Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 11. Aug. 2015 - 3 K 1544/13

ECLI:ECLI:DE:FGRLP:2015:0811.3K1544.13.0A
bei uns veröffentlicht am11.08.2015

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob ein Telearbeitsplatz zum Abzug von Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer berechtigt.

2

Die Klägerin ist beim Kreis X beschäftigt. Nach ihrer Scheidung (Oktober 2009) schloss sie im April 2010 mit ihrem Arbeitgeber (= Landkreis) folgende „Vereinbarung über Telearbeit“ (Bl. 24 f. der ESt-Akte 2010):

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㤠1 Allgemeines

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Frau F. ist Mitarbeiterin des Amtes 01 - Personalwesen, Büro des Landrats -und in dieser Funktion u.a. auch zuständig für das Verfassen von Reden, Festansprachen, Grußworten etc. sowie für die Öffentlichkeitsarbeit der Verwaltung.

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§ 2 Grundlagen

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(1) Frau F. ist berechtigt, zum Zweck der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie (Betreuung des 9-jährigen Sohnes) alternierende Telearbeit entsprechend den in dieser Vereinbarung enthaltenen Vorgaben zu leisten.

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(2) Zur Durchführung der ihr übertragenen Aufgaben in alternierender Telearbeit stellt Frau F. in ihrer Wohnung den privaten PC sowie die vorhandene Büroeinrichtung kostenlos zur Verfügung. Verbrauchsmaterial, insbesondere Papier und Tintenpatronen für den Drucker, Disketten sowie im Einzelfall erforderliche Software werden vom Kreis X zur Verfügung gestellt.

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(3) Weiterhin stellt Frau F. ihre privaten Telefon-, Fax- und Internetanschlüsse für die dienstlich notwendige Kommunikation bereit. Die Kosten für die dienstlich notwendigen Kommunikationsverbindungen und anfallende Portokosten werden gegen Einzelnachweis erstattet. Bei den Internet-Gebühren ist eine Pauschalierung zulässig. Eine anteilige Erstattung der Grundgebühren erfolgt nicht.

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§ 3 Verteilung der Arbeitszeit

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(1) Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit bleibt unverändert. Sie wird an den Vormittagen von montags bis donnerstags mit jeweils 6 Stunden und freitags vormittags in der Kreisverwaltung des Kreises X und im Übrigen in der Wohnung von Frau F. erbracht (alternierende Telearbeit).

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(2) Die Arbeitszeiten am häuslichen Arbeitsplatz können von Frau F. nach freiem Ermessen entsprechend den dienstlichen Erfordernissen selbst eingeteilt und gesteuert werden. Die gesetzlichen Bestimmungen des Arbeitsschutzes sind zu beachten.

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 (3) Nacht- und Wochenendarbeit im Rahmen der Telearbeit werden nicht geleistet. Fahrzeiten zwischen häuslichem Arbeitsplatz und der Dienststelle gelten nicht als Arbeitszeit.

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§ 4 Kostenerstattung

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Neben den in § 2 geregelten Erstattungen werden für die Überlassung der Räumlichkeiten, der Büroeinrichtung und der technischen Arbeitsplatzausstattung keine Entschädigungen vereinbart. Insbesondere wird keine Miete für die Bereitstellung von Räumlichkeiten sowie ein Kostenersatz für laufende Unterhaltungs-/Betriebsaufwendungen (z.B. Reinigung, Wasser-/Abwasser, Heizung, Steuern, Versicherung, Strom) gezahlt.

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Fahrtkosten zwischen Wohnung und der Dienststelle werden nicht gezahlt.

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(…)

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§ 9 Geltungsdauer der Vereinbarung

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(1) Diese Vereinbarung gilt bis zum 31. Juli 2011. Sie kann jeweils nur auf besonderen Antrag und unter Berücksichtigung der dann vorgebrachten Argumente verlängert werden. Der Verlängerungsantrag ist bis spätestens 2 Monate vor Ablauf der jeweiligen Geltungsdauer zu stellen.

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(2) Diese Vereinbarung kann von beiden Vertragsparteien mit einer Frist von 14 Tagen zum Monatsende ohne Angabe von Gründen schriftlich gekündigt werden.

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(3) Ein Anspruch auf Arbeitserledigung in Telearbeit besteht nicht.“

21

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2011 machte die Klägerin Aufwendungen für ihr häusliches Arbeitszimmer (1.518,61 €, Bl. 9 der ESt-Akte 2011) geltend. Der Beklagte versagte den Werbungskostenabzug im Einkommensteuerbescheid 2011 vom 21. November 2012 (Bl. 16 – 18 der ESt-Akte 2011), weil der Klägerin im Verwaltungsgebäude der Kreisverwaltung ein Arbeitsplatz zur Verfügung stehe.

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Dagegen legten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin Einspruch ein. Zur Begründung verwiesen sie auf ihre Ausführungen im Einspruchsverfahren gegen den Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 01. Juli 2011, weil auch dort schon keine Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer berücksichtigt worden waren. Den Einspruch gegen diesen Bescheid hatten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin seinerzeit wie folgt begründet:

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In dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 02. März 2011 zur Neuregelung der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer durch das Jahressteuergesetz 2010 werde unter Punkt 17 ausgeführt: „Ist ein Steuerpflichtiger auf sein häusliches Arbeitszimmer angewiesen, weil er dort einen nicht unerheblichen Teil seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit verrichten muss, ist der andere Arbeitsplatz unschädlich. Es genügt allerdings nicht, wenn er im Arbeitszimmer Arbeiten verrichtet, die er grundsätzlich auch an einem anderen Arbeitsplatz verrichten könnte.“ Die Klägerin sei in diesem Sinn auf ihr häusliches Arbeitszimmer angewiesen, weil sie hier den entsprechenden Teil ihrer Arbeitszeit erbringe und es ihr nur so als alleinerziehende Mutter möglich sei, eine Vollzeitstelle beim Kreis X zu besetzen. Sie erbringe einen nicht unerheblichen Teil ihrer beruflichen Tätigkeit (ca. 25 %) im häuslichen Arbeitszimmer. Der Arbeitsplatz bzw. Schreibtisch der Klägerin in der Kreisverwaltung werde in den Zeiten, in denen sie während der üblichen Bürozeiten dort nicht tätig sei, auch von anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern genutzt, so dass ihr dieser Arbeitsplatz bzw. Schreibtisch dann auch nicht zur Verfügung stehe. Im Übrigen werde auf das in Ziff. 17 des vorgenannten BMF-Schreibens aufgeführte Beispiel (Bankangestellter) verwiesen, das mit dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbar sei.

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Mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2011 hatten die Prozessbevollmächtigten der Kläger ein Schreiben des Kreises X vom 30. September 2011 vorgelegt (Bl. 43 der ESt-Akte 2010), in dem Folgendes ausgeführt wird:

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„… teilen Ihnen mit, dass die von uns gewährte Möglichkeit der Durchführung von Telearbeit im vorliegenden Fall vorrangig gewährt wurde, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern. Laut Vertrag ist Telearbeit grundsätzlich nur möglich, wenn die/der Antragsteller/in zu Hause über einen Büroarbeitsplatz verfügt, der auch die geforderten datenschutzrechtlichen Vorgaben erfüllt. Unseres Wissens hält Frau L. zu Hause ein Büro für die dienstliche Tätigkeit vor. Selbstverständlich besteht Einvernehmen darüber, dass der Arbeitsplatz unserer Telearbeiter/innen wie auch der der Teilzeitbeschäftigten im Bedarfsfall bzw. in Zeiten bestehender Raumnot von anderen Kolleginnen und Kollegen mitgenutzt wird.“

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Diesem Schreiben – so die Prozessbevollmächtigten – sei zu entnehmen, dass die Telearbeit vorrangig gewährt worden sei, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern. Dementsprechend habe sie die Möglichkeit, ihre Arbeit zu Zeiten zu verrichten, zu denen ihr kein Arbeitsplatz in X zur Verfügung stehe bzw. das Verwaltungsgebäude in X nicht geöffnet sei. Der Bescheinigung sei des Weiteren zu entnehmen, dass ihr Arbeitsplatz im Bedarfsfall bzw. in Zeiten bestehender Raumnot von anderen Kolleginnen und Kollegen mitgenutzt werde, so dass ihr zu diesen Zeiten kein Arbeitsplatz in X zur Verfügung stehe. Außerdem stehe ihr der in X vorhandene Arbeitsplatz - wie in den unter Tz. 17 des BMF-Schreibens vom 02. März 2011 aufgeführten Beispielen – nicht für alle Aufgaben ihrer Erwerbstätigkeit zur Verfügung. Daher könnten die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer bis zu 1.250,00 € als Werbungskosten berücksichtigt werden. Es stehe auch mit Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung nicht im Einklang, wenn der begrenzte Abzug von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer versagt werde, obwohl das Arbeitszimmer für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und damit für die Ausübung einer Vollzeitbeschäftigung mit den entsprechend höheren Einnahmen unstreitig erforderlich sei. Es bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem höheren Arbeitslohn und dem hierfür erforderlichen Arbeitszimmer.

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Mit Schriftsatz vom 05. September 2012 hatten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf ein Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 19. Januar 2012 (4 K 1270/09) verwiesen und geltend gemacht, dass die Aufwendungen für das Arbeitszimmer nach diesem Urteil abzugsfähig seien, wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber gehalten sei, an mehreren Arbeitstagen pro Woche seine Arbeitsleistung an einem im häuslichen Arbeitszimmer gelegenen Telearbeitsplatz zu erbringen. Diese Voraussetzungen lägen auch hier vor. Dem Kreis X sei am 14. Mai 2007 das Grundzertifikat zum audit „berufundfamilie“ erteilt worden. Ein Telearbeitsplatz stelle eine politisch gewollte gesellschaftliche Entwicklung dar, die durch die Anwendung der Steuergesetze entsprechend zu berücksichtigen sei. Die Berücksichtigung der Aufwendungen in voller Höhe werde daher beantragt (2.209,36 €).

28

Mit Einspruchsentscheidung vom 29. November 2012 wurde der Einspruch gegen den (hier nicht streitgegenständlichen) Einkommensteuerbescheid für 2010 als unbegründet zurückgewiesen. Dagegen wurde keine Klage erhoben.

29

Mit Einspruchsentscheidung vom 08. April 2013 (Bl. 21 – 26 der ESt-Akte 2011) wurde auch der Einspruch gegen den hier streitigen Einkommensteuerbescheid für 2011 vom 21. November 2012 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wurde Folgendes ausgeführt:

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Nach § 9 Abs. 5 i.V.m. §. 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 b Einkommensteuergesetz – EStG – seien Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen. Dies gelte nicht, wenn für die berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe. In diesem Fall werde die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250,00 € begrenzt; die Begrenzung der Höhe nach gelte nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung bilde. Die die Entscheidung für die teilweise Verrichtung der Arbeitsleistung zu Hause beeinflussenden Faktoren wie Kosten, Zeitersparnis durch weniger Fahrten zum Arbeitsplatz sowie die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie bzw. Privatleben seien für die Beurteilung, ob Aufwendungen für das beruflich genutzte Arbeitszimmer bis zu 1.250,00 € oder auch darüber hinaus Werbungskosten darstellten, im Regelfall unbeachtlich. Für die Prüfung, ob für die berufliche Tätigkeit der Klägerin kein anderer Arbeitsplatz als das häusliche Arbeitszimmer zur Verfügung stehe, sei im Wesentlichen auf die sich aus der Vereinbarung über die Telearbeit ergebenden Einschränkungen in Bezug auf die Ausübung der Tätigkeit in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers abzustellen. Im vorliegenden Fall beteilige sich der Arbeitgeber im Grunde nicht an den Kosten des häuslichen Arbeitszimmers. Die Klägerin stelle ihren privaten PC, ihre Büroeinrichtung und ihre privaten Telefon-, Fax- und Internetanschlüsse zur Verfügung. Eine Beteiligung an den Unterhaltungs- und Betriebskosten erfolge ebenfalls nicht. Die Zurverfügungstellung von Verbrauchsmaterial, insbesondere Papier und Tintenpatronen für den Drucker, Disketten und Software hätte auch ohne das Arbeitszimmer zu erfolgen. Nach den Gesamtumständen stelle der Arbeitgeber der Klägerin für die Zeiten der Arbeitsverrichtung in ihren Räumen in X einen Arbeitsplatz zur Verfügung, der sich hinsichtlich seiner Ausstattung usw. nicht von demjenigen einer Vollzeitkraft unterscheide.  Im Ergebnis sei darauf abzustellen, ob der Klägerin für ihre restliche Arbeitszeit am Nachmittag kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe oder ob die für die Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers maßgebenden Umstände bereits gegen die Anwendung von § 4 Abs. 5 Nr. 6 b S. 2 EStG sprächen. Nach Auffassung des Finanzamtes handle es sich vorliegend um ein „klassisches“ häusliches Arbeitszimmer. Dafür spreche, dass der Arbeitgeber sich im Grunde nicht an den Kosten des Arbeitszimmers und seiner Einrichtung beteilige. Die Klägerin sei auch nicht verpflichtet, einen Raum zur Verfügung zu stellen. Die Vereinbarung vom 15. April 2010 spreche dementsprechend auch von Vereinbarungen zum „häuslichen Arbeitsplatz“. Die Klägerin sei lediglich verpflichtet, dienstliche Unterlagen in einem Schrank aufzubewahren und zu gewährleisten, dass Dritte keinen Zugang zu dienstlichen Daten hätten, sofern diese auf dem privaten PC gespeichert würden. Sofern die weitere Nutzung des Raumes, in dem die beruflichen Arbeiten ausgeführt würden, nicht gegen dessen berufliche Nutzung spreche, handle es sich mithin um ein typisches Arbeitszimmer. Es sei nicht erkennbar, dass die Aufwendungen für den Telearbeitsplatz derart zwangsläufig durch die berufliche Tätigkeit bei der Kreisverwaltung X veranlasst seien, dass der Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG bereits in Frage stehen könne. Weil die häusliche Tätigkeit auch nicht den Mittelpunkt der Tätigkeit der Klägerin darstelle, komme allenfalls ein Abzug der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer bis zur Höhe von 1.250,00 € in Betracht. Dies setze voraus, dass der Klägerin kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass es der Klägerin ermöglicht worden sei, im Anschluss an die am Arbeitsplatz erbrachten 6 Stunden die restlichen Stunden anstatt an dem dafür vorgesehenen und eingerichteten Arbeitsplatz beim Arbeitgeber zu Hause in den eigenen Räumen verrichten zu können bzw. zu dürfen. Die Förderung familienfreundlicher Arbeitsbedingungen liege zwar nicht nur im Interesse der Klägerin, sondern auch im Interesse ihres Arbeitgebers. Dies zeige sich bereits an dessen vielfältigem Angebot an die Mitarbeiter (unterschiedliche Teilzeitmodelle; Gleitzeit mit Kernarbeitszeit unter Berücksichtigung von Familienarbeit, Telearbeit im Rahmen einzelvertraglicher Lösungen usw.; vgl. Grundzertifikat 2007 Audit „berufundfamilie“). Gleichwohl sei in Auslegung des § 4 Abs. 5 Nr. 6 b S. 2 EStG allein darauf abzustellen, ob der Klägerin für ihre nachmittägliche Tätigkeit am Telearbeitsplatz ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe. Nach den Gesamtumständen liege weder eine „Verlagerung“ des Arbeitsplatzes von der Dienststelle in das häusliche Arbeitszimmer vor, noch könne festgestellt werden, dass die Nichtnutzung des Arbeitsplatzes in den Räumen des Arbeitgebers zu den „häuslichen Arbeitszeiten“ sowohl Grund als auch Bedingung für die Vereinbarung über die Telearbeit gewesen sei. Nach den Gesamtumständen und der vorgelegten Vereinbarung vom 15. April 2010 sei es der Klägerin ermöglicht worden, zur Betreuung ihres 9-jährigen Sohnes Telearbeit zu leisten. Gerade im Hinblick auf die tägliche Nutzung des Arbeitsplatzes beim Arbeitgeber an 6 Stunden werde deutlich, dass der Arbeitgeber tägliche Anwesenheit verlange. Darüber hinaus sei das Ende der Arbeitszeit nicht festgelegt und richte sich wohl nach dem Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme. Die Vereinbarung schließe auch nicht aus, dass die Klägerin ausnahmsweise bzw. im Bedarfsfall auch nachmittags ihre Arbeit in den Räumen des Arbeitgebers verrichten dürfe. Dies verdeutliche, dass der Arbeitsplatz in den Räumen des Arbeitgebers im Grunde zur Verfügung stehe, sie ihn jedoch im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber nachmittags bzw. nach 6 Stunden Arbeitsleistung in den Räumen des Arbeitgebers verlassen könne, um die Arbeit zu Hause fortzuführen. Dem stehe nicht entgegen, dass ihr Arbeitsplatz während ihrer Abwesenheit auch von anderen Mitarbeitern der Kreisverwaltung genutzt werde. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass ein anderer Arbeitsplatz dem Steuerpflichtigen dann zur Verfügung stehe, wenn der Arbeitnehmer ihn in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen könne. Die Erforderlichkeit des häuslichen Arbeitszimmers entfalle nicht bereits dann, wenn dem Steuerpflichtigen irgendein Arbeitsplatz zur Verfügung stehe, sondern nur dann, wenn dieser Arbeitsplatz grundsätzlich so beschaffen sei, dass der Steuerpflichtige auf das häusliche Arbeitszimmer nicht angewiesen sei. Die Beurteilung, ob für die berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe, sei jeweils tätigkeitsbezogen vorzunehmen. Die Klägerin sei Mitarbeiterin im Büro des Landrats und in dieser Funktion auch zuständig für das Verfassen von Reden, Festansprachen, Grußworten usw. und für die Öffentlichkeitsarbeit der Verwaltung. Der Beklagte gehe davon aus, dass die Klägerin diese Tätigkeit, soweit sie zu Hause ausgeübt werde, auch nachmittags in ihrem Büro beim Arbeitgeber bzw. auf ihrem dortigen Arbeitsplatz, hilfsweise auf einem anderen Arbeitsplatz in den Räumen des Arbeitgebers ausüben könne. Durch die Vereinbarung über die Telearbeit sei es ihr lediglich ermöglicht worden, auch zuhause zu arbeiten. Die Klägerin habe auch nicht dargelegt, dass sie die Arbeit, die sie mit nach Hause nehme, nicht an einem der anderen Arbeitsplätze des Arbeitgebers nach Ablauf der 6 Stunden verrichten könne. Die Klägerin könne sich auch nicht mit Erfolg auf die Entscheidung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 19. Januar 2012 in dem Verfahren 4 K 1270/09 berufen, denn der dort zugrunde liegende Sachverhalt sei mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar. Die Klägerin müsse täglich ihren Arbeitsplatz beim Arbeitgeber aufsuchen und müsse – mit Ausnahme des Freitags – mit 6 Stunden täglicher Arbeitszeit dort den weit überwiegenden Teil ihrer Arbeitszeit verbringen. Der Klägerin habe somit in der Kreisverwaltung ein anderer Arbeitsplatz i.S.d. § 4 Abs. 5 Nr. 6 b S. 2 EStG zur Verfügung gestanden, so dass die Aufwendungen für ihr häusliches Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden könnten.

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Am 07. Mai 2013 hat die Klägerin Klage erhoben.

32

Sie trägt ergänzend vor, die Vereinbarung über Telearbeit sei bislang regelmäßig um ein weiteres Jahr verlängert worden. Ohne diese Vereinbarung wäre es ihr als alleinerziehende Mutter nicht möglich gewesen, in Vollzeit (39,75 Stunden/Woche) zu arbeiten. Ihre arbeitstägliche Praxis gestalte sich so, dass sie in der Regel nach 15 Uhr (freitags entsprechend früher) zu Hause ihren familiären Verpflichtungen gegenüber ihrem Sohn nachkomme. Während ihrer Abwesenheit vom Arbeitsplatz in X werde dieser nach ihrer Schätzung in etwa 50 % der üblichen Arbeitszeiten von anderen Mitarbeitern des Arbeitgebers genutzt. Ihren Gestaltungsspielraum hinsichtlich der weiteren Arbeitszeit nutze sie dahin gehend, dass sie die weitere Arbeitsleistung zu Hause auch in den Abendstunden erbringe, d.h. außerhalb der Dienstzeiten ihres Arbeitgebers und mithin zu Zeiten, in denen eine reguläre Arbeit innerhalb der Behörde nicht möglich wäre. Über entsprechende Software und ihre Internetverbindung könne die Klägerin hierzu auf das Netzwerk und die Server ihres Arbeitgebers zugreifen. Der vorliegende Fall unterscheide sich auch nicht wesentlich von dem der Entscheidung des Finanzgerichts vom 19. Januar 2012 (4 K 1270/09) entschiedenen Fall. Wie dort sei auch die Klägerin aufgrund der Vereinbarung zur Telearbeit gehalten, im Rahmen der vereinbarten Zeiten zu Hause zu arbeiten und dafür einen Arbeitsplatz vorzuhalten. Wenngleich die theoretische Möglichkeit der Nutzung des Arbeitsplatzes in der Behörde über die vereinbarten Zeiten hinaus gegeben sein möge, so sei durch die Telearbeitsplatzvereinbarung die Nutzungs- und Verfügungsmöglichkeit der Klägerin hinsichtlich ihres behördlichen Arbeitsplatzes deutlich eingeschränkt. Sinn und Zweck der Vereinbarung sei es, die Tätigkeit in den häuslichen Bereich der Klägerin zu verlagern, um das Arbeitsverhältnis als solches vollständig zu erhalten. Ihr Arbeitgeber habe sich vertraglich zur Übernahme der (anteiligen) Kommunikationskosten verpflichtet. Die Vereinbarung enthalte detaillierte Regelungen über die Einrichtung des Arbeitsplatzes, der sämtliche Voraussetzungen zu erfüllen habe, damit die Klägerin ihre Arbeitsleistung dort vollumfänglich ohne Einschränkungen unter Wahrung bestimmter dienstlicher Erfordernisse wie des Datenschutzes erbringen könne. Aus diesen Merkmalen, die – wie im Urteilsfall – auch im vorliegenden Fall vorlägen, folge, dass kein häusliches Arbeitszimmer i.S.d. § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 b EStG vorliege.

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Der vorliegende Sachverhalt entspringe tiefgreifenden gesellschaftsrechtlichen Veränderungen. Geänderte Lebensverhältnisse hätten zu einer Erhöhung des Anteils von Alleinerziehenden und einer generell höheren Beschäftigung von Frauen geführt. Dies erfordere zwangsläufig eine Erhöhung der Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt für alle Beteiligten. Die Arbeitgeber sähen sich der Forderung nach neuen und flexibleren Arbeitsmodellen ausgesetzt. Der Kreis X habe erkannt, dass sich die Arbeitgeberseite diesen gewandelten Anforderungen stellen müsse und habe sich der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie verschrieben, eine Selbstverpflichtung der Behörde, in deren Zusammenhang ihr das Grundzertifikat zum audit „berufundfamilie“ erteilt worden sei. Wie bei den meisten Arbeitgebern sei im vorliegenden Fall dieser Schritt auch dem Umstand geschuldet, dass es den Arbeitgebern zunehmend schwieriger falle, geeignetes Personal zu finden und vor allem bei sich verändernden Lebensverhältnissen auch zu behalten. Auch die Rechtsprechung könne sich dem sich wandelnden gesellschaftlichen Umfeld nicht entziehen. Der Gesetzgeber habe bei der Formulierung der Vorschrift des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 b EStG sicherlich nicht die Versagung des Werbungskostenabzugs für alleinerziehende Mütter im Blick gehabt.

34

Mit Schriftsatz vom 15. September 2014 (Bl. 56 – 58 der Gerichtsakte) nahmen die Prozessbevollmächtigten der Klägerin Bezug auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 26. Februar 2014 (VI R 40/12), mit dem das (von ihnen zitierte) Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 19. Januar 2012 in dem Verfahren 4 K 1270/09 aufgehoben und die Klage in vollem Umfang abgewiesen worden war, und führten dazu Folgendes aus:

35

Auch Alleinerziehende stünden unter dem besonderen Schutz des Art. 6 Grundgesetz. Die Telearbeitszeit ermögliche es der Klägerin, eine Vollzeitstelle zu besetzen und die ihr nach dem Grundgesetz zukommende Pflicht zur Erziehung ihres Kindes erfüllen zu können. Es stelle eine absurde Situation dar, wenn ein Arbeitgeber einerseits wegen familienfreundlichen Arbeitsplätzen durch das Land Rheinland-Pfalz ausgezeichnet werde und andererseits notwendige Aufwendungen, die zur Ausübung einer Vollzeitstelle für eine Alleinerziehende erforderlich seien, einer steuerlichen Berücksichtigung verwehrt bleiben würden. Inzwischen habe der BFH in einer weiteren Entscheidung vom 26. Februar 2014 (VI R 37/13) klargestellt, dass an die tatsächliche Nutzungsmöglichkeit eines „anderen Arbeitsplatzes“ hohe Anforderungen zu stellen seien; jedenfalls reiche allein die theoretische Möglichkeit der Verfügbarkeit eines Arbeitsplatzes hierfür nicht aus. Nach der vom Finanzamt akzeptierten Schätzung werde der Arbeitsplatz der Klägerin während ihrer Abwesenheit zu ca. 50 % von anderen Mitarbeitern genutzt und stehe ihr deshalb während dieser Zeit nicht zur Verfügung. In den Abendstunden stehe ihr der Arbeitsplatz ohnehin nicht zur Verfügung. Somit müsse sie einen nicht unerheblichen Teil ihrer beruflichen Tätigkeit in ihrem Arbeitszimmer verrichten, weil ihr der Arbeitsplatz beim Arbeitgeber nur eingeschränkt bzw. zu bestimmten Zeiten überhaupt nicht zur Verfügung stehe.

36

Die Telearbeit stelle ein Angebot des Arbeitgebers gegenüber den Mitarbeitern dar, einen Teil der Arbeitsleistung von zu Hause aus zu erledigen. In der Regel verwehre es der Arbeitgeber dabei den Mitarbeitern nicht, die Arbeitsleistung wahlweise beim Arbeitgeber zu erbringen. So beinhalte (nahezu) keine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über Telearbeit ein konkretes Verbot für den Arbeitnehmer, die Arbeitsleistung alternativ auch in den Räumen des Arbeitgebers zu erbringen. Vielmehr liege der Vorteil des Arbeitgebers darin, in Zeiten der vereinbarten Telearbeit keinen Arbeitsplatz für den Arbeitnehmer vorhalten zu müssen. Der Tatbestand des § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG, dass kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe, könne daher nur so auszulegen sein, dass der Arbeitgeber keinen Arbeitsplatz vorhalten müsse, nicht jedoch so, dass es dem Arbeitnehmer explizit verwehrt sein müsse, in den Räumen des Arbeitgebers zu dieser Zeit seiner Tätigkeit nachzugehen. Für das Vorliegen eines „anderen Arbeitsplatzes“ komme es daher nicht auf eine abstrakte Nutzungsmöglichkeit an, sondern darauf, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Arbeitsplatz tatsächlich zugewiesen habe. Dies fordere auch der BFH in seinem Urteil vom 26. Februar 2014 in dem Verfahren VI R 11/12 (im Leitsatz).

37

Die Klägerin beantragt (Bl. 6 der Gerichtsakte),
den Einkommensteuerbescheid für 2011 vom 21. November 2012 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 08. April 2013 zu ändern und die Einkommensteuer - unter Berücksichtigung von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer i.H.v. 1.638,00 € als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit  - um 552,00 € niedriger festzusetzen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.

38

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

39

Er verweist auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 08. April 2013 und trägt ergänzend vor, § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG begegne – soweit bekannt – im Hinblick auf eine etwaige Verletzung des in Art. 6 GG normierten Schutzes der Familie in Literatur und Rechtsprechung keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Im Übrigen habe er - der Beklagte - nicht akzeptiert, dass der Klägerin ihr Arbeitsplatz während ihrer nachmittäglichen Abwesenheit zu 50 v.H. nicht zur Verfügung stehe. Diese Behauptung der Klägerin sei lediglich wiederholt worden, werde hingegen bestritten. Das Finanzamt gehe vielmehr davon aus, dass der Klägerin in den Räumlichkeiten der Kreisverwaltung auch nachmittags ein Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden habe.

40

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (Bl. 41 und 49 der Gerichtsakte).

Entscheidungsgründe

41

Die Klage ist unbegründet.

42

Der Einkommensteuerbescheid für 2011 vom 21. November 2012 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 08. April 2013 sind nicht zu beanstanden, weil der Beklagte bei den Einkünften der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit zu Recht keine Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten zum Abzug zugelassen hat.

43

Dies hat der Beklagte in der genannten Einspruchsentscheidung bereits ausführlich und zutreffend dargelegt, so dass darauf zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen und insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden kann (§ 105 Abs. 5 FinanzgerichtsordnungFGO).

44

Die dagegen im Klageverfahren von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorgebrachten und auf drei Urteile des BFH zum Thema „häusliches Arbeitszimmer“ gestützten  Einwände greifen ebenfalls nicht durch:

45

In den angeführten drei Urteilen vom 26. Februar 2014 (VI R 37/13, BFHE 245, 22; BStBl II 2014, 570; VI R 11/12 BFHE 245, 150; BStBl II 2014, 674; VI R 40/12 BFHE 245, 14; BStBl II 2014, 568) hat der BFH zu der Frage, ob dem Arbeitnehmer ein „anderer Arbeitsplatz“ i.S. des § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Sätze 2, 3 zur Verfügung steht, folgende Grundsätze, die er bereits in früheren Entscheidungen entwickelt hat, wiederholt:

46

Ein solcher "anderer Arbeitsplatz" – so der BFH (a.a.O.) - sei grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, sofern er zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet sei. Dazu müsse dieser andere Arbeitsplatz allerdings so beschaffen sein, dass der Steuerpflichtige auf das häusliche Arbeitszimmer nicht angewiesen sei. Deshalb stehe der andere Arbeitsplatz nur dann "für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit ... zur Verfügung", wenn ihn der Steuerpflichtige in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen könne.

47

Ergänzend dazu hat der BFH in einem der drei genannten Verfahren (VI R 37/13, a.a.O.) zu einem sog. „Poolarbeitsplatz“ Folgendes ausgeführt:
Müsse der Steuerpflichtige einen nicht unerheblichen Teil seiner beruflichen Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer verrichten, weil er seinen Arbeitsplatz nur eingeschränkt nutzen könne, komme das Abzugsverbot des § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG nach seinem Sinn und Zweck nicht zum Tragen. Denn auch in einem solchen Fall sei das häusliche Arbeitszimmer notwendig und der Steuerpflichtige könne sich diesen Aufwendungen nicht entziehen. Allerdings sei eine "jederzeitige Zugriffsmöglichkeit" auf den anderen Arbeitsplatz nicht zwingende Voraussetzung des beschränkten Werbungskostenabzugs. Dies folge schon aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG, der nicht auf eine "jederzeitige Verfügbarkeit" des anderen Arbeitsplatzes abstelle, sondern auf eine Verfügbarkeit "für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit". Daher könne grundsätzlich auch ein Poolarbeitszimmer als ein anderer Arbeitsplatz i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG zur Verfügung stehen, wenn bei diesem nach den tatsächlichen Gegebenheiten insbesondere durch eine ausreichende Anzahl an Poolarbeitsplätzen, gegebenenfalls ergänzt durch arbeitgeberseitig organisierte dienstliche Nutzungseinteilungen, gewährleistet sei, dass der Arbeitnehmer seine beruflichen Tätigkeiten in dem konkret erforderlichen Umfang dort erledigen könne.
Im vorliegenden Fall kommt der Senat unter Anwendung der vorgenannten Grundsätze und nach Würdigung aller Umstände des Einzelfalles zu dem Ergebnis, dass der Klägerin in erforderlichem Umfang ein Arbeitsplatz in den Räumlichkeiten ihres Arbeitgebers  zur Verfügung gestanden hat. Die Dienstvereinbarung über die Einrichtung des Telearbeitsplatzes rechtfertigt weder nach ihrem unmittelbaren Wortlaut noch nach ihrem Sinn und Zweck die Annahme, dass die Klägerin am Dienstsitz ihres Arbeitgebers kein anderer Arbeitsplatz im vorgenannten Sinne zur Verfügung gestanden habe. Denn es war der Klägerin – wie sie selbst eingeräumt hat - nicht untersagt, ihren dienstlichen Arbeitsplatz auch zu den häuslichen Arbeitszeiten weiterhin zu nutzen. Das Fehlen eines solchen  Nutzungsverbots hat der BFH auch in seinem (klageabweisenden) Urteil in dem o.g. Verfahren mit dem Aktenzeichen VI R 40/12 (a.a.O.) für entscheidungserheblich erachtet. Die Nutzung des dienstlichen Arbeitsplatzes der Klägerin war auch nicht etwa deshalb eingeschränkt, weil ihr Arbeitgeber (mit Schreiben vom 30. September 2011, Bl. 43 der ESt-Akte 2010) erklärt hat, dass die Arbeitsplätze der Telearbeiter/innen und der Teilzeitbeschäftigten im Bedarfsfall bzw. in Zeiten bestehender Raumnot von anderen Kolleginnen und Kollegen mitgenutzt würden. Daraus lässt sich nämlich nicht herleiten, dass der Arbeitsplatz der Klägerin auch dann einer anderen Kollegin bzw. einem anderen Kollegen zur Verfügung gestellt worden wäre, wenn ihn die Klägerin selbst hätte nutzen wollen. Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie am häuslichen Arbeitsplatz (auch) außerhalb der Dienstzeiten arbeitet, also zu Zeiten, in denen eine reguläre Arbeit innerhalb der Behörde nicht möglich sein soll. Denn eine "jederzeitige Zugriffsmöglichkeit" auf den anderen Arbeitsplatz oder seine „jederzeitige Verfügbarkeit“ ist nicht erforderlich (BFH-Urteil vom 26. Februar 2014 VI R 37/13 a.a.O.). Es reicht vielmehr aus, dass die Klägerin ihren Arbeitsplatz zu den üblichen Bürozeiten nutzen könnte, wenn sie dies wollte. Dies ist aus den oben dargelegten Gründen zur Überzeugung des Senats der Fall. Die Klägerin hat (in der Klagebegründung) übrigens selbst eingeräumt, dass „die theoretische Möglichkeit der Nutzung des Arbeitsplatzes in der Behörde über die vereinbarten Zeiten hinaus gegeben sein möge“. Dass sie aus privaten Gründen (Kinderbetreuung) ihren Arbeitsplatz im Verwaltungsgebäude ihres Arbeitgebers nicht nutzen kann, obwohl sie dies möglicher Weise möchte, ist steuerrechtlich unbeachtlich.

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Dass die Klägerin Alleinerziehende ist, führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Ihre Prozessbevollmächtigten haben zwar geltend gemacht, dass auch Alleinerziehende unter dem besonderen Schutz des Art. 6 Grundgesetz stünden und dass es der Klägerin nur wegen ihrer Telearbeitszeit möglich sei, eine Vollzeitstelle zu besetzen und die ihr nach dem Grundgesetz zukommende Pflicht zur Erziehung ihres Kindes erfüllen zu können. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 b EStG habe sicherlich nicht die Versagung des Werbungskostenabzugs für alleinerziehende Mütter im Blick gehabt.

49

Diese Einwände greifen aus folgenden Gründen nicht durch:

50

Das genannte Abzugsverbot trifft nicht nur alleinerziehende Mütter, sondern jeden Steuerpflichtigen, dem neben seinem häuslichen Arbeitszimmer noch ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Dass das Abzugsverbot (auch bei Alleinerziehenden) unabhängig davon greift, aus welchen Gründen der Steuerpflichtige das häusliche Arbeitszimmer nutzen darf bzw. muss, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn aus dem Schutz und Förderungsgebot des Art. 6 Abs. 1 GG folgt zwar die Aufgabe des Staates, die Kinderbetreuung in der jeweils von den Eltern gewählten Form in ihren tatsächlichen Voraussetzungen zu ermöglichen und zu fördern. Der Staat ist jedoch nicht gehalten, jegliche die Familie treffende Belastung auszugleichen (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10. März 2010 1 BvL 11/07, juris, m.w.N.). Aus dem Verfassungsauftrag lassen sich auch keine konkreten Folgerungen für die einzelnen Rechtsgebiete und Teilsysteme, in denen der Familienlastenausgleich zu verwirklichen ist, ableiten (ebenda). Aus Art. 6 Abs. 4 GG, wonach jede Mutter Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft hat, lassen sich für Sachverhalte, die nicht allein Mütter betreffen, ohnehin keine besonderen Rechte herleiten (ebenda). Deshalb dürfte für Belastungen, die einer Mutter durch die Betreuung und Erziehung eines Kindes entstehen, der Schutzbereich des Art. 6 Abs. 4 GG ohnehin nicht eröffnet sein, weil sie auch Väter gleichermaßen treffen können (vgl. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl. 2009, Art. 6 Rn. 53 m.w.N.). Vor allem ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der familienpolitischen Förderung ein weites Ermessen hat und insbesondere nicht verpflichtet ist, die Förderung mit steuerrechtlichen Regelungen zur Geltung zu bringen. Für Alleinerziehende hat der Gesetzgeber (dennoch) eine solche Steuervergünstigung geschaffen, und zwar mit dem Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24 b EStG). Diese Förderung wurde der Klägerin (auch im Streitjahr 2011) gewährt und der Entlastungsbetrag (in Höhe von 1.308 €) von der Summe ihrer Einkünfte in Abzug gebracht. Vor diesem Hintergrund sind (erst Recht) keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die im vorliegenden Fall eingreifende Abzugsbeschränkung für das häusliche Arbeitszimmer ersichtlich.

51

Der Senat hat gemäß § 90 Abs. 2 FGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden

52

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

53

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

Urteilsbesprechung zu Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 11. Aug. 2015 - 3 K 1544/13

Urteilsbesprechungen zu Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 11. Aug. 2015 - 3 K 1544/13

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(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu
Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 11. Aug. 2015 - 3 K 1544/13 zitiert 9 §§.

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(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

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(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

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(1)1Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Ger

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 105


(1) Das Urteil ergeht im Namen des Volkes. Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrun

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Gründe 1 Das konkrete Normenkontrollverfahren betrifft die Frage, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass für die Bestimmung der

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Tatbestand

1

I. Streitig ist die Berücksichtigung von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer, in dem ein so genannter Telearbeitsplatz eingerichtet wurde.

2

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Der Kläger war im Streitjahr als Oberregierungsrat beim X-Amt in W nichtselbständig beschäftigt. Als Werbungskosten machte er neben Aufwendungen für Fahrten zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte Kosten für ein Arbeitszimmer in Höhe von 509 € (11 % der Hausfläche) geltend. Er legte dazu eine "Einvernehmliche Anordnung" zwischen ihm und seinem Dienstherrn über die Einrichtung eines Telearbeitsplatzes vor. Danach verpflichtete sich der Kläger, in seiner Wohnung einen geeigneten Arbeitsbereich zur Verfügung zu stellen und Beauftragten seines Dienstherrn nach Ankündigung den Zutritt zu gestatten. Von der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit sollten 24 Stunden (Dienstag, Mittwoch und Donnerstag) in der Dienststelle, die restliche Arbeitszeit zu Hause abgeleistet werden. Der Telearbeitsplatz sollte vom Dienstherrn in Absprache mit dem Kläger eingerichtet und vom Dienstherrn mit Arbeitsmitteln ausgestattet werden; eine Kostenerstattung für Raumnutzung, Energie und Mobiliar war nicht vorgesehen. Auf Anfrage des Klägers versagte der Arbeitgeber eine Bestätigung des Inhalts, dass dem Kläger sein Büro an den Heimarbeitstagen nicht zur Verfügung stehe. Eine solche Vereinbarung für Telearbeiter, die eine solche Bestätigung rechtfertige, gebe es nicht.

3

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte die Aufwendungen für das Arbeitszimmer nicht.

4

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage war in Bezug auf den hier im Revisionsverfahren allein noch streitigen Werbungskostenabzug für das häusliche Arbeitszimmer erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) entsprach der Klage insoweit dem Grunde nach, berechnete allerdings die Kosten auf Grundlage einer geringeren Fläche.

5

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung des § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG).

6

Das FA beantragt,
das Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 19. Januar 2012  4 K 1270/09 insoweit aufzuheben, als das FG der Klage stattgegeben hat, die Klage insgesamt abzuweisen und den Klägern die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

7

Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision des FA ist begründet. Entgegen der Auffassung des FG waren die von den Klägern geltend gemachten Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen. Die Vorentscheidung ist dementsprechend aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

9

1. Gemäß § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten abziehen. Dies gilt nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG). In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 € begrenzt; die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG). Die genannte Regelung kommt auch im Streitfall zur Anwendung. Denn gemäß § 52 Abs. 12 Satz 9 EStG gilt sie für alle offenen Fälle ab dem Veranlagungszeitraum 2007.

10

a) Der im Gesetz nicht näher bestimmte Begriff des häuslichen Arbeitszimmers erfasst nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) das häusliche Büro, d.h. einen Arbeitsraum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten dient (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsurteil vom 8. Dezember 2011 VI R 13/11, BFHE 236, 92, BStBl II 2012, 236, m.w.N.) Der Nutzung entsprechend ist das häusliche Arbeitszimmer typischerweise mit Büromöbeln eingerichtet, wobei der Schreibtisch regelmäßig das zentrale Möbelstück darstellt (BFH-Urteile vom 16. Oktober 2002 XI R 89/00, BFHE 201, 27, BStBl II 2003, 185; vom 20. November 2003 IV R 3/02, BFHE 205, 46, BStBl II 2005, 203).

11

b) Anderes gilt für Räumlichkeiten, die ihrer Ausstattung und Funktion nach nicht einem Büro entsprechen. Solche Räume sind nicht dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers zuzuordnen. Dies gilt auch dann, wenn sie nach ihrer Lage mit dem Wohnraum des Steuerpflichtigen verbunden und deswegen in dessen häusliche Sphäre eingebunden sind. Von der Rechtsprechung dazu bisher entschiedene Fälle betrafen Lager, Werkstätten, Arztpraxen oder Ausstellungsräume (BFH-Urteile vom 19. März 2003 VI R 40/01, BFH/NV 2003, 1163; vom 19. September 2002 VI R 70/01, BFHE 200, 336, BStBl II 2003, 139; in BFHE 205, 46, BStBl II 2005, 203; vom 5. Dezember 2002 IV R 7/01, BFHE 201, 166, BStBl II 2003, 463; vom 26. Juni 2003 VI R 10/02, BFH/NV 2003, 1560; in BFHE 201, 27, BStBl II 2003, 185; vom 20. November 2003 IV R 30/03, BFHE 204, 176, BStBl II 2004, 775). Im Einzelfall ist das häusliche Arbeitszimmer von anderen beruflich oder betrieblich genutzten Zimmern im häuslichen Bereich aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls abzugrenzen (BFH-Urteil in BFHE 201, 27, BStBl II 2003, 185). Ist eine Zuordnung zum Typus des häuslichen Arbeitszimmers nicht möglich, so sind die durch die berufliche Nutzung veranlassten Aufwendungen grundsätzlich unbeschränkt als Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG abziehbar, sofern die betreffenden Räumlichkeiten nahezu ausschließlich beruflich genutzt werden (BFH-Urteile in BFHE 205, 46, BStBl II 2005, 203; vom 22. November 2006 X R 1/05, BFHE 216, 110, BStBl II 2007, 304).

12

2. Das FG ist teilweise von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen, die Vorentscheidung ist daher aufzuheben. Die Sache ist entscheidungsreif. Die Klage ist auch in Bezug auf den einzig verbliebenen Streitpunkt, den Werbungskostenabzug für das häusliche Arbeitszimmer, abzuweisen.

13

a) Entgegen der Auffassung des FG entspricht der vom Kläger genutzte Raum grundsätzlich dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers.

14

aa) Zutreffend verweist das FG zwar hinsichtlich der Frage, ob die Abzugsbeschränkungen für das häusliche Arbeitszimmer ohne weiteres auf Aufwendungen eines Arbeitnehmers für einen häuslichen Telearbeitsplatz übertragen werden können, auf das Urteil des erkennenden Senats vom 23. Mai 2006 VI R 21/03 (BFHE 214, 158, BStBl II 2006, 600). Danach können Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für einen Telearbeitsplatz derart zwangsläufig durch die Erwerbstätigkeit veranlasst sein, dass bereits zweifelhaft sein kann, ob der Anwendungsbereich der Vorschrift überhaupt eröffnet ist. In der genannten Entscheidung hat der Senat allerdings auch darauf hingewiesen, dass es die unterschiedlichsten Formen der Telearbeit gibt. Insbesondere ist das Urteil nicht dahingehend zu verstehen, dass der Tatbestand des häuslichen Arbeitszimmers stets schon dann ausgeschlossen ist, wenn der Arbeitnehmer zuhause über einen Telearbeitsplatz verfügt.

15

bb) Im hier vorliegenden Streitfall tragen entgegen der Auffassung des FG dessen Feststellungen über die Vereinbarungen hinsichtlich der Einrichtung des Telearbeitsplatzes nicht dessen Würdigung, dass der vom Kläger genutzte Raum schon prinzipiell nicht dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers entspreche. Denn der Raum wird vom Kläger im Sinne der vorgenannten Rechtsgrundsätze büromäßig genutzt und dient der Erledigung gedanklicher, schriftlicher und verwaltungstechnischer Arbeiten. Der als Arbeitszimmer genutzte Raum zuhause weist auch ansonsten keine Besonderheiten auf, die den Raum nicht als typisches häusliches Arbeitszimmer erscheinen ließen. Auch mit Blick auf den Arbeitsplatz in der Dienststelle folgt nichts anderes. Denn nach den Feststellungen war es dem Kläger weder untersagt, seinen Arbeitsplatz dort auch an den eigentlichen häuslichen Arbeitstagen zu nutzen, noch war der in der Dienststelle zur Verfügung gestellte Arbeitsplatz hinsichtlich der Nutzung eingeschränkt. Dementsprechend war der Arbeitgeber nach den Feststellungen des FG auch nicht bereit, für steuerliche Zwecke eine Bestätigung darüber zu erteilen, dass der Kläger an seinen Telearbeitstagen kein Büro zur Verfügung habe.

16

Angesichts dessen kommt es nicht darauf an, dass nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Kläger an zwei Tagen in der Woche zuhause arbeiten und dafür einen Raum vorhalten sollte. Denn allein eine Vereinbarung darüber, in welchem Umfang das häusliche Arbeitszimmer genutzt werden kann oder genutzt werden soll, lässt den Tatbestand des häuslichen Arbeitszimmers nicht entfallen. Entsprechendes gilt für den auf unterschiedlichsten Motiven beruhenden Umstand, dass der Arbeitgeber die im Zusammenhang mit dem Arbeitszimmer entstehenden Kosten für Kommunikation und Möblierung übernimmt. Anderes mag gelten, wenn der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer schon keinen Arbeitsplatz vorhält. Davon kann im Streitfall indessen, wie dargelegt, nicht ausgegangen werden.

17

b) Entgegen der Auffassung des FG lässt sich der Werbungskostenabzug auch nicht unmittelbar auf § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Sätze 2, 3 EStG mit der Annahme stützen, dass dem Kläger ein anderer Arbeitsplatz im Sinne dieser Vorschrift nicht zur Verfügung gestanden habe. Denn ein solcher "anderer Arbeitsplatz" ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, sofern er zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist (vgl. Senatsurteil vom 7. August 2003 VI R 17/01, BFHE 203, 130, BStBl II 2004, 78). Dazu muss dieser andere Arbeitsplatz allerdings so beschaffen sein, dass der Steuerpflichtige auf das häusliche Arbeitszimmer nicht angewiesen ist. Deshalb steht der andere Arbeitsplatz nur dann "für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit ... zur Verfügung", wenn ihn der Steuerpflichtige in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann (vgl. Senatsurteil in BFHE 203, 130, BStBl II 2004, 78).

18

Daran gemessen tragen die Dienstvereinbarungen über die Einrichtung des Telearbeitsplatzes weder nach ihrem unmittelbaren Wortlaut noch nach ihrem Sinn und Zweck die Annahme, dass dem Kläger am Dienstsitz kein anderer Arbeitsplatz im vorgenannten Sinne zur Verfügung gestanden habe. Denn dieser Annahme stehen die Feststellungen entgegen, dass es dem Kläger nicht untersagt war, seinen dienstlichen Arbeitsplatz auch an den häuslichen Arbeitstagen weiterhin zu nutzen, dass der dienstliche Arbeitsplatz hinsichtlich dessen Nutzung nicht eingeschränkt war und der Arbeitgeber Gegenteiliges auch nicht bestätigen konnte.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist katholischer Geistlicher. Er wirkt seit September 2007 als Pfarrer in W und erzielt aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Mit der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2007 machte er u.a. Aufwendungen für ein im Obergeschoss des Pfarrhofes in W gelegenes häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 635 € als Werbungskosten geltend. Dies lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) mit der Begründung ab, dem Kläger habe im Erdgeschoss des Pfarrhauses ein Arbeitszimmer zur Verfügung gestanden.

2

Im Klageverfahren legte der Kläger einen Grundriss des Erdgeschosses des Pfarrhofes vor. Danach befinden sich im Erdgeschoss neben dem von den Sekretärinnen genutzten Pfarrbüro u.a. ein Registraturraum, Archivraum, Konferenzraum und ein als Abstellraum genutztes sog. Amtszimmer. Nach einer ebenfalls im Klageverfahren vorgelegten Bescheinigung des Bischöflichen Ordinariats der Diözese ... vom 10. Mai 2011 heißt es u.a.:

3

"Im Pfarrhof befinden sich neben der Wohnung des Pfarrers u.a. ein Pfarrbüro sowie ein Amtszimmer, welches als dienstliches Arbeitszimmer zur Verfügung steht. Zum Amtszimmer trägt Pfarrer ... vor, dass dieses Amtszimmer wegen Baumängel nicht als Arbeitszimmer nutzbar sei."

4

Der Kläger machte geltend, das Amtszimmer sei im Zuge der im Streitjahr durchgeführten Pfarrhofrenovierung nicht renoviert worden. Das Zimmer sei von seinen Vorgängern nie als Amtszimmer genutzt worden. Es sei wegen Baumängeln als Arbeitszimmer nicht nutzbar und diene lediglich als Abstellraum. Es bestehe Gesundheitsgefahr.

5

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 1047 veröffentlichten Gründen abgewiesen. Es entschied, dass dem Kläger im Pfarrhof ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden habe. Zur Begründung verwies das FG darauf, dass der Kläger über die Nutzung der einzelnen Räume entscheiden könne und somit die Möglichkeit gehabt habe, ein Zimmer für sich zu reservieren, um dieses als Arbeitszimmer nutzen zu können.

6

Der Kläger rügt mit seiner Revision die Verletzung materiellen und formellen Rechts.

7

Er beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 2007 dahingehend abzuändern, dass die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um 431 € niedriger festgesetzt werden.

8

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass für die berufliche Tätigkeit des Klägers ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand.

10

1. Gemäß § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2010 (JStG 2010) vom 8. Dezember 2010 (EStG) kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten abziehen. Dies gilt gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall ist die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 € begrenzt; allerdings gilt gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG die Beschränkung der Höhe nach nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Gemäß § 52 Abs. 12 Satz 9 EStG gilt die mit dem JStG 2010 geschaffene Neuregelung für alle offenen Fälle ab dem Veranlagungszeitraum 2007.

11

a) Ein "anderer Arbeitsplatz" im Sinne der Abzugsbeschränkung ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist. Weitere Anforderungen an seine Beschaffenheit sind grundsätzlich nicht zu stellen. Er steht aber nur dann "für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit ... zur Verfügung", wenn ihn der Steuerpflichtige in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH--; grundlegend Senatsurteil vom 7. August 2003 VI R 17/01, BFHE 203, 130, BStBl II 2004, 78; s. auch Senatsurteil vom 5. Oktober 2011 VI R 91/10, BFHE 235, 372, BStBl II 2012, 127, m.w.N.).

12

b) Die Frage, ob ein Steuerpflichtiger seinen anderen Arbeitsplatz in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise nutzen kann, betrifft die Tatsachenfeststellung. Sie muss von den Finanzgerichten anhand der objektiven Umstände des konkreten Einzelfalls beantwortet werden. An die entsprechende Tatsachenwürdigung ist das Revisionsgericht grundsätzlich gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO; Senatsentscheidung in BFHE 235, 372, BStBl II 2012, 127).

13

2. Die Feststellungen des FG lassen nicht den Schluss zu, dass dem Kläger nach diesen Grundsätzen ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden hat. Nach der vom FG in Bezug genommenen "Bestätigung" des Bischöflichen Ordinariats der Diözese ... vom 10. Mai 2011 steht dem Kläger zwar das Amtszimmer als dienstliches Arbeitszimmer zur Verfügung. Das FG hat jedoch nicht festgestellt, ob dieser Raum zur Erledigung büromäßiger Arbeiten tatsächlich geeignet ist und der Kläger ihn insoweit auch nutzen kann, was dieser im Übrigen bestreitet.

14

Soweit das FG diese Frage im Ergebnis offen gelassen hat, weil der Kläger die Möglichkeit gehabt habe, ein (anderes) Zimmer im Erdgeschoss des Pfarrhofes für sich als Arbeitszimmer zu reservieren, kann dem nicht gefolgt werden. Denn zum einen hat nach den bisherigen Feststellungen der Arbeitgeber dem Kläger das Amtszimmer und nicht andere Räume tatsächlich zur Verfügung gestellt. Zum anderen hat der Arbeitnehmer bei der Inanspruchnahme und Ausgestaltung eines "anderen Arbeitsplatzes" das Direktionsrecht des Arbeitgebers zu beachten. Ein "anderer Arbeitsplatz" steht daher i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG erst dann zur Verfügung, wenn der Arbeitgeber entsprechend verfügt hat (zur Rechtslage bei selbständig tätigen Steuerpflichtigen s. BFH-Urteil vom 20. November 2003 IV R 30/03, BFHE 204, 176, BStBl II 2004, 775). Im Übrigen hat das FG zur Geeignetheit der anderen Räume im Erdgeschoss des Pfarrhofes für büromäßige Arbeiten keine Feststellungen getroffen.

15

Da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif.

16

Das FG wird im zweiten Rechtsgang Feststellungen zur Beschaffenheit des Amtszimmers treffen und insoweit klären müssen, ob dieser Raum tatsächlich zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist. Das ist u.a. dann nicht der Fall, wenn, wie der Kläger geltend macht, wegen Gesundheitsgefährdung Sanierungsbedarf besteht. Sollte das FG im zweiten Rechtsgang Feststellungen dahingehend treffen, dass dem Kläger nicht nur das sog. Amtszimmer, sondern ein Zimmer seiner Wahl als "anderer Arbeitsplatz" zur Verfügung stand, wird es auch auf die Beschaffenheit dieser Räume ankommen.

17

3. Der Senat muss nicht entscheiden, ob dem FG der vom Kläger gerügte Verfahrensfehler unterlaufen ist. Der Kläger hat seine Revision auch auf die Verletzung materiellen Rechts gestützt. In einem solchen Fall muss der BFH das angefochtene Urteil in vollem Umfang auf die Verletzung revisiblen Rechts prüfen, ohne dabei an die vorgebrachten Revisionsgründe gebunden zu sein (Senatsurteil vom 21. Januar 2010 VI R 51/08, BFHE 228, 85, BStBl II 2010, 700; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 118 Rz 73). Da die Revision aus anderen Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung führt, muss der Senat nicht noch darüber entscheiden, ob der Kläger auch infolge eines Verfahrensfehlers in seinen Rechten verletzt ist.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Das Urteil ergeht im Namen des Volkes. Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefasst war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefasst der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln. Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Fall des § 104 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

Tatbestand

1

I. Streitig ist die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer, wenn dem Arbeitnehmer an der Dienststelle ein sogenannter "Poolarbeitsplatz" zur Verfügung steht.

2

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Der Kläger war in den Streitjahren 2009 und 2010 als Betriebsprüfer bei einem Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung nichtselbständig beschäftigt. Laut Bescheinigung des Dienstherrn vom 10. Dezember 2010 stand ihm an der Dienststelle für die Jahre 2009 und 2010 kein fester Arbeitsplatz, sondern lediglich ein Poolarbeitsplatz im Verhältnis von acht Prüfern zu drei Arbeitsplätzen zur Verfügung. Die Prüfungen einschließlich der Schlussbesprechungen führte der Kläger regelmäßig in den Unternehmen durch, die vor- und nachbereitenden Arbeiten (Fallauswahl, Fertigen der Prüfberichte etc.) erledigte er in seinem häuslichen Arbeitszimmer. Den Poolarbeitsplatz nutzte er lediglich für das Abrufen von Emails und das Updaten seines Rechners. Einen Antrag auf Zuweisung eines festen Arbeitsplatzes an der Dienststelle hatte der Kläger nicht gestellt.

3

Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2009 und 2010 machten die Kläger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 1.250 € (2009) und 930 € (2010) als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit geltend.

4

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte die Aufwendungen für das Arbeitszimmer nicht.

5

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 1207 veröffentlichten Gründen statt.

6

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

7

Es beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist unbegründet. Sie ist nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.

10

Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.

11

1. Gemäß § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten abziehen. Dies gilt nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG). In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 € begrenzt; die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG). Die genannte Regelung kommt auch im Streitfall zur Anwendung. Denn gemäß § 52 Abs. 12 Satz 9 EStG gilt sie für alle offenen Fälle ab dem Veranlagungszeitraum 2007.

12

a) "Anderer Arbeitsplatz" i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist. Weitere Anforderungen an die Beschaffenheit des Arbeitsplatzes sind nicht zu stellen. Die Abzugsbeschränkung setzt insbesondere keinen eigenen, räumlich abgeschlossenen Arbeitsbereich voraus. Auch ein Raum, den sich der Steuerpflichtige mit weiteren Personen teilt, kann ein anderer Arbeitsplatz im Sinne der Abzugsbeschränkung sein. So hat der Senat bereits entschieden, dass ein Arbeitsplatz in einem Großraumbüro auch dann "ein anderer Arbeitsplatz" i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG ist, wenn er dem Steuerpflichtigen nicht individuell zugeordnet ist (Senatsurteil vom 7. August 2003 VI R 17/01, BFHE 203, 130, BStBl II 2004, 78). Entsprechendes gilt für einen Poolarbeitsplatz.

13

Diesen Grundsätzen entsprechend hat das FG festgestellt, dass der Poolarbeitsplatz des Klägers aufgrund seiner büromäßigen Ausstattung ein "anderer Arbeitsplatz" ist. Eine individuelle Zuordnung eines der drei vorgehaltenen Schreibplätze war nicht erforderlich.

14

b) Der andere Arbeitsplatz (Poolarbeitsplatz) an der Dienststelle stand dem Kläger allerdings nicht in dem zur Verrichtung seiner Innendienstarbeiten erforderlichen Umfang zur Verfügung.

15

aa) Der andere Arbeitsplatz steht nur dann "für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit ... zur Verfügung", wenn ihn der Steuerpflichtige in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann. Denn nur dann ist der Steuerpflichtige nicht auf das häusliche Arbeitszimmer angewiesen. Muss er hingegen dort einen nicht unerheblichen Teil seiner beruflichen Tätigkeit verrichten, weil er seinen Arbeitsplatz nur eingeschränkt nutzen kann, kommt das Abzugsverbot des § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG nach seinem Sinn und Zweck nicht zum Tragen. Denn auch in einem solchen Fall ist das häusliche Arbeitszimmer notwendig und er kann sich diesen Aufwendungen nicht entziehen (Senatsurteile in BFHE 203, 130, BStBl II 2004, 78; vom 5. Oktober 2011 VI R 91/10, BFHE 235, 372, BStBl II 2012, 127, m.w.N.).

16

bb) Allerdings ist eine "jederzeitige Zugriffsmöglichkeit" auf den anderen Arbeitsplatz nicht zwingende Voraussetzung des beschränkten Werbungskostenabzugs. Dies folgt schon aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG, der nicht auf eine "jederzeitige Verfügbarkeit" des anderen Arbeitsplatzes abstellt, sondern auf eine Verfügbarkeit "für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit". Daher kann grundsätzlich auch ein Poolarbeitszimmer als ein anderer Arbeitsplatz i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG zur Verfügung stehen, wenn bei diesem nach den tatsächlichen Gegebenheiten insbesondere durch eine ausreichende Anzahl an Poolarbeitsplätzen, gegebenenfalls ergänzt durch arbeitgeberseitig organisierte dienstliche Nutzungseinteilungen, gewährleistet ist, dass der Arbeitnehmer seine beruflichen Tätigkeiten in dem konkret erforderlichen Umfang dort erledigen kann.

17

2. Unter Anwendung dieser Grundsätze gelangte das FG zutreffend zu dem Ergebnis, dass der Poolarbeitsplatz dem Kläger nicht in dem für dessen Innendiensttätigkeit erforderlichen Umfang zur Verfügung gestanden hat.

18

a) Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des FG reichten auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ein Großbetriebsprüfer einen nicht unerheblichen Teil seiner Tätigkeit bei den zu prüfenden Betrieben erbringt, die drei Schreibplätze nicht aus, um alle Innendiensttätigkeiten zu verrichten. Anders als bei einem Arbeitsplatz in einem Großraumbüro, bei dem lediglich ein räumlich abgeschlossener Arbeitsbereich und eine individuelle Zuteilung des Arbeitsplatzes fehlt (Senatsurteil in BFHE 203, 130, BStBl II 2004, 78), war im Streitfall aufgrund der zu geringen Anzahl an Poolarbeitsplätzen gerade nicht gewährleistet, dass dem Kläger in zeitlicher Hinsicht für seine gesamte Innendiensttätigkeit tatsächlich ein anderer Arbeitsplatz an der Dienststelle zur Verfügung stand. Angesichts des Umstands, dass der Kläger nach diesen Feststellungen einen nicht geringen Teil seiner an sich an Amtsstelle zu erbringenden Innendiensttätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer verrichten musste, hat es das FG zu Recht als unerheblich angesehen, dass der Kläger dann bei seinen Aufenthalten an Amtsstelle einen freien Schreibtisch oder eine freie Telefonanlage gefunden hat.

19

b) Entgegen der Auffassung des FA kommt es --wie das FG zutreffend festgestellt hat-- nicht darauf an, dass der Kläger keinen Antrag auf Zuweisung eines festen Arbeitsplatzes an der Dienststelle gestellt hat.

20

Denn § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG setzt schon nach seinem Wortlaut kein "vergebliches Bemühen" um eine feste räumliche Zuweisung eines "anderen Arbeitsplatzes" voraus. Maßgeblich sind vielmehr die objektiven Gegebenheiten, nämlich ob dem Arbeitnehmer am Dienstsitz ein geeigneter Arbeitsplatz tatsächlich zur Verfügung steht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Dispositionsbefugnis über die Räumlichkeiten, wie nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des FG im Streitfall hier, beim Dienstherrn und nicht beim Kläger lag.

(1)1Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen.2Entnahmen sind alle Wirtschaftsgüter (Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen), die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat.3Einer Entnahme für betriebsfremde Zwecke steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts gleich; dies gilt auf Antrag auch in den Fällen, in denen die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts entfällt und in einem anderen Staat eine Besteuerung auf Grund des Ausschlusses oder der Beschränkung des Besteuerungsrechts dieses Staates hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts erfolgt.4Ein Ausschluss oder eine Beschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts liegt insbesondere vor, wenn ein bisher einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnendes Wirtschaftsgut einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist.5Satz 3 gilt nicht für Anteile an einer Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft in den Fällen

1.
einer Sitzverlegung der Europäischen Gesellschaft nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (ABl. EG Nr. L 294 S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 885/2004 des Rates vom 26. April 2004 (ABl. EU Nr. L 168 S. 1), und
2.
einer Sitzverlegung der Europäischen Genossenschaft nach Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) (ABl. EU Nr. L 207 S. 1).
6Ein Wirtschaftsgut wird nicht dadurch entnommen, dass der Steuerpflichtige zur Gewinnermittlung nach § 13a übergeht.7Eine Änderung der Nutzung eines Wirtschaftsguts, die bei Gewinnermittlung nach Satz 1 keine Entnahme ist, ist auch bei Gewinnermittlung nach § 13a keine Entnahme.8Einlagen sind alle Wirtschaftsgüter (Bareinzahlungen und sonstige Wirtschaftsgüter), die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres zugeführt hat; einer Einlage steht die Begründung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts gleich.9In den Fällen des Satzes 3 zweiter Halbsatz gilt das Wirtschaftsgut als unmittelbar nach der Entnahme wieder eingelegt.10Bei der Ermittlung des Gewinns sind die Vorschriften über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung zu befolgen.

(2)1Der Steuerpflichtige darf die Vermögensübersicht (Bilanz) auch nach ihrer Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften dieses Gesetzes nicht entspricht; diese Änderung ist nicht zulässig, wenn die Vermögensübersicht (Bilanz) einer Steuerfestsetzung zugrunde liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann.2Darüber hinaus ist eine Änderung der Vermögensübersicht (Bilanz) nur zulässig, wenn sie in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Änderung nach Satz 1 steht und soweit die Auswirkung der Änderung nach Satz 1 auf den Gewinn reicht.

(3)1Steuerpflichtige, die nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, können als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen.2Hierbei scheiden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aus, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden (durchlaufende Posten).3Die Vorschriften über die Bewertungsfreiheit für geringwertige Wirtschaftsgüter (§ 6 Absatz 2), die Bildung eines Sammelpostens (§ 6 Absatz 2a) und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.4Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, für Anteile an Kapitalgesellschaften, für Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte, für Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens sind erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.5Die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens im Sinne des Satzes 4 sind unter Angabe des Tages der Anschaffung oder Herstellung und der Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder des an deren Stelle getretenen Werts in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufzunehmen.

(4) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind.

(4a)1Schuldzinsen sind nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind.2Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen.3Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 Prozent der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt; bei der Ermittlung der Überentnahme ist vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe dieses Absatzes nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen.4Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2 050 Euro verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen.5Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bleibt unberührt.6Die Sätze 1 bis 5 sind bei Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 3 sinngemäß anzuwenden; hierzu sind Entnahmen und Einlagen gesondert aufzuzeichnen.

(5)1Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht mindern:

1.
Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind.2Satz 1 gilt nicht, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände insgesamt 35 Euro nicht übersteigen;
2.
Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass, soweit sie 70 Prozent der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind.2Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige schriftlich die folgenden Angaben zu machen: Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen.3Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so genügen Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung; die Rechnung über die Bewirtung ist beizufügen;
3.
Aufwendungen für Einrichtungen des Steuerpflichtigen, soweit sie der Bewirtung, Beherbergung oder Unterhaltung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, dienen (Gästehäuser) und sich außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinden;
4.
Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen;
5.
Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen.2Wird der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, sind die Mehraufwendungen für Verpflegung nach Maßgabe des § 9 Absatz 4a abziehbar;
6.
Aufwendungen für die Wege des Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten, soweit in den folgenden Sätzen nichts anderes bestimmt ist.2Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 und Nummer 5 Satz 5 bis 7 und Absatz 2 entsprechend anzuwenden.3Bei der Nutzung eines Kraftfahrzeugs dürfen die Aufwendungen in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,03 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung je Kalendermonat für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 oder Absatz 2 ergebenden Betrag sowie Aufwendungen für Familienheimfahrten in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 5 bis 7 oder Absatz 2 ergebenden Betrag den Gewinn nicht mindern; ermittelt der Steuerpflichtige die private Nutzung des Kraftfahrzeugs nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 1 oder Satz 3, treten an die Stelle des mit 0,03 oder 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises ermittelten Betrags für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten die auf diese Fahrten entfallenden tatsächlichen Aufwendungen; § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 3 zweiter Halbsatz gilt sinngemäß.4§ 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 8 und Nummer 5 Satz 9 gilt entsprechend;
6a.
die Mehraufwendungen für eine betrieblich veranlasste doppelte Haushaltsführung, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 1 bis 4 abziehbaren Beträge und die Mehraufwendungen für betrieblich veranlasste Übernachtungen, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5a abziehbaren Beträge übersteigen;
6b.
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung.2Dies gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.3Anstelle der Aufwendungen kann pauschal ein Betrag von 1 260 Euro (Jahrespauschale) für das Wirtschafts- oder Kalenderjahr abgezogen werden.4Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach Satz 2 nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1 260 Euro um ein Zwölftel;
6c.
für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, kann für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung ein Betrag von 6 Euro (Tagespauschale), höchstens 1 260 Euro im Wirtschafts- oder Kalenderjahr, abgezogen werden.2Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist ein Abzug der Tagespauschale zulässig, auch wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird.3Der Abzug der Tagespauschale ist nicht zulässig, soweit für die Wohnung Unterkunftskosten im Rahmen der Nummer 6a oder des § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 abgezogen werden können oder soweit ein Abzug nach Nummer 6b vorgenommen wird;
7.
andere als die in den Nummern 1 bis 6 und 6b bezeichneten Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind;
8.
Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder, die von einem Gericht oder einer Behörde im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder von einem Mitgliedstaat oder von Organen der Europäischen Union festgesetzt wurden sowie damit zusammenhängende Aufwendungen.2Dasselbe gilt für Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, die in einem berufsgerichtlichen Verfahren erteilt werden, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen.3Die Rückzahlung von Ausgaben im Sinne der Sätze 1 und 2 darf den Gewinn nicht erhöhen.4Das Abzugsverbot für Geldbußen gilt nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil, der durch den Gesetzesverstoß erlangt wurde, abgeschöpft worden ist, wenn die Steuern vom Einkommen und Ertrag, die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallen, nicht abgezogen worden sind; Satz 3 ist insoweit nicht anzuwenden;
8a.
Zinsen auf hinterzogene Steuern nach § 235 der Abgabenordnung und Zinsen nach § 233a der Abgabenordnung, soweit diese nach § 235 Absatz 4 der Abgabenordnung auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden;
9.
Ausgleichszahlungen, die in den Fällen der §§ 14 und 17 des Körperschaftsteuergesetzes an außenstehende Anteilseigner geleistet werden;
10.
die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt.2Gerichte, Staatsanwaltschaften oder Verwaltungsbehörden haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die den Verdacht einer Tat im Sinne des Satzes 1 begründen, der Finanzbehörde für Zwecke des Besteuerungsverfahrens und zur Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten mitzuteilen.3Die Finanzbehörde teilt Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit im Sinne des Satzes 1 begründen, der Staatsanwaltschaft oder der Verwaltungsbehörde mit.4Diese unterrichten die Finanzbehörde von dem Ausgang des Verfahrens und den zugrundeliegenden Tatsachen;
11.
Aufwendungen, die mit unmittelbaren oder mittelbaren Zuwendungen von nicht einlagefähigen Vorteilen an natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften zur Verwendung in Betrieben in tatsächlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, deren Gewinn nach § 5a Absatz 1 ermittelt wird;
12.
Zuschläge nach § 162 Absatz 4 der Abgabenordnung;
13.
Jahresbeiträge nach § 12 Absatz 2 des Restrukturierungsfondsgesetzes.
2Das Abzugsverbot gilt nicht, soweit die in den Nummern 2 bis 4 bezeichneten Zwecke Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen sind.3§ 12 Nummer 1 bleibt unberührt.

(5a) (weggefallen)

(5b) Die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen sind keine Betriebsausgaben.

(6) Aufwendungen zur Förderung staatspolitischer Zwecke (§ 10b Absatz 2) sind keine Betriebsausgaben.

(7)1Aufwendungen im Sinne des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6b und 7 sind einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen.2Soweit diese Aufwendungen nicht bereits nach Absatz 5 vom Abzug ausgeschlossen sind, dürfen sie bei der Gewinnermittlung nur berücksichtigt werden, wenn sie nach Satz 1 besonders aufgezeichnet sind.

(8) Für Erhaltungsaufwand bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen sowie bei Baudenkmalen gelten die §§ 11a und 11b entsprechend.

(9)1Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Betriebsausgaben, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat.2§ 9 Absatz 6 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend.

(10) § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5b ist entsprechend anzuwenden.

Tatbestand

1

I. Streitig ist die Berücksichtigung von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer, in dem ein so genannter Telearbeitsplatz eingerichtet wurde.

2

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Der Kläger war im Streitjahr als Oberregierungsrat beim X-Amt in W nichtselbständig beschäftigt. Als Werbungskosten machte er neben Aufwendungen für Fahrten zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte Kosten für ein Arbeitszimmer in Höhe von 509 € (11 % der Hausfläche) geltend. Er legte dazu eine "Einvernehmliche Anordnung" zwischen ihm und seinem Dienstherrn über die Einrichtung eines Telearbeitsplatzes vor. Danach verpflichtete sich der Kläger, in seiner Wohnung einen geeigneten Arbeitsbereich zur Verfügung zu stellen und Beauftragten seines Dienstherrn nach Ankündigung den Zutritt zu gestatten. Von der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit sollten 24 Stunden (Dienstag, Mittwoch und Donnerstag) in der Dienststelle, die restliche Arbeitszeit zu Hause abgeleistet werden. Der Telearbeitsplatz sollte vom Dienstherrn in Absprache mit dem Kläger eingerichtet und vom Dienstherrn mit Arbeitsmitteln ausgestattet werden; eine Kostenerstattung für Raumnutzung, Energie und Mobiliar war nicht vorgesehen. Auf Anfrage des Klägers versagte der Arbeitgeber eine Bestätigung des Inhalts, dass dem Kläger sein Büro an den Heimarbeitstagen nicht zur Verfügung stehe. Eine solche Vereinbarung für Telearbeiter, die eine solche Bestätigung rechtfertige, gebe es nicht.

3

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte die Aufwendungen für das Arbeitszimmer nicht.

4

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage war in Bezug auf den hier im Revisionsverfahren allein noch streitigen Werbungskostenabzug für das häusliche Arbeitszimmer erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) entsprach der Klage insoweit dem Grunde nach, berechnete allerdings die Kosten auf Grundlage einer geringeren Fläche.

5

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung des § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG).

6

Das FA beantragt,
das Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 19. Januar 2012  4 K 1270/09 insoweit aufzuheben, als das FG der Klage stattgegeben hat, die Klage insgesamt abzuweisen und den Klägern die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

7

Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision des FA ist begründet. Entgegen der Auffassung des FG waren die von den Klägern geltend gemachten Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen. Die Vorentscheidung ist dementsprechend aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

9

1. Gemäß § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten abziehen. Dies gilt nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG). In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 € begrenzt; die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG). Die genannte Regelung kommt auch im Streitfall zur Anwendung. Denn gemäß § 52 Abs. 12 Satz 9 EStG gilt sie für alle offenen Fälle ab dem Veranlagungszeitraum 2007.

10

a) Der im Gesetz nicht näher bestimmte Begriff des häuslichen Arbeitszimmers erfasst nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) das häusliche Büro, d.h. einen Arbeitsraum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten dient (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsurteil vom 8. Dezember 2011 VI R 13/11, BFHE 236, 92, BStBl II 2012, 236, m.w.N.) Der Nutzung entsprechend ist das häusliche Arbeitszimmer typischerweise mit Büromöbeln eingerichtet, wobei der Schreibtisch regelmäßig das zentrale Möbelstück darstellt (BFH-Urteile vom 16. Oktober 2002 XI R 89/00, BFHE 201, 27, BStBl II 2003, 185; vom 20. November 2003 IV R 3/02, BFHE 205, 46, BStBl II 2005, 203).

11

b) Anderes gilt für Räumlichkeiten, die ihrer Ausstattung und Funktion nach nicht einem Büro entsprechen. Solche Räume sind nicht dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers zuzuordnen. Dies gilt auch dann, wenn sie nach ihrer Lage mit dem Wohnraum des Steuerpflichtigen verbunden und deswegen in dessen häusliche Sphäre eingebunden sind. Von der Rechtsprechung dazu bisher entschiedene Fälle betrafen Lager, Werkstätten, Arztpraxen oder Ausstellungsräume (BFH-Urteile vom 19. März 2003 VI R 40/01, BFH/NV 2003, 1163; vom 19. September 2002 VI R 70/01, BFHE 200, 336, BStBl II 2003, 139; in BFHE 205, 46, BStBl II 2005, 203; vom 5. Dezember 2002 IV R 7/01, BFHE 201, 166, BStBl II 2003, 463; vom 26. Juni 2003 VI R 10/02, BFH/NV 2003, 1560; in BFHE 201, 27, BStBl II 2003, 185; vom 20. November 2003 IV R 30/03, BFHE 204, 176, BStBl II 2004, 775). Im Einzelfall ist das häusliche Arbeitszimmer von anderen beruflich oder betrieblich genutzten Zimmern im häuslichen Bereich aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls abzugrenzen (BFH-Urteil in BFHE 201, 27, BStBl II 2003, 185). Ist eine Zuordnung zum Typus des häuslichen Arbeitszimmers nicht möglich, so sind die durch die berufliche Nutzung veranlassten Aufwendungen grundsätzlich unbeschränkt als Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG abziehbar, sofern die betreffenden Räumlichkeiten nahezu ausschließlich beruflich genutzt werden (BFH-Urteile in BFHE 205, 46, BStBl II 2005, 203; vom 22. November 2006 X R 1/05, BFHE 216, 110, BStBl II 2007, 304).

12

2. Das FG ist teilweise von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen, die Vorentscheidung ist daher aufzuheben. Die Sache ist entscheidungsreif. Die Klage ist auch in Bezug auf den einzig verbliebenen Streitpunkt, den Werbungskostenabzug für das häusliche Arbeitszimmer, abzuweisen.

13

a) Entgegen der Auffassung des FG entspricht der vom Kläger genutzte Raum grundsätzlich dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers.

14

aa) Zutreffend verweist das FG zwar hinsichtlich der Frage, ob die Abzugsbeschränkungen für das häusliche Arbeitszimmer ohne weiteres auf Aufwendungen eines Arbeitnehmers für einen häuslichen Telearbeitsplatz übertragen werden können, auf das Urteil des erkennenden Senats vom 23. Mai 2006 VI R 21/03 (BFHE 214, 158, BStBl II 2006, 600). Danach können Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für einen Telearbeitsplatz derart zwangsläufig durch die Erwerbstätigkeit veranlasst sein, dass bereits zweifelhaft sein kann, ob der Anwendungsbereich der Vorschrift überhaupt eröffnet ist. In der genannten Entscheidung hat der Senat allerdings auch darauf hingewiesen, dass es die unterschiedlichsten Formen der Telearbeit gibt. Insbesondere ist das Urteil nicht dahingehend zu verstehen, dass der Tatbestand des häuslichen Arbeitszimmers stets schon dann ausgeschlossen ist, wenn der Arbeitnehmer zuhause über einen Telearbeitsplatz verfügt.

15

bb) Im hier vorliegenden Streitfall tragen entgegen der Auffassung des FG dessen Feststellungen über die Vereinbarungen hinsichtlich der Einrichtung des Telearbeitsplatzes nicht dessen Würdigung, dass der vom Kläger genutzte Raum schon prinzipiell nicht dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers entspreche. Denn der Raum wird vom Kläger im Sinne der vorgenannten Rechtsgrundsätze büromäßig genutzt und dient der Erledigung gedanklicher, schriftlicher und verwaltungstechnischer Arbeiten. Der als Arbeitszimmer genutzte Raum zuhause weist auch ansonsten keine Besonderheiten auf, die den Raum nicht als typisches häusliches Arbeitszimmer erscheinen ließen. Auch mit Blick auf den Arbeitsplatz in der Dienststelle folgt nichts anderes. Denn nach den Feststellungen war es dem Kläger weder untersagt, seinen Arbeitsplatz dort auch an den eigentlichen häuslichen Arbeitstagen zu nutzen, noch war der in der Dienststelle zur Verfügung gestellte Arbeitsplatz hinsichtlich der Nutzung eingeschränkt. Dementsprechend war der Arbeitgeber nach den Feststellungen des FG auch nicht bereit, für steuerliche Zwecke eine Bestätigung darüber zu erteilen, dass der Kläger an seinen Telearbeitstagen kein Büro zur Verfügung habe.

16

Angesichts dessen kommt es nicht darauf an, dass nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Kläger an zwei Tagen in der Woche zuhause arbeiten und dafür einen Raum vorhalten sollte. Denn allein eine Vereinbarung darüber, in welchem Umfang das häusliche Arbeitszimmer genutzt werden kann oder genutzt werden soll, lässt den Tatbestand des häuslichen Arbeitszimmers nicht entfallen. Entsprechendes gilt für den auf unterschiedlichsten Motiven beruhenden Umstand, dass der Arbeitgeber die im Zusammenhang mit dem Arbeitszimmer entstehenden Kosten für Kommunikation und Möblierung übernimmt. Anderes mag gelten, wenn der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer schon keinen Arbeitsplatz vorhält. Davon kann im Streitfall indessen, wie dargelegt, nicht ausgegangen werden.

17

b) Entgegen der Auffassung des FG lässt sich der Werbungskostenabzug auch nicht unmittelbar auf § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Sätze 2, 3 EStG mit der Annahme stützen, dass dem Kläger ein anderer Arbeitsplatz im Sinne dieser Vorschrift nicht zur Verfügung gestanden habe. Denn ein solcher "anderer Arbeitsplatz" ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, sofern er zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist (vgl. Senatsurteil vom 7. August 2003 VI R 17/01, BFHE 203, 130, BStBl II 2004, 78). Dazu muss dieser andere Arbeitsplatz allerdings so beschaffen sein, dass der Steuerpflichtige auf das häusliche Arbeitszimmer nicht angewiesen ist. Deshalb steht der andere Arbeitsplatz nur dann "für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit ... zur Verfügung", wenn ihn der Steuerpflichtige in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann (vgl. Senatsurteil in BFHE 203, 130, BStBl II 2004, 78).

18

Daran gemessen tragen die Dienstvereinbarungen über die Einrichtung des Telearbeitsplatzes weder nach ihrem unmittelbaren Wortlaut noch nach ihrem Sinn und Zweck die Annahme, dass dem Kläger am Dienstsitz kein anderer Arbeitsplatz im vorgenannten Sinne zur Verfügung gestanden habe. Denn dieser Annahme stehen die Feststellungen entgegen, dass es dem Kläger nicht untersagt war, seinen dienstlichen Arbeitsplatz auch an den häuslichen Arbeitstagen weiterhin zu nutzen, dass der dienstliche Arbeitsplatz hinsichtlich dessen Nutzung nicht eingeschränkt war und der Arbeitgeber Gegenteiliges auch nicht bestätigen konnte.

Tatbestand

1

I. Streitig ist die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer, wenn dem Arbeitnehmer an der Dienststelle ein sogenannter "Poolarbeitsplatz" zur Verfügung steht.

2

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Der Kläger war in den Streitjahren 2009 und 2010 als Betriebsprüfer bei einem Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung nichtselbständig beschäftigt. Laut Bescheinigung des Dienstherrn vom 10. Dezember 2010 stand ihm an der Dienststelle für die Jahre 2009 und 2010 kein fester Arbeitsplatz, sondern lediglich ein Poolarbeitsplatz im Verhältnis von acht Prüfern zu drei Arbeitsplätzen zur Verfügung. Die Prüfungen einschließlich der Schlussbesprechungen führte der Kläger regelmäßig in den Unternehmen durch, die vor- und nachbereitenden Arbeiten (Fallauswahl, Fertigen der Prüfberichte etc.) erledigte er in seinem häuslichen Arbeitszimmer. Den Poolarbeitsplatz nutzte er lediglich für das Abrufen von Emails und das Updaten seines Rechners. Einen Antrag auf Zuweisung eines festen Arbeitsplatzes an der Dienststelle hatte der Kläger nicht gestellt.

3

Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2009 und 2010 machten die Kläger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 1.250 € (2009) und 930 € (2010) als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit geltend.

4

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte die Aufwendungen für das Arbeitszimmer nicht.

5

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 1207 veröffentlichten Gründen statt.

6

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

7

Es beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist unbegründet. Sie ist nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.

10

Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.

11

1. Gemäß § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten abziehen. Dies gilt nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG). In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 € begrenzt; die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG). Die genannte Regelung kommt auch im Streitfall zur Anwendung. Denn gemäß § 52 Abs. 12 Satz 9 EStG gilt sie für alle offenen Fälle ab dem Veranlagungszeitraum 2007.

12

a) "Anderer Arbeitsplatz" i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist. Weitere Anforderungen an die Beschaffenheit des Arbeitsplatzes sind nicht zu stellen. Die Abzugsbeschränkung setzt insbesondere keinen eigenen, räumlich abgeschlossenen Arbeitsbereich voraus. Auch ein Raum, den sich der Steuerpflichtige mit weiteren Personen teilt, kann ein anderer Arbeitsplatz im Sinne der Abzugsbeschränkung sein. So hat der Senat bereits entschieden, dass ein Arbeitsplatz in einem Großraumbüro auch dann "ein anderer Arbeitsplatz" i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG ist, wenn er dem Steuerpflichtigen nicht individuell zugeordnet ist (Senatsurteil vom 7. August 2003 VI R 17/01, BFHE 203, 130, BStBl II 2004, 78). Entsprechendes gilt für einen Poolarbeitsplatz.

13

Diesen Grundsätzen entsprechend hat das FG festgestellt, dass der Poolarbeitsplatz des Klägers aufgrund seiner büromäßigen Ausstattung ein "anderer Arbeitsplatz" ist. Eine individuelle Zuordnung eines der drei vorgehaltenen Schreibplätze war nicht erforderlich.

14

b) Der andere Arbeitsplatz (Poolarbeitsplatz) an der Dienststelle stand dem Kläger allerdings nicht in dem zur Verrichtung seiner Innendienstarbeiten erforderlichen Umfang zur Verfügung.

15

aa) Der andere Arbeitsplatz steht nur dann "für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit ... zur Verfügung", wenn ihn der Steuerpflichtige in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann. Denn nur dann ist der Steuerpflichtige nicht auf das häusliche Arbeitszimmer angewiesen. Muss er hingegen dort einen nicht unerheblichen Teil seiner beruflichen Tätigkeit verrichten, weil er seinen Arbeitsplatz nur eingeschränkt nutzen kann, kommt das Abzugsverbot des § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG nach seinem Sinn und Zweck nicht zum Tragen. Denn auch in einem solchen Fall ist das häusliche Arbeitszimmer notwendig und er kann sich diesen Aufwendungen nicht entziehen (Senatsurteile in BFHE 203, 130, BStBl II 2004, 78; vom 5. Oktober 2011 VI R 91/10, BFHE 235, 372, BStBl II 2012, 127, m.w.N.).

16

bb) Allerdings ist eine "jederzeitige Zugriffsmöglichkeit" auf den anderen Arbeitsplatz nicht zwingende Voraussetzung des beschränkten Werbungskostenabzugs. Dies folgt schon aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG, der nicht auf eine "jederzeitige Verfügbarkeit" des anderen Arbeitsplatzes abstellt, sondern auf eine Verfügbarkeit "für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit". Daher kann grundsätzlich auch ein Poolarbeitszimmer als ein anderer Arbeitsplatz i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG zur Verfügung stehen, wenn bei diesem nach den tatsächlichen Gegebenheiten insbesondere durch eine ausreichende Anzahl an Poolarbeitsplätzen, gegebenenfalls ergänzt durch arbeitgeberseitig organisierte dienstliche Nutzungseinteilungen, gewährleistet ist, dass der Arbeitnehmer seine beruflichen Tätigkeiten in dem konkret erforderlichen Umfang dort erledigen kann.

17

2. Unter Anwendung dieser Grundsätze gelangte das FG zutreffend zu dem Ergebnis, dass der Poolarbeitsplatz dem Kläger nicht in dem für dessen Innendiensttätigkeit erforderlichen Umfang zur Verfügung gestanden hat.

18

a) Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des FG reichten auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ein Großbetriebsprüfer einen nicht unerheblichen Teil seiner Tätigkeit bei den zu prüfenden Betrieben erbringt, die drei Schreibplätze nicht aus, um alle Innendiensttätigkeiten zu verrichten. Anders als bei einem Arbeitsplatz in einem Großraumbüro, bei dem lediglich ein räumlich abgeschlossener Arbeitsbereich und eine individuelle Zuteilung des Arbeitsplatzes fehlt (Senatsurteil in BFHE 203, 130, BStBl II 2004, 78), war im Streitfall aufgrund der zu geringen Anzahl an Poolarbeitsplätzen gerade nicht gewährleistet, dass dem Kläger in zeitlicher Hinsicht für seine gesamte Innendiensttätigkeit tatsächlich ein anderer Arbeitsplatz an der Dienststelle zur Verfügung stand. Angesichts des Umstands, dass der Kläger nach diesen Feststellungen einen nicht geringen Teil seiner an sich an Amtsstelle zu erbringenden Innendiensttätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer verrichten musste, hat es das FG zu Recht als unerheblich angesehen, dass der Kläger dann bei seinen Aufenthalten an Amtsstelle einen freien Schreibtisch oder eine freie Telefonanlage gefunden hat.

19

b) Entgegen der Auffassung des FA kommt es --wie das FG zutreffend festgestellt hat-- nicht darauf an, dass der Kläger keinen Antrag auf Zuweisung eines festen Arbeitsplatzes an der Dienststelle gestellt hat.

20

Denn § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG setzt schon nach seinem Wortlaut kein "vergebliches Bemühen" um eine feste räumliche Zuweisung eines "anderen Arbeitsplatzes" voraus. Maßgeblich sind vielmehr die objektiven Gegebenheiten, nämlich ob dem Arbeitnehmer am Dienstsitz ein geeigneter Arbeitsplatz tatsächlich zur Verfügung steht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Dispositionsbefugnis über die Räumlichkeiten, wie nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des FG im Streitfall hier, beim Dienstherrn und nicht beim Kläger lag.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Gründe

1

Das konkrete Normenkontrollverfahren betrifft die Frage, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass für die Bestimmung der Höhe des Arbeitslosengeldes nach dem seit dem 1. Januar 2005 geltenden Recht ein fiktives Arbeitsentgelt als Bemessungsentgelt zugrunde zu legen ist, wenn der Anspruchsberechtigte innerhalb von zwei Jahren vor Entstehung der Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld ein Kind unter drei Jahren betreut hat und keiner versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen ist, vor der Geburt des Kindes jedoch ein gegenüber dem fiktiven Arbeitsentgelt höheres Bruttoarbeitsentgelt bezogen hat.

I.

2

1. Die Höhe des Arbeitslosengeldes regelt § 129 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB II). Das Arbeitslosengeld beträgt danach

3

1. für Arbeitslose, die mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes haben, sowie für Arbeitslose, deren Ehegatte oder Lebenspartner mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 4 und 5 des Einkommensteuer-gesetzes hat, wenn beide Ehegatten oder Lebenspartner unbe-schränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, 67 Prozent (erhöhter Leistungssatz),

4

2. für die übrigen Arbeitslosen 60 Prozent (allgemeiner Leistungssatz)

5

des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Die Regelungen zur Bestimmung des Bemessungsentgelts sind mit Wirkung zum 1. Januar 2005 geändert worden.

6

a) Nach § 132 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung (SGB III a.F.) war das Bemessungsentgelt das im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende beitragspflichtige Entgelt. Für seine Berechnung war das Entgelt im Bemessungszeitraum durch die Zahl der Wochen zu teilen, für die es gezahlt worden ist (§ 132 Abs. 2 Satz 1 SGB III a.F.). Der Bemessungszeitraum umfasste nach § 130 Abs. 1 SGB III a.F. die Entgeltabrechnungszeiträume, die in den letzten 52 Wochen vor der Entstehung des Anspruches, in denen Versicherungspflicht bestand, enthalten waren und beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem Versicherungspflichtverhältnis vor der Entstehung des Anspruches abgerechnet waren. Enthielt der Bemessungszeitraum weniger als 39 Wochen mit Anspruch auf Entgelt, so verlängerte er sich nach § 130 Abs. 2 Satz 1 SGB III a.F. um weitere Entgeltabrechnungszeiträume, bis 39 Wochen mit Anspruch auf Entgelt erreicht waren. Bei der Ermittlung des Bemessungszeitraumes blieben u.a. Zeiten außer Betracht, in denen der Arbeitslose Erziehungsgeld bezogen oder nur wegen der Berücksichtigung von Einkommen nicht bezogen hat, soweit wegen der Betreuung oder Erziehung eines Kindes das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit gemindert war, oder - für die Zeit ab dem 1. Januar 2003 - nach Maßgabe von § 26 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 2a SGB III Versicherungspflicht wegen des Bezuges von Mutterschaftsgeld oder der Erziehung eines Kindes bestand (§ 131 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB III a.F.).

7

Nach der Rechtsprechung war auch nach der damaligen Rechtslage zwischen dem Bemessungszeitraum, d.h. den berücksichtigungsfähigen Entgeltabrechnungszeiträumen, sofern sie die erforderliche Mindestzahl von 39 Arbeitswochen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthielten, und dem Bemessungsrahmen, d.h. grundsätzlich die letzten 52 Wochen vor der Entstehung des Anspruchs, in denen Versicherungspflicht bestand, zu unterscheiden (vgl. BSG, Urteil vom 2. September 2004 - B 7 AL 68/03 R -, juris, Rn. 13; BSGE 100, 295 <300 Rn. 26>, jeweils m.w.N.). Dass nach § 131 Abs. 2 Satz 1 SGB III a.F. bestimmte Zeiten "außer Betracht" blieben, hatte zur Folge, dass sie als Entgeltabrechnungszeiträume innerhalb des Bemessungsrahmens nicht berücksichtigt wurden (vgl. BSG, Urteil vom 2. September 2004 - B 7 AL 68/03 R -, juris, Rn. 18). Waren im Bemessungsrahmen ohne die außer Betracht bleibenden Zeiten weniger als 39 Wochen mit Anspruch auf Entgelt vorhanden, verlängerte sich der Bemessungszeitraum um weitere Entgeltabrechnungszeiträume bis 39 Wochen mit Anspruch auf Entgelt vorhanden waren (vgl. BSGE 100, 295 <300 Rn. 27> m.w.N.). In der Sache konnte damit nach § 131 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB III a.F. der Bemessungszeitraum um die ersten 24 Lebensmonate bei leiblichen Kindern oder für die Dauer von maximal zwei Jahren bei angenommenen Kindern (vgl. § 4 Abs. 1 BErzGG in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung) oder für die Zeit ab dem 1. Januar 2003 um die Zeit bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des betreuten Kindes bzw. die gesetzlichen Mutterschutzfristen (§ 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 MuSchG i.V.m. § 200 Abs. 1 RVO) hinaus geschoben werden und so in Zeiträume hineinreichen, in denen ein Anspruch auf ungemindertes Arbeitsentgelt bestand oder die wöchentliche Arbeitszeit nicht reduziert war (vgl. BTDrucks 14/7347, S. 73 zu Art. 1 Nr. 43).

8

Die Ausdehnung des Bemessungszeitraums unterlag jedoch einer absoluten Grenze, die sich aus § 133 Abs. 4 SGB III a.F. ergab. Danach war das Bemessungsentgelt das tarifliche Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung, auf die das Arbeitsamt die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat, wenn ein Bemessungszeitraum von mindestens 39 Wochen mit Anspruch auf Entgelt innerhalb der letzten drei Jahre vor der Entstehung des Anspruchs nicht festgestellt werden konnte. Damit hatte auch bis zum 31. Dezember 2004 eine fiktive Bemessung zu erfolgen, falls sich innerhalb der letzten drei Jahre vor Entstehung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld kein ausreichend langer Bemessungszeitraum mit mindestens 39 Wochen mit Anspruch auf Entgelt ohne die Zeiten erziehungsbedingter Minderung der Arbeitszeit bzw. des Arbeitsentgelts feststellen ließ (vgl. BSGE 100, 295 <299 f. Rn. 24, 27>; LSG NRW, Urteil vom 10. März 2003 - L 12 AL 83/03 -, juris, Rn. 28; BTDrucks 14/7347, S. 73 zu Art. 1 Nr. 43).

9

Eine ähnliche Regelung enthielt bereits das bis zum 31. Dezember 1997 geltende Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Nach § 112 Abs. 7 2. Alt AFG war von dem am Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort des Arbeitslosen maßgeblichen tariflichen oder mangels einer tariflichen Regelung von dem ortsüblichen Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung auszugehen, für die der Arbeitslose nach seinem Lebensalter und seiner Leistungsfähigkeit unter billiger Berücksichtigung seines Berufs und seiner Ausbildung nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarkts in Betracht kam, wenn der letzte Tag des Bemessungszeitraums bei Entstehung des Anspruchs länger als drei Jahre zurück lag.

10

b) Durch Art. 1 Nr. 71 und 72 des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl I S. 2848) ist mit Wirkung ab dem 1. Januar 2005 (Art. 124 Abs. 3 des Gesetzes) das Recht der Bestimmung des Bemessungsentgelts reformiert worden. Die hier maßgeblichen Regelungen erhielten folgenden Wortlaut:

11

§ 130

12

Bemessungszeitraum und Bemessungsrahmen

13

(1) Der Bemessungszeitraum umfasst die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs.

14

(2) Bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums bleiben außer Betracht

15

16

3. Zeiten, in denen der Arbeitslose Erziehungsgeld bezogen oder nur wegen der Berücksichtigung von Einkommen nicht bezogen hat oder ein Kind unter drei Jahren betreut und erzogen hat, wenn wegen der Betreuung und Erziehung des Kindes das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gemindert war,

17

18

(3) Der Bemessungsrahmen wird auf zwei Jahre erweitert, wenn

19

1. der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält oder

20

21

§ 131

22

Bemessungsentgelt

23

(1) Bemessungsentgelt ist das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Arbeitsentgelte, auf die der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, gelten als erzielt, wenn sie zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sind.

24

25

§ 132

26

Fiktive Bemessung

27

(1) Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen.

28

(2) Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Arbeitslose der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat. Dabei ist zugrunde zu legen für Beschäftigungen, die

29

1. eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 1), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertstel der Bezugsgröße,

30

2. einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung erfordern (Qualifikationsgruppe 2), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße,

31

3. eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern (Qualifikationsgruppe 3), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße,

32

4. keine Ausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 4), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Sechshundertstel der Bezugsgröße.

33

Die Bezugsgröße im Sinne der Vorschriften für die Sozialversicherung wird in § 18 SGB IV definiert und durch eine auf der Grundlage von § 17 Abs. 2 SGB IV erlassenen Rechtsverordnung (Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung) im Voraus für jedes Kalenderjahr für die alten Bundesländer einerseits und das Beitrittsgebiet andererseits (Bezugsgröße Ost, § 18 Abs. 2 SGB IV) bestimmt.

34

2. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens war vom 1. Dezember 2000 bis zum 14. Januar 2003 versicherungspflichtig in den alten Bundesländern als Buchhalterin beschäftigt. Ab dem 15. Januar 2003 befand sie sich im Mutterschutz und bezog Mutterschaftsgeld bis zum 23. April 2003. Am 22. Februar 2003 brachte sie ihr Kind zur Welt. Anschließend bezog sie bis zum 21. Februar 2005 Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz und sodann, nachdem sie zwischenzeitlich nach Sachsen umgezogen war, bis zum 21. November 2005 Erziehungsgeld nach dem Sächsischen Landeserziehungsgeldgesetz. Nach Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses meldete sie sich zum 11. Januar 2006 bei der Beklagten des Ausgangsverfahrens arbeitslos. Diese bewilligte der Klägerin des Ausgangsverfahrens ab dem 11. Januar 2006 Arbeitslosengeld in Höhe von täglich 25,85 Euro. Bei der Berechnung der Höhe des Arbeitslosengeldes legte sie, wie sie später im Widerspruchsbescheid erläuterte, ein fiktives Bemessungsentgelt ausgehend von der Qualifikationsgruppe 3 und der Bezugsgröße (Ost) zugrunde. Mit ihrer nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobenen Klage macht die Klägerin des Ausgangsverfahrens sinngemäß geltend, als Bemessungsentgelt für die Bestimmung der Höhe des Arbeitslosengeldes müsse das zuletzt vor der Geburt ihres Kindes bezogene Bruttoarbeitsentgelt zugrunde gelegt werden.

35

3. Mit Beschluss vom 12. September 2007 hat das Sozialgericht das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht folgende Fragen zur Entscheidung vorgelegt:

36

a) Verstößt § 130 SGB III der ab 1.1.2005 maßgebenden Fassung gegen Art 6 Abs 4 GG oder Art 3 GG, soweit aufgrund dieser Regelung eine fiktive Bemessung nach § 132 SGB III und nicht eine Bemessung aufgrund real erwirtschafteter Sozialversicherungsbeiträge zu erfolgen hat, wenn ein Elternteil ein Kind unter drei Jahren mehr als 580 Tage Vollzeit betreut und erzieht statt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachzugehen?

37

b) Widerspricht die Regelung des § 132 SGB III dem Gleichheitsgebot, soweit betreuende Eltern, deren Bemessungsentgelt auf der Grundlage des real erzielten Arbeitseinkommens höher wäre, durch diese Berechnung schlechter gestellt werden, wohingegen betreuende Eltern, deren Realeinkommen niedriger war, sogar bessergestellt werden?

38

Zur Begründung hat es ausgeführt, die Verfassungsmäßigkeit der genannten Vorschriften sei entscheidungserheblich. Gemäß § 132 SGB III in der seit dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung sei ein fiktives Bemessungsentgelt zugrunde zu legen, weil für die Klägerin auch in dem nach § 130 Abs. 3 SGB III erweiterten Bemessungsrahmen vom 11. Januar 2004 bis zum 10. Januar 2006 kein Tag mit Anspruch auf Arbeitsentgelt festzustellen sei. Die Beklagte habe die Klägerin auch im Sinne von § 132 Abs. 2 SGB III zutreffend in die Qualifikationsgruppe 3 eingeordnet. Anders wäre die Situation dann, wenn sich die alleinerziehende Klägerin durchgerungen hätte, ihr Kind im Bemessungsrahmen mindestens 150 Tage in eine Fremdbetreuung zu geben und einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachzugehen. Denn hätte sie sich innerhalb des zweijährigen Bemessungsrahmens (730 Tage) höchstens 580 Tage ganz der Pflege ihres Kindes gewidmet, wäre nicht nur keine fiktive Berechnung gemäß § 132 SGB III vorzunehmen, sondern die Klägerin würde darüber hinaus gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 3 SGB III privilegiert. Zwar dürfte entgegen der Auffassung der Beklagten die Anwendung der Bezugsgröße West zutreffend sein. Aber selbst wenn in diesem Punkt eine zugunsten der Klägerin von den Bescheiden der Beklagten abweichende Entscheidung erginge, bliebe es dabei, dass die fiktive Bemessung nach § 132 SGB III sie erheblich schlechter stelle als eine Berechnung auf der Grundlage ihres tatsächlich erwirtschafteten Arbeitsentgeltes, was eine gegenüberstellende Berechnung der Höhe des Arbeitslosengeldes auf der Grundlage der Bezugsgröße Ost, der Bezuggröße West und des im Zeitraum vom 15. Januar 2002 bis zum 14. Januar 2003 bezogenen Bruttoarbeitsentgelts zeige.

39

Das Gericht sei von der Verfassungswidrigkeit der §§ 130, 132 SGB III in der seit dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung überzeugt, weil das an sich zu begrüßende Bestreben des Gesetzgebers, die Regelungen über das Bemessungsentgelt zu vereinfachen, mit den im Grundgesetz verankerten Grundwerten kollidiere. Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 GG schütze die Familie zunächst und zuvörderst als Lebens- und Erziehungsgemeinschaft. Dem liege die Erkenntnis zugrunde, dass die leibliche und seelische Entwicklung der Kinder in der Familie und in der elterlichen Erziehung eine wesentliche Grundlage finde und gerade die ersten Lebensjahre das Fundament für die gesamte weitere Entwicklung des Kindes bildeten und deshalb besonders schützenswert seien. Unvereinbar mit dieser verfassungsrechtlich geschützten Grunderkenntnis sei es, dass ein Elternteil, der sich entschließe, sich nach der Geburt des Kindes uneingeschränkt seinem Kind zu widmen, finanziell benachteiligt werde gegenüber anderen Eltern, die sich entschlössen, neben ihrer Betreuungsleistung im aufgezeigten Rahmen einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nachzugehen, und hierdurch - wie dargestellt - eine doppelte Privilegierung erführen.

40

Dies lasse sich auch nicht unter der Annahme rechtfertigen, ein Ausstieg aus dem Erwerbsleben führe zu einer Erschwerung des Wiedereinstieges. Denn selbst wenn dies zuträfe, wäre dies in diesem konkreten Zusammenhang, in dem die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit der Betreuung eines Kleinkindes diene, kein sachlicher Grund, der eine Schlechterstellung zu rechtfertigen vermöge. Dies werde im vorliegenden Fall der alleinerziehenden Klägerin, die als Mutter überdies auch gemäß Art. 6 Abs. 4 GG einen Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft habe und sich in einer nicht einfachen Lebenssituation befinde, besonders deutlich. Führe auch die Pauschalisierung in § 132 SGB III dazu, dass nicht jeder Leistungsempfänger in der Lebenssituation der Klägerin benachteiligt werde, so kompensiere dies nicht den dargestellten Eingriff. Denn die finanzielle Benachteiligung der Klägerin werde hierdurch nicht beseitigt, sondern eine Ungleichbehandlung geschaffen, die sachlich nicht zu rechtfertigen sei. Hieran ändere sich auch nichts durch Wägung der im Prinzip zutreffenden Annahme, dass der Anspruch einer Mutter auf Schutz und Fürsorge der Gemeinschaft nicht dazu führe, dass der Gesetzgeber gehalten wäre, jede mit der Mutterschaft zusammenhängende wirtschaftliche Belastung auszugleichen. Denn diese Erkenntnis greife vorliegend zu kurz. Jede Familie, in der ein Kind heranwachse, verdiene die Fürsorge der Gemeinschaft und müsse sich mit Erfolg dagegen wehren können - jedenfalls im Rahmen des Sozialrechtes -, dass eine Vollzeitbetreuung in ihrer Bedeutung nicht nur nicht anerkannt werde, sondern mit einer Diskriminierung einhergehe.

II.

41

Die Vorlage ist unzulässig.

42

1. Ein Gericht kann eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Vorschrift nach Art. 100 Abs. 1 GG nur einholen, wenn es zuvor sowohl die Entscheidungserheblichkeit der Vorschrift als auch ihre Verfassungsmäßigkeit sorgfältig geprüft hat (vgl. BVerfGE 86, 71 <76>). Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG muss das vorlegende Gericht in den Gründen seiner Entscheidung ausführen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Norm abhängt und mit welcher übergeordneten Rechtsnorm sie unvereinbar ist.

43

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts genügt ein Vorlagebeschluss dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG nur, wenn ihm zum Einen mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, dass das vorlegende Gericht im Falle der Gültigkeit der für verfassungswidrig gehaltenen Rechtsvorschrift zu einem anderen Ergebnis kommen würde als im Falle ihrer Ungültigkeit und wie es dieses Ergebnis begründen würde (vgl. BVerfGE 7, 171 <173 f.>; 105, 61 <67> stRspr). Zum Anderen muss das vorlegende Gericht die für seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der Norm maßgeblichen Erwägungen nachvollziehbar und erschöpfend darlegen (vgl. BVerfGE 78, 165 <171 f.>; 86, 71 <78>; 88, 70 <74>; 88, 198 <201>; 93, 121 <132>). Es muss deutlich machen, mit welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die zur Prüfung gestellte Regelung seiner Ansicht nach nicht vereinbar ist und aus welchen Gründen es zu dieser Auffassung gelangt ist. Dabei muss es sich intensiv mit der einfachen Rechtslage auseinandersetzen, auf naheliegende tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte eingehen und die in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen ebenso verarbeiten wie die Entstehungsgeschichte der betreffenden Norm (vgl. BVerfGE 76, 100 <104>; 79, 240 <243 f.>; 80, 96 <100>; 86, 52 <57>; 86, 71 <77 f.>; 89, 329 <337>; 92, 277 <312>; 105, 48 <56>).

44

2. Diesen Anforderungen genügt die Vorlage nicht. Jedenfalls hat das vorlegende Gericht seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Vorschriften nicht den Anforderungen von § 80 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz BVerfGG entsprechend dargelegt. Es meint sinngemäß, einem Elternteil, das sich entschließe, sich nach der Geburt uneingeschränkt seinem Kind zu widmen, dürften hieraus keine Nachteile im Hinblick auf die Höhe des Arbeitslosengeldes entstehen, und hält es dementsprechend für verfassungsrechtlich geboten, dass sich das Arbeitslosengeld für ein Elternteil, das ein Kind unter drei Jahren Vollzeit betreut hat und deswegen innerhalb von zwei Jahren vor der Erfüllung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld, im Falle der Klägerin sogar noch darüber hinaus, keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen ist, nach dem zuletzt vor der Geburt des Kindes bezogenen Bruttoarbeitsentgelt richtet. Eine nachvollziehbare und verfassungsrechtlich fundierte Begründung für dieses Ergebnis enthält der Aussetzungs- und Vorlagebeschluss jedoch nicht.

45

a) Das vorlegende Gericht stützt sich wesentlich auf eine angeblich aus Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 6 Abs. 2 GG folgende "verfassungsrechtlich geschützte Grunderkenntnis", wonach gerade die ersten Lebensjahre das Fundament für die gesamte weitere Entwicklung des Kindes bildeten und deshalb besonders schützenswert seien. Aus welchem normativen Gehalt des Art. 6 GG sich eine solche "Grunderkenntnis" ergeben soll und welche konkreten verfassungsrechtlichen Anforderungen hieraus abgeleitet werden können sollen, legt es jedoch nicht dar. Auf die verschiedenen, in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten grundrechtlichen Gewährleistungsgehalte des Art. 6 Abs. 1 GG (Freiheitsrecht, Benachteiligungsverbot, Schutz- und Förderungsgebot; vgl. hierzu bereits BVerfGE 6, 55 <71 ff.> und zusammenfassend BVerfGE 99, 216 <232>) geht das Sozialgericht nicht ein. Keine Erwähnung findet auch die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach zwar aus dem Schutz und Förderungsgebot des Art. 6 Abs. 1 GG die Aufgabe des Staates folgt, die Kinderbetreuung in der jeweils von den Eltern gewählten Form in ihren tatsächlichen Voraussetzungen zu ermöglichen und zu fördern (vgl. BVerfGE 99, 216 <234>), der Staat jedoch nicht gehalten ist, jegliche die Familie treffende Belastung auszugleichen, und sich aus dem Verfassungsauftrag konkrete Folgerungen für die einzelnen Rechtsgebiete und Teilsysteme, in denen der Familienlastenausgleich zu verwirklichen ist, nicht ableiten lassen (vgl. BVerfGE 87, 1 <35 f.>; 110, 412 <445>).

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b) Darüber hinaus erschließt sich nicht, welche Bedeutung Art. 6 Abs. 4 GG, auf den der Aussetzungs- und Vorlagebeschluss ergänzend verweist, für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der vorgelegten Vorschriften im konkreten Fall zukommen soll. Die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach aus Art. 6 Abs. 4 GG für Sachverhalte, die nicht allein Mütter betreffen, keine besonderen Rechte hergeleitet werden können (vgl. BVerfGE 87, 1 <42>; 94, 241 <259>), erwähnt das Sozialgericht ebenso wenig wie die daraus in der Literatur gezogene Schlussfolgerung, Belastungen, die der Mutter durch die Betreuung und Erziehung des Kindes entstünden, eröffneten den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 4 GG nicht, da sie auch Väter gleichermaßen treffen könnten (vgl. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl. 2009, Art. 6 Rn. 53 m.w.N.). Im Falle der Klägerin des Ausgangsverfahrens sind es auch nicht die Mutterschutzfristen nach § 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 MuSchG, die dazu führen, dass gemäß § 132 Abs. 1 SGB III ein fiktives Arbeitsentgelt als Bemessungsentgelt anzusetzen ist. Diese lagen vielmehr außerhalb des erweiterten Bemessungsrahmens nach § 130 Abs. 3 Satz 1 SGB III (anders insoweit der dem Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Sozialgerichts Aachen vom 23. Juli 2007 - S 21 AL 38/06 -, juris, Rn. 2, 44 ff. , zugrunde liegende Sachverhalt).

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c) Schließlich genügen auch die Ausführungen zu einem Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, den das vorlegende Gericht in seiner Begründung allerdings nicht ausdrücklich als verfassungsrechtlichen Maßstab nennt, den Anforderungen von § 80 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz BVerfGG nicht.

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Die der ersten Vorlagefrage zugrunde liegende Auffassung des vorlegenden Gerichts, andere Eltern, die ihr Kind während eines zweijährigen, d.h. 730 Tage umfassenden, erweiterten Bemessungsrahmen für mindestens 150 Tage in eine Fremdbetreuung gäben und einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgingen, würden gegenüber Eltern, die sich wie die Klägerin des Ausgangsverfahrens in diesem Zeitraum für mehr als 580 Tage ganz der Pflege ihres Kindes widmeten, "doppelt" privilegiert , da bei ihnen nicht nur keine fiktive Bemessung nach § 132 Abs. 1 SGB III erfolge, sondern sie auch in den Genuss der Regelung des § 130 Abs. 2 Nr. 3 SGB III kämen, ist nicht vollständig nachvollziehbar. Eine Bemessung auf der Grundlage des real erzielten Arbeitsentgelts erfolgt sicherlich dann, wenn ein Elternteil innerhalb des ggf. auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens für mindestens 150 Tage eine versicherungspflichtige Beschäftigung mit Anspruch auf Arbeitsentgelt ausgeübt hat, ohne dass in dieser Zeit das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit wegen der Betreuung und Erziehung des Kindes gemindert war. Geht ein dem Grunde nach Arbeitslosengeldberechtigter jedoch während des gesamten erweiterten Bemessungsrahmens oder zumindest für mehr als 580 Tage wegen der Betreuung seines Kindes lediglich einer versicherungspflichtigen Teilzeittätigkeit nach, kann die Regelung des § 130 Abs. 2 Nr. 3 SGB III durchaus zu einer fiktiven Bemessung nach § 132 Abs. 1 SGB III führen. Die Regelung des § 130 Abs. 2 SGB III bewirkt nämlich nach verbreitet vertretener Auffassung ebenso wie die entsprechende Vorschrift des § 131 Abs. 2 Satz 1 SGB III a.F., dass die genannten Zeiten so behandelt werden, als handele es sich nicht um Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigung im Sinne von § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III (vgl. SG Aachen, Aussetzungs- und Vorlagebeschluss vom 23. Juli 2007 - S 21 AL 38/06 -, juris, Rn. 23; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 10. September 2008 - L 3 AL 4581/06 -, juris, Rn. 25; Valgolio, in: Hauck/Noftz, SGB III, § 130 Rn. 45 ; Behrend, in: Eicher/Schlegel, SGB III, § 130 Rn. 80 ; zur früheren Rechtslage vgl. BSG, Urteil vom 2. September 2004 - B 7 AL 68/03 R -, juris, Rn. 18), mit der Folge, dass es an den erforderlichen 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt fehlen kann. Ob § 130 Abs. 2 SGB III teleologisch zu reduzieren ist, wenn seine Anwendung und die damit einhergehende fiktive Bemessung nach § 132 Abs. 1 SGB III zu einer für den Arbeitslosen ungünstigen Berechnung führt, ist umstritten (dafür z.B. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 10. September 2008 - L 3 AL 4581/06 -, juris, Rn. 27; Rolfs, in: Gagel, SGB III, § 130 Rn. 43 ; Behrend, in: Eicher/Schlegel, SGB III, § 130 Rn. 61 ; dagegen z.B. Valgolio, in: Hauck/Noftz, SGB III, § 130 Rn. 46 ).

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Das vorlegende Gericht befasst sich darüber hinaus nicht hinreichend damit, ob die von ihm festgestellte Ungleichbehandlung verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist. Dies gilt vor allem in Bezug auf die zweite Vorlagefrage. Insoweit beschränken sich die Ausführungen auf die nicht weiter begründete Behauptung, durch die Pauschalierung in § 132 SGB III, die - so das Sozialgericht sinngemäß - manche betreuenden Eltern gegenüber einer Bemessung auf der Grundlage des zuletzt bezogenen Arbeitsentgelts besser stelle, werde eine Ungleichbehandlung geschaffen, die sachlich nicht zu rechtfertigen sei. Aber auch die der ersten Vorlagefrage zugrunde liegenden Erwägungen lassen eine sorgfältige Prüfung, ob ein sachlicher Grund für die festgestellte Ungleichbehandlung besteht, nicht erkennen. Die verfassungsrechtlichen Maßstäbe, die das Bundesverfassungsgericht insoweit entwickelt hat (vgl. hierzu z.B. BVerfGE 87, 1 <36 f.>; 110, 412 <431 ff.>), werden weder genannt noch geprüft.

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Vor allem setzt sich das vorlegende Gericht nicht damit auseinander, dass auch frühere Regelungen (§ 112 Abs. 7 2. Alt. AFG; § 133 Abs. 4 SGB III a.F.) eine fiktive Bestimmung des Bemessungsentgelts vorsahen, wenn die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung im Zeitpunkt der Entstehung der Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld schon längere Zeit zurück lag, und befasst sich nicht mit dem Sinn und Zweck des Ansatzes eines fiktiven Bemessungsentgelts. Dieser erschließt sich aus der Funktion des Arbeitslosengeldes als Lohnersatzleistung: Das Arbeitslosengeld soll das Arbeitsentgelt ersetzen, das der Arbeitslose wegen der Arbeitslosigkeit aktuell, also in einer potentiellen neuen Beschäftigung nicht erzielt (sog. Entgeltausfallprinzip; vgl. BTDrucks 13/5062, S. 6; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 15. Februar 1993 - 1 BvR 1754/92 -, juris, Rn. 6). Dem im Bemessungszeitraum erzielten Arbeitsentgelt misst das Gesetz dabei grundsätzlich Indizwirkung in dem Sinne bei, dass es typisierend das Arbeitsentgelt anzeigt, das der Arbeitslose, hätte er Arbeit, auch aktuell erzielen könnte (vgl. z.B. BSG, Beschluss vom 2. Februar 1995 - 11 RAr 21/94 -, juris, Rn. 23). Bereits unter der Geltung des AFG nahm der Gesetzgeber jedoch an, dass diese Indizwirkung in Frage gestellt wird, wenn aufgrund längerer Arbeitsunterbrechungen der Bemessungszeitraum immer weiter ausgedehnt und das Arbeitslosengeld nach einem Arbeitsentgelt aus einer Zeit bemessen werden müsste, die länger als drei Jahre zurück liegt: Bei noch länger zurück liegenden Bemessungsentgelten sei die Vermutung nicht mehr gerechtfertigt, dass der Arbeitslose dieses Bemessungsentgelt auch in Zukunft verdienen könne (vgl. BTDrucks 8/1053, S. 13 zu Art. 1 Nr. 6 Buchstabe b). Diese Überlegungen lagen der Regelung des § 133 Abs. 4 SGB III a.F. ebenfalls zugrunde (vgl. LSG NRW, Urteil vom 10. März 2004 - L 12 AL 83/03 -, juris, Rn. 26; Pawlak, in: Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, § 11 Rn. 20 f.) und sind ebenso für die aktuelle Regelung des § 132 Abs. 1 SGB III maßgeblich (vgl. BSGE 100, 295 <305 ff. Rn. 40 ff.>). Ob vor diesem Hintergrund auch im Falle der Klägerin des Ausgangsverfahrens der Ansatz eines fiktiven Bemessungsentgelts gerechtfertigt sein könnte, erörtert das vorlegende Gericht nicht.

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Schließlich setzt sich das vorlegende Gericht nicht damit auseinander, dass Art. 3 Abs. 1 GG nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts den Gesetzgeber, der sich im Rahmen seines Ermessens bei der Ausgestaltung von staatlichen Leistungen für eine familienpolitische Förderung durch Gewährung von Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub entschieden hat, nicht verpflichtet, diese Förderung auch im Zusammenhang mit anderen sozialrechtlichen Regelungen uneingeschränkt zur Geltung zu bringen (vgl. BVerfGK 4, 215 <218 f.>). In seine Erwägungen bezieht es auch nicht ein, dass Eltern, die, wie die Klägerin des Ausgangsverfahrens, wegen der Betreuung und Erziehung ihrer Kinder unter drei Jahren keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, in der Arbeitslosenversicherung seit dem 1. Januar 2003 immerhin dadurch begünstigt werden, dass sie während der Erziehungszeit gemäß § 26 Abs. 2a SGB III in einem Versicherungspflichtverhältnis stehen und so die Anwartschaftszeit nach §§ 123, 124 SGB III für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllen können.

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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.