Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 05. März 2013 - 6 K 2488/11

ECLI:ECLI:DE:FGRLP:2013:0305.6K2488.11.0A
bei uns veröffentlicht am05.03.2013

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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob die Klägerin für ihr leibliches Enkelkind Kindergeld im Zeitraum Oktober 2010 bis November 2011 Anspruch auf Kindergeld hat.

2

Die Klägerin ist die Großmutter des am 28. September 1992 geborenen D. Seit April 1993 bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres lag das Sorgerecht bei der Klägerin, die das Kind in ihren Haushalt aufgenommen hatte.

3

Ab dem 14. Dezember 2009 war das Kind in der Jugendstrafanstalt in X inhaftiert. Es machte dort eine Ausbildung (Berufsfachschule für Metall). Am 14. September 2012 wurde das Kind aus der Haft entlassen. Er war in der Folge zunächst als Obdachloser von der Caritas in K aufgenommen worden, hatte dann eine Wohnung in K und lebt jetzt seit Februar 2013 in E in einer eigenen Wohnung in räumlicher Nähe zur Klägerin.

4

Mit Bescheid vom 23. September 2011 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin vom 15. September 2011 auf Bewilligung von Kindergeld ab Oktober 2010 ab und führte zur Begründung aus, dass das Kind bei ihr nicht als Enkelkind berücksichtigt werden könne, weil es nicht bzw. nicht mehr in ihren Haushalt aufgenommen sei, § 63 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Trotz der von der Kindesmutter eingereichten Verzichtserklärung zu ihren Gunsten könne das Kindergeld nicht an die Großmutter ausgezahlt werden.

5

Der hiergegen form- und fristgerecht eingelegte Einspruch führte nicht zum Erfolg. Mit Einspruchsentscheidung vom 09. November 2011 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Ob dem aufnehmenden Berechtigten das Sorgerecht für das Kind zustehe, sei für die Frage der Haushaltsaufnahme nicht entscheidend. Ebenso wenig komme es darauf an, ob dieser Berechtigte das Aufenthaltsbestimmungsrecht habe und ob das Kind melderechtlich bei ihm geführt werde. Eine räumliche Trennung stehe dem Fortbestand der Haushaltsaufnahme dann nicht entgegen, wenn die auswärtige Unterbringung nur von vorübergehender Natur sei. Von einem vorübergehenden Zustand könne im Allgemeinen ausgegangen werden, wenn das Kind im Rahmen seiner Möglichkeiten regelmäßig in den Haushalt des Berechtigten zurückkehre. Trotz der von der Kindesmutter eingereichten Verzichtserklärung zugunsten der Klägerin könne das Kindergeld nicht an die Einspruchsführerin ausgezahlt werden.

6

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 09. Dezember 2011 bei Gericht eingegangenen Klage. Sie trägt zur Begründung ihrer Klage vor, ihr sei trotz des bereits bestehenden Aufenthaltes des Kindes in der JVA X bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Kindes, also bis einschließlich September 2010, Kindergeld gezahlt worden. Offensichtlich sei hier trotz dieser Inhaftierung von Seiten der Beklagten davon ausgegangen worden, dass das Kind weiterhin in den Haushalt der Klägerin aufgenommen sei. An dieser Situation habe sich mit der Vollendung des 18. Lebensjahres nichts geändert. Das Kind sei nach wie vor am Wohnsitz der Klägerin gemeldet und eine Haushaltsaufnahme liege auch trotz des noch andauernden JVA-Aufenthalts weiterhin vor, denn eine bestehende Haushaltszugehörigkeit werde durch eine zeitweilige auswärtige Unterbringung nicht unterbrochen. Die auswärtige Unterbringung des Kindes in der JVA sei nur von vorübergehender Natur.

7

Des Weiteren finde auch trotz der Inhaftierung des Kindes eine persönliche Versorgung und Betreuung durch die Klägerin statt. Die Klägerin gewähre dem Kind Taschengeld und versorge es mit Kleidung und sonstigen, in der JVA nicht zur Verfügung stehenden Sachen; außerdem besuche sie regelmäßig das Kind in X.

8

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des Bescheides vom 23. September 2011 und der Einspruchsentscheidung vom 09. November 2011 die Beklagte zu verpflichten, für das Enkelkind D für den Zeitraum Oktober 2010 bis November 2011 Kindergeld zu bewilligen.

9

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

10

Die Beklagte tritt der Klage entgegen und führt unter Hinweis auf die angefochtene Einspruchsentscheidung ergänzend aus: Der Begriff der Haushaltsaufnahme im Sinne des § 64 Abs. 2 S. 1 EStG sei bereits geklärt. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH liege eine solche vor, wenn das Kind in die Familiengesellschaft mit einem dort begründeten Betreuungs- und Erziehungsverhältnis aufgenommen worden sei. Neben dem örtlich gebundenen Zusammenleben müssten Voraussetzungen materieller Art (Versorgung, Unterhaltsgewährung) und übermaterieller Art (Fürsorge, Betreuung) erfüllt sein. Die Betreuung des Kindes im Haushalt eines Berechtigten müsse einen zeitlich bedeutsamen Umfang haben; die Aufenthalte des Kindes dürften nicht nur Besuchs- oder Feriencharakter haben. Eine den Besuchscharakter überschreitende Dauer sei regelmäßig anzunehmen, wenn der Aufenthalt im Haushalt des Berechtigten 6 Wochen übersteige. Dies könne auch bei entsprechend häufigen tageweisen Aufenthalten des Kindes der Fall sein. Im Streitfall lägen diese Voraussetzungen seit Januar 2010 nicht mehr vor, da das Enkelkind der Klägerin seit dem 14. Dezember 2009 in der JVA X inhaftiert gewesen sei.

11

In einer Replik hierzu erwidert die Klägerin, dass die von der Beklagten zitierte Rechtsprechung des BFH nicht ohne weiteres übertragbar sei auf die Situation von volljährigen Kindern. Hier treten die von der Rechtsprechung aufgestellten Merkmale für eine Haushaltsaufnahme wie Aufsichts-, Betreuungs- und Erziehungsverhältnis in den Hintergrund, ausreichend sei, wenn sich die Zuwendungen immaterieller Art als Ausdruck des familiären Bandes darstellten. Das Kind habe im Streitfall seit kurz nach seiner Geburt im Haushalt der Klägerin gelebt. Es habe ein eigenes Zimmer, das nach wie vor zur Verfügung stehe. Beim örtlichen Merkmal des Begriffs der Haushaltszugehörigkeit sei es nicht erforderlich, dass das Kind ständig im Haushalt des Berechtigten anwesend sei; eine gewisse räumliche Trennung stehe einer Haushaltsaufnahme nicht entgegen. Die Tatsache, dass das Kind in der JVA X inhaftiert gewesen sei, führe nicht ohne weiteres dazu, dass die bestehende Haushaltsaufnahme als beendet anzusehen sei. Es liege keine dauerhafte Trennung vom großelterlichen Haushalt vor, da das Kind nach der Haftentlassung wieder in den großelterlichen Haushalt aufgenommen werden solle. Der Fall sei vergleichbar einem volljährigen Studenten, der zum Zweck des Studiums auswärtig untergebracht sei; auch hier werde die örtliche Gebundenheit an den Haushalt des Berechtigten regelmäßig bejaht. In immaterieller Hinsicht seien die regelmäßigen monatlichen Besuche der Klägerin Ausdruck des familiären Bandes. In materieller Hinsicht werde Taschengeld gewährt und das Kind mit Kleidung versorgt und mit weiteren Dingen.

12

Mit Beschluss des Senats vom 21. Februar 2012 ist der Rechtsstreit gem. § 6 As. 1 FGO dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Klage führt in der Sache nicht zum Erfolg. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass im streitbefangenen Zeitraum eine Haushaltsaufnahme des Kindes bei der Klägerin nicht stattgefunden hat.

14

Gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG werden als Kinder berücksichtigt vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Enkel. Im Streitfall war der Enkel bis zu seiner Inhaftierung im Dezember 2009 in den Haushalt der Klägerin aufgenommen. Ob das auch im anschließenden Zeitraum bis zum September 2010 der Fall war und die Beklagte daher zu Recht für diesen Zeitraum Kindergeld bewilligt und an die Klägerin gezahlt hat, war nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Im vorliegenden Klageverfahren ist allein streitig der Zeitraum von Oktober 2010 bis November 2011, dem Monat der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung (vgl. dazu nur FG Münster, Urteil vom 14. Dezember 2010 1 K 4131/07 KG, EFG 2011, 718 m.w.N.).

15

1. Die Grundsätze, unter denen eine Haushaltsaufnahme i.S. von § 63 Abs. 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) zu bejahen ist, sind von der ständigen Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt. Danach liegt eine Haushaltsaufnahme vor, wenn das Kind nicht nur vorübergehend in die Familiengemeinschaft mit einem dort begründeten Betreuungs- und Erziehungsverhältnis aufgenommen worden ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 24. Oktober 2006 III S 3/06 (PKH), BFH/NV 2007, 238; vom 14. Januar 2011 III B 96/09, BFH/NV 2011, 788). Neben dem örtlich gebundenen Zusammenleben müssen Voraussetzungen materieller Art (Versorgung, Unterhaltsgewährung) und immaterieller Art (Fürsorge, Betreuung) erfüllt sein (BFH-Urteil vom 20. Juni 2001 VI R 224/98, BFHE 195, 564, BStBl II 2001, 713). Diese drei Merkmale können zwar je nach Einzelfall unterschiedlich ausgeprägt sein (BFH-Beschluss vom 18. Februar 2008 III B 69/07, BFH/NV 2008, 948), müssen aber alle vorliegen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 788). Dabei bezieht sich das örtliche Merkmal der Haushaltsaufnahme auf die gemeinsame Familienwohnung als ortsbezogener Mittelpunkt der gemeinschaftlichen Lebensinteressen (BFH-Beschlüsse vom 16. April 2008 III B 36/07, BFH/NV 2008, 1326; in BFH/NV 2011, 788; zum Ganzen zuletzt BFH-Beschluss vom 3. April 2012 V B 130/11, BFH/NV 2012, 1136).

16

Das örtliche Merkmal bestimmt, dass der Berechtigte mit dem Kind in seinem Haushalt örtlich gebunden zusammenleben muss. Es ist aber nicht erforderlich, dass das Kind ständig im Haushalt des Berechtigten anwesend ist; eine gewisse räumliche Trennung schadet einer bestehenden Haushaltsaufnahme nicht. Insbesondere kann bei einem volljährigen Studenten, auch wenn er zum Zweck des Studiums auswärtig untergebracht ist, nicht ohne Weiteres eine bestehende Haushaltsaufnahme als beendet angesehen werden. Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzukommen, die auf eine dauerhafte Trennung vom elterlichen Haushalt schließen lassen (BFH-Beschluss vom 18. Februar 2008 III B 69/07, BFH/NV 2008, 948; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16. Juli 1998  4 K 2991/96, EFG 1998, 1473).

17

Eine vorübergehende anderweitige Unterbringung des Kindes, etwa im Rahmen der Schul- oder Berufsausbildung oder zur Absolvierung eines Studiums, ändert an der Haushaltsaufnahme mithin dann nichts, wenn der Zusammenhang mit dem Haushalt nicht unterbrochen wird. Auch volljährige, gesunde Kinder, die auswärts wohnen, können in den Haushalt eines Kindergeldberechtigten aufgenommen sein.

18

Dabei schadet eine gewisse räumliche Trennung einer bestehenden Haushaltsaufnahme nicht, solange keine besonderen Umstände hinzukommen, die auf eine dauerhafte Trennung vom elterlichen Haushalt schließen lassen. Letzteres ist in der Regel dann der Fall, wenn das Kind nach Abschluss der Schul- oder Berufsausbildung bzw. des Studiums in den Haushalt zurückkehren soll (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16. Juli 1998  4 K 2991/96, EFG 1998, 1473). In immaterieller Hinsicht muss für die Bejahung einer Haushaltsaufnahme zu der örtlichen Verbundenheit hinzukommen, dass der Berechtigte für das Kind sorgt und es betreut (Senatsbeschluss in BFH/NV 2005, 672). Allerdings ist diesen immateriellen Merkmalen keine übersteigerte Bedeutung beizumessen. Sie treten vielmehr bei älteren Kindern, insbesondere bei Volljährigen, in den Hintergrund. Ausreichend ist es dann, wenn sich die Zuwendungen immaterieller Art als Ausdruck des familiären Bandes darstellen (BFH-Beschluss vom 18. Februar 2008 III B 69/07, BFH/NV 2008, 948).

19

2. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechungsgrundsätze, denen der Senat folgt, lag im streitbefangenen Zeitraum keine Haushaltsaufnahme vor. Der zu entscheidende Sachverhalt ist nicht vergleichbar mit denjenigen Fällen, in denen sich ein (volljähriges) Kind vorübergehend auswärts zu Studien- bzw. Ausbildungszwecken aufhält. Allen diesen Fällen ist gemeinsam, dass sich die Kinder in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen „zu Hause“ aufhalten, sei es an den Wochenenden, den Ferien und / oder im Falle von Krankheiten; auf diese Weise bleibt die örtliche Verbundenheit – wenn auch auf niedrigem Niveau - nach außen hin sichtbar bestehen (animus revertendi). Im vorliegenden Streitfall war mit der Inhaftierung des Enkelkindes – ohne Freigang - der örtliche Bezug zum Haushalt der Klägerin gekappt. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass – wie die Klägerin vorgetragen hat – sie den Enkel regelmäßig in der JVA besucht hat. Auch das bloße Vorhalten eines Zimmers bewirkt keine Haushaltsaufnahme (Felix in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 63 Rz. B 20).

20

Allerdings wird man bei einer nur sehr kurzfristigen Inhaftierung nicht ohne weiteres davon ausgehen können, dass eine dauerhafte Trennung vom (groß-) elterlichen Haushalt gegeben ist. Anders aber vorliegend; der Enkel der Klägerin war über einen Zeitraum von mehr als zweieinhalb Jahren und damit nicht nur kurzfristig inhaftiert. Im Übrigen hat das Gericht bei seiner Gesamtbetrachtung alle bekannten Umstände des Einzelfalles einzubeziehen und zu würdigen. Daher war auch zu berücksichtigen, dass der Enkel nach seiner Haftentlassung zu keinem Zeitpunkt mehr im Haushalt der Klägerin gelebt hat. In der Gesamtschau aller dieser Einzelumstände erweist es sich, dass die vormals gemeinsame Familienwohnung nicht mehr der ortsbezogene Mittelpunkt gemeinschaftlicher Lebensinteressen des Enkelkindes und der Klägerin war.

21

Die Klage war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.

Urteilsbesprechung zu Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 05. März 2013 - 6 K 2488/11

Urteilsbesprechungen zu Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 05. März 2013 - 6 K 2488/11

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Einkommensteuergesetz - EStG | § 63 Kinder


(1) 1Als Kinder werden berücksichtigt 1. Kinder im Sinne des § 32 Absatz 1,2. vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Kinder seines Ehegatten,3. vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Enkel. 2§ 32 Absatz 3 bis 5 gilt entsprechend.
Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 05. März 2013 - 6 K 2488/11 zitiert 6 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

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(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Einkommensteuergesetz - EStG | § 63 Kinder


(1) 1Als Kinder werden berücksichtigt 1. Kinder im Sinne des § 32 Absatz 1,2. vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Kinder seines Ehegatten,3. vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Enkel. 2§ 32 Absatz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Einkommensteuergesetz - EStG | § 64 Zusammentreffen mehrerer Ansprüche


(1) Für jedes Kind wird nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt. (2) 1Bei mehreren Berechtigten wird das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. 2Ist ein Kind in den gemeinsamen Haushalt von Eltern, einem

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Bundesfinanzhof Beschluss, 03. Apr. 2012 - V B 130/11

bei uns veröffentlicht am 03.04.2012

Gründe 1 Die Beschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 05. März 2013 - 6 K 2488/11.

Finanzgericht München Urteil, 27. Aug. 2015 - 10 K 3121/14

bei uns veröffentlicht am 27.08.2015

Tenor 1. Unter Aufhebung des Bescheids vom 9. Oktober 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Oktober 2014 wird die Beklagte verpflichtet, Kindergeld für den Enkel der Klägerin für Juni 2014 bis Oktober 2014 festzusetzen. 2.

Referenzen

(1)1Als Kinder werden berücksichtigt

1.
Kinder im Sinne des § 32 Absatz 1,
2.
vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Kinder seines Ehegatten,
3.
vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Enkel.
2§ 32 Absatz 3 bis 5 gilt entsprechend.3Voraussetzung für die Berücksichtigung ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).4Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.5Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 vorliegen.6Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, haben, werden nicht berücksichtigt, es sei denn, sie leben im Haushalt eines Berechtigten im Sinne des § 62 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a.7Kinder im Sinne von § 2 Absatz 4 Satz 2 des Bundeskindergeldgesetzes werden nicht berücksichtigt.

(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu bestimmen, dass einem Berechtigten, der im Inland erwerbstätig ist oder sonst seine hauptsächlichen Einkünfte erzielt, für seine in Absatz 1 Satz 3 erster Halbsatz bezeichneten Kinder Kindergeld ganz oder teilweise zu leisten ist, soweit dies mit Rücksicht auf die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten für Kinder in deren Wohnsitzstaat und auf die dort gewährten dem Kindergeld vergleichbaren Leistungen geboten ist.

(1) Für jedes Kind wird nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt.

(2)1Bei mehreren Berechtigten wird das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat.2Ist ein Kind in den gemeinsamen Haushalt von Eltern, einem Elternteil und dessen Ehegatten, Pflegeeltern oder Großeltern aufgenommen worden, so bestimmen diese untereinander den Berechtigten.3Wird eine Bestimmung nicht getroffen, so bestimmt das Familiengericht auf Antrag den Berechtigten.4Den Antrag kann stellen, wer ein berechtigtes Interesse an der Zahlung des Kindergeldes hat.5Lebt ein Kind im gemeinsamen Haushalt von Eltern und Großeltern, so wird das Kindergeld vorrangig einem Elternteil gezahlt; es wird an einen Großelternteil gezahlt, wenn der Elternteil gegenüber der zuständigen Stelle auf seinen Vorrang schriftlich verzichtet hat.

(3)1Ist das Kind nicht in den Haushalt eines Berechtigten aufgenommen, so erhält das Kindergeld derjenige, der dem Kind eine Unterhaltsrente zahlt.2Zahlen mehrere Berechtigte dem Kind Unterhaltsrenten, so erhält das Kindergeld derjenige, der dem Kind die höchste Unterhaltsrente zahlt.3Werden gleich hohe Unterhaltsrenten gezahlt oder zahlt keiner der Berechtigten dem Kind Unterhalt, so bestimmen die Berechtigten untereinander, wer das Kindergeld erhalten soll.4Wird eine Bestimmung nicht getroffen, so gilt Absatz 2 Satz 3 und 4 entsprechend.

(1)1Als Kinder werden berücksichtigt

1.
Kinder im Sinne des § 32 Absatz 1,
2.
vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Kinder seines Ehegatten,
3.
vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Enkel.
2§ 32 Absatz 3 bis 5 gilt entsprechend.3Voraussetzung für die Berücksichtigung ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).4Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.5Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 vorliegen.6Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, haben, werden nicht berücksichtigt, es sei denn, sie leben im Haushalt eines Berechtigten im Sinne des § 62 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a.7Kinder im Sinne von § 2 Absatz 4 Satz 2 des Bundeskindergeldgesetzes werden nicht berücksichtigt.

(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu bestimmen, dass einem Berechtigten, der im Inland erwerbstätig ist oder sonst seine hauptsächlichen Einkünfte erzielt, für seine in Absatz 1 Satz 3 erster Halbsatz bezeichneten Kinder Kindergeld ganz oder teilweise zu leisten ist, soweit dies mit Rücksicht auf die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten für Kinder in deren Wohnsitzstaat und auf die dort gewährten dem Kindergeld vergleichbaren Leistungen geboten ist.

Gründe

1

Die Beschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

2

1. Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision u.a. zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1) oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (Nr. 2). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

3

2. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.

4

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und im künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig ist (vgl. BFH-Beschluss vom 22. Juli 2011 V B 88/10, BFH/NV 2011, 1919). Ist über die Rechtsfrage bereits entschieden worden, so ist zusätzlich darzulegen, weshalb eine erneute Entscheidung des BFH für erforderlich gehalten wird. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es auch, wenn die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das Finanzgericht (FG) getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist und nicht (erst) in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2011, 1919; vom 6. Mai 2004 V B 101/03, BFHE 205, 416, BStBl II 2004, 748).

5

a) Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage, "welcher Zeitraum bei einer Unterbringung zur Schulausbildung in Deutschland ausreichend ist, wenn die Schulpflichtige ihren gewöhnlichen Aufenthalt bei ihren Eltern im Ausland hat und nunmehr in den Haushalt der Großeltern in Deutschland aufgenommen wird", ist weder klärungsbedürftig noch wäre sie in einem Revisionsverfahren klärbar. Denn die Grundsätze, unter denen eine Haushaltsaufnahme i.S. von § 63 Abs. 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) zu bejahen ist, sind von der ständigen Rechtsprechung bereits hinreichend geklärt. Danach liegt eine Haushaltsaufnahme vor, wenn das Kind nicht nur vorübergehend in die Familiengemeinschaft mit einem dort begründeten Betreuungs- und Erziehungsverhältnis aufgenommen worden ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 24. Oktober 2006 III S 3/06 (PKH), BFH/NV 2007, 238; vom 14. Januar 2011 III B 96/09, BFH/NV 2011, 788). Neben dem örtlich gebundenen Zusammenleben müssen Voraussetzungen materieller Art (Versorgung, Unterhaltsgewährung) und immaterieller Art (Fürsorge, Betreuung) erfüllt sein (BFH-Urteil vom 20. Juni 2001 VI R 224/98, BFHE 195, 564, BStBl II 2001, 713). Diese drei Merkmale können zwar je nach Einzelfall unterschiedlich ausgeprägt sein (BFH-Beschluss vom 18. Februar 2008 III B 69/07, BFH/NV 2008, 948), müssen aber alle vorliegen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 788). Dabei bezieht sich das örtliche Merkmal der Haushaltsaufnahme auf die gemeinsame Familienwohnung als ortsbezogener Mittelpunkt der gemeinschaftlichen Lebensinteressen (BFH-Beschlüsse vom 16. April 2008 III B 36/07, BFH/NV 2008, 1326; in BFH/NV 2011, 788).

6

Von diesen Grundsätzen ist das FG in seiner Entscheidung ausgegangen und hat die Voraussetzungen einer Haushaltsaufnahme im Rahmen einer tatsächlichen Würdigung des Einzelfalls abgelehnt. An diese nicht mit substantiierten Verfahrensrügen angegriffene Tatsachenwürdigung ist der BFH nach § 118 Abs. 2 FGO grundsätzlich gebunden. Die Umsetzung der höchstrichterlichen Grundsätze im Einzelfall --insbesondere durch Festlegung einer zeitlichen Grenze im Sinne einer "Mindestaufnahmedauer"-- entzieht sich daher einer generellen und abstrakten Bestimmung, die Aufgabe des Revisionsgerichts sein könnte.

7

b) Nicht klärungsbedürftig sind auch die weiteren Rechtsfragen, "ob ein nach Deutschland zurückkehrendes schulpflichtiges Kind einen Aufenthalt in Deutschland begründen kann" und "ob die Aufnahme in eine Schule für 'lediglich' ein Schulhalbjahr dem Charakter des Urlaubs-/Besuchsaufenthalts widerspricht".

8

aa) Die Frage nach dem Aufenthalt im Sinne eines Wohnsitzes nach § 8 der Abgabenordnung (AO) oder eines gewöhnlichen Aufenthalts nach § 9 AO eines schulpflichtigen Kindes in Deutschland ist im Streitfall nicht entscheidungserheblich, da sie sich nach § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG lediglich bei solchen Kindern stellt, die im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Für die Annahme einer Haushaltsaufnahme nach § 63 Abs. 1 Nr. 3 EStG kommt es nicht darauf an, sondern auf das Vorliegen der zuvor unter 2. a) dargelegten materiellen, immateriellen und örtlichen Elemente (vgl. auch BFH-Beschluss in BFH/NV 2008, 1326).

9

bb) Die zweite Frage nach dem Charakter eines Urlaubs- oder Besuchsaufenthalts bei der Aufnahme in eine Schule für ein Schulhalbjahr bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, da die Rechtslage eindeutig und die Frage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat.

10

Nach der Rechtsprechung des BFH besteht das für eine "Haushaltsaufnahme" erforderliche Obhutsverhältnis dann nicht, wenn das Kind nur für einen von vornherein begrenzten kurzfristigen Zeitraum aufgenommen wurde, etwa zu Besuchszwecken oder in den Ferien (BFH-Urteil in BFHE 195, 564, BStBl II 2001, 713). Von einer Haushaltsaufnahme kann zwar in der Regel ausgegangen werden, wenn das Kind seit mehr als drei Monaten in einem Haushalt lebt und eine Rückkehr in den Haushalt des sorgeberechtigten Elternteils nicht von vornherein feststeht (BFH-Urteil vom 25. Juni 2009 III R 2/07, BFHE 225, 438, BStBl II 2009, 968). Eine mehr als dreimonatige Aufenthaltsdauer in einem Haushalt begründet demnach dann keine Haushaltsaufnahme, wenn --wie im Streitfall-- eine Rückkehr in den anderen Haushalt von vornherein feststeht (vgl. BFH-Beschluss vom 7. Dezember 2010 III B 33/10, BFH/NV 2011, 433).

11

3. Soweit der Hinweis des Klägers auf den Beschluss des FG Baden-Württemberg vom 23. August 2006  8 V 31/06 ("Entscheidungen der Finanzgerichte" --EFG-- 2007, 204) und das Urteil des FG Nürnberg vom 23. Januar 2009  7 K 1714/2007 (Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst --DStRE-- 2010, 535) als Rüge einer Divergenz i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zu verstehen sein sollte, ist eine Divergenz weder hinreichend dargelegt worden noch liegt die gerügte Abweichung tatsächlich vor.

12

a) Zur Darlegung einer Divergenz muss der Beschwerdeführer tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus der behaupteten Divergenzentscheidung andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so eine Abweichung zu verdeutlichen (BFH-Beschlüsse vom 29. Mai 2006 V B 159/05, BFH/NV 2006, 1892; vom 22. März 2007 V B 136/05, BFH/NV 2007, 1719). Dabei ist insbesondere auch auszuführen, dass es sich im Streitfall um einen vergleichbaren Sachverhalt und um eine identische Rechtsfrage handele (BFH-Beschlüsse vom 17. Januar 2006 VIII B 172/05, BFH/NV 2006, 799; vom 1. Dezember 2006 VIII B 2/06, BFH/NV 2007, 450). Die bloße Behauptung des Klägers, die Entscheidung des FG stehe im Gegensatz zu den Entscheidungen des FG Baden-Württemberg und des FG Nürnberg, reicht daher zur Darlegung der Divergenz nicht aus.

13

b) Darüber hinaus liegt eine Abweichung des FG zu den bezeichneten FG-Entscheidungen auch nicht vor, da der Beschluss des FG Baden-Württemberg in EFG 2007, 204 und das Urteil des FG Nürnberg in DStRE 2010, 535 einen anderen Sachverhalt und eine andere Rechtsfrage betreffen. In beiden Entscheidungen ging es nicht um eine Haushaltsaufnahme nach § 63 Abs. 1 Nr. 2 und 3 EStG, sondern um die Anwendbarkeit des § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG, wonach Kinder, die im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, nicht für Zwecke des Kindergeldes berücksichtigt werden können.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.