Finanzgericht Köln Urteil, 01. Okt. 2014 - 2 K 542/11
Tenor
Unter Abänderung des Versicherungsteuerbescheids für August 2007 vom 16. Oktober 2007 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 25. Juli 2013 wird die Versicherungsteuer um 580.134,25 € herabgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Beklagte zu 58 Prozent, die Klägerin zu 42 Prozent.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 36.959.895,-- € festgesetzt.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
1
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten um die Versicherungsteuerpflicht von Schadenselbstbehaltszahlungen einerseits und sog. Verkaufsaufschlägen andererseits, die im Zusammenhang mit von der Klägerin vertriebenen Reiseversicherungen angefallen sind.
3Die Klägerin ist ein Versicherungsunternehmen, welches insbesondere Versicherungsprodukte für Reiseleistungen anbietet. Das seinerzeit für die versicherungssteuerrechtlichen Belange der Klägerin zuständige Finanzamt A für Körperschaften führte bei der Klägerin Versicherungsteuer-Außenprüfungen durch, und zwar für die Prüfungszeiträume 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 2002 (Prüfungsbeginn am 12. Dezember 2002), 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 (Prüfungsbeginn am 17. Oktober 2005) sowie 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2006 (Prüfungsbeginn am 26. November 2007). Im Rahmen dieser Außenprüfungen traf das Finanzamt A für Körperschaften Feststellungen, die in den entsprechenden Betriebsprüfungsberichten für die Prüfungszeiträume Januar 1998 bis Dezember 2002 und Januar 2003 bis Dezember 2004, Berichte jeweils vom 11. September 2006 (Bl. 57 und 81 der Gerichtsakte -GA-) in der Fassung der Neuberechnung der Besteuerungsgrundlagen vom 5. Juli 2007 (Bl. 105 der GA), sowie für den Prüfungszeitraum Januar 2005 bis Dezember 2006, Bericht vom 15. Oktober 2009 (Bl. 110 der GA), festgehalten sind. Hiervon streitrelevant im vorliegenden Verfahren sind die Feststellungen zu den sog. Schadenselbstbehalten sowie zu den sog. Verkaufsaufschlägen bei Nettoverträgen. Dem liegen folgende tatsächliche Feststellungen zu Grunde:
4Auf Basis von Gruppenversicherungsverträgen zwischen der Klägerin (als Versicherer) und verschiedenen Reiseveranstaltern (als Versicherungsnehmer) boten die Reiseveranstalter zusammen mit den von ihnen angebotenen Reiseleistungen obligatorisch den Abschluss von Reiserücktrittskostenversicherungen der Klägerin an. In den Gruppenversicherungsverträgen gewährte die Klägerin dem Reiseveranstalter zu Gunsten der Reisekunden (als versicherte Personen) Versicherungsschutz insbesondere im Hinblick auf anfallende Stornogebühren bei Reiserücktritt, für die Mehrkosten bei verspätetem Reiseantritt, verspäteter Rückkehr oder Abbruch der Reise. Die Kosten dieser Versicherung wurden direkt in den Reisepreis der Veranstalter eingerechnet. Den versicherten Reisekunden wurde vom Reiseveranstalter ein „Versicherungsausweis“ ausgehändigt, womit der Reisekunde seine Ansprüche direkt gegenüber der Klägerin geltend machen konnte. Anfallende Schadenszahlungen wurden direkt von der Klägerin an die Reisekunden geleistet.
5Nach einigen dieser Gruppenversicherungsverträge, und zwar betreffend B, C und D, hatten die Reiseveranstalter neben den Prämien, die nach bestimmten, bei den einzelnen Reiseveranstaltern unterschiedlichen Prozentsätzen bezogen auf den Reisepreis berechnet wurden, zusätzlich an die Klägerin einen weiteren Betrag der im Versicherungszeitraum an die Reisekunden geleisteten Schadenzahlungen (sog. Schadenselbstbehalte) zu leisten. Die Regelungen zu diesen Schadenselbstbehalten sahen vor, dass entweder je Versicherungsfall und Person ein Festbetrag (z.B. in Höhe von 50 DM), ein fester, pauschalierter Schadenselbstbehalt (z.B. in Höhe von 1,5 Millionen DM pro Jahr) oder ein Schadenselbstbehalt in Höhe eines prozentualen Anteils an den im jeweiligen Jahr geleisteten Schadensaufwendungen zu leisten war (siehe hierzu im Einzelnen Bl. 192 f. der GA). In den Streitjahren 1998 bis 2004 wurden lediglich die von der Klägerin vereinnahmten Prämien der Versicherungsteuer unterworfen, nicht jedoch die Schadenselbstbehaltszahlungen. Bezüglich der Streitjahre 2005 und 2006 sind keine Schadenselbstbehaltszahlungen streitbefangen.
6Neben den von den Reiseveranstaltern zu tragenden Schadenselbstbehalten ist in den Gruppenversicherungsverträgen teilweise auch ein – vorliegend nicht streitbefangener – von den versicherten Reisekunden zu tragender Selbstbehalt geregelt, zum Beispiel je Versicherungsfall und Person ein Betrag in Höhe von 50 DM oder bei Stornierung wegen Erkrankung ein Betrag in Höhe von 20 % des erstattungsfähigen Schadens.
7Nach den Prüfungsfeststellungen ergab sich im Zusammenhang mit den Schadenselbstbehalten eine nachzuerhebende Versicherungsteuer in Höhe von 2.010.767,16 € für 1998 bis 2002 und in Höhe von 463.048,35 € für 2003 und 2004, mithin in Höhe von insgesamt 2.473.815,51 €.
8Darüber hinaus gewährte die Klägerin aufgrund der im Wesentlichen ab 1999 zwischen der Klägerin (als Versicherer) und verschiedenen Reiseveranstaltern (als Versicherungsnehmer) der A-Gruppe und der E-Gruppe abgeschlossenen Gruppen‑/Rahmenversicherungsverträgen bzw. „Verträgen über die Verschaffung von Versicherungsschutz“ den Reiseveranstaltern nach Maßgabe der Versicherungsbedingungen Versicherungsschutz zu Gunsten der Reisekunden (als versicherte Personen). Den Reisekunden wurde hierbei vertraglich ein eigenes Recht eingeräumt, Ansprüche direkt gegen die Klägerin, d.h. ohne Zustimmung des Reiseveranstalters, geltend zu machen. Die Klägerin übernahm die Bearbeitung und Begleichung der anfallenden Schäden der Reisekunden.
9Bei diesen Vertragsgestaltungen vereinnahmten die Reiseveranstalter von den Reisekunden als Entgelt für die von den Veranstaltern angebotenen Versicherungen sog. Verkaufspreise. In diesen Verkaufspreisen enthalten war die Versicherungsprämie (sog. „Abrechnungsprämie“), welche die Reiseveranstalter an die Klägerin (zuzüglich Versicherungsteuer) zu entrichten hatten. Hierbei wurde – anders als noch nach früheren vertraglichen Regelungen zwischen der Klägerin und den Reiseveranstaltern – keine Vermittlungsprovision abgerechnet, weshalb die Verträge von den Beteiligten auch als „Nettoverträge“ bezeichnet werden. Die Differenz zwischen den Verkaufspreisen und den Versicherungsprämien (Abrechnungsprämien) verblieb bei den Reiseveranstaltern als Erlös (sog. Verkaufserlöse, Verkaufsaufschläge) aus dem Vertrieb von Versicherungsschutz. Die Verkaufspreise wurden von den Reiseveranstaltern in Absprache mit der Klägerin festgelegt. Den Reisekunden wurde nicht erläutert, wie sich die Verkaufspreise zusammensetzen.
10Der Versicherungsteuer unterworfen wurden lediglich die von der Klägerin vereinnahmten Versicherungsprämien, nicht hingegen die von den Reiseveranstaltern darüber hinaus vereinnahmten Erlöse, d.h. die Verkaufsaufschläge als Differenz zwischen Verkaufspreisen und (darin enthaltenen) Versicherungsprämien.
11Nach den Prüfungsfeststellungen ergab sich im Zusammenhang mit den Verkaufsaufschlägen bei Nettoverträgen eine nach Ansicht des Beklagten nachzuerhebende Versicherungsteuer in Höhe von 19.469.795,48 € für 1998 bis 2002, in Höhe von 8.709.686,36 € für 2003 und 2004 sowie in Höhe von 6.306.598,15 € für 2005 und 2006, mithin in Höhe von insgesamt 34.486.598,15 €.
12Aufgrund der Feststellungen der Versicherungsteuer-Außenprüfungen erließ das Finanzamt A für Körperschaften nach § 10 Abs. 4 Versicherungsteuergesetz (VersStG) Nachforderungsbescheide für Versicherungsteuer, und zwar
13- für August 2007 mit Bescheid vom 16. Oktober 2007 mit einer Festsetzung von Versicherungsteuer in Höhe von 46.943.209,78 €, wovon 30.653.297,35 € auf die im vorliegenden Verfahren ursprünglich streitbefangenen Schadenselbstbehalte und Verkaufsaufschläge bei Nettoverträgen der Streitjahre 1998 bis 2004 entfallen, sowie
14- für September 2009 mit Bescheid vom 10. November 2009 mit einer Festsetzung von Versicherungsteuer in Höhe von 13.333.254,88 €, wovon 6.306.598,15 € auf die insoweit ursprünglich streitrelevanten Verkaufsaufschläge bei Nettoverträgen der Streitjahre 2005 und 2006 entfallen.
15Gegen diese Versicherungsteuer-Nachforschungsbescheide wandte sich die Klägerin mit Einsprüchen vom 26. Oktober 2007 und vom 17. November 2009.
16Neben den Streitpunkten „Schadenselbstbehaltszahlungen“ und „Verkaufsprämien bei Nettoverträgen“ traf das Finanzamt A für Körperschaften im Rahmen der Versicherungsteuer-Außenprüfungen auch noch Feststellungen zu von der Klägerin vertriebenen Reisepaketen, bei denen in den vereinnahmten Versicherungsprämien auch Anteile für Krankenversicherungen enthalten waren („Versicherungspakete mit Krankenversicherungsanteil“). Hinsichtlich dieses Sachverhaltskomplexes wurden die beiden Einspruchsverfahren im Hinblick auf das beim Bundesfinanzhof (BFH) seinerzeit anhängige Revisionsverfahren II R 26/10 zum Ruhen gebracht.
17Hinsichtlich der darüber hinausgehenden, hier streitrelevanten Sachverhaltskomplexe (Schadenselbstbehaltszahlungen und Verkaufsaufschläge bei Nettoverträgen) blieben die Einsprüche erfolglos und wurden mit Teil-Einspruchsentscheidung vom 27. Januar 2011 (Bl. 3 der GA) als unbegründet zurückgewiesen. Hinsichtlich der Teile „Versicherungspakete mit Krankenversicherungsanteilen“ wurde gleichzeitig entschieden, dass nach § 367 Abs. 2a der Abgabenordnung (AO) keine Bestandskraft eintreten soll.
18Mit der vorliegenden Klage wehrt sich die Klägerin weiterhin gegen die Versicherungsteuer-Nachforderungsbescheide, soweit die hiergegen erhobenen Einsprüche betreffend Schadenselbstbehalte und Verkaufsaufschläge bei Nettoverträgen zurückgewiesen worden sind, und begehrt insoweit die Aufhebung der Steuerfestsetzungen.
19Der weitere Streitpunkt, inwieweit für einzelne Zeiträume, auf die sich die Versicherungsteuer-Nachforderung bezog, bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war, konnte im Laufe des Klageverfahrens beigelegt werden. Insoweit erließ der Beklagte für den Monat August 2007 einen geänderten Versicherungsteuerbescheid mit Datum 24. Mai 2013 (Bl. 338 der GA), wegen einer Adressänderung der Klägerbevollmächtigten inhaltsgleich erneut zugestellt mit Datum 3. Juni 2013 (Bl. 353 der GA), zum Versicherungsteuerbescheid vom 16. Oktober 2007 in Gestalt der Teil-Einspruchsentscheidung vom 27. Januar 2011. Damit berücksichtigte der Beklagte, dass nach dem zwischenzeitlich ergangenen Urteil des Bundesfinanzhofs vom 13. Dezember 2011 (II R 26/10) auch im vorliegenden Fall hinsichtlich der im Rahmen der Versicherungsteuer-Außenprüfung ermittelten Nachforderungsbeträge für die Zeiträume Januar 1998 bis November 2002 zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Versicherungsteuer-Nachforderungsbescheids für den Monat August 2007 bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war. Aufgrund dessen reduzierte der Beklagte bezogen auf die vorliegend streitigen Sachverhaltskomplexe den Steuerfestsetzungsbetrag um 1.893.681,26 € betreffend die Schadenselbstbehalte und um weitere 18.942.683,17 € betreffend die Nettoverträge, mithin um insgesamt 20.836.364,42 €.
20Des Weiteren erging im Laufe des Streitverfahrens ein weiterer Änderungsbescheid im Hinblick auf die Festsetzung (Nachforderung) der Versicherungsteuer für August 2007 mit Bescheid vom 25. Juli 2013 (Bl. 372 der GA) betreffend die nicht vom Klageverfahren umfassten, ebenfalls verjährten Steuerbeträge betreffend den Sachverhaltskomplex „Versicherungspakete mit Krankenversicherungsanteil“, mit dem im Hinblick auf Festsetzungsverjährung der Mehrsteuern nach der Versicherungsteuer-Außenprüfung für die Zeiträume Januar 1998 bis November 2002 die Versicherungsteuer um einen Betrag in Höhe von 9.902.646,37 € herabgesetzt wurde.
21Nach diesen Abhilfeentscheidungen des Beklagten sind vorliegend zuletzt noch streitbefangen folgende Festsetzungsbeträge:
22
Anmeldungszeitraum |
Jahre |
streitbefangener Nachholungsbetrag |
davon Schadenselbstbehalte |
Verkaufsaufschläge bei Nettoverträgen |
August 2007 |
1998-2002 |
9.816.932,93 |
117.085,90 |
527.112,31 |
2003-2004 |
463.048,35 |
8.709.686,36 |
||
September 2009 |
2005-2006 |
6.306.598,15 |
6.306.598,15 |
|
Summen |
16.123.531,08 |
580.134,25 |
15.543.396,82 |
Zur Begründung ihrer insoweit aufrechterhaltenen Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor:
24Die von den Reiseveranstaltern zu tragenden Schadenselbstbehalte unterlägen nicht der Versicherungsteuerpflicht, da sie einen Schaden bzw. ein Risiko der Reiseveranstalter im Hinblick auf von diesen selbst zu tragende Mehrkosten im Falle einer Rückreise bzw. eines Reiseabbruchs, bei Regressansprüchen gegenüber den Reisekunden sowie bei Ausfall der Stornogebührenforderung darstellten. Wie der BFH im Urteil vom 16. Dezember 2009 (II R 44/07) entschieden habe, seien Schadenszahlungen, die ein Versicherungsnehmer entsprechend einer mit dem Versicherer getroffenen Vereinbarung selbst trägt, kein Versicherungsentgelt im Sinne von § 1 Abs. 1 VersStG und § 3 Abs. 1 VersStG.
25Die zwischen der Klägerin und den Reiseveranstaltern abgeschlossenen Verträge seien Versicherungsverträge zu Gunsten Dritter (der Reisekunden) im Sinne von §§ 74 ff. Versicherungsvertragsgesetz (VVG) in der bis zum 31. Dezember 2007, mithin für die Streitzeiträume geltenden Fassung, entsprechend §§ 43 ff. VVG in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung. Bei Versicherungsverträgen zu Gunsten Dritter fielen die konkreten schadensverursachenden Ereignisse typischerweise bei den Dritten als versicherten Personen an. Dies ändere jedoch nichts an einer Schadenstragung durch den Versicherungsnehmer, da dieser im Umfang des Schadenselbstbehalts die Schäden der Dritten, damit deren Risiken selbst übernehme. Da diese Risiken gerade nicht die Klägerin als Versicherer übernehme, sondern die Reiseveranstalter als Versicherungsnehmer den Schadensausgleich bewirken, stelle dies eine Eigendeckung dar, welche keine Versicherungsteuerpflicht auslöse, da diese außerhalb der Gefahrengemeinschaft anfalle. Mangels Risikotragung des Versicherers werde kein Versicherungsverhältnis begründet oder durchgeführt, wie dies nach § 3 Abs. 1 Satz 1 VersStG für die Annahme eines versicherungsteuerpflichtigen Entgelts erforderlich sei. Ohne die vereinbarten Schadenselbstbehalte hätte die Klägerin schließlich mit anderen, höheren Prämien kalkuliert.
26Hinzu komme, dass für die Beurteilung eines Versicherungsverhältnisses das Innenverhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer, nicht jedoch das Verhältnis zu Dritten als versicherten Personen maßgeblich sei. Dies müsse auch für die Zahlungsverpflichtungen gelten mit der Folge, dass es unbeachtlich sei, dass die Klägerin als Versicherer nach außen zunächst die Schadenszahlungen gegenüber den Reisekunden in vollem Umfang reguliere und sodann die Schadenselbstbehalte mit den Reiseveranstaltern als Versicherungsnehmer abrechne. Denn in den Schadenselbstbehaltszahlungen seitens der Reiseveranstalter sei keine Begleichung einer Schuld im Rahmen eines Versicherungsverhältnisses gegenüber dem Versicherer und damit keine Zahlung im Sinne von § 1 Abs. 1 VersStG, sondern eine Eigendeckung der Reiseveranstalter zu sehen.
27Diese Sichtweise entspreche auch dem Urteil des BFH vom 16. Dezember 2009 (II R 44/07), wonach im Falle einer vollständigen Schadensbegleichung gegenüber dem Geschädigten (aufgrund gesetzlicher Verpflichtung) und einer sich anschließenden teilweisen Erstattung des beglichenen Schadens durch den Versicherungsnehmer insoweit keine Risikotragung durch den Versicherer und damit kein Versicherungsverhältnis vorliege. Der Versicherer trage das Risiko vielmehr nur über den vom Versicherungsnehmer zu leistenden Selbstbehalt hinaus; insoweit werde auch keine Gegenleistung für eine Risikotragung erbracht. Im vorliegenden Falle müsse dies genauso gelten, da die Auszahlung des vollen Schadensbetrages zunächst durch die Klägerin lediglich einer Verfahrensvereinfachung und unkomplizierten Regulierung des Schadens im Interesse der Reisekunden gedient habe. Im Rahmen des von den Reiseveranstaltern als Versicherungsnehmern zu tragenden Schadenselbstbehalts liege gerade keine Risikotragung durch die Klägerin vor. Insoweit sei es auch unbeachtlich, ob der Schadenselbstbehalt als Festbetrag oder als Prozentsatz berechnet auf die im jeweiligen Jahr geleisteten Schadensaufwendungen geregelt sei.
28Im Hinblick auf den Streitkomplex „Verkaufsaufschläge bei Nettoverträgen“ handele es sich entgegen der Ansicht des Beklagten bei den zwischen der Klägerin und den Reiseveranstaltern der A-Gruppe und der E-Gruppe abgeschlossenen Verträgen ebenfalls um Versicherungsverträge zu Gunsten Dritter, nämlich der Reisekunden. Eine Umdeutung der Vertragsbeziehungen dahingehend, dass es sich um einen Direktvertrag zwischen der Klägerin und den Reisekunden handele, sei nicht möglich.
29Die Reisekunden seien als außenstehende Dritte nicht in das zwischen der Klägerin und den Reiseveranstaltern bestehende Versicherungsverhältnis eingebunden. Gegen eine unmittelbare Vertragsbeziehung der Reisekunden zur Klägerin spreche bereits, dass die Vertragsbeteiligten keinen derartigen rechtsgeschäftlichen Willen zum Abschluss eines solchen (direkten) Vertrages gehabt hätten. Zwar seien die Reisekunden berechtigt, eigene Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag gegenüber der Klägerin geltend zu machen. Dies sei jedoch Folge des Versicherungsvertrags zu Gunsten Dritter. Die Reisekunden hätten lediglich vertragliche Beziehungen zu den Reiseveranstaltern. Dies folge bereits daraus, dass die Kunden den Verkaufspreis, bestehend aus Abrechnungsprämie und Verkaufsaufschlag, direkt an den Veranstalter zahlen, mithin gerade nicht an die Klägerin. Der von den Reisekunden zu tragende, im Verkaufspreis enthaltene Verkaufsaufschlag stelle ein Entgelt für die von den Reiseveranstaltern erbrachte „Verschaffung des Versicherungsschutzes“ und gerade kein Versicherungsentgelt dar. Dem entspreche auch die Sichtweise eines Reisekunden, da dieser wisse, dass ihm der Reiseveranstalter neben der Reise selbst auch eine Versicherung verkaufe und er, der Reisende, hierfür einen Preis, d.h. den Verkaufsaufschlag, zahle, auch wenn dieser gegenüber dem Kunden nicht offen ausgewiesen werde. Dieser Verkaufsaufschlag werde weder der Klägerin geschuldet noch an diese gezahlt.
30Im Übrigen seien die Reiseveranstalter nicht als Vertreter, weder für die Klägerin noch für die Reisekunden, aufgetreten. Der Versicherungsschutz werde auch nicht erst mit Abschluss eines Vertrages mit den Reisekunden gewährt. Vielmehr bestünde ein solcher Versicherungsschutz bereits (aufgrund der Rahmenverträge zwischen der Klägerin und den Reiseveranstaltern), bevor die einzelnen Kunden Verkaufsverträge mit den Reiseveranstaltern abschließen. Die Kunden würden sodann lediglich noch in den Versicherungsschutz mit einbezogen. Zudem hätten die Reisekunden – entgegen der vom Beklagten geäußerten Ansicht – die gleichen Rechte wie bei Abschluss eines direkten Versicherungsvertrages mit der Klägerin.
31Der Verkaufsaufschlag könne auch nicht als fingierte Provisionszahlung der Klägerin an die Reiseveranstalter angesehen werden. Zum einen könnten die Reiseveranstalter gerade keine Provisionen von der Klägerin verlangen. Zum anderen bedürfe es einer solchen Provision auch nicht, weil die Reiseveranstalter das Entgelt für ihre Verkaufsbemühungen von ihren Kunden direkt erhielten. Schließlich habe die Klägerin mit den vorliegend streitbefangenen Verträgen mit den Reiseveranstaltern der A-Gruppe und der E-Gruppe gerade – anders als in anderen Verträgen – keine Provisionsvereinbarung treffen wollen. Im Unterschied dazu entspreche der Verkaufsausschlag im vorliegenden Fall einer den Reiseveranstaltern sich bietenden Geschäftschance im Zusammenhang mit der Verschaffung von Versicherungsschutz zu Gunsten ihrer Kunden.
32Die Annahme eines direkten Versicherungsverhältnisses zwischen der Klägerin und den Reisekunden und damit einer Versicherungssteuerpflicht des von den Reisekunden zu tragenden Verkaufsaufschlags könne auch nicht damit begründet werden, dass der Verkaufspreis von der Klägerin und den Reiseveranstalter einvernehmlich festgelegt werde. Das Mitspracherecht der Klägerin bei der Festlegung der Höhe des Verkaufspreises sei kaufmännisch begründet, da die Klägerin ihren Vertragspartnern nicht nur die Netto-Versicherungsprämien vorgebe, sondern auch auf die Höhe des Verkaufsaufschlages Einfluss nehme. Dies sei erforderlich, um als Versicherer am Markt konkurrenzfähig zu bleiben. Es müsse vermieden werden, dass der Endpreis gegenüber dem Reisekunden, d.h. Verkaufspreis inklusive Verkaufsaufschlag für den verschafften Versicherungsschutz, derart hoch sei, dass die Umsätze der Klägerin gefährdet werden könnten, weil Reisende auf einen Versicherungsschutz verzichten oder billigere Reiseversicherungen abschließen.
33Schließlich verweist die Klägerin auf die Entscheidung des Finanzgerichts Bremen vom 14. Dezember 2005 (2 K 186/05, EFG 2006, 1113) wonach für eine mit dem vorliegenden Fall vergleichbare Konstellation die Verschaffung von Versicherungsschutz im Wege eines Rahmenvertrages nach §§ 74 ff. VVG alte Fassung anerkannt worden sei. In dem vom Finanzgericht Bremen entschiedenen Fall habe ein Finanzdienstleister mit mehreren Versicherungen Rahmenverträge betreffend die Versicherung von Kraftfahrzeugen abgeschlossen, wonach sich der Versicherungsschutz auf alle auf den Versicherungsnehmer bzw. dessen Kunden zugelassenen und dem Versicherer gemeldeten Kraftfahrzeuge erstreckt habe. Die auf diese Weise in den Versicherungsschutz einbezogenen Kunden des Finanzdienstleister hätten ein (ihnen gegenüber nicht aufgegliedertes) Gesamtentgelt, bestehend aus der an den Versicherer weitergeleiteten Versicherungsprämie sowie dem beim Finanzdienstleister verbleibenden Entgelt, entrichtet, ohne dass die Kunden des Finanzdienstleister als Vertragspartner des Versicherers angesehen worden seien.
34Wegen der weiteren Einzelheiten des klägerischen Vortrags wird Bezug genommen auf die Schriftsätze vom 9. Mai 2011 (Bl. 34 der GA), vom 23. Januar 2012 (Bl. 176 der GA), vom 30. Mai 2012 (Bl. 266 der GA), vom 4. Dezember 2012 (Bl. 321 der GA), vom 22. Juli 2013 (Bl. 366 der GA) und vom 24. September 2013 (Bl. 411 der GA).
35Die Klägerin beantragt,
36-
37
1. unter Abänderung des Versicherungsteuernachforderungsbescheids für August 2007 vom 25. Juli 2013 die Versicherungsteuer um 9.816.932,92 € herabzusetzen,
-
38
2. unter Abänderung des Versicherungsteuernachforderungsbescheids für Oktober 2009 vom 10. November 2009 die Versicherungsteuer um 6.306.598,15 € herabzusetzen,
-
39
3. hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
41-
42
1. die Klage abzuweisen,
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43
2. hilfsweise für den Fall, dass das Gericht bei den Nettoverträgen die Reiseveranstalter als Versicherungsnehmer ansieht und die Versicherungsteuerpflicht der Schadenselbstbehaltszahlungen bejaht, die Steuernachholung für August 2007 auf 883.967,39 € und für Oktober 2009 auf 0,00 € herabzusetzen,
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44
3. hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die von den Reiseveranstaltern getragenen Schadenselbstbehaltszahlungen sieht der Beklagte als versicherungsteuerpflichtiges Entgelt im Sinne von §§ 1, 3 VersStG an. Zur Begründung führt er im Wesentlichen an, dass die Klägerin als Versicherer das volle Risiko der Schadensbegleichung gegenüber den Reisekunden übernommen habe und insoweit auch tatsächlich die Schäden der Reisekunden, lediglich abzüglich der – hier nicht streitigen – von den Reisekunden zu tragenden Selbstbehalte, reguliert und getragen habe. Im Unterschied zu dem vom BFH im Verfahren II R 44/7 entschiedenen Fall könne vorliegend die Klägerin bezüglich des vollen Schadens, d.h. zu 100 %, von den Reisekunden in Anspruch genommen werden. Demgegenüber hätten die Reiseveranstalter kein Schadensrisiko etwa in Form des Ausfalls der Stornogebühren zu tragen, da dies vielmehr das Schadensrisiko der Reisekunden, die mit entsprechenden Stornogebühren belastet würden, darstelle. Soweit die Reiseveranstalter einen entsprechenden Schaden tragen würden, stelle dies keinen „Selbstbehalt“ der Veranstalter dar.
46Darüber hinaus sei der vorliegende Fall auch deshalb nicht mit dem vom BFH im Verfahren II R 44/07 entschiedenen Fall vergleichbar, weil in jenem Fall – anders als hier – der Versicherungsnehmer mit der versicherten Person identisch gewesen sei.
47Schließlich unterlägen auch die von den Reiseveranstaltern vereinnahmten Verkaufsaufschläge aufgrund der zwischen der Klägerin und den Reiseveranstaltern der A‑Gruppe und der E-Gruppe abgeschlossenen sog. Nettoverträge der Versicherungsteuer. Entgegen der Ansicht der Klägerin handele es sich nicht um ein Versicherungsverhältnis zwischen der Klägerin und den Reiseveranstaltern, sondern tatsächlich um ein Versicherungsverhältnis zwischen der Klägerin und den Reisekunden. In diesem Zusammenhang seien die Reiseveranstalter als Vertreter der Klägerin bei Abschluss entsprechender Versicherungsverträge aufgetreten. Dies ergebe sich insbesondere aufgrund der in den Katalogen der Veranstalter enthaltenen Anzeigen betreffend die Reiseschutzversicherungen. Indem die Klägerin den Reiseveranstaltern erlaubt habe, Versicherungsschutz der Klägerin gegenüber den Reisekunden anzubieten und entsprechende Versicherungsbestätigungen zu erteilen, habe die Klägerin die Reiseveranstalter konkludent zum Abschluss entsprechender Verträge zwischen der Klägerin und den Reisekunden bevollmächtigt. Zudem hätten die Reiseveranstalter der A-Gruppe und E-Gruppe keinen eigenen Versicherungsschutz anbieten wollen. Entgegen der Ansicht der Klägerin sei in der von den Reiseveranstaltern erbrachten „Besorgung von Versicherungsschutz“ keine maßgebliche Besorgungsleistung zu erblicken, vor allem da die Reisekunden den Versicherungsschutz unmittelbar von der Klägerin erhalten hätten.
48Auch aus Sicht der Reisekunden hätten die Reiseveranstalter keine Geschäftsbesorgungen gegenüber den Reisekunden erbracht. Dies folge daraus, dass im Falle eines Reiserücktritts oder einer Reiseabsage durch den Veranstalter der gesamte zuvor von den Kunden vereinnahmte Verkaufspreis an diese hätte zurückgezahlt werden müssen. Dies widerspreche der Betrachtung seitens der Klägerin, wonach eine entgeltliche Geschäftsbesorgung im Interesse der Reisekunden im Hinblick auf die Besorgung von Versicherungsschutz vorliege.
49Stattdessen seien die Verträge zwischen der Klägerin und den Reiseveranstaltern als Agenturverträge anzusehen. Gegenstand dieser Verträge sei die Verpflichtung der Reiseveranstalter, den Reisekunden zu den vereinbarten „Verkaufspreisen“ Versicherungsschutz zu verschaffen und davon die mit der Klägerin vereinbarten „Abrechnungsprämien“ an diese abzuführen. Im Gegenzug dazu dürften die Reiseveranstalter die Differenz zwischen Verkaufspreis und Abrechnungsprämie als Gegenleistung für ihre Tätigkeit behalten; dieses Entgelt stelle letztendlich eine Provision dar. Diese Betrachtung werde durch die von den Reiseveranstaltern übernommenen agenturtypischen Verpflichtungen, unter anderem dahingehend, in den Reisekatalogen für die Versicherungsprodukte der Klägerin mit vorgegebenen Texten zu werben, die Richtlinien und Weisungen der Klägerin zu befolgen, nicht von den Tarifen und Annahmerichtlinien der Klägerin abzuweichen, keinen über die vereinbarten Versicherungsbedingungen hinausgehenden bzw. vorläufigen Deckungsschutz zuzusagen und bei Reiserücktritt des Reisekunden oder Reiseabsage des Veranstalters den Verkaufspreis vollständig an die versicherte Person zurückzuerstatten, bestätigt.
50Schließlich entspreche die Annahme von Agenturverträgen und damit der Qualifizierung des Verkaufsaufschlags als der Versicherungspflicht unterliegende Provision der in der Vergangenheit geübten Praxis des sog. Katalogverkaufsverfahrens. Danach hätten die Veranstalter für die Vermittlung von Versicherungen an ihre Reisekunden von der Klägerin eine versicherungsteuerpflichtige Provision dafür erhalten, dass sie, die Veranstalter, im Reisekatalog Reiseversicherungen der Klägerin angeboten und beworben haben. Aufgrund monatlicher Abrechnung hätten die Reiseveranstalter sodann die vereinbarten Versicherungsprämien abzüglich der den Reiseveranstaltern und ihren Reisebüros zustehenden Provisionen an die Klägerin abgeführt. Vor diesem Hintergrund seien die Versicherungsentgelte einschließlich der abgerechneten Provisionen der Versicherungsteuer unterworfen worden. Im Vergleich dazu entspreche die in den hier streitrelevanten, ab 1999 zwischen der Klägerin und den Reiseveranstaltern der A-Gruppe und E-Gruppe abgeschlossenen Versicherungsverträgen getroffene Vereinbarung, wonach die Differenz zwischen Verkaufspreis und Abrechnungsprämie den Veranstaltern zugutekomme, dem gekürzten Provisionsanteil zuzüglich ersparter Versicherungsteuer.
51Des Weiteren sei der vorliegende Fall nicht mit dem vom Finanzgericht Bremen entschiedenen Fall vergleichbar. Vorliegend stünden den versicherten Personen (Reisekunden) eigene Rechte gegenüber dem Versicherer zu. Zudem sei die Klägerin im Außenauftritt gegenüber den versicherten Personen transparent als Versicherer aufgetreten. Schließlich sei aufgrund des insgesamt seitens der Reiseveranstalter vereinnahmten Entgelts (Verkaufspreis) keine Aufteilung dahingehend möglich, welche Teile dieses Entgelts für Versicherungsleistung, für Werbung, für Schadenselbstbehalte oder Ähnliches geleistet werde. Auch dies bestätigte, dass von einem einheitlichen, der Versicherungsteuer unterliegenden Entgelt auszugehen sei.
52Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vortrags des Beklagten wird Bezug genommen auf die Schriftsätze vom 25. August 2011 (Bl. 139 der GA), vom 27. September 2012 (Bl. 294 der GA), vom 20. Februar 2013 (Bl. 329 der GA) und vom 29. August 2013 (Bl. 380 der GA).
53Entscheidungsgründe
54Die zulässige Klage ist nur zu einem geringen Teil begründet.
55Die Klage ist begründet, soweit sich die Klägerin gegen die Versicherungsteuer-Nachforderung im Hinblick auf die zuletzt noch streitrelevanten Schadenselbstbehalte wehrt. Der angefochtene Versicherungsteuer-Nachforderungsbescheid für August 2007 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 25. Juli 2013 ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO), als darin die Schadenselbstbehalte, die die Klägerin in den Streitjahren 1998 bis 2004 von den Reiseveranstaltern erhalten hatte, der Versicherungsteuerpflicht unterworfen werden, mithin bezüglich eines Teilbetrags der festgesetzten Versicherungsteuer in Höhe von 580.134,25 € (dazu nachfolgend unter II.).
56Im Übrigen, d.h. soweit sich die Klägerin gegen die Versicherungsteuerpflicht der Verkaufsaufschläge bei den Nettoverträgen wendet, ist die Klage unbegründet (dazu nachfolgend unter III.).
57I. Der Versicherungsteuer unterliegt nach § 1 Abs. 1 des Versicherungsteuergesetzes in der in den Streitzeiträumen geltenden Fassung (VersStG) die Zahlung eines Versicherungsentgelts aufgrund eines durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandenen Versicherungsverhältnisses.
581. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 VersStG ist Versicherungsentgelt jede Leistung, die für die Begründung und zur Durchführung des Versicherungsverhältnisses an den Versicherer zu bewirken ist, wobei hierunter insbesondere Prämien, Beiträge, Vorbeiträge, Vorschüsse, Nachschüsse, Umlagen und Gebühren für die Ausfertigung des Versicherungsscheins und sonstige Nebenkosten fallen.
59Nicht zum Versicherungsentgelt gehört, was zur Abgeltung einer Sonderleistung des Versicherers oder aus einem sonstigen in der Person des einzelnen Versicherungsnehmers liegenden Grund gezahlt wird, insbesondere Kosten für die Ausstellung einer Ersatzurkunde und Mahnkosten (§ 3 Abs. 1 Satz 2 und 3 VersStG).
60Das Merkmal der „Zahlung eines Versicherungsentgelts“ im Sinne von § 1 Abs. 1 VersStG erfasst den rechtlich erheblichen „Geldumsatz” im Versicherungswesen und damit nicht jegliche Zahlung von Geld an den Versicherer, sondern (nur) jede Leistung, die eine im Versicherungsverhältnis begründete Schuld des Versicherungsnehmers gegenüber dem Versicherer erlöschen lässt (vgl. BFH-Urteile vom 20. April 1977 II R 47/76, BFHE 122, 559, BStBl II 1977, 748; vom 5. Februar 1992 II R 93/88, BFH/NV 1993, 68; vom 16. Dezember 2009 II R 44/07, BFHE 228, 285, BStBl II 2010, 1097). Gegenstand der Besteuerung ist nicht das Versicherungsverhältnis als solches, sondern die Zahlung des Versicherungsentgelts durch den Versicherungsnehmer, d.h. durch den zur Zahlung Verpflichteten. Die Versicherungsteuer ist eine Verkehrsteuer auf den rechtlich erheblichen Vorgang des Geldumsatzes (vgl. BFH-Urteile vom 16. Dezember 2009 II R 44/07, BFHE 228, 285, BStBl II 2010, 1097; vom 5. Februar 1992 II R 93/88, BFH/NV 1993, 68).
612. Weder das Versicherungsteuergesetz noch das Versicherungsvertragsgesetz und das Versicherungsaufsichtsgesetz enthalten eine Bestimmung des Begriffs „Versicherungsverhältnis“. Vielmehr muss sein Inhalt aus dem allgemeinen Sprachgebrauch und, da dieser entscheidend vom Versicherungsrecht geprägt wird, aus dem allgemeinen Versicherungsrecht entnommen werden (vgl. BFH-Urteil vom 20. April 1977 II R 36/76, BFHE 122, 352, BStBl II 1977, 688). Unter dem Versicherungsverhältnis sind hiernach das durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandene Rechtsverhältnis des einzelnen Versicherungsnehmers zum Versicherer und seine Wirkungen zu verstehen (vgl. BFH-Urteil vom 8. Dezember 2010 II R 12/08, BFHE 232, 223, BStBl II 2012, 383; vom 29. November 2006 II R 78/04, BFH/NV 2007, 513). Dabei ist der Begriff der Versicherung weit gefasst und nach dem besonderen Zweck des Versicherungsteuerrechts zu deuten. Wesentliches Merkmal für ein „Versicherungsverhältnis“ im Sinne des § 1 Abs. 1 VersStG ist das Vorhandensein eines vom Versicherer gegen Entgelt übernommenen, beim Versicherungsnehmer angesiedelten Wagnisses, um nach dem Gesetz der Großen Zahl im Kollektiv gleichartiger Risiken einen versicherungstechnischen Risikoausgleich herzustellen (vgl. BFH-Urteile 11. Dezember 2013 II R 53/11, BFHE 244, 56, BStBl II 2014, 352; vom 19. Juni 2013 II R 26/11, BFHE 241, 431, BStBl II 2013, 1060; vom 16. Dezember 2009 II R 44/07, BFHE 228, 285, BStBl II 2010, 1097 m.w.N.; Medert, DStR 2010, 443).
62Ein weiteres Wesensmerkmal des Versicherungsverhältnisses ist die Begründung einer Gefahrengemeinschaft mit dem Ziel, Gefahren, d.h. ungewisse Schäden oder ungewisse Verluste, die die Mitglieder der Gefahrengemeinschaft unmittelbar selbst treffen, gemeinsam zu tragen (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 10. Februar 2009, 2 K 14/09, EFG 2009, 1074). Wie auch die Regelung in § 2 Abs. 1 VersStG verdeutlicht, wird durch die Vereinbarung einer Mitgliedschaft in der Gefahrengemeinschaft ein den Einzelnen betreffendes Risiko, durch den Eintritt eines ungewissen Ereignisses Verluste oder Schäden zu erleiden, auf einen größeren Kreis von Personen verteilt. Das Wagnis des Versicherers besteht darin, bei Eintritt des schädigenden Ereignisses den vereinbarten Ersatz leisten zu müssen. Die Gegenleistung dafür sind die von den Versicherungsnehmern gezahlten Versicherungsentgelte (vgl. BFH-Urteil vom 29. November 2006, II R 78/04, BFH/NV 2007, 513; FG Köln, Urteil vom 10. November 2004, 11 K 7893/00, EFG 2005, 656; FG Hamburg, Urteil vom 10. Februar 2009, 2 K 14/09 EFG 2009, 1074).
63II. Nach diesen Maßstäben hat die Klage insoweit Erfolg, als sich die Klägerin gegen die Versicherungsteuerpflicht der Schadenselbstbehalte, die sie in den Streitjahren von den Reiseveranstaltern erhalten hatte, und die diesbezgl. festsetzte Versicherungsteuer in Höhe von 580.134,25 € wehrt. Diese Schadenselbstbehaltszahlungen erfüllen nicht die Voraussetzungen für die Annahme eines Versicherungsentgelts im Sinne von § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 1 VersStG.
641. Die von den Versicherungsnehmern (Reiseveranstaltern) an die Klägerin im Wege einer Erstattung (nach erfolgter Regulierung gegenüber den geschädigten Reisekunden) zu leistenden Selbstbehalte stellen kein Versicherungsentgelt dar und unterliegen nicht der Versicherungsteuerpflicht. Die Zahlung der Schadenselbstbehalte stellt keine Gegenleistung für die Gewährung von Versicherungsschutz dar, sondern beruht auf der im Innenverhältnis zwischen der Klägerin und den Versicherungsnehmern vereinbarten alleinigen Risikotragung durch die Versicherungsnehmer und damit versicherungsteuerrechtlich nicht auf dem von der Klägerin als Versicherer im Sinne eines Versicherungsverhältnisses den Versicherungsnehmern gewährten Versicherungsschutz. Diese Selbstbehalte werden nicht bezahlt, um eine im Versicherungsverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer begründete Schuld des Versicherungsnehmers zu tilgen, wie dies Wesensmerkmal eines Versicherungsentgelts im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 VersStG ist. Diese Zahlungen erfolgen nicht als Gegenleistung für ein von der Klägerin übernommenes Risiko, denn im Umfang der Schadenselbstbehalte wird gerade kein Risiko der Versicherungsnehmer übernommen und auf einen größeren Kreis von Versicherten verteilt. Vielmehr erbringen die Versicherungsnehmer diese Schadensaufwendungen aus eigenem Vermögen, somit als Eigendeckung, die nicht der Versicherungsteuerpflicht unterliegt.
652. Unbeachtlich ist insoweit – wie auch vom BFH (vgl. Urteil vom 16. Dezember 2009 II R 44/07, BFHE 228, 285, BStBl II 2010, 1097) entschieden – der Umstand, dass die Klägerin als Versicherer gegenüber den Geschädigten (Reisekunden) zunächst den gesamten Schaden reguliert und sodann in Höhe des vereinbarten Schadenselbstbehalts eine Erstattung von den Reiseveranstaltern als Versicherungsnehmer erhält. Im Umfang der Schadenselbstbehalte tritt die Klägerin gegenüber den Versicherungsnehmern (lediglich) in Vorleistung. Diese Schadensregulierung bzw. Zahlungsabwicklung steht nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit einer Risikoübernahme seitens der Klägerin, sondern lässt die alleinige Risikotragung durch die Versicherungsnehmer bis zur Grenze der Schadenselbstbehalte gerade unberührt.
66In dem vom BFH im Verfahren II R 44/07 entschiedenen Fall beruhte die zunächst erfolgte unmittelbare Schadensbegleichung des Versicherers gegenüber den Geschädigten auf der gesetzlich geregelten unbeschränkten Haftung des Kfz-Versicherers (§§ 1, 3 PflVG i.V.m. §§ 2, 4 KfzPflVV). Hinsichtlich der sodann erfolgten (teilweisen) Erstattung der Schadenszahlungen lehnte der BFH eine Risikoübernahme des Versicherers ab und bejahte eine alleinige Risikotragung des Versicherungsnehmers. Der vorliegende Fall ist mit der vom BFH entschiedenen Konstellation vergleichbar. Der Umstand, dass hier die Schadensregulierung gegenüber dem Geschädigten durch den Versicherer nicht auf gesetzlichen Regelungen, sondern auf vertraglichen Vereinbarungen beruht, ändert nichts an der Beurteilung – bzw. hier Ablehnung – eines versicherungsteuerpflichtigen Entgelts.
673. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass vorliegend Versicherungsnehmer (Reiseveranstalter) und Versicherter (Reisekunde) verschiedene Personen sind. Denn maßgeblich für die Beurteilung des der Versicherungsteuer unterliegende Versicherungsentgelts ist allein das nach dem Innenverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer zu bestimmende Versicherungsverhältnis, nicht aber das Außenverhältnis des Versicherers zum Geschädigtem (vgl. BFH-Urteil vom 16. Dezember 2009 II R 44/07, BFHE 228, 285, BStBl II 2010, 1097).
68Für die Übernahme des Wagnisses der (endgültigen) Schadensbegleichung durch die Klägerin erhält diese (lediglich) die – über die hier zu beurteilenden Schadenselbstbehalte hinausgehenden – Versicherungsprämien. Nur diese sind Gegenleistung für die im Versicherungsverhältnis begründete Risikotragungspflicht der Klägerin.
69III. Nicht begründet ist die Klage im Übrigen, d.h. hinsichtlich der Behandlung der zuletzt noch streitigen sog. Verkaufsaufschläge der Jahre 1998 bis 2006 aufgrund der zwischen der Klägerin und den Reiseveranstaltern der A-Gruppe und der E-Gruppe abgeschlossenen sog. Nettoverträge. Insoweit ist die Festsetzung von Versicherungsteuer in Höhe von 15.543.396,82 € bezogen auf die streitigen Verkaufsaufschläge rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat zu Recht das gesamte von den Reisekunden an die Reiseveranstalter als Verkaufspreis für die Reiseversicherung gezahlte Entgelt der Versicherungsteuer unterworfen.
701. Wie dargelegt (siehe vorstehend unter I. 1.), ist Versicherungsentgelt jede Leistung, die für die Begründung und zur Durchführung eines Versicherungsverhältnisses an den Versicherer zu bewirken ist. Maßgeblich für die Beurteilung des Versicherungsentgelts ist hierbei insbesondere, dass durch die Leistung – regelmäßig in Form einer Zahlung – an den Versicherer eine im Versicherungsverhältnis begründete Schuld des Versicherungsnehmers gegenüber dem Versicherer erlischt.
71Wie ebenfalls dargelegt (siehe vorstehend unter I. 2.), erfasst der Begriff des Versicherungsverhältnisses ein durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandenes Rechtsverhältnis der Versicherungsnehmer zum Versicherer und die daraus folgenden Wirkungen. Ein Versicherungsverhältnis wird insbesondere durch ein vom Versicherer gegen Entgelt übernommenes, beim Versicherungsnehmer angesiedeltes Wagnis charakterisiert. Das Versicherungsentgelt stellt die für die Übernahme des Wagnisses an den Versicherer erbrachte Gegenleistung dar.
72Nach § 74 Abs. 1 VVG in der bis zum 31. Dezember 2007, mithin für den vorliegend streitigen Zeitraum gültigen Fassung (VVG a.F.) galt, dass die Versicherung von demjenigen, welcher den Vertrag mit dem Versicherer schließt, im eigenen Namen für einen anderen, mit oder ohne Benennung der Person des Versicherten, genommen werden kann (Versicherung für fremde Rechnung). Nach § 74 Abs. 2 VVG a.F. ist in Fällen, in denen die Versicherung für einen anderen genommen wird, auch wenn der andere benannt wird, im Zweifel anzunehmen, dass der Vertragschließende nicht als Vertreter, sondern im eigenen Namen für fremde Rechnung handelt.
73Bei der Versicherung für fremde Rechnung stehen die Rechte aus dem Versicherungsvertrag dem Versicherten zu; die Aushändigung eines Versicherungsscheins kann jedoch nur der Versicherungsnehmer verlangen (§ 75 Abs. 1 Satz 1 und 2 VVG a.F.). Zudem kann der Versicherte ohne Zustimmung des Versicherungsnehmers über seine Rechte nur verfügen und diese Rechte nur gerichtlich geltend machen, wenn er im Besitz eines Versicherungsscheins ist (§ 75 Abs. 2 VVG a.F.). Der Versicherungsnehmer kann über die Rechte, welche dem Versicherten aus dem Versicherungsvertrag zustehen, im eigenen Namen verfügen (§ 76 Abs. 1 VVG a.F.), allerdings hängt die Ausübung bestimmter Rechte vom Besitz des Versicherungsscheines oder der Zustimmung des Versicherten ab (vgl. § 76 Abs. 2 und 3 VVG a.F.).
74Diese Regelungen entsprechen, soweit sie für die Betrachtung im vorliegenden Fall relevant sind, den §§ 43 ff. VVG in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung.
752. Nach diesen Maßstäben ist im Streitfall zum einen bei der Beurteilung des maßgeblichen Versicherungsverhältnisses auf die zwischen der Klägerin und den Reiseveranstaltern der A-Gruppe und der E-Gruppe für die Streitjahre als sog. Nettoverträge abgeschlossenen streitgegenständlichen Gruppen- bzw. Rahmenversicherungsverträge sowie die Einbindung der Reisekunden in diese Verträge abzustellen (dazu nachfolgend unter III. 2. a). Zum anderen unterliegt das auf Basis des sich danach ergebenden Versicherungsverhältnisses von den Reisekunden an die Reiseveranstalter als Verkaufspreis für die Reiseversicherung gezahlte gesamte Entgelt, bestehend aus der von den Veranstaltern sodann an die Klägerin als Versicherer weiterzureichende Versicherungsprämie und dem bei den Reiseveranstaltern als Versicherungsnehmern verbleibenden Verkaufsaufschlag, der Versicherungsteuer (dazu nachfolgend unter III. 2. b).
76a) Das Versicherungsverhältnis bestimmt sich nach den zwischen der Klägerin und den Reiseveranstaltern der A-Gruppe und der E-Gruppe getroffenen vertraglichen Regelungen unter Einbeziehung der vertraglichen Absprachen mit den Reisekunden. Insoweit existieren vorliegend von den gesetzlichen Regelungen für einen Vertrag unter Einbeziehung dritter Personen maßgebliche Abweichungen, die bewirken, dass auch die Reisekunden als versicherte Personen mit in die Beurteilung des für die Versicherungsteuer maßgeblichen Versicherungsverhältnisses einzubeziehen sind und dass in der weiteren Folge, das gesamte von den Reisekunden entrichtete Entgelt (Verkaufspreis) der Versicherungsteuer zu unterwerfen ist.
77aa) Hierbei ist es – entgegen der Ansicht des Beklagten – weder erforderlich noch möglich, ein Versicherungsverhältnis (allein) zwischen der Klägerin und den Reisekunden anzunehmen, das unter (bloßer) Vermittlung der Reiseveranstalter zustande gekommen sein könnte.
78In diesem Fall müssten die Reiseveranstalter sowohl auf Seiten der Klägerin als auch auf Seiten der Reisekunden als Vertreter aufgetreten und einen entsprechenden Vertragsschluss zumindest konkludent „vermittelt“ haben. Hierfür lassen sich jedoch schon aus den zwischen den beteiligten Personen getroffenen vertraglichen Vereinbarungen keine hinreichenden Anhaltspunkte ersehen, insbesondere sind die Reiseveranstalter nicht hinreichend deutlich als bloße Vermittler bzw. Vertreter beim Abschluss der Reiseversicherungsverträge aufgetreten. Mangels eindeutiger Hinweise für ein Auftreten in fremdem Namen ist damit nach der gesetzlichen Regelung in § 74 Abs. 2 VVG a.F. im Zweifel anzunehmen, dass die Reiseveranstalter im eigenen Namen gehandelt haben.
79bb) Hinzu kommt, dass es auch gar nicht notwendig ist, dass die Reisekunden alleiniger und unmittelbarer Vertragspartner der Klägerin als Versicherer gewesen sind, um im Schadensfalle ihre Rechte aus dem Reiseversicherungsvertrag gegenüber der Klägerin geltend machen zu können. Vielmehr folgt diese Rechtsposition aus den zwischen der Klägerin und den Reiseveranstaltern als Vertragsparteien der Gruppen- bzw. Rahmenversicherungsverträge gerade zum Zwecke der Einbeziehung der (bei Vertragsschluss noch unbekannten) Reisekunden getroffenen Vereinbarungen. Danach standen den Reisekunden, die nach Bestimmung durch die Reiseveranstalter in diese Verträge mit einbezogen wurden, als versicherten Personen eigene unmittelbare vertragliche Ansprüche gegenüber der Klägerin zu, die sie, die Kunden, ohne Mitwirkung der Reiseveranstalter geltend machen konnten.
80Derartige vertragliche Regelungen, wie sie vorliegend in den Gruppen- bzw. Rahmenversicherungsverträgen getroffen wurden, finden auch eine Stütze in den speziellen, im Versicherungsrecht bestehenden gesetzlichen Bestimmungen zu Verträgen unter Einbeziehung dritter Personen. Nach § 75 VVG a.F. stehen die Rechte aus dem Versicherungsvertrag grundsätzlich, im Wesentlichen abhängig von der Aushändigung des Versicherungsscheins, dem Versicherten zu. Dies entspricht gerade dem Charakter einer Versicherung für fremde Rechnung als Sonderfall eines Vertrags zu Gunsten Dritter. Insoweit ist für die Versicherung für fremde Rechnung gesetzlich gerade klargestellt, dass auch dann, wenn die Versicherung für einen anderen genommen wird, d.h. der Versicherte eine andere Person als der Versicherungsnehmer ist, im Zweifel die den Versicherungsvertrag abschließende Person, d.h. der Versicherungsnehmer, nicht als Vertreter (des Versicherten) auftritt, sondern im eigenen Namen, wenn auch für fremde Rechnung, handelt. Dies gilt explizit sogar für den Fall, dass die Person des Versicherten vom Vertragsschließenden benannt wird (vgl. § 74 Abs. 1 VVG a.F.).
81Vorliegend haben die Klägerin und die Reiseveranstalter den Versicherungsschutz zu Gunsten der Reisekunden nicht durch einen bloßen Verweis auf die gesetzliche Regelung in den §§ 74 ff. VVG a.F. geregelt. Vielmehr wurden auf Basis der gesetzlichen Vorgaben zwischen der Klägerin und den Reiseveranstaltern bei Abschluss der Gruppen- bzw. Rahmenversicherungsverträge abweichende Vertragsvereinbarungen dergestalt getroffen, dass den Reisekunden unmittelbare vertragliche Ansprüche gegen den Versicherer zustanden. Die Reisekunden konnten somit aus eigenem Recht ihre Ansprüche direkt gegenüber der Klägerin, d.h. ohne Zustimmung des Reiseveranstalters und gegebenenfalls ohne Ausstellung eines Versicherungsscheins, geltend machen. Insoweit handelt es sich um atypische Reiseversicherungsverträge unter Einbeziehung dritter Personen. Die Klägerin übernahm infolgedessen auch die Bearbeitung und Begleichung der anfallenden Schäden direkt gegenüber den Reisekunden.
82Vor diesem Hintergrund sind auch bei der Beurteilung des Versicherungsverhältnisses und der Frage, welches Entgelt für die Übernahme der Pflichten aus dem Reiseversicherungsvertrag gezahlt wird, grundsätzlich die Vertragsbeziehungen zwischen allen drei Beteiligten, d.h. der Klägerin, der Reiseveranstalter sowie der Reisekunden, zu berücksichtigen.
83b) Zudem ist hier das auf Basis der in den Streitjahren bestehenden Gruppen- bzw. Rahmenversicherungsverträgen als sog. Verkaufspreis von den Reiseveranstaltern der A-Gruppe und der E-Gruppe vereinnahmte, von den Reisekunden gezahlte gesamte Entgelt – und nicht nur der an die Klägerin als „Versicherungsprämie“ weitergeleitete Teil dieses Entgelts – als Versicherungsentgelt im Sinne von § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 1 VersStG anzusehen. Denn auch die bei den Reiseveranstaltern als Erlöse verbleibenden sog. Verkaufsaufschläge sind Teil der Gegenleistung, die für die Begründung und zur Durchführung des Versicherungsverhältnisses an den Versicherer bewirkt wurde, so dass der Gesamtbetrag der Versicherungsteuer unterliegt. Die Verkaufspreise einschließlich der streitbehafteten Verkaufsaufschläge stellen ein einheitliches Versicherungsentgelt für den zugunsten der Reisekunden gewährten Versicherungsschutz dar.
84aa) Zwar könnte die tatsächliche Abwicklung der Zahlungsmodalitäten gegen eine Versicherungsteuerpflicht des Verkaufsaufschlags sprechen, da die Reisekunden unmittelbar keine Zahlungen an die Klägerin, sondern ausschließlich an die Reiseveranstalter leisteten, und die Reiseveranstalter von den vereinnahmten Beträgen vertragsgemäß lediglich einen Anteil, die sog. Versicherungs- oder Abrechnungsprämie, an die Klägerin weiterleiteten. Hinzu kommt, dass hier – abweichend von anderen Verträgen der Klägerin – vertraglich kein Provisionsanspruch der Reiseveranstalter im Zusammenhang mit angebotenen und verkauften Reiseversicherungen vereinbart worden war.
85bb) Hingegen sprechen nach den Gesamtumständen des Falles die überwiegenden Gründe dafür, dass der – nach dem Vortrag der Klägerin aus „Abrechnungsprämie“ und „Verkaufsaufschlag“ zusammengesetzte – Verkaufspreis eine einheitliche Leistung darstellte, die vom jeweiligen Reisekunden zu erbringen war, um in den bestehenden, zwischen dem jeweiligen Reiseveranstalter und der Klägerin abgeschlossenen Rahmen- bzw. Gruppenversicherungsvertrag eingebunden zu werden und daraus im Schadensfall eigene Rechte herleiten zu können. In der weiteren Folge ist der Verkaufspreis insgesamt als Gegenleistung für die mittels der Reiseversicherung erfolgte Übernahme des Wagnisses durch die Klägerin anzusehen. Die Annahme des Verkaufspreises einschließlich des Verkaufsaufschlags als ein einheitliches Versicherungsentgelt verdeutlichen vor allem die folgenden Umstände:
86(1) Die Höhe des Verkaufspreises, der von den Reisekunden jeweils für die abgeschlossene Reiseversicherung zu begleichen war, wurde zuvor zwischen der Klägerin und dem jeweiligen Reiseveranstalter abgestimmt und war sodann für den Reiseveranstalter verbindlich. Dieser Verkaufspreis war als einheitliches Entgelt von den Reisekunden an die Reiseveranstalter zu zahlen. Selbst im Falle eines Reiserücktritts oder einer Reiseabsage wurde der gesamte Verkaufspreis für die Reiseversicherung als Gesamtentgelt behandelt, weil es – bei Eintritt der Versicherungsbedingungen – vollständig an den Reisekunden zu erstatten war.
87Gerade der Umstand der vollständigen Erstattung des Verkaufspreises spricht gegen die nach Ansicht der Klägerin für versicherungsteuerrechtliche Zwecke vorzunehmende Aufteilung des Verkaufspreises in einen der Klägerin zustehenden Prämienanteil und einen durch die Reiseveranstalter verdienten Verkaufserlös.
88(2) Darüber hinaus ist eine mögliche Aufteilung des Verkaufspreises in ein (Teil-)Entgelt („Versicherungsprämie“) für die reine Versicherungsleistung einerseits und ein (Teil‑)Entgelt für eine darüber hinausgehende, vom Reiseveranstalter gegenüber dem Reisekunden erbrachte Geschäftsbesorgung andererseits nicht ersichtlich. Insoweit ist – mangels entsprechender Entgeltabrede oder sonst dargelegter Berechnungsgrundlage für die Festlegung des Verkaufspreises – gerade nicht erkennbar, welche Teile des Gesamtentgelts zur Abdeckung des Versicherungsrisikos, für Schadenselbstbehalte oder Ähnliches, für Werbung oder für eine von den Reiseveranstaltern zu erbringende Besorgungsleistung geleistet wurden.
89(3) Diese Sichtweise entspricht auch einer objektiven wirtschaftlichen Betrachtung des vorliegenden Vertriebsmodells.
90Die Reiseveranstalter haben zumindest auch im Interesse der Klägerin im Zusammenhang mit dem Verkauf ihrer Reiseleistungen zusätzlich Vertriebsleistungen erbracht, um Reiseversicherungsverträge abzuschließen. Der Vertrieb der Versicherungsprodukte hätte ansonsten grundsätzlich der Klägerin als Anbieter der Versicherungsleistungen oblegen. Mit der Übernahme des „Verkaufs“ der Reiseversicherungen durch die Reiseveranstalter hat die Klägerin sonst notwendige eigene Verkaufsbemühungen quasi ausgelagert. Gleichzeitig hat sich die Klägerin hierdurch Kosten erspart, die ansonsten bei ihr angefallen und durch die von ihr vereinnahmten, dann höheren – versicherungsteuerpflichtigen – Entgelte hätten beglichen werden müssen. Aufgrund der Auslagerung derartiger Vertriebskosten musste die Klägerin im Wesentlichen (nur) noch die Risiken einer Inanspruchnahme aus den Versicherungsverträgen kalkulieren, und konnte bei lebensnaher Betrachtung insoweit ein – im Vergleich zu einem Versicherungsprodukt im „Eigenvertrieb“ – günstigeres Versicherungsentgelt bemessen.
91Anstelle eines Vertriebs durch die Klägerin selbst haben die Reiseveranstalter agenturtypische Verpflichtungen für den Vertreib der Versicherungsprodukte übernommenen, etwa dergestalt, dass sie, die Reiseveranstalter, in den Reisekatalogen für die Versicherungsleistungen mit vorgegebenen Texten geworben, die Tarife, Versicherungsbedingungen, Annahmerichtlinien und sonstige Vorgaben der Klägerin zu beachten und schließlich bei Reiserücktritt oder Reiseabsage den Verkaufspreis vollständig an den Reisekunden zu erstatten hatten. Typischerweise werden derartige Vertriebsleistungen gegen Entgelt, etwa Provisionen oder Ähnliches, übernommen.
92Vor diesem Hintergrund vermag der Senat der Ansicht der Klägerin, dass es sich bei den Verkaufsbemühungen der Reiseveranstalter um deren eigene, unabhängig von der Absicherung der Reisekunden durch die Klägerin erbrachte Leistungen im Hinblick auf „Verschaffung von Versicherungsschutz“ zu Gunsten der Reisekunden handelt, zumal vorliegend gerade keine Provisionsvereinbarungen zwischen der Klägerin und den Reiseveranstaltern getroffen wurden, nicht zu folgen. Unabhängig vom expliziten Inhalt der Vereinbarungen zwischen Klägerin und Reiseveranstaltern entspricht es nicht dem unter Teilnehmern am Wirtschaftsleben Üblichen, das an sich dem Geschäftspartner obliegende Vertriebsleistungen unentgeltlich übernommen werden. Das nach dem Vortrag der Klägerin den Reiseveranstaltern zustehende Recht, von den Reisekunden für den „Verkauf von Versicherungsschutz“ ein separates, der Höhe nach feststehendes Entgelt, den Verkaufsaufschlag, verlangen zu können, korreliert gerade mit der Verlagerung der Vertriebsleistungen von der Klägerin auf die Reiseveranstalter. Insoweit haben die Klägerin und die Veranstalter im Vergleich zum typischen Provisionsmodell keinen doppelten Zahlungsweg (Versicherungsentgeltzahlung einerseits; Provisionszahlung andererseits) gewählt, sondern wirtschaftlich die Provisionszahlung im unmittelbaren Verhältnis Reisekunde zum Reiseveranstalter verankert. Trotz dieser Art eines „abgekürzten Zahlungsweges“ stellt der Verkaufsaufschlag eine Gegenleistung für die von den Reiseveranstaltern angestellten Bemühungen, Reiseversicherungen zu verkaufen, dar. Wirtschaftlich jedoch entspricht dies im Vergleich zum Provisionsmodell einer Zahlung des Versicherers an den Reiseveranstalter.
93(4) Zudem ist in dem Verkauf der Versicherungsleistung nicht ein bloße, den Reiseveranstaltern sich bietende Geschäftschance zu sehen, die unabhängig von dem Vertrieb der Reiseversicherungen und den mit der Klägerin abgeschlossenen Gruppen- bzw. Rahmenversicherungsverträgen beurteilt werden kann. Vielmehr stehen die von den Reiseveranstaltern übernommenen Verkaufsleistungen in einem engen Zusammenhang mit der nach den Gruppen- bzw. Rahmenversicherungsverträgen vorgesehenen Einbindung der von den Reiseveranstaltern zu bestimmenden Reisekunden in das Vertragsverhältnis mit der Klägerin. Zudem liegt ein originäres Interesse der Reiseveranstalter daran, ihren Kunden erfolgreich Reiseversicherungen anzubieten, nahe, nicht zuletzt auch zum Zwecke einer Verkaufsförderung des Kundengeschäfts insgesamt, um im Interesse ihrer Kunden ein attraktives „Reisepaket“ einschließlich der auf die Reiseangebote bezogenen Versicherungsleistungen vertreiben zu können.
94Vor diesem Hintergrund erscheint es angezeigt, den Verkaufsaufschlag als Entgelt für die – an sich vom Versicherer, vorliegend von den Versicherungsnehmern erbrachte – Leistung „Vertrieb der Reiseversicherung“ und als Teil eines gesamten Versicherungsentgelts anzusehen.
95(5) Entgegen der Ansicht der Klägerin steht der Einbeziehung des Verkaufsaufschlags in das versicherungsteuerpflichtige Entgelt nicht entgegen, dass dieser Verkaufsaufschlag weder der Klägerin geschuldet noch an diese gezahlt wird. Dieser Verkaufsaufschlag fließt tatsächlich nicht der Klägerin zu, wird jedoch von den Reisekunden geschuldet und an die Reiseveranstalter gezahlt. Aufgrund der Einbeziehung der Reisekunden in das Versicherungsverhältnis wird auch dieser Verkaufsaufschlag dafür gezahlt, um Versicherungsschutz zu erhalten, denn ohne die Zahlung des Verkaufsaufschlags wären die Reisekunden nicht in den Kreis der von den Versicherungsverträgen mit erfassten versicherten Personen aufgenommen worden. Zwar erhält vorliegend nicht die das Versicherungsrisiko tragende Klägerin diesen Teil des Versicherungsentgelts. Angesichts der vorstehend dargelegten Besonderheiten des von der Klägerin und den Reiseveranstaltern gewählten Vertriebsmodells stellt sich dies jedoch als für die versicherungsteuerrechtliche Beurteilung nicht maßgebliche Verlagerung von Kosten für den Vertrieb des Versicherungsprodukts dar, weil ansonsten die Klägerin selbst diese Verkaufsleistungen hätte erbringen und aus den vereinnahmten Versicherungsentgelten hätte finanzieren müssen.
96(6) Dem entspricht zudem die Historie der Vertragsgestaltungen zwischen der Klägerin und den Reiseveranstalter. Nachdem den Reiseveranstalter zuvor im Rahmen des sog. Katalogverkaufsverfahrens eine Provision, die zweifelsfrei Teil des versicherungsteuerpflichtigen, von den Reisekunden zu begleichenden Entgelts war, gezahlt wurde, enthalten die vorliegend streitgegenständlichen Verträge keine Entgeltvereinbarungen im Hinblick auf die von den Reiseveranstaltern im Zusammenhang mit dem Verkauf der Reiseversicherungen erbrachten Leistungen. Hierfür sollten die Reiseveranstalter im Streitzeitraum nunmehr den sog. Verkaufsaufschlag als originär von den Reisekunden zu zahlendes Entgelt für Geschäftsbesorgungsleistungen vereinnahmen. An den tatsächlichen Gegebenheiten bzgl. der (früheren) Verkaufsleistungen bzw. der (nunmehrigen) Geschäftsbesorgungsleistungen hat sich – soweit für das Gericht nach dem Vortrag der Beteiligten ersichtlich – hingegen nichts Maßgebliches geändert.
97(7) Schließlich ist der Streitfall entgegen der Ansicht der Klägerin nicht vergleichbar nicht mit dem Fall, den das FG Bremen mit Urteil vom 14. Dezember 2005 (2 K 186/05, EFG 2006, 1113) zu entscheiden hatte. In jenem Fall des FG Bremen hatte der Versicherungsnehmer die höheren Entgelte von seinen Kunden vereinnahmt (wovon aber wie vereinbart die nur darin enthaltenen Versicherungsprämien an den Versicherer weitergezahlt wurden), weil er Verwaltungsaufgaben des Versicherers bei der Abwicklung und Regulierung der Schadensfälle übernommen hatte. Hierzu gab es eigenständige Entgeltvereinbarungen mit den jeweiligen Versicherten. Vor diesem Hintergrund hatte das FG Bremen das über die Prämie hinausgehende Entgelt als „nicht an den Versicherer zu bewirkendes“ Entgelt, angesehen, weil der Versicherer für die Übernahme des Wagnisses gerade nur die Prämie erhielt.
98Vorliegend ist eine vergleichbare Verlagerung von Verwaltungsaufgaben, die an sich dem Versicherer (der Klägerin) oblegen hätten, und damit eine separate Besorgungsleistung und ein entsprechendes Entgelt rechtfertigen könnten, nicht ersichtlich. Vielmehr haben es die Reiseveranstalter lediglich übernommen, nach den Vorgaben der Klägerin die Reiseversicherungspakete den Kunden zum Verkauf anzubieten und die hierfür erforderlichen vertraglichen Formalitäten zu erledigen. Die Schadensregulierung erfolgte, da die Reiseveranstalter die Wahrnehmung der an sich ihnen als Versicherungsnehmer zustehenden Rechte den Reisekunden erlaubt hatten, ohne Einschaltung der Reiseveranstalter direkt zwischen der Klägerin und den Reisekunden.
99IV. Die Berechnung der vom Beklagten nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 6 Abs. 1 VersStG festgesetzten Versicherungsteuer lässt keine Fehler erkennen. Einwände hiergegen hat die Klägerin auch nicht erhoben, im Gegenteil haben die Beteiligten bereits im Verwaltungsverfahren Einvernehmen hinsichtlich der Höhe der streitigen Versicherungsteuerbeträge erzielt.
100V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.
101VI. Die Revision wird zugelassen, weil der versicherungsteuerrechtlichen Behandlung der von Reiseveranstaltern vereinnahmten sog. Verkaufsaufschläge im Zusammenhang mit dem Verkauf von Reiseversicherungen eine grundsätzliche Bedeutung (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zukommt und zu dieser Frage die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des BFH erfordert. (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).
102VII. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52, 63 des Gerichtskostengesetzes.
103VIII. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO, §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
Urteilsbesprechung zu Finanzgericht Köln Urteil, 01. Okt. 2014 - 2 K 542/11
Urteilsbesprechungen zu Finanzgericht Köln Urteil, 01. Okt. 2014 - 2 K 542/11
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Tatbestand
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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), ein Versicherungsunternehmen, vertrieb in den Jahren 2000 bis 2004 unter verschiedenen Bezeichnungen Reiseversicherungspakete.
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Ein Versicherungspaket setzte sich aus einer bestimmten, durch den Versicherungsnehmer nicht individuell modifizierbaren Anzahl einzelner Versicherungen (z.B. Reiserücktrittskostenversicherung, Reiseabbruchversicherung, Umbuchungsgebührenschutz, Auslandsreisekrankenversicherung, Reisenotrufversicherung, Reiseservicehelpline und Reisegepäckversicherung) zusammen. Im Rahmen der Leistungsbeschreibung wurden die jeweiligen Versicherungen, die Bestandteil des Reiseversicherungspakets waren, einzeln erläutert. Die allgemeinen Versicherungsbedingungen unterteilten sich in einen allgemeinen Teil und einen besonderen Teil, der die spezifischen Bedingungen zu den einzelnen Versicherungen enthielt. Für ein Reiseversicherungspaket war jeweils eine Gesamtprämie zu zahlen. Intern erfasste die Klägerin die Prämie buchhalterisch nach Versicherungsarten voneinander getrennt. Die Versicherungsnehmer erhielten pro Reiseversicherungspaket jeweils einen Versicherungsschein.
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Im Rahmen ihrer monatlichen Anmeldungen der Versicherungsteuer für die Zeiträume Januar 2000 bis Dezember 2004 ermittelte die Klägerin die Versicherungsteuer für Reiseversicherungspakete, in denen eine Auslandsreisekrankenversicherung enthalten war, ohne die auf die Auslandsreisekrankenversicherung kalkulatorisch entfallenden Entgeltanteile zu berücksichtigen.
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Mit Verwaltungsakt vom 9. Dezember 2004 ordnete das damals zuständige Finanzamt (FA) gegenüber der Klägerin hinsichtlich der Versicherungsteuer für Januar 2000 bis Dezember 2003 eine Außenprüfung an. Im Verlauf der Außenprüfung erweiterte das FA mit Verwaltungsakt vom 24. Oktober 2005 die Außenprüfung um die Besteuerungszeiträume Januar 2004 bis Dezember 2004.
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Im Bericht über die Versicherungsteueraußenprüfung vom 20. Juni 2006 vertrat das FA die Auffassung, bei einem Reiseversicherungspaket handele es sich um ein einheitliches Versicherungsverhältnis. Daher sei auch das in der Versicherungsprämie enthaltene Entgelt für die Auslandsreisekrankenversicherung nicht als steuerfrei nach § 4 Nr. 5 des Versicherungsteuergesetzes in der hier maßgebenden Fassung (VersStG) zu beurteilen. Am 6. November 2006 erließ das FA gegenüber der Klägerin für September 2006 einen Versicherungsteuerbescheid, in dem es in einem Gesamtbetrag neben der von der Klägerin angemeldeten Versicherungsteuer für September 2006 auch die Nachforderung von Versicherungsteuer für den Prüfungszeitraum Januar 2000 bis Dezember 2004 festsetzte. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das FA als unbegründet zurück.
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Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war der Auffassung, das in der Versicherungsprämie für die Reiseversicherungspakete enthaltene Entgelt für die Auslandsreisekrankenversicherung sei nach § 4 Nr. 5 Satz 1 VersStG steuerfrei. Die Steuerbefreiung nach dieser Vorschrift erfordere allein, dass die Zahlung des Versicherungsentgelts für ein Versicherungsverhältnis erfolge, das als Krankenversicherung gekennzeichnet sei. Diese Voraussetzung werde im Streitfall durch die als Bestandteil in den Reiseversicherungspaketen enthaltenen Auslandsreisekrankenversicherungen erfüllt. Die Reiseversicherungspakete seien nicht als ein eigenständiger und neuartiger Versicherungstypus "Reiseversicherung" anzusehen. Es handele sich daher nicht um ein einziges Versicherungsverhältnis. Ebenso wenig stehe die Einheitlichkeit der für die Reiseversicherungspakete gezahlten Versicherungsprämien einer Steuerbefreiung entgegen. Der offene Ausweis des Versicherungsentgelts oder des Steuerbetrags werde durch das VersStG an keiner Stelle verlangt und sei demgemäß auch keine tatbestandliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung der Zahlung eines Versicherungsentgelts. Nur eine --im Streitfall nicht vorliegende-- willkürliche, nachträgliche Aufteilung des Versicherungsentgelts allein zu steuerrechtlichen Zwecken sei als rechtsmissbräuchlich und damit als unzulässig anzusehen. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1747 veröffentlicht.
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Aufgrund der Änderung des § 7a VersStG durch Art. 10 Nr. 3 des Begleitgesetzes zur zweiten Föderalismusreform vom 10. August 2009 (BGBl I 2009, 2702) ist der Beklagte und Revisionskläger (das Bundeszentralamt für Steuern --BZSt--) für die Versicherungsteuer zuständig geworden und damit zum 1. Juli 2010 ein gesetzlicher Beteiligtenwechsel eingetreten.
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Mit der Revision rügt das BZSt die Verletzung des § 4 Nr. 5 Satz 1 VersStG. Die versicherungsteuerrechtliche Auslegung des Begriffs "Versicherungsverhältnis" habe nach zivilrechtlichen Grundsätzen zu erfolgen. Da ein Reiseversicherungspaket nur einen Versicherungsvertrag begründe, könne das dort vereinbarte und vom Versicherungsnehmer gezahlte Versicherungsentgelt auch nur einheitlich behandelt werden. Ob das Reiseversicherungspaket nach versicherungsaufsichtsrechtlichen Kriterien eine "kombinierte Versicherung" sei, sei versicherungsteuerrechtlich irrelevant. Ebenso wenig sei entscheidend, ob sich nach der Verkehrsauffassung ein neuer einheitlicher Versicherungstypus herausgebildet habe.
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Das BZSt beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat mit Schriftsatz vom 18. November 2010 den Beitritt zum Verfahren nach § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erklärt.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass die Versicherungsprämien nach § 4 Nr. 5 Satz 1 VersStG von der Besteuerung ausgenommen sind, soweit sie anteilig auf die Auslandsreisekrankenversicherungen entfallen.
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1. Nach § 1 Abs. 1 VersStG unterliegt die Zahlung des Versicherungsentgelts aufgrund eines durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandenen Versicherungsverhältnisses der Steuer. Versicherungsentgelt ist gemäß § 3 Abs. 1 VersStG jede Leistung, die für die Begründung und zur Durchführung des Versicherungsverhältnisses an den Versicherer zu bewirken ist. Gemäß § 4 Nr. 5 Satz 1 VersStG ist u.a. von der Besteuerung ausgenommen die Zahlung des Versicherungsentgelts für eine Versicherung, durch die Ansprüche auf Kapital-, Renten- oder sonstige Leistungen im Falle der Krankheit begründet werden.
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a) Die Zahlung des Versicherungsentgelts für eine Krankenversicherung ist nur von der Versicherungsteuer befreit, wenn das darauf entfallende Versicherungsentgelt im Vertrag gesondert ausgewiesen ist. Dies gilt --entgegen der Auffassung des BMF-- auch, wenn durch ein (Reise-)Versicherungspaket mehrere Risiken abgedeckt werden (Mehrgefahrenversicherung) und eine Krankenversicherung Bestandteil dieses Versicherungspaketes ist.
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aa) Sowohl der Steuergegenstand (§ 1 Abs. 1 VersStG) als auch die Ausnahmen von der Besteuerung (§ 4 VersStG) knüpfen an die Zahlung des Versicherungsentgelts an. Bei einem durch Vertrag entstandenen Versicherungsverhältnis wird das zu zahlende Versicherungsentgelt regelmäßig von den Vertragsbeteiligten im Vertrag vereinbart, wobei sich die Versicherungsteuer auf die Höhe des Versicherungsentgelts auswirkt. Wird ein Versicherungsvertrag abgeschlossen, der mehrere Risiken einschließlich des Krankheitsrisikos absichert, greift eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 5 Satz 1 VersStG nur ein, wenn sich aus dem Vertrag ergibt, dass die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erfüllt sind. Es muss also vertraglich geregelt sein, welcher Teil des Versicherungsentgelts für die begünstigte Krankenversicherung gezahlt wird.
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Die vertragliche Festlegung des auf die Krankenversicherung entfallenden Versicherungsentgelts als Voraussetzung der Steuerbefreiung bei einer Mehrgefahrenversicherung lässt sich zwar nicht unmittelbar dem Wortlaut des § 4 Nr. 5 Satz 1 VersStG entnehmen. Sinn und Zweck der Vorschrift sprechen aber dafür, die Steuerbefreiung nur zu gewähren, wenn aus dem Vertrag selbst zu erkennen ist, in welcher Höhe das Versicherungsentgelt für eine Krankenversicherung gezahlt wird. Denn begünstigt sind nur bestimmte im Einzelnen angeführte Versicherungen. Vereinbaren Versicherer und Versicherungsnehmer in einem einzigen Vertrag ein Versicherungspaket zur Abdeckung mehrerer Gefahren, muss deshalb zur Erlangung der Steuerbefreiung das Versicherungsentgelt, das zum Teil auf eine begünstigte Krankenversicherung und zum Teil auf nicht begünstigte Versicherungen entfällt, im Vertrag entsprechend aufgeteilt werden.
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Die Frage, ob eine Steuerbefreiung in Anspruch genommen werden kann, wenn der steuerfreie Teil des Versicherungsentgelts im Versicherungsvertrag nicht gesondert ausgewiesen ist, beant-wortet sich dabei ausschließlich nach versicherungsteuerrechtlichen Kriterien. Versicherungsaufsichtsrechtliche Erwägungen sind ebenso wenig entscheidungserheblich wie die zivilrechtliche Qualifikation des Versicherungsvertrags.
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bb) Das Erfordernis eines gesonderten Ausweises des auf eine steuerfreie Krankenversicherung entfallenden Versicherungsentgelts ergibt sich schon aus der Rechtsnatur und der Systematik der Versicherungsteuer. Diese ist eine Verkehrsteuer auf den rechtlich erheblichen Vorgang des Geldumsatzes. Entscheidend ist, dass eine geschuldete Leistung an den Gläubiger so bewirkt wird, dass die Schuld durch Zahlung des Versicherungsentgelts erlischt (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 16. Dezember 2009 II R 44/07, BFHE 228, 285, BStBl II 2010, 1097). Bei einer Mehrgefahrenversicherung unter Einschluss einer steuerbefreiten Versicherung muss daher schon aus Gründen der Rechtsklarheit bereits im Zeitpunkt der Zahlung des Versicherungsentgelts eindeutig festgelegt sein, ob und inwieweit dieses i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 VersStG "für" eine Krankenversicherung gezahlt wird.
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cc) Zudem muss für den Versicherungsnehmer als Steuerschuldner (§ 7 Abs. 1 Satz 1 VersStG) erkennbar sein, für welches Versicherungsentgelt Versicherungsteuer zu zahlen ist. Das gilt unabhängig davon, dass im Verhältnis zwischen Versicherungsnehmer und dem Versicherer die Steuer nach § 7 Abs. 4 VersStG als Teil des Versicherungsentgelts gilt, der Versicherer nach § 7 Abs. 1 Satz 2 VersStG für die Steuer haftet und sie nach § 7 Abs. 1 Satz 3 VersStG für Rechnung des Versicherungsnehmers zu entrichten hat. Das VersStG schließt eine Inanspruchnahme des Versicherungsnehmers für die Versicherungsteuer nicht aus. Der Versicherungsnehmer muss deshalb auch aus Gründen der Rechtssicherheit feststellen können, ob und in welcher Höhe eine Steuerschuld besteht. Hierfür ist erforderlich, dass er den steuerfreien und den steuerpflichtigen Teil des Versicherungsentgelts dem Vertrag entnehmen kann.
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dd) Dementsprechend hat der BFH bereits mit Urteil vom 16. Dezember 1953 II 175/52 U (BFHE 58, 375, BStBl III 1954, 54) entschieden, dass ein im Versicherungsvertrag ungeteiltes Versicherungsentgelt, das sich auf mehrere Versicherungsarten bezieht, nicht nachträglich für die Zwecke der Besteuerung geteilt werden kann (vgl. BFH-Urteil in BFHE 58, 375, BStBl III 1954, 54). Diese Rechtsprechung ist entgegen der Ansicht des FG nicht in dem Sinne zu verstehen, dass lediglich eine willkürliche nachträgliche Aufteilung des Versicherungsentgelts allein zu steuerrechtlichen Zwecken als rechtsmissbräuchlich und damit als unzulässig anzusehen ist. Vielmehr wird in der Entscheidung deutlich herausgestellt, dass eine Steuerbefreiung nur in Anspruch genommen werden kann, wenn der steuerfreie Teil des Versicherungsentgelts von vornherein im Versicherungsvertrag gesondert ausgewiesen ist. Eine interne Aufteilung und buchhalterische Erfassung des (steuerfreien) Versicherungsentgelts durch den Versicherer genügt diesen Anforderungen nicht.
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b) Nach diesen Grundsätzen waren die Zahlungen der Entgelte für Reiseversicherungspakete insoweit, als sie rechnerisch auf eine Auslandsreisekrankenversicherung entfielen, nicht nach § 4 Nr. 5 Satz 1 VersStG von der Besteuerung ausgenommen. Denn sie waren im jeweiligen Versicherungsvertrag nicht gesondert ausgewiesen.
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2. Da das FG von anderen Grundsätzen ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben. Sie stellt sich insbesondere auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 126 Abs. 4 FGO).
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a) Die Grundsätze von Treu und Glauben stehen der Festsetzung der Versicherungsteuer nicht entgegen. Dass das FA in der Vergangenheit insoweit keine Versicherungsteuer festgesetzt hat, als für Reiseversicherungspakete gezahlte Versicherungsentgelte rechnerisch auf die Auslandsreisekrankenversicherung entfallen sind, begründet kein schutzwürdiges Vertrauen zu Gunsten der Klägerin.
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aa) Die Verdrängung gesetzten Rechts durch den Grundsatz von Treu und Glauben kann nur in besonders liegenden Fällen in Betracht kommen, in denen das Vertrauen des Steuerpflichtigen in ein bestimmtes Verhalten der Verwaltung nach allgemeinem Rechtsgefühl in einem so hohen Maß schutzwürdig ist, dass demgegenüber die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zurücktreten müssen. In diesem Zusammenhang verlangt der Grundsatz von Treu und Glauben einen Vertrauenstatbestand, aufgrund dessen der Steuerpflichtige disponiert hat. Der Vertrauenstatbestand besteht in einer bestimmten Position oder einem bestimmten Verhalten des einen Teils, aufgrund dessen der andere bei objektiver Beurteilung annehmen konnte, jener werde an seiner Position oder seinem Verhalten konsequent und auf Dauer festhalten. Die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben setzt nach der Rechtsprechung des BFH regelmäßig voraus, dass sich der Steuerpflichtige und die Verwaltungsbehörde als Partner eines konkreten Rechtsverhältnisses (§§ 33 ff. der Abgabenordnung --AO--) gegenüberstehen (BFH-Urteil vom 7. Oktober 2010 V R 17/09, BFH/NV 2011, 865, m.w.N.).
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Eine solche Vertrauenssituation kann der Steuerpflichtige selbst durch die Erteilung einer verbindlichen Zusage oder Auskunft des FA herbeiführen; daran fehlt es im Streitfall.
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bb) Darüber hinaus wird Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO für den Fall berücksichtigt, dass sich die Rechtsprechung eines obersten Gerichtshofs des Bundes, die bei der bisherigen Festsetzung durch die Finanzbehörde angewandt worden ist, geändert hat, woran es im Streitfall aber hinsichtlich der versicherungsteuerrechtlichen Beurteilung von Reiseversicherungspaketen fehlt. Vielmehr konnte bereits dem BFH-Urteil in BFHE 58, 375, BStBl III 1954, 54 entnommen werden, dass ohne gesonderten Ausweis des Versicherungsentgelts im Versicherungsvertrag der auf die Krankenversicherung entfallende Teil des Versicherungsentgelts nicht steuerfrei ist.
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cc) Auch wenn, wofür tatsächliche Feststellungen des FG fehlen, im Rahmen von Außenprüfungen die von der Klägerin angenommene Steuerfreiheit nicht beanstandet worden sein sollte, würde dies keinen nach Treu und Glauben zu beachtenden Vertrauenstatbestand begründen. Denn nach den Grundsätzen der Abschnittsbesteuerung ergibt sich allein aus der früheren, auch aufgrund von Außenprüfungen vorgenommenen Beurteilung keine Bindung des FA für die Zukunft (BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 865).
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Nach dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung hatte das FA in jedem Besteuerungszeitraum die einschlägigen Besteuerungsgrundlagen erneut zu prüfen und rechtlich zu würdigen. Eine als falsch erkannte Rechtsauffassung musste es zum frühestmöglichen Zeitpunkt aufgeben, auch wenn der Steuerpflichtige auf diese Rechtsauffassung vertraut haben sollte (ständige Rechtsprechung des BFH, z.B. Urteile vom 13. April 1967 V 235/64, BFHE 88, 443, BStBl III 1967, 442; in BFH/NV 2011, 865, jeweils m.w.N.). Dies ist sogar dann angenommen worden, wenn die --fehlerhafte-- Auffassung im Prüfungsbericht niedergelegt worden war (vgl. BFH-Urteil vom 16. Juli 1964 V 92/61 S, BFHE 80, 446, BStBl III 1964, 634) oder wenn die Finanzbehörde über eine längere Zeitspanne eine rechtsirrige, für den Steuerpflichtigen günstige Auffassung vertreten hatte (BFH-Urteil vom 22. Juni 1971 VIII 23/65, BFHE 103, 77, BStBl II 1971, 749). Aus der gesetzlichen Regelung der verbindlichen Zusage nach einer Außenprüfung (§§ 204 ff. AO) ergibt sich, dass Außenprüfungen für sich allein keine Grundlage für einen Vertrauensschutz bilden können (BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 865).
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b) Das FA durfte die nachgeforderte Versicherungsteuer mit Steuerbescheid für den Anmeldungszeitraum September 2006 festsetzen.
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aa) Nach § 10 Abs. 4 VersStG sind Steuerbeträge, die aufgrund einer Außenprüfung nachzuentrichten oder zu erstatten sind, zusammen mit der Steuer für den laufenden Anmeldungszeitraum festzusetzen.
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Der Gesetzgeber hat § 10 Abs. 4 VersStG durch Art. 20 Nr. 3 des Steuerbereinigungsgesetzes 1985 (BGBl I 1984, 1493) in das VersStG eingefügt. Die Bundesregierung hat zur Begründung des Gesetzentwurfs ausgeführt, die Regelung über die Festsetzung der Steuerbeträge, die aufgrund einer Außenprüfung nachzuentrichten seien (Absatz 4), sei wegen des neuen Steueranmeldungsverfahrens erforderlich, damit die Nachforderung der Steuerbeträge möglichst wenig Verwaltungsaufwand verursache (vgl. BTDrucks 10/1636, S. 77). Der Vereinfachungszweck des § 10 Abs. 4 VersStG besteht somit darin, dass die Finanzbehörde nach einer Außenprüfung nicht für jede einzelne zu korrigierende Versicherungsteueranmeldung einen Änderungsbescheid zu erlassen, sondern alle Änderungen in einem Bescheid zusammenzufassen hat.
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Entgegen der Auffassung des FG Niedersachsen (Urteil vom 18. Juli 2011 3 K 360/09, nicht veröffentlicht --n.v.--) ergibt sich aus dem Wortlaut des § 10 Abs. 4 VersStG nicht, dass die Verwaltung darauf beschränkt ist, aufgrund einer Außenprüfung nachzufordernde Beträge nur mit der Steuer des Anmeldungszeitraums festzusetzen, in dem die Außenprüfung endete. § 10 Abs. 4 VersStG legt keinen bestimmten Anmeldungszeitraum fest; es muss sich lediglich um einen laufenden Anmeldungszeitraum handeln. "Laufender Anmeldungszeitraum" i.S. des § 10 Abs. 4 VersStG ist deshalb jeder Anmeldungszeitraum nach Abschluss der Außenprüfung.
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Auch der Gesetzesbegründung lässt sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber den Anmeldungszeitraum, für den die nachzufordernde Steuer festzusetzen ist, festlegen wollte. Ebenso wenig sind Gründe ersichtlich, weshalb der Gesetzgeber die Festsetzung der nachzufordernden Steuer auf den Monat, in dem die Außenprüfung beendet wurde, hätte beschränken sollen. Die Frage, ob eine Festsetzung der nachzufordernden Steuer noch zulässig ist, beantwortet sich nach den allgemeinen Regelungen über die Festsetzungsverjährung (§§ 169 ff. AO).
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bb) Eine Festsetzung der aufgrund der Außenprüfung nachgeforderten Versicherungsteuer zusammen mit der Versicherungsteuer für September 2006 war danach grundsätzlich möglich. Die Außenprüfung war im Juni 2006 beendet.
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3. Die Sache ist nicht spruchreif. Der Senat kann mangels tatsächlicher Feststellungen nicht entscheiden, in welcher Höhe das FA Versicherungsteuer zu Recht nachgefordert hat. Das FG wird hierzu festzustellen haben, inwieweit die nachgeforderte Versicherungsteuer auf den Zeitraum Dezember 2001 bis Dezember 2004 entfällt. Für die Versicherungsteuer für Januar 2000 bis November 2001 durfte das FA am 6. November 2006 keinen Nachforderungsbescheid mehr erlassen, weil insoweit die Steuerschuld der Versicherungsnehmer bereits festsetzungsverjährt war.
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a) Ist eine Steuer aufgrund gesetzlicher Verpflichtung anzumelden (§ 150 Abs. 1 Satz 3 AO), so ist gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 AO eine Festsetzung der Steuer nach § 155 AO nur erforderlich, wenn die Festsetzung zu einer abweichenden Steuer führt oder der Steuer- oder Haftungsschuldner die Steueranmeldung nicht abgibt.
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§ 167 Abs. 1 Satz 1 AO begründet in der Auslegung durch die Rechtsprechung ein Wahlrecht für die Finanzbehörde, den Haftungsschuldner entweder durch Haftungsbescheid oder durch Steuerbescheid in Anspruch zu nehmen, wenn dieser seine Anmeldepflicht nicht erfüllt hat (BFH-Beschluss vom 18. März 2009 I B 210/08, BFH/NV 2009, 1237, m.w.N.). Der Erlass eines Nachforderungsbescheids ändert allerdings nichts daran, dass durch diesen materiell-rechtlich ein Haftungsanspruch geltend gemacht wird. Die Steuerfestsetzung nach § 167 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 155 AO erfasst damit denjenigen, der die Steuer als Entrichtungssteuerschuldner nicht angemeldet hat, gerade in seiner Funktion als Haftungsschuldner (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 1237, m.w.N.).
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Das hat zur Folge, dass die tatbestandlichen Erfordernisse der materiell-rechtlichen Haftungsnorm zu beachten sind (vgl. BFH-Urteil vom 13. September 2000 I R 61/99, BFHE 193, 286, BStBl II 2001, 67, zu § 44 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes). Wegen der Akzessorietät des Haftungsanspruchs ist hierfür im Regelfall weiter erforderlich, dass auch die Steuerschuld, für die gehaftet werden soll, entstanden ist und noch besteht (vgl. BFH-Urteil vom 15. Oktober 1996 VII R 46/96, BFHE 181, 392, BStBl II 1997, 171; vgl. auch Kempf/Schmidt, Deutsches Steuerrecht 2003, 190, 192). Ist der Steueranspruch durch Verjährung erloschen (§ 47 AO), kann ein Haftungsanspruch nicht mehr geltend gemacht werden (vgl. BFH-Beschluss vom 11. Juli 2001 VII R 28/99, BFHE 195, 510, BStBl II 2002, 267). Dementsprechend kann gegenüber dem Versicherer ein Nachforderungsbescheid nicht mehr ergehen, wenn der Steueranspruch gegenüber dem Versicherungsnehmer festsetzungsverjährt ist.
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b) Im Streitfall waren am 6. November 2006 die Voraussetzungen für den Erlass eines Nachforderungsbescheids für Besteuerungszeiträume vor Dezember 2001 nicht erfüllt, weil hinsichtlich der Versicherungsteuerschuld der Versicherungsnehmer für Januar 2000 bis einschließlich November 2001 bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war.
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aa) Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 VersStG ist Steuerschuldner der Versicherungsnehmer. Der Versicherer haftet für die Steuer (§ 7 Abs. 1 Satz 2 VersStG) und hat die Steuer für Rechnung des Versicherungsnehmers zu entrichten (§ 7 Abs. 1 Satz 3 VersStG). Nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 und 2 VersStG hat der Versicherer innerhalb von fünfzehn Tagen nach Ablauf eines jeden Anmeldungszeitraums eine eigenhändig unterschriebene Steuererklärung abzugeben, in der er die im Anmeldungszeitraum entstandene Steuer selbst zu berechnen hat (Steueranmeldung), und die im Anmeldungszeitraum entstandene Steuer zu entrichten. Ist eine Steueranmeldung einzureichen, beginnt gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO die Festsetzungsfrist grundsätzlich mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steueranmeldung eingereicht wird. Die Abgabe der Versicherungsteueranmeldung ist auch für den Beginn der Festsetzungsfrist der Steuerschuld des Versicherungsnehmers das nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO maßgebliche Ereignis (vgl. BFH-Urteil vom 29. Januar 2003 I R 10/02, BFHE 202, 1, BStBl II 2003, 687; BFH-Beschluss vom 10. Februar 2009 I B 157/08, n.v., jeweils zur Kapitalertragsteuer).
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bb) Vorliegend hat die Klägerin die Steueranmeldungen für den Zeitraum Januar 2000 bis Dezember 2004 --mit Ausnahme für die Monate Dezember-- beim FA im Kalenderjahr des jeweiligen Anmeldungszeitraums eingereicht. Die Steueranmeldungen für die Dezembermonate hat die Klägerin jeweils im Laufe des Monats Januar des auf den jeweiligen Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres abgegeben. Die vierjährige Festsetzungsfrist (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO) begann nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO für die Versicherungsteuer für Januar bis November 2000 mit Ablauf des Jahres 2000 und für Dezember 2000 bis November 2001 mit Ablauf des Jahres 2001 zu laufen. Sie endete somit für die Versicherungsteuer für Januar bis November 2000 mit Ablauf des Jahres 2004 und für Dezember 2000 bis November 2001 mit Ablauf des Jahres 2005. Die Versicherungsteuer für Januar 2000 bis November 2001 war somit gegenüber den Versicherungsnehmern zum Zeitpunkt des Erlasses des Nachforderungsbescheids am 6. November 2006 festsetzungsverjährt. Unerheblich ist, dass vor Ablauf der Festsetzungsfrist am 10. Mai 2005 bei der Klägerin mit einer Außenprüfung begonnen worden ist. Denn der Ablauf der Festsetzungsfrist gegenüber dem Versicherungsnehmer wird durch eine Außenprüfung beim Versicherer nicht nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO gehemmt (vgl. BFH-Urteil vom 1. Dezember 1995 VI R 76/91, BFHE 179, 312, BStBl II 1996, 239, zur Lohnsteuer; vgl. allgemein hierzu Kruse in Tipke/ Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 171 AO Rz 57, jeweils m.w.N.).
(1) Über den Einspruch entscheidet die Finanzbehörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, durch Einspruchsentscheidung. Ist für den Steuerfall nachträglich eine andere Finanzbehörde zuständig geworden, so entscheidet diese Finanzbehörde; § 26 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Die Finanzbehörde, die über den Einspruch entscheidet, hat die Sache in vollem Umfang erneut zu prüfen. Der Verwaltungsakt kann auch zum Nachteil des Einspruchsführers geändert werden, wenn dieser auf die Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung unter Angabe von Gründen hingewiesen und ihm Gelegenheit gegeben worden ist, sich hierzu zu äußern. Einer Einspruchsentscheidung bedarf es nur insoweit, als die Finanzbehörde dem Einspruch nicht abhilft.
(2a) Die Finanzbehörde kann vorab über Teile des Einspruchs entscheiden, wenn dies sachdienlich ist. Sie hat in dieser Entscheidung zu bestimmen, hinsichtlich welcher Teile Bestandskraft nicht eintreten soll.
(2b) Anhängige Einsprüche, die eine vom Gerichtshof der Europäischen Union, vom Bundesverfassungsgericht oder vom Bundesfinanzhof entschiedene Rechtsfrage betreffen und denen nach dem Ausgang des Verfahrens vor diesen Gerichten nicht abgeholfen werden kann, können durch Allgemeinverfügung insoweit zurückgewiesen werden. Sachlich zuständig für den Erlass der Allgemeinverfügung ist die oberste Finanzbehörde. Die Allgemeinverfügung ist im Bundessteuerblatt und auf den Internetseiten des Bundesministeriums der Finanzen zu veröffentlichen. Sie gilt am Tag nach der Herausgabe des Bundessteuerblattes, in dem sie veröffentlicht wird, als bekannt gegeben. Abweichend von § 47 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung endet die Klagefrist mit Ablauf eines Jahres nach dem Tag der Bekanntgabe. § 63 Abs. 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung gilt auch, soweit ein Einspruch durch eine Allgemeinverfügung nach Satz 1 zurückgewiesen wurde.
(3) Richtet sich der Einspruch gegen einen Verwaltungsakt, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, so entscheidet die zuständige Finanzbehörde über den Einspruch. Auch die für die zuständige Finanzbehörde handelnde Behörde ist berechtigt, dem Einspruch abzuhelfen.
Tatbestand
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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), ein Versicherungsunternehmen, vertrieb in den Jahren 2000 bis 2004 unter verschiedenen Bezeichnungen Reiseversicherungspakete.
- 2
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Ein Versicherungspaket setzte sich aus einer bestimmten, durch den Versicherungsnehmer nicht individuell modifizierbaren Anzahl einzelner Versicherungen (z.B. Reiserücktrittskostenversicherung, Reiseabbruchversicherung, Umbuchungsgebührenschutz, Auslandsreisekrankenversicherung, Reisenotrufversicherung, Reiseservicehelpline und Reisegepäckversicherung) zusammen. Im Rahmen der Leistungsbeschreibung wurden die jeweiligen Versicherungen, die Bestandteil des Reiseversicherungspakets waren, einzeln erläutert. Die allgemeinen Versicherungsbedingungen unterteilten sich in einen allgemeinen Teil und einen besonderen Teil, der die spezifischen Bedingungen zu den einzelnen Versicherungen enthielt. Für ein Reiseversicherungspaket war jeweils eine Gesamtprämie zu zahlen. Intern erfasste die Klägerin die Prämie buchhalterisch nach Versicherungsarten voneinander getrennt. Die Versicherungsnehmer erhielten pro Reiseversicherungspaket jeweils einen Versicherungsschein.
- 3
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Im Rahmen ihrer monatlichen Anmeldungen der Versicherungsteuer für die Zeiträume Januar 2000 bis Dezember 2004 ermittelte die Klägerin die Versicherungsteuer für Reiseversicherungspakete, in denen eine Auslandsreisekrankenversicherung enthalten war, ohne die auf die Auslandsreisekrankenversicherung kalkulatorisch entfallenden Entgeltanteile zu berücksichtigen.
- 4
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Mit Verwaltungsakt vom 9. Dezember 2004 ordnete das damals zuständige Finanzamt (FA) gegenüber der Klägerin hinsichtlich der Versicherungsteuer für Januar 2000 bis Dezember 2003 eine Außenprüfung an. Im Verlauf der Außenprüfung erweiterte das FA mit Verwaltungsakt vom 24. Oktober 2005 die Außenprüfung um die Besteuerungszeiträume Januar 2004 bis Dezember 2004.
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Im Bericht über die Versicherungsteueraußenprüfung vom 20. Juni 2006 vertrat das FA die Auffassung, bei einem Reiseversicherungspaket handele es sich um ein einheitliches Versicherungsverhältnis. Daher sei auch das in der Versicherungsprämie enthaltene Entgelt für die Auslandsreisekrankenversicherung nicht als steuerfrei nach § 4 Nr. 5 des Versicherungsteuergesetzes in der hier maßgebenden Fassung (VersStG) zu beurteilen. Am 6. November 2006 erließ das FA gegenüber der Klägerin für September 2006 einen Versicherungsteuerbescheid, in dem es in einem Gesamtbetrag neben der von der Klägerin angemeldeten Versicherungsteuer für September 2006 auch die Nachforderung von Versicherungsteuer für den Prüfungszeitraum Januar 2000 bis Dezember 2004 festsetzte. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das FA als unbegründet zurück.
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Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war der Auffassung, das in der Versicherungsprämie für die Reiseversicherungspakete enthaltene Entgelt für die Auslandsreisekrankenversicherung sei nach § 4 Nr. 5 Satz 1 VersStG steuerfrei. Die Steuerbefreiung nach dieser Vorschrift erfordere allein, dass die Zahlung des Versicherungsentgelts für ein Versicherungsverhältnis erfolge, das als Krankenversicherung gekennzeichnet sei. Diese Voraussetzung werde im Streitfall durch die als Bestandteil in den Reiseversicherungspaketen enthaltenen Auslandsreisekrankenversicherungen erfüllt. Die Reiseversicherungspakete seien nicht als ein eigenständiger und neuartiger Versicherungstypus "Reiseversicherung" anzusehen. Es handele sich daher nicht um ein einziges Versicherungsverhältnis. Ebenso wenig stehe die Einheitlichkeit der für die Reiseversicherungspakete gezahlten Versicherungsprämien einer Steuerbefreiung entgegen. Der offene Ausweis des Versicherungsentgelts oder des Steuerbetrags werde durch das VersStG an keiner Stelle verlangt und sei demgemäß auch keine tatbestandliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung der Zahlung eines Versicherungsentgelts. Nur eine --im Streitfall nicht vorliegende-- willkürliche, nachträgliche Aufteilung des Versicherungsentgelts allein zu steuerrechtlichen Zwecken sei als rechtsmissbräuchlich und damit als unzulässig anzusehen. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1747 veröffentlicht.
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Aufgrund der Änderung des § 7a VersStG durch Art. 10 Nr. 3 des Begleitgesetzes zur zweiten Föderalismusreform vom 10. August 2009 (BGBl I 2009, 2702) ist der Beklagte und Revisionskläger (das Bundeszentralamt für Steuern --BZSt--) für die Versicherungsteuer zuständig geworden und damit zum 1. Juli 2010 ein gesetzlicher Beteiligtenwechsel eingetreten.
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Mit der Revision rügt das BZSt die Verletzung des § 4 Nr. 5 Satz 1 VersStG. Die versicherungsteuerrechtliche Auslegung des Begriffs "Versicherungsverhältnis" habe nach zivilrechtlichen Grundsätzen zu erfolgen. Da ein Reiseversicherungspaket nur einen Versicherungsvertrag begründe, könne das dort vereinbarte und vom Versicherungsnehmer gezahlte Versicherungsentgelt auch nur einheitlich behandelt werden. Ob das Reiseversicherungspaket nach versicherungsaufsichtsrechtlichen Kriterien eine "kombinierte Versicherung" sei, sei versicherungsteuerrechtlich irrelevant. Ebenso wenig sei entscheidend, ob sich nach der Verkehrsauffassung ein neuer einheitlicher Versicherungstypus herausgebildet habe.
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Das BZSt beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat mit Schriftsatz vom 18. November 2010 den Beitritt zum Verfahren nach § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erklärt.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass die Versicherungsprämien nach § 4 Nr. 5 Satz 1 VersStG von der Besteuerung ausgenommen sind, soweit sie anteilig auf die Auslandsreisekrankenversicherungen entfallen.
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1. Nach § 1 Abs. 1 VersStG unterliegt die Zahlung des Versicherungsentgelts aufgrund eines durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandenen Versicherungsverhältnisses der Steuer. Versicherungsentgelt ist gemäß § 3 Abs. 1 VersStG jede Leistung, die für die Begründung und zur Durchführung des Versicherungsverhältnisses an den Versicherer zu bewirken ist. Gemäß § 4 Nr. 5 Satz 1 VersStG ist u.a. von der Besteuerung ausgenommen die Zahlung des Versicherungsentgelts für eine Versicherung, durch die Ansprüche auf Kapital-, Renten- oder sonstige Leistungen im Falle der Krankheit begründet werden.
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a) Die Zahlung des Versicherungsentgelts für eine Krankenversicherung ist nur von der Versicherungsteuer befreit, wenn das darauf entfallende Versicherungsentgelt im Vertrag gesondert ausgewiesen ist. Dies gilt --entgegen der Auffassung des BMF-- auch, wenn durch ein (Reise-)Versicherungspaket mehrere Risiken abgedeckt werden (Mehrgefahrenversicherung) und eine Krankenversicherung Bestandteil dieses Versicherungspaketes ist.
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aa) Sowohl der Steuergegenstand (§ 1 Abs. 1 VersStG) als auch die Ausnahmen von der Besteuerung (§ 4 VersStG) knüpfen an die Zahlung des Versicherungsentgelts an. Bei einem durch Vertrag entstandenen Versicherungsverhältnis wird das zu zahlende Versicherungsentgelt regelmäßig von den Vertragsbeteiligten im Vertrag vereinbart, wobei sich die Versicherungsteuer auf die Höhe des Versicherungsentgelts auswirkt. Wird ein Versicherungsvertrag abgeschlossen, der mehrere Risiken einschließlich des Krankheitsrisikos absichert, greift eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 5 Satz 1 VersStG nur ein, wenn sich aus dem Vertrag ergibt, dass die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erfüllt sind. Es muss also vertraglich geregelt sein, welcher Teil des Versicherungsentgelts für die begünstigte Krankenversicherung gezahlt wird.
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Die vertragliche Festlegung des auf die Krankenversicherung entfallenden Versicherungsentgelts als Voraussetzung der Steuerbefreiung bei einer Mehrgefahrenversicherung lässt sich zwar nicht unmittelbar dem Wortlaut des § 4 Nr. 5 Satz 1 VersStG entnehmen. Sinn und Zweck der Vorschrift sprechen aber dafür, die Steuerbefreiung nur zu gewähren, wenn aus dem Vertrag selbst zu erkennen ist, in welcher Höhe das Versicherungsentgelt für eine Krankenversicherung gezahlt wird. Denn begünstigt sind nur bestimmte im Einzelnen angeführte Versicherungen. Vereinbaren Versicherer und Versicherungsnehmer in einem einzigen Vertrag ein Versicherungspaket zur Abdeckung mehrerer Gefahren, muss deshalb zur Erlangung der Steuerbefreiung das Versicherungsentgelt, das zum Teil auf eine begünstigte Krankenversicherung und zum Teil auf nicht begünstigte Versicherungen entfällt, im Vertrag entsprechend aufgeteilt werden.
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Die Frage, ob eine Steuerbefreiung in Anspruch genommen werden kann, wenn der steuerfreie Teil des Versicherungsentgelts im Versicherungsvertrag nicht gesondert ausgewiesen ist, beant-wortet sich dabei ausschließlich nach versicherungsteuerrechtlichen Kriterien. Versicherungsaufsichtsrechtliche Erwägungen sind ebenso wenig entscheidungserheblich wie die zivilrechtliche Qualifikation des Versicherungsvertrags.
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bb) Das Erfordernis eines gesonderten Ausweises des auf eine steuerfreie Krankenversicherung entfallenden Versicherungsentgelts ergibt sich schon aus der Rechtsnatur und der Systematik der Versicherungsteuer. Diese ist eine Verkehrsteuer auf den rechtlich erheblichen Vorgang des Geldumsatzes. Entscheidend ist, dass eine geschuldete Leistung an den Gläubiger so bewirkt wird, dass die Schuld durch Zahlung des Versicherungsentgelts erlischt (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 16. Dezember 2009 II R 44/07, BFHE 228, 285, BStBl II 2010, 1097). Bei einer Mehrgefahrenversicherung unter Einschluss einer steuerbefreiten Versicherung muss daher schon aus Gründen der Rechtsklarheit bereits im Zeitpunkt der Zahlung des Versicherungsentgelts eindeutig festgelegt sein, ob und inwieweit dieses i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 VersStG "für" eine Krankenversicherung gezahlt wird.
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cc) Zudem muss für den Versicherungsnehmer als Steuerschuldner (§ 7 Abs. 1 Satz 1 VersStG) erkennbar sein, für welches Versicherungsentgelt Versicherungsteuer zu zahlen ist. Das gilt unabhängig davon, dass im Verhältnis zwischen Versicherungsnehmer und dem Versicherer die Steuer nach § 7 Abs. 4 VersStG als Teil des Versicherungsentgelts gilt, der Versicherer nach § 7 Abs. 1 Satz 2 VersStG für die Steuer haftet und sie nach § 7 Abs. 1 Satz 3 VersStG für Rechnung des Versicherungsnehmers zu entrichten hat. Das VersStG schließt eine Inanspruchnahme des Versicherungsnehmers für die Versicherungsteuer nicht aus. Der Versicherungsnehmer muss deshalb auch aus Gründen der Rechtssicherheit feststellen können, ob und in welcher Höhe eine Steuerschuld besteht. Hierfür ist erforderlich, dass er den steuerfreien und den steuerpflichtigen Teil des Versicherungsentgelts dem Vertrag entnehmen kann.
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dd) Dementsprechend hat der BFH bereits mit Urteil vom 16. Dezember 1953 II 175/52 U (BFHE 58, 375, BStBl III 1954, 54) entschieden, dass ein im Versicherungsvertrag ungeteiltes Versicherungsentgelt, das sich auf mehrere Versicherungsarten bezieht, nicht nachträglich für die Zwecke der Besteuerung geteilt werden kann (vgl. BFH-Urteil in BFHE 58, 375, BStBl III 1954, 54). Diese Rechtsprechung ist entgegen der Ansicht des FG nicht in dem Sinne zu verstehen, dass lediglich eine willkürliche nachträgliche Aufteilung des Versicherungsentgelts allein zu steuerrechtlichen Zwecken als rechtsmissbräuchlich und damit als unzulässig anzusehen ist. Vielmehr wird in der Entscheidung deutlich herausgestellt, dass eine Steuerbefreiung nur in Anspruch genommen werden kann, wenn der steuerfreie Teil des Versicherungsentgelts von vornherein im Versicherungsvertrag gesondert ausgewiesen ist. Eine interne Aufteilung und buchhalterische Erfassung des (steuerfreien) Versicherungsentgelts durch den Versicherer genügt diesen Anforderungen nicht.
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b) Nach diesen Grundsätzen waren die Zahlungen der Entgelte für Reiseversicherungspakete insoweit, als sie rechnerisch auf eine Auslandsreisekrankenversicherung entfielen, nicht nach § 4 Nr. 5 Satz 1 VersStG von der Besteuerung ausgenommen. Denn sie waren im jeweiligen Versicherungsvertrag nicht gesondert ausgewiesen.
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2. Da das FG von anderen Grundsätzen ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben. Sie stellt sich insbesondere auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 126 Abs. 4 FGO).
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a) Die Grundsätze von Treu und Glauben stehen der Festsetzung der Versicherungsteuer nicht entgegen. Dass das FA in der Vergangenheit insoweit keine Versicherungsteuer festgesetzt hat, als für Reiseversicherungspakete gezahlte Versicherungsentgelte rechnerisch auf die Auslandsreisekrankenversicherung entfallen sind, begründet kein schutzwürdiges Vertrauen zu Gunsten der Klägerin.
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aa) Die Verdrängung gesetzten Rechts durch den Grundsatz von Treu und Glauben kann nur in besonders liegenden Fällen in Betracht kommen, in denen das Vertrauen des Steuerpflichtigen in ein bestimmtes Verhalten der Verwaltung nach allgemeinem Rechtsgefühl in einem so hohen Maß schutzwürdig ist, dass demgegenüber die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zurücktreten müssen. In diesem Zusammenhang verlangt der Grundsatz von Treu und Glauben einen Vertrauenstatbestand, aufgrund dessen der Steuerpflichtige disponiert hat. Der Vertrauenstatbestand besteht in einer bestimmten Position oder einem bestimmten Verhalten des einen Teils, aufgrund dessen der andere bei objektiver Beurteilung annehmen konnte, jener werde an seiner Position oder seinem Verhalten konsequent und auf Dauer festhalten. Die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben setzt nach der Rechtsprechung des BFH regelmäßig voraus, dass sich der Steuerpflichtige und die Verwaltungsbehörde als Partner eines konkreten Rechtsverhältnisses (§§ 33 ff. der Abgabenordnung --AO--) gegenüberstehen (BFH-Urteil vom 7. Oktober 2010 V R 17/09, BFH/NV 2011, 865, m.w.N.).
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Eine solche Vertrauenssituation kann der Steuerpflichtige selbst durch die Erteilung einer verbindlichen Zusage oder Auskunft des FA herbeiführen; daran fehlt es im Streitfall.
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bb) Darüber hinaus wird Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO für den Fall berücksichtigt, dass sich die Rechtsprechung eines obersten Gerichtshofs des Bundes, die bei der bisherigen Festsetzung durch die Finanzbehörde angewandt worden ist, geändert hat, woran es im Streitfall aber hinsichtlich der versicherungsteuerrechtlichen Beurteilung von Reiseversicherungspaketen fehlt. Vielmehr konnte bereits dem BFH-Urteil in BFHE 58, 375, BStBl III 1954, 54 entnommen werden, dass ohne gesonderten Ausweis des Versicherungsentgelts im Versicherungsvertrag der auf die Krankenversicherung entfallende Teil des Versicherungsentgelts nicht steuerfrei ist.
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cc) Auch wenn, wofür tatsächliche Feststellungen des FG fehlen, im Rahmen von Außenprüfungen die von der Klägerin angenommene Steuerfreiheit nicht beanstandet worden sein sollte, würde dies keinen nach Treu und Glauben zu beachtenden Vertrauenstatbestand begründen. Denn nach den Grundsätzen der Abschnittsbesteuerung ergibt sich allein aus der früheren, auch aufgrund von Außenprüfungen vorgenommenen Beurteilung keine Bindung des FA für die Zukunft (BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 865).
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Nach dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung hatte das FA in jedem Besteuerungszeitraum die einschlägigen Besteuerungsgrundlagen erneut zu prüfen und rechtlich zu würdigen. Eine als falsch erkannte Rechtsauffassung musste es zum frühestmöglichen Zeitpunkt aufgeben, auch wenn der Steuerpflichtige auf diese Rechtsauffassung vertraut haben sollte (ständige Rechtsprechung des BFH, z.B. Urteile vom 13. April 1967 V 235/64, BFHE 88, 443, BStBl III 1967, 442; in BFH/NV 2011, 865, jeweils m.w.N.). Dies ist sogar dann angenommen worden, wenn die --fehlerhafte-- Auffassung im Prüfungsbericht niedergelegt worden war (vgl. BFH-Urteil vom 16. Juli 1964 V 92/61 S, BFHE 80, 446, BStBl III 1964, 634) oder wenn die Finanzbehörde über eine längere Zeitspanne eine rechtsirrige, für den Steuerpflichtigen günstige Auffassung vertreten hatte (BFH-Urteil vom 22. Juni 1971 VIII 23/65, BFHE 103, 77, BStBl II 1971, 749). Aus der gesetzlichen Regelung der verbindlichen Zusage nach einer Außenprüfung (§§ 204 ff. AO) ergibt sich, dass Außenprüfungen für sich allein keine Grundlage für einen Vertrauensschutz bilden können (BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 865).
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b) Das FA durfte die nachgeforderte Versicherungsteuer mit Steuerbescheid für den Anmeldungszeitraum September 2006 festsetzen.
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aa) Nach § 10 Abs. 4 VersStG sind Steuerbeträge, die aufgrund einer Außenprüfung nachzuentrichten oder zu erstatten sind, zusammen mit der Steuer für den laufenden Anmeldungszeitraum festzusetzen.
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Der Gesetzgeber hat § 10 Abs. 4 VersStG durch Art. 20 Nr. 3 des Steuerbereinigungsgesetzes 1985 (BGBl I 1984, 1493) in das VersStG eingefügt. Die Bundesregierung hat zur Begründung des Gesetzentwurfs ausgeführt, die Regelung über die Festsetzung der Steuerbeträge, die aufgrund einer Außenprüfung nachzuentrichten seien (Absatz 4), sei wegen des neuen Steueranmeldungsverfahrens erforderlich, damit die Nachforderung der Steuerbeträge möglichst wenig Verwaltungsaufwand verursache (vgl. BTDrucks 10/1636, S. 77). Der Vereinfachungszweck des § 10 Abs. 4 VersStG besteht somit darin, dass die Finanzbehörde nach einer Außenprüfung nicht für jede einzelne zu korrigierende Versicherungsteueranmeldung einen Änderungsbescheid zu erlassen, sondern alle Änderungen in einem Bescheid zusammenzufassen hat.
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Entgegen der Auffassung des FG Niedersachsen (Urteil vom 18. Juli 2011 3 K 360/09, nicht veröffentlicht --n.v.--) ergibt sich aus dem Wortlaut des § 10 Abs. 4 VersStG nicht, dass die Verwaltung darauf beschränkt ist, aufgrund einer Außenprüfung nachzufordernde Beträge nur mit der Steuer des Anmeldungszeitraums festzusetzen, in dem die Außenprüfung endete. § 10 Abs. 4 VersStG legt keinen bestimmten Anmeldungszeitraum fest; es muss sich lediglich um einen laufenden Anmeldungszeitraum handeln. "Laufender Anmeldungszeitraum" i.S. des § 10 Abs. 4 VersStG ist deshalb jeder Anmeldungszeitraum nach Abschluss der Außenprüfung.
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Auch der Gesetzesbegründung lässt sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber den Anmeldungszeitraum, für den die nachzufordernde Steuer festzusetzen ist, festlegen wollte. Ebenso wenig sind Gründe ersichtlich, weshalb der Gesetzgeber die Festsetzung der nachzufordernden Steuer auf den Monat, in dem die Außenprüfung beendet wurde, hätte beschränken sollen. Die Frage, ob eine Festsetzung der nachzufordernden Steuer noch zulässig ist, beantwortet sich nach den allgemeinen Regelungen über die Festsetzungsverjährung (§§ 169 ff. AO).
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bb) Eine Festsetzung der aufgrund der Außenprüfung nachgeforderten Versicherungsteuer zusammen mit der Versicherungsteuer für September 2006 war danach grundsätzlich möglich. Die Außenprüfung war im Juni 2006 beendet.
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3. Die Sache ist nicht spruchreif. Der Senat kann mangels tatsächlicher Feststellungen nicht entscheiden, in welcher Höhe das FA Versicherungsteuer zu Recht nachgefordert hat. Das FG wird hierzu festzustellen haben, inwieweit die nachgeforderte Versicherungsteuer auf den Zeitraum Dezember 2001 bis Dezember 2004 entfällt. Für die Versicherungsteuer für Januar 2000 bis November 2001 durfte das FA am 6. November 2006 keinen Nachforderungsbescheid mehr erlassen, weil insoweit die Steuerschuld der Versicherungsnehmer bereits festsetzungsverjährt war.
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a) Ist eine Steuer aufgrund gesetzlicher Verpflichtung anzumelden (§ 150 Abs. 1 Satz 3 AO), so ist gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 AO eine Festsetzung der Steuer nach § 155 AO nur erforderlich, wenn die Festsetzung zu einer abweichenden Steuer führt oder der Steuer- oder Haftungsschuldner die Steueranmeldung nicht abgibt.
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§ 167 Abs. 1 Satz 1 AO begründet in der Auslegung durch die Rechtsprechung ein Wahlrecht für die Finanzbehörde, den Haftungsschuldner entweder durch Haftungsbescheid oder durch Steuerbescheid in Anspruch zu nehmen, wenn dieser seine Anmeldepflicht nicht erfüllt hat (BFH-Beschluss vom 18. März 2009 I B 210/08, BFH/NV 2009, 1237, m.w.N.). Der Erlass eines Nachforderungsbescheids ändert allerdings nichts daran, dass durch diesen materiell-rechtlich ein Haftungsanspruch geltend gemacht wird. Die Steuerfestsetzung nach § 167 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 155 AO erfasst damit denjenigen, der die Steuer als Entrichtungssteuerschuldner nicht angemeldet hat, gerade in seiner Funktion als Haftungsschuldner (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 1237, m.w.N.).
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Das hat zur Folge, dass die tatbestandlichen Erfordernisse der materiell-rechtlichen Haftungsnorm zu beachten sind (vgl. BFH-Urteil vom 13. September 2000 I R 61/99, BFHE 193, 286, BStBl II 2001, 67, zu § 44 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes). Wegen der Akzessorietät des Haftungsanspruchs ist hierfür im Regelfall weiter erforderlich, dass auch die Steuerschuld, für die gehaftet werden soll, entstanden ist und noch besteht (vgl. BFH-Urteil vom 15. Oktober 1996 VII R 46/96, BFHE 181, 392, BStBl II 1997, 171; vgl. auch Kempf/Schmidt, Deutsches Steuerrecht 2003, 190, 192). Ist der Steueranspruch durch Verjährung erloschen (§ 47 AO), kann ein Haftungsanspruch nicht mehr geltend gemacht werden (vgl. BFH-Beschluss vom 11. Juli 2001 VII R 28/99, BFHE 195, 510, BStBl II 2002, 267). Dementsprechend kann gegenüber dem Versicherer ein Nachforderungsbescheid nicht mehr ergehen, wenn der Steueranspruch gegenüber dem Versicherungsnehmer festsetzungsverjährt ist.
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b) Im Streitfall waren am 6. November 2006 die Voraussetzungen für den Erlass eines Nachforderungsbescheids für Besteuerungszeiträume vor Dezember 2001 nicht erfüllt, weil hinsichtlich der Versicherungsteuerschuld der Versicherungsnehmer für Januar 2000 bis einschließlich November 2001 bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war.
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aa) Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 VersStG ist Steuerschuldner der Versicherungsnehmer. Der Versicherer haftet für die Steuer (§ 7 Abs. 1 Satz 2 VersStG) und hat die Steuer für Rechnung des Versicherungsnehmers zu entrichten (§ 7 Abs. 1 Satz 3 VersStG). Nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 und 2 VersStG hat der Versicherer innerhalb von fünfzehn Tagen nach Ablauf eines jeden Anmeldungszeitraums eine eigenhändig unterschriebene Steuererklärung abzugeben, in der er die im Anmeldungszeitraum entstandene Steuer selbst zu berechnen hat (Steueranmeldung), und die im Anmeldungszeitraum entstandene Steuer zu entrichten. Ist eine Steueranmeldung einzureichen, beginnt gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO die Festsetzungsfrist grundsätzlich mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steueranmeldung eingereicht wird. Die Abgabe der Versicherungsteueranmeldung ist auch für den Beginn der Festsetzungsfrist der Steuerschuld des Versicherungsnehmers das nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO maßgebliche Ereignis (vgl. BFH-Urteil vom 29. Januar 2003 I R 10/02, BFHE 202, 1, BStBl II 2003, 687; BFH-Beschluss vom 10. Februar 2009 I B 157/08, n.v., jeweils zur Kapitalertragsteuer).
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bb) Vorliegend hat die Klägerin die Steueranmeldungen für den Zeitraum Januar 2000 bis Dezember 2004 --mit Ausnahme für die Monate Dezember-- beim FA im Kalenderjahr des jeweiligen Anmeldungszeitraums eingereicht. Die Steueranmeldungen für die Dezembermonate hat die Klägerin jeweils im Laufe des Monats Januar des auf den jeweiligen Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres abgegeben. Die vierjährige Festsetzungsfrist (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO) begann nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO für die Versicherungsteuer für Januar bis November 2000 mit Ablauf des Jahres 2000 und für Dezember 2000 bis November 2001 mit Ablauf des Jahres 2001 zu laufen. Sie endete somit für die Versicherungsteuer für Januar bis November 2000 mit Ablauf des Jahres 2004 und für Dezember 2000 bis November 2001 mit Ablauf des Jahres 2005. Die Versicherungsteuer für Januar 2000 bis November 2001 war somit gegenüber den Versicherungsnehmern zum Zeitpunkt des Erlasses des Nachforderungsbescheids am 6. November 2006 festsetzungsverjährt. Unerheblich ist, dass vor Ablauf der Festsetzungsfrist am 10. Mai 2005 bei der Klägerin mit einer Außenprüfung begonnen worden ist. Denn der Ablauf der Festsetzungsfrist gegenüber dem Versicherungsnehmer wird durch eine Außenprüfung beim Versicherer nicht nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO gehemmt (vgl. BFH-Urteil vom 1. Dezember 1995 VI R 76/91, BFHE 179, 312, BStBl II 1996, 239, zur Lohnsteuer; vgl. allgemein hierzu Kruse in Tipke/ Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 171 AO Rz 57, jeweils m.w.N.).
(1) Der Steuer unterliegt die Zahlung des Versicherungsentgelts auf Grund eines durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandenen Versicherungsverhältnisses.
(2) Besteht das Versicherungsverhältnis mit einem Versicherer, der im Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Staat) niedergelassen ist, so ist die Steuerpflicht unabhängig vom Sitz, Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Versicherungsnehmers bei der Versicherung folgender Risiken gegeben:
- 1.
Risiken mit Bezug auf unbewegliche Sachen, insbesondere Bauwerke und Anlagen, und auf darin befindliche Sachen mit Ausnahme von gewerblichem Durchfuhrgut, wenn sich die Gegenstände im Geltungsbereich dieses Gesetzes befinden; - 2.
Risiken mit Bezug auf im Geltungsbereich dieses Gesetzes in ein amtliches oder amtlich anerkanntes Register einzutragende oder eingetragene und mit einem Unterscheidungskennzeichen versehene Fahrzeuge aller Art; - 3.
Reise- oder Ferienrisiken auf Grund eines Versicherungsverhältnisses mit einer Laufzeit von nicht mehr als vier Monaten, wenn der Versicherungsnehmer die zur Entstehung des Versicherungsverhältnisses erforderlichen Rechtshandlungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes vornimmt.
- 1.
von Risiken mit Bezug auf Gegenstände im Sinne des Satzes 1 Nummer 1, die sich außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes befinden, - 2.
von Risiken mit Bezug auf Fahrzeuge im Sinne des Satzes 1 Nummer 2, die in ein amtliches Register eines Staates außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes einzutragen oder eingetragen sind, - 3.
von Reise- oder Ferienrisiken im Sinne des Satzes 1 Nummer 3, bei der der Versicherungsnehmer die zur Entstehung des Versicherungsverhältnisses erforderlichen Rechtshandlungen in einem Staat außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes vorgenommen hat, oder - 4.
einer außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes belegenen Betriebsstätte oder sonstigen Einrichtung einer nicht natürlichen Person,
- 1.
eine natürliche Person ist und er bei Zahlung des Versicherungsentgelts seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat oder - 2.
keine natürliche Person ist und sich bei Zahlung des Versicherungsentgelts der Sitz des Unternehmens, die Betriebsstätte oder die entsprechende Einrichtung, auf die sich das Versicherungsverhältnis bezieht, im Geltungsbereich dieses Gesetzes befindet.
(3) Besteht das Versicherungsverhältnis mit einem Versicherer, der außerhalb des Gebietes der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums niedergelassen ist, so entsteht die Steuerpflicht, wenn
- 1.
der Versicherungsnehmer bei der Zahlung des Versicherungsentgelts seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt oder seinen Sitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat oder - 2.
ein Gegenstand versichert ist, der sich zur Zeit der Begründung des Versicherungsverhältnisses im Geltungsbereich dieses Gesetzes befand, oder - 3.
sich dieses Versicherungsverhältnis auf ein Unternehmen, eine Betriebsstätte oder eine sonstige Einrichtung im Geltungsbereich dieses Gesetzes unmittelbar oder mittelbar bezieht; dies ist insbesondere der Fall bei der Betriebsstättenhaftpflichtversicherung oder der Berufshaftpflichtversicherung für Angehörige des Unternehmens, der Betriebsstätte oder der sonstigen Einrichtung.
(4) Zum Geltungsbereich dieses Gesetzes gehört auch die deutsche ausschließliche Wirtschaftszone.
(1) Versicherungsentgelt im Sinne dieses Gesetzes ist jede Leistung, die für die Begründung und zur Durchführung des Versicherungsverhältnisses an den Versicherer zu bewirken ist. Hierunter fallen insbesondere
- 1.
Prämien, - 2.
Beiträge, - 3.
Vorbeiträge, - 4.
Vorschüsse, - 5.
Nachschüsse, - 6.
Umlagen und - 7.
Gebühren für die Ausfertigung des Versicherungsscheins und sonstige Nebenkosten.
(2) Wird auf die Prämie ein Gewinnanteil verrechnet und nur der Unterschied zwischen Prämie und Gewinnanteil an den Versicherer gezahlt, so ist dieser Unterschiedsbetrag Versicherungsentgelt. Das gleiche gilt, wenn eine Verrechnung zwischen Prämie und Gewinnanteil nicht möglich ist und die Gutschriftanzeige über den Gewinnanteil dem Versicherungsnehmer mit der Prämienrechnung vorgelegt wird.
(1) Der Steuer unterliegt die Zahlung des Versicherungsentgelts auf Grund eines durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandenen Versicherungsverhältnisses.
(2) Besteht das Versicherungsverhältnis mit einem Versicherer, der im Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Staat) niedergelassen ist, so ist die Steuerpflicht unabhängig vom Sitz, Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Versicherungsnehmers bei der Versicherung folgender Risiken gegeben:
- 1.
Risiken mit Bezug auf unbewegliche Sachen, insbesondere Bauwerke und Anlagen, und auf darin befindliche Sachen mit Ausnahme von gewerblichem Durchfuhrgut, wenn sich die Gegenstände im Geltungsbereich dieses Gesetzes befinden; - 2.
Risiken mit Bezug auf im Geltungsbereich dieses Gesetzes in ein amtliches oder amtlich anerkanntes Register einzutragende oder eingetragene und mit einem Unterscheidungskennzeichen versehene Fahrzeuge aller Art; - 3.
Reise- oder Ferienrisiken auf Grund eines Versicherungsverhältnisses mit einer Laufzeit von nicht mehr als vier Monaten, wenn der Versicherungsnehmer die zur Entstehung des Versicherungsverhältnisses erforderlichen Rechtshandlungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes vornimmt.
- 1.
von Risiken mit Bezug auf Gegenstände im Sinne des Satzes 1 Nummer 1, die sich außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes befinden, - 2.
von Risiken mit Bezug auf Fahrzeuge im Sinne des Satzes 1 Nummer 2, die in ein amtliches Register eines Staates außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes einzutragen oder eingetragen sind, - 3.
von Reise- oder Ferienrisiken im Sinne des Satzes 1 Nummer 3, bei der der Versicherungsnehmer die zur Entstehung des Versicherungsverhältnisses erforderlichen Rechtshandlungen in einem Staat außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes vorgenommen hat, oder - 4.
einer außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes belegenen Betriebsstätte oder sonstigen Einrichtung einer nicht natürlichen Person,
- 1.
eine natürliche Person ist und er bei Zahlung des Versicherungsentgelts seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat oder - 2.
keine natürliche Person ist und sich bei Zahlung des Versicherungsentgelts der Sitz des Unternehmens, die Betriebsstätte oder die entsprechende Einrichtung, auf die sich das Versicherungsverhältnis bezieht, im Geltungsbereich dieses Gesetzes befindet.
(3) Besteht das Versicherungsverhältnis mit einem Versicherer, der außerhalb des Gebietes der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums niedergelassen ist, so entsteht die Steuerpflicht, wenn
- 1.
der Versicherungsnehmer bei der Zahlung des Versicherungsentgelts seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt oder seinen Sitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat oder - 2.
ein Gegenstand versichert ist, der sich zur Zeit der Begründung des Versicherungsverhältnisses im Geltungsbereich dieses Gesetzes befand, oder - 3.
sich dieses Versicherungsverhältnis auf ein Unternehmen, eine Betriebsstätte oder eine sonstige Einrichtung im Geltungsbereich dieses Gesetzes unmittelbar oder mittelbar bezieht; dies ist insbesondere der Fall bei der Betriebsstättenhaftpflichtversicherung oder der Berufshaftpflichtversicherung für Angehörige des Unternehmens, der Betriebsstätte oder der sonstigen Einrichtung.
(4) Zum Geltungsbereich dieses Gesetzes gehört auch die deutsche ausschließliche Wirtschaftszone.
(1) Versicherungsentgelt im Sinne dieses Gesetzes ist jede Leistung, die für die Begründung und zur Durchführung des Versicherungsverhältnisses an den Versicherer zu bewirken ist. Hierunter fallen insbesondere
- 1.
Prämien, - 2.
Beiträge, - 3.
Vorbeiträge, - 4.
Vorschüsse, - 5.
Nachschüsse, - 6.
Umlagen und - 7.
Gebühren für die Ausfertigung des Versicherungsscheins und sonstige Nebenkosten.
(2) Wird auf die Prämie ein Gewinnanteil verrechnet und nur der Unterschied zwischen Prämie und Gewinnanteil an den Versicherer gezahlt, so ist dieser Unterschiedsbetrag Versicherungsentgelt. Das gleiche gilt, wenn eine Verrechnung zwischen Prämie und Gewinnanteil nicht möglich ist und die Gutschriftanzeige über den Gewinnanteil dem Versicherungsnehmer mit der Prämienrechnung vorgelegt wird.
(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(1) Der Steuer unterliegt die Zahlung des Versicherungsentgelts auf Grund eines durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandenen Versicherungsverhältnisses.
(2) Besteht das Versicherungsverhältnis mit einem Versicherer, der im Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Staat) niedergelassen ist, so ist die Steuerpflicht unabhängig vom Sitz, Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Versicherungsnehmers bei der Versicherung folgender Risiken gegeben:
- 1.
Risiken mit Bezug auf unbewegliche Sachen, insbesondere Bauwerke und Anlagen, und auf darin befindliche Sachen mit Ausnahme von gewerblichem Durchfuhrgut, wenn sich die Gegenstände im Geltungsbereich dieses Gesetzes befinden; - 2.
Risiken mit Bezug auf im Geltungsbereich dieses Gesetzes in ein amtliches oder amtlich anerkanntes Register einzutragende oder eingetragene und mit einem Unterscheidungskennzeichen versehene Fahrzeuge aller Art; - 3.
Reise- oder Ferienrisiken auf Grund eines Versicherungsverhältnisses mit einer Laufzeit von nicht mehr als vier Monaten, wenn der Versicherungsnehmer die zur Entstehung des Versicherungsverhältnisses erforderlichen Rechtshandlungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes vornimmt.
- 1.
von Risiken mit Bezug auf Gegenstände im Sinne des Satzes 1 Nummer 1, die sich außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes befinden, - 2.
von Risiken mit Bezug auf Fahrzeuge im Sinne des Satzes 1 Nummer 2, die in ein amtliches Register eines Staates außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes einzutragen oder eingetragen sind, - 3.
von Reise- oder Ferienrisiken im Sinne des Satzes 1 Nummer 3, bei der der Versicherungsnehmer die zur Entstehung des Versicherungsverhältnisses erforderlichen Rechtshandlungen in einem Staat außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes vorgenommen hat, oder - 4.
einer außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes belegenen Betriebsstätte oder sonstigen Einrichtung einer nicht natürlichen Person,
- 1.
eine natürliche Person ist und er bei Zahlung des Versicherungsentgelts seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat oder - 2.
keine natürliche Person ist und sich bei Zahlung des Versicherungsentgelts der Sitz des Unternehmens, die Betriebsstätte oder die entsprechende Einrichtung, auf die sich das Versicherungsverhältnis bezieht, im Geltungsbereich dieses Gesetzes befindet.
(3) Besteht das Versicherungsverhältnis mit einem Versicherer, der außerhalb des Gebietes der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums niedergelassen ist, so entsteht die Steuerpflicht, wenn
- 1.
der Versicherungsnehmer bei der Zahlung des Versicherungsentgelts seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt oder seinen Sitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat oder - 2.
ein Gegenstand versichert ist, der sich zur Zeit der Begründung des Versicherungsverhältnisses im Geltungsbereich dieses Gesetzes befand, oder - 3.
sich dieses Versicherungsverhältnis auf ein Unternehmen, eine Betriebsstätte oder eine sonstige Einrichtung im Geltungsbereich dieses Gesetzes unmittelbar oder mittelbar bezieht; dies ist insbesondere der Fall bei der Betriebsstättenhaftpflichtversicherung oder der Berufshaftpflichtversicherung für Angehörige des Unternehmens, der Betriebsstätte oder der sonstigen Einrichtung.
(4) Zum Geltungsbereich dieses Gesetzes gehört auch die deutsche ausschließliche Wirtschaftszone.
(1) Versicherungsentgelt im Sinne dieses Gesetzes ist jede Leistung, die für die Begründung und zur Durchführung des Versicherungsverhältnisses an den Versicherer zu bewirken ist. Hierunter fallen insbesondere
- 1.
Prämien, - 2.
Beiträge, - 3.
Vorbeiträge, - 4.
Vorschüsse, - 5.
Nachschüsse, - 6.
Umlagen und - 7.
Gebühren für die Ausfertigung des Versicherungsscheins und sonstige Nebenkosten.
(2) Wird auf die Prämie ein Gewinnanteil verrechnet und nur der Unterschied zwischen Prämie und Gewinnanteil an den Versicherer gezahlt, so ist dieser Unterschiedsbetrag Versicherungsentgelt. Das gleiche gilt, wenn eine Verrechnung zwischen Prämie und Gewinnanteil nicht möglich ist und die Gutschriftanzeige über den Gewinnanteil dem Versicherungsnehmer mit der Prämienrechnung vorgelegt wird.
(1) Der Steuer unterliegt die Zahlung des Versicherungsentgelts auf Grund eines durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandenen Versicherungsverhältnisses.
(2) Besteht das Versicherungsverhältnis mit einem Versicherer, der im Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Staat) niedergelassen ist, so ist die Steuerpflicht unabhängig vom Sitz, Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Versicherungsnehmers bei der Versicherung folgender Risiken gegeben:
- 1.
Risiken mit Bezug auf unbewegliche Sachen, insbesondere Bauwerke und Anlagen, und auf darin befindliche Sachen mit Ausnahme von gewerblichem Durchfuhrgut, wenn sich die Gegenstände im Geltungsbereich dieses Gesetzes befinden; - 2.
Risiken mit Bezug auf im Geltungsbereich dieses Gesetzes in ein amtliches oder amtlich anerkanntes Register einzutragende oder eingetragene und mit einem Unterscheidungskennzeichen versehene Fahrzeuge aller Art; - 3.
Reise- oder Ferienrisiken auf Grund eines Versicherungsverhältnisses mit einer Laufzeit von nicht mehr als vier Monaten, wenn der Versicherungsnehmer die zur Entstehung des Versicherungsverhältnisses erforderlichen Rechtshandlungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes vornimmt.
- 1.
von Risiken mit Bezug auf Gegenstände im Sinne des Satzes 1 Nummer 1, die sich außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes befinden, - 2.
von Risiken mit Bezug auf Fahrzeuge im Sinne des Satzes 1 Nummer 2, die in ein amtliches Register eines Staates außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes einzutragen oder eingetragen sind, - 3.
von Reise- oder Ferienrisiken im Sinne des Satzes 1 Nummer 3, bei der der Versicherungsnehmer die zur Entstehung des Versicherungsverhältnisses erforderlichen Rechtshandlungen in einem Staat außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes vorgenommen hat, oder - 4.
einer außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes belegenen Betriebsstätte oder sonstigen Einrichtung einer nicht natürlichen Person,
- 1.
eine natürliche Person ist und er bei Zahlung des Versicherungsentgelts seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat oder - 2.
keine natürliche Person ist und sich bei Zahlung des Versicherungsentgelts der Sitz des Unternehmens, die Betriebsstätte oder die entsprechende Einrichtung, auf die sich das Versicherungsverhältnis bezieht, im Geltungsbereich dieses Gesetzes befindet.
(3) Besteht das Versicherungsverhältnis mit einem Versicherer, der außerhalb des Gebietes der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums niedergelassen ist, so entsteht die Steuerpflicht, wenn
- 1.
der Versicherungsnehmer bei der Zahlung des Versicherungsentgelts seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt oder seinen Sitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat oder - 2.
ein Gegenstand versichert ist, der sich zur Zeit der Begründung des Versicherungsverhältnisses im Geltungsbereich dieses Gesetzes befand, oder - 3.
sich dieses Versicherungsverhältnis auf ein Unternehmen, eine Betriebsstätte oder eine sonstige Einrichtung im Geltungsbereich dieses Gesetzes unmittelbar oder mittelbar bezieht; dies ist insbesondere der Fall bei der Betriebsstättenhaftpflichtversicherung oder der Berufshaftpflichtversicherung für Angehörige des Unternehmens, der Betriebsstätte oder der sonstigen Einrichtung.
(4) Zum Geltungsbereich dieses Gesetzes gehört auch die deutsche ausschließliche Wirtschaftszone.
Tatbestand
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I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine inländische GmbH, errichtete in Norwegen eine im Juni 2005 fertiggestellte Industrieanlage und unterhielt dort zum Zweck der Erfüllung des Vertrags eine Betriebsstätte. Gegenüber der Auftraggeberin hatte sich die Klägerin zur Übernahme einer Garantie für den Zeitraum von zwei Kalenderjahren ab der Abnahme des Werks verpflichtet. Die Garantieverpflichtung umfasste insbesondere die Ordnungsmäßigkeit und Mängelfreiheit der Anlage sowie der dort eingebauten Materialien für die Dauer der Garantieperiode.
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Im Zusammenhang mit der Errichtung der Industrieanlage hatte die Klägerin eine Montage-KDS-Versicherung und ferner eine Garantie-Versicherung abgeschlossen. Versicherer waren neben der Beigeladenen als führender Versicherer u.a. zwei Schweizer Versicherungsunternehmen, die an dem Versicherungsvertrag auf der Versichererseite mit jeweils 11 % beteiligt waren. Die Beigeladene als führender Versicherer hatte einen einheitlichen Versicherungsschein für beide Versicherungen ausgestellt. Die versicherten Gefahren waren wie folgt festgelegt:
"Nach Abnahme durch den Besteller (Maintenance-Periode) leisten die Versicherer Entschädigung für Schäden, die zurückzuführen sind auf:
-Konstruktionsfehler, Guss- oder Materialfehler, Berechnungs-, Werkstätten- oder Montagefehler
-Falsche, fehlerhafte oder unterlassene Hinweise im Betriebshandbuch/Wartungsbuch
-Tätigkeiten z.B.: Restarbeiten, Handlungen, Unterlassungen des Versicherungsnehmers, der Mitversicherten und/oder der von ihnen beauftragten Firmen und Personen
-die Erfüllung der vertraglichen Gewährleistungsverpflichtungen und/oder noch anstehender Leistungstests
Ersatzteile und/oder Neuteile, die für die Ausführung o.a. Arbeiten benötigt werden, sind wie das Montageobjekt selbst versichert, und zwar ab Eintreffen am Montageort bis zur Beendigung der Maintenancearbeiten."
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In der Versicherungsteueranmeldung der Beigeladenen für Juli 2004 vom 12. August 2004 wurde die Versicherungsteuer für die Garantie-Versicherung in Höhe von 29.554,08 € beim damals zuständigen Finanzamt (FA) angemeldet und entrichtet.
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Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 11. November 2004 die Aufhebung der Versicherungsteuerfestsetzung für die Garantie-Versicherung mit der Begründung, die Garantie-Versicherung unterliege wegen ihres Bezugs zu ihrer norwegischen Betriebsstätte nicht der Versicherungsteuer. Das FA lehnte den Änderungsantrag durch Bescheide vom 24. November 2004 und 17. Februar 2005 ab. Der Einspruch der Klägerin blieb erfolglos.
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Das Finanzgericht (FG) wies die Klage, mit der die Klägerin die Herabsetzung der Versicherungsteuer für den Anmeldungszeitraum Juli 2004 um 29.554,08 € begehrte, als unbegründet ab. Es bejahte die Versicherungsteuerpflicht für die Garantie-Versicherung. § 1 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 des Versicherungsteuergesetzes in der hier maßgeblichen Fassung (VersStG) stehe der Steuerbarkeit des Versicherungsentgelts für die Garantie-Versicherung nicht entgegen. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1744, veröffentlicht.
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Aufgrund der Änderung des § 7a VersStG durch Art. 10 Nr. 3 des Begleitgesetzes zur zweiten Föderalismusreform vom 10. August 2009 (BGBl I 2009, 2702) ist der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Bundeszentralamt für Steuern --BZSt--) für die Versicherungsteuer zuständig geworden und damit zum 1. Juli 2010 ein gesetzlicher Beteiligtenwechsel eingetreten.
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Mit der Revision macht die Klägerin Verfahrensfehler geltend und rügt die Verletzung des § 1 Abs. 2 VersStG. Das FG habe verkannt, dass die Montage-KDS-Versicherung mit der Garantie-Versicherung ein einheitliches Rechtsverhältnis bilde. Die Garantie-Versicherung gewähre lediglich einen unselbständigen Versicherungsschutz zu der die Anlagenerstellung mit deren Risiken abdeckenden Montageversicherung. Diese Risiken könnten sich ausschließlich an dem Ort der Belegenheit der Anlage in Norwegen und damit außerhalb des Geltungsbereichs des VersStG realisieren. Der Versicherungsteuerpflicht unterliege nur der Prämienanteil für die Versicherungsverhältnisse mit den beiden Schweizer Versicherern; die hierauf entfallende Versicherungsteuer in Höhe von 6.501,90 € sei in der Anmeldung zutreffend erfasst worden.
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Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung, die Ablehnungsbescheide vom 24. November 2004 und 17. Februar 2005 und die Einspruchsentscheidung vom 11. Juli 2005 aufzuheben sowie das BZSt zu verpflichten, die von der Beigeladenen in der Versicherungsteueranmeldung vom 12. August 2004 angemeldete Versicherungsteuer für Juli 2004 um 23.052,18 € herabzusetzen.
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Das BZSt beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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Das beigetretene Bundesministerium der Finanzen (BMF) stellt keinen Antrag.
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Die Beigeladene beantragt, die Vorentscheidung, die Ablehnungsbescheide vom 24. November 2004 und 17. Februar 2005 und die Einspruchsentscheidung vom 11. Juli 2005 aufzuheben sowie das BZSt zu verpflichten, die von der Beigeladenen in der Versicherungsteueranmeldung vom 12. August 2004 angemeldete Versicherungsteuer für Juli 2004 um 23.052,18 € herabzusetzen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur antragsgemäßen Verpflichtung des BZSt, die von der Beigeladenen angemeldete Versicherungsteuer für Juli 2004 um 23.052,18 € herabzusetzen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Unrecht die Versicherungsteuerpflicht des Entgelts für die Garantie-Versicherung, soweit die Klägerin diese nicht mit Schweizer Versicherern abgeschlossen hatte, bejaht.
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1. Zutreffend hat das FG die von der Klägerin erhobene Klage als zulässig beurteilt. Die Klägerin ist als Versicherungsnehmerin sowohl zur Anfechtung der Steueranmeldung des Versicherers als auch --wie hier-- zur Erhebung einer Verpflichtungsklage berechtigt, die auf Änderung der Versicherungsteuer-Anmeldung des Versicherers gerichtet ist (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. August 2011 II B 86/10, BFH/NV 2012, 286).
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2. Die Revision ist wirksam auf das Begehren beschränkt worden, die Versicherungsteuer-Anmeldung der Beigeladenen vom 12. August 2004 um 23.052,18 € zu vermindern. Der Gegenstand des Revisionsverfahrens wird durch den Revisionsantrag (§ 120 Abs. 3 Nr. 1 FGO) im Zusammenhang mit dem Revisionsbegehren bestimmt. Dies gilt auch bei einem --wie hier-- nach § 116 Abs. 7 Satz 1 FGO fortgesetzten Revisionsverfahren (BFH-Urteil vom 16. Oktober 2008 IV R 82/06, BFH/NV 2009, 581). In dieser Einschränkung des Revisionsantrags gegenüber dem bisherigen Klagebegehren liegt weder eine teilweise Rücknahme der Revision noch ein teilweiser Verzicht auf diese (BFH-Urteil in BFH/NV 2009, 581; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 120 Rz 56).
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3. Das durch die Garantie-Versicherung begründete Versicherungsverhältnis der Klägerin mit der Beigeladenen und den weiteren Versicherern erfüllt zwar die Merkmale einer Versicherung. Die sich aus § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 VersStG ergebenden Voraussetzungen der Versicherungsteuerpflicht sind aber --mit Ausnahme des Versicherungsverhältnisses mit den beiden Schweizer Versicherern-- nicht erfüllt.
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a) Nach § 1 Abs. 1 VersStG unterliegt der Steuer die Zahlung des Versicherungsentgelts aufgrund eines durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandenen Versicherungsverhältnisses. Unter dem Versicherungsverhältnis sind das durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandene Rechtsverhältnis des einzelnen Versicherungsnehmers zum Versicherer und seine Wirkungen zu verstehen (BFH-Urteil vom 8. Dezember 2010 II R 12/08, BFHE 232, 223, BStBl II 2012, 383, m.w.N.). Wesentliches Merkmal für ein "Versicherungsverhältnis" i.S. des § 1 Abs. 1 VersStG ist das Vorhandensein eines vom Versicherer gegen Entgelt übernommenen Wagnisses (BFH-Urteile vom 19. Juni 2013 II R 26/11, BFHE 241, 431, BStBl II 2013, 1060; vom 16. Dezember 2009 II R 44/07, BFHE 228, 285, BStBl II 2010, 1097, m.w.N.). Diese Merkmale einer Versicherung erfüllt die von der Klägerin geschlossene Garantie-Versicherung.
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b) Besteht das Versicherungsverhältnis mit einem im Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft oder anderer Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum niedergelassenen Versicherer und ist der Versicherungsnehmer keine natürliche Person, so entsteht gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 VersStG die Steuerpflicht nur, wenn sich bei Zahlung des Versicherungsentgelts das Unternehmen, die Betriebsstätte oder die entsprechende Einrichtung, auf die sich das Versicherungsverhältnis bezieht, im Geltungsbereich des VersStG befindet. Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 VersStG ist außerdem Voraussetzung der Steuerpflicht bei der Versicherung von Risiken mit Bezug auf unbewegliche Sachen, insbesondere Bauwerke und Anlagen, und auf darin befindliche Sachen mit Ausnahme von gewerblichem Durchfuhrgut, dass sich die Gegenstände im Geltungsbereich des VersStG befinden.
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c) Im Streitfall unterliegt das gezahlte Entgelt für die hier geschlossene Garantie-Versicherung gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 VersStG nicht der Steuerpflicht. Gegenstand dieser Garantie-Versicherung sind die im Versicherungsvertrag näher bezeichneten Risiken mit Bezug auf eine Industrieanlage, die die Klägerin als unbewegliche Sache in Norwegen --und damit außerhalb des Geltungsbereichs des VersStG-- errichtet hat.
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aa) Nach dem von der Beigeladenen erteilten Versicherungsschein ist versichertes Objekt die Errichtung einer Industrieanlage in Norwegen. Versicherte Gefahren sind die im Rahmenvertrag nach Abnahme durch den Besteller auftretenden Schäden an der Anlage, die u.a. auf Konstruktionsfehler, Guss- oder Materialfehler sowie Werkstätten- oder Montagefehler zurückzuführen sind. Die versicherten Risiken sind auf den im Versicherungsschein bezeichneten Versicherungsort der Anlage in Norwegen bezogen. Aufgrund dieser Festlegungen ist der geographische Bereich bestimmt, in dem der den Versicherungsschutz auslösende Versicherungsfall eintreten muss. Demgemäß knüpft die Entschädigungspflicht des Versicherers in Bezug auf die von der Klägerin errichtete Anlage an solche Risiken an, die sich am Belegenheitsort der Anlage als Schaden manifestieren.
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bb) Dem FG kann nicht darin gefolgt werden, dass durch die Garantie-Versicherung ausschließlich entschädigungsbedingte Vermögensrisiken der Klägerin ohne unmittelbaren physischen Bezug zu der Anlage versichert sind. Es trifft zwar zu, dass der wirtschaftliche Zweck einer Garantie-Versicherung in der Absicherung des Schadensersatzrisikos nach der Werksabnahme besteht (z.B. Voßkühler in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, § 35 Rz 8). Die wirtschaftliche Zielsetzung einer Garantie-Versicherung besteht in der Übernahme des Garantierisikos durch den Versicherer und der sich ggf. aus der Risikoübernahme ergebenden Leistungspflicht. Der Tatbestand des § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 VersStG stellt aber nicht auf die wirtschaftliche Zweckrichtung bzw. Folgewirkung der Risikoübernahme ab, sondern knüpft ausschließlich an die geographische Belegenheit des Risikos an. Demgemäß ist für die Anwendung des § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 VersStG auf die im Streitfall geschlossene Garantie-Versicherung allein entscheidend, dass sich die versicherten Risiken (d.h. die im Versicherungsvertrag bezeichneten Schäden in Bezug auf die von der Klägerin errichtete Anlage) am Ort der Belegenheit der Anlage in Norwegen verwirklichen.
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Entgegen der Auffassung des BZSt entsteht die Steuerpflicht auch nicht deshalb im Inland, weil sich das Versicherungsverhältnis und die die Ersatzpflicht des Versicherers auslösenden Schadensursachen teilweise auf zeitlich vor der Montage der Anlage liegende Tätigkeiten der Klägerin (z.B. Konstruktionsplanung oder Herstellung von Bauteilen) an ihrem inländischen Sitz beziehen. Dem ist entgegenzuhalten, dass sich die im Streitfall abgeschlossene Garantie-Versicherung auch auf Montagefehler zurückzuführende Schäden der Anlage bezieht und Montagefehler regelmäßig dem Montageort --und damit dem Ort der Anlage-- zuzuordnen sind. Dieser Ortsbezug besteht entsprechend auch beim Einbau fehlerhaft konstruierter oder fehlerhaft hergestellter Bauteile in die norwegische Anlage, die mit dem Einbau solcher Bauteile zu einer mängelbehafteten Anlage wird. Dementsprechend haben die Versicherer im Streitfall das im Versicherungsschein bezeichnete Garantierisiko von Schäden an der Industrieanlage unabhängig davon übernommen, zu welchem Zeitpunkt und an welchem Ort die Ursache für den Schadeneintritt gesetzt wurde. Gegen eine nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten vorgenommene Zuordnung der versicherten Gefahren zum inländischen Sitz der Klägerin, wie sie dem BZSt vorschwebt, spricht zudem, dass mit einer solchen Sichtweise der vom Gesetz --der unionsrechtlichen Vorgabe entsprechend-- ausdrücklich vorgenommene örtliche Bezug der versicherten Gefahren im Wesentlichen leerliefe, weil letztlich jeder Eintritt des Garantiefalls ohne die abgeschlossene Versicherung seinen wirtschaftlichen Niederschlag im Vermögen des Versicherungsnehmers haben würde und damit ein Bezug zum inländischen Sitz des Versicherungsnehmers herstellbar wäre. Das Gesetz stellt aber --wie oben bereits ausgeführt-- nicht auf die wirtschaftliche Zweckrichtung oder Folgewirkung der Risikoübernahme ab, sondern knüpft (ausschließlich) an die geographische Belegenheit des Risikos an.
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cc) Diese Auslegung des § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 VersStG entspricht auch dem Unionsrecht.
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(1) Die hier anzuwendende Fassung des § 1 Abs. 2 VersStG geht auf das Gesetz zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften (Zweites Durchführungsgesetz/EWG zum VAG) vom 28. Juni 1990 (BGBl I 1990, 1249) zurück. Durch diese Vorschrift wurde nach der Gesetzesbegründung (BTDrucks 11/6341, 41) der sachliche Umfang der Versicherungsteuerpflicht an Art. 25 i.V.m. Art. 2 Buchst. d der Zweiten Richtlinie des Rates vom 22. Juni 1988 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung) und zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs sowie zur Änderung der Richtlinie 73/239/EWG (Zweite Richtlinie 88/357/EWG) angepasst.
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(2) Nach Art. 25 Zweite Richtlinie 88/357/EWG unterliegen im Rahmen des Dienstleistungsverkehrs abgeschlossene Versicherungsverträge ausschließlich den indirekten Steuern und steuerähnlichen Abgaben, die in dem Mitgliedstaat, in dem das Risiko i.S. von Art. 2 Buchst. d der Zweiten Richtlinie 88/357/EWG belegen ist, auf Versicherungsprämien erhoben werden. Nach Art. 2 Buchst. d dieser Richtlinie gilt als Mitgliedstaat, in dem das Risiko belegen ist, bei der Versicherung entweder von Gebäuden oder von Gebäuden und den darin befindlichen Sachen, sofern diese durch die gleiche Versicherungspolice gedeckt sind, der Mitgliedstaat, in dem die Gegenstände belegen sind.
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(3) Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 14. Juni 2001 C-191/99 --Kvaerner-- (Slg. 2002, I-4447, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2001, 919) sollten diese Regelungen für alle versicherten Risiken die Bestimmung des Staates, in dem das Risiko belegen ist, dadurch ermöglichen, dass sie auf konkrete und physische Merkmale statt auf rechtliche Merkmale abstellen. Jedem Risiko sollte ein konkreter Anknüpfungspunkt entsprechen, der seine Zuordnung zu einem bestimmten Mitgliedstaat ermöglicht. Die Belegenheit des Risikos als ausschlaggebendes, objektiv nachprüfbares Merkmal zur Bestimmung des zur Besteuerung befugten Staates ist geeignet, Wettbewerbsverzerrungen zwischen den in den einzelnen Mitgliedstaaten ansässigen Unternehmen, die Versicherungsleistungen anbieten, zu beseitigen; damit wird zugleich die Gefahr einer Doppelbesteuerung vermieden.
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(4) Auch diese unionsrechtlichen Vorgaben gebieten bei richtlinienkonformer Auslegung des § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 VersStG, bei der Versicherung von Risiken mit Bezug auf unbewegliche Sachen auf das objektiv nachprüfbare Merkmal der geographischen Belegenheit des Gegenstands und nicht auf die mit der Risikoübernahme durch den Versicherer verbundenen wirtschaftlichen Belange des Versicherungsnehmers abzustellen.
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4. Da demgemäß die Steuerpflicht des Entgelts für die Garantie-Versicherung bereits aufgrund § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 VersStG ausscheidet, kann offen bleiben, ob auch § 1 Abs. 2 Satz 1 VersStG der Steuerpflicht entgegensteht und ob --wie die Klägerin meint-- die Montage-KDS-Versicherung zusammen mit der Garantie-Versicherung als einheitliches, nicht der Versicherungsteuerpflicht unterliegendes Versicherungsverhältnis zu qualifizieren ist.
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Die von anderen Rechtsgrundsätzen ausgehende Vorentscheidung war daher aufzuheben.
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5. Die Sache ist spruchreif. Die Einspruchsentscheidung des FA vom 11. Juli 2005 sowie die Ablehnungsbescheide des FA vom 24. November 2004 und vom 17. Februar 2005 waren insoweit aufzuheben, als eine Herabsetzung der von der Beigeladenen in der Versicherungsteueranmeldung vom 12. August 2004 angemeldeten Versicherungsteuer für Juli 2004 um 23.052,18 € abgelehnt wurde.
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Das Versicherungsentgelt für die Garantie-Versicherung unterliegt --mit Ausnahme des auf die beiden Schweizer Versicherer entfallenden Prämienanteils-- nicht der Versicherungsteuer. Der auf die Schweizer Versicherer entfallende Prämienanteil unterliegt gemäß § 1 Abs. 4 Nr. 1 VersStG der Steuerpflicht, weil das Versicherungsverhältnis insoweit mit einem außerhalb des Gebietes der Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum niedergelassenen Versicherer besteht und die Klägerin als Versicherungsnehmerin ihren Sitz im Geltungsbereich des VersStG hat.
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6. Nach den vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen war die von der Beigeladenen vereinnahmte Versicherungsteuer für die Garantie-Versicherung in dem von der Beigeladenen in ihrer Versicherungsteueranmeldung vom 12. August 2004 angemeldeten Steuerbetrag enthalten. Diese tatsächlichen Feststellungen sind für den BFH, da insoweit keine zulässigen und begründeten Revisionsrügen vorgebracht worden sind, gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend. Ein Wegfall der Bindung ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen der Beigeladenen und des BZSt, es sei lediglich eine Anmeldung und Abführung der auf den Versicherungsanteil der Beigeladenen entfallenden Versicherungsteuer nachweisbar. Dieses Vorbringen konnte trotz Nachfrage in der mündlichen Verhandlung nicht verifiziert werden.
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Demgemäß war das BZSt zu verpflichten, die von der Beigeladenen in der Versicherungsteueranmeldung vom 12. August 2004 angemeldete Versicherungsteuer für Juli 2004 um 23.052,18 € herabzusetzen.
(1) Als Versicherungsvertrag im Sinne dieses Gesetzes gilt auch eine Vereinbarung zwischen mehreren Personen oder Personenvereinigungen, solche Verluste oder Schäden gemeinsam zu tragen, die den Gegenstand einer Versicherung bilden können.
(2) Als Versicherungsvertrag gilt nicht ein Vertrag, durch den der Versicherer sich verpflichtet, für den Versicherungsnehmer Bürgschaft oder sonstige Sicherheit zu leisten.
(1) Versicherungsentgelt im Sinne dieses Gesetzes ist jede Leistung, die für die Begründung und zur Durchführung des Versicherungsverhältnisses an den Versicherer zu bewirken ist. Hierunter fallen insbesondere
- 1.
Prämien, - 2.
Beiträge, - 3.
Vorbeiträge, - 4.
Vorschüsse, - 5.
Nachschüsse, - 6.
Umlagen und - 7.
Gebühren für die Ausfertigung des Versicherungsscheins und sonstige Nebenkosten.
(2) Wird auf die Prämie ein Gewinnanteil verrechnet und nur der Unterschied zwischen Prämie und Gewinnanteil an den Versicherer gezahlt, so ist dieser Unterschiedsbetrag Versicherungsentgelt. Das gleiche gilt, wenn eine Verrechnung zwischen Prämie und Gewinnanteil nicht möglich ist und die Gutschriftanzeige über den Gewinnanteil dem Versicherungsnehmer mit der Prämienrechnung vorgelegt wird.
Der Halter eines Kraftfahrzeugs oder Anhängers mit regelmäßigem Standort im Inland ist verpflichtet, für sich, den Eigentümer und den Fahrer eine Haftpflichtversicherung zur Deckung der durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursachten Personenschäden, Sachschäden und sonstigen Vermögensschäden nach den folgenden Vorschriften abzuschließen und aufrechtzuerhalten, wenn das Fahrzeug auf öffentlichen Wegen oder Plätzen (§ 1 des Straßenverkehrsgesetzes) verwendet wird. Der Halter eines Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion im Sinne des § 1d des Straßenverkehrsgesetzes ist verpflichtet, eine Haftpflichtversicherung gemäß Satz 1 auch für eine Person der Technischen Aufsicht abzuschließen und aufrechtzuerhalten.
Ist der Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer nicht zur Leistung verpflichtet, weil das Fahrzeug den Bau- und Betriebsvorschriften der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung nicht entsprach oder von einem unberechtigten Fahrer oder von einem Fahrer ohne die vorgeschriebene Fahrerlaubnis geführt wurde, kann der Versicherer den Dritten abweichend von § 117 Abs. 3 Satz 2 des Versicherungsvertragsgesetzes nicht auf die Möglichkeit verweisen, Ersatz seines Schadens von einem anderen Schadensversicherer oder von einem Sozialversicherungsträger zu erlangen. Soweit der Dritte jedoch von einem nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 von der Versicherungspflicht befreiten Fahrzeughalter Ersatz seines Schadens erlangen kann, entfällt die Leistungspflicht des Versicherers.
(1) Die Versicherung hat die Befriedigung begründeter und die Abwehr unbegründeter Schadensersatzansprüche zu umfassen, die auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts gegen den Versicherungsnehmer oder mitversicherte Personen erhoben werden, wenn durch den Gebrauch des versicherten Fahrzeugs
- 1.
Personen verletzt oder getötet worden sind, - 2.
Sachen beschädigt oder zerstört worden oder abhanden gekommen sind oder - 3.
Vermögensschäden herbeigeführt worden sind, die weder mit einem Personen- noch mit einem Sachschaden mittelbar oder unmittelbar zusammenhängen.
(2) Mitversicherte Personen sind
- 1.
der Halter, - 2.
der Eigentümer, - 3.
der Fahrer, - 4.
Beifahrer, das heißt Personen, die im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses zum Versicherungsnehmer oder Halter den berechtigten Fahrer zu seiner Ablösung oder zur Vornahme von Lade- und Hilfsarbeiten nicht nur gelegentlich begleiten, - 5.
Omnibusschaffner, soweit sie im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses zum Versicherungsnehmer oder Halter tätig werden, - 6.
Arbeitgeber oder öffentlicher Dienstherr des Versicherungsnehmers, wenn das versicherte Fahrzeug mit Zustimmung des Versicherungsnehmers für dienstliche Zwecke gebraucht wird.
(3) Mitversicherten Personen ist das Recht auf selbständige Geltendmachung ihrer Ansprüche einzuräumen.
Von der Versicherung kann die Haftung nur ausgeschlossen werden
- 1.
für Ersatzansprüche des Versicherungsnehmers, Halters oder Eigentümers gegen mitversicherte Personen wegen Sach- oder Vermögensschäden; - 2.
für Ersatzansprüche wegen Beschädigung, Zerstörung oder Abhandenkommens des versicherten Fahrzeugs mit Ausnahme der Beschädigung betriebsunfähiger Fahrzeuge beim nicht gewerbsmäßigen Abschleppen im Rahmen üblicher Hilfeleistung; - 3.
für Ersatzansprüche wegen Beschädigung, Zerstörung oder Abhandenkommens von mit dem versicherten Fahrzeug beförderten Sachen mit Ausnahme jener, die mit Willen des Halters beförderte Personen üblicherweise mit sich führen oder, sofern die Fahrt überwiegend der Personenbeförderung dient, als Gegenstände des persönlichen Bedarfs mit sich führen; - 4.
für Ersatzansprüche aus der Verwendung des Fahrzeugs bei behördlich genehmigten kraftfahrt-sportlichen Veranstaltungen, bei denen es auf die Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankommt oder den dazugehörigen Übungsfahrten; - 5.
für Ersatzansprüche wegen Vermögensschäden durch die Nichteinhaltung von Liefer- und Beförderungsfristen; - 6.
für Ersatzansprüche wegen Schäden durch Kernenergie.
(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(1) Übersteigt die Versicherungssumme den Wert des versicherten Interesses (Versicherungswert) erheblich, kann jede Vertragspartei verlangen, dass die Versicherungssumme zur Beseitigung der Überversicherung unter verhältnismäßiger Minderung der Prämie mit sofortiger Wirkung herabgesetzt wird.
(2) Schließt der Versicherungsnehmer den Vertrag in der Absicht, sich aus der Überversicherung einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, ist der Vertrag nichtig; dem Versicherer steht die Prämie bis zu dem Zeitpunkt zu, zu dem er von den die Nichtigkeit begründenden Umständen Kenntnis erlangt.
Ist die Versicherungssumme erheblich niedriger als der Versicherungswert zur Zeit des Eintrittes des Versicherungsfalles, ist der Versicherer nur verpflichtet, die Leistung nach dem Verhältnis der Versicherungssumme zu diesem Wert zu erbringen.
Der Versicherungswert kann durch Vereinbarung auf einen bestimmten Betrag (Taxe) festgesetzt werden. Die Taxe gilt auch als der Wert, den das versicherte Interesse bei Eintritt des Versicherungsfalles hat, es sei denn, sie übersteigt den wirklichen Versicherungswert zu diesem Zeitpunkt erheblich. Ist die Versicherungssumme niedriger als die Taxe, hat der Versicherer, auch wenn die Taxe erheblich übersetzt ist, den Schaden nur nach dem Verhältnis der Versicherungssumme zur Taxe zu ersetzen.
(1) Der Versicherer hat dem Versicherungsnehmer einen Versicherungsschein in Textform, auf dessen Verlangen als Urkunde, zu übermitteln.
(2) Wird der Vertrag nicht durch eine Niederlassung des Versicherers im Inland geschlossen, ist im Versicherungsschein die Anschrift des Versicherers und der Niederlassung, über die der Vertrag geschlossen worden ist, anzugeben.
(3) Ist ein Versicherungsschein abhandengekommen oder vernichtet, kann der Versicherungsnehmer vom Versicherer die Ausstellung eines neuen Versicherungsscheins verlangen. Unterliegt der Versicherungsschein der Kraftloserklärung, ist der Versicherer erst nach der Kraftloserklärung zur Ausstellung verpflichtet.
(4) Der Versicherungsnehmer kann jederzeit vom Versicherer Abschriften der Erklärungen verlangen, die er mit Bezug auf den Vertrag abgegeben hat. Benötigt der Versicherungsnehmer die Abschriften für die Vornahme von Handlungen gegenüber dem Versicherer, die an eine bestimmte Frist gebunden sind, und sind sie ihm nicht schon früher vom Versicherer übermittelt worden, ist der Lauf der Frist vom Zugang des Verlangens beim Versicherer bis zum Eingang der Abschriften beim Versicherungsnehmer gehemmt.
(5) Die Kosten für die Erteilung eines neuen Versicherungsscheins nach Absatz 3 und der Abschriften nach Absatz 4 hat der Versicherungsnehmer zu tragen und auf Verlangen vorzuschießen.
(1) Übersteigt die Versicherungssumme den Wert des versicherten Interesses (Versicherungswert) erheblich, kann jede Vertragspartei verlangen, dass die Versicherungssumme zur Beseitigung der Überversicherung unter verhältnismäßiger Minderung der Prämie mit sofortiger Wirkung herabgesetzt wird.
(2) Schließt der Versicherungsnehmer den Vertrag in der Absicht, sich aus der Überversicherung einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, ist der Vertrag nichtig; dem Versicherer steht die Prämie bis zu dem Zeitpunkt zu, zu dem er von den die Nichtigkeit begründenden Umständen Kenntnis erlangt.
Ist die Versicherungssumme erheblich niedriger als der Versicherungswert zur Zeit des Eintrittes des Versicherungsfalles, ist der Versicherer nur verpflichtet, die Leistung nach dem Verhältnis der Versicherungssumme zu diesem Wert zu erbringen.
(1) Übersteigt die Versicherungssumme den Wert des versicherten Interesses (Versicherungswert) erheblich, kann jede Vertragspartei verlangen, dass die Versicherungssumme zur Beseitigung der Überversicherung unter verhältnismäßiger Minderung der Prämie mit sofortiger Wirkung herabgesetzt wird.
(2) Schließt der Versicherungsnehmer den Vertrag in der Absicht, sich aus der Überversicherung einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, ist der Vertrag nichtig; dem Versicherer steht die Prämie bis zu dem Zeitpunkt zu, zu dem er von den die Nichtigkeit begründenden Umständen Kenntnis erlangt.
(1) Versicherungsentgelt im Sinne dieses Gesetzes ist jede Leistung, die für die Begründung und zur Durchführung des Versicherungsverhältnisses an den Versicherer zu bewirken ist. Hierunter fallen insbesondere
- 1.
Prämien, - 2.
Beiträge, - 3.
Vorbeiträge, - 4.
Vorschüsse, - 5.
Nachschüsse, - 6.
Umlagen und - 7.
Gebühren für die Ausfertigung des Versicherungsscheins und sonstige Nebenkosten.
(2) Wird auf die Prämie ein Gewinnanteil verrechnet und nur der Unterschied zwischen Prämie und Gewinnanteil an den Versicherer gezahlt, so ist dieser Unterschiedsbetrag Versicherungsentgelt. Das gleiche gilt, wenn eine Verrechnung zwischen Prämie und Gewinnanteil nicht möglich ist und die Gutschriftanzeige über den Gewinnanteil dem Versicherungsnehmer mit der Prämienrechnung vorgelegt wird.
(1) Die Steuer wird für die einzelnen Versicherungen berechnet, und zwar
- 1.
regelmäßig vom Versicherungsentgelt, - 2.
bei der Versicherung von Schäden, die an den versicherten Bodenerzeugnissen durch die Einwirkung von den wetterbedingten Elementargefahren Hagelschlag, Sturm, Starkfrost, Dürre, Starkregen oder Überschwemmungen entstehen, und bei der im Betrieb der Landwirtschaft oder Gärtnerei genommenen Versicherung von Glasdeckungen über Bodenerzeugnissen gegen Schäden auf Grund von Hagelschlag, Sturm, Starkregen oder Überschwemmungen von der Versicherungssumme und für jedes Versicherungsjahr, - 3.
nur bei - a)
der Feuerversicherung und der Feuer-Betriebsunterbrechungsversicherung (§ 3 Absatz 1 Nummer 1 des Feuerschutzsteuergesetzes) von einem Anteil von 60 Prozent des Versicherungsentgelts, - b)
der Wohngebäudeversicherung (§ 3 Absatz 1 Nummer 2 des Feuerschutzsteuergesetzes) von einem Anteil von 86 Prozent des Versicherungsentgelts, - c)
der Hausratversicherung (§ 3 Absatz 1 Nummer 3 des Feuerschutzsteuergesetzes) von einem Anteil von 85 Prozent des Versicherungsentgelts.
(2) Im Fall der Istversteuerung entsteht die Steuer mit der Zahlung des Versicherungsentgelts, wenn der Zahlende nach § 7 selbst entrichtungspflichtig ist, anderenfalls mit Entgegennahme des Versicherungsentgelts. Im Fall der Sollversteuerung gilt die Steuer mit Fälligkeit des Versicherungsentgelts als entstanden. Die Sätze 1 und 2 sind für anteilige Versicherungsentgelte entsprechend anzuwenden.
(3) In der Rechnung über das Versicherungsentgelt ist der Steuerbetrag offen auszuweisen und der Steuersatz sowie die vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Versicherungsteuernummer, zu der die Steuer abgeführt wird, anzugeben. Bei steuerfreien Versicherungsentgelten ist die zugrunde liegende Steuerbefreiungsvorschrift anzugeben. Wird keine Rechnung über das Versicherungsentgelt ausgestellt, müssen sich die in den Sätzen 1 und 2 genannten Angaben aus anderen das Versicherungsverhältnis begründenden Unterlagen ergeben.
(1) Die Steuer beträgt vorbehaltlich des folgenden Absatzes 19 Prozent des Versicherungsentgelts ohne Versicherungsteuer.
(2) Die Steuer beträgt
- 1.
bei der Feuerversicherung und bei der Feuer-Betriebsunterbrechungsversicherung 22 Prozent (§ 5 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a); - 2.
bei der Wohngebäudeversicherung 19 Prozent (§ 5 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe b) und - 3.
bei der Hausratversicherung 19 Prozent (§ 5 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe c); - 4.
bei der Versicherung von Schäden, die an den versicherten Bodenerzeugnissen durch die Einwirkung von den wetterbedingten Elementargefahren Hagelschlag, Sturm, Starkfrost, Dürre, Starkregen oder Überschwemmungen entstehen, und bei der im Betrieb der Landwirtschaft oder der Gärtnerei genommenen Versicherung von Glasdeckungen über Bodenerzeugnissen gegen Hagelschlag, Sturm, Starkregen oder Überschwemmungen für jedes Versicherungsjahr 0,3 Promille der Versicherungssumme; - 5.
bei der Seeschiffskaskoversicherung 3 Prozent des Versicherungsentgelts unter der Voraussetzung, dass das Schiff ausschließlich gewerblichen Zwecken dient und gegen die Gefahren der See versichert ist; - 6.
bei der Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr 3,8 Prozent des Versicherungsentgelts.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.
(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.
(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.
(2) Vollstreckt wird
- 1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen, - 2.
aus einstweiligen Anordnungen, - 3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.
(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.