Finanzgericht Hamburg Gerichtsbescheid, 01. Feb. 2016 - 3 K 130/15

bei uns veröffentlicht am01.02.2016

Tatbestand

1

A. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob ein Grundstückskaufvertrag i. S. des § 16 Abs. 1 Nr. 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) rückgängig gemacht wurde.

I.

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1. Die B AöR (im Folgenden: B) ist Eigentümerin eines in Hamburg-..., X-Straße, belegenen Grundstücks, das durch Vertrag vom 02.11.2004 an die A GmbH (im Folgenden: A-GmbH) vermietet wurde, die es ihrerseits an ein dort tätiges Logistikunternehmen untervermietete. Die A-GmbH errichtete auf dem Grundstück in Ausübung eines im Mietvertrag vorgesehenen Rechtes ein Gebäude. Sie war verpflichtet, dieses Gebäude bei Beendigung des Mietvertrages zu beseitigen.

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2. Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft niederländischen Rechts, deren Anteile zu 100 % von der C (im Folgenden: C-BV) gehalten werden. Diese ist wiederum eine 100-prozentige Tochter der D, die ihrerseits zu 100 % dem E ... (E) gehört, an dem drei weitere Konzerngesellschaften sowie mehrheitlich außenstehende Anleger beteiligt sind. Eine der beteiligten Gesellschaften, die F, ist zu 87,04 % unmittelbar und zu 10,88 % mittelbar über eine 100-prozentige Tochtergesellschaft an der G (im Folgenden: G-BV) beteiligt. Wegen der Einzelheiten zu den Beteiligungsverhältnissen wird auf das Schaubild gemäß Anlage K 11 Bezug genommen (Finanzgerichtsakten -FGA- Anlagenband Bl. 287; die Klägerin dort versehentlich als ... B.V. bezeichnet).

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3. a) Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 29.08.2013 (Anlage K 2, FGA Anlagenband Bl. 5 ff.) erwarb die Klägerin von der A-GmbH das Eigentum an dem auf dem Grundstück in Hamburg-... errichteten Gebäude zum Preis von ... €. Zugleich kaufte die Klägerin von der S & Co. KG (im Folgenden: S-KG) diverse auf dem Grundstück befindliche Betriebsvorrichtungen, im Wesentlichen Gleisanlagen, zum Preis von ... €. Zugleich erwarb die Klägerin durch zwei gleichzeitig abgeschlossene weitere Kaufverträge Grundstücke in H, J, M, K und L. Für die drei Kaufverträge wurde ein Rahmenvertrag geschlossen (Anlage K 4, FGA Anlagenband Bl. 65 ff.).

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Nach § 8 Ziff. 7 des Kaufvertrages bzgl. des Gebäudes sollte die Klägerin - vorbehaltlich der Zustimmung der B - anstelle der A-GmbH in den bestehenden Grundstücksmietvertrag eintreten. In § 10 Ziff. 2 des Kaufvertrages bzgl. des Gebäudes war vereinbart, dass jede Partei von dem Vertrag zurücktreten konnte, wenn die Fälligkeitsvoraussetzungen nach § 5 Ziff. 1 des Vertrages nicht bis zum 15.12.2013 erfüllt sein würden. Voraussetzung für die Fälligkeit des Kaufpreises war nach § 5 Ziff. 1 Buchst. a des Vertrages u. a., dass die Parteien dem Notar bestätigen, dass der dem Kaufvertrag als Anlage beigefügte Nachtrag zu dem Mietvertrag abgeschlossen wurde. In diesem Nachtrag sollte die B die Zustimmung zur Übertragung des mit der A-GmbH geschlossenen Mietvertrages auf die Klägerin erteilen und die Laufzeit des Mietvertrages verlängert werden. Nach allen über die Rahmenurkunde verknüpften Kaufverträgen war weitere Fälligkeitsvoraussetzung, dass auch die Kaufpreisfälligkeit bzgl. der jeweils fünf anderen Immobilien vorliegen sollte (vgl. § 5 Ziff. 1 Buchst. d des Gebäudekaufvertrages). Das Eigentum an dem Gebäude sollte nach § 7 Ziff. 1 am Monatsletzten des Monats der vollständigen Kaufpreiszahlung übergehen.

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4. Der Beklagte setzte für den Erwerb des Gebäudes mit Bescheid vom 14.10.2013 Grunderwerbsteuer in Höhe von ... € fest (Grunderwerbsteuerakten -GrEStA- Bd. I Bl. 126).

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5. a) Mit E-Mail-Schreiben vom 19.11.2013 (GrEStA Bd. II Bl. 296) lehnte die B die in dem Nachtrag zum Mietvertrag vorgesehene Verlängerung der Laufzeit zu unveränderten Konditionen ab und forderte als Voraussetzung für die Zustimmung zur Vertragsübernahme eine höhere Miete.

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b) Die A-GmbH schlug daraufhin mit E-Mail-Schreiben vom 25.11.2013 (Anlage K 7, FGA Anlagenband Bl. 200 f.) vor, die Transaktion in einen Erwerb der Geschäftsanteile an ihr umzugestalten, um den Mietvertrag unverändert fortsetzen zu können.

9

c) Nach einer Fristverlängerung für die Ausübung des Rücktrittsrechts vom Kaufvertrag bis zum 23.12.2013 durch Vereinbarung vom 13.12.2013 (Anlage K 9, FGA Anlagenband Bl. 203 ff.) hoben die Klägerin und die A-GmbH den Kaufvertrag durch notariell beurkundete Vereinbarung vom 17.12.2013 (Anlage K 10, FGA Anlagenband Bl. 209 ff.) auf, ebenso wie die in der Rahmenurkunde getroffenen Verbindungen zwischen dem aufgehobenen Vertrag und den übrigen Grundstückskaufverträgen.

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In derselben Urkunde veräußerten die Gesellschafter der A-GmbH, die N GmbH & Co. KG und die O, die Geschäftsanteile an der A-GmbH an die S-BV, die Muttergesellschaft der Klägerin, die eine Beteiligung von 94 % am Stammkapital der A-GmbH erwarb, und die G-BV, die eine Beteiligung von 6 % erhielt. Der Kaufpreis für die Anteile belief sich auf insgesamt ... €. Dabei legten die Parteien für das Gebäude einen um ... € niedrigeren Preis (... €) zugrunde als in dem ursprünglichen Kaufvertrag, weil die vorgesehene Verlängerung des Mietvertrages nicht zustande gekommen war.

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d) Der Kaufvertrag über die Betriebsvorrichtungen wurde in derselben Urkunde ebenfalls aufgehoben und zu einem etwas geringeren Kaufpreis von ... € erneut abgeschlossen. Die Klägerin vermietete die Betriebsvorrichtungen anschließend an die A-GmbH.

II.

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1. Mit Schreiben vom 27.01.2014 (GrEStA Bd. II Bl. 27) beantragte die Klägerin beim Beklagten die Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheides vom 14.10.2013.

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2. Der Beklagte lehnte die Aufhebung durch Bescheid vom 10.02.2014 ab (GrEStA Bd. II Bl. 277 f.). Der Kaufvertrag über das Gebäude sei nicht rückgängig gemacht worden, weil die Klägerin eine beherrschende Beteiligung an der A-GmbH erworben habe.

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3. Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 14.02.2014 Einspruch ein mit der Begründung, weder sie noch ihre Muttergesellschaft habe das Gebäude zivilrechtlich oder im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinne erworben.

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4. Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 07.04.2015 als unbegründet zurück. Werde im Zusammenhang mit der Aufhebung eines Kaufvertrages über ein Grundstück dieses weiterveräußert, sei für die Anwendung des § 16 Abs. 1 GrESt nach der Rechtsprechung des BFH entscheidend, ob für den früheren Erwerber trotz der Vertragsaufhebung die Möglichkeit der Verwertung einer aus dem "rückgängig gemachten" Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition verblieben und der Verkäufer demzufolge nicht aus seinen Bindungen entlassen worden sei. Nutze der Ersterwerber die Rechtsposition im eigenen wirtschaftlichen Interesse im Zusammenhang mit einer Weiterveräußerung des Grundstücks oder um zu bestimmen, wer die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft, der Veräußerin, erwerben dürfe, sei § 16 Abs. 1 GrEStG nicht anwendbar. Dabei sei nicht relevant, ob durch den zweiten Rechtsvorgang ein weiterer grunderwerbsteuerbarer Tatbestand verwirklicht werde. Einer Kapitalgesellschaft als Ersterwerberin seien die wirtschaftlichen Interessen ihres Anteilseigners zuzurechnen. Nachdem der direkte Erwerb des Objektes, das für die gesamte Immobilientransaktion von entscheidender Bedeutung gewesen sei, gescheitert sei, sei das wirtschaftliche Ergebnis über den Erwerb der Anteile an der A-GmbH herbeigeführt worden. Auf diese Weise sei der Klägerin auch eine weitere Nutzung der erneut erworbenen Betriebsvorrichtungen ermöglicht worden.

III.

16

Hiergegen hat die Klägerin am 12.05.2015 Klage erhoben. Sie trägt vor, dass die Voraussetzungen für eine Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheides gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG vorlägen. Der Kaufvertrag über das Gebäude sei innerhalb von zwei Jahren rückgängig gemacht worden, bevor das Eigentum auf sie, die Klägerin, übergegangen sei. Die von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen für eine "Rückgängigmachung" in diesem Sinne seien erfüllt.

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Sämtliche grunderwerbsteuerrechtlich relevanten Rechtspositionen seien infolge der Aufhebung des Gebäudekaufvertrages an die A-GmbH zurückgefallen; sie sei zivilrechtliche und wirtschaftliche Eigentümerin des Gebäudes geblieben. Hinsichtlich des Gebäudes sei auch kein weiterer Grunderwerbsteuertatbestand erfüllt worden, etwa die Tatbestände des § 1 Abs. 2, 2a, Abs. 3 und Abs. 3a GrEStG. Grunderwerbsteuerrechtlich sei irrelevant, wer unterhalb der Schwelle von 95 % an der A-GmbH beteiligt sei. Insoweit unterscheide sich der Sachverhalt von dem, der dem BFH-Urteil vom 05.09.2013 (II R 9/12, BFHE 242, 177, BStBl II 2014, 588) zugrunde gelegen habe: Der Anteil an einer Personengesellschaft wie der dort klagenden GbR vermittle eine grunderwerbsteuerlich relevante Position in Form der gesamthänderischen Mitberechtigung am Grundstück. Auch sei dort durch die Anteilsveräußerung der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG verwirklicht worden.

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Darüber hinaus habe sie, die Klägerin, entgegen der Auffassung des Beklagten durch den Abschluss des Anteilskaufvertrages keine aus dem Gebäudekaufvertrag verbliebene Rechtsposition im eigenen wirtschaftlichen Interesse verwertet. Sie habe weder vor noch nach der Aufhebung des Kaufvertrages über das Gebäude verfügen können, weil sie weder Eigentümerin des Gebäudes noch an der A-GmbH beteiligt sei. Aber auch die S-BV habe keine grunderwerbsteuerrechtlich relevante Position erworben.

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Auch fehle es einer verwertbaren Rechtsposition aus dem ursprünglichen Kaufvertrag, weil die A-GmbH ab dem 19.11.2013 wegen des endgültigen Ausfalls der Fälligkeitsbedingung, der Zustimmung der B zur Mietvertragsübernahme, jederzeit von dem Gebäudekaufvertrag hätte zurücktreten können. Sie, die Klägerin, hätte den Vollzug des Kaufvertrages nicht mehr erzwingen können.

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Ferner hätten, anders als in den von der Rechtsprechung entschiedenen Weiterveräußerungsfällen, weder sie, die Klägerin, noch die A-GmbH nach der Verweigerung der Zustimmung durch die B ein Interesse an der Durchführung des Gebäudekaufvertrages gehabt, sondern sich vollständig von diesem Vertrag lösen wollen. Die A-GmbH habe sogar ein erhebliches wirtschaftliches Interesse an der Aufhebung des Kaufvertrages und der Übertragung der Anteile gehabt und die diesbezügliche Initiative ergriffen.

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Zu berücksichtigen sei dabei auch, dass ein Share-Deal rechtlich und wirtschaftlich etwas völlig anderes sei als der zunächst beabsichtigte Asset-Deal.

22

Schließlich sei der nochmalige Erwerb der Betriebsvorrichtungen, die kein grunderwerbsteuerrechtlich relevantes Grundvermögen seien, bedeutungslos. Ein eigenes wirtschaftliches Interesse müsse sich auf das veräußerte Grundstück selbst beziehen. Zudem habe die S-KG und nicht die A-GmbH die Betriebsvorrichtungen veräußert.

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Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 10.02.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.04.2015 zu verpflichten, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 14.10.2013 aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

25

Der Beklagte nimmt zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung Bezug und trägt ergänzend vor, dass nach der Rechtsprechung des BFH im Rahmen des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG neben der zivilrechtlichen Aufhebung des Kaufvertrages eine vollständige tatsächliche Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs erforderlich sei, an der es vorliegend fehle. Werde das Grundstück im Zusammenhang mit der Aufhebung des Kaufvertrages nämlich weiterveräußert, sei entscheidend, ob für den früheren Erwerber trotz der Vertragsaufhebung die Möglichkeit der Verwertung einer aus dem aufgehobenen Vertrag herzuleitenden Rechtsposition verblieben und der Veräußerer demzufolge nicht aus seinen Bindungen entlassen worden sei und der frühere Erwerber diese Rechtsposition im eigenen wirtschaftlichen Interesse verwertet habe.

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Die Klägerin habe durch den Abschluss des Anteilskaufvertrages in derselben Urkunde, in der der Gebäudekaufvertrag aufgehoben worden sei, eine Rechtsposition aus dem ursprünglichen Kaufvertrag verwertet, um zu bestimmen, wer die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft habe erwerben dürfen.

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Dabei sei es entgegen der Auffassung der Klägerin irrelevant, dass es sich bei der A-GmbH um eine Kapital- und nicht um eine Personengesellschaft handele; beide Gesellschaftsformen würden grunderwerbsteuerlich als selbständige Rechtsträger behandelt. Der BFH habe in seinem Urteil vom 05.09.2013 (II R 9/12) dementsprechend nicht darauf abgestellt, dass es sich im dortigen Fall um eine Personengesellschaft gehandelt habe. Im Vergleich habe der Erwerber von Anteilen an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft sogar eine stärkere Rechtsposition bzgl. des Grundbesitzes inne, als wenn es sich um eine GbR handele. Der Mehrheitsgesellschafter einer GmbH könne nach § 47 GmbH-Gesetz (GmbHG) allein über das weitere Schicksal des Grundstücks entscheiden, während der Gesellschafter einer GbR nicht allein über das Grundstück verfügen könne (§ 719 des Bürgerlichen Gesetzbuchs -BGB-).

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Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei unerheblich, dass der Anteilserwerb nicht der Grunderwerbsteuer unterliege, weil es sich bei § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG um eine gegenläufige Korrekturvorschrift zu § 1 GrEStG handele. Maßgeblich sei allein, ob das ursprüngliche Rechtsgeschäft vollumfänglich rückgängig gemacht worden sei und der Veräußerer seine rechtliche und tatsächliche Position wieder erlangt habe.

29

Die Klägerin habe die Rechtsposition im eigenen wirtschaftlichen Interesse verwertet. Dem stehe nicht entgegen, dass nicht die Klägerin selbst, sondern die von ihr bestimmten Gesellschaften die Anteile an der A-GmbH erworben hätten, weil die Klägerin zum einen die 100-prozentige Tochter der S-BV sei und sie zum anderen mit dem Anteilskaufvertrag die von ihr von Anfang an angestrebte tatsächliche Nutzung des Grundstücks habe realisieren können. Die Klägerin habe im Übrigen ein sehr großes Interesse an dem Erwerb des Gebäudes und auch der anderen damit verbundenen Immobilien gehabt.

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In diesem Zusammenhang sei auch der erneute Erwerb der Betriebsvorrichtungen von Bedeutung, denn er dokumentiere das fortbestehende wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Grundstücksnutzung.

31

Im Ergebnis habe die Klägerin unter Ausnutzung ihrer Rechtsposition aus dem Gebäudekaufvertrag dafür gesorgt, dass 100 % der Anteile an der A-GmbH veräußert worden seien, davon 94 % an die Muttergesellschaft der Klägerin, die hierdurch allein über das weitere Schicksal des Grundstücks entscheiden könne.

V.

32

1. Auf die Sitzungsniederschrift über den Erörterungstermin vom 13.11.2015 (FGA Bl. 68 ff.) wird Bezug genommen.

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2. Dem Gericht haben drei Bände Grunderwerbsteuerakten vorgelegen.

Entscheidungsgründe

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B. Das Gericht entscheidet gemäß § 90a Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid.

I.

35

Die Klage ist zulässig und begründet. Die Ablehnung der Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheides durch den Beklagten ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 101 Satz 1 FGO). Der Beklagte ist gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 FGO zur Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheides vom 14.10.2013 verpflichtet.

36

Nach dieser Vorschrift wird die Steuerfestsetzung auf Antrag aufgehoben, wenn der Erwerbsvorgang vor dem Übergang des Eigentums an dem Grundstück auf den Erwerber durch Vereinbarung der Vertragspartner oder durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts oder eines Wiederkaufsrechts innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer rückgängig gemacht wird.

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1. Der Kaufvertrag vom 29.08.2013 über den Kauf des Gebäudes unterlag zunächst gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer.

38

a) Danach unterliegt ein Kaufvertrag, der den Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks begründet, der Grunderwerbsteuer. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG stehen Gebäude auf fremdem Grund und Boden den Grundstücken gleich. Ein Gebäude, das nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden worden ist, gehört gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht zu den wesentlichen Bestandteilen des Grundstücks (§ 94 Abs. 1 BGB) und geht daher nicht in das Eigentum des Grundstückeigentümers über. Bei der Errichtung eines Gebäudes durch einen Mieter für die Dauer des Mietverhältnisses ist davon auszugehen, dass dies nur zu einem vorübergehenden Zweck geschieht (BGH-Urteil vom 22.12.1995 V ZR 334/94, BGHZ 131, 368, NJW 1996, 916).

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b) Da die A-GmbH das verkaufte Gebäude in Ausübung ihres Rechts aus dem mit der B geschlossenen Mietvertrag errichtet hatte und nach Ende des Mietvertrages zur Entfernung verpflichtet war, handelt es sich um ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden.

40

2. Die Klägerin und die A-GmbH haben den ursprünglichen Vertrag über den Kauf des Gebäudes vom 29.08.2013 durch die Vereinbarung vom 17.12.2013 (oben A. I. 5. c.) und damit innerhalb von zwei Jahren nach Entstehung der Steuer und auch vor dem Eigentumsübergang zivilrechtlich aufgehoben.

41

3. Die Klägerin hat einen Antrag auf Aufhebung der Grunderwerbsteuer gestellt (oben A. II. 1.).

42

4. Der Erwerbsvorgang wurde auch rückgängig gemacht i. S. des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG.

43

a) aa) "Rückgängig gemacht" ist ein Erwerbsvorgang, wenn über die zivilrechtliche Aufhebung des den Steuertatbestand erfüllenden Rechtsgeschäfts hinaus die Vertragspartner sich derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass die Möglichkeit zur Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt (BFH-Urteile vom 28.03.2012 II R 42/11, BFH/NV 2012, 1486; vom 06.10.2010 II R 31/09, BFH/NV 2011, 306). Die Parteien müssen sämtliche Wirkungen aus dem Erwerbsvorgang aufheben und sich so stellen, als wäre dieser nicht zustande gekommen (BFH-Urteile vom 30.01.2008 II R 48/06, BFH/NV 2008, 1524; vom 16.02.2005 II R 53/03, BFHE 209, 158, BStBl II 2005, 495).

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bb) Wird im Zusammenhang mit der Aufhebung eines Kaufvertrags über ein Grundstück dieses weiterveräußert, ist für die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG entscheidend, ob für den früheren Erwerber trotz der Vertragsaufhebung die Möglichkeit der Verwertung einer aus dem "rückgängig gemachten" Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition verblieben und der Verkäufer demzufolge nicht aus seinen Bindungen entlassen war (BFH-Urteil vom 28.03.2012 II R 42/11, BFH/NV 2012, 1486).

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cc) Dem früheren Erwerber verbleibt die Möglichkeit der Verwertung einer aus dem "rückgängig gemachten" Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition jedenfalls dann, wenn der Aufhebungs- und der Weiterveräußerungsvertrag in einer einzigen Urkunde zusammengefasst sind (BFH-Urteile vom 05.09.2013 II R 16/12, BFHE 242, 181, BStBl II 2014, 42; vom 28.03.2012 II R 42/11, BFH/NV 2012, 1486).

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dd) Die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ist in einem solchen Fall jedoch nur dann ausgeschlossen, wenn der Ersterwerber eine ihm verbliebene Rechtsposition auch in seinem eigenen (wirtschaftlichen) Interesse verwertet hat (BFH-Urteil vom 25.08.2010 II R 35/08, BFH/NV 2010, 2301). Eine Verwertung in diesem Sinne liegt vor, wenn die Einflussnahme des Ersterwerbers auf die Weiterveräußerung Ausfluss der ihm verbliebenen Rechtsposition ist. Ist Ersterwerber eine Kapitalgesellschaft, so muss sie sich für die Beurteilung der Frage, ob eine ausschließliche Verfolgung der Interessen Dritter vorliegt, die einer Rückgängigmachung nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG nicht entgegen stünde, die (wirtschaftlichen) Interessen ihres Alleingesellschafters zurechnen lassen (BFH-Urteile vom 05.09.2013 II R 16/12, BFHE 242, 181, BStBl II 2014, 42; vom 25.08.2010 II R 35/08, BFH/NV 2010, 2301).

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b) Der Gebäudekaufvertrag vom 29.08.2013 wurde danach tatsächlich rückgängig gemacht.

48

aa) Die A-GmbH hat durch die Aufhebung des Gebäudekaufvertrages ihre ursprüngliche Stellung in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht vollständig zurückerlangt. Sie war und blieb Eigentümerin und Vermieterin des Gebäudes.

49

bb) Zwar hatte die Klägerin trotz der Aufhebung des Gebäudekaufvertrages bei Abschluss des Anteilskaufvertrages eine Rechtsposition inne, weil beide Verträge in derselben Urkunde geschlossen wurden (s. oben A. I. 5. c.). Auch hatte sie ein eigenes (wirtschaftliches) Interesse am Abschluss des Anteilskaufvertrages, weil ihre Muttergesellschaft 94 % der Anteile erwarb.

50

cc) Jedoch hat die Klägerin diese Rechtsposition nicht im Sinne der o. g. Rechtsprechung zu den Weiterveräußerungsfällen "verwertet". Weder ist es zu einer Weiterveräußerung des Gebäudes gekommen, noch ist der Verkauf der Anteile an der A-GmbH einer Weiterveräußerung des Gebäudes gleichzustellen.

51

aaa) Nach Auffassung des BFH gelten dieselben Grundsätze wie bei der Weiterveräußerung zwar auch dann, wenn die Verkäuferin eine Gesellschaft ist, der Kaufvertrag rückgängig gemacht wird und in derselben Urkunde die Anteile an der Gesellschaft auf den Ersterwerber oder einen von diesem bestimmten Dritten übertragen werden. In diesem Fall behalte der Ersterwerber - wirtschaftlich gesehen - den durch den ursprünglichen Kaufvertrag begründeten Zugriff auf das Grundstück, obwohl dieses nach der Rückgängigmachung des Kaufvertrags zivilrechtlich bei der Gesellschaft verbleibe. Erfolgten die Rückgängigmachung des Kaufvertrags und die anschließende Übertragung der Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft in einer Urkunde, nutze der Ersterwerber seine Rechtsposition aus dem ursprünglichen Kaufvertrag, um zu bestimmen, wer die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft erwerben dürfe. Stelle er damit sicher, dass er selbst oder ein von ihm bestimmter Dritter die Anteile erwerben könne, liege darin eine die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ausschließende Verwertung der Rechtsposition aus dem ursprünglichen Kaufvertrag im eigenen wirtschaftlichen Interesse (BFH-Urteil vom 05.09.2013 II R 9/12, BFHE 242, 177, BStBl II 2014, 588). In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalte erwarben eine GmbH und ihre Schwestergesellschaft nach Aufhebung des Grundstückskaufvertrages in derselben Urkunde alle Anteile an der veräußernden, grundbesitzenden GbR. Der BFH kam zu dem Ergebnis, dass das Interesse der klagenden GmbH nicht allein dahin gegangen sei, sich vom Vertrag vollständig zu lösen. Vielmehr habe sie über die Beteiligung an der GbR ihren mittelbaren Einfluss auf das Grundstück behalten. Um sich das Grundstück wirtschaftlich über die Beteiligung am Gesamthandsvermögen zuzueignen, habe sie ihre ursprüngliche Rechtsposition aus dem Kaufvertrag verwertet (BFH-Urteil vom 05.09.2013 II R 9/12, BFHE 242, 177, BStBl II 2014, 588).

52

bbb) Nach Auffassung des erkennenden Senats ist diese Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall, in dem 94 % der Anteile an der grundbesitzenden Kapitalgesellschaft an die Muttergesellschaft der Klägerin veräußert wurden und es auch mittelbar nicht zu einer Beteiligung von mindestens 95 % gekommen ist, nicht zu übertragen, weil hierdurch weder eine dingliche noch eine sonst grunderwerbsteuerrechtlich bedeutsame Änderung im Hinblick auf das veräußerte Grundstück herbeigeführt wurde, etwa durch Verwirklichung einer der Erwerbstatbestände des § 1 Abs. 2, 3 oder 3a GrEStG.

53

(1) Zwar weist der Beklagte zu Recht darauf hin, dass es für die Anwendung des § 16 Abs. 1 GrEStG ohne Bedeutung ist, ob und nach welcher Vorschrift die Weiterveräußerung ihrerseits der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen ist (BFH-Urteil vom 21.02.2006 II R 60/04, BFH/NV 2006, 1700).

54

(2) Andererseits genügt es für eine "Verwertung" der aus dem Ersterwerb verbliebenen Rechtsposition nicht, dass der Erwerber einen irgendwie gearteten wirtschaftlichen Vorteil ohne Bezug auf das veräußerte Grundstück erlangt. So liegt ein einer Weiterveräußerung vergleichbarer Sachverhalt nicht vor, wenn der Erwerber als Ersatz für die Preisgabe seines Übereignungsanspruchs durch einen neuen Kaufvertrag ein anderes Objekt von dem Veräußerer erwirbt. Denn der Erwerber büßt dann in Bezug auf das dem zu beurteilenden Erwerbsvorgang zugrunde liegende Kaufobjekt seine Verfügungsmöglichkeit ein und der Veräußerer erlangt seine ursprüngliche Rechtsstellung wieder; grunderwerbsteuerrechtlich relevante Bindungen hinsichtlich des Gegenstands des ursprünglichen Erwerbsvorgangs werden nicht beibehalten (BFH-Urteil vom 11.10.1995 II R 97/93, BFH/NV 1996, 260; Loose in Boruttau, GrEStG, 17. Aufl., § 16 Rz. 68). Entsprechendes gilt für den Fall, dass der Käufer vom Verkäufer für die Einwilligung in die Rückgängigmachung eine Entschädigung erhält (Pahlke, GrEStG, 5. Aufl., § 16 Rz. 33, m. w. N.).

55

(3) Wenn es außerhalb der Weiterveräußerungsfälle für eine Rückgängigmachung somit darauf ankommt, ob in Bezug auf das konkrete, zunächst veräußerte Grundstück Beziehungen tatsächlicher und rechtlicher Art zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber bestehen bleiben, die von grunderwerbsteuerrechtlicher Bedeutung sind (vgl. auch BFH-Urteil vom 04.03.1999 II R 18/97, BFH/NV 1999, 1376), kann eine einer Weiterveräußerung gleichzustellende Verwertung einer Rechtsposition ebenfalls nur vorliegen, wenn sie zu einer grunderwerbsteuerrechtlich bedeutsamen Änderung führt.

56

(4) Bei der 100-prozentigen Veräußerung der Anteile am Gesellschaftsvermögen einer grundbesitzenden Personengesellschaft (vgl. BFH-Urteil vom 05.09.2013 II R 9/12, BFHE 242, 177, BStBl II 2014, 588; s. oben ccc.) liegt eine grunderwerbsteuerrechtlich bedeutsame Änderung vor, weil hierdurch der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG verwirklicht wird. Subsidiär wäre § 1 Abs. 3a GrEStG einschlägig.

57

Allerdings stellt der BFH hierauf nicht ausdrücklich ab, sondern auf den mittelbaren Einfluss der neuen Gesellschafter auf das Grundstück sowie auf die wirtschaftliche Zueignung des Grundstücks durch die Gesellschafter über die Beteiligung am Gesamthandsvermögen. Hintergrund dessen ist, dass Grundstücksübertragungen von und auf Gesamthandsgemeinschaften wegen der grunderwerbsteuerrechtlichen Selbständigkeit der (meisten) Gesamthandsgemeinschaften zwar grundsätzlich steuerbar sind, daneben aber auch die gesamthänderische Mitberechtigung der Gesellschafter von grunderwerbsteuerrechtlicher Bedeutung ist (vgl. §§ 5 und 6 GrEStG; BFH-Urteil vom 18.12.2002 II R 13/01, BFHE 200, 426, BStBl II 2003, 358).

58

(5) Demgegenüber vermittelt die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft keine dingliche Mitberechtigung am Gesellschaftsvermögen und damit an deren Grundstücken (BFH-Urteil vom 17.12.2014 II R 2/13, BFHE 248, 238, BStBl II 2015, 557). Lediglich an die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung von mindestens 95 % werden grunderwerbsteuerrechtliche Folgen geknüpft (vgl. § 1 Abs. 3 und 3a GrEStG). Diese 95 %-Grenze ist der Vorschrift des § 327a Aktiengesetz (AktG) entlehnt. Sie räumt dem Inhaber eine Rechtsmacht ein, die die vollständige Beherrschung der Kapitalgesellschaft erlaubt, sodass die fiktive Gleichstellung mit dem Eigentümer des Gesellschaftsgrundstücks gerechtfertigt ist (Schanko, UVR 2016, 16).

59

(6) Daher ließe sich die Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 05.09.2013 II R 9/12, BFHE 242, 177, BStBl II 2014, 588, oben ccc.) grundsätzlich auf Kapitalgesellschaften übertragen. Allerdings wäre hierbei eine vergleichbare "wirtschaftliche Zueignung" des Grundstücks durch die Gesellschafter der Kapitalgesellschaft nach Auffassung des Senats nur gerechtfertigt, wenn unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % der Anteile der grundbesitzenden Gesellschaft übertragen würden, weil es nur so zu einer grunderwerbsteuerrechtlich relevanten Änderung der Rechtszuständigkeit und der wirtschaftlichen Berechtigung käme.

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Bei einer Übertragung von weniger als 95 % der Anteile an der grundbesitzenden Kapitalgesellschaft - wie im Streitfall - liegt dagegen ungeachtet der gesellschaftsrechtlichen Möglichkeit eines Gesellschafters mit einer Mehrheitsbeteiligung unterhalb dieser Schwelle, auf das weitere Schicksal des Grundstücks Einfluss zu nehmen, keine grunderwerbsteuerrechtlich relevante Verwertung der Rechtsposition aus dem rückgängig gemachten Erwerb im Sinne einer "wirtschaftlichen Zueignung" des Grundstücks vor.

61

(7) Dieses Ergebnis erscheint auch nach dem Sinn und Zweck des § 16 Abs. 1 GrEStG gerechtfertigt. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine am Besteuerungszweck orientierte gegenläufige Korrekturvorschrift zu § 1 GrEStG (BFH-Urteil vom 25.04.2007 II R 18/05, BFHE 217, 276, BStBl II 2007, 726). Wird daher durch einen Anteilsrückerwerb nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG eine nach § 1 Abs. 3 GrEStG steuerbare Anteilsvereinigung in der Weise beseitigt, dass das Quantum von 95 % der Anteile an der Gesellschaft nach dem Rückerwerb unterschritten wird, ist der Steuertatbestand des § 1 Abs. 3 GrEStG nicht mehr erfüllt und der Erwerb vollständig rückgängig gemacht, und zwar auch dann, wenn nicht sämtliche zunächst übertragenen Anteile zurück übertragen wurden (BFH-Urteil vom 11.06.2013 II R 52/12, BFHE 241, 419; entsprechend für § 1 Abs. 2a GrEStG: BFH-Urteil vom 18.04.2012 II R 51/11, BFHE 236, 569, BStBl II 2013, 830). Wenn aber der Verbleib einer Beteiligung von unter 95 % beim Erwerber für eine Rückgängigmachung eines § 1 Abs. 3 GrEStG unterliegenden Anteilserwerbs unschädlich ist, wäre es vor dem Hintergrund, dass es sich hierbei um einen Ersatztatbestand und einen fiktiven, den Tatbeständen des § 1 Abs. 1 GrEStG im Ergebnis gleichgestellten Rechtsträgerwechsel handelt, nicht verständlich, wenn dasselbe Ergebnis im Rahmen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG zu einer anderen Rechtsfolge führte.

II.

62

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

63

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 1 und 3 FGO i. V. m. §§ 708, 711 Zivilprozessordnung.

64

3. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2, 1. Alt. FGO zur Fortbildung des Rechts zugelassen. Es ist höchstrichterlich nicht geklärt, ob die Grundsätze zur Weiterveräußerung im Rahmen des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrESt auch für Fälle gelten, in denen nach Aufhebung des Grundstückskaufvertrages Anteile an der veräußernden Gesellschaft veräußert werden, wenn diese Gesellschaft eine Kapitalgesellschaft ist und die Erwerber jeweils weniger als 95 % der Anteile erwerben.

Urteilsbesprechung zu Finanzgericht Hamburg Gerichtsbescheid, 01. Feb. 2016 - 3 K 130/15

Urteilsbesprechungen zu Finanzgericht Hamburg Gerichtsbescheid, 01. Feb. 2016 - 3 K 130/15

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e
Finanzgericht Hamburg Gerichtsbescheid, 01. Feb. 2016 - 3 K 130/15 zitiert 20 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 151


(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; §

Grunderwerbsteuergesetz - GrEStG 1983 | § 1 Erwerbsvorgänge


(1) Der Grunderwerbsteuer unterliegen die folgenden Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen: 1. ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet;2. die Auflassung, wenn kein Rech

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 101


Soweit die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Finanzbehörde aus, den begehrten Verwaltungsakt zu erlassen, wenn die Sache spr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 94 Wesentliche Bestandteile eines Grundstücks oder Gebäudes


(1) Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks gehören die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude, sowie die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen. Samen wird mit dem Aussäen, ei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 95 Nur vorübergehender Zweck


(1) Zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehören solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind. Das Gleiche gilt von einem Gebäude oder anderen Werk, das in Ausübung eines Rechts an einem fremden

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 90a


(1) Das Gericht kann in geeigneten Fällen ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden. (2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheides mündliche Verhandlung beantragen. Hat das Finanzgeri

Grunderwerbsteuergesetz - GrEStG 1983 | § 16


(1) Wird ein Erwerbsvorgang rückgängig gemacht bevor das Eigentum am Grundstück auf den Erwerber übergegangen ist, so wird auf Antrag die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben,1.wenn die Rückgängigmachung durch Vereinbarung,

Grunderwerbsteuergesetz - GrEStG 1983 | § 6 Übergang von einer Gesamthand


(1) Geht ein Grundstück von einer Gesamthand in das Miteigentum mehrerer an der Gesamthand beteiligter Personen über, so wird die Steuer nicht erhoben, soweit der Bruchteil, den der einzelne Erwerber erhält, dem Anteil entspricht, zu dem er am Vermög

Grunderwerbsteuergesetz - GrEStG 1983 | § 2 Grundstücke


(1) Unter Grundstücken im Sinne dieses Gesetzes sind Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechts zu verstehen. Jedoch werden nicht zu den Grundstücken gerechnet: 1. Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören,

Grunderwerbsteuergesetz - GrEStG 1983 | § 5 Übergang auf eine Gesamthand


(1) Geht ein Grundstück von mehreren Miteigentümern auf eine Gesamthand (Gemeinschaft zur gesamten Hand) über, so wird die Steuer nicht erhoben, soweit der Anteil des einzelnen am Vermögen der Gesamthand Beteiligten seinem Bruchteil am Grundstück ent

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 719 Gesamthänderische Bindung


(1) Ein Gesellschafter kann nicht über seinen Anteil an dem Gesellschaftsvermögen und an den einzelnen dazu gehörenden Gegenständen verfügen; er ist nicht berechtigt, Teilung zu verlangen. (2) Gegen eine Forderung, die zum Gesellschaftsvermögen g

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 16


Der ehrenamtliche Richter wirkt bei der mündlichen Verhandlung und der Urteilsfindung mit gleichen Rechten wie der Richter mit.

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Finanzgericht Hamburg Gerichtsbescheid, 01. Feb. 2016 - 3 K 130/15 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

Finanzgericht Hamburg Gerichtsbescheid, 01. Feb. 2016 - 3 K 130/15 zitiert 8 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

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Tatbestand 1 I. Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH, an der die C-GmbH zu 100 % beteiligt ist.

Referenzen

(1) Wird ein Erwerbsvorgang rückgängig gemacht bevor das Eigentum am Grundstück auf den Erwerber übergegangen ist, so wird auf Antrag die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben,

1.
wenn die Rückgängigmachung durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts oder eines Wiederkaufsrechts innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer stattfindet;
2.
wenn die Vertragsbedingungen nicht erfüllt werden und der Erwerbsvorgang deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird.

(2) Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück, so wird auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben,

1.
wenn der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfindet. Ist für den Rückerwerb eine Eintragung in das Grundbuch erforderlich, so muß innerhalb der Frist die Auflassung erklärt und die Eintragung im Grundbuch beantragt werden;
2.
wenn das dem Erwerbsvorgang zugrundeliegende Rechtsgeschäft nichtig oder infolge einer Anfechtung als von Anfang an nichtig anzusehen ist;
3.
wenn die Vertragsbedingungen des Rechtsgeschäfts, das den Anspruch auf Übereignung begründet hat, nicht erfüllt werden und das Rechtsgeschäft deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird.

(3) Wird die Gegenleistung für das Grundstück herabgesetzt, so wird auf Antrag die Steuer entsprechend niedriger festgesetzt oder die Steuerfestsetzung geändert,

1.
wenn die Herabsetzung innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer stattfindet;
2.
wenn die Herabsetzung (Minderung) auf Grund des § 437 des Bürgerlichen Gesetzbuches vollzogen wird.

(4) Tritt ein Ereignis ein, das nach den Absätzen 1 bis 3 die Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung begründet, endet die Festsetzungsfrist (§§ 169 bis 171 der Abgabenordnung) insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Eintritt des Ereignisses.

(4a) Wenn die Anteile in Erfüllung eines Rechtsgeschäfts im Sinne des § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder des § 1 Absatz 3a nach Abschluss dieses Rechtsgeschäfts übergehen und dadurch der Tatbestand des § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b verwirklicht wird, so wird auf Antrag die Festsetzung nach § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder § 1 Absatz 3a aufgehoben oder geändert. In den Fällen des Satzes 1 endet die Festsetzungsfrist für den aufgrund des Übergangs der Anteile erfüllten Tatbestand nach § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b nicht vor Ablauf der Festsetzungsfrist der aufzuhebenden oder zu ändernden Festsetzung nach § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder nach § 1 Absatz 3a.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn einer der in § 1 Absatz 2 bis 3a bezeichneten Erwerbsvorgänge rückgängig gemacht wird, der nicht fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt (§§ 18 bis 20) war. Die Vorschrift des Absatzes 4a gilt nicht, wenn einer der in § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder in § 1 Absatz 3a oder in § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b bezeichneten Erwerbsvorgänge nicht fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt (§§ 18 bis 20) war.

(1) Der Grunderwerbsteuer unterliegen die folgenden Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen:

1.
ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet;
2.
die Auflassung, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Übereignung begründet;
3.
der Übergang des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist und es auch keiner Auflassung bedarf. Ausgenommen sind
a)
der Übergang des Eigentums durch die Abfindung in Land und die unentgeltliche Zuteilung von Land für gemeinschaftliche Anlagen im Flurbereinigungsverfahren sowie durch die entsprechenden Rechtsvorgänge im beschleunigten Zusammenlegungsverfahren und im Landtauschverfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz in seiner jeweils geltenden Fassung bis zur Höhe des Sollanspruchs, wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Flurbereinigungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist; in diesen Fällen ist auch der den Sollanspruch auf Zuteilung übersteigende Teil der Zuteilung (Mehrzuteilung) ausgenommen, wenn der Wert des dem neuen Eigentümer zugeteilten Grundstücks seinen sich aus dem Wert des eingebrachten Grundstücks ergebenden Sollanspruch auf Zuteilung nicht um mehr als 20 vom Hundert übersteigt,
b)
der Übergang des Eigentums im Umlegungsverfahren nach dem Bundesbaugesetz in seiner jeweils geltenden Fassung bis zur Höhe des Sollanspruchs, wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist; in diesen Fällen ist auch der den Sollanspruch auf Zuteilung übersteigende Teil der Zuteilung (Mehrzuteilung) ausgenommen, wenn der Wert des dem neuen Eigentümer zugeteilten Grundstücks seinen sich aus dem Wert des eingebrachten Grundstücks ergebenden Sollanspruch auf Zuteilung nicht um mehr als 20 vom Hundert übersteigt,
c)
der Übergang des Eigentums im Zwangsversteigerungsverfahren;
4.
das Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren;
5.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung eines Übereignungsanspruchs oder der Rechte aus einem Meistgebot begründet;
6.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte aus einem Kaufangebot begründet. Dem Kaufangebot steht ein Angebot zum Abschluß eines anderen Vertrags gleich, kraft dessen die Übereignung verlangt werden kann;
7.
die Abtretung eines der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Rechte, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte begründet.

(2) Der Grunderwerbsteuer unterliegen auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten.

(2a) Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, daß mindestens 90 vom Hundert der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Personengesellschaft beteiligten Personengesellschaften werden durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile am Gesellschaftsvermögen anteilig berücksichtigt. Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Personengesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt, gelten die Sätze 4 und 5. Eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gilt in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 90 vom Hundert der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Bei mehrstufigen Beteiligungen gilt Satz 4 auf der Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend. Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes bleibt der Erwerb von Anteilen von Todes wegen außer Betracht. Hat die Personengesellschaft vor dem Wechsel des Gesellschafterbestandes ein Grundstück von einem Gesellschafter oder einer anderen Gesamthand erworben, ist auf die nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ermittelte Bemessungsgrundlage die Bemessungsgrundlage für den Erwerbsvorgang, für den auf Grund des § 5 Abs. 3 oder des § 6 Abs. 3 Satz 2 die Steuervergünstigung zu versagen ist, mit dem entsprechenden Betrag anzurechnen.

(2b) Gehört zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Kapitalgesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Kapitalgesellschaft beteiligten Personengesellschaften werden durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile der Gesellschaft anteilig berücksichtigt. Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Kapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt, gelten die Sätze 4 und 5. Eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gilt in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 90 vom Hundert der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Bei mehrstufigen Beteiligungen gilt Satz 4 auf der Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend. Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes bleibt der Erwerb von Anteilen von Todes wegen außer Betracht.

(2c) Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes im Sinne von Absatz 2a Satz 1 und Absatz 2b Satz 1 bleiben Übergänge von Anteilen an Kapitalgesellschaften außer Betracht, die zum Handel an einem im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betriebenen organisierten Markt nach § 2 Absatz 11 des Wertpapierhandelsgesetzes oder einem Drittlandhandelsplatz, der gemäß Artikel 25 Absatz 4 Buchstabe a der Richtlinie 2014/65/EU von der Europäischen Kommission als gleichwertig erklärt wurde, zugelassen sind, soweit der Anteilsübergang auf Grund eines Geschäfts an diesem Markt oder Drittlandhandelsplatz oder einem multilateralen Handelssystem im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Nummer 14 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 erfolgt.

(3) Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, so unterliegen der Steuer, soweit eine Besteuerung nach den Absätzen 2a und 2b nicht in Betracht kommt, außerdem:

1.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers oder in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen oder in der Hand von abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen allein vereinigt werden würden;
2.
die Vereinigung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Nummer 1 vorausgegangen ist;
3.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft begründet;
4.
der Übergang unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft auf einen anderen, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Nummer 3 vorausgegangen ist.

(3a) Soweit eine Besteuerung nach den Absätzen 2a, 2b und 3 nicht in Betracht kommt, gilt als Rechtsvorgang im Sinne des Absatzes 3 auch ein solcher, aufgrund dessen ein Rechtsträger unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar eine wirtschaftliche Beteiligung in Höhe von mindestens 90 vom Hundert an einer Gesellschaft, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, innehat. Die wirtschaftliche Beteiligung ergibt sich aus der Summe der unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaft. Für die Ermittlung der mittelbaren Beteiligungen sind die Vomhundertsätze am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaften zu multiplizieren.

(4) Im Sinne des Absatzes 3 gelten als abhängig

1.
natürliche Personen, soweit sie einzeln oder zusammengeschlossen einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers in Bezug auf die Anteile zu folgen verpflichtet sind;
2.
juristische Personen, die nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert sind.

(5) Bei einem Tauschvertrag, der für beide Vertragsteile den Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks begründet, unterliegt der Steuer sowohl die Vereinbarung über die Leistung des einen als auch die Vereinbarung über die Leistung des anderen Vertragsteils.

(6) Ein in Absatz 1, 2, 3 oder Absatz 3a bezeichneter Rechtsvorgang unterliegt der Steuer auch dann, wenn ihm ein in einem anderen dieser Absätze bezeichneter Rechtsvorgang vorausgegangen ist. Die Steuer wird jedoch nur insoweit erhoben, als die Bemessungsgrundlage für den späteren Rechtsvorgang den Betrag übersteigt, von dem beim vorausgegangenen Rechtsvorgang die Steuer berechnet worden ist.

(7) (weggefallen)

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, wurde zusammen mit ihrer Schwestergesellschaft am 30. Oktober 2006 errichtet. An dem Stammkapital der Klägerin und der Schwestergesellschaft sind die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer jeweils zur Hälfte beteiligt.

2

Die Klägerin erwarb mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 30. Oktober 2006 von einer GbR ein mit einem Mietwohnhaus bebautes Grundstück zu einem Kaufpreis in Höhe von 1.800.000 €. Das Grundstück war der einzige Vermögensgegenstand der GbR.

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte die Grunderwerbsteuer mit Bescheid vom 27. November 2006 auf 63.000 € fest.

4

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 13. Dezember 2006 hoben die Vertragsparteien den Grundstückskaufvertrag vom 30. Oktober 2006 rückwirkend auf. In derselben Urkunde veräußerten die Gesellschafter der GbR ihre Gesellschaftsanteile an die Klägerin und deren Schwestergesellschaft. Als Kaufpreis für die Übertragung der Gesellschaftsanteile vereinbarten die Vertragsparteien einen Gesamtkaufpreis in Höhe von 1.800.000 €. Im Zeitpunkt der Beurkundung war die Umschreibung im Grundbuch aufgrund der Auflassung vom 30. Oktober 2006 noch nicht erfolgt.

5

Den Antrag der Klägerin, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 27. November 2006 nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) aufzuheben, lehnte das FA am 20. März 2007 ab. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit der Begründung ab, der ursprüngliche Erwerbsvorgang sei nicht vollständig rückgängig gemacht worden. Die Übertragung der Gesellschaftsanteile stelle sich im Ergebnis als Übertragung des Grundstücks dar. Auf diese Weiterveräußerung habe die Klägerin Einfluss genommen und damit ihre aus dem Ersterwerb verbliebene Rechtsposition im eigenen wirtschaftlichen Interesse verwertet. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 1296 veröffentlicht.

6

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin. Sie rügt die Verletzung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Ihrer Ansicht nach habe die GbR nach Aufhebung des Kaufvertrags wieder frei über das Grundstück verfügen können. Es habe kein Austausch der Beteiligten auf der Käuferseite stattgefunden. Nicht das Grundstück, sondern nur die Gesellschaftsanteile an der GbR seien übertragen worden.

7

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und das FA unter Aufhebung der ablehnenden Verfügung vom 20. März 2007 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 11. Dezember 2007 zu verpflichten, den Bescheid über Grunderwerbsteuer vom 27. November 2006 aufzuheben.

8

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zutreffend hat das FG einen Anspruch der Klägerin auf Aufhebung des Bescheids aus § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG verneint.

10

1. Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG wird eine Steuerfestsetzung auf Antrag aufgehoben, wenn ein Erwerbsvorgang vor dem Übergang des Eigentums am Grundstück auf den Erwerber durch Vereinbarung der Vertragspartner innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer rückgängig gemacht wird.

11

a) "Rückgängig gemacht" ist ein Erwerbsvorgang, wenn über die zivilrechtliche Aufhebung des den Steuertatbestand erfüllenden Rechtsgeschäfts hinaus die Vertragspartner sich derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass die Möglichkeit zur Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. März 2003 II R 12/01, BFHE 202, 383, BStBl II 2003, 770; vom 21. Februar 2006 II R 60/04, BFH/NV 2006, 1700; vom 25. April 2007 II R 18/05, BFHE 217, 276, BStBl II 2007, 726; vom 14. November 2007 II R 1/06, BFH/NV 2008, 403; vom 6. Oktober 2010 II R 31/09, BFH/NV 2011, 306, und vom 28. März 2012 II R 42/11, BFH/NV 2012, 1486, Rz 22).

12

b) Wird im Zusammenhang mit der Aufhebung eines Kaufvertrags über ein Grundstück dieses weiterveräußert, ist für die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG entscheidend, ob für den früheren Erwerber trotz der Vertragsaufhebung die Möglichkeit der Verwertung einer aus dem "rückgängig gemachten" Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition verblieben und der Verkäufer demzufolge nicht aus seinen Bindungen entlassen war (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1486, Rz 23, m.w.N.).

13

Dem früheren Erwerber verbleibt die Möglichkeit der Verwertung einer aus dem "rückgängig gemachten" Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition jedenfalls dann, wenn der Aufhebungs- und der Weiterveräußerungsvertrag in einer einzigen Urkunde zusammengefasst sind (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1486, Rz 24). In diesem Fall hat er die rechtliche Möglichkeit, die Aufhebung des ursprünglichen Kaufvertrags zum anschließenden Erwerb des Grundstücks durch eine von ihm ausgewählte dritte Person zu nutzen. Denn der Veräußerer wird aus seiner Übereignungsverpflichtung gegenüber dem früheren Erwerber erst mit der Unterzeichnung des Vertrags durch alle Vertragsbeteiligten und damit erst in dem Augenblick entlassen, in dem er bereits wieder hinsichtlich der Übereignung des Grundstücks an den Zweiterwerber gebunden ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1486, Rz 24).

14

c) Die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ist in einem solchen Fall jedoch nur dann ausgeschlossen, wenn der Ersterwerber eine ihm verbliebene Rechtsposition auch in seinem eigenen (wirtschaftlichen) Interesse verwertet hat (BFH-Urteile in BFHE 202, 383, BStBl II 2003, 770; in BFH/NV 2006, 1700, und vom 25. August 2010 II R 35/08, BFH/NV 2010, 2301). Eine Verwertung in diesem Sinne liegt vor, wenn die Einflussnahme des Ersterwerbers auf die Weiterveräußerung Ausfluss der ihm verbliebenen Rechtsposition ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2301).

15

d) Dieselben Grundsätze wie bei der Weiterveräußerung gelten, wenn die Verkäuferin eine Gesellschaft ist, der Kaufvertrag rückgängig gemacht wird und in derselben Urkunde die Anteile an der Gesellschaft auf den Ersterwerber oder einen von diesem bestimmten Dritten übertragen werden. In diesem Fall behält der Ersterwerber --wirtschaftlich gesehen-- den durch den ursprünglichen Kaufvertrag begründeten Zugriff auf das Grundstück, obwohl dieses nach der Rückgängigmachung des Kaufvertrags zivilrechtlich bei der Gesellschaft verbleibt. Erfolgen die Rückgängigmachung des Kaufvertrags und die anschließende Übertragung der Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft in einer Urkunde, nutzt der Ersterwerber seine Rechtsposition aus dem ursprünglichen Kaufvertrag, um zu bestimmen, wer die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft erwerben darf. Stellt er damit sicher, dass er selbst oder ein von ihm bestimmter Dritter die Anteile erwerben kann, liegt darin eine die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ausschließende Verwertung der Rechtsposition aus dem ursprünglichen Kaufvertrag im eigenen wirtschaftlichen Interesse.

16

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das FG einen Anspruch der Klägerin auf Aufhebung der Steuerfestsetzung für den Erwerbsvorgang vom 30. Oktober 2006 gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG zutreffend verneint.

17

Die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG sind nicht erfüllt. Die Vertragsparteien haben mit notariell beurkundetem Vertrag vom 13. Dezember 2006 den Grundstückskaufvertrag vom 30. Oktober 2006 rückwirkend aufgehoben und zugleich die Anteile an der GbR auf die Klägerin und deren Schwestergesellschaft übertragen. Dabei hat die Klägerin ihre Rechtsposition aus dem Kaufvertrag dahingehend verwertet, dass sie mit ihrer Unterschrift unter den Vertrag den Erwerb der Anteile an der grundbesitzenden Personengesellschaft durch sie selbst und ihre Schwestergesellschaft sicherstellte. Ihr Interesse ging nicht allein dahin, sich vom Vertrag vollständig zu lösen. Vielmehr hat sie über die Beteiligung an der GbR ihren mittelbaren Einfluss auf das Grundstück behalten. Um sich das Grundstück wirtschaftlich über die Beteiligung am Gesamthandsvermögen zuzueignen, hat die Klägerin ihre ursprüngliche Rechtsposition aus dem Kaufvertrag verwertet. Das steht einer Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs i.S. des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG entgegen.

(1) Der Grunderwerbsteuer unterliegen die folgenden Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen:

1.
ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet;
2.
die Auflassung, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Übereignung begründet;
3.
der Übergang des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist und es auch keiner Auflassung bedarf. Ausgenommen sind
a)
der Übergang des Eigentums durch die Abfindung in Land und die unentgeltliche Zuteilung von Land für gemeinschaftliche Anlagen im Flurbereinigungsverfahren sowie durch die entsprechenden Rechtsvorgänge im beschleunigten Zusammenlegungsverfahren und im Landtauschverfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz in seiner jeweils geltenden Fassung bis zur Höhe des Sollanspruchs, wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Flurbereinigungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist; in diesen Fällen ist auch der den Sollanspruch auf Zuteilung übersteigende Teil der Zuteilung (Mehrzuteilung) ausgenommen, wenn der Wert des dem neuen Eigentümer zugeteilten Grundstücks seinen sich aus dem Wert des eingebrachten Grundstücks ergebenden Sollanspruch auf Zuteilung nicht um mehr als 20 vom Hundert übersteigt,
b)
der Übergang des Eigentums im Umlegungsverfahren nach dem Bundesbaugesetz in seiner jeweils geltenden Fassung bis zur Höhe des Sollanspruchs, wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist; in diesen Fällen ist auch der den Sollanspruch auf Zuteilung übersteigende Teil der Zuteilung (Mehrzuteilung) ausgenommen, wenn der Wert des dem neuen Eigentümer zugeteilten Grundstücks seinen sich aus dem Wert des eingebrachten Grundstücks ergebenden Sollanspruch auf Zuteilung nicht um mehr als 20 vom Hundert übersteigt,
c)
der Übergang des Eigentums im Zwangsversteigerungsverfahren;
4.
das Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren;
5.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung eines Übereignungsanspruchs oder der Rechte aus einem Meistgebot begründet;
6.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte aus einem Kaufangebot begründet. Dem Kaufangebot steht ein Angebot zum Abschluß eines anderen Vertrags gleich, kraft dessen die Übereignung verlangt werden kann;
7.
die Abtretung eines der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Rechte, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte begründet.

(2) Der Grunderwerbsteuer unterliegen auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten.

(2a) Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, daß mindestens 90 vom Hundert der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Personengesellschaft beteiligten Personengesellschaften werden durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile am Gesellschaftsvermögen anteilig berücksichtigt. Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Personengesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt, gelten die Sätze 4 und 5. Eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gilt in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 90 vom Hundert der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Bei mehrstufigen Beteiligungen gilt Satz 4 auf der Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend. Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes bleibt der Erwerb von Anteilen von Todes wegen außer Betracht. Hat die Personengesellschaft vor dem Wechsel des Gesellschafterbestandes ein Grundstück von einem Gesellschafter oder einer anderen Gesamthand erworben, ist auf die nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ermittelte Bemessungsgrundlage die Bemessungsgrundlage für den Erwerbsvorgang, für den auf Grund des § 5 Abs. 3 oder des § 6 Abs. 3 Satz 2 die Steuervergünstigung zu versagen ist, mit dem entsprechenden Betrag anzurechnen.

(2b) Gehört zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Kapitalgesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Kapitalgesellschaft beteiligten Personengesellschaften werden durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile der Gesellschaft anteilig berücksichtigt. Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Kapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt, gelten die Sätze 4 und 5. Eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gilt in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 90 vom Hundert der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Bei mehrstufigen Beteiligungen gilt Satz 4 auf der Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend. Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes bleibt der Erwerb von Anteilen von Todes wegen außer Betracht.

(2c) Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes im Sinne von Absatz 2a Satz 1 und Absatz 2b Satz 1 bleiben Übergänge von Anteilen an Kapitalgesellschaften außer Betracht, die zum Handel an einem im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betriebenen organisierten Markt nach § 2 Absatz 11 des Wertpapierhandelsgesetzes oder einem Drittlandhandelsplatz, der gemäß Artikel 25 Absatz 4 Buchstabe a der Richtlinie 2014/65/EU von der Europäischen Kommission als gleichwertig erklärt wurde, zugelassen sind, soweit der Anteilsübergang auf Grund eines Geschäfts an diesem Markt oder Drittlandhandelsplatz oder einem multilateralen Handelssystem im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Nummer 14 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 erfolgt.

(3) Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, so unterliegen der Steuer, soweit eine Besteuerung nach den Absätzen 2a und 2b nicht in Betracht kommt, außerdem:

1.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers oder in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen oder in der Hand von abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen allein vereinigt werden würden;
2.
die Vereinigung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Nummer 1 vorausgegangen ist;
3.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft begründet;
4.
der Übergang unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft auf einen anderen, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Nummer 3 vorausgegangen ist.

(3a) Soweit eine Besteuerung nach den Absätzen 2a, 2b und 3 nicht in Betracht kommt, gilt als Rechtsvorgang im Sinne des Absatzes 3 auch ein solcher, aufgrund dessen ein Rechtsträger unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar eine wirtschaftliche Beteiligung in Höhe von mindestens 90 vom Hundert an einer Gesellschaft, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, innehat. Die wirtschaftliche Beteiligung ergibt sich aus der Summe der unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaft. Für die Ermittlung der mittelbaren Beteiligungen sind die Vomhundertsätze am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaften zu multiplizieren.

(4) Im Sinne des Absatzes 3 gelten als abhängig

1.
natürliche Personen, soweit sie einzeln oder zusammengeschlossen einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers in Bezug auf die Anteile zu folgen verpflichtet sind;
2.
juristische Personen, die nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert sind.

(5) Bei einem Tauschvertrag, der für beide Vertragsteile den Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks begründet, unterliegt der Steuer sowohl die Vereinbarung über die Leistung des einen als auch die Vereinbarung über die Leistung des anderen Vertragsteils.

(6) Ein in Absatz 1, 2, 3 oder Absatz 3a bezeichneter Rechtsvorgang unterliegt der Steuer auch dann, wenn ihm ein in einem anderen dieser Absätze bezeichneter Rechtsvorgang vorausgegangen ist. Die Steuer wird jedoch nur insoweit erhoben, als die Bemessungsgrundlage für den späteren Rechtsvorgang den Betrag übersteigt, von dem beim vorausgegangenen Rechtsvorgang die Steuer berechnet worden ist.

(7) (weggefallen)

(1) Wird ein Erwerbsvorgang rückgängig gemacht bevor das Eigentum am Grundstück auf den Erwerber übergegangen ist, so wird auf Antrag die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben,

1.
wenn die Rückgängigmachung durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts oder eines Wiederkaufsrechts innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer stattfindet;
2.
wenn die Vertragsbedingungen nicht erfüllt werden und der Erwerbsvorgang deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird.

(2) Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück, so wird auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben,

1.
wenn der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfindet. Ist für den Rückerwerb eine Eintragung in das Grundbuch erforderlich, so muß innerhalb der Frist die Auflassung erklärt und die Eintragung im Grundbuch beantragt werden;
2.
wenn das dem Erwerbsvorgang zugrundeliegende Rechtsgeschäft nichtig oder infolge einer Anfechtung als von Anfang an nichtig anzusehen ist;
3.
wenn die Vertragsbedingungen des Rechtsgeschäfts, das den Anspruch auf Übereignung begründet hat, nicht erfüllt werden und das Rechtsgeschäft deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird.

(3) Wird die Gegenleistung für das Grundstück herabgesetzt, so wird auf Antrag die Steuer entsprechend niedriger festgesetzt oder die Steuerfestsetzung geändert,

1.
wenn die Herabsetzung innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer stattfindet;
2.
wenn die Herabsetzung (Minderung) auf Grund des § 437 des Bürgerlichen Gesetzbuches vollzogen wird.

(4) Tritt ein Ereignis ein, das nach den Absätzen 1 bis 3 die Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung begründet, endet die Festsetzungsfrist (§§ 169 bis 171 der Abgabenordnung) insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Eintritt des Ereignisses.

(4a) Wenn die Anteile in Erfüllung eines Rechtsgeschäfts im Sinne des § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder des § 1 Absatz 3a nach Abschluss dieses Rechtsgeschäfts übergehen und dadurch der Tatbestand des § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b verwirklicht wird, so wird auf Antrag die Festsetzung nach § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder § 1 Absatz 3a aufgehoben oder geändert. In den Fällen des Satzes 1 endet die Festsetzungsfrist für den aufgrund des Übergangs der Anteile erfüllten Tatbestand nach § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b nicht vor Ablauf der Festsetzungsfrist der aufzuhebenden oder zu ändernden Festsetzung nach § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder nach § 1 Absatz 3a.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn einer der in § 1 Absatz 2 bis 3a bezeichneten Erwerbsvorgänge rückgängig gemacht wird, der nicht fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt (§§ 18 bis 20) war. Die Vorschrift des Absatzes 4a gilt nicht, wenn einer der in § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder in § 1 Absatz 3a oder in § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b bezeichneten Erwerbsvorgänge nicht fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt (§§ 18 bis 20) war.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, wurde zusammen mit ihrer Schwestergesellschaft am 30. Oktober 2006 errichtet. An dem Stammkapital der Klägerin und der Schwestergesellschaft sind die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer jeweils zur Hälfte beteiligt.

2

Die Klägerin erwarb mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 30. Oktober 2006 von einer GbR ein mit einem Mietwohnhaus bebautes Grundstück zu einem Kaufpreis in Höhe von 1.800.000 €. Das Grundstück war der einzige Vermögensgegenstand der GbR.

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte die Grunderwerbsteuer mit Bescheid vom 27. November 2006 auf 63.000 € fest.

4

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 13. Dezember 2006 hoben die Vertragsparteien den Grundstückskaufvertrag vom 30. Oktober 2006 rückwirkend auf. In derselben Urkunde veräußerten die Gesellschafter der GbR ihre Gesellschaftsanteile an die Klägerin und deren Schwestergesellschaft. Als Kaufpreis für die Übertragung der Gesellschaftsanteile vereinbarten die Vertragsparteien einen Gesamtkaufpreis in Höhe von 1.800.000 €. Im Zeitpunkt der Beurkundung war die Umschreibung im Grundbuch aufgrund der Auflassung vom 30. Oktober 2006 noch nicht erfolgt.

5

Den Antrag der Klägerin, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 27. November 2006 nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) aufzuheben, lehnte das FA am 20. März 2007 ab. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit der Begründung ab, der ursprüngliche Erwerbsvorgang sei nicht vollständig rückgängig gemacht worden. Die Übertragung der Gesellschaftsanteile stelle sich im Ergebnis als Übertragung des Grundstücks dar. Auf diese Weiterveräußerung habe die Klägerin Einfluss genommen und damit ihre aus dem Ersterwerb verbliebene Rechtsposition im eigenen wirtschaftlichen Interesse verwertet. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 1296 veröffentlicht.

6

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin. Sie rügt die Verletzung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Ihrer Ansicht nach habe die GbR nach Aufhebung des Kaufvertrags wieder frei über das Grundstück verfügen können. Es habe kein Austausch der Beteiligten auf der Käuferseite stattgefunden. Nicht das Grundstück, sondern nur die Gesellschaftsanteile an der GbR seien übertragen worden.

7

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und das FA unter Aufhebung der ablehnenden Verfügung vom 20. März 2007 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 11. Dezember 2007 zu verpflichten, den Bescheid über Grunderwerbsteuer vom 27. November 2006 aufzuheben.

8

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zutreffend hat das FG einen Anspruch der Klägerin auf Aufhebung des Bescheids aus § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG verneint.

10

1. Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG wird eine Steuerfestsetzung auf Antrag aufgehoben, wenn ein Erwerbsvorgang vor dem Übergang des Eigentums am Grundstück auf den Erwerber durch Vereinbarung der Vertragspartner innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer rückgängig gemacht wird.

11

a) "Rückgängig gemacht" ist ein Erwerbsvorgang, wenn über die zivilrechtliche Aufhebung des den Steuertatbestand erfüllenden Rechtsgeschäfts hinaus die Vertragspartner sich derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass die Möglichkeit zur Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. März 2003 II R 12/01, BFHE 202, 383, BStBl II 2003, 770; vom 21. Februar 2006 II R 60/04, BFH/NV 2006, 1700; vom 25. April 2007 II R 18/05, BFHE 217, 276, BStBl II 2007, 726; vom 14. November 2007 II R 1/06, BFH/NV 2008, 403; vom 6. Oktober 2010 II R 31/09, BFH/NV 2011, 306, und vom 28. März 2012 II R 42/11, BFH/NV 2012, 1486, Rz 22).

12

b) Wird im Zusammenhang mit der Aufhebung eines Kaufvertrags über ein Grundstück dieses weiterveräußert, ist für die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG entscheidend, ob für den früheren Erwerber trotz der Vertragsaufhebung die Möglichkeit der Verwertung einer aus dem "rückgängig gemachten" Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition verblieben und der Verkäufer demzufolge nicht aus seinen Bindungen entlassen war (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1486, Rz 23, m.w.N.).

13

Dem früheren Erwerber verbleibt die Möglichkeit der Verwertung einer aus dem "rückgängig gemachten" Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition jedenfalls dann, wenn der Aufhebungs- und der Weiterveräußerungsvertrag in einer einzigen Urkunde zusammengefasst sind (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1486, Rz 24). In diesem Fall hat er die rechtliche Möglichkeit, die Aufhebung des ursprünglichen Kaufvertrags zum anschließenden Erwerb des Grundstücks durch eine von ihm ausgewählte dritte Person zu nutzen. Denn der Veräußerer wird aus seiner Übereignungsverpflichtung gegenüber dem früheren Erwerber erst mit der Unterzeichnung des Vertrags durch alle Vertragsbeteiligten und damit erst in dem Augenblick entlassen, in dem er bereits wieder hinsichtlich der Übereignung des Grundstücks an den Zweiterwerber gebunden ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1486, Rz 24).

14

c) Die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ist in einem solchen Fall jedoch nur dann ausgeschlossen, wenn der Ersterwerber eine ihm verbliebene Rechtsposition auch in seinem eigenen (wirtschaftlichen) Interesse verwertet hat (BFH-Urteile in BFHE 202, 383, BStBl II 2003, 770; in BFH/NV 2006, 1700, und vom 25. August 2010 II R 35/08, BFH/NV 2010, 2301). Eine Verwertung in diesem Sinne liegt vor, wenn die Einflussnahme des Ersterwerbers auf die Weiterveräußerung Ausfluss der ihm verbliebenen Rechtsposition ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2301).

15

d) Dieselben Grundsätze wie bei der Weiterveräußerung gelten, wenn die Verkäuferin eine Gesellschaft ist, der Kaufvertrag rückgängig gemacht wird und in derselben Urkunde die Anteile an der Gesellschaft auf den Ersterwerber oder einen von diesem bestimmten Dritten übertragen werden. In diesem Fall behält der Ersterwerber --wirtschaftlich gesehen-- den durch den ursprünglichen Kaufvertrag begründeten Zugriff auf das Grundstück, obwohl dieses nach der Rückgängigmachung des Kaufvertrags zivilrechtlich bei der Gesellschaft verbleibt. Erfolgen die Rückgängigmachung des Kaufvertrags und die anschließende Übertragung der Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft in einer Urkunde, nutzt der Ersterwerber seine Rechtsposition aus dem ursprünglichen Kaufvertrag, um zu bestimmen, wer die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft erwerben darf. Stellt er damit sicher, dass er selbst oder ein von ihm bestimmter Dritter die Anteile erwerben kann, liegt darin eine die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ausschließende Verwertung der Rechtsposition aus dem ursprünglichen Kaufvertrag im eigenen wirtschaftlichen Interesse.

16

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das FG einen Anspruch der Klägerin auf Aufhebung der Steuerfestsetzung für den Erwerbsvorgang vom 30. Oktober 2006 gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG zutreffend verneint.

17

Die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG sind nicht erfüllt. Die Vertragsparteien haben mit notariell beurkundetem Vertrag vom 13. Dezember 2006 den Grundstückskaufvertrag vom 30. Oktober 2006 rückwirkend aufgehoben und zugleich die Anteile an der GbR auf die Klägerin und deren Schwestergesellschaft übertragen. Dabei hat die Klägerin ihre Rechtsposition aus dem Kaufvertrag dahingehend verwertet, dass sie mit ihrer Unterschrift unter den Vertrag den Erwerb der Anteile an der grundbesitzenden Personengesellschaft durch sie selbst und ihre Schwestergesellschaft sicherstellte. Ihr Interesse ging nicht allein dahin, sich vom Vertrag vollständig zu lösen. Vielmehr hat sie über die Beteiligung an der GbR ihren mittelbaren Einfluss auf das Grundstück behalten. Um sich das Grundstück wirtschaftlich über die Beteiligung am Gesamthandsvermögen zuzueignen, hat die Klägerin ihre ursprüngliche Rechtsposition aus dem Kaufvertrag verwertet. Das steht einer Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs i.S. des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG entgegen.

(1) Ein Gesellschafter kann nicht über seinen Anteil an dem Gesellschaftsvermögen und an den einzelnen dazu gehörenden Gegenständen verfügen; er ist nicht berechtigt, Teilung zu verlangen.

(2) Gegen eine Forderung, die zum Gesellschaftsvermögen gehört, kann der Schuldner nicht eine ihm gegen einen einzelnen Gesellschafter zustehende Forderung aufrechnen.

(1) Wird ein Erwerbsvorgang rückgängig gemacht bevor das Eigentum am Grundstück auf den Erwerber übergegangen ist, so wird auf Antrag die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben,

1.
wenn die Rückgängigmachung durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts oder eines Wiederkaufsrechts innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer stattfindet;
2.
wenn die Vertragsbedingungen nicht erfüllt werden und der Erwerbsvorgang deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird.

(2) Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück, so wird auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben,

1.
wenn der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfindet. Ist für den Rückerwerb eine Eintragung in das Grundbuch erforderlich, so muß innerhalb der Frist die Auflassung erklärt und die Eintragung im Grundbuch beantragt werden;
2.
wenn das dem Erwerbsvorgang zugrundeliegende Rechtsgeschäft nichtig oder infolge einer Anfechtung als von Anfang an nichtig anzusehen ist;
3.
wenn die Vertragsbedingungen des Rechtsgeschäfts, das den Anspruch auf Übereignung begründet hat, nicht erfüllt werden und das Rechtsgeschäft deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird.

(3) Wird die Gegenleistung für das Grundstück herabgesetzt, so wird auf Antrag die Steuer entsprechend niedriger festgesetzt oder die Steuerfestsetzung geändert,

1.
wenn die Herabsetzung innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer stattfindet;
2.
wenn die Herabsetzung (Minderung) auf Grund des § 437 des Bürgerlichen Gesetzbuches vollzogen wird.

(4) Tritt ein Ereignis ein, das nach den Absätzen 1 bis 3 die Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung begründet, endet die Festsetzungsfrist (§§ 169 bis 171 der Abgabenordnung) insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Eintritt des Ereignisses.

(4a) Wenn die Anteile in Erfüllung eines Rechtsgeschäfts im Sinne des § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder des § 1 Absatz 3a nach Abschluss dieses Rechtsgeschäfts übergehen und dadurch der Tatbestand des § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b verwirklicht wird, so wird auf Antrag die Festsetzung nach § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder § 1 Absatz 3a aufgehoben oder geändert. In den Fällen des Satzes 1 endet die Festsetzungsfrist für den aufgrund des Übergangs der Anteile erfüllten Tatbestand nach § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b nicht vor Ablauf der Festsetzungsfrist der aufzuhebenden oder zu ändernden Festsetzung nach § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder nach § 1 Absatz 3a.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn einer der in § 1 Absatz 2 bis 3a bezeichneten Erwerbsvorgänge rückgängig gemacht wird, der nicht fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt (§§ 18 bis 20) war. Die Vorschrift des Absatzes 4a gilt nicht, wenn einer der in § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder in § 1 Absatz 3a oder in § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b bezeichneten Erwerbsvorgänge nicht fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt (§§ 18 bis 20) war.

(1) Der Grunderwerbsteuer unterliegen die folgenden Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen:

1.
ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet;
2.
die Auflassung, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Übereignung begründet;
3.
der Übergang des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist und es auch keiner Auflassung bedarf. Ausgenommen sind
a)
der Übergang des Eigentums durch die Abfindung in Land und die unentgeltliche Zuteilung von Land für gemeinschaftliche Anlagen im Flurbereinigungsverfahren sowie durch die entsprechenden Rechtsvorgänge im beschleunigten Zusammenlegungsverfahren und im Landtauschverfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz in seiner jeweils geltenden Fassung bis zur Höhe des Sollanspruchs, wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Flurbereinigungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist; in diesen Fällen ist auch der den Sollanspruch auf Zuteilung übersteigende Teil der Zuteilung (Mehrzuteilung) ausgenommen, wenn der Wert des dem neuen Eigentümer zugeteilten Grundstücks seinen sich aus dem Wert des eingebrachten Grundstücks ergebenden Sollanspruch auf Zuteilung nicht um mehr als 20 vom Hundert übersteigt,
b)
der Übergang des Eigentums im Umlegungsverfahren nach dem Bundesbaugesetz in seiner jeweils geltenden Fassung bis zur Höhe des Sollanspruchs, wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist; in diesen Fällen ist auch der den Sollanspruch auf Zuteilung übersteigende Teil der Zuteilung (Mehrzuteilung) ausgenommen, wenn der Wert des dem neuen Eigentümer zugeteilten Grundstücks seinen sich aus dem Wert des eingebrachten Grundstücks ergebenden Sollanspruch auf Zuteilung nicht um mehr als 20 vom Hundert übersteigt,
c)
der Übergang des Eigentums im Zwangsversteigerungsverfahren;
4.
das Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren;
5.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung eines Übereignungsanspruchs oder der Rechte aus einem Meistgebot begründet;
6.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte aus einem Kaufangebot begründet. Dem Kaufangebot steht ein Angebot zum Abschluß eines anderen Vertrags gleich, kraft dessen die Übereignung verlangt werden kann;
7.
die Abtretung eines der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Rechte, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte begründet.

(2) Der Grunderwerbsteuer unterliegen auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten.

(2a) Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, daß mindestens 90 vom Hundert der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Personengesellschaft beteiligten Personengesellschaften werden durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile am Gesellschaftsvermögen anteilig berücksichtigt. Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Personengesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt, gelten die Sätze 4 und 5. Eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gilt in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 90 vom Hundert der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Bei mehrstufigen Beteiligungen gilt Satz 4 auf der Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend. Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes bleibt der Erwerb von Anteilen von Todes wegen außer Betracht. Hat die Personengesellschaft vor dem Wechsel des Gesellschafterbestandes ein Grundstück von einem Gesellschafter oder einer anderen Gesamthand erworben, ist auf die nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ermittelte Bemessungsgrundlage die Bemessungsgrundlage für den Erwerbsvorgang, für den auf Grund des § 5 Abs. 3 oder des § 6 Abs. 3 Satz 2 die Steuervergünstigung zu versagen ist, mit dem entsprechenden Betrag anzurechnen.

(2b) Gehört zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Kapitalgesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Kapitalgesellschaft beteiligten Personengesellschaften werden durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile der Gesellschaft anteilig berücksichtigt. Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Kapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt, gelten die Sätze 4 und 5. Eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gilt in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 90 vom Hundert der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Bei mehrstufigen Beteiligungen gilt Satz 4 auf der Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend. Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes bleibt der Erwerb von Anteilen von Todes wegen außer Betracht.

(2c) Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes im Sinne von Absatz 2a Satz 1 und Absatz 2b Satz 1 bleiben Übergänge von Anteilen an Kapitalgesellschaften außer Betracht, die zum Handel an einem im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betriebenen organisierten Markt nach § 2 Absatz 11 des Wertpapierhandelsgesetzes oder einem Drittlandhandelsplatz, der gemäß Artikel 25 Absatz 4 Buchstabe a der Richtlinie 2014/65/EU von der Europäischen Kommission als gleichwertig erklärt wurde, zugelassen sind, soweit der Anteilsübergang auf Grund eines Geschäfts an diesem Markt oder Drittlandhandelsplatz oder einem multilateralen Handelssystem im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Nummer 14 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 erfolgt.

(3) Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, so unterliegen der Steuer, soweit eine Besteuerung nach den Absätzen 2a und 2b nicht in Betracht kommt, außerdem:

1.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers oder in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen oder in der Hand von abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen allein vereinigt werden würden;
2.
die Vereinigung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Nummer 1 vorausgegangen ist;
3.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft begründet;
4.
der Übergang unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft auf einen anderen, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Nummer 3 vorausgegangen ist.

(3a) Soweit eine Besteuerung nach den Absätzen 2a, 2b und 3 nicht in Betracht kommt, gilt als Rechtsvorgang im Sinne des Absatzes 3 auch ein solcher, aufgrund dessen ein Rechtsträger unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar eine wirtschaftliche Beteiligung in Höhe von mindestens 90 vom Hundert an einer Gesellschaft, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, innehat. Die wirtschaftliche Beteiligung ergibt sich aus der Summe der unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaft. Für die Ermittlung der mittelbaren Beteiligungen sind die Vomhundertsätze am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaften zu multiplizieren.

(4) Im Sinne des Absatzes 3 gelten als abhängig

1.
natürliche Personen, soweit sie einzeln oder zusammengeschlossen einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers in Bezug auf die Anteile zu folgen verpflichtet sind;
2.
juristische Personen, die nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert sind.

(5) Bei einem Tauschvertrag, der für beide Vertragsteile den Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks begründet, unterliegt der Steuer sowohl die Vereinbarung über die Leistung des einen als auch die Vereinbarung über die Leistung des anderen Vertragsteils.

(6) Ein in Absatz 1, 2, 3 oder Absatz 3a bezeichneter Rechtsvorgang unterliegt der Steuer auch dann, wenn ihm ein in einem anderen dieser Absätze bezeichneter Rechtsvorgang vorausgegangen ist. Die Steuer wird jedoch nur insoweit erhoben, als die Bemessungsgrundlage für den späteren Rechtsvorgang den Betrag übersteigt, von dem beim vorausgegangenen Rechtsvorgang die Steuer berechnet worden ist.

(7) (weggefallen)

(1) Das Gericht kann in geeigneten Fällen ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheides mündliche Verhandlung beantragen. Hat das Finanzgericht in dem Gerichtsbescheid die Revision zugelassen, können sie auch Revision einlegen. Wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestands und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

Soweit die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Finanzbehörde aus, den begehrten Verwaltungsakt zu erlassen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Der ehrenamtliche Richter wirkt bei der mündlichen Verhandlung und der Urteilsfindung mit gleichen Rechten wie der Richter mit.

(1) Der Grunderwerbsteuer unterliegen die folgenden Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen:

1.
ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet;
2.
die Auflassung, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Übereignung begründet;
3.
der Übergang des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist und es auch keiner Auflassung bedarf. Ausgenommen sind
a)
der Übergang des Eigentums durch die Abfindung in Land und die unentgeltliche Zuteilung von Land für gemeinschaftliche Anlagen im Flurbereinigungsverfahren sowie durch die entsprechenden Rechtsvorgänge im beschleunigten Zusammenlegungsverfahren und im Landtauschverfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz in seiner jeweils geltenden Fassung bis zur Höhe des Sollanspruchs, wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Flurbereinigungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist; in diesen Fällen ist auch der den Sollanspruch auf Zuteilung übersteigende Teil der Zuteilung (Mehrzuteilung) ausgenommen, wenn der Wert des dem neuen Eigentümer zugeteilten Grundstücks seinen sich aus dem Wert des eingebrachten Grundstücks ergebenden Sollanspruch auf Zuteilung nicht um mehr als 20 vom Hundert übersteigt,
b)
der Übergang des Eigentums im Umlegungsverfahren nach dem Bundesbaugesetz in seiner jeweils geltenden Fassung bis zur Höhe des Sollanspruchs, wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist; in diesen Fällen ist auch der den Sollanspruch auf Zuteilung übersteigende Teil der Zuteilung (Mehrzuteilung) ausgenommen, wenn der Wert des dem neuen Eigentümer zugeteilten Grundstücks seinen sich aus dem Wert des eingebrachten Grundstücks ergebenden Sollanspruch auf Zuteilung nicht um mehr als 20 vom Hundert übersteigt,
c)
der Übergang des Eigentums im Zwangsversteigerungsverfahren;
4.
das Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren;
5.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung eines Übereignungsanspruchs oder der Rechte aus einem Meistgebot begründet;
6.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte aus einem Kaufangebot begründet. Dem Kaufangebot steht ein Angebot zum Abschluß eines anderen Vertrags gleich, kraft dessen die Übereignung verlangt werden kann;
7.
die Abtretung eines der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Rechte, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte begründet.

(2) Der Grunderwerbsteuer unterliegen auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten.

(2a) Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, daß mindestens 90 vom Hundert der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Personengesellschaft beteiligten Personengesellschaften werden durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile am Gesellschaftsvermögen anteilig berücksichtigt. Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Personengesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt, gelten die Sätze 4 und 5. Eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gilt in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 90 vom Hundert der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Bei mehrstufigen Beteiligungen gilt Satz 4 auf der Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend. Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes bleibt der Erwerb von Anteilen von Todes wegen außer Betracht. Hat die Personengesellschaft vor dem Wechsel des Gesellschafterbestandes ein Grundstück von einem Gesellschafter oder einer anderen Gesamthand erworben, ist auf die nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ermittelte Bemessungsgrundlage die Bemessungsgrundlage für den Erwerbsvorgang, für den auf Grund des § 5 Abs. 3 oder des § 6 Abs. 3 Satz 2 die Steuervergünstigung zu versagen ist, mit dem entsprechenden Betrag anzurechnen.

(2b) Gehört zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Kapitalgesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Kapitalgesellschaft beteiligten Personengesellschaften werden durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile der Gesellschaft anteilig berücksichtigt. Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Kapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt, gelten die Sätze 4 und 5. Eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gilt in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 90 vom Hundert der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Bei mehrstufigen Beteiligungen gilt Satz 4 auf der Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend. Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes bleibt der Erwerb von Anteilen von Todes wegen außer Betracht.

(2c) Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes im Sinne von Absatz 2a Satz 1 und Absatz 2b Satz 1 bleiben Übergänge von Anteilen an Kapitalgesellschaften außer Betracht, die zum Handel an einem im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betriebenen organisierten Markt nach § 2 Absatz 11 des Wertpapierhandelsgesetzes oder einem Drittlandhandelsplatz, der gemäß Artikel 25 Absatz 4 Buchstabe a der Richtlinie 2014/65/EU von der Europäischen Kommission als gleichwertig erklärt wurde, zugelassen sind, soweit der Anteilsübergang auf Grund eines Geschäfts an diesem Markt oder Drittlandhandelsplatz oder einem multilateralen Handelssystem im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Nummer 14 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 erfolgt.

(3) Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, so unterliegen der Steuer, soweit eine Besteuerung nach den Absätzen 2a und 2b nicht in Betracht kommt, außerdem:

1.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers oder in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen oder in der Hand von abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen allein vereinigt werden würden;
2.
die Vereinigung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Nummer 1 vorausgegangen ist;
3.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft begründet;
4.
der Übergang unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft auf einen anderen, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Nummer 3 vorausgegangen ist.

(3a) Soweit eine Besteuerung nach den Absätzen 2a, 2b und 3 nicht in Betracht kommt, gilt als Rechtsvorgang im Sinne des Absatzes 3 auch ein solcher, aufgrund dessen ein Rechtsträger unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar eine wirtschaftliche Beteiligung in Höhe von mindestens 90 vom Hundert an einer Gesellschaft, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, innehat. Die wirtschaftliche Beteiligung ergibt sich aus der Summe der unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaft. Für die Ermittlung der mittelbaren Beteiligungen sind die Vomhundertsätze am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaften zu multiplizieren.

(4) Im Sinne des Absatzes 3 gelten als abhängig

1.
natürliche Personen, soweit sie einzeln oder zusammengeschlossen einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers in Bezug auf die Anteile zu folgen verpflichtet sind;
2.
juristische Personen, die nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert sind.

(5) Bei einem Tauschvertrag, der für beide Vertragsteile den Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks begründet, unterliegt der Steuer sowohl die Vereinbarung über die Leistung des einen als auch die Vereinbarung über die Leistung des anderen Vertragsteils.

(6) Ein in Absatz 1, 2, 3 oder Absatz 3a bezeichneter Rechtsvorgang unterliegt der Steuer auch dann, wenn ihm ein in einem anderen dieser Absätze bezeichneter Rechtsvorgang vorausgegangen ist. Die Steuer wird jedoch nur insoweit erhoben, als die Bemessungsgrundlage für den späteren Rechtsvorgang den Betrag übersteigt, von dem beim vorausgegangenen Rechtsvorgang die Steuer berechnet worden ist.

(7) (weggefallen)

(1) Unter Grundstücken im Sinne dieses Gesetzes sind Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechts zu verstehen. Jedoch werden nicht zu den Grundstücken gerechnet:

1.
Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören,
2.
Mineralgewinnungsrechte und sonstige Gewerbeberechtigungen,
3.
das Recht des Grundstückseigentümers auf den Erbbauzins.

(2) Den Grundstücken stehen gleich

1.
Erbbaurechte,
2.
Gebäude auf fremdem Boden,
3.
dinglich gesicherte Sondernutzungsrechte nach den Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes und des § 1010 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(3) Bezieht sich ein Rechtsvorgang auf mehrere Grundstücke, die zu einer wirtschaftlichen Einheit gehören, so werden diese Grundstücke als ein Grundstück behandelt. Bezieht sich ein Rechtsvorgang auf einen oder mehrere Teile eines Grundstücks, so werden diese Teile als ein Grundstück behandelt.

(1) Zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehören solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind. Das Gleiche gilt von einem Gebäude oder anderen Werk, das in Ausübung eines Rechts an einem fremden Grundstück von dem Berechtigten mit dem Grundstück verbunden worden ist.

(2) Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zweck in ein Gebäude eingefügt sind, gehören nicht zu den Bestandteilen des Gebäudes.

(1) Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks gehören die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude, sowie die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen. Samen wird mit dem Aussäen, eine Pflanze wird mit dem Einpflanzen wesentlicher Bestandteil des Grundstücks.

(2) Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes gehören die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen.

(1) Wird ein Erwerbsvorgang rückgängig gemacht bevor das Eigentum am Grundstück auf den Erwerber übergegangen ist, so wird auf Antrag die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben,

1.
wenn die Rückgängigmachung durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts oder eines Wiederkaufsrechts innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer stattfindet;
2.
wenn die Vertragsbedingungen nicht erfüllt werden und der Erwerbsvorgang deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird.

(2) Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück, so wird auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben,

1.
wenn der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfindet. Ist für den Rückerwerb eine Eintragung in das Grundbuch erforderlich, so muß innerhalb der Frist die Auflassung erklärt und die Eintragung im Grundbuch beantragt werden;
2.
wenn das dem Erwerbsvorgang zugrundeliegende Rechtsgeschäft nichtig oder infolge einer Anfechtung als von Anfang an nichtig anzusehen ist;
3.
wenn die Vertragsbedingungen des Rechtsgeschäfts, das den Anspruch auf Übereignung begründet hat, nicht erfüllt werden und das Rechtsgeschäft deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird.

(3) Wird die Gegenleistung für das Grundstück herabgesetzt, so wird auf Antrag die Steuer entsprechend niedriger festgesetzt oder die Steuerfestsetzung geändert,

1.
wenn die Herabsetzung innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer stattfindet;
2.
wenn die Herabsetzung (Minderung) auf Grund des § 437 des Bürgerlichen Gesetzbuches vollzogen wird.

(4) Tritt ein Ereignis ein, das nach den Absätzen 1 bis 3 die Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung begründet, endet die Festsetzungsfrist (§§ 169 bis 171 der Abgabenordnung) insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Eintritt des Ereignisses.

(4a) Wenn die Anteile in Erfüllung eines Rechtsgeschäfts im Sinne des § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder des § 1 Absatz 3a nach Abschluss dieses Rechtsgeschäfts übergehen und dadurch der Tatbestand des § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b verwirklicht wird, so wird auf Antrag die Festsetzung nach § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder § 1 Absatz 3a aufgehoben oder geändert. In den Fällen des Satzes 1 endet die Festsetzungsfrist für den aufgrund des Übergangs der Anteile erfüllten Tatbestand nach § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b nicht vor Ablauf der Festsetzungsfrist der aufzuhebenden oder zu ändernden Festsetzung nach § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder nach § 1 Absatz 3a.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn einer der in § 1 Absatz 2 bis 3a bezeichneten Erwerbsvorgänge rückgängig gemacht wird, der nicht fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt (§§ 18 bis 20) war. Die Vorschrift des Absatzes 4a gilt nicht, wenn einer der in § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder in § 1 Absatz 3a oder in § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b bezeichneten Erwerbsvorgänge nicht fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt (§§ 18 bis 20) war.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) und die noch zu gründende GmbH beabsichtigten, das Grundstück Z derart gemeinschaftlich von einer GbR zu erwerben, dass die Klägerin den bebauten und die GmbH den unbebauten Grundstücksteil kaufen sollte. Da die GbR jedoch nur bereit war, das Grundstück an lediglich einen Erwerber zu veräußern, kamen die Parteien überein, dass die Ehefrau des Gesellschafters der GmbH, X, das Grundstück zunächst insgesamt erwerben sollte. Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 6. Mai 2008 veräußerte die GbR das Grundstück an X zu einem Kaufpreis von 1.625.000 €. Ebenfalls mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 6. Mai 2008 verkaufte X eine noch nicht vermessene Teilfläche des Grundstücks von ca. 1.160 qm an die Klägerin zu einem Kaufpreis von 1.086.750 €. Die Klägerin hinterlegte den vereinbarten Kaufpreis am 12. September 2008 auf einem Notaranderkonto.

2

Nachdem das Grundstück aufgeteilt worden war, vereinbarten die GbR und X mit notariell beurkundetem Vertrag vom 22. September 2008 (UR-Nr. 07/2008) die Aufhebung des Kaufvertrags vom 6. Mai 2008. Der Vertrag stand u.a. unter der aufschiebenden Bedingung, dass der auf dem Notaranderkonto hinterlegte Betrag aus dem Kaufvertrag der X mit der Klägerin bis spätestens 26. September 2009 an die GbR ausgekehrt wird.

3

Am selben Tag schlossen die Klägerin und X einen notariell beurkundeten Aufhebungsvertrag (UR-Nr. 08/2008) über den Kaufvertrag vom 6. Mai 2008. Der Vertrag stand unter der aufschiebenden Bedingung, dass der zwischen der GbR und X geschlossene Aufhebungsvertrag durch Eintritt der darin vereinbarten aufschiebenden Bedingung wirksam wird.

4

In einem weiteren notariell beurkundeten Vertrag vom 22. September 2008 (UR-Nr. 11/2008) veräußerte die GbR die nunmehr neu vermessene Teilfläche von ca. 1.160 qm an die Klägerin. Der Kaufpreis betrug 1.090.000 €. Der Kaufvertrag stand unter der aufschiebenden Bedingung, dass der zwischen der Klägerin und X geschlossene Aufhebungsvertrag wirksam wird.

5

Die in den Verträgen vom 22. September 2008 vereinbarten aufschiebenden Bedingungen traten ein, so dass diese Verträge wirksam wurden.

6

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) setzte mit Bescheid vom 13. Juni 2008 für den Grundstückserwerb der Klägerin von X nach einer Bemessungsgrundlage von 1.086.750 € gegen die Klägerin Grunderwerbsteuer in Höhe von 38.036 € fest. Ferner erließ das FA am 9. Oktober 2008 gegen die Klägerin einen weiteren Grunderwerbsteuerbescheid. Darin setzte es gegen diese für den Erwerb desselben Grundstücks von der GbR aufgrund einer Bemessungsgrundlage von 1.090.000 € Grunderwerbsteuer in Höhe von 38.150 € fest.

7

Mit Schreiben vom 23. September 2008 leitete der beurkundende Notar den zwischen der Klägerin und X geschlossenen Aufhebungsvertrag an das FA weiter und beantragte für die Klägerin die Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 13. Juni 2008. Das FA lehnte den Antrag gegenüber der Klägerin mit an den beurkundenden Notar gerichtetem Bescheid vom 16. Oktober 2008 mit der Begründung ab, der Kaufvertrag sei nicht i.S. des § 16 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) rückgängig gemacht worden, da der Veräußerer seine vollständige rechtliche und wirtschaftliche Verfügungsmacht nicht zurückerlangt habe.

8

Mit Schreiben vom 3. November 2008 (Schreiben 1) wies die Klägerin auf die Aufhebung des Kaufvertrags hin. Sie bat darum, das Schreiben als "Widerspruch gegen die o.g. Grunderwerbsteuer" zu werten. Die Klägerin sendete das Schreiben per Telefax an die Steuerkasse, die es nicht an das FA weiterleitete. Ferner sendete die Klägerin am 3. November 2008 ein weiteres Schreiben (Schreiben 2) per Telefax an die Steuerkasse. Bei diesem Schreiben handelte es sich um eine Mahnung bezüglich der mit Bescheid vom 13. Juni 2008 festgesetzten Grunderwerbsteuer. Darauf war handschriftlich Folgendes vermerkt: "... Sie sind nicht auf dem Laufenden. Am 22.09.08 ist der Vertrag aufgehoben worden, so dass die Zahlung der Restgrunderwerbsteuer und der Säumniszuschläge nicht in Frage kommt ..." Dieses Schreiben leitete die Steuerkasse an das FA weiter, dem es am 4. November 2008 zuging.

9

Ein weiteres Schreiben der Klägerin an das FA vom 18. Januar 2009, dem die Schreiben vom 3. November 2008 als Anlage beigefügt waren, legte das FA als Einspruch gegen den Bescheid vom 16. Oktober 2008 sowie als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Einspruchsfrist aus. Diesem Antrag gab es statt. Den Einspruch wies es als unbegründet zurück.

10

Mit Schreiben vom 26. April 2010 und 26. Mai 2010 beantragte die Klägerin den Erlass der mit Bescheid vom 13. Juni 2008 bzw. mit Bescheid vom 9. Oktober 2008 festgesetzten Grunderwerbsteuer aus Billigkeitsgründen. Die Erlassanträge und die gegen die diesbezüglichen Ablehnungsbescheide eingelegten Einsprüche hatten keinen Erfolg.

11

Die Klägerin erhob am 16. Februar 2010 Verpflichtungsklage auf Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 13. Juni 2008. Mit Schriftsatz vom 17. Januar 2011 beantragte sie ferner, hilfsweise das FA unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 17. August 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. Dezember 2010 zu verpflichten, die mit Bescheid vom 9. Oktober 2008 festgesetzte Grunderwerbsteuer in Höhe eines Teilbetrages von 38.036 € zu erlassen, hilfsweise das FA zu verpflichten, die mit Bescheid vom 13. Juni 2008 festgesetzte Grunderwerbsteuer zu erlassen. Im Erörterungstermin vom 17. Mai 2011 beantragte die Klägerin hilfsweise zudem, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 9. Oktober 2008 aufzuheben. Das FA stimmte dieser Sprungklage zu.

12

Die Klage hatte im Hauptantrag Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, dass die Klägerin zwar die Einspruchsfrist versäumt, das FA der Klägerin jedoch insoweit zu Recht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt habe. Ferner sei das FA verpflichtet, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 13. Juni 2008 nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG aufzuheben. Der zwischen der Klägerin und X geschlossene Kaufvertrag sei durch den Vertrag vom 22. September 2008 aufgehoben worden. Darin liege eine Rückgängigmachung des ursprünglichen Erwerbsvorgangs i.S. des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, da alle grunderwerbsteuerrechtlich relevanten Beziehungen rechtlicher oder tatsächlicher Art zwischen den Vertragsparteien beseitigt worden seien. Die Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 2007 veröffentlicht.

13

Mit der Revision rügt das FA eine Verletzung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Entgegen der Ansicht des FG habe die Klägerin das Grundstück nicht aus der Hand gegeben und ihre wirtschaftliche Position in Bezug auf das Grundstück zu keiner Zeit aufgegeben. Ferner sei der Bescheid vom 16. Oktober 2008 bestandskräftig. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei zu Unrecht erfolgt. Das Schreiben 1 der Klägerin sei nicht als Einspruch auszulegen.

14

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

15

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, festzustellen, dass der Grunderwerbsteuerbescheid vom 9. Oktober 2008 rechtswidrig ist.

Entscheidungsgründe

16

II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zu Unrecht hat das FG entschieden, das FA sei verpflichtet, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 13. Juni 2008 nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG aufzuheben.

17

1. Zutreffend hat das FG die Klage nicht wegen Versäumung der Einspruchsfrist als unbegründet abgewiesen. Die Frage, ob der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 der Abgabenordnung --AO--) zu gewähren war, stellt sich dabei nicht. Denn die Klägerin hat fristgemäß Einspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 16. Oktober 2008 eingelegt. Das am 3. November 2008 an die Steuerkasse gesandte Schreiben 2 der Klägerin ist nämlich als Einspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 16. Oktober 2008 auszulegen.

18

a) Außerprozessuale Verfahrenserklärungen sind entsprechend § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auszulegen. Entscheidend ist, wie das FA als Erklärungsempfänger den objektiven Erklärungswert des Schreibens verstehen musste. Dabei ist bei auslegungsfähigen Rechtsbehelfen grundsätzlich davon auszugehen, der Steuerpflichtige habe denjenigen Rechtsbehelf einlegen wollen, der seinem materiell-rechtlichen Begehren am ehesten zum Erfolg verhilft. Die unrichtige Bezeichnung des Einspruchs allein schadet nach § 357 Abs. 1 Satz 4 AO nicht. Lässt deshalb die Äußerung eines Steuerpflichtigen ungewiss, ob er einen Rechtsbehelf einlegen will, so ist die Erklärung im Allgemeinen als Rechtsbehelf zu betrachten, um zugunsten des Steuerpflichtigen den Eintritt der Bestandskraft zu verhindern (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. November 2010 II B 55/10, BFH/NV 2011, 295, m.w.N.).

19

b) Im Streitfall entspricht es dem Gebot zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 2. September 2002  1 BvR 476/01, BStBl II 2002, 835), das am 3. November 2008 an die Steuerkasse gesandte Schreiben 2 der Klägerin als Einspruch auszulegen. Das von der Klägerin darin verfolgte Ziel, für den Grundstückserwerb vom 6. Mai 2008 wegen der Aufhebung des Kaufvertrags keine Grunderwerbsteuer zahlen zu müssen, konnte durch die Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 13. Juni 2008 gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erreicht werden. Aus den Ausführungen der Klägerin ergibt sich hinreichend deutlich, dass sie sich gegen die Ablehnung der Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 13. Juni 2008 durch den Bescheid vom 16. Oktober 2008 wandte und hiergegen Einspruch einlegen wollte. Zwar hat die Klägerin ihr Schreiben an die Steuerkasse und damit an eine unzuständige Finanzbehörde gerichtet, jedoch hat diese das Schreiben an das FA weitergeleitet. Diesem ist es am 4. November 2008 und damit innerhalb der Einspruchsfrist des § 355 Abs. 1 Satz 1 AO zugegangen.

20

2. Das FA ist nicht verpflichtet, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 13. Juni 2008 nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG aufzuheben. Denn der Erwerbsvorgang zwischen der Klägerin und X wurde entgegen der Auffassung des FG nicht rückgängig gemacht.

21

a) Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG wird eine Steuerfestsetzung auf Antrag aufgehoben, wenn ein Erwerbsvorgang vor dem Übergang des Eigentums am Grundstück auf den Erwerber durch Vereinbarung der Vertragspartner innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer rückgängig gemacht wird.

22

"Rückgängig gemacht" ist ein Erwerbsvorgang, wenn über die zivilrechtliche Aufhebung des den Steuertatbestand erfüllenden Rechtsgeschäfts hinaus die Vertragspartner sich derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass die Möglichkeit zur Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt (BFH-Urteil vom 25. August 2010 II R 35/08, BFH/NV 2010, 2301, m.w.N.).

23

Wird im Zusammenhang mit der Aufhebung eines Kaufvertrags über ein Grundstück dieses weiterveräußert, ist für die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG entscheidend, ob für den früheren Erwerber trotz der Vertragsaufhebung die Möglichkeit der Verwertung einer aus dem "rückgängig gemachten" Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition verblieben und der Verkäufer demzufolge nicht aus seinen Bindungen entlassen war (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2301).

24

Dem Ersterwerber verbleibt die Möglichkeit der Verwertung einer Rechtsposition jedenfalls dann, wenn der Aufhebungs- und der Weiterveräußerungsvertrag in einer einzigen Urkunde zusammengefasst sind. In diesem Fall hat er die rechtliche Möglichkeit, die Aufhebung des ursprünglichen Kaufvertrags zum anschließenden Erwerb des Grundstücks durch eine von ihm ausgewählte dritte Person zu nutzen. Denn der Veräußerer wird aus seiner Übereignungsverpflichtung gegenüber dem früheren Erwerber erst mit der Unterzeichnung des Vertrags durch alle Vertragsbeteiligten und damit erst in dem Augenblick entlassen, in dem er bereits wieder hinsichtlich der Übereignung des Grundstücks an den Zweiterwerber gebunden ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2301, m.w.N.). Da sich diese Schlussfolgerung trotz gleicher Beweggründe der Parteien mühelos umgehen lässt, indem die Aufhebung des ursprünglichen und der Abschluss des neuen Kaufvertrags nacheinander beurkundet werden, kann der Abschluss beider Verträge in aufeinanderfolgenden Urkunden nicht anders beurteilt werden als ihre Zusammenfassung in einer Urkunde (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2301, m.w.N.).

25

Die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ist jedoch nur dann ausgeschlossen, wenn der Ersterwerber eine ihm verbliebene Rechtsposition auch in seinem eigenen (wirtschaftlichen) Interesse verwertet hat (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2301, m.w.N.). Eine Verwertung in diesem Sinne liegt vor, wenn die Einflussnahme des Ersterwerbers auf die Weiterveräußerung Ausfluss der ihm verbliebenen Rechtsposition ist. In diesem Fall sind die Interessen Dritter an der Weiterveräußerung unbeachtlich (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2301).

26

b) Nach diesen Grundsätzen lagen im Streitfall die Voraussetzungen für eine Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 13. Juni 2008 nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG nicht vor. Der durch den Vertrag vom 6. Mai 2008 verwirklichte Erwerbsvorgang zwischen der Klägerin und X wurde nicht rückgängig gemacht. Denn die Klägerin hat im Zusammenhang mit dem Abschluss des Aufhebungsvertrags vom 22. September 2008 eine ihr verbliebene Rechtsposition verwertet. Die Aufhebungsverträge zwischen der Klägerin und X einerseits sowie zwischen X und der GbR andererseits und der Weiterveräußerungsvertrag zwischen der GbR und der Klägerin wurden in aufeinanderfolgenden Urkunden abgeschlossen. X wurde demgemäß aus ihrer Übereignungsverpflichtung gegenüber der Klägerin erst in dem Augenblick entlassen, in dem sie auf ihren Übereignungsanspruch gegenüber der GbR verzichtet hatte. Für die Annahme einer der Klägerin verbliebenen Rechtsposition ist es entgegen der Ansicht des FG unerheblich, dass die Klägerin ihren ursprünglichen Übereignungsanspruch von einer Nichteigentümerin erlangt hatte. Denn es ist für einen Ausschluss des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG nicht erforderlich, dass der Erwerber das Grundstück als solches verwertet; vielmehr reicht es aus, wenn er eine ihm aus dem ursprünglichen Erwerbsvorgang verbliebene, das Grundstück betreffende Rechtsposition verwertet.

27

Die Klägerin hat die ihr verbliebene Rechtsposition ferner in ihrem eigenen (wirtschaftlichen) Interesse verwertet. Hierfür war es nicht notwendig, dass sie das Grundstück einem Zwischenhändler ähnlich an einen Dritten veräußerte, sondern es genügte bereits, dass sie die ihr verbliebene Rechtsposition verwandte, um den eigenen Erwerb des Grundstücks von der GbR sicherzustellen. Es kam ihr gerade darauf an, dass X gegenüber der GbR auf ihren Übereignungsanspruch verzichtet, damit die GbR bezüglich der Übereignung des Grundstücks schuldrechtlich nicht gebunden war und ihr, der Klägerin, das Grundstück wie ursprünglich geplant verkaufen konnte, ohne sich dadurch die Erfüllung des Kaufvertrags mit X unmöglich zu machen.

28

c) Da das FG von anderen Grundsätzen ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben.

29

3. Die Sache ist spruchreif. Die Klage war auch hinsichtlich der Hilfsanträge abzuweisen.

30

a) Soweit die Klägerin erstmalig im Revisionsverfahren hilfsweise beantragt hat, die Rechtswidrigkeit des Grunderwerbsteuerbescheids vom 9. Oktober 2008 festzustellen, ist dieses Begehren unzulässig. Denn es handelt sich dabei um eine im Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 1 FGO unzulässige Klageerweiterung (vgl. Steinhauff in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 43 FGO Rz 108; siehe auch BFH-Urteil vom 27. August 2003 II R 18/02, BFH/NV 2004, 203, zum Übergang von einer Anfechtungs- zu einer Feststellungsklage im Revisionsverfahren).

31

b) Ferner ist die Klage unzulässig, soweit die Klägerin erstmalig im Erörterungstermin vom 17. Mai 2011 hilfsweise beantragt hat, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 9. Oktober 2008 aufzuheben. Zwar hat das FA dieser Sprungklage zugestimmt. Jedoch hat die Klägerin insofern die einmonatige Klagefrist des § 47 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz i.V.m. § 45 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht gewahrt.

32

c) Im Übrigen ist die Klage in ihren Hilfsanträgen zwar zulässig, aber unbegründet. Das FA hat es ermessensfehlerfrei abgelehnt, die mit Bescheid vom 9. Oktober 2008 festgesetzte Grunderwerbsteuer in Höhe eines Teilbetrags von 38.036 € oder die mit Bescheid vom 13. Juni 2008 festgesetzte Grunderwerbsteuer aus sachlichen Billigkeitsgründen zu erlassen.

33

aa) Nach § 227 AO können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen werden, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Ein Erlass kommt aus sachlichen Gründen in Betracht, wenn die Einziehung der Steuer zwar dem Gesetz entspricht, aber infolge eines Gesetzesüberhangs den Wertungen des Gesetzgebers derart zuwiderläuft, dass sie unbillig erscheint (BFH-Urteil vom 4. Februar 2010 II R 25/08, BFHE 228, 130, BStBl II 2010, 663, m.w.N.). Beim Erlass handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, bei der Inhalt und Grenzen des Ermessens durch den Begriff der Unbilligkeit bestimmt werden (BFH-Urteil in BFHE 228, 130, BStBl II 2010, 663, m.w.N.). Die Entscheidung darf gemäß § 102 FGO gerichtlich (nur) daraufhin überprüft werden, ob das FA die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder es von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat.

34

bb) Das FA hat ermessensfehlerfrei angenommen, dass die Festsetzung der Grunderwerbsteuer in den Bescheiden vom 13. Juni 2008 und 9. Oktober 2008 nicht sachlich unbillig ist. Ein Überhang des gesetzlichen Tatbestandes über die Wertungen des Gesetzgebers ist nicht erkennbar. Es entspricht dem Willen des Gesetzgebers, zwei dasselbe Grundstück betreffende aufeinanderfolgende Erwerbsvorgänge zwischen demselben Erwerber und verschiedenen Veräußerern jeweils gesondert zu besteuern, obgleich nur einer dieser Erwerbsvorgänge einen Rechtsträgerwechsel herbeigeführt hat. Soweit es somit zu einer Steuerschuld ohne Rechtsträgerwechsel kommt, entspricht dies der Sachgesetzlichkeit des GrEStG (vgl. auch BFH-Urteil vom 18. November 2009 II R 11/08, BFHE 226, 552, BStBl II 2010, 498, unter II.7.).

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) waren zu je 1/2 Miteigentümer eines mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks in X. Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 23. September 2006 veräußerten sie dieses zum Preis von 199.000 € jeweils zur ideellen Hälfte an A und B.

2

Mit Bescheiden vom 3. November 2006 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) gegen A und B jeweils Grunderwerbsteuer in Höhe von 3.482 € fest.

3

Nachdem der Kaufpreis nicht entrichtet worden war, hoben die Vertragsparteien mit notariell beurkundetem Vertrag vom 25. November 2006 den Kaufvertrag vom 23. September 2006 auf. Die Käufer verpflichteten sich, an die Kläger einen pauschalen Schadensersatz in Höhe von 1.000 € zu zahlen, womit alle gegenseitigen Ansprüche aus der Auflösung des Kaufvertrages erledigt sein sollten. Die Kaufvertragsparteien beantragten ferner, die Grunderwerbsteuerfestsetzungen aufzuheben.

4

Mit ebenfalls am 25. November 2006 geschlossenem und unmittelbar im Anschluss an den Aufhebungsvertrag notariell beurkundetem Kaufvertrag veräußerten die Kläger nunmehr das Grundstück an A zu Alleineigentum. Der Kaufpreis blieb mit 199.000 € unverändert.

5

Da B die Grunderwerbsteuer aus dem Bescheid vom 3. November 2006 nicht entrichtete, setzte das FA mit Bescheiden vom 29. Mai 2007 gegen die Kläger als Veräußerer jeweils Grunderwerbsteuer in Höhe von 1.741 € fest.

6

Die dagegen von den Klägern unter Verweis auf die beantragte Aufhebung der Grunderwerbsteuerfestsetzung eingelegten Einsprüche blieben ebenso erfolglos wie die Klage vor dem Finanzgericht (FG). In seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 1137 veröffentlichten Urteil führte das FG aus, die Kläger seien als Verkäufer des Miteigentumsanteils zu Recht je zur Hälfte als Gesamtschuldner in Anspruch genommen worden. Der Kaufvertrag vom 23. September 2006 sei nicht nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) rückgängig gemacht worden. B habe ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Grundstückserwerb der A gehabt und Ansprüche der Kläger als Verkäufer wegen Nichterfüllung auf den vereinbarten pauschalen Schadensersatz reduzieren können. Auch fehle es an einer vollständigen Rückabwicklung des Vertrages, weil der Besitz sowie die Nutzungen nicht zurückübertragen worden seien.

7

Mit ihrer Revision rügen die Kläger Verletzung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG.

8

Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil und die Grunderwerbsteuerbescheide vom 29. Mai 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 30. Januar 2008 aufzuheben.

9

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsakte (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

11

1. Der Auffassung des FG, einer wirksamen Rückgängigmachung des Ersterwerbs nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG stehe das wirtschaftliche Interesse des B, mögliche Schadensersatzansprüche der Verkäuferseite wegen Nichterfüllung des Vertrages auszuschließen oder zu reduzieren, sowie der dem B verbliebene Besitz und die Nutzungen entgegen, vermag der erkennende Senat nicht zu folgen.

12

a) Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG wird eine Steuerfestsetzung auf Antrag aufgehoben, wenn ein Erwerbsvorgang vor dem Übergang des Eigentums am Grundstück auf den Erwerber durch Vereinbarung der Vertragspartner innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer rückgängig gemacht wird. "Rückgängig gemacht" ist ein Erwerbsvorgang, wenn über die zivilrechtliche Aufhebung des den Steuertatbestand erfüllenden Rechtsgeschäfts hinaus die Vertragspartner sich derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass die Möglichkeit zur Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt (vgl. z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. März 2003 II R 12/01, BFHE 202, 383, BStBl II 2003, 770; vom 21. Februar 2006 II R 60/04, BFH/NV 2006, 1700; vom 25. April 2007 II R 18/05, BFHE 217, 276, BStBl II 2007, 726; vom 14. November 2007 II R 1/06, BFH/NV 2008, 403).

Der Wegfall der Verfügungsmöglichkeit des Erwerbers über das Grundstück einerseits und die Wiedererlangung der ursprünglichen Rechtsstellung des Veräußerers andererseits stehen --dem systematischen Verhältnis der Steuertatbestände des § 1 GrEStG zu der gegenläufigen Korrekturvorschrift des § 16 GrEStG entsprechend-- in einem sachlichen Zusammenhang (BFH-Urteile vom 9. März 1994 II R 86/90, BFHE 173, 568, BStBl II 1994, 413; in BFHE 217, 276, BStBl II 2007, 726).

13

aa) Dem Ersterwerber verbleibt die Möglichkeit der Verwertung einer Rechtsposition aus dem ursprünglichen Kaufvertrag in jedem Fall dann, wenn der Aufhebungs- und der Weiterveräußerungsvertrag in einer einzigen Urkunde zusammengefasst sind. In diesem Fall hat der Ersterwerber die rechtliche Möglichkeit, die Aufhebung des ursprünglichen Kaufvertrages zum anschließenden Erwerb des Grundstücks durch eine von ihm ausgewählte dritte Person zu nutzen. Der Veräußerer wird aus seiner Übereignungsverpflichtung gegenüber dem früheren Erwerber erst mit der Unterzeichnung des Vertrages durch alle Vertragsbeteiligten und damit erst in dem Augenblick entlassen, in dem er bereits wieder hinsichtlich der Übereignung des Grundstücks an den Zweiterwerber gebunden ist (BFH-Urteil vom 23. August 2006 II R 8/05, BFH/NV 2007, 273). Da sich diese Schlussfolgerung trotz gleicher Beweggründe der Parteien mühelos umgehen lässt, indem die Aufhebung des ursprünglichen und der Abschluss des neuen Kaufvertrages --wie auch im Streitfall-- nacheinander beurkundet werden, kann der Abschluss beider Verträge in aufeinanderfolgenden Urkunden nicht anders beurteilt werden als ihre Zusammenfassung in einer Urkunde (BFH-Urteile in BFHE 217, 276, BStBl II 2007, 726, und in BFH/NV 2008, 403).

14

bb) Im Streitfall hatte danach B die rechtliche Möglichkeit, bei Abschluss der Verträge vom 25. November 2006 Einfluss auf die Weiterveräußerung der Eigentumswohnung an A zu nehmen. Denn beide Verträge wurden am selben Tage mit fortlaufender Nummer der Urkundenrolle des amtierenden Notars abgeschlossen.

15

Da B schon aus den vorgenannten Gründen Einfluss auf die Weiterveräußerung hatte, kommt es auf die Frage, ob auch ein dem B bis zu diesem Zeitpunkt vielleicht noch verbliebener Besitz an der Eigentumswohnung eine vergleichbare rechtliche oder faktische Position vermitteln konnte, nicht mehr an.

16

cc) Allein die tatsächliche Möglichkeit des Ersterwerbers, Einfluss auf die Weiterveräußerung zu nehmen, steht einer Rückgängigmachung i.S. des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG aber nicht entgegen. Vielmehr muss er von dieser Möglichkeit auch tatsächlich Gebrauch gemacht und die ihm aus dem vorangegangenen Erwerbsvorgang verbliebene Rechtsposition im eigenen (wirtschaftlichen) Interesse verwertet haben (BFH-Urteil in BFHE 202, 383, BStBl II 2003, 770). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, wenn der Ersterwerber ausschließlich im Interesse eines Dritten handelt (BFH-Urteil vom 7. Oktober 1987 II R 123/85, BFHE 152, 193, BStBl II 1988, 296) oder wenn sich sein Interesse ausschließlich darauf beschränkt, vom Vertrag loszukommen, und er lediglich dem Verlangen des Verkäufers nach Stellung eines Ersatzkäufers nachkommt (BFH-Urteil vom 4. Dezember 1985 II R 171/84, BFHE 145, 448, BStBl II 1986, 271).

17

dd) Danach steht --entgegen der Auffassung des FG-- das bloße Interesse des B, gegen ihn gerichtete mögliche Schadensersatzansprüche der Kläger als Verkäufer wegen Nichterfüllung des Kaufvertrages abzuwenden oder zu reduzieren, einer Rückgängigmachung nicht entgegen. Denn dieses Interesse reicht nicht über das bloße Interesse, sich vom Kaufvertrag zu lösen, hinaus. Stellt der Ersterwerber einen Ersatzkäufer und erschöpft sich dabei sein Interesse in der Abwendung möglicher Schadensersatzforderungen der Verkäuferseite, kann, was das FG verkannt hat, unter den weiteren Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG eine Rückgängigmachung vorliegen.

18

b) Auch soweit in der Vorentscheidung wegen der fehlenden Rückübertragung des Besitzes durch B auf die Kläger die Voraussetzungen des § 16 GrEStG verneint wurden, kann dem FG nicht gefolgt werden.

19

Zum einen spricht im Streitfall alles dagegen, dass B jemals Besitz an der Eigentumswohnung erlangt hat. Denn nach § 4 des Kaufvertrages vom 23. September 2006 sollte der Besitz am Kaufgegenstand nicht vor Eingang des gesamten Kaufpreises auf die Käufer übergehen. Da B nach den Feststellungen des FG den Kaufpreis nicht bezahlt hat, fehlt es erkennbar an den Voraussetzungen für einen Besitzübergang nach § 854 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Selbst wenn er gegenüber den Klägern Besitzrechte an der Eigentumswohnung erlangt haben sollte, muss zum anderen davon ausgegangen werden, dass er diese spätestens durch die "vollinhaltliche Aufhebung" des Grundstückskaufvertrages vom 23. September 2006 wieder verloren hat.

20

c) Da das FG von einer anderen Ansicht ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben.

21

2. Die Sache ist spruchreif.

22

Die mit der Klage angefochtenen Verwaltungsakte sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten; sie sind nach § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO aufzuheben. Der Erwerbsvorgang des B vom 23. September 2006 wurde i.S. von § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG rückgängig gemacht.

23

Der Kaufvertrag vom 23. September 2006 wurde durch den Vertrag vom 25. November 2006 "vollinhaltlich" aufgehoben. Dadurch wurden alle Rechtswirkungen, insbesondere der steuerbegründende Eigentumsverschaffungsanspruch des B wieder beseitigt. Die Kläger haben als Verkäufer auch ihre ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt. Zwar hatte B nach den Umständen des Streitfalls (gleichzeitige Aufhebung des ursprünglichen Kaufvertrages und Weiterveräußerung) die rechtliche Möglichkeit, bei Abschluss der Verträge vom 25. November 2006 Einfluss auf die Weiterveräußerung der Eigentumswohnung an A zu nehmen. Dass B von dieser Möglichkeit im eigenen (wirtschaftlichen) Interesse Gebrauch gemacht habe, ergibt sich aber weder aus den Feststellungen des FG noch sonst aus den Umständen des Streitfalls. Allein das Interesse, sich vom Kaufvertrag wieder zu lösen und einen Ersatzkäufer zu stellen, reicht nicht aus. Dieses für § 16 GrEStG unschädliche Interesse umfasst auch das Bestreben des Erstkäufers, Schadensersatzansprüche der Verkäuferseite zu vermeiden oder möglichst gering zu halten. Für die Wahrnehmung anderer (wirtschaftlicher) Interessen des B, wie z.B. die Möglichkeit des B, in der Wohnung zukünftig mietverbilligt zu wohnen, fehlt es an Feststellungen oder Anhaltspunkten, zumal das FG selbst ausführt, dass die persönliche Beziehung zwischen A und B bei Abschluss des Aufhebungsvertrages am 25. November 2006 "offenbar schon beendet war".

(1) Wird ein Erwerbsvorgang rückgängig gemacht bevor das Eigentum am Grundstück auf den Erwerber übergegangen ist, so wird auf Antrag die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben,

1.
wenn die Rückgängigmachung durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts oder eines Wiederkaufsrechts innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer stattfindet;
2.
wenn die Vertragsbedingungen nicht erfüllt werden und der Erwerbsvorgang deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird.

(2) Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück, so wird auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben,

1.
wenn der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfindet. Ist für den Rückerwerb eine Eintragung in das Grundbuch erforderlich, so muß innerhalb der Frist die Auflassung erklärt und die Eintragung im Grundbuch beantragt werden;
2.
wenn das dem Erwerbsvorgang zugrundeliegende Rechtsgeschäft nichtig oder infolge einer Anfechtung als von Anfang an nichtig anzusehen ist;
3.
wenn die Vertragsbedingungen des Rechtsgeschäfts, das den Anspruch auf Übereignung begründet hat, nicht erfüllt werden und das Rechtsgeschäft deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird.

(3) Wird die Gegenleistung für das Grundstück herabgesetzt, so wird auf Antrag die Steuer entsprechend niedriger festgesetzt oder die Steuerfestsetzung geändert,

1.
wenn die Herabsetzung innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer stattfindet;
2.
wenn die Herabsetzung (Minderung) auf Grund des § 437 des Bürgerlichen Gesetzbuches vollzogen wird.

(4) Tritt ein Ereignis ein, das nach den Absätzen 1 bis 3 die Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung begründet, endet die Festsetzungsfrist (§§ 169 bis 171 der Abgabenordnung) insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Eintritt des Ereignisses.

(4a) Wenn die Anteile in Erfüllung eines Rechtsgeschäfts im Sinne des § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder des § 1 Absatz 3a nach Abschluss dieses Rechtsgeschäfts übergehen und dadurch der Tatbestand des § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b verwirklicht wird, so wird auf Antrag die Festsetzung nach § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder § 1 Absatz 3a aufgehoben oder geändert. In den Fällen des Satzes 1 endet die Festsetzungsfrist für den aufgrund des Übergangs der Anteile erfüllten Tatbestand nach § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b nicht vor Ablauf der Festsetzungsfrist der aufzuhebenden oder zu ändernden Festsetzung nach § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder nach § 1 Absatz 3a.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn einer der in § 1 Absatz 2 bis 3a bezeichneten Erwerbsvorgänge rückgängig gemacht wird, der nicht fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt (§§ 18 bis 20) war. Die Vorschrift des Absatzes 4a gilt nicht, wenn einer der in § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder in § 1 Absatz 3a oder in § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b bezeichneten Erwerbsvorgänge nicht fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt (§§ 18 bis 20) war.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) und die noch zu gründende GmbH beabsichtigten, das Grundstück Z derart gemeinschaftlich von einer GbR zu erwerben, dass die Klägerin den bebauten und die GmbH den unbebauten Grundstücksteil kaufen sollte. Da die GbR jedoch nur bereit war, das Grundstück an lediglich einen Erwerber zu veräußern, kamen die Parteien überein, dass die Ehefrau des Gesellschafters der GmbH, X, das Grundstück zunächst insgesamt erwerben sollte. Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 6. Mai 2008 veräußerte die GbR das Grundstück an X zu einem Kaufpreis von 1.625.000 €. Ebenfalls mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 6. Mai 2008 verkaufte X eine noch nicht vermessene Teilfläche des Grundstücks von ca. 1.160 qm an die Klägerin zu einem Kaufpreis von 1.086.750 €. Die Klägerin hinterlegte den vereinbarten Kaufpreis am 12. September 2008 auf einem Notaranderkonto.

2

Nachdem das Grundstück aufgeteilt worden war, vereinbarten die GbR und X mit notariell beurkundetem Vertrag vom 22. September 2008 (UR-Nr. 07/2008) die Aufhebung des Kaufvertrags vom 6. Mai 2008. Der Vertrag stand u.a. unter der aufschiebenden Bedingung, dass der auf dem Notaranderkonto hinterlegte Betrag aus dem Kaufvertrag der X mit der Klägerin bis spätestens 26. September 2009 an die GbR ausgekehrt wird.

3

Am selben Tag schlossen die Klägerin und X einen notariell beurkundeten Aufhebungsvertrag (UR-Nr. 08/2008) über den Kaufvertrag vom 6. Mai 2008. Der Vertrag stand unter der aufschiebenden Bedingung, dass der zwischen der GbR und X geschlossene Aufhebungsvertrag durch Eintritt der darin vereinbarten aufschiebenden Bedingung wirksam wird.

4

In einem weiteren notariell beurkundeten Vertrag vom 22. September 2008 (UR-Nr. 11/2008) veräußerte die GbR die nunmehr neu vermessene Teilfläche von ca. 1.160 qm an die Klägerin. Der Kaufpreis betrug 1.090.000 €. Der Kaufvertrag stand unter der aufschiebenden Bedingung, dass der zwischen der Klägerin und X geschlossene Aufhebungsvertrag wirksam wird.

5

Die in den Verträgen vom 22. September 2008 vereinbarten aufschiebenden Bedingungen traten ein, so dass diese Verträge wirksam wurden.

6

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) setzte mit Bescheid vom 13. Juni 2008 für den Grundstückserwerb der Klägerin von X nach einer Bemessungsgrundlage von 1.086.750 € gegen die Klägerin Grunderwerbsteuer in Höhe von 38.036 € fest. Ferner erließ das FA am 9. Oktober 2008 gegen die Klägerin einen weiteren Grunderwerbsteuerbescheid. Darin setzte es gegen diese für den Erwerb desselben Grundstücks von der GbR aufgrund einer Bemessungsgrundlage von 1.090.000 € Grunderwerbsteuer in Höhe von 38.150 € fest.

7

Mit Schreiben vom 23. September 2008 leitete der beurkundende Notar den zwischen der Klägerin und X geschlossenen Aufhebungsvertrag an das FA weiter und beantragte für die Klägerin die Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 13. Juni 2008. Das FA lehnte den Antrag gegenüber der Klägerin mit an den beurkundenden Notar gerichtetem Bescheid vom 16. Oktober 2008 mit der Begründung ab, der Kaufvertrag sei nicht i.S. des § 16 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) rückgängig gemacht worden, da der Veräußerer seine vollständige rechtliche und wirtschaftliche Verfügungsmacht nicht zurückerlangt habe.

8

Mit Schreiben vom 3. November 2008 (Schreiben 1) wies die Klägerin auf die Aufhebung des Kaufvertrags hin. Sie bat darum, das Schreiben als "Widerspruch gegen die o.g. Grunderwerbsteuer" zu werten. Die Klägerin sendete das Schreiben per Telefax an die Steuerkasse, die es nicht an das FA weiterleitete. Ferner sendete die Klägerin am 3. November 2008 ein weiteres Schreiben (Schreiben 2) per Telefax an die Steuerkasse. Bei diesem Schreiben handelte es sich um eine Mahnung bezüglich der mit Bescheid vom 13. Juni 2008 festgesetzten Grunderwerbsteuer. Darauf war handschriftlich Folgendes vermerkt: "... Sie sind nicht auf dem Laufenden. Am 22.09.08 ist der Vertrag aufgehoben worden, so dass die Zahlung der Restgrunderwerbsteuer und der Säumniszuschläge nicht in Frage kommt ..." Dieses Schreiben leitete die Steuerkasse an das FA weiter, dem es am 4. November 2008 zuging.

9

Ein weiteres Schreiben der Klägerin an das FA vom 18. Januar 2009, dem die Schreiben vom 3. November 2008 als Anlage beigefügt waren, legte das FA als Einspruch gegen den Bescheid vom 16. Oktober 2008 sowie als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Einspruchsfrist aus. Diesem Antrag gab es statt. Den Einspruch wies es als unbegründet zurück.

10

Mit Schreiben vom 26. April 2010 und 26. Mai 2010 beantragte die Klägerin den Erlass der mit Bescheid vom 13. Juni 2008 bzw. mit Bescheid vom 9. Oktober 2008 festgesetzten Grunderwerbsteuer aus Billigkeitsgründen. Die Erlassanträge und die gegen die diesbezüglichen Ablehnungsbescheide eingelegten Einsprüche hatten keinen Erfolg.

11

Die Klägerin erhob am 16. Februar 2010 Verpflichtungsklage auf Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 13. Juni 2008. Mit Schriftsatz vom 17. Januar 2011 beantragte sie ferner, hilfsweise das FA unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 17. August 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. Dezember 2010 zu verpflichten, die mit Bescheid vom 9. Oktober 2008 festgesetzte Grunderwerbsteuer in Höhe eines Teilbetrages von 38.036 € zu erlassen, hilfsweise das FA zu verpflichten, die mit Bescheid vom 13. Juni 2008 festgesetzte Grunderwerbsteuer zu erlassen. Im Erörterungstermin vom 17. Mai 2011 beantragte die Klägerin hilfsweise zudem, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 9. Oktober 2008 aufzuheben. Das FA stimmte dieser Sprungklage zu.

12

Die Klage hatte im Hauptantrag Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, dass die Klägerin zwar die Einspruchsfrist versäumt, das FA der Klägerin jedoch insoweit zu Recht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt habe. Ferner sei das FA verpflichtet, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 13. Juni 2008 nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG aufzuheben. Der zwischen der Klägerin und X geschlossene Kaufvertrag sei durch den Vertrag vom 22. September 2008 aufgehoben worden. Darin liege eine Rückgängigmachung des ursprünglichen Erwerbsvorgangs i.S. des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, da alle grunderwerbsteuerrechtlich relevanten Beziehungen rechtlicher oder tatsächlicher Art zwischen den Vertragsparteien beseitigt worden seien. Die Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 2007 veröffentlicht.

13

Mit der Revision rügt das FA eine Verletzung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Entgegen der Ansicht des FG habe die Klägerin das Grundstück nicht aus der Hand gegeben und ihre wirtschaftliche Position in Bezug auf das Grundstück zu keiner Zeit aufgegeben. Ferner sei der Bescheid vom 16. Oktober 2008 bestandskräftig. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei zu Unrecht erfolgt. Das Schreiben 1 der Klägerin sei nicht als Einspruch auszulegen.

14

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

15

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, festzustellen, dass der Grunderwerbsteuerbescheid vom 9. Oktober 2008 rechtswidrig ist.

Entscheidungsgründe

16

II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zu Unrecht hat das FG entschieden, das FA sei verpflichtet, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 13. Juni 2008 nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG aufzuheben.

17

1. Zutreffend hat das FG die Klage nicht wegen Versäumung der Einspruchsfrist als unbegründet abgewiesen. Die Frage, ob der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 der Abgabenordnung --AO--) zu gewähren war, stellt sich dabei nicht. Denn die Klägerin hat fristgemäß Einspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 16. Oktober 2008 eingelegt. Das am 3. November 2008 an die Steuerkasse gesandte Schreiben 2 der Klägerin ist nämlich als Einspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 16. Oktober 2008 auszulegen.

18

a) Außerprozessuale Verfahrenserklärungen sind entsprechend § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auszulegen. Entscheidend ist, wie das FA als Erklärungsempfänger den objektiven Erklärungswert des Schreibens verstehen musste. Dabei ist bei auslegungsfähigen Rechtsbehelfen grundsätzlich davon auszugehen, der Steuerpflichtige habe denjenigen Rechtsbehelf einlegen wollen, der seinem materiell-rechtlichen Begehren am ehesten zum Erfolg verhilft. Die unrichtige Bezeichnung des Einspruchs allein schadet nach § 357 Abs. 1 Satz 4 AO nicht. Lässt deshalb die Äußerung eines Steuerpflichtigen ungewiss, ob er einen Rechtsbehelf einlegen will, so ist die Erklärung im Allgemeinen als Rechtsbehelf zu betrachten, um zugunsten des Steuerpflichtigen den Eintritt der Bestandskraft zu verhindern (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. November 2010 II B 55/10, BFH/NV 2011, 295, m.w.N.).

19

b) Im Streitfall entspricht es dem Gebot zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 2. September 2002  1 BvR 476/01, BStBl II 2002, 835), das am 3. November 2008 an die Steuerkasse gesandte Schreiben 2 der Klägerin als Einspruch auszulegen. Das von der Klägerin darin verfolgte Ziel, für den Grundstückserwerb vom 6. Mai 2008 wegen der Aufhebung des Kaufvertrags keine Grunderwerbsteuer zahlen zu müssen, konnte durch die Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 13. Juni 2008 gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erreicht werden. Aus den Ausführungen der Klägerin ergibt sich hinreichend deutlich, dass sie sich gegen die Ablehnung der Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 13. Juni 2008 durch den Bescheid vom 16. Oktober 2008 wandte und hiergegen Einspruch einlegen wollte. Zwar hat die Klägerin ihr Schreiben an die Steuerkasse und damit an eine unzuständige Finanzbehörde gerichtet, jedoch hat diese das Schreiben an das FA weitergeleitet. Diesem ist es am 4. November 2008 und damit innerhalb der Einspruchsfrist des § 355 Abs. 1 Satz 1 AO zugegangen.

20

2. Das FA ist nicht verpflichtet, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 13. Juni 2008 nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG aufzuheben. Denn der Erwerbsvorgang zwischen der Klägerin und X wurde entgegen der Auffassung des FG nicht rückgängig gemacht.

21

a) Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG wird eine Steuerfestsetzung auf Antrag aufgehoben, wenn ein Erwerbsvorgang vor dem Übergang des Eigentums am Grundstück auf den Erwerber durch Vereinbarung der Vertragspartner innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer rückgängig gemacht wird.

22

"Rückgängig gemacht" ist ein Erwerbsvorgang, wenn über die zivilrechtliche Aufhebung des den Steuertatbestand erfüllenden Rechtsgeschäfts hinaus die Vertragspartner sich derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass die Möglichkeit zur Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt (BFH-Urteil vom 25. August 2010 II R 35/08, BFH/NV 2010, 2301, m.w.N.).

23

Wird im Zusammenhang mit der Aufhebung eines Kaufvertrags über ein Grundstück dieses weiterveräußert, ist für die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG entscheidend, ob für den früheren Erwerber trotz der Vertragsaufhebung die Möglichkeit der Verwertung einer aus dem "rückgängig gemachten" Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition verblieben und der Verkäufer demzufolge nicht aus seinen Bindungen entlassen war (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2301).

24

Dem Ersterwerber verbleibt die Möglichkeit der Verwertung einer Rechtsposition jedenfalls dann, wenn der Aufhebungs- und der Weiterveräußerungsvertrag in einer einzigen Urkunde zusammengefasst sind. In diesem Fall hat er die rechtliche Möglichkeit, die Aufhebung des ursprünglichen Kaufvertrags zum anschließenden Erwerb des Grundstücks durch eine von ihm ausgewählte dritte Person zu nutzen. Denn der Veräußerer wird aus seiner Übereignungsverpflichtung gegenüber dem früheren Erwerber erst mit der Unterzeichnung des Vertrags durch alle Vertragsbeteiligten und damit erst in dem Augenblick entlassen, in dem er bereits wieder hinsichtlich der Übereignung des Grundstücks an den Zweiterwerber gebunden ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2301, m.w.N.). Da sich diese Schlussfolgerung trotz gleicher Beweggründe der Parteien mühelos umgehen lässt, indem die Aufhebung des ursprünglichen und der Abschluss des neuen Kaufvertrags nacheinander beurkundet werden, kann der Abschluss beider Verträge in aufeinanderfolgenden Urkunden nicht anders beurteilt werden als ihre Zusammenfassung in einer Urkunde (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2301, m.w.N.).

25

Die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ist jedoch nur dann ausgeschlossen, wenn der Ersterwerber eine ihm verbliebene Rechtsposition auch in seinem eigenen (wirtschaftlichen) Interesse verwertet hat (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2301, m.w.N.). Eine Verwertung in diesem Sinne liegt vor, wenn die Einflussnahme des Ersterwerbers auf die Weiterveräußerung Ausfluss der ihm verbliebenen Rechtsposition ist. In diesem Fall sind die Interessen Dritter an der Weiterveräußerung unbeachtlich (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2301).

26

b) Nach diesen Grundsätzen lagen im Streitfall die Voraussetzungen für eine Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 13. Juni 2008 nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG nicht vor. Der durch den Vertrag vom 6. Mai 2008 verwirklichte Erwerbsvorgang zwischen der Klägerin und X wurde nicht rückgängig gemacht. Denn die Klägerin hat im Zusammenhang mit dem Abschluss des Aufhebungsvertrags vom 22. September 2008 eine ihr verbliebene Rechtsposition verwertet. Die Aufhebungsverträge zwischen der Klägerin und X einerseits sowie zwischen X und der GbR andererseits und der Weiterveräußerungsvertrag zwischen der GbR und der Klägerin wurden in aufeinanderfolgenden Urkunden abgeschlossen. X wurde demgemäß aus ihrer Übereignungsverpflichtung gegenüber der Klägerin erst in dem Augenblick entlassen, in dem sie auf ihren Übereignungsanspruch gegenüber der GbR verzichtet hatte. Für die Annahme einer der Klägerin verbliebenen Rechtsposition ist es entgegen der Ansicht des FG unerheblich, dass die Klägerin ihren ursprünglichen Übereignungsanspruch von einer Nichteigentümerin erlangt hatte. Denn es ist für einen Ausschluss des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG nicht erforderlich, dass der Erwerber das Grundstück als solches verwertet; vielmehr reicht es aus, wenn er eine ihm aus dem ursprünglichen Erwerbsvorgang verbliebene, das Grundstück betreffende Rechtsposition verwertet.

27

Die Klägerin hat die ihr verbliebene Rechtsposition ferner in ihrem eigenen (wirtschaftlichen) Interesse verwertet. Hierfür war es nicht notwendig, dass sie das Grundstück einem Zwischenhändler ähnlich an einen Dritten veräußerte, sondern es genügte bereits, dass sie die ihr verbliebene Rechtsposition verwandte, um den eigenen Erwerb des Grundstücks von der GbR sicherzustellen. Es kam ihr gerade darauf an, dass X gegenüber der GbR auf ihren Übereignungsanspruch verzichtet, damit die GbR bezüglich der Übereignung des Grundstücks schuldrechtlich nicht gebunden war und ihr, der Klägerin, das Grundstück wie ursprünglich geplant verkaufen konnte, ohne sich dadurch die Erfüllung des Kaufvertrags mit X unmöglich zu machen.

28

c) Da das FG von anderen Grundsätzen ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben.

29

3. Die Sache ist spruchreif. Die Klage war auch hinsichtlich der Hilfsanträge abzuweisen.

30

a) Soweit die Klägerin erstmalig im Revisionsverfahren hilfsweise beantragt hat, die Rechtswidrigkeit des Grunderwerbsteuerbescheids vom 9. Oktober 2008 festzustellen, ist dieses Begehren unzulässig. Denn es handelt sich dabei um eine im Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 1 FGO unzulässige Klageerweiterung (vgl. Steinhauff in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 43 FGO Rz 108; siehe auch BFH-Urteil vom 27. August 2003 II R 18/02, BFH/NV 2004, 203, zum Übergang von einer Anfechtungs- zu einer Feststellungsklage im Revisionsverfahren).

31

b) Ferner ist die Klage unzulässig, soweit die Klägerin erstmalig im Erörterungstermin vom 17. Mai 2011 hilfsweise beantragt hat, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 9. Oktober 2008 aufzuheben. Zwar hat das FA dieser Sprungklage zugestimmt. Jedoch hat die Klägerin insofern die einmonatige Klagefrist des § 47 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz i.V.m. § 45 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht gewahrt.

32

c) Im Übrigen ist die Klage in ihren Hilfsanträgen zwar zulässig, aber unbegründet. Das FA hat es ermessensfehlerfrei abgelehnt, die mit Bescheid vom 9. Oktober 2008 festgesetzte Grunderwerbsteuer in Höhe eines Teilbetrags von 38.036 € oder die mit Bescheid vom 13. Juni 2008 festgesetzte Grunderwerbsteuer aus sachlichen Billigkeitsgründen zu erlassen.

33

aa) Nach § 227 AO können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen werden, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Ein Erlass kommt aus sachlichen Gründen in Betracht, wenn die Einziehung der Steuer zwar dem Gesetz entspricht, aber infolge eines Gesetzesüberhangs den Wertungen des Gesetzgebers derart zuwiderläuft, dass sie unbillig erscheint (BFH-Urteil vom 4. Februar 2010 II R 25/08, BFHE 228, 130, BStBl II 2010, 663, m.w.N.). Beim Erlass handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, bei der Inhalt und Grenzen des Ermessens durch den Begriff der Unbilligkeit bestimmt werden (BFH-Urteil in BFHE 228, 130, BStBl II 2010, 663, m.w.N.). Die Entscheidung darf gemäß § 102 FGO gerichtlich (nur) daraufhin überprüft werden, ob das FA die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder es von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat.

34

bb) Das FA hat ermessensfehlerfrei angenommen, dass die Festsetzung der Grunderwerbsteuer in den Bescheiden vom 13. Juni 2008 und 9. Oktober 2008 nicht sachlich unbillig ist. Ein Überhang des gesetzlichen Tatbestandes über die Wertungen des Gesetzgebers ist nicht erkennbar. Es entspricht dem Willen des Gesetzgebers, zwei dasselbe Grundstück betreffende aufeinanderfolgende Erwerbsvorgänge zwischen demselben Erwerber und verschiedenen Veräußerern jeweils gesondert zu besteuern, obgleich nur einer dieser Erwerbsvorgänge einen Rechtsträgerwechsel herbeigeführt hat. Soweit es somit zu einer Steuerschuld ohne Rechtsträgerwechsel kommt, entspricht dies der Sachgesetzlichkeit des GrEStG (vgl. auch BFH-Urteil vom 18. November 2009 II R 11/08, BFHE 226, 552, BStBl II 2010, 498, unter II.7.).

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) nahm mit notarieller Urkunde vom 4. Oktober 2005 ein Angebot zum Erwerb zweier mit einem Lebensmittelmarkt zu bebauender Grundstücke zu einem Kaufpreis in Höhe von insgesamt 1.825.000 € an. Zuvor, am 23. September 2005, hatte die Verkäuferin einer noch zu gründenden, in Luxemburg ansässigen Tochtergesellschaft der Klägerin ein gleichlautendes Angebot unterbreitet.

2

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 2. Dezember 2005 hoben die Verkäuferin und die Klägerin den Grundstückskaufvertrag auf. In derselben Urkunde verkaufte die Verkäuferin dieselben Grundstücke zu demselben Kaufpreis an eine in Luxemburg ansässige Gesellschaft (Zweiterwerberin). Die Zweiterwerberin ist die Tochtergesellschaft einer ebenfalls in Luxemburg ansässigen Holding-Gesellschaft, an der verschiedene Investoren, u.a. der Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin, beteiligt sind. Die Vertragsparteien vereinbarten die Übertragung einer von der Klägerin im Auftrag der Zweiterwerberin am 30. November 2005 geleisteten Anzahlung in Höhe von 194.000 € auf das Notaranderkonto des neuen Erwerbs. Das Grundstückseigentum war am 2. Dezember 2005 noch nicht auf die Klägerin übergegangen.

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte mit Bescheid vom 3. April 2006 die Grunderwerbsteuer gegen die Klägerin ausgehend von einer Bemessungsgrundlage in Höhe von 1.825.000 € auf 63.875 € fest. Dagegen legte die Klägerin mit der Begründung, der Kaufvertrag sei rückgängig gemacht worden und die Festsetzung daher nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) aufzuheben, Einspruch ein. Der Einspruch blieb erfolglos.

4

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit der Begründung ab, die Voraussetzungen, die die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) an die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG stelle, seien im Streitfall nicht erfüllt. Die Klägerin habe bei Aufhebung des alten und Abschluss des neuen Kaufvertrags in einer Urkunde ihre Rechtsposition aus dem ursprünglichen Erwerb im eigenen wirtschaftlichen Interesse verwertet. Sie habe einen Ersatzkäufer benennen müssen, um die mit der Nichterfüllung des Vertrags verbundenen wirtschaftlichen, finanziellen und sonstigen Folgen für ihr Unternehmen zu vermeiden. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 1297 veröffentlicht.

5

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Die Zusammenfassung des Aufhebungsvertrags und des neuen Kaufvertrags in einer Urkunde stelle zwar ein gewichtiges Indiz für eine verbleibende Einflussmöglichkeit des Ersterwerbers dar. Dieses Indiz könne aber durch Zeugenaussagen entkräftet werden. Durch Vernehmung des für die Verkäuferin handelnden Geschäftsführers und des Notars könne nachgewiesen werden, dass sie, die Klägerin, kein Interesse an der Weiterveräußerung der Immobilien gehabt habe. Ihr Interesse habe aus finanziellen Gründen allein der Aufhebung des Vertrags gegolten. Die Verkäuferin habe der Aufhebung aber nur unter gleichzeitiger Benennung eines Ersatzkäufers zugestimmt.

6

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung sowie den Grunderwerbsteuerbescheid vom 2. Juni 2006 und die Einspruchsentscheidung vom 14. Februar 2007 aufzuheben.

7

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) zu Unrecht angenommen, die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG seien nicht erfüllt.

9

1. Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG wird die Steuerfestsetzung auf Antrag u.a. dann aufgehoben, wenn ein Erwerbsvorgang vor dem Übergang des Eigentums am Grundstück auf den Erwerber durch Vereinbarung der Vertragspartner innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer rückgängig gemacht wird.

10

a) "Rückgängig gemacht" ist ein Erwerbsvorgang, wenn über die zivilrechtliche Aufhebung des den Steuertatbestand erfüllenden Rechtsgeschäfts hinaus die Vertragspartner sich derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass die Möglichkeit zur Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt (BFH-Urteile vom 19. März 2003 II R 12/01, BFHE 202, 383, BStBl II 2003, 770; vom 21. Februar 2006 II R 60/04, BFH/NV 2006, 1700; vom 25. April 2007 II R 18/05, BFHE 217, 276, BStBl II 2007, 726; vom 14. November 2007 II R 1/06, BFH/NV 2008, 403; vom 6. Oktober 2010 II R 31/09, BFH/NV 2011, 306, und vom 28. März 2012 II R 42/11, BFH/NV 2012, 1486, Rz 22).

11

b) Wird im Zusammenhang mit der Aufhebung eines Kaufvertrags über ein Grundstück dieses weiterveräußert, ist für die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG entscheidend, ob für den früheren Erwerber trotz der Vertragsaufhebung die Möglichkeit der Verwertung einer aus dem "rückgängig gemachten" Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition verblieben und der Verkäufer demzufolge nicht aus seinen Bindungen entlassen war (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1486, Rz 23, m.w.N.).

12

Dem früheren Erwerber verbleibt die Möglichkeit der Verwertung einer aus dem "rückgängig gemachten" Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition jedenfalls dann, wenn der Aufhebungs- und der Weiterveräußerungsvertrag in einer einzigen Urkunde zusammengefasst sind (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1486, Rz 24). In diesem Fall hat er die rechtliche Möglichkeit, die Aufhebung des ursprünglichen Kaufvertrags zum anschließenden Erwerb des Grundstücks durch eine von ihm ausgewählte dritte Person zu nutzen. Denn der Veräußerer wird aus seiner Übereignungsverpflichtung gegenüber dem früheren Erwerber erst mit der Unterzeichnung des Vertrags durch alle Vertragsbeteiligten und damit erst in dem Augenblick entlassen, in dem er bereits wieder hinsichtlich der Übereignung des Grundstücks an den Zweiterwerber gebunden ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1486, Rz 24).

13

c) Die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ist jedoch nur dann ausgeschlossen, wenn der Ersterwerber eine ihm verbliebene Rechtsposition auch in seinem eigenen (wirtschaftlichen) Interesse verwertet hat. Eine Verwertung in diesem Sinne liegt vor, wenn die Einflussnahme des Ersterwerbers auf die Weiterveräußerung Ausfluss der ihm verbliebenen Rechtsposition ist. In diesem Fall sind die Interessen Dritter an der Weiterveräußerung unbeachtlich (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1486, Rz 25, m.w.N.).

14

Ist Ersterwerber eine Kapitalgesellschaft, so muss sie sich in diesem Zusammenhang die Interessen derjenigen Person(en) zurechnen lassen, die bei der Ausübung der Rechtsposition der Kapitalgesellschaft aus dem ursprünglichen Kaufvertrag gehandelt hat/haben (BFH-Urteile in BFH/NV 2006, 1700, und vom 25. August 2010 II R 35/08, BFH/NV 2010, 2301, Rz 24). Der Kapitalgesellschaft zuzurechnen sind auch die (wirtschaftlichen) Interessen ihres Alleingesellschafters, und zwar unabhängig davon, ob es sich hierbei um eine natürliche oder eine juristische Person handelt; denn der Alleingesellschafter kann maßgeblichen Einfluss auf die Angelegenheiten der Kapitalgesellschaft nehmen (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2301, Rz 24).

15

Ist dem Ersterwerber das weitere Schicksal des Grundstücks indes gleichgültig, so hindert die Benennung des Dritten als Ersatzkäufer nicht die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG (BFH-Urteile vom 4. Dezember 1985 II R 171/84, BFHE 145, 448, BStBl II 1986, 271, und in BFH/NV 2011, 306). Das gilt insbesondere dann, wenn der Eigentümer des Grundstücks dieses auf jeden Fall verkaufen will und daher von dem Käufer die Benennung eines Ersatzkäufers verlangt (BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 306). Ob die Benennung des Ersatzkäufers auf Verlangen des Verkäufers oder im eigenen (wirtschaftlichen) Interesse des Ersterwerbers erfolgt ist, ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Tatsachen festzustellen. Den Steuerschuldner trifft hier eine erhöhte Pflicht zur Mitwirkung an der Aufklärung des Sachverhalts; er trägt auch die Feststellungslast (objektive Beweislast) dafür, dass die tatsächlichen Voraussetzungen der von ihm begehrten Nichtfestsetzung der Steuer oder Aufhebung der Steuerfestsetzung nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erfüllt sind (BFH-Beschluss vom 24. April 1985 II B 28/84, BFHE 143, 499, BStBl II 1985, 520, und in BFHE 145, 448, BStBl II 1986, 271).

16

2. Das FG hat aus den von ihm getroffenen Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) zu Unrecht geschlossen, die Klägerin habe durch die Benennung eines Ersatzkäufers ihre Rechtsposition aus dem ursprünglich geschlossenen Kaufvertrag zu eigenen wirtschaftlichen Zwecken verwertet. Das Ziel, den Kaufvertrag nicht erfüllen zu müssen, um die mit der Nichterfüllung des Vertrags verbundenen wirtschaftlichen, finanziellen und sonstigen Folgen für ihr Unternehmen zu vermeiden, begründet kein der Anwendbarkeit des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG entgegenstehendes eigenes (wirtschaftliches) Interesse der Klägerin an der Weiterveräußerung des Grundbesitzes (vgl. auch BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 306). Die Vorentscheidung war daher aufzuheben.

17

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat zu Unrecht noch nicht geprüft, ob die Klägerin oder ihr Gesellschafter-Geschäftsführer über das von ihr verfolgte Ziel hinaus, den Kaufvertrag nicht erfüllen zu müssen, ein eigenes (wirtschaftliches) Interesse daran hatte, dass die Verkäuferin die Grundstücke an die Zweiterwerberin (und nicht an einen beliebigen Dritten) weiterveräußerte. Der BFH kann dies nicht abschließend beurteilen, weil es an den dazu erforderlichen tatsächlichen Feststellungen des FG fehlt.

18

Bei der vom FG nachzuholenden Gesamtwürdigung aller Tatsachen wird einerseits zu berücksichtigen sein, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin an der Holding-Gesellschaft beteiligt war, deren Tochtergesellschaft die Zweiterwerberin war, und dass die Zweiterwerberin die Klägerin bereits vor Abschluss des Vertrags vom 2. Dezember 2005 mit der Leistung einer Anzahlung beauftragt hatte. Ferner wird zu beachten sein, dass die Klägerin und die Zweiterwerberin beim Abschluss der Verträge vom 2. Dezember 2005 durch denselben Bevollmächtigten vertreten wurden und die von vornherein bestehende Absicht, dass eine Luxemburger Gesellschaft die Grundstücke erwerben sollte, tatsächlich verwirklicht wurde.

19

Andererseits wird festzustellen sein, wie die Verhandlungen der Klägerin mit der Verkäuferin über die Rückgängigmachung des Kaufvertrags abgelaufen sind, insbesondere ob die Klägerin zunächst ernsthaft mit dem Wunsch nach einer Vertragsaufhebung ohne Stellung eines Ersatzkäufers an die Verkäuferin herangetreten ist und erst auf Verlangen der Verkäuferin einen Ersatzkäufer gesucht hat oder ob sie von sich aus die Zweiterwerberin als Ersatzkäuferin angeboten hat. Ferner wird in diesem Zusammenhang zu klären sein, ob der Aufhebungsvertrag und der Weiterveräußerungsvertrag vom 2. Dezember 2005 auf Betreiben der Klägerin oder der Verkäuferin in einer Urkunde zusammengefasst wurden.

20

Soweit es sich dabei um die Feststellung von Sachverhalten mit Auslandsbezug handelt, richten sich die Mitwirkungspflichten der Klägerin nach § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO i.V.m. § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung.

21

4. Da die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen wurde, bedurfte es keiner Entscheidung über die von der Klägerin erhobenen Verfahrensrügen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) und die noch zu gründende GmbH beabsichtigten, das Grundstück Z derart gemeinschaftlich von einer GbR zu erwerben, dass die Klägerin den bebauten und die GmbH den unbebauten Grundstücksteil kaufen sollte. Da die GbR jedoch nur bereit war, das Grundstück an lediglich einen Erwerber zu veräußern, kamen die Parteien überein, dass die Ehefrau des Gesellschafters der GmbH, X, das Grundstück zunächst insgesamt erwerben sollte. Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 6. Mai 2008 veräußerte die GbR das Grundstück an X zu einem Kaufpreis von 1.625.000 €. Ebenfalls mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 6. Mai 2008 verkaufte X eine noch nicht vermessene Teilfläche des Grundstücks von ca. 1.160 qm an die Klägerin zu einem Kaufpreis von 1.086.750 €. Die Klägerin hinterlegte den vereinbarten Kaufpreis am 12. September 2008 auf einem Notaranderkonto.

2

Nachdem das Grundstück aufgeteilt worden war, vereinbarten die GbR und X mit notariell beurkundetem Vertrag vom 22. September 2008 (UR-Nr. 07/2008) die Aufhebung des Kaufvertrags vom 6. Mai 2008. Der Vertrag stand u.a. unter der aufschiebenden Bedingung, dass der auf dem Notaranderkonto hinterlegte Betrag aus dem Kaufvertrag der X mit der Klägerin bis spätestens 26. September 2009 an die GbR ausgekehrt wird.

3

Am selben Tag schlossen die Klägerin und X einen notariell beurkundeten Aufhebungsvertrag (UR-Nr. 08/2008) über den Kaufvertrag vom 6. Mai 2008. Der Vertrag stand unter der aufschiebenden Bedingung, dass der zwischen der GbR und X geschlossene Aufhebungsvertrag durch Eintritt der darin vereinbarten aufschiebenden Bedingung wirksam wird.

4

In einem weiteren notariell beurkundeten Vertrag vom 22. September 2008 (UR-Nr. 11/2008) veräußerte die GbR die nunmehr neu vermessene Teilfläche von ca. 1.160 qm an die Klägerin. Der Kaufpreis betrug 1.090.000 €. Der Kaufvertrag stand unter der aufschiebenden Bedingung, dass der zwischen der Klägerin und X geschlossene Aufhebungsvertrag wirksam wird.

5

Die in den Verträgen vom 22. September 2008 vereinbarten aufschiebenden Bedingungen traten ein, so dass diese Verträge wirksam wurden.

6

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) setzte mit Bescheid vom 13. Juni 2008 für den Grundstückserwerb der Klägerin von X nach einer Bemessungsgrundlage von 1.086.750 € gegen die Klägerin Grunderwerbsteuer in Höhe von 38.036 € fest. Ferner erließ das FA am 9. Oktober 2008 gegen die Klägerin einen weiteren Grunderwerbsteuerbescheid. Darin setzte es gegen diese für den Erwerb desselben Grundstücks von der GbR aufgrund einer Bemessungsgrundlage von 1.090.000 € Grunderwerbsteuer in Höhe von 38.150 € fest.

7

Mit Schreiben vom 23. September 2008 leitete der beurkundende Notar den zwischen der Klägerin und X geschlossenen Aufhebungsvertrag an das FA weiter und beantragte für die Klägerin die Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 13. Juni 2008. Das FA lehnte den Antrag gegenüber der Klägerin mit an den beurkundenden Notar gerichtetem Bescheid vom 16. Oktober 2008 mit der Begründung ab, der Kaufvertrag sei nicht i.S. des § 16 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) rückgängig gemacht worden, da der Veräußerer seine vollständige rechtliche und wirtschaftliche Verfügungsmacht nicht zurückerlangt habe.

8

Mit Schreiben vom 3. November 2008 (Schreiben 1) wies die Klägerin auf die Aufhebung des Kaufvertrags hin. Sie bat darum, das Schreiben als "Widerspruch gegen die o.g. Grunderwerbsteuer" zu werten. Die Klägerin sendete das Schreiben per Telefax an die Steuerkasse, die es nicht an das FA weiterleitete. Ferner sendete die Klägerin am 3. November 2008 ein weiteres Schreiben (Schreiben 2) per Telefax an die Steuerkasse. Bei diesem Schreiben handelte es sich um eine Mahnung bezüglich der mit Bescheid vom 13. Juni 2008 festgesetzten Grunderwerbsteuer. Darauf war handschriftlich Folgendes vermerkt: "... Sie sind nicht auf dem Laufenden. Am 22.09.08 ist der Vertrag aufgehoben worden, so dass die Zahlung der Restgrunderwerbsteuer und der Säumniszuschläge nicht in Frage kommt ..." Dieses Schreiben leitete die Steuerkasse an das FA weiter, dem es am 4. November 2008 zuging.

9

Ein weiteres Schreiben der Klägerin an das FA vom 18. Januar 2009, dem die Schreiben vom 3. November 2008 als Anlage beigefügt waren, legte das FA als Einspruch gegen den Bescheid vom 16. Oktober 2008 sowie als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Einspruchsfrist aus. Diesem Antrag gab es statt. Den Einspruch wies es als unbegründet zurück.

10

Mit Schreiben vom 26. April 2010 und 26. Mai 2010 beantragte die Klägerin den Erlass der mit Bescheid vom 13. Juni 2008 bzw. mit Bescheid vom 9. Oktober 2008 festgesetzten Grunderwerbsteuer aus Billigkeitsgründen. Die Erlassanträge und die gegen die diesbezüglichen Ablehnungsbescheide eingelegten Einsprüche hatten keinen Erfolg.

11

Die Klägerin erhob am 16. Februar 2010 Verpflichtungsklage auf Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 13. Juni 2008. Mit Schriftsatz vom 17. Januar 2011 beantragte sie ferner, hilfsweise das FA unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 17. August 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. Dezember 2010 zu verpflichten, die mit Bescheid vom 9. Oktober 2008 festgesetzte Grunderwerbsteuer in Höhe eines Teilbetrages von 38.036 € zu erlassen, hilfsweise das FA zu verpflichten, die mit Bescheid vom 13. Juni 2008 festgesetzte Grunderwerbsteuer zu erlassen. Im Erörterungstermin vom 17. Mai 2011 beantragte die Klägerin hilfsweise zudem, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 9. Oktober 2008 aufzuheben. Das FA stimmte dieser Sprungklage zu.

12

Die Klage hatte im Hauptantrag Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, dass die Klägerin zwar die Einspruchsfrist versäumt, das FA der Klägerin jedoch insoweit zu Recht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt habe. Ferner sei das FA verpflichtet, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 13. Juni 2008 nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG aufzuheben. Der zwischen der Klägerin und X geschlossene Kaufvertrag sei durch den Vertrag vom 22. September 2008 aufgehoben worden. Darin liege eine Rückgängigmachung des ursprünglichen Erwerbsvorgangs i.S. des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, da alle grunderwerbsteuerrechtlich relevanten Beziehungen rechtlicher oder tatsächlicher Art zwischen den Vertragsparteien beseitigt worden seien. Die Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 2007 veröffentlicht.

13

Mit der Revision rügt das FA eine Verletzung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Entgegen der Ansicht des FG habe die Klägerin das Grundstück nicht aus der Hand gegeben und ihre wirtschaftliche Position in Bezug auf das Grundstück zu keiner Zeit aufgegeben. Ferner sei der Bescheid vom 16. Oktober 2008 bestandskräftig. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei zu Unrecht erfolgt. Das Schreiben 1 der Klägerin sei nicht als Einspruch auszulegen.

14

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

15

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, festzustellen, dass der Grunderwerbsteuerbescheid vom 9. Oktober 2008 rechtswidrig ist.

Entscheidungsgründe

16

II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zu Unrecht hat das FG entschieden, das FA sei verpflichtet, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 13. Juni 2008 nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG aufzuheben.

17

1. Zutreffend hat das FG die Klage nicht wegen Versäumung der Einspruchsfrist als unbegründet abgewiesen. Die Frage, ob der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 der Abgabenordnung --AO--) zu gewähren war, stellt sich dabei nicht. Denn die Klägerin hat fristgemäß Einspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 16. Oktober 2008 eingelegt. Das am 3. November 2008 an die Steuerkasse gesandte Schreiben 2 der Klägerin ist nämlich als Einspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 16. Oktober 2008 auszulegen.

18

a) Außerprozessuale Verfahrenserklärungen sind entsprechend § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auszulegen. Entscheidend ist, wie das FA als Erklärungsempfänger den objektiven Erklärungswert des Schreibens verstehen musste. Dabei ist bei auslegungsfähigen Rechtsbehelfen grundsätzlich davon auszugehen, der Steuerpflichtige habe denjenigen Rechtsbehelf einlegen wollen, der seinem materiell-rechtlichen Begehren am ehesten zum Erfolg verhilft. Die unrichtige Bezeichnung des Einspruchs allein schadet nach § 357 Abs. 1 Satz 4 AO nicht. Lässt deshalb die Äußerung eines Steuerpflichtigen ungewiss, ob er einen Rechtsbehelf einlegen will, so ist die Erklärung im Allgemeinen als Rechtsbehelf zu betrachten, um zugunsten des Steuerpflichtigen den Eintritt der Bestandskraft zu verhindern (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. November 2010 II B 55/10, BFH/NV 2011, 295, m.w.N.).

19

b) Im Streitfall entspricht es dem Gebot zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 2. September 2002  1 BvR 476/01, BStBl II 2002, 835), das am 3. November 2008 an die Steuerkasse gesandte Schreiben 2 der Klägerin als Einspruch auszulegen. Das von der Klägerin darin verfolgte Ziel, für den Grundstückserwerb vom 6. Mai 2008 wegen der Aufhebung des Kaufvertrags keine Grunderwerbsteuer zahlen zu müssen, konnte durch die Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 13. Juni 2008 gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erreicht werden. Aus den Ausführungen der Klägerin ergibt sich hinreichend deutlich, dass sie sich gegen die Ablehnung der Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 13. Juni 2008 durch den Bescheid vom 16. Oktober 2008 wandte und hiergegen Einspruch einlegen wollte. Zwar hat die Klägerin ihr Schreiben an die Steuerkasse und damit an eine unzuständige Finanzbehörde gerichtet, jedoch hat diese das Schreiben an das FA weitergeleitet. Diesem ist es am 4. November 2008 und damit innerhalb der Einspruchsfrist des § 355 Abs. 1 Satz 1 AO zugegangen.

20

2. Das FA ist nicht verpflichtet, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 13. Juni 2008 nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG aufzuheben. Denn der Erwerbsvorgang zwischen der Klägerin und X wurde entgegen der Auffassung des FG nicht rückgängig gemacht.

21

a) Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG wird eine Steuerfestsetzung auf Antrag aufgehoben, wenn ein Erwerbsvorgang vor dem Übergang des Eigentums am Grundstück auf den Erwerber durch Vereinbarung der Vertragspartner innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer rückgängig gemacht wird.

22

"Rückgängig gemacht" ist ein Erwerbsvorgang, wenn über die zivilrechtliche Aufhebung des den Steuertatbestand erfüllenden Rechtsgeschäfts hinaus die Vertragspartner sich derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass die Möglichkeit zur Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt (BFH-Urteil vom 25. August 2010 II R 35/08, BFH/NV 2010, 2301, m.w.N.).

23

Wird im Zusammenhang mit der Aufhebung eines Kaufvertrags über ein Grundstück dieses weiterveräußert, ist für die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG entscheidend, ob für den früheren Erwerber trotz der Vertragsaufhebung die Möglichkeit der Verwertung einer aus dem "rückgängig gemachten" Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition verblieben und der Verkäufer demzufolge nicht aus seinen Bindungen entlassen war (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2301).

24

Dem Ersterwerber verbleibt die Möglichkeit der Verwertung einer Rechtsposition jedenfalls dann, wenn der Aufhebungs- und der Weiterveräußerungsvertrag in einer einzigen Urkunde zusammengefasst sind. In diesem Fall hat er die rechtliche Möglichkeit, die Aufhebung des ursprünglichen Kaufvertrags zum anschließenden Erwerb des Grundstücks durch eine von ihm ausgewählte dritte Person zu nutzen. Denn der Veräußerer wird aus seiner Übereignungsverpflichtung gegenüber dem früheren Erwerber erst mit der Unterzeichnung des Vertrags durch alle Vertragsbeteiligten und damit erst in dem Augenblick entlassen, in dem er bereits wieder hinsichtlich der Übereignung des Grundstücks an den Zweiterwerber gebunden ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2301, m.w.N.). Da sich diese Schlussfolgerung trotz gleicher Beweggründe der Parteien mühelos umgehen lässt, indem die Aufhebung des ursprünglichen und der Abschluss des neuen Kaufvertrags nacheinander beurkundet werden, kann der Abschluss beider Verträge in aufeinanderfolgenden Urkunden nicht anders beurteilt werden als ihre Zusammenfassung in einer Urkunde (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2301, m.w.N.).

25

Die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ist jedoch nur dann ausgeschlossen, wenn der Ersterwerber eine ihm verbliebene Rechtsposition auch in seinem eigenen (wirtschaftlichen) Interesse verwertet hat (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2301, m.w.N.). Eine Verwertung in diesem Sinne liegt vor, wenn die Einflussnahme des Ersterwerbers auf die Weiterveräußerung Ausfluss der ihm verbliebenen Rechtsposition ist. In diesem Fall sind die Interessen Dritter an der Weiterveräußerung unbeachtlich (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2301).

26

b) Nach diesen Grundsätzen lagen im Streitfall die Voraussetzungen für eine Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 13. Juni 2008 nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG nicht vor. Der durch den Vertrag vom 6. Mai 2008 verwirklichte Erwerbsvorgang zwischen der Klägerin und X wurde nicht rückgängig gemacht. Denn die Klägerin hat im Zusammenhang mit dem Abschluss des Aufhebungsvertrags vom 22. September 2008 eine ihr verbliebene Rechtsposition verwertet. Die Aufhebungsverträge zwischen der Klägerin und X einerseits sowie zwischen X und der GbR andererseits und der Weiterveräußerungsvertrag zwischen der GbR und der Klägerin wurden in aufeinanderfolgenden Urkunden abgeschlossen. X wurde demgemäß aus ihrer Übereignungsverpflichtung gegenüber der Klägerin erst in dem Augenblick entlassen, in dem sie auf ihren Übereignungsanspruch gegenüber der GbR verzichtet hatte. Für die Annahme einer der Klägerin verbliebenen Rechtsposition ist es entgegen der Ansicht des FG unerheblich, dass die Klägerin ihren ursprünglichen Übereignungsanspruch von einer Nichteigentümerin erlangt hatte. Denn es ist für einen Ausschluss des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG nicht erforderlich, dass der Erwerber das Grundstück als solches verwertet; vielmehr reicht es aus, wenn er eine ihm aus dem ursprünglichen Erwerbsvorgang verbliebene, das Grundstück betreffende Rechtsposition verwertet.

27

Die Klägerin hat die ihr verbliebene Rechtsposition ferner in ihrem eigenen (wirtschaftlichen) Interesse verwertet. Hierfür war es nicht notwendig, dass sie das Grundstück einem Zwischenhändler ähnlich an einen Dritten veräußerte, sondern es genügte bereits, dass sie die ihr verbliebene Rechtsposition verwandte, um den eigenen Erwerb des Grundstücks von der GbR sicherzustellen. Es kam ihr gerade darauf an, dass X gegenüber der GbR auf ihren Übereignungsanspruch verzichtet, damit die GbR bezüglich der Übereignung des Grundstücks schuldrechtlich nicht gebunden war und ihr, der Klägerin, das Grundstück wie ursprünglich geplant verkaufen konnte, ohne sich dadurch die Erfüllung des Kaufvertrags mit X unmöglich zu machen.

28

c) Da das FG von anderen Grundsätzen ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben.

29

3. Die Sache ist spruchreif. Die Klage war auch hinsichtlich der Hilfsanträge abzuweisen.

30

a) Soweit die Klägerin erstmalig im Revisionsverfahren hilfsweise beantragt hat, die Rechtswidrigkeit des Grunderwerbsteuerbescheids vom 9. Oktober 2008 festzustellen, ist dieses Begehren unzulässig. Denn es handelt sich dabei um eine im Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 1 FGO unzulässige Klageerweiterung (vgl. Steinhauff in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 43 FGO Rz 108; siehe auch BFH-Urteil vom 27. August 2003 II R 18/02, BFH/NV 2004, 203, zum Übergang von einer Anfechtungs- zu einer Feststellungsklage im Revisionsverfahren).

31

b) Ferner ist die Klage unzulässig, soweit die Klägerin erstmalig im Erörterungstermin vom 17. Mai 2011 hilfsweise beantragt hat, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 9. Oktober 2008 aufzuheben. Zwar hat das FA dieser Sprungklage zugestimmt. Jedoch hat die Klägerin insofern die einmonatige Klagefrist des § 47 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz i.V.m. § 45 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht gewahrt.

32

c) Im Übrigen ist die Klage in ihren Hilfsanträgen zwar zulässig, aber unbegründet. Das FA hat es ermessensfehlerfrei abgelehnt, die mit Bescheid vom 9. Oktober 2008 festgesetzte Grunderwerbsteuer in Höhe eines Teilbetrags von 38.036 € oder die mit Bescheid vom 13. Juni 2008 festgesetzte Grunderwerbsteuer aus sachlichen Billigkeitsgründen zu erlassen.

33

aa) Nach § 227 AO können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen werden, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Ein Erlass kommt aus sachlichen Gründen in Betracht, wenn die Einziehung der Steuer zwar dem Gesetz entspricht, aber infolge eines Gesetzesüberhangs den Wertungen des Gesetzgebers derart zuwiderläuft, dass sie unbillig erscheint (BFH-Urteil vom 4. Februar 2010 II R 25/08, BFHE 228, 130, BStBl II 2010, 663, m.w.N.). Beim Erlass handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, bei der Inhalt und Grenzen des Ermessens durch den Begriff der Unbilligkeit bestimmt werden (BFH-Urteil in BFHE 228, 130, BStBl II 2010, 663, m.w.N.). Die Entscheidung darf gemäß § 102 FGO gerichtlich (nur) daraufhin überprüft werden, ob das FA die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder es von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat.

34

bb) Das FA hat ermessensfehlerfrei angenommen, dass die Festsetzung der Grunderwerbsteuer in den Bescheiden vom 13. Juni 2008 und 9. Oktober 2008 nicht sachlich unbillig ist. Ein Überhang des gesetzlichen Tatbestandes über die Wertungen des Gesetzgebers ist nicht erkennbar. Es entspricht dem Willen des Gesetzgebers, zwei dasselbe Grundstück betreffende aufeinanderfolgende Erwerbsvorgänge zwischen demselben Erwerber und verschiedenen Veräußerern jeweils gesondert zu besteuern, obgleich nur einer dieser Erwerbsvorgänge einen Rechtsträgerwechsel herbeigeführt hat. Soweit es somit zu einer Steuerschuld ohne Rechtsträgerwechsel kommt, entspricht dies der Sachgesetzlichkeit des GrEStG (vgl. auch BFH-Urteil vom 18. November 2009 II R 11/08, BFHE 226, 552, BStBl II 2010, 498, unter II.7.).

(1) Wird ein Erwerbsvorgang rückgängig gemacht bevor das Eigentum am Grundstück auf den Erwerber übergegangen ist, so wird auf Antrag die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben,

1.
wenn die Rückgängigmachung durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts oder eines Wiederkaufsrechts innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer stattfindet;
2.
wenn die Vertragsbedingungen nicht erfüllt werden und der Erwerbsvorgang deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird.

(2) Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück, so wird auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben,

1.
wenn der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfindet. Ist für den Rückerwerb eine Eintragung in das Grundbuch erforderlich, so muß innerhalb der Frist die Auflassung erklärt und die Eintragung im Grundbuch beantragt werden;
2.
wenn das dem Erwerbsvorgang zugrundeliegende Rechtsgeschäft nichtig oder infolge einer Anfechtung als von Anfang an nichtig anzusehen ist;
3.
wenn die Vertragsbedingungen des Rechtsgeschäfts, das den Anspruch auf Übereignung begründet hat, nicht erfüllt werden und das Rechtsgeschäft deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird.

(3) Wird die Gegenleistung für das Grundstück herabgesetzt, so wird auf Antrag die Steuer entsprechend niedriger festgesetzt oder die Steuerfestsetzung geändert,

1.
wenn die Herabsetzung innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer stattfindet;
2.
wenn die Herabsetzung (Minderung) auf Grund des § 437 des Bürgerlichen Gesetzbuches vollzogen wird.

(4) Tritt ein Ereignis ein, das nach den Absätzen 1 bis 3 die Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung begründet, endet die Festsetzungsfrist (§§ 169 bis 171 der Abgabenordnung) insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Eintritt des Ereignisses.

(4a) Wenn die Anteile in Erfüllung eines Rechtsgeschäfts im Sinne des § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder des § 1 Absatz 3a nach Abschluss dieses Rechtsgeschäfts übergehen und dadurch der Tatbestand des § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b verwirklicht wird, so wird auf Antrag die Festsetzung nach § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder § 1 Absatz 3a aufgehoben oder geändert. In den Fällen des Satzes 1 endet die Festsetzungsfrist für den aufgrund des Übergangs der Anteile erfüllten Tatbestand nach § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b nicht vor Ablauf der Festsetzungsfrist der aufzuhebenden oder zu ändernden Festsetzung nach § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder nach § 1 Absatz 3a.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn einer der in § 1 Absatz 2 bis 3a bezeichneten Erwerbsvorgänge rückgängig gemacht wird, der nicht fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt (§§ 18 bis 20) war. Die Vorschrift des Absatzes 4a gilt nicht, wenn einer der in § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder in § 1 Absatz 3a oder in § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b bezeichneten Erwerbsvorgänge nicht fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt (§§ 18 bis 20) war.

Tatbestand

1

I. Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH, an der die C-GmbH zu 100 % beteiligt ist.

2

Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 19. Dezember 2000 erwarb die Klägerin von der K-GmbH, an der die C-GmbH eine Beteiligung von 40 % hielt, zum Teil neu errichtete, zum Teil grundrenovierte Eigentumswohnungen und Stellplätze auf dem Grundstück E. Der Gesamtkaufpreis betrug ca. 9,8 Mio. DM. Besitz, Nutzen und Lasten sollten am 19. Dezember 2000 auf die Klägerin übergehen. Für die Bauleistung übernahm die K-GmbH die Gewährleistung nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Zugunsten der Klägerin wurden Auflassungsvormerkungen im Grundbuch eingetragen.

3

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) setzte für den Erwerb mit bestandskräftigem Bescheid vom 27. April 2001 Grunderwerbsteuer in Höhe von 344.373 DM gegen die Klägerin fest.

4

In der Folgezeit stellte sich heraus, dass das Gebäude insgesamt erhebliche Mängel aufwies.

5

Am 9. April 2001 wurde über das Vermögen der K-GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet und ein Rechtsanwalt zum Insolvenzverwalter bestellt. Im Schreiben vom 17. August 2001 erklärte dieser, dass mit dem Kaufpreis die Lastenfreistellung nicht gewährleistet sei. Die noch nicht als Eigentümerin im Grundbuch eingetragene Klägerin weigerte sich daraufhin, den geschuldeten Kaufpreis zu zahlen.

6

Mit notariell beurkundeter Vereinbarung vom 20. Dezember 2001 wurde der Kaufvertrag vom 19. Dezember 2000 aufgehoben. Damit sollten sämtliche Ansprüche zwischen den Vertragsparteien ausgeglichen sein. Die Kosten der Aufhebungsvereinbarung und deren Abwicklung sollte die Klägerin tragen. Die Erklärungen für die Klägerin und den Insolvenzverwalter gab eine Notarfachangestellte als vollmachtlose Vertreterin ab. Die Genehmigung des Insolvenzverwalters wurde am 21. Dezember 2001 notariell beurkundet, die Genehmigung der durch den Geschäftsführer G vertretenen Klägerin am 28. Dezember 2001.

7

Ebenfalls mit notarieller Urkunde vom 20. Dezember 2001 verkaufte der Insolvenzverwalter die vom Aufhebungsvertrag betroffenen Eigentumswohnungen und Stellplätze unter Ausschluss jeglicher Sachmängelgewährleistung zu einem Kaufpreis von ca. 6,6 Mio. DM an die F-GmbH, deren Anteile die C-GmbH zu 100 % hielt. Die Vertragsparteien erklärten, jeweils vollmachtlos durch eine Notarfachangestellte vertreten, dass Besitz, Nutzen und Lasten bereits zum 9. April 2001 auf die F-GmbH übergegangen seien. Der Vertrag wurde am 21. Dezember 2001 vom Insolvenzverwalter und am 28. Dezember 2001 von der F-GmbH, vertreten durch G, der auch Geschäftsführer der F-GmbH war, genehmigt.

8

Die von der Klägerin im Hinblick auf den Aufhebungsvertrag vom 20. Dezember 2001 beantragte Aufhebung der Grunderwerbsteuerfestsetzung gemäß § 16 Abs. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) lehnte das FA mit Bescheid vom 10. Oktober 2002 ab. Der Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen.

9

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ging von einer Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs aus. Durch den Aufhebungsvertrag habe der Insolvenzverwalter zwar nicht die ursprüngliche Rechtsstellung zurückerhalten, weil er Besitz, Nutzungen und Lasten nicht wieder erlangt habe. Der Klägerin sei aber nach Abschluss des Aufhebungsvertrags keine mit § 1 Abs. 2 GrEStG vergleichbare Rechtsposition verblieben, die ihr eine Verwertung der Eigentumswohnungen und Stellplätze ermöglicht hätte. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 1655 veröffentlicht.

10

Mit der Revision rügt das FA fehlerhafte Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG.

11

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

12

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

13

Das FG habe im angefochtenen Urteil zwar festgestellt, die Weiterveräußerung sei auch im Interesse der C-GmbH erfolgt, weil diese offensichtlich das Projekt habe weiterverfolgen wollen. Soweit diese Feststellung als bindend angesehen werde, werde aber mangelnde Sachaufklärung gerügt.

Entscheidungsgründe

14

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

15

Entgegen der Auffassung des FG sind die Voraussetzungen für eine Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG nicht erfüllt. Der Klägerin ist im Rahmen der Aufhebung des Kaufvertrags vom 19. Dezember 2000 eine Rechtsposition verblieben, die sie bei der vom Insolvenzverwalter vorgenommenen Veräußerung der Eigentumswohnungen und Stellplätze an die F-GmbH im eigenen Interesse verwertet hat.

16

1. Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG wird eine Steuerfestsetzung auf Antrag aufgehoben, wenn ein Erwerbsvorgang vor dem Übergang des Eigentums am Grundstück auf den Erwerber durch Vereinbarung der Vertragspartner innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer rückgängig gemacht wird.

17

a) "Rückgängig gemacht" ist ein Erwerbsvorgang, wenn über die zivilrechtliche Aufhebung des den Steuertatbestand erfüllenden Rechtsgeschäfts hinaus die Vertragspartner sich derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass die Möglichkeit zur Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt (vgl. z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. März 2003 II R 12/01, BFHE 202, 383, BStBl II 2003, 770; vom 21. Februar 2006 II R 60/04, BFH/NV 2006, 1700; vom 25. April 2007 II R 18/05, BFHE 217, 276, BFH/NV 2007, 1792).

18

b) Wird im Zusammenhang mit der Aufhebung eines Kaufvertrags über ein Grundstück dieses weiterveräußert, ist für die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG entscheidend, ob für den früheren Erwerber trotz der Vertragsaufhebung die Möglichkeit der Verwertung einer aus dem "rückgängig gemachten" Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition verblieben und der Verkäufer demzufolge nicht aus seinen Bindungen entlassen war. Dabei ist --anders als das FG meint--- nicht maßgebend, ob die dem Ersterwerber verbliebene Rechtsposition einer Verwertungsbefugnis i.S. des § 1 Abs. 2 GrEStG vergleichbar ist.

19

Dem Ersterwerber verbleibt die Möglichkeit der Verwertung einer Rechtsposition jedenfalls dann, wenn der Aufhebungs- und der Weiterveräußerungsvertrag in einer einzigen Urkunde zusammengefasst sind. In diesem Fall hat er die rechtliche Möglichkeit, die Aufhebung des ursprünglichen Kaufvertrags zum anschließenden Erwerb des Grundstücks durch eine von ihm ausgewählte dritte Person zu nutzen. Denn der Veräußerer wird aus seiner Übereignungsverpflichtung gegenüber dem früheren Erwerber erst mit der Unterzeichnung des Vertrags durch alle Vertragsbeteiligten und damit erst in dem Augenblick entlassen, in dem er bereits wieder hinsichtlich der Übereignung des Grundstücks an den Zweiterwerber gebunden ist (BFH-Urteil vom 23. August 2006 II R 8/05, BFH/NV 2007, 273). Da sich diese Schlussfolgerung trotz gleicher Beweggründe der Parteien mühelos umgehen lässt, indem die Aufhebung des ursprünglichen und der Abschluss des neuen Kaufvertrags nacheinander beurkundet werden, kann der --wie im Streitfall erfolgte-- Abschluss beider Verträge in aufeinanderfolgenden Urkunden nicht anders beurteilt werden als ihre Zusammenfassung in einer Urkunde (vgl. BFH-Urteil in BFHE 217, 276, BFH/NV 2007, 1792).

20

Dies gilt grundsätzlich selbst dann, wenn sowohl der Aufhebungsvertrag als auch der nachfolgend beurkundete Weiterveräußerungsvertrag durch jeweils vollmachtlose Vertreter abgeschlossen werden und daher zur Wirksamkeit noch der Genehmigung der Vertragsbeteiligten gemäß § 177 Abs. 1 i.V.m. § 184 Abs. 1 BGB bedürfen. In einem solchen Fall behält der Ersterwerber die aus dem ursprünglichen Kaufvertrag erworbene Rechtsposition jedenfalls so lange, bis die Genehmigung des Aufhebungsvertrags wirksam wird. Bis zu diesem Zeitpunkt ist er noch Inhaber sämtlicher Rechte und Pflichten aus dem Kaufvertrag. Die Möglichkeit des Ersterwerbers, seine Rechtsposition beim Abschluss der weiteren Verträge zu verwerten, wird nicht allein dadurch ausgeschlossen, dass der neue Kaufvertrag mit dem Zweiterwerber zivilrechtlich erst nach dem Aufhebungsvertrag wirksam wird, weil die Genehmigungen der Vertragsbeteiligten des Kaufvertrags dem beurkundenden Notar erst nach den Genehmigungen der Vertragsparteien des Aufhebungsvertrags zugehen. Auch bei einem Abschluss des Aufhebungsvertrags und einem nachfolgend beurkundeten Abschluss des neuen Kaufvertrags zwischen persönlich anwesenden Vertragsbeteiligten ist der Aufhebungsvertrag zivilrechtlich vor dem neuen Kaufvertrag wirksam, ohne dass sich dies auf die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG auswirkt.

21

c) Danach ist der Klägerin aus dem Kaufvertrag vom 19. Dezember 2000 eine Rechtsposition verblieben, die sie im Rahmen der Weiterveräußerung verwerten konnte. Insbesondere konnte sie sicherstellen, dass die Eigentumswohnungen und Stellplätze an einen Erwerber veräußert werden, mit dem sie einverstanden war. Der Aufhebungsvertrag zwischen der Klägerin und der K-GmbH sowie der neue Kaufvertrag zwischen der K-GmbH und der F-GmbH sind am gleichen Tag nacheinander beurkundet und jeweils mit der Genehmigung durch die Vertragsbeteiligten wirksam geworden.

22

2. Die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ist nur dann ausgeschlossen, wenn der Ersterwerber die verbliebene Rechtsposition in seinem eigenen (wirtschaftlichen) Interesse verwertet hat (BFH-Urteile in BFHE 202, 383, BStBl II 2003, 770, und in BFH/NV 2006, 1700). Dies ist vorliegend der Fall.

23

a) Eine Verwertung in diesem Sinne liegt vor, wenn die Einflussnahme des Ersterwerbers auf die Weiterveräußerung Ausfluss der ihm verbliebenen Rechtsposition ist. Übt der Ersterwerber bei der erneuten Veräußerung eine ihm aus dem Erwerbsvorgang verbliebene Rechtsposition tatsächlich nicht aus (so bei der Benennung eines Ersatzkäufers allein aufgrund des Verlangens des Verkäufers, vgl. BFH-Urteil vom 4. Dezember 1985 II R 171/84, BFHE 145, 448, BStBl II 1986, 271) oder handelt der Ersterwerber insoweit im ausschließlichen Interesse eines Dritten, steht dies einer Rückgängigmachung nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG nicht entgegen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 202, 383, BStBl II 2003, 770). Handelt der Ersterwerber dagegen bei der Verwertung seiner Rechtsposition auch im eigenen Interesse, also nicht ausschließlich im Interesse eines anderen, sind die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG nicht erfüllt. In diesem Fall sind die Interessen Dritter an der Weiterveräußerung unbeachtlich.

24

b) Ist Ersterwerber eine Kapitalgesellschaft, so muss sich diese für die Beurteilung der Frage, ob eine ausschließliche Verfolgung der Interessen Dritter vorliegt, die einer Rückgängigmachung nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG nicht entgegensteht, die Interessen derjenigen Person zurechnen lassen, die bei der Ausübung der Rechtsposition der Kapitalgesellschaft aus dem ursprünglichen Kaufvertrag gehandelt hat (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2006, 1700). Der Kapitalgesellschaft zuzurechnen sind auch die (wirtschaftlichen) Interessen des Alleingesellschafters, und zwar unabhängig davon, ob es sich hierbei um eine natürliche oder um eine juristische Person handelt. Denn der Alleingesellschafter kann maßgeblich Einfluss auf die Angelegenheiten der Kapitalgesellschaft nehmen.

25

c) Die Klägerin hat ihre aus dem ursprünglichen Kaufvertrag entstandene Rechtsposition bei der Weiterveräußerung im Interesse ihrer alleinigen Anteilseignerin, der C-GmbH, und damit nicht ausschließlich im fremden Interesse verwertet.

26

aa) Da die C-GmbH nicht nur zu 100 % an der Klägerin (Ersterwerber), sondern daneben auch zu 100 % an der F-GmbH (Zweiterwerber) und zu 40 % an der K-GmbH (Veräußerer) beteiligt war, spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die Weiterveräußerung im wirtschaftlichen Interesse der C-GmbH erfolgt ist.

27

bb) Darüber hinaus hat das FG i.S. von § 118 Abs. 2 FGO festgestellt, dass die Eigentumswohnungen und Stellplätze auch im Interesse der C-GmbH an die F-GmbH veräußert wurden. Es hat den Sachverhalt sowie den Vortrag der Beteiligten gewürdigt und daraus die tatsächliche Schlussfolgerung gezogen, die C-GmbH habe offensichtlich das Projekt auf dem Grundstück E im Rahmen des Konzerns weiter durchführen wollen, um die getätigten Investitionen nicht verfallen zu lassen, und deshalb die F-GmbH als Zweiterwerber präsentiert. Für ein der Klägerin zuzurechnendes Interesse der C-GmbH spreche, dass die Klägerin zu Zugeständnissen bereit gewesen sei und letztendlich sogar die Kosten des Aufhebungsvertrags übernommen habe. Diese Schlussfolgerung ist möglich. Der für die K-GmbH handelnde Insolvenzverwalter hat im Schreiben vom 17. August 2001 eingestanden, dass mit dem Kaufpreis, der im Kaufvertrag mit der Klägerin vereinbart worden sei, die (vom Veräußerer zu erbringende) Lastenfreistellung nicht gewährleistet werden könne. Damit war die Durchführung des Kaufvertrags gefährdet, und zwar aus einem Grund, der nicht im Verantwortungsbereich der Klägerin lag. Dennoch hat sich die Klägerin im Aufhebungsvertrag bereit erklärt, die Kosten der Aufhebungsvereinbarung und deren Abwicklung zu übernehmen. Mit der Aufhebung des Vertrags am 20. Dezember 2001 sollten zudem sämtliche Ansprüche zwischen den Vertragsparteien ausgeglichen sein, obwohl die Klägerin nach dem ursprünglichen Kaufvertrag Lasten, Steuern und Abgaben bereits mit Wirkung ab 19. Dezember 2000 zu tragen hatte. Selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass über das Vermögen der K-GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet und damit eine Realisierung von möglichen Ansprüchen unsicher war, kann aus dem Verhalten der Klägerin geschlossen werden, dass sie dazu beitragen wollte, die weitere Durchführung des Projekts im Interesse der C-GmbH, ihrer Muttergesellschaft, sicherzustellen. Insoweit ist unerheblich, dass auch der Insolvenzverwalter zur Vermeidung einer Insolvenzanfechtung an der Aufhebung des ursprünglichen Kaufvertrags und der Weiterveräußerung an die F-GmbH interessiert war.

28

Die Klägerin hat in Bezug auf die Feststellungen des FG keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht. Die von ihr erhobene Rüge, das FG habe den Sachverhalt entgegen § 76 Abs. 1 FGO unzureichend aufgeklärt, ist unzulässig. Denn die Klägerin hat keine konkreten Tatsachen genannt, die entscheidungserheblich und noch aufklärungsbedürftig sind. Insoweit reicht es nicht aus, die Rechtsausführungen des FG anzugreifen und eine eigene Würdigung der Tatsachen vorzunehmen.

29

Der BFH kann die Tatsachenwürdigung des FG nur daraufhin überprüfen, ob sie verfahrensfehlerfrei zustande gekommen ist und mit den Denkgesetzen und den allgemeinen Erfahrungssätzen im Einklang steht. Ist das --wie im Streitfall-- zu bejahen, so ist die Tatsachenwürdigung selbst dann für den BFH bindend, wenn sie nicht zwingend, sondern nur möglich ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 4. September 2003 V R 9, 10/02, BFHE 203, 389, BStBl II 2004, 627, m.w.N.).

30

3. Die Sache ist spruchreif. Da das FG von anderen Grundsätzen ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

(1) Wird ein Erwerbsvorgang rückgängig gemacht bevor das Eigentum am Grundstück auf den Erwerber übergegangen ist, so wird auf Antrag die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben,

1.
wenn die Rückgängigmachung durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts oder eines Wiederkaufsrechts innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer stattfindet;
2.
wenn die Vertragsbedingungen nicht erfüllt werden und der Erwerbsvorgang deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird.

(2) Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück, so wird auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben,

1.
wenn der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfindet. Ist für den Rückerwerb eine Eintragung in das Grundbuch erforderlich, so muß innerhalb der Frist die Auflassung erklärt und die Eintragung im Grundbuch beantragt werden;
2.
wenn das dem Erwerbsvorgang zugrundeliegende Rechtsgeschäft nichtig oder infolge einer Anfechtung als von Anfang an nichtig anzusehen ist;
3.
wenn die Vertragsbedingungen des Rechtsgeschäfts, das den Anspruch auf Übereignung begründet hat, nicht erfüllt werden und das Rechtsgeschäft deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird.

(3) Wird die Gegenleistung für das Grundstück herabgesetzt, so wird auf Antrag die Steuer entsprechend niedriger festgesetzt oder die Steuerfestsetzung geändert,

1.
wenn die Herabsetzung innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer stattfindet;
2.
wenn die Herabsetzung (Minderung) auf Grund des § 437 des Bürgerlichen Gesetzbuches vollzogen wird.

(4) Tritt ein Ereignis ein, das nach den Absätzen 1 bis 3 die Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung begründet, endet die Festsetzungsfrist (§§ 169 bis 171 der Abgabenordnung) insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Eintritt des Ereignisses.

(4a) Wenn die Anteile in Erfüllung eines Rechtsgeschäfts im Sinne des § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder des § 1 Absatz 3a nach Abschluss dieses Rechtsgeschäfts übergehen und dadurch der Tatbestand des § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b verwirklicht wird, so wird auf Antrag die Festsetzung nach § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder § 1 Absatz 3a aufgehoben oder geändert. In den Fällen des Satzes 1 endet die Festsetzungsfrist für den aufgrund des Übergangs der Anteile erfüllten Tatbestand nach § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b nicht vor Ablauf der Festsetzungsfrist der aufzuhebenden oder zu ändernden Festsetzung nach § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder nach § 1 Absatz 3a.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn einer der in § 1 Absatz 2 bis 3a bezeichneten Erwerbsvorgänge rückgängig gemacht wird, der nicht fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt (§§ 18 bis 20) war. Die Vorschrift des Absatzes 4a gilt nicht, wenn einer der in § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder in § 1 Absatz 3a oder in § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b bezeichneten Erwerbsvorgänge nicht fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt (§§ 18 bis 20) war.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) nahm mit notarieller Urkunde vom 4. Oktober 2005 ein Angebot zum Erwerb zweier mit einem Lebensmittelmarkt zu bebauender Grundstücke zu einem Kaufpreis in Höhe von insgesamt 1.825.000 € an. Zuvor, am 23. September 2005, hatte die Verkäuferin einer noch zu gründenden, in Luxemburg ansässigen Tochtergesellschaft der Klägerin ein gleichlautendes Angebot unterbreitet.

2

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 2. Dezember 2005 hoben die Verkäuferin und die Klägerin den Grundstückskaufvertrag auf. In derselben Urkunde verkaufte die Verkäuferin dieselben Grundstücke zu demselben Kaufpreis an eine in Luxemburg ansässige Gesellschaft (Zweiterwerberin). Die Zweiterwerberin ist die Tochtergesellschaft einer ebenfalls in Luxemburg ansässigen Holding-Gesellschaft, an der verschiedene Investoren, u.a. der Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin, beteiligt sind. Die Vertragsparteien vereinbarten die Übertragung einer von der Klägerin im Auftrag der Zweiterwerberin am 30. November 2005 geleisteten Anzahlung in Höhe von 194.000 € auf das Notaranderkonto des neuen Erwerbs. Das Grundstückseigentum war am 2. Dezember 2005 noch nicht auf die Klägerin übergegangen.

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte mit Bescheid vom 3. April 2006 die Grunderwerbsteuer gegen die Klägerin ausgehend von einer Bemessungsgrundlage in Höhe von 1.825.000 € auf 63.875 € fest. Dagegen legte die Klägerin mit der Begründung, der Kaufvertrag sei rückgängig gemacht worden und die Festsetzung daher nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) aufzuheben, Einspruch ein. Der Einspruch blieb erfolglos.

4

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit der Begründung ab, die Voraussetzungen, die die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) an die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG stelle, seien im Streitfall nicht erfüllt. Die Klägerin habe bei Aufhebung des alten und Abschluss des neuen Kaufvertrags in einer Urkunde ihre Rechtsposition aus dem ursprünglichen Erwerb im eigenen wirtschaftlichen Interesse verwertet. Sie habe einen Ersatzkäufer benennen müssen, um die mit der Nichterfüllung des Vertrags verbundenen wirtschaftlichen, finanziellen und sonstigen Folgen für ihr Unternehmen zu vermeiden. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 1297 veröffentlicht.

5

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Die Zusammenfassung des Aufhebungsvertrags und des neuen Kaufvertrags in einer Urkunde stelle zwar ein gewichtiges Indiz für eine verbleibende Einflussmöglichkeit des Ersterwerbers dar. Dieses Indiz könne aber durch Zeugenaussagen entkräftet werden. Durch Vernehmung des für die Verkäuferin handelnden Geschäftsführers und des Notars könne nachgewiesen werden, dass sie, die Klägerin, kein Interesse an der Weiterveräußerung der Immobilien gehabt habe. Ihr Interesse habe aus finanziellen Gründen allein der Aufhebung des Vertrags gegolten. Die Verkäuferin habe der Aufhebung aber nur unter gleichzeitiger Benennung eines Ersatzkäufers zugestimmt.

6

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung sowie den Grunderwerbsteuerbescheid vom 2. Juni 2006 und die Einspruchsentscheidung vom 14. Februar 2007 aufzuheben.

7

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) zu Unrecht angenommen, die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG seien nicht erfüllt.

9

1. Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG wird die Steuerfestsetzung auf Antrag u.a. dann aufgehoben, wenn ein Erwerbsvorgang vor dem Übergang des Eigentums am Grundstück auf den Erwerber durch Vereinbarung der Vertragspartner innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer rückgängig gemacht wird.

10

a) "Rückgängig gemacht" ist ein Erwerbsvorgang, wenn über die zivilrechtliche Aufhebung des den Steuertatbestand erfüllenden Rechtsgeschäfts hinaus die Vertragspartner sich derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass die Möglichkeit zur Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt (BFH-Urteile vom 19. März 2003 II R 12/01, BFHE 202, 383, BStBl II 2003, 770; vom 21. Februar 2006 II R 60/04, BFH/NV 2006, 1700; vom 25. April 2007 II R 18/05, BFHE 217, 276, BStBl II 2007, 726; vom 14. November 2007 II R 1/06, BFH/NV 2008, 403; vom 6. Oktober 2010 II R 31/09, BFH/NV 2011, 306, und vom 28. März 2012 II R 42/11, BFH/NV 2012, 1486, Rz 22).

11

b) Wird im Zusammenhang mit der Aufhebung eines Kaufvertrags über ein Grundstück dieses weiterveräußert, ist für die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG entscheidend, ob für den früheren Erwerber trotz der Vertragsaufhebung die Möglichkeit der Verwertung einer aus dem "rückgängig gemachten" Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition verblieben und der Verkäufer demzufolge nicht aus seinen Bindungen entlassen war (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1486, Rz 23, m.w.N.).

12

Dem früheren Erwerber verbleibt die Möglichkeit der Verwertung einer aus dem "rückgängig gemachten" Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition jedenfalls dann, wenn der Aufhebungs- und der Weiterveräußerungsvertrag in einer einzigen Urkunde zusammengefasst sind (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1486, Rz 24). In diesem Fall hat er die rechtliche Möglichkeit, die Aufhebung des ursprünglichen Kaufvertrags zum anschließenden Erwerb des Grundstücks durch eine von ihm ausgewählte dritte Person zu nutzen. Denn der Veräußerer wird aus seiner Übereignungsverpflichtung gegenüber dem früheren Erwerber erst mit der Unterzeichnung des Vertrags durch alle Vertragsbeteiligten und damit erst in dem Augenblick entlassen, in dem er bereits wieder hinsichtlich der Übereignung des Grundstücks an den Zweiterwerber gebunden ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1486, Rz 24).

13

c) Die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ist jedoch nur dann ausgeschlossen, wenn der Ersterwerber eine ihm verbliebene Rechtsposition auch in seinem eigenen (wirtschaftlichen) Interesse verwertet hat. Eine Verwertung in diesem Sinne liegt vor, wenn die Einflussnahme des Ersterwerbers auf die Weiterveräußerung Ausfluss der ihm verbliebenen Rechtsposition ist. In diesem Fall sind die Interessen Dritter an der Weiterveräußerung unbeachtlich (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1486, Rz 25, m.w.N.).

14

Ist Ersterwerber eine Kapitalgesellschaft, so muss sie sich in diesem Zusammenhang die Interessen derjenigen Person(en) zurechnen lassen, die bei der Ausübung der Rechtsposition der Kapitalgesellschaft aus dem ursprünglichen Kaufvertrag gehandelt hat/haben (BFH-Urteile in BFH/NV 2006, 1700, und vom 25. August 2010 II R 35/08, BFH/NV 2010, 2301, Rz 24). Der Kapitalgesellschaft zuzurechnen sind auch die (wirtschaftlichen) Interessen ihres Alleingesellschafters, und zwar unabhängig davon, ob es sich hierbei um eine natürliche oder eine juristische Person handelt; denn der Alleingesellschafter kann maßgeblichen Einfluss auf die Angelegenheiten der Kapitalgesellschaft nehmen (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2301, Rz 24).

15

Ist dem Ersterwerber das weitere Schicksal des Grundstücks indes gleichgültig, so hindert die Benennung des Dritten als Ersatzkäufer nicht die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG (BFH-Urteile vom 4. Dezember 1985 II R 171/84, BFHE 145, 448, BStBl II 1986, 271, und in BFH/NV 2011, 306). Das gilt insbesondere dann, wenn der Eigentümer des Grundstücks dieses auf jeden Fall verkaufen will und daher von dem Käufer die Benennung eines Ersatzkäufers verlangt (BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 306). Ob die Benennung des Ersatzkäufers auf Verlangen des Verkäufers oder im eigenen (wirtschaftlichen) Interesse des Ersterwerbers erfolgt ist, ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Tatsachen festzustellen. Den Steuerschuldner trifft hier eine erhöhte Pflicht zur Mitwirkung an der Aufklärung des Sachverhalts; er trägt auch die Feststellungslast (objektive Beweislast) dafür, dass die tatsächlichen Voraussetzungen der von ihm begehrten Nichtfestsetzung der Steuer oder Aufhebung der Steuerfestsetzung nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erfüllt sind (BFH-Beschluss vom 24. April 1985 II B 28/84, BFHE 143, 499, BStBl II 1985, 520, und in BFHE 145, 448, BStBl II 1986, 271).

16

2. Das FG hat aus den von ihm getroffenen Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) zu Unrecht geschlossen, die Klägerin habe durch die Benennung eines Ersatzkäufers ihre Rechtsposition aus dem ursprünglich geschlossenen Kaufvertrag zu eigenen wirtschaftlichen Zwecken verwertet. Das Ziel, den Kaufvertrag nicht erfüllen zu müssen, um die mit der Nichterfüllung des Vertrags verbundenen wirtschaftlichen, finanziellen und sonstigen Folgen für ihr Unternehmen zu vermeiden, begründet kein der Anwendbarkeit des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG entgegenstehendes eigenes (wirtschaftliches) Interesse der Klägerin an der Weiterveräußerung des Grundbesitzes (vgl. auch BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 306). Die Vorentscheidung war daher aufzuheben.

17

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat zu Unrecht noch nicht geprüft, ob die Klägerin oder ihr Gesellschafter-Geschäftsführer über das von ihr verfolgte Ziel hinaus, den Kaufvertrag nicht erfüllen zu müssen, ein eigenes (wirtschaftliches) Interesse daran hatte, dass die Verkäuferin die Grundstücke an die Zweiterwerberin (und nicht an einen beliebigen Dritten) weiterveräußerte. Der BFH kann dies nicht abschließend beurteilen, weil es an den dazu erforderlichen tatsächlichen Feststellungen des FG fehlt.

18

Bei der vom FG nachzuholenden Gesamtwürdigung aller Tatsachen wird einerseits zu berücksichtigen sein, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin an der Holding-Gesellschaft beteiligt war, deren Tochtergesellschaft die Zweiterwerberin war, und dass die Zweiterwerberin die Klägerin bereits vor Abschluss des Vertrags vom 2. Dezember 2005 mit der Leistung einer Anzahlung beauftragt hatte. Ferner wird zu beachten sein, dass die Klägerin und die Zweiterwerberin beim Abschluss der Verträge vom 2. Dezember 2005 durch denselben Bevollmächtigten vertreten wurden und die von vornherein bestehende Absicht, dass eine Luxemburger Gesellschaft die Grundstücke erwerben sollte, tatsächlich verwirklicht wurde.

19

Andererseits wird festzustellen sein, wie die Verhandlungen der Klägerin mit der Verkäuferin über die Rückgängigmachung des Kaufvertrags abgelaufen sind, insbesondere ob die Klägerin zunächst ernsthaft mit dem Wunsch nach einer Vertragsaufhebung ohne Stellung eines Ersatzkäufers an die Verkäuferin herangetreten ist und erst auf Verlangen der Verkäuferin einen Ersatzkäufer gesucht hat oder ob sie von sich aus die Zweiterwerberin als Ersatzkäuferin angeboten hat. Ferner wird in diesem Zusammenhang zu klären sein, ob der Aufhebungsvertrag und der Weiterveräußerungsvertrag vom 2. Dezember 2005 auf Betreiben der Klägerin oder der Verkäuferin in einer Urkunde zusammengefasst wurden.

20

Soweit es sich dabei um die Feststellung von Sachverhalten mit Auslandsbezug handelt, richten sich die Mitwirkungspflichten der Klägerin nach § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO i.V.m. § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung.

21

4. Da die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen wurde, bedurfte es keiner Entscheidung über die von der Klägerin erhobenen Verfahrensrügen.

Tatbestand

1

I. Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH, an der die C-GmbH zu 100 % beteiligt ist.

2

Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 19. Dezember 2000 erwarb die Klägerin von der K-GmbH, an der die C-GmbH eine Beteiligung von 40 % hielt, zum Teil neu errichtete, zum Teil grundrenovierte Eigentumswohnungen und Stellplätze auf dem Grundstück E. Der Gesamtkaufpreis betrug ca. 9,8 Mio. DM. Besitz, Nutzen und Lasten sollten am 19. Dezember 2000 auf die Klägerin übergehen. Für die Bauleistung übernahm die K-GmbH die Gewährleistung nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Zugunsten der Klägerin wurden Auflassungsvormerkungen im Grundbuch eingetragen.

3

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) setzte für den Erwerb mit bestandskräftigem Bescheid vom 27. April 2001 Grunderwerbsteuer in Höhe von 344.373 DM gegen die Klägerin fest.

4

In der Folgezeit stellte sich heraus, dass das Gebäude insgesamt erhebliche Mängel aufwies.

5

Am 9. April 2001 wurde über das Vermögen der K-GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet und ein Rechtsanwalt zum Insolvenzverwalter bestellt. Im Schreiben vom 17. August 2001 erklärte dieser, dass mit dem Kaufpreis die Lastenfreistellung nicht gewährleistet sei. Die noch nicht als Eigentümerin im Grundbuch eingetragene Klägerin weigerte sich daraufhin, den geschuldeten Kaufpreis zu zahlen.

6

Mit notariell beurkundeter Vereinbarung vom 20. Dezember 2001 wurde der Kaufvertrag vom 19. Dezember 2000 aufgehoben. Damit sollten sämtliche Ansprüche zwischen den Vertragsparteien ausgeglichen sein. Die Kosten der Aufhebungsvereinbarung und deren Abwicklung sollte die Klägerin tragen. Die Erklärungen für die Klägerin und den Insolvenzverwalter gab eine Notarfachangestellte als vollmachtlose Vertreterin ab. Die Genehmigung des Insolvenzverwalters wurde am 21. Dezember 2001 notariell beurkundet, die Genehmigung der durch den Geschäftsführer G vertretenen Klägerin am 28. Dezember 2001.

7

Ebenfalls mit notarieller Urkunde vom 20. Dezember 2001 verkaufte der Insolvenzverwalter die vom Aufhebungsvertrag betroffenen Eigentumswohnungen und Stellplätze unter Ausschluss jeglicher Sachmängelgewährleistung zu einem Kaufpreis von ca. 6,6 Mio. DM an die F-GmbH, deren Anteile die C-GmbH zu 100 % hielt. Die Vertragsparteien erklärten, jeweils vollmachtlos durch eine Notarfachangestellte vertreten, dass Besitz, Nutzen und Lasten bereits zum 9. April 2001 auf die F-GmbH übergegangen seien. Der Vertrag wurde am 21. Dezember 2001 vom Insolvenzverwalter und am 28. Dezember 2001 von der F-GmbH, vertreten durch G, der auch Geschäftsführer der F-GmbH war, genehmigt.

8

Die von der Klägerin im Hinblick auf den Aufhebungsvertrag vom 20. Dezember 2001 beantragte Aufhebung der Grunderwerbsteuerfestsetzung gemäß § 16 Abs. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) lehnte das FA mit Bescheid vom 10. Oktober 2002 ab. Der Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen.

9

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ging von einer Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs aus. Durch den Aufhebungsvertrag habe der Insolvenzverwalter zwar nicht die ursprüngliche Rechtsstellung zurückerhalten, weil er Besitz, Nutzungen und Lasten nicht wieder erlangt habe. Der Klägerin sei aber nach Abschluss des Aufhebungsvertrags keine mit § 1 Abs. 2 GrEStG vergleichbare Rechtsposition verblieben, die ihr eine Verwertung der Eigentumswohnungen und Stellplätze ermöglicht hätte. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 1655 veröffentlicht.

10

Mit der Revision rügt das FA fehlerhafte Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG.

11

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

12

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

13

Das FG habe im angefochtenen Urteil zwar festgestellt, die Weiterveräußerung sei auch im Interesse der C-GmbH erfolgt, weil diese offensichtlich das Projekt habe weiterverfolgen wollen. Soweit diese Feststellung als bindend angesehen werde, werde aber mangelnde Sachaufklärung gerügt.

Entscheidungsgründe

14

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

15

Entgegen der Auffassung des FG sind die Voraussetzungen für eine Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG nicht erfüllt. Der Klägerin ist im Rahmen der Aufhebung des Kaufvertrags vom 19. Dezember 2000 eine Rechtsposition verblieben, die sie bei der vom Insolvenzverwalter vorgenommenen Veräußerung der Eigentumswohnungen und Stellplätze an die F-GmbH im eigenen Interesse verwertet hat.

16

1. Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG wird eine Steuerfestsetzung auf Antrag aufgehoben, wenn ein Erwerbsvorgang vor dem Übergang des Eigentums am Grundstück auf den Erwerber durch Vereinbarung der Vertragspartner innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer rückgängig gemacht wird.

17

a) "Rückgängig gemacht" ist ein Erwerbsvorgang, wenn über die zivilrechtliche Aufhebung des den Steuertatbestand erfüllenden Rechtsgeschäfts hinaus die Vertragspartner sich derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass die Möglichkeit zur Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt (vgl. z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. März 2003 II R 12/01, BFHE 202, 383, BStBl II 2003, 770; vom 21. Februar 2006 II R 60/04, BFH/NV 2006, 1700; vom 25. April 2007 II R 18/05, BFHE 217, 276, BFH/NV 2007, 1792).

18

b) Wird im Zusammenhang mit der Aufhebung eines Kaufvertrags über ein Grundstück dieses weiterveräußert, ist für die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG entscheidend, ob für den früheren Erwerber trotz der Vertragsaufhebung die Möglichkeit der Verwertung einer aus dem "rückgängig gemachten" Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition verblieben und der Verkäufer demzufolge nicht aus seinen Bindungen entlassen war. Dabei ist --anders als das FG meint--- nicht maßgebend, ob die dem Ersterwerber verbliebene Rechtsposition einer Verwertungsbefugnis i.S. des § 1 Abs. 2 GrEStG vergleichbar ist.

19

Dem Ersterwerber verbleibt die Möglichkeit der Verwertung einer Rechtsposition jedenfalls dann, wenn der Aufhebungs- und der Weiterveräußerungsvertrag in einer einzigen Urkunde zusammengefasst sind. In diesem Fall hat er die rechtliche Möglichkeit, die Aufhebung des ursprünglichen Kaufvertrags zum anschließenden Erwerb des Grundstücks durch eine von ihm ausgewählte dritte Person zu nutzen. Denn der Veräußerer wird aus seiner Übereignungsverpflichtung gegenüber dem früheren Erwerber erst mit der Unterzeichnung des Vertrags durch alle Vertragsbeteiligten und damit erst in dem Augenblick entlassen, in dem er bereits wieder hinsichtlich der Übereignung des Grundstücks an den Zweiterwerber gebunden ist (BFH-Urteil vom 23. August 2006 II R 8/05, BFH/NV 2007, 273). Da sich diese Schlussfolgerung trotz gleicher Beweggründe der Parteien mühelos umgehen lässt, indem die Aufhebung des ursprünglichen und der Abschluss des neuen Kaufvertrags nacheinander beurkundet werden, kann der --wie im Streitfall erfolgte-- Abschluss beider Verträge in aufeinanderfolgenden Urkunden nicht anders beurteilt werden als ihre Zusammenfassung in einer Urkunde (vgl. BFH-Urteil in BFHE 217, 276, BFH/NV 2007, 1792).

20

Dies gilt grundsätzlich selbst dann, wenn sowohl der Aufhebungsvertrag als auch der nachfolgend beurkundete Weiterveräußerungsvertrag durch jeweils vollmachtlose Vertreter abgeschlossen werden und daher zur Wirksamkeit noch der Genehmigung der Vertragsbeteiligten gemäß § 177 Abs. 1 i.V.m. § 184 Abs. 1 BGB bedürfen. In einem solchen Fall behält der Ersterwerber die aus dem ursprünglichen Kaufvertrag erworbene Rechtsposition jedenfalls so lange, bis die Genehmigung des Aufhebungsvertrags wirksam wird. Bis zu diesem Zeitpunkt ist er noch Inhaber sämtlicher Rechte und Pflichten aus dem Kaufvertrag. Die Möglichkeit des Ersterwerbers, seine Rechtsposition beim Abschluss der weiteren Verträge zu verwerten, wird nicht allein dadurch ausgeschlossen, dass der neue Kaufvertrag mit dem Zweiterwerber zivilrechtlich erst nach dem Aufhebungsvertrag wirksam wird, weil die Genehmigungen der Vertragsbeteiligten des Kaufvertrags dem beurkundenden Notar erst nach den Genehmigungen der Vertragsparteien des Aufhebungsvertrags zugehen. Auch bei einem Abschluss des Aufhebungsvertrags und einem nachfolgend beurkundeten Abschluss des neuen Kaufvertrags zwischen persönlich anwesenden Vertragsbeteiligten ist der Aufhebungsvertrag zivilrechtlich vor dem neuen Kaufvertrag wirksam, ohne dass sich dies auf die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG auswirkt.

21

c) Danach ist der Klägerin aus dem Kaufvertrag vom 19. Dezember 2000 eine Rechtsposition verblieben, die sie im Rahmen der Weiterveräußerung verwerten konnte. Insbesondere konnte sie sicherstellen, dass die Eigentumswohnungen und Stellplätze an einen Erwerber veräußert werden, mit dem sie einverstanden war. Der Aufhebungsvertrag zwischen der Klägerin und der K-GmbH sowie der neue Kaufvertrag zwischen der K-GmbH und der F-GmbH sind am gleichen Tag nacheinander beurkundet und jeweils mit der Genehmigung durch die Vertragsbeteiligten wirksam geworden.

22

2. Die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ist nur dann ausgeschlossen, wenn der Ersterwerber die verbliebene Rechtsposition in seinem eigenen (wirtschaftlichen) Interesse verwertet hat (BFH-Urteile in BFHE 202, 383, BStBl II 2003, 770, und in BFH/NV 2006, 1700). Dies ist vorliegend der Fall.

23

a) Eine Verwertung in diesem Sinne liegt vor, wenn die Einflussnahme des Ersterwerbers auf die Weiterveräußerung Ausfluss der ihm verbliebenen Rechtsposition ist. Übt der Ersterwerber bei der erneuten Veräußerung eine ihm aus dem Erwerbsvorgang verbliebene Rechtsposition tatsächlich nicht aus (so bei der Benennung eines Ersatzkäufers allein aufgrund des Verlangens des Verkäufers, vgl. BFH-Urteil vom 4. Dezember 1985 II R 171/84, BFHE 145, 448, BStBl II 1986, 271) oder handelt der Ersterwerber insoweit im ausschließlichen Interesse eines Dritten, steht dies einer Rückgängigmachung nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG nicht entgegen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 202, 383, BStBl II 2003, 770). Handelt der Ersterwerber dagegen bei der Verwertung seiner Rechtsposition auch im eigenen Interesse, also nicht ausschließlich im Interesse eines anderen, sind die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG nicht erfüllt. In diesem Fall sind die Interessen Dritter an der Weiterveräußerung unbeachtlich.

24

b) Ist Ersterwerber eine Kapitalgesellschaft, so muss sich diese für die Beurteilung der Frage, ob eine ausschließliche Verfolgung der Interessen Dritter vorliegt, die einer Rückgängigmachung nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG nicht entgegensteht, die Interessen derjenigen Person zurechnen lassen, die bei der Ausübung der Rechtsposition der Kapitalgesellschaft aus dem ursprünglichen Kaufvertrag gehandelt hat (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2006, 1700). Der Kapitalgesellschaft zuzurechnen sind auch die (wirtschaftlichen) Interessen des Alleingesellschafters, und zwar unabhängig davon, ob es sich hierbei um eine natürliche oder um eine juristische Person handelt. Denn der Alleingesellschafter kann maßgeblich Einfluss auf die Angelegenheiten der Kapitalgesellschaft nehmen.

25

c) Die Klägerin hat ihre aus dem ursprünglichen Kaufvertrag entstandene Rechtsposition bei der Weiterveräußerung im Interesse ihrer alleinigen Anteilseignerin, der C-GmbH, und damit nicht ausschließlich im fremden Interesse verwertet.

26

aa) Da die C-GmbH nicht nur zu 100 % an der Klägerin (Ersterwerber), sondern daneben auch zu 100 % an der F-GmbH (Zweiterwerber) und zu 40 % an der K-GmbH (Veräußerer) beteiligt war, spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die Weiterveräußerung im wirtschaftlichen Interesse der C-GmbH erfolgt ist.

27

bb) Darüber hinaus hat das FG i.S. von § 118 Abs. 2 FGO festgestellt, dass die Eigentumswohnungen und Stellplätze auch im Interesse der C-GmbH an die F-GmbH veräußert wurden. Es hat den Sachverhalt sowie den Vortrag der Beteiligten gewürdigt und daraus die tatsächliche Schlussfolgerung gezogen, die C-GmbH habe offensichtlich das Projekt auf dem Grundstück E im Rahmen des Konzerns weiter durchführen wollen, um die getätigten Investitionen nicht verfallen zu lassen, und deshalb die F-GmbH als Zweiterwerber präsentiert. Für ein der Klägerin zuzurechnendes Interesse der C-GmbH spreche, dass die Klägerin zu Zugeständnissen bereit gewesen sei und letztendlich sogar die Kosten des Aufhebungsvertrags übernommen habe. Diese Schlussfolgerung ist möglich. Der für die K-GmbH handelnde Insolvenzverwalter hat im Schreiben vom 17. August 2001 eingestanden, dass mit dem Kaufpreis, der im Kaufvertrag mit der Klägerin vereinbart worden sei, die (vom Veräußerer zu erbringende) Lastenfreistellung nicht gewährleistet werden könne. Damit war die Durchführung des Kaufvertrags gefährdet, und zwar aus einem Grund, der nicht im Verantwortungsbereich der Klägerin lag. Dennoch hat sich die Klägerin im Aufhebungsvertrag bereit erklärt, die Kosten der Aufhebungsvereinbarung und deren Abwicklung zu übernehmen. Mit der Aufhebung des Vertrags am 20. Dezember 2001 sollten zudem sämtliche Ansprüche zwischen den Vertragsparteien ausgeglichen sein, obwohl die Klägerin nach dem ursprünglichen Kaufvertrag Lasten, Steuern und Abgaben bereits mit Wirkung ab 19. Dezember 2000 zu tragen hatte. Selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass über das Vermögen der K-GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet und damit eine Realisierung von möglichen Ansprüchen unsicher war, kann aus dem Verhalten der Klägerin geschlossen werden, dass sie dazu beitragen wollte, die weitere Durchführung des Projekts im Interesse der C-GmbH, ihrer Muttergesellschaft, sicherzustellen. Insoweit ist unerheblich, dass auch der Insolvenzverwalter zur Vermeidung einer Insolvenzanfechtung an der Aufhebung des ursprünglichen Kaufvertrags und der Weiterveräußerung an die F-GmbH interessiert war.

28

Die Klägerin hat in Bezug auf die Feststellungen des FG keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht. Die von ihr erhobene Rüge, das FG habe den Sachverhalt entgegen § 76 Abs. 1 FGO unzureichend aufgeklärt, ist unzulässig. Denn die Klägerin hat keine konkreten Tatsachen genannt, die entscheidungserheblich und noch aufklärungsbedürftig sind. Insoweit reicht es nicht aus, die Rechtsausführungen des FG anzugreifen und eine eigene Würdigung der Tatsachen vorzunehmen.

29

Der BFH kann die Tatsachenwürdigung des FG nur daraufhin überprüfen, ob sie verfahrensfehlerfrei zustande gekommen ist und mit den Denkgesetzen und den allgemeinen Erfahrungssätzen im Einklang steht. Ist das --wie im Streitfall-- zu bejahen, so ist die Tatsachenwürdigung selbst dann für den BFH bindend, wenn sie nicht zwingend, sondern nur möglich ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 4. September 2003 V R 9, 10/02, BFHE 203, 389, BStBl II 2004, 627, m.w.N.).

30

3. Die Sache ist spruchreif. Da das FG von anderen Grundsätzen ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

(1) Wird ein Erwerbsvorgang rückgängig gemacht bevor das Eigentum am Grundstück auf den Erwerber übergegangen ist, so wird auf Antrag die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben,

1.
wenn die Rückgängigmachung durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts oder eines Wiederkaufsrechts innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer stattfindet;
2.
wenn die Vertragsbedingungen nicht erfüllt werden und der Erwerbsvorgang deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird.

(2) Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück, so wird auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben,

1.
wenn der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfindet. Ist für den Rückerwerb eine Eintragung in das Grundbuch erforderlich, so muß innerhalb der Frist die Auflassung erklärt und die Eintragung im Grundbuch beantragt werden;
2.
wenn das dem Erwerbsvorgang zugrundeliegende Rechtsgeschäft nichtig oder infolge einer Anfechtung als von Anfang an nichtig anzusehen ist;
3.
wenn die Vertragsbedingungen des Rechtsgeschäfts, das den Anspruch auf Übereignung begründet hat, nicht erfüllt werden und das Rechtsgeschäft deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird.

(3) Wird die Gegenleistung für das Grundstück herabgesetzt, so wird auf Antrag die Steuer entsprechend niedriger festgesetzt oder die Steuerfestsetzung geändert,

1.
wenn die Herabsetzung innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer stattfindet;
2.
wenn die Herabsetzung (Minderung) auf Grund des § 437 des Bürgerlichen Gesetzbuches vollzogen wird.

(4) Tritt ein Ereignis ein, das nach den Absätzen 1 bis 3 die Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung begründet, endet die Festsetzungsfrist (§§ 169 bis 171 der Abgabenordnung) insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Eintritt des Ereignisses.

(4a) Wenn die Anteile in Erfüllung eines Rechtsgeschäfts im Sinne des § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder des § 1 Absatz 3a nach Abschluss dieses Rechtsgeschäfts übergehen und dadurch der Tatbestand des § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b verwirklicht wird, so wird auf Antrag die Festsetzung nach § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder § 1 Absatz 3a aufgehoben oder geändert. In den Fällen des Satzes 1 endet die Festsetzungsfrist für den aufgrund des Übergangs der Anteile erfüllten Tatbestand nach § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b nicht vor Ablauf der Festsetzungsfrist der aufzuhebenden oder zu ändernden Festsetzung nach § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder nach § 1 Absatz 3a.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn einer der in § 1 Absatz 2 bis 3a bezeichneten Erwerbsvorgänge rückgängig gemacht wird, der nicht fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt (§§ 18 bis 20) war. Die Vorschrift des Absatzes 4a gilt nicht, wenn einer der in § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder in § 1 Absatz 3a oder in § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b bezeichneten Erwerbsvorgänge nicht fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt (§§ 18 bis 20) war.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, wurde zusammen mit ihrer Schwestergesellschaft am 30. Oktober 2006 errichtet. An dem Stammkapital der Klägerin und der Schwestergesellschaft sind die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer jeweils zur Hälfte beteiligt.

2

Die Klägerin erwarb mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 30. Oktober 2006 von einer GbR ein mit einem Mietwohnhaus bebautes Grundstück zu einem Kaufpreis in Höhe von 1.800.000 €. Das Grundstück war der einzige Vermögensgegenstand der GbR.

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte die Grunderwerbsteuer mit Bescheid vom 27. November 2006 auf 63.000 € fest.

4

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 13. Dezember 2006 hoben die Vertragsparteien den Grundstückskaufvertrag vom 30. Oktober 2006 rückwirkend auf. In derselben Urkunde veräußerten die Gesellschafter der GbR ihre Gesellschaftsanteile an die Klägerin und deren Schwestergesellschaft. Als Kaufpreis für die Übertragung der Gesellschaftsanteile vereinbarten die Vertragsparteien einen Gesamtkaufpreis in Höhe von 1.800.000 €. Im Zeitpunkt der Beurkundung war die Umschreibung im Grundbuch aufgrund der Auflassung vom 30. Oktober 2006 noch nicht erfolgt.

5

Den Antrag der Klägerin, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 27. November 2006 nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) aufzuheben, lehnte das FA am 20. März 2007 ab. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit der Begründung ab, der ursprüngliche Erwerbsvorgang sei nicht vollständig rückgängig gemacht worden. Die Übertragung der Gesellschaftsanteile stelle sich im Ergebnis als Übertragung des Grundstücks dar. Auf diese Weiterveräußerung habe die Klägerin Einfluss genommen und damit ihre aus dem Ersterwerb verbliebene Rechtsposition im eigenen wirtschaftlichen Interesse verwertet. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 1296 veröffentlicht.

6

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin. Sie rügt die Verletzung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Ihrer Ansicht nach habe die GbR nach Aufhebung des Kaufvertrags wieder frei über das Grundstück verfügen können. Es habe kein Austausch der Beteiligten auf der Käuferseite stattgefunden. Nicht das Grundstück, sondern nur die Gesellschaftsanteile an der GbR seien übertragen worden.

7

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und das FA unter Aufhebung der ablehnenden Verfügung vom 20. März 2007 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 11. Dezember 2007 zu verpflichten, den Bescheid über Grunderwerbsteuer vom 27. November 2006 aufzuheben.

8

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zutreffend hat das FG einen Anspruch der Klägerin auf Aufhebung des Bescheids aus § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG verneint.

10

1. Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG wird eine Steuerfestsetzung auf Antrag aufgehoben, wenn ein Erwerbsvorgang vor dem Übergang des Eigentums am Grundstück auf den Erwerber durch Vereinbarung der Vertragspartner innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer rückgängig gemacht wird.

11

a) "Rückgängig gemacht" ist ein Erwerbsvorgang, wenn über die zivilrechtliche Aufhebung des den Steuertatbestand erfüllenden Rechtsgeschäfts hinaus die Vertragspartner sich derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass die Möglichkeit zur Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. März 2003 II R 12/01, BFHE 202, 383, BStBl II 2003, 770; vom 21. Februar 2006 II R 60/04, BFH/NV 2006, 1700; vom 25. April 2007 II R 18/05, BFHE 217, 276, BStBl II 2007, 726; vom 14. November 2007 II R 1/06, BFH/NV 2008, 403; vom 6. Oktober 2010 II R 31/09, BFH/NV 2011, 306, und vom 28. März 2012 II R 42/11, BFH/NV 2012, 1486, Rz 22).

12

b) Wird im Zusammenhang mit der Aufhebung eines Kaufvertrags über ein Grundstück dieses weiterveräußert, ist für die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG entscheidend, ob für den früheren Erwerber trotz der Vertragsaufhebung die Möglichkeit der Verwertung einer aus dem "rückgängig gemachten" Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition verblieben und der Verkäufer demzufolge nicht aus seinen Bindungen entlassen war (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1486, Rz 23, m.w.N.).

13

Dem früheren Erwerber verbleibt die Möglichkeit der Verwertung einer aus dem "rückgängig gemachten" Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition jedenfalls dann, wenn der Aufhebungs- und der Weiterveräußerungsvertrag in einer einzigen Urkunde zusammengefasst sind (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1486, Rz 24). In diesem Fall hat er die rechtliche Möglichkeit, die Aufhebung des ursprünglichen Kaufvertrags zum anschließenden Erwerb des Grundstücks durch eine von ihm ausgewählte dritte Person zu nutzen. Denn der Veräußerer wird aus seiner Übereignungsverpflichtung gegenüber dem früheren Erwerber erst mit der Unterzeichnung des Vertrags durch alle Vertragsbeteiligten und damit erst in dem Augenblick entlassen, in dem er bereits wieder hinsichtlich der Übereignung des Grundstücks an den Zweiterwerber gebunden ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1486, Rz 24).

14

c) Die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ist in einem solchen Fall jedoch nur dann ausgeschlossen, wenn der Ersterwerber eine ihm verbliebene Rechtsposition auch in seinem eigenen (wirtschaftlichen) Interesse verwertet hat (BFH-Urteile in BFHE 202, 383, BStBl II 2003, 770; in BFH/NV 2006, 1700, und vom 25. August 2010 II R 35/08, BFH/NV 2010, 2301). Eine Verwertung in diesem Sinne liegt vor, wenn die Einflussnahme des Ersterwerbers auf die Weiterveräußerung Ausfluss der ihm verbliebenen Rechtsposition ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2301).

15

d) Dieselben Grundsätze wie bei der Weiterveräußerung gelten, wenn die Verkäuferin eine Gesellschaft ist, der Kaufvertrag rückgängig gemacht wird und in derselben Urkunde die Anteile an der Gesellschaft auf den Ersterwerber oder einen von diesem bestimmten Dritten übertragen werden. In diesem Fall behält der Ersterwerber --wirtschaftlich gesehen-- den durch den ursprünglichen Kaufvertrag begründeten Zugriff auf das Grundstück, obwohl dieses nach der Rückgängigmachung des Kaufvertrags zivilrechtlich bei der Gesellschaft verbleibt. Erfolgen die Rückgängigmachung des Kaufvertrags und die anschließende Übertragung der Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft in einer Urkunde, nutzt der Ersterwerber seine Rechtsposition aus dem ursprünglichen Kaufvertrag, um zu bestimmen, wer die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft erwerben darf. Stellt er damit sicher, dass er selbst oder ein von ihm bestimmter Dritter die Anteile erwerben kann, liegt darin eine die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ausschließende Verwertung der Rechtsposition aus dem ursprünglichen Kaufvertrag im eigenen wirtschaftlichen Interesse.

16

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das FG einen Anspruch der Klägerin auf Aufhebung der Steuerfestsetzung für den Erwerbsvorgang vom 30. Oktober 2006 gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG zutreffend verneint.

17

Die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG sind nicht erfüllt. Die Vertragsparteien haben mit notariell beurkundetem Vertrag vom 13. Dezember 2006 den Grundstückskaufvertrag vom 30. Oktober 2006 rückwirkend aufgehoben und zugleich die Anteile an der GbR auf die Klägerin und deren Schwestergesellschaft übertragen. Dabei hat die Klägerin ihre Rechtsposition aus dem Kaufvertrag dahingehend verwertet, dass sie mit ihrer Unterschrift unter den Vertrag den Erwerb der Anteile an der grundbesitzenden Personengesellschaft durch sie selbst und ihre Schwestergesellschaft sicherstellte. Ihr Interesse ging nicht allein dahin, sich vom Vertrag vollständig zu lösen. Vielmehr hat sie über die Beteiligung an der GbR ihren mittelbaren Einfluss auf das Grundstück behalten. Um sich das Grundstück wirtschaftlich über die Beteiligung am Gesamthandsvermögen zuzueignen, hat die Klägerin ihre ursprüngliche Rechtsposition aus dem Kaufvertrag verwertet. Das steht einer Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs i.S. des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG entgegen.

(1) Der Grunderwerbsteuer unterliegen die folgenden Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen:

1.
ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet;
2.
die Auflassung, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Übereignung begründet;
3.
der Übergang des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist und es auch keiner Auflassung bedarf. Ausgenommen sind
a)
der Übergang des Eigentums durch die Abfindung in Land und die unentgeltliche Zuteilung von Land für gemeinschaftliche Anlagen im Flurbereinigungsverfahren sowie durch die entsprechenden Rechtsvorgänge im beschleunigten Zusammenlegungsverfahren und im Landtauschverfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz in seiner jeweils geltenden Fassung bis zur Höhe des Sollanspruchs, wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Flurbereinigungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist; in diesen Fällen ist auch der den Sollanspruch auf Zuteilung übersteigende Teil der Zuteilung (Mehrzuteilung) ausgenommen, wenn der Wert des dem neuen Eigentümer zugeteilten Grundstücks seinen sich aus dem Wert des eingebrachten Grundstücks ergebenden Sollanspruch auf Zuteilung nicht um mehr als 20 vom Hundert übersteigt,
b)
der Übergang des Eigentums im Umlegungsverfahren nach dem Bundesbaugesetz in seiner jeweils geltenden Fassung bis zur Höhe des Sollanspruchs, wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist; in diesen Fällen ist auch der den Sollanspruch auf Zuteilung übersteigende Teil der Zuteilung (Mehrzuteilung) ausgenommen, wenn der Wert des dem neuen Eigentümer zugeteilten Grundstücks seinen sich aus dem Wert des eingebrachten Grundstücks ergebenden Sollanspruch auf Zuteilung nicht um mehr als 20 vom Hundert übersteigt,
c)
der Übergang des Eigentums im Zwangsversteigerungsverfahren;
4.
das Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren;
5.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung eines Übereignungsanspruchs oder der Rechte aus einem Meistgebot begründet;
6.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte aus einem Kaufangebot begründet. Dem Kaufangebot steht ein Angebot zum Abschluß eines anderen Vertrags gleich, kraft dessen die Übereignung verlangt werden kann;
7.
die Abtretung eines der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Rechte, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte begründet.

(2) Der Grunderwerbsteuer unterliegen auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten.

(2a) Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, daß mindestens 90 vom Hundert der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Personengesellschaft beteiligten Personengesellschaften werden durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile am Gesellschaftsvermögen anteilig berücksichtigt. Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Personengesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt, gelten die Sätze 4 und 5. Eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gilt in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 90 vom Hundert der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Bei mehrstufigen Beteiligungen gilt Satz 4 auf der Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend. Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes bleibt der Erwerb von Anteilen von Todes wegen außer Betracht. Hat die Personengesellschaft vor dem Wechsel des Gesellschafterbestandes ein Grundstück von einem Gesellschafter oder einer anderen Gesamthand erworben, ist auf die nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ermittelte Bemessungsgrundlage die Bemessungsgrundlage für den Erwerbsvorgang, für den auf Grund des § 5 Abs. 3 oder des § 6 Abs. 3 Satz 2 die Steuervergünstigung zu versagen ist, mit dem entsprechenden Betrag anzurechnen.

(2b) Gehört zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Kapitalgesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Kapitalgesellschaft beteiligten Personengesellschaften werden durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile der Gesellschaft anteilig berücksichtigt. Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Kapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt, gelten die Sätze 4 und 5. Eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gilt in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 90 vom Hundert der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Bei mehrstufigen Beteiligungen gilt Satz 4 auf der Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend. Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes bleibt der Erwerb von Anteilen von Todes wegen außer Betracht.

(2c) Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes im Sinne von Absatz 2a Satz 1 und Absatz 2b Satz 1 bleiben Übergänge von Anteilen an Kapitalgesellschaften außer Betracht, die zum Handel an einem im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betriebenen organisierten Markt nach § 2 Absatz 11 des Wertpapierhandelsgesetzes oder einem Drittlandhandelsplatz, der gemäß Artikel 25 Absatz 4 Buchstabe a der Richtlinie 2014/65/EU von der Europäischen Kommission als gleichwertig erklärt wurde, zugelassen sind, soweit der Anteilsübergang auf Grund eines Geschäfts an diesem Markt oder Drittlandhandelsplatz oder einem multilateralen Handelssystem im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Nummer 14 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 erfolgt.

(3) Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, so unterliegen der Steuer, soweit eine Besteuerung nach den Absätzen 2a und 2b nicht in Betracht kommt, außerdem:

1.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers oder in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen oder in der Hand von abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen allein vereinigt werden würden;
2.
die Vereinigung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Nummer 1 vorausgegangen ist;
3.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft begründet;
4.
der Übergang unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft auf einen anderen, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Nummer 3 vorausgegangen ist.

(3a) Soweit eine Besteuerung nach den Absätzen 2a, 2b und 3 nicht in Betracht kommt, gilt als Rechtsvorgang im Sinne des Absatzes 3 auch ein solcher, aufgrund dessen ein Rechtsträger unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar eine wirtschaftliche Beteiligung in Höhe von mindestens 90 vom Hundert an einer Gesellschaft, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, innehat. Die wirtschaftliche Beteiligung ergibt sich aus der Summe der unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaft. Für die Ermittlung der mittelbaren Beteiligungen sind die Vomhundertsätze am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaften zu multiplizieren.

(4) Im Sinne des Absatzes 3 gelten als abhängig

1.
natürliche Personen, soweit sie einzeln oder zusammengeschlossen einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers in Bezug auf die Anteile zu folgen verpflichtet sind;
2.
juristische Personen, die nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert sind.

(5) Bei einem Tauschvertrag, der für beide Vertragsteile den Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks begründet, unterliegt der Steuer sowohl die Vereinbarung über die Leistung des einen als auch die Vereinbarung über die Leistung des anderen Vertragsteils.

(6) Ein in Absatz 1, 2, 3 oder Absatz 3a bezeichneter Rechtsvorgang unterliegt der Steuer auch dann, wenn ihm ein in einem anderen dieser Absätze bezeichneter Rechtsvorgang vorausgegangen ist. Die Steuer wird jedoch nur insoweit erhoben, als die Bemessungsgrundlage für den späteren Rechtsvorgang den Betrag übersteigt, von dem beim vorausgegangenen Rechtsvorgang die Steuer berechnet worden ist.

(7) (weggefallen)

(1) Wird ein Erwerbsvorgang rückgängig gemacht bevor das Eigentum am Grundstück auf den Erwerber übergegangen ist, so wird auf Antrag die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben,

1.
wenn die Rückgängigmachung durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts oder eines Wiederkaufsrechts innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer stattfindet;
2.
wenn die Vertragsbedingungen nicht erfüllt werden und der Erwerbsvorgang deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird.

(2) Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück, so wird auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben,

1.
wenn der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfindet. Ist für den Rückerwerb eine Eintragung in das Grundbuch erforderlich, so muß innerhalb der Frist die Auflassung erklärt und die Eintragung im Grundbuch beantragt werden;
2.
wenn das dem Erwerbsvorgang zugrundeliegende Rechtsgeschäft nichtig oder infolge einer Anfechtung als von Anfang an nichtig anzusehen ist;
3.
wenn die Vertragsbedingungen des Rechtsgeschäfts, das den Anspruch auf Übereignung begründet hat, nicht erfüllt werden und das Rechtsgeschäft deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird.

(3) Wird die Gegenleistung für das Grundstück herabgesetzt, so wird auf Antrag die Steuer entsprechend niedriger festgesetzt oder die Steuerfestsetzung geändert,

1.
wenn die Herabsetzung innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer stattfindet;
2.
wenn die Herabsetzung (Minderung) auf Grund des § 437 des Bürgerlichen Gesetzbuches vollzogen wird.

(4) Tritt ein Ereignis ein, das nach den Absätzen 1 bis 3 die Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung begründet, endet die Festsetzungsfrist (§§ 169 bis 171 der Abgabenordnung) insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Eintritt des Ereignisses.

(4a) Wenn die Anteile in Erfüllung eines Rechtsgeschäfts im Sinne des § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder des § 1 Absatz 3a nach Abschluss dieses Rechtsgeschäfts übergehen und dadurch der Tatbestand des § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b verwirklicht wird, so wird auf Antrag die Festsetzung nach § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder § 1 Absatz 3a aufgehoben oder geändert. In den Fällen des Satzes 1 endet die Festsetzungsfrist für den aufgrund des Übergangs der Anteile erfüllten Tatbestand nach § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b nicht vor Ablauf der Festsetzungsfrist der aufzuhebenden oder zu ändernden Festsetzung nach § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder nach § 1 Absatz 3a.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn einer der in § 1 Absatz 2 bis 3a bezeichneten Erwerbsvorgänge rückgängig gemacht wird, der nicht fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt (§§ 18 bis 20) war. Die Vorschrift des Absatzes 4a gilt nicht, wenn einer der in § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder in § 1 Absatz 3a oder in § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b bezeichneten Erwerbsvorgänge nicht fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt (§§ 18 bis 20) war.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, wurde zusammen mit ihrer Schwestergesellschaft am 30. Oktober 2006 errichtet. An dem Stammkapital der Klägerin und der Schwestergesellschaft sind die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer jeweils zur Hälfte beteiligt.

2

Die Klägerin erwarb mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 30. Oktober 2006 von einer GbR ein mit einem Mietwohnhaus bebautes Grundstück zu einem Kaufpreis in Höhe von 1.800.000 €. Das Grundstück war der einzige Vermögensgegenstand der GbR.

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte die Grunderwerbsteuer mit Bescheid vom 27. November 2006 auf 63.000 € fest.

4

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 13. Dezember 2006 hoben die Vertragsparteien den Grundstückskaufvertrag vom 30. Oktober 2006 rückwirkend auf. In derselben Urkunde veräußerten die Gesellschafter der GbR ihre Gesellschaftsanteile an die Klägerin und deren Schwestergesellschaft. Als Kaufpreis für die Übertragung der Gesellschaftsanteile vereinbarten die Vertragsparteien einen Gesamtkaufpreis in Höhe von 1.800.000 €. Im Zeitpunkt der Beurkundung war die Umschreibung im Grundbuch aufgrund der Auflassung vom 30. Oktober 2006 noch nicht erfolgt.

5

Den Antrag der Klägerin, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 27. November 2006 nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) aufzuheben, lehnte das FA am 20. März 2007 ab. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit der Begründung ab, der ursprüngliche Erwerbsvorgang sei nicht vollständig rückgängig gemacht worden. Die Übertragung der Gesellschaftsanteile stelle sich im Ergebnis als Übertragung des Grundstücks dar. Auf diese Weiterveräußerung habe die Klägerin Einfluss genommen und damit ihre aus dem Ersterwerb verbliebene Rechtsposition im eigenen wirtschaftlichen Interesse verwertet. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 1296 veröffentlicht.

6

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin. Sie rügt die Verletzung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Ihrer Ansicht nach habe die GbR nach Aufhebung des Kaufvertrags wieder frei über das Grundstück verfügen können. Es habe kein Austausch der Beteiligten auf der Käuferseite stattgefunden. Nicht das Grundstück, sondern nur die Gesellschaftsanteile an der GbR seien übertragen worden.

7

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und das FA unter Aufhebung der ablehnenden Verfügung vom 20. März 2007 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 11. Dezember 2007 zu verpflichten, den Bescheid über Grunderwerbsteuer vom 27. November 2006 aufzuheben.

8

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zutreffend hat das FG einen Anspruch der Klägerin auf Aufhebung des Bescheids aus § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG verneint.

10

1. Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG wird eine Steuerfestsetzung auf Antrag aufgehoben, wenn ein Erwerbsvorgang vor dem Übergang des Eigentums am Grundstück auf den Erwerber durch Vereinbarung der Vertragspartner innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer rückgängig gemacht wird.

11

a) "Rückgängig gemacht" ist ein Erwerbsvorgang, wenn über die zivilrechtliche Aufhebung des den Steuertatbestand erfüllenden Rechtsgeschäfts hinaus die Vertragspartner sich derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass die Möglichkeit zur Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. März 2003 II R 12/01, BFHE 202, 383, BStBl II 2003, 770; vom 21. Februar 2006 II R 60/04, BFH/NV 2006, 1700; vom 25. April 2007 II R 18/05, BFHE 217, 276, BStBl II 2007, 726; vom 14. November 2007 II R 1/06, BFH/NV 2008, 403; vom 6. Oktober 2010 II R 31/09, BFH/NV 2011, 306, und vom 28. März 2012 II R 42/11, BFH/NV 2012, 1486, Rz 22).

12

b) Wird im Zusammenhang mit der Aufhebung eines Kaufvertrags über ein Grundstück dieses weiterveräußert, ist für die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG entscheidend, ob für den früheren Erwerber trotz der Vertragsaufhebung die Möglichkeit der Verwertung einer aus dem "rückgängig gemachten" Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition verblieben und der Verkäufer demzufolge nicht aus seinen Bindungen entlassen war (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1486, Rz 23, m.w.N.).

13

Dem früheren Erwerber verbleibt die Möglichkeit der Verwertung einer aus dem "rückgängig gemachten" Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition jedenfalls dann, wenn der Aufhebungs- und der Weiterveräußerungsvertrag in einer einzigen Urkunde zusammengefasst sind (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1486, Rz 24). In diesem Fall hat er die rechtliche Möglichkeit, die Aufhebung des ursprünglichen Kaufvertrags zum anschließenden Erwerb des Grundstücks durch eine von ihm ausgewählte dritte Person zu nutzen. Denn der Veräußerer wird aus seiner Übereignungsverpflichtung gegenüber dem früheren Erwerber erst mit der Unterzeichnung des Vertrags durch alle Vertragsbeteiligten und damit erst in dem Augenblick entlassen, in dem er bereits wieder hinsichtlich der Übereignung des Grundstücks an den Zweiterwerber gebunden ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1486, Rz 24).

14

c) Die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ist in einem solchen Fall jedoch nur dann ausgeschlossen, wenn der Ersterwerber eine ihm verbliebene Rechtsposition auch in seinem eigenen (wirtschaftlichen) Interesse verwertet hat (BFH-Urteile in BFHE 202, 383, BStBl II 2003, 770; in BFH/NV 2006, 1700, und vom 25. August 2010 II R 35/08, BFH/NV 2010, 2301). Eine Verwertung in diesem Sinne liegt vor, wenn die Einflussnahme des Ersterwerbers auf die Weiterveräußerung Ausfluss der ihm verbliebenen Rechtsposition ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2301).

15

d) Dieselben Grundsätze wie bei der Weiterveräußerung gelten, wenn die Verkäuferin eine Gesellschaft ist, der Kaufvertrag rückgängig gemacht wird und in derselben Urkunde die Anteile an der Gesellschaft auf den Ersterwerber oder einen von diesem bestimmten Dritten übertragen werden. In diesem Fall behält der Ersterwerber --wirtschaftlich gesehen-- den durch den ursprünglichen Kaufvertrag begründeten Zugriff auf das Grundstück, obwohl dieses nach der Rückgängigmachung des Kaufvertrags zivilrechtlich bei der Gesellschaft verbleibt. Erfolgen die Rückgängigmachung des Kaufvertrags und die anschließende Übertragung der Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft in einer Urkunde, nutzt der Ersterwerber seine Rechtsposition aus dem ursprünglichen Kaufvertrag, um zu bestimmen, wer die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft erwerben darf. Stellt er damit sicher, dass er selbst oder ein von ihm bestimmter Dritter die Anteile erwerben kann, liegt darin eine die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ausschließende Verwertung der Rechtsposition aus dem ursprünglichen Kaufvertrag im eigenen wirtschaftlichen Interesse.

16

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das FG einen Anspruch der Klägerin auf Aufhebung der Steuerfestsetzung für den Erwerbsvorgang vom 30. Oktober 2006 gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG zutreffend verneint.

17

Die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG sind nicht erfüllt. Die Vertragsparteien haben mit notariell beurkundetem Vertrag vom 13. Dezember 2006 den Grundstückskaufvertrag vom 30. Oktober 2006 rückwirkend aufgehoben und zugleich die Anteile an der GbR auf die Klägerin und deren Schwestergesellschaft übertragen. Dabei hat die Klägerin ihre Rechtsposition aus dem Kaufvertrag dahingehend verwertet, dass sie mit ihrer Unterschrift unter den Vertrag den Erwerb der Anteile an der grundbesitzenden Personengesellschaft durch sie selbst und ihre Schwestergesellschaft sicherstellte. Ihr Interesse ging nicht allein dahin, sich vom Vertrag vollständig zu lösen. Vielmehr hat sie über die Beteiligung an der GbR ihren mittelbaren Einfluss auf das Grundstück behalten. Um sich das Grundstück wirtschaftlich über die Beteiligung am Gesamthandsvermögen zuzueignen, hat die Klägerin ihre ursprüngliche Rechtsposition aus dem Kaufvertrag verwertet. Das steht einer Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs i.S. des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG entgegen.

(1) Der Grunderwerbsteuer unterliegen die folgenden Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen:

1.
ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet;
2.
die Auflassung, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Übereignung begründet;
3.
der Übergang des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist und es auch keiner Auflassung bedarf. Ausgenommen sind
a)
der Übergang des Eigentums durch die Abfindung in Land und die unentgeltliche Zuteilung von Land für gemeinschaftliche Anlagen im Flurbereinigungsverfahren sowie durch die entsprechenden Rechtsvorgänge im beschleunigten Zusammenlegungsverfahren und im Landtauschverfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz in seiner jeweils geltenden Fassung bis zur Höhe des Sollanspruchs, wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Flurbereinigungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist; in diesen Fällen ist auch der den Sollanspruch auf Zuteilung übersteigende Teil der Zuteilung (Mehrzuteilung) ausgenommen, wenn der Wert des dem neuen Eigentümer zugeteilten Grundstücks seinen sich aus dem Wert des eingebrachten Grundstücks ergebenden Sollanspruch auf Zuteilung nicht um mehr als 20 vom Hundert übersteigt,
b)
der Übergang des Eigentums im Umlegungsverfahren nach dem Bundesbaugesetz in seiner jeweils geltenden Fassung bis zur Höhe des Sollanspruchs, wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist; in diesen Fällen ist auch der den Sollanspruch auf Zuteilung übersteigende Teil der Zuteilung (Mehrzuteilung) ausgenommen, wenn der Wert des dem neuen Eigentümer zugeteilten Grundstücks seinen sich aus dem Wert des eingebrachten Grundstücks ergebenden Sollanspruch auf Zuteilung nicht um mehr als 20 vom Hundert übersteigt,
c)
der Übergang des Eigentums im Zwangsversteigerungsverfahren;
4.
das Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren;
5.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung eines Übereignungsanspruchs oder der Rechte aus einem Meistgebot begründet;
6.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte aus einem Kaufangebot begründet. Dem Kaufangebot steht ein Angebot zum Abschluß eines anderen Vertrags gleich, kraft dessen die Übereignung verlangt werden kann;
7.
die Abtretung eines der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Rechte, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte begründet.

(2) Der Grunderwerbsteuer unterliegen auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten.

(2a) Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, daß mindestens 90 vom Hundert der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Personengesellschaft beteiligten Personengesellschaften werden durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile am Gesellschaftsvermögen anteilig berücksichtigt. Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Personengesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt, gelten die Sätze 4 und 5. Eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gilt in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 90 vom Hundert der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Bei mehrstufigen Beteiligungen gilt Satz 4 auf der Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend. Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes bleibt der Erwerb von Anteilen von Todes wegen außer Betracht. Hat die Personengesellschaft vor dem Wechsel des Gesellschafterbestandes ein Grundstück von einem Gesellschafter oder einer anderen Gesamthand erworben, ist auf die nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ermittelte Bemessungsgrundlage die Bemessungsgrundlage für den Erwerbsvorgang, für den auf Grund des § 5 Abs. 3 oder des § 6 Abs. 3 Satz 2 die Steuervergünstigung zu versagen ist, mit dem entsprechenden Betrag anzurechnen.

(2b) Gehört zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Kapitalgesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Kapitalgesellschaft beteiligten Personengesellschaften werden durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile der Gesellschaft anteilig berücksichtigt. Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Kapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt, gelten die Sätze 4 und 5. Eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gilt in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 90 vom Hundert der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Bei mehrstufigen Beteiligungen gilt Satz 4 auf der Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend. Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes bleibt der Erwerb von Anteilen von Todes wegen außer Betracht.

(2c) Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes im Sinne von Absatz 2a Satz 1 und Absatz 2b Satz 1 bleiben Übergänge von Anteilen an Kapitalgesellschaften außer Betracht, die zum Handel an einem im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betriebenen organisierten Markt nach § 2 Absatz 11 des Wertpapierhandelsgesetzes oder einem Drittlandhandelsplatz, der gemäß Artikel 25 Absatz 4 Buchstabe a der Richtlinie 2014/65/EU von der Europäischen Kommission als gleichwertig erklärt wurde, zugelassen sind, soweit der Anteilsübergang auf Grund eines Geschäfts an diesem Markt oder Drittlandhandelsplatz oder einem multilateralen Handelssystem im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Nummer 14 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 erfolgt.

(3) Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, so unterliegen der Steuer, soweit eine Besteuerung nach den Absätzen 2a und 2b nicht in Betracht kommt, außerdem:

1.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers oder in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen oder in der Hand von abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen allein vereinigt werden würden;
2.
die Vereinigung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Nummer 1 vorausgegangen ist;
3.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft begründet;
4.
der Übergang unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft auf einen anderen, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Nummer 3 vorausgegangen ist.

(3a) Soweit eine Besteuerung nach den Absätzen 2a, 2b und 3 nicht in Betracht kommt, gilt als Rechtsvorgang im Sinne des Absatzes 3 auch ein solcher, aufgrund dessen ein Rechtsträger unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar eine wirtschaftliche Beteiligung in Höhe von mindestens 90 vom Hundert an einer Gesellschaft, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, innehat. Die wirtschaftliche Beteiligung ergibt sich aus der Summe der unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaft. Für die Ermittlung der mittelbaren Beteiligungen sind die Vomhundertsätze am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaften zu multiplizieren.

(4) Im Sinne des Absatzes 3 gelten als abhängig

1.
natürliche Personen, soweit sie einzeln oder zusammengeschlossen einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers in Bezug auf die Anteile zu folgen verpflichtet sind;
2.
juristische Personen, die nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert sind.

(5) Bei einem Tauschvertrag, der für beide Vertragsteile den Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks begründet, unterliegt der Steuer sowohl die Vereinbarung über die Leistung des einen als auch die Vereinbarung über die Leistung des anderen Vertragsteils.

(6) Ein in Absatz 1, 2, 3 oder Absatz 3a bezeichneter Rechtsvorgang unterliegt der Steuer auch dann, wenn ihm ein in einem anderen dieser Absätze bezeichneter Rechtsvorgang vorausgegangen ist. Die Steuer wird jedoch nur insoweit erhoben, als die Bemessungsgrundlage für den späteren Rechtsvorgang den Betrag übersteigt, von dem beim vorausgegangenen Rechtsvorgang die Steuer berechnet worden ist.

(7) (weggefallen)

(1) Geht ein Grundstück von mehreren Miteigentümern auf eine Gesamthand (Gemeinschaft zur gesamten Hand) über, so wird die Steuer nicht erhoben, soweit der Anteil des einzelnen am Vermögen der Gesamthand Beteiligten seinem Bruchteil am Grundstück entspricht. Satz 1 gilt nicht für eine Gesamthand, die nach § 1a des Körperschaftsteuergesetzes optiert hat, es sei denn, die Ausübung und Wirksamkeit der Option liegt länger als die in Absatz 3 Satz 1 genannte Frist zurück und die jeweilige Beteiligung am Vermögen der Gesamthand besteht länger als die in Absatz 3 Satz 1 genannte Frist. Satz 1 gilt nicht für eine Gesellschaft im Sinne des § 1 Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes mit Sitz im Ausland, deren Ort der Geschäftsleitung im Inland belegen ist, und die nach inländischem Gesellschaftsrecht als Personengesellschaft behandelt wird.

(2) Geht ein Grundstück von einem Alleineigentümer auf eine Gesamthand über, so wird die Steuer in Höhe des Anteils nicht erhoben, zu dem der Veräußerer am Vermögen der Gesamthand beteiligt ist. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Die Absätze 1 und 2 sind insoweit nicht anzuwenden, als sich der Anteil des Veräußerers am Vermögen der Gesamthand innerhalb von zehn Jahren nach dem Übergang des Grundstücks auf die Gesamthand vermindert. Satz 1 gilt nicht, soweit allein durch den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union sich der Anteil des Veräußerers am Vermögen der Gesamthand innerhalb von fünf Jahren nach dem Übergang des Grundstücks auf die Gesamthand vermindert. Bei der Anwendung des Satzes 1 gilt die Ausübung der Option nach § 1a des Körperschaftsteuergesetzes als Verminderung des Anteils des Veräußerers am Vermögen der Gesamthand, wenn die Option innerhalb der jeweils für Satz 1 geltenden Frist ausgeübt und wirksam wird.

(1) Geht ein Grundstück von einer Gesamthand in das Miteigentum mehrerer an der Gesamthand beteiligter Personen über, so wird die Steuer nicht erhoben, soweit der Bruchteil, den der einzelne Erwerber erhält, dem Anteil entspricht, zu dem er am Vermögen der Gesamthand beteiligt ist. Wird ein Grundstück bei der Auflösung der Gesamthand übertragen, so ist die Auseinandersetzungsquote maßgebend, wenn die Beteiligten für den Fall der Auflösung der Gesamthand eine vom Beteiligungsverhältnis abweichende Auseinandersetzungsquote vereinbart haben.

(2) Geht ein Grundstück von einer Gesamthand in das Alleineigentum einer an der Gesamthand beteiligten Person über, so wird die Steuer in Höhe des Anteils nicht erhoben, zu dem der Erwerber am Vermögen der Gesamthand beteiligt ist. Geht ein Grundstück bei der Auflösung der Gesamthand in das Alleineigentum eines Gesamthänders über, so gilt Absatz 1 Satz 2 entsprechend.

(3) Die Vorschriften des Absatzes 1 gelten entsprechend beim Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand. Absatz 1 ist insoweit nicht entsprechend anzuwenden, als sich der Anteil des Gesamthänders am Vermögen der erwerbenden Gesamthand innerhalb von zehn Jahren nach dem Übergang des Grundstücks von der einen auf die andere Gesamthand vermindert. Satz 2 gilt nicht, soweit allein durch den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union sich der Anteil des Gesamthänders am Vermögen der erwerbenden Gesamthand innerhalb von fünf Jahren nach dem Übergang des Grundstücks auf die Gesamthand vermindert. Absatz 1 ist nicht entsprechend anzuwenden, wenn die erwerbende Gesamthand nach § 1a des Körperschaftsteuergesetzes optiert hat und das Grundstück von einer Gesamthand übergeht, die nicht nach § 1a des Körperschaftsteuergesetzes optiert hat; es sei denn die Ausübung und Wirksamkeit der Option liegt länger als die in Satz 2 genannte Frist zurück und die jeweilige Beteiligung am Vermögen der Gesamthand besteht länger als die in Satz 2 genannte Frist. Bei der Anwendung des Satzes 2 gilt die Ausübung der Option nach § 1a des Körperschaftsteuergesetzes als Verminderung des Anteils des Gesamthänders am Vermögen der erwerbenden Gesamthand, wenn die Option innerhalb der jeweils für Satz 2 geltenden Frist ausgeübt und wirksam wird. Absatz 1 ist nicht entsprechend anzuwenden, wenn die erwerbende Gesamthand eine Gesellschaft im Sinne des § 1 Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes mit Sitz im Ausland ist, deren Ort der Geschäftsleitung im Inland belegen ist, und die nach inländischem Gesellschaftsrecht als Personengesellschaft behandelt wird.

(4) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten insoweit nicht, als

1.
ein Gesamthänder – im Fall der Erbfolge sein Rechtsvorgänger – innerhalb von zehn Jahren vor dem Erwerbsvorgang seinen Anteil an der Gesamthand durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben hat oder
2.
die vom Beteiligungsverhältnis abweichende Auseinandersetzungsquote innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Auflösung der Gesamthand vereinbart worden ist oder
3.
bei einem Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 2 oder Absatz 3a der Erwerber – im Fall der Erbfolge sein Rechtsvorgänger – innerhalb von 15 Jahren vor dem Erwerbsvorgang seinen Anteil am Vermögen der Personengesellschaft erstmals durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben hat, es sei denn, einer der Erwerbe der Anteile am Gesellschaftsvermögen durch diesen Erwerber – im Fall der Erbfolge durch seinen Rechtsvorgänger – hat zu einem steuerpflichtigen Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Absatz 2a geführt.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 27. September 2011  3 K 74/07, die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 15. Mai 2007 sowie die Grunderwerbsteuerbescheide des Beklagten vom 5. Dezember 2006 und vom 28. Juli 2011 aufgehoben.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine grundstücksbesitzende GmbH & Co. KG, deren Grundstücke zuvor zum Betriebsvermögen der Einzelfirma von C gehörten. Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 27. Dezember 2000 (UR 88) hatte C zunächst sein Einzelunternehmen einschließlich des Grundvermögens im Wege der Schenkung auf die H-OHG übertragen, an der seine drei Söhne D, E und F beteiligt waren (Übertragungsvorgang 1). Die H-OHG wurde sodann formwechselnd in die Klägerin umgewandelt. Deren Komplementärin ohne eigenen Kapitalanteil ist die CH-GmbH. Kommanditisten waren zunächst D, E und F.

2

Durch weiteren notariell beurkundeten Vertrag vom 27. Dezember 2000 (UR 99) übertrugen D, E und F ihre Kommanditanteile an der Klägerin auf die ebenfalls am 27. Dezember 2000 errichtete CG-KG, an deren Vermögen wiederum zu gleichen Teilen D, E und F beteiligt waren (Übertragungsvorgang 2). Komplementärin der CG-KG ohne eigenen Kapitalanteil ist die Grundstücksverwaltungs GmbH. Durch weiteren notariell beurkundeten Vertrag vom 27. Dezember 2000 (UR 02) traten D, E und F ihre Kommanditbeteiligungen an der CG-KG an die CH-GmbH ab (Übertragungsvorgang 3).

3

Das seinerzeit zuständige Finanzamt H setzte gegen die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der H-OHG zunächst bezüglich des Übertragungsvorgangs 1 auf der Grundlage des für die übertragenen Grundstücke gesondert festgestellten Grundbesitzwerts von 1.512.912 € durch Bescheid vom 17. Mai 2004 (GrESt-Nummer ... 5) Grunderwerbsteuer in Höhe von 52.951 € fest. Zur Begründung führte es aus, dass die Vergünstigung nach § 5 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes in der hier maßgeblichen Fassung (GrEStG) aufgrund § 5 Abs. 3 GrEStG zu versagen sei, weil sich die Anteile von D, E und F am Vermögen der Klägerin durch die nachfolgende Anteilsübertragung auf die CG-KG (Übertragungsvorgang 2) vermindert hätten. Aufgrund des Übertragungsvorgangs 2 sah das Finanzamt H die Voraussetzungen einer Änderung des Gesellschafterbestands der Klägerin i.S. des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG als erfüllt an und setzte für diesen Erwerbsvorgang durch weiteren Bescheid vom 17. Mai 2004 (GrESt-Nummer ... 8) die Grunderwerbsteuer in Anwendung des § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG auf 0 € fest.

4

Aufgrund der hiergegen eingelegten Einsprüche hob der Beklagte und Revisionsbeklagte --das zwischenzeitlich zuständig gewordene Finanzamt R (FA)-- durch Bescheid vom 6. November 2006 den Grunderwerbsteuerbescheid vom 17. Mai 2004 für den Übertragungsvorgang 1 ersatzlos auf, da die Übertragung des Grundvermögens auf die frühere H-OHG nach § 3 Nr. 2 GrEStG steuerbefreit sei. Den Einspruch gegen den den Übertragungsvorgang 2 betreffenden Grunderwerbsteuerbescheid verwarf das FA mit Einspruchsentscheidung vom 14. November 2006 mangels Beschwer als unzulässig.

5

Durch einen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten Bescheid vom 5. Dezember 2006 --unter Angabe der GrESt-Nummer ... (vorher ...8)-- setzte das FA gegen die Klägerin wiederum Grunderwerbsteuer in Höhe von 52.951 € fest. Als besteuerter Sachverhalt ist unter Bezugnahme auf die notarielle Urkunde des Notars "UR-Nr. / Aktenzeichen 88" der "Überlassungsvertrag vom 27.12.2000" bezeichnet. Zur Erläuterung ist ausgeführt, dass die Besteuerung wegen der Übertragung aller Kommanditbeteiligungen auf die CG-KG gemäß § 1 Abs. 2a GrEStG erfolge. Die Nichterhebung der Steuer gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG komme nicht in Betracht, da mit der Übertragung der Kommanditanteile an der CG-KG auf die CH-GmbH (Übertragungsvorgang 3) gemäß Vertrag vom 27. Dezember 2000, UR 02, die Haltefrist des § 6 Abs. 3 GrEStG nicht eingehalten worden sei. Insoweit werde auch auf den Bericht der Betriebsprüfung vom 20. März 2006 verwiesen. Die Grundlage für die Anrechnung der Bemessungsgrundlage i.S. des § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG sei entfallen, da der Grunderwerbsteuerbescheid vom 17. Mai 2004 durch Bescheid vom 6. November 2006 aufgehoben worden sei.

6

Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg. Im Verlauf des Klageverfahrens erklärte das FA die Steuerfestsetzung durch Änderungsbescheid vom 28. Juli 2011 gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO für vorläufig hinsichtlich der Frage, ob die Heranziehung der Grundbesitzwerte i.S. des § 138 des Bewertungsgesetzes als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer verfassungsgemäß ist.

7

Das Finanzgericht (FG) wies die auf Aufhebung der Steuerfestsetzung gerichtete Klage mit der Begründung ab, der Grunderwerbsteuerbescheid vom 5. Dezember 2006 sei inhaltlich hinreichend bestimmt. Die Klägerin habe aufgrund der im Bescheid angegebenen GrESt-Nummern und der beigefügten Erläuterungen ohne Weiteres erkennen können, welcher Bescheid geändert werde und welcher Sachverhalt von der Änderung betroffen sei. Die Änderung des Grunderwerbsteuerbescheids für den Übertragungsvorgang 2 sei auch zu Recht erfolgt. Die Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids für den Übertragungsvorgang 1 durch Bescheid vom 6. November 2006 sei in Bezug auf die Anrechnung der Bemessungsgrundlage nach § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG für den Übertragungsvorgang 2 ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2013, 491 veröffentlicht.

8

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die fehlende Inhaltsbestimmtheit des angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheids und Verletzung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.

9

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung, die Einspruchsentscheidung vom 15. Mai 2007 sowie die Grunderwerbsteuerbescheide vom 5. Dezember 2006 und vom 28. Juli 2011 aufzuheben.

10

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, der Einspruchsentscheidung und der angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheide (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zwar zutreffend die hinreichende Inhaltsbestimmtheit des Änderungsbescheids vom 5. Dezember 2006 bejaht. Die Änderungsvoraussetzungen des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO für diesen Bescheid waren aber nicht erfüllt.

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1. Der Grunderwerbsteuerbescheid vom 5. Dezember 2006 ist nicht wegen inhaltlicher Unbestimmtheit nichtig (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 3 AO) oder rechtsfehlerhaft.

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a) Schriftliche Steuerbescheide müssen nach § 119 Abs. 1 AO inhaltlich hinreichend bestimmt sein sowie nach § 157 Abs. 1 Satz 2 AO die festgesetzte Steuer nach Art und Betrag genau bezeichnen und angeben, wer die Steuer schuldet. Bei Grunderwerbsteuerbescheiden ist die Angabe des zu besteuernden Erwerbsvorgangs unerlässlich (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 13. September 1995 II R 80/92, BFHE 178, 468, BStBl II 1995, 903, und vom 12. Februar 2014 II R 46/12, BFHE 244, 455, BStBl II 2014, 536, jeweils m.w.N.). Ein Änderungsbescheid muss zudem grundsätzlich den geänderten Bescheid erkennen lassen (BFH-Urteile vom 6. Juli 1994 II R 126/91, BFH/NV 1995, 178, und vom 24. April 2013 II R 53/10, BFHE 241, 63, BStBl II 2013, 755).

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Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist im Wege der Auslegung unter Berücksichtigung der Auslegungsregeln der §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs festzustellen. Entscheidend sind der erklärte Wille der Behörde und der sich daraus ergebende objektive Erklärungsinhalt der Regelung, wie ihn der Betroffene nach den ihm bekannten Umständen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (BFH-Urteile vom 22. August 2007 II R 44/05, BFHE 218, 494, BStBl II 2009, 754, und in BFHE 244, 455, BStBl II 2014, 536). Dabei ist nicht allein auf den Tenor des Bescheids abzustellen, sondern auch auf den materiellen Regelungsgehalt einschließlich der für den Bescheid gegebenen Begründung (BFH-Urteile vom 11. Juli 2006 VIII R 10/05, BFHE 214, 18, BStBl II 2007, 96, und in BFHE 218, 494, BStBl II 2009, 754, jeweils m.w.N.).

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b) Der angefochtene Änderungsbescheid vom 5. Dezember 2006 ist nach diesen Grundsätzen inhaltlich hinreichend bestimmt. Er lässt bei sachgerechter Auslegung hinreichend deutlich erkennen, dass besteuerter Sachverhalt die Übertragung der von D, E und F gehaltenen Kommanditanteile an der Klägerin auf die CG-KG (Übertragungsvorgang 2) ist und der diesen Erwerbsvorgang betreffende Grunderwerbsteuerbescheid vom 17. Mai 2004 i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 14. November 2006 geändert wird.

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Zwar ist der Klägerin zuzustimmen, dass sich diese Angaben nicht bereits aus den im Bescheid unter "Sachverhalt" aufgeführten Hinweisen entnehmen lassen. Aus den beigefügten Erläuterungen und der angegebenen GrESt-Nummer ergibt sich aber zweifelsfrei, dass der Übertragungsvorgang 2 und nicht der Übertragungsvorgang 1 der geänderten Besteuerung unterliegen sollte. Das FA hat den geänderten Bescheid durch die Angabe der GrESt-Nummer genau bezeichnet. Etwa verbleibende Zweifel hinsichtlich des besteuerten Sachverhalts werden durch die Erläuterungen im Änderungsbescheid beseitigt. Darin führt das FA ausdrücklich aus, dass die Besteuerung wegen der Übertragung aller Kommanditbeteiligungen an der Klägerin auf die CG-KG gemäß § 1 Abs. 2a GrEStG erfolge und dass die Grundlage für die vormals im Bescheid vom 17. Mai 2004 vorgenommene Anrechnung der Bemessungsgrundlage durch die Aufhebung des den Übertragungsvorgang 1 betreffenden Grunderwerbsteuerbescheids weggefallen sei. Die Bezugnahme des Bescheids vom 5. Dezember 2006 auf die den Übertragungsvorgang 1 betreffende Urkundenrollen-Nummer des beurkundenden Notars beruht daher augenscheinlich auf einem für die Inhaltsbestimmtheit unbeachtlichen Versehen.

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2. Entgegen der Auffassung des FG sind die Voraussetzungen für eine Änderung des bestandskräftigen Grunderwerbsteuerbescheids vom 17. Mai 2004 nicht erfüllt. Die Grunderwerbsteuer für den Übertragungsvorgang 2 ist trotz der Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 17. Mai 2004 für den Übertragungsvorgang 1 materiell-rechtlich zutreffend auf 0 € festzusetzen. Damit fehlt es an der für die Änderung nach §§ 172 ff. AO erforderlichen Rechtswidrigkeit eines bestandskräftigen Steuerbescheids (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 30. August 2001 IV R 30/99, BFHE 196, 507, BStBl II 2002, 49; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Vor § 172 AO Rz 28).

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a) Durch die am 27. Dezember 2000 erfolgte Übertragung der Anteile von D, E und F an der Klägerin auf die CG-KG (Übertragungsvorgang 2) wurde der Tatbestand des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG verwirklicht. Die zuvor nicht am Vermögen der Klägerin beteiligte CG-KG erlangte dadurch eine Beteiligung von 100 % am Vermögen der Klägerin. Der Anwendung des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG steht nicht entgegen, dass D, E und F nach der Übertragung ihrer Anteile an der Klägerin auf die CG-KG zunächst als Gesellschafter dieser KG weiterhin mittelbar an der Klägerin beteiligt blieben und sich die Übertragung der Anteile auf die CG-KG im Ergebnis als bloße Verlängerung der Beteiligungskette darstellt (BFH-Urteile vom 29. Februar 2012 II R 57/09, BFHE 237, 244, BStBl II 2012, 917, und vom 25. September 2013 II R 17/12, BFHE 243, 404, BStBl II 2014, 268).

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b) Dieser Erwerbsvorgang ist infolge des Übertragungsvorgangs 3 (Abtretung der Kommanditbeteiligungen an der CG-KG an die CH-GmbH) nicht mehr gemäß § 6 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG begünstigt.

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aa) Nach § 6 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG wird beim Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand die Steuer nicht erhoben, soweit Anteile der Gesellschafter am Vermögen der erwerbenden Gesamthand den jeweiligen Anteilen dieser Gesellschafter am Vermögen der übertragenden Gesamthand entsprechen. Bei doppelstöckigen Gesamthandsgemeinschaften, bei denen eine Gesamthand unmittelbar an einer anderen beteiligt ist, ist dabei nicht die Gesamthand als solche als Zurechnungssubjekt anzusehen, sondern ein Rückgriff auf die am Vermögen der Gesamthand Beteiligten geboten (BFH-Urteile in BFHE 237, 244, BStBl II 2012, 917, und vom 3. Juni 2014 II R 1/13, BFHE 245, 386, BStBl II 2014, 855).

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bb) Für den Übertragungsvorgang 2 sind die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG nicht erfüllt. Zwar waren D, E und F zunächst am Vermögen der CG-KG im selben Verhältnis wie am Vermögen der Klägerin beteiligt. D, E und F haben aber ihre Anteile an der CG-KG noch am 27. Dezember 2000 an die CH-GmbH abgetreten und damit ihre von § 6 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 GrEStG vorausgesetzte gesamthänderische Beteiligung am Vermögen der Klägerin verloren.

22

Nach der auf im Jahr 2000 verwirklichte Erwerbsvorgänge anzuwendenden ständigen Rechtsprechung des BFH war die Begünstigung des § 6 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG zu versagen, wenn und soweit die Gesamthänder entsprechend einem vorgefassten Plan in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Grundstücksübertragung von einer Gesamthand auf die andere Gesamthand ihre gesamthänderische Beteiligung völlig oder teilweise (durch Verminderung der Beteiligung) aufgaben oder sich ihre Beteiligung durch Hinzutritt weiterer Gesamthänder verringerte (BFH-Urteile vom 24. April 1996 II R 52/93, BFHE 180, 472, BStBl II 1996, 458; vom 10. März 1999 II R 55/97, BFH/NV 1999, 1376, und vom 18. Dezember 2002 II R 13/01, BFHE 200, 426, BStBl II 2003, 358). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, weil D, E und F ihre Kommanditbeteiligungen an der am 27. Dezember 2000 errichteten CG-KG entsprechend einer ersichtlich zu diesem Zeitpunkt bereits bestehenden Absprache noch am selben Tag an die CH-GmbH abgetreten haben.

23

Dabei ist es unerheblich, ob D, E und F im Umfang der von ihnen auf die CH-GmbH übertragenen Anteile der CG-KG wirtschaftlich weiterhin am Gesamthandsvermögen der CG-KG und der Klägerin beteiligt blieben. Eine solche wirtschaftliche Beteiligung genügt den Anforderungen des § 6 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG nicht, weil der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft nicht dinglich an einem zum Vermögen der Personengesellschaft gehörenden Grundstück mitberechtigt ist (BFH-Urteile in BFHE 200, 426, BStBl II 2003, 358, und in BFHE 245, 386, BStBl II 2014, 855, m.w.N.). Die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft ist auch keine Fortführung einer bisher bestehenden gesamthänderischen Mitberechtigung am Grundstück (BFH-Urteil in BFHE 243, 404, BStBl II 2014, 268, m.w.N.).

24

c) Bei der Festsetzung der Grunderwerbsteuer für die Übertragung der Kommanditbeteiligungen von D, E und F an der Klägerin auf die CG-KG (Übertragungsvorgang 2) war nach § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG die Bemessungsgrundlage für den vorausgegangenen Erwerb der Grundstücke durch die Klägerin (Übertragungsvorgang 1) anzurechnen.

25

aa) Hat die Personengesellschaft vor dem Wechsel des Gesellschafterbestandes ein Grundstück von einem Gesellschafter erworben, ist nach § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG auf die nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG ermittelte Bemessungsgrundlage die Bemessungsgrundlage anzurechnen, von der nach § 5 Abs. 3 GrEStG die Steuer nachzuerheben ist. Die Vorschrift soll eine Doppelbelastung mit Grunderwerbsteuer ausschließen (vgl. BTDrucks 14/443, S. 42). Eine solche entstünde, wenn einerseits für den Grundstückserwerb der Personengesellschaft von einem Gesellschafter gemäß § 5 Abs. 3 GrEStG die Vergünstigung aus § 5 Abs. 1 und Abs. 2 GrEStG versagt oder rückgängig gemacht wird und andererseits der durch den nachfolgenden Gesellschafterwechsel fingierte Erwerb desselben Grundstücks durch die fiktiv neue Personengesellschaft nach § 1 Abs. 2a GrEStG ebenfalls der Besteuerung unterworfen und für diesen Grundstückserwerb der fiktiv neuen Personengesellschaft die Begünstigung nach § 6 Abs. 3 GrEStG versagt würde (Pahlke, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 5. Aufl., § 1 Rz 312; Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 10. Aufl., § 1 Rz 124).

26

bb) Die Anrechnung der Bemessungsgrundlage nach § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG setzt daher voraus, dass die Personengesellschaft ein Grundstück von einem Gesellschafter erworben hat, im Anschluss daran in Bezug auf dieses Grundstück durch die Änderung des Gesellschafterbestands der Tatbestand des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG erfüllt wurde und dass aufgrund der Regelung des § 5 Abs. 3 GrEStG die Voraussetzungen für eine Nichterhebung der Steuer nach § 5 Abs. 1 oder Abs. 2 GrEStG in Bezug auf den Grundstückserwerb der Personengesellschaft von ihrem Gesellschafter nicht vorliegen oder rückwirkend entfallen sind. Dabei muss eine innere Verknüpfung der nachträglichen Versagung der Steuerbegünstigung mit dem Wechsel im Gesellschafterbestand bestehen (Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 8. Aufl., § 1 Rz 124).

27

cc) Im Streitfall sind diese Voraussetzungen für eine Anrechnung der Bemessungsgrundlage für den vorausgegangenen Grundstückserwerb der Klägerin (Übertragungsvorgang 1) auf die Bemessungsgrundlage für die nachfolgende Änderung des Gesellschafterbestands der Klägerin i.S. des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG (dazu II.2.a und b) erfüllt.

28

(1) Die Klägerin hat vor der Übertragung der Kommanditbeteiligungen von D, E und F auf die CG-KG ein Grundstück von einem Gesellschafter i.S. des § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG erworben. Mit dem nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG grunderwerbsteuerbaren Vertrag vom 27. Dezember 2000 (UR 88) hat C im Wege der Schenkung das zum Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens gehörende Grundvermögen auf die aus den Gesellschaftern D, E und F bestehende H-OHG übertragen (Übertragungsvorgang 1). Für diesen Erwerbsvorgang waren zunächst die Begünstigungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 2 i.V.m. § 3 Nr. 2 GrEStG und --da C mit D, E und F in gerader Linie verwandt ist-- § 3 Nr. 6 Satz 1 GrEStG erfüllt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 25. September 2013 II R 2/12, BFHE 243, 398, BStBl II 2014, 329; Meßbacher-Hönsch in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, 17. Aufl., § 3 Rz 40, m.w.N.). Diese Vergünstigungen bleiben auch durch eine homogene formwechselnde Umwandlung der grundstückserwerbenden Gesamthand --im Streitfall durch den Formwechsel der H-OHG in die Klägerin-- unberührt (vgl. Viskorf in Boruttau, a.a.O., § 5 Rz 106).

29

(2) Die Begünstigung des § 5 Abs. 2 i.V.m. § 3 Nr. 2 und Nr. 6 GrEStG für den Übertragungsvorgang 1 ist jedoch wegen des Übertragungsvorgangs 3 entfallen.

30

Die Begünstigung nach § 5 Abs. 2 i.V.m. § 3 Nr. 2 und Nr. 6 GrEStG kann nur gewährt werden, wenn keine Verminderung der Beteiligung des erwerbenden Gesamthänders i.S. des § 5 Abs. 3 GrEStG eintritt. Über eine personenbezogene Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 2 und Nr. 6 GrEStG wird lediglich das Tatbestandsmerkmal "Gesamthänder" ersetzt. Die übrigen Voraussetzungen der Begünstigung nach § 5 Abs. 2 GrEStG, insbesondere die in § 5 Abs. 3 GrEStG bestimmte Behaltefrist von fünf Jahren, sind von den in gerader Linie verwandten oder beschenkten Personen einzuhalten (BFH-Entscheidungen vom 26. Februar 2003 II B 202/01, BFHE 201, 323, BStBl II 2003, 528, und in BFHE 243, 404, BStBl II 2014, 268 Rz 21; Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 10. Aufl., § 3 Rz 3). Die Voraussetzungen für die Nichterhebung der Steuer gemäß § 5 Abs. 2 i.V.m. § 3 Nr. 2 und Nr. 6 GrEStG entfallen daher rückwirkend i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Alternative 1 AO, soweit sich der Anteil des Veräußerers beziehungsweise der verwandten oder beschenkten Personen am Vermögen der Gesamthand innerhalb von fünf Jahren nach dem Übergang des Grundstücks auf die Gesamthand vermindert.

31

Im Streitfall ist eine solche Anteilsverminderung i.S. des § 5 Abs. 3 GrEStG noch nicht dadurch eingetreten, dass D, E und F ihre Anteile an der Klägerin auf die CG-KG übertragen haben. Insoweit blieben D, E und F aufgrund Gesellschafteridentität über die CG-KG weiterhin in gesamthänderischer Verbundenheit an der Klägerin beteiligt. Die Anteile von D, E und F am Vermögen der Klägerin verminderten sich aber i.S. des § 5 Abs. 3 GrEStG durch die nachfolgende Übertragung der Kommanditbeteiligungen an der CG-KG auf die CH-GmbH. Eine mittelbare Beteiligung der früheren Gesamthänder über eine Kapitalgesellschaft genügt den Anforderungen des § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG ebenso wenig wie denen des § 6 Abs. 3 GrEStG (BFH-Urteil in BFHE 243, 398, BStBl II 2014, 329).

32

d) Die Voraussetzungen für die Anrechnung der Bemessungsgrundlage nach § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG aus dem Übertragungsvorgang 1 sind nicht dadurch rückwirkend i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO entfallen, dass das FA die Festsetzung der Grunderwerbsteuer für den Grundstückserwerb der Klägerin (Übertragungsvorgang 1) mit Bescheid vom 6. November 2006 aufgehoben hat. Damit hat das FA lediglich einen bekannten und unveränderten Sachverhalt steuerrechtlich anders gewürdigt, aber nicht den Tatbestand, an den § 1 Abs. 2a Sätze 1 und 3 GrEStG anknüpfen, rückwirkend verändert.

33

Die Anrechnung nach § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG setzt anders als § 1 Abs. 6 Satz 2 GrEStG nicht voraus, dass die Steuer für den vorausgegangenen Grundstücksübergang auf die Personengesellschaft tatsächlich festgesetzt wurde (Hofmann, a.a.O., § 1 Rz 125; Pahlke, a.a.O., § 1 Rz 312). Für eine Anrechnung nach § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG kommt es nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht darauf an, ob die Grunderwerbsteuer für den vorangegangenen Grundstückserwerb der Gesellschaft vom Gesellschafter "nacherhoben wurde" beziehungsweise eine Vergünstigung nach § 5 Abs. 1 und Abs. 2 GrEStG "versagt worden ist". Entscheidend ist vielmehr, dass für den Grundstückserwerb der Personengesellschaft bei zutreffender materiell-rechtlicher Beurteilung gemäß § 5 Abs. 3 GrEStG die Vergünstigungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 2 i.V.m. § 3 Nr. 2 oder Nr. 6 GrEStG entfallen sind.

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3. Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Änderungsbescheide vom 5. Dezember 2006 und vom 28. Juli 2011 sowie die Einspruchsentscheidung vom 15. Mai 2007 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Das FA hatte mit Bescheid vom 17. Mai 2004 die Grunderwerbsteuer bezüglich der Übertragung der Kommanditbeteiligungen von D, E und F auf die CG-KG zutreffend auf 0 € festgesetzt. Die Voraussetzungen für eine Änderung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 17. Mai 2004 lagen daher nicht vor.

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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

(1) Der Grunderwerbsteuer unterliegen die folgenden Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen:

1.
ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet;
2.
die Auflassung, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Übereignung begründet;
3.
der Übergang des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist und es auch keiner Auflassung bedarf. Ausgenommen sind
a)
der Übergang des Eigentums durch die Abfindung in Land und die unentgeltliche Zuteilung von Land für gemeinschaftliche Anlagen im Flurbereinigungsverfahren sowie durch die entsprechenden Rechtsvorgänge im beschleunigten Zusammenlegungsverfahren und im Landtauschverfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz in seiner jeweils geltenden Fassung bis zur Höhe des Sollanspruchs, wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Flurbereinigungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist; in diesen Fällen ist auch der den Sollanspruch auf Zuteilung übersteigende Teil der Zuteilung (Mehrzuteilung) ausgenommen, wenn der Wert des dem neuen Eigentümer zugeteilten Grundstücks seinen sich aus dem Wert des eingebrachten Grundstücks ergebenden Sollanspruch auf Zuteilung nicht um mehr als 20 vom Hundert übersteigt,
b)
der Übergang des Eigentums im Umlegungsverfahren nach dem Bundesbaugesetz in seiner jeweils geltenden Fassung bis zur Höhe des Sollanspruchs, wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist; in diesen Fällen ist auch der den Sollanspruch auf Zuteilung übersteigende Teil der Zuteilung (Mehrzuteilung) ausgenommen, wenn der Wert des dem neuen Eigentümer zugeteilten Grundstücks seinen sich aus dem Wert des eingebrachten Grundstücks ergebenden Sollanspruch auf Zuteilung nicht um mehr als 20 vom Hundert übersteigt,
c)
der Übergang des Eigentums im Zwangsversteigerungsverfahren;
4.
das Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren;
5.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung eines Übereignungsanspruchs oder der Rechte aus einem Meistgebot begründet;
6.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte aus einem Kaufangebot begründet. Dem Kaufangebot steht ein Angebot zum Abschluß eines anderen Vertrags gleich, kraft dessen die Übereignung verlangt werden kann;
7.
die Abtretung eines der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Rechte, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte begründet.

(2) Der Grunderwerbsteuer unterliegen auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten.

(2a) Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, daß mindestens 90 vom Hundert der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Personengesellschaft beteiligten Personengesellschaften werden durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile am Gesellschaftsvermögen anteilig berücksichtigt. Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Personengesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt, gelten die Sätze 4 und 5. Eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gilt in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 90 vom Hundert der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Bei mehrstufigen Beteiligungen gilt Satz 4 auf der Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend. Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes bleibt der Erwerb von Anteilen von Todes wegen außer Betracht. Hat die Personengesellschaft vor dem Wechsel des Gesellschafterbestandes ein Grundstück von einem Gesellschafter oder einer anderen Gesamthand erworben, ist auf die nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ermittelte Bemessungsgrundlage die Bemessungsgrundlage für den Erwerbsvorgang, für den auf Grund des § 5 Abs. 3 oder des § 6 Abs. 3 Satz 2 die Steuervergünstigung zu versagen ist, mit dem entsprechenden Betrag anzurechnen.

(2b) Gehört zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Kapitalgesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Kapitalgesellschaft beteiligten Personengesellschaften werden durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile der Gesellschaft anteilig berücksichtigt. Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Kapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt, gelten die Sätze 4 und 5. Eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gilt in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 90 vom Hundert der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Bei mehrstufigen Beteiligungen gilt Satz 4 auf der Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend. Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes bleibt der Erwerb von Anteilen von Todes wegen außer Betracht.

(2c) Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes im Sinne von Absatz 2a Satz 1 und Absatz 2b Satz 1 bleiben Übergänge von Anteilen an Kapitalgesellschaften außer Betracht, die zum Handel an einem im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betriebenen organisierten Markt nach § 2 Absatz 11 des Wertpapierhandelsgesetzes oder einem Drittlandhandelsplatz, der gemäß Artikel 25 Absatz 4 Buchstabe a der Richtlinie 2014/65/EU von der Europäischen Kommission als gleichwertig erklärt wurde, zugelassen sind, soweit der Anteilsübergang auf Grund eines Geschäfts an diesem Markt oder Drittlandhandelsplatz oder einem multilateralen Handelssystem im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Nummer 14 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 erfolgt.

(3) Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, so unterliegen der Steuer, soweit eine Besteuerung nach den Absätzen 2a und 2b nicht in Betracht kommt, außerdem:

1.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers oder in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen oder in der Hand von abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen allein vereinigt werden würden;
2.
die Vereinigung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Nummer 1 vorausgegangen ist;
3.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft begründet;
4.
der Übergang unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft auf einen anderen, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Nummer 3 vorausgegangen ist.

(3a) Soweit eine Besteuerung nach den Absätzen 2a, 2b und 3 nicht in Betracht kommt, gilt als Rechtsvorgang im Sinne des Absatzes 3 auch ein solcher, aufgrund dessen ein Rechtsträger unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar eine wirtschaftliche Beteiligung in Höhe von mindestens 90 vom Hundert an einer Gesellschaft, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, innehat. Die wirtschaftliche Beteiligung ergibt sich aus der Summe der unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaft. Für die Ermittlung der mittelbaren Beteiligungen sind die Vomhundertsätze am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaften zu multiplizieren.

(4) Im Sinne des Absatzes 3 gelten als abhängig

1.
natürliche Personen, soweit sie einzeln oder zusammengeschlossen einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers in Bezug auf die Anteile zu folgen verpflichtet sind;
2.
juristische Personen, die nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert sind.

(5) Bei einem Tauschvertrag, der für beide Vertragsteile den Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks begründet, unterliegt der Steuer sowohl die Vereinbarung über die Leistung des einen als auch die Vereinbarung über die Leistung des anderen Vertragsteils.

(6) Ein in Absatz 1, 2, 3 oder Absatz 3a bezeichneter Rechtsvorgang unterliegt der Steuer auch dann, wenn ihm ein in einem anderen dieser Absätze bezeichneter Rechtsvorgang vorausgegangen ist. Die Steuer wird jedoch nur insoweit erhoben, als die Bemessungsgrundlage für den späteren Rechtsvorgang den Betrag übersteigt, von dem beim vorausgegangenen Rechtsvorgang die Steuer berechnet worden ist.

(7) (weggefallen)

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, wurde zusammen mit ihrer Schwestergesellschaft am 30. Oktober 2006 errichtet. An dem Stammkapital der Klägerin und der Schwestergesellschaft sind die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer jeweils zur Hälfte beteiligt.

2

Die Klägerin erwarb mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 30. Oktober 2006 von einer GbR ein mit einem Mietwohnhaus bebautes Grundstück zu einem Kaufpreis in Höhe von 1.800.000 €. Das Grundstück war der einzige Vermögensgegenstand der GbR.

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte die Grunderwerbsteuer mit Bescheid vom 27. November 2006 auf 63.000 € fest.

4

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 13. Dezember 2006 hoben die Vertragsparteien den Grundstückskaufvertrag vom 30. Oktober 2006 rückwirkend auf. In derselben Urkunde veräußerten die Gesellschafter der GbR ihre Gesellschaftsanteile an die Klägerin und deren Schwestergesellschaft. Als Kaufpreis für die Übertragung der Gesellschaftsanteile vereinbarten die Vertragsparteien einen Gesamtkaufpreis in Höhe von 1.800.000 €. Im Zeitpunkt der Beurkundung war die Umschreibung im Grundbuch aufgrund der Auflassung vom 30. Oktober 2006 noch nicht erfolgt.

5

Den Antrag der Klägerin, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 27. November 2006 nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) aufzuheben, lehnte das FA am 20. März 2007 ab. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit der Begründung ab, der ursprüngliche Erwerbsvorgang sei nicht vollständig rückgängig gemacht worden. Die Übertragung der Gesellschaftsanteile stelle sich im Ergebnis als Übertragung des Grundstücks dar. Auf diese Weiterveräußerung habe die Klägerin Einfluss genommen und damit ihre aus dem Ersterwerb verbliebene Rechtsposition im eigenen wirtschaftlichen Interesse verwertet. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 1296 veröffentlicht.

6

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin. Sie rügt die Verletzung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Ihrer Ansicht nach habe die GbR nach Aufhebung des Kaufvertrags wieder frei über das Grundstück verfügen können. Es habe kein Austausch der Beteiligten auf der Käuferseite stattgefunden. Nicht das Grundstück, sondern nur die Gesellschaftsanteile an der GbR seien übertragen worden.

7

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und das FA unter Aufhebung der ablehnenden Verfügung vom 20. März 2007 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 11. Dezember 2007 zu verpflichten, den Bescheid über Grunderwerbsteuer vom 27. November 2006 aufzuheben.

8

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zutreffend hat das FG einen Anspruch der Klägerin auf Aufhebung des Bescheids aus § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG verneint.

10

1. Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG wird eine Steuerfestsetzung auf Antrag aufgehoben, wenn ein Erwerbsvorgang vor dem Übergang des Eigentums am Grundstück auf den Erwerber durch Vereinbarung der Vertragspartner innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer rückgängig gemacht wird.

11

a) "Rückgängig gemacht" ist ein Erwerbsvorgang, wenn über die zivilrechtliche Aufhebung des den Steuertatbestand erfüllenden Rechtsgeschäfts hinaus die Vertragspartner sich derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass die Möglichkeit zur Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. März 2003 II R 12/01, BFHE 202, 383, BStBl II 2003, 770; vom 21. Februar 2006 II R 60/04, BFH/NV 2006, 1700; vom 25. April 2007 II R 18/05, BFHE 217, 276, BStBl II 2007, 726; vom 14. November 2007 II R 1/06, BFH/NV 2008, 403; vom 6. Oktober 2010 II R 31/09, BFH/NV 2011, 306, und vom 28. März 2012 II R 42/11, BFH/NV 2012, 1486, Rz 22).

12

b) Wird im Zusammenhang mit der Aufhebung eines Kaufvertrags über ein Grundstück dieses weiterveräußert, ist für die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG entscheidend, ob für den früheren Erwerber trotz der Vertragsaufhebung die Möglichkeit der Verwertung einer aus dem "rückgängig gemachten" Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition verblieben und der Verkäufer demzufolge nicht aus seinen Bindungen entlassen war (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1486, Rz 23, m.w.N.).

13

Dem früheren Erwerber verbleibt die Möglichkeit der Verwertung einer aus dem "rückgängig gemachten" Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition jedenfalls dann, wenn der Aufhebungs- und der Weiterveräußerungsvertrag in einer einzigen Urkunde zusammengefasst sind (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1486, Rz 24). In diesem Fall hat er die rechtliche Möglichkeit, die Aufhebung des ursprünglichen Kaufvertrags zum anschließenden Erwerb des Grundstücks durch eine von ihm ausgewählte dritte Person zu nutzen. Denn der Veräußerer wird aus seiner Übereignungsverpflichtung gegenüber dem früheren Erwerber erst mit der Unterzeichnung des Vertrags durch alle Vertragsbeteiligten und damit erst in dem Augenblick entlassen, in dem er bereits wieder hinsichtlich der Übereignung des Grundstücks an den Zweiterwerber gebunden ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1486, Rz 24).

14

c) Die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ist in einem solchen Fall jedoch nur dann ausgeschlossen, wenn der Ersterwerber eine ihm verbliebene Rechtsposition auch in seinem eigenen (wirtschaftlichen) Interesse verwertet hat (BFH-Urteile in BFHE 202, 383, BStBl II 2003, 770; in BFH/NV 2006, 1700, und vom 25. August 2010 II R 35/08, BFH/NV 2010, 2301). Eine Verwertung in diesem Sinne liegt vor, wenn die Einflussnahme des Ersterwerbers auf die Weiterveräußerung Ausfluss der ihm verbliebenen Rechtsposition ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2301).

15

d) Dieselben Grundsätze wie bei der Weiterveräußerung gelten, wenn die Verkäuferin eine Gesellschaft ist, der Kaufvertrag rückgängig gemacht wird und in derselben Urkunde die Anteile an der Gesellschaft auf den Ersterwerber oder einen von diesem bestimmten Dritten übertragen werden. In diesem Fall behält der Ersterwerber --wirtschaftlich gesehen-- den durch den ursprünglichen Kaufvertrag begründeten Zugriff auf das Grundstück, obwohl dieses nach der Rückgängigmachung des Kaufvertrags zivilrechtlich bei der Gesellschaft verbleibt. Erfolgen die Rückgängigmachung des Kaufvertrags und die anschließende Übertragung der Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft in einer Urkunde, nutzt der Ersterwerber seine Rechtsposition aus dem ursprünglichen Kaufvertrag, um zu bestimmen, wer die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft erwerben darf. Stellt er damit sicher, dass er selbst oder ein von ihm bestimmter Dritter die Anteile erwerben kann, liegt darin eine die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ausschließende Verwertung der Rechtsposition aus dem ursprünglichen Kaufvertrag im eigenen wirtschaftlichen Interesse.

16

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das FG einen Anspruch der Klägerin auf Aufhebung der Steuerfestsetzung für den Erwerbsvorgang vom 30. Oktober 2006 gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG zutreffend verneint.

17

Die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG sind nicht erfüllt. Die Vertragsparteien haben mit notariell beurkundetem Vertrag vom 13. Dezember 2006 den Grundstückskaufvertrag vom 30. Oktober 2006 rückwirkend aufgehoben und zugleich die Anteile an der GbR auf die Klägerin und deren Schwestergesellschaft übertragen. Dabei hat die Klägerin ihre Rechtsposition aus dem Kaufvertrag dahingehend verwertet, dass sie mit ihrer Unterschrift unter den Vertrag den Erwerb der Anteile an der grundbesitzenden Personengesellschaft durch sie selbst und ihre Schwestergesellschaft sicherstellte. Ihr Interesse ging nicht allein dahin, sich vom Vertrag vollständig zu lösen. Vielmehr hat sie über die Beteiligung an der GbR ihren mittelbaren Einfluss auf das Grundstück behalten. Um sich das Grundstück wirtschaftlich über die Beteiligung am Gesamthandsvermögen zuzueignen, hat die Klägerin ihre ursprüngliche Rechtsposition aus dem Kaufvertrag verwertet. Das steht einer Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs i.S. des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG entgegen.

(1) Wird ein Erwerbsvorgang rückgängig gemacht bevor das Eigentum am Grundstück auf den Erwerber übergegangen ist, so wird auf Antrag die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben,

1.
wenn die Rückgängigmachung durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts oder eines Wiederkaufsrechts innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer stattfindet;
2.
wenn die Vertragsbedingungen nicht erfüllt werden und der Erwerbsvorgang deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird.

(2) Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück, so wird auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben,

1.
wenn der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfindet. Ist für den Rückerwerb eine Eintragung in das Grundbuch erforderlich, so muß innerhalb der Frist die Auflassung erklärt und die Eintragung im Grundbuch beantragt werden;
2.
wenn das dem Erwerbsvorgang zugrundeliegende Rechtsgeschäft nichtig oder infolge einer Anfechtung als von Anfang an nichtig anzusehen ist;
3.
wenn die Vertragsbedingungen des Rechtsgeschäfts, das den Anspruch auf Übereignung begründet hat, nicht erfüllt werden und das Rechtsgeschäft deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird.

(3) Wird die Gegenleistung für das Grundstück herabgesetzt, so wird auf Antrag die Steuer entsprechend niedriger festgesetzt oder die Steuerfestsetzung geändert,

1.
wenn die Herabsetzung innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer stattfindet;
2.
wenn die Herabsetzung (Minderung) auf Grund des § 437 des Bürgerlichen Gesetzbuches vollzogen wird.

(4) Tritt ein Ereignis ein, das nach den Absätzen 1 bis 3 die Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung begründet, endet die Festsetzungsfrist (§§ 169 bis 171 der Abgabenordnung) insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Eintritt des Ereignisses.

(4a) Wenn die Anteile in Erfüllung eines Rechtsgeschäfts im Sinne des § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder des § 1 Absatz 3a nach Abschluss dieses Rechtsgeschäfts übergehen und dadurch der Tatbestand des § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b verwirklicht wird, so wird auf Antrag die Festsetzung nach § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder § 1 Absatz 3a aufgehoben oder geändert. In den Fällen des Satzes 1 endet die Festsetzungsfrist für den aufgrund des Übergangs der Anteile erfüllten Tatbestand nach § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b nicht vor Ablauf der Festsetzungsfrist der aufzuhebenden oder zu ändernden Festsetzung nach § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder nach § 1 Absatz 3a.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn einer der in § 1 Absatz 2 bis 3a bezeichneten Erwerbsvorgänge rückgängig gemacht wird, der nicht fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt (§§ 18 bis 20) war. Die Vorschrift des Absatzes 4a gilt nicht, wenn einer der in § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder in § 1 Absatz 3a oder in § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b bezeichneten Erwerbsvorgänge nicht fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt (§§ 18 bis 20) war.

(1) Der Grunderwerbsteuer unterliegen die folgenden Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen:

1.
ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet;
2.
die Auflassung, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Übereignung begründet;
3.
der Übergang des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist und es auch keiner Auflassung bedarf. Ausgenommen sind
a)
der Übergang des Eigentums durch die Abfindung in Land und die unentgeltliche Zuteilung von Land für gemeinschaftliche Anlagen im Flurbereinigungsverfahren sowie durch die entsprechenden Rechtsvorgänge im beschleunigten Zusammenlegungsverfahren und im Landtauschverfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz in seiner jeweils geltenden Fassung bis zur Höhe des Sollanspruchs, wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Flurbereinigungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist; in diesen Fällen ist auch der den Sollanspruch auf Zuteilung übersteigende Teil der Zuteilung (Mehrzuteilung) ausgenommen, wenn der Wert des dem neuen Eigentümer zugeteilten Grundstücks seinen sich aus dem Wert des eingebrachten Grundstücks ergebenden Sollanspruch auf Zuteilung nicht um mehr als 20 vom Hundert übersteigt,
b)
der Übergang des Eigentums im Umlegungsverfahren nach dem Bundesbaugesetz in seiner jeweils geltenden Fassung bis zur Höhe des Sollanspruchs, wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist; in diesen Fällen ist auch der den Sollanspruch auf Zuteilung übersteigende Teil der Zuteilung (Mehrzuteilung) ausgenommen, wenn der Wert des dem neuen Eigentümer zugeteilten Grundstücks seinen sich aus dem Wert des eingebrachten Grundstücks ergebenden Sollanspruch auf Zuteilung nicht um mehr als 20 vom Hundert übersteigt,
c)
der Übergang des Eigentums im Zwangsversteigerungsverfahren;
4.
das Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren;
5.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung eines Übereignungsanspruchs oder der Rechte aus einem Meistgebot begründet;
6.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte aus einem Kaufangebot begründet. Dem Kaufangebot steht ein Angebot zum Abschluß eines anderen Vertrags gleich, kraft dessen die Übereignung verlangt werden kann;
7.
die Abtretung eines der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Rechte, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte begründet.

(2) Der Grunderwerbsteuer unterliegen auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten.

(2a) Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, daß mindestens 90 vom Hundert der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Personengesellschaft beteiligten Personengesellschaften werden durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile am Gesellschaftsvermögen anteilig berücksichtigt. Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Personengesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt, gelten die Sätze 4 und 5. Eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gilt in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 90 vom Hundert der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Bei mehrstufigen Beteiligungen gilt Satz 4 auf der Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend. Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes bleibt der Erwerb von Anteilen von Todes wegen außer Betracht. Hat die Personengesellschaft vor dem Wechsel des Gesellschafterbestandes ein Grundstück von einem Gesellschafter oder einer anderen Gesamthand erworben, ist auf die nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ermittelte Bemessungsgrundlage die Bemessungsgrundlage für den Erwerbsvorgang, für den auf Grund des § 5 Abs. 3 oder des § 6 Abs. 3 Satz 2 die Steuervergünstigung zu versagen ist, mit dem entsprechenden Betrag anzurechnen.

(2b) Gehört zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Kapitalgesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Kapitalgesellschaft beteiligten Personengesellschaften werden durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile der Gesellschaft anteilig berücksichtigt. Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Kapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt, gelten die Sätze 4 und 5. Eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gilt in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 90 vom Hundert der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Bei mehrstufigen Beteiligungen gilt Satz 4 auf der Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend. Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes bleibt der Erwerb von Anteilen von Todes wegen außer Betracht.

(2c) Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes im Sinne von Absatz 2a Satz 1 und Absatz 2b Satz 1 bleiben Übergänge von Anteilen an Kapitalgesellschaften außer Betracht, die zum Handel an einem im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betriebenen organisierten Markt nach § 2 Absatz 11 des Wertpapierhandelsgesetzes oder einem Drittlandhandelsplatz, der gemäß Artikel 25 Absatz 4 Buchstabe a der Richtlinie 2014/65/EU von der Europäischen Kommission als gleichwertig erklärt wurde, zugelassen sind, soweit der Anteilsübergang auf Grund eines Geschäfts an diesem Markt oder Drittlandhandelsplatz oder einem multilateralen Handelssystem im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Nummer 14 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 erfolgt.

(3) Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, so unterliegen der Steuer, soweit eine Besteuerung nach den Absätzen 2a und 2b nicht in Betracht kommt, außerdem:

1.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers oder in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen oder in der Hand von abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen allein vereinigt werden würden;
2.
die Vereinigung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Nummer 1 vorausgegangen ist;
3.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft begründet;
4.
der Übergang unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft auf einen anderen, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Nummer 3 vorausgegangen ist.

(3a) Soweit eine Besteuerung nach den Absätzen 2a, 2b und 3 nicht in Betracht kommt, gilt als Rechtsvorgang im Sinne des Absatzes 3 auch ein solcher, aufgrund dessen ein Rechtsträger unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar eine wirtschaftliche Beteiligung in Höhe von mindestens 90 vom Hundert an einer Gesellschaft, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, innehat. Die wirtschaftliche Beteiligung ergibt sich aus der Summe der unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaft. Für die Ermittlung der mittelbaren Beteiligungen sind die Vomhundertsätze am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaften zu multiplizieren.

(4) Im Sinne des Absatzes 3 gelten als abhängig

1.
natürliche Personen, soweit sie einzeln oder zusammengeschlossen einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers in Bezug auf die Anteile zu folgen verpflichtet sind;
2.
juristische Personen, die nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert sind.

(5) Bei einem Tauschvertrag, der für beide Vertragsteile den Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks begründet, unterliegt der Steuer sowohl die Vereinbarung über die Leistung des einen als auch die Vereinbarung über die Leistung des anderen Vertragsteils.

(6) Ein in Absatz 1, 2, 3 oder Absatz 3a bezeichneter Rechtsvorgang unterliegt der Steuer auch dann, wenn ihm ein in einem anderen dieser Absätze bezeichneter Rechtsvorgang vorausgegangen ist. Die Steuer wird jedoch nur insoweit erhoben, als die Bemessungsgrundlage für den späteren Rechtsvorgang den Betrag übersteigt, von dem beim vorausgegangenen Rechtsvorgang die Steuer berechnet worden ist.

(7) (weggefallen)

(1) Wird ein Erwerbsvorgang rückgängig gemacht bevor das Eigentum am Grundstück auf den Erwerber übergegangen ist, so wird auf Antrag die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben,

1.
wenn die Rückgängigmachung durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts oder eines Wiederkaufsrechts innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer stattfindet;
2.
wenn die Vertragsbedingungen nicht erfüllt werden und der Erwerbsvorgang deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird.

(2) Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück, so wird auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben,

1.
wenn der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfindet. Ist für den Rückerwerb eine Eintragung in das Grundbuch erforderlich, so muß innerhalb der Frist die Auflassung erklärt und die Eintragung im Grundbuch beantragt werden;
2.
wenn das dem Erwerbsvorgang zugrundeliegende Rechtsgeschäft nichtig oder infolge einer Anfechtung als von Anfang an nichtig anzusehen ist;
3.
wenn die Vertragsbedingungen des Rechtsgeschäfts, das den Anspruch auf Übereignung begründet hat, nicht erfüllt werden und das Rechtsgeschäft deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird.

(3) Wird die Gegenleistung für das Grundstück herabgesetzt, so wird auf Antrag die Steuer entsprechend niedriger festgesetzt oder die Steuerfestsetzung geändert,

1.
wenn die Herabsetzung innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer stattfindet;
2.
wenn die Herabsetzung (Minderung) auf Grund des § 437 des Bürgerlichen Gesetzbuches vollzogen wird.

(4) Tritt ein Ereignis ein, das nach den Absätzen 1 bis 3 die Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung begründet, endet die Festsetzungsfrist (§§ 169 bis 171 der Abgabenordnung) insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Eintritt des Ereignisses.

(4a) Wenn die Anteile in Erfüllung eines Rechtsgeschäfts im Sinne des § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder des § 1 Absatz 3a nach Abschluss dieses Rechtsgeschäfts übergehen und dadurch der Tatbestand des § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b verwirklicht wird, so wird auf Antrag die Festsetzung nach § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder § 1 Absatz 3a aufgehoben oder geändert. In den Fällen des Satzes 1 endet die Festsetzungsfrist für den aufgrund des Übergangs der Anteile erfüllten Tatbestand nach § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b nicht vor Ablauf der Festsetzungsfrist der aufzuhebenden oder zu ändernden Festsetzung nach § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder nach § 1 Absatz 3a.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn einer der in § 1 Absatz 2 bis 3a bezeichneten Erwerbsvorgänge rückgängig gemacht wird, der nicht fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt (§§ 18 bis 20) war. Die Vorschrift des Absatzes 4a gilt nicht, wenn einer der in § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder in § 1 Absatz 3a oder in § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b bezeichneten Erwerbsvorgänge nicht fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt (§§ 18 bis 20) war.

(1) Der Grunderwerbsteuer unterliegen die folgenden Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen:

1.
ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet;
2.
die Auflassung, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Übereignung begründet;
3.
der Übergang des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist und es auch keiner Auflassung bedarf. Ausgenommen sind
a)
der Übergang des Eigentums durch die Abfindung in Land und die unentgeltliche Zuteilung von Land für gemeinschaftliche Anlagen im Flurbereinigungsverfahren sowie durch die entsprechenden Rechtsvorgänge im beschleunigten Zusammenlegungsverfahren und im Landtauschverfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz in seiner jeweils geltenden Fassung bis zur Höhe des Sollanspruchs, wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Flurbereinigungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist; in diesen Fällen ist auch der den Sollanspruch auf Zuteilung übersteigende Teil der Zuteilung (Mehrzuteilung) ausgenommen, wenn der Wert des dem neuen Eigentümer zugeteilten Grundstücks seinen sich aus dem Wert des eingebrachten Grundstücks ergebenden Sollanspruch auf Zuteilung nicht um mehr als 20 vom Hundert übersteigt,
b)
der Übergang des Eigentums im Umlegungsverfahren nach dem Bundesbaugesetz in seiner jeweils geltenden Fassung bis zur Höhe des Sollanspruchs, wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist; in diesen Fällen ist auch der den Sollanspruch auf Zuteilung übersteigende Teil der Zuteilung (Mehrzuteilung) ausgenommen, wenn der Wert des dem neuen Eigentümer zugeteilten Grundstücks seinen sich aus dem Wert des eingebrachten Grundstücks ergebenden Sollanspruch auf Zuteilung nicht um mehr als 20 vom Hundert übersteigt,
c)
der Übergang des Eigentums im Zwangsversteigerungsverfahren;
4.
das Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren;
5.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung eines Übereignungsanspruchs oder der Rechte aus einem Meistgebot begründet;
6.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte aus einem Kaufangebot begründet. Dem Kaufangebot steht ein Angebot zum Abschluß eines anderen Vertrags gleich, kraft dessen die Übereignung verlangt werden kann;
7.
die Abtretung eines der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Rechte, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte begründet.

(2) Der Grunderwerbsteuer unterliegen auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten.

(2a) Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, daß mindestens 90 vom Hundert der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Personengesellschaft beteiligten Personengesellschaften werden durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile am Gesellschaftsvermögen anteilig berücksichtigt. Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Personengesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt, gelten die Sätze 4 und 5. Eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gilt in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 90 vom Hundert der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Bei mehrstufigen Beteiligungen gilt Satz 4 auf der Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend. Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes bleibt der Erwerb von Anteilen von Todes wegen außer Betracht. Hat die Personengesellschaft vor dem Wechsel des Gesellschafterbestandes ein Grundstück von einem Gesellschafter oder einer anderen Gesamthand erworben, ist auf die nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ermittelte Bemessungsgrundlage die Bemessungsgrundlage für den Erwerbsvorgang, für den auf Grund des § 5 Abs. 3 oder des § 6 Abs. 3 Satz 2 die Steuervergünstigung zu versagen ist, mit dem entsprechenden Betrag anzurechnen.

(2b) Gehört zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Kapitalgesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Kapitalgesellschaft beteiligten Personengesellschaften werden durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile der Gesellschaft anteilig berücksichtigt. Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Kapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt, gelten die Sätze 4 und 5. Eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gilt in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 90 vom Hundert der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Bei mehrstufigen Beteiligungen gilt Satz 4 auf der Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend. Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes bleibt der Erwerb von Anteilen von Todes wegen außer Betracht.

(2c) Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes im Sinne von Absatz 2a Satz 1 und Absatz 2b Satz 1 bleiben Übergänge von Anteilen an Kapitalgesellschaften außer Betracht, die zum Handel an einem im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betriebenen organisierten Markt nach § 2 Absatz 11 des Wertpapierhandelsgesetzes oder einem Drittlandhandelsplatz, der gemäß Artikel 25 Absatz 4 Buchstabe a der Richtlinie 2014/65/EU von der Europäischen Kommission als gleichwertig erklärt wurde, zugelassen sind, soweit der Anteilsübergang auf Grund eines Geschäfts an diesem Markt oder Drittlandhandelsplatz oder einem multilateralen Handelssystem im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Nummer 14 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 erfolgt.

(3) Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, so unterliegen der Steuer, soweit eine Besteuerung nach den Absätzen 2a und 2b nicht in Betracht kommt, außerdem:

1.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers oder in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen oder in der Hand von abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen allein vereinigt werden würden;
2.
die Vereinigung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Nummer 1 vorausgegangen ist;
3.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft begründet;
4.
der Übergang unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft auf einen anderen, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Nummer 3 vorausgegangen ist.

(3a) Soweit eine Besteuerung nach den Absätzen 2a, 2b und 3 nicht in Betracht kommt, gilt als Rechtsvorgang im Sinne des Absatzes 3 auch ein solcher, aufgrund dessen ein Rechtsträger unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar eine wirtschaftliche Beteiligung in Höhe von mindestens 90 vom Hundert an einer Gesellschaft, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, innehat. Die wirtschaftliche Beteiligung ergibt sich aus der Summe der unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaft. Für die Ermittlung der mittelbaren Beteiligungen sind die Vomhundertsätze am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaften zu multiplizieren.

(4) Im Sinne des Absatzes 3 gelten als abhängig

1.
natürliche Personen, soweit sie einzeln oder zusammengeschlossen einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers in Bezug auf die Anteile zu folgen verpflichtet sind;
2.
juristische Personen, die nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert sind.

(5) Bei einem Tauschvertrag, der für beide Vertragsteile den Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks begründet, unterliegt der Steuer sowohl die Vereinbarung über die Leistung des einen als auch die Vereinbarung über die Leistung des anderen Vertragsteils.

(6) Ein in Absatz 1, 2, 3 oder Absatz 3a bezeichneter Rechtsvorgang unterliegt der Steuer auch dann, wenn ihm ein in einem anderen dieser Absätze bezeichneter Rechtsvorgang vorausgegangen ist. Die Steuer wird jedoch nur insoweit erhoben, als die Bemessungsgrundlage für den späteren Rechtsvorgang den Betrag übersteigt, von dem beim vorausgegangenen Rechtsvorgang die Steuer berechnet worden ist.

(7) (weggefallen)

Tatbestand

1

I. An der grundbesitzenden G-GmbH, deren Stammkapital 25.000 € betrug, waren die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) zunächst mit einem Geschäftsanteil von 16.200 € (64,8 %), F mit einem Geschäftsanteil von 2.500 € (10 %) und die H-AG mit 6.300 € (25,2 %) beteiligt. Die Klägerin erwarb mit notariell beurkundetem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 18. Dezember 2008 von der H-AG deren Geschäftsanteil und ferner von F einen Geschäftsanteil in Höhe von 1.250 € (5 %), so dass sie mit insgesamt 23.750 € (95 %) an der G-GmbH beteiligt war. Der Kaufpreis für den von F erworbenen Geschäftsanteil betrug 3.000 €. Der Notar zeigte den Kauf- und Abtretungsvertrag dem seinerzeit zuständigen Finanzamt H mit Schreiben vom 22. Dezember 2008 an.

2

Das Finanzamt H setzte gegen die Klägerin im Hinblick auf die in ihrer Person i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 des Grunderwerb-steuergesetzes (GrEStG) vereinigten 95 % der Anteile an der G-GmbH durch Bescheid vom 30. November 2009 Grunderwerbsteuer in Höhe von 20.825 € fest. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein. Im Verlauf des Einspruchsverfahrens vereinbarte die Klägerin mit F gemäß notariell beurkundetem Vertrag vom 10. Februar 2010 die Aufhebung des Kauf- und Abtretungsvertrags vom 18. Dezember 2008 sowie die Rückabtretung des Geschäftsanteils von 1.250 € an der G-GmbH. In dem-selben Vertrag verkaufte F einen Geschäftsanteil von 1.225 € zu einem Kaufpreis von 3.000 € an die Klägerin und trat diesen an die Klägerin ab. Der Kaufpreisanspruch der F wurde mit dem Anspruch der Klägerin auf Rückerstattung des Kaufpreises aus dem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 18. Dezember 2008 vollumfänglich verrechnet.

3

In der Einspruchsentscheidung erklärte das Finanzamt H den Grunderwerbsteuerbescheid vom 30. November 2009 hinsichtlich der Frage, ob die Heranziehung der Grundbesitzwerte i.S. von § 138 des Bewertungsgesetzes (BewG) als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer verfassungsgemäß sei, gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 4 der Abgabenordnung für vorläufig und wies im Übrigen den Einspruch als unbegründet zurück.

4

Die hiergegen erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung aus, dass der Aufhebungs- und Übertragungsvertrag vom 10. Februar 2010 zu einem Rückerwerb von 0,1 % auf 94,9 % der Anteile an der G-GmbH und damit zu einer nicht gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG tatbestandsmäßigen Anteilsvereinigung geführt habe. Es sei unschädlich, dass lediglich ein Teil der von F gemäß Vertrag vom 18. Dezember 2008 auf die Klägerin übertragenen Anteile auf F zurückübertragen worden sei. Die nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18. April 2012 II R 51/11 (BFHE 236, 569) maßgebenden Rechtsgrundsätze für die Anwendung des § 16 Abs. 2 GrEStG auf Erwerbsvorgänge i.S. des § 1 Abs. 2a GrEStG seien auch auf Erwerbsvorgänge i.S. des § 1 Abs. 3 GrEStG anzuwenden. § 16 Abs. 2 GrEStG verlange keine vollständige Rückgängigmachung des Rechtsgeschäfts, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile begründet habe.

5

Mit der Revision rügt der Beklagte und Revisionskläger (das nunmehr zuständige Finanzamt --FA--) die Verletzung des § 16 Abs. 2 GrEStG. Bei Erwerbsvorgängen nach § 1 Abs. 3 GrEStG führe ein Rückerwerb von Anteilen nur dann zur Anwendung des § 16 Abs. 2 GrEStG, wenn eine vollständige Rückübertragung der Anteile, deren Übergang die Steuerbarkeit aus § 1 Abs. 3 GrEStG ausgelöst habe, erfolge. Die im BFH-Urteil in BFHE 236, 569 für Erwerbsvorgänge i.S. des § 16 Abs. 2 GrEStG entwickel-ten Grundsätze seien auf den Steuertatbestand des § 1 Abs. 3 GrEStG wegen seiner von § 1 Abs. 2a GrEStG abweichenden Ausgestaltung des Steuertatbestands nicht übertragbar.

6

Das FA beantragt, die Klage unter Aufhebung der Vorentscheidung abzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zutreffend erkannt, dass die Festsetzung der Grunderwerbsteuer gemäß § 16 Abs. 2 GrEStG aufzuheben war.

9

1. Nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer u.a. ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile einer grundbesitzenden Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers allein vereinigt werden würden.

10

a) Die Steuerbarkeit wird nur durch den Erwerb des letzten Anteils ausgelöst. Dabei ist der Vorgang, der zum Erwerb dieses Anteils führt, zwar das die Steuer auslösende Moment. Gegenstand der Steuer ist jedoch nicht der Anteilserwerb als solcher, sondern die durch ihn begründete Zuordnung von mindestens 95 % der Anteile in einer Hand. Mit dem Anteilserwerb wird grunderwerbsteuerrechtlich derjenige, in dessen Hand sich die Anteile vereinigen, so behandelt, als habe er die Grundstücke von der Gesellschaft erworben, deren Anteile sich in seiner Hand vereinigen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 23. Mai 2012 II R 21/10, BFHE 237, 466, BStBl II 2012, 793; vom 2. April 2008 II R 53/06, BFHE 220, 550, BStBl II 2009, 544).

11

b) Im Streitfall war aufgrund des Kauf- und Abtretungsvertrags vom 18. Dezember 2008 durch Vereinigung von 95 % der Anteile an der G-GmbH in der Hand der Klägerin der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfüllt.

12

2. Der Aufhebungs- und Übertragungsvertrag vom 10. Februar 2010 erfüllt die Anforderungen des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG, so dass die Festsetzung der Grunderwerbsteuer für die in der Hand der Klägerin eingetretene Anteilsvereinigung aufzuheben war.

13

a) Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück, so wird nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfindet. Diese Vorschrift betrifft über ihren Wortlaut hinaus auch Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 2, 2a und 3 GrEStG. Dies folgt aus § 16 Abs. 5 GrEStG, wonach § 16 Abs. 1 bis 4 GrEStG nicht gilt, wenn einer der in § 1 Abs. 2, 2a und 3 GrEStG bezeichneten Erwerbsvorgänge rückgängig gemacht wird, der nicht ordnungsgemäß angezeigt worden war. Diese Regelung setzt die grundsätzliche Anwendbarkeit der Begünstigungsvorschrift des § 16 GrEStG auch auf Tatbestände des § 1 Abs. 3 GrEStG voraus (BFH-Entscheidungen vom 2. März 2011 II R 64/08, BFH/NV 2011, 1009; vom 16. Januar 1980 II R 83/74, BFHE 130, 70, BStBl II 1980, 359; vom 16. Januar 1963 II 58/61, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1964, 241).

14

b) Der zwischen der Klägerin und F geschlossene Vertrag vom 10. Februar 2010, durch den zum einen der zwischen diesen Vertragsparteien geschlossene Kauf- und Abtretungsvertrag vom 18. Dezember 2008 aufgehoben und die Klägerin sodann einen Geschäftsanteil von 1.225 € an der G-GmbH von F erworben hat, genügt den Anforderungen eines Rückerwerbs i.S. des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG. Aufgrund des Vertrags vom 10. Februar 2010 hat sich die Beteiligung der Klägerin an der G-GmbH innerhalb von zwei Jahren seit Entstehung der Steuer aus § 1 Abs. 3 GrEStG auf einen den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG nicht genügenden Anteil von 94,9 % ermäßigt.

15

c) Der Anwendung des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG steht nicht entgegen, dass keine vollständige Rückabwicklung sämtlicher Anteilserwerbe, die gemäß Vertrag vom 18. Dezember 2008 zur Tatbestandsverwirklichung des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG geführt haben, erfolgt ist. Für die Anwendung des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG ist allein entscheidend, dass aufgrund des Vertrags vom 10. Februar 2010 weniger als 95 % der Anteile in der Hand der Klägerin vereinigt wurden und dass hinsichtlich des auf F zurückübertragenen Anteils von 0,1 % eine vollständige Rückübertragung erfolgt ist.

16

aa) Für die Anwendung des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG auf eine Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG) gilt insoweit nichts anderes als für Erwerbsvorgänge i.S. des § 1 Abs. 2a GrEStG. Die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG sind bei Erwerbsvorgängen nach § 1 Abs. 2a GrEStG bereits dann erfüllt, wenn aufgrund eines Anteilsrückerwerbs innerhalb von zwei Jahren seit Entstehung der Steuer für diesen Erwerbsvorgang die in § 1 Abs. 2a GrEStG bestimmte Grenze von 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen nicht mehr erreicht wird (BFH-Urteil in BFHE 236, 569). Eines Rückerwerbs sämtlicher Anteile, deren Übergang zur Verwirklichung des Steuertatbestands des § 1 Abs. 2a GrEStG beigetragen hat, bedarf es nicht.

17

bb) Diese auch für die Rückgängigmachung einer Anteilsvereinigung maßgebende Rechtslage folgt aus dem systematischen Zusammenhang zwischen § 16 GrEStG und den Steuertatbeständen des § 1 GrEStG. § 16 GrEStG ist eine am Besteuerungszweck orientierte gegenläufige Korrekturvorschrift zu § 1 GrEStG (BFH-Urteile vom 25. April 2007 II R 18/05, BFHE 217, 276, BStBl II 2007, 726; vom 19. März 2003 II R 12/01, BFHE 202, 383, BStBl II 2003, 770). Der Steuertatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG ist ausschließlich dann erfüllt, wenn 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen in einer Hand vereinigt werden. Wird daher durch Anteilsrückerwerb nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG eine nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG steuerbare Anteilsvereinigung in der Weise beseitigt, dass das von dieser Vorschrift vorausgesetzte Quantum von 95 % der Anteile der Gesellschaft unterschritten wird, ist der Steuertatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG nicht (mehr) erfüllt.

18

cc) Eine Einschränkung dieser Rechtsgrundsätze ergibt sich auch nicht aus den vom FA herausgestellten Besonderheiten des Steuertatbestands des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG im Vergleich zu dem des § 1 Abs. 2a GrEStG.

19

Zwar fingiert § 1 Abs. 2a GrEStG --im Unterschied zum Steuertatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG-- ein auf Übereignung des Grundstücks auf eine "neue" Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Die Vorschrift erfasst damit nicht die geänderte Sachherrschaft über ein Grundstück in der Person neuer Gesellschafter, sondern die geänderte Zuordnung der Gesellschaftsgrundstücke auf der Gesellschaftsebene (BFH-Beschluss vom 11. September 2002 II B 113/02, BFHE 199, 32, BStBl II 2002, 777). Dieser rechtskonstruktive Unterschied zwischen beiden Steuertatbeständen findet seinen Ausdruck auch in den unterschiedlichen Regelungen über die Steuerschuldnerschaft (§ 13 Nr. 5 Buchst. a und b GrEStG einerseits und § 13 Nr. 6 GrEStG andererseits). Für die Anwendung des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG ist aber letztlich nur entscheidend, ob aufgrund eines Rückerwerbs von Anteilen das in § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG vorausgesetzte Quantum von 95 % der Anteile unterschritten wird und damit dieser Steuertatbestand nicht (mehr) erfüllt ist.

20

d) Im Streitfall ist hinsichtlich eines Anteils von 0,1 % an der G-GmbH eine vollständige Rückübertragung auf F erfolgt. Der Anwendung des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG steht nicht entgegen, dass der der Klägerin aus der Aufhebung des Anteilskaufvertrags vom 18. Dezember 2008 gegen F zustehende Anspruch auf Kaufpreisrückerstattung mit dem Kaufpreisanspruch der F aus dem Geschäftsanteilskauf- und -abtretungsvertrag vom 10. Februar 2010 verrechnet wurde. Die Gegenleistung für einen Anteilserwerb ist im Zusammenhang mit § 1 Abs. 3 GrEStG ohne Bedeutung, weil sich die Bemessungsgrundlage gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG ausschließlich nach den Werten i.S. des § 138 Abs. 2 bis 4 BewG bestimmt. Auch im Zusammenhang mit der Nichtfestsetzung der Steuer oder der Aufhebung der Steuerfestsetzung für einen dieser Vorschrift unterfallenden Erwerbsvorgang kommt es daher auf die Gegenleistung nicht an.

21

e) Ob und gegebenenfalls welche weiteren Voraussetzungen an einen den Anforderungen des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG genügenden Anteilsrückerwerb zu stellen sind, wenn im Zusammenhang mit einer Rückübertragung von Anteilen deren Weiterübertragung an Dritte erfolgt, kann offen bleiben. Im Streitfall ist eine solche Weiterübertragung nicht erfolgt.

(1) Der Grunderwerbsteuer unterliegen die folgenden Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen:

1.
ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet;
2.
die Auflassung, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Übereignung begründet;
3.
der Übergang des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist und es auch keiner Auflassung bedarf. Ausgenommen sind
a)
der Übergang des Eigentums durch die Abfindung in Land und die unentgeltliche Zuteilung von Land für gemeinschaftliche Anlagen im Flurbereinigungsverfahren sowie durch die entsprechenden Rechtsvorgänge im beschleunigten Zusammenlegungsverfahren und im Landtauschverfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz in seiner jeweils geltenden Fassung bis zur Höhe des Sollanspruchs, wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Flurbereinigungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist; in diesen Fällen ist auch der den Sollanspruch auf Zuteilung übersteigende Teil der Zuteilung (Mehrzuteilung) ausgenommen, wenn der Wert des dem neuen Eigentümer zugeteilten Grundstücks seinen sich aus dem Wert des eingebrachten Grundstücks ergebenden Sollanspruch auf Zuteilung nicht um mehr als 20 vom Hundert übersteigt,
b)
der Übergang des Eigentums im Umlegungsverfahren nach dem Bundesbaugesetz in seiner jeweils geltenden Fassung bis zur Höhe des Sollanspruchs, wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist; in diesen Fällen ist auch der den Sollanspruch auf Zuteilung übersteigende Teil der Zuteilung (Mehrzuteilung) ausgenommen, wenn der Wert des dem neuen Eigentümer zugeteilten Grundstücks seinen sich aus dem Wert des eingebrachten Grundstücks ergebenden Sollanspruch auf Zuteilung nicht um mehr als 20 vom Hundert übersteigt,
c)
der Übergang des Eigentums im Zwangsversteigerungsverfahren;
4.
das Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren;
5.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung eines Übereignungsanspruchs oder der Rechte aus einem Meistgebot begründet;
6.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte aus einem Kaufangebot begründet. Dem Kaufangebot steht ein Angebot zum Abschluß eines anderen Vertrags gleich, kraft dessen die Übereignung verlangt werden kann;
7.
die Abtretung eines der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Rechte, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte begründet.

(2) Der Grunderwerbsteuer unterliegen auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten.

(2a) Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, daß mindestens 90 vom Hundert der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Personengesellschaft beteiligten Personengesellschaften werden durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile am Gesellschaftsvermögen anteilig berücksichtigt. Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Personengesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt, gelten die Sätze 4 und 5. Eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gilt in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 90 vom Hundert der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Bei mehrstufigen Beteiligungen gilt Satz 4 auf der Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend. Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes bleibt der Erwerb von Anteilen von Todes wegen außer Betracht. Hat die Personengesellschaft vor dem Wechsel des Gesellschafterbestandes ein Grundstück von einem Gesellschafter oder einer anderen Gesamthand erworben, ist auf die nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ermittelte Bemessungsgrundlage die Bemessungsgrundlage für den Erwerbsvorgang, für den auf Grund des § 5 Abs. 3 oder des § 6 Abs. 3 Satz 2 die Steuervergünstigung zu versagen ist, mit dem entsprechenden Betrag anzurechnen.

(2b) Gehört zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Kapitalgesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Kapitalgesellschaft beteiligten Personengesellschaften werden durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile der Gesellschaft anteilig berücksichtigt. Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Kapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt, gelten die Sätze 4 und 5. Eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gilt in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 90 vom Hundert der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Bei mehrstufigen Beteiligungen gilt Satz 4 auf der Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend. Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes bleibt der Erwerb von Anteilen von Todes wegen außer Betracht.

(2c) Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes im Sinne von Absatz 2a Satz 1 und Absatz 2b Satz 1 bleiben Übergänge von Anteilen an Kapitalgesellschaften außer Betracht, die zum Handel an einem im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betriebenen organisierten Markt nach § 2 Absatz 11 des Wertpapierhandelsgesetzes oder einem Drittlandhandelsplatz, der gemäß Artikel 25 Absatz 4 Buchstabe a der Richtlinie 2014/65/EU von der Europäischen Kommission als gleichwertig erklärt wurde, zugelassen sind, soweit der Anteilsübergang auf Grund eines Geschäfts an diesem Markt oder Drittlandhandelsplatz oder einem multilateralen Handelssystem im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Nummer 14 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 erfolgt.

(3) Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, so unterliegen der Steuer, soweit eine Besteuerung nach den Absätzen 2a und 2b nicht in Betracht kommt, außerdem:

1.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers oder in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen oder in der Hand von abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen allein vereinigt werden würden;
2.
die Vereinigung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Nummer 1 vorausgegangen ist;
3.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft begründet;
4.
der Übergang unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft auf einen anderen, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Nummer 3 vorausgegangen ist.

(3a) Soweit eine Besteuerung nach den Absätzen 2a, 2b und 3 nicht in Betracht kommt, gilt als Rechtsvorgang im Sinne des Absatzes 3 auch ein solcher, aufgrund dessen ein Rechtsträger unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar eine wirtschaftliche Beteiligung in Höhe von mindestens 90 vom Hundert an einer Gesellschaft, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, innehat. Die wirtschaftliche Beteiligung ergibt sich aus der Summe der unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaft. Für die Ermittlung der mittelbaren Beteiligungen sind die Vomhundertsätze am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaften zu multiplizieren.

(4) Im Sinne des Absatzes 3 gelten als abhängig

1.
natürliche Personen, soweit sie einzeln oder zusammengeschlossen einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers in Bezug auf die Anteile zu folgen verpflichtet sind;
2.
juristische Personen, die nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert sind.

(5) Bei einem Tauschvertrag, der für beide Vertragsteile den Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks begründet, unterliegt der Steuer sowohl die Vereinbarung über die Leistung des einen als auch die Vereinbarung über die Leistung des anderen Vertragsteils.

(6) Ein in Absatz 1, 2, 3 oder Absatz 3a bezeichneter Rechtsvorgang unterliegt der Steuer auch dann, wenn ihm ein in einem anderen dieser Absätze bezeichneter Rechtsvorgang vorausgegangen ist. Die Steuer wird jedoch nur insoweit erhoben, als die Bemessungsgrundlage für den späteren Rechtsvorgang den Betrag übersteigt, von dem beim vorausgegangenen Rechtsvorgang die Steuer berechnet worden ist.

(7) (weggefallen)

Tatbestand

1

I. Im Jahr 2004 war D persönlich haftender Gesellschafter der seinerzeit noch als D-KG firmierenden Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin); Kommanditistinnen waren K 1 und K 2. M, der Sohn des D, erwarb im Jahr 2008 die Kommanditanteile der K 1 und K 2. In den Jahren 2008 und 2009 erwarb M ferner alle Geschäftsanteile an der X-GmbH, die zuvor als weitere persönlich haftende Gesellschafterin in die Klägerin eingetreten war. Im April 2009 schied D als Komplementär aus der Klägerin aus und trat als Kommanditist in die Klägerin ein. Zu diesem Zeitpunkt waren die X-GmbH als nicht am Vermögen der Klägerin beteiligte Komplementärin und M als weiterer Kommanditist an der Klägerin beteiligt.

2

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 15. Mai 2009 übertrug D seinen gesamten Kommanditanteil an der Klägerin im Wege der vorweggenommenen Erbfolge gegen Versorgungsleistungen auf M und schied aus der Klägerin aus. Die Abtretung des Kommanditanteils erfolgte dinglich aufschiebend bedingt mit Wirkung zum Tag der Eintragung der Übertragung der Kommanditeinlage im Handelsregister, die am 28. Mai 2009 erfolgte. Der beurkundende Notar übersandte die Vertragsurkunde vom 15. Mai 2009 der Grunderwerbsteuerstelle des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) mit einem bei diesem am 27. Mai 2009 eingegangenen Kurzbrief. Mit Schreiben vom 28. Mai 2009 wies das FA die Klägerin auf den durch den Übertragungsvertrag vom 15. Mai 2009 verwirklichten Steuertatbestand des § 1 Abs. 2a des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) hin und forderte eine Aufstellung ihres Grundbesitzes an. Dieser Aufforderung kam die Klägerin nicht nach.

3

Das FA setzte für den durch Vertrag vom 15. Mai 2009 bewirkten vollständigen Gesellschafterwechsel gemäß § 1 Abs. 2a GrEStG gegen die Klägerin durch Bescheid vom 18. August 2010 Grunderwerbsteuer in Höhe von 33.200 € fest. Nachdem die Klägerin gegen diesen Bescheid Einspruch eingelegt hatte, hoben D und M durch notariell beurkundeten Vertrag vom 20. Oktober 2010 über die "Teilrückabwicklung einer Kommanditanteilsübertragung" die gemäß Vertrag vom 15. Mai 2009 erfolgte Übertragung des Kommanditanteils auf M rückwirkend bezüglich eines Kommanditanteils von 6 % auf, so dass D nunmehr mit 6 % und M mit 94 % an der Klägerin beteiligt waren. An den im Vertrag vom 15. Mai 2009 vereinbarten Gegenleistungen des M für den ihm übertragenen Kommanditanteil sollte sich nichts ändern. Einspruch und Klage, mit denen die Klägerin die Aufhebung der Steuerfestsetzung gemäß § 16 Abs. 2 GrEStG begehrte, blieben ohne Erfolg.

4

Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung aus, die Teilrückabwicklung der Kommanditanteilsübertragung auf M gemäß Vertrag vom 20. Oktober 2010 genüge nicht der von § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG geforderten vollständigen Rückgängigmachung desjenigen Rechtsvorgangs, der die Tatbestandsverwirklichung des § 1 Abs. 2a GrEStG herbeigeführt habe. Zudem habe D aufgrund dieses Vertrags nicht seine Stellung als Altgesellschafter zurückerlangt. Der Anwendung des § 16 Abs. 2 GrEStG stehe auch § 16 Abs. 5 GrEStG entgegen, weil die Übertragung des Kommanditanteils von D auf M gemäß Vertrag vom 15. Mai 2009 nicht ordnungsgemäß angezeigt worden sei.

5

Mit der Revision rügt die Klägerin die fehlerhafte Anwendung des § 16 Abs. 2 und Abs. 5 GrEStG. Weder der Wortlaut noch der Sinn und Zweck des § 16 Abs. 2 GrEStG verlangten, dass ein zur Erfüllung des Tatbestands des § 1 Abs. 2a GrEStG beitragender Anteilsübergang in vollem Umfang rückgängig zu machen sei. Die dem FA vom beurkundenden Notar mit Kurzbrief übermittelte Abschrift der notariellen Urkunde vom 15. Mai 2009 habe den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Anzeige genügt.

6

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung und den Grunderwerbsteuerbescheid vom 18. August 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. November 2010 aufzuheben.

7

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und des angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheids in Gestalt der Einspruchsentscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Unrecht angenommen, die "Teilrückabwicklung" der Übertragung des Kommanditanteils gemäß Vertrag vom 20. Oktober 2010 erfülle nicht die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 GrEStG.

9

1. Aufgrund der Übertragung der Kommanditbeteiligung des D auf M gemäß Vertrag vom 15. Mai 2009 war der Tatbestand des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG erfüllt.

10

Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Im Streitfall sind diese Voraussetzungen erfüllt. Auf M sind aufgrund der in den Jahren 2008 und 2009 vorgenommenen Anteilsübertragungen sämtliche Anteile am Gesellschaftsvermögen der Klägerin übergegangen. Die Änderung des Gesellschafterbestands nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG kann --wie im Streitfall-- auch in Teilakten über einen Zeitraum von längstens fünf Jahren erfolgen (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. April 2005 II R 61/03, BFHE 210, 56, BStBl II 2005, 649).

11

2. Die Steuerfestsetzung für diesen Erwerbsvorgang ist jedoch gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG aufzuheben. Durch den Vertrag vom 20. Oktober 2010 wurde bewirkt, dass M nur noch mit 94 % am Gesellschaftsvermögen der Klägerin beteiligt war. Darin liegt ein Rückerwerb der Gesellschaftsgrundstücke durch die "Altgesellschaft" i.S. des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG, so dass die Steuerfestsetzung für den zuvor verwirklichten Steuertatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG aufzuheben war.

12

a) Gemäß § 16 Abs. 2 GrEStG wird unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurückerwirbt. Diese Vorschrift betrifft über ihren Wortlaut hinaus auch Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 2a GrEStG. Dies folgt aus § 16 Abs. 5 GrEStG, wonach § 16 Abs. 1 bis 4 GrEStG nicht gelten, wenn u.a. ein nach § 1 Abs. 2a GrEStG grunderwerbsteuerbarer Erwerbsvorgang rückgängig gemacht wird, der nicht ordnungsgemäß angezeigt worden war. Diese Regelung setzt die grundsätzliche Anwendbarkeit der Begünstigungsvorschrift des § 16 GrEStG auch auf den Steuertatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG voraus (BFH-Beschluss vom 2. März 2011 II R 64/08, BFH/NV 2011, 1009, unter B.IV.2.a cc, m.w.N.).

13

b) Im Streitfall erfüllt der erneute Erwerb einer Beteiligung des D am Gesellschaftsvermögen der Klägerin gemäß Vertrag vom 20. Oktober 2010 die an einen Rückerwerb i.S. des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG zu stellenden Anforderungen.

14

Die Kommanditbeteiligung des M hat sich aufgrund des Vertrags vom 20. Oktober 2010 um 6 % auf 94 % vermindert. Darin liegt ein nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG begünstigter Rückerwerb, weil innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer aus § 1 Abs. 2a GrEStG die Änderung des Gesellschafterbestands der Klägerin auf die gemäß § 1 Abs. 2a GrEStG nicht tatbestandsmäßige Größe von 94 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen beschränkt wurde.

15

aa) Der Anwendung des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG steht nicht entgegen, dass gemäß Vertrag vom 20. Oktober 2010 der M übertragene Kommanditanteil nur zum Teil auf D zurückübertragen wurde.

16

§ 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG setzt im Hinblick auf Erwerbsvorgänge i.S. des § 1 Abs. 2a GrEStG nicht den Rückerwerb sämtlicher Anteile voraus, deren Übergang zur Verwirklichung des Steuertatbestands des § 1 Abs. 2a GrEStG beigetragen hat. Es reicht vielmehr aus, einen Gesellschafterwechsel, der zur Tatbestandsverwirklichung des § 1 Abs. 2a GrEStG beigetragen hat, insoweit rückgängig zu machen, als dadurch im Ergebnis ein Übergang von weniger als 95 % erfolgt (Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 9. Aufl., § 16 Rz 65; Loose in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, 17. Aufl., § 16 Rz 273; Pahlke/Franz, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 4. Aufl., § 16 Rz 73; Behrens, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2009, 1611; a.A. gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 25. Februar 2010, BStBl I 2010, 245 Rz 9) und damit die Voraussetzungen für den fiktiven Übergang der Gesellschaftsgrundstücke "auf eine neue Gesellschaft" wieder entfallen sind. Dies folgt aus dem systematischen Zusammenhang zwischen § 16 GrEStG und den Steuertatbeständen des § 1 GrEStG. § 16 GrEStG ist eine am Besteuerungszweck orientierte gegenläufige Korrekturvorschrift zu § 1 GrEStG (BFH-Urteile vom 19. März 2003 II R 12/01, BFHE 202, 383, BStBl II 2003, 770; vom 25. April 2007 II R 18/05, BFHE 217, 276, BStBl II 2007, 726). Der Steuertatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG ist ausschließlich dann erfüllt, wenn --unter näher bestimmten Voraussetzungen-- 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen. Wird daher eine nach § 1 Abs. 2a GrEStG steuerbare Änderung des Gesellschafterbestands in der Weise beseitigt, dass das von dieser Vorschrift vorausgesetzte Quantum von 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen unterschritten wird, ist der Steuertatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG nicht (mehr) erfüllt. Demgemäß setzt ein Rückerwerb i.S. des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG in Bezug auf § 1 Abs. 2a GrEStG auch nicht voraus, dass --wie vom FG angenommen-- die zur Tatbestandsverwirklichung führende (letzte) Anteilsübertragung insgesamt rückgängig gemacht wird.

17

Die teilweise Beseitigung der Steuer auslösenden Änderung des Gesellschafterbestands erfordert lediglich, dass der frühere Gesellschafter einen Anteil am Gesellschaftsvermögen erwirbt. Bezüglich des neu erworbenen Anteils darf die Verfügungsbefugnis auch nicht teilweise beim zwischenzeitlichen Gesellschafter verbleiben (Loose, a.a.O., Rz 273; Behrens, DStR 2009, 1611, 1615). Nicht erforderlich ist demgegenüber, dass der frühere Gesellschafter seine ursprüngliche Gesellschafterstellung ganz oder zum Teil rückwirkend zurückerlangt oder schuldrechtlich so gestellt wird, als ob er Gesellschafter geblieben wäre. Es genügt vielmehr, wenn er innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 2a GrEStG einen Anteil am Gesellschaftsvermögen mit Wirkung für die Zukunft erwirbt und der Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 2a GrEStG nicht verwirklicht worden wäre, wenn er mit diesem Anteil durchgehend Gesellschafter geblieben wäre.

18

Dies ergibt sich aus einem Vergleich mit dem unmittelbaren Anwendungsbereich des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG. Es reicht dabei für die Nichtfestsetzung der Steuer oder die Aufhebung der Steuerfestsetzung für den ursprünglichen Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG aus, wenn der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für diesen Erwerbsvorgang zurückerwirbt oder die in § 16 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 GrEStG bestimmten Voraussetzungen erfüllt sind. Rückwirkende Vereinbarungen sind dabei nicht erforderlich. § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG setzt nicht voraus, dass der vorangegangene Erwerbsvorgang aufgehoben wird und deshalb ein Rückerwerb erfolgt; die Vorschrift betrifft in gleicher Weise den schlichten Rückkauf (BFH-Urteil vom 25. Oktober 1979 II R 35/75, BFHE 129, 203, BStBl II 1980, 129; Hofmann, a.a.O., § 16 Rz 42; Loose, a.a.O., § 16 Rz 146, 182; Pahlke/Franz, a.a.O., § 16 Rz 50).

19

bb) Diese Voraussetzungen für die auf § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG beruhende Aufhebung der Steuerfestsetzung für den Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 2a GrEStG sind im Streitfall erfüllt. D hat innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für diesen Erwerbsvorgang erneut eine Beteiligung am Gesellschaftsvermögen der Klägerin erworben, und zwar in Höhe von 6 %. Im Ergebnis ist somit die in § 1 Abs. 2a GrEStG bestimmte Grenze von 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen, die innerhalb von fünf Jahren unmittelbar oder mittelbar auf neue Gesellschafter übergehen müssen, nicht mehr erreicht.

20

Allein dies ist für die Erfüllung der Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG entscheidend. Unerheblich ist demgegenüber, dass die von M aufgrund des Vertrags vom 15. Mai 2009 zu erbringende Gegenleistung für den Anteilserwerb nicht deshalb herabgesetzt wurde, weil D eine Beteiligung am Gesellschaftsvermögen der Klägerin in Höhe von 6 % erworben hat. Die Gegenleistung für einen Anteilserwerb spielt im Rahmen des Tatbestands des § 1 Abs. 2a GrEStG und somit auch im Zusammenhang mit der Nichtfestsetzung der Steuer oder der Aufhebung der Steuerfestsetzung für einen dieser Vorschrift unterfallenden Erwerbsvorgang gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG keine Rolle.

21

cc) Wird aufgrund einer Anteilsübertragung, durch die ein Altgesellschafter aus der Personengesellschaft ausscheidet, der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG verwirklicht und erfüllt der Anteilsrückerwerb durch diesen Altgesellschafter wiederum diesen Steuertatbestand, ist gemäß § 16 Abs. 2 GrEStG für beide Erwerbsvorgänge die Steuer nicht festzusetzen bzw. die Steuerfestsetzung aufzuheben. Diese Rechtsfolge muss erst recht dann eintreten, wenn --wie im Streitfall-- der Rückerwerb lediglich einen Anteil von 6 % am Gesellschaftsvermögen betrifft und daher für sich nicht die Besteuerungsvoraussetzungen des § 1 Abs. 2a GrEStG erfüllt.

22

Entgegen der Auffassung des FG ist es deshalb ohne Bedeutung, ob D aufgrund des Vertrags vom 15. Mai 2009 seine Eigenschaft als Altgesellschafter der Klägerin i.S. des § 1 Abs. 2a GrEStG endgültig verloren hatte und aufgrund des Rückerwerbs eines Kommanditanteils in Höhe von 6 % Neugesellschafter der Klägerin i.S. des § 1 Abs. 2a GrEStG geworden ist.

23

c) Der Anwendung des § 16 Abs. 2 GrEStG steht § 16 Abs. 5 GrEStG nicht entgegen.

24

aa) Nach § 16 Abs. 5 GrEStG gelten die Vorschriften der Abs. 1 bis 4 des § 16 GrEStG nicht, wenn u.a. ein Erwerbsvorgang i.S. des § 1 Abs. 2a GrEStG rückgängig gemacht wird, der nicht ordnungsgemäß angezeigt war (§§ 18, 19 GrEStG). § 16 Abs. 5 GrEStG dient der Sicherung der Anzeigepflichten aus §§ 18 und 19 GrEStG und wirkt dem Anreiz entgegen, durch Nichtanzeige einer Besteuerung der in dieser Vorschrift genannten Erwerbsvorgänge zu entgehen. Insbesondere soll die Vorschrift den Beteiligten die Möglichkeit nehmen, einen dieser Erwerbsvorgänge ohne weitere steuerliche Folgen wieder aufheben zu können, sobald den Finanzbehörden ein solches Geschäft bekannt wird (BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 1009, m.w.N.). Soweit eine Anzeigepflicht sowohl nach § 18 GrEStG als auch nach § 19 GrEStG besteht, ist den Zwecken des § 16 Abs. 5 GrEStG schon dann genügt, wenn nur einer der Anzeigeverpflichteten seiner Anzeigepflicht ordnungsgemäß nachkommt.

25

bb) Unter Berücksichtigung dieses Normzwecks ist nach der BFH-Rechtsprechung (z.B. Beschlüsse vom 20. Januar 2005 II B 52/04, BFHE 208, 456, BStBl II 2005, 492, und in BFH/NV 2011, 1009, jeweils m.w.N.) eine Anzeige schon dann i.S. des § 16 Abs. 5 GrEStG ordnungsgemäß, wenn der Vorgang innerhalb der Anzeigefristen der §§ 18 Abs. 3 und 19 Abs. 3 GrEStG dem Finanzamt in einer Weise bekannt wird, dass es die Verwirklichung eines Tatbestands nach § 1 Abs. 2, 2a und 3 GrEStG prüfen kann. Dazu muss die Anzeige die einwandfreie Identifizierung von Veräußerer, Erwerber und Urkundsperson (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 6 GrEStG) und ggf. der Gesellschaft (§ 20 Abs. 2 GrEStG) ermöglichen; ferner müssen der Anzeige in der Regel die in § 18 Abs. 1 Satz 2 bzw. § 19 Abs. 4 Satz 2 GrEStG genannten Abschriften beigefügt werden.

26

Um dem Finanzamt die erforderliche Prüfung zu ermöglichen, ist es für eine ordnungsgemäße Anzeige eines nach § 1 Abs. 2a GrEStG steuerbaren Vorgangs erforderlich, dass ihr diejenigen Rechtsvorgänge eindeutig und vollständig entnommen werden können, die den Tatbestand nach § 1 Abs. 2a GrEStG ausgelöst oder zur Tatbestandsverwirklichung beigetragen haben. Gegebenenfalls sind in die Anzeige --unter Beifügung der in § 18 Abs. 1 Satz 2 bzw. § 19 Abs. 4 Satz 2 GrEStG genannten Abschriften-- auch die vorangegangenen und dem Finanzamt bislang nicht angezeigten Änderungen des Gesellschafterbestands einzubeziehen, die innerhalb von fünf Jahren zum Übergang von mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter beigetragen haben. Ist der Erwerbsvorgang auf diese Weise eindeutig identifiziert, so kann sich der Steuerpflichtige der Besteuerung nicht mehr entziehen und den Erwerbsvorgang auch nicht mehr, bevor er den Finanzbehörden bekannt wird, ohne steuerliche Folgen wieder aufheben.

27

cc) Aufgrund der dem Finanzamt durch eine solche Anzeige eröffneten Ermittlungsmöglichkeiten setzt eine ordnungsgemäße Anzeige i.S. des § 16 Abs. 5 GrEStG unter Berücksichtigung des Übermaßverbots nicht zusätzlich voraus, dass die Anzeige auch die der betreffenden Gesellschaft gehörenden Grundstücke bezeichnet. Das Finanzamt ist auch bei insoweit fehlenden Angaben in der Lage, sich aufgrund des übrigen Anzeigeinhalts die entsprechenden Informationen aufgrund eigener Ermittlungsmaßnahmen zu verschaffen. An der davon abweichenden bisherigen Rechtsprechung, wonach eine ordnungsgemäße Anzeige i.S. des § 16 Abs. 5 GrEStG darüber hinaus auch grundstücksbezogener Angaben bedarf (BFH-Beschluss in BFHE 208, 456, BStBl II 2005, 492), hält der Senat nicht mehr fest.

28

dd) Enthält die Anzeige zwar keine oder nur unvollständige Angaben über die für § 1 Abs. 2a GrEStG maßgeblichen Rechtsvorgänge, erlangt aber das Finanzamt innerhalb der Anzeigefrist durch eigene Ermittlungen oder von dritter Seite vollständige Kenntnis von diesen Vorgängen, steht § 16 Abs. 5 GrEStG der Anwendung des Abs. 2 des § 16 GrEStG nicht entgegen. Dies folgt aus dem Sinn und dem (Sicherungs-)Zweck der Vorschrift, dem Finanzamt zeitnah die für die Besteuerung erforderlichen Kenntnisse zu verschaffen und dem Steuerpflichtigen, der es auf eine spätere Aufdeckung des Sachverhalts durch das Finanzamt ankommen lässt, eine nachträgliche Gestaltung mit § 16 GrEStG zu verwehren. Diesem Sicherungszweck ist bereits durch die rechtzeitige positive Kenntnis des Finanzamts Genüge getan.

29

ee) Im Streitfall genügt zwar die von dem beurkundenden Notar an die Grunderwerbsteuerstelle des FA gerichtete und bei dieser am 27. Mai 2009 eingegangene Kurzmitteilung nicht den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Anzeige i.S. des § 16 Abs. 5 GrEStG. Mit dieser Kurzmitteilung wurde lediglich eine Abschrift der notariellen Urkunde vom 15. Mai 2009 übersandt. Weder aus dem Text der Kurzmitteilung noch aus dem Inhalt der notariellen Urkunde vom 15. Mai 2009 war jedoch ersichtlich, dass aufgrund der Übertragung des Kommanditanteils des D auf M unter Berücksichtigung der vorangegangenen Anteilserwerbe des M innerhalb von fünf Jahren sämtliche Anteile am Gesellschaftsvermögen der Klägerin auf diesen übergegangen waren.

30

Das FA hat aber innerhalb der Anzeigefrist vollständige Kenntnis aller maßgeblichen Umstände erlangt. Nach Eingang der Anzeige hat das FA aufgrund des Inhalts des ihm übersandten Vertrags vom 15. Mai 2009 und eigener Ermittlungen umgehend erkannt, dass und durch welche Rechtsvorgänge der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG verwirklicht wurde. Es hat nämlich die Klägerin bereits einen Tag nach Eingang der Kurzmitteilung des beurkundenden Notars durch Schreiben vom 28. Mai 2009 --und damit noch innerhalb der zweiwöchigen Anzeigefrist (§ 18 Abs. 3 Satz 1 GrEStG)-- auf den durch Vertrag vom 15. Mai 2009 verwirklichten Steuertatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG hingewiesen und bei der Klägerin eine Aufstellung ihres Grundbesitzes angefordert.

31

Aus diesem Geschehensablauf ist ersichtlich, dass das FA aufgrund der Kurzmitteilung des beurkundenden Notars das Vorliegen eines Erwerbsvorgangs i.S. des § 1 Abs. 2a GrEStG erkannt hat. Die Klägerin konnte sich aufgrund positiver Kenntnis des FA hinsichtlich aller maßgebenden Umstände nicht mehr der Besteuerung entziehen. D und M konnten den Erwerbsvorgang auch nicht mehr, bevor er dem FA bekannt wurde, ohne steuerliche Folgen wieder aufheben. In einem solchen Fall ist, da im Ergebnis der Normzweck des § 16 Abs. 5 GrEStG erreicht wurde, für eine Nichtanwendung des § 16 Abs. 2 GrEStG kein Raum.

32

Die auf anderen rechtlichen Erwägungen beruhende Vorentscheidung war daher aufzuheben.

33

3. Die Sache ist spruchreif. Da die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 GrEStG erfüllt sind, waren der Grunderwerbsteuerbescheid des FA vom 18. August 2010 sowie die Einspruchsentscheidung des FA vom 15. November 2010 ebenfalls aufzuheben.

(1) Der Grunderwerbsteuer unterliegen die folgenden Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen:

1.
ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet;
2.
die Auflassung, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Übereignung begründet;
3.
der Übergang des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist und es auch keiner Auflassung bedarf. Ausgenommen sind
a)
der Übergang des Eigentums durch die Abfindung in Land und die unentgeltliche Zuteilung von Land für gemeinschaftliche Anlagen im Flurbereinigungsverfahren sowie durch die entsprechenden Rechtsvorgänge im beschleunigten Zusammenlegungsverfahren und im Landtauschverfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz in seiner jeweils geltenden Fassung bis zur Höhe des Sollanspruchs, wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Flurbereinigungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist; in diesen Fällen ist auch der den Sollanspruch auf Zuteilung übersteigende Teil der Zuteilung (Mehrzuteilung) ausgenommen, wenn der Wert des dem neuen Eigentümer zugeteilten Grundstücks seinen sich aus dem Wert des eingebrachten Grundstücks ergebenden Sollanspruch auf Zuteilung nicht um mehr als 20 vom Hundert übersteigt,
b)
der Übergang des Eigentums im Umlegungsverfahren nach dem Bundesbaugesetz in seiner jeweils geltenden Fassung bis zur Höhe des Sollanspruchs, wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist; in diesen Fällen ist auch der den Sollanspruch auf Zuteilung übersteigende Teil der Zuteilung (Mehrzuteilung) ausgenommen, wenn der Wert des dem neuen Eigentümer zugeteilten Grundstücks seinen sich aus dem Wert des eingebrachten Grundstücks ergebenden Sollanspruch auf Zuteilung nicht um mehr als 20 vom Hundert übersteigt,
c)
der Übergang des Eigentums im Zwangsversteigerungsverfahren;
4.
das Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren;
5.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung eines Übereignungsanspruchs oder der Rechte aus einem Meistgebot begründet;
6.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte aus einem Kaufangebot begründet. Dem Kaufangebot steht ein Angebot zum Abschluß eines anderen Vertrags gleich, kraft dessen die Übereignung verlangt werden kann;
7.
die Abtretung eines der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Rechte, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte begründet.

(2) Der Grunderwerbsteuer unterliegen auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten.

(2a) Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, daß mindestens 90 vom Hundert der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Personengesellschaft beteiligten Personengesellschaften werden durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile am Gesellschaftsvermögen anteilig berücksichtigt. Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Personengesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt, gelten die Sätze 4 und 5. Eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gilt in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 90 vom Hundert der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Bei mehrstufigen Beteiligungen gilt Satz 4 auf der Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend. Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes bleibt der Erwerb von Anteilen von Todes wegen außer Betracht. Hat die Personengesellschaft vor dem Wechsel des Gesellschafterbestandes ein Grundstück von einem Gesellschafter oder einer anderen Gesamthand erworben, ist auf die nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ermittelte Bemessungsgrundlage die Bemessungsgrundlage für den Erwerbsvorgang, für den auf Grund des § 5 Abs. 3 oder des § 6 Abs. 3 Satz 2 die Steuervergünstigung zu versagen ist, mit dem entsprechenden Betrag anzurechnen.

(2b) Gehört zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Kapitalgesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Kapitalgesellschaft beteiligten Personengesellschaften werden durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile der Gesellschaft anteilig berücksichtigt. Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Kapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt, gelten die Sätze 4 und 5. Eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gilt in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 90 vom Hundert der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Bei mehrstufigen Beteiligungen gilt Satz 4 auf der Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend. Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes bleibt der Erwerb von Anteilen von Todes wegen außer Betracht.

(2c) Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes im Sinne von Absatz 2a Satz 1 und Absatz 2b Satz 1 bleiben Übergänge von Anteilen an Kapitalgesellschaften außer Betracht, die zum Handel an einem im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betriebenen organisierten Markt nach § 2 Absatz 11 des Wertpapierhandelsgesetzes oder einem Drittlandhandelsplatz, der gemäß Artikel 25 Absatz 4 Buchstabe a der Richtlinie 2014/65/EU von der Europäischen Kommission als gleichwertig erklärt wurde, zugelassen sind, soweit der Anteilsübergang auf Grund eines Geschäfts an diesem Markt oder Drittlandhandelsplatz oder einem multilateralen Handelssystem im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Nummer 14 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 erfolgt.

(3) Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, so unterliegen der Steuer, soweit eine Besteuerung nach den Absätzen 2a und 2b nicht in Betracht kommt, außerdem:

1.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers oder in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen oder in der Hand von abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen allein vereinigt werden würden;
2.
die Vereinigung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Nummer 1 vorausgegangen ist;
3.
ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft begründet;
4.
der Übergang unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft auf einen anderen, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Nummer 3 vorausgegangen ist.

(3a) Soweit eine Besteuerung nach den Absätzen 2a, 2b und 3 nicht in Betracht kommt, gilt als Rechtsvorgang im Sinne des Absatzes 3 auch ein solcher, aufgrund dessen ein Rechtsträger unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar eine wirtschaftliche Beteiligung in Höhe von mindestens 90 vom Hundert an einer Gesellschaft, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, innehat. Die wirtschaftliche Beteiligung ergibt sich aus der Summe der unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaft. Für die Ermittlung der mittelbaren Beteiligungen sind die Vomhundertsätze am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaften zu multiplizieren.

(4) Im Sinne des Absatzes 3 gelten als abhängig

1.
natürliche Personen, soweit sie einzeln oder zusammengeschlossen einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers in Bezug auf die Anteile zu folgen verpflichtet sind;
2.
juristische Personen, die nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert sind.

(5) Bei einem Tauschvertrag, der für beide Vertragsteile den Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks begründet, unterliegt der Steuer sowohl die Vereinbarung über die Leistung des einen als auch die Vereinbarung über die Leistung des anderen Vertragsteils.

(6) Ein in Absatz 1, 2, 3 oder Absatz 3a bezeichneter Rechtsvorgang unterliegt der Steuer auch dann, wenn ihm ein in einem anderen dieser Absätze bezeichneter Rechtsvorgang vorausgegangen ist. Die Steuer wird jedoch nur insoweit erhoben, als die Bemessungsgrundlage für den späteren Rechtsvorgang den Betrag übersteigt, von dem beim vorausgegangenen Rechtsvorgang die Steuer berechnet worden ist.

(7) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.