Finanzgericht München Beschluss, 06. Okt. 2017 - 7 V 2008/17

bei uns veröffentlicht am06.10.2017

Gericht

Finanzgericht München

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Streitig ist im Einspruchsverfahren die Festsetzung der Körperschaftsteuer und des Gewerbesteuermessbetrags für die Jahre 2010 bis 2012 nach Durchführung einer Außenprüfung.

Die Antragstellerin ist eine Kapitalgesellschaft mit Sitz in München. Sie wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 31. Januar 2003 gegründet. Unternehmensgegenstand ist die Führung von Gaststätten, Bars und Diskotheken. In den Streitjahren 2010 bis 2012 betrieb die Antragstellerin eine Diskothek in München.

Im Rahmen einer im Zeitraum April 2015 bis April 2016 durchgeführten Außenprüfung stellte das Finanzamt unter anderem fest, dass in der Diskothek ausschließlich Barumsätze getätigt und die vereinnahmten Beträge in verschiedenen offenen Ladenkassen (Bar, Garderobe und Eintritt) verwahrt wurden. Eine Erfassung der Gelder über ein elektronisches Kassensystem erfolgte nicht (vgl. Tz. 1.11 des Berichts vom 28. Juni 2016). Im Rahmen der Prüfung wurden zunächst handschriftliche, in loser Form geführte Aufzeichnungen vorgelegt, in denen die monatlichen Umsätze, die auf „Bar 1, Bar 2, Bar 3, Bar 4, Garderobe, Tür“ entfielen, in einer Summe addiert waren. Später wurden weitere handschriftliche, in loser Form geführte Aufzeichnungen mit den jeweiligen Tageseinnahmen vorgelegt, die nach Ansicht des Finanzamts jedoch aufgrund des Schriftbildes als nachträglich erstellt angesehen wurden. Ein Kassenbuch bzw. eine elektronische Registrierkasse wurden nicht geführt. Die Betriebsprüfung sah die Buchführung der Antragstellerin daraufhin als nicht ordnungsgemäß an und nahm eine Schätzung der Erlöse anhand von Richtsätzen, basierend auf einer Fachinformation des Landes Nordrhein-Westfalens vor, in der die durchschnittlichen Rohgewinnaufschläge auf den Wareneinsatz (Getränke) für Diskotheken mit 300% und 600% angesetzt werden. Bei der Antragstellerin wurde aufgrund diverser Besonderheiten ein Aufschlagsatz von 300% als angemessen angesehen. In Höhe der sich zu den bisher erklärten Nettoumsätzen ergebenen Differenz nahm das Finanzamt Zuschätzungen auf die Umsätze in Höhe von 102.788,32 € (2010), 61.407,03 € (2011) und 108.622,80 € (2012) vor und setzte die Körperschaftsteuer und den Gewerbesteuermessbescheid für die Jahre 2010 bis 2012 jeweils mit Änderungsbescheid vom 21. Juli 2016 entsprechend fest.

Der beim Finanzamt gestellte Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wurde mit Verfügung vom 24. August 2016 abgelehnt. Über die ebenfalls eingelegten Einsprüche hat das Finanzamt noch nicht entschieden.

Mit ihrem bei Gericht gestellten Antrag verweist die Antragstellerin auf ihre Einspruchsbegründung vom 9. Dezember 2016. Ergänzend trägt sie vor, dass es fraglich sei, ob die Rohgewinnaufschläge nach einer Richtsatzsammlung für Nordrhein-Westfalen überhaupt auf Münchner Verhältnisse übertragen werden könnten. Außerdem lasse eine formal ordnungswidrige Buchführung nicht auf eine materiell ebenso ordnungswidrige Buchführung schließen. Im Übrigen werde die Schätzung auch der Höhe nach beanstandet. So habe die Antragstellerin Gutscheine für Freigetränke verteilt, um Besucher in die Diskothek anzuziehen, deren Lage nicht als „Lauflage“ bezeichnet werden könne. Zu Unrecht habe die Betriebsprüfung die Eintrittsgelder von den Umsatzerlösen abgezogen, da es sich tatsächlich um Erlöse für Getränke gehandelt habe. Unter Hinzurechnung der Eintrittsgelder zum Getränkeumsatz errechne sich ebenfalls ein Rohgewinnaufschlagsatz von rund 300%. Eine pauschalierte Hochrechnung ergebe, dass die von der Betriebsprüfung errechnete Fehlbetragsmenge für den Prüfungszeitraum ziemlich exakt der Anzahl der verteilten Gutscheine entspreche. Das vom Finanzamt ermittelte Schätzungsergebnis widerspreche somit den Grundsätzen des § 162 Abgabenordnung.

Die Antragstellerin beantragt,

die Vollziehung der Bescheide zur Körperschaftsteuer und zum Gewerbesteuermessbetrag für die Jahre 2010 bis 2012 jeweils vom 21. Juli 2016 wegen ernsthafter Zweifel an der Rechtsmäßigkeit auszusetzen.

Das Finanzamt beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung trägt es unter anderem vor, dass es keine bundesweite Richtsatzsammlung für Diskotheken gäbe und daher auf die Fachinformationen aus Nordrhein-Westfalen zurückgegriffen worden sei. Die Betriebsprüfung habe dem Umstand Rechnung getragen, dass sich der Betrieb der Antragstellerin in einer ungünstigen Lage befinde und in starker Konkurrenz um das überwiegend sehr junge Publikum stehe. Daher habe man einen Aufschlagsatz an der untersten Grenze der Richtsätze angewandt. Die im Rahmen der Betriebsprüfung angewandte Fachinformation aus dem Jahr 2005 sei am 23. Mai 2017 aktualisiert worden. Als Aufschlag würde darin nunmehr eine Spanne von 280% bis 600% genannt. Der für die Antragstellerin angewandte Satz von 300% liege damit noch immer am unteren Ende der Richtsätze. Zu berücksichtigen sei auch, dass in München im bundesdeutschen Vergleich von einem deutlich höheren Preisniveau ausgegangen werden müsse.

Das Argument, dass der Eintrittspreis von 5 € durch seine Koppelung an ein Freigetränk nicht von den Umsatzerlösen abzuziehen und in die Kalkulation mit einzubeziehen sei, sei nicht sachgerecht. Im Rahmen der Betriebsprüfung seien auch Werbeaktionen der Antragstellerin dargelegt worden, auf denen der Eintrittspreis mit 5 € ohne Getränkegutschein ausgewiesen worden sei. Im Übrigen habe die Antragstellerin ihren Vortrag nicht durch weitere Unterlagen bzw. Aufzeichnungen unterlegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Betriebsprüfungsbescheid vom 28.04.2016, die Finanzamtsakten und auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Der Antrag ist unbegründet.

Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des Sachverhalts anhand präsenter Beweismittel bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne des § 69 Abs. 3 und Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) an der Rechtmäßigkeit der Bescheide (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 24. Februar 2000 IV B 83/99, BStBl II 2000, 298) und zwar aus folgenden Erwägungen:

1. Das Finanzamt war bei summarischer Prüfung anhand präsenter Beweismittel befugt, die in der Buchführung der Antragstellerin ausgewiesenen Einnahmen durch Zuschätzungen auf die erklärten Nettoerlöse zu erhöhen.

1. 1. Gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 AO ist insbesondere dann zu schätzen, wenn u.a. die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden können. Die Buchführung und die Aufzeichnungen, die den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO entsprechen, sind der Besteuerung zugrunde zu legen, soweit nach den Umständen des Einzelfalles kein Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden (§ 158 AO). Nur wenn die Würdigung des Sachverhalts ergibt, dass eine formell ordnungsmäßige Buchführung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ganz oder teilweise sachlich unrichtig ist, kann das Ergebnis der Buchführung ganz oder teilweise verworfen werden (vgl. BFH-Urteil vom 9. August 1991 III R 129/85, BStBl II 1992, 55).

§ 147 Abs. 1 AO verlangt die geordnete Aufbewahrung von Unterlagen, insbesondere der Angaben, aus denen sich die Höhe der Umsätze und damit auch der Betriebseinnahmen unmittelbar ergibt (Einnahmeursprungsaufzeichnungen). Die Buchführung muss so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann (BFH-Urteil vom 16. Dezember 2014 X R 29/13, BFH/NV 2015, 790 unter Verweis auf § 238 Abs. 1 Satz 2 HGB). Insbesondere müssen die Eintragungen in den Büchern und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorgenommen werden (§ 239 Abs. 2 HGB). Grundsätzlich ist dabei jedes einzelne Handelsgeschäft -einschließlich der sich auf die jeweiligen Handelsgeschäfte beziehenden Kassenvorgängeeinzeln aufzuzeichnen. Ausnahmsweise kann es bei kleineren Bargeschäften, die nicht mit einer elektronischen Registrierkasse oder PC-Kasse erfasst werden, zulässig sein, auf die Aufzeichnung des Kaufgegenstands, des Kaufpreises und des Namens des Vertragspartners zu verzichten (Klein/Rätke, AO, 13. Aufl. 2016, § 146 Rn. 23). Insoweit ist es aber gleichwohl erforderlich, dass das Zustandekommen der Summe durch Aufbewahrung der angefallenen Kassenstreifen, Kassenzettel und Bons nachgewiesen wird oder dass die Einnahmen und Ausgaben anhand eines Kassenberichts nachgewiesen werden, in dem sie mit dem Anfangs- und Endbestand der Kasse abgestimmt werden. Sofern mehrere Kassen geführt werden, erfordert die Ordnungsmäßigkeit der Kassenbuchführung das Vorliegen von Nebenkassenbüchern für jede einzelne Sonderkasse (BFHUrteil vom 20. Oktober 1971 I R 63/70, BStBl. II 1972, 273).

1.2. Den vorstehend genannten Anforderungen genügt die Kassenbuchführung der Antragstellerin nicht. Es ist zwar im Streitfall bei summarischer Prüfung grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn die Antragstellerin nicht jeden Geschäftsvorfall gesondert, sondern in Tagessummen erfasst hat, da im Rahmen ihres Unternehmenszweiges eine Vielzahl einzelner Geschäfte mit geringem Wert getätigt werden (vgl. FG Berlin-Brandenburg 6 K 4146/04, EFG 2009, 1514 m.w.N.). Die Antragstellerin hat das Zustandekommen der Summe jedoch nicht durch Aufbewahrung der angefallenen Kassenstreifen, Kassenzettel oder sonstiger Belege nachgewiesen. Von einer ordnungsgemäßen Erfassung der jeweils von den unterschiedlichen „offenen“ Kassen („Tür, Bar 1, Bar 2, Bar 3, Bar 4 und Garderobe“) vereinnahmten Bareinnahmen kann nicht einmal ansatzweise die Rede sein, da es sich insoweit lediglich um in loser Form zusammengefasste Zettel handelt und ein Kassenbuch weder in elektronischer noch in manueller Form geführt worden ist. Die Buchführung der Antragstellerin war nicht dergestalt beschaffen, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln konnte. Die Einnahmen und Ausgaben wurden auch nicht anhand eines Kassenberichts nachgewiesen, der Anfangs- und Endbestand der Kasse wurde nicht abgestimmt (BFH-Urteile vom 25. Oktober 2012 X B 133711, BFH/NV 13, 341 und vom 7. Juli 1977 IV R 205/72, BStBl 78, 307). Auch die Verschiebung der Geldsumme von den einzelnen (Neben-Kassen) in eine Hauptkasse ist nicht erfasst worden. Die so genannte Kassensturzfähigkeit war nicht gewährleistet (vgl. BFH-Urteil vom 20. März 2017 X R 11/16, DStR 2017, 1812 m.w.N.).

1.3. Formelle Buchführungsmängel wie im Streitfall berechtigen nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung zwar nur insoweit zur Schätzung, als sie Anlass geben, die sachliche Richtigkeit des Buchführungsergebnisses anzuzweifeln (vgl. BFH-Urteil vom 20. März 2017 X R 11/16, DStR 2017, 1812 m.w.N.). Soweit vorwiegend Bargeschäfte getätigt werden, können Mängel der Kassenführung aber der gesamten Buchführung die Ordnungsmäßigkeit nehmen (BFH-Urteil vom 14. Dezember 2011 XI R 5/10, BFH/NV 2012, 1921). Die hier vorliegenden formellen Buchführungsmängel führen deshalb zu einer solchen Schätzungsbefugnis nach § 162 Abs. 2 Satz 1 AO (i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO).

2. Auch der Höhe nach bestehen bei summarischer Prüfung anhand präsenter Beweismittel keine Bedenken.

2.1. Die Wahl der Schätzungsmethode steht im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde und des Finanzgerichts, wenn es - wie hier - seine eigene Schätzungsbefugnis aus§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO i. V. m. § 162 AO ausübt. Es ist eine Schätzungsmethode zu wählen, die die größte Gewähr dafür bietet, mit einem zumutbaren Aufwand das wahrscheinlichste Ergebnis zu erzielen (vgl. Seer in Tipke/ Kruse, AO/ FGO, § 162 AO Rn. 52 m. w. N.). Die Wahl der Schätzungsmethode richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles. Ziel jeder Schätzung muss es sein, Besteuerungsgrundlagen so zu ermitteln, dass sie der Wirklichkeit möglichst nahe kommen. Schätzergebnisse müssen darüber hinaus wirtschaftlich vernünftig und möglich sein (vgl. BFH-Urteil vom 18. Dezember 1984 VIII R 195/82, BStBl II 1986, 226). Es liegt in der Natur der Sache, dass das Ergebnis einer Schätzung von den tatsächlichen Verhältnissen abweichen kann. Solche Abweichungen sind notwendig mit einer Schätzung verbunden, die in Unkenntnis der wahren Gegebenheiten erfolgt. Die Schätzung muss sich allerdings in dem durch die Umstände des Falles gezogenen Schätzungsrahmen halten (vgl. BFH-Urteil vom 1. Oktober 1992 IV R 34/90, BStBl II 1993, 259).

Als zulässige Schätzungsmethode ist auch die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen mit einem äußeren Betriebsvergleich, insbesondere mit einem Richtsatzvergleich, anerkannt (vgl. Koenig/Cöster, 3. Aufl. 2014, AO § 162 Rn. 109 m.w.N.). Beim äußeren Betriebsvergleich werden die Besteuerungsgrundlagen durch Vergleich mit den Ergebnissen anderer, gleichartiger Betriebe ermittelt. Die Vergleichsbetriebe müssen zur gleichen Branche gehören und auch im Hinblick auf Betriebsgröße, Lage, Organisation und Kundenstamm dem jeweiligen Betrieb ähnlich sein. Zur Ermittlung der Vergleichsdaten darf die Finanzverwaltung auch Datenbanken aufbauen und verwenden, die nicht allgemein zugänglich sind (BFH-Urteil vom 17. Oktober 2001 I R 103/00, BStBl. II 2004, 171). Die Ungenauigkeiten einer Richtsatzschätzung muss der Steuerpflichtige im Übrigen hinnehmen, wenn seine Buchführung nicht den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Buchführung entspricht (Seer in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 149. Lieferung 07.2017, § 162 AO Rz. 56).

2.2. Auf dieser Grundlage ist die Nachkalkulation des Finanzamts im summarischen Verfahren nicht zu beanstanden.

Es bestehen keine Bedenken an der Anwendbarkeit der Richtsatzsammlung der Betriebsprüfung Nordrhein-Westfalen, da es sich insoweit um eine Vergleichsgrundlage für Betriebe desselben Unternehmenszweiges „Diskothek“ handelt. Der Einwand der Antragstellerin, dass das Preisniveau in Nordrhein-Westfalen höher als in Bayern sei, kann nicht nachvollzogen werden, vielmehr liegt das Preisniveau in München nach der allgemeinen Lebenserfahrung sogar deutlich höher als im Bundesdurchschnitt. Im Übrigen liegen die vom Antragsgegner angewandten Rohgewinnaufschlagsätze von 300% auch im Hinblick auf die am 23. Mai 2017 aktualisierten Daten am unteren Rand der Spannbreite (300% bzw. 257% bis 600%) der Richtsatzsammlung.

Diese Schätzung ist auch wirtschaftlich vernünftig und möglich. Sie trägt damit insbesondere dem Vortrag der Antragstellerin Rechnung, dass sich der Betrieb in ungünstiger und abseitiger Lage auf dem Gebiet der Kultfabrik befindet. Auch dem Vortrag der Antragstellerin, dass der Eintrittspreis von 5 € durch die Kombination mit einem Freigetränk bei der Berechnung der Umsatzerlöse berücksichtigt werden müsse, ist bei summarischer Prüfung ausreichend Rechnung getragen worden, zumal im Rahmen der Außenprüfung auch Werbung vorgelegt worden ist, auf denen der Eintrittspreis mit 5 € ohne Freigetränk ausgewiesen worden ist. Im Übrigen gehen verbleibende Unsicherheiten und Schätzungsunschärfen zulasten der Antragstellerin.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus 135 Abs. 1 FGO.

Urteilsbesprechung zu Finanzgericht München Beschluss, 06. Okt. 2017 - 7 V 2008/17

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(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung

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(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für

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(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. (2) Zu schätzen ist insbesondere dann, we
Finanzgericht München Beschluss, 06. Okt. 2017 - 7 V 2008/17 zitiert 10 §§.

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(1) Die Buchführung und die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen, die den Vorschriften der §§ 140 bis 148 entsprechen, sind der Besteuerung zugrunde zu legen. (2) Absatz 1 gilt nicht,1.soweit nach den Umständen des Einzelfalls Anlass besteht, die

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(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

(1) Die Buchführung und die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen, die den Vorschriften der §§ 140 bis 148 entsprechen, sind der Besteuerung zugrunde zu legen.

(2) Absatz 1 gilt nicht,

1.
soweit nach den Umständen des Einzelfalls Anlass besteht, die sachliche Richtigkeit zu beanstanden oder
2.
soweit die elektronischen Daten nicht nach der Vorgabe der einheitlichen digitalen Schnittstellen des § 41 Absatz 1 Satz 7 des Einkommensteuergesetzes in Verbindung mit § 4 Absatz 2a der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung, des § 146a oder des § 147b in Verbindung mit der jeweiligen Rechtsverordnung zur Verfügung gestellt werden.

(1) Die folgenden Unterlagen sind geordnet aufzubewahren:

1.
Bücher und Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, die Eröffnungsbilanz sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen,
2.
die empfangenen Handels- oder Geschäftsbriefe,
3.
Wiedergaben der abgesandten Handels- oder Geschäftsbriefe,
4.
Buchungsbelege,
4a.
Unterlagen nach Artikel 15 Absatz 1 und Artikel 163 des Zollkodex der Union,
5.
sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind.

(2) Mit Ausnahme der Jahresabschlüsse, der Eröffnungsbilanz und der Unterlagen nach Absatz 1 Nummer 4a, sofern es sich bei letztgenannten Unterlagen um amtliche Urkunden oder handschriftlich zu unterschreibende nicht förmliche Präferenznachweise handelt, können die in Absatz 1 aufgeführten Unterlagen auch als Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern aufbewahrt werden, wenn dies den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht und sichergestellt ist, dass die Wiedergabe oder die Daten

1.
mit den empfangenen Handels- oder Geschäftsbriefen und den Buchungsbelegen bildlich und mit den anderen Unterlagen inhaltlich übereinstimmen, wenn sie lesbar gemacht werden,
2.
während der Dauer der Aufbewahrungsfrist jederzeit verfügbar sind, unverzüglich lesbar gemacht und maschinell ausgewertet werden können.

(3) Die in Absatz 1 Nr. 1, 4 und 4a aufgeführten Unterlagen sind zehn Jahre, die sonstigen in Absatz 1 aufgeführten Unterlagen sechs Jahre aufzubewahren, sofern nicht in anderen Steuergesetzen kürzere Aufbewahrungsfristen zugelassen sind. Kürzere Aufbewahrungsfristen nach außersteuerlichen Gesetzen lassen die in Satz 1 bestimmte Frist unberührt. Bei empfangenen Lieferscheinen, die keine Buchungsbelege nach Absatz 1 Nummer 4 sind, endet die Aufbewahrungsfrist mit dem Erhalt der Rechnung. Für abgesandte Lieferscheine, die keine Buchungsbelege nach Absatz 1 Nummer 4 sind, endet die Aufbewahrungsfrist mit dem Versand der Rechnung. Die Aufbewahrungsfrist läuft jedoch nicht ab, soweit und solange die Unterlagen für Steuern von Bedeutung sind, für welche die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist; § 169 Abs. 2 Satz 2 gilt nicht.

(4) Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahrs, in dem die letzte Eintragung in das Buch gemacht, das Inventar, die Eröffnungsbilanz, der Jahresabschluss oder der Lagebericht aufgestellt, der Handels- oder Geschäftsbrief empfangen oder abgesandt worden oder der Buchungsbeleg entstanden ist, ferner die Aufzeichnung vorgenommen worden ist oder die sonstigen Unterlagen entstanden sind.

(5) Wer aufzubewahrende Unterlagen in der Form einer Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern vorlegt, ist verpflichtet, auf seine Kosten diejenigen Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, die erforderlich sind, um die Unterlagen lesbar zu machen; auf Verlangen der Finanzbehörde hat er auf seine Kosten die Unterlagen unverzüglich ganz oder teilweise auszudrucken oder ohne Hilfsmittel lesbare Reproduktionen beizubringen.

(6) Sind die Unterlagen nach Absatz 1 mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt worden,

1.
hat die Finanzbehörde im Rahmen einer Außenprüfung das Recht, Einsicht in die gespeicherten Daten zu nehmen und das Datenverarbeitungssystem zur Prüfung dieser Unterlagen zu nutzen,
2.
kann die Finanzbehörde verlangen, dass die Daten nach ihren Vorgaben maschinell ausgewertet zur Verfügung gestellt werden, oder
3.
kann die Finanzbehörde verlangen, dass die Daten nach ihren Vorgaben in einem maschinell auswertbaren Format an sie übertragen werden.
Teilt der Steuerpflichtige der Finanzbehörde mit, dass sich seine Daten nach Absatz 1 bei einem Dritten befinden, so hat der Dritte
1.
der Finanzbehörde Einsicht in die für den Steuerpflichtigen gespeicherten Daten zu gewähren oder
2.
diese Daten nach den Vorgaben der Finanzbehörde maschinell auszuwerten oder
3.
ihr nach ihren Vorgaben die für den Steuerpflichtigen gespeicherten Daten in einem maschinell auswertbaren Format zu übertragen.
Die Kosten trägt der Steuerpflichtige. In Fällen des Satzes 3 hat der mit der Außenprüfung betraute Amtsträger den in § 3 und § 4 Nummer 1 und 2 des Steuerberatungsgesetzes bezeichneten Personen sein Erscheinen in angemessener Frist anzukündigen. Sofern noch nicht mit einer Außenprüfung begonnen wurde, ist es im Fall eines Wechsels des Datenverarbeitungssystems oder im Fall der Auslagerung von aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Daten aus dem Produktivsystem in ein anderes Datenverarbeitungssystem ausreichend, wenn der Steuerpflichtige nach Ablauf des fünften Kalenderjahres, das auf die Umstellung oder Auslagerung folgt, diese Daten ausschließlich auf einem maschinell lesbaren und maschinell auswertbaren Datenträger vorhält.

(7) Die Verarbeitung und Aufbewahrung der nach Absatz 6 zur Verfügung gestellten Daten ist auch auf mobilen Datenverarbeitungssystemen der Finanzbehörden unabhängig von deren Einsatzort zulässig, sofern diese unter Berücksichtigung des Stands der Technik gegen unbefugten Zugriff gesichert sind. Die Finanzbehörde darf die nach Absatz 6 zur Verfügung gestellten und gespeicherten Daten bis zur Unanfechtbarkeit der die Daten betreffenden Verwaltungsakte auch auf den mobilen Datenverarbeitungssystemen unabhängig von deren Einsatzort aufbewahren.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Finanzgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 23. Mai 2013  1 K 396/12 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erzielt gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb einer Apotheke. Er ist nach §§ 238 ff. des Handelsgesetzbuchs (HGB) buchführungspflichtig und verwendet in seiner Apotheke im Rahmen eines sog. Vorsystems Software der Firma X, die ein speziell für Apotheken entwickeltes Warenwirtschaftssystem mit integrierter Kassenfunktion anbietet. Der Kläger fertigte "wie in der Apothekenbranche üblich" Kassenberichte, in die er jeweils das Ergebnis des Tagesabschlussbons übertrug.

2

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) ordnete für die Jahre 2006 bis 2009 eine Außenprüfung beim Kläger an. Mit Schreiben vom 17. Oktober 2011 bat der Prüfer um Vorlage von Daten in Gestalt der Verkaufsdatei der PC-Kasse (Kassenzeile, Einzeldaten und Bewegungsdatei), da alle im Kassen- und Warenwirtschaftssystem elektronisch verbuchten Geschäftsvorfälle aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtig seien.

3

Der Kläger legte gegen die Aufforderung zur Vorlage der Daten der einzelnen Verkäufe in der Apotheke Einspruch ein und begründete dies damit, das FA sei zu einem digitalen Zugriff insoweit nicht berechtigt, da die angeforderte Verkaufsdatei nicht zu den archivierungspflichtigen Daten gehöre.

4

Der Einspruch blieb erfolglos. Das FA war der Ansicht, der Kläger sei als buchführungspflichtiger Kaufmann grundsätzlich zur Einzelaufzeichnung der Bareinnahmen verpflichtet. Im Gegensatz zu den Verhältnissen zur Zeit des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12. Mai 1966 IV 472/60 (BFHE 86, 118, BStBl III 1966, 371) stelle sich die Frage der Zumutbarkeit von Einzelaufzeichnungen nicht, da der Kläger entsprechende Grundaufzeichnungen zur Erfüllung seiner Einzelaufzeichnungspflicht tatsächlich technisch, betriebswirtschaftlich und praktisch geführt habe. Zwar obliege dem Kläger keine gesonderte Aufzeichnung des Warenausgangs nach § 144 der Abgabenordnung (AO). Daraus folge indes nicht, dass jegliche Einzelaufzeichnungspflicht des Warenausgangs für Einzelhändler wie ihn entfalle. Da der Kläger die Aufzeichnungen in elektronischer Form geführt habe, sei das FA berechtigt, hierauf gemäß § 147 Abs. 6 AO zuzugreifen.

5

Die Klage war ebenfalls ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war im Wesentlichen der Ansicht, bei der angeforderten Verkaufsdatei --bestehend aus der Kassenzeile, den Einzeldaten und der Bewegungsdatei-- handele es sich um Kassenunterlagen i.S. von § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO und damit um steuerlich relevante Unterlagen, da sie dem Verständnis der Geschäftsvorfälle und deren Überprüfung dienen könnten. Es könnten die Bestände sowie die Bestandsveränderungen an Arzneimitteln, an Betäubungsmitteln oder auch an nicht verschreibungspflichtigen Produkten mit den Erlösen im Einzelnen verprobt werden. Den Kläger treffe als Kaufmann nach §§ 238 ff. HGB i.V.m. den Grund-sätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) eine diesbezügliche Aufzeichnungspflicht. Dies gelte auch angesichts des BFH-Urteils in BFHE 86, 118, BStBl III 1966, 371. Damit unterliege die Verkaufsdatei dem Datenzugriff.

6

Seine Revision begründet der Kläger mit der Verletzung materiellen Rechts. Der BFH habe mit Urteil vom 24. Juni 2009 VIII R 80/06 (BFHE 225, 302, BStBl II 2010, 452) entschieden, dass der Datenzugriff der Finanzverwaltung sich nur auf solche nach § 147 Abs. 1 AO aufbewahrungspflichtigen Daten erstrecke, für die eine --an anderer Stelle normierte-- Aufzeichnungspflicht bestehe. Für Einzelhändler sehe die AO indes keine Pflicht zur Einzelaufzeichnung vor. "Freiwillige" Aufzeichnungen wie die vorliegend von ihm geführten Kasseneinzeldaten unterfielen dagegen nicht dem Datenzugriffsrecht in § 147 Abs. 6 AO. Dass er Aufzeichnungen tatsächlich geführt habe, könne entgegen der Ansicht des FA und des FG nicht ausreichen. Im Übrigen sei das FA auch überhaupt nicht berechtigt, "Dateien" anzufordern, da der Finanzverwaltung der Zugriff nur auf "Daten" offenstehe. Davon abgesehen sei die Datenanforderung zudem nicht hinreichend bestimmt.

7

Der Kläger beantragt,
das angefochtene FG-Urteil sowie den Datenanforderungsbescheid vom 17. Oktober 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. März 2012 aufzuheben.

8

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FA durfte den Kläger zur Überlassung der Kassendaten in elektronisch verwertbarer Form auffordern, da dieser zur Aufzeichnung der einzelnen Verkäufe sowie zur Aufbewahrung der Aufzeichnung verpflichtet war.

10

1. Zu Recht gehen sowohl der Kläger als auch das FG davon aus, dass Voraussetzung für die Datenanforderung das Bestehen einer Aufzeichnungspflicht ist. Die Befugnisse aus § 147 Abs. 6 AO stehen der Finanzbehörde nur in Bezug auf solche Unterlagen zu, die der Steuerpflichtige nach § 147 Abs. 1 AO aufzubewahren hat. Der sachliche Umfang der Aufbewahrungspflicht in § 147 Abs. 1 AO wird wiederum grundsätzlich begrenzt durch die Reichweite der zugrunde liegenden Aufzeichnungspflicht (ausführlich BFH-Urteil in BFHE 225, 302, BStBl II 2010, 452, m.w.N.).

11

Anders als der Kläger meint, ist er jedoch zur Aufzeichnung seiner einzelnen Geschäftsvorfälle einschließlich der Kassenvorgänge verpflichtet.

12

a) Nach § 238 Abs. 1 Satz 1 HGB ist jeder Kaufmann verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den GoB ersichtlich zu machen. Über § 140 AO gelten die Kaufleuten obliegenden handelsrechtlichen Buchführungspflichten auch für die Besteuerung (vgl. Klein/Rätke, AO, 12. Aufl., § 140 Rz 1 und 4; BFH-Beschluss vom 26. September 2007 I B 53, 54/07, BFHE 219, 19, BStBl II 2008, 415). Die handelsrechtlichen Pflichten werden zu solchen des Steuerrechts transformiert (Görke in Hübschmann/Hepp/ Spitaler --HHSp--, § 140 AO Rz 34).

13

b) Die Buchführung muss so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann (§ 238 Abs. 1 Satz 2 HGB). Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen (§ 238 Abs. 1 Satz 3 HGB). Die Eintragungen in den Büchern und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen müssen vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorgenommen werden (§ 239 Abs. 2 HGB).

14

c) Aus der Pflicht zur Ersichtlichmachung der Handelsgeschäfte und der Lage des Vermögens unter Beachtung der GoB hat der BFH gefolgert, dies bedeute, dass grundsätzlich jedes einzelne Handelsgeschäft --einschließlich der sich auf die jeweiligen Handelsgeschäfte beziehenden Kassenvorgänge-- einzeln aufzuzeichnen sei (vgl. BFH-Urteil in BFHE 86, 118, BStBl III 1966, 371). Mit der Buchführung wird u.a. der Zweck verfolgt, zu jedem Zeitpunkt einen zuverlässigen Einblick in den Ablauf aller Geschäfte zu geben. Deswegen muss es zu einem späteren Zeitpunkt für einen buchführungsmäßig vorgebildeten Dritten leicht und im Rahmen eines angemessenen Zeitaufwands möglich sein, den Inhalt und den Ablauf aller Geschäfte der Vergangenheit zu überprüfen. Dies erfordert in der Regel die Aufzeichnung jedes einzelnen Handelsgeschäfts in einem Umfang, der eine Überprüfung seiner Grundlagen, seines Inhalts und seiner Bedeutung für den Betrieb ermöglicht. Dafür bedarf es prinzipiell nicht nur der Aufzeichnung der in Geld bestehenden Gegenleistung, sondern auch des Inhalts des Geschäfts und des Namens des Vertragspartners (BFH-Urteil in BFHE 86, 118, BStBl III 1966, 371). Es ist auch in der Literatur allgemein anerkannt, dass die GoB grundsätzlich eine einzelne Erfassung eines jeden Geschäftsvorfalls erfordern und zusammengefasste oder verdichtete Buchungen demzufolge voraussetzen, dass sie eindeutig in ihre Einzelpositionen aufgegliedert werden können (vgl. z.B. Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl., HGB § 239 Rz 12; Quick/Wolz in Baetge/ Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 238 HGB Rz 42 und § 239 HGB Rz 23; MünchKommHGB/Ballwieser, 3. Aufl., § 239 Rz 2; Baetge/Kirsch/Thiele in Küting/Pfitzer/Weber, Handbuch der Rechnungslegung, Einzelabschluss, Kap. 4 Rz 51 und 56).

15

Für bar erlangte Kasseneinnahmen hat der BFH in diesem Zusammenhang unmissverständlich klargestellt, dass der nach den GoB aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfall gerade nicht nur der am Ende eines Tages insgesamt vereinnahmte Betrag (Tageslosung) ist, weil die Tatsache der sofortigen Bezahlung der Leistung es nicht rechtfertigt, die einzelnen Geschäftsvorfälle nicht auch einzeln mit Benennung des Kunden, der Art der Tätigkeit und der Bareinnahme aufzuzeichnen (BFH-Urteil in BFHE 86, 118, BStBl III 1966, 371).

16

d) Da die GoB indes nur eine Einzelaufzeichnung der Kassenvorgänge im Rahmen des nach Art und Umfang des Geschäftes Zumutbaren verlangen, hat der BFH die Einzelaufzeichnungspflicht für Einzelhandelsgeschäfte --in Betrieben, in denen Waren von geringerem Wert an eine unbestimmte Vielzahl nicht bekannter und auch nicht feststellbarer Personen verkauft werden-- dahingehend eingeschränkt, dass die baren Betriebseinnahmen in der Regel nicht einzeln aufgezeichnet zu werden brauchen (BFH-Urteil in BFHE 86, 118, BStBl III 1966, 371). Ausschlaggebend für den BFH war insoweit, dass es technisch, betriebswirtschaftlich und praktisch unmöglich war, an die Aufzeichnung der einzelnen zahlreichen baren Kassenvorgänge in Einzelhandelsgeschäften gleiche Anforderungen wie bei anderen Handelsgeschäften zu stellen, nämlich zur Identifizierung und zur Bestimmung des Inhalts des Geschäfts Namen und Anschrift des Kunden und den Gegenstand des Kaufvertrages festzuhalten.

17

e) Die Frage, ob die nach den vorstehenden Ausführungen grundsätzlich gegebene Verpflichtung zur Einzelaufzeichnung eines jeden Geschäftsvorfalls aus Gründen der Unzumutbarkeit einzuschränken ist, ist im Streitfall --anders als im BFH-Urteil in BFHE 86, 118, BStBl III 1966, 371-- zu verneinen.

18

aa) Eine den GoB entsprechende Buchführung setzt voraus, dass die Eintragungen in die Bücher und sonst erforderliche Aufzeichnungen vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorgenommen werden (§ 239 Abs. 2 HGB, § 146 Abs. 1 Satz 1 AO). Es besteht jedoch keine gesetzliche Vorgabe, wie (Kassen-)Aufzeichnungen zu führen sind. So können Handelsbücher und sonst erforderliche Aufzeichnungen grundsätzlich auch in der geordneten Ablage von Belegen bestehen oder auf Datenträgern geführt werden (§ 239 Abs. 4 Satz 1 HGB, § 146 Abs. 5 Satz 1 AO). Der Steuerpflichtige ist in der Wahl des Aufzeichnungsmittels somit frei und kann entscheiden, ob er seine Warenverkäufe manuell oder unter Zuhilfenahme technischer Hilfsmittel --wie eben einer elektronischen Registrier- oder PC-Kasse-- erfasst.

19

Entscheidet der Steuerpflichtige sich --wie im Streitfall der Kläger-- für ein modernes PC-Kassensystem, das zum einen sämtliche Kassenvorgänge einzeln und detailliert aufzeichnet (mithin insbesondere die in Geld bestehende Gegenleistung sowie den Inhalt des Geschäfts) und zum anderen auch eine langfristige Aufbewahrung (Speicherung) der getätigten Einzelaufzeichnungen ermöglicht, kommt er gerade damit der ihm obliegenden Verpflichtung zur Aufzeichnung der einzelnen Verkäufe nach. Er kann sich in diesem Fall nicht (mehr) auf die Unzumutbarkeit der Aufzeichnungsverpflichtung berufen. Bei Verwendung einer PC-Kasse ist die mit ihr bewirkte Einzelaufzeichnung auch zumutbar (so auch Harle/Olles, Die steuerliche Betriebsprüfung --StBp-- 2013, 333, 335).

20

bb) Etwas anderes ergibt sich weder aus dem BFH-Urteil vom 26. Februar 2004 XI R 25/02 (BFHE 205, 249, BStBl II 2004, 599) noch aus den Senatsbeschlüssen vom 16. Februar 2006 X B 57/05 (BFH/NV 2006, 940) sowie vom 7. Februar 2008 X B 189/07 (nicht veröffentlicht).

21

(1) Im Urteil in BFHE 205, 249, BStBl II 2004, 599 hat der BFH zwar auf die Ausnahme von der Pflicht zur Einzelaufzeichnung hingewiesen, hierüber aber --da es um einen nicht buchführungspflichtigen, im Taxigewerbe tätigen Gewerbetreibenden ging-- nicht tragend entschieden.

22

(2) Im Beschluss in BFH/NV 2006, 940 ermittelte die dortige Klägerin ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung (§ 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) und nicht durch Betriebsvermögensvergleich. Aus der Entscheidung ergibt sich lediglich, dass Steuerpflichtige, die ihren Gewinn zulässigerweise durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermitteln, zwar über § 22 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) i.V.m. §§ 63 bis 68 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung zu Einzelaufzeichnungen, nicht aber deshalb auch zur Führung eines Kassenbuches verpflichtet sind; dies ergebe sich weder aus § 4 Abs. 3 EStG noch aus §§ 145, 146 AO oder § 22 UStG.

23

(3) Zwar ging es in dem dem Beschluss vom 7. Februar 2008 X B 189/07 zugrunde liegenden Fall um einen Lebensmitteleinzelhändler. Dieser war indes nicht buchführungspflichtig, sondern ermittelte seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG, was voraussetzt, dass sein Betrieb keinen nach Art oder Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erforderte. Der Senat hat zwar --wenn auch unter Verweis auf das BFH-Urteil in BFHE 86, 118, BStBl III 1966, 371-- ausgeführt, dem Kläger sei eine Einzelaufzeichnungspflicht nicht zuzumuten. Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass der Senat generell auch für buchführungspflichtige Einzelhändler an der Befreiung von der Pflicht zur Einzelaufzeichnung festhalten wollte.

24

f) Auch den §§ 143 ff. AO kann nichts anderes entnommen werden.

25

aa) Wie oben bereits ausgeführt, werden die handelsrechtlichen Pflichten über § 140 AO zu solchen des Steuerrechts. § 145 AO hat demzufolge für diejenigen Steuerpflichtigen, die --wie der Kläger-- bereits nach den handelsrechtlichen Vorschriften buchführungspflichtig sind, keine eigene Bedeutung, da diese den handelsrechtlichen GoB unmittelbar unterworfen sind (Görke in HHSp, § 145 AO Rz 6). Durch § 145 AO wird die Geltung der GoB im Steuerrecht nicht eingeschränkt. Die steuerrechtlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Buchführung sind vielmehr mit den handelsrechtlichen GoB abgestimmt (Koenig/Coester, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 145 Rz 5).

26

bb) Die §§ 143, 144 AO stehen einer Einzelaufzeichnungspflicht für Einzelhändler nicht von vornherein entgegen.

27

Der erkennende Senat vermag der Ansicht des Klägers nicht zu folgen, aus der Zusammenschau von § 143 AO, der alle gewerblichen Unternehmer zur gesonderten Aufzeichnung des Wareneingangs verpflichtet, und von § 144 AO, der nur eine Verpflichtung der Großhändler zur gesonderten Aufzeichnung des Warenausgangs in Gestalt der zur gewerblichen Weiterverwendung bestimmten Waren ausspricht, ergebe sich der Wille des Gesetzgebers, Einzelhändler wie ihn von einer Verpflichtung zur Einzelaufzeichnung auszunehmen. § 144 AO statuiert --wie § 143 AO-- eine selbständige, von sonstigen Buchführungspflichten unabhängige (gesonderte) Aufzeichnungspflicht und nimmt den Aufzeichnungspflichtigen speziell zur Überprüfung der steuerlichen Verhältnisse Dritter in Dienst (Görke in HHSp, § 144 AO Rz 2). Hierzu gehört der Kundenkreis eines Einzelhändlers gerade nicht. Wesentlich für die in § 144 AO geregelte Aufzeichnungspflicht des Warenausgangs ist demzufolge u.a. auch die Aufzeichnung des Namens oder der Firma und der Anschrift des Abnehmers (§ 144 Abs. 3 Nr. 2 AO), was von einem Einzelhändler regelmäßig nur dann gefordert werden kann, wenn es für ihn zumutbar ist.

28

Aus der gesonderten Aufzeichnungspflicht für Großhändler nach § 144 AO kann nicht der Schluss gezogen werden, Einzelhändler hätten hinsichtlich ihrer Ausgangsleistungen keine Aufzeichnungspflichten zu erfüllen. Vielmehr entbindet die Aufzeichnung des Warenausgangs nach § 144 AO den Großhändler auch dann nicht von weiteren Aufzeichnungspflichten (generelle Pflicht zur Einzelaufzeichnung aller Geschäftsvorfälle, Aufzeichnungen nach § 22 UStG), wenn sich insoweit Überschneidungen ergeben. Dies berechtigt ihn allenfalls dazu, die verschiedenen Aufzeichnungen ggf. in einer Datensammlung technisch zusammenzufassen, sofern dies sämtlichen Aufzeichnungsanforderungen genügt (Görke in HHSp, § 144 AO Rz 2 i.V.m. § 143 AO Rz 5).

29

g) Mit den vorstehenden Ausführungen weicht der erkennende Senat nicht von der Entscheidung in BFHE 86, 118, BStBl III 1966, 371 ab. Dem steht schon entgegen, dass die damalige, vom IV. Senat des BFH entschiedene Fallkonstellation, die sich auf das Streitjahr 1956 bezog, angesichts veränderter technischer Möglichkeiten nicht mit dem vorliegend zu entscheidenden, mehr als 50 Jahre später liegenden Fall vergleichbar ist.

30

h) Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass die nach den vorstehenden Ausführungen grundsätzlich auch für Einzelhändler geltende Pflicht zur Einzelaufzeichnung der Bareinnahmen nicht bedeutet, dass diese künftig einzeln gebucht werden müssen. Ausreichend ist insoweit --wie bisher-- die Verbuchung der zusammengefassten Tageslosung. Entscheidend ist, dass diese sich auf die einzeln erfassten Verkäufe zurückführen lässt, die ihrerseits --ggf. unter Zuhilfenahme des Warenwirtschaftssystems-- nachweisbar sind.

31

2. Als Folge der Pflicht, die baren Betriebseinnahmen einzeln aufzuzeichnen, unterliegen die von dem Kläger mittels der PC-Kasse gefertigten Aufzeichnungen der Aufbewahrungspflicht des § 147 Abs. 1 Nr. 1 AO.

32

a) Der sachliche Umfang der Aufbewahrungspflicht wird --wie oben bereits ausgeführt-- grundsätzlich begrenzt durch die Reichweite der zugrunde liegenden Aufzeichnungspflicht. Die Pflicht zur Aufbewahrung von Unterlagen ist akzessorisch. Das heißt, sie setzt stets eine Aufzeichnungspflicht voraus und besteht grundsätzlich nur im Umfang der Aufzeichnungspflicht (grundlegend BFH-Urteil in BFHE 225, 302, BStBl II 2010, 452, mit umfangreichen Nachweisen). Eine eigenständige Pflicht zur Aufbewahrung von Unterlagen, die nicht mit einer Pflicht zur Aufzeichnung von Daten in Zusammenhang stehen, ist § 147 Abs. 1 AO nicht zu entnehmen.

33

Zutreffend geht das FA davon aus, dass es sich bei den vorliegend mit Hilfe einer PC-Kasse einzeln aufgezeichneten Bareinnahmen (Umsätze/Warenverkäufe) um Grundaufzeichnungen i.S. des § 147 Abs. 1 Nr. 1 AO und keineswegs um "freiwillige" Aufzeichnungen handelt. Zu "freiwilligen" Aufzeichnungen kommt es auch nicht etwa deshalb, weil die Anschaffung der Kasse mit den damit verbundenen Aufzeichnungsmöglichkeiten primär aus betriebswirtschaftlichen Gründen erfolgt ist.

34

b) Davon unabhängig sind gemäß § 147 Abs. 1 Nr. 4 AO insbesondere auch die Tagesendsummenbons (Z-Bons) als Beleg über die Buchung der verdichteten Tagessummen aufzubewahren.

35

c) Der Kläger war in den Streitjahren 2006 bis 2009 auch nicht im Hinblick auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 9. Januar 1996 IV A 8-S 0310-5/95 (BStBl I 1996, 34) nur zur Aufbewahrung und Speicherung der Z-Bons verpflichtet. Es handelt sich bei diesem BMF-Schreiben um eine norminterpretierende Verwaltungsvorschrift, die als solche keine Rechtsnormqualität besitzt und die Gerichte nicht bindet (vgl. BFH-Urteil vom 24. September 2013 VI R 48/12, BFH/NV 2014, 341).

36

Norminterpretierende Verwaltungsanweisungen, die die gleichmäßige Auslegung und Anwendung des Rechts sichern sollen, können im Allgemeinen weder eine einer Rechtsnorm vergleichbare Bindung aller Rechtsanwender noch eine Bindung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben herbeiführen. Eine von den Gerichten zu beachtende Selbstbindung der Verwaltung besteht lediglich ausnahmsweise in dem Bereich der ihr vom Gesetz eingeräumten Entscheidungsfreiheit, also im Bereich des Ermessens, der Billigkeit (z.B. bei Änderung der Rechtsprechung) und der Typisierung oder Pauschalierung (BFH-Urteile vom 26. April 1995 XI R 81/93, BFHE 178, 4, BStBl II 1995, 754, und vom 7. Dezember 2005 I R 123/04, BFH/NV 2006, 1097). Um einen solchen Fall handelt es sich bei der Gewährung von Aufbewahrungserleichterungen für Kassengrundaufzeichnungen indes nicht.

37

3. Da der Kläger zur Aufzeichnung der einzelnen Verkäufe und zur Aufbewahrung der entsprechenden Aufzeichnungen verpflichtet war, durfte das FA im Rahmen der Außenprüfung gemäß § 147 Abs. 6 Satz 2 Alternative 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 AO die mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems (PC-Kasse) erstellten Daten auf einem maschinell verwertbaren Datenträger zur Prüfung anfordern.

38

a) Unschädlich ist zunächst, dass die Daten mittels eines der eigentlichen Buchführung vorgelagerten (Kassen-)Systems erstellt wurden, da dem Datenzugriff grundsätzlich auch die Daten aus vorgeschalteten Systemen oder Nebensystemen unterfallen (z.B. Schüßler, Der Datenzugriff der Finanzverwaltung im Rahmen der --digitalen-- Außenprüfung, S. 76, m.w.N.; vgl. auch Jochum, Die Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen in der Außenprüfung, S. 195 ff.). Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn die in einem Vorsystem --wie einem Kassensystem-- erzeugten (steuerrelevanten und aufbewahrungspflichtigen) Daten in verdichteter Form in das eigentliche Buchführungssystem übergeben werden (vgl. dazu auch BMF-Schreiben vom 14. November 2014 IV A 4-S 0316/13/10003, BStBl I 2014, 1450, insb. Rz 20).

39

b) Soweit der Kläger meint, die Anforderung sei schon deshalb rechtswidrig, weil sie zu unbestimmt sei bzw. weil das FA keine Daten, sondern eine Verkaufsdatei angefordert habe, greift dieser Einwand nicht durch.

40

aa) Bei verständiger Würdigung ist zunächst davon auszugehen, dass der Gesetzgeber auch eine "Datei" --also einen Bestand inhaltlich zusammengehöriger Daten, der auf einem Datenträger oder Speichermedium abgelegt und gespeichert ist-- meint, wenn er in § 147 Abs. 6 AO von "Daten" spricht.

41

Die Datenzugriffsmöglichkeit der Finanzverwaltung setzt zwingend voraus, dass die zunächst "flüchtigen" Daten (im Streitfall die Informationen im Zusammenhang mit den einzelnen Verkaufsvorgängen) systematisch in einer Datei abgelegt werden und so erhalten bleiben. Dass die Datei ggf. für den Datenzugriff "neu" erzeugt werden muss, ist ebenfalls kein Hinderungsgrund, sondern vielmehr Folge der der Finanzverwaltung in § 147 Abs. 6 Satz 2 Alternative 2 AO eingeräumten Möglichkeit der Anforderung eines Datenträgers (sog. "Z3 Zugriff"; zu den Datenzugriffsmöglichkeiten der Finanzverwaltung vgl. z.B. Burchert, Die Information für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, 2006, 744, 745 f.).

42

bb) Die Datenanforderung des FA bezog sich auf die "Verkaufsdatei (Kassenzeile, Einzeldaten, Bewegungsdatei)" bzw. auf die "Daten aus dem Warenwirtschaftssystem zu den Einzelverkäufen (Verkaufsdatenbank)". In dem Schreiben vom 17. Oktober 2011 erläuterte das FA, die Überlassung der steuerrelevanten Daten stelle eine Bringschuld dar. Durch diesen Einschub ist erkennbar, dass sich die Anforderung der Finanzverwaltung in der Sache auf die steuerrelevanten Daten bezog, die in den Dateien enthalten waren, und das FA den Begriff "Verkaufsdatei" lediglich als Sammelbezeichnung für diese Daten verwendet hat. Dies wird durch die Einspruchsentscheidung vom 16. März 2012 bekräftigt, in der das FA unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil in BFHE 86, 118, BStBl III 1966, 371 ausführt, die GoB erforderten in der Regel die Aufzeichnung jedes einzelnen Handelsgeschäfts in einem Umfang, der eine Überprüfung seiner Grundlagen, seines Inhalts und seiner Bedeutung für den Betrieb ermögliche. Das bedeute nicht nur die Aufzeichnung der in Geld bestehenden Gegenleistung, sondern auch des Inhalts des Geschäfts und des Namens des Vertragspartners. Dies gelte auch für die Bareinnahmen, zu deren Einzelaufzeichnung der Kläger grundsätzlich verpflichtet sei.

43

Zweifel, worauf sich das Datenanforderungsverlangen des FA bezog, konnten beim Kläger nach Ansicht des Senats deshalb nicht entstehen. Dies wird auch durch die Revisionsbegründung des Klägers vom 5. August 2013 bestätigt, in der dieser auf Seite 12 ausführt, dem Fiskus gehe es beim Zugriff auf die sog. "Kassenauftragszeile" primär um Datum, Artikelbezeichnung, Menge, Preis, Status (Kassenrezept, Privatrezept, sonstiger Umsatz) und ggf. noch den Umsatzsteuersatz.

44

Eine --wie der Kläger fordert-- detaillierte Auflistung der einzelnen Datensätze würde dagegen voraussetzen, dass die Finanzverwaltung nicht nur den Anbieter sowie das System bzw. Programm mit seinem Inhalt und der jeweiligen Arbeitsweise, sondern bspw. auch die Programmversion im Einzelnen kennt. Bei der Vielzahl der auf dem Markt vorhandenen unterschiedlichen Systeme und Programme sowie ihrer Schnelllebigkeit wird der Finanzverwaltung dies regelmäßig nicht möglich sein. Die Anforderungen an die Verwaltung würden überspannt.

45

cc) Mit der Anforderung der "Verkaufsdatei (Kassenzeile, Einzeldaten, Bewegungsdatei)" bzw. der "Daten aus dem Warenwirtschaftssystem zu den Einzelverkäufen (Verkaufsdatenbank)" verstößt das FA auch nicht gegen das Übermaßverbot.

46

Soweit der Kläger der Ansicht sein sollte, einzelne in der Datei enthaltene Daten seien nicht steuerrelevant, obliegt es ihm, diese zu selektieren (sog. Erstqualifikationsrecht, vgl. z.B. BMF-Schreiben in BStBl I 2014, 1450, Rz 160 f.; Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. --IDW--, FN IDW 2012 [Beiheft zu Nr. 11], B 12). Hat er bspw. in der Datei patientenbezogene Daten abgelegt, deren Herausgabe er nach § 102 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. c AO verweigern darf (vgl. BFH-Urteil vom 28. Oktober 2009 VIII R 78/05, BFHE 227, 338, BStBl II 2010, 455, unter II.4.g dd für einen Rechtsanwalt/Steuerberater als Berufsgeheimnisträger), kann er diese aus der Datei entfernen. Ist ihm dies nicht möglich, kann er den Zugriff auf die Verkaufsdatei mit den Kasseneinzeldaten nicht verweigern (zutreffend Bellinger, StBp 2011, 305, 308; ders. StBp 2013, 278, 279; vgl. auch BFH-Beschluss in BFHE 219, 19, BStBl II 2008, 415, unter II.4.). Er trägt die Verantwortung und damit auch das Risiko, wenn er steuerrelevante und nicht steuerrelevante Daten ununterscheidbar vermengt haben sollte.

47

c) Anzeichen, dass das FA sein Ermessen, ob und in welcher Form es auf Daten Zugriff nehmen möchte, fehlerhaft ausgeübt haben könnte, sind nicht ersichtlich. Ermessensfehler werden vom Kläger auch nicht geltend gemacht.

48

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

(1) Jeder Kaufmann ist verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen. Die Buchführung muß so beschaffen sein, daß sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann. Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen.

(2) Der Kaufmann ist verpflichtet, eine mit der Urschrift übereinstimmende Wiedergabe der abgesandten Handelsbriefe (Kopie, Abdruck, Abschrift oder sonstige Wiedergabe des Wortlauts auf einem Schrift-, Bild- oder anderen Datenträger) zurückzubehalten.

(1) Bei der Führung der Handelsbücher und bei den sonst erforderlichen Aufzeichnungen hat sich der Kaufmann einer lebenden Sprache zu bedienen. Werden Abkürzungen, Ziffern, Buchstaben oder Symbole verwendet, muß im Einzelfall deren Bedeutung eindeutig festliegen.

(2) Die Eintragungen in Büchern und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen müssen vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorgenommen werden.

(3) Eine Eintragung oder eine Aufzeichnung darf nicht in einer Weise verändert werden, daß der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist. Auch solche Veränderungen dürfen nicht vorgenommen werden, deren Beschaffenheit es ungewiß läßt, ob sie ursprünglich oder erst später gemacht worden sind.

(4) Die Handelsbücher und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen können auch in der geordneten Ablage von Belegen bestehen oder auf Datenträgern geführt werden, soweit diese Formen der Buchführung einschließlich des dabei angewandten Verfahrens den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechen. Bei der Führung der Handelsbücher und der sonst erforderlichen Aufzeichnungen auf Datenträgern muß insbesondere sichergestellt sein, daß die Daten während der Dauer der Aufbewahrungsfrist verfügbar sind und jederzeit innerhalb angemessener Frist lesbar gemacht werden können. Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Thüringer Finanzgerichts vom 20. Mai 2015  3 K 553/14 aufgehoben.

Die Sache wird an das Thüringer Finanzgericht zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb im Streitjahr 2004 --organisatorisch getrennt-- mehrere Erotikmärkte unter einer einheitlichen Firmierung.

2

Den Markt in ..., der in einen Shop-Bereich und einen Bereich mit Videokabinen und Erotikkino (Video/Kino) unterteilt war, veräußerte der Kläger im Streitjahr für ... €.

3

Zeitgleich mit dem Verkauf vereinbarte der Kläger mit der Käuferin einen Franchisevertrag. Er räumte ihr u.a. die Nutzung des Namens "..." ein. Die Käuferin verpflichtete sich, das Geschäftslokal entsprechend den vom Kläger gegebenen Anweisungen u.a. hinsichtlich des Gebrauchs des Namens, der Wortzeichen, der Werbesätze und der Bilder einzurichten, auszustatten und zu erhalten. Dadurch sollte das Markenbild des Franchisegebers in Erscheinung treten. Insbesondere waren im Rahmen der Außenwerbung mindestens die angebrachten neonhinterleuchteten Tafeln mit dem Markenzeichen "XY" beizubehalten. Der Franchisevertrag wurde auf die Dauer von zehn Jahren abgeschlossen. Das Entgelt betrug monatlich ... € zzgl. Umsatzsteuer.

4

Der Kläger gab im Rahmen seiner Erklärung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr einen laufenden Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... € an, der auf seinen Antrag hin in einem Änderungsbescheid auf ... € reduziert wurde. Das für die Veräußerung des Markts vereinbarte Entgelt erklärte der Kläger nicht.

5

Aufgrund einer steuerlichen Außenprüfung des Streitjahres kam der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) zu der Ansicht, der Gewinn aus der Veräußerung des Markts sei als laufender Gewinn zu versteuern. Denn der Kläger habe nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert. Schließlich sei über den Ruf und Namen des Markts nur ein Franchisevertrag abgeschlossen worden.

6

Außerdem schätzte das FA griffweise ... € (brutto) hinzu, nämlich in Höhe von 10 % der erklärten Umsätze aus dem Bereich Video/Kino. Insoweit sah das FA die Kassensturzfähigkeit als nicht gegeben an. Denn die Geldspeicher der Automaten, die als Kassen anzusehen seien, seien in unregelmäßigen Abständen geleert, Münzen und Geldscheine ohne eigene Zählung bei der Bank abgeliefert und dort gutgeschrieben worden. Nur durch Addition der Bankgutschriften und der verausgabten Beträge habe der Kläger die Summe der Einnahmen ermittelt. Für die einzelnen Kassen seien keine getrennten Aufzeichnungen vorgenommen worden.

7

Einspruch und Klageverfahren blieben erfolglos. Auch das Finanzgericht (FG) ging davon aus, dass der Gewinn aus der Veräußerung des Erotikmarkts dem laufenden Gewinn zuzurechnen sei. Ein Weiterbetrieb ohne die Bezeichnung hätte dem Erotikmarkt die Unverwechselbarkeit und damit eine wichtige Grundlage für das Auftreten am Markt genommen. Der Umstand, dass die Weiterverwendung der Bezeichnung im zeitgleich abgeschlossenen Franchisevertrag strikt geregelt worden sei und die Einhaltung der Regelung streng überwacht werden sollte, lasse die gemeinsame Überzeugung der Vertragsparteien erkennen, dass es sich um eine wesentliche Grundlage des veräußerten Gewerbebetriebs gehandelt habe, die unverändert hätte bestehen bleiben müssen.

8

Hinsichtlich der Zuschätzung sei die Rechtsprechung zu den Mängeln in der Kassenbuchführung anwendbar, da der bargeldintensive Bereich betroffen sei. Die Höhe der Schätzung sei unbedenklich. Der Sicherheitszuschlag sei gerechtfertigt, weil die Buchführung zu verwerfen sei. Ein Zuschlag in Höhe von 10 % sei nach der Schwere der Mängel und des Anteils der davon betroffenen Umsätze am Gesamtumsatz zutreffend und nicht zu beanstanden.

9

Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, der Veräußerungsgewinn sei ermäßigt zu besteuern. Außerdem bestehe keine Berechtigung zur Zuschätzung.

10

Es liege eine Betriebsveräußerung im Ganzen i.S. des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vor, da sämtliche wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang veräußert worden seien. Nach der funktional-quantitativen Betrachtung bei § 16 EStG seien wesentliche Betriebsgrundlagen die Wirtschaftsgüter, die nach Art des Betriebs und ihrer Funktion im Betrieb wesentlich oder in denen erhebliche stille Reserven gebunden seien. Vorliegend seien alle Wirtschaftsgüter einschließlich des Firmenwerts veräußert worden. Lediglich die Firma und die Bezeichnung "..." seien nicht auf die Käuferin übertragen worden. § 1 Abs. 2 des Franchisevertrags führe vorliegend jedoch nicht nur zu einem Verleihen der in diesem Vertrag aufgeführten Wirtschaftsgüter. Vielmehr seien auch sie von der Käuferin entgeltlich erworben worden. Denn in Höhe der Vergütung seien nicht nur die Überlassung im Rahmen des Franchisesystems, sondern auch die (weitergehenden) Beratungsleistungen des Klägers abgegolten worden. Letztere seien zum 1. Juli 2007 komplett eingestellt worden. Der zeitgleich mit dem Kaufvertrag abgeschlossene Franchisevertrag habe lediglich dazu gedient, Ruf und Namen aufrecht zu erhalten sowie zu verhindern, dass ein anderes Logo verwendet werde.

11

Das FG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass es sich bei den Geldspeichern im Erotikmarkt um Kassen i.S. des § 146 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung in der für die Streitjahre geltenden Fassung (AO) handele. Folglich könnten die für die Kassenbuchführung entwickelten höchstrichterlichen Grundsätze nicht angewandt werden.

12

Anders als bei einer (gemeint ist wohl "offenen Laden"-)Kasse befinde sich der Geldspeicher eines Automaten in einem geschlossenen System --unabhängig von einer Verplombung--, weshalb im Gegensatz zu einer Kasse eine Manipulation durch menschliches Zutun ausgeschlossen sei. Erst mit Öffnung des Geldspeichers und Entnahme des Bargelds trete diese für Kassengeschäfte typische Manipulationsanfälligkeit zu Tage. Folglich liege ein Kassengeschäft, das die Notwendigkeit zur Beachtung der verschärften Anforderungen des § 146 Abs. 1 Satz 2 AO begründe, erst vor, wenn es zur Einzahlung des entnommenen Bargelds in eine Geschäftskasse oder auf ein Bankkonto komme. Je häufiger die Automaten zu leeren seien, umso häufiger bestehe eine Manipulationsgefahr.

13

Aufgrund dieser Eigenarten von Geldspeichern seien sowohl eine getrennte Aufzeichnung wie auch die tägliche Ermittlung der Einnahmen aus den Automaten nicht notwendig gewesen. Es könne keinen Unterschied machen, ob der Bargeldbestand bei Herausnahme vom Kläger manuell oder von der Bank automatisch gezählt werde. Folglich unterlägen diese Geldspeicher auch nur den allgemeinen Anforderungen an die Verbuchung von Geschäftsvorfällen nach § 146 Abs. 1 Satz 1 AO. Eine tägliche Leerung und Auszählung der Geldspeicher, wie es § 146 Abs. 1 Satz 2 AO für Kassen verlange, sei nicht notwendig gewesen. Deshalb fehle es hier an formellen Buchführungsmängeln. Eine Hinzuschätzung sei unzulässig.

14

Der Kläger beantragt sinngemäß,
das FG-Urteil aufzuheben und den Bescheid über die gesonderte Gewinnfeststellung für 2004 sowie den Gewerbesteuermessbescheid für 2004, beide in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Juli 2014, dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb um ... € reduziert werden und in Höhe eines Teilbetrags von ... € statt eines laufenden Gewinns ein Veräußerungsgewinn nach § 16 Abs. 1 EStG festgestellt wird.

15

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

16

Eine Betriebsveräußerung im Ganzen liege nicht vor, da die Firma wie auch die Bezeichnung "..." nicht mitübertragen worden seien. Deren Zurverfügungstellung im Rahmen des Franchisevertrags führe zur Nutzungsüberlassung. Soweit ein Teil der wesentlichen Betriebsgrundlagen nur zur Nutzung überlassen werde, widerspreche dies der Zwecksetzung der §§ 16, 34 EStG, weshalb die Begünstigung nicht zu gewähren sei.

17

Entgegen den Ausführungen des Klägers hätte ein Weiterbetrieb ohne die Bezeichnung dem Erotikmarkt seine Unverwechselbarkeit genommen. Folglich wäre eine wichtige Grundlage für das Auftreten am Markt entfallen. Dies zeige auch die strenge Regelung, wonach der Franchisenehmer ein anderes als das Logo "XY" nicht hätte verwenden dürfen.

18

Die Geldspeicher seien Kassen i.S. des § 146 Abs. 1 Satz 2 AO. Es handele sich nicht um ein geschlossenes System, da die Automaten nicht verplombt gewesen seien. Eine Öffnung sei jederzeit möglich gewesen, so dass die für das Kassengeschäft typische Manipulationsanfälligkeit gegeben sei. Ohne Öffnung und Nachzählung der Beträge der Geldspeicher in kurzen Abständen falle eine Manipulation nicht auf, da es am Vergleich der täglichen Einnahmen fehle. Denklogisch nachvollziehbar habe das FG deshalb die Rechtsprechung zu Mängeln in der Kassenbuchführung, etwa die fehlende Kassensturzfähigkeit, angewandt. Es handele sich um einen bargeldintensiven Bereich, bei dem eine Verprobung der Aufzeichnungen auf Richtigkeit und Schlüssigkeit umso weniger möglich sei, je länger eine zeitliche Aufzeichnungslücke bestehe.

Entscheidungsgründe

II.

19

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

20

Zwar ist das FG zu Recht davon ausgegangen, dass der Veräußerungsgewinn als laufender Gewinn zu besteuern ist, da der Kläger nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert hat (unter 1.). Auch geht das FG zutreffend davon aus, dass die Kassensturzfähigkeit der Geldspeicher und damit die formelle Ordnungsmäßigkeit der Buchführung nicht gegeben war (unter 2.). Allerdings bedurfte die Zuschätzung von 10 % der Umsätze im Bereich Video/Kino einer weitergehenden Begründung, um für den Senat überprüfbar zu werden (unter 3.). Deshalb war das Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (unter 4.).

21

1. Der Veräußerungsgewinn ist vorliegend nicht nach § 16 Abs. 1 EStG i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG zu besteuern, da der Kläger die vom FG unter Zugrundelegung einer (nur) funktionalen Betrachtungsweise vertretbar als eine wesentliche Betriebsgrundlage gewertete Bezeichnung "..." nur zur Nutzung überlassen hat.

22

a) Ein Veräußerungsgewinn nach § 16 Abs. 1 EStG (wie auch ein Aufgabegewinn nach § 16 Abs. 3 EStG) ist anders als der laufende Gewinn steuerlich privilegiert. Zum einen unterliegt er nicht der Gewerbesteuer. Einkommensteuerlich gewährt das Gesetz neben dem Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG in § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG eine Tarifbegünstigung. Nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG unterliegt ein Veräußerungs- oder Aufgabegewinn der Tarifbegünstigung allerdings nur, wenn er auch "außerordentlich" ist. Dies setzt bei allen Tatbeständen des § 34 Abs. 2 EStG eine atypische Zusammenballung voraus (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 9. Dezember 2014 IV R 36/13, BFHE 248, 75, BStBl II 2015, 529, und vom 17. Dezember 2014 IV R 57/11, BFHE 248, 66, BStBl II 2015, 536, jeweils m.w.N.). Die Tarifbegünstigung gemäß § 34 EStG erfordert demnach, dass alle stillen Reserven, die in den wesentlichen Grundlagen einer betrieblichen Sachgesamtheit angesammelt wurden, in einem einheitlichen Vorgang aufgelöst werden (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 18. Oktober 1999 GrS 2/98, BFHE 189, 465, BStBl II 2000, 123, m.w.N.; BFH-Urteil vom 28. Mai 2015 IV R 26/12, BFHE 249, 536, BStBl II 2015, 797, jeweils m.w.N.). Hieran hat sich durch die ab 2001 geltende Rechtslage nichts geändert (so ausdrücklich Senatsurteil vom 5. Februar 2014 X R 22/12, BFHE 244, 49, BStBl II 2014, 388).

23

b) Der Begriff der wesentlichen Betriebsgrundlage wird normspezifisch ausgelegt.

24

aa) Deshalb gehören zu den wesentlichen Grundlagen eines Betriebs im Zusammenhang mit der Tarifbegünstigung eines Gewinns aus einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe die funktional wesentlichen Wirtschaftsgüter und darüber hinaus auch solche Wirtschaftsgüter, die zwar funktional gesehen für den Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil nicht erforderlich sind, in denen aber erhebliche stille Reserven gebunden sind (sog. funktional-quantitative Betrachtungsweise). Dies folgt aus der normspezifischen Auslegung des § 34 EStG (BFH-Urteil in BFHE 249, 536, BStBl II 2015, 797, jeweils m.w.N.).

25

bb) In Bezug auf die funktionale (Teil-)Betrachtungsweise unterscheidet sich der Begriff der wesentlichen Betriebsgrundlage bei der Betriebsveräußerung/-aufgabe nicht von demjenigen, der bei der Betriebsaufspaltung oder der Betriebsverpachtung im Ganzen verwendet wird (vgl. nur Schmidt/Wacker, EStG, 36. Aufl., § 16 Rz 101). Auch in Einbringungsfällen gilt diese (reine) funktionale Betrachtungsweise in Bezug auf die Wesentlichkeit von Betriebsgrundlagen (vgl. nur BFH-Urteil vom 16. Dezember 2009 I R 97/08, BFHE 228, 203, BStBl II 2010, 808, unter II.1.b, m.w.N.).

26

Funktional wesentlich sind in allen diesen Fällen "die wesentlichen dem Betrieb das Gepräge gebenden Betriebsgrundlagen" (vgl. Senatsurteil vom 11. Oktober 2007 X R 39/04, BFHE 219, 144, BStBl II 2008, 220, unter II.3.a, zur Frage der Begründung einer Betriebsverpachtung im Ganzen). Dabei kommen Betriebsgegenstände dann in diesem Sinne als wesentliche Betriebsgrundlage in Betracht, wenn sie nach den spezifischen Verhältnissen des betreffenden (verpachtenden) Betriebs sachlich erforderlich sind (so Senatsurteil in BFHE 219, 144, BStBl II 2008, 220, unter II.3.b, m.w.N.).

27

cc) Grundsätzlich können auch immaterielle Wirtschaftsgüter als wesentliche Betriebsgrundlagen in Betracht kommen, etwa der Name bzw. das Zeichen eines Betriebs (BFH-Urteil in BFHE 228, 203, BStBl II 2010, 808, unter II.1.b, m.w.N.).

28

(1) Wird etwa im Rahmen eines Pachtverhältnisses über eine Apotheke ausdrücklich auch die Firma überlassen, sind alle wesentlichen Betriebsgegenstände, mittels derer die Pächter den Apothekenbetrieb jeweils fortsetzen könnten, auf Zeit überlassen (vgl. Senatsurteil vom 3. April 2014 X R 16/10, BFH/NV 2014, 1038). Denn neben der Lage des verpachteten Betriebs und dem hierdurch bestimmten Kundenkreis können Apothekenname und Firma von entscheidender Bedeutung sein (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 2014, 1038, unter III.1.b bb, m.w.N.).

29

(2) Ähnlich verhält es sich bei der Überlassung von Firmennamen, Warenzeichen und Formeln gegen Lizenzzahlungen an ein anderes Unternehmen, wenn das Vorliegen einer Betriebsaufspaltung zu beurteilen ist. Verkauft der Steuerpflichtige in diesem Zusammenhang zwar sämtliche beweglichen und unbeweglichen Anlagegüter, nicht jedoch die gewerblichen Schutzrechte, kann es sein, dass nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert worden sind (BFH-Urteil vom 20. September 1973 IV R 41/69, BFHE 110, 368, BStBl II 1973, 869).

30

c) Ob einzelne Wirtschaftsgüter zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen zu zählen sind oder nicht, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab.

31

aa) Angewandt auf die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob bei einem Verkauf eines Geschäftsbetriebs mit zeitgleichem Abschluss eines Franchisevertrags zwischen dem Verkäufer als Franchisegeber und dem Käufer als Franchisenehmer alle "wesentlichen Betriebsgrundlagen" des Geschäftsbetriebs verkauft und ein aus dem Verkauf resultierender Gewinn als steuerbegünstigter nicht gewerbesteuerpflichtiger Veräußerungsgewinn i.S. des § 16 EStG oder laufender gewerbesteuerpflichtiger Gewinn anzusehen ist, kann der Senat abstrakt betrachtet nur feststellen, dass ersteres sein kann, nicht aber sein muss. Die Beantwortung der von dem Kläger aufgeworfenen Rechtsfrage ist einzelfallbezogen und obliegt dem FG als Tatsacheninstanz.

32

bb) Das FG ist aufgrund der Würdigung des Franchisevertrags davon ausgegangen, dass die Bezeichnung als "..." eine wesentliche Betriebsgrundlage sei, die jedoch nicht übertragen worden sei. Denn aufgrund der Vertragsbedingungen --auch im Franchisevertrag-- konnte das FG keine Veräußerung der Bezeichnung an die Käuferin erkennen. Hierbei wendet das FG eine funktionale Betrachtungsweise an, auch wenn es zusätzlich auf quantitative Elemente, nämlich die Höhe der vereinbarten Franchisegebühren abstellt.

33

cc) Diese vom FG vorgenommene Würdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie verstößt nicht gegen Denkgesetze, allgemeine Erfahrungssätze oder gesetzliche Auslegungsregeln und bindet den Senat deshalb nach § 118 Abs. 2 FGO (vgl. insoweit BFH-Urteil vom 18. November 2014 IX R 49/13, BFHE 247, 435, BStBl II 2015, 224, Rz 15).

34

So verweist das FG vertretbar darauf, dass eine Weiterführung ohne die Bezeichnung "..." dem Betrieb die Unverwechselbarkeit und damit eine wichtige Grundlage für das Auftreten am Markt genommen hätte. Darüber hinaus lässt aber insbesondere die hohe Vergütung für den Franchisevertrag von ... € (auf zehn Jahre Vertragslaufzeit) im Verhältnis zu dem Kaufpreis von ... € auch aus Sicht des Senats nur den Schluss zu, dass diese lediglich zur Nutzung überlassenen immateriellen Wirtschaftsgüter eine (weitere) wesentliche Betriebsgrundlage darstellten. Dies gilt selbst für den Fall, dass dem Vortrag des Klägers hinsichtlich der tatsächlichen Zahlungsdauer zu folgen wäre. Denn auch die in diesem Fall zu berücksichtigende Gesamtsumme von ... € unterstreicht die besondere, funktional wesentliche Bedeutung, die diesen (nur) im Rahmen eines Franchisevertrags überlassenen Wirtschaftsgütern zukommt.

35

2. Die Kassenbuchführung des Klägers, soweit die Bareinnahmen aus den Geldspeichern der Automaten im Bereich Video/Kino betroffen waren, war nicht ordnungsgemäß, da mangels Kassenberichts die Kassensturzfähigkeit nicht gegeben war (unter a). Somit mussten FA wie auch FG die Umsätze dieses Geschäftsbereichs nach § 162 Abs. 2 Satz 1 AO (i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) schätzen (unter b).

36

a) Im vorliegenden Fall ist die Kassensturzfähigkeit der Geldspeicher nicht gegeben.

37

aa) Gemäß § 146 Abs. 1 Satz 2 AO "sollen" Kasseneinnahmen und Kassenausgaben täglich festgehalten werden. Hierdurch wird versucht, im sensiblen Bereich der Abwicklung von Vorgängen, die Bewegungen von Bargeld einschließen, ein dichtes Kontrollgefüge einzurichten (vgl. nur Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 146 AO Rz 27, m.w.N.). Die Anforderungen an ein solches Kontrollgefüge sind dabei an die Art und Weise der Kassenführung anzupassen.

38

(1) Einnahmen wie Ausgaben können zu Kontrollzwecken nicht nur durch schriftliche Aufzeichnungen, sondern auch durch jede andere Maßnahme festgehalten werden, die es ermöglicht, die Daten abrufbereit zu konservieren (so wohl auch Drüen in Tipke/ Kruse, a.a.O., § 146 AO Rz 27, m.w.N.). Es besteht keine gesetzliche Vorgabe, wie (Kassen-)Aufzeichnungen zu führen sind. So können diese grundsätzlich auch in der geordneten Ablage von Belegen bestehen oder auf Datenträgern geführt werden. Der Steuerpflichtige ist in der Wahl des Aufzeichnungsmittels frei und kann entscheiden, ob er seine Warenverkäufe manuell oder unter Zuhilfenahme technischer Hilfsmittel --wie einer elektronischen Registrier- oder PC-Kasse-- erfasst (vgl. im Hinblick auf Warenverkäufe eines Kaufmanns auch Senatsurteil vom 16. Dezember 2014 X R 47/13, BFH/NV 2015, 793, Rz 23).

39

(2) Dabei bestimmt die Kasseneigenschaft und im Fall von Geldautomaten die Entleerungsfrequenz die Art der Aufzeichnung.

40

(a) Werden die Bareinnahmen einer offenen Ladenkasse erfasst, so erfordert dies einen täglichen Kassenbericht, der auf der Grundlage eines tatsächlichen Auszählens der Bareinnahmen erstellt worden ist. Dies ist die Folge der jederzeitigen Möglichkeit, die Kasse bzw. die Kasseneinnahmen und -ausgaben manipulieren zu können. Dabei ist kein "Zählprotokoll" erforderlich. Erforderlich, aber auch ausreichend ist ein Kassenbericht, der auf der Grundlage eines tatsächlichen Auszählens erstellt worden ist (so schon Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2016 X B 41/16, BFH/NV 2017, 310, Rz 25 f., m.w.N.).

41

(b) Dieser Kassenbericht muss im Fall einer offenen Ladenkasse so beschaffen sein, dass es einem Buchsachverständigen zumindest am Beginn und am Ende jedes Geschäftstages --bei Einzelaufzeichnung der Bareinnahmen auch jederzeit im Laufe des Geschäftstages-- möglich ist, den durch Kassensturz festgestellten Ist-Bestand anhand der Kassenaufzeichnungen zu überprüfen (BFH-Urteil vom 31. Juli 1974 I R 216/72, BFHE 113, 400, BStBl II 1975, 96, unter 1.). Ermöglichen die Kassenaufzeichnungen einen solchen Vergleich des Soll-Bestands laut Aufzeichnungen mit dem Ist-Bestand der Kasse nicht, fehlt es jedenfalls insoweit an der formellen Ordnungsmäßigkeit der Buchführung. Dies gilt trotz der Ausgestaltung des § 146 Abs. 1 Satz 2 AO als Soll-Vorschrift. Denn auch wenn hierdurch zum Ausdruck kommt, dass eine tägliche Aufzeichnung nicht in jedem Falle zwingend erforderlich ist (BTDrucks 7/4292, 30), muss die Entwicklung des Kassenbestandes zweifelsfrei rekonstruierbar sein (so auch Görke in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 146 AO Rz 29).

42

bb) Im Fall der Aufbewahrung der Kasseneinnahmen in einem verschlossenen Behälter wird eine tägliche Auszählung dagegen jedenfalls im Geltungsbereich der für das Streitjahr anwendbaren Fassung der AO nicht notwendig sein. Erst im Augenblick der Entleerung sind die Kasseneinnahmen zu zählen und aufzuzeichnen, um so die Kassensturzfähigkeit sicherzustellen. Dabei wird es für die Erfüllung dieser Kassensturzfähigkeit in der Regel ausreichen, wenn die Aufzeichnungen im Kassenbericht die Zählung bei Entleerung und ihr Ergebnis dokumentieren.

43

cc) Diese Grundsätze führen im vorliegenden Fall dazu, dass schon mangels Kassenberichts die Kassensturzfähigkeit fehlt und damit keine ordnungsgemäßen Kassenaufzeichnungen i.S. des § 146 Abs. 1 Satz 2 AO im Bereich Video/Kino vorliegen.

44

(1) Auch die Geldspeicher der dort verwendeten Geldeinwurfautomaten sind Kassen, deren Geldbestände jedenfalls im Zeitpunkt der (erstmaligen) Entleerung zu zählen und festzuhalten sind. Schließlich versteht man unter einer Kasse schon von der Wortbedeutung her einen Behälter bzw. eine Kassette, in dem Geld aufbewahrt wird (vgl. Duden, Das Bedeutungswörterbuch, Mannheim/Wien/Zürich 1985, 370). Gerade Geldspeicher von Geldeinwurfautomaten sind solche Geldbehälter. Bei diesen Automaten gelangt das Geld mit dem Einwurf in den Verfügungsbereich des Klägers. Folglich ist der Geldspeicher eine Kasse, wobei jeder Geldspeicher eine separate Kasse ist.

45

(2) Deshalb hatte der Kläger nach den zu § 146 Abs. 1 Satz 2 AO entwickelten Grundsätzen insoweit eine Kassensturzfähigkeit zu gewährleisten und damit zumindest eine Kontrolle, ob eine tatsächliche Auszählung stattgefunden hat, anhand der getätigten Aufzeichnungen möglich zu machen. Diese Anforderungen erfüllte der Kläger nicht, da, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist, der Inhalt der Geldspeicher im Zeitpunkt der (erstmaligen) Entleerung nicht aufgezeichnet wurde. Vielmehr ist der Bestand dieser Kassen lediglich durch Rückrechnung, nämlich durch Addition der Bankgutschriften und verausgabten Beträge, ermittelt worden. Kein Ersatz ist die zeitlich spätere Zählung der Geldbeträge durch die Bank bei Einzahlung auf dem Bankkonto. Denn wie in den Fällen einer verzögerten Verbuchung stellt diese nachträgliche Zählung und Aufzeichnung keinen wirksamen Schutz gegen die bei solchen, den offenen Ladenkassen ähnelnden Geldbehältern bestehende Manipulationsanfälligkeit dar. Die nur durch Rückrechnung ermittelten Kassenbestände beinhalten keinerlei Vermutung der Richtigkeit. Etwas Anderes könnte im Fall einer Verplombung bis zur Einzahlung bei der Bank gelten, was im Streitfall jedoch nicht gegeben war.

46

Folglich können die Buchführungsergebnisse, soweit sie die Erlöse aus dem Bereich Video/Kino betreffen, nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden.

47

b) FA und FG waren, soweit die Erlöse aus dem Bereich Video/ Kino betroffen waren, zur Schätzung verpflichtet. § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO i.V.m. § 162 AO eröffnet dabei dem FG eine eigene Schätzungsbefugnis.

48

aa) Formelle Buchführungsmängel --hier die fehlende Kassensturzfähigkeit mangels Aufzeichnung der gezählten Bareinnahmen aus den Geldspeichern-- berechtigen nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung zwar nur insoweit zur Schätzung, als sie Anlass geben, die sachliche Richtigkeit des Buchführungsergebnisses anzuzweifeln (BFH-Entscheidungen vom 17. November 1981 VIII R 174/77, BFHE 135, 11, BStBl II 1982, 430, unter 1.; vom 25. Januar 1990 IV B 140/88, BFH/NV 1990, 484, und vom 14. Dezember 2011 XI R 5/10, BFH/NV 2012, 1921, Rz 22, mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Soweit vorwiegend Bargeschäfte getätigt werden, können Mängel der Kassenführung aber der gesamten Buchführung die Ordnungsmäßigkeit nehmen (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1921, Rz 34).

49

bb) Die hier vorliegenden formellen Buchführungsmängel führen deshalb jedenfalls für den Bereich Video/Kino zu einer solchen Schätzungsbefugnis nach § 162 Abs. 2 Satz 1 AO (i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO).

50

3. Die Hinzuschätzung in Form eines (Un-)Sicherheitszuschlags von 10 % der erklärten Umsätze des Bereichs Video/Kino, kann jedoch vom Senat nicht auf ihre Angemessenheit hin überprüft werden. Es fehlt insoweit an der ausreichenden Begründungstiefe.

51

a) Die Schätzung von Besteuerungsgrundlagen gehört zu den tatsächlichen Feststellungen, an die der BFH als Revisionsinstanz nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist. Die Bindung des BFH entfällt nur, wenn bei der Schätzung gegen anerkannte Schätzungsgrundsätze, allgemeine Erfahrungssätze oder die Denkgesetze verstoßen wurde (BFH-Urteil vom 18. Oktober 1983 VIII R 190/82, BFHE 139, 350, BStBl II 1984, 88, m.w.N.). Die gewonnenen Schätzergebnisse müssen schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein. Deshalb sind alle möglichen Anhaltspunkte, u.a. auch das Vorbringen des Steuerpflichtigen oder eine an sich fehlerhafte Buchführung, zu beachten und alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um im Rahmen des der Finanzbehörde Zumutbaren die Besteuerungsgrundlagen wenigstens teilweise zu ermitteln. Auf der anderen Seite ist aber auch das Maß der Verletzung der dem Steuerpflichtigen obliegenden Mitwirkungspflichten zu berücksichtigen. Deshalb ist es gerechtfertigt, bei einer Pflichtverletzung des Steuerpflichtigen, insbesondere bei einer nicht ordnungsgemäßen Buchführung, einen Sicherheitszuschlag vorzunehmen (BFH-Urteil vom 15. April 2015 VIII R 49/12, Rz 19, m.w.N.). Der Sicherheitszuschlag lässt sich dabei als eine griffweise Schätzung, die in einem vernünftigen Verhältnis zu den erklärten oder nicht erklärten Einnahmen stehen muss, charakterisieren (vgl. Senatsurteil vom 26. Oktober 1994 X R 114/92, BFH/NV 1995, 373, und Senatsbeschluss vom 7. Februar 2017 X B 79/16, BFH/NV 2017, 774).

52

b) Die Prüfung dieser Hinzuschätzung durch den BFH ist auf Rechtsfehler beschränkt. Dabei müssen der BFH und das FG sich auf denselben Sachverhalt beziehen, denn nur unter dieser Voraussetzung kann der BFH als Revisionsgericht erkennen und entscheiden, ob dem FG Rechtsfehler unterlaufen sind (Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 118 FGO Rz 54). Es muss möglich sein zu überprüfen, ob das FG bei der Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung nach sachfremden Erwägungen oder willkürlich verfahren ist. Dazu hat das FG darzulegen, wie und dass es seine Überzeugung in rechtlich zulässiger und einwandfreier Weise gewonnen hat (Senatsurteil vom 16. September 2015 X R 43/12, BFHE 251, 37, BStBl II 2016, 48, Rz 40).

53

aa) Hiervon ausgehend ist es im vorliegenden Fall für den Senat nicht möglich, zu entscheiden, ob ein Sicherheitszuschlag in Höhe von 10 % der erklärten Umsätze aus dem Bereich Video/ Kino anerkannten Schätzungsgrundsätzen sowie allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen entspricht.

54

So hat das FG auf Seite 10 seines Urteils lediglich dargelegt, dass es keine Bedenken gegen eine solche Zuschätzung habe und dies mit der Schwere der Mängel und dem Anteil der davon betroffenen Umsätze am Gesamtumsatz begründet. Ansonsten hat das FG nur ausgeführt, warum es einen äußeren Betriebsvergleich und auch eine Geldverkehrs- und Vermögenszuwachsrechnung nicht durchführen könne. Konkrete und nachprüfbare Aussagen zur Schätzungshöhe finden sich im Urteil nicht.

55

bb) Für den Senat ist deshalb schon nicht erkennbar, warum der Anteil der Umsätze im Bereich Video/Kino am Gesamtumsatz zu einer griffweisen Schätzung von 10 % der erklärten Umsätze führen kann. Auch erscheint es angesichts des ursprünglich erklärten Gesamtgewinns von zuletzt ... € nicht ohne weitergehende und vertiefte Begründung verständlich, wieso das FG nicht einen geringeren Prozentsatz dieser Umsätze als ausreichend und angemessen bzw. zutreffend angesehen hat. Schließlich wird das Ergebnis der Hinzuschätzung nicht auf seine Plausibilität hin überprüft. Aber auch eine griffweise Hinzuschätzung muss (noch) schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig und insoweit überprüfbar sein.

56

cc) Das FG wird diese fehlende Begründung des Schätzungsergebnisses nachholen müssen.

57

4. Da der Senat die Schätzung folglich nicht auf seine Angemessenheit hin überprüfen kann, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO an das FG zurückzuverweisen.

58

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betrieb im Dienstgebäude der Behörde X in Berlin eine Kantine. Seinen Gewinn ermittelte er nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes. Von den im Streitjahr 2001 ausgeführten Umsätzen bezeichnete er einen Anteil von 53,19 % als zum ermäßigten Steuersatz zu besteuernde "Außer-Haus-Verkäufe".

2

Im Jahr 2003 führte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) bei dem Kläger eine Betriebsprüfung durch. Im Bericht vom 14. Oktober 2003 führte die Prüferin unter Tz. 5 zur steuerlichen Beurteilung der Buchführung aus:

3

"Die Prüfung ergab Feststellungen, die gegen die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung sprechen.

4

Die Ergebnisse der Buchführung können unter Berücksichtigung der in den nachfolgenden Textziffern behandelten Änderungen der Besteuerung zugrunde gelegt werden."

5

Unter Tz. 6 werden als Mängel der Buchführung angeführt:

6

"In der jährlichen Bestandsaufnahme wurde nicht das Verpackungsmaterial (Pappteller, Pappschalen, Einschlagpapier usw.) erfasst.

7

Desweiteren wurden keine Speise- und Getränkekarten vorgelegt."

8

Weitere Feststellungen, die gegen die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung sprechen, enthält der Bericht nicht. Unter Tz. 14 nahm die Prüferin "nach Zusammenstellung des betrieblichen Datenmaterials ... eine Umverteilung der 7%igen und der 16%igen USt-Erlöse für Speisen und Getränke" vor. Bei durchschnittlich 361 Gästen täglich an 260 Arbeitstagen und einem täglichen Durchschnittsverzehr von 5,11 DM, hätten --ausgehend von dem vom Kläger genannten Anteil der ermäßigt zu versteuernden Umsätze von 53,19 %-- 49 920 "Außer-Haus-Verkäufe" im Kalenderjahr stattfinden müssen. Das im Jahr 2001 eingekaufte Verpackungsmaterial habe aber weit unter dem gelegen, was für so viele Verkäufe benötigt worden wäre.

9

Das FA ging daraufhin in dem geänderten Umsatzsteuerbescheid für 2001 vom 5. Februar 2004 von einem Anteil von 27 % der "Außer-Haus-Verkäufe" aus. Der dagegen eingelegte Einspruch, in dem der Kläger u.a. vortrug, der erklärte Anteil der "Außer-Haus-Verkäufe" entspreche dem der Vorpächter der Kantine, hatte keinen Erfolg. In der Einspruchsentscheidung vom 3. Mai 2005 wird u.a. ausgeführt, die Übertragung der Kassenbons in das Kassenbuch sei "nicht identisch" erfolgt. Zum Beispiel seien am 2. und 3. Januar 2001 auf den Kassenbons sämtliche Umsätze als "Im-Haus" registriert worden, während im Kassenbuch eine Aufteilung in "Außer-Haus" und "Im-Haus"-Umsätze erfolgt sei. Am 30. Oktober 2001 seien nach der Registrierkasse Umsätze zu 7 % in Höhe von 373,70 DM und zu 16 % in Höhe von 1.908,70 DM getätigt worden. Im Kassenbuch seien vom Kläger für diesen Tag Umsätze zu 7 % in Höhe von 1.100 DM und zu 16 % in Höhe von 1.182,10 DM erklärt worden.

10

Im Rahmen des sich anschließenden Klageverfahrens trug das FA in der Klageerwiderung vom 11. August 2005 u.a. vor, derartige Abweichungen bei der Gegenüberstellung der Kassenbons mit den jeweiligen Eintragungen im Kassenbuch habe es an 25 Arbeitstagen gegeben. Weiter machte das FA geltend, die Aufzeichnungen der Barausgaben seien nicht im zeitlichen Ablauf erfasst worden. Die Kassenaufzeichnungen hätten nicht den Abgleich des tatsächlichen Kassenbestands mit dem des buchmäßigen Kassenbestands (Kassenbuch) ermöglicht. Bei einer täglichen Abgleichung des Soll-Ist-Kassenbestands wäre aufgefallen, dass die zu vergleichenden Kassenbestände voneinander abwichen.

11

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es ließ offen, ob die Buchführung des Klägers formell nicht ordnungsgemäß sei, weil er das Verpackungsmaterial nicht in den jährlichen Bestandsaufnahmen erfasst und die Speise- und Getränkekarten nicht aufbewahrt habe. Denn selbst eine formelle Ordnungswidrigkeit der Buchführung würde das FA noch nicht zur Durchführung einer Schätzung berechtigen. Eine solche erfordere stets Anzeichen für eine sachliche Fehlerhaftigkeit der Buchführung. Hierzu habe das FA aber keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Die Grundlagen der anhand des Verpackungsmaterials vorgenommenen Schätzung des FA seien nicht hinreichend substantiiert und vom Kläger in nachvollziehbarer Weise angegriffen worden.

12

Mit seiner Revision trägt das FA vor, die Vorentscheidung verstoße gegen die §§ 162 und 146 der Abgabenordnung (AO). Neben der fehlenden jährlichen Bestandsaufnahme des Verpackungsmaterials und der Nichtvorlage der Speise- und Getränkekarten habe das FA in der Einspruchsentscheidung und im Klageabweisungsantrag vom 11. August 2005 auf die nicht identische Übertragung von mehreren Kassenbons in das Kassenbuch und auf die nicht im zeitlichen Ablauf erfassten Barausgaben hingewiesen sowie auf die mangelnde Kassensturzfähigkeit. Dies begründe auch Zweifel an der sachlichen Richtigkeit der Buchführung. Das FG hätte unter Zugrundelegung des Akteninhalts die Missstände in der Buchführung feststellen und die Buchführung als weder formell noch sachlich ordnungsgemäß verwerfen müssen.

13

Außerdem habe das FG verkannt, dass die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr auf dem Gelände auf Grund des räumlichen Zusammenhangs eine Abgabe zum Verzehr an Ort und Stelle i.S. des § 3 Abs. 9 Satz 5 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) darstelle, die als sonstige Dienstleistung nicht dem nur für bestimmte Lieferungen geltenden ermäßigten Steuersatz unterfallen könne.

14

Das FA beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

15

Der nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertretene Kläger verweist auf seine bereits früher gegenüber dem FA und dem FG abgegebenen Stellungnahmen.

Entscheidungsgründe

16

II. Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat nicht beachtet, dass es sich von dem Vorliegen oder Nichtvorliegen der für die Entscheidung erheblichen Tatsachen eine Überzeugung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) bilden musste. Es hat ferner den Vortrag des FA nicht berücksichtigt, dass Barausgaben nicht im zeitlichen Ablauf erfasst und Kassenbons nicht identisch in das Kassenbuch übertragen worden seien und die Kassensturzfähigkeit nicht gewährleistet gewesen sei.

17

1. Die Finanzbehörde hat die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann (§ 162 Abs. 1 Satz 1 AO). Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichende Aufklärung zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO verletzt (§ 162 Abs. 2 Satz 1 AO). Das Gleiche gilt u.a. dann, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann oder wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden können (§ 162 Abs. 2 Satz 2 AO).

18

a) Nach § 158 AO sind der Besteuerung die Buchführung und die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen, die den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO entsprechen, zugrunde zu legen, soweit nach den Umständen des Einzelfalls kein Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden. Eine formell ordnungsmäßige Buchführung hat die Vermutung der sachlichen Richtigkeit für sich (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22. August 1985 IV R 29-30/84, BFH/NV 1986, 719; BFH-Beschluss vom 13. Juli 2010 V B 121/09, BFH/NV 2010, 2015, unter 1.a).

19

Die Buchungen und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen sind vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen (§ 146 Abs. 1 Satz 1 AO). Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sollen überdies täglich festgehalten werden (§ 146 Abs. 1 Satz 2 AO). Kassenaufzeichnungen müssen so beschaffen sein, dass ein Buchsachverständiger jederzeit in der Lage ist, den Sollbestand mit dem Istbestand der Geschäftskasse zu vergleichen (vgl. BFH-Urteil vom 20. September 1989 X R 39/87, BFHE 158, 301, BStBl II 1990, 109, unter 1., m.w.N.). Das Kassenbuch ist wesentlicher Teil der Buchführung, zumal wenn der Steuerpflichtige nach der Art seines Unternehmens vorwiegend Bargeschäfte tätigt (vgl. BFH-Urteil vom 20. Juni 1985 IV R 41/82, BFH/NV 1985, 12).

20

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 UStG ist der Unternehmer verpflichtet, zur Feststellung der Steuer und der Grundlagen ihrer Berechnung Aufzeichnungen zu machen. Dabei ist u.a. ersichtlich zu machen, wie sich die Entgelte auf die steuerpflichtigen Umsätze, getrennt nach Steuersätzen, und auf die steuerfreien Umsätze verteilen (§ 22 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG).

21

b) Ergibt die Würdigung des Sachverhalts, dass eine formell ordnungsmäßige Buchführung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ganz oder teilweise sachlich unrichtig ist, so kann das Ergebnis dieser Buchführung ganz oder teilweise verworfen werden. Die objektive Beweislast für die hierfür maßgeblichen steuererhöhenden Tatsachen trägt das FA (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 24. Juni 1997 VIII R 9/96, BFH 183, 358, BStBl II 1998, 51, unter 1.a).

22

c) Für die Prüfung der formellen Ordnungsmäßigkeit der Buchführung ist das Gesamtbild aller Umstände im Einzelfall maßgebend (vgl. z.B. Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 158 AO, Rz 13). Formelle Buchführungsmängel berechtigen nur zur Schätzung, soweit sie Anlass geben, die sachliche Richtigkeit des Buchführungsergebnisses anzuzweifeln (vgl. BFH-Urteile vom 17. November 1981 VIII R 174/77, BFHE 135, 11, BStBl II 1982, 430; vom 26. Oktober 1994 X R 114/92, BFH/NV 1995, 373, und vom 7. Juni 2000 III R 82/97, BFH/NV 2000, 1462; BFH-Beschluss vom 9. Januar 2008 X B 144/07, Zeitschrift für Steuern und Recht 2008, R645; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 158 AO Rz 23, m.w.N.). Ob ggf. nur unwesentliche formelle Buchführungsmängel vorliegen, unterliegt den Regeln der freien Beweiswürdigung (vgl. Trzaskalik in Hübschmann/ Hepp/Spitaler --HHSp--, § 158 AO Rz 3).

23

d) Ist eine Buchführung ganz oder teilweise nicht nach § 158 AO der Besteuerung zugrunde zu legen, sind die Besteuerungsgrundlagen grundsätzlich nach § 162 Abs. 2 Satz 2 AO zu schätzen. Eine Schätzung scheidet allerdings dann aus, wenn die durch die Fehler der Buchführung verursachten Unklarheiten und Zweifel durch anderweitige zumutbare Ermittlungen beseitigt werden können. Im Rahmen einer solchen Ermittlung der tatsächlichen Verhältnisse richten sich die Anforderungen an die nötigen Beweise und die Beweislast nach den allgemein geltenden Grundsätzen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 183, 358, BStBl II 1998, 51).

24

e) Die Schätzungsgrundlagen müssen von der Finanzbehörde so dargelegt werden, dass ihre Nachprüfung möglich ist. Das zahlenmäßige Ergebnis der Schätzung muss auf Schlüssigkeit hin kontrollierbar sein (vgl. Klein/Rüsken, AO, 10. Aufl., § 162 Rz 53; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 162 AO Rz 96, m.w.N.; Buciek in Beermann/Gosch, AO § 162 Rz 167; wohl auch Söhn in HHSp, § 121 AO Rz 93, m.w.N.). Eine vom FA vorgenommene Schätzung wird vom FG in vollem Umfang überprüft und ggf. durch eine eigene Schätzung ersetzt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 19. Februar 1987 IV R 143/84, BFHE 149, 121, BStBl II 1987, 412, unter 2.).

25

2. Nach diesen Grundsätzen durfte es das FG nicht offenlassen, ob die formelle Ordnungsmäßigkeit der Buchführung ganz oder teilweise aus den vom FA geltend gemachten Gründen zu verneinen ist.

26

a) Soweit das FA vorträgt, der Kläger habe entgegen der aus § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO folgenden Aufbewahrungspflicht keine Speise- und Getränkekarten aufbewahrt, ist allerdings zu beachten, dass der sachliche Umfang der Aufbewahrungspflicht in § 147 Abs. 1 AO grundsätzlich durch die Reichweite der zugrunde liegenden Aufzeichnungspflicht begrenzt wird.

27

aa) Die Pflicht zur Aufbewahrung von Unterlagen gemäß § 147 Abs. 1 AO ist akzessorisch. Das heißt, sie setzt stets eine Aufzeichnungspflicht voraus und besteht grundsätzlich nur im Umfang der Aufzeichnungspflicht. Eine eigenständige Pflicht zur Aufbewahrung von Unterlagen, die nicht mit einer Pflicht zur Aufzeichnung von Daten in Zusammenhang stehen, ist § 147 Abs. 1 AO nicht zu entnehmen. Durch die Abhängigkeit der Aufbewahrungspflicht von einer im Gesetz angeordneten Aufzeichnungspflicht wird der Umfang der aufzubewahrenden Unterlagen sachgemäß begrenzt. Diese Beschränkung trägt dem Erfordernis hinreichender Bestimmtheit der in § 147 Abs. 1 AO geregelten Aufbewahrungspflicht ebenso Rechnung wie der von Verfassungs wegen geforderten Verhältnismäßigkeit der Norm (vgl. BFH-Urteil vom 24. Juni 2009 VIII R 80/06, BFHE 225, 302, BStBl II 2010, 452, unter II.1.b cc, m.w.N.).

28

bb) Dies gilt auch für § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO, wonach sonstige Unterlagen aufzubewahren sind, "soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind".

29

Zwar lässt der weite Wortlaut der Vorschrift die Deutung zu, dass nach ihr ohne Rücksicht auf eine Aufzeichnungpflicht sämtliche für die Besteuerung bedeutsamen Unterlagen aufzubewahren sind. Dementsprechend hat das FG München im Urteil vom 29. Oktober 2009  15 K 219/07 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 10) ohne nähere Begründung im dortigen Streitfall angenommen, durch die Nichtaufbewahrung von Speisekarten habe der Kläger gegen § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO verstoßen.

30

§ 147 Abs. 1 Nr. 5 AO ist aber unter Berücksichtigung der generellen Akzessorietät der Aufbewahrungspflicht im Lichte der im Einzelfall jeweils bestehenden gesetzlichen Aufzeichnungspflichten einschränkend auszulegen. Danach müssen bei einer abstrakten Bestimmung der Reichweite der gesetzlichen Aufbewahrungspflicht nach § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO nur solche sonstigen, also nicht unter § 147 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 4a AO fallenden, Unterlagen aufbewahrt werden, die zum Verständnis und zur Überprüfung der für die Besteuerung gesetzlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen im Einzelfall von Bedeutung sind (vgl. BFH-Urteil in BFHE 225, 302, BStBl II 2010, 452, unter II.1.b cc, m.w.N.).

31

b) Zutreffend rügt das FA, dass das FG wesentlichen, bereits in der vom FG in Bezug genommenen Einspruchsentscheidung und im Schriftsatz vom 11. August 2005 vorgetragenen Sachverhalt unberücksichtigt gelassen und damit gegen seine Pflicht verstoßen habe, sein Urteil auf das Gesamtergebnis des Verfahrens zu stützen (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO).

32

aa) Das FA hat in der Einspruchsentscheidung sowie in der Klageerwiderung auf die "nicht identische" Übertragung mehrerer Kassenbons in das Kassenbuch durch den Kläger und darauf hingewiesen, die Aufzeichnungen der Barausgaben seien nicht im zeitlichen Ablauf erfasst worden. Die Kassenaufzeichnungen hätten nicht den Abgleich des tatsächlichen Kassenbestands mit dem des buchmäßigen Kassenbestands (Kassenbuch) ermöglicht. Mit diesem für die Frage der formellen Ordnungsmäßigkeit der Buchführung maßgeblichen Vortrag hat sich das FG nicht erkennbar auseinandergesetzt, denn es hat sich in den Entscheidungsgründen weder mit der Verbuchung der Bareinnahmen noch mit der Führung des Kassenbuchs befasst.

33

bb) Zwar ist das FG nicht gehalten, sich mit jedem Vorbringen der Beteiligten in der Entscheidung ausdrücklich auseinanderzusetzen. Vielmehr ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass ein Gericht auch denjenigen Akteninhalt in Erwägung gezogen hat, mit dem es sich in den schriftlichen Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich auseinandergesetzt hat (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 3. Juni 2003 X B 102/02, BFH/NV 2003, 1209; vom 1. April 2008 X B 154/04, BFH/NV 2008, 1116, unter II.3., m.w.N.). Zumindest die wesentlichen der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dienenden Tatsachen und Rechtsausführungen müssen jedoch in den Entscheidungsgründen verarbeitet werden (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 119 Rz 10a).

34

Zu diesen wesentlichen Umständen gehört im Streitfall insbesondere auch die Feststellung, ob der Kläger seiner Pflicht, Kasseneinnahmen und Kassenausgaben vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet aufzuzeichnen und die Kasseneinnahmen und Kassenausgaben täglich festzuhalten, nachgekommen ist. Zumal wenn --wie hier-- vorwiegend Bargeschäfte getätigt worden sind, können Mängel in der Kassenbuchführung der gesamten Buchführung die Ordnungsmäßigkeit nehmen (vgl. BFH-Urteil vom 21. Februar 1990 X R 54/87, BFH/NV 1990, 683). Dies gilt umso mehr im vorliegenden Fall, in dem die Aufzeichnungen zugleich dazu dienten, die Umsätze entsprechend § 22 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG nach unterschiedlichen Steuersätzen aufzuteilen.

35

3. Die Vorentscheidung war daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird im zweiten Rechtsgang den Einwänden des FA gegen die Kassenaufzeichnungen des Klägers nachgehen und prüfen, inwieweit die Speise- und Getränkekarten zum Verständnis und zur Überprüfung der für die zutreffende Umsatzbesteuerung in § 22 UStG vorgeschriebenen Aufzeichnung zur Trennung der Umsätze nach Steuerarten im Einzelfall von Bedeutung sind.

36

a) Ob die danach ggf. festzustellenden Mängel der Buchführung und die fehlerhafte Nichtaufnahme des noch vorhandenen Verpackungsmaterials bei der jährlichen Bestandsaufnahme (§ 146 AO) zur Feststellung der formellen Ordnungswidrigkeit führen, ist in erster Linie eine Tatfrage und deshalb zunächst vom FG zu entscheiden, zumal bei der Beurteilung eines Buchführungsfehlers nicht auf die formale Bedeutung des Buchführungsmangels, sondern auf dessen sachliches Gewicht abzustellen ist (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2000, 1462 unter Hinweis auf die BFH-Urteile vom 31. Juli 1969 IV R 57/67, BFHE 97, 246, BStBl II 1970, 125; vom 15. März 1972 I R 60/70, BFHE 105, 138, BStBl II 1972, 488, und vom 12. Dezember 1972 VIII R 112/69, BFHE 109, 167, BStBl II 1973, 555; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 158 AO Rz 13, m.w.N.).

37

b) Das FG muss sich vom Vorliegen oder Nichtvorliegen der für die Entscheidung erheblichen Tatsachen eine Überzeugung bilden. Dies ergibt sich aus § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO, wonach das Gericht "nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung" entscheidet. Deshalb muss das FG den vom FA gegen die Richtigkeit der Buchführung des Klägers vorgebrachten Umständen nachgehen. Das FG wird ggf. von der ihm gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO zustehenden eigenen Schätzungsbefugnis Gebrauch zu machen haben (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 149, 121, BStBl II 1987, 412, unter 2.).

38

c) Das FG wird hinsichtlich der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG auf die vom Kläger erbrachten Leistungen die neuere Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union in seinem Urteil vom 10. März 2011 in den verbundenen Rechtssachen C-497/09, C-499/09, C-501/09 und C-502/09 --Bog u.a.-- (Deutsches Steuerrecht 2011, 515, Umsatzsteuer-Rundschau 2011, 272) und die dazu ergangenen BFH-Urteile (vom 8. Juni 2011 XI R 33/08, BFH/NV 2011, 1927 und XI R 37/08, BFHE 234, 443, BFH/NV 2011, 1976, sowie vom 30. Juni 2011 V R 35/08, BFHE 234, 491, BFH/NV 2011, 1811 und V R 3/07, BFHE 234, 484, BFH/NV 2011, 2186) berücksichtigen.

(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.