Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 28. Sept. 2017 - 1 BvR 1510/17
Tenor
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1. Der Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 12. Juni 2017 - L 18 AL 78/17 B ER - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Recht auf den gesetzlichen Richter aus Artikel 101 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen.
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2. Das Land Brandenburg hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.
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3. In diesem Umfang erledigt sich der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und auf Beiordnung der Rechtsanwältin Anja Lederer; im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
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4. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 25.000 € (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.
Gründe
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Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen einen landessozialgerichtlichen Beschluss im Eilverfahren, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers, ihm Berufsausbildungsbeihilfe vorläufig zu gewähren, durch den Vorsitzenden des Senats allein - an Stelle des Senats in regulärer Besetzung für das Beschlussverfahren mit einem Vorsitzenden und zwei weiteren Berufsrichtern - unter Aufhebung der stattgebenden erstinstanzlichen Entscheidung abgelehnt wurde.
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I.
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1. Der am … 1980 geborene Beschwerdeführer, afghanischer Staatsbürger, stellte am 24. August 2015 einen Asylantrag. Gegen den Ablehnungsbescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ist nach Angaben des Beschwerdeführers bei dem Verwaltungsgericht … eine Klage - VG 4 K 3022/16.A - anhängig. Er absolviert seit dem 10. Oktober 2016 - voraussichtlich bis zum 9. Oktober 2018 - eine betriebliche Ausbildung zum Fachlageristen und verfügt über eine bis zum 9. Oktober 2018 verlängerte Aufenthaltsgestattung.
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Die dem Beschwerdeführer nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) bewilligten Leistungen wurden durch Bescheid vom 6. Dezember 2016 zum 1. Dezember 2016 gemäß § 2 AsylbLG in Verbindung mit § 22 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) eingestellt, da die begonnene Ausbildung durch Berufsausbildungsbeihilfe gemäß § 57 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) dem Grunde nach förderungsfähig sei. Ein besonderer Härtefall gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB XII liege nicht vor. Der gegen die Leistungseinstellung erhobene Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 2017 zurückgewiesen.
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2. Der bei der Bundesagentur für Arbeit gestellte Antrag auf Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe vom 9. Dezember 2016 wurde durch Bescheid vom 6. Januar 2017 abgelehnt, der hiergegen erhobene Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2017 zurückgewiesen. Die Leistungsvoraussetzungen lägen nicht vor, da der Beschwerdeführer nicht unmittelbar gemäß § 59 SGB III förderungsfähig und entgegen § 132 Abs. 1 Satz 1 SGB III sein dauerhafter Aufenthalt nicht zu erwarten sei. Sein Herkunftsland Afghanistan habe eine Schutzquote von nicht über 50 Prozent, so dass von einer guten Bleibeperspektive nicht auszugehen sei.
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3. Der Beschwerdeführer stellte bei dem Sozialgericht … am 15. März 2017 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Gewährung vorläufiger Leistungen - S 6 AL 63/17 ER - und erhob entsprechende Klage in der Hauptsache - S 6 AL 65/17 -. Er machte geltend, einen Anspruch auf Förderung gemäß § 132 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III zu haben.
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Das Sozialgericht … verpflichtete die Antragsgegnerin durch Beschluss vom 3. Mai 2017, dem Beschwerdeführer ab dem 15. März 2017 bis zur Entscheidung in der Hauptsache vorläufig Berufsausbildungsbeihilfe für die Ausbildung zum Fachlageristen unter Anrechnung der gewährten Ausbildungsvergütung dem Grunde nach zu gewähren. Der Anordnungsanspruch ergebe sich aus §§ 56, 132 SGB III. Insbesondere sei auch zukünftig ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten (§ 60a Abs. 2 Satz 4 und § 18a Abs. 1a Aufenthaltsgesetz - AufenthG).
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4. Auf die von der Antragsgegnerin am 17. Mai 2017 erhobene Beschwerde hob das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg durch den mit der Verfassungsbeschwerde angefochtenen Beschluss vom 12. Juni 2017 - L 18 AL 78/17 B ER - den Beschluss des Sozialgerichts … auf und lehnte den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ab. Die Entscheidung wurde durch den Vorsitzenden des Senats "in entsprechender Anwendung von § 155 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)" allein getroffen. Eine Begründung für die entsprechende Anwendung der Norm erfolgte nicht. Der Beschwerdeführer unterfalle nicht dem unmittelbaren Anwendungsbereich des § 59 SGB III, da er über keine Duldung verfüge. Ihm stehe auch kein Anspruch aus § 132 SGB III zu. Das Gericht schließe sich zur Auslegung des Kriteriums "Erwartung eines rechtmäßigen und dauerhaften Aufenthalts" dem Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. Mai 2017 - L 14 AL 52/17 B ER -, juris, sowie dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 21. Februar 2017 - 19 CE 16.2204 -, juris, zum insoweit wortgleichen § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG an und nehme auf diese Beschlüsse zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.
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II.
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1. Mit seiner gegen den Beschluss des Landessozialgerichts erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung von Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.
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Er hält die Auslegung von § 132 SGB III durch das Landessozialgericht für willkürlich und gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßend, da letztlich allein auf die Schutzquote abgestellt werde, ohne seine individuellen Aufenthaltsrechte (§ 60a Abs. 2 Sätze 4 und 3 AufenthG und § 18a Abs. 1a AufenthG) mit in den Blick zu nehmen. Das Landessozialgericht habe die Rechtslage im Einzelfall nicht eigenständig geprüft und pauschal auf die Rechtsprechung zu § 44 Abs. 4 AufenthG Bezug genommen.
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Der Beschluss verstoße gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, da der Vorsitzende des Senats allein entschieden habe, ohne dass die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung des § 155 Abs. 2 Satz 2 SGG vorgelegen hätten. Hierbei handele es sich nicht nur um eine mehr oder weniger irrtümliche Überschreitung der durch das Sozialgerichtsgesetz gezogenen Grenzen, sondern vielmehr um eine willkürliche und offensichtlich unhaltbare Auslegung. Selbst wenn eine Anwendung der Norm auch im Verfahren der Beschwerde möglich sein sollte, sei jedenfalls ein dringender Fall im Sinne von § 155 Abs. 2 Satz 2 SGG nicht gegeben. Das Landessozialgericht habe nicht dargelegt, dass ein Abwarten auf eine Entscheidung durch den Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern unzumutbar ist. Dabei hätte es auch in den Blick nehmen müssen, dass dem Beschwerdeführer auf Grundlage des Beschlusses des Sozialgerichts einstweilen Leistungen zustanden und daher allenfalls das Interesse der Antragsgegnerin die besondere Dringlichkeit hätte begründen können. Dies könne im Ergebnis jedoch nicht der Fall sein, da das Interesse, Leistungen nicht zurückfordern zu müssen, im Rahmen folgenabwägender Entscheidungen auf Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts regelmäßig in den Hintergrund trete und daher auch vorliegend nicht den Ausschlag für die Befugnis zur alleinigen Entscheidung durch den Vorsitzenden geben dürfe. Schließlich komme der Auslegung von § 132 SGB III grundsätzliche Bedeutung zu, so dass die Entscheidung durch den Senat in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei weiteren Berufsrichtern zu treffen gewesen wäre.
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Der Beschwerdeführer beantragt ferner, ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Bevollmächtigten zu bewilligen.
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2. Der Beschwerdeführer hatte zunächst mit der Verfassungsbeschwerde auch beantragt, den Beschluss des Landessozialgerichts im Wege der einstweiligen Anordnung aufzuheben. Die Bevollmächtigte des Beschwerdeführers hat, nachdem dem Beschwerdeführer vorläufig Berufsausbildungsbeihilfe vom 1. Juli 2017 bis zum 9. Oktober 2018 bewilligt worden war, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für erledigt erklärt und eine Entscheidung über die Erstattung der Auslagen für das Verfahren der einstweiligen Anordnung beantragt.
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III.
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Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden; die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). Der Beschluss des Landessozialgerichts vom 12. Juni 2017 verletzt den Beschwerdeführer in seinem Recht auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Auf die Verletzung der ferner gerügten Grundrechte kommt es daher nicht mehr an.
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1. Das Bundesverfassungsgericht hat zum Schutzgehalt von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ausgeführt (BVerfGE 138, 64<86 f. Rn. 67 und 69>):
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"Das Verfassungsgebot des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, wonach niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden darf, gibt nicht nur den einzelnen Rechtsuchenden ein subjektives Recht, sondern enthält auch objektives Verfassungsrecht; der Grundsatz dient der Sicherung der Rechtsstaatlichkeit im gerichtlichen Verfahren schlechthin (vgl. BVerfGE 40, 356 <360 f.>). Es müssen daher von Verfassungs wegen allgemeine Regelungen darüber bestehen, welches Gericht, welcher Spruchkörper und welche Richter zur Entscheidung des Einzelfalles berufen sind. Erforderlich ist ein Bestand von Rechtssätzen, die für jeden Streitfall den Richter bezeichnen, der für die Entscheidung zuständig ist (vgl. BVerfGE 95, 322 <328> m.w.N.). An diese Regelungen sind die Gerichte durch Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gebunden (vgl. BVerfGE 95, 322 <327>). Sie dürfen sich nicht über sie hinwegsetzen, sondern haben von sich aus über deren Einhaltung zu wachen (vgl. BVerfGE 29, 45 <48>; 40, 356 <361>). (…)
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In seiner weiteren Funktion als subjektives Recht gibt Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG den Rechtsuchenden einen Anspruch darauf, dass der Rechtsstreit von ihrem gesetzlichen Richter entschieden wird (vgl. BVerfGE 17, 294 <299>; 26, 281 <291>). Sie können daher die Beachtung der gesetzlichen wie der verfassungsrechtlichen Zuständigkeitsordnung fordern und deren Missachtung als Verletzung des grundrechtsgleichen Rechts im Wege der Verfassungsbeschwerde rügen."
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Ein Verstoß im Einzelfall kann sich etwa aus der Entscheidung durch den Einzelrichter an Stelle der Kammer ergeben (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Oktober 2003 - II ZB 27/02 -, juris, und vom 13. März 2003 - IX ZB 134/02 -, juris). Auch darf bei einer Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung regelmäßig nicht der Vorsitzende oder Berichterstatter allein entscheiden (vgl. BSG, Urteil vom 8. November 2007 - B 9/9a SB 3/06 R -, juris).
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Allerdings stellt sich nicht schon jede irrtümliche Überschreitung der den Fachgerichten gezogenen Grenzen als Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG dar (vgl. BVerfGE 87, 282 <284 f.> m.w.N.; 138, 64 <87 f. Rn. 71>). BVerfGE 138, 64 <87 Rn. 71>:
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"Durch einen schlichten error in procedendo wird niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen (vgl. BVerfGE 3, 359 <365>). Eine Verletzung der Garantie des gesetzlichen Richters kommt aber in Betracht, wenn das Fachgericht Bedeutung und Tragweite der Gewährleistung aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkannt hat (vgl. BVerfGE 82, 286 <299>; 87, 282 <284 f.>; 131, 268 <312>) oder wenn die maßgeblichen Verfahrensnormen in objektiv willkürlicher Weise fehlerhaft angewandt wurden (vgl. BVerfGE 42, 237 <241>; 76, 93 <96>; 79, 292 <301>)."
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2. Der Beschwerdeführer wurde durch den Beschluss des Landessozialgerichts seinem gesetzlichen Richter entzogen, da das Vorliegen einer Dringlichkeit, die entgegen der regulären Besetzung des Senats für das Beschlussverfahren mit einem Vorsitzenden und zwei weiteren Berufsrichtern (§§ 33 Abs. 1, 12 Abs. 1 Satz 2, 176 SGG) eine Entscheidung allein durch den Vorsitzenden gemäß § 155 Abs. 2 Satz 2 SGG zulässt, weder offenkundig ist noch in dem angefochtenen Beschluss dargelegt wird.
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Bei dem Landessozialgericht sind die Beschwerde am 17. Mai 2017, die Akten vom Sozialgericht … am 24. Mai 2017 und die Antragserwiderung des Beschwerdeführers am 29. Mai 2017 eingegangen. Der angefochtene Beschluss ist am Tag des Ablaufs der vom Vorsitzenden am 29. Mai 2017 verfügten Wiedervorlagefrist gefasst worden. Es ist kein Grund ersichtlich, dass in diesem Zeitraum die weiteren Senatsmitglieder oder deren Vertreter nicht beteiligt werden konnten. Jedenfalls ab Eingang der Antragserwiderung bestand Gelegenheit zur Vorbefassung im Senat. Sollte tatsächlich ein atypischer Fall der Verhinderung vorgelegen haben, hätte es einer entsprechenden Begründung bedurft.
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Die gewählte Entscheidungsweise stellt sich als qualifizierter Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Zum einen ist § 155 Abs. 2 Satz 2 SGG eine Ausnahmevorschrift, die wegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG eine sorgsame, einzelfallbezogene und zurückhaltende Anwendung erforderlich macht. Zum anderen hat das Landessozialgericht durch den in das Rubrum aufgenommenen Zusatz "in entsprechender Anwendung" zu erkennen gegeben, dass es die Anwendung der Norm im Einzelfall geprüft und bejaht hat. Es ist daher ausgeschlossen, dass das Dringlichkeitserfordernis als zwingende Voraussetzung für die alleinige Zuständigkeit des Vorsitzenden übersehen worden ist.
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Gegen eine Dringlichkeit, die eine Entscheidung unter Abweichung von der regulären Besetzung des Senats erlauben würde, spricht ferner, dass es dem Vorsitzenden möglich gewesen wäre, auf den entsprechend gestellten Antrag der Antragsgegnerin hin die Vollstreckung aus dem Beschluss des Sozialgerichts durch einstweilige Anordnung gemäß § 199 Abs. 2 Satz 1 SGG auszusetzen. Dies stand ihm ohne Beteiligung der weiteren Senatsmitglieder zu, hätte einer eventuellen Dringlichkeit abgeholfen und die Entscheidung über die Beschwerde durch den Senat in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei weiteren Berufsrichtern offen gehalten, zumal auch die ungeklärte sozialrechtliche Rechtslage gegen eine Alleinentscheidung durch den Vorsitzenden sprach und mit der angenommenen Dringlichkeit zumindest abzuwägen war, denn eine gefestigte sozialgerichtliche Rechtsprechung zur Auslegung von § 132 SGB III bestand noch nicht (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3. Mai 2017 - L 14 AL 52/17 B ER -, juris, Rn. 25).
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3. Der angefochtene Beschluss beruht auf dem Verfassungsverstoß, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Entscheidung über die Beschwerde durch den Senat in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei weiteren Berufsrichtern zu Gunsten des Beschwerdeführers ausgefallen wäre.
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4. Das Landessozialgericht wird sich bei seiner erneuten Entscheidung mit dem Vortrag des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen haben, sein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt sei gemäß § 60a Abs. 2 Satz 4 und § 18a Abs. 1a AufenthG zu erwarten. Sollte es sich dabei auf die Begründung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 21. Februar 2017 - 19 CE 16.2204 -, juris, zur Frage der Teilnahme an Integrationskursen (§ 44 AufenthG) stützen wollen, wird es zu prüfen haben, ob diese Begründung auf die Gewährung existenzmitsichernder Berufsausbildungsbeihilfe übertragbar ist.
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IV.
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1. Über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist infolge der Erledigungserklärung des Beschwerdeführers nicht mehr zu entscheiden (vgl. für das Verfahren der Verfassungsbeschwerde: BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 9. Februar 2017 - 1 BvR 309/11 -, juris, unter Bezugnahme auf BVerfGE 85, 109 <113>).
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2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung für das Verfassungsbeschwerdeverfahren ergibt sich aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Ein weitergehender Auslagenerstattungsanspruch für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung besteht nicht (§ 34a Abs. 3 BVerfGG). Denn der Beschwerdeführer hat einstweilen die Aufhebung des Beschlusses des Landessozialgerichts begehrt. Ein Bestehen von Anordnungsanspruch und -grund, das die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigen könnte, ist jedoch nicht in einer den § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügenden Weise dargelegt worden. Die Behauptung des Beschwerdeführers, aus Gründen der Existenzsicherung auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung angewiesen zu sein, genügt insoweit nicht. Es erschließt sich ferner nicht, wieso die vorläufige Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe an Stelle der endgültigen Aufhebung des angefochtenen Beschlusses nicht ausreicht. Insoweit ist überdies nicht dargelegt worden, in welcher Höhe der Beschwerdeführer Berufsausbildungsbeihilfe begehrt und wie sich dieser Anspruch berechnet. Ausführungen dazu waren aber erforderlich, da das ihm zufließende Ausbildungsentgelt auf die begehrte Berufsausbildungsbeihilfe anzurechnen ist und das (finanzielle) Interesse an einer einstweiligen Anordnung darzulegen war.
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3. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seiner Bevollmächtigten erledigt sich für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wegen der angeordneten Auslagenerstattung (vgl. BVerfGE 105, 239 <252> m.w.N.). Der weitergehende Antrag ist abzulehnen, da Erfolgsaussichten mangels einer den Begründungserfordernissen aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügenden Darlegung von Anordnungsanspruch und -grund nicht bestanden (siehe oben).
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4. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Urteilsbesprechung zu Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 28. Sept. 2017 - 1 BvR 1510/17
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Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 28. Sept. 2017 - 1 BvR 1510/17 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Abweichend von den §§ 3 und 4 sowie 6 bis 7 sind das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch und Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die sich seit 18 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Die Sonderregelungen für Auszubildende nach § 22 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch finden dabei jedoch keine Anwendung auf
- 1.
Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 3 und 4 in einer nach den §§ 51, 57 und 58 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung sowie - 2.
Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 und 4 in einer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung, deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten.
- 1.
bei der Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft im Sinne von § 53 Absatz 1 des Asylgesetzes oder in einer Aufnahmeeinrichtung nach § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes für jede erwachsene Person ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anerkannt wird; - 2.
für jede erwachsene Person, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, unverheiratet ist und mit mindestens einem Elternteil in einer Wohnung im Sinne von § 8 Absatz 1 Satz 2 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes zusammenlebt, ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 anerkannt wird.
(2) Bei der Unterbringung von Leistungsberechtigten nach Absatz 1 in einer Gemeinschaftsunterkunft bestimmt die zuständige Behörde die Form der Leistung auf Grund der örtlichen Umstände.
(3) Minderjährige Kinder, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Haushaltsgemeinschaft leben, erhalten Leistungen nach Absatz 1 auch dann, wenn mindestens ein Elternteil in der Haushaltsgemeinschaft Leistungen nach Absatz 1 erhält.
(1) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder der §§ 51, 57 und 58 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel. In besonderen Härtefällen können Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel als Beihilfe oder Darlehen gewährt werden.
(2) Absatz 1 findet keine Anwendung auf Auszubildende,
- 1.
die auf Grund von § 2 Abs. 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung oder auf Grund von § 60 Absatz 1 und 2 des Dritten Buches keinen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe haben, - 2.
deren Bedarf sich nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder nach § 62 Absatz 1 des Dritten Buches bemisst oder - 3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund von § 10 Abs. 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.
(1) Auszubildende haben Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe während einer Berufsausbildung, wenn
- 1.
die Berufsausbildung förderungsfähig ist, - 2.
sie zum förderungsberechtigten Personenkreis gehören und - 3.
ihnen die erforderlichen Mittel zur Deckung des Bedarfs für den Lebensunterhalt, die Fahrkosten und die sonstigen Aufwendungen (Gesamtbedarf) nicht anderweitig zur Verfügung stehen.
(2) Auszubildende haben Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe während einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme nach § 51. Teilnehmende an einer Vorphase nach § 74 Absatz 1 Satz 2 haben Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe wie Auszubildende in einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme. Ausländerinnen und Ausländer, die eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylgesetz besitzen, sind in den Fällen der Sätze 1 und 2 nicht zum Bezug von Berufsausbildungsbeihilfe berechtigt.
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird unter Abänderung der Nr. 5 des Beschlusses vom 4. Oktober 2016 für beide Rechtszüge auf 1.350 EUR festgesetzt.
IV.
Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt MacLean, Berlin, gewährt.
Gründe
I.
II.
(1) Einen Anspruch auf die einmalige Teilnahme an einem Integrationskurs hat ein Ausländer, der sich dauerhaft im Bundesgebiet aufhält, wenn ihm
- 1.
erstmals eine Aufenthaltserlaubnis - 2.
ein Aufenthaltstitel nach § 23 Abs. 2 oder Absatz 4
(2) Der Teilnahmeanspruch nach Absatz 1 erlischt ein Jahr nach Erteilung des den Anspruch begründenden Aufenthaltstitels oder bei dessen Wegfall. Dies gilt nicht, wenn sich der Ausländer bis zu diesem Zeitpunkt aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht zu einem Integrationskurs anmelden konnte.
(3) Der Anspruch auf Teilnahme am Integrationskurs besteht nicht,
- 1.
bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die eine schulische Ausbildung aufnehmen oder ihre bisherige Schullaufbahn in der Bundesrepublik Deutschland fortsetzen, - 2.
bei erkennbar geringem Integrationsbedarf oder - 3.
wenn der Ausländer bereits über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.
(4) Ein Ausländer, der einen Teilnahmeanspruch nicht oder nicht mehr besitzt, kann im Rahmen verfügbarer Kursplätze zur Teilnahme zugelassen werden. Diese Regelung findet entsprechend auf deutsche Staatsangehörige Anwendung, wenn sie nicht über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen und in besonderer Weise integrationsbedürftig sind, sowie auf Ausländer, die
- 1.
eine Aufenthaltsgestattung besitzen, - 2.
eine Duldung nach § 60a Absatz 2 Satz 3 besitzen oder - 3.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 oder § 25 Absatz 5 besitzen.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.
(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.
(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.
(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.
(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.
(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.
(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.
(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.
(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.
(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn
- 1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen, - 2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder - 3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Einer Fachkraft mit Berufsausbildung kann eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer qualifizierten Beschäftigung erteilt werden, zu der ihre erworbene Qualifikation sie befähigt.
(1) Einen Anspruch auf die einmalige Teilnahme an einem Integrationskurs hat ein Ausländer, der sich dauerhaft im Bundesgebiet aufhält, wenn ihm
- 1.
erstmals eine Aufenthaltserlaubnis - 2.
ein Aufenthaltstitel nach § 23 Abs. 2 oder Absatz 4
(2) Der Teilnahmeanspruch nach Absatz 1 erlischt ein Jahr nach Erteilung des den Anspruch begründenden Aufenthaltstitels oder bei dessen Wegfall. Dies gilt nicht, wenn sich der Ausländer bis zu diesem Zeitpunkt aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht zu einem Integrationskurs anmelden konnte.
(3) Der Anspruch auf Teilnahme am Integrationskurs besteht nicht,
- 1.
bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die eine schulische Ausbildung aufnehmen oder ihre bisherige Schullaufbahn in der Bundesrepublik Deutschland fortsetzen, - 2.
bei erkennbar geringem Integrationsbedarf oder - 3.
wenn der Ausländer bereits über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.
(4) Ein Ausländer, der einen Teilnahmeanspruch nicht oder nicht mehr besitzt, kann im Rahmen verfügbarer Kursplätze zur Teilnahme zugelassen werden. Diese Regelung findet entsprechend auf deutsche Staatsangehörige Anwendung, wenn sie nicht über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen und in besonderer Weise integrationsbedürftig sind, sowie auf Ausländer, die
- 1.
eine Aufenthaltsgestattung besitzen, - 2.
eine Duldung nach § 60a Absatz 2 Satz 3 besitzen oder - 3.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 oder § 25 Absatz 5 besitzen.
(1) Der Vorsitzende kann seine Aufgaben nach den §§ 104, 106 bis 108 und 120 einem Berufsrichter des Senats übertragen.
(2) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,
- 1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens; - 2.
bei Zurücknahme der Klage oder der Berufung, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe; - 3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe; - 4.
über den Streitwert; - 5.
über Kosten.
(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.
(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.
(1) Liegen die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 Buchstabe b vor und ist die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, kann die Kammer der Verfassungsbeschwerde stattgeben, wenn sie offensichtlich begründet ist. Der Beschluß steht einer Entscheidung des Senats gleich. Eine Entscheidung, die mit der Wirkung des § 31 Abs. 2 ausspricht, daß ein Gesetz mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar oder nichtig ist, bleibt dem Senat vorbehalten.
(2) Auf das Verfahren finden § 94 Abs. 2 und 3 und § 95 Abs. 1 und 2 Anwendung.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht (Senat) zurückverwiesen.
Rechtsbeschwerdewert: bis 2.500,00
Gründe:
I. Der Kläger und R. S. waren Geschäftsführer und - mit Stimmrechtsanteilen von je 50 % - Gesellschafter der beklagten GmbH. Zwischen den Parteien besteht Streit darüber, ob auf den Gesellschafterversammlungen der Beklagten vom 2. und 22. Oktober 2001 der Kläger als Geschäftsführer wirksam aus wichtigem Grund abberufen worden ist. Nachdem der Klä-
ger Klage auf Feststellung der Nichtigkeit, hilfsweise Nichtigerklärung der auf den Versammlungen (möglicherweise) gefaßten Beschlüsse eingereicht hatte, haben er und S. einverständlich ihre Ämter als Geschäftsführer zum 30. November 2001 niedergelegt und neue Geschäftsführer bestellt. Nach Einzahlung des Gebührenvorschusses durch den Kläger und Zustellung der Klage haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen des Landgerichts hat durch Beschluß vom 24. April 2002 die Kosten des Rechtsstreits den Parteien je zur Hälfte auferlegt. Dagegen haben beide Parteien sofortige Beschwerde eingelegt. Der Einzelrichter des Beschwerdegerichts hat die gesamten Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt und im übrigen die Rechtsbeschwerde zugelassen, "weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO insoweit vorliegen , als es um die Grundsatzfrage der Entscheidungszuständigkeit des originären Einzelrichters geht und die vorliegende Entscheidung dazu von den Entscheidungen der Oberlandesgerichte Karlsruhe und Zweibrücken (NJW 2002, S. 1962 bzw. S. 2722) abweicht". Mit der Rechtsbeschwerde rügt die Beklagte eine fehlerhafte Besetzung des Beschwerdegerichts und erstrebt in der Sache eine Änderung der Kostenentscheidung zu ihren Gunsten.
II. 1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft.
Ihre Zulassung ist nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht deshalb unwirksam, weil der Einzelrichter die Rechtsbeschwerde zugelassen hat, obwohl er bei Annahme einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache das Verfahren gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorge-
schriebenen Besetzung hätte übertragen müssen; an eine unter Verstoß gegen § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO erfolgte Zulassung ist das Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO gleichwohl gebunden (vgl. BGH, Beschl. v. 13. März 2003 - IX ZB 134/02, WM 2003, 701; Beschl. v. 10. April 2003 - VII ZB 17/02, BB 2003, 1200; Beschl. v. 11. September 2003 - XII ZB 188/02, BB 2003, 2372; Beschl. v. 18. September 2003 - V ZB 53/02, Umdr. S. 3 - veröffentl. in juris).
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.
a) Die angefochtene Entscheidung des Einzelrichters unterliegt allerdings nicht schon der Aufhebung von Amts wegen, weil dieser sich die Entscheidungszuständigkeit des Kollegiums in der Zulassungsfrage willkürlich angemaßt hätte (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG). Zwar hat der originäre Einzelrichter i.S. des § 568 Satz 1 ZPO nach der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - der sich der erkennende Senat anschließt - bei Rechtssachen, denen er grundsätzliche Bedeutung beimißt, von Gesetzes wegen das Verfahren an das Kollegium zu übertragen; bejaht er gleichwohl mit der eigenen Zulassungsentscheidung zugleich die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, so ist seine Entscheidung im Regelfall als objektiv willkürlicher Verstoß gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters anzusehen.
Die Nichtübertragung des Verfahrens auf das Senatskollegium stellt sich jedoch in der hier gegebenen besonderen Fallkonstellation nicht als objektiv willkürlich dar. Diese ist dadurch gekennzeichnet, daß das Grundsatzproblem der Rechtssache gerade die - vorgelagerte - Frage der (eigenen) Entscheidungszuständigkeit des originären Einzelrichters als Beschwerderichter i.S. des § 568 Satz 1 ZPO gegen Entscheidungen des Vorsitzenden der Kammer für
Handelssachen betraf. In dieser - vom Gesetzgeber nicht bedachten - besonderen Situation erweist sich das Vorgehen des Einzelrichters bei objektiver Be- trachtung nicht als unverständlich und offensichtlich unhaltbar (vgl. BGHZ 85, 116).
Der Einzelrichter des Oberlandesgerichts hat die Frage seiner originären Zuständigkeit i.S. des § 568 Satz 1 ZPO im Verfahren über eine Beschwerde gegen einen Beschluß des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen objektiv mit Recht als höchstrichterlich klärungsbedürftig angesehen, weil ein Zulassungsgrund i.S. des § 574 Abs. 2, 3 Satz 1 ZPO vorlag (zum weiten Begriff der "grundsätzlichen Bedeutung" i.S. von § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO: BGH, Beschl. v. 13. März 2003 aaO). Die seit Inkrafttreten der neuen Zivilprozeßordnung aufgetretene Frage der Anwendbarkeit des § 568 Satz 1 ZPO auf erstinstanzliche Entscheidungen des Vorsitzenden einer Kammer für Handelssachen ist nicht nur in der prozeßrechtlichen Literatur, sondern insbesondere in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten (gegen eine Behandlung des Vorsitzenden einer Kammer für Handelssachen als Einzelrichter i.S. des § 568 Satz 1 ZPO: OLG Karlsruhe, NJW 2002, 1962; OLG Frankfurt [5. Zivilsenat], OLGReport 2002, 250 ff.; OLG Zweibrücken NJW 2002, 2722; OLG Celle, Beschl. v. 25. September 2002 - 11 W 45/02, veröffentl. in juris; OLG Schleswig, OLGReport 2003, 192 [6. Zivilsenat] sowie 278 [16. Zivilsenat]; Hartmann in Baumbach /Lauterbach, ZPO 61. Aufl. § 349 Rdn. 1; Albers in Baumbach/ Lauterbach aaO, § 568 Rdn. 2; Zimmermann, ZPO 6. Aufl. § 349 Rdn. 9 u. § 568 Rdn. 1; Zöller-Gummer, ZPO 24. Aufl. § 568 Rdn. 3 - unter Aufgabe der in der Vorauflage vertretenen gegenteiligen Auffassung; dafür: OLG Köln, OLGReport 2002, 344; OLG Dresden, OLGReport 2003, 452; OLG Frankfurt [13. Zivilsenat], OLGReport 2003, 342; Thomas/Putzo-Reichold, ZPO 25. Aufl. § 568 Rdn. 2; Greger, NJW 2002, 3049, 3053; Fölsch, MDR 2003, 308 ff.;
Feskorn, NJW 2003, 856 f.). Danach hat die Sache nicht nur Grundsatzbedeu- tung im engeren Sinne des § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, sondern bedarf im Sinne der Nr. 2 dieser Vorschrift im Hinblick auf die bestehenden Divergenzen in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs als Rechtsbeschwerdegericht. Diese seine eigene Entscheidungszuständigkeit - und damit die Bestimmung des gesetzlichen Richters - betreffende Grundsatzfrage konnte der Einzelrichter allerdings hier nicht auf dem im Gesetz vorgesehenen Wege der gebotenen höchstrichterlichen Klärung zuführen. Hätte er nämlich gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO das Verfahren "wegen Grundsätzlichkeit" dem Senatskollegium zur Entscheidung übertragen, so wäre dieses - kraft der bindenden, aufdrängenden Zuständigkeitsverschiebung - zur Entscheidung in der Sache selbst zuständig geworden. Der Kollegialspruchkörper hätte dann die Rechtsbeschwerde wegen Grundsätzlichkeit nicht mehr zulassen dürfen, weil er durch die Übertragung gesetzlicher Richter (geworden) und damit zugleich die Relevanz der - den Anlaß für die Übertragung des Verfahrens darstellenden - Grundsatzfrage für die konkrete Entscheidung in der Sache selbst entfallen wäre (zum Erfordernis der Entscheidungserheblichkeit im jeweils anhängigen Rechtsstreit für die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung: st. Rspr., vgl. BGH, Beschl. v. 1. Oktober 2002 - XI ZR 71/02, WM 2002, 2344, 2347 - z. Veröffentl. in BGHZ 152, 182 bestimmt; BGH, Beschl. v. 7. Januar 2003 - X ZR 82/02, WM 2003, 402, 403 - z. Veröffentl. in BGHZ 153, 254 bestimmt). Eine derartige - vom Reformgesetzgeber offenbar nicht bedachte - Situation entspricht ersichtlich nicht dem u.a. mit der Neuregelung des § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO verfolgten Ziel, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auch im Bereich von Nebenentscheidungen einer - erforderlichen - Klärung durch den Bundesgerichtshof zugänglich zu machen (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 58, 59, 69). In einer derartigen Sondersituation erweist sich die Entscheidung des Ein-
zelrichters, entsprechend dem Ziel des Reformgesetzgebers die Klärung der Grundsatzfrage durch den Bundesgerichtshof als Rechtsbeschwerdegericht - unter Übergehung der an sich gesetzlich vorgeschriebenen Übertragung auf den Senat gemäß § 568 Satz 2 ZPO - durch eine eigene Zulassungsentscheidung herbeizuführen, nicht objektiv als offensichtlich unhaltbar und außerhalb der Gesetzlichkeit liegend.
b) Die angefochtene Entscheidung unterliegt jedoch deshalb der Aufhebung (§§ 576 Abs. 3, 547 Nr. 1 ZPO), weil - wie die Beklagte zu Recht rügt - über die Beschwerden gegen den Kostenbeschluß des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen das Beschwerdegericht nicht in der gemäß § 122 GVG vorgeschriebenen Besetzung als Senatskollegium, sondern durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter entschieden hat.
aa) Nach § 568 Satz 1 ZPO entscheidet das Beschwerdegericht nur dann durch einen Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Hier hat indessen in erster Instanz über die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91 a ZPO der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen des Landgerichts (§ 349 Abs. 2 Nr. 6 ZPO) entschieden. Dieser ist nach der eindeutigen gesetzlichen Terminologie des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Zivilprozeßordnung aufgrund seiner erstinstanzlichen Entscheidungstätigkeit kein "Einzelrichter". Die Verfahrensgesetze bezeichnen den entscheidungsbefugten Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen - anders als den Einzelrichter der Zivilkammer beim Landgericht (§§ 348, 348 a ZPO) und den als "Einzelrichter" entscheidenden Richter beim Amtsgericht (§ 22 Abs. 4 GVG) - ausdrücklich nicht als "Einzelrichter", sondern in seiner Funktion als Vorsitzenden (§ 105 Abs. 1 GVG, § 349 ZPO). Der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen verkörpert bei seiner
Alleinentscheidung "als Vorsitzender" die Kammer als Prozeßgericht, "an deren Stelle" er entscheidet (§ 349 Abs. 2, 3 ZPO); die die "Einzelrichter"-Befugnisse des Richters der "normalen" Zivilkammer regelnden §§ 348, 348 a ZPO sind in § 349 Abs. 4 ZPO ausdrücklich für nicht anwendbar erklärt worden. Im Hinblick auf Rechtsmittel differenziert die Generalnorm des § 350 ZPO ebenfalls terminologisch strikt zwischen dem Einzelrichter (als Mitglied einer Zivilkammer) und dem Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen, indem sie für die Anfechtung ausdrücklich von den Entscheidungen "des Einzelrichters (§§ 348, 348 a ZPO)" und denen "des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen (§ 349 ZPO)" spricht. Soweit der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen (ausnahmsweise ) "echter" Einzelrichter sein soll, bezeichnet ihn das Gesetz auch explizit so: Eine solche besondere Bestimmung des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen als Einzelrichter findet sich ausschließlich im Rahmen der Zuständigkeit als Berufungsgericht (§ 526 Abs. 4, 527 Abs. 1 Satz 2 ZPO), nicht jedoch in der - im vorliegenden Fall einschlägigen - Zuständigkeitsnorm des § 568 ZPO für das Beschwerdeverfahren im Hinblick auf seine erstinstanzliche Entscheidung.
Demgegenüber läßt sich nicht etwa eine generelle Einstufung des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen als Einzelrichter daraus ableiten, daß der vierte Titel des ersten Abschnitts des zweiten Buches der ZPO, in dem sich die ihn betreffende Regelung des § 349 ZPO befindet, mit "Verfahren vor dem Einzelrichter“ überschrieben ist. Diese Überschrift stellt insofern lediglich ein historisches Relikt dar, als der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen vor Einführung des alleinentscheidenden Einzelrichters durch die sog. Einzelrichternovelle von 1974 ebenso (nur) vorbereitender Einzelrichter sein konnte wie ein Mitglied einer Zivilkammer und in diesem Zusammenhang auch als Einzelrichter bezeichnet wurde (vgl. § 350 Abs. 2 ZPO in der vor 1975 geltenden Fas-
sung). Mit Einführung des alleinentscheidenden Einzelrichters bei den Zivilkammern wurde - unter Beibehaltung der lediglich vorbereitenden Alleinhandlungsbefugnisse des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen - die bis heute gültige terminologische Unterscheidung in das Gesetz eingeführt, um Verwechslungen zu vermeiden und der unterschiedlichen Funktion Rechnung zu tragen (BT-Drucks. 7/2729, S. 83 sowie BT-Drucks. 7/2769, S. 13), ohne gleichzeitig die Titelüberschrift zu ändern.
bb) Da die Verfahrensgesetze - nach dem klaren Willen des Gesetzgebers der Einzelrichternovelle 1974 - ausdrücklich zwischen dem Einzelrichter und dem Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen unterscheiden, lassen der eindeutige Wortlaut und -sinn des Begriffs "Einzelrichter" es nicht zu, den Vorsitzenden einer Kammer für Handelssachen - etwa im Wege teleologischer oder erweiternder Auslegung - als den in § 568 Satz 1 ZPO genannten (erstinstanzlichen ) Einzelrichter anzusehen (insoweit zutreffend auch Fölsch aaO, S. 310).
cc) Auch eine analoge Anwendung des § 568 Satz 1 ZPO kommt nicht in Betracht. Der Senat vermag angesichts der aufgezeigten terminologischen Eindeutigkeit bereits eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes nicht festzustellen ; insbesondere ist ein Wille des Gesetzgebers, den Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen als Einzelrichter i.S. des § 568 Satz 1 ZPO zu behandeln , dem Gesetz nicht zu entnehmen. Aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 14/4722, S. 110 f.) geht im Gegenteil hervor, daß von der Neuregelung - neben Rechtspflegerentscheidungen - nur "amtsgerichtliche oder vom Einzelrichter am Landgericht erlassene Entscheidungen" erfaßt werden sollen und dementsprechend dort auch allein unter den Begriff der "Einzelrichterentscheidungen" subsumiert werden; daß etwa den Entwurfsverfassern - und dar-
auf aufbauend dem Gesetzgeber - die Tatsache unbekannt gewesen oder von ihnen übersehen worden wäre, daß für den potentiellen Regelungsbereich der neuen Vorschrift auch vom Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen in seiner Funktion als ein alleiniger Entscheidungsträger getroffene Entscheidungen in Betracht gekommen wären, ist nicht ersichtlich. Dagegen spricht vielmehr , daß in der vergleichbaren, für das Berufungsverfahren geltenden Neuregelung der §§ 526 f. ZPO der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen ausdrücklich als "Einzelrichter", jedoch begrenzt auf seine Entscheidungszuständigkeit als Berufungsrichter (vgl. §§ 526 Abs. 4, 527 Abs. 1 Satz 2 ZPO), bezeichnet wird, während eine terminologische Differenzierung in bezug auf die angefochtene (erstinstanzliche) Entscheidung eines Einzelrichters (§ 526 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) nicht erfolgt ist. Angesichts dessen läßt sich ein Analogieschluß nicht damit rechtfertigen, daß eine Ausdehnung des § 568 Satz 1 ZPO auf Entscheidungen des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen möglicherweise in das Generalkonzept des Gesetzgebers zur Vereinfachung und Beschleunigung des Zivilprozesses passen würde. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund , daß im Verhältnis zur generellen Regelung des § 122 GVG über die Entscheidungszuständigkeit des Kollegiums des Senats des Oberlandesgerichts die Bestimmung des § 568 ZPO über die originäre Einzelrichterzuständigkeit jedenfalls rechtstechnisch als Ausnahmevorschrift - mag sie auch tatsächlich wegen der umgekehrten Situation in der ersten Instanz die Mehrzahl der Rechtsmittelfälle erfassen - anzusehen und deshalb eng auszulegen ist. Einer Erweiterung des Anwendungsbereichs der Vorschrift über ihren klaren Wortlaut hinaus steht aber vor allem die verfassungsmäßige Forderung entgegen, den gesetzlichen Richter im voraus möglichst eindeutig zu bestimmen, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG; für Zweckmäßigkeitserwägungen - insbesondere rechtspolitischer Natur - ist im Rahmen einer streng am Wortlaut des Gesetzes orientierten Anwendung einer Bestimmung über den gesetzlichen Richter - wie vorlie-
gend - kein Raum (vgl. z.B. BVerfGE 30, 149, 155; 30, 165, 168 - jew. zu § 23 Abs. 2 StPO; vgl. auch BGH, Urt. v. 5. Dezember 1980 - V ZR 16/80, NJW 1981, 1273 f. - zu § 41 Nr. 6 ZPO).
3. Da das Beschwerdegericht demnach zu Unrecht durch den Einzelrichter gemäß § 568 Satz 1 ZPO anstelle des nach § 122 Abs. 1 GVG zur Entscheidung berufenen Kollegiums des Senats entschieden hat, war es nicht vorschriftsmäßig besetzt, §§ 576 Abs. 3, 547 Nr. 1 ZPO (vgl. zum umgekehrten Fall: BGH, Beschl. v. 11. Februar 2003 - VIII ZB 56/02, MDR 2003, 645, 646; vgl. auch Sen.Urt. v. 19. Oktober 1992 - II ZR 171/91, NJW 1993, 600 f. - zu § 524 Abs. 1 a.F. ZPO). Angesichts dieses absoluten Rechtsbeschwerdegrundes ist es unerheblich, ob sich der angefochtene Beschluß aus anderen Gründen in der Sache als richtig darstellen würde (vgl. § 577 Abs. 3 ZPO); denn
unabhängig davon ist gemäß § 577 Abs. 4 ZPO der verfahrensfehlerhaft ergangene Beschluß aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das zuständige Senatskollegium zurückzuverweisen (vgl. BGH, Beschl. v. 11. Februar 2003 aaO, m.w.N.).
Goette Kurzwelly Kraemer
Münke Gehrlein
(1) Jeder Senat wird in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig. § 12 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 bis 5 gilt entsprechend.
(2) In Senaten, die in Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2) entscheiden, wirken die für Angelegenheiten der Sozialversicherung berufenen ehrenamtlichen Richter mit.
(1) Der Vorsitzende kann seine Aufgaben nach den §§ 104, 106 bis 108 und 120 einem Berufsrichter des Senats übertragen.
(2) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,
- 1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens; - 2.
bei Zurücknahme der Klage oder der Berufung, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe; - 3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe; - 4.
über den Streitwert; - 5.
über Kosten.
(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.
(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.
(1) Der Vorsitzende kann seine Aufgaben nach den §§ 104, 106 bis 108 und 120 einem Berufsrichter des Senats übertragen.
(2) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,
- 1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens; - 2.
bei Zurücknahme der Klage oder der Berufung, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe; - 3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe; - 4.
über den Streitwert; - 5.
über Kosten.
(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.
(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.
(1) Vollstreckt wird
- 1.
aus gerichtlichen Entscheidungen, soweit nach den Vorschriften dieses Gesetzes kein Aufschub eintritt, - 2.
aus einstweiligen Anordnungen, - 3.
aus Anerkenntnissen und gerichtlichen Vergleichen, - 4.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen, - 5.
aus Vollstreckungsbescheiden.
(2) Hat ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung, so kann der Vorsitzende des Gerichts, das über das Rechtsmittel zu entscheiden hat, die Vollstreckung durch einstweilige Anordnung aussetzen. Er kann die Aussetzung und Vollstreckung von einer Sicherheitsleistung abhängig machen; die §§ 108, 109, 113 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Die Anordnung ist unanfechtbar; sie kann jederzeit aufgehoben werden.
(3) Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend, wenn ein Urteil nach § 131 Abs. 4 bestimmt hat, daß eine Wahl oder eine Ergänzung der Selbstverwaltungsorgane zu wiederholen ist. Die einstweilige Anordnung ergeht dahin, daß die Wiederholungswahl oder die Ergänzung der Selbstverwaltungsorgane für die Dauer des Rechtsmittelverfahrens unterbleibt.
(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.
(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.
(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.
(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.
(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.
(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.
(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.
(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.
(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.
(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.
(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn
- 1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen, - 2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder - 3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Einer Fachkraft mit Berufsausbildung kann eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer qualifizierten Beschäftigung erteilt werden, zu der ihre erworbene Qualifikation sie befähigt.
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird unter Abänderung der Nr. 5 des Beschlusses vom 4. Oktober 2016 für beide Rechtszüge auf 1.350 EUR festgesetzt.
IV.
Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt MacLean, Berlin, gewährt.
Gründe
I.
II.
(1) Einen Anspruch auf die einmalige Teilnahme an einem Integrationskurs hat ein Ausländer, der sich dauerhaft im Bundesgebiet aufhält, wenn ihm
- 1.
erstmals eine Aufenthaltserlaubnis - 2.
ein Aufenthaltstitel nach § 23 Abs. 2 oder Absatz 4
(2) Der Teilnahmeanspruch nach Absatz 1 erlischt ein Jahr nach Erteilung des den Anspruch begründenden Aufenthaltstitels oder bei dessen Wegfall. Dies gilt nicht, wenn sich der Ausländer bis zu diesem Zeitpunkt aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht zu einem Integrationskurs anmelden konnte.
(3) Der Anspruch auf Teilnahme am Integrationskurs besteht nicht,
- 1.
bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die eine schulische Ausbildung aufnehmen oder ihre bisherige Schullaufbahn in der Bundesrepublik Deutschland fortsetzen, - 2.
bei erkennbar geringem Integrationsbedarf oder - 3.
wenn der Ausländer bereits über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.
(4) Ein Ausländer, der einen Teilnahmeanspruch nicht oder nicht mehr besitzt, kann im Rahmen verfügbarer Kursplätze zur Teilnahme zugelassen werden. Diese Regelung findet entsprechend auf deutsche Staatsangehörige Anwendung, wenn sie nicht über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen und in besonderer Weise integrationsbedürftig sind, sowie auf Ausländer, die
- 1.
eine Aufenthaltsgestattung besitzen, - 2.
eine Duldung nach § 60a Absatz 2 Satz 3 besitzen oder - 3.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 oder § 25 Absatz 5 besitzen.
Tenor
-
Der Antrag der Beschwerdeführer auf Anordnung der Erstattung ihrer notwendigen Auslagen wird abgelehnt.
Gründe
- 1
-
Über die Verfassungsbeschwerde ist aufgrund der Erledigungserklärung der Beschwerdeführer vom 30. Januar 2017 nicht mehr zu entscheiden (vgl. BVerfGE 85, 109 <113>). Verfahrensgegenstand ist nur noch die Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführer auf Erstattung ihrer notwendigen Auslagen, die ebenfalls der Kammer obliegt (vgl. BVerfGE 72, 34 <38 f.>). Dieser Antrag hat keinen Erfolg.
- 2
-
1. Nach Erledigung der Verfassungsbeschwerde ist über die Erstattung der den Beschwerdeführern entstandenen Auslagen nach Billigkeitsgesichtspunkten zu entscheiden, § 34a Abs. 3 BVerfGG. Dabei ist eine Gesamtwürdigung aller bekannten Umstände vorzunehmen. Mit Blick auf die Funktion und die Tragweite verfassungsgerichtlicher Entscheidungen kommt, insbesondere wenn es um die Gültigkeit eine Gesetzes geht, eine summarische Prüfung der Erfolgsaussicht der Verfassungsbeschwerde regelmäßig nicht in Betracht (vgl. BVerfGE 85, 109 <115>; 87, 394 <398>). Eine Erstattung von Auslagen kommt allerdings dann in Frage, wenn die Erfolgsaussicht der Verfassungsbeschwerde offensichtlich war und unterstellt werden kann oder wenn die verfassungsrechtliche Lage geklärt worden ist (vgl. BVerfGE 85, 109 <114 ff.>). Vor allem dann, wenn die öffentliche Gewalt von sich aus den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Akt beseitigt oder der Beschwer auf andere Weise abhilft und davon ausgegangen werden kann, dass sie das Begehren des Beschwerdeführers selbst für berechtigt gehalten hat, kann es billig sein, dem Beschwerdeführer die Erstattung seiner Auslagen zuzubilligen (vgl. BVerfGE 87, 394 <397>).
- 3
-
2. Gemessen an diesen Grundsätzen scheidet eine Auslagenerstattung vorliegend aus.
- 4
-
Zwar hat der Gesetzgeber mit dem Dreizehnten Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes vom 31. Juli 2011 (BGBl I S. 1704; im Folgenden: 13. AtG-Novelle) die erst kurz zuvor durch das Elfte Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes vom 8. Dezember 2010 (BGBl I S. 1814; im Folgenden: 11. AtG-Novelle) gewährte Verlängerung der Laufzeiten der Kernkraftwerke zurückgenommen und damit den hier in erster Linie angegriffenen Gesetzesakt beseitigt. Jedoch erfolgte diese Rücknahme allein aufgrund einer Neubewertung der mit der Kernenergienutzung verbundenen Risiken durch den Gesetzgeber infolge des Reaktorunglücks in Fukushima (vgl. BVerfG, Urteil vom 06. Dezember 2016 - 1 BvR 2821/11 u.a. - Rn. 282 f.). Die Beseitigung der Laufzeitverlängerung geht deshalb nicht auf ein Einlenken des Gesetzgebers aufgrund der - maßgeblich auf die fehlende Zustimmung des Bundesrats zur 11. AtG-Novelle gegründeten - verfassungsrechtlichen Bedenken der Beschwerdeführer zurück, sondern war Ausdruck einer Neuorientierung von Bundesregierung und Gesetzgeber auf dem Gebiet der Kernenergie.
- 5
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen einschließlich der Kosten der Verteidigung zu ersetzen.
(2) Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde als begründet, so sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten.
(3) In den übrigen Fällen kann das Bundesverfassungsgericht volle oder teilweise Erstattung der Auslagen anordnen.
(1) Anträge, die das Verfahren einleiten, sind schriftlich beim Bundesverfassungsgericht einzureichen. Sie sind zu begründen; die erforderlichen Beweismittel sind anzugeben.
(2) Der Vorsitzende oder, wenn eine Entscheidung nach § 93c in Betracht kommt, der Berichterstatter stellt den Antrag dem Antragsgegner, den übrigen Beteiligten sowie den Dritten, denen nach § 27a Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird, unverzüglich mit der Aufforderung zu, sich binnen einer zu bestimmenden Frist dazu zu äußern.
(3) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann jedem Beteiligten aufgeben, binnen einer zu bestimmenden Frist die erforderliche Zahl von Abschriften seiner Schriftsätze und der angegriffenen Entscheidungen für das Gericht und für die übrigen Beteiligten nachzureichen.
In der Begründung der Beschwerde sind das Recht, das verletzt sein soll, und die Handlung oder Unterlassung des Organs oder der Behörde, durch die der Beschwerdeführer sich verletzt fühlt, zu bezeichnen.
(1) Anträge, die das Verfahren einleiten, sind schriftlich beim Bundesverfassungsgericht einzureichen. Sie sind zu begründen; die erforderlichen Beweismittel sind anzugeben.
(2) Der Vorsitzende oder, wenn eine Entscheidung nach § 93c in Betracht kommt, der Berichterstatter stellt den Antrag dem Antragsgegner, den übrigen Beteiligten sowie den Dritten, denen nach § 27a Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird, unverzüglich mit der Aufforderung zu, sich binnen einer zu bestimmenden Frist dazu zu äußern.
(3) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann jedem Beteiligten aufgeben, binnen einer zu bestimmenden Frist die erforderliche Zahl von Abschriften seiner Schriftsätze und der angegriffenen Entscheidungen für das Gericht und für die übrigen Beteiligten nachzureichen.
In der Begründung der Beschwerde sind das Recht, das verletzt sein soll, und die Handlung oder Unterlassung des Organs oder der Behörde, durch die der Beschwerdeführer sich verletzt fühlt, zu bezeichnen.
(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.
(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.
(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.