Landesarbeitsgericht Düsseldorf Beschluss, 30. Okt. 2013 - 7 TaBV 56/13
Tenor
I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 19.04.2013, 1 BV 330/12, wird zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
1
G R Ü N D E :
2I.
3Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit und den Bestand einer Betriebsvereinbarung, die einen betriebsverfassungsrechtlichen Sonderkündigungsschutz für langjährig Beschäftigte regelt.
4Die Antragsgegnerin, die bis zum 30.06.2012 als X. AG firmierte, ist ein Dienstleister, insbesondere auf dem Gebiet der Servicierung von Bankportfolien. Sie unterliegt dem Geltungsbereich des Manteltarifvertrages für das Bankgewerbe (im Folgenden: MTV). Der Antragsteller ist der bei der Antragsgegnerin gewählte Betriebsrat.
5Spätestens seit dem Jahr 1969 - ein früherer Zeitpunkt ist nicht feststellbar - existiert im Betrieb der Antragsgegnerin eine Betriebsvereinbarung, die unter § 4 (im Folgenden: § 4 BV) Folgendes regelt:
6"Mitarbeiter/-innen, die mehr als zwanzig Jahre ununterbrochen in der Bank tätig gewesen sind, können nur aus einem in ihrer Person liegenden wichtigen Grund gekündigt werden."
7Die Betriebsvereinbarung wurde in der Vergangenheit mehrfach - zuletzt am 18.12.2009 - erneut abgeschlossen, wobei § 4 im Wortlaut nicht verändert wurde.
8Die Regelung des § 4 BV wurde bisher zu keinem Zeitpunkt relevant, weil bei der Antragsgegnerin keine betriebsbedingten Kündigungen ausgesprochen worden sind.
9Mit dem 12.11.1975 wurde ausweislich des von der Antragsgegnerin zur Akte gereichten "Tarifvertrag zur Änderung des Manteltarifvertrages" in § 17 Ziffer 3 MTV folgende Regelung aufgenommen:
10"Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben und dem Betrieb mindestens zehn Jahre ununterbrochen angehören, sind nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes und bei Betriebsänderungen im Sinne des § 111 BetrVG kündbar.
11Das gilt nicht, wenn ein Anspruch auf Altersruhegeld bzw. vorgezogenes Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder Rente wegen Erwerbsminderung geltend gemacht werden kann. Im Fall des Eintretens der teilweisen Erwerbsminderung und der teilweisen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit entfällt der Kündigungsschutz nur unter der weiteren Voraussetzung, dass für den Arbeitnehmer kein seinem Leistungsvermögen angemessener Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt worden ist oder werden kann.
12Die Möglichkeit der Änderungskündigung bleibt unberührt. Für die Verdienstsicherung gilt § 7 Ziffer 5 MTV."
13§ 19 Ziffer 3 MTV regelt - und zwar unverändert seit dem 01.11.1954 - Folgendes:
14"Günstigere Arbeitsbedingungen, auf die ein Arbeitnehmer durch Betriebsvereinbarung oder kraft eines besonderen Arbeitsvertrages Anspruch hat, bleiben bestehen."
151983 vereinbarten die Tarifvertragsparteien ein Rationalisierungsschutzabkommen (im Folgenden: RSA) zur Absicherung von Arbeitsplätzen und Einkommen bei Rationalisierungsmaßnahmen. Nach § 11 RSA in der Fassung vom 10.06.2010 ist geregelt, dass "günstigere gesetzliche, tarifliche und günstigere betriebliche oder einzelvertragliche Bestimmungen von diesem Abkommen unberührt bleiben".
16Seit dem Jahr 2001 hat die Antragsgegnerin in Arbeitsverhältnissen mit sogenannten Vertragsangestellten (außertariflich Beschäftigten) die Anwendung von § 4 der Betriebsvereinbarung arbeitsvertraglich ausgeschlossen.
17Mit Schreiben vom 14.05.2012 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, nach ihrer Auffassung könne § 4 BV allenfalls für die vor dem 12.11.1975 angestellten Beschäftigten greifen. Für alle nach diesem Zeitpunkt geschlossenen Arbeitsverhältnisse sei § 4 BV wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam.
18Mit Schreiben vom 04.12.2012 hat die Antragsgegnerin die Betriebsvereinbarung vorsorglich zum 30.06.2013 gekündigt.
19Aufgrund des bei der Antragsgegnerin bestehenden Haustarifvertrages "Tarifvertrag zur Restrukturierung und Beschäftigungssicherung bei der X. AG" (im Folgenden: HTV) vom 20.12.2011 sind betriebsbedingte Kündigungen bis zum 31.12.2013 ausgeschlossen. § 12 HTV enthält ebenfalls die Regelung, dass günstigere gesetzliche, tarifliche und günstigere bestehende betriebliche oder einzelvertragliche Bestimmungen von diesem Tarifvertrag unberührt bleiben.
20Der Antragsteller hat die Auffassung vertreten, § 4 BV sei nicht gemäß § 77 Abs. 3 BetrVG wegen Verstoßes gegen § 17 Ziffer 3 MTV unwirksam, weil unterschiedliche Regelungsgegenstände gegeben seien. § 4 BV knüpfe an andere tatbestandliche Voraussetzungen an als § 17 Ziffer 3 MTV, so dass § 4 BV gar nicht von der durch § 17 Ziffer 3 MTV vermittelten Regelungssperre erfasst werde. So sei das Lebensalter gemäß § 4 BV für den Sonderkündigungsschutz ohne Bedeutung. Der Sonderkündigungsschutz nach § 4 BV gelte ab einer 20jährigen, der nach § 17 Ziffer 3 MTV ab einer 10jährigen Betriebszugehörigkeit. Außerdem enthalte § 4 BV anders als § 17 Ziffer 3 MTV auch einen Kündigungsschutz bei Betriebsänderungen nach § 111 BetrVG. Schließlich beinhalte § 17 Ziffer 3 MTV Ausnahmen vom Sonderkündigungsschutz, so dass dieser in einer Vielzahl von Konstellationen entfallen könne. Dagegen entfalle der durch § 4 BV vermittelte Sonderkündigungsschutz nur aus einem in der Person des Beschäftigten liegenden wichtigen Grund. Ein Verstoß gegen § 77 Abs. 3 BetrVG entfalle auch deshalb, weil § 4 BV eine gegenüber § 17 Ziffer 3 MTV günstigere Regelung enthalte und damit nach der Öffnungsklausel des § 19 Ziffer 3 MTV zulässig sei. Die Öffnungsklausel im MTV regele eindeutig positiv, dem Grunde und dem Umfang nach, dass ergänzende Betriebsvereinbarungen gestattet seien und erfasse günstigere Arbeitsbedingungen aus Betriebsvereinbarungen unabhängig davon, ob diese vor oder nach Inkrafttreten des § 17 Ziffer 3 MTV vereinbart worden oder entstanden seien. Jedenfalls gelte § 4 BV deshalb fort, weil er im Verhältnis zu § 17 Ziffer 3 MTV die ältere Regelung sei und daher nach dem Wortlaut der Öffnungsklausel des § 19 Ziffer 3 MTV "bestehen bleibe". § 4 BV sei mit Einführung des § 17 Ziffer 3 MTV aufgrund der Öffnungsklausel auch deshalb nicht unwirksam geworden, weil Beschäftigte, die zu diesem Zeitpunkt bei der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin tätig gewesen seien, bereits eine Anwartschaft auf Erlangung von Sonderkündigungsschutz erworben hätten. Der bis zum 30.06.2013 erworbene Sonderkündigungsschutz gelte auch nach Ablauf der Kündigungsfrist der Betriebsvereinbarung weiter. Dies ergebe sich aus den Grundsätzen über den Vertrauensschutz und dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Die Grundsätze über den Vertrauensschutz seien auf Betriebsvereinbarungen anwendbar. Ein einzelvertraglicher Ausschluss des Sonderkündigungsschutzes bei Vertragsangestellten sei unwirksam.
21Der Antragsteller hat beantragt,
221.festzustellen, dass § 4 der Betriebsvereinbarung i. d. F. vom 18.12.2009 (BV) nicht aufgrund des § 17 Abs. 3 des Manteltarifvertrages für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken i. d. F. vom 06.06.2012 (MTV) wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG unwirksam ist.
232.festzustellen, dass die am 04.12.2012 von der Antragsgegnerin ausgesprochene Kündigung von § 4 BV zum 30.06.2013 den aus § 4 BV bis zum 30.06.2013 entstandenen und entstehenden Sonderkündigungsschutz unberührt lässt.
243.festzustellen, dass alle Ausschlüsse des § 4 BV in Arbeitsverträgen mit außertariflichen Beschäftigten, sog. Vertragsangestellte, die keine leitenden Angestellten gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG sind, unwirksam sind.
254.festzustellen, dass ein Entstehen des Sonderkündigungsschutzes gemäß § 4 BV auch über den 30.06.2013 hinaus möglich ist.
26Die Antragsgegnerin hat beantragt,
27die Anträge zurückzuweisen.
28Die Antragsgegnerin hat die Auffassung vertreten, dass § 4 BV von Anfang an wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam gewesen sei, da der in § 4 BV vereinbarte Sonderkündigungsschutz üblicherweise in Tarifverträgen geregelt werde und deshalb mit § 77 Abs. 3 BetrVG kollidiere. Jedenfalls sei § 4 BV aber mit Inkrafttreten von § 17 Ziffer 3 MTV unwirksam geworden, denn bei der Regelung in § 4 BV handele es sich um den gleichen Regelungsgegenstand wie in § 17 Ziffer 3 MTV. § 19 Ziffer 3 MTV stelle keine Öffnungsklausel für die Inhalte des § 17 Ziffer 3 MTV dar, sondern sei richtigerweise als bloße salvatorische Klausel zu verstehen. Sie diene als solche dem Zweck, sicherzustellen, dass keine im Arbeitsvertrag oder im MTV vorhandenen für die Arbeitnehmer günstigeren, erworbenen Rechtspositionen vergessen und den Arbeitnehmern damit "abgeschnitten" würden. § 19 Ziffer 3 MTV verweise zudem auf keine spezielle Regelung des MTV, obwohl der MTV zahlreiche spezielle Öffnungsklauseln enthalte. Wäre die Auslegung des Antragstellers zutreffend, hätte es keiner der vorhandenen detaillierten Öffnungsklauseln im MTV bedurft. Im Ergebnis würde eine solche Auslegung bedeuten, dass alle bestehenden betrieblichen Regelungen dauerhaft weiterhin Bestand haben sollten, selbst wenn sie in Widerspruch zum MTV stehen würden. Dies würde im Ergebnis dazu führen, dass § 77 Abs. 3 BetrVG keinen Anwendungsbereich im Rahmen des MTV hätte. Mit einer solchen allgemeinen Öffnungsklausel würde auch der Funktion des Tarifvertrages, einheitliche Arbeitsbedingungen zu schaffen, nicht mehr Rechnung getragen. Allenfalls sei § 19 Ziffer 3 MTV als reine Besitzstandsklausel zu verstehen, mit der der bereits erworbene Besitzstand der im Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 17 Ziffer 3 MTV beschäftigten Mitarbeiter habe gesichert werden sollen. Einen derartigen Besitzstand hätten aber nur die Mitarbeiter, die am 12.11.1975 die Voraussetzungen von § 4 BV erfüllt hätten. Derartige Mitarbeiter seien aus Altersgründen bei der Antragsgegnerin nicht mehr beschäftigt. Der Antrag zu 2) sei bereits deshalb unbegründet, weil die zugrunde liegende Bestimmung des § 4 BV unwirksam sei. Der Antrag zu 3) sei bereits unzulässig, denn der Betriebsrat sei nicht zur Verfolgung von individualrechtlichen Ansprüchen der Arbeitnehmer befugt. Außerdem sei der Antrag zu 3) auch unbegründet, weil der Antragsteller nicht in einer eigenen betriebsverfassungsrechtlichen Position verletzt sei. Aus diesem Grund sei auch der Antrag zu 4) bereits unzulässig. Zudem sei dieser Antrag - unabhängig von der Unwirksamkeit des § 4 BV - auch unbegründet, weil es sich um eine freiwillige Betriebsvereinbarung handele, die keine Nachwirkung entfalte.
29Das Arbeitsgericht hat die Anträge zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der zulässige Antrag zu 1) sei nicht begründet, da § 4 BV gemäß § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam sei. § 4 BV und § 17 Ziffer 3 MTV hätten denselben Regelungsgegenstand, denn in beiden Regelungen gehe es darum, Arbeitnehmern mit langjähriger Betriebstreue einen besonderen Bestandsschutz zu verschaffen. § 19 Ziffer 3 MTV enthalte keine Öffnungsklausel, da diese Norm in keinem unmittelbaren Zusammenhang zu einer tarifvertraglichen Regelung stehe. Zudem existiere § 19 Ziffer 3 MTV länger als § 4 BV, was ebenfalls dagegen spreche, dass mit der tarifvertraglichen Regelung eine Befugnis der Betriebsparteien habe geregelt werden sollen. Entscheidend spreche der Wortlaut der Tarifnorm gegen eine Öffnungsklausel. Es gehe ausdrücklich um etwaige Ansprüche des Arbeitnehmers und nicht um Gestaltungsrechte der Betriebspartner. Die Antragsgegnerin handele auch nicht rechtsmissbräuchlich, wenn sie sich auf die Unwirksamkeit von § 4 BV berufe. Allenfalls im Verhältnis zu einzelnen Arbeitnehmern könne es sich um ein rechtsmissbräuchliches Verhalten handeln, was in einem Verfahren zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu klären sei. Der Antrag zu 2) sei unbegründet, weil § 4 BV unwirksam sei. Der Antrag zu 3) sei unzulässig, weil keine kollektivrechtliche Fragestellung betroffen sei. Der Antrag zu 4) sei ebenfalls unzulässig, aber auch unbegründet, weil eine freiwillige Betriebsvereinbarung nicht nachwirke, sondern ersatzlos entfalle. Damit sei das Entstehen von Rechten über den Zeitpunkt des Ablaufs der Betriebsvereinbarung hinaus rechtlich ausgeschlossen.
30Gegen den ihm am 13.05.2013 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf hat der Antragsteller mit einem am 07.06.2013 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese mit einem am 15.07.2013 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
31Mit seiner Beschwerde rügt der Antragsteller unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens, das Arbeitsgericht habe den Antrag zu 1) zu Unrecht abgewiesen. § 4 BV sei wirksam entstanden, weil es im Jahr 1969 keine vergleichbaren tarifvertraglichen Regelungen gegeben habe. Es sei davon auszugehen, dass der Sonderkündigungsschutz tatsächlich schon früher als 1969 gegolten habe. Das Arbeitsgericht sei zu Unrecht von einem gleichen Regelungsgegenstand ausgegangen. § 4 BV bezwecke letztlich einen Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen, § 17 Ziffer 3 MTV einen Schutz vor verhaltens- und personenbedingten Kündigungen. Zudem sei § 4 BV zur Absicherung einer beamtenähnlichen Versorgung der Beschäftigten eingeführt worden. Schließlich seien den Tarifvertragsparteien Regelungen über Betriebsänderungen entzogen. Daher dürfe den Betriebsparteien durch eine tarifvertragliche Regelung nicht die Normierung von Sonderkündigungsschutz für den Fall von Betriebsänderungen entzogen werden. § 4 BV sei daher jedenfalls insoweit wirksam, als er einen Sonderkündigungsschutz bei Betriebsänderungen bestimme. Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass § 4 BV jedenfalls aufgrund der in § 19 Ziffer 3 MTV enthaltenen Öffnungs- oder Besitzstandsklausel wirksam sei. Im Unterschied zu § 19 Ziffer 3 MTV gestatteten die weiteren im MTV enthaltenen Öffnungsklauseln auch Abweichungen vom MTV für die Zukunft. § 11 RSA und § 12 HTV seien bei der Auslegung von § 19 Ziffer 3 MTV zu berücksichtigen. Danach blieben günstigere Betriebsvereinbarungen wirksam, wenn sie vor Inkrafttreten der tarifvertraglichen Regelung bereits gegolten hätten. § 19 Ziffer 3 MTV sei im gleichen Sinne auszulegen. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei es auch nicht erforderlich, dass eine Öffnungsklausel systematisch oder inhaltlich mit einer bestimmten tarifvertraglichen Regelung in Zusammenhang stehe. Erforderlich sei allein, dass die Öffnungsklausel Abweichungen oder Ergänzungen gestatte. Nach dem Wortlaut sollten "günstigere Arbeitsbedingungen……bestehen bleiben". Im Vordergrund des Wortlauts stünde somit das Bestehen bleiben von kollektiv-rechtlichen Regelungen. Die Worte, "auf die ein Arbeitnehmer Anspruch hat", seien abstrakt zu verstehen. Möglicherweise hätten die Tarifvertragsparteien es lediglich versäumt, den Wortlaut des § 19 Ziffer 3 MTV eindeutiger zu fassen. Da § 19 Ziffer 3 MTV sich nicht auf bestimmte Regelungsgegenstände beschränke, sei unerheblich, dass § 19 Ziffer 3 MTV älter als § 4 BV sei. Der entstandene Sonderkündigungsschutz habe als bereits entstandene Einrede Bestandsschutz und gelte somit weiter. Dies gelte trotz der von der Antragsgegnerin ausgesprochenen Kündigung der Betriebsvereinbarung. Die Antragsgegnerin habe zudem einen Vertrauenstatbestand gesetzt. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei der Antrag zu 3) zulässig, weil ein einzelvertraglicher Ausschluss gegen § 77 Abs. 4 S. 2 BetrVG verstoße, so dass die Verletzung eigener Rechte geltend gemacht werde. Auch den Antrag zu 4) habe das Arbeitsgericht zu Unrecht zurückgewiesen. Der Beschluss berücksichtige nicht, dass für einzelne Beschäftigte in erheblichem Umfang Anwartschaften auf Erlangung des Sonderkündigungsschutzes entstanden seien.
32Der Antragsteller beantragt, den Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 19.04.2013, 1 BV 330/12, abzuändern und
331. festzustellen, dass § 4 der Betriebsvereinbarung i. d. F. vom
3418.12.2009 (BV) nicht aufgrund des § 17 Abs. 3 des Manteltarifver-
35trages für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken
36i. d. F. vom 06.06.2012 (MTV) wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3
37S. 1BetrVG unwirksam ist.
382.festzustellen, dass die am 04.12.2012 von der Antragsgegnerin ausgesprochene Kündigung von § 4 BV zum 30.06.2013 den aus § 4 BV bis zum 30.06.2013 entstandenen und entstehenden Sonderkündigungsschutz unberührt lässt.
393.festzustellen, dass alle Ausschlüsse des § 4 BV in Arbeitsverträgen mit außertariflichen Beschäftigten, sog. Vertragsangestellte, die keine leitenden Angestellten gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG sind, unwirksam sind.
404.festzustellen, dass ein Entstehen des Sonderkündigungsschutzes gemäß § 4 BV auch über den 30.06.2013 hinaus möglich ist.
41Die Antragsgegnerin beantragt,
42die Beschwerde zurückzuweisen.
43Sie verteidigt den Beschluss des Arbeitsgerichts unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Sie führt aus, zutreffend habe das Arbeitsgericht festgestellt, dass § 4 BV und § 17 Ziffer 3 MTV keine unterschiedlichen Schutzzwecke verfolgten. Beide Regelungen beinhalteten den Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts. Daran ändere die Einschränkung bei Betriebsänderungen ebenso wenig wie die etwas unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen. Zutreffend habe das Arbeitsgericht in § 19 Ziffer 3 MTV auch keine Öffnungsklausel gesehen. Bei der Auslegung müsse davon ausgegangen werden, dass die Tarifvertragsparteien in § 17 Ziffer 3 MTV eine Öffnungsklausel aufgenommen hätten - wie in zahlreichen anderen Vorschriften auch - wenn dies ihrem Willen entsprochen hätte. Bereits eine Auslegung des § 19 Ziffer 3 MTV anhand des Wortlauts ergebe, dass die Aufrechterhaltung entstandener Ansprüche gewährleistet werden solle, nicht aber die Aufrechterhaltung der Rechtsgrundlage. Den Vergleich, den der Antragsteller zwischen dem MTV einerseits und dem RSA bzw. dem HTV andererseits ziehe, sei in der Sache falsch und unzulässig, was sich bereits aus dem gänzlich unterschiedlichen Wortlaut der einzelnen Regelungen ergebe. Der MTV beziehe sich auf die Arbeitsbedingungen, mithin auf einen bestehenden Anspruch, der RSA und der HTV auf die betrieblichen Bestimmungen, mithin die Anspruchsgrundlage. Deshalb könnten diese Regelungen auch nicht miteinander verglichen werden. Der Antrag zu 2) sei bereits unzulässig, aber auf jeden Fall unbegründet. Gleiches gelte für den Antrag zu 3). Hierbei gehe es nicht um die Durchführungsverpflichtung des Arbeitgebers nach § 77 BetrVG, sondern es solle nach dem Antrag des Antragstellers die arbeitsvertragliche Frage geklärt werden, ob bestimmte Vertragsinhalte mit Arbeitnehmern wirksam seien oder nicht. Der Antrag zu 4) sei bereits zu unbestimmt. Zudem sei der Antrag aber auch unbegründet, da - ungeachtet der Unwirksamkeit von § 4 BV - die Geltung von § 4 BV jedenfalls mit dem 30.06.2013 aufgrund der vorsorglichen Kündigung ihr Ende gefunden habe. § 4 BV entwickele keine Nachwirkung, weil es sich um eine Angelegenheit der freiwilligen Mitbestimmung handele. Das Verlangen der Beschwerde würde faktisch dazu führen, dass der Regelung des § 4 BV doch eine Nachwirkung zukäme. Entgegen der Behauptungen des Antragstellers sei ihr - der Antragsgegnerin - die Unwirksamkeit von § 4 BV nicht bekannt gewesen. Tatsächlich sei die Wirksamkeit von § 4 BV nie juristisch überprüft worden, weil betriebsbedingte Kündigungen weder bei der früheren X. deutschen Landesbank Girozentrale B. noch bei der späteren X. jemals ein Thema gewesen seien. Deshalb lasse sich auch aus dem Verbleib von § 4 BV in verschiedenen Betriebsvereinbarungen kein Schluss ziehen.
44Wegen des weiteren Beschwerdevorbringens der Beteiligten wird auf ihre in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
45II.
46Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist nämlich an sich statthaft (§ 87 Abs. 1 ArbGG) sowie in gesetzlicher Form und Frist eingelegt und begründet worden (§ 87 Abs. 2 in Verbindung mit §§ 66 Abs. 1 S. 1, 89 Abs.1 S. 2 ArbGG).
47Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Anträge des Antragstellers zu Recht zurückgewiesen. Die Beschwerdebegründung ist nicht geeignet, die Entscheidung des Arbeitsgerichts abzuändern.
481.
49Der Antrag zu 1) ist zulässig, aber unbegründet. § 4 BV ist wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam. § 19 Ziffer 3 MTV enthält keine Öffnungsklausel, die eine Normenkonkurrenz zwischen § 4 BV und § 17 Ziffer 3 MTV ausdrücklich gestattet. Im Einzelnen ist dazu Folgendes auszuführen:
50Nach § 77 Abs. 3 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Diese Vorschrift gewährleistet nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie. Dazu räumt sie den Tarifvertragsparteien den Vorrang zur Regelung von Arbeitsbedingungen ein. Diese Befugnis soll nicht durch ergänzende oder abweichende Regelungen der Betriebsparteien ausgehöhlt werden können (vgl. BAG, Beschluss vom 20.04.1999, 1 ABR 72/98, zu B II der Gründe; BAG, Urteil vom 24.01.1996, 1 AZR 597/95, zu I 1 der Gründe, zitiert nach juris). Das schließt eine Normsetzung durch die Betriebsparteien aus, die ihrem Zweck nach mit entsprechenden Tarifregelungen konkurrieren würde. Im Rahmen des § 77 Abs. 3 BetrVG gilt zwischen Betriebsvereinbarung und Tarifvertrag auch nicht das Günstigkeitsprinzip des § 4 Abs. 3 TVG. Auch günstigere Betriebsvereinbarungen sind daher unwirksam.
51Arbeitsbedingungen sind dann durch einen Tarifvertrag geregelt, wenn über sie ein Tarifvertrag abgeschlossen worden ist und der Betrieb in den räumlichen, betrieblichen und fachlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags fällt. Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt.
52Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG bezieht sich ausweislich des Gesetzeswortlauts auf "Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen". Unter "sonstigen Arbeitsbedingungen" sind alle Regelungen zu verstehen, die Gegenstand der Inhaltsnorm eines Tarifvertrages sein können. Dies ist bei der Regelung eines Sonderkündigungsschutzes für Arbeitnehmer der Fall.
53Eine die Sperrwirkung auslösende tarifliche Regelung setzt voraus, dass der Tarifvertrag hinsichtlich der in Frage stehenden Arbeitsbedingungen eine positive Sachregelung enthält. Der Umfang einer tariflichen Regelung ist durch Auslegung des Tarifvertrags zu ermitteln. Dabei ist insbesondere der Gesetzeszweck des § 77 Abs. 3 BetrVG zu berücksichtigen, der verhindern will, dass Gegenstände, derer sich die Tarifvertragsparteien angenommen haben, konkurrierend durch Betriebsvereinbarung geregelt werden (vgl. BAG, Urteil vom 29.10.2002, 1 AZR 573/01, zitiert nach juris). Es ist zu prüfen, ob nach dem Willen der Tarifvertragsparteien die betreffende Angelegenheit abschließend geregelt werden soll. Enthält ein Tarifvertrag nur lückenhafte oder ergänzungsbedürftige Rahmenregelungen, steht ihrer Ausfüllung durch Betriebsvereinbarungen insoweit keine Sperrwirkung entgegen (vgl. BAG, Beschluss vom 03.04.1979, 6 ABR 29/77, zitiert nach juris).
54Von diesen Grundsätzen ausgehend hat § 17 Ziffer 3 MTV einen abschließenden Regelungsgegenstand, nämlich den Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts. Zweck dieses Sonderkündigungsschutzes ist der Schutz gegen ordentliche Kündigungen für langjährig beschäftigte Mitarbeiter. Diesen Zweck beinhalten beide Regelungen. Entgegen der Auffassung des Antragstellers erfasst § 17 Ziffer 3 MTV nicht lediglich einen Schutz gegen verhaltens- oder personenbedingte Kündigungen, sondern auch gegen betriebsbedingte Kündigungen. Der Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen wird lediglich für Betriebsänderungen eingeschränkt. Dadurch wird aber nicht der Regelungsgegenstand, nämlich der Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts geändert. Der Einwand des Antragstellers, bei der Antragstellerin gäbe es keine betriebsbedingten Kündigungen ohne Betriebsänderung, so dass faktisch ein Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen nicht geregelt werde, greift nicht. Zutreffend weist die Antragstellerin in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der MTV nicht nur für die Verhältnisse bei der Antragsgegnerin gilt, die damals eine der größten öffentlichen Banken war, sondern auch für kleinere Banken, bei denen es durchaus betriebsbedingte Kündigungen ohne eine Betriebsänderung geben kann mit der Folge, dass auch betriebsbedingte Kündigungen ohne Betriebsänderung im MTV geregelt werden. Unerheblich ist, ob derartige Kündigungen im Bereich der Antragsgegnerin vorkommen. Entscheidend ist, dass betriebsbedingte Kündigungen vom Regelungsbereich des § 17 Ziffer 3 MTV erfasst werden. Die Tarifvertragsparteien haben den Sonderkündigungsschutz betreffend eine abschließende Regelung getroffen und nicht etwa nur Rahmenbedingungen vorgegeben. § 4 BV füllt insoweit nicht etwa eine Lücke aus, sondern will die tarifvertraglich vorgegebene Einschränkung des Sonderkündigungsschutzes vor betriebsbedingten Kündigungen ändern. Gerade dieser Umstand wird von der Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG erfasst.
55Auch die etwas unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen ändern den Regelungsgegenstand beider Vorschriften nicht derart, dass von unterschiedlichen Regelungsgegenständen auszugehen wäre.
56§ 4 BV knüpft wie die tarifliche Regelung an die Beschäftigungsdauer an. Er gewährt den Sonderkündigungsschutz zwar unabhängig vom Lebensalter der Betroffenen und führt so zu einer Verbesserung der kündigungsrechtlichen Situation der Beschäftigten, tritt aber auch auf diese Weise in Konkurrenz zur tariflichen Bestimmung (vgl. dazu BAG, Urteil vom 18.03.2010, 2 AZR 337/08, zitiert nach juris).
57Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG ist vorliegend auch nicht auf Grund der Schutzfunktion der in §§ 111 ff BetrVG geregelten Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats beseitigt. Entgegen der Auffassung des Antragstellers greift § 17 Ziffer 3 MTV nicht in unzulässiger Weise in die Rechte des Antragstellers im Bereich von Betriebsänderungen ein, denn aus den Regelungen in §§ 111 ff BetrVG ergibt sich nicht, dass Sonderkündigungsschutz bei Betriebsänderungen den Betriebsparteien zugewiesen ist. Die §§ 111 ff BetrVG normieren Inhalt und Umfang des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats. Sie geben nicht zu erkennen, dass damit Regelungskompetenzen der Tarifvertragsparteien aus Art. 9 Abs. 3 GG, § 1 TVG zurückgedrängt werden sollten. Die betriebsverfassungsrechtlichen Regelungen entfalten somit keine Sperrwirkung gegenüber tariflichen Sozialplänen (vgl. BAG, Urteil vom 24.04.2007, 1 AZR 252/06, zitiert nach juris).
58Im Geltungsbereich tariflicher Bestimmungen sind konkurrierende betriebliche Regelungen nach § 77 Abs. 3 S. 2 BetrVG allerdings zulässig, soweit die Tarifparteien die Normenkonkurrenz ausdrücklich gestatten. Dies muss nicht wörtlich geschehen. Die Zulassung muss im Tarifvertrag nur deutlich zum Ausdruck kommen (vgl. BAG, Urteil vom 29.10.2002, 1 AZR 573/01, zitiert nach juris).
59Der MTV enthält eine solche Öffnungsklausel nicht.
60In § 17 Ziffer 3 MTV ist eine Öffnungsklausel nicht enthalten.
61§ 19 Ziffer 3 MTV stellt keine Öffnungsklausel bezogen auf § 17 Ziffer 3 MTV dar.
62Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. BAG, Urteil vom 22.04.2010, 6 AZR 962/08, m. w. N., zitiert nach juris).
63Ausgehend von vorstehenden Grundsätzen ist abgestellt auf den Wortlaut und den tariflichen Gesamtzusammenhang, in § 19 Ziffer 3 BetrVG keine Öffnungsklausel im Hinblick auf § 17 Ziffer 3 BetrVG zu sehen. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut und dem tariflichen Zusammenhang.
64Die entgegenstehende Auffassung des Antragstellers wird durch die von ihm zitierte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20.02.2011, 1 AZR 233/00, zitiert nach juris, nicht gestützt. In dem dort entschiedenen Verfahren hat sich die Tarifnorm auf "betriebliche Systeme" bezogen, die "unberührt bleiben". Die Regelung in § 19 Ziffer 3 MTV bezieht sich ausweislich des Wortlauts der Vorschrift zum einen nicht auf die betriebliche Regelung, also die Betriebsvereinbarung, als "das im Betrieb praktizierte abstrakt-generelle Verfahren", sondern auf den durch die Betriebsvereinbarung entstandenen "Anspruch" des Arbeitnehmers auf "günstigere Arbeitsbedingungen". Zum anderen regelt § 19 Ziffer 3 MTV nicht - wie in dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall -, dass "vorhandene betriebliche Systeme unberührt bleiben", sondern dass "Ansprüche bestehen bleiben", auf die der Arbeitnehmer einen Anspruch "hat". Dies verdeutlicht, dass nur der aufgrund einer Betriebsvereinbarung bereits erworbene Anspruch einem Arbeitnehmer nicht genommen werden soll, denn es kann nur das "bestehen bleiben", was bereits vorhanden ist. Dass auch die dem Anspruch zugrunde liegende Betriebsvereinbarung als betriebliche Regelung "bestehen bleiben" soll, ergibt sich ausweislich des Wortlauts der Regelung mithin gerade nicht. Diese Auffassung wird auch durch den tarifvertraglichen Gesamtzusammenhang gestützt. § 19 MTV befindet sich unter den "Schlussbestimmungen". Dort wird in Ziffer 2. ein widerrufliches Verzichtsrecht des Arbeitnehmers auf geldliche Ansprüche aus dem Tarifvertrag geregelt, mithin ein Recht des einzelnen Arbeitnehmers. Sodann wird unter Ziffer 3. ein "Anspruch" des einzelnen Arbeitnehmers geregelt. Wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, werden also nicht Gestaltungsrechte der Betriebsparteien, sondern Ansprüche der Arbeitnehmer geregelt. § 19 Ziffer 3 MTV gestattet nach seinem Wortlaut und der systematischen Stellung im Tarifvertrag mithin keine Abweichungen oder Ergänzungen vom MTV durch die Betriebsparteien, sondern stellt eine Besitzstandsklausel für vom Arbeitnehmer bereits erworbene Ansprüche dar. Im Vordergrund steht entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht das Bestehen bleiben einer kollektiv-rechtlichen Regelung mit der Möglichkeit, weitere Ansprüche zu erwerben, sondern das Bestehen bleiben eines vom Arbeitnehmer bereits erworbenen individualrechtlichen Anspruchs.
65Eine andere Auslegung ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung von § 11 RSA - soweit diese außerhalb des Tarifvertrages liegende Regelung überhaupt zu berücksichtigen ist - denn der dortige Wortlaut ist entscheidend anders. Dort heißt es "Günstigere gesetzliche, tarifliche und günstigere betriebliche oder einzelvertragliche Bestimmungen bleiben von diesem Abkommen unberührt." Hier wird aus dem Wortlaut deutlich, dass die betriebliche Regelung als Grundlage für Ansprüche bestehen bleiben soll. Gleiches gilt für § 12 HTV, der ebenfalls die "Bestimmungen" unberührt lässt. Eine derartige Formulierung haben die Tarifvertragsparteien in § 19 Ziffer 3 MTV gerade nicht gewählt. Wäre es der Wille der Tarifvertragsparteien gewesen, die Betriebsvereinbarung, auf der der Anspruch des Arbeitnehmers beruht, bestehen zu lassen, wäre eine Formulierung wie in § 11 RSA oder § 12 HTV gewählt worden. Gerade im Hinblick auf diese Vorschriften hätte es nahe gelegen, die Formulierung in § 19 Ziffer 3 MTV entsprechend anzupassen. Anhaltspunkte dafür, dass die Nichtanpassung lediglich auf einem Versäumnis der Tarifvertragsparteien beruht, sind nicht ersichtlich. Abgesehen davon wäre ein entgegenstehender Wille der Tarifvertragsparteien auch unerheblich, da ein solcher im Tarifvertrag keinen Niederschlag gefunden hat. § 19 Ziffer 3 MTV nimmt weder konkret noch in irgendeiner Form abstrakt auf einen Sonderkündigungsschutz Bezug.
66Es sind auch keine weiteren Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass § 19 Ziffer 3 MTV bezweckt, den Betriebsparteien die umfassende Möglichkeit zu geben, durch Betriebsvereinbarungen oder Arbeitsvertrag für die Arbeitnehmer günstigere Arbeitsbedingungen zu schaffen, wobei festzustellen ist, dass arbeitsvertraglich günstigere Regelungen ohnehin nach § 4 Abs. 3 TVG als günstigere Regelung der tarifvertraglichen Regelung vorgehen, so dass es einer derartigen Erwähnung im Tarifvertrag nicht bedurft hätte. Sinn und Zweck der Regelung ist nach Auffassung der Beschwerdekammer ein Bestandsschutz für von Arbeitnehmern - auf individualrechtlicher oder betriebsverfassungsrechtlicher Grundlage - bereits erworbenen Ansprüchen, nicht aber die Aufrechterhaltung der zugrunde liegenden Betriebsvereinbarung für die Zukunft.
67Durch die Einführung der zahlreichen Öffnungsklauseln haben die Tarifvertragsparteien zudem entschieden, zu welchen Regelungsgegenständen sie eine mögliche betriebliche Regelung für zulässig erachten wollen. In Übereinstimmung mit der Antragsgegnerin geht auch die Beschwerdekammer davon aus, dass die Tarifvertragsparteien in Ansehung konkreter spezifischer Öffnungsklauseln ohne speziellen Bezug auf § 17 Ziffer 3 MTV eine generelle Öffnung - zudem dauerhaft - nicht zulassen wollten.
68Für die Auffassung des Antragstellers finden sich mithin weder im Wortlaut noch in der Systematik des Tarifvertrages Anhaltspunkte. Zudem ist zu berücksichtigen, dass § 19 Ziffer 3 MTV schon seit dem 01.11.1954 Inhalt des Tarifvertrages ist, was bedeutet, dass diese Klausel ohne Bezug zu einem Sonderkündigungsschutz entstanden ist.
69Entgegen der Auffassung des Antragstellers sind auf Betriebsvereinbarungen auch nicht die Grundsätze des Vertrauensschutzes anwendbar. Dies ergibt sich bereits daraus, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Betriebsvereinbarungen über einen tariflich geregelten Gegenstand nicht nur dann unwirksam sind, wenn bei ihrem Zustandekommen entsprechende Tarifverträge bereits bestanden. Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 wirkt vielmehr auch dann, wenn entsprechende Tarifbestimmungen erst später in Kraft treten (vgl. BAG, Beschluss vom 21.01.2003, 1 ABR 9/02, zitiert nach juris). In diesem Fall verliert eine bestehende vortarifliche Bestimmung mit Inkrafttreten des Tarifvertrages ihre Wirksamkeit (Fitting u. a., § 77 Rn. 99). Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG kann nicht durch einen Vertrauensschutz "unterlaufen" werden. Andernfalls würde in unzulässiger Weise in die Autonomie der Tarifvertragsparteien eingegriffen. Ein Vertrauensschutz kommt allenfalls im individualrechtlichen Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Betracht, worüber im vorliegenden Verfahren jedoch nicht zu entscheiden ist.
70Ob § 4 BV aufgrund von einer bereits 1969 tarifüblichen Regelung eines Sonderkündigungsschutzes von Anfang an unwirksam war oder erst mit Inkrafttreten von § 17 Ziffer 3 MTV unwirksam wurde, braucht nicht entschieden zu werden, denn unstreitig sind im Betrieb der Antragsgegnerin aus Altersgründen keine Mitarbeiter mehr beschäftigt, die 1975 bereits eine 20jährige Betriebszugehörigkeit aufzuweisen hatten. Entgegen der Auffassung des Antragstellers reicht es nicht aus, dass derzeit noch Mitarbeiter im Betrieb beschäftigt werden, die bereits vor 1975 eingestellt worden sind, denn da § 4 BV - jedenfalls seit Inkrafttreten des § 17 Ziffer 3 MTV im Jahr 1975 - unwirksam ist, können diese Mitarbeiter keine für § 4 BV maßgeblichen weiteren Betriebszugehörigkeitszeiten mehr erwerben. Ausweislich des Wortlautes von § 19 Ziffer 3 MTV werden aber - wie bereits ausgeführt - nur bereits erworbene Ansprüche, nicht aber Anwartschaften geschützt.
71Der Antrag zu 1) ist daher zurückzuweisen.
722.
73Der Antrag zu 2) ist schon deshalb zurückzuweisen, weil § 4 BV unwirksam ist und damit auch zukünftig keine Rechtswirkung entfalten kann.
743.
75Zutreffend hat bereits das Arbeitsgericht festgestellt, dass der Feststellungsantrag zu 3) unzulässig ist, weil dem Antragsteller kein Recht zur Verfolgung individualrechtlicher Ansprüche zusteht. Der Anspruch des Betriebsrats auf Durchführung einer Betriebsvereinbarung hat nicht die Befugnis des Betriebsrats zum Inhalt, vom Arbeitgeber aus eigenem Recht die Erfüllung von Ansprüchen der Arbeitnehmer aus einer Betriebsvereinbarung zu verlangen. Zudem ist der Antrag unbegründet, da § 4 BV unwirksam ist.
764.
77Auch der Feststellungsantrag zu 4) ist bereits wegen mangelnder Bestimmtheit unzulässig, in jedem Fall aber unbegründet, denn die freiwillige Betriebsvereinbarung wirkt - abgesehen davon, dass sie unwirksam ist - nach § 77 Abs. 6 BetrVG nicht nach.
78Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
79III.
80Da der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukommt, war die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht zuzulassen (vgl. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG i. V. m. § 92 Abs. 1 S. 2 ArbGG).
81RECHTSMITTELBELEHRUNG
82Gegen diesen Beschluss kann von dem Antragsteller
83R E C H T S B E S C H W E R D E
84eingelegt werden.
85Für weitere Beteiligte ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
86Die Rechtsbeschwerde muss
87innerhalb einer Notfrist* von einem Monat
88nach der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Beschlusses schriftlich oder in elektronischer Form beim
89Bundesarbeitsgericht
90Hugo-Preuß-Platz 1
9199084 Erfurt
92Fax: 0361-2636 2000
93eingelegt werden.
94Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
95Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
961.Rechtsanwälte,
972.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
983.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder eines anderen Verbandes oder Zusammenschlusses mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
99In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Rechtsbeschwerdeschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
100Beteiligte, die als Bevollmächtigte zugelassen sind, können sich selbst vertreten.
101Bezüglich der Möglichkeit elektronischer Einlegung der Rechtsbeschwerde wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I Seite 519) verwiesen.
102* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
103PaßlickSchöpsWüst
Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Düsseldorf Beschluss, 30. Okt. 2013 - 7 TaBV 56/13
Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Düsseldorf Beschluss, 30. Okt. 2013 - 7 TaBV 56/13
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Landesarbeitsgericht Düsseldorf Beschluss, 30. Okt. 2013 - 7 TaBV 56/13 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten
- 1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen, - 2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen, - 3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben, - 4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen, - 5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.
(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.
(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.
(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.
(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.
(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.
(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.
In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten
- 1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen, - 2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen, - 3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben, - 4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen, - 5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.
(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.
(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.
(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.
(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.
(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.
(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.
(1) Arbeitnehmer (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, unabhängig davon, ob sie im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäftigt werden. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten, die in der Hauptsache für den Betrieb arbeiten. Als Arbeitnehmer gelten ferner Beamte (Beamtinnen und Beamte), Soldaten (Soldatinnen und Soldaten) sowie Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind.
(2) Als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes gelten nicht
- 1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist; - 2.
die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder die Mitglieder einer anderen Personengesamtheit, soweit sie durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit oder zur Geschäftsführung berufen sind, in deren Betrieben; - 3.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist; - 4.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient und die vorwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung, sittlichen Besserung oder Erziehung beschäftigt werden; - 5.
der Ehegatte, der Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte ersten Grades, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber leben.
(3) Dieses Gesetz findet, soweit in ihm nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, keine Anwendung auf leitende Angestellte. Leitender Angestellter ist, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb
- 1.
zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder - 2.
Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder - 3.
regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.
(4) Leitender Angestellter nach Absatz 3 Nr. 3 ist im Zweifel, wer
- 1.
aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist oder - 2.
einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind, oder - 3.
ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist, oder, - 4.
falls auch bei der Anwendung der Nummer 3 noch Zweifel bleiben, ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch überschreitet.
(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.
(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.
(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.
(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.
(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.
(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.
(1) Arbeitnehmer (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, unabhängig davon, ob sie im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäftigt werden. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten, die in der Hauptsache für den Betrieb arbeiten. Als Arbeitnehmer gelten ferner Beamte (Beamtinnen und Beamte), Soldaten (Soldatinnen und Soldaten) sowie Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind.
(2) Als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes gelten nicht
- 1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist; - 2.
die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder die Mitglieder einer anderen Personengesamtheit, soweit sie durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit oder zur Geschäftsführung berufen sind, in deren Betrieben; - 3.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist; - 4.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient und die vorwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung, sittlichen Besserung oder Erziehung beschäftigt werden; - 5.
der Ehegatte, der Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte ersten Grades, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber leben.
(3) Dieses Gesetz findet, soweit in ihm nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, keine Anwendung auf leitende Angestellte. Leitender Angestellter ist, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb
- 1.
zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder - 2.
Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder - 3.
regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.
(4) Leitender Angestellter nach Absatz 3 Nr. 3 ist im Zweifel, wer
- 1.
aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist oder - 2.
einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind, oder - 3.
ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist, oder, - 4.
falls auch bei der Anwendung der Nummer 3 noch Zweifel bleiben, ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch überschreitet.
(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.
(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.
(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.
(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.
(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.
(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.
(1) Gegen die das Verfahren beendenden Beschlüsse der Arbeitsgerichte findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt.
(2) Für das Beschwerdeverfahren gelten die für das Berufungsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 88 bis 91 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 und Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden.
(3) In erster Instanz zu Recht zurückgewiesenes Vorbringen bleibt ausgeschlossen. Neues Vorbringen, das im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 83 Abs. 1a gesetzten Frist nicht vorgebracht wurde, kann zurückgewiesen werden, wenn seine Zulassung nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Beschlussverfahrens verzögern würde und der Beteiligte die Verzögerung nicht genügend entschuldigt. Soweit neues Vorbringen nach Satz 2 zulässig ist, muss es der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung, der Beschwerdegegner in der Beschwerdebeantwortung vortragen. Wird es später vorgebracht, kann es zurückgewiesen werden, wenn die Möglichkeit es vorzutragen vor der Beschwerdebegründung oder der Beschwerdebeantwortung entstanden ist und das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und auf dem Verschulden des Beteiligten beruht.
(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung; § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.
(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.
(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.
(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.
(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.
(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.
(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.
(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.
(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.
(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.
(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.
(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.
(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.
(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.
(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.
(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.
(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.
Tenor
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Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 16. Januar 2008 - 5 Sa 604/07 - aufgehoben.
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Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten, außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist.
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Die 1951 geborene Klägerin war seit dem 1969 bei der S AG beschäftigt. In dem damaligen Arbeitsvertrag waren die Tarifverträge für die gewerblichen Arbeitnehmer der bayerischen Metall- und Elektroindustrie in Bezug genommen. Im Jahr 1998 gliederte die S AG ihren Logistikbereich aus und übertrug ihn auf die neu gegründete Beklagte. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ging mit Wirkung vom 1. September 1998 auf die Beklagte über.
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Im Rahmen der Ausgliederung hatten die S AG und ihr Gesamtbetriebsrat am 16. Juni 1998 „sozial- und personalpolitische Grundsätze“ als „Überleitungsregeln“ vereinbart. Nach deren Nr. 15 sollten Mitarbeiter, die aufgrund der Dauer ihrer Firmenzugehörigkeit einen besonderen Kündigungsschutz nach den „S-Richtlinien“ besaßen, diesen weiterhin behalten. Diese mit dem Gesamtbetriebsrat „abgesprochenen“ Richtlinien vom 23. Juli 1993 sahen einen „Kündigungsschutz für Jubilare“ vor, demzufolge „Mitarbeitern mit mindestens 25-jähriger Dienstzeit … grundsätzlich aus betriebsbedingten Gründen nicht ordentlich gekündigt werden“ durfte.
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Am 30. Juni 1998 schlossen die Parteien einen neuen Arbeitsvertrag. Darin wurde als Eintrittsdatum der Klägerin der 1. September 1998 festgelegt. Ferner wurde geregelt, dass die S-Dienstzeiten angerechnet werden und die Tarifverträge für das Speditions- und Transportgewerbe in Bayern in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung finden.
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Die Beklagte ist als Logistikdienstleister fast ausschließlich für die S AG tätig (sog. Inhouse-Logistik). Die Klägerin arbeitete zuletzt in der Warenannahme. Sie besitzt keine Fahrerlaubnis.
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Mit Schreiben vom 11. August 2006 teilte die S AG der Beklagten mit, dass es aufgrund der aktuellen Entwicklungen im Konzern zu einem deutlichen Rückgang der Mitarbeiterzahlen an den Standorten in M kommen werde. Der von der Beklagten zu erbringende Leistungsumfang und die monatliche Pauschale für die von ihr geleisteten Verkehrsdienste würden sich dadurch ab dem 1. Dezember 2006 ebenfalls reduzieren.
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Die Beklagte beschloss daraufhin, ihren Geschäftsbetrieb künftig mit weniger Personal fortzuführen und 17 der insgesamt 40 gewerblichen Mitarbeiter zu entlassen. Zudem entschied sie, dass in Zukunft alle gewerblichen Mitarbeiter in der Lage sein müssten, Waren selbständig mit einem Kraftfahrzeug abzuholen und auszuliefern. Gegenüber zehn Arbeitnehmern, die über keine gültige Fahrerlaubnis verfügten, und weiteren sieben Beschäftigten sprach sie Kündigungen aus. Schwerbehinderte Mitarbeiter ohne Fahrerlaubnis nahm sie von einer Kündigung aus. Das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 30. August 2006 außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum 31. August 2007.
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Die Klägerin hat Kündigungsschutzklage erhoben. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei unwirksam. Ordentlich sei sie unkündbar. Die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist seien nicht gegeben. Ihr Arbeitsplatz sei nicht weggefallen. Die Mitteilung der S AG, zu einem nicht näher konkretisierten Zeitpunkt werde sich die Zahl ihrer Mitarbeiter reduzieren, rechtfertige nicht die Annahme, das Auftrags- und Arbeitsvolumen bei der Beklagten werde sich deshalb in einem der Anzahl der tatsächlich ausgesprochenen Kündigungen entsprechenden Umfang reduzieren. Die Organisation und der Ablauf ihrer - der Klägerin - eigenen Arbeit hätten sich nicht geändert, ihre bisherige Tätigkeit führten jüngere Mitarbeiter und Leiharbeitnehmer aus. In der Warenannahme sei auch kein Führerschein erforderlich, im Übrigen könne sie in der Lagerverwaltung und in der Transportstelle ebenfalls ohne Führerschein eingesetzt werden.
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Die Klägerin hat zuletzt beantragt
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festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 30. August 2006 nicht aufgelöst worden ist.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Kündigung sei aus betriebsbedingten Gründen gerechtfertigt. Aufgrund des angekündigten drastischen Auftragsrückgangs seitens der S AG als ihrer Hauptkundin und der Reduzierung der Auftragsvergütung um 42,6 % habe für 17 ihrer insgesamt 40 gewerblichen Mitarbeiter kein Beschäftigungsbedarf mehr bestanden. Wegen des insgesamt geringeren Personalbestands sei es künftig notwendig, dass bei der Warenannahme alle Tätigkeiten in einer Hand lägen. Jeder Mitarbeiter müsse in der Lage sein, Waren mit dem Kraftfahrzeug auszuliefern. Für eine Weiterbeschäftigung sei deshalb der Besitz einer Fahrerlaubnis zwingend erforderlich. Die von der S AG gewährte Bestandsschutzgarantie finde keine Anwendung. Nr. 15 der in Form einer Gesamtbetriebsvereinbarung getroffenen „Übergangsregelungen“ vom 16. Juni 1998 sei unwirksam.
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Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Dieses hat zwar zu Recht festgestellt, dass die außerordentliche Kündigung vom 30. August 2006 das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht wirksam beenden konnte. Zu Unrecht hat es aber schon auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen angenommen, dass auch die Umdeutung dieser Kündigung in eine ordentliche Kündigung nicht möglich ist. Ob das Arbeitsverhältnis in diesem Fall durch eine ordentliche Kündigung wegen dringender betrieblicher Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG beendet worden ist, kann der Senat mangels tatsächlicher Feststellungen nicht abschließend beurteilen.
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A. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass eine außerordentliche Kündigung mit notwendiger Auslauffrist das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht wirksam beendet hat. Es fehlt an einem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB.
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I. Die Prüfung der Wirksamkeit der Kündigung vom 30. August 2006 richtet sich zunächst nach § 626 BGB. Die Beklagte hat eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist erklärt. An der von ihr selbst gewählten Erklärung muss sie sich messen lassen.
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II. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
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1. Eine außerordentliche und zugleich fristlose Kündigung aus betriebsbedingten Gründen ist selbst gegenüber einem ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer regelmäßig unzulässig. Zu prüfen ist, ob dem Arbeitgeber im Fall ordentlicher Kündbarkeit eine Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar wäre. Das ist bei einer betriebsbedingten Kündigung regelmäßig nicht der Fall. Dem Arbeitgeber ist, wenn aus betrieblichen Gründen eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer entfällt, selbst im Insolvenzfall zumutbar, die Kündigungsfrist einzuhalten(Senat 8. April 2003 - 2 AZR 355/02 - zu II 3 b aa der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 181 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 2).
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2. Eine auf betriebliche Gründe gestützte außerordentliche Kündigung mit einer - notwendig einzuhaltenden - Auslauffrist kommt in Betracht, wenn andernfalls der Ausschluss der ordentlichen Kündigung dazu führt, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer trotz Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit ggf. noch über Jahre weiterbeschäftigen müsste und ihm dies unzumutbar ist(vgl. Senat 8. April 2003 - 2 AZR 355/02 - zu II 3 b bb der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 181 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 2; 10. Mai 2007 - 2 AZR 626/05 - Rn. 25 mwN, BAGE 122, 264). Das kann ausnahmsweise der Fall sein, wenn der Arbeitgeber gezwungen wäre, ein sinnentleertes Arbeitsverhältnis über Jahre hinweg allein durch Gehaltszahlungen, denen keine entsprechende Arbeitsleistung gegenübersteht, aufrechtzuerhalten. Allerdings ist der Arbeitgeber wegen des Ausschlusses der ordentlichen Kündbarkeit in einem besonderen Maß verpflichtet, die Kündigung durch geeignete andere Maßnahmen zu vermeiden (Senat 10. Mai 2007 - 2 AZR 626/05 - aaO). Besteht noch irgendeine Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis sinnvoll fortzusetzen, wird es ihm regelmäßig zumutbar sein, den Arbeitnehmer entsprechend einzusetzen. Erst wenn alle denkbaren Lösungsversuche ausscheiden, kann - ausnahmsweise - ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist vorliegen (vgl. Senat 8. April 2003 - 2 AZR 355/02 - aaO).
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III. Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung liegt im Streitfall nicht vor. Dies gilt auch angesichts der von der Beklagten eingehaltenen einjährigen Auslauffrist. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass für die Klägerin dauerhaft überhaupt keine andere Einsatzmöglichkeit mehr bestanden hat. Ihr Vorbringen lässt nicht erkennen, dass die Klägerin bei gesunkenem Arbeitsvolumen - selbst nach zumutbaren Organisationsänderungen - ohne Führerschein nicht mehr sinnvoll beschäftigt werden kann.
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1. Allerdings unterliegt die Gestaltung des Anforderungsprofils für den jeweiligen Arbeitsplatz der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit. Das Bestreben des Arbeitgebers, bestimmte Tätigkeiten von Arbeitnehmern mit einer bestimmten Qualifikation ausführen zu lassen, ist von den Beschäftigten grundsätzlich hinzunehmen. Die fragliche Entscheidung kann nur auf Willkür und offenbare Unrichtigkeit hin gerichtlich überprüft werden. Dafür bedarf es besonderer Anhaltspunkte(Senat 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 31, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138).
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Sind aber die betreffende Organisationsentscheidung und der Kündigungsentschluss des Arbeitgebers praktisch deckungsgleich, weil der Arbeitnehmer dem neuen Anforderungsprofil nicht genügt, kann die generelle Vermutung, dass eine unternehmerische Entscheidung auf sachlichen Gründen beruht, nicht unbesehen greifen. Der Arbeitgeber kann sich nicht lediglich auf seine Entscheidungsfreiheit berufen. Er muss vielmehr konkret darlegen, wie seine Entscheidung sich auf die tatsächlichen Möglichkeiten, die Arbeitnehmer einzusetzen, auswirkt und in welchem Umfang durch sie ein konkreter Änderungsbedarf entstanden ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Anforderungsprofil für Arbeitsplätze geändert wird, auf denen die Arbeitnehmer bereits langjährig beschäftigt sind(Senat 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138). Beruft sich der Arbeitgeber zur Rechtfertigung einer betriebsbedingten Kündigung auf die Umgestaltung des Arbeitsplatzes und eine Neubestimmung des Anforderungsprofils, muss er den zugrunde liegenden betrieblichen Anlass im Einzelnen darlegen. Die Entscheidung zur (neuen) Stellenprofilierung muss im Zusammenhang mit einer organisatorischen Maßnahme stehen, nach deren Durchführung sich die bisherigen Anforderungen an den Stelleninhaber ändern (Senat 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 31, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163).
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Dies gilt schon für eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG. Im Falle einer außerordentlichen Kündigung mit notwendiger Auslauffrist iSv. § 626 BGB geht die Darlegungs- und Beweislast des Arbeitgebers noch darüber hinaus. Dieser hat nicht nur dazutun, dass eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers infolge einer Änderung des Anforderungsprofils am bisherigen Arbeitsplatz nicht mehr möglich ist. Er hat zudem von sich aus darzulegen, dass und weshalb es an jeglicher Möglichkeit einer sinnvollen Beschäftigung fehlt(Senat 8. April 2003 - 2 AZR 355/02 - zu II 3 d der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 181 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 2).
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2. Das Vorbringen der Beklagten genügt diesen Anforderungen nicht. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, aus dem Vortrag der Beklagten werde nicht ersichtlich, warum ihr die Weiterbeschäftigung der Klägerin unzumutbar sei. Ihr Vortrag lässt nicht zu erkennen, warum eine sinnvolle Weiterbeschäftigung der Klägerin nicht mehr möglich ist. Die Beklagte hat weder ausgeführt, ob und in welchem Umfang die bisherigen Arbeiten weggefallen sind, noch hat sie dargelegt, inwieweit die verbliebenen Tätigkeiten die Nutzung eines Kraftfahrzeugs und damit den Besitz eines Führerscheins zwingend erfordern. Ebenso wenig lässt sich beurteilen, ob nicht durch zumutbare Änderungen in den organisatorischen Abläufen zumindest ein weiterer Arbeitsplatz so zugeschnitten werden kann, dass auf ihm eine Beschäftigung auch ohne den Besitz einer Fahrerlaubnis sinnvoll möglich ist, und ob nicht in einem anderen Betrieb ein für die Klägerin geeigneter Arbeitsplatz besteht. Die Beklagte hat sich allein auf ihre unternehmerische Organisationsfreiheit berufen und geltend gemacht, jeder Mitarbeiter müsse zukünftig in der Lage sein, Waren selbständig mit einem Kraftfahrzeug auszuliefern. Den Anforderungen an die Darlegung eines wichtigen Grundes wird sie damit nicht gerecht. Dies gilt umso mehr, als sie die Arbeitsverhältnisse mit den schwerbehinderten Mitarbeitern, die keine Fahrerlaubnis besitzen, fortgesetzt und damit zu erkennen gegeben hat, dass eine Weiterbeschäftigung im Betrieb auch ohne Fahrerlaubnis möglich ist.
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B. Zu Unrecht ist das Landesarbeitsgericht schon nach seinen bisher getroffenen Feststellungen davon ausgegangen, die unwirksame außerordentliche Kündigung vom 30. August 2006 könne nicht gemäß § 140 BGB in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden. Eine Umdeutung scheitert auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht daran, dass die ordentliche Kündigung durch die „Überleitungsregeln“ und die „S-Richtlinien“ ausgeschlossen wäre.
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I. Das Landesarbeitsgericht hat seiner Entscheidung zwar die Annahme zugrunde gelegt, „dass das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin nur außerordentlich gekündigt werden kann - was zwischen den Parteien unstreitig ist“. Auf diese Weise hat es aber keine Tatsachen festgestellt, an die der Senat gemäß § 559 Abs. 2 ZPO gebunden wäre. Seine Aussage, es fehle an der rechtlichen Befugnis zur ordentlichen Kündigung, ist keine Feststellung der Wahrheit einer tatsächlichen Behauptung, sondern die Beschreibung eines rechtlichen Zustands. Tatsachen, die eine entsprechende rechtliche Schlussfolgerung zuließen, hat es nicht festgestellt. An bloße Rechtsansichten, auch wenn sie zwischen den Parteien nicht „im Streit“ stehen und vom Berufungsgericht übernommen worden sind, ist das Revisionsgericht nicht gebunden. Ebenso wenig ist eine Partei gehindert, ihre bisherige, mit der Gegenseite geteilte Rechtsansicht noch in der Revisionsinstanz aufzugeben, wie die Beklagte dies getan hat.
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II. Der besondere Kündigungsschutz der Klägerin als langjährig beschäftigte Mitarbeiterin konnte nicht durch eine (Gesamt-)Betriebsvereinbarung begründet werden. Eine entsprechende Betriebsvereinbarung verstößt gegen § 77 Abs. 3 BetrVG.
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1. Nach den zwischen der S AG und ihrem Gesamtbetriebsrat im Rahmen der Ausgliederung vereinbarten „Überleitungsregeln“ vom 16. Juni 1998 besitzt die Klägerin einen besonderen Kündigungsschutz. Nach Nr. 15 des Regelungswerks „(behalten) Mitarbeiter, die aufgrund ihrer Firmenzugehörigkeit (25 Jahre und länger) einen besonderen Kündigungsschutz nach den S-Richtlinien genießen, … diesen weiterhin“. Nach Nr. 1 der „S-Richtlinien“ wiederum „(darf) Mitarbeitern mit mindestens 25-jähriger Dienstzeit … grundsätzlich aus betriebsbedingten Gründen nicht ordentlich gekündigt werden (Bestandsschutzgarantie)“. Die Klägerin erfüllt diese Voraussetzung. Sie war bei Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte nahezu 29 Jahre bei der S AG beschäftigt.
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2. Nach dem bisherigen Parteivorbringen und den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann nicht davon ausgegangen werden, dass der in den „S-Richtlinien“ vorgesehene besondere Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis der Parteien Rechtswirkungen entfaltet.
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a) Als normativ wirkende Rechtsquelle für das Arbeitsverhältnis der Parteien scheidet Nr. 15 der „Überleitungsregeln“ vom 16. Juni 1998 aus. Die Bestimmung ist zwar Teil einer (Gesamt-)Betriebsvereinbarung iSd. § 77 Abs. 2, Abs. 4 BetrVG. Diese wurde jedoch zwischen der S AG und dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat getroffen. Für das Arbeitsverhältnis der Parteien kann sie deshalb normative Ansprüche nur begründen, wenn sie auch im Betrieb der Beklagten - normativ - gilt. Das ist nicht der Fall.
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aa) Eine Geltung als unmittelbar für den Betrieb der Beklagten getroffene Betriebsvereinbarung scheidet aus. Weder hat die Beklagte die Vereinbarung unterzeichnet, noch ist der bei der S AG gebildete Gesamtbetriebsrat für einen von der Beklagten geführten Betrieb zuständig.
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bb) Wurden die „Überleitungsregeln“ von der S AG und dem Gesamtbetriebsrat mit Geltung allein für den (späteren) Betrieb der Beklagten vereinbart, konnten sie ebenfalls keine Wirkung entfalten. Für eine solche Vereinbarung fehlte es beiden handelnden Parteien an der nötigen betriebsverfassungsrechtlichen Kompetenz. Regelungen für die Zeit nach einem Betriebs(teil)übergang vermögen der bisherige Arbeitgeber und spätere Veräußerer und der bei ihm gebildete Gesamtbetriebsrat nicht unmittelbar zu treffen(BAG 18. September 2002 - 1 ABR 54/01 - zu B II 2 b ee der Gründe, BAGE 102, 356; 1. April 1987 - 4 AZR 77/86 - BAGE 55, 154, 168).
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cc) Wurden die „Überleitungsregeln“ stattdessen zwar durch die beabsichtigte Ausgliederung der „Logistikdienste“ veranlasst, sind sie aber gleichwohl als für alle Betriebe der S AG - zumindest am Standort M - geltende Bestimmungen zu verstehen, könnten sie nur im Fall eines Betriebs(teil)übergangs auf die Beklagte in deren Betrieb normativ iSd. § 77 Abs. 2, Abs. 4 BetrVG weitergelten. Voraussetzung ist, dass sie im Zeitpunkt des Übergangs als wirksame Gesamtbetriebsvereinbarung anzusehen waren. Daran fehlt es. Zumindest Nr. 15 der „Überleitungsregeln“ ist rechtsunwirksam.
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(1) Entgegen der Auffassung der Beklagten beruht dies nicht darauf, dass Betriebsparteien außerhalb ihrer gesetzlichen Kompetenzen handeln, wenn sie in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung Fragen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Kündigungserschwernisse für den Arbeitgeber regeln. Freiwillige Betriebsvereinbarungen sind nicht auf die in § 88 BetrVG genannten Gegenstände beschränkt, wie schon der Wortlaut der Bestimmung („insbesondere“) verdeutlicht (BAG GS 7. November 1989 - GS 3/85 - zu C I 2 der Gründe, BAGE 63, 211; BAG 12. Dezember 2006 - 1 AZR 96/06 - Rn. 13, BAGE 120, 308; 18. Juli 2006 - 1 AZR 578/05 - BAGE 119, 122). Neben betrieblichen und betriebsverfassungsrechtlichen Fragen können in einer Betriebsvereinbarung auch Fragen des Inhalts, des Abschlusses und der Beendigung von Arbeitsverhältnissen geregelt werden (BAG GS 7. November 1989 - GS 3/85 - zu C I 2 b der Gründe, aaO; aA Rieble NZA 2003, 1243, 1245).
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(2) Nr. 15 der „Überleitungsregeln“ verstößt jedoch gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG und ist aus diesem Grund als normative Bestimmung unwirksam.
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(a) Nach § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Eine gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung ist von Anfang an unwirksam(BAG 10. Oktober 2006 - 1 ABR 59/05 - Rn. 21 mwN, AP BetrVG 1972 § 77 Tarifvorbehalt Nr. 24 = EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 18; Fitting 25. Aufl. § 77 Rn. 99; GK-BetrVG/Kreutz 9. Aufl. § 77 Rn. 123). Sonstige Arbeitsbedingungen iSd. § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG sind nicht nur materielle Arbeitsbedingungen, die den Umfang der Leistung des Arbeitnehmers und der Gegenleistung des Arbeitgebers betreffen, sondern alle Regelungen, die als Gegenstand tarifvertraglicher Inhaltsnormen nach § 1 TVG den Inhalt von Arbeitsverhältnissen ordnen(BAG 9. April 1991 - 1 AZR 406/90 - zu II 3 der Gründe, BAGE 67, 377; WPK/Preis 4. Aufl. § 77 Rn. 60; GK-BetrVG/Kreutz 9. Aufl. § 77 Rn. 83 u. 85).
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(b) Die gesetzliche Bestimmung dient der Sicherung der ausgeübten und aktualisierten Tarifautonomie sowie der Erhaltung und Stärkung der Funktionsfähigkeit der Koalitionen. Sie will verhindern, dass Gegenstände, derer sich die Tarifvertragsparteien angenommen haben, konkurrierend - und sei es inhaltsgleich - in Betriebsvereinbarungen geregelt werden (BAG 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 26, BAGE 118, 211). Eine Betriebsvereinbarung soll weder als normative Ersatzregelung für nicht organisierte Arbeitnehmer noch als Grundlage für übertarifliche Leistungen dienen können (BAG 20. November 2001 - 1 AZR 12/01 - zu II 2 a der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 70; Fitting 25. Aufl. § 77 Rn. 67). Auch günstigere Betriebsvereinbarungen sind unwirksam (GK-BetrVG/Kreutz 9. Aufl. § 77 Rn. 128; Richardi in Richardi 12. Aufl. § 77 Rn. 278; Fitting 25. Auf. § 77 Rn. 67 u. 97). Fällt ein Betrieb in den räumlichen, fachlichen und personellen Geltungsbereich eines Tarifvertrags, sind die Betriebsparteien deshalb gehindert, tariflich geregelte Gegenstände in einer Betriebsvereinbarung selbst zu regeln. Die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hängt nicht davon ab, dass der Arbeitgeber tarifgebunden ist, und tritt auch dann ein, wenn ein den gleichen Gegenstand regelnder Tarifvertrag zwar bei Abschluss der Betriebsvereinbarung nicht (mehr) besteht, die betreffende Angelegenheit aber „üblicherweise“ tariflich geregelt wird(BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - zu B II 2 c ee (1) der Gründe, BAGE 114, 162).
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(c) Die S AG und ihre Betriebe fallen in den Geltungsbereich des Manteltarifvertrags für die gewerblichen Arbeitnehmer der bayerischen Metall- und Elektroindustrie vom 1. Dezember 1973 in der Fassung vom 1. November 1997 (MTV). Dessen § 8 Abs. 3 enthielt im maßgeblichen Zeitraum eine Regelung über den Ausschluss der ordentlichen Kündbarkeit. Danach konnte das Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern, die das 55. Lebensjahr vollendet und dem Betrieb oder Unternehmen mindestens 10 Jahre angehört haben oder das 50. Lebensjahr vollendet und dem Betrieb oder Unternehmen mindestens 15 Jahre angehört haben, nur aus wichtigem Grund gekündigt werden. Bei der Vereinbarung der „Übergangsregeln“ im Juni 1998 bestand demnach eine tarifliche Regelung zur Unkündbarkeit der Arbeitnehmer. § 8 Abs. 3 MTV und Nr. 15 der „Übergangsregeln“ haben den gleichen Gegenstand. Dagegen kann nicht eingewandt werden, diese sehe lediglich eine „Sonderregelung für Jubilare“ vor, die der Tarifvertrag nicht im Blick gehabt habe. Auch die betriebliche Regelung will nicht ein Dienstjubiläum honorieren, sondern gewährt - wie § 8 Abs. 3 MTV - einen Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen. Dazu knüpft sie wie die tarifliche Regelung an die Beschäftigungsdauer an. Sie gewährt den Sonderkündigungsschutz zwar unabhängig vom Lebensalter der Betroffenen und führt so zu einer Verbesserung der kündigungsrechtlichen Situation der Beschäftigten, sie tritt aber auch auf diese Weise in Konkurrenz zur tariflichen Bestimmung.
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b) Die „S-Richtlinien“ gewähren der Klägerin auch unabhängig von Nr. 15 der „Übergangsregeln“ keinen normativen Schutz vor einer ordentlichen Kündigung. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob sie - was das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt hat - überhaupt als Betriebsvereinbarung zwischen der S AG und deren Gesamtbetriebsrat zustande gekommen sind. Sollte das der Fall sein, wäre die betreffende Regelung wegen § 77 Abs. 3 BetrVG aus den dargelegten Gründen ebenfalls unwirksam.
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C. Scheitert damit eine Umdeutung der ausgesprochenen außerordentlichen in eine ordentliche Kündigung nicht daran, dass dies gegen Nr. 15 der „Übergangsregeln“ und/oder die „S-Richtlinien“ als kollektive, normativ wirkende Bestimmungen verstieße, so ist es nicht ausgeschlossen, dass die genannten Bestimmungen auf einzelvertraglicher Grundlage im Arbeitsverhältnis der Parteien gelten und aus diesem Grund einer Kündigung entgegenstehen. In Betracht kommt etwa eine Geltung qua Umdeutung der als normativ unwirksamen Regelungen in eine Gesamtzusage durch die S AG(vgl. dazu BAG 24. Januar 1996 - 1 AZR 597/95 - zu II der Gründe, BAGE 82, 89), qua gesonderter (konkludenter) Zusage an die zur Beklagten wechselnden Arbeitnehmer durch die S AG und/oder die Beklagte selbst oder qua Bestehen einer bei der S AG und/oder der Beklagten begründeten betrieblichen Übung; eine in der Zeit des Arbeitsverhältnisses mit der S AG entstandene Rechtsposition der Klägerin kann bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 613a Abs. 1 BGB auch im Arbeitsverhältnis der Parteien fortwirken - eine mögliche Verweisung auf § 8 MTV im Arbeitsvertrag mit der S AG wird allerdings schon wegen des selbständigen Vertragsschlusses der Parteien aus dem Juni 1998 schwerlich von Bedeutung sein können.
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Das Landesarbeitsgericht hat in diesem Zusammenhang keine Feststellung getroffen. Das wird es, nachdem es den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vortrag gegeben hat, nachzuholen haben. Von seinen Feststellungen hängt es ab, ob im Streitfall eine Umdeutung der außerordentlichen in eine ordentliche Kündigung überhaupt möglich ist. Sollte dies mangels einzelvertraglich begründeten Sonderkündigungsschutzes zu bejahen sein und sollten die sonstigen Voraussetzungen des § 140 BGB vorliegen, wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, ob die - ordentliche - Kündigung iSv. § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG sozial gerechtfertigt ist.
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Kreft
Berger
Eylert
Sieg
Baerbaum
(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.
(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.
(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.
(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.
(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.
(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.
(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.
(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.
(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.
(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.
(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.
(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.
(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.
(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.
Tenor
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1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - vom 22. Oktober 2008 - 13 Sa 77/08 - aufgehoben.
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2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Die Klägerin verlangt von der Beklagten Strukturausgleich nach § 12 Abs. 1 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst(TVöD) und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Bund) vom 13. September 2005.
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Die 1966 geborene Klägerin ist seit dem 15. März 1989 in einer Forschungsanstalt der Beklagten als Chemielaborantin in der Funktion einer Chemisch-Technischen Assistentin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Bundes-Angestelltentarifvertrag(BAT) Anwendung. Seit dem 1. Oktober 2005 richtet sich das Arbeitsverhältnis aufgrund beiderseitiger Tarifbindung nach dem TVöD und dem TVÜ-Bund. Die Klägerin war zunächst in der Vergütungsgruppe VI b, Fallgruppe 1, Teil II, Abschn. L, Unterabschn. II der Anlage 1a zum BAT eingruppiert. Im Wege eines Zeitaufstiegs wurde sie zum 1. Januar 1997 in die Vergütungsgruppe V c, Fallgruppe 2, Teil II, Abschn. L, Unterabschn. II der Anlage 1a zum BAT höhergruppiert. Sie erhielt vor der Überleitung des Arbeitsverhältnisses in den TVöD zuletzt Grundgehalt dieser Vergütungsgruppe nach Lebensaltersstufe 39. Im Rahmen der Überleitung des Arbeitsverhältnisses in den TVöD wurde die Klägerin der Entgeltgruppe E 8 TVöD und einer ihrem Vergleichsentgelt entsprechenden individuellen Endstufe zugeordnet, weil das Vergleichsentgelt über der höchsten Stufe 6 der Entgeltgruppe E 8 TVöD lag.
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In einem Schreiben vom 10. Oktober 2005 unterrichtete die Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel die Klägerin über die Überleitung ihres Arbeitsverhältnisses in den TVöD und teilte ua. mit, dass sie einen Strukturausgleich in Höhe von 40,00 Euro(auf Basis einer Vollzeitbeschäftigung) erhält, dieser Ausgleichsbetrag ab dem 1. Oktober 2007 dauerhaft gezahlt, jedoch nicht dynamisiert wird und daher an künftigen Tariferhöhungen nicht teilnimmt. Das Schreiben enthält den Hinweis, dass es der Information dient und keinen Rechtsanspruch begründet.
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Die mit der Hälfte der tariflichen Wochenarbeitszeit beschäftigte Klägerin hat ohne Erfolg von der Beklagten ab Oktober 2007 Strukturausgleich gemäß § 12 TVÜ-Bund iVm. Anlage 3 TVÜ-Bund (Strukturausgleichstabelle) in Höhe von monatlich 20,00 Euro verlangt. In dieser Tarifvorschrift und der Strukturausgleichstabelle heißt es:
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„§ 12 Strukturausgleich
(1) 1Aus dem Geltungsbereich des BAT/BAT-O übergeleitete Beschäftigte erhalten ausschließlich in den in Anlage 3 TVÜ-Bund aufgeführten Fällen zusätzlich zu ihrem monatlichen Entgelt einen nicht dynamischen Strukturausgleich. 2Maßgeblicher Stichtag für die anspruchsbegründenden Voraussetzungen (Vergütungsgruppe, Lebensalterstufe, Ortszuschlag, Aufstiegszeiten) ist der 1. Oktober 2005, sofern in Anlage 3 TVÜ-Bund nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist.
(2) Die Zahlung des Strukturausgleichs beginnt im Oktober 2007, sofern in Anlage 3 TVÜ-Bund nicht etwas anderes bestimmt ist.
(3) …
(4) Bei Teilzeitbeschäftigung steht der Strukturausgleich anteilig zu (§ 24 Abs. 2 TVöD). ...
Protokollerklärung zu Absatz 4:
Bei späteren Veränderungen der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der/des Beschäftigten ändert sich der Strukturausgleich entsprechend.
…
Anlage 3 TVÜ-Bund
Strukturausgleiche für Angestellte (Bund)
...
Entgeltgruppe
Vergütungsgruppe bei In-Kraft-Treten TVÜ
Aufstieg
Orts-Zuschlag Stufe 1, 2
Lebensaltersstufe
Höhe Ausgleichsbetrag
Dauer
bei In-Kraft-Treten TVÜ
2
X
IX b nach 2 Jahren
OZ 2
23
40 €
für 4 Jahre
…
…
…
…
…
…
…
8
V c
ohne
OZ 2
39
40 €
dauerhaft
…
…
…
…
…
…
…“
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Die Niederschriftserklärungen zu § 12 TVÜ-Bund lauten:
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„1.
1Die Tarifvertragsparteien sind sich angesichts der Fülle der denkbaren Fallgestaltungen bewusst, dass die Festlegung der Strukturausgleiche je nach individueller Fallgestaltung in Einzelfällen sowohl zu überproportional positiven Folgen als auch zu Härten führen kann. 2Sie nehmen diese Verwerfungen im Interesse einer für eine Vielzahl von Fallgestaltungen angestrebten Abmilderung von Exspektanzverlusten hin.
2.
1Die Tarifvertragsparteien erkennen unbeschadet der Niederschriftserklärung Nr. 1 an, dass die Strukturausgleiche in einem Zusammenhang mit der zukünftigen Entgeltordnung stehen. 2Die Tarifvertragsparteien werden nach einer Vereinbarung der Entgeltordnung zum TVöD, rechtzeitig vor Ablauf des 30. September 2007 prüfen, ob und in welchem Umfang sie neben den bereits verbindlich vereinbarten Fällen, in denen Strukturausgleichsbeträge festgelegt sind, für einen Zeitraum bis längstens Ende 2014 in weiteren Fällen Regelungen, die auch in der Begrenzung der Zuwächse aus Strukturausgleichen bestehen können, vornehmen müssen. 3Sollten zusätzliche Strukturausgleiche vereinbart werden, sind die sich daraus ergebenden Kostenwirkungen in der Entgeltrunde 2008 zu berücksichtigen.“
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Die Klägerin hat gemeint, sie habe nach § 12 TVÜ-Bund iVm. der Strukturausgleichstabelle Anspruch auf anteiligen Strukturausgleich in Höhe von monatlich 20,00 Euro. Sie sei bei Inkrafttreten des TVÜ-Bund in der Vergütungsgruppe V c der Anlage 1a zum BAT eingruppiert gewesen und habe alle anderen für diese Vergütungsgruppe in der Strukturausgleichstabelle genannten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt. Ohne Bedeutung sei, dass sie aus der Vergütungsgruppe VI b in die Vergütungsgruppe V c der Anlage 1a zum BAT aufgestiegen sei. Die tarifliche Regelung stelle für den Anspruch auf den Strukturausgleich nicht auf die „originäre“ Vergütungsgruppe oder die „Ausgangsvergütungsgruppe“ ab. Maßgeblich sei die Eingruppierung am Stichtag. Für die Monate Oktober und November 2007 stünde ihr aufgrund ihrer Teilzeitbeschäftigung Strukturausgleich in Höhe von jeweils 20,00 Euro brutto zu.
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Die Klägerin hat beantragt:
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1.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 40,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2007 zu zahlen.
2.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, für die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin einen monatlichen Strukturausgleich gemäß § 12 TVÜ-Bund zu bezahlen.
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Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Ansicht vertreten, für den Anspruch auf Strukturausgleich nach § 12 TVÜ-Bund iVm. der Strukturausgleichstabelle sei nicht auf die am Stichtag tatsächlich erreichte, sondern die originäre Vergütungsgruppe abzustellen. Die Spalten 2 und 3 der Tabelle seien nur verständlich, wenn sie als Einheit verstanden würden. Die Tarifvertragsparteien hätten die Aufstiegsmöglichkeiten der Beschäftigten in der Strukturausgleichstabelle nachgezeichnet. So sei in Spalte 3 stets eine höhere Vergütungsgruppe als in Spalte 2 der Tabelle ausgewiesen. Anders als in der Anlage 2 TVÜ-Bund hätten die Tarifvertragsparteien in der Strukturausgleichstabelle nicht zwischen vorhandenem, vollzogenem und noch ausstehendem Aufstieg differenziert. Die Fallvariante „nach Aufstieg“ enthalte diese Tabelle nicht. Dies zeige, dass es für den Anspruch auf den Strukturausgleich auf die originäre Vergütungsgruppe ankomme. Die Fallgruppe der originären Vergütungsgruppe ohne weitere Aufstiegsmöglichkeit könne nicht mit der nach erfolgtem Aufstieg erreichten Vergütungsgruppe gleichgestellt werden. Für dieses Auslegungsergebnis spreche auch, dass die nach dem Überleitungsstichtag vollzogenen Aufstiege gemäß § 8 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Bund zum Wegfall des Strukturausgleichs führten.
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Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Anspruch auf anteiligen Strukturausgleich weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung darf die Klage nicht abgewiesen werden. In der Sache kann der Senat nicht selbst entscheiden. Es bedarf der Aufklärung durch das Landesarbeitsgericht, ob sich die Tarifvertragsparteien - wie die Beklagte behauptet - in den Tarifvertragsverhandlungen einig gewesen sind, dass das Merkmal „Aufstieg - ohne“ in der Strukturausgleichstabelle nur dann erfüllt ist, wenn die für die Überleitung maßgebliche Vergütungsgruppe nicht im Wege eines Aufstiegs erreicht worden ist.
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I. Die Klage ist zulässig.
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1. Der auf die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Strukturausgleich gerichtete Feststellungsantrag hat eine Leistungsverpflichtung aus dem Arbeitsverhältnis zum Gegenstand(vgl. BAG 29. September 2004 - 5 AZR 528/03 - BAGE 112, 112, 115). Für diesen Antrag liegt das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse vor. Das angestrebte Feststellungsurteil ist geeignet, den Konflikt der Parteien endgültig beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden. Es kann erwartet werden, dass die Beklagte einem gegen sie ergangenen Feststellungsurteil nachkommen und die sich daraus ergebenden Leistungsansprüche erfüllen wird. Die Klägerin musste den beanspruchten Ausgleichsbetrag auch nicht beziffern, nachdem dieser Betrag bei Teilzeitbeschäftigung anteilig zu zahlen ist (§ 12 Abs. 4 Satz 1 TVÜ-Bund) und die Höhe des Strukturausgleichs damit vom jeweiligen zeitlichen Umfang der Beschäftigung der Klägerin abhängt.
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2. Allerdings bedarf der Feststellungsantrag bezüglich des Beginns des streitbefangenen Zeitraums der Auslegung, nachdem die Klägerin insoweit von einer Datumsangabe abgesehen hat. Die Klägerin beansprucht für die Monate Oktober und November 2007 Strukturausgleich im Wege der Zahlungsklage. Ihr Feststellungsbegehren ist daher so auszulegen, dass die Verpflichtung der Beklagten festgestellt werden soll, ihr ab Dezember 2007 Strukturausgleich zu zahlen.
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II. Das Arbeitsverhältnis richtet sich aufgrund beiderseitiger Tarifbindung ua. nach den Bestimmungen des TVÜ-Bund. Der mit der Hälfte der tariflichen Wochenarbeitszeit beschäftigten Klägerin könnte deshalb nach § 12 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 TVÜ-Bund iVm. der Strukturausgleichstabelle ab dem 1. Oktober 2007 anteiliger Strukturausgleich(§ 12 Abs. 4 Satz 1 TVÜ-Bund) in Höhe von monatlich 20,00 Euro brutto zustehen. Für die Monate Oktober und November 2007 schuldete ihr die Beklagte in diesem Fall Strukturausgleich in Höhe des im Wege der Zahlungsklage geltend gemachten Betrags von 40,00 Euro brutto.
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1. Die Tarifvertragsparteien haben in der Strukturausgleichstabelle den Anspruch auf den Ausgleichsbetrag an fünf Voraussetzungen geknüpft. Sie haben zu jeder „Vergütungsgruppe bei In-Kraft-Treten TVÜ“ für bestimmte Lebensaltersstufen und Stufen des Ortszuschlags jeweils die Höhe des Ausgleichsbetrags und die Dauer der Zahlung des Strukturausgleichs festgelegt. Die Klägerin hat am 1. Oktober 2005 und damit am gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Bund maßgeblichen Stichtag die anspruchsbegründenden Voraussetzungen für einen dauerhaft zu zahlenden Strukturausgleich in Höhe von monatlich 40,00 Euro bei Vollzeitbeschäftigung nur dann erfüllt, wenn es für das Merkmal „Aufstieg - ohne“ ausreicht, dass am Stichtag 1. Oktober 2005 kein (weiterer) Aufstieg mehr möglich war. Sie wurde im Rahmen der Überleitung in den TVöD der Entgeltgruppe E 8 zugeordnet. Seit dem 1. Januar 1997 und damit bei Inkrafttreten des TVÜ-Bund am 1. Oktober 2005 war sie in der Vergütungsgruppe V c, Fallgruppe 2, Teil II, Abschn. L, Unterabschn. II der Anlage 1a zum BAT eingruppiert. Darüber, dass der Klägerin bei Inkrafttreten des TVÜ-Bund Ortszuschlag der Stufe 2 zustand, sie zu diesem Zeitpunkt die Lebensaltersstufe 39 erreicht hatte und im Wege eines Bewährungs-, Fallgruppen- oder Tätigkeitsaufstiegs nicht mehr höhergruppiert werden konnte, besteht kein Streit.
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2. Strittig ist, ob es sich bei der in der Spalte 2 der Strukturausgleichstabelle genannten Vergütungsgruppe entsprechend der Annahme des Landesarbeitsgerichts und der Rechtsauffassung der Beklagten um die „originäre“ Vergütungsgruppe handelt und spätere Höhergruppierungen durch Bewährungs- oder Zeitaufstiege nicht zu berücksichtigen sind(so auch Kutzki RiA 2009, 256; Görgens ZTR 2009, 562; Kuner Der neue TVöD Rn. 114a; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Juni 2009 TVÜ-Bund § 12 Rn. 18, 19; Hinweise zur Anwendung der Regelungen über Strukturausgleiche gemäß § 12 TVÜ-Bund des Bundesministeriums des Innern [Hinweise des BMI] vom 10. August 2007 - D II 2-220 210 1/12 - Nr. 3.4.1 und 3.4.2), oder ob es entsprechend der Ansicht der Klägerin auf die am Stichtag tatsächlich erreichte Vergütungsgruppe ankommt (so Hanau ZTR 2009, 403; Dannenberg PersR 2009, 193; Schmidt-Rudloff in Bepler/Böhle/Meerkamp/Stöhr Beck’scher Online-Kommentar Stand 1. März 2010 TVÜ-Bund § 12 Rn. 2 und 4).
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3. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts(vgl. 19. September 2007 - 4 AZR 670/06 - Rn. 30, BAGE 124, 110; 7. Juli 2004 - 4 AZR 433/03 - BAGE 111, 204, 209; 8. September 1999 - 4 AZR 661/98 - BAGE 92, 259, 263) folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt.
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4. Der Wortlaut der tariflichen Regelungist nicht eindeutig. § 12 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Bund bestimmt, dass maßgeblicher Stichtag für die anspruchsbegründenden Voraussetzungen(Vergütungsgruppe, Lebensaltersstufe, Ortszuschlag, Aufstiegszeiten) der 1. Oktober 2005 ist, sofern in Anlage 3 TVÜ-Bund nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. Damit verweist der Wortlaut der Tarifbestimmung zwar nicht auf eine „originäre“ Vergütungsgruppe, eine „Ausgangsvergütungsgruppe“ oder die „Vergütungsgruppe bei erstmaliger Übertragung der Tätigkeit“. Die in Spalte 3 der Strukturausgleichstabelle unter der Überschrift „Aufstieg“ enthaltene Angabe „ohne“ kann vom Wortsinn her aber auch so verstanden werden, dass die in der Spalte 2 der Strukturausgleichstabelle angegebene Vergütungsgruppe ohne vorherigen Aufstieg erreicht sein muss und keinen künftigen Aufstieg vorsehen darf. Der Wortlaut des § 12 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Bund hindert nicht ein Verständnis des Merkmals „Aufstieg - ohne“, dass am Stichtag 1. Oktober 2005 die für die Überleitung in den TVöD maßgebliche Vergütungsgruppe nicht mit einem früheren oder zukünftigen Aufstieg verbunden sein darf.
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5. Auch die Tarifsystematik führt zu keinem eindeutigen Auslegungsergebnis.
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a) Der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien in der Anlage 2 TVÜ-Bund, die die Zuordnung der Vergütungs- und Lohngruppen zu den Entgeltgruppen regelt, in der Spalte 2 zwischen Vergütungsgruppen „ohne Aufstieg“, „nach Aufstieg“ und „mit ausstehendem Aufstieg“ unterschieden und in der Spalte 3 der Strukturausgleichstabelle mit dem Wort „ohne“ von dieser Differenzierung abgesehen haben, spricht noch nicht entscheidend dafür, dass das Merkmal „Aufstieg - ohne“ ausschließlich das Fehlen künftiger Aufstiegsmöglichkeiten erfasst und Vergütungsgruppen nach erfolgtem Aufstieg nicht vom Strukturausgleich ausgenommen sind. Die Strukturausgleichstabelle und die Anlage 2 TVÜ-Bund verfolgen nicht nur unterschiedliche Regelungszwecke. Sie unterscheiden sich auch in der Regelungstechnik, indem in der Strukturausgleichstabelle anders als in der Anlage 2 TVÜ-Bund der Aufstieg unter der entsprechenden Überschrift in einer gesonderten Spalte behandelt wird. Dies könnte gegen eine Anknüpfung an die in Anlage 2 TVÜ-Bund getroffenen Differenzierungen und für eine eigenständige Auslegung sprechen, zumal in der Strukturausgleichstabelle anders als in Anlage 2 Spalte 2 TVÜ-Bund nach dem Wort „ohne“ die für einen Aufstieg in Betracht kommende höhere Vergütungsgruppe nicht genannt wird. Würde das Merkmal „Aufstieg - ohne“ in einem weiteren Sinne als die Worte „ohne Aufstieg“ in der Anlage 2 TVÜ-Bund verstanden, dürfte die für die Überleitung maßgebliche Vergütungsgruppe nicht im Wege eines Aufstiegs erreicht worden sein.
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b) Wenn die Strukturausgleichstabelle bei den genannten Vergütungsgruppen mit Aufstieg nur Vergütungsgruppen mit einem am Stichtag noch nicht erfolgten, also einem zukünftigen Aufstieg bezeichnet, liegt die Annahme nahe, auch das Wort „ohne“ erfasse nur einen zukünftigen Aufstieg. Allerdings lässt sich dieser Auslegung entgegenhalten, dass in den Fällen mit Aufstieg die höhere Vergütungsgruppe genannt ist, in den Fällen ohne Aufstieg dagegen nicht.
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c) Aus dem Wort „ausschließlich“ in § 12 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Bund kann zwar abgeleitet werden, dass die Zahlung von Strukturausgleich Ausnahmecharakter hat. Dies lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass das Merkmal „Aufstieg - ohne“ auch solche Vergütungsgruppen vom Strukturausgleich ausschließen soll, die von den Beschäftigten im Wege des Aufstiegs erreicht wurden. Ob es nach dem Willen der Tarifvertragsparteien mehr oder weniger Ausnahmefälle geben soll, in denen Strukturausgleich zu zahlen ist, erschließt sich aus § 12 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Bund nicht.
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d) Das Argument, dass in den Fällen eines nach § 8 Abs. 2 TVÜ-Bund nachgeholten Bewährungs- oder Fallgruppenaufstiegs ab dem individuellen Aufstiegszeitpunkt ein etwaiger Strukturausgleich entfällt und dass ein Wertungswiderspruch entstünde, wenn man die nach dem Stichtag erfolgte Gleichstellung mit den früher Aufgestiegenen mit dem Wegfall des Strukturausgleichs bestrafe, die früheren Höhergruppierungen hingegen noch durch Zahlungen eines Strukturausgleichs belohne, trägt nicht( aA Görgens ZTR 2009, 562, 563). Es berücksichtigt nicht die unterschiedlichen Folgen der Überleitung nach einem Aufstieg aus einer höheren Vergütungsgruppe und der Überleitung vor einem nach dem alten Tarifrecht möglichen Aufstieg aus der niedrigeren Vergütungsgruppe. Die Tarifvertragsparteien waren aufgrund des Stichtagsprinzips nicht gehindert, nur danach zu differenzieren, ob am 1. Oktober 2005 ein (weiterer) Aufstieg noch möglich war.
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6. Auch Sinn und Zweck des Strukturausgleichs geben kein eindeutiges Auslegungsergebnis vor.
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a) Mit dem Strukturausgleich wollten die Tarifvertragsparteien Erwartungen auf zukünftige Entgeltsteigerungen nach dem bisherigen Tarifsystem Rechnung tragen. Bei der Ermittlung der begünstigten Personengruppen war entscheidend, welche Einkommensentwicklung bei der bisher erreichten Vergütungsgruppe und Lebensaltersstufe sowie dem jeweiligen Familienstand(Ortszuschlag Stufe 1 oder Stufe 2) noch möglich gewesen wäre. Dies erklärt, warum die Strukturausgleichsbeträge innerhalb einer Vergütungsgruppe bei verschiedenen Lebensaltersstufen nicht stets gleich hoch sind (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand Dezember 2009 Teil IV/3 TVÜ-Bund/TVÜ-VKA Rn. 150). Im Interesse einer für eine Vielzahl von Fallgestaltungen angestrebten Abmilderung von Exspektanzverlusten haben die Tarifvertragsparteien Verwerfungen in Einzelfällen ausdrücklich hingenommen (Nr. 1 Satz 2 der Niederschriftserklärungen zu § 12 TVÜ-Bund). Mit den Spalten 2 und 3 der Strukturausgleichstabelle haben sie zwar auch mögliche Karriereentwicklungen der Angestellten nach dem BAT/BAT-O abgebildet, soweit sie den Anspruch auf Strukturausgleich in der Spalte 3 an den Aufstieg in eine höhere Vergütungsgruppe geknüpft haben. Allerdings haben die Tarifvertragsparteien mit dem Strukturausgleich nicht ausschließlich nach dem bisherigen Tarifsystem bestehenden Exspektanzen im Hinblick auf eine Höhergruppierung Rechnung getragen. Sie haben vielmehr auch Exspektanzverluste aufgrund der Beseitigung des Aufstiegs nach dem Lebensalter abmildern wollen. In Spalte 5 der Strukturausgleichstabelle haben sie deshalb auf die Lebensaltersstufe des Angestellten bei Inkrafttreten des TVÜ-Bund abgestellt (vgl. Hanau ZTR 2009, 403, 408).
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b) Dieses Abmilderungsziel spricht zwar für das Verständnis, dass das Merkmal „Aufstieg - ohne“ bereits erfüllt ist, wenn am Stichtag 1. Oktober 2005 kein (weiterer) Aufstieg mehr möglich war. Entgeltsteigerungen aufgrund des Erreichens einer höheren Lebensaltersstufe wären nach bisherigem Tarifrecht unabhängig davon eingetreten, ob die aktuelle Eingruppierung noch einen Bewährungs- oder Tätigkeitsaufstieg zugelassen hätte oder ein solcher Aufstieg bereits vor dem Inkrafttreten des TVÜ-Bund erfolgt war. Der Verlust der Altersexspektanz trifft alle Beschäftigte einer Vergütungsgruppe gleich, unabhängig davon, ob sie in diese originär eingruppiert waren oder durch Aufstieg gelangt sind(Hanau ZTR 2009, 403, 407). Eine Bindung des Anspruchs auf Strukturausgleich an eine originäre Vergütungsgruppe könnte deshalb dem Willen der Tarifvertragsparteien, auch mit der Abschaffung der Lebensaltersstufen verbundene Exspektanzverluste auszugleichen (vgl. Dannenberg PersR 2009, 193, 195), widersprechen.
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c) Zwingend ist dies jedoch nicht. Auch eine Regelung, wonach das Merkmal „Aufstieg - ohne“ nur dann erfüllt ist, wenn die für die Überleitung maßgebliche Vergütungsgruppe nicht im Wege eines Aufstiegs erreicht worden ist, würde die Grenzen der autonomen Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des TVÜ-Bund nicht überschreiten, sondern wäre von der Tarifautonomie gedeckt.
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7. Das von der Klägerin befürwortete Auslegungsergebnis ist auch nicht nennenswert praktikabler als das Abstellen auf originäre Vergütungsgruppen. Die Prüfung, ob im Überleitungszeitpunkt eine bestimmte Aufstiegsmöglichkeit bzw. keine Aufstiegsmöglichkeit bestand, erfordert ohnehin den Rückgriff auf die bei der Überleitung einschlägige Fallgruppe der Vergütungsgruppe des BAT, so dass ohne Weiteres festgestellt werden kann, ob der Angestellte in die Vergütungsgruppe mit der entsprechenden Fallgruppe erst durch einen vorherigen Aufstieg gelangt ist. Aufgrund dieses notwendigen Rückgriffs auf die einschlägige Fallgruppe kann aus der Strukturausgleichstabelle auch dann nicht „problemlos“ abgelesen werden, wer ab wann für wie lange welchen Betrag erhält, wenn ohne Weiteres auf die Vergütungsgruppe abgestellt wird, in der der Angestellte bei Inkrafttreten des TVÜ-Bund eingruppiert war(aA Schmidt-Rudloff in Bepler/Böhle/Meerkamp/Stöhr Beck’scher Online-Kommentar Stand 1. März 2010 TVÜ-Bund § 12).
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8. Ob es nach § 12 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts(TVÜ-Länder) vom 12. Oktober 2006 für den Anspruch auf Strukturausgleich darauf ankommt, dass die für die Überleitung maßgebliche Vergütungsgruppe ohne Aufstieg erreicht worden ist, ist für die Auslegung des Merkmals „Aufstieg - ohne“ in der Anlage 3 TVÜ-Bund nicht entscheidend. Selbst wenn die Tarifvertragsparteien des TVÜ-Länder auf die originäre Vergütungsgruppe abgestellt haben sollten, könnte daraus kein entsprechender Regelungswille der Tarifvertragsparteien des TVÜ-Bund abgeleitet werden, die diesen Tarifvertrag bereits am 13. September 2005 vereinbart hatten.
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9. Ebenso wenig Rückschlüsse auf den Regelungswillen der Tarifvertragsparteien des TVÜ-Bund lässt der zeitgleich vereinbarte Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts(TVÜ-VKA) mit seiner in Anlage 2 geregelten Strukturausgleichstabelle zu. Diese ist anders strukturiert als die Tabelle für die Beschäftigten des Bundes und nicht mit vergleichbaren Auslegungsproblemen verbunden. Soweit dort auch für einige Fälle ein Strukturausgleich vorgesehen ist, in denen der Angestellte im Wege des Aufstiegs in eine höhere Vergütungsgruppe gelangt war, unterscheidet er sich nach Betrag, Beginn und Dauer von den Fällen, in denen die Überleitung des Angestellten aus der originären Vergütungsgruppe erfolgte.
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10. Bezogen auf den Regelungswillen der Tarifvertragsparteien des TVÜ-Bund hat das Bundesministerium des Innern mit Schreiben vom 5. Februar 2008 an das Eisenbahn-Bundesamt behauptet, die Gewerkschaften hätten in den Tarifvertragsverhandlungen umfangreiche Vergleichsberechnungen vorgelegt, die auf den „originären“ Vergütungsgruppen basierten und zur tariflichen Regelung des Strukturausgleichs geführt hätten. Die Beklagte hat dieses Schreiben in den vorliegenden Rechtsstreit eingeführt, sich darauf bezogen und sich damit die Behauptung des Bundesministeriums des Innern zu Eigen gemacht. Sollte diese Behauptung zutreffen und wären die Tarifvertragsparteien sich in den Tarifverhandlungen einig gewesen, dass der Anspruch auf Strukturausgleich voraussetzt, dass die für die Überleitung maßgebliche Vergütungsgruppe nicht im Wege eines Aufstiegs erreicht worden ist, würde dies die Auslegung des Landesarbeitsgerichts und der Beklagten rechtfertigen(zu den Voraussetzungen eines Rückgriffs auf die Entstehungsgeschichte der tariflichen Regelung als für die Auslegung entscheidenden Anhaltspunkt vgl. auch BAG 24. Februar 2010 - 10 AZR 1035/08 -).
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Das Landesarbeitsgericht hat aufgrund seiner Annahme, bereits die Systematik der tariflichen Regelung spreche entscheidend dafür, dass es zur Erfüllung des Merkmals „Aufstieg - ohne“ auf die originäre Vergütungsgruppe ankomme, nicht geprüft, ob die Behauptung der Beklagten zutrifft, dass die Tarifvertragsparteien des TVÜ-Bund in den Tarifverhandlungen die Strukturausgleichsbeträge auf der Basis der originären Vergütungsgruppen mit und ohne Aufstiegsmöglichkeit festgelegt haben und sich einig gewesen sind, dass das Merkmal „Aufstieg - ohne“ nur dann erfüllt ist, wenn die für die Überleitung maßgebliche Vergütungsgruppe nicht im Wege eines Aufstiegs erreicht worden ist. Diese Prüfung hat es nachzuholen. Dazu hat es beiden Parteien zunächst Gelegenheit zu geben, ihren jeweiligen Sachvortrag zur Entstehungsgeschichte der Regelung des Strukturausgleichs zu ergänzen und weiter zu substantiieren. Sodann wird das Landesarbeitsgericht festzustellen haben, ob die Tarifvertragsparteien sich einig gewesen sind, dass die originäre Vergütungsgruppe maßgeblich ist. Da Wortlaut, systematischer Zusammenhang und sonstige Auslegungsgesichtspunkte nicht zu einer zweifelsfreien Auslegung führen, kann auch Veranlassung zur Einholung einer Tarifauskunft bestehen(vgl. BAG 17. Mai 1994 - 1 ABR 57/93 -). Gemäß § 293 ZPO können so Mittel der Rechtsanwendung und die dazu erforderlichen Erkenntnisquellen gewonnen werden, indem zB Auskünfte der Tarifvertragsparteien darüber eingeholt werden, ob es zu der Regelung des Strukturausgleichs Protokollnotizen oder vergleichbare Unterlagen gibt, aus denen ein übereinstimmender Regelungswille der Tarifvertragsparteien ersichtlich ist(vgl. BAG 16. Oktober 1985 - 4 AZR 149/84 - BAGE 50, 9, 21).
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11. Kann eine solche Einigkeit der Tarifvertragsparteien nicht festgestellt werden, wäre das Merkmal „Aufstieg - ohne“ so auszulegen, dass es ausreicht, dass am Stichtag 1. Oktober 2005 kein (weiterer) Aufstieg mehr möglich war. Für diese Auslegung streitet dann entscheidend der Gesichtspunkt der Normenklarheit. Wenn die Tarifvertragsparteien in den ersten fünf Spalten der Strukturausgleichstabelle sämtliche Anspruchsvoraussetzungen für den Strukturausgleich und in den Spalten 6 und 7 der Tabelle die Höhe des jeweiligen Ausgleichsbetrags bzw. die Bezugsdauer aufgelistet haben, spricht dies dafür, dass sie den Strukturausgleich möglichst transparent regeln wollten. Müsste erst ermittelt werden, ob der Beschäftigte in die in der Spalte 2 der Tabelle bezeichnete Vergütungsgruppe im Wege des Aufstiegs gelangt ist oder nicht, wäre die Regelung weniger durchschaubar. Für Normadressaten, die sich allein anhand des Wortlauts von § 12 TVÜ-Bund und der Strukturausgleichstabelle Gewissheit über Ansprüche auf Strukturausgleich verschaffen wollen, ist dies entscheidend. Auch die Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel hat die tarifliche Regelung zunächst so verstanden, dass es für den Anspruch auf Strukturausgleich auf die „gegenwärtige Eingruppierung bei Inkrafttreten des TVÜ-Bund“ ankommt. Sie hat der Klägerin deshalb in einem Schreiben vom 10. Oktober 2005 mitgeteilt, dass diese Strukturausgleich erhält, und diese Mitteilung erst nach Kenntnis der Hinweise des Bundesministeriums des Innern zur Anwendung der Regelungen über Strukturausgleiche gemäß § 12 TVÜ-Bund korrigiert. Bei einem unbefangenen Durchlesen der tarifvertraglichen Anspruchsvoraussetzungen liegt die Interpretation, entscheidend sei die bei der Überleitung maßgebliche Vergütungsgruppe des BAT ohne Rücksicht auf einen vorangegangenen Aufstieg, deutlich näher als die von der Beklagten befürwortete Auslegung. Wenn alle anderen Auslegungsgesichtspunkte zu keinem eindeutigen Ergebnis führen, muss dies den Ausschlag geben, weil von den Normadressaten typischerweise nicht zu erwarten ist, dass sie sich zur Klärung der Anspruchsvoraussetzungen sämtlicher Auslegungsmethoden bedienen und alle in Betracht kommenden Auslegungsgesichtspunkte heranziehen.
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Fischermeier
Brühler
Spelge
D. Knauß
Matiaske
(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.
(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.
(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.
(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.
(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.
(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.
(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.
(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.
(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.
(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.
(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.
(1) Gegen den das Verfahren beendenden Beschluß eines Landesarbeitsgerichts findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Beschluß des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 92a Satz 2 zugelassen wird. § 72 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 85 Abs. 2 findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.
(2) Für das Rechtsbeschwerdeverfahren gelten die für das Revisionsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 93 bis 96 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Einlegung der Rechtsbeschwerde hat aufschiebende Wirkung. § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.