht dies der Bindung der Klägerin an Weisungen als Beschäftigte des Beigeladenen nicht entgegen, weil das Weisungsrecht auch auf Dritte delegiert werden kann. Bei Reisen bestimmte der Beigeladene das zu benutzende Verkehrsmittel. Weisungen des Beigeladenen unterlag die Klägerin auch im Falle einer durch die Ausübung des Handballsports eingetretenen Erkrankung oder Verletzung, weil sie verpflichtet war, sich bei einem vom Beigeladenen zu benennenden Arzt unverzüglich vorzustellen sowie sich angeordneten sportmedizinischen und sporttherapeutischen Maßnahmen zu unterziehen. Die Weisungsgebundenheit der Klägerin wird dadurch unterstrichen, dass sie bei Verletzung von Vertragspflichten Vertragsstrafen ausgesetzt war (vgl hierzu auch BSG Urteil vom 20.12.1961 - 3 RK 65/57 - BSGE 16, 98, 101 = SozR Nr 29 zu § 165 RVO A a 31).

21

Die konkrete Ausgestaltung der Pflichten der Klägerin gegenüber dem Beigeladenen ging damit deutlich über eine allein durch eine Vereinsmitgliedschaft oder durch die Ausübung eines Mannschaftssports begründete Rechtsbeziehung hinaus. Selbst wenn die Klägerin den Handballsport auch aus dem eigenen Bedürfnis zur sportlichen Betätigung und ggf in Erfüllung einer gegenüber dem SVA bestehenden mitgliedschaftlichen Pflicht betrieb und damit auch einen eigenwirtschaftlichen Zweck verfolgte, diente das Handballspiel und Handballtraining jedenfalls wesentlich dem wirtschaftlichen Interesse des Beigeladenen. Dessen Aufgabe war das Management der ersten Damenhandballmannschaft des SVA und damit die Verpflichtung befähigter Spielerinnen und deren Förderung zur Einnahmeerzielung durch attraktive Spiele. An der die Beschäftigung charakterisierenden fremdwirtschaftlichen Zweckbestimmung eines Verhaltens fehlt es erst dann, wenn mit ihm im Wesentlichen - anders als hier - allein eigene Angelegenheiten verfolgt werden (BSG vom 5.7.2005 - B 2 U 22/04 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 6 = NZS 2006, 375).

22

Offenbleiben kann hier, inwieweit die der Klägerin gezahlten Fahrtkosten in Höhe von maximal 7950 Euro jährlich ein Entgelt für das Handballspielen darstellte. Ob Arbeitnehmern ein Entgelt für ihre Tätigkeit gezahlt wird, ist für das Vorliegen einer Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII wie auch iS des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV nicht ausschlaggebend(vgl BSG vom 26.6.1980 - 8a RU 48/79 - SozR 2200 § 539 Nr 68, vom 30.6.2009 - B 2 U 3/08 R - UV-Recht Aktuell 2009, 1008, 1014 und vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 27 RdNr 14 - Postzustellerfall). Arbeitsentgelt setzt das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses voraus, begründet ein solches aber nicht. Auch ohne eine aus der Zahlung eines Entgelts folgende wirtschaftliche Abhängigkeit kann eine Beschäftigung vorliegen.

23

Auch im Bereich der sportlichen Betätigung und bei Tätigkeiten in Vereinen ist die Beschäftigung von rein mitgliedschaftlicher bzw sportlicher Betätigung nicht danach abzugrenzen, ob ein Entgelt vereinbart ist und gezahlt wird. Sofern der erkennende Senat im Zusammenhang mit sportlichen Betätigungen innerhalb einer Vereinsmitgliedschaft ausgeführt hat, dass eine von dieser abzugrenzende Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII typischerweise bei Zahlung eines Arbeitsentgelts anzunehmen ist(vgl BSG vom 18.3.2003 - B 2 U 25/02 R - HVBG-INFO 2003, 1412, 1418 und vom 27.10.2009 - B 2 U 26/08 R - UV-Recht Aktuell 2010, 185, 190), hat er dabei auf die Entgeltzahlung lediglich als ein Indiz für das Vorliegen einer Beschäftigung abgestellt. Entgegen der Rechtsansicht der Revision existiert hingegen keine rechtliche Vermutung, dass im sportlichen Bereich das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses zwingend die Zahlung eines "nennenswerten" Entgelts voraussetzt. Die allgemeinen Kriterien für das Vorliegen einer Beschäftigung, nämlich die über die reine Ausübung eines Mannschaftssports hinausgehende Eingliederung in den Betrieb des Beigeladenen, verbunden mit einer zahlreiche Aspekte der Tätigkeit umfassenden Weisungsgebundenheit, ermöglichen hier bereits hinreichend die Einordnung als Beschäftigung, ohne dass zusätzlich auf eine Entgeltzahlung und eine rechtliche Qualifizierung des Fahrtkostenersatzes abgestellt werden muss.

24

Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat die Klägerin im Unfallzeitpunkt eine versicherte Beschäftigung verrichtet und mit ihrer Teilnahme am Handballtraining eine sich aus dem Beschäftigungsverhältnis mit dem Beigeladenen ergebende Hauptpflicht erfüllt.

25

2. Auf die Einordnung der zum eigentlichen Handballverein SVA bestehenden Rechtsbeziehungen der Klägerin kam es im vorliegenden Fall mithin nicht mehr entscheidend an. Die Revision hat hier zu Recht darauf verwiesen, dass die Klägerin Vereinsmitglied des SVA war und die bisherige Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Frage, welche Verrichtungen aufgrund einer mitgliedschaftlichen Verpflichtung als Vereinsmitglied vorgenommen werden und mithin gerade keine Beschäftigung darstellen, eher dazu tendiert, von weitgehenden mitgliedschaftlichen Handlungspflichten der Vereinsmitglieder auszugehen (vgl die Urteile vom 31.1.1961 - 2 RU 173/58 - BSGE 14, 1, 3 f = SozR Nr 1 zu § 798 RVO A a 2, vom 20.12.1961 - 3 RK 65/57 - BSGE 16, 98, 101 f = SozR Nr 29 zu § 165 RVO A a 31, vom 17.10.1990 - 2 RU 3/90 - HVBG-INFO 1991, 423, 427, vom 27.1.1994 - 2 RU 17/93 - SozR 3-2200 § 539 Nr 27 S 101, vom 24.2.2000 - B 2 U 4/99 R - HVBG-INFO 2000, 1253, 1255, vom 13.8.2002 - B 2 U 29/01 R - HVBG-INFO 2002, 2511, 2516 f, vom 18.3.2003 - B 2 U 25/02 R - HVBG-INFO 2003, 1412, 1419, vom 30.6.2009 - B 2 U 22/08 R - UV-Recht Aktuell 2009, 1040, 1046 und vom 27.10.2009 - B 2 U 26/08 R - UV-Recht Aktuell 2010, 185, 189). Letztlich kann hier offenbleiben, wie die Rechtsbeziehung zwischen der Klägerin und dem SVA einzuordnen wäre, denn ausschlaggebend ist, dass die Klägerin in einem Beschäftigungsverhältnis zum beigeladenen HSA stand, bei dem sie gerade nicht Mitglied war.

26

Der Senat konnte auch die Verurteilung der Beklagten zur Feststellung eines Arbeitsunfalls bestätigen, denn die Beklagte war für die Feststellung des Arbeitsunfalles zuständig, weil nach § 3 I Nr 9 ihrer Satzung ihr Zuständigkeitsbereich sowohl Sportvereine als auch sonstige Sportunternehmen umfasst, wozu der Beigeladene gehört.

27

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. Die Beklagte hat der Klägerin und dem Beigeladenen deren außergerichtliche Kosten zu erstatten, weil deren im Revisionsverfahren gestellte Anträge Erfolg hatten. Zwar sind gemäß § 193 Abs 4 SGG die Aufwendungen der in § 184 Abs 1 SGG genannten Gebührenpflichtigen, die nicht gemäß § 183 SGG kostenprivilegiert sind, nicht erstattungsfähig. Zu diesem Personenkreis gehört jedoch der HSA als Beigeladener nicht (vgl BSG vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 60/06 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 5 RdNr 18 und vom 1.3.2011 - B 1 KR 10/10 R - BSGE 107, 267 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 90).

(1) Soweit die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung eine Beschäftigung voraussetzen, gelten sie auch für Personen, die im Rahmen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereichs entsandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist.

(2) Für Personen, die eine selbständige Tätigkeit ausüben, gilt Absatz 1 entsprechend.

(1) Soweit die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung eine Beschäftigung voraussetzen, gelten sie nicht für Personen, die im Rahmen eines außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzbuchs bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in diesen Geltungsbereich entsandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist.

(2) Für Personen, die eine selbständige Tätigkeit ausüben, gilt Absatz 1 entsprechend.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt Bundeserziehungsgeld (BErzg) für den 6. bis 12. Lebensmonat ihrer am 16.3.2001 geborenen Tochter C. ; in dieser Zeit hat sie sich mit ihrem Ehemann und ihren Kindern in Äthiopien aufgehalten.

2

Der Ehemann der Klägerin war seit 15.5.2001 für die W. Organisation tätig. Dies ist eine gemeinnützige Organisation, die ua in Zusammenarbeit mit Regierungsstellen im Ausland Alphabetisierungsprogramme durchführt und (christliche) Literatur, insbesondere die Bibel, in die jeweils gesprochene Sprache übersetzt. Am 14.6.2001 schloss der Ehemann der Klägerin mit dem W. e.V. in Deutschland einen sog Versetzungsvertrag, der eine Versetzung in ein Arbeitsgebiet des Summer Institute of Linguistics (SIL) International mit Hauptquartier in D./USA vorsah. Aufgrund dieses Vertrags wurde er vom 1.8.2001 bis 31.7.2005 zur vorübergehenden Dienstleistung nach Äthiopien versetzt. Während dieser Zeit ruhten die Hauptpflichten aus seinem mit dem deutschen Verein geschlossenen unbefristeten Dienstvertrag. Es war außerdem vereinbart, dass dieser Dienstvertrag nach der Rückkehr nach Deutschland wieder seine volle Wirksamkeit entfalten sollte. Für die Zeit der befristeten Versetzung ins Ausland ging die Arbeitgeberfunktion, insbesondere die Weisungsbefugnis, vom W. e.V. auf das SIL International über; der Ehemann der Klägerin war auch in dessen organisatorische Struktur eingegliedert.

3

Auf Antrag der Klägerin bewilligte der beklagte Freistaat für die am 16.3.2001 geborene Tochter C. BErzg bis zum 15.8.2001. Eine Gewährung für den 6. bis 12. Lebensmonat des Kindes (16.8.2001 bis 15.3.2002) lehnte er ab, weil die Klägerin ab dem 31.7.2001 keinen Wohnsitz mehr in der Bundesrepublik Deutschland gehabt habe (Bescheid vom 22.8.2001). Den gegen die ablehnende Entscheidung gerichteten Widerspruch wies der Beklagte zurück. Nachdem die Klägerin bereits auf dem Antragsformular darauf hingewiesen hatte, dass sie während des Aufenthalts in Äthiopien auch über eine Adresse in Deutschland postalisch erreichbar sei, sandte der Beklagte den Widerspruchsbescheid vom 6.2.2002 als Briefsendung an die genannte Adresse in "G., B.". Der Widerspruchsbescheid enthielt die Rechtsbehelfsbelehrung, dass dagegen innerhalb von drei Monaten nach Bekanntgabe Klage beim Sozialgericht (SG) München erhoben werden könne.

4

Mit der am 3.5.2002 beim SG eingegangenen Klage hat die Klägerin begehrt, die ablehnende Entscheidung des Beklagten aufzuheben und ihr auch für den 6. bis 12. Lebensmonat der Tochter (16.8.2001 bis 15.3.2002) BErzg zu gewähren. Diese Klage ist ebenso wie die nachfolgende Berufung ohne Erfolg geblieben (Urteil des SG München vom 29.10.2003; Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 11.9.2008). Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung ua ausgeführt: Die Klägerin erfülle die im streitigen Zeitraum geltenden gesetzlichen Voraussetzungen des § 1 Abs 2 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) nicht, nach denen ausnahmsweise Berechtigten, die keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hätten, BErzg zu gewähren sei. Insbesondere seien beim Ehemann der Klägerin die Voraussetzungen des Satzes 1 Nr 1 (iVm Satz 2) nicht gegeben. Während des Aufenthalts in Äthiopien habe dessen Beschäftigungsverhältnis nicht gemäß § 4 Abs 1 SGB IV dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterlegen. Die Voraussetzungen der Ausstrahlung lägen nicht vor. Da § 1 Abs 2 Satz 1 Nr 1 BErzGG ausdrücklich auf § 4 SGB IV Bezug nehme, sei - anders als nach früherem Recht - zu fordern, dass das inländische Beschäftigungsverhältnis trotz Tätigkeit im Ausland fortbestehen müsse. Die bisherige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur alten Gesetzesfassung (BSG SozR 7833 § 1 Nr 6) sei wegen der gesetzlichen Bezugnahme auf § 4 SGB IV bei der Neufassung nicht anwendbar.

5

Ob eine Ausstrahlung vorliege, richte sich nach der Entscheidung des BSG vom 5.12.2006 (SozR 4-2400 § 4 Nr 1). Maßgebend sei danach, wo der Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Merkmale des Beschäftigungsverhältnisses liege. Der im Ausland beschäftigte Arbeitnehmer müsse organisatorisch in den Betrieb des inländischen Arbeitgebers eingegliedert bleiben. Eine Ausstrahlung liege nicht vor, wenn der Arbeitnehmer im Ausland in einen rechtlich verselbstständigten Betrieb eingegliedert sei und dieser das Arbeitsentgelt zahle. Dies sei hier der Fall, denn der Ehemann der Klägerin habe für die Zeit der Entsendung das Beschäftigungsverhältnis mit dem W. e.V. (in Deutschland) beendet und ein neues Beschäftigungsverhältnis mit dem SIL International begründet. Er sei auch bis zur tatsächlichen Rückkehr nach Deutschland dessen Weisungen unterworfen und in dessen organisatorische Struktur eingegliedert gewesen. Da es sich bei § 1 Abs 2 Satz 1 Nr 1 BErzGG um eine Ausnahme vom Territorialitätsprinzip handle, bestehe keine Möglichkeit, den Begriff der Ausstrahlung in dem von der Klägerin gemeinten Sinne (erweiternd) auszulegen. Deren Auffassung, das Rumpfarbeitsverhältnis ihres Ehemannes stehe einer Entsendung iS des § 4 SGB IV gleich, könne deshalb nicht gefolgt werden.

6

Die Klägerin hat die vom Senat zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung von § 4 SGB IV sowie von § 1 Abs 2 Satz 1 Nr 1 BErzGG. Das BSG vertrete zum BErzGG in ständiger Rechtsprechung einen modifizierten Entsendebegriff. Dieser habe eine andere Qualität als der des § 4 SGB IV. Er setze zwar wie eine Entsendung nach § 4 SGB IV eine fortbestehende Inlandsintegration voraus, die Hauptpflichten dürften aber in der Zeit der Auslandsbeschäftigung ruhen (sog Rumpfarbeitsverhältnis). Das LSG habe verkannt, dass das BSG seine Rechtsprechung zum Rumpfarbeitsverhältnis auch dort anwende, wo das Gesetz ausdrücklich eine Entsendung iS des § 4 SGB IV voraussetze. In diesem Zusammenhang seien zwei Entscheidungen des 4. Senats des BSG (Urteile vom 17.11.1992 - 4 RA 15/91 - BSGE 71, 227 = SozR 3-2600 § 56 Nr 4 und vom 16.11.1993 - 4 RA 39/92) zur Anrechnung von Kindererziehungszeiten nach § 56 Abs 3 Satz 2 SGB IV wichtig. Diese Bestimmung nenne zwar § 4 SGB IV nicht ausdrücklich, fordere jedoch Pflichtbeitragszeiten des arbeitenden Ehegatten. Dennoch wendeten beide Entscheidungen § 4 SGB IV über seinen Wortlaut hinaus an. Mit dieser Rechtsprechung habe sich das LSG nicht auseinandergesetzt.

7

In Falle ihres Ehemannes sei zwar die Weisungsgebundenheit und die Eingliederung auf den neuen Arbeitgeber übergegangen, es liege jedoch ein "Rumpfarbeitsverhältnis" in Deutschland vor, das auch für die Gewährung von BErzg ausreichen müsse, ohne dass eine Entsendung iS des § 4 SGB IV vorliegen müsse. Es wäre unsystematisch, ihr die Erziehungszeiten als rentenrechtliche Zeiten anzurechnen, gleichzeitig jedoch für diese Zeiten kein BErzg zu gewähren. Beide Leistungen bildeten eine Einheit, denn sie hätten bei unterschiedlicher Funktion die gleiche Intention. Sie seien Bestandteile des Familienlastenausgleichs, wobei das BErzg zum Ziele habe, Müttern und Vätern die Betreuungsleistungen für das neugeborene Kind zu honorieren, die Erziehungskraft der Familie zu stärken und deren Erziehungsleistung von der Gemeinschaft anzuerkennen (BT-Drucks 10/3792, S 13). Eine unterschiedliche Behandlung von Kindererziehungszeiten und BErzg würde zudem gegen das GG verstoßen.

8

Außerdem stellt die Klägerin klar, dass ihre in B. wohnenden Eltern lediglich beauftragt gewesen seien, Schreiben des Beklagten an ihren Wohnort in Äthiopien weiterzuleiten.

9

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 11. September 2008 und des Sozialgerichts München vom 29. Oktober 2003 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 22. August 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2002 zu ändern sowie den Beklagten zu verurteilen, ihr für den 6. bis 12. Lebensmonat ihrer Tochter C. BErzg zu gewähren.

10

Der Beklagte beantragt,

 die Revision zurückzuweisen.

11

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend. Nach dessen tatsächlichen Feststellungen lägen die Voraussetzungen einer Ausstrahlung iS des § 4 SGB IV nicht vor. Der Auffassung der Klägerin, § 1 Abs 2 Satz 1 Nr 1 BErzGG sei auch auf ein Rumpfarbeitsverhältnis anwendbar, stehe der klare und eindeutige Wortlaut dieser Vorschrift(idF des Dritten Gesetzes zur Änderung des BErzGG vom 12.10.2000, BGBl I 1426) entgegen. Der Gesetzgeber habe, wie sich auch aus der Gesetzesbegründung ergebe, ganz bewusst auf § 4 SGB IV Bezug genommen. Aufgrund dieses klaren Wortlauts könnten die Grundsätze über eine Entsendung mit Rumpfarbeitsverhältnis auf diese Vorschrift nicht angewandt werden; auch eine ausdehnende Auslegung sei nicht möglich. Bei der Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten sei die Anwendung dieser Grundsätze zudem vom Rechtsgedanken des § 56 SGB VI getragen gewesen.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht die Berufung gegen das die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG)abweisende Urteil des SG zurückgewiesen, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf BErzg für den 6. bis 12. Lebensmonat (16.8.2001 bis 15.3.2002) ihres am 16.3.2001 geborenen Kindes. Sie bzw ihr Ehemann erfüllen insoweit nicht die besonderen Voraussetzungen für die Gewährung von BErzg bei einem Auslandsaufenthalt.

13

1. Die Anfechtungsklage gegen die ablehnende Entscheidung des Beklagten im Bescheid vom 22.8.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.2.2002 ist zulässig. Die Klägerin hat die Klage am 3.5.2002 erhoben. In Übereinstimmung mit der Rechtsbehelfsbelehrung im Widerspruchsbescheid des Beklagten liegt im vorliegenden Fall eine Bekanntgabe im Ausland iS des § 87 Abs 1 Satz 2 iVm Abs 2 SGG vor, die den Lauf einer Dreimonatsfrist auslöst. Zwar ist der an die Klägerin gerichtete Widerspruchsbescheid an eine Adresse in Deutschland gesandt worden, er ist dort jedoch nicht von einem Bevollmächtigten der Klägerin entgegengenommen worden (vgl § 37 Abs 1 SGB X). Vielmehr sind die in B. wohnenden Eltern der Klägerin - wie diese in der Revisionsverhandlung klargestellt hat - lediglich beauftragt gewesen, Schreiben des Beklagten an den Wohnort der Klägerin in Äthiopien weiterzuleiten. Dementsprechend ist eine wirksame Bekanntgabe an die Klägerin erst in Äthiopien erfolgt.

14

2. Als Anspruchsgrundlage für die Gewährung von BErzg für die Zeit des Auslandsaufenthalts der Klägerin im 6. bis 12. Lebensmonat des am 16.3.2001 geborenen Kindes (16.8.2001 bis 15.3.2002) kommt allein § 1 Abs 1 und Abs 2 BErzGG(idF des am 1.1.2001 in Kraft getretenen Art 1 Nr 1 Drittes Gesetz zur Änderung des BErzGG vom 12.10.2000 , mit Wirkung ab 1.8.2001 geändert durch Art 3 § 47 Nr 1 Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften vom 16.2.2001 ) in Betracht.

15

a) Nach § 1 Abs 1 Satz 1 BErzGG hat derjenige Anspruch auf BErzg, der einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat(Nr 1), mit einem Kind, für das ihm die Personensorge zusteht, in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Derjenige, der seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Deutschland hat, hat unter den in Abs 2 geregelten besonderen Voraussetzungen Anspruch auf BErzg. Er muss nach Satz 1 entweder

        

1.   

im Rahmen seines in Deutschland bestehenden Beschäftigungsverhältnisses vorübergehend ins Ausland entsandt sein und aufgrund über- oder zwischenstaatlichen Rechts oder nach § 4 SGB IV dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliegen oder im Rahmen seines in Deutschland bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses vorübergehend ins Ausland abgeordnet, versetzt oder kommandiert sein oder

        

2.   

Versorgungsbezüge nach beamten- oder soldatenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder eine Versorgungsrente von einer Zusatzversorgungsanstalt für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes erhalten oder

        

3.   

Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes sein.

16

Nach Satz 2 gilt dies auch für den mit ihm in einem Haushalt lebenden Ehegatten, wenn dieser im Ausland keine Erwerbstätigkeit ausübt, welche den dortigen Vorschriften der sozialen Sicherheit unterliegt.

17

Nach den von der Klägerin nicht mit zulässigen und begründeten Rügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden (§ 163 SGG)tatsächlichen Feststellungen des LSG erfüllt weder die Klägerin noch ihr Ehemann die Voraussetzungen des § 1 Abs 2 BErzGG. Insbesondere ist der Ehemann der Klägerin nicht "im Rahmen seines in Deutschland bestehenden Beschäftigungsverhältnisses" nach Äthiopien "entsandt" worden, das nach § 4 SGB IV ("Ausstrahlung") dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliegt(§ 1 Abs 2 Satz 1 Nr 1 iVm Satz 2 BErzGG).

18

Das LSG hat festgestellt, dass der Ehemann der Klägerin, der seit dem 15.5.2001 für die W. Organisation tätig war, am 14.6.2001 mit dem W. e.V. in Deutschland einen sog Versetzungsvertrag abschloss, der eine Versetzung in ein Arbeitsgebiet des SIL International mit Sitz (Hauptquartier) in D./USA vorsah. Aufgrund dieses Vertrags wurde er vom 1.8.2001 bis 31.7.2005 zur vorübergehenden Dienstleistung nach Äthiopien versetzt. Während dieser Zeit wurde ein neues Beschäftigungsverhältnis mit einem anderen Arbeitgeber begründet. Die Hauptpflichten aus seinem mit dem deutschen Verein geschlossenen unbefristeten Dienstvertrag ruhten; dieser Vertrag sollte erst nach der Rückkehr des Ehemannes der Klägerin nach Deutschland wieder seine volle Wirksamkeit entfalten. Im Zeitraum der befristeten Versetzung ins Ausland ging die Arbeitgeberfunktion, insbesondere die Weisungsbefugnis, vom W. e.V. auf das SIL International über; der Ehemann der Klägerin war auch in dessen organisatorische Struktur eingegliedert.

19

Dass es sich bei dieser vom LSG festgestellten Vertragsgestaltung nicht um ein Beschäftigungsverhältnis handelt, bei dem die Merkmale einer Ausstrahlung iS des § 4 SGB IV(hierzu eingehend BSG, Urteil vom 5.12.2006 - B 11a AL 3/06 R - SozR 4-2400 § 4 Nr 1 RdNr 17 ff)erfüllt sind, wird auch von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen. Sie meint vielmehr, das hier vorliegende "Rumpfarbeitsverhältnis" ihres Ehemannes in Deutschland reiche für die Gewährung von BErzg aus; § 1 Abs 2 Satz 1 Nr 1 BErzGG müsse unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG zum "Rumpfarbeitsverhältnis" (verfassungskonform) erweiternd ausgelegt werden.

20

Dieser Auffassung vermag der Senat nicht zu folgen, denn damit wären die Grenzen zulässiger Auslegung überschritten. Um die Bedeutung einer Gesetzesvorschrift zu ermitteln, kommen zunächst die herkömmlichen Auslegungsmethoden zur Anwendung. Danach ist auf den Wortlaut der Norm (grammatische Auslegung), ihren Zusammenhang (systematische Auslegung), ihren Zweck (teleologische Auslegung) sowie die Gesetzesmaterialien und die Entstehungsgeschichte (historische Auslegung) abzustellen (vgl aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts : BVerfGE 11, 126, 130; 82, 6, 11; 93, 37, 81; 105, 135, 157; dazu auch Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl 1995, S 141 ff; 163 ff). Dabei sind die konkret einschlägigen verfassungsrechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen. Ist von mehreren möglichen Auslegungen nur eine mit dem GG vereinbar, muss diese gewählt werden (verfassungskonforme Auslegung; vgl etwa BVerfGE 88, 145, 166 f; 93, 37, 81; dazu auch Larenz/Canaris, aaO, S 159 ff). Die Grenzen jeder Auslegung ergeben sich daraus, dass einem nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Gesetz nicht durch Auslegung eine entgegengesetzte Bedeutung verliehen werden darf (vgl BVerfGE 54, 277, 299 f; 59, 330, 334; 93, 37, 81; dazu auch Larenz/Canaris, aaO, S 143).

21

Der Wortlaut des § 1 Abs 2 Satz 1 Nr 1 BErzGG(idF des am 1.1.2001 in Kraft getretenen Art 1 Nr 1 Drittes Gesetz zur Änderung des BErzGG vom 12.10.2000 ) enthält (anders als die bis zum 31.12.2000 geltende Fassung des § 1 Abs 2 Nr 1 BErzGG, zuletzt bekannt gemacht am 31.1.1994, BGBl I 180) mit der hier einschlägigen Formulierung "im Rahmen seines in Deutschland bestehenden Beschäftigungsverhältnisses vorübergehend ins Ausland entsandt ist und … nach § 4 SGB IV dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliegt" ausdrücklich eine Verweisung auf die gesetzliche Regelung der Ausstrahlung im SGB IV. Diese Verweisung hat der Gesetzgeber bewusst in die Neufassung aufgenommen, denn in den Gesetzesmaterialien wird die Änderung damit begründet, dass im Sinne einer "gesetzlichen Klarstellung" "die neugefasste Nummer 1 entsprechende Regelungen aus dem Sozialgesetzbuch berücksichtigt (§ 30 Abs 2 SGB I, § 4 Abs 1 SGB IV)"(vgl BT-Drucks 14/3553, S 13, 14).

22

Die systematische Stellung des § 1 Abs 2 Satz 1 Nr 1 BErzGG (idF vom 12.10.2000) spricht hier ebenfalls für eine enge, am Wortlaut und an der Entstehungsgeschichte orientierte Auslegung. Der Gesetzgeber hat in § 1 Abs 1 Satz 1 Nr 1 BErzGG (ebenfalls idF vom 12.10.2000) für die Begrenzung des von diesem Gesetz begünstigten Personenkreises als Regel das Prinzip des inländischen Wohnsitzes- oder Aufenthalts gewählt (hierzu zuletzt BSG, Teilurteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 6/08 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, RdNr 23 ff; BSG, Vorlagebeschlüsse vom 3.12.2009 - B 10 EG 5/08 R - RdNr 50 ff, - B 10 EG 6/08 R -RdNr 50 ff und - B 10 EGB 10 EG 7/08 R - RdNr 48 ff). Dieses Prinzip wird in § 1 Abs 2 Satz 1 und Satz 2 BErzGG für bestimmte, eng gefasste Fälle durchbrochen. Als Ausnahmeregelung ist diese Vorschrift deshalb eng zu interpretieren (zur Auslegung von Ausnahmevorschriften vgl Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl 1995, S 174 ff).

23

Auch der Zweck des BErzg gebietet es nicht zwingend, ein in Deutschland weiter bestehendes "Rumpfarbeitsverhältnis" in den Anwendungsbereich des § 1 Abs 2 Satz 1 Nr 1 BErzGG einzubeziehen. Das BErzg ist - wirtschaftlich betrachtet - eine Familienleistung. Ihr Hauptzweck ist die Förderung der Betreuung und Erziehung von Kindern in der ersten Lebensphase. Der Mutter oder dem Vater eines Kindes soll es ermöglicht oder erleichtert werden, zu dessen Gunsten im Anschluss an die Mutterschutzfristen ganz oder teilweise auf eine Erwerbstätigkeit zu verzichten. Mit dieser (zeitlich beschränkten) finanziellen Hilfe wird die Erziehungsleistung junger Familien anerkannt (zum Zweck des BErzg: BT-Drucks 10/3792, S 1, 13; Hambüchen, Kindergeld/Erziehungsgeld/Elternzeit, BErzGG, Einführung S 3, Stand Juni 2003; BVerfGE 111, 176, 178 ff, 185 f = SozR 4-7833 § 1 Nr 4 RdNr 2 ff, 30; aus der neueren Rechtsprechung des BSG: BSGE 93, 194 RdNr 37= SozR 4-7833 § 1 Nr 6, RdNr 46; BSG SozR 4-7833 § 1 Nr 7 RdNr 21; BSGE 97, 144 = SozR 4-1300 § 48 Nr 8, RdNr 20).

24

Diesem allgemeinen Zweck widerspricht es nicht, den begünstigten Personenkreis - auch aus finanziellen Erwägungen - im Grundsatz auf eine Erziehung im Inland zu beschränken und nur ausnahmsweise unter besonderen engen Voraussetzungen die Erziehung im Ausland durch die Gewährung von BErzg zu fördern, etwa - wie es die Neufassung des § 1 Abs 2 Satz 1 Nr 1 BErzGG(idF vom 12.10.2000) vorsieht - bei Vorliegen einer vorübergehenden Entsendung ins Ausland im Rahmen eines in Deutschland weiter bestehenden Beschäftigungsverhältnisses, das nach den Grundsätzen der Ausstrahlung iS des § 4 SGB IV weiterhin dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliegt. Jedenfalls wird der Zweck des BErzg nicht verfehlt, wenn sich der Gesetzgeber entschließt, die Grenzen für einen Leistungsexport ins Ausland enger zu ziehen.

25

b) Die vom Wortlaut, der Entstehungsgeschichte, der systematischen Stellung und dem Gesetzeszweck gedeckte enge Auslegung des § 1 Abs 2 Satz 1 Nr 1 BErzGG(idF vom 12.10.2000) steht entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht im Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung des BSG zum "Rumpfarbeitsverhältnis", denn diese ist zu anderen Rechtsvorschriften ergangen. Sie lässt sich deshalb nicht auf das durch Art 1 Nr 1 Drittes Gesetz zur Änderung des BErzGG vom 12.10.2000 (BGBl I 1426) anders gefasste BErzGG übertragen (so auch Buchner/Becker, MuSchG - BErzGG, 7. Aufl 2003, § 1 BErzGG RdNr 18; zum Elterngeld: Buchner/Becker, MuSchG - BEEG, 8. Aufl 2008, § 1 BEEG RdNr 22).

26

Das LSG hat zutreffend erkannt, dass nach der Neufassung des § 1 Abs 2 Satz 1 Nr 1 BErzGG(idF vom 12.10.2000) die Rechtsprechung des früher für das BErzGG zuständigen 4. Senats des BSG zum "Rumpfarbeitsverhältnis" (Urteil vom 22.6.1989 - 4 REg 4/88 - SozR 7833 § 1 Nr 6)nicht zur Auslegung dieser Vorschrift herangezogen werden kann (ebenso Buchner/Becker, MuSchG - BErzGG, 7. Aufl 2003, § 1 BErzGG RdNr 18). Diese Rechtsprechung ist zu der ab 1.1.1986 geltenden Fassung des § 1 Abs 2 BErzGG(vom 6.12.1985 ) ergangen, in der der Gesetzgeber insoweit eine sinngemäße Anwendung des § 1 Nr 2 Bundeskindergeldgesetz(BKGG, idF der Bekanntmachung vom 21.1.1986 ) angeordnet hatte. Diese Verweisung auf § 1 Nr 2 BKGG wurde mit Wirkung ab 1.7.1989 durch eine eigenständige inhaltsgleiche Regelung in § 1 Abs 2 Satz 1 BErzGG(idF des BErzGG-Änderungsgesetzes vom 30.6.1989 ) abgelöst. In beiden Fassungen spricht der Wortlaut nur von "entsandt", ohne dass auf den bereits seit 1.7.1977 geltenden § 4 SGB IV verwiesen wird. Diese Vorschrift konnte deshalb anknüpfend an den Wortlaut erweiternd ausgelegt werden. Der 4. Senat hat jedoch in seiner Entscheidung vom 22.6.1989 - 4 REg 4/88 - (BSG, SozR 7833 § 1 Nr 6) ausdrücklich klargestellt, dass im Zusammenhang mit der von ihm auszulegenden Vorschrift des BErzGG § 4 SGB IV nicht anwendbar ist (aaO S 14), auf den die hier anzuwendende gesetzliche Bestimmung ausdrücklich Bezug nimmt. Ebenso wie dem LSG ist es deshalb auch dem erkennenden Senat verwehrt, die frühere Rechtsprechung zum BErzGG bei Anwendung der Neufassung weiterzuführen.

27

Aus denselben Gründen steht die Auslegung des erkennenden Senats auch mit seiner bisherigen Rechtsprechung zum Kindergeldrecht nicht im Widerspruch. In seinem Urteil vom 30.5.1996 - 10 RKg 20/94 - (BSG, SozR 3-5870 § 1 Nr 9)hat er bei einem "Rumpfarbeitsverhältnis" unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung einen Anspruch auf Kindergeld zugesprochen. Er hat sich in dieser Entscheidung der Auffassung des 4. Senats angeschlossen und zugleich auf die unterschiedlichen Anknüpfungspunkte der einschlägigen Normen des Kindergeldrechts (§ 1 Abs 1 Nr 2 Buchst a BKGG in der vor dem 1.1.1985 geltenden Fassung) und des § 4 Abs 1 SGB IV hingewiesen (BSG aaO S 29 f).

28

Entgegen der Auffassung der Klägerin können schließlich auch die von der Rechtsprechung der Rentensenate des BSG, insbesondere des 4. Senats, entwickelten Auslegungsgrundsätze zur Anrechnung von Kindererziehungszeiten bei fortbestehendem "Rumpfarbeitsverhältnis" nicht auf die anders gefasste Vorschrift des § 1 Abs 2 Satz 1 Nr 1 BErzGG (idF vom 12.10.2000) übertragen werden. Diese Rechtsprechung betrifft die Auslegung des zum 1.1.1992 in Kraft getretenen § 56 SGB VI(idF des Rentenreformgesetzes 1992 - RRG 1992 - vom 18.12.1989 , geändert durch Art 1 Renten-Überleitungsgesetz vom 25.7.1991 ). Der 4. Senat hat in seinem grundlegenden Urteil vom 17.11.1992 - 4 RA 15/91 - (BSGE 71, 227 = SozR 3-2600 § 56 Nr 4)dieser Vorschrift ein Normprogramm entnommen, mit dem durch die Anerkennung von Kindererziehungszeiten eine möglichst umfassende Einbeziehung der Erziehenden in das System der gesetzlichen Rentenversicherung erfolgen solle. Dadurch solle die auch im Interesse der Allgemeinheit, insbesondere der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung, liegende Leistung der Erziehung von Kindern durch Mütter und Väter anerkannt und damit die Verpflichtung des Staates auch zur materiellen Unterstützung und Förderung der Familien mit Kindern zum Teil konkretisiert werden. Kindererziehungszeiten sollten möglichst allen Erziehenden zugute kommen, die Gefahr liefen, trotz der für die deutsche Rentenversicherung besonders bedeutsamen Erziehungsleistung keine oder nur geringe Rentenanwartschaften zu erwerben (BSGE 71, 227, 230 = SozR 3-2600 § 56 Nr 4 S 14 f).

29

Für die Anrechnung von iS des § 56 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB VI der Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland "gleichstehenden" Kindererziehungszeiten reiche es deshalb aus, dass die Erziehenden vor der Geburt oder während der Kindererziehung in derart enger Beziehung zum inländischen Arbeits- und Berufsleben stünden, dass die Grundwertung des Gesetzes Platz greifen könne, während dieser Zeit seien ihnen nicht wegen Integration in eine ausländische Arbeitswelt, sondern im Wesentlichen wegen der Kindererziehung deutsche Rentenanwartschaften entgangen(BSGE 71, 227, 231 = SozR 3-2600 § 56 Nr 4 S 15 f). Dies treffe nicht nur zu, wenn der im Ausland beschäftigte Ehegatte - wie in den Fällen der sog Ausstrahlung iS des § 4 SGB IV - weiterhin der Beitragspflicht zur deutschen Rentenversicherung unterliege(BSGE 71, 227, 232 = SozR 3-2600 § 56 Nr 4 S 16), sondern auch bei anderen, in § 56 Abs 3 Satz 3 SGB VI nicht erschöpfend geregelten Fallgestaltungen, etwa in Fällen, in denen während der Auslandstätigkeit im Inland zumindest ein sog "Rumpfarbeitsverhältnis" mit einem inländischen Arbeitgeber fortbestehe, aus dem während dieser Zeit wechselseitige Rechte und Pflichten erwüchsen und das bei Beendigung des von vornherein durch Vertrag zeitlich begrenzten Auslandsaufenthalts auch mit den Hauptpflichten wieder auflebe(BSGE 71, 227, 233 f = SozR 3-2600 § 56 Nr 4 S 17 f).

30

Diese Rechtsprechung hat der 4. Senat des BSG in der Folgezeit fortgeführt (vgl etwa BSG, Urteil vom 16.11.1993 - 4 RA 39/92; BSG, Urteil vom 25.1.1994 - 4 RA 3/93 - SozR 3-2600 § 56 Nr 6; BSG, Urteil vom 10.11.1998 - B 4 RA 39/98 R - SozR 3-2600 § 56 Nr 13; BSG, Urteil vom 23.10.2003 - B 4 RA 15/03 R - BSGE 91, 245 = SozR 4-2600 § 56 Nr 1, RdNr 8 ff). Bei dieser Rechtsprechung handelt es sich um eine (verfassungskonforme) ausdehnende Auslegung, die sich auf das Normprogramm des § 56 Abs 3 Satz 2 und Satz 3 SGB VI stützt - nämlich dem einheitlichen Grundgedanken, dass während der Zeit der Kindererziehung nicht wegen der Integration in eine ausländische Arbeitswelt, sondern im Wesentlichen wegen der Kindererziehung deutsche Rentenanwartschaften entgangen seien (vgl BSGE 91, 245 = SozR 4-2600 § 56 Nr 1, RdNr 16).

31

Der erkennende Senat vermag der Regelung des § 1 Abs 2 BErzGG(idF vom 12.10.2000) kein dem § 56 SGB VI vergleichbares, weit gefasstes Normprogramm zu entnehmen, das es ermöglichen würde, die Fallgruppe der "Rumpfarbeitsverhältnisse" über den Gesetzeswortlaut hinaus in diese Vorschrift mit einzubeziehen. Vielmehr geht er davon aus, dass der Gesetzgeber - wie die Anwendung der herkömmlichen Auslegungsmethoden zeigt - den begünstigten Personenkreis mit Auslandswohnsitz im BErzGG deutlich enger gefasst hat als im SGB VI.

32

3. Dieses durch Auslegung des § 1 Abs 2 Satz 1 Nr 1 BErzGG (idF vom 12.10.2000) gewonnene Ergebnis hält nach Auffassung des erkennenden Senats auch einer verfassungsrechtlichen Überprüfung stand. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz vor.

33

a) Art 3 Abs 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit aber nicht jede Differenzierung verwehrt. Ihm kommt im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit - zu dem auch die steuerfinanzierte Sozialleistung BErzg gehört (vgl § 25 Abs 2 SGB I; § 11 BErzGG) -ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Dies gilt insbesondere für die Abgrenzung des begünstigten Personenkreises (vgl BVerfGE 99, 165, 178 f = FamRZ 1999, 357; BVerfGE 106, 166, 175 f = SozR 3-5870 § 3 Nr 4 S 13; BVerfGE 111, 160, 169 = SozR 4-5870 § 1 Nr 1 RdNr 43; BVerfGE 111, 176, 184 = SozR 4-7833 § 1 Nr 4 RdNr 26). Die sich aus Art 3 Abs 1 GG ergebende Grenze der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit ist erst überschritten, wenn sich für die Ungleichbehandlung, die in dem Ausschluss anderer Personengruppen von der Begünstigung liegt, im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachverhalts kein Rechtfertigungsgrund finden lässt, der in angemessenem Verhältnis zu dem Grad der Ungleichbehandlung steht. Bei einer Ungleichbehandlung von unter dem Schutz des Art 6 Abs 1 GG stehenden Familien ist daher zu prüfen, ob für die getroffene Differenzierung Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können (vgl BVerfGE 106, 166, 175 f = SozR 3-5870 § 3 Nr 4 S 14; BVerfGE 111, 160, 169 = SozR 4-5870 § 1 Nr 1 RdNr 46; BVerfGE 111, 176, 184 = SozR 4-7833 § 1 Nr 4 RdNr 26; BSG, Teilurteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 6/08 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, RdNr 42; BSG, Vorlagebeschlüsse vom 3.12.2009 - B 10 EG 5/08 R - RdNr 98, - B 10 EG 6/08 R - RdNr 93 und - B 10 EG 7/08 R - RdNr 94).

34

b) Mit der sich aus der Neufassung des § 1 Abs 2 Satz 1 Nr 1 BErzGG ergebenden Beschränkung der Gewährung von BErzg bei Auslandserziehung ua auf Fälle der Ausstrahlung iS des § 4 SGB IV werden die Familien (Erziehende/Ehegatten) schlechter gestellt, die - wie hier - ihre Kinder im Ausland erziehen, jedoch die Voraussetzungen der Ausstrahlung nicht erfüllen. Mit dieser Ungleichbehandlung verfolgt der Gesetzgeber jedoch ein rechtlich zulässiges Differenzierungsziel. Zudem orientiert er sich mit dem Ausschluss dieser Personengruppe an einem geeigneten Differenzierungskriterium, um dieses Differenzierungsziel zu erreichen.

35

Sinn und Zweck der zusätzlichen gesetzlichen Anforderungen für die Gewährung von BErzg an Personen, die in Deutschland keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, ist es, diese Leistung des Familienlastenausgleichs, mit der vor allem die Betreuung und Erziehung von Kindern in der ersten Lebensphase durch die Mutter oder den Vater finanziell gefördert werden soll (vgl BT-Drucks 10/3792, S 1, 13; BVerfGE 111, 176, 178 ff, 185 f = SozR 4-7833 § 1 Nr 4 RdNr 2 ff, 30), bei Auslandserziehung ua auch solchen Personen zukommen zu lassen, die während eines nur vorübergehenden Auslandsaufenthalts noch einen hinreichend engen Bezug zum Inland, insbesondere zur inländischen Arbeitswelt, haben. BErzg soll auch denjenigen gewährt werden, bei denen während des Auslandsaufenthalts noch ein in Deutschland sozialversicherungspflichtiges (und damit auch beitragspflichtiges) Beschäftigungsverhältnis des Erziehenden oder dessen Ehegatten iS des § 4 SGB IV besteht. Diese Regelung hat den Zweck in Fällen, in denen das Beschäftigungsverhältnis im Inland nicht gelöst wird, der Arbeitnehmer aber im Interesse des Arbeitgebers vorübergehend ins Ausland geht ("entsandt wird"), den Sozialversicherungsschutz (mit Beitragspflicht) während des Auslandsaufenthalts aufrecht zu erhalten.

36

Die Anknüpfung an ein der inländischen Sozialversicherung unterliegendes Beschäftigungsverhältnis als einen das Wohnsitz- und Aufenthaltsprinzip erweiternden Ausnahmetatbestand mag zwar systematisch gesehen als nicht konsequent erscheinen (vgl Buchner/Becker, MuSchG - BErzGG, 7. Aufl 2003, § 1 BErzGG RdNr 13). Sie ist jedoch auch im Zusammenhang mit der Gewährung einer Sozialleistung für die Betreuung und Erziehung eines Kindes in dessen erster Lebensphase sachgerecht, denn sie sichert einen hinreichenden Inlandsbezug bei vorübergehender Arbeitsleistung im Ausland. Im Hinblick auf die gerade bei einem Auslandsaufenthalt - auch unter Berücksichtigung des Schutzes von Ehe und Familie (Art 6 Abs 1 GG) - besonders weite Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers im Bereich der steuerfinanzierten Sozialleistungen (wozu das BErzg gehört - vgl § 25 Abs 2 SGB I, § 11 BErzGG) ist demnach die sich aus dieser Anknüpfung ergebende Ungleichbehandlung durch hinreichend gewichtige Gründe sachlich gerechtfertigt (vgl dazu allgemein auch EuGHE I 2007, 6347).

37

Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt auch die unterschiedliche Behandlung des "Rumpfarbeitsverhältnisses" bei der Anrechnung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung einerseits und bei der Gewährung von BErzg andererseits nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG, denn dieser enthält kein verfassungsrechtliches Gebot, ähnliche Sachverhalte in verschiedenen Ordnungsbereichen gleich zu regeln (vgl BVerfGE 40, 121, 139 f = SozR 2400 § 44 Nr 1 S 7; BVerfGE 75, 78, 107 = SozR 2200 § 1246 Nr 142 S 468). Zudem verfolgt der Gesetzgeber mit der Anrechnung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung und der Gewährung von BErzg jeweils unterschiedliche Zwecke.

38

Wie bereits ausgeführt, ist es Hauptzweck des BErzg, die Betreuung und Erziehung von Kindern in der ersten Lebensphase zu fördern. Durch eine finanzielle Hilfe - das BErzg - soll es Müttern oder Vätern ermöglicht oder erleichtert werden, im Anschluss an die Mutterschutzfrist ganz oder teilweise auf eine Erwerbstätigkeit verzichten zu können (vgl BT-Drucks 10/3792, S 1, 13; BVerfGE 111, 176, 178 ff, 185 f = SozR 4-7833 § 1 Nr 4 RdNr 2 ff, 30).

39

Demgegenüber hat die Kindererziehung für das als Generationenvertrag ausgestaltete Alterssicherungssystem der gesetzlichen Rentenversicherung eine bestandssichernde Bedeutung. Das BVerfG hat im Hinblick darauf den Gesetzgeber nach Art 3 Abs 1 GG iVm Art 6 Abs 1 GG für verpflichtet angesehen, den Mangel des Rentenversicherungssystems, der in den durch Kindererziehung bedingten Nachteilen bei der Altersversorgung liegt, in weiterem Umfang als bisher auszugleichen (vgl BVerfG, Urteil vom 7.7.1992 - 1 BvL 51/86 ua - BVerfGE 87, 1, 37 ff = SozR 3-5761 Allg Nr 1 S 7 ff). Diesen Ausgleich hat der Gesetzgeber mit der Anerkennung der Kindererziehungszeiten als Pflichtbeitragszeiten (§ 3 Satz 1 Nr 1, § 56, § 249, § 249a SGB VI idF des RRG 1992 vom 18.12.1989 , geändert durch Art 1 Renten-Überleitungsgesetz vom 25.7.1991 ) - also die Anerkennung der Vorleistung "Kindererziehung" als Rentenanwartschaften begründenden Tatbestand - geschaffen. An diesen Normzweck hat die rentenrechtliche Rechtsprechung des BSG angeknüpft und bei Auslandserziehung - wie bereits aufgezeigt - eine erweiternde Auslegung des § 56 SGB VI unter Einbeziehung weiterer Fallgruppen, etwa des "Rumpfarbeitsverhältnisses", vorgenommen(grundlegend Urteil vom 17.11.1992 - 4 RA 15/91 - BSGE 71, 227, 230 ff = SozR 3-2600 § 56 Nr 4 S 14 ff).

40

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

(1) Soweit die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung eine Beschäftigung voraussetzen, gelten sie auch für Personen, die im Rahmen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereichs entsandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist.

(2) Für Personen, die eine selbständige Tätigkeit ausüben, gilt Absatz 1 entsprechend.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Juni 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin deren außergerichtliche Kosten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten.

Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 6500 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladene zu 1. in der von ihr für einen privaten "Pflegedienst" ausgeübten Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin der Versicherungspflicht in der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung unterlag.

2

Die Klägerin gehört zu einer Unternehmensgruppe, die im Bereich der ambulanten "Pflege und Betreuung" bundesweit tätig ist. Ihr Unternehmensziel ist darauf gerichtet, zumeist älteren und gesundheitlich eingeschränkten Personen ("Pflegebedürftigen"; im Folgenden: Betreuten) einen ua bis zu 24 Stunden täglich dauernden, umfassenden Service durch einen hauswirtschaftlichen Familienbetreuer bzw eine hauswirtschaftliche Familienbetreuerin ("Pflegepartner") anzubieten. Nach Unterweisung in einer von der Unternehmensgruppe betriebenen Aus- und Weiterbildungseinrichtung, die von den Pflegepartnern teilweise selbst bezahlt werden muss, und nach Herstellung eines Kontakts zu den Betreuten durch eine bei der Klägerin angestellte examinierte Krankenschwester führen die Pflegepartner im Rahmen eines regelmäßig 14-tägigen Einsatzes den Haushalt der Betreuten im heimischen Umfeld und übernehmen ggf weitere Dienstleistungen - auch im Sinne von "Gesellschaft" und "Unterhaltung" - nach den jeweiligen Bedürfnissen des Betreuten. Die Pflegepartner erbrachten in den Jahren 2001 und 2002 keine Leistungen der sozialen Pflegeversicherung. Auch war die Klägerin seinerzeit keine durch Versorgungsvertrag zugelassene ambulante Pflegeeinrichtung.

3

Die Beigeladene zu 1., die nach ihrer - wie vorbeschrieben durchgeführten - Unterweisung ein Gewerbe "Hauswirtschaftliche Betreuung" angemeldet hatte, übte vom 18.1.2001 bis 1.7.2002 mit Unterbrechungen allein für die Rechtsvorgängerin der Klägerin (im Folgenden vereinfachend: Klägerin) eine Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin aus. Später - nach ihrer Lösung von der Klägerin - arbeitete sie parallel für mehrere andere private Pflegedienste. Während zwischen der Klägerin und den Betreuten ein schriftlicher Pflege- und Betreuungsvertrag abgeschlossen wurde, erfolgten die "Einsatzaufträge" der Klägerin an die Beigeladene zu 1. lediglich fernmündlich von Mal zu Mal. Die Beigeladene zu 1. erteilte hierüber schriftliche Auftragsbestätigungen. Weitergehende schriftliche Verträge über die einzelnen Einsätze bestanden nicht, ebenso wenig existierte eine schriftliche Rahmenvereinbarung. Eine Verpflichtung der Klägerin, "Einsatzaufträge" zu erteilen, bestand nicht. Ebenso konnte die Beigeladene zu 1. ihr angebotene Einsätze ohne Begründung und ohne Folgen für spätere Einsatzoptionen ablehnen oder abbrechen oder verlängern. Aus einem laufenden Einsatz konnte sie von der Klägerin nicht abgezogen und einem anderen Kunden zugeteilt werden. Die Beigeladene zu 1. kalkulierte den Aufwand für sich selbst - gemessen an den an ihre Tätigkeit gestellten Anforderungen - ggf neu, verhandelte mit der Klägerin über die Vergütung und stellte dieser stets nach Abschluss ihrer Einsätze Rechnungen auf der Grundlage der - entsprechend vorher vereinbarten - pauschalierten Vergütung in Form von Tagessätzen (150 bis 170 DM bzw 87 Euro) aus. Während des Einsatzes dokumentierte die Beigeladene zu 1. die von ihr erbrachten Leistungen ("Pflegenachweis, Leistungsnachweis"). Eine vertragliche Verpflichtung zur Führung solcher Dokumentationen bestand im Verhältnis zur Klägerin nicht. Die examinierte Kraft ("Leitung des Pflegedienstes", "Einsatzleitung") kontrollierte diese Dokumentationen nicht. Eine Aufnahme der Beigeladenen zu 1. in einen von der Klägerin aufgestellten, alle Pflegepartner umfassenden Einsatzplan erfolgte nicht. Im Verhinderungsfall durfte sie - in Absprache mit der Klägerin - eine entsprechend qualifizierte Vertretung einsetzen. Für den Fall der "Kundeninsolvenz" hatten Klägerin und Beigeladene zu 1. einen Selbstbehalt Letzterer von 200 Euro je Rechnung ("Gewährleistungssumme") vereinbart, ebenso, dass bei Honorarkürzungen wegen Schlechtleistung diese von der Klägerin als Abzüge von der Vergütung an die Beigeladene zu 1. weitergegeben werden durften. Die Beigeladene zu 1. erzielte in den Jahren 2001 und 2002 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 19 706 DM bzw 6686 Euro.

4

Im November 2000 beantragte die Beigeladene zu 1. bei der Rechtsvorgängerin des beklagten Rentenversicherungsträgers (Deutsche Rentenversicherung Bund) ua die "Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status". Mit zwei Bescheiden vom 10.2.2003 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. fest, dass die Beigeladene zu 1. ihre Tätigkeit als hauswirtschaftliche Pflegerin und Betreuerin im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe. Beide legten hiergegen Widerspruch mit der Begründung ein, dass die Beigeladene zu 1. für die Klägerin selbstständig tätig gewesen sei. Mit Widerspruchsbescheiden vom 17.12.2004 wies die Beklagte die Widersprüche zurück.

5

Mit Urteil vom 4.6.2007 hat das SG der von der Klägerin erhobenen Klage stattgegeben und den sie betreffenden Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben sowie festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. "im Zeitraum ihrer Tätigkeit für die Klägerin nicht in einem Beschäftigungsverhältnis zu dieser gestanden hat". Während der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren hat die Beklagte die genannten Bescheide mit Bescheid vom 10.6.2009 "ergänzt" und festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. "in der Zeit zwischen dem 18.1.2001 bis zum 1.7.2002 mit Unterbrechungen in den Zeiten ihrer Beschäftigung für die Klägerin versicherungspflichtig zu allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung war" und "Beginn der Versicherungspflicht … der 18.1.2001 ist".

6

Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG - nach umfangreichen Ermittlungen - mit Urteil vom 10.6.2009 das Urteil des SG geändert. Über die im erstinstanzlichen Verfahren angefochtenen Bescheide hinaus hat es auch den "ergänzenden" Bescheid vom 10.6.2009 aufgehoben. Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer Tätigkeit für die Klägerin als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin in den im Tenor näher bezeichneten Zeiträumen "nicht als Arbeitnehmerin versicherungspflichtig zur gesetzlichen Renten-, Krankenversicherung, zur sozialen Pflegeversicherung sowie zur Arbeitslosenversicherung war". Es hat seine zurückweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Beigeladene zu 1. habe in der streitigen Zeit nach dem Gesamtbild ihrer Tätigkeit in keinem die Versicherungspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin gestanden. Die mündlichen Abreden zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. sprächen als starke Indizien für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit. Die vereinbarten Einzelheiten machten den Willen der Beteiligten deutlich, eine selbstständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. zu begründen. Die - gewollte - sozialversicherungsrechtliche Selbstständigkeit sei auch tatsächlich umgesetzt worden. So habe die Beigeladene zu 1. angebotene Einsätze ablehnen können, über die Höhe des Vergütungsanspruchs verhandelt und nach Abschluss des Einsatzes wie ein Unternehmer Rechnungen geschrieben. Der Klägerin habe - auch über die von ihr eingesetzte examinierte Kraft - keine Weisungsbefugnis zugestanden. Eine ständige Dienstbereitschaft der Beigeladenen zu 1. sei nicht erwartet gewesen; diese habe ihre Dienstleistungen auch nicht in den Betriebsräumen der Klägerin erbracht. Die Beigeladene zu 1. habe schließlich ein Unternehmerrisiko getragen, etwa weil sie bei "Kundeninsolvenz" weniger Vergütung erhalten und Ausbildung und Fortbildungen selbst bezahlt habe. Dass gewisse "Eckpunkte" des jeweiligen Auftrags von der Klägerin und von den Betreuten vorgegeben gewesen seien, stehe der Annahme von Selbstständigkeit indes nicht entgegen, ebenso wenig, dass die Beigeladene zu 1. Pflegedokumentationen geführt habe. Im konkreten, hier allein zu entscheidenden Fall seien diese von der Klägerin bzw der für sie tätigen examinierten Kraft lediglich zur Kenntnis genommen worden. Auch könne aus der Begründung aufeinanderfolgender, relativ kurzer Vertragsverhältnisse nicht auf das Vorliegen von Beschäftigung geschlossen werden. In diesem Sinne habe die Beigeladene zu 1. nur stets aufs Neue ihre Entschließungsfreiheit betätigt, eine weitere Vertragsbeziehung begründen zu wollen.

7

Die Beklagte wendet sich hiergegen mit der vom LSG zugelassenen Revision und rügt sinngemäß eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV: Nach dem Gesamtbild sprächen die Kriterien überwiegend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Die Beigeladene zu 1. sei in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingeordnet, weisungsgebunden und ohne Unternehmerrisiko tätig gewesen. Die Führung der Pflegedokumentationen, zu der die Beigeladene zu 1. aufgrund des mit den Betreuten abgeschlossenen Pflege- und Betreuungsvertrags mittelbar verpflichtet gewesen sei, und das Prozedere beim Wechsel der Pflegepartner zeigten, dass die Beigeladene zu 1. Teil in der Kette der den jeweiligen Betreuten zur Verfügung gestellten Pflegepartner und damit in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert gewesen sei. Das ergebe sich auch aus deren Teilnahme am Gruppenversicherungsvertrag der Klägerin für die Berufshaftpflichtversicherung. Weil sie ihre Aufträge ausschließlich durch Vermittlung der Klägerin erhalten und sich die Betreuungstätigkeit nach den Wünschen der Betreuten gerichtet habe, sei die Beigeladene zu 1. auch - im Verhältnis zu diesen - weisungsgebunden gewesen. Ein Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1. habe schließlich nicht bestanden. Dieses folge weder aus dem Umstand, dass die Beigeladene zu 1. Aufträge habe ablehnen dürfen, noch daraus, dass von der Klägerin eine "Gewährleistungssumme" für den Fall der "Kundeninsolvenz" habe einbehalten werden dürfen.

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Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Juni 2009 und des Sozialgerichts Duisburg vom 4. Juni 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

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Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Aus dem Vertragsverhältnis zwischen ihr und der Beigeladenen zu 1. lasse sich eine Weisungs- und/oder Kontrollbefugnis nicht herleiten. Pflegedokumentationen seien ein Arbeitsmittel der professionellen Pflege und ließen keinen Rückschluss auf den Status der sie Führenden zu. Ebenso wenig spreche die Teilnahme an einem Gruppenversicherungsvertrag für eine abhängige Beschäftigung.

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Die Beigeladenen stellen keine Anträge und äußern sich auch nicht in der Sache.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision des beklagten Rentenversicherungsträgers (Deutsche Rentenversicherung Bund) ist unbegründet. Zutreffend hat das LSG zunächst - auf Klage - auch den während des Berufungsverfahrens erlassenen "ergänzenden" Bescheid der Beklagten vom 10.6.2009 aufgehoben. Ohne dass dies revisionsrechtlich zu beanstanden ist, hat es sodann die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des SG mit den im Tenor genannten, auf die Zeiten der einzelnen Betreuungseinsätze vorgenommenen Einschränkungen zurückgewiesen und das erstinstanzliche Urteil insoweit geändert. Der ursprüngliche Bescheid der Beklagten vom 10.2.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2004 und ihres "ergänzenden" Bescheids vom 10.6.2009 ist rechtswidrig. Wie das LSG ohne Rechtsfehler entschieden hat, hat sie darin unzutreffend festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. in den streitigen Zeiträumen in ihrer für den privaten "Pflegedienst" der Rechtsvorgängerin der Klägerin (im Folgenden vereinfachend: Klägerin) ausgeübten Tätigkeit als hauswirtschaftliche Pflegerin und Betreuerin wegen einer Beschäftigung in den Zweigen der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig war.

13

1. Im Revisionsverfahren zu überprüfen ist vom Senat auch der während der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren von der Beklagten erlassene Bescheid vom 10.6.2009. Dieser hat die bis dahin angefochtenen Bescheide über die darin vorgenommene (unzulässige) Elementenfeststellung des Bestehens einer Beschäftigung hinaus in ihrem Verfügungssatz um die notwendigen (vgl BSGE 103, 17 = SozR 4-2400 § 7a Nr 2, Leitsatz und RdNr 11 ff; BSG Urteil vom 4.6.2009 - B 12 R 6/08 R - Juris RdNr 13 ff) Feststellungen zum Vorliegen von Versicherungspflicht und ihres Beginns "ergänzt". Wird in einem solchen Fall ein wegen der Feststellung eines (unselbstständigen) Tatbestandselements unvollständiger Verwaltungsakt durch einen weiteren Verwaltungsakt um das fehlende (andere) Element zu einer vollständigen Feststellung ergänzt - und damit auch erst einer inhaltlichen, materiell-rechtlichen Überprüfung durch das bereits angerufene Gericht zugänglich gemacht -, so liegt darin eine insgesamt erneuernde Feststellung mit der Folge, dass der zweite Verwaltungsakt den ersten iS von § 96 Abs 1 SGG(iVm § 153 Abs 1 SGG) ersetzt.

14

Im Revisionsverfahren nicht zu entscheiden ist demgegenüber, ob die Beigeladene zu 1. für den Fall, dass für sie in ihrer Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin eine Versicherungspflicht wegen Beschäftigung bei der Klägerin nicht festzustellen ist, bei den jeweils von ihr Betreuten versicherungspflichtig beschäftigt war. Ebenso ist hier nicht zu überprüfen, ob die Beigeladene zu 1. - was bei Annahme einer selbstständigen Tätigkeit in Betracht kommt - jedenfalls der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach einem der Tatbestände des § 2 Satz 1 SGB VI unterlag. Zutreffend hat das LSG insoweit ausgeführt, dass in dem auf die Feststellung der Sozialversicherungspflicht Beschäftigter gerichteten Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV allein geklärt werden sollte, ob die Beigeladene zu 1. bei der Klägerin wegen Beschäftigung iS von § 7 Abs 1 SGB IV versicherungspflichtig war, und dass eine Feststellung des (Nicht-)Bestehens von Versicherungspflicht in der Rentenversicherung der Selbstständigen, die eine Prüfung der Voraussetzungen der § 2 Satz 1, § 5 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB VI erfordert, deshalb vom Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens nicht umfasst ist.

15

2. Die Beklagte ist in ihren Bescheiden in dem von der Beigeladenen zu 1. eingeleiteten Anfrageverfahren, in dessen Rahmen sie über die Frage der Sozialversicherungspflicht wegen Beschäftigung bei der Klägerin auch - wie hier - nach Beendigung der zu beurteilenden Tätigkeit entscheiden darf (vgl BSG SozR 4-2400 § 7a Nr 3 RdNr 32), auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller tatsächlichen Umstände des hier zu beurteilenden Einzelfalls (vgl § 7a Abs 2 SGB IV) - ausgehend von den vom LSG für den Senat bindend festgestellten (vgl § 163 SGG) Tatsachen -rechtsfehlerhaft zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin wegen Beschäftigung der Versicherungspflicht unterlag. Der Senat kann somit offenlassen, ob einer Annahme von Versicherungspflicht wegen Beschäftigung in den streitigen Zeiträumen auch die Regelungen über die geringfügige Beschäftigung (vgl § 8 Abs 1 SGB IV) in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung entgegenstehen und ob die Beklagte - bei Bestehen von Versicherungspflicht wegen Beschäftigung - über den Zeitpunkt ihres Eintritts zutreffend entschieden hat.

16

a) In den Jahren 2001 und 2002, um die es hier geht, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (vgl § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB XI, § 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI und § 25 Abs 1 Satz 1 SGB III)der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung war § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Bei untergeordneten und einfacheren Arbeiten ist eher eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation anzunehmen (vgl zur Beurteilung von Familienhelfern im Arbeitsrecht BAGE 88, 327, 335 = AP Nr 94 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG Urteil vom 27.7.2011 - B 12 KR 10/09 R, RdNr 17, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11).

17

b) Im vorliegenden Rechtsstreit ist das LSG - für die hier (allein) zu beurteilende Fallkonstellation - auf Grund der genannten Rechtsprechung in seiner Gesamtwürdigung, ohne dass dies vom Senat zu beanstanden wäre, zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin bei der Klägerin nicht beschäftigt war. Die vom Berufungsgericht hierbei in seinem Ausgangspunkt zu Grunde gelegten rechtlichen Grundsätze sind zutreffend. So ist das LSG bei seiner Würdigung des Gesamtbildes der Tätigkeit zu Recht (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 16 f; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 15 f; BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - Juris RdNr 22) davon ausgegangen, dass dem in den - hier allein mündlich getroffenen - Abreden dokumentierten Willen der Beteiligten, keine Beschäftigung zu wollen, nur dann keine - indizielle - Bedeutung zukommt, wenn die tatsächlichen Verhältnisse von diesen Vereinbarungen rechtlich relevant abwichen, und dann maßgebend ist, wie die Rechtsbeziehung (tatsächlich) praktiziert wurde. Als rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend erfasst hat das LSG auch, dass aus dem Umstand, dass - ohne (mündliche oder schriftliche) Rahmenvereinbarung - jeweils einzelne, gesonderte, (nur) kurze Vertragsverhältnisse von in der Regel 14 Tagen mit Diensten "rund um die Uhr" begründet wurden, zwingende Schlüsse weder in der einen - Beschäftigung - noch in der anderen Richtung - selbstständige Tätigkeit - gezogen werden können, sondern stets eine Bewertung der einzelnen "Einsatzaufträge" am Maßstab der von der Rechtsprechung für die Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und Beschäftigung entwickelten Grundsätze zu erfolgen hat (vgl schon BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 24 ff). Als Ausgangsüberlegung richtig ist schließlich, dass eine Tätigkeit wie die eines hauswirtschaftlichen Familienbetreuers bzw einer hauswirtschaftlichen Familienbetreuerin grundsätzlich sowohl als Beschäftigung als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses ausgeübt werden kann (vgl zur Möglichkeit der Ausübung einer Tätigkeit als Hauskrankenpflegerin auch im Rahmen abhängiger Beschäftigung aus der Zeit vor Einführung der Pflegeversicherung LSG Berlin, Urteil vom 26.11.1986 - L 9 Kr 8/85 - Breith 1987, 345; ferner zur Möglichkeit der Ausübung einer Tätigkeit als Tagesmutter als Beschäftigte und Selbstständige Urteil des Senats vom 25.5.2011 - B 12 R 13/09 R - Juris RdNr 11, mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Sowohl die Befristung der Arbeitseinsätze der Beigeladenen zu 1. als auch ihr Einsatz "rund um die Uhr" lassen dabei nicht schon den Schluss zu, dass ein (rechtlich zulässiger) Einsatz von vornherein überhaupt nur im Rahmen einer frei ausgestalteten selbstständigen Tätigkeit in Betracht kam. Zwar waren (und sind) kurzzeitige Beschäftigungen bei demselben Arbeitgeber nur begrenzt zulässig (vgl § 14 Teilzeit- und Befristungsgesetz vom 21.12.2000, BGBl I 1966), aber immerhin nicht generell ausgeschlossen. Auch unter dem Blickwinkel des Arbeitszeitrechts bestanden (und bestehen) für Beschäftigungen auf diesem Gebiet keine engen Vorgaben hinsichtlich der maximalen täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit (vgl § 18 Abs 1 Nr 3 Arbeitszeitgesetz vom 6.6.1994, BGBl I 1170: keine Geltung des Gesetzes für "Arbeitnehmer, die in häuslicher Gemeinschaft mit den ihnen anvertrauten Personen zusammenleben und sie eigenverantwortlich erziehen, pflegen oder betreuen").

18

c) Die von der Beklagten mit zulässigen Verfahrensrügen nicht angegriffenen, auf der Grundlage umfangreicher Ermittlungen getroffenen detaillierten Feststellungen des LSG zu den im vorliegenden Fall zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. getroffenen Vereinbarungen und deren - hiermit übereinstimmender - (tatsächlicher) Umsetzung rechtfertigen dessen Annahme, die Beigeladene zu 1. sei in ihrer Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin bei dieser nicht beschäftigt gewesen. Das Berufungsgericht hat ausgehend von zutreffenden (allgemeinen) rechtlichen Erwägungen begründet, dass und warum hiernach starke Indizien für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit sprechen. Insoweit ist nicht zu beanstanden, dass das LSG für das hier (allein) zu beurteilende Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. ein Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung der Tätigkeit umfassendes Weisungsrecht der Klägerin sowie eine Eingliederung in deren "Betrieb" verneint, demgegenüber aber ein Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1. angenommen hat. Ebenso ist es beanstandungsfrei, dass das LSG diesen Befund - unter Einbeziehung weiterer, für eine selbstständige Tätigkeit sprechender Umstände - bei der Gesamtwürdigung seiner Statusbewertung maßgebend zugrunde gelegt und der Abhängigkeit der Beigeladenen zu 1. von (allgemeinen) Vorgaben der Klägerin, der Vergütung in Form (pauschaler) Tagessätze sowie der Führung einer Pflegedokumentation durch die Beigeladene zu 1. hierbei keine entscheidende Bedeutung beigemessen hat.

19

aa) Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung unterlag die Beigeladene zu 1. bei der Durchführung ihrer einzelnen "Einsatzaufträge" keinem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht der Klägerin. Sie unterlag auch keinem solchen der von ihr Betreuten. Unter Berücksichtigung der im Zusammenhang mit der rechtlichen Beurteilung von Lehrtätigkeiten entwickelten Rechtsprechung des BSG (vgl BSG Urteil vom 12.2.2004 - B 12 KR 26/02 R - Juris RdNr 29, mwN) hat das Berufungsgericht den Umständen hier rechtsfehlerfrei keine entscheidende Bedeutung beigemessen, dass gewisse "Eckpunkte" des jeweiligen "Einsatzauftrags" wie Beginn und Ende des Einsatzes und "grober" Inhalt der Tätigkeit von der Klägerin vorgegeben waren und sich die Betreuungstätigkeit (allgemein) nach den Bedürfnissen und Wünschen der Betreuten oder ihrer Angehörigen auszurichten hatte. Wie die Betreuung im Einzelnen ausgestaltet ist, richtet sich nach den individuellen Erfordernissen, die sowohl inhaltlich als auch in zeitlicher Hinsicht die zu erbringenden Leistungen bestimmen. Das gilt für Tätigkeiten hauswirtschaftlicher Art wie für Pflegetätigkeiten (im weiteren Sinne) gleichermaßen. Der hierbei - gerade auch im Hinblick auf die zeitliche Dimension des "Einsatzauftrags" (14-Tage-Einsatz, 24-Stunden-Service) - geforderten Fähigkeit des Pflegepartners zur Reaktion auf die - sich ggf ständig verändernde - aktuelle Betreuungs- und/oder Pflegesituation steht zwangsläufig eine Flexibilität im Handeln gegenüber, die diesem gerade wegen der Individualität und Einzigartigkeit dieser Situation prinzipiell einen großen Entscheidungsbereich belässt. Hiervon ausgehend und nach den Feststellungen des LSG im vorliegenden Fall unterlag die Beigeladene zu 1. keiner arbeitnehmertypischen Leistungspflicht, weil sich für sie bei ihrer Tätigkeit für einen Arbeitnehmer uncharakteristische Handlungsspielräume ergaben (vgl insoweit - im Arbeitsrecht - zum Gesichtspunkt einer möglichen Einflussnahme des Betroffenen auf Art und zeitliche Lage der konkreten Tätigkeit in einer Betreuungssituation BAG AP Nr 45 zu § 611 BGB Abhängigkeit, Leitsatz 1 und Bl 413 ff). Allein aus der im Hinblick auf die genannten (allgemeinen) Vorgaben der Klägerin und der Betreuten bestehenden "Minderung" der "Autonomie" der Pflegepartner bei der Durchführung der einzelnen Einsätze kann daher nicht auf eine Weisungsgebundenheit im geforderten Sinne und damit eine persönliche Abhängigkeit der Beigeladenen zu 1. von der Klägerin und/oder der Betreuten geschlossen werden (zur Übertragung der für die Beurteilung von Lehrtätigkeiten aufgestellten Grundsätze auf als sog Freelancer tätige Flugzeugführer vgl BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 23). Ob die Vertragsbeziehungen zwischen der Klägerin, den Betreuten und der Beigeladenen zu 1. - wie die Beklagte unter Hinweis auf ein Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 18.6.2008 (L 1 RA 257/05 - Juris RdNr 60 f) meint - einem Leiharbeitsverhältnis ähnelten mit der Besonderheit, dass hier das "Weisungsrecht" wie dort auf die Betreuten "delegiert" war, ist vor diesem Hintergrund ohne Bedeutung.

20

Die Beigeladene zu 1. war auch nicht - gleichwohl - wegen der von ihr in der Gestalt von "Pflegeberichten", "Pflegeprotokollen" und "Checklisten für die Pflegepartner zur Durchführung einer Ablösung" geführten Pflegedokumentationen von der Klägerin weisungsabhängig. Die Beklagte behauptet dieses auch selbst nicht, sondern stützt sich auf diesen Umstand (nur) für ihre Annahme, die Beigeladene zu 1. sei in eine von der Klägerin vorgegebene Ordnung eingegliedert gewesen. Das LSG hat in dem hier (allein) zu entscheidenden Fall festgestellt, dass sich die bei der Klägerin angestellte examinierte Krankenschwester in die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. tatsächlich nicht eingemischt, insbesondere deren Arbeitsergebnisse - etwa beim Wechsel von Pflegepartnern - nicht anhand der Pflegedokumentationen kontrolliert hat, und hieraus den Schluss gezogen, dass der Klägerin über diese Kraft keine Weisungsbefugnis zustand. Diese Schlussfolgerung ist nicht zu beanstanden, zumal - wie das Berufungsgericht ebenfalls festgestellt hat - der Klägerin keine Rechtsmacht zur Kontrolle zustand, weil im Verhältnis zu ihr eine (vertragliche) Verpflichtung der Beigeladenen zu 1. zur Dokumentation nicht bestand und diese jedenfalls nach dem mit den Betreuten abgeschlossenen Pflege- und Betreuungsvertrag (dort Punkt 1.6) nur als "Pflege"- bzw "Leistungsnachweis" (der Klägerin) gegenüber den Betreuten dienen sollte. Eine - von der Beklagten angenommene - auf Grund "mittelbarer" Verpflichtung der Beigeladenen zu 1. hierzu dieser gegenüber bestehende Weisungsbefugnis der Klägerin etwa dahingehend, dass und wie sie ihre Dienstleistung optimieren könne, lässt sich daraus nicht entnehmen.

21

Schließlich greift das Vorbringen der Beklagten auch insoweit nicht durch, als sie sich für die Annahme eines Weisungsrechts der Klägerin darauf stützt, dass diese die Beigeladene zu 1. in einer speziellen Bildungsmaßnahme geschult und so auf ihre Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin vorbereitet, dieser dann die Aufträge vermittelt und (allein) mit den Betreuten "Erstverhandlungen" über den Umfang der Betreuungsleistungen geführt habe. Warum sich hieraus - bezogen auf die Verhältnisse, die nach Annahme eines "Einsatzauftrags" bestehen - ein für eine persönliche Abhängigkeit der Beigeladenen zu 1. sprechendes Weisungsrecht der Klägerin ergeben soll, erläutert die Beklagte nicht. Demgegenüber fallen als relevant auf eine (weitgehend) autonome Durchführung der einzelnen Einsätze hindeutende Umstände ins Gewicht, dass die Beigeladene zu 1. nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im vorliegenden Fall übernommene Aufträge (vorzeitig) abbrechen oder verlängern und sie nach Übernahme eines bestimmten Auftrags (und vor dessen Beendigung) von der Klägerin nicht gegen ihren Willen "umgesetzt", also zur Annahme eines anderen Auftrags veranlasst werden konnte.

22

bb) Die Beigeladene zu 1. war auch nicht wie eine Beschäftigte in den "Betrieb" der Klägerin eingegliedert. Ebenso fehlte eine entsprechende arbeitnehmertypische Eingliederung in eine von den Betreuten vorgegebene betriebliche Ordnung. Soweit das LSG diese Annahme damit begründet hat, dass von der Beigeladenen zu 1. mangels Aufnahme der Pflegepartner in einen bei der Klägerin geführten Dienstplan keine ständige Dienstbereitschaft erwartet worden sei und diese - im Gegenteil - die Übernahme von "Einsatzaufträgen" eher an eigenen Bedürfnissen ausgerichtet hat, ist sein Prüfungsansatz indessen unzutreffend. Denn auch für die Beurteilung, ob die Beigeladene zu 1. in eine von anderer Seite vorgegebene Arbeitsorganisation eingegliedert war, muss auf die Verhältnisse abgestellt werden, die nach Annahme des jeweiligen "Einsatzauftrags" im Hinblick (allein) hierauf bestanden. Im Übrigen lässt die Würdigung des Sachverhalts durch das Berufungsgericht jedoch Rechtsfehler nicht erkennen. Zu Recht hat das LSG auf der Grundlage seiner Feststellungen entschieden, dass die Beigeladene zu 1. in den "Betrieb" der Klägerin nicht eingegliedert war (vgl zum Begriff des "Betriebes" BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 33 ff). Zutreffend hat das Berufungsgericht weiter die Einbindung der Beigeladenen zu 1. in den Haushalt des jeweils Betreuten (mit den dort zur Verfügung gestellten sächlichen Mitteln) nicht als funktionsgerechte Einordnung in eine von dieser Seite vorgegebene Ordnung betrachtet, in der fremdbestimmte Arbeit geleistet werden kann (vgl - zur Möglichkeit des Fehlens einer Eingliederung von Dozenten in den Lehr-/Bildungsbetrieb einer Volkshochschule - BSG Urteil vom 12.2.2004 - B 12 KR 26/02 R - Juris RdNr 18 ff; ferner - zum Fehlen einer Eingliederung von als sog Freelancer tätigen Flugzeugführern in den Betrieb eines Luftfahrtunternehmens - BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 24 ff).

23

Das Revisionsvorbringen der Beklagten greift demgegenüber nicht durch. Entgegen der von ihr vertretenen Auffassung folgt aus dem - vom LSG festgestellten - Ablauf beim Wechsel der Pflegepartner und der Organisation der Folgepflege sowie der hierauf bezogenen Funktion der Pflegedokumentationen (Checkliste) nicht schon, dass die Beigeladene zu 1. wegen ihrer Eigenschaft als "ein Teil in der Kette der den jeweiligen Kunden zur Verfügung gestellten Pflegepersonen" in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert war. Dass jemand zu einem "Pool" von Einsatzkräften gehört, die zur Erfüllung anderen Personen obliegender Verpflichtungen gegenüber Dritten bereitstehen, besagt über deren Eingliederung in den "Betrieb" der insoweit Verpflichteten nichts (vgl - zum Status in einem "Personalpool" zusammengefasster, als sog Freelancer tätiger Flugzeugführer als Selbstständige - BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris). Ebenso wenig kann für eine Eingliederung in den "Betrieb" der Klägerin daraus etwas hergeleitet werden, dass ihr und das Auftreten der Beigeladenen zu 1. im Rechtsverkehr von den Betreuten so wahrgenommen wurden, als sei die Beigeladene zu 1. nicht (ihrerseits) Unternehmerin, sondern befinde sich in einem Anstellungsverhältnis zur Klägerin.

24

Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung spricht für eine entsprechende Eingliederung schließlich nicht, dass die Klägerin für die Pflegepartner zur Absicherung in einer Berufshaftpflichtversicherung einen Gruppenversicherungsvertrag angeboten hat. Zutreffend hat die Klägerin in diesem Zusammenhang nämlich darauf hingewiesen, dass Angebote zur Teilnahme an einer Gruppenversicherung allgemein auch Selbstständigen (etwa Rechtsanwälten) gemacht werden, ohne dass eine Teilnahme hieran für eine Eingliederung in den "Betrieb" des Anbieters als Indiz wirkt.

25

cc) Nicht zu beanstanden ist des Weiteren, dass das LSG ein für Selbstständigkeit sprechendes Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1. angenommen hat. Zutreffend hat es darauf hingewiesen, dass nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (vgl etwa BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36, mwN; BSG SozVers 2001, 329, 332; zuletzt BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27) maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (so schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36, mwN; zuletzt BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27). Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich, dass die Beigeladene zu 1. - wie das für Dienstleistungen in der Hauswirtschaft typisch ist - im Wesentlichen ihre Arbeitskraft und weniger Kapital eingesetzt und dieses im vorgenannten Sinne mit einem Verlustrisiko getan hat.

26

Richtig ist allerdings, dass - so die Beklagte unter Hinweis auf ein Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 8.8.2006 (L 11 R 2987/05) - aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung der einzelnen Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft ggf nicht verwerten zu können, kein Unternehmerrisiko wegen der einzelnen Einsätze folgt (vgl hierzu BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 f). Die Annahme eines Unternehmerrisikos ist indessen gerechtfertigt, weil die Beigeladene zu 1. im Zusammenhang mit der Verwertung ihrer Arbeitskraft das Risiko des Ausfalls ihres Verdienstes bei "Kundeninsolvenz" in der Gestalt eines Selbstbehalts ("Gewährleistungssumme") trug. Die vom LSG im gleichen Zusammenhang genannte Vereinbarung über Abzüge für Schlechtleistungen stellt demgegenüber kein Indiz für ein Unternehmerrisiko dar, weil eine solche "Haftung" für Schlechtleistungen, wenn auch eingeschränkt, Arbeitnehmer gleichermaßen trifft (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36). Zu dem Risiko des Verdienstausfalls bei "Kundeninsolvenz" tritt - wenn auch in geringerem Umfang - ein Kapitalrisiko hinzu, weil sich der Einsatz von Reisekosten bei (vorzeitigem) Abbruch des "Einsatzauftrags", etwa bei Versterben von Kunden oder deren Verlegung ins Krankenhaus oder Heim nicht lohnen konnte. Auch amortisierten sich in einem solchen Fall die von der Beigeladenen zu 1. aufgewandten Ausbildungs- und Fortbildungskosten nicht.

27

Der Belastung der Beigeladenen zu 1. mit diesen Risiken stand auf der anderen Seite, was - wie dargestellt - erforderlich ist, bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des einzelnen Einsatzes eine größere Freiheit und Flexibilität gegenüber. Die Beigeladene zu 1. war nämlich nicht wie ein klassischer Arbeitnehmer gehalten, Arbeitsanweisungen zur Vermeidung vertragsrechtlicher Sanktionen und/oder von Schadensersatzansprüchen Folge zu leisten, sondern konnte den Einsatz ihrer Arbeitskraft entsprechend ihren Bedürfnissen sehr weitreichend selbst steuern. So konnte sie nach den nicht mit Revisionsgründen angegriffenen Feststellungen des LSG in einer für Arbeitnehmer untypischen Weise die ihr von der Klägerin angebotenen Einsätze ohne Begründung und ohne Folgen für spätere Einsatzoptionen abbrechen oder verlängern; sie konnte auch nicht von der Klägerin aus einem laufenden Einsatz gegen ihren Willen abgezogen und nach den Bedürfnissen einer fremden betrieblichen Organisation anderen Kunden zugeteilt werden.

28

Wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, ist ein Unternehmerrisiko hier auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Beigeladene zu 1. für ihre Einsätze vereinbarungsgemäß und tatsächlich pauschal - nach Tagessätzen - vergütet wurde. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kalkulierte die Beigeladene zu 1. ihren Aufwand ggf neu und hat diese Kalkulation in die Verhandlungen mit der Klägerin um die Höhe des Vergütungsanspruchs eingebracht. Damit hing in dem hier zu beurteilenden Fall der Beigeladenen zu 1. die Höhe ihres Verdienstes in der Form höherer Tagessätze weitestgehend vom Umfang und der Intensität des Einsatzes ihrer Arbeitskraft bei dem jeweiligen Auftrag ab. Sie konnte durch die Gestaltung der "Einsatzaufträge" die wirtschaftliche Verwertung ihrer Arbeitskraft in hohem Maße selbst steuern und andererseits durch besondere Anstrengungen ihre Verdienstchancen erhöhen bzw einen Mehrverdienst erzielen.

29

3. Nach alledem ist die Beigeladene zu 1. in den streitigen Zeiträumen in ihrer für den privaten "Pflegedienst" der Klägerin ausgeübten Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin nicht als versicherungspflichtig Beschäftigte iS von § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV anzusehen. Denn für den hier (allein) zu beurteilenden Sachverhalt ist das LSG ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene zu 1. selbstständig tätig war. Dahinter kann zurücktreten, dass die Klägerin - und nicht die Beigeladene zu 1. - Kundenwerbung betrieb und "Einsatzaufträge" aquirierte, weil sie jene damit lediglich an die Beigeladene zu 1. vermittelte und in diesem Zusammenhang für diese den Kontakt zu den Betreuten herstellte.

30

Der Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits bedeutet indessen nicht, dass eine Tätigkeit, wie sie die Beigeladene zu 1. im hauswirtschaftlichen und "pflegenahen" Bereich ausgeübt hat, stets als selbstständige Tätigkeit anzusehen wäre. Maßgebend für die Beurteilung sind vielmehr die Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage der für das BSG bindenden Feststellungen der Tatsacheninstanzen. Diese Feststellungen sind bindend, wenn sie - wie hier - nicht mit durchgreifenden Revisionsgründen, insbesondere mit Verfahrensrügen angegriffen werden (vgl § 163 SGG). Von daher ist es durchaus möglich, dass andere LSG in ihren Entscheidungen zu Tätigkeiten ähnlicher Art, wie sie von der Beigeladenen zu 1. verrichtet wurden, auf der Grundlage der in ihren Verfahren festgestellten tatsächlichen entscheidungserheblichen Umstände zu anderen Ergebnissen gelangen.

31

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Beigeladenen haben sich am Verfahren nicht beteiligt. Ihre außergerichtlichen Kosten sind daher nicht erstattungsfähig (§ 162 Abs 3 VwGO).

32

Der Streitwert für das Revisionsverfahren ist nach § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG in Höhe des vom LSG schon für das Berufungsverfahren angenommenen Streitwerts festzusetzen.

(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn

1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und
2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin und dem Beigeladenen die außergerichtlichen Kosten auch des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der bei einem Handballtraining erlittene Unfall der Klägerin ein Arbeitsunfall ist.

2

Die 1981 geborene Klägerin übte eine Vollzeitbeschäftigung aus, neben der sie als Handballspielerin der ersten Damenmannschaft des Sportvereins A. (SVA) in der 2. Bundesliga spielte. Sie war Vereinsmitglied des SVA, zahlte den Mitgliedsbeitrag und nahm am Trainings- und Spielbetrieb teil. Die Klägerin schloss mit dem SVA jeweils jährlich neu einen Vertrag für eine Spielsaison, der der Handball-Bundesliga-Vereinigung Frauen eV angezeigt wurde. Die Klägerin verpflichtete sich darin ua, in der 2. Handball-Bundesliga unentgeltlich für den SVA Handball zu spielen, wobei ihr ein jährlicher Urlaub gemäß den gesetzlichen Bestimmungen eingeräumt wurde, den sie im Einvernehmen mit dem für den Spielbetrieb Verantwortlichen nehmen konnte.

3

Der beigeladene Handball-Sportmanagement-A. (HSA) betrieb das Management der ersten Damenhandballmannschaft des SVA. Die Klägerin war nicht Mitglied des HSA. Sie schloss mit dem HSA ebenfalls einen Vertrag, der sich jeweils um ein Jahr verlängerte. In diesem Vertrag verpflichtete sich die Klägerin ua, ihre sportliche Leistungsfähigkeit für den HSA einzusetzen, alles zu tun, die Leistungsfähigkeit zu erhalten und zu steigern und am Training und allen Vereinsspielen und Lehrgängen des SVA teilzunehmen. Weiterhin verpflichtete sich die Klägerin gegenüber dem beigeladenen HSA, im Falle einer durch den Handballsport eingetretenen Erkrankung oder Verletzung, sich bei einem vom Beigeladenen zu benennenden Arzt unverzüglich vorzustellen sowie sich den angeordneten sportmedizinischen und sporttherapeutischen Maßnahmen zu unterziehen und an Reisen im In- und Ausland teilzunehmen, für die der Beigeladene auch das zu benutzende Verkehrsmittel bestimmte. Schließlich hatte sie an Veranstaltungen des Beigeladenen zum Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit mitzuwirken, bei denen sie die von dem Beigeladenen gestellte Kleidung tragen musste. Anderweitige Werbung war der Klägerin untersagt. Sie übertrug dem Beigeladenen vielmehr die Verwertung ihrer im Zusammenhang mit der Ausübung des Handballsports stehenden Persönlichkeitsrechte und hatte jederzeit ihr Autogramm für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit zu leisten bzw verarbeiten zu lassen. Die aus Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit und Werbung erzielten Erlöse standen ausschließlich dem Beigeladenen zu. Der Beigeladene verpflichtete sich, der Klägerin eine Aufwandsentschädigung, insbesondere Fahrtkostenersatz, in Höhe von jährlich maximal 7950 Euro zu zahlen. Die Klägerin erhielt für Fahrtkosten vom Beigeladenen 0,30 Euro je km.

4

Das Handballtraining fand dreimal wöchentlich von 19.00 Uhr bis 21.00 Uhr statt. Im Mannschaftstraining am 29.1.2009 wurde die Klägerin vom Ellenbogen einer Mitspielerin im Gesicht getroffen, wodurch sie eine Verletzung am linken Schneidezahn mit Nervschädigung und Abriss der Wurzel erlitt. Die beklagte Berufsgenossenschaft lehnte mit Bescheid vom 25.11.2009 die Anerkennung dieses Ereignisses als Arbeitsunfall und die Erbringung von Leistungen ab und wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 27.5.2010 zurück. Das SG Reutlingen hat die dagegen gerichtete Klage mit Gerichtsbescheid vom 18.2.2013 abgewiesen, weil die Klägerin nicht als Beschäftigte oder wie eine Beschäftigte tätig geworden und damit nicht in der Unfallversicherung versichert gewesen sei. Die persönliche Abhängigkeit der Klägerin habe allein auf den mitgliedschaftlichen Verpflichtungen beruht, wie sie jedes Mitglied einer Handballmannschaft typischerweise träfen. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit der Klägerin habe nicht vorgelegen.

5

Das LSG Baden-Württemberg hat auf die Berufung der Klägerin unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Unfall der Klägerin als Arbeitsunfall festzustellen (Urteil vom 13.12.2013). Im Übrigen hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Berufung des Beigeladenen als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, die Klägerin habe den Unfall während einer versicherten Tätigkeit als Beschäftigte erlitten. Das Handballspielen der Klägerin sei von den Vertragsbeziehungen zum SVA und zum Beigeladenen geprägt gewesen. Die Sparte "Handball" im SVA sei organisatorisch gesondert gegliedert gewesen und habe dem Beigeladenen oblegen, der auch vom SVA auf ihn übertragene merkantile Interessen verfolgt habe. Unfallversicherungsschutz als Beschäftigte setze nicht die Zahlung eines Entgeltes voraus. Auch die Vereinsmitgliedschaft im SVA stehe der Annahme einer Beschäftigung nicht entgegen, weil die Klägerin als Leistungssportlerin in einem Maße in den SVA eingebunden gewesen sei, das deutlich über das von normalen Vereinsmitgliedern geschuldete Verhalten hinausgegangen sei.

6

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 2 Abs 1 Nr 1, § 8 Abs 1 SGB VII und § 7 Abs 1 SGB IV. Die Klägerin sei während des Handballtrainings weder als Beschäftigte noch wie eine Beschäftigte versichert gewesen. Sie habe als Vereinsmitglied des SVA im Rahmen ihres mitgliedschaftlichen Engagements trainiert. Die rechtlichen Beziehungen zu dem beigeladenen HSA stellten keinen Arbeitsvertrag, sondern eine besondere vertraglich-persönliche Bindung einer Hochleistungssportlerin dar, die bis in das Privatleben hinein reiche und sich auf eine lediglich sportliche, dem Arbeitsleben nicht zurechenbare Tätigkeit beziehe. Darüber hinaus bedürfe es im Bereich des Sports für die Annahme einer Beschäftigung generell einer Entgeltzahlung, die hier weder vereinbart noch erfolgt sei.

7

Die Beklagte beantragt,

        

das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 13.12.2013 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG Reutlingen vom 18.2.2013 insgesamt zurückzuweisen.

8

Die Klägerin und der Beigeladene beantragen,

        

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie halten das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Das LSG hat im Ergebnis zu Recht die Beklagte verpflichtet, den am 29.1.2009 beim Handballtraining erlittenen Unfall der Klägerin als Arbeitsunfall festzustellen, denn die Klägerin hat einen Arbeitsunfall als Beschäftigte des Beigeladenen erlitten.

11

Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 16/11 R - BSGE 111, 52 = SozR 4 - 2700 § 2 Nr 21, RdNr 10 mwN, vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4 - 2700 § 8 Nr 44 RdNr 26 f, vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4 - 2700 § 8 Nr 46, RdNr 20, vom 18.6.2013 - B 2 U 10/12 R - SozR 4 - 2700 § 8 Nr 47 RdNr 12, vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4 - 2700 § 2 Nr 27 RdNr 11, vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R - SozR 4 - 2700 § 8 Nr 52 RdNr 11 und vom 4.12.2014 - B 2 U 10/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2700 § 2 Nr 32 vorgesehen, Juris RdNr 11; vgl zuletzt ua BSG vom 4.12.2014 - B 2 U 13/13 R - zur Veröffentlichung in SozR 4 - 2700 § 2 Nr 31 vorgesehen, Juris RdNr 11). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

12

Die Verrichtung unmittelbar vor dem Unfallereignis - die Teilnahme am Training der Handballmannschaft - hat den Stoß mit dem Ellenbogen einer Mitspielerin in das Gesicht der Klägerin und damit einen Unfall und dieser hat eine Verletzung des linken Schneidezahns mit Zahnnervschädigung und Wurzelabriss und damit einen Gesundheitserstschaden rechtlich wesentlich verursacht. Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar und (subjektiv) - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist (sog Handlungstendenz - vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 21 f, vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 52 RdNr 14 und vom 4.12.2014 - B 2 U 14/13 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 30 RdNr 12). Bei ihrer Tätigkeit war die objektivierte Handlungstendenz der Klägerin auf die Erfüllung des gesetzlichen Versicherungstatbestands als Beschäftigte iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII gerichtet, denn mit der Teilnahme am Handballtraining am 29.1.2009 erfüllte die Klägerin eine dem Beigeladenen gegenüber bestehende Hauptpflicht aus einem Beschäftigungsverhältnis.

13

Bei Vornahme der Verrichtung des Handballtrainings war die Klägerin nach Überzeugung des Senats jedenfalls als Beschäftigte des Beigeladenen iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versichert(sogleich unter 1.) Ob darüber hinaus auch ein Beschäftigungsverhältnis mit dem SVA bestand, wovon offenbar das LSG ausging, kann der Senat insoweit offenlassen (hierzu unter 2.).

14

1. Eine nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als Beschäftigte liegt vor, wenn die Verletzte zur Erfüllung eines von ihr begründeten Rechtsverhältnisses, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses, eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen(vgl § 7 Abs 1 SGB IV) zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse ihrer Verrichtung diesem und nicht ihr selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen (vgl § 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII). Es kommt objektiv auf die Eingliederung des Handelns der Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen des anderen bringen soll. Eine Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII wird daher ausgeübt, wenn die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, entweder eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zu Grunde liegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, oder die Verletzte eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern sie nach den besonderen Umständen ihrer Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, sie treffe eine solche Pflicht, oder sie unternehmensbezogene Rechte aus dem Rechtsverhältnis ausübt(vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 27 ff, vom 13.11.2012 - B 2 U 27/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 45 RdNr 23 f und vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 27 RdNr 13).

15

Das LSG hat die von der Klägerin am 29.1.2009 verrichtete Tätigkeit, nämlich die Teilnahme am Handballtraining ihrer Mannschaft, zutreffend als Verrichtung angesehen, die auf die Erfüllung einer der Klägerin als Beschäftigte iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII obliegenden Pflicht gerichtet war. Diese Pflicht bestand hier gegenüber dem beigeladenen HSA.

16

§ 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII erfasst die Beschäftigten iS des § 7 Abs 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Eine Beschäftigung liegt daher immer dann vor, wenn ein Arbeitsverhältnis besteht. Sie kann aber auch ohne Arbeitsverhältnis gegeben sein, wenn die Verletzte sich in ein fremdes Unternehmen eingliedert und ihre konkrete Handlung sich dem Weisungsrecht eines Unternehmers insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Verrichtung unterordnet (vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 31 ff). Dabei kommt es auf die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse an. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine formlose Abbedingung rechtlich möglich ist. Entscheidend ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl BSG vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 16 mwN und vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 27 RdNr 14).

17

Die Einordnung der Rechtsbeziehung der Klägerin gegenüber dem Beigeladenen als Beschäftigung ergibt sich zunächst aus dem Vertrag vom 12.3.2006, den die Klägerin mit dem HSA geschlossen hat. Den Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) lässt sich auch noch hinreichend entnehmen, dass die tatsächlich gelebten Verhältnisse diesem Vertragsinhalt entsprachen. Die Klägerin war danach weder Vereinsmitglied des Beigeladenen noch existierten sonstige Rechtsbeziehungen, die das Handeln der Klägerin als bloße Erfüllung rein mitgliedschaftlicher Pflichten erscheinen ließen (vgl hierzu die Urteile des erkennenden Senats vom 31.1.1961 - 2 RU 173/58 - BSGE 14, 1, 3 f = SozR Nr 1 zu § 798 RVO A a 2, vom 20.12.1961 - 3 RK 65/57 - BSGE 16, 98, 101 f = SozR Nr 29 zu § 165 RVO A a 31, vom 17.10.1990 - 2 RU 3/90 - HVBG-INFO 1991, 423, 427, vom 27.1.1994 - 2 RU 17/93 - SozR 3-2200 § 539 Nr 27 S 101, vom 24.2.2000 - B 2 U 4/99 R - HVBG-INFO 2000, 1253, 1255, vom 13.8.2002 - B 2 U 29/01 R - HVBG-INFO 2002, 2511, 2516 f, vom 18.3.2003 - B 2 U 25/02 R - HVBG-INFO 2003, 1412, 1419, vom 30.6.2009 - B 2 U 22/08 R - UV-Recht Aktuell 2009, 1040, 1046 und vom 27.10.2009 - B 2 U 26/08 R - UV-Recht Aktuell 2010, 185, 189). Dies könnte sich ggf anders darstellen, wenn die Klägerin ausschließlich Mitglied des Handballvereins SVA gewesen wäre (vgl hierzu unter 2.).

18

Jedenfalls sind keine Anhaltspunkte für eine von dem schriftlichen Vertragsinhalt abweichende Handhabung und damit für mögliche abweichende Regelungen oder für die Unwirksamkeit einzelner oder sämtlicher Vertragsbestimmungen aus dem Verhältnis zum Beigeladenen ersichtlich. Es ist dabei - anders als in dem angefochtenen Urteil des LSG - auch keine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der der Klägerin gegenüber dem SVA ggf obliegenden vertraglichen und mitgliedschaftlichen Pflichten vorzunehmen, weil der Beigeladene in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins arbeitet und als juristische Person selbstständig rechtsfähig ist (§ 21 BGB).

19

Die Klägerin war nach den vom LSG mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen für den Senat bindend festgestellten (§ 163 SGG) Bestimmungen des Vertrags vom 12.3.2006 in den Betrieb des Beigeladenen eingegliedert und an dessen Weisungen gebunden. So hatte sie sich gegenüber dem Beigeladenen verpflichtet, ihre sportliche Leistungsfähigkeit einzusetzen, zu erhalten und zu steigern, sowie am Training und an den Spielen ihrer Handballmannschaft teilzunehmen, sowie auch anwesend zu sein, wenn ihr Einsatz nicht in Betracht kam. Darüber hinaus hatte sie an Lehrgängen und an Reisen im In- und Ausland teilzunehmen. Diese Unterordnung unter die Erfordernisse des Spielbetriebs wurde ergänzt durch eine Eingliederung in die Öffentlichkeitsarbeit des Beigeladenen. Die Klägerin war zur Mitwirkung bei Veranstaltungen zur Öffentlichkeitsarbeit verpflichtet, bei denen sie von dem Beigeladenen gestellte Kleidung zu tragen hatte. Anderweitige Werbung war ihr untersagt. Sie übertrug dem Beigeladenen die Verwertung ihrer im Zusammenhang mit der Ausübung des Handballsports stehenden Persönlichkeitsrechte und hatte jederzeit ihr Autogramm für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit zu leisten bzw verarbeiten zu lassen. Dass es sich hierbei um eine Eingliederung gerade in das Unternehmen des Beigeladenen handelte, folgt auch daraus, dass Einnahmen aus der Öffentlichkeitsarbeit und Werbung allein dem Beigeladenen zustanden. Ferner hatte die Klägerin ihren Urlaub grundsätzlich vor der Vorbereitungsphase auf die neue Saison zu nehmen.

20

Bei den einzelnen Tätigkeiten, die eine Eingliederung in den Betrieb des Beigeladenen beinhalten, war die Klägerin auch an die Weisungen des Beigeladenen gebunden. Beim Spielbetrieb hatte sie sich den Weisungen aller vom Beigeladenen dazu eingesetzten Personen, insbesondere des Trainers, unterzuordnen. Selbst wenn - wie die Beklagte meint - dies nur ein Trainer des SVA sein konnte, steht dies der Bindung der Klägerin an Weisungen als Beschäftigte des Beigeladenen nicht entgegen, weil das Weisungsrecht auch auf Dritte delegiert werden kann. Bei Reisen bestimmte der Beigeladene das zu benutzende Verkehrsmittel. Weisungen des Beigeladenen unterlag die Klägerin auch im Falle einer durch die Ausübung des Handballsports eingetretenen Erkrankung oder Verletzung, weil sie verpflichtet war, sich bei einem vom Beigeladenen zu benennenden Arzt unverzüglich vorzustellen sowie sich angeordneten sportmedizinischen und sporttherapeutischen Maßnahmen zu unterziehen. Die Weisungsgebundenheit der Klägerin wird dadurch unterstrichen, dass sie bei Verletzung von Vertragspflichten Vertragsstrafen ausgesetzt war (vgl hierzu auch BSG Urteil vom 20.12.1961 - 3 RK 65/57 - BSGE 16, 98, 101 = SozR Nr 29 zu § 165 RVO A a 31).

21

Die konkrete Ausgestaltung der Pflichten der Klägerin gegenüber dem Beigeladenen ging damit deutlich über eine allein durch eine Vereinsmitgliedschaft oder durch die Ausübung eines Mannschaftssports begründete Rechtsbeziehung hinaus. Selbst wenn die Klägerin den Handballsport auch aus dem eigenen Bedürfnis zur sportlichen Betätigung und ggf in Erfüllung einer gegenüber dem SVA bestehenden mitgliedschaftlichen Pflicht betrieb und damit auch einen eigenwirtschaftlichen Zweck verfolgte, diente das Handballspiel und Handballtraining jedenfalls wesentlich dem wirtschaftlichen Interesse des Beigeladenen. Dessen Aufgabe war das Management der ersten Damenhandballmannschaft des SVA und damit die Verpflichtung befähigter Spielerinnen und deren Förderung zur Einnahmeerzielung durch attraktive Spiele. An der die Beschäftigung charakterisierenden fremdwirtschaftlichen Zweckbestimmung eines Verhaltens fehlt es erst dann, wenn mit ihm im Wesentlichen - anders als hier - allein eigene Angelegenheiten verfolgt werden (BSG vom 5.7.2005 - B 2 U 22/04 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 6 = NZS 2006, 375).

22

Offenbleiben kann hier, inwieweit die der Klägerin gezahlten Fahrtkosten in Höhe von maximal 7950 Euro jährlich ein Entgelt für das Handballspielen darstellte. Ob Arbeitnehmern ein Entgelt für ihre Tätigkeit gezahlt wird, ist für das Vorliegen einer Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII wie auch iS des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV nicht ausschlaggebend(vgl BSG vom 26.6.1980 - 8a RU 48/79 - SozR 2200 § 539 Nr 68, vom 30.6.2009 - B 2 U 3/08 R - UV-Recht Aktuell 2009, 1008, 1014 und vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 27 RdNr 14 - Postzustellerfall). Arbeitsentgelt setzt das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses voraus, begründet ein solches aber nicht. Auch ohne eine aus der Zahlung eines Entgelts folgende wirtschaftliche Abhängigkeit kann eine Beschäftigung vorliegen.

23

Auch im Bereich der sportlichen Betätigung und bei Tätigkeiten in Vereinen ist die Beschäftigung von rein mitgliedschaftlicher bzw sportlicher Betätigung nicht danach abzugrenzen, ob ein Entgelt vereinbart ist und gezahlt wird. Sofern der erkennende Senat im Zusammenhang mit sportlichen Betätigungen innerhalb einer Vereinsmitgliedschaft ausgeführt hat, dass eine von dieser abzugrenzende Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII typischerweise bei Zahlung eines Arbeitsentgelts anzunehmen ist(vgl BSG vom 18.3.2003 - B 2 U 25/02 R - HVBG-INFO 2003, 1412, 1418 und vom 27.10.2009 - B 2 U 26/08 R - UV-Recht Aktuell 2010, 185, 190), hat er dabei auf die Entgeltzahlung lediglich als ein Indiz für das Vorliegen einer Beschäftigung abgestellt. Entgegen der Rechtsansicht der Revision existiert hingegen keine rechtliche Vermutung, dass im sportlichen Bereich das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses zwingend die Zahlung eines "nennenswerten" Entgelts voraussetzt. Die allgemeinen Kriterien für das Vorliegen einer Beschäftigung, nämlich die über die reine Ausübung eines Mannschaftssports hinausgehende Eingliederung in den Betrieb des Beigeladenen, verbunden mit einer zahlreiche Aspekte der Tätigkeit umfassenden Weisungsgebundenheit, ermöglichen hier bereits hinreichend die Einordnung als Beschäftigung, ohne dass zusätzlich auf eine Entgeltzahlung und eine rechtliche Qualifizierung des Fahrtkostenersatzes abgestellt werden muss.

24

Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat die Klägerin im Unfallzeitpunkt eine versicherte Beschäftigung verrichtet und mit ihrer Teilnahme am Handballtraining eine sich aus dem Beschäftigungsverhältnis mit dem Beigeladenen ergebende Hauptpflicht erfüllt.

25

2. Auf die Einordnung der zum eigentlichen Handballverein SVA bestehenden Rechtsbeziehungen der Klägerin kam es im vorliegenden Fall mithin nicht mehr entscheidend an. Die Revision hat hier zu Recht darauf verwiesen, dass die Klägerin Vereinsmitglied des SVA war und die bisherige Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Frage, welche Verrichtungen aufgrund einer mitgliedschaftlichen Verpflichtung als Vereinsmitglied vorgenommen werden und mithin gerade keine Beschäftigung darstellen, eher dazu tendiert, von weitgehenden mitgliedschaftlichen Handlungspflichten der Vereinsmitglieder auszugehen (vgl die Urteile vom 31.1.1961 - 2 RU 173/58 - BSGE 14, 1, 3 f = SozR Nr 1 zu § 798 RVO A a 2, vom 20.12.1961 - 3 RK 65/57 - BSGE 16, 98, 101 f = SozR Nr 29 zu § 165 RVO A a 31, vom 17.10.1990 - 2 RU 3/90 - HVBG-INFO 1991, 423, 427, vom 27.1.1994 - 2 RU 17/93 - SozR 3-2200 § 539 Nr 27 S 101, vom 24.2.2000 - B 2 U 4/99 R - HVBG-INFO 2000, 1253, 1255, vom 13.8.2002 - B 2 U 29/01 R - HVBG-INFO 2002, 2511, 2516 f, vom 18.3.2003 - B 2 U 25/02 R - HVBG-INFO 2003, 1412, 1419, vom 30.6.2009 - B 2 U 22/08 R - UV-Recht Aktuell 2009, 1040, 1046 und vom 27.10.2009 - B 2 U 26/08 R - UV-Recht Aktuell 2010, 185, 189). Letztlich kann hier offenbleiben, wie die Rechtsbeziehung zwischen der Klägerin und dem SVA einzuordnen wäre, denn ausschlaggebend ist, dass die Klägerin in einem Beschäftigungsverhältnis zum beigeladenen HSA stand, bei dem sie gerade nicht Mitglied war.

26

Der Senat konnte auch die Verurteilung der Beklagten zur Feststellung eines Arbeitsunfalls bestätigen, denn die Beklagte war für die Feststellung des Arbeitsunfalles zuständig, weil nach § 3 I Nr 9 ihrer Satzung ihr Zuständigkeitsbereich sowohl Sportvereine als auch sonstige Sportunternehmen umfasst, wozu der Beigeladene gehört.

27

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. Die Beklagte hat der Klägerin und dem Beigeladenen deren außergerichtliche Kosten zu erstatten, weil deren im Revisionsverfahren gestellte Anträge Erfolg hatten. Zwar sind gemäß § 193 Abs 4 SGG die Aufwendungen der in § 184 Abs 1 SGG genannten Gebührenpflichtigen, die nicht gemäß § 183 SGG kostenprivilegiert sind, nicht erstattungsfähig. Zu diesem Personenkreis gehört jedoch der HSA als Beigeladener nicht (vgl BSG vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 60/06 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 5 RdNr 18 und vom 1.3.2011 - B 1 KR 10/10 R - BSGE 107, 267 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 90).

Tenor

Auf die Revision der Beigeladenen zu 2. wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. September 2010 aufgehoben, soweit es die Feststellung der Rentenversicherungspflicht des Klägers in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. vom 30. April 1996 bis 30. November 1999 betrifft.

In diesem Umfang wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. November 2008 zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger ein Viertel der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens zu erstatten. Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten (noch) darüber, ob der Kläger in der Zeit vom 30.4.1996 bis 30.11.1999 als Beschäftigter in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV) versicherungspflichtig war.

2

Der am 1961 geborene Kläger arbeitete aufgrund eines Anstellungsvertrags vom 11.2.1986 zunächst als Schlosser und nach Ablegen der Meisterprüfung noch im selben Jahr als Betriebsleiter bei der Beigeladenen zu 1., einer GmbH mit dem Unternehmensgegenstand "Rührwerksbau". Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war bis zu seinem Tod am 11.5.2001 der Vater des Klägers. Die Geschäftsanteile erbte dessen Ehefrau; der Kläger wurde mit Dienstvertrag vom 31.8.2001 zum Geschäftsführer bestellt. Bereits am 30.4.1996 hatte der Vater des Klägers "gemäß § 48 Abs 2 GmbHG" folgende Niederschrift verfasst:

        

"… Aus gesundheitlichen Gründen werden meine Kinder S. und M. die Leitung des Unternehmens übernehmen. Mein Sohn wird aufgrund seiner beruflichen Fähigkeiten den technischen und gewerblichen Teil des Unternehmens übernehmen, meine Tochter den kaufmännischen Teil, aufgrund ihrer Ausbildung beim Steuerberater. Die entsprechenden Vollmachten werden beiden Kindern umgehend erteilt. Ab sofort nehmen die Kinder am betrieblichen Erfolg mit einer Gewinntantieme teil und sind vom Selbstkontrahierungsverbot befreit. Auf das Weisungsrecht meinerseits verzichte ich. Arbeits- und Urlaubszeit kann nach Lage der Gesellschaft frei bestimmt und gestaltet werden."

3

Der Kläger war bis 30.11.1999 Mitglied der beklagten Krankenkasse, seit 1.1.1996 aufgrund freiwilliger Versicherung. Nachdem eine neu gewählte Krankenkasse festgestellt hatte, dass der Kläger in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. für spätere Zeiträume nicht versicherungspflichtig in der RV und nach dem Recht der Arbeitsförderung gewesen sei, beantragte der Kläger mit Schreiben vom 14.9.2005 eine entsprechende Beurteilung auch für den (nun streitigen) Zeitraum 30.4.1996 bis 30.11.1999 durch die Beklagte als Einzugsstelle. Diese stellte mit Bescheid vom 23.9.2005 und Widerspruchsbescheid vom 20.4.2006 fest, dass der Kläger in diesem Zeitraum bei der Beigeladenen zu 1. beschäftigt gewesen sei und der Versicherungspflicht in der RV und Arbeitslosenversicherung unterlegen habe. Das SG hat die auf Feststellung des Nichtbestehens von Versicherungspflicht in der RV und Arbeitslosenversicherung gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 26.11.2008).

4

Auf die Berufung des Klägers hat das LSG unter Aufhebung des Urteils des SG und der Bescheide der Beklagten festgestellt, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. im streitigen Zeitraum nicht der Versicherungspflicht in der RV und Arbeitslosenversicherung unterlegen habe (Urteil vom 22.9.2010): Für eine Beschäftigung sprächen ua die fehlende Geschäftsführer- und Gesellschafterstellung des Klägers, die Vereinbarungen des Anstellungsvertrags und die begrenzte Befugnis des Klägers, die Geschicke "der Firma" rechtsverbindlich zu gestalten. Demgegenüber sprächen die tatsächlichen Verhältnisse gegen eine Beschäftigung. So habe sein Vater dem Kläger mit der Niederschrift vom 30.4.1996 unter Verzicht auf sein Weisungsrecht die Unternehmensleitung übertragen. Dadurch habe der Kläger zusammen mit seiner Schwester nach eigenem Gutdünken frei "schalten und walten" können. Durch Übernahme einer Bürgschaft über 100 000 DM habe er ein wirtschaftliches Risiko getragen und sei am Gewinn der Firma beteiligt gewesen. Er habe die alleinigen Branchenkenntnisse in dem von ihm geleiteten Teilbereich der Geschäfte gehabt, sei vom Selbstkontrahierungsverbot befreit gewesen und habe Kundengespräche geführt, Angebote eingeholt sowie Kalkulationen erstellt, ohne sich im Einzelnen mit seinem Vater abzusprechen. Diesen tatsächlichen Verhältnissen komme bei der rechtlichen Beurteilung Vorrang gegenüber den vertraglichen Regelungen zu.

5

Mit der allein vom ihm eingelegten Revision rügt der Rentenversicherungsträger (Beigeladene zu 2.) eine Divergenz zur Rechtsprechung des BSG seit dem Jahr 2006 (BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - USK 2006-8 = Die Beiträge, Beilage 2006, 149; BSG Urteil vom 24.1.2007 - B 12 KR 31/06 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 7), da das LSG sinngemäß den Rechtssatz aufgestellt habe, "dass eine im Widerspruch zu getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung der formellen Vereinbarung unabhängig von der rechtlichen Möglichkeit einer formlosen Abbedingung vorgehen bzw. auch dann, wenn eine formlose Abbedingung rechtlich nicht möglich ist". Das LSG habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Kläger am Stammkapital der zu 1. beigeladenen GmbH nicht beteiligt gewesen sei und bezogen auf die Gesellschaft keinerlei "Rechtsmacht" besessen habe. Diese Rechtsmacht habe trotz des Verzichts auf ein Weisungsrecht bei dessen Vater, dem Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1., gelegen. Zudem habe der Kläger die Beigeladene zu 1. nicht wie ein Alleininhaber, sondern nur zusammen mit seiner Schwester geleitet.

6

Die Beigeladene zu 2. beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. September 2010 aufzuheben, soweit dieses unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. November 2008 sowie des Bescheides der Beklagten vom 23. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. April 2006 festgestellt hat, der Kläger habe in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. vom 30. April 1996 bis 30. November 1999 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlegen,
ferner, insoweit die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. November 2008 zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beigeladenen zu 2. zurückzuweisen.

8

Er verteidigt das angegriffene Urteil. Insbesondere sei mit der Niederschrift vom 30.4.1996 bereits die Bevollmächtigung beider Kinder durch ihren Vater erfolgt, der zugleich auf sein Weisungsrecht sowohl als Geschäftsführer wie auch als Gesellschafter verzichtet habe. Darauf, dass die Unternehmensleitung gemeinsam mit der - im Übrigen als nicht rentenversicherungspflichtig eingestuften - Schwester erfolgte, komme es nicht an.

9

Die Beklagte und die zu 3. beigeladene Bundesagentur für Arbeit schließen sich der Rechtsansicht der Beigeladenen zu 2. an, die Beigeladene zu 3. ohne einen Antrag zu stellen.

10

Die Beigeladene zu 1. äußert sich nicht.

Entscheidungsgründe

11

Die auf die angefochtene Feststellung von Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen RV im Zeitraum 30.4.1996 bis 30.11.1999 beschränkte Revision der Beigeladenen zu 2. ist zulässig und begründet. Bescheid und Widerspruchsbescheid der Beklagten sind bezogen darauf rechtmäßig. Daher ist das Urteil des LSG in diesem Umfang aufzuheben und die Berufung des Klägers insoweit zurückzuweisen.

12

1. Obwohl die Beigeladene zu 2. in der Revisionsbegründung entgegen § 164 Abs 2 S 3 SGG keine Rechtsnorm ausdrücklich bezeichnet hat, die sie durch das Urteil des LSG als verletzt ansieht, ist die Revision noch zulässig. Denn es reicht aus, wenn sich aus dem Inhalt der Darlegungen des Revisionsklägers ergibt, dass er sich mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung rechtlich auseinandergesetzt hat und inwieweit er bei der Auslegung der angewandten Rechtsvorschriften anderer Auffassung ist (vgl BSG SozR 3-5555 § 15 Nr 1 S 2 mwN; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 164 RdNr 9c, 11 mwN). Vorliegend lässt das Revisionsvorbringen noch hinreichend deutlich erkennen, dass die Beigeladene zu 2. die Auffassung des LSG angreift, bei der Abgrenzung von Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit komme den tatsächlichen Verhältnissen generell Vorrang gegenüber den gesellschafts- und arbeitsvertraglichen Regelungen zu, und dass sie dadurch § 7 Abs 1 SGB IV als verletzt ansieht.

13

2. Die Revision der Beigeladenen zu 2. ist auch begründet.

14

Zu Unrecht hat das LSG hier die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen RV verneint und die Bescheide der Beklagten sowie das SG-Urteil insoweit aufgehoben. Dabei ist das LSG zunächst zutreffend von den in der Rechtsprechung des BSG zum Tatbestand der Beschäftigung aufgestellten Rechtssätzen ausgegangen; es hat jedoch die jüngere Rechtsprechung zum Vorrang der tatsächlichen Verhältnisse gegenüber den vertraglichen Vereinbarungen nicht hinreichend berücksichtigt (hierzu a). Wiederum zutreffend hat das LSG eine Tätigkeit in einem fremden Betrieb vorausgesetzt und den "Anstellungsvertrag" des Klägers zum Ausgangspunkt der weiteren Prüfung und seiner Tatsachenfeststellungen gemacht (hierzu b). Im Ergebnis keinen Bestand haben indes die hierauf aufbauende rechtliche Würdigung des LSG sowie seine davon ausgehende Bewertung des Gesamtbildes der Erwerbstätigkeit (hierzu c). Dabei steht der Einordnung der Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1. als (abhängige) Beschäftigung die Rechtsprechung des BSG zur Tätigkeit in Familiengesellschaften nicht entgegen (hierzu d).

15

a) In den Jahren 1996 bis 1999, die hier in Streit stehen, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der RV der Versicherungspflicht (vgl § 1 S 1 Nr 1 SGB VI; ab 1.1.1998 idF durch Gesetz vom 24.3.1997, BGBl I 594). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; siehe insbesondere auch BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11).

16

Zutreffend weist die Beigeladene zu 2. in ihrer Revisionsbegründung darauf hin, dass zur Feststellung des Gesamtbilds den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zukommt. Zwar hat der Senat noch im Urteil vom 22.6.2005 (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 5 RdNr 7) ausgeführt, dass beim Abweichen der Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen letztere den Ausschlag geben. Jedoch hat er diese Aussage in Zusammenfassung älterer Entscheidungen nachfolgend präzisiert (insbesondere BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 17; ebenso Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - USK 2006-8 = Die Beiträge, Beilage 2006, 149, und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Die Beiträge, Beilage 2008, 333, 341 f): Danach sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist. Hieran hat der Senat seither festgehalten (vgl BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - USK 2009-25; BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-25).

17

Der vorliegende Fall bietet keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzurücken: Die tatsächlichen Verhältnisse weichen hier zwar von den Regelungen des zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. geschlossenen Anstellungsvertrags ab, jedoch führt dies mit Blick auf die Frage des Vorliegens einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit zu keinem anderen Ergebnis (hierzu unten c). Daher kommt es auch nicht darauf an, dass das LSG keine Feststellungen dazu getroffen hat, unter welchen Voraussetzungen die Bestimmungen des Anstellungsvertrags überhaupt abdingbar waren.

18

b) Die dargestellten Grundsätze sind auch im vorliegenden Fall anzuwenden, denn der Kläger war im streitigen Zeitraum nicht in seinem eigenen, sondern in einem fremden Betrieb tätig. Die alleinige Betriebs- bzw Unternehmensinhaberin war die Beigeladene zu 1., die als GmbH juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit ist und deshalb unabhängig von den als Gesellschafter dahinterstehenden juristischen oder natürlichen Personen (hierzu vgl nur BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr 7, RdNr 21 mwN)und deren verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen betrachtet werden muss.

19

Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1. im Rahmen einer Beschäftigung oder selbstständig ausgeübt wurde, ist der "Anstellungsvertrag" vom 11.2.1986, der deren Vertragsverhältnis zunächst ausschließlich bestimmte. Dieser Vertrag hatte sowohl nach der Bezeichnung als auch nach seinem vom LSG - lückenhaft - festgestellten Inhalt - regelmäßiges Entgelt, feste wöchentliche Arbeitszeit, Urlaubsansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall - ein Arbeitsverhältnis zum Gegenstand. Nach abgelegter Meisterprüfung wurde der Kläger sodann als Betriebsleiter eingesetzt; hiermit evtl verbundene rechtlich relevante Änderungen des schriftlichen "Anstellungsvertrags" hat das LSG aber ebenso wenig festgestellt, wie es Feststellungen zur Frage dafür einzuhaltender möglicher Formerfordernisse bei Vertragsänderungen getroffen hat.

20

Eine weitere Änderung der Stellung des Klägers erfolgte aufgrund der als Gesellschafterbeschluss (§ 48 GmbHG) auszulegenden Niederschrift seines Vaters vom 30.4.1996 mit der Übertragung der "Leitung" des technischen und gewerblichen Bereichs der GmbH an ihn. Dieser Beschluss enthielt gleichzeitig eine Befreiung des Klägers vom Selbstkontrahierungsverbot und einen Verzicht seines Vater - des Allein-Gesellschafter-Geschäftsführers der Beigeladenen zu 1. - auf ein Weisungsrecht gegenüber dem Kläger. Zudem wurde dem Kläger eine Gewinntantieme zugesagt und das Recht eingeräumt, über seine eigene Arbeits- und Urlaubszeit "nach Lage der Gesellschaft" frei zu bestimmen. Den insoweit nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG ist zu entnehmen, dass dies auch der betrieblichen Praxis entsprach. So führte der Kläger fortan die Kundengespräche, holte Angebote ein und stellte Kalkulationen auf, ohne im Einzelnen Rücksprache mit seinem Vater zu nehmen. Der Kläger war Ansprechpartner für Kunden und für Mitarbeiter. Zumindest einen Mitarbeiter stellte er ein, wenn auch der Arbeitsvertrag auf Seiten der Beigeladenen zu 1. vom Vater des Klägers unterschrieben wurde. Der Vater hatte sich - obwohl täglich im Betrieb anwesend - nach den Feststellungen des LSG "nicht mehr eingemischt" und nahm auch auf die Einstellung von Personal keinen Einfluss mehr.

21

Offenbleiben kann vorliegend, ob die in der Niederschrift des Gesellschafterbeschlusses vom 30.4.1996 erwähnten Vollmachten für den Kläger zu diesem Zeitpunkt oder später tatsächlich erteilt wurden und ob die Beigeladene zu 2. insoweit eine zulässige Sachrüge erhoben hat. Denn auch für den Fall, dass dem Kläger die zur Leitung des technischen und gewerblichen Teils der Beigeladenen zu 1. erforderlichen Vollmachten erteilt wurden, tragen die vom LSG festgestellten Umstände nicht dessen rechtlichen Schluss, dass sich mit der Niederschrift vom 30.4.1996 der Charakter der vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. dahingehend wandelte, dass der Kläger nunmehr selbstständig tätig sein sollte.

22

c) Der Kläger erbrachte seine Dienste für die Beigeladene zu 1. auch in der Zeit vom 30.4.1996 bis 30.11.1999 im Rahmen einer (abhängigen) Beschäftigung.

23

Eine Selbstständigkeit des Klägers in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. - etwa in Form eines freien Dienstverhältnisses - ergibt sich nicht daraus, dass der Vater des Klägers in seiner Funktion als Alleingesellschafter der Beigeladenen zu 1. durch Gesellschafterbeschluss vom 30.4.1996 auf "das Weisungsrecht" gegenüber dem Kläger verzichtete und diesem das Recht einräumte, seine Arbeits- und Urlaubszeit "nach Lage der Gesellschaft" frei zu bestimmen. Zwar unterlag der Kläger dadurch nicht mehr umfassend einem Weisungsrecht seines Arbeitgebers - handelnd durch den weiterhin allein als Geschäftsführer und Gesellschafter der GmbH im Handelsregister eingetragenen Vater - hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung seiner Tätigkeit. Jedoch werden gerade höhere Dienste dennoch im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie - wie hier - fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (stRspr seit BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr 30 zu § 165 RVO und BSGE 21, 57, 58 f = SozR Nr 2 zu § 2 AVG; in jüngerer Zeit zB BSG SozR 3-2940 § 3 Nr 2 S 9 mwN; BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 und SozR 3-2400 § 7 Nr 20 S 80; vgl - zum Fehlen einer Eingliederung einer hauswirtschaftlichen Familienbetreuerin - BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125, Juris RdNr 22; vgl zum Begriff des "Betriebes" BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 33 ff). Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Sonderregelungen zur Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der RV und Arbeitslosenversicherung (§ 1 S 4 SGB VI sowie § 27 Abs 1 Nr 5 SGB III), die regelmäßig abhängig beschäftigt sind, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (stRspr BSGE 65, 113, 116 f = SozR 2200 § 1248 Nr 48 S 125; SozR 3-2400 § 7 Nr 18 S 66 f; BSGE 100, 62 = SozR 4-2600 § 1 Nr 3, RdNr 16; BSGE 107, 185 = SozR 4-2600 § 1 Nr 6, RdNr 14). Allein weit reichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nämlich nicht schon zu einem Selbstständigen, selbst wenn andere Betriebsangehörige den Betroffenen bisweilen als "Chef" betrachten mögen (wie das LSG im vorliegenden Fall anhand der Aussage des Zeugen R. festgestellt hat).

24

Eine solche noch dem Typus der Beschäftigung zuzuordnende Eingliederung in eine vorgegebene Ordnung des Betriebes bestand bei dem Kläger auch nach dem 30.4.1996. Durch den Gesellschafterbeschluss erlangte er die Stellung eines Angestellten, der nach den Feststellungen des LSG auch in der betrieblichen Praxis den technischen und gewerblichen Teil der Beigeladenen zu 1. mit "entsprechenden Vollmachten" eigenverantwortlich zu leiten hatte. Dennoch blieb der Kläger weiterhin in die durch die Beigeladene zu 1. bzw ihren gesellschaftsrechtlich maßgebenden Geschäftsführer (= Vater des Klägers) vorgegebene Organisation eingebunden, da seine Leitungsmacht nur auf einen bestimmten Unternehmensteil beschränkt war, während die Leitung des kaufmännischen Teils der Beigeladenen zu 1. ausschließlich seiner Schwester oblag. Die Vollmacht, diese Entscheidung zur konkreten Ausgestaltung der betrieblichen Organisation auf der Leitungsebene zu ändern, besaß der Kläger nicht. Selbst innerhalb des ihm zugewiesenen Zuständigkeitsbereichs war seine Vertretungsbefugnis rechtlich zwingend auf den Umfang einer rechtsgeschäftlichen Handlungsvollmacht iS von § 54 Handelsgesetzbuch (HGB) begrenzt, die sich zwar auf sämtliche Geschäfte erstreckt, die in einem Geschäftsbetrieb üblich sind, die jedoch nicht auf eine unmittelbare Vertretung der Gesellschaft, sondern lediglich auf ein (rechtlich nachgeordnetes) Handeln in Vollmacht des Geschäftsführers gerichtet war(BGH Urteil vom 20.10.2008 - II ZR 107/07 - NJW 2009, 293, 294 mwN). Schon von Gesetzes wegen (§ 54 Abs 2 HGB) waren jedenfalls die Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, die Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, die Aufnahme von Darlehen und die Prozessführung von der Bevollmächtigung ausgenommen. Die anderenfalls notwendige besondere Erteilung der Vollmacht auch für diese Befugnisse hat das LSG nicht festgestellt. Darüber hinaus unterlag der Kläger selbst in dem ihm danach zugewiesenen eingeschränkten Vollmachtsrahmen zwingend der Kontrolle des GmbH-Geschäftsführers (vgl zu dessen Stellung allgemein zB Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 19. Aufl 2010, § 35 RdNr 76 mwN). Soweit der Vater des Klägers in seiner Funktion als Alleingeschäftsführer der Beigeladenen zu 1. diese Kontrolle tatsächlich nicht oder nur sehr eingeschränkt ausübte, etwa weil - wie das LSG herausstellt - er sich darauf verließ, dass der Kläger die einzelnen Aufträge ordnungsgemäß einholte und durchführte, ist dies für die hier vorzunehmende Abgrenzung ebenso unbeachtlich, wie ein auch die zur Ausübung dieser Kontrolle notwendigen Weisungen umfassender Verzicht auf das Weisungsrecht, denn insoweit wären die Grenzen des rechtlich Zulässigen überschritten (hierzu bereits oben a). Im Übrigen deutet sogar die Feststellung des LSG, der Zeuge R. sei "von dem Kläger eingestellt worden", den Arbeitsvertrag habe jedoch der Vater unterschrieben, darauf hin, dass die dem Kläger erteilten Vollmachten auch in der betrieblichen Praxis nicht umfassend, sondern begrenzt waren.

25

Der Kläger hatte auch weder rechtlich noch tatsächlich die Möglichkeit, wie ein beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer ihm nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden (vgl hierzu allgemein zB BSGE 66, 69 = SozR 4100 § 104 Nr 19; SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 13 f; aus jüngerer Zeit BSG <12. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 28 und<11a. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 8 RdNr 15, jeweils mwN). Hierzu fehlte es bereits an einer Beteiligung des Klägers am Stammkapital der Beigeladenen zu 1. Gleichzeitig blieb seine Position innerhalb des Unternehmens ohnehin deutlich hinter der organschaftlich begründeten Stellung eines Geschäftsführers - als solcher wurde er trotz der vorgenommenen Änderungen (weiterhin) nicht bestellt, sondern erst nach dem Tod des Vaters Ende August 2001 - zurück. Bereits aufgrund einer solchen Unterordnung unter den Geschäftsführer ist regelmäßig von einer Beschäftigung auszugehen (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17 S 57; BSG Urteil vom 23.6.1994 - 12 RK 72/92 - USK 9448 S 253).

26

Eine Vergleichbarkeit des Klägers mit einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt tatsächlicher wirtschaftlicher Einflussmöglichkeiten. Zwar sind nach der Rechtsprechung des BSG auch solche Einflussmöglichkeiten zu beachten, soweit sie einem Geschäftsführer selbst gegenüber der Gesellschaft zur Verfügung stehen (zu einem - im Ergebnis nicht ausreichenden - der Gesellschaft gewährten Darlehen: BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 17 f), doch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die am 5.2.1994 für die Beigeladene zu 1. übernommene Bürgschaft des Klägers über 100 000 DM ihm eine solche Einflussnahme ermöglichte. Aus diesem Grunde war der durch den Gesellschafterbeschluss vom 30.4.1996 erfolgte, in seinem Umfang ohnehin begrenzte Verzicht auf das Weisungsrecht nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich im Konfliktfall jederzeit widerrufbar, ohne dass der Kläger dieses hätte verhindern können.

27

Für eine fortbestehende Eingliederung in eine vorgegebene betriebliche Ordnung trotz des - wie aufgezeigt - begrenzten Verzichts auf ein Weisungsrecht spricht auch die im Gesellschafterbeschluss vom 30.4.1996 festgelegte Bindung der vom Kläger im Übrigen frei selbst zu bestimmenden Arbeits- und Urlaubszeit an die "Lage der Gesellschaft" (in diesem Sinne zur Bindung der Urlaubsplanung an die Bedürfnisse der Geschäftsführung BSG SozR 3-2200 § 723 Nr 4 S 17). Dass der Kläger im Rahmen der ihm erteilten begrenzten Vollmachten vom Selbstkontrahierungsverbot befreit war, spricht - wie das BSG bezogen auf Geschäftsführer einer kleineren GmbH bereits entschieden hat (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 1, RdNr 11 und Nr 8 RdNr 17)- nicht zwingend für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit.

28

Ebenso hat das BSG bereits entschieden, dass die Gewährung einer Tantieme als solche nicht genügt, um eine Beschäftigung auszuschließen (vgl BSG Urteil vom 10.5.2007 - B 7a AL 8/06 R - USK 2007-53). Bedeutung für die Abgrenzung von Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit kommt Tantiemen nur als (ein) Anknüpfungspunkt für ein mögliches wirtschaftliches Eigeninteresse des für ein Unternehmen Tätigen zu, das im Rahmen der Gesamtwürdigung Gewicht gewinnen kann, jedoch nicht allein entscheidend ist (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 18 mwN). Vor dem Hintergrund, dass die Gewährung einer Tantieme an Arbeitnehmer nicht ungewöhnlich ist (vgl zB BSG SozR 2100 § 17 Nr 3; BSG Urteil vom 28.4.1982 - 12 RK 12/80 - Die Beiträge 1982, 382 = USK 8244), ist deren Gewicht für die hier im Vordergrund stehende Abgrenzung der Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis gegenüber einem selbstständigen Dienstverhältnis eher gering. Wie die Gewichtung beispielsweise bei einer Tätigkeit in einem Einzelunternehmen zu beurteilen ist, wenn die Tätigkeit im fremden oder im (auch) eigenen Betrieb in Frage steht, braucht hier nicht entschieden zu werden. Eine Tätigkeit im (auch) eigenen Betrieb scheidet hier bereits aufgrund der Rechtsform der Beigeladenen zu 1., einer GmbH, an deren Stammkapital der Kläger nicht beteiligt war, aus (vgl oben unter b). Daher ist es auch unschädlich, dass das LSG die konkrete Höhe der Tantieme und Anlass, zu sicherndes Risiko sowie Fortbestand der Bürgschaft während des streitigen Zeitraums nicht festgestellt hat und somit das Ausmaß des wirtschaftlichen Eigeninteresses des Klägers am Erfolg der Beigeladenen zu 1. nicht einmal genau feststeht.

29

Soweit das LSG im Hinblick auf die Bürgschaft über ein wirtschaftliches Eigeninteresse hinaus auch ein "typisches Unternehmerrisiko" des Klägers angenommen und als Indiz für eine Selbstständigkeit gewertet hat, erfasst es die Bedeutung dieses Merkmals im vorliegenden Kontext nicht zutreffend. So kann eine Bürgschaft wie die des Klägers für die Beigeladene zu 1., bei der er die hier streitige Tätigkeit ausübt, in erster Linie für die Abgrenzung einer Beschäftigung gegenüber einer durch "Mitunternehmerschaft" begründeten Tätigkeit im (auch) eigenen Betrieb von Bedeutung sein. Für die vorliegend vorzunehmende Zuordnung einer Tätigkeit in einem - wie oben dargelegt zweifellos - fremden Betrieb ist ihre Bedeutung jedoch gering. Denn diese Bürgschaft begründete kein mit der Tätigkeit - sei es als Beschäftigter oder selbstständiger Dienstverpflichteter - des Klägers bei der Beigeladenen zu 1. verbundenes Risiko. Es handelt sich nämlich nicht um einen mit den geschuldeten Diensten verbundenen Aufwand, weil die Bürgschaft für die Erfüllung der diesbezüglichen Pflichten nicht erforderlich war. Die Gründe für ihre Bestellung sind vielmehr außerhalb der Beschäftigung bzw des Dienstverhältnisses zu suchen (vgl hierzu allgemein Segebrecht in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 7 RdNr 153). Bezogen auf seine Tätigkeit hatte der Kläger gerade kein Unternehmerrisiko zu tragen; denn als Gegenleistung für seine Tätigkeit stand ihm nach den Feststellungen des LSG auch nach dem 30.4.1996 unabhängig vom wirtschaftlichen Ergebnis der Beigeladenen zu 1. ein Anspruch auf "die Zahlung eines regelmäßigen Entgeltes" zu, wie dies für Beschäftigte typisch ist. Bezogen auf die geschuldeten Dienste hatte der Kläger - wie jeder andere Beschäftigte auch - allein das Risiko des Entgeltausfalls in der Insolvenz des Arbeitgebers zu tragen.

30

d) Die Annahme von Selbstständigkeit des Klägers in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. kann schließlich auch nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung des BSG zur Versicherungspflicht von in Familiengesellschaften verrichteten Tätigkeiten gestützt werden.

31

Das BSG hat in der Vergangenheit in seiner Rechtsprechung - überwiegend zu Leistungsansprüchen des Arbeitsförderungs- und Unfallversicherungsrechts - auch für den Fall, dass der Geschäftsführer einer Gesellschaft nicht zumindest über eine Sperrminorität verfügte, eine selbstständige Tätigkeit des Betroffenen für möglich erachtet, wenn dessen Tätigwerden innerhalb einer Gesellschaft durch eine besondere Rücksichtnahme aufgrund familiärer Bindungen geprägt war (BSG Urteil vom 29.10.1986 - 7 RAr 43/85 - USK 86145; BSG Urteil vom 8.12.1987 - 7 RAr 25/86 - USK 87170; BSG Urteil vom 14.12.1999 - B 2 U 48/98 R - USK 9975; BSG SozR 2100 § 7 Nr 7 S 6; BSG Urteil vom 28.1.1992 - 11 RAr 133/90 - USK 9201; BSG Urteil vom 11.2.1993 - 7 RAr 48/92 - USK 9347; im konkreten Fall abgelehnt: BSG Urteil vom 10.5.2007 - B 7a AL 8/06 R - USK 2007-53; umgekehrt allerdings : BSG SozR 3-4100 § 104 Nr 8 S 37). Ohne Geschäftsführerstellung hat der 12. Senat eine - nach den allgemeinen Grundsätzen eigentlich ausgeschlossene - selbstständige Tätigkeit für den Fall als gegeben erachtet, dass der in einer GmbH Tätige neben seinem Ehegatten alleiniger oder gleichberechtigter Gesellschafter der GmbH ist (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17). Dabei hat der Senat jedoch nicht auf eine familiäre Verbundenheit, sondern maßgebend auf die mit der Gesellschafterstellung verbundene Rechtsmacht abgestellt (BSG, aaO, S 58, 60). Weitergehend hatte allerdings der 3. Senat bereits 1971 die Selbstständigkeit eines nicht zum (ggf weiteren) Geschäftsführer bestellten Minderheitsgesellschafters angenommen, weil dieser in der betrieblichen Praxis der mit ihm verheirateten Geschäftsführerin und Mehrheitsgesellschafterin vollständig gleichgestellt gewesen sei sowie sich faktisch als zweiter Geschäftsführer betätigt und neben der hauptamtlichen Geschäftsführerin die GmbH nach außen vertreten habe (BSG SozR Nr 68 zu § 165 RVO; vgl auch BSG Urteil vom 23.6.1994 - 12 RK 72/92 - USK 9448). Noch darüber hinausgehend hat der 11. Senat des BSG eine selbstständige Tätigkeit sogar im Fall des - nicht an der GmbH beteiligten und nicht zum Geschäftsführer bestellten - Sohnes eines Allein-Gesellschafter-Geschäftsführers für möglich gehalten (BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1; in Abgrenzung zur familienhaften Mithilfe vgl aber BSG SozR Nr 22 zu § 165 RVO). Dabei ist der 11. Senat davon ausgegangen, dass für einen Fremdgeschäftsführer einer Familiengesellschaft, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist, eine Ausnahme von der Beschäftigtenstellung in Betracht komme, wenn er faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen konnte und geführt hat, ohne dass ihn der oder die Gesellschafter daran hinderten (BSG Urteil vom 8.12.1987 - 7 RAr 25/86 - USK 87170). Diese Ausnahme solle - so der 11. Senat - auch gelten, wenn der Alleingesellschafter zugleich Alleingeschäftsführer ist und die Tätigkeit der faktischen Leitung des Betriebes formal auf der Ebene unter dem Geschäftsführer ausgeübt werde. Indessen lasse eine bloß "probeweise" Leitung des Betriebs durch den als Unternehmensnachfolger uU vorgesehenen Sohn eine (abhängige) Beschäftigung nicht entfallen. Wollten die Eltern, dass der Sohn den Betrieb in der bisherigen Art fortführe, und erlaube es ihre Mitarbeit im Betrieb verbunden mit ihrer Rechtsstellung als Gesellschafter und Geschäftsführer, diesen Willen durchzusetzen, so habe für den Sohn die fremdbestimmte betriebliche Ordnung im Sinne einer Beschäftigung fortbestanden, auch wenn er sich innerhalb des durch die bisherige Betriebsführung vorgegebenen Rahmens frei bewegen durfte (BSGE 66, 168, 170 ff = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 S 4 f; zu einer solchen Konstellation vgl auch LSG Baden-Württemberg Urteil vom 18.5.2010 - L 11 KR 1423/08).

32

Der Senat kann vorliegend offenlassen, ob der vom 11. Senat des BSG formulierten Rechtsauffassung (ggf modifiziert bzw auf gänzlich atypische Sonderfälle beschränkt) bezogen auf das Versicherungs- und Beitragsrecht gefolgt werden kann oder ob - wofür Einiges spricht - der aus gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben entspringenden Rechtsmacht als Teil der tatsächlichen Verhältnisse, auf die auch der 11. Senat ausdrücklich hingewiesen hat, größere Bedeutung beizumessen ist. Für Letzteres spricht, dass entscheidender Gesichtspunkt für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit anstelle einer formal vorliegenden (abhängigen) Beschäftigung auch im Zusammenhang mit Familiengesellschaften die Möglichkeit ist, unliebsame Weisungen des Arbeitgebers bzw Dienstberechtigten abzuwenden. Dies mag aufgrund familiärer Rücksichtnahme solange der Fall sein, wie das Einvernehmen der Familienmitglieder gewahrt bleibt. Im Falle eines familiären Zerwürfnisses zwischen den Beteiligten käme jedoch allein die den einzelnen Familienmitgliedern zustehende Rechtsmacht zum Tragen, sodass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen eine Weisungsunterworfenheit bestünde (kritisch aus diesem Grunde auch Segebrecht in jurisPK-SGB IV, aaO, § 7 RdNr 124). Eine solche "SchönwetterSelbstständigkeit" ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände schwerlich hinnehmbar. So hat das BSG in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass es im Interesse aller Beteiligten, der Versicherten und der Versicherungsträger, liegt, die Frage der Versicherungspflicht und der Versicherungsfreiheit schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil diese nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten des Sozialleistungsträgers und die Leistungsansprüche des Betroffenen von entscheidender Bedeutung sein kann (vgl SozR Nr 6 zu § 168 RVO; SozR 2200 § 1228 Nr 1 S 2; SozR 2200 § 205 Nr 41 S 103; zuletzt Urteil des Senats vom 27.7.2011 - B 12 R 15/09 R - SozR 4-2600 § 5 Nr 6 RdNr 16).

33

Auf die dargestellte Frage kommt es vorliegend nicht an, da die vom LSG festgestellten Tatsachen dessen Schlussfolgerung, der Kläger habe seit April 1996 die Geschäfte der Beigeladenen zu 1. "nach eigenem Gutdünken führen und frei schalten und walten" können (vgl dazu BSG <11. Senat> BSGE 66, 168, 171 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 S 4), nicht tragen. So hat das LSG seine Schlussfolgerung bereits selbst dahin eingeschränkt, dass der Kläger die Beigeladene zu 1. "mit seiner Schwester allein" geführt habe (Seite 15 des Urteils) bzw nur zusammen mit ihr habe führen können. In diesem Zusammenhang ist auch unerheblich, dass das LSG keine Feststellungen zum Umfang des Einvernehmens zwischen dem Kläger und seiner Schwester getroffen hat. Denn auch bei großzügiger Auslegung des Gesellschafterbeschlusses vom 30.4.1996 war die Leitungsmacht des Klägers ausschließlich auf "den technischen und gewerblichen Teil des Unternehmens" beschränkt. Nur die darauf bezogenen "entsprechenden Vollmachten" wurden erteilt oder sollten noch erteilt werden. Die Leitung der Beigeladenen zu 1. insgesamt war dem Kläger damit nicht übertragen worden. Auf Grundlage der Feststellungen des LSG kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger seine Schwester und den - wenn auch zunehmend nur noch der Form halber - weiterhin an der Unternehmensleitung mitwirkenden Vater derart dominiert hätte, dass nach den tatsächlichen Verhältnissen eine Gesamtleitung der Beigeladenen zu 1. allein durch den Kläger vorgelegen hätte. Vielmehr hat auch das LSG alleinige Branchenkenntnisse des Klägers nicht in allumfassender Weise, sondern nur in dem von ihm geleiteten Teilbereich der Geschäfte festgestellt. Die Leitung des kaufmännischen Teils des Unternehmens hatte der Vater des Klägers gerade mit Rücksicht auf deren durch eine Ausbildung bei einem Steuerberater erworbenen Kenntnisse der Schwester des Klägers übertragen. Zudem verfügte der Vater des Klägers über langjährige Erfahrung in der Leitung des Gesamtunternehmens, die er als Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer bereits zu einem Zeitpunkt innehatte, bevor der Kläger die Meisterprüfung ablegte und zum Betriebsleiter bestellt wurde. Zugleich spricht der Umstand, dass der Kläger und seine Schwester trotz Übertragung bereichsbezogener Leitungsfunktionen und eines Verzichts des Vaters auf "das Weisungsrecht" nicht zu Geschäftsführern berufen wurden, dafür, dass sich der Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer eine Kontrolle und Letztentscheidungsbefugnis zumindest bezüglich grundlegender unternehmerischer Entscheidungen vorbehalten wollte. Nicht zuletzt spricht auch der Umstand, dass die Beigeladene zu 1. im Erbgang an die Mutter und nicht den Kläger und seine Schwester fiel, dafür, dass ihr Vater das Unternehmen trotz seiner fortschreitenden Krankheit jedenfalls während des hier zu beurteilenden Zeitraums noch nicht vollständig an seine Kinder übergeben hatte.

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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Der Anteil der zu erstattenden Kosten entspricht dem Verhältnis der im streitigen Zeitraum für den Kläger zur gesetzlichen RV und zur Arbeitsförderung entrichteten Beiträge.

Tenor

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Feststellung eines Arbeitsunfalles.

2

Der Kläger bewarb sich im Herbst 2009 als Empfänger von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende aus eigener Initiative bei der T. GmbH (im Folgenden: T. GmbH) um eine Stelle als Briefausträger. Daraufhin wurde vereinbart, dass er vom 15. bis zum 17.10.2009 jeweils 6 Stunden täglich als Postzusteller ohne Anspruch auf ein Entgelt eingesetzt werden sollte. Außerdem wurde der Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrages für den 22.10.2009 in Aussicht gestellt.

3

Am 15. und 16.10.2009 stellte der Kläger die Post nach Einweisung ihn begleitender anderer Mitarbeiter der T. GmbH zu. Am Morgen des 17.10.2009 erhielt er zunächst ein Dienstfahrrad, Dienstkleidung und zwei am Fahrrad zu befestigende Taschen mit Post, die er ohne Begleitung eigenständig austragen sollte. Nachdem der Kläger etwa die Hälfte der zuzustellenden Post verteilt hatte, wurde er von einem Hund angesprungen. Er rutschte mit dem Fahrrad weg, stürzte und zog sich dabei einen komplizierten Schienbeinkopfbruch zu. Die Beklagte lehnte es ab, dieses Geschehen als Arbeitsunfall anzuerkennen, weil der Kläger zum Unfallzeitpunkt weder als Beschäftigter noch als sog Wie-Beschäftigter versichert gewesen sei (Bescheid vom 23.2.2010, Widerspruchsbescheid vom 10.6.2010).

4

Das SG Hamburg hat die Verwaltungsentscheidung aufgehoben und festgestellt, dass das Ereignis vom 17.9.2009 (richtig: 17.10.2009) ein Arbeitsunfall ist (Urteil vom 11.2.2011). Das LSG Hamburg hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei zum Unfallzeitpunkt Beschäftigter iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII gewesen. Spätestens am 17.10.2009 sei er mit der Anweisung, die Post in Dienstkleidung in einem bestimmten Bezirk zuzustellen, in die Arbeitsorganisation der T. GmbH eingegliedert und deren Weisungsrecht in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung unterstellt gewesen. Allein wegen des eigenwirtschaftlichen Motivs des Klägers, eine Festanstellung zu erreichen, könne nicht von der Anbahnung eines späteren potentiellen Beschäftigungsverhältnisses gesprochen werden. Der Kläger habe die Zustelltätigkeit wegen seiner Obhutspflichten für die ihm übergebenen Postsendungen und überlassene Briefträgerausstattung auch nicht jederzeit abbrechen können (Urteil vom 31.1.2012).

5

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII. Der Kläger habe zum Unfallzeitpunkt nicht dem versicherten Personenkreis der Beschäftigten angehört. Auch am 17.10.2009 habe er mit der eigenwirtschaftlichen Motivation gehandelt, eine Festanstellung zu erreichen. Bei Hospitations- und Probearbeitstagen im Rahmen eines laufenden Bewerbungsverfahrens mangele es regelmäßig an der betrieblichen Eingliederung. Eine Person, die im Wesentlichen allein eigene Angelegenheiten verfolge, sei auch nicht wie ein Beschäftigter tätig.

6

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Hamburg vom 31. Januar 2012 und des Sozialgerichts Hamburg vom 11. Februar 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die angegriffenen Entscheidungen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet.

10

Das LSG hat die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG, das auf die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und § 55 Abs 1 Nr 1 SGG) die begehrte Feststellung getroffen hatte, zu Recht zurückgewiesen. Die Ablehnung der Beklagten in ihrem Bescheid vom 23.2.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.6.2010 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinem Anspruch auf Feststellung eines Versicherungsfalles aus § 102 iVm § 8 Abs 1 SGB VII. Er hat am 17.10.2009 einen Arbeitsunfall erlitten.

11

Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; vgl zuletzt BSG vom 4.7.2013 - B 2 U 3/13 R - juris RdNr 10 mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

12

Die Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses - das Austragen der Post - hat den Sturz und damit einen Unfall und dieser hat einen Schienbeinkopfbruch und folglich einen Gesundheitserstschaden rechtlich wesentlich verursacht. Bei dieser Tätigkeit war der Kläger auch als Beschäftigter iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versichert.

13

Eine nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als Beschäftigter wird verrichtet, wenn der Verletzte zur Erfüllung eines von ihm begründeten Rechts- und damit Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen(vgl § 7 Abs 1 SGB IV ) zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse seiner Verrichtung diesem und nicht ihm selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen (vgl § 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII ). Es kommt objektiv auf die Eingliederung des Handelns des Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen des anderen bringen soll. Eine Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII wird daher ausgeübt, wenn die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zu Grunde liegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, der Verletzte eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern er nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht, oder er unternehmensbezogene Rechte aus dem Rechtsverhältnis ausübt(BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 27/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 45 RdNr 23 f und vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 27 ff).

14

Das LSG hat die vom Kläger am 17.10.2009 verrichtete Tätigkeit zutreffend dem Typus der Beschäftigung zugeordnet. § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII erfasst die Beschäftigten iS des § 7 Abs 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Eine Beschäftigung liegt daher immer dann vor, wenn ein Arbeitsverhältnis besteht. Sie kann aber auch ohne Arbeitsverhältnis gegeben sein, wenn der Verletzte sich in ein fremdes Unternehmen eingliedert und seine konkrete Handlung sich dem Weisungsrecht eines Unternehmers insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Verrichtung unterordnet (BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 31 ff). Dabei kommt es auf die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse an. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Entscheidend ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 16 mwN). Ob der Verletzte ein Entgelt erhalten hat, ist für die Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII - und grundsätzlich auch des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV - unerheblich.

15

Nach Maßgabe dieser Grundsätze sind die Vorinstanzen zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger im Unfallzeitpunkt eine versicherte Beschäftigung verrichtet hat. Mit dem Austragen der Post erfüllte er eine sich aus einem zuvor begründeten Rechts- und damit Beschäftigungsverhältnis ergebende Hauptpflicht.

16

Zwischen der T. GmbH und dem Kläger war zwar noch kein Arbeitsvertrag zustande gekommen. Dessen Abschluss war lediglich für den 22.10.2009 in Aussicht gestellt worden. Nach den nicht mit zulässig erhobenen sowie begründeten Verfahrensrügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG war der Kläger gleichwohl am 17.10.2009 abredegemäß in einem fremden Betrieb der T. GmbH tätig und dabei in deren Arbeitsorganisation eingebunden. Für diesen Tag war ihm die Dienstkleidung und ein Dienstfahrrad übergeben worden, weil er in einem vorgegebenen Bezirk die Post allein und eigenständig austragen sollte. Mit der Verwendung der Arbeitsmittel war nach außen die Unternehmenszugehörigkeit dokumentiert. Zudem sollte der damit in den Betriebsablauf eingegliederte Kläger die ihm überlassene Post zwischen 8 Uhr und voraussichtlich 14 Uhr in einem ihm zugewiesenen Gebiet verteilen. Dadurch kommt unzweifelhaft seine zum Weisungsrecht der T. GmbH korrespondierende Weisungsgebundenheit in Bezug auf Zeit, Dauer und Ort der Verrichtung zum Ausdruck, der sich der Kläger vereinbarungsgemäß auch unterworfen hat.

17

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die unfallbringende Verrichtung nicht deshalb dem unversicherten eigenwirtschaftlichen Bereich zuzuordnen, weil sie im Zusammenhang mit einer Arbeitssuche oder Verhandlungen über den Abschluss eines Arbeitsvertrages gestanden hat (vgl hierzu BSG vom 30.1.1986 - 2 RU 1/85 - NZA 1986, 542). Sie diente auch nicht der Vorstellung bei der T. GmbH als potentielle Arbeitgeberin (vgl hierzu BSG vom 20.1.1987 - 2 RU 15/86 - SozR 2200 § 539 Nr 119). Eine solche Zweckbindung ist vom LSG weder festgestellt worden noch ersichtlich. Sie mag evtl - was vorliegend nicht zu entscheiden ist - für die am 15. und 16.10.2009 verrichteten Tätigkeiten anzunehmen sein, weil der Kläger an diesen beiden Tagen die Post nach Einweisung ihn begleitender anderer Mitarbeiter der T. GmbH zustellte. Diese Einweisung und die mit ihr gegebenenfalls verbundene Feststellung der Fähigkeiten und Eignung des Klägers waren jedoch abgeschlossen, nachdem ihm von der T. GmbH aufgetragen worden war, die Post in Dienstkleidung allein und eigenständig auszutragen. Daher kann jedenfalls hinsichtlich der am 17.10.2009 verrichteten Tätigkeiten nicht mehr von einer bloßen Anbahnung ausgegangen werden, die allein darauf abgezielt hätte, die persönliche und fachliche Eignung festzustellen. Auch einer Hospitation oder Probearbeit ist der Kläger jedenfalls am Unfalltag nicht nachgegangen.

18

Dass am 17.10.2009 ein wirksamer Arbeitsvertrag noch nicht zustande gekommen, sein Abschluss vielmehr für den 22.10.2009 vorgesehen war und die unfallbringende Verrichtung möglicherweise auch der Begründung des in Aussicht gestellten Arbeitsvertrages gedient hat, führt zu keiner anderen Beurteilung. An einer die Beschäftigung charakterisierenden fremdwirtschaftlichen Zweckbestimmung eines Verhaltens fehlt es erst dann, wenn mit ihm im Wesentlichen allein eigene Angelegenheiten verfolgt werden (BSG vom 5.7.2005 - B 2 U 22/04 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 6 = NZS 2006, 375). Das abredegemäß erfolgte Austragen der Post diente indes auch der Erfüllung der mit der Übertragung der Postzustellaufgaben einhergehenden Pflichten.

19

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

(1) Soweit die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung eine Beschäftigung voraussetzen, gelten sie auch für Personen, die im Rahmen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereichs entsandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist.

(2) Für Personen, die eine selbständige Tätigkeit ausüben, gilt Absatz 1 entsprechend.

(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn

1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und
2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.

(1) Soweit die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung eine Beschäftigung voraussetzen, gelten sie auch für Personen, die im Rahmen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereichs entsandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist.

(2) Für Personen, die eine selbständige Tätigkeit ausüben, gilt Absatz 1 entsprechend.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin und dem Beigeladenen die außergerichtlichen Kosten auch des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der bei einem Handballtraining erlittene Unfall der Klägerin ein Arbeitsunfall ist.

2

Die 1981 geborene Klägerin übte eine Vollzeitbeschäftigung aus, neben der sie als Handballspielerin der ersten Damenmannschaft des Sportvereins A. (SVA) in der 2. Bundesliga spielte. Sie war Vereinsmitglied des SVA, zahlte den Mitgliedsbeitrag und nahm am Trainings- und Spielbetrieb teil. Die Klägerin schloss mit dem SVA jeweils jährlich neu einen Vertrag für eine Spielsaison, der der Handball-Bundesliga-Vereinigung Frauen eV angezeigt wurde. Die Klägerin verpflichtete sich darin ua, in der 2. Handball-Bundesliga unentgeltlich für den SVA Handball zu spielen, wobei ihr ein jährlicher Urlaub gemäß den gesetzlichen Bestimmungen eingeräumt wurde, den sie im Einvernehmen mit dem für den Spielbetrieb Verantwortlichen nehmen konnte.

3

Der beigeladene Handball-Sportmanagement-A. (HSA) betrieb das Management der ersten Damenhandballmannschaft des SVA. Die Klägerin war nicht Mitglied des HSA. Sie schloss mit dem HSA ebenfalls einen Vertrag, der sich jeweils um ein Jahr verlängerte. In diesem Vertrag verpflichtete sich die Klägerin ua, ihre sportliche Leistungsfähigkeit für den HSA einzusetzen, alles zu tun, die Leistungsfähigkeit zu erhalten und zu steigern und am Training und allen Vereinsspielen und Lehrgängen des SVA teilzunehmen. Weiterhin verpflichtete sich die Klägerin gegenüber dem beigeladenen HSA, im Falle einer durch den Handballsport eingetretenen Erkrankung oder Verletzung, sich bei einem vom Beigeladenen zu benennenden Arzt unverzüglich vorzustellen sowie sich den angeordneten sportmedizinischen und sporttherapeutischen Maßnahmen zu unterziehen und an Reisen im In- und Ausland teilzunehmen, für die der Beigeladene auch das zu benutzende Verkehrsmittel bestimmte. Schließlich hatte sie an Veranstaltungen des Beigeladenen zum Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit mitzuwirken, bei denen sie die von dem Beigeladenen gestellte Kleidung tragen musste. Anderweitige Werbung war der Klägerin untersagt. Sie übertrug dem Beigeladenen vielmehr die Verwertung ihrer im Zusammenhang mit der Ausübung des Handballsports stehenden Persönlichkeitsrechte und hatte jederzeit ihr Autogramm für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit zu leisten bzw verarbeiten zu lassen. Die aus Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit und Werbung erzielten Erlöse standen ausschließlich dem Beigeladenen zu. Der Beigeladene verpflichtete sich, der Klägerin eine Aufwandsentschädigung, insbesondere Fahrtkostenersatz, in Höhe von jährlich maximal 7950 Euro zu zahlen. Die Klägerin erhielt für Fahrtkosten vom Beigeladenen 0,30 Euro je km.

4

Das Handballtraining fand dreimal wöchentlich von 19.00 Uhr bis 21.00 Uhr statt. Im Mannschaftstraining am 29.1.2009 wurde die Klägerin vom Ellenbogen einer Mitspielerin im Gesicht getroffen, wodurch sie eine Verletzung am linken Schneidezahn mit Nervschädigung und Abriss der Wurzel erlitt. Die beklagte Berufsgenossenschaft lehnte mit Bescheid vom 25.11.2009 die Anerkennung dieses Ereignisses als Arbeitsunfall und die Erbringung von Leistungen ab und wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 27.5.2010 zurück. Das SG Reutlingen hat die dagegen gerichtete Klage mit Gerichtsbescheid vom 18.2.2013 abgewiesen, weil die Klägerin nicht als Beschäftigte oder wie eine Beschäftigte tätig geworden und damit nicht in der Unfallversicherung versichert gewesen sei. Die persönliche Abhängigkeit der Klägerin habe allein auf den mitgliedschaftlichen Verpflichtungen beruht, wie sie jedes Mitglied einer Handballmannschaft typischerweise träfen. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit der Klägerin habe nicht vorgelegen.

5

Das LSG Baden-Württemberg hat auf die Berufung der Klägerin unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Unfall der Klägerin als Arbeitsunfall festzustellen (Urteil vom 13.12.2013). Im Übrigen hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Berufung des Beigeladenen als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, die Klägerin habe den Unfall während einer versicherten Tätigkeit als Beschäftigte erlitten. Das Handballspielen der Klägerin sei von den Vertragsbeziehungen zum SVA und zum Beigeladenen geprägt gewesen. Die Sparte "Handball" im SVA sei organisatorisch gesondert gegliedert gewesen und habe dem Beigeladenen oblegen, der auch vom SVA auf ihn übertragene merkantile Interessen verfolgt habe. Unfallversicherungsschutz als Beschäftigte setze nicht die Zahlung eines Entgeltes voraus. Auch die Vereinsmitgliedschaft im SVA stehe der Annahme einer Beschäftigung nicht entgegen, weil die Klägerin als Leistungssportlerin in einem Maße in den SVA eingebunden gewesen sei, das deutlich über das von normalen Vereinsmitgliedern geschuldete Verhalten hinausgegangen sei.

6

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 2 Abs 1 Nr 1, § 8 Abs 1 SGB VII und § 7 Abs 1 SGB IV. Die Klägerin sei während des Handballtrainings weder als Beschäftigte noch wie eine Beschäftigte versichert gewesen. Sie habe als Vereinsmitglied des SVA im Rahmen ihres mitgliedschaftlichen Engagements trainiert. Die rechtlichen Beziehungen zu dem beigeladenen HSA stellten keinen Arbeitsvertrag, sondern eine besondere vertraglich-persönliche Bindung einer Hochleistungssportlerin dar, die bis in das Privatleben hinein reiche und sich auf eine lediglich sportliche, dem Arbeitsleben nicht zurechenbare Tätigkeit beziehe. Darüber hinaus bedürfe es im Bereich des Sports für die Annahme einer Beschäftigung generell einer Entgeltzahlung, die hier weder vereinbart noch erfolgt sei.

7

Die Beklagte beantragt,

        

das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 13.12.2013 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG Reutlingen vom 18.2.2013 insgesamt zurückzuweisen.

8

Die Klägerin und der Beigeladene beantragen,

        

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie halten das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Das LSG hat im Ergebnis zu Recht die Beklagte verpflichtet, den am 29.1.2009 beim Handballtraining erlittenen Unfall der Klägerin als Arbeitsunfall festzustellen, denn die Klägerin hat einen Arbeitsunfall als Beschäftigte des Beigeladenen erlitten.

11

Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 16/11 R - BSGE 111, 52 = SozR 4 - 2700 § 2 Nr 21, RdNr 10 mwN, vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4 - 2700 § 8 Nr 44 RdNr 26 f, vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4 - 2700 § 8 Nr 46, RdNr 20, vom 18.6.2013 - B 2 U 10/12 R - SozR 4 - 2700 § 8 Nr 47 RdNr 12, vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4 - 2700 § 2 Nr 27 RdNr 11, vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R - SozR 4 - 2700 § 8 Nr 52 RdNr 11 und vom 4.12.2014 - B 2 U 10/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2700 § 2 Nr 32 vorgesehen, Juris RdNr 11; vgl zuletzt ua BSG vom 4.12.2014 - B 2 U 13/13 R - zur Veröffentlichung in SozR 4 - 2700 § 2 Nr 31 vorgesehen, Juris RdNr 11). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

12

Die Verrichtung unmittelbar vor dem Unfallereignis - die Teilnahme am Training der Handballmannschaft - hat den Stoß mit dem Ellenbogen einer Mitspielerin in das Gesicht der Klägerin und damit einen Unfall und dieser hat eine Verletzung des linken Schneidezahns mit Zahnnervschädigung und Wurzelabriss und damit einen Gesundheitserstschaden rechtlich wesentlich verursacht. Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar und (subjektiv) - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist (sog Handlungstendenz - vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 21 f, vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 52 RdNr 14 und vom 4.12.2014 - B 2 U 14/13 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 30 RdNr 12). Bei ihrer Tätigkeit war die objektivierte Handlungstendenz der Klägerin auf die Erfüllung des gesetzlichen Versicherungstatbestands als Beschäftigte iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII gerichtet, denn mit der Teilnahme am Handballtraining am 29.1.2009 erfüllte die Klägerin eine dem Beigeladenen gegenüber bestehende Hauptpflicht aus einem Beschäftigungsverhältnis.

13

Bei Vornahme der Verrichtung des Handballtrainings war die Klägerin nach Überzeugung des Senats jedenfalls als Beschäftigte des Beigeladenen iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versichert(sogleich unter 1.) Ob darüber hinaus auch ein Beschäftigungsverhältnis mit dem SVA bestand, wovon offenbar das LSG ausging, kann der Senat insoweit offenlassen (hierzu unter 2.).

14

1. Eine nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als Beschäftigte liegt vor, wenn die Verletzte zur Erfüllung eines von ihr begründeten Rechtsverhältnisses, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses, eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen(vgl § 7 Abs 1 SGB IV) zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse ihrer Verrichtung diesem und nicht ihr selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen (vgl § 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII). Es kommt objektiv auf die Eingliederung des Handelns der Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen des anderen bringen soll. Eine Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII wird daher ausgeübt, wenn die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, entweder eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zu Grunde liegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, oder die Verletzte eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern sie nach den besonderen Umständen ihrer Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, sie treffe eine solche Pflicht, oder sie unternehmensbezogene Rechte aus dem Rechtsverhältnis ausübt(vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 27 ff, vom 13.11.2012 - B 2 U 27/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 45 RdNr 23 f und vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 27 RdNr 13).

15

Das LSG hat die von der Klägerin am 29.1.2009 verrichtete Tätigkeit, nämlich die Teilnahme am Handballtraining ihrer Mannschaft, zutreffend als Verrichtung angesehen, die auf die Erfüllung einer der Klägerin als Beschäftigte iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII obliegenden Pflicht gerichtet war. Diese Pflicht bestand hier gegenüber dem beigeladenen HSA.

16

§ 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII erfasst die Beschäftigten iS des § 7 Abs 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Eine Beschäftigung liegt daher immer dann vor, wenn ein Arbeitsverhältnis besteht. Sie kann aber auch ohne Arbeitsverhältnis gegeben sein, wenn die Verletzte sich in ein fremdes Unternehmen eingliedert und ihre konkrete Handlung sich dem Weisungsrecht eines Unternehmers insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Verrichtung unterordnet (vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 31 ff). Dabei kommt es auf die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse an. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine formlose Abbedingung rechtlich möglich ist. Entscheidend ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl BSG vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 16 mwN und vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 27 RdNr 14).

17

Die Einordnung der Rechtsbeziehung der Klägerin gegenüber dem Beigeladenen als Beschäftigung ergibt sich zunächst aus dem Vertrag vom 12.3.2006, den die Klägerin mit dem HSA geschlossen hat. Den Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) lässt sich auch noch hinreichend entnehmen, dass die tatsächlich gelebten Verhältnisse diesem Vertragsinhalt entsprachen. Die Klägerin war danach weder Vereinsmitglied des Beigeladenen noch existierten sonstige Rechtsbeziehungen, die das Handeln der Klägerin als bloße Erfüllung rein mitgliedschaftlicher Pflichten erscheinen ließen (vgl hierzu die Urteile des erkennenden Senats vom 31.1.1961 - 2 RU 173/58 - BSGE 14, 1, 3 f = SozR Nr 1 zu § 798 RVO A a 2, vom 20.12.1961 - 3 RK 65/57 - BSGE 16, 98, 101 f = SozR Nr 29 zu § 165 RVO A a 31, vom 17.10.1990 - 2 RU 3/90 - HVBG-INFO 1991, 423, 427, vom 27.1.1994 - 2 RU 17/93 - SozR 3-2200 § 539 Nr 27 S 101, vom 24.2.2000 - B 2 U 4/99 R - HVBG-INFO 2000, 1253, 1255, vom 13.8.2002 - B 2 U 29/01 R - HVBG-INFO 2002, 2511, 2516 f, vom 18.3.2003 - B 2 U 25/02 R - HVBG-INFO 2003, 1412, 1419, vom 30.6.2009 - B 2 U 22/08 R - UV-Recht Aktuell 2009, 1040, 1046 und vom 27.10.2009 - B 2 U 26/08 R - UV-Recht Aktuell 2010, 185, 189). Dies könnte sich ggf anders darstellen, wenn die Klägerin ausschließlich Mitglied des Handballvereins SVA gewesen wäre (vgl hierzu unter 2.).

18

Jedenfalls sind keine Anhaltspunkte für eine von dem schriftlichen Vertragsinhalt abweichende Handhabung und damit für mögliche abweichende Regelungen oder für die Unwirksamkeit einzelner oder sämtlicher Vertragsbestimmungen aus dem Verhältnis zum Beigeladenen ersichtlich. Es ist dabei - anders als in dem angefochtenen Urteil des LSG - auch keine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der der Klägerin gegenüber dem SVA ggf obliegenden vertraglichen und mitgliedschaftlichen Pflichten vorzunehmen, weil der Beigeladene in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins arbeitet und als juristische Person selbstständig rechtsfähig ist (§ 21 BGB).

19

Die Klägerin war nach den vom LSG mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen für den Senat bindend festgestellten (§ 163 SGG) Bestimmungen des Vertrags vom 12.3.2006 in den Betrieb des Beigeladenen eingegliedert und an dessen Weisungen gebunden. So hatte sie sich gegenüber dem Beigeladenen verpflichtet, ihre sportliche Leistungsfähigkeit einzusetzen, zu erhalten und zu steigern, sowie am Training und an den Spielen ihrer Handballmannschaft teilzunehmen, sowie auch anwesend zu sein, wenn ihr Einsatz nicht in Betracht kam. Darüber hinaus hatte sie an Lehrgängen und an Reisen im In- und Ausland teilzunehmen. Diese Unterordnung unter die Erfordernisse des Spielbetriebs wurde ergänzt durch eine Eingliederung in die Öffentlichkeitsarbeit des Beigeladenen. Die Klägerin war zur Mitwirkung bei Veranstaltungen zur Öffentlichkeitsarbeit verpflichtet, bei denen sie von dem Beigeladenen gestellte Kleidung zu tragen hatte. Anderweitige Werbung war ihr untersagt. Sie übertrug dem Beigeladenen die Verwertung ihrer im Zusammenhang mit der Ausübung des Handballsports stehenden Persönlichkeitsrechte und hatte jederzeit ihr Autogramm für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit zu leisten bzw verarbeiten zu lassen. Dass es sich hierbei um eine Eingliederung gerade in das Unternehmen des Beigeladenen handelte, folgt auch daraus, dass Einnahmen aus der Öffentlichkeitsarbeit und Werbung allein dem Beigeladenen zustanden. Ferner hatte die Klägerin ihren Urlaub grundsätzlich vor der Vorbereitungsphase auf die neue Saison zu nehmen.

20

Bei den einzelnen Tätigkeiten, die eine Eingliederung in den Betrieb des Beigeladenen beinhalten, war die Klägerin auch an die Weisungen des Beigeladenen gebunden. Beim Spielbetrieb hatte sie sich den Weisungen aller vom Beigeladenen dazu eingesetzten Personen, insbesondere des Trainers, unterzuordnen. Selbst wenn - wie die Beklagte meint - dies nur ein Trainer des SVA sein konnte, steht dies der Bindung der Klägerin an Weisungen als Beschäftigte des Beigeladenen nicht entgegen, weil das Weisungsrecht auch auf Dritte delegiert werden kann. Bei Reisen bestimmte der Beigeladene das zu benutzende Verkehrsmittel. Weisungen des Beigeladenen unterlag die Klägerin auch im Falle einer durch die Ausübung des Handballsports eingetretenen Erkrankung oder Verletzung, weil sie verpflichtet war, sich bei einem vom Beigeladenen zu benennenden Arzt unverzüglich vorzustellen sowie sich angeordneten sportmedizinischen und sporttherapeutischen Maßnahmen zu unterziehen. Die Weisungsgebundenheit der Klägerin wird dadurch unterstrichen, dass sie bei Verletzung von Vertragspflichten Vertragsstrafen ausgesetzt war (vgl hierzu auch BSG Urteil vom 20.12.1961 - 3 RK 65/57 - BSGE 16, 98, 101 = SozR Nr 29 zu § 165 RVO A a 31).

21

Die konkrete Ausgestaltung der Pflichten der Klägerin gegenüber dem Beigeladenen ging damit deutlich über eine allein durch eine Vereinsmitgliedschaft oder durch die Ausübung eines Mannschaftssports begründete Rechtsbeziehung hinaus. Selbst wenn die Klägerin den Handballsport auch aus dem eigenen Bedürfnis zur sportlichen Betätigung und ggf in Erfüllung einer gegenüber dem SVA bestehenden mitgliedschaftlichen Pflicht betrieb und damit auch einen eigenwirtschaftlichen Zweck verfolgte, diente das Handballspiel und Handballtraining jedenfalls wesentlich dem wirtschaftlichen Interesse des Beigeladenen. Dessen Aufgabe war das Management der ersten Damenhandballmannschaft des SVA und damit die Verpflichtung befähigter Spielerinnen und deren Förderung zur Einnahmeerzielung durch attraktive Spiele. An der die Beschäftigung charakterisierenden fremdwirtschaftlichen Zweckbestimmung eines Verhaltens fehlt es erst dann, wenn mit ihm im Wesentlichen - anders als hier - allein eigene Angelegenheiten verfolgt werden (BSG vom 5.7.2005 - B 2 U 22/04 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 6 = NZS 2006, 375).

22

Offenbleiben kann hier, inwieweit die der Klägerin gezahlten Fahrtkosten in Höhe von maximal 7950 Euro jährlich ein Entgelt für das Handballspielen darstellte. Ob Arbeitnehmern ein Entgelt für ihre Tätigkeit gezahlt wird, ist für das Vorliegen einer Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII wie auch iS des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV nicht ausschlaggebend(vgl BSG vom 26.6.1980 - 8a RU 48/79 - SozR 2200 § 539 Nr 68, vom 30.6.2009 - B 2 U 3/08 R - UV-Recht Aktuell 2009, 1008, 1014 und vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 27 RdNr 14 - Postzustellerfall). Arbeitsentgelt setzt das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses voraus, begründet ein solches aber nicht. Auch ohne eine aus der Zahlung eines Entgelts folgende wirtschaftliche Abhängigkeit kann eine Beschäftigung vorliegen.

23

Auch im Bereich der sportlichen Betätigung und bei Tätigkeiten in Vereinen ist die Beschäftigung von rein mitgliedschaftlicher bzw sportlicher Betätigung nicht danach abzugrenzen, ob ein Entgelt vereinbart ist und gezahlt wird. Sofern der erkennende Senat im Zusammenhang mit sportlichen Betätigungen innerhalb einer Vereinsmitgliedschaft ausgeführt hat, dass eine von dieser abzugrenzende Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII typischerweise bei Zahlung eines Arbeitsentgelts anzunehmen ist(vgl BSG vom 18.3.2003 - B 2 U 25/02 R - HVBG-INFO 2003, 1412, 1418 und vom 27.10.2009 - B 2 U 26/08 R - UV-Recht Aktuell 2010, 185, 190), hat er dabei auf die Entgeltzahlung lediglich als ein Indiz für das Vorliegen einer Beschäftigung abgestellt. Entgegen der Rechtsansicht der Revision existiert hingegen keine rechtliche Vermutung, dass im sportlichen Bereich das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses zwingend die Zahlung eines "nennenswerten" Entgelts voraussetzt. Die allgemeinen Kriterien für das Vorliegen einer Beschäftigung, nämlich die über die reine Ausübung eines Mannschaftssports hinausgehende Eingliederung in den Betrieb des Beigeladenen, verbunden mit einer zahlreiche Aspekte der Tätigkeit umfassenden Weisungsgebundenheit, ermöglichen hier bereits hinreichend die Einordnung als Beschäftigung, ohne dass zusätzlich auf eine Entgeltzahlung und eine rechtliche Qualifizierung des Fahrtkostenersatzes abgestellt werden muss.

24

Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat die Klägerin im Unfallzeitpunkt eine versicherte Beschäftigung verrichtet und mit ihrer Teilnahme am Handballtraining eine sich aus dem Beschäftigungsverhältnis mit dem Beigeladenen ergebende Hauptpflicht erfüllt.

25

2. Auf die Einordnung der zum eigentlichen Handballverein SVA bestehenden Rechtsbeziehungen der Klägerin kam es im vorliegenden Fall mithin nicht mehr entscheidend an. Die Revision hat hier zu Recht darauf verwiesen, dass die Klägerin Vereinsmitglied des SVA war und die bisherige Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Frage, welche Verrichtungen aufgrund einer mitgliedschaftlichen Verpflichtung als Vereinsmitglied vorgenommen werden und mithin gerade keine Beschäftigung darstellen, eher dazu tendiert, von weitgehenden mitgliedschaftlichen Handlungspflichten der Vereinsmitglieder auszugehen (vgl die Urteile vom 31.1.1961 - 2 RU 173/58 - BSGE 14, 1, 3 f = SozR Nr 1 zu § 798 RVO A a 2, vom 20.12.1961 - 3 RK 65/57 - BSGE 16, 98, 101 f = SozR Nr 29 zu § 165 RVO A a 31, vom 17.10.1990 - 2 RU 3/90 - HVBG-INFO 1991, 423, 427, vom 27.1.1994 - 2 RU 17/93 - SozR 3-2200 § 539 Nr 27 S 101, vom 24.2.2000 - B 2 U 4/99 R - HVBG-INFO 2000, 1253, 1255, vom 13.8.2002 - B 2 U 29/01 R - HVBG-INFO 2002, 2511, 2516 f, vom 18.3.2003 - B 2 U 25/02 R - HVBG-INFO 2003, 1412, 1419, vom 30.6.2009 - B 2 U 22/08 R - UV-Recht Aktuell 2009, 1040, 1046 und vom 27.10.2009 - B 2 U 26/08 R - UV-Recht Aktuell 2010, 185, 189). Letztlich kann hier offenbleiben, wie die Rechtsbeziehung zwischen der Klägerin und dem SVA einzuordnen wäre, denn ausschlaggebend ist, dass die Klägerin in einem Beschäftigungsverhältnis zum beigeladenen HSA stand, bei dem sie gerade nicht Mitglied war.

26

Der Senat konnte auch die Verurteilung der Beklagten zur Feststellung eines Arbeitsunfalls bestätigen, denn die Beklagte war für die Feststellung des Arbeitsunfalles zuständig, weil nach § 3 I Nr 9 ihrer Satzung ihr Zuständigkeitsbereich sowohl Sportvereine als auch sonstige Sportunternehmen umfasst, wozu der Beigeladene gehört.

27

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. Die Beklagte hat der Klägerin und dem Beigeladenen deren außergerichtliche Kosten zu erstatten, weil deren im Revisionsverfahren gestellte Anträge Erfolg hatten. Zwar sind gemäß § 193 Abs 4 SGG die Aufwendungen der in § 184 Abs 1 SGG genannten Gebührenpflichtigen, die nicht gemäß § 183 SGG kostenprivilegiert sind, nicht erstattungsfähig. Zu diesem Personenkreis gehört jedoch der HSA als Beigeladener nicht (vgl BSG vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 60/06 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 5 RdNr 18 und vom 1.3.2011 - B 1 KR 10/10 R - BSGE 107, 267 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 90).

Tenor

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Feststellung eines Arbeitsunfalles.

2

Der Kläger bewarb sich im Herbst 2009 als Empfänger von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende aus eigener Initiative bei der T. GmbH (im Folgenden: T. GmbH) um eine Stelle als Briefausträger. Daraufhin wurde vereinbart, dass er vom 15. bis zum 17.10.2009 jeweils 6 Stunden täglich als Postzusteller ohne Anspruch auf ein Entgelt eingesetzt werden sollte. Außerdem wurde der Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrages für den 22.10.2009 in Aussicht gestellt.

3

Am 15. und 16.10.2009 stellte der Kläger die Post nach Einweisung ihn begleitender anderer Mitarbeiter der T. GmbH zu. Am Morgen des 17.10.2009 erhielt er zunächst ein Dienstfahrrad, Dienstkleidung und zwei am Fahrrad zu befestigende Taschen mit Post, die er ohne Begleitung eigenständig austragen sollte. Nachdem der Kläger etwa die Hälfte der zuzustellenden Post verteilt hatte, wurde er von einem Hund angesprungen. Er rutschte mit dem Fahrrad weg, stürzte und zog sich dabei einen komplizierten Schienbeinkopfbruch zu. Die Beklagte lehnte es ab, dieses Geschehen als Arbeitsunfall anzuerkennen, weil der Kläger zum Unfallzeitpunkt weder als Beschäftigter noch als sog Wie-Beschäftigter versichert gewesen sei (Bescheid vom 23.2.2010, Widerspruchsbescheid vom 10.6.2010).

4

Das SG Hamburg hat die Verwaltungsentscheidung aufgehoben und festgestellt, dass das Ereignis vom 17.9.2009 (richtig: 17.10.2009) ein Arbeitsunfall ist (Urteil vom 11.2.2011). Das LSG Hamburg hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei zum Unfallzeitpunkt Beschäftigter iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII gewesen. Spätestens am 17.10.2009 sei er mit der Anweisung, die Post in Dienstkleidung in einem bestimmten Bezirk zuzustellen, in die Arbeitsorganisation der T. GmbH eingegliedert und deren Weisungsrecht in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung unterstellt gewesen. Allein wegen des eigenwirtschaftlichen Motivs des Klägers, eine Festanstellung zu erreichen, könne nicht von der Anbahnung eines späteren potentiellen Beschäftigungsverhältnisses gesprochen werden. Der Kläger habe die Zustelltätigkeit wegen seiner Obhutspflichten für die ihm übergebenen Postsendungen und überlassene Briefträgerausstattung auch nicht jederzeit abbrechen können (Urteil vom 31.1.2012).

5

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII. Der Kläger habe zum Unfallzeitpunkt nicht dem versicherten Personenkreis der Beschäftigten angehört. Auch am 17.10.2009 habe er mit der eigenwirtschaftlichen Motivation gehandelt, eine Festanstellung zu erreichen. Bei Hospitations- und Probearbeitstagen im Rahmen eines laufenden Bewerbungsverfahrens mangele es regelmäßig an der betrieblichen Eingliederung. Eine Person, die im Wesentlichen allein eigene Angelegenheiten verfolge, sei auch nicht wie ein Beschäftigter tätig.

6

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Hamburg vom 31. Januar 2012 und des Sozialgerichts Hamburg vom 11. Februar 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die angegriffenen Entscheidungen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet.

10

Das LSG hat die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG, das auf die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und § 55 Abs 1 Nr 1 SGG) die begehrte Feststellung getroffen hatte, zu Recht zurückgewiesen. Die Ablehnung der Beklagten in ihrem Bescheid vom 23.2.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.6.2010 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinem Anspruch auf Feststellung eines Versicherungsfalles aus § 102 iVm § 8 Abs 1 SGB VII. Er hat am 17.10.2009 einen Arbeitsunfall erlitten.

11

Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; vgl zuletzt BSG vom 4.7.2013 - B 2 U 3/13 R - juris RdNr 10 mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

12

Die Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses - das Austragen der Post - hat den Sturz und damit einen Unfall und dieser hat einen Schienbeinkopfbruch und folglich einen Gesundheitserstschaden rechtlich wesentlich verursacht. Bei dieser Tätigkeit war der Kläger auch als Beschäftigter iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versichert.

13

Eine nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als Beschäftigter wird verrichtet, wenn der Verletzte zur Erfüllung eines von ihm begründeten Rechts- und damit Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen(vgl § 7 Abs 1 SGB IV ) zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse seiner Verrichtung diesem und nicht ihm selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen (vgl § 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII ). Es kommt objektiv auf die Eingliederung des Handelns des Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen des anderen bringen soll. Eine Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII wird daher ausgeübt, wenn die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zu Grunde liegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, der Verletzte eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern er nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht, oder er unternehmensbezogene Rechte aus dem Rechtsverhältnis ausübt(BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 27/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 45 RdNr 23 f und vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 27 ff).

14

Das LSG hat die vom Kläger am 17.10.2009 verrichtete Tätigkeit zutreffend dem Typus der Beschäftigung zugeordnet. § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII erfasst die Beschäftigten iS des § 7 Abs 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Eine Beschäftigung liegt daher immer dann vor, wenn ein Arbeitsverhältnis besteht. Sie kann aber auch ohne Arbeitsverhältnis gegeben sein, wenn der Verletzte sich in ein fremdes Unternehmen eingliedert und seine konkrete Handlung sich dem Weisungsrecht eines Unternehmers insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Verrichtung unterordnet (BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 31 ff). Dabei kommt es auf die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse an. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Entscheidend ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 16 mwN). Ob der Verletzte ein Entgelt erhalten hat, ist für die Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII - und grundsätzlich auch des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV - unerheblich.

15

Nach Maßgabe dieser Grundsätze sind die Vorinstanzen zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger im Unfallzeitpunkt eine versicherte Beschäftigung verrichtet hat. Mit dem Austragen der Post erfüllte er eine sich aus einem zuvor begründeten Rechts- und damit Beschäftigungsverhältnis ergebende Hauptpflicht.

16

Zwischen der T. GmbH und dem Kläger war zwar noch kein Arbeitsvertrag zustande gekommen. Dessen Abschluss war lediglich für den 22.10.2009 in Aussicht gestellt worden. Nach den nicht mit zulässig erhobenen sowie begründeten Verfahrensrügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG war der Kläger gleichwohl am 17.10.2009 abredegemäß in einem fremden Betrieb der T. GmbH tätig und dabei in deren Arbeitsorganisation eingebunden. Für diesen Tag war ihm die Dienstkleidung und ein Dienstfahrrad übergeben worden, weil er in einem vorgegebenen Bezirk die Post allein und eigenständig austragen sollte. Mit der Verwendung der Arbeitsmittel war nach außen die Unternehmenszugehörigkeit dokumentiert. Zudem sollte der damit in den Betriebsablauf eingegliederte Kläger die ihm überlassene Post zwischen 8 Uhr und voraussichtlich 14 Uhr in einem ihm zugewiesenen Gebiet verteilen. Dadurch kommt unzweifelhaft seine zum Weisungsrecht der T. GmbH korrespondierende Weisungsgebundenheit in Bezug auf Zeit, Dauer und Ort der Verrichtung zum Ausdruck, der sich der Kläger vereinbarungsgemäß auch unterworfen hat.

17

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die unfallbringende Verrichtung nicht deshalb dem unversicherten eigenwirtschaftlichen Bereich zuzuordnen, weil sie im Zusammenhang mit einer Arbeitssuche oder Verhandlungen über den Abschluss eines Arbeitsvertrages gestanden hat (vgl hierzu BSG vom 30.1.1986 - 2 RU 1/85 - NZA 1986, 542). Sie diente auch nicht der Vorstellung bei der T. GmbH als potentielle Arbeitgeberin (vgl hierzu BSG vom 20.1.1987 - 2 RU 15/86 - SozR 2200 § 539 Nr 119). Eine solche Zweckbindung ist vom LSG weder festgestellt worden noch ersichtlich. Sie mag evtl - was vorliegend nicht zu entscheiden ist - für die am 15. und 16.10.2009 verrichteten Tätigkeiten anzunehmen sein, weil der Kläger an diesen beiden Tagen die Post nach Einweisung ihn begleitender anderer Mitarbeiter der T. GmbH zustellte. Diese Einweisung und die mit ihr gegebenenfalls verbundene Feststellung der Fähigkeiten und Eignung des Klägers waren jedoch abgeschlossen, nachdem ihm von der T. GmbH aufgetragen worden war, die Post in Dienstkleidung allein und eigenständig auszutragen. Daher kann jedenfalls hinsichtlich der am 17.10.2009 verrichteten Tätigkeiten nicht mehr von einer bloßen Anbahnung ausgegangen werden, die allein darauf abgezielt hätte, die persönliche und fachliche Eignung festzustellen. Auch einer Hospitation oder Probearbeit ist der Kläger jedenfalls am Unfalltag nicht nachgegangen.

18

Dass am 17.10.2009 ein wirksamer Arbeitsvertrag noch nicht zustande gekommen, sein Abschluss vielmehr für den 22.10.2009 vorgesehen war und die unfallbringende Verrichtung möglicherweise auch der Begründung des in Aussicht gestellten Arbeitsvertrages gedient hat, führt zu keiner anderen Beurteilung. An einer die Beschäftigung charakterisierenden fremdwirtschaftlichen Zweckbestimmung eines Verhaltens fehlt es erst dann, wenn mit ihm im Wesentlichen allein eigene Angelegenheiten verfolgt werden (BSG vom 5.7.2005 - B 2 U 22/04 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 6 = NZS 2006, 375). Das abredegemäß erfolgte Austragen der Post diente indes auch der Erfüllung der mit der Übertragung der Postzustellaufgaben einhergehenden Pflichten.

19

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 8. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die gerichtliche Feststellung eines Arbeitsunfalls.

2

Am 5.5.2006 brachte sie während ihrer Freistellungsphase aufgrund vereinbarter Altersteilzeit ihrem Arbeitgeber ein von ihm auszufüllendes Formular für eine sog Vorausbescheinigung von Arbeitsentgelt, um sie sodann beim Rentenversicherungsträger vorzulegen, damit dieser ihr nahtlos zum Eintritt in den Ruhestand Rente wegen Alters in richtiger Höhe zahlen sollte. Dabei stolperte sie auf einer Treppe im Betriebsbereich, stürzte auf ihr linkes Handgelenk und erlitt dadurch einen Speichenbruch des linken Unterarms.

3

Die Beklagte lehnte es ab, deswegen einen Arbeitsunfall festzustellen (Bescheid vom 17.8.2006; Widerspruchsbescheid vom 17.1.2007). Von einer versicherten Tätigkeit sei nicht auszugehen, da die Abgabe der Bescheinigung im eigenwirtschaftlichen Interesse der Klägerin gelegen habe.

4

Die Klagen und die Berufung sind erfolglos geblieben (Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 29.3.2010 und Urteil des Bayerischen LSG vom 8.2.2011). Das LSG hat ausgeführt: Ein sachlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit als Beschäftigte und der Überbringung des Formulars liege nicht vor. Das private Interesse der Klägerin im Rahmen ihrer Sozialversicherungsangelegenheit stehe hierbei im Vordergrund. Soweit auch Belange des Arbeitgebers berührt seien, beträfen diese weder seine unmittelbaren Pflichten aus dem Arbeitsvertrag noch seine allgemeine Fürsorgepflicht. Dass die Gewährung von Altersrente zugleich Voraussetzung für die Gewährung einer Betriebsrente sei und dass der Arbeitgeber bei fehlerhafter oder verspäteter Ausstellung der Bescheinigung sich möglicherweise schadensersatzpflichtig mache, rechtfertige kein anderes Ergebnis. Zwar habe das BSG einen Arbeitnehmer auf dem Weg zum Personalbüro als versichert angesehen, wenn er dort eine Arbeitsbescheinigung abholen wollte, die er für die weitere Aufenthaltserlaubnis benötige (Urteil vom 29.1.1986 - 9b RU 76/84 - SozR 2200 § 548 Nr 78). Während der Arbeitgeber die Ausstellung der Arbeitsbescheinigung aufgrund seiner Fürsorgepflicht aus dem Arbeitsverhältnis schulde, diene die Vorausbescheinigung jedoch wesentlich dem eigenwirtschaftlichen Interesse der Realisierung von Sozialleistungsansprüchen.

5

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 8 Abs 1 SGB VII. Das Überbringen des Formulars für eine Vorausbescheinigung des Arbeitgebers stehe im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit. Die ordnungsgemäße Ausfüllung einer Vorausbescheinigung iS des § 194 SGB VI stelle neben der Erfüllung seiner Fürsorgepflicht aus dem Arbeitsverhältnis eine eigene gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers dar und habe daher nicht ausschließlich in ihrem privaten Interesse gelegen. Eine unrichtige oder verspätete Ausstellung der Bescheinigung hätte nicht nur dazu geführt, dass die Klägerin nicht nahtlos die rentenversicherungsrechtliche Altersrente erhalten hätte. Der Bezug der Altersrente sei auch Voraussetzung für den Bezug der betrieblichen Altersrente gewesen. Die Ausstellung der Bescheinigung habe also im Hinblick auf ihre möglicherweise entstehenden Schadensersatzansprüche im wirtschaftlichen Interesse des Arbeitgebers gelegen. Sie habe ohne weiteres der Auffassung sein können, mit der Überbringung des Formulars und der beabsichtigten gemeinsamen Ausfüllung desselben mit dem zuständigen Mitarbeiter des Arbeitgebers, eine sich aus ihrem Arbeitsverhältnis ergebende Nebenpflicht zu erfüllen. Schließlich müsse die Entscheidung des BSG (Urteil vom 29.1.1986 - 9b RU 76/84 - SozR 2200 § 548 Nr 78) - anders als das LSG meint - aufgrund der in beiden Fällen vergleichbaren Motivation der Arbeitnehmer zur Zurechnung der Abgabe des Formulars zur versicherten Tätigkeit führen. In beiden Fällen bestehe eine Fürsorgepflicht des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis.

6

Die Klägerin beantragt,

        

das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 8. Februar 2011 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 29. März 2010 aufzuheben und unter Aufhebung der die Feststellung eines Versicherungsfalls ablehnenden Entscheidung in dem Bescheid der Beklagten vom 17. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Januar 2007 festzustellen, dass das Ereignis vom 5. Mai 2006 ein Arbeitsunfall der Klägerin ist.

7

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält das angefochtene Urteil des LSG für zutreffend. Die Entscheidung des BSG vom 29.1.1986 - 9b RU 76/84 - sei nicht einschlägig. Die Klägerin habe die Vorausbescheinigung zur Berechnung ihrer Altersrente und nicht für ihre Arbeitstätigkeit benötigt. Mangels Aufforderung zum Tätigwerden sei auch die Motivationslage in beiden Fällen unterschiedlich gewesen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat die zulässige Berufung der Klägerin zu Recht zurückgewiesen, da das SG ihre zulässigen Klagen zutreffend als unbegründet abgewiesen hat.

10

Gemäß § 54 Abs 1 iVm § 55 Abs 1 Nr 1, § 56 SGG ist die Kombination einer Anfechtungs- mit einer Feststellungsklage zulässig.

11

Die Anfechtungsklage richtet sich zulässig gegen die Ablehnung des von der Klägerin bei der Beklagten verfolgten Anspruchs auf Feststellung des geltend gemachten Arbeitsunfalls.

12

Die Feststellungsklage ist statthaft auf die gerichtliche Feststellung eines konkreten Rechtsverhältnisses iS des § 55 Abs 1 Nr 1 SGG, nämlich des geltend gemachten Versicherungsfalls, gerichtet. Der Eintritt eines Versicherungsfalls iS des § 7 Abs 1 SGB VII bedeutet die Begründung eines konkreten, nach Inhalt und Umfang durch den Versicherungsfall bestimmten Leistungsrechtsverhältnisses zwischen dem Versicherten und einem bestimmten Unfallversicherungsträger, aus dem konkrete Rechte auf Versicherungsleistungen entstehen können, aber nicht müssen.

13

Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse an der baldigen gerichtlichen Feststellung, ob ein Arbeitsunfall vorliegt, also das Leistungsrechtsverhältnis besteht. Insbesondere fehlt es hieran nicht deshalb, weil sie nach ständiger Rechtsprechung des BSG zulässig auch eine Klage auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung des Arbeitsunfalls, also auf Erlass eines feststellenden Verwaltungsaktes, erheben könnte. Der prozessuale Nachrang der Feststellungsklage im Verhältnis zu den (Gestaltungs- und) Leistungsklagen (Verpflichtungsklagen, allgemeine Leistungsklagen) besteht nur, wenn das jeweilige Rechtsschutzbegehren umfassend und effektiv durch eine dieser spezieller ausgestalteten Klagen verfolgt werden kann. Die Feststellungsklage ist aber gerade bei der Entscheidung über das Vorliegen eines Versicherungsfalls jedenfalls gleich rechtsschutzintensiv, da die gerichtliche Feststellung des Versicherungsfalls mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit für die Beteiligten auch materiell rechtskräftig wird (§§ 141 Abs 1, 179, 180 SGG). Allerdings kann die Verpflichtungsklage dem maßgeblichen (§ 123 SGG) Begehren des Verletzten im Einzelfall eher entsprechen. Daher erkennt das BSG ein Wahlrecht des Verletzten zwischen einer zulässigen Feststellungs- und einer zulässigen Verpflichtungsklage an (zuletzt BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr 1, RdNr 12 mwN; BSG vom 27.4.2010 - B 2 U 23/09 R - Juris RdNr 9 mwN - UV-Recht Aktuell 2010, 897 und BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 29/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 25 RdNr 8 mwN).

14

Die Klagen sind, wie die Vorinstanzen richtig gesehen haben, nicht begründet.

15

Die Anfechtungsklage ist unbegründet, weil die Ablehnung der Feststellung eines Arbeitsunfalls durch die Beklagte rechtmäßig und die Klägerin dadurch nicht in einem ihr zustehenden subjektiv-öffentlichen Recht verletzt ist (§ 54 Abs 2 S 1 SGG). Sie hat nämlich gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung, da kein Arbeitsunfall vorliegt. Deswegen ist der angefochtene Verwaltungsakt rechtmäßig und auch die Feststellungsklage unbegründet, weil das umstrittene Rechtsverhältnis nicht besteht.

16

Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Feststellung eines Arbeitsunfalls vom 5.5.2006.

17

Der Versicherte kann vom zuständigen Unfallversicherungsträger gemäß § 102 SGB VII die Feststellung eines Versicherungsfalls, hier eines Arbeitsunfalls iS von § 8 Abs 1 SGB VII, beanspruchen, wenn ein solcher eingetreten ist(vgl BSG vom 31.1.2012 - B 2 U 2/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, Juris RdNr 15 sowie BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - SozR 4-2700 § 11 Nr 1 RdNr 15 f).

18

Nach § 8 Abs 1 S 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit(versicherte Tätigkeit, S 1). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Abs 1 S 2).

19

Ein Arbeitsunfall setzt danach voraus: Eine Verrichtung des Verletzten vor dem fraglichen Unfallereignis muss den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt haben. Diese Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis) wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität). Diese Einwirkung muss schließlich einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten wesentlich verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität; vgl ua BSG vom 31.1.2012 - B 2 U 2/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, Juris RdNr 16; BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 10/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG vom 18.1.2011 - B 2 U 9/10 R - BSGE 107, 197 = SozR 4-2700 § 2 Nr 17, RdNr 10; BSG vom 18.11.2008 - B 2 U 27/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 30 RdNr 10 mwN).

20

Die Klägerin hat keine versicherte Tätigkeit verrichtet, war also keine Versicherte und hat deshalb keinen Arbeitsunfall erlitten, als sie ihrem Arbeitgeber das Formular für eine Vorausbescheinigung von Arbeitsentgelt für den Rentenversicherungsträger brachte und dabei auf einer Treppe im Betriebsbereich stürzte. Versicherter ist jemand nur, wenn, solange und soweit er den Tatbestand einer (in der freiwilligen Versicherung nach § 6 Abs 1 SGB VII nur kraft Antrags iS des Abs 2 aaO) versicherten Tätigkeit durch eigene Verrichtungen erfüllt.

21

Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar (BSG vom 9.11.2010 - B 2 U 14/10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 39 RdNr 22) und (subjektiv) - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist. Diese auch als "Handlungstendenz" bezeichnete subjektive Ausrichtung des objektiven konkreten Handelns des Verletzten ist eine innere Tatsache.

22

Wenn das beobachtbare objektive Verhalten allein noch keine abschließende Subsumtion unter den jeweiligen Tatbestand der versicherten Tätigkeit erlaubt, diese aber auch nicht ausschließt, kann die finale Ausrichtung des Handelns auf die Erfüllung des jeweiligen Tatbestandes, soweit die Intention objektiviert ist (sog objektivierte Handlungstendenz), die Subsumtion tragen. Die bloße Absicht einer Tatbestandserfüllung (erst recht nicht eine niedrigere Vorsatzstufe) reicht hingegen nicht.

23

Zwar liegt die objektive Grundvoraussetzung der Verrichtung einer versicherten Tätigkeit, das von außen beobachtbare Handeln an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit, mit dem Begehen der Treppe vor. Dieses sehr unspezifische Verhalten lässt aber aus sich heraus keinen Schluss auf die Erfüllung eines bestimmten Tatbestandes einer versicherten Tätigkeit zu. Jedoch steht es in natürlicher Handlungseinheit mit der Überbringung des Formulars, dessen Ausfüllung als Vorausbescheinigung die Klägerin von ihrem Arbeitgeber beanspruchte. Daher kommt, wie die Vorinstanzen zutreffend angesprochen haben, als einziger Tatbestand einer versicherten Tätigkeit der der Beschäftigtenversicherung, also die Tätigkeit als "Beschäftigte" iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII in Betracht.

24

Die Klägerin hat die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift sind "Beschäftigte" versichert.

25

Das Gesetz stellt für die Versicherteneigenschaft nicht abstrakt auf einen rechtlichen "Status" als "Beschäftigter" ab. In der gesetzlichen Unfallversicherung sind Rechte auf Versicherungsleistungen nach den §§ 26 ff SGB VII bei Arbeitsunfällen iS des § 8 Abs 1 S 1 SGB VII nur wegen solcher Unfälle vorgesehen, die infolge "einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit)" entstanden sind. Die Tatbestände der versicherten Tätigkeiten sind jeweils gesondert materiell gesetzlich bestimmt und begründen eigenständige "Sparten" der gesetzlichen Unfallversicherung mit eigenen Schutzbereichen. Nur wenn, solange und soweit jemand den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit durch eine eigene Verrichtung erfüllt, ist er gegen Unfälle (§ 8 Abs 1 S 2 SGB VII) versichert, die rechtlich wesentlich durch diese Verrichtung verursacht werden.

26

Deswegen reicht die Fiktion einer Beschäftigung für Personen nach § 7 Abs 1a SGB IV, die wegen Altersteilzeit von der Pflicht zur Arbeitsleistung freigestellt sind, zur Begründung der Versicherteneigenschaft nicht aus. § 7 Abs 1 und 1a SGB IV lassen die unfallversicherungsrechtliche Bedeutung des Rechtsbegriffs "Beschäftigte" iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII unberührt, soweit sie davon abweichen(§ 1 Abs 3 SGB IV). Erforderlich ist auch bei solchen Freigestellten stets die tatsächliche Verrichtung einer Beschäftigung.

27

1. Eine nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als "Beschäftigter" setzt tatbestandlich voraus, dass der Verletzte eine eigene Tätigkeit(vgl auch § 121 Abs 1 SGB VII) in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen (vgl § 7 Abs 1 SGB IV) zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse seiner Verrichtung diesem und nicht ihm selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen (§ 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII).

28

Das ist nur der Fall, wenn

-       

seine Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus seinem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen,

-       

er eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um eine vermeintliche Pflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen, sofern er nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht,

-       

er eigene unternehmensbezogene Rechte aus der Beschäftigung ausübt.

29

a) Für die Verrichtung einer Tätigkeit als Beschäftigter iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII kommt es nach dem Wortlaut dieser Vorschrift im Zusammenhang des SGB VII objektiv auf die Eingliederung des Handelns des Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile nur für das Unternehmen des anderen bringen soll. Denn nur unter diesen Voraussetzungen ist nicht der die Tätigkeit Verrichtende selbst Unternehmer im unfallversicherungsrechtlichen Sinne (§ 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII), sondern der andere, der durch sie unmittelbar begünstigt wird. Der "Beschäftigte" verrichtet seine Beschäftigung also nur, wenn er Handlungen in Unterordnung zur selbständigen Tätigkeit eines anderen und zu deren unmittelbaren Förderung vornimmt.

30

b) Auch die Entstehungsgeschichte des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII führt zu diesem Ergebnis.

31

Nach den Gesetzesmaterialien zum Gesetz zur Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch (Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz ) vom 7.8.1996 (BGBl I 1254) erfasst § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII die Beschäftigten iS des § 7 Abs 1 SGB IV(vgl BT-Drucks 13/2204, S 74 zu § 2 Abs 1 SGB VII). Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (S 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (S 2).

32

§ 7 Abs 1 SGB IV ist mit Wirkung vom 1.7.1977 durch Gesetz vom 23.12.1976 (BGBl I 3845, 3846) eingeführt worden. Eine entsprechende Vorschrift gab es bis dahin nicht. Der Begriff der Beschäftigung war jedoch Gegenstand einer umfangreichen Rechtsprechung zu allen Bereichen des Sozialversicherungsrechts, die mit der Begriffsbestimmung zu § 7 SGB IV im Wesentlichen übereinstimmt. Nach § 7 Abs 1 SGB IV liegt eine Beschäftigung zwar immer dann vor, wenn ein Arbeitsverhältnis besteht; sie kann allerdings auch ohne ein Arbeitsverhältnis gegeben sein (vgl BT-Drucks 7/4122, S 31). Hierin ist eine Konkretisierung und behutsame Weiterentwicklung der in der Rechtsprechung bereits vorher herausgearbeiteten Rechtsgrundsätze zu sehen (vgl Knospe in Hauck/Noftz, SGB IV, Stand August 2009, K § 7 RdNr 9 unter Hinweis auf BSGE 37, 10, 13; 41, 24, 25; 41, 41, 53; vgl zur Entwicklung des § 7 SGB IV in der Folgezeit: Seewald in Kasseler Kommentar, § 7 SGB IV RdNr 1, Stand April 2012 sowie Rittweger in BeckOK SGB IV, § 7 RdNr 1, Stand 1.3.2012). Auch Dienstleistungsverhältnisse anderer Art werden erfasst, soweit das Handeln des Dienstverpflichteten sich in das Unternehmen des Dienstberechtigten einfügt und dessen unmittelbarer Förderung dient.

33

Ein Verletzter hat nach den allgemeinen Anhaltspunkten des § 7 Abs 1 SGB VII dann eine Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII ausgeübt, wenn er sich in ein fremdes Unternehmen (eine fremde Arbeitsorganisation) eingliedert und seine konkrete Handlung sich dem Weisungsrecht eines Unternehmers, insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer und Art der Verrichtung, unterordnet(vgl hierzu etwa BSG vom 29.1.1981 - 12 RK 63/79 - BSGE 51, 164, 167 = SozR 2400 § 2 Nr 16 mwN sowie BSG vom 17.3.1992 - 2 RU 22/91 - SozR 3-2200 § 539 Nr 16 S 57). Naturgemäß ist dieses Weisungsrecht besonders bei Diensten höherer Art erheblich eingeschränkt; es genügt für die Unterordnung unter die Tätigkeit des anderen die "funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess" (vgl hierzu schon BSG vom 14.12.1999 - B 2 U 38/98 R - BSGE 85, 214, 216 = SozR 3-2200 § 539 Nr 48 S 202 mwN).

34

c) Ferner sind die unfallversicherungsrechtlichen Bedeutungen der Begriffe des "Beschäftigten" und der Verrichtung einer Beschäftigung iS von § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII eigenständig nach dem Zweck dieses Versicherungstatbestandes im Gefüge des SGB VII zu bestimmen.

35

Die Schutzzwecke der Beschäftigtenversicherung und ihre Stellung im Rechtssystem begrenzen den Anwendungsbereich des Versicherungstatbestandes des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII gleichfalls auf die oben umschriebenen Voraussetzungen.

36

Zweck der Beschäftigtenversicherung ist vor allem anderen der umfassende Unfallversicherungsschutz aller Beschäftigten vor und bei Gesundheitsschäden (oder Tod) infolge der Verrichtung der Beschäftigung, unabhängig davon, ob ein anderer den Unfall überhaupt mitverursacht und ggf dabei rechtswidrig und schuldhaft gehandelt hat.

37

Die Versicherung zielt primär auf die Verhütung von Gesundheitsschäden und Tod infolge der Gefahren ab, denen die Beschäftigten gerade durch die Verrichtung der Beschäftigung in Eingliederung in den fremdbestimmten Unternehmensbereich ausgesetzt sind (Prävention nach §§ 14 ff SGB VII). Ferner wird ihnen, falls die Prävention versagt, bei Gesundheitsschäden eine umfassende medizinische Rehabilitation sowie berufliche und soziale Teilhabe gesichert. Zudem werden sie gegen die wirtschaftlichen Folgen einer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit oder Minderung der Erwerbsfähigkeit geschützt. Bei unfallbedingtem Tod sollen auch ihre Familienangehörigen gegen den Unterhaltsverlust abgesichert werden.

38

Daneben soll die Beschäftigtenversicherung auch den sog Betriebsfrieden nach Unfällen infolge der Verrichtung der Beschäftigung schützen, wenn umstritten sein könnte, ob der Unternehmer (oder ein ihm gesetzlich gleichgestellter Dritter) den Gesundheitsschaden oder den Tod mitverursacht und ggf dabei rechtswidrig und fahrlässig oder sogar grob fahrlässig gehandelt hat und dem Verletzten deswegen nach Zivilrecht/Arbeitsrecht haftet. Da die Versicherung dem Verletzten die Schadensfolgen weitgehend ausgleicht, besteht insoweit kein Bedarf für einen Rechtsstreit zwischen dem Verletzten und dem Unternehmer (oder ihm gleichgestellten Dritten), wenn dieser nicht vorsätzlich gehandelt hat. Deshalb entzieht das SGB VII dem Verletzten insoweit seine ggf nach Zivilrecht entstandenen Schadensersatzansprüche (einschließlich der Schmerzensgeldansprüche) gegen den Unternehmer (§§ 104 bis 109 SGB VII).

39

Schließlich bezweckt sie auch eine gerechte Lastenverteilung unter den beitragszahlenden Unternehmern, die durch ihre Umlagebeiträge zu ihrer Berufsgenossenschaft den Versicherungsschutz in der Beschäftigtenversicherung bezahlen. Ein Unternehmer, der den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig mitverursacht hat, haftet dem Unfallversicherungsträger (also mittelbar auch den anderen Unternehmern) auf Ersatz der Ausgaben für Versicherungsleistungen an den Verletzten (§§ 110 bis 113 SGB VII).

40

Die Beschäftigtenversicherung hat also in diesem Sinne und in diesen Grenzen eine möglicherweise gegebene zivilrechtliche Haftung der Unternehmer (oder gleichgestellter Dritter) gegenüber den Beschäftigten aus Gefährdungshaftung, Delikt oder aus der Verletzung von arbeitsrechtlichen Schutz- oder Fürsorgepflichten ersetzt (vgl BSG vom 19.12.2000 - B 2 U 37/99 R - BSGE 87, 224 = SozR 3-2200 § 548 Nr 41; Gitter/Nunius in Schulin, HS-UV, § 5 RdNr 28, 51, 119; zu §§ 539 Abs 1 Nr 1, 636 ff RVO: BSG vom 25.10.1989 - 2 RU 26/88 - SozR 2200 § 548 Nr 96; ferner auch BSG vom 26.6.2007 - B 2 U 17/06 R - BSGE 98, 285 = SozR 4-2700 § 105 Nr 2, RdNr 16 ff).

41

Sie bildet jeher den Kern des Systems der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl schon § 95 des Unfallversicherungsgesetzes vom 6.7.1884, RGBl 69; §§ 898 f RVO vom 19.7.1911, RGBl 509; die Vorläufervorschrift in § 636 Abs 1 RVO). Sie versichert im genannten Sinn die Beschäftigten unter weitgehendem Ausschluss ihrer zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche nur gegen solche Gesundheits- und Lebensgefahren, die sich spezifisch daraus ergeben, dass sie Tätigkeiten für einen anderen unter Eingliederung in dessen Tätigkeit und nur zu dessen unmittelbarem Vorteil verrichten.

42

2. Auch die Entwicklung der Rechtsprechung des BSG zu § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII und dessen Vorgängervorschriften führt zu dem Ergebnis, dass nur unter den drei oben genannten Voraussetzungen eine Beschäftigung verrichtet wird.

43

a) Nach der Rechtsprechung des BSG wird eine Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII verrichtet, wenn der Verletzte zumindest dazu ansetzt, eine ihn gegenüber dem Unternehmer treffende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis tatsächlich zu erfüllen.

44

aa) Dies ist dann der Fall, wenn die Verrichtung eine Hauptpflicht des Beschäftigten erfüllt, weil sie die vertragsgemäß geschuldete Arbeits- oder Dienstleistung ist (vgl BSG vom 31.1.2012 - B 2 U 2/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, Juris RdNr 18; BSG vom 9.11.2010 - B 2 U 14/10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 39 RdNr 19; BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 14; BSG vom 7.12.2004 - B 2 U 47/03 R - Juris RdNr 26 - SozR 4-2700 § 8 Nr 11).

45

bb) Der Tatbestand der versicherten Tätigkeit iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII wird auch erfüllt, wenn die Verrichtung eine Nebenpflicht des Beschäftigten gegenüber dem Unternehmer aus dem Beschäftigungsverhältnis erfüllen soll.

46

Als Nebenpflichten kommen vor allem die Mitwirkungspflichten des Beschäftigten als Gläubiger von Leistungspflichten des Unternehmers (§§ 293 ff BGB) und die Pflichten zur Rücksichtnahme auf dessen Rechte, Rechtsgüter und Interessen in Betracht. Diese seit dem 1.1.2002 in § 241 Abs 2 BGB ausdrücklich normierte Pflicht wurde zuvor aus § 242 BGB hergeleitet(BAG vom 22.1.2009 - 8 AZR 161/08 - Juris RdNr 27, NZA 2009, 608; vgl auch Müller-Glöge in Münchener Kommentar zum BGB, § 611, RdNr 985 f). Arbeitsrechtlich muss jeder Vertragspartner seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis so erfüllen, seine Rechte so ausüben und die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Vertragspartners so wahren, wie dies unter Berücksichtigung der wechselseitigen Belange verlangt werden kann (vgl BAG vom 16.2.2012 - 6 AZR 553/10 - Juris RdNr 12, zur Veröffentlichung in BAGE vorgesehen; BAG vom 13.8.2009 - 6 AZR 330/08 - Juris RdNr 31 - BAGE 131, 325; BAG vom 19.5.2010 - 5 AZR 162/09 - Juris RdNr 26 - BAGE 134, 296; Müller-Glöge in Münchener Kommentar zum BGB, § 611, RdNr 984, 1074). Gleiches gilt für Beschäftigte und Unternehmer, die nicht durch ein Arbeitsverhältnis, sondern durch ein anderes Beschäftigungsverhältnis miteinander verbunden sind. Auch für den Beschäftigten zählt dazu die sog Treuepflicht, sich im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses so zu verhalten, dass Leben, Körper, Eigentum und sonstige absolute Rechtsgüter des Unternehmers nicht verletzt werden (vgl dazu BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 16).

47

Das BSG hat bisher zumeist nicht zwischen Haupt- oder Nebenpflichten des Beschäftigten unterschieden. Die Erfüllung des Tatbestandes des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII (bzw nach früherem Sprachgebrauch: der innere Zusammenhang zwischen der Verrichtung und der versicherten Tätigkeit) wurde als gegeben erachtet, wenn die Verrichtung Teil der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung des Beschäftigten war, bzw dann, wenn der Beschäftigte zur Erfüllung einer sich aus seinem Arbeitsvertrag ergebenden Verpflichtung handelte(vgl BSG vom 30.6.2009 - B 2 U 22/08 R - Juris RdNr 14 - UV-Recht Aktuell 2009, 1040; BSG vom 18.11.2008 - B 2 U 31/07 R - Juris RdNr 11 - UV-Recht Aktuell 2009, 485; so auch noch einleitend, später aber differenzierend BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 14; BSG vom 30.1.2007 - B 2 U 8/06 R - Juris RdNr 12 - UV-Recht Aktuell 2007, 860; BSG vom 12.4.2005 - B 2 U 11/04 R - BSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr 14, RdNr 14; BSG vom 7.12.2004 - B 2 U 47/03 R - Juris RdNr 26 - SozR 4-2700 § 8 Nr 11).

48

Es hat aber seit dem genannten Urteil vom 18.3.2008, insbesondere in seinen Entscheidungen vom 9.11.2010 - B 2 U 14/10 R - (SozR 4-2700 § 8 Nr 39 RdNr 19) und vom 31.1.2012 - B 2 U 2/11 R - (Juris RdNr 18 - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen - SGb 2012, 148 ), ausdrücklich die Erfüllung beider Pflichtenarten aus dem Beschäftigungsverhältnis als Verrichtung einer versicherten Beschäftigung anerkannt (vgl auch BSG vom 17.2.2009 - B 2 U 26/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 32 RdNr 21). Es hat schon im Urteil vom 18.3.2008 (B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 16 ff) entschieden, dass auch die Erfüllung allein einer Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis den Tatbestand der versicherten Tätigkeit iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII zu erfüllen vermag. Den Arbeitnehmer treffe die aus § 241 Abs 2 BGB folgende Nebenpflicht, sich bei der Abwicklung des Arbeitsverhältnisses so zu verhalten, dass Leben, Körper, Eigentum und sonstige absolute Rechtsgüter des Arbeitgebers nicht verletzt werden. Das Aufstellen eines Warndreiecks sei eine Nebenpflicht eines Beschäftigten, der in Verrichtung der Beschäftigung mit dem Pkw des Unternehmers an einem Verkehrsunfall beteiligt sei. Dadurch würden die Unfallstelle gesichert, der nachfolgende Verkehr gewarnt und damit Folgeschäden vermieden, die sich zu Lasten des Unternehmers auswirken könnten (BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 16 ff). Es hat dazu festgestellt, dass der Verletzte durch sein Handeln objektiv seine Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis erfüllt hatte. Daher kam es nicht darauf an, ob er dabei das Rechtsbewusstsein hatte, auch einer Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis nachzukommen, oder ob er in erster Linie sich und andere schützen und seiner allgemeinen Verkehrssicherungspflicht genügen wollte. Das Bewusstsein, dem Unternehmer rechtlich zu der Handlung verpflichtet zu sein, ist weder notwendige subjektive Voraussetzung des Versicherungstatbestandes der Beschäftigung noch einer Verrichtung einer Beschäftigung. Es reicht, wenn die Intention auch darauf gerichtet war, etwas zu tun, das objektiv dem Unternehmer geschuldet war.

49

cc) Eigene Nebenpflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis gegenüber dem Unternehmer erfüllt der Verletzte auch, wenn er Mitwirkungshandlungen vornimmt, die ihm zu dem Zweck obliegen (vgl §§ 241 Abs 2, 293 ff BGB), dass der Unternehmer seine ihm aus dem Beschäftigungsverhältnis gegenüber dem Beschäftigten treffenden Haupt- oder Nebenpflichten erfüllen kann.

50

Das ist der Fall bei Handlungen des Verletzten zwecks Empfangnahme des Lohnes (BSG vom 1.12.1960 - 5 RKn 69/59 - BSGE 13, 178 = SozR Nr 31 zu § 543 RVO unter Bezugnahme auf RVA EuM Bd 20, 31; 26, 165; 33, 270) oder zur Geltendmachung von (vermeintlichen) Fehlern bei der Lohnabrechnung (BSG vom 1.12.1960 - 5 RKn 69/59 - BSGE 13, 178 = SozR Nr 31 zu § 543 RVO) oder zum Abtransport von Deputatholz als Teil der Vergütung (BSG vom 4.5.1999 - B 2 U 21/98 R - SozR 3-2200 § 548 Nr 34). In diesen Fällen ist der Beschäftigte zivilrechtlich gehalten, dem Unternehmer zu ermöglichen, seine Hauptpflicht (§ 611 Abs 1 BGB) zu erfüllen, die Vergütung zur rechten Zeit, am rechten Ort, in rechter Weise und in richtiger Höhe zu leisten (vgl BSG vom 4.5.1999 - B 2 U 21/98 R - SozR 3-2200 § 548 Nr 34 ua unter Hinweis auf BSGE 13, 178 = SozR Nr 31 zu § 543 RVO aF; BSGE 41, 207 = SozR 2200 § 548 Nr 16; BSGE 43, 119, 121 = SozR 2200 § 548 Nr 28).

51

Gleiches gilt für eine ggf bestehende Obliegenheit des Beschäftigten, dem Unternehmer die Erfüllung seiner Nebenpflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis zu ermöglichen. Solche Nebenpflichten des Beschäftigten können sich aus § 241 Abs 2 BGB, der nicht nur in Arbeitsverhältnissen gilt, ergeben. Voraussetzung ist, dass eine solche Haupt- oder Nebenpflicht des Unternehmers bereits entstanden ist und er sie nur erfüllen kann, wenn der Beschäftigte in bestimmter und ihm zumutbarer Weise mitwirkt. Denn der Beschäftigte und der Unternehmer müssen bei ihrem Zusammenwirken jeweils auf das Wohl und die berechtigten Interessen des anderen Rücksicht nehmen (vgl BAG vom 16.11.2010 - 9 AZR 573/09 - BAGE 136, 156 mwN; vgl zu den Einzelheiten Preis in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 12. Aufl 2012, § 611 BGB RdNr 610 ff).

52

In diesem Sinn hat das BSG die Verrichtung einer Beschäftigung in einer Mitwirkungshandlung gesehen, als ein Beschäftigter den Weg zum Ort seiner bisherigen Tätigkeit zurücklegte, um sich dort seine Arbeitspapiere aushändigen zu lassen. Der Beschäftigte hatte den Unternehmer in gebotener Rücksichtnahme auf die Belange seines bisherigen Arbeitgebers durch die (beabsichtigte) Empfangnahme der Arbeitspapiere von der diesem obliegenden (nachgehenden) Nebenpflicht entlastet, ihm seine Arbeitspapiere - nach erfolglosem ersten Abholversuch - auf seine Rechnung und Gefahr zu übersenden (BSG vom 30.8.1963 - 2 RU 68/60 - BSGE 20, 23, 25 = SozR Nr 43 zu § 543 RVO aF). Die Verrichtung einer Beschäftigung lag auch bei einer Mitwirkungshandlung des Verletzten vor, der vom Arbeitgeber eine Arbeitsbescheinigung abholte, die er auf Verlangen der Ausländerbehörde für seine weitere Aufenthaltserlaubnis und damit für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses benötigte. Er hat vom Arbeitgeber eine Handlung begehrt, die dieser ihm aus dem Arbeitsverhältnis schuldete; das Abholen der Bescheinigung war vertragsgemäße arbeitsrechtliche Nebenpflicht des Beschäftigten (BSG vom 29.1.1986 - 9b RU 76/84 - Juris RdNr 11 - SozR 2200 § 548 Nr 78).

53

b) Keine Verrichtung einer Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII durch Erfüllung einer Nebenpflicht liegt hingegen dann vor, wenn der Verletzte zur Mitwirkungshandlung bei der Pflichtenerfüllung des Unternehmers aus dem Beschäftigungsverhältnis nicht verpflichtet war. Dasselbe gilt, wenn die Pflicht des Unternehmers nur entstanden ist, weil der Beschäftigte nach freiem Ermessen ein Recht gegen ihn ausgeübt hatte, das nicht auf die Förderung des Unternehmens gerichtet ist und auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, die den Unternehmer hoheitlich für den Staat zugunsten von Verwaltungsverfahren in Dienst nimmt. In beiden Fällen erfüllt nämlich der Beschäftigte keine Haupt- oder Nebenpflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis, sondern begibt er sich freiwillig in den unternehmerischen Gefahrenbereich, um daraus unmittelbar nur eigene Vorteile zu erlangen (sog eigenwirtschaftliche Verrichtung).

54

War er zur Mitwirkung nicht verpflichtet, unterlag er dem unternehmerischen Gefahrenbereich nicht kraft des Beschäftigungsverhältnisses, sondern kraft freien Entschlusses, wie zB bei einer Gefälligkeit. Entstand die Pflicht des Unternehmers nicht aus dem Beschäftigungsverhältnis, sondern durch die freiwillige Ausübung eines anderweitig begründeten Rechts des Beschäftigten, ist seine Mitwirkungshandlung an der Durchsetzung seines eigenen Rechts nicht "der Beschäftigung geschuldet", sondern allein der Verfolgung eigener Interessen, also gleichfalls ein freiwilliger Eintritt in den unternehmerischen Gefahrenbereich. Das wird durch die Beschäftigtenversicherung nicht versichert. Denn sie soll nur gegen solche Gefahren begründet werden, denen der Beschäftigte wegen der Ausübung seiner Beschäftigung im fremden Gefahrenbereich, nicht aber aus eigenem Entschluss in Verfolgung nur eigener Belange ausgesetzt ist. Haupt- und Nebenpflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis sind also nur solche, die das Zusammenwirken des Unternehmers mit dem Beschäftigten zur Förderung der Unternehmenszwecke betreffen. In beiden Fallgruppen fehlt es an der aus der Beschäftigung entstehenden Nebenpflicht des Beschäftigten, in der zweiten außerdem an der Förderung der Unternehmenszwecke.

55

In der arbeitsrechtlichen höchstrichterlichen Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass den Arbeitgeber treffende öffentlich-rechtliche Pflichten (zumeist aus dem Steuer- und Sozialversicherungsrecht), die an das Arbeitsverhältnis tatbestandlich anknüpfen und durch die der Arbeitgeber hoheitlich für den Staat in Dienst genommen wird, zugleich zivilrechtliche (arbeitsrechtliche) Nebenpflichten des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis gegenüber dem Arbeitnehmer sind. Sie werden arbeitsrechtlich als Konkretisierungen der privatrechtlichen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers verstanden (vgl die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen; BAG vom 29.3.2001 - 6 AZR 653/99 - NZA 2003, 105; BAG vom 11.6.2003 - 5 AZB 1/03 - BAGE 106, 269 ; BAG vom 15.1.1992 - 5 AZR 15/91 - BAGE 69, 204, 210 ; BAG vom 13.5.1970 - 5 AZR 385/69 - BAGE 22, 332 ; BAG vom 30.1.1969 - 5 AZR 229/68 - BB 1969, 407 ; BAG vom 2.6.1960 - 2 AZR 168/59 - BB 1960, 983 ; Linck in Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 14. Aufl 2011, § 106, RdNr 56 mwN; Ring in Handkommentar zum Arbeitsrecht, 2. Aufl 2010, § 611 BGB, RdNr 658; vgl zum Begriff der Fürsorgepflicht auch Boemke in Handkommentar zum Arbeitsrecht, 2. Aufl 2010, § 611 BGB, RdNr 378 mwN, danach stellt die Fürsorgepflicht selbst keine eigenständige Pflicht, sondern ein Bündel einzelner Nebenpflichten dar und soll nach im Vordringen befindlicher Auffassung sogar ganz fallen gelassen werden).

56

Hierauf ist nicht näher einzugehen, da es für die Verrichtung einer Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII nicht entscheidend auf die arbeitsrechtliche Fürsorgepflicht des Arbeitgebers oder deren öffentlich-rechtliche "Konkretisierungen" ankommt. Entscheidend ist, ob der Beschäftigte zur Mitwirkung an der Erfüllungshandlung des Arbeitgebers aus dem Beschäftigungsverhältnis verpflichtet war. Falls überhaupt eine Mitwirkungspflicht bestand, ist er nicht "aus dem Beschäftigungsverhältnis" zur Mitwirkung verpflichtet, wenn der Arbeitgeber seine Handlung nur deshalb vornehmen muss, weil der Beschäftigte ein Recht ohne Bindungen aus dem Beschäftigungsverhältnis im ausschließlich eigenen Interesse ausgeübt hat, das ihm durch öffentliches Recht verliehen wurde.

57

c) Ferner verrichtet der Verletzte eine Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII, wenn er in der vertretbaren, aber objektiv irrigen Annahme handelt, dazu aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses verpflichtet zu sein. Die Annahme dieser Pflicht ist vertretbar, wenn der Beschäftigte nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung (ex ante) und nach Treu und Glauben annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht. Die durchgeführte Verrichtung muss objektiviert darauf ausgerichtet sein, die angenommene Pflicht zu erfüllen.

58

Die Einbeziehung dieser Fallgruppe der vermeintlichen Pflichterfüllung durch den Beschäftigten rechtfertigt sich aus dem genannten ersten Schutzzweck der Beschäftigtenversicherung. Jeder, der etwas in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen zu dessen unmittelbarem Vorteil tut, muss, außer bei völliger Weisungsabhängigkeit, seine Pflichten kennen. Er kann durch die Beschäftigung aber auch in Umstände geraten, in denen er sofort entscheiden muss, ob ihn eine Haupt- oder Nebenpflicht zur Vornahme bestimmter Handlungen trifft. Dies ist ggf Teil seiner Pflichten aus seiner Beschäftigung.

59

In diesem Sinne hat das BSG die Verrichtung einer Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII bejaht, als ein Versicherter aus gutem Grund der Auffassung sein konnte, sich "betriebsdienlich" zu verhalten(BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 14 unter Verweis auf BSGE 20, 215, 218 = SozR Nr 67 zu § 542 RVO aF; BSG SozR Nr 30 zu § 548 RVO; BSGE 52, 57, 59 = SozR 2200 § 555 Nr 5). Daher liegt bei einem "nur" eigenwirtschaftlichen Zwecken dienenden Verhalten, also bei einer Handlung mit der Absicht (dolus directus ersten Grades), nur andere Zwecke zu verfolgen als die Erfüllung des Versicherungstatbestandes der Beschäftigung, auch dann keine Verrichtung einer Beschäftigung vor, wenn das Handeln zugleich dem Unternehmen objektiv nützlich ist (BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 14 unter Bezugnahme auf BSG vom 25.10.1989 - 2 RU 26/88 - SozR 2200 § 548 Nr 96; BSG vom 20.1.1987 - 2 RU 15/86 - SozR 2200 § 539 Nr 119). Entscheidend ist nur, ob der Verletzte von seinem Standpunkt aufgrund objektiver Anhaltspunkte der Auffassung sein durfte, seine Verrichtung sei von ihm geschuldet, um den Interessen des Unternehmens zu dienen. Dafür reichen aber subjektive Vorstellungen ohne bestätigende objektive Anhaltspunkte nicht aus.

60

d) Den Tatbestand einer versicherten Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII erfüllt ein Verletzter schließlich auch dann, wenn er handelt, um eigene unternehmensbezogene Rechte wahrzunehmen. Dabei handelt es sich um die Wahrnehmung von Rechten, die die Regelung innerbetrieblicher Belange zum Gegenstand haben und/oder den Zusammenhalt in der Belegschaft und mit der Unternehmensführung fördern. Hierzu zählen ua:

die Teilnahme an Betriebsversammlungen (vgl hierzu etwa Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 8 RdNr 65, Stand Mai 2011; Ricke in Kasseler Kommentar, § 8 SGB VII RdNr 59, Stand Dezember 2011; Schmitt, 3. Aufl 2008, § 8 SGB VII RdNr 40; Schwerdtfeger in Lauterbach, § 8 SGB VII RdNr 179, Stand August 2009; Wagner in jurisPK-SGB VII, § 8 RdNr 103, Stand Mai 2010),

die Tätigkeit als Betriebsratsmitglied bei der Ausübung der im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehenen Aufgaben (vgl etwa BSG vom 20.5.1976 - 8 RU 76/75 - BSGE 42, 36, 37 = SozR 2200 § 539 Nr 19 RdNr 18 und BSG vom 20.2.2001 - B 2 U 7/00 R - SozR 3-2200 § 539 Nr 54; vgl ferner Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 8 RdNr 65, Stand Mai 2011; Ricke in Kasseler Kommentar, § 8 SGB VII RdNr 59, Stand Dezember 2011; Schmitt, 3. Aufl 2008, § 8 SGB VII RdNr 38; Schwerdtfeger in Lauterbach, § 8 SGB VII RdNr 180, Stand August 2009; Wagner in jurisPK-SGB VII, § 8 RdNr 102, Stand Mai 2010),

und die Tätigkeiten zur Vorbereitung und Durchführung der zur Bildung der Räte erforderlichen Wahlen (Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 8 RdNr 65, Stand Mai 2011; Ricke in Kasseler Kommentar, § 8 SGB VII RdNr 59, Stand Dezember 2011; Schmitt, 3. Aufl 2008, § 8 SGB VII RdNr 40; Schwerdtfeger in Lauterbach, § 8 SGB VII RdNr 180, Stand August 2009; Wagner in jurisPK-SGB VII, § 8 RdNr 103, Stand Mai 2010; vgl hierzu insgesamt zuletzt auch Krasney, SGb 2012, 130).

61

3. Die Klägerin hat vor ihrem Treppensturz keine versicherte Beschäftigung im Sinne der abschließend aufgeführten Voraussetzungen des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII verrichtet.

62

Nach § 194 Abs 1 S 1 SGB VI(in der bis zum 31.12.2007 geltenden und damit hier maßgeblichen Fassung, die die Vorschrift durch das Gesetz zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 21.7.2004 - BGBl I 1791 - erhalten hatte ) haben die Arbeitgeber auf Verlangen des Beschäftigten, der für die Zeit nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses eine Altersrente beantragt hat, die Pflicht, das voraussichtliche Arbeitsentgelt bis zu drei Monate im Voraus zu bescheinigen (vgl Finke in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 194 RdNr 1, Stand Juli 1996).

63

Die Klägerin beabsichtigte, von ihrem Arbeitgeber eine sog Vorausbescheinigung iS des § 194 SGB VI zu verlangen. Dazu wollte sie ihm das einschlägige Formular vorlegen und hatte sich deshalb auf das Betriebsgelände begeben. Sie hatte also mit der Verrichtung, deren unfallversicherungsrechtliche Bedeutung hier umstritten ist, begonnen.

64

Die Abgabe des Formulars für eine Vorausbescheinigung erfüllt aber weder eine vertragliche Haupt- oder Nebenleistungspflicht der Klägerin aus ihrem Beschäftigungsverhältnis (s sogleich unter a>). Ferner durfte die Klägerin nicht annehmen, sie treffe eine solche Pflicht (dazu unter b>). Schließlich hat sie auch keine unternehmensbezogenen Rechte wahrgenommen (dazu unter c>).

65

a) Die Abgabe des Formulars für die Ausstellung der Vorausbescheinigung iS des § 194 SGB VI ist augenfällig keine sich aus dem Beschäftigungsverhältnis ergebende Hauptpflicht der Klägerin.

66

Sie hat damit auch keine gegenüber dem Unternehmer treffende Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis erfüllt, sondern, wie die Vorinstanzen richtig gesehen haben, nur eigene Vorteile angestrebt. Mit ihrem Vortrag, sie habe auch abstrakt denkbare mittelbare Schadensersatzansprüche aus verzögerter Betriebsrentenzahlung vom Arbeitgeber abwehren wollen, hat sie keine solche eigene Nebenpflicht dargetan. Sie hat nicht zur Abwendung von Gefahren, die absolut geschützte Rechtsgüter des Unternehmers betrafen, gehandelt, sondern Gefahren bedacht, die allenfalls mittelbar seinen Vermögensinteressen drohten. Nach den Feststellungen des LSG gab es aber keine allgemeine oder spezielle Vermögensfürsorgepflicht der Klägerin für ihren Arbeitgeber. Hierfür sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich.

67

Die beabsichtigte Vorlage des Formulars erfüllte auch keine sie treffende Mitwirkungspflicht, dem Unternehmer dabei Hilfe zu leisten, eine ihm aus dem Beschäftigungsverhältnis ihr gegenüber obliegende Haupt- oder Nebenleistungspflicht zu erfüllen.

68

Die begehrte Ausstellung der Vorausbescheinigung durch den Arbeitgeber ist für die Erfüllung seiner Hauptleistungspflicht gegenüber der Klägerin - nämlich seiner Pflicht zur Vergütung iS des § 611 Abs 1 BGB - offensichtlich ohne rechtlichen Belang. Eine Mitwirkungspflicht der Klägerin zur Ermöglichung der Hauptleistung des Arbeitgebers bestand somit nicht.

69

Sie hatte zudem keine Mitwirkungspflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis gegenüber ihrem Arbeitgeber, von diesem die Ausstellung einer Vorausbescheinigung zu verlangen und ihm dies dann durch Vorlage des Formulars zu ermöglichen. Aufgrund ihrer Beschäftigung war sie nicht verpflichtet, vom Unternehmer die Vorausbescheinigung zu verlangen, die ausschließlich der Durchsetzung ihres allein gegen den Rentenversicherungsträger gerichteten Rechts auf nahtlose richtige Zahlung der dort beantragten Altersrente diente.

70

Dass der Unternehmer allein aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses, ohne § 194 SGB VI, nicht verpflichtet war, eine Vorausbescheinigung zu erteilen, liegt auf der Hand. Daher bestand allein auf dieser Grundlage keine Mitwirkungspflicht der Klägerin. Notwendige Voraussetzungen der Entstehung dieser Pflicht waren das Bestehen einer gesetzlichen Vorschrift, die dem Beschäftigten das Recht gegen den Arbeitgeber gewährt, nach freiem Willen die Ausstellung der Bescheinigung zu verlangen, und die Ausübung dieses Rechts. Dieses dient allein dem privaten Interesse der Klägerin an richtiger Rentenzahlung durch den Rentenversicherungsträger. Dasselbe gilt daher auch für ihre Mitwirkung an der Ausstellung der Vorausbescheinigung durch den Arbeitgeber, dessen Unternehmen dadurch nicht berührt wird.

71

Entgegen der Ansicht der Klägerin unterscheidet sich ihr Fall grundlegend von dem der Erteilung einer Arbeitsbescheinigung zur Erlangung einer Aufenthaltserlaubnis, die auch die Fortführung des Beschäftigungsverhältnisses ermöglichte. Der Arbeitnehmer hat, wie oben schon gesagt, vom Arbeitgeber eine Handlung begehrt, die dieser ihm unmittelbar aus dem Arbeitsverhältnis schuldete; das Abholen der Bescheinigung war vertragsgemäße arbeitsrechtliche Nebenpflicht des Beschäftigten (vgl BSG vom 29.1.1986 - 9b RU 76/84 - SozR 2200 § 548 Nr 78).

72

b) Die Klägerin hat ferner keine objektiv nicht geschuldete Handlung vorgenommen in der vertretbaren, aber irrigen Annahme, damit eine vermeintliche Pflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen. Die Annahme dieser Pflicht ist nur vertretbar, wenn der Beschäftigte nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung (ex ante) aufgrund objektiver Anhaltspunkte und nach Treu und Glauben annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht (BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 14; BSG vom 29.1.1986 - 9b RU 18/85 - BSGE 59, 291 = SozR 2200 § 539 Nr 115 und BSG vom 27.6.1991 - 2 RU 17/90 - Juris RdNr 15; vgl auch Wagner in jurisPK-SGB VII, § 8 RdNr 34 f, Stand Mai 2010).

73

Objektive Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin der Auffassung sein durfte, eine vermeintliche eigene Pflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen, sind jedoch nicht ersichtlich. Die von ihr angenommene Vermögensbetreuungspflicht für das Vermögen des Arbeitgebers besteht nicht.

74

c) Schließlich hat die Klägerin durch die beabsichtigte Formularabgabe auch kein eigenes unternehmensbezogenes Recht wahrgenommen. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Handlung die Regelung innerbetrieblicher Belange zum Gegenstand hatte oder sie den Zusammenhalt in der Belegschaft und mit der Unternehmensführung förderte. Vielmehr ging es nur um das eigenwirtschaftliche Interesse an der sofort richtigen Altersrente.

75

4. Das Berufungsgericht hat schließlich auch zu Recht darauf hingewiesen, dass eine versicherte Tätigkeit im Sinne einer sog gemischten Tätigkeit nicht vorliegt. Es liegt mit dem Gehen auf der Treppe vor der Abgabe des Formulars für eine Vorausbescheinigung nämlich nur eine einzige Verrichtung vor. Gemischte Tätigkeiten setzen (zumindest) zwei gleichzeitig ausgeübte untrennbare Verrichtungen voraus, von denen (wenigstens) eine den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt.

76

Das LSG hat schließlich auch richtig erkannt, dass diese einzige Verrichtung auch nicht auf einer gemischten Motivationslage beruhte. Denn es hat schon nicht festgestellt, dass die Klägerin mit dem Weg zur Vorlage des Formulars zusätzlich noch eine andere Intention hatte als diejenige, die Vorausbescheinigung des Arbeitgebers und dadurch sofort die angestrebte Rentenhöhe zu erhalten.

77

5. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12. April 2011 aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 10. März 2010 zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind dem Kläger auch für das Berufungs- und das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Kläger am 24.7.2003 einen Arbeitsunfall erlitt, als er beim Klettern abstürzte.

2

Der 1980 geborene Kläger ist Profi-Eishockeyspieler. Am 11.7.2003 schloss er einen Vertrag mit der A. P. Eishockey GmbH (APE) mit einer Laufzeit vom 1.8.2003 bis 31.3.2004. Nach diesem Vertrag musste er ca zehn Tage vor dem ersten Eistraining in A. eintreffen und durfte ca zehn Tage nach der letzten Pflichtveranstaltung abreisen. Voraussetzung für das Zustandekommen des Arbeitsvertrags war noch ein Gesundheits- und Fitnesstest, der nach der Ankunft in A. stattfinden sollte. Der Kläger erhielt am 12.7.2003 von der APE einen Trainingsplan. Danach sollte das erste Eistraining am 1.8.2003 stattfinden. Neben konkreten Übungen zur Ausdauer - wie Sprints, Sprünge und Kraft - waren auch Ausgleichsübungen wie Tennis spielen, Mountainbiking, Klettern, Fußball sowie zur Regeneration Schwimmen, Sauna und Massagen vorgegeben.

3

Am 24.7.2003 absolvierte der Kläger ein Sportklettern in F. Er wurde dabei von seinem Vater und privaten Trainer sowie seiner Freundin begleitet. Beim Klettern stürzte er ab und zog sich eine offene Verrenkung des oberen Sprunggelenks zu. Zu dieser Zeit bezog der Kläger Arbeitslosengeld. Gegenüber der Krankenkasse, die ihm Krankengeld zahlte, hatte er angegeben, es handele sich um einen Freizeitunfall. Dasselbe gab er in seiner Unfallanzeige gegenüber der G. Versicherung vom 13.8.2003 an.

4

Wegen der Verrenkung des Sprunggelenks wurde sein Arbeitsvertrag mit der APE erst zeitversetzt (wohl im November 2003) in "Kraft gesetzt“, als er wieder Eishockey spielen konnte.

5

Der Kläger beantragte am 10.9.2007, das Ereignis vom 24.7.2003 als Arbeitsunfall anzuerkennen und eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 vH zu zahlen. Die Beklagte lehnte es im Bescheid vom 12.12.2007 ab, "Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung" aufgrund des "Unfalles vom 24.07.2003" zu gewähren. Bei dem Klettern vor Saisonbeginn habe es sich um eine nicht versicherte Tätigkeit gehandelt. Der Widerspruch des Klägers blieb im Widerspruchsbescheid vom 31.10.2008 ohne Erfolg.

6

Das SG München hat die Klagen mit Urteil vom 10.3.2010 abgewiesen. Ausschlaggebend sei, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt noch nicht den Weisungen des Vereins unterstanden habe. Der Vertrag habe noch nicht begonnen und der Unfall habe sich bei einem privaten Klettergang ereignet.

7

Auf die Berufung des Klägers hat das Bayerische LSG mit Urteil vom 12.4.2011 das Urteil des SG sowie die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten aufgehoben und festgestellt, das Ereignis vom 24.7.2003 sei ein Arbeitsunfall. Die Voraussetzungen einer versicherten Vorbereitungshandlung seien gegeben. Versicherungsschutz für Vorbereitungshandlungen bestehe, wenn die Handlung mit der eigentlich versicherten Tätigkeit so eng verbunden ist, dass beide bei natürlicher Betrachtungsweise eine Einheit bilden, weil die vorbereitende Tätigkeit einen besonders engen sachlichen, örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der eigentlich versicherten Tätigkeit hat aufnehmen können (BSG vom 28.4.2004 - B 2 U 26/03 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 5; BSG vom 12.5.2009 - B 2 U 8/08 R). So sei es hier. Der Kläger habe im Rahmen des dienstlich vorgegebenen Trainingsplans einen Sportunfall erlitten, als er eine durch den Trainingsplan vorgegebene sportliche Aktivität (Sportklettern) verrichtet habe. Dadurch sei ein enger sachlicher Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit als Profi-Eishockeyspieler bedingt. Auch habe sich der Kläger zu dem Unfallzeitpunkt bereits im Raum A. aufgehalten und die vertraglich zugewiesene Wohnung, die einer Dienstwohnung vergleichbar sei, bereits bezogen gehabt. Nach dem Klettergang habe er nach A. zurückkehren wollen. Auch habe die APE als Arbeitgeberin des Klägers das Sportklettern als Ausgleichssport angeordnet. Die Betätigung habe der Beseitigung letzter sportlicher Defizite für die vertraglich vereinbarte Tätigkeit als Eishockeyspieler gedient.

8

Die Beklagte hat gegen das Urteil des Bayerischen LSG die vom BSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung der §§ 2, 8 Abs 1, 150 ff SGB VII. Der Unfall vom 24.7.2003 sei kein Arbeitsunfall. Das System der gesetzlichen Unfallversicherung sehe grundsätzlich vor, dass dem nach §§ 2, 3, 6 SGB VII bestehenden Versicherungsschutz gemäß §§ 150 ff SGB VII eine Beitragspflicht der Unternehmer für die in deren Unternehmen tätigen Versicherten gegenüber-stehe. Daran fehle es hier. Mangels Beginn eines Beschäftigungsverhältnisses sei kein Beitragsanspruch entstanden. Das Sportklettern, soweit es der Tätigkeit für die APE zugerechnet werden könne, stehe deshalb nicht nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII unter Versicherungsschutz. Eine Beschäftigung sei wegen des Unfalls erst im November 2003 aufgenommen worden. Bis dahin habe es die APE in der Hand gehabt, zu entscheiden, ob ein Beschäftigungsverhältnis überhaupt zu Stande kommt.

9

Auch sei zu berücksichtigen, dass der Kläger nur mit Saisonverträgen beschäftigt war, zum Unfallzeitpunkt arbeitslos gemeldet war und Leistungen nach dem SGB III bezog. Er habe daher bezogen auf den Bereich des Erwerbslebens nur nach § 2 Abs 1 Nr 14 SGB VII unter dem Schutz der Unfallversicherung gestanden.

10

Das Sportklettern sei auch nicht als Vorbereitungshandlung versichert gewesen. Vorbereitungshandlungen seien nur unfallversichert, wenn sie nach den Gesamtumständen entweder selbst bereits als Bestandteil der betrieblichen Tätigkeit anzusehen seien oder wenn das Gesetz sie durch besondere Regelung in die Versicherung einbeziehe. Daran fehle es hier.

11

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Bayerischen LSG vom 12. April 2011 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG München vom 10. März 2010 zurückzuweisen.

12

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

13

Das Urteil des Bayerischen LSG sei rechtmäßig. Der Kläger habe am 24.7.2003 einen Unfall im Rahmen eines dienstlich vorgegebenen Trainingsplans erlitten, als der Arbeitsvertrag zwar noch unter aufschiebender Bedingung stand, der Kläger aber für seine Tätigkeit letzte sportliche Defizite zu beseitigen hatte. Die Beseitigung dieser Defizite sei nach Weisung der APE erfolgt.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Das Urteil des LSG verletzte Bundesrecht, als es das klagabweisende Urteil des SG aufhob und einen Arbeitsunfall feststellte, der infolge der Ausübung der versicherten Tätigkeit als abhängig beschäftigter Eishockeyspieler eingetreten sei.

15

1. Der Kläger begehrt im Rahmen des Rechtsstreits mit der zulässigen Kombination aus Anfechtungs- und Feststellungsklage die Feststellung, dass der Unfall vom 24.7.2003, als er beim Klettern abstürzte und eine Sprunggelenksverletzung erlitt, ein Arbeitsunfall in Ausübung der Tätigkeit als abhängig beschäftigter Sportler sei. Die Anfechtungsklage ist aber - wie das SG zu Recht entschieden hat - unbegründet, weil die Ablehnung der Feststellung eines Arbeitsunfalls durch die Beklagte rechtmäßig und der Kläger dadurch nicht in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt ist (§ 54 Abs 2 Satz 1 SGG). Er hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung, da kein Arbeitsunfall vorliegt. Auch die Feststellungsklage ist unbegründet, weil das umstrittene Rechtsverhältnis nicht besteht.

16

Anspruchs- und Ermächtigungsgrundlagen für die vom Kläger von der Beklagten begehrte Feststellung eines Arbeitsunfalls sind §§ 102, 8 Abs 1 SGB VII. Nach § 8 Abs 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit(versicherte Tätigkeit; Satz 1). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Satz 2).

17

2. Ein Arbeitsunfall setzt als Erstes voraus (vgl zuletzt BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 16/11 R; BSG vom 27.3.2012 - B 2 U 7/11 R - jeweils zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17; BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr 1), dass eine Verrichtung des Verletzten vor dem Unfall den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllte (BSG vom 18.9.2012 - B 2 U 20/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Denn nur ein Unfall, der "infolge", also ua zeitlich nach der Verrichtung einer versicherten Tätigkeit eintritt, kann ein Arbeitsunfall sein. Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar (BSG vom 9.11.2010 - B 2 U 14/10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 39 RdNr 22) und (subjektiv, wenn auch ggf in laienhafter Sicht) - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist. Diese auch als "Handlungstendenz" bezeichnete subjektive Ausrichtung des objektiven konkreten Handelns des Verletzten ist eine innere Tatsache. Wenn das beobachtbare objektive Verhalten allein noch keine Subsumtion unter den jeweiligen Tatbestand der versicherten Tätigkeit erlaubt, diese aber auch nicht ausschließt, kann die finale Ausrichtung des Handelns auf die Erfüllung des jeweiligen Tatbestandes, soweit die Intention objektiviert ist (sog objektivierte Handlungstendenz), die Subsumtion tragen. Die bloße Absicht einer Tatbestandserfüllung oder erst recht eine niedrigere Vorsatzstufe reichen hingegen nicht aus (BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

18

a) Der Kläger hat keinen Arbeitsunfall nach § 8 Abs 1 SGB VII erlitten, weil die einzige vor dem Unfall vorgenommene Handlung, die einen Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung als "Beschäftigter" iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII begründen könnte, nämlich das Sportklettern in den Alpen, diesen Versicherungstatbestand nicht erfüllt. Keiner weiteren Darlegung bedarf, dass kein anderer Versicherungstatbestand iS der §§ 2, 3 oder 6 SGB VII in Betracht kommt.

19

Der Kläger übte beim Sportklettern, entgegen dem LSG, keine versicherte Vorbereitungshandlung aus. Handlungen, die keinen gesetzlichen oder freiwillig versicherten Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllen, können das Versichert-Sein einer Person und ihren Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht begründen. Dies gilt auch für Handlungen, die als Vorbereitungshandlung oder Nachbereitungshandlung dazu ausgeführt werden, eine Verrichtung zu ermöglichen oder zu unterstützen, die ihrerseits erst den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt. Einen allgemeinen Versicherungstatbestand der "versicherten Vorbereitungshandlung" gibt es nicht.

20

Vor- oder Nachbereitungshandlungen zu versicherten Haupttätigkeiten sind nur versichert, wenn

-       

eine ausdrückliche gesetzliche Regelung (zB § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII) diese selbst und eigenständig zu einer versicherten Tätigkeit erhebt oder

-       

der jeweilige Versicherungstatbestand nach seinem Schutzzweck auch Vor- und Nachbereitungshandlungen erfasst (zB bei Organspendern: dazu BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 16/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; bei Nothelfern: dazu BSG vom 27.3.2012 - B 2 U 7/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Aber auch dann werden grundsätzlich nur solche vor- oder nachbereitenden Tätigkeiten tatbestandlich miterfasst, die für die jeweilige tatbestandlich versicherte Hauptverrichtung im Einzelfall notwendig sind und in einem sehr engen sachlichen, zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit ihr stehen (zB verneint für Brötchen- oder Apfelkauf, der auf dem Weg zur Arbeit eingeschoben wird: BSG vom 2.12.2008 - B 2 U 15/07 R - RdNr 25 f; BSG vom 2.12.2008 - B 2 U 17/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 28).

21

Durch das Klettern hat der Kläger keine nach einer gesetzlichen Bestimmung ausdrücklich oder nach den oben genannten Maßstäben versicherte Vorbereitungshandlung verrichtet.

22

b) Der Kläger hat durch das Klettern auch keine Verrichtung als "Beschäftigter" iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII ausgeführt.

23

Eine nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als "Beschäftigter" wird verrichtet, wenn der Verletzte eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen(vgl § 7 Abs 1 SGB IV) zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse seiner Verrichtung diesem und nicht ihm selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen (§ 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII; so BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Das ist der Fall, wenn

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seine Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus seinem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen,

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er eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um eine vermeintliche Pflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen, sofern er nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht, oder

-       

er unternehmensbezogene Rechte aus dem Beschäftigungsverhältnis ausübt.

24

Für die Verrichtung einer Tätigkeit als Beschäftigter iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII kommt es objektiv auf die Eingliederung des Handelns des Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen des anderen bringen soll. Danach wird eine Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII verrichtet, wenn der Verletzte zumindest dazu ansetzt, eine ihn gegenüber dem Unternehmer treffende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis tatsächlich zu erfüllen.

25

Die Handlung des Kletterns allein reicht nicht für die Erkenntnis aus, ob die Verrichtung den Tatbestand der Beschäftigtenversicherung erfüllt hat.

26

Allerdings scheitert die Annahme, der Kläger habe durch das Klettern, das er gegenüber der gesetzlichen Krankenkasse und seiner Privatversicherung als Freizeitgestaltung bezeichnete, die versicherte Beschäftigung verrichtet, nicht schon daran, dass ihm dabei die Intention gefehlt hätte, die Beschäftigung zu verrichten (Handlungstendenz). Die Feststellung dieser inneren Tatsache ist dem Revisionsgericht verwehrt. Das LSG hat aber nicht festgestellt, dass der Kläger damals Freizeit verbringen wollte. Es hat dazu in anderem rechtlichen Zusammenhang (Vorbereitungshandlung) lediglich mitgeteilt, dass die damaligen Angaben des Klägers ("Wertung als privater Unfall") den Versicherungsschutz wegen Vorbereitungshandlung nicht entfallen lasse. Denn es komme für die Handlungstendenz nicht auf die persönlichen rechtlichen Vorstellungen des Verletzten an. Daher hat das LSG nicht geklärt, welche Intention der Kläger beim Klettern hatte. Deswegen ist aber das Urteil des LSG nicht zur weiteren Sachaufklärung aufzuheben, weil seine Feststellungen ausreichen zu entscheiden, dass der Kläger damals keinen Versicherungstatbestand erfüllt hat.

27

Er war nämlich aus dem Beschäftigungsverhältnis mit der APE objektiv nicht zum Klettern verpflichtet und durfte eine solche Pflicht nach den Umständen seiner Beschäftigung auch nicht vertretbar annehmen.

28

Das LSG hat - von seinem Rechtsstandpunkt ausgehend zu Recht - nicht im Einzelnen festgestellt, welche Hauptpflichten der Kläger in seinem individuell geschlossenen Arbeitsvertrag mit der APE übernommen hat oder welche ihn sonst aus dem Beschäftigungsverhältnis getroffen haben. Da das LSG über seine Mitteilungen zum Arbeitsvertrag in seinem Urteil hinaus nur pauschal auf die Unfallakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen hat, hat es den vollständigen Inhalt des Arbeitsvertrags des Klägers (vgl Bl 59 f der LSG-Akte) nicht in der gebotenen Weise und damit nicht wirksam festgestellt. Allerdings hat es das Bestehen des Arbeitsvertrags und dessen hier einschlägigen Text sowie den Trainingsplan vom 12.7.2003 noch hinreichend skizziert. Das Revisionsgericht ist an diese Tatsachenfeststellungen gebunden, dabei allerdings befugt, bei der Auslegung solcher Verträge und Erklärungen des Arbeitgebers zu prüfen, ob die Vorinstanz hierbei Bundesrecht iS des § 162 SGG verletzt hat. Das LSG hat aber insoweit die gesetzlichen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB beachtet und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen(vgl BSG vom 18.12.2003 - SozR 4-8570 § 1 Nr 2 RdNr 20; BSG vom 22.11.1994 - SozR 3-2200 § 1265 Nr 13 S 89 f; BSG vom 27.9.1994 - BSGE 75, 92, 96 mwN = SozR 3-4100 § 141b Nr 10 S 47).

29

Diesen Feststellungen lässt sich entnehmen, dass der Kläger sich als Eishockeyspieler verpflichtete, seine sportliche Leistungsfähigkeit in den Dienst des Clubs zu stellen. Insbesondere war er verpflichtet, Eishockey in offiziellen Spielen des Vereins zu spielen, an Lehrgängen, am Training, an Spielerbesprechungen und sonstigen Veranstaltungen des Clubs teilzunehmen.

30

Der Kläger verpflichtete sich in dem Arbeitsvertrag also, seine sportliche Leistungsfähigkeit uneingeschränkt für den Club einzusetzen, alles zu tun, um sie zu erhalten und zu steigern. Um dieses Ziel zu erreichen, sind ihm im Trainingsplan konkrete Trainingseinheiten vorgegeben worden, die er im Rahmen des Vertrags absolvieren musste.

31

Soweit festgelegt war, dass der Kläger Ausgleichsübungen treiben soll und ihm dazu Vorschläge für geeignete Sportarten unterbreitet wurden, handelt es sich nicht um die Konkretisierung von Leistungspflichten durch den Arbeitgeber oder Dritte (§§ 315, 317 BGB), sondern um allgemeine Hinweise und Vorschläge, die der Kläger selbst im Rahmen der Gestaltung seiner Freizeit würdigen und frei gestalten sollte und konnte.

32

aa) Aufgrund dieser Regelungen gehört es nicht zu den Hauptpflichten des Spielers, außerhalb von Spielen, Training, Lehrgängen und anderen vom Club getragenen Veranstaltungen fremdbestimmte sportliche Aktivitäten zu entfalten bzw allgemein dem Ausgleich dienende Verrichtungen vorzunehmen. Insbesondere ist das Klettern kein vom Arbeitgeber bestimmter Sport, den der Kläger verrichten musste, und schon deshalb keine Hauptpflicht des Spielers aus dem Arbeitsvertrag.

33

Das Klettern ist auch nicht dadurch zur Hauptpflicht geworden, dass es in dem Trainingsplan vom 12.7.2003 als eine unter anderen Sportarten genannt worden ist. Zwar hat der Arbeitgeber durch den Trainingsplan die Pflichten des Spielers im Hinblick auf das Training des Clubs konkretisiert. Die Durchführung von Aktivitäten zur Steigerung der allgemeinen Fitness, von Ausgleichsübungen und der Regeneration sind aber durch den Trainingsplan nicht nach Zeit oder Ort der Erfüllung so konkretisiert worden, dass den Kläger eine konkrete Rechtspflicht traf, diesen Sport zu einer bestimmten Zeit, an einem bestimmten Ort, in einem bestimmten Umfang und mit einem vorgegebenen Inhalt als Gegenleistung für das ab Inkraftsetzung des Vertrags zu zahlende Gehalt auszuführen. Er konnte vielmehr unter mehreren Sportarten frei auswählen, was er wann und wie zur Steigerung seiner allgemeinen Fitness und als Ausgleichsübung tun wollte. Dem steht die Feststellung des LSG nicht entgegen, dass im Zusammenhang mit dem Trainingsplan bedacht worden sei, dass das Sportklettern die Koordination und Beinarbeit des Klägers und seine Reaktionsfähigkeit "optimal" fördere. Es blieb dem Kläger überlassen, zusätzlich zu den konkret vorgeschriebenen Übungen ua diese Ausgleichsübung oder eine der anderen zu praktizieren.

34

bb) Der Kläger hat durch das Klettern auch nicht zur Erfüllung einer Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis angesetzt.

35

Dem steht, anders als die Beklagte vorträgt, nicht entgegen, dass der Arbeitsvertrag zwischen der APE und dem Kläger noch nicht voll wirksam geworden war, sondern ua noch hinsichtlich der Hauptpflichten unter einer aufschiebenden Bedingung stand. Rechtlich kann ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs 2 BGB bereits dadurch entstehen, dass Vertragsverhandlungen aufgenommen oder ein Vertrag angebahnt wird oder durch ähnliche geschäftliche Kontakte(§ 311 Abs 2 Nr 1, 2, 3 BGB). Insbesondere können Vertragsparteien auch wirksam vereinbaren (§ 311 Abs 1 BGB), dass eine Seite der anderen Vorleistungen schon vor dem Zeitpunkt zu erbringen hat, ab dem vertragstypische Hauptpflichten aus dem Vertrag wirksam werden sollen. Wenn also das in Aussicht genommene Arbeitsverhältnis bereits vereinbarte oder kraft Weisung im Trainingsplan eingetretene (vor- oder) vertragliche Nebenpflichten des Klägers gegenüber der APE begründete, kann deren Erfüllung durch den Kläger die Versicherung als "Beschäftigter" iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII begründen.

36

Insbesondere kommt es für das Vorliegen einer Beschäftigung gerade nicht notwendig darauf an, dass ein Arbeitsverhältnis bereits entstanden ist oder gar ein in vollem Umfang wirksam gewordener Arbeitsvertrag vorliegt. Eine versicherte Tätigkeit als "Beschäftigter" wird bereits verrichtet, wenn, solange und soweit die oben genannten Voraussetzungen aus dem Beschäftigungsverhältnis erfüllt werden.

37

Dem steht auch nicht die nach dem Vortrag der Beklagten angeblich fehlende Beitragspflicht der APE für den Kläger entgegen. Denn Personen sind in der gesetzlichen Unfallversicherung kraft Gesetzes oder kraft Ausübung einer Versicherungsberechtigung freiwillig versichert, wenn, solange und soweit sie Verrichtungen vornehmen, die den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit nach §§ 2, 3, 6 oder 8 Abs 2 SGB VII erfüllen und dadurch den Versicherungsschutz begründen. Voraussetzung für die Begründung eines Versicherungsverhältnisses zwischen einer Person und einem Unfallversicherungsträger ist in der Unfallversicherung kraft Gesetzes allein die Erfüllung eines Tatbestandes einer versicherten Tätigkeit durch eine Verrichtung.

38

Rechtlich unerheblich ist hierfür dagegen die Zahlung von Beiträgen oder der Eintritt einer Beitragspflicht (§ 150 Abs 1 SGB VII). Vielmehr entsteht die Beitragspflicht des Dritten (oder bei der Eigenversicherung der Unternehmer dieser selbst), sobald ein Versicherungstatbestand erfüllt wird. Die Beitragsansprüche des Unfallversicherungsträgers knüpfen also an die Begründung eines Versicherungsverhältnisses von Personen an, wogegen die Versicherung nicht infolge einer Beitragspflicht eintritt.

39

Keiner Darlegung bedarf, dass es sich bei den Ausgleichsübungen, die der Kläger sich aus den vorgeschlagenen Sportarten auswählen sollte, nicht um einen wegen des - unternehmensbezogenen - Rechts des Beschäftigten auf Teilnahme als "Beschäftigung" versicherten Betriebssport handelte (vgl zuletzt BSG vom 27.10.2009 - B 2 U 29/08 R; BSG vom 22.9.2009 - B 2 U 27/08 R). Denn es ging dabei ua nicht um den vom Unternehmer getragenen Ausgleich von betrieblichen Belastungen durch sportliche Betätigung, sondern um den Ausgleich von Einseitigkeiten bei der Ausübung des Profisports. Dass dieser im weiteren Sinn vom Arbeitgeber als "betriebsdienlich" eingeschätzt wurde, ist unerheblich, da "Betriebsdienlichkeit" keine Voraussetzung der Beschäftigtenversicherung ist.

40

Das Tennis spielen, das Fußball spielen oder das Klettern waren Betätigungen, die trotz des Hinweises im Trainingsplan sowie des Umstands, dass der Kläger Berufssportler ist, vom Arbeitgeber weder nach Ort, Zeit oder konkreten Sportarten vorgegeben sind noch vom Kläger im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses zwingend ausgeführt werden müssen. Der Kläger war vielmehr frei darin, den Ort, die Zeit und die Sportart zu bestimmen, mit der er sich gesund und fit hält. Der Kläger befand sich ohne Kollegen oder Vereinstrainer der APE in seiner Freizeit und konnte selbstständig entscheiden, welche Betätigungen er auswählt, wann er sie umsetzt und in welcher Intensität. Das Klettern fand daher nicht in einem vom Verein fremdbestimmten Gefahrenbereich statt. Mehr als Beschäftigte außerhalb des Profisports hat er zwar seine Gesundheit und Leistungsfähigkeit zu erhalten und zu steigern, um am Arbeitsmarkt bestehen zu können. Das Sportklettern war aber eine von frei auswählbaren Sportarten, die nicht einmal abschließend aufgezählt waren. Es diente dem persönlichen Ausgleich von einseitigen Belastungen und der sportlichen Ertüchtigung, die keine (vorvertraglichen) Nebenpflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis waren. Es handelte sich vielmehr um eine Maßnahme eines Berufssportlers, die dieser auf Anraten des Arbeitsgebers durchführen konnte, aber nicht musste.

41

Sie diente darüber hinaus vor allem dem eigenen Unternehmen des Klägers, der - wie das LSG festgestellt hat - vor dem Test beim künftigen Arbeitgeber seine Fitness verbessern und letzte sportliche Defizite beseitigen wollte. Die (mittelbare) Betriebsnützigkeit seines Handelns begründet - wie gesagt - den Versicherungsschutz nicht (dazu auch BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

42

Da der Kläger durch sein Sportklettern weder eine Haupt- noch eine Nebenpflicht aus der Beschäftigung als Berufseishockeyspieler erfüllte, war die Verrichtung "Klettern" nicht aufgrund des Versicherungstatbestands nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versichert.

43

Daher war auf die Revision der Beklagten das Urteil des Bayerischen LSG aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG München zurückzuweisen.

44

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung der §§ 183, 193 SGG.

Tenor

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Feststellung eines Arbeitsunfalles.

2

Der Kläger bewarb sich im Herbst 2009 als Empfänger von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende aus eigener Initiative bei der T. GmbH (im Folgenden: T. GmbH) um eine Stelle als Briefausträger. Daraufhin wurde vereinbart, dass er vom 15. bis zum 17.10.2009 jeweils 6 Stunden täglich als Postzusteller ohne Anspruch auf ein Entgelt eingesetzt werden sollte. Außerdem wurde der Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrages für den 22.10.2009 in Aussicht gestellt.

3

Am 15. und 16.10.2009 stellte der Kläger die Post nach Einweisung ihn begleitender anderer Mitarbeiter der T. GmbH zu. Am Morgen des 17.10.2009 erhielt er zunächst ein Dienstfahrrad, Dienstkleidung und zwei am Fahrrad zu befestigende Taschen mit Post, die er ohne Begleitung eigenständig austragen sollte. Nachdem der Kläger etwa die Hälfte der zuzustellenden Post verteilt hatte, wurde er von einem Hund angesprungen. Er rutschte mit dem Fahrrad weg, stürzte und zog sich dabei einen komplizierten Schienbeinkopfbruch zu. Die Beklagte lehnte es ab, dieses Geschehen als Arbeitsunfall anzuerkennen, weil der Kläger zum Unfallzeitpunkt weder als Beschäftigter noch als sog Wie-Beschäftigter versichert gewesen sei (Bescheid vom 23.2.2010, Widerspruchsbescheid vom 10.6.2010).

4

Das SG Hamburg hat die Verwaltungsentscheidung aufgehoben und festgestellt, dass das Ereignis vom 17.9.2009 (richtig: 17.10.2009) ein Arbeitsunfall ist (Urteil vom 11.2.2011). Das LSG Hamburg hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei zum Unfallzeitpunkt Beschäftigter iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII gewesen. Spätestens am 17.10.2009 sei er mit der Anweisung, die Post in Dienstkleidung in einem bestimmten Bezirk zuzustellen, in die Arbeitsorganisation der T. GmbH eingegliedert und deren Weisungsrecht in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung unterstellt gewesen. Allein wegen des eigenwirtschaftlichen Motivs des Klägers, eine Festanstellung zu erreichen, könne nicht von der Anbahnung eines späteren potentiellen Beschäftigungsverhältnisses gesprochen werden. Der Kläger habe die Zustelltätigkeit wegen seiner Obhutspflichten für die ihm übergebenen Postsendungen und überlassene Briefträgerausstattung auch nicht jederzeit abbrechen können (Urteil vom 31.1.2012).

5

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII. Der Kläger habe zum Unfallzeitpunkt nicht dem versicherten Personenkreis der Beschäftigten angehört. Auch am 17.10.2009 habe er mit der eigenwirtschaftlichen Motivation gehandelt, eine Festanstellung zu erreichen. Bei Hospitations- und Probearbeitstagen im Rahmen eines laufenden Bewerbungsverfahrens mangele es regelmäßig an der betrieblichen Eingliederung. Eine Person, die im Wesentlichen allein eigene Angelegenheiten verfolge, sei auch nicht wie ein Beschäftigter tätig.

6

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Hamburg vom 31. Januar 2012 und des Sozialgerichts Hamburg vom 11. Februar 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die angegriffenen Entscheidungen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet.

10

Das LSG hat die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG, das auf die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und § 55 Abs 1 Nr 1 SGG) die begehrte Feststellung getroffen hatte, zu Recht zurückgewiesen. Die Ablehnung der Beklagten in ihrem Bescheid vom 23.2.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.6.2010 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinem Anspruch auf Feststellung eines Versicherungsfalles aus § 102 iVm § 8 Abs 1 SGB VII. Er hat am 17.10.2009 einen Arbeitsunfall erlitten.

11

Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; vgl zuletzt BSG vom 4.7.2013 - B 2 U 3/13 R - juris RdNr 10 mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

12

Die Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses - das Austragen der Post - hat den Sturz und damit einen Unfall und dieser hat einen Schienbeinkopfbruch und folglich einen Gesundheitserstschaden rechtlich wesentlich verursacht. Bei dieser Tätigkeit war der Kläger auch als Beschäftigter iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versichert.

13

Eine nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als Beschäftigter wird verrichtet, wenn der Verletzte zur Erfüllung eines von ihm begründeten Rechts- und damit Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen(vgl § 7 Abs 1 SGB IV ) zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse seiner Verrichtung diesem und nicht ihm selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen (vgl § 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII ). Es kommt objektiv auf die Eingliederung des Handelns des Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen des anderen bringen soll. Eine Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII wird daher ausgeübt, wenn die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zu Grunde liegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, der Verletzte eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern er nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht, oder er unternehmensbezogene Rechte aus dem Rechtsverhältnis ausübt(BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 27/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 45 RdNr 23 f und vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 27 ff).

14

Das LSG hat die vom Kläger am 17.10.2009 verrichtete Tätigkeit zutreffend dem Typus der Beschäftigung zugeordnet. § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII erfasst die Beschäftigten iS des § 7 Abs 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Eine Beschäftigung liegt daher immer dann vor, wenn ein Arbeitsverhältnis besteht. Sie kann aber auch ohne Arbeitsverhältnis gegeben sein, wenn der Verletzte sich in ein fremdes Unternehmen eingliedert und seine konkrete Handlung sich dem Weisungsrecht eines Unternehmers insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Verrichtung unterordnet (BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 31 ff). Dabei kommt es auf die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse an. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Entscheidend ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 16 mwN). Ob der Verletzte ein Entgelt erhalten hat, ist für die Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII - und grundsätzlich auch des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV - unerheblich.

15

Nach Maßgabe dieser Grundsätze sind die Vorinstanzen zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger im Unfallzeitpunkt eine versicherte Beschäftigung verrichtet hat. Mit dem Austragen der Post erfüllte er eine sich aus einem zuvor begründeten Rechts- und damit Beschäftigungsverhältnis ergebende Hauptpflicht.

16

Zwischen der T. GmbH und dem Kläger war zwar noch kein Arbeitsvertrag zustande gekommen. Dessen Abschluss war lediglich für den 22.10.2009 in Aussicht gestellt worden. Nach den nicht mit zulässig erhobenen sowie begründeten Verfahrensrügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG war der Kläger gleichwohl am 17.10.2009 abredegemäß in einem fremden Betrieb der T. GmbH tätig und dabei in deren Arbeitsorganisation eingebunden. Für diesen Tag war ihm die Dienstkleidung und ein Dienstfahrrad übergeben worden, weil er in einem vorgegebenen Bezirk die Post allein und eigenständig austragen sollte. Mit der Verwendung der Arbeitsmittel war nach außen die Unternehmenszugehörigkeit dokumentiert. Zudem sollte der damit in den Betriebsablauf eingegliederte Kläger die ihm überlassene Post zwischen 8 Uhr und voraussichtlich 14 Uhr in einem ihm zugewiesenen Gebiet verteilen. Dadurch kommt unzweifelhaft seine zum Weisungsrecht der T. GmbH korrespondierende Weisungsgebundenheit in Bezug auf Zeit, Dauer und Ort der Verrichtung zum Ausdruck, der sich der Kläger vereinbarungsgemäß auch unterworfen hat.

17

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die unfallbringende Verrichtung nicht deshalb dem unversicherten eigenwirtschaftlichen Bereich zuzuordnen, weil sie im Zusammenhang mit einer Arbeitssuche oder Verhandlungen über den Abschluss eines Arbeitsvertrages gestanden hat (vgl hierzu BSG vom 30.1.1986 - 2 RU 1/85 - NZA 1986, 542). Sie diente auch nicht der Vorstellung bei der T. GmbH als potentielle Arbeitgeberin (vgl hierzu BSG vom 20.1.1987 - 2 RU 15/86 - SozR 2200 § 539 Nr 119). Eine solche Zweckbindung ist vom LSG weder festgestellt worden noch ersichtlich. Sie mag evtl - was vorliegend nicht zu entscheiden ist - für die am 15. und 16.10.2009 verrichteten Tätigkeiten anzunehmen sein, weil der Kläger an diesen beiden Tagen die Post nach Einweisung ihn begleitender anderer Mitarbeiter der T. GmbH zustellte. Diese Einweisung und die mit ihr gegebenenfalls verbundene Feststellung der Fähigkeiten und Eignung des Klägers waren jedoch abgeschlossen, nachdem ihm von der T. GmbH aufgetragen worden war, die Post in Dienstkleidung allein und eigenständig auszutragen. Daher kann jedenfalls hinsichtlich der am 17.10.2009 verrichteten Tätigkeiten nicht mehr von einer bloßen Anbahnung ausgegangen werden, die allein darauf abgezielt hätte, die persönliche und fachliche Eignung festzustellen. Auch einer Hospitation oder Probearbeit ist der Kläger jedenfalls am Unfalltag nicht nachgegangen.

18

Dass am 17.10.2009 ein wirksamer Arbeitsvertrag noch nicht zustande gekommen, sein Abschluss vielmehr für den 22.10.2009 vorgesehen war und die unfallbringende Verrichtung möglicherweise auch der Begründung des in Aussicht gestellten Arbeitsvertrages gedient hat, führt zu keiner anderen Beurteilung. An einer die Beschäftigung charakterisierenden fremdwirtschaftlichen Zweckbestimmung eines Verhaltens fehlt es erst dann, wenn mit ihm im Wesentlichen allein eigene Angelegenheiten verfolgt werden (BSG vom 5.7.2005 - B 2 U 22/04 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 6 = NZS 2006, 375). Das abredegemäß erfolgte Austragen der Post diente indes auch der Erfüllung der mit der Übertragung der Postzustellaufgaben einhergehenden Pflichten.

19

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.