Landesarbeitsgericht Hamm Urteil, 24. Feb. 2016 - 4 Sa 681/15

ECLI:ECLI:DE:LAGHAM:2016:0224.4SA681.15.00
bei uns veröffentlicht am24.02.2016

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 19.03.2015, verkündet am 30.04.2015 (4 Ca 1608/14), abgeändert und die Klage kostenpflichtig abgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei
Landesarbeitsgericht Hamm Urteil, 24. Feb. 2016 - 4 Sa 681/15 zitiert 16 §§.

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Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 77 Durchführung gemeinsamer Beschlüsse, Betriebsvereinbarungen


(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseit

Betriebsrentengesetz - BetrAVG | § 1 Zusage des Arbeitgebers auf betriebliche Altersversorgung


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Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 111 Betriebsänderungen


In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 23 Geltungsbereich


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 162 Verhinderung oder Herbeiführung des Bedingungseintritts


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 140 Umdeutung


Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 612a Maßregelungsverbot


Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.

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Referenzen

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

Tenor

I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 19.04.2013, 1 BV 330/12, wird zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.


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(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 30. Oktober 2013 - 7 TaBV 56/13 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Regelung über Sonderkündigungsschutz für langjährig Beschäftigte in einer Betriebsvereinbarung.

2

Die Arbeitgeberin erbringt Serviceleistungen im Bankgewerbe. Antragsteller ist der bei ihr errichtete Betriebsrat. Spätestens im Jahr 1969 schloss die Rechtsvorgängerin der Arbeitgeberin - eine Anstalt öffentlichen Rechts - mit dem bei ihr errichteten Gesamtpersonalrat eine „Betriebsvereinbarung“, die ua. eine Kündbarkeit von langjährig beschäftigten Mitarbeitern nur aus wichtigem Grund festlegte. Die inhaltlich unveränderte Regelung der in der Folgezeit mehrfach neu abgeschlossenen Betriebsvereinbarung (BV) lautet in ihrer letzten, am 18. Dezember 2009 geschlossenen Fassung:

        

§ 4 Kündbarkeit nur aus wichtigem Grund

        

Mitarbeiter/-innen, die mehr als 20 Jahre ununterbrochen in der Bank tätig gewesen sind, können nur aus einem in ihrer Person liegenden wichtigen Grund gekündigt werden.“

3

§ 19 BV bestimmt:

        

„Diese Betriebsvereinbarung wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und kann von jedem Vertragsteil mit sechsmonatiger Frist zum Halbjahresende ganz oder teilweise gekündigt werden. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen. Von diesem Kündigungsrecht kann jeder Teil zum Zwecke der Aufhebung, der Änderung oder Ergänzung der ganzen Betriebsvereinbarung oder von Teilen derselben Gebrauch machen. Wird die Betriebsvereinbarung oder werden einzelne ihrer Bestimmungen mit dem Ziel einer Neuregelung, Ergänzung oder Änderung gekündigt, so entfaltet die gekündigte Betriebsvereinbarung oder die gekündigte Bestimmung keine Nachwirkung.“

4

Die Arbeitgeberin ist - ebenso wie ihre Rechtsvorgänger - an den vom Arbeitgeberverband des privaten Bankgewerbes e. V., der Tarifgemeinschaft öffentlicher Banken und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft e. V. geschlossenen Manteltarifvertrag für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken (MTV) gebunden. Dessen § 17 Ziff. 3 Satz 1 sah in der ab 12. November 1975 geltenden Fassung vor, dass Arbeitnehmer, die das 55. Lebensjahr vollendet haben und dem Betrieb mindestens 15 Jahre ununterbrochen angehören, nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes und bei Betriebsänderungen im Sinne des § 111 BetrVG kündbar sind. § 17 Ziff. 3 MTV lautet einschließlich seiner Protokollnotiz in der seit dem 1. September 1978 geltenden Fassung:

        

„Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben und dem Betrieb mindestens 10 Jahre ununterbrochen angehören, sind nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes und bei Betriebsänderungen im Sinne des § 111
BetrVG kündbar.

        

Das gilt nicht, wenn ein Anspruch auf Altersruhegeld bzw. vorgezogenes Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder Renten wegen Erwerbsminderung geltend gemacht werden kann. Im Falle des Eintretens der teilweisen Erwerbsminderung und der teilweisen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit entfällt der Kündigungsschutz nur unter der weiteren Voraussetzung, dass für den Arbeitnehmer kein seinem Leistungsvermögen angemessener Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt worden ist oder werden kann.

        

Die Möglichkeit der Änderungskündigung bleibt unberührt.

        

Protokollnotiz

        

Bei Zweigstellen, die aus betriebswirtschaftlichen Gründen geschlossen werden müssen und bei denen keine Möglichkeit der Unterbringung in anderen Geschäftsstellen besteht, ist der Arbeitgeber berechtigt, das Arbeitsverhältnis zu kündigen. Im Falle der Kündigung hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Entschädigung nach den Grundsätzen eines Sozialplanes.“

5

Außerdem regelt § 19 Ziff. 3 MTV in dem Abschnitt „Schlussbestimmungen“:

        

„Günstigere Arbeitsbedingungen, auf die ein Arbeitnehmer durch Betriebsvereinbarung oder Kraft eines besonderen Arbeitsvertrags Anspruch hat, bleiben bestehen.“

6

Seit dem Jahr 2001 verwandte die Arbeitgeberin für Arbeitsverhältnisse mit so genannten Vertragsangestellten (außertariflichen Beschäftigten) Arbeitsvertragsformulare, in denen es in den „Schlussbestimmungen“ unter der Überschrift „Bezugnahme auf sonstige Richtlinien und allgemeine Arbeitsbedingungen“ ua. heißt, dass die Betriebsvereinbarung zur Kündbarkeit nur aus wichtigem Grund nach 20-jähriger Betriebszugehörigkeit für den Arbeitnehmer keine Gültigkeit hat.

7

Im Mai 2012 teilte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat schriftlich mit, dass nach ihrer Auffassung § 4 BV gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG verstoße. Mit Schreiben an den Betriebsrat vom 4. Dezember 2012 führte sie aus:

        

„…    

        

hiermit kündigen wir teilweise die Betriebsvereinbarung vom 18. Dezember 2009 (‚BV‘) fristgerecht zum 30. Juni 2013, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin. Die Kündigung erfolgt als Teilkündigung beschränkt auf § 4 BV ‚Kündbarkeit nur aus wichtigem Grund‘. Wir betonen, dass derzeit alle übrigen Regelungen der BV von dieser Kündigung unberührt bleiben. § 19 BV sieht eine solche Teilkündigung der BV ausdrücklich vor. Die Kündigung erfolgt zum Zweck der Neuregelung.

        

Wir betonen außerdem, dass wir nach wie vor von der Unwirksamkeit der Regelungen in § 4 BV ausgehen und die Kündigung deshalb rein vorsorglich und aus formellen Gründen erfolgt.“

8

Der Betriebsrat hat in dem von ihm am 28. Dezember 2012 eingeleiteten Beschlussverfahren die Auffassung vertreten, § 4 BV verstoße nicht gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG. § 4 BV und § 17 Ziff. 3 MTV beträfen unterschiedliche Regelungsgegenstände. Außerdem sei § 4 BV günstiger und damit nach § 19 Ziff. 3 MTV zulässig. Der im Zeitpunkt des Ablaufs der Kündigungsfrist von § 4 BV von Arbeitnehmern erworbene Sonderkündigungsschutz gelte weiter. Ebenso könne die besondere kündigungsschutzrechtliche Position noch nach dem 30. Juni 2013 erworben werden. Der mit den Vertragsangestellten vereinbarte Ausschluss des Sonderkündigungsschutzes sei unwirksam. Insoweit werde die Durchführung der BV verlangt.

9

Der Betriebsrat hat zuletzt im Rechtsbeschwerdeverfahren sinngemäß beantragt

        

1.    

festzustellen, dass § 4 BV nicht aufgrund des § 17 Ziff. 3 MTV wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG unwirksam ist;

                 

hilfsweise festzustellen, dass § 4 BV gegenüber Angestellten iSd. § 1 Ziff. 3 Satz 3 MTV, die keine leitenden Angestellten iSd. § 5 Abs. 3 BetrVG sind, nicht wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG unwirksam ist;

        

2.    

festzustellen, dass die am 4. Dezember 2012 von der Arbeitgeberin ausgesprochene Kündigung von § 4 BV zum 30. Juni 2013 den aus § 4 BV bis zum 30. Juni 2013 entstandenen und entstehenden Sonderkündigungsschutz unberührt lässt;

                 

hilfsweise festzustellen, dass die am 4. Dezember 2012 von der Antragsgegnerin ausgesprochene Kündigung des § 4 BV bis zum 30. Juni 2013 entstandenen Sonderkündigungsschutz gegenüber Angestellten iSd. § 1 Ziff. 3 Satz 3 MTV, die keine leitenden Angestellten iSd. § 5 Abs. 3 BetrVG sind, unberührt lässt;

        

3.    

festzustellen, dass alle Ausschlüsse des § 4 BV in Arbeitsverträgen mit außertariflichen Beschäftigten, sogenannten Vertragsangestellten, die keine leitenden Angestellten iSd. § 5 Abs. 3 BetrVG sind, unwirksam sind;

        

4.    

festzustellen, dass ein Entstehen des Sonderkündigungsschutzes gemäß § 4 BV auch über den 30. Juni 2013 hinaus möglich ist.

10

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Sie hat gemeint, § 4 BV sei von Anfang an wegen eines Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam, jedenfalls aber mit Inkrafttreten des § 17 Ziff. 3 MTV unwirksam geworden.

11

Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats mit am 30. Oktober 2013 verkündetem Beschluss zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat sein - um die zu 1. und zu 2. hilfsweise hinzufügten - Begehren weiter.

12

B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Anträge sind sämtlich unzulässig. Bei dem Antrag zu 1. fehlt es dem Betriebsrat ebenso wie bei dem in der Rechtsbeschwerde zulässig erhobenen Hilfsantrag an dem besonderen Interesse der begehrten Feststellung iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Der Haupt- und der Hilfsantrag zu 2. betreffen keine konkreten Rechtsverhältnisse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Das gilt auch für den Antrag zu 3. Der Antrag zu 4. ist nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

13

I. Der Antrag zu 1. erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO.

14

1. In seiner gebotenen Auslegung betrifft er allerdings ein Rechtsverhältnis iSd. § 256 Abs. 1 ZPO.

15

a) Dem Wortlaut nach will der Betriebsrat festgestellt wissen, dass § 4 BV nicht aus einem bestimmten Rechtsgrund unwirksam ist. Bei einem buchstäblichen Antragsverständnis fehlte es an dem für einen Feststellungsantrag nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Rechtsverhältnis. Dem Betriebsrat ginge es allein um die gutachterliche Klärung, ob § 4 BV gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG verstößt oder nicht.

16

b) Nach der Antragsbegründung erstrebt der Betriebsrat aber die Feststellung, dass § 4 BV bis zum Ablauf der Kündigungsfrist der Teilkündigung der BV am 30. Juni 2013 wirksam war und bis dahin galt. Die Geltung einer Betriebsvereinbarung - oder ihrer einzelnen Vorschriften - kann nach § 256 Abs. 1 ZPO zum Gegenstand eines Feststellungsantrags in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren erhoben werden(vgl. BAG 15. April 2014 - 1 ABR 2/13 (B) - Rn. 17 mwN). Das zeitliche Moment des Antragsverständnisses ist im Hinblick auf die Anträge zu 2. und zu 4. geboten. Mit diesen macht der Betriebsrat unter Berufung auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes und das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit geltend, dass ein am 30. Juni 2013 nach § 4 BV entstandener Sonderkündigungsschutz fortwirkt bzw. noch entstehen kann.

17

2. Dem so verstandenen Antrag fehlt aber das von § 256 Abs. 1 ZPO vorausgesetzte Interesse an alsbaldiger Feststellung.

18

a) Nach § 256 Abs. 1 ZPO ist für die Zulässigkeit eines Feststellungsbegehrens ein besonderes rechtliches Interesse daran erforderlich, dass das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses durch eine gerichtliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Es handelt sich um eine - auch noch im Rechtsbeschwerdeverfahren zu prüfende - Prozessvoraussetzung. Sie stellt sicher, dass die Gerichte das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses tatsächlich klären können und nicht über bloße Meinungsverschiedenheiten der Betroffenen befinden. Es gehört nicht zu den Aufgaben der Gerichte, einem Beteiligten zu bescheinigen, ob er im Recht war oder nicht, oder eine alle Verfahrensbeteiligten interessierende Rechtsfrage gutachterlich zu klären. Erforderlich ist damit grundsätzlich, dass es sich um ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis handelt. Wird die Klage auf Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses gerichtet, so ist sie nur dann zulässig, wenn sich aus der Feststellung noch Rechtsfolgen für die Gegenwart oder die Zukunft ergeben (vgl. BAG 3. Mai 2006 - 1 ABR 15/05 - Rn. 19 mwN, BAGE 118, 131). Für einen Feststellungsantrag, der ursprünglich auf ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis gerichtet war, gilt nichts anderes. Wird ein zunächst gegenwärtiges Rechtsverhältnis während des Rechtsstreits durch Zeitablauf oder Änderung tatsächlicher Umstände zu einem vergangenen, bleibt die Feststellungsklage nur zulässig, wenn sich aus der erstrebten Feststellung konkrete gegenwärtige oder zukünftige Rechtsfolgen ableiten lassen (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 279/08 - Rn. 22 mwN; 19. Februar 2003 - 4 AZR 708/01 - zu I 2 der Gründe mwN). Dabei muss das rechtliche Interesse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO an der Feststellung des streitigen Rechtsverhältnisses selbst bestehen; ein Interesse an der Klärung streitiger Vorfragen genügt nicht (vgl. BAG 28. April 2009 - 1 ABR 7/08 - Rn. 10).

19

b) Danach fehlt es dem Betriebsrat - bereits im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung - an dem besonderen Interesse an der begehrten Feststellung. § 4 BV hat mit Ablauf des 30. Juni 2013 geendet. Die Arbeitgeberin hat die Bestimmung mit Schreiben vom 4. Dezember 2012 zum 30. Juni 2013 gekündigt. Über die Wirksamkeit dieser Kündigung streiten die Beteiligten nicht. Für die Zeit danach entfaltet § 4 BV - seine Wirksamkeit unterstellt - keine Nachwirkung gemäß § 77 Abs. 6 BetrVG. Es handelt sich nicht um eine Regelung in einer Angelegenheit, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann. Die erstrebte Feststellung würde damit keine gegenwärtigen oder zukünftigen Rechtsfolgen klären. Der mit dem beendeten § 4 BV geregelte besondere Kündigungsschutz für die Mitarbeiter der Bank unterliegt auch keiner (weiteren) Ausgestaltungsfähigkeit durch den Betriebsrat. Die von ihm vorgebrachte „Fortwirkung“ der Norm trotz ihrer nachwirkungslosen Beendigung ist Gegenstand der zu 2. und 4. gestellten Anträge. Fortbestehende Rechtswirkungen ergeben sich desgleichen nicht daraus, dass die Geltung von § 4 BV bis zum 30. Juni 2013 - so vom Betriebsrat im Termin zur Anhörung vor dem Senat vorgebracht - bei zu führenden Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen zu berücksichtigen wäre. Damit ist allenfalls ein Interesse an der Klärung einer Vorfrage für eine Verhandlungsposition bei Regelungsfragen aufgezeigt, die nicht das streitige Rechtsverhältnis „an sich“ betreffen. Schließlich vermögen etwaige Folgen der begehrten Feststellung für Ansprüche der einzelnen Arbeitnehmer ein Feststellungsinteresse des Betriebsrats iSd. § 256 Abs. 1 ZPO nicht zu begründen. Der Betriebsrat kann lediglich betriebsverfassungsrechtliche Rechte und Pflichten gerichtlich feststellen lassen. Das Interesse an der Feststellung eines Rechtsverhältnisses, aus dem sich Folgen nur für die einzelnen Arbeitnehmer und nicht auch für ihn selbst ergeben, ist rechtlich nicht geschützt (vgl. hierzu BAG 19. Februar 2002 - 1 ABR 20/01 - zu B I 3 der Gründe, BAGE 100, 281).

20

II. Der damit zur Entscheidung anfallende Hilfsantrag zu 1. ist gleichfalls unzulässig.

21

1. Die mit ihm erstmals in der Rechtsbeschwerdeinstanz angebrachte Antragsmodifikation ist allerdings statthaft. Zwar sind Antragserweiterungen ebenso wie sonstige Antragsänderungen im Rechtsbeschwerdeverfahren grundsätzlich unzulässig. Der Schluss der Anhörung vor dem Beschwerdegericht bildet nicht nur bezüglich des tatsächlichen Vorbringens, sondern auch bezüglich der Anträge der Beteiligten die Entscheidungsgrundlage für das Rechtsbeschwerdegericht, § 559 ZPO(BAG 22. Juli 2014 - 1 ABR 94/12 - Rn. 31). Die Erweiterung oder Beschränkung des Antrags stellt jedoch entsprechend § 264 Nr. 2 ZPO keine Antragsänderung dar. Eine Antragsbeschränkung ist deshalb auch in der Rechtsbeschwerdeinstanz noch zulässig (BAG 28. Juni 2005 - 1 ABR 25/04 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 115, 165). Um eine solche handelt es sich vorliegend. Der Betriebsrat hat sein Feststellungsbegehren auf eine bestimmte Beschäftigtengruppe begrenzt.

22

2. Der Hilfsantrag ist aber ebenso wie der Hauptantrag nicht auf ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis gerichtet. Mit ihm wird eine rein vergangenheitsbezogene Feststellung begehrt, ohne dass das zur Entscheidung gestellte Rechtsverhältnis noch gegenwärtige oder zukünftige Rechtsfolgen nach sich ziehen könnte.

23

III. Der Antrag zu 2. betrifft kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO.

24

1. Ein Rechtsverhältnis ist jede durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandene rechtliche Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache. Der Antrag nach § 256 Abs. 1 ZPO muss sich dabei nicht notwendig auf das Rechtsverhältnis als Ganzes erstrecken. Er kann sich auch auf daraus folgende einzelne Beziehungen, Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Rechtspflicht beschränken (BAG 17. September 2013 - 1 ABR 24/12 - Rn. 16).

25

2. Danach ist der Antrag zu 2. nicht auf ein Rechtsverhältnis gerichtet.

26

a) Der Betriebsrat beansprucht mit dem Antrag die Feststellung, dass § 4 BV trotz seiner nachwirkungslosen Beendigung mit Ablauf des 30. Juni 2013 wegen einer anzunehmenden Beschränkung der Kündigungswirkungen den Sonderkündigungsschutz für diejenigen Arbeitnehmer „unberührt lässt“, die in diesem Zeitpunkt bereits mehr als 20 Jahre ununterbrochen in der Bank tätig gewesen sind und daher einen entsprechenden Besitzstand erworben hätten. Wie der Betriebsrat im Termin zur Anhörung vor dem Senat klargestellt hat, ist die Antragsformulierung „… entstandenen Sonderkündigungsschutz“ dem Umstand geschuldet, dass das Feststellungsbegehren noch vor Ablauf der Kündigungsfrist des § 4 BV angebracht worden ist. Aus der Antragsbegründung folgt außerdem, dass der Betriebsrat nicht das Bestehen einer besonderen individuellen kündigungsschutzrechtlichen Position der betroffenen Arbeitnehmer festgestellt wissen will. Gegenüber einem solchen Antrag bestünden erhebliche Bedenken hinsichtlich der nötigen Antragsbefugnis. Der Betriebsrat vertritt vielmehr die Ansicht einer kollektiv-rechtlichen Fortwirkung von § 4 BV, weil dessen Kündigung zum 30. Juni 2013 durch die Arbeitgeberin in ihren Wirkungen vor allem aus Vertrauensgesichtspunkten zu beschränken wäre.

27

b) Damit ist der Antrag jedoch auf die Feststellung der rechtlichen Folgen der Kündigung von § 4 BV gerichtet. Ebenso wenig aber wie die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts ein zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage ist (vgl. BAG 4. Dezember 2013 - 7 ABR 7/12 - Rn. 18 mwN), liegt in der begehrten isolierten Feststellung der Folgen einer Kündigung einer Betriebsvereinbarung(snorm) ein rechtliches Verhältnis einer Person bzw. eines Beteiligten zu einer anderen Person bzw. Beteiligten oder zu einer Sache. Aus den im Bereich der betrieblichen Altersversorgung ergangenen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts zur Zulässigkeit eines auf die beschränkte Fortgeltung einer unstreitig nachwirkungslos beendeten Betriebsvereinbarung gerichteten Feststellungsantrags folgt nichts anderes (vgl. hierzu BAG 19. September 2006 - 1 ABR 58/05 - Rn. 14 und 17. August 1999 - 3 ABR 55/98 - zu B II 3 c der Gründe, BAGE 92, 303). Sie ist den Besonderheiten der Mitbestimmung bei der betrieblichen Altersversorgung geschuldet. Dort kann der Arbeitgeber zwar allein darüber entscheiden, ob, in welchem Umfang und für welchen Arbeitnehmerkreis er finanzielle Mittel zur betrieblichen Altersversorgung zur Verfügung stellt. Soweit es aber um die Verteilung dieser Mittel geht, besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Betriebsvereinbarungen über betriebliche Altersversorgung sind in diesem Sinn „teilmitbestimmt“ (BAG 17. August 1999 - 3 ABR 55/98 - zu B I 5 a der Gründe, BAGE 92, 203). Bei der arbeitgeberseitigen Kündigung einer Betriebsvereinbarung über Leistungen der betrieblichen Altersversorgung ist daher die betriebsverfassungsrechtliche Position des Betriebsrats in diesem Regelungsbereich betroffen. Ihm kann bei der Ausgestaltung der Anwartschaften ein Mitbestimmungsrecht zukommen (zur Geltendmachung eines solchen Mitbestimmungsrechts im Wege eines zulässigen Feststellungsantrags vgl. BAG 19. September 2006 - 1 ABR 58/05 - Rn. 13 f.). Vorliegend geht es nicht um einen ähnlich teilmitbestimmten Regelungsgegenstand. Eine betriebsverfassungsrechtliche Position des Betriebsrats für die Ausgestaltung der besonderen kündigungsschutzrechtlichen Position der Arbeitnehmer ist nicht ersichtlich; sie wird vom Betriebsrat auch nicht beansprucht.

28

IV. Aus den gleichen Gründen ist der erstmals in der Rechtsbeschwerdeinstanz zur Entscheidung gestellte Hilfsantrag zu 2. unzulässig. Es handelt sich zwar um eine Beschränkung des Antrags zu 2., die nach § 264 Nr. 2 ZPO keine Antragsänderung darstellt und damit auch in der Rechtsbeschwerdeinstanz noch statthaft ist. Er ist aber ebenso auf kein Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet.

29

V. Auch bei dem Antrag zu 3. fehlt es an einem Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO.

30

1. Mit dem Antrag erstrebt der Betriebsrat die Feststellung der Unwirksamkeit von Vereinbarungen in Arbeitsverträgen mit Vertragsangestellten, nach denen die Betriebsvereinbarung zur Kündbarkeit nur aus wichtigem Grund nach 20-jähriger Betriebszugehörigkeit für den Arbeitnehmer keine Gültigkeit haben soll. Wie die Antragsbegründung ergibt, kann das Begehren nicht dahingehend verstanden werden, dass die Arbeitgeberin verpflichtet werden soll, es zu unterlassen, künftig solche Vereinbarungen zu treffen. Dem Betriebsrat geht es erkennbar darum, die Unwirksamkeit bereits getroffener Vereinbarungen feststellen zu lassen.

31

2. Damit ist Gegenstand des Antrags nicht das Bestehen einer betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsposition des Betriebsrats, sondern die Wirksamkeit von zwischen der Arbeitgeberin und Vertragsangestellten geschlossenen Vereinbarungen. Die Frage, ob der Ausschluss von § 4 BV in den Einzelverträgen rechtswidrig ist, berührt als solche nicht die Rechtsbeziehung zwischen den Betriebsparteien.

32

VI. Schließlich ist auch der Antrag zu 4. unzulässig. Er ist bereits nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

33

1. Mit dem Antrag verfolgt der Betriebsrat - in Abgrenzung zu seinem Antrag zu 2. - die Feststellung der Fortgeltung von § 4 BV für diejenigen Arbeitnehmer, die mit Ablauf des 30. Juni 2013 zwar unter den Geltungsbereich der BV fielen, aber noch nicht die Voraussetzungen des besonderen Kündigungsschutzes erfüllt hatten. Hinsichtlich dieses Personenkreises soll das Entstehen des Sonderkündigungsschutzes nach dem 30. Juni 2013 „möglich“ sein.

34

2. Dieses Begehren ist unbestimmt.

35

a) Im Beschlussverfahren muss ein Antrag ebenso bestimmt sein wie im Urteilsverfahren. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist auf das Beschlussverfahren und die in ihm gestellten Anträge entsprechend anwendbar. Der jeweilige Streitgegenstand muss so konkret umschrieben werden, dass der Umfang der Rechtskraftwirkung für die Beteiligten nicht zweifelhaft ist (BAG 22. Juli 2014 - 1 ABR 94/12 - Rn. 24 mwN).

36

b) Diesem Erfordernis wird der Antrag nicht gerecht. Würde ihm stattgegeben, bliebe unklar, in welcher Konstellation ein „Entstehen“ des besonderen Kündigungsschutzes für die Arbeitnehmer „möglich“ ist.

        

   Schmidt    

        

   Koch    

        

  K. Schmidt    

        

        

        

  Fasbender    

        

  D. Wege    

                 

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts, vorbehaltlich der Vorschriften des § 24 für die Seeschiffahrts-, Binnenschiffahrts- und Luftverkehrsbetriebe. Die Vorschriften des Ersten Abschnitts gelten mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden. In Betrieben und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat; diese Arbeitnehmer sind bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach Satz 2 bis zur Beschäftigung von in der Regel zehn Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach den Sätzen 2 und 3 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.

(2) Die Vorschriften des Dritten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten Rechts sowie für Betriebe, die von einer öffentlichen Verwaltung geführt werden, soweit sie wirtschaftliche Zwecke verfolgen.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 2. Juli 2009 - 11 Sa 278/09 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von der Beklagten auf betriebliche Gründe gestützten Kündigung.

2

Der Kläger war seit dem 1. September 2006 als Hauswirtschaftsleiter bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte versorgt Seniorenstifte und beliefert deren Küchen. Sie beschäftigt mehr als zehn Arbeitnehmer. Der Kläger war zuständig für sechs Seniorenstifte, die von insgesamt drei Produktionsstätten der Beklagten beliefert werden.

3

Mit Schreiben vom 23. Juni 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis aus betrieblichen Gründen zum 30. September 2008. Dagegen hat der Kläger rechtzeitig Klage erhoben und - soweit in der Revisionsinstanz noch von Interesse - beantragt

        

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 23. Juni 2008 nicht aufgelöst worden ist.

4

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, sie habe am 30. Mai 2008 die Entscheidung getroffen, die Stelle des Klägers als Hauswirtschaftsleiter zum 30. Juni 2008 ersatzlos zu streichen. Hierfür seien sowohl außer- als auch innerbetriebliche Gründe maßgeblich gewesen. Negative wirtschaftliche Ergebnisse hätten sie zur Personalreduzierung gezwungen. Die bisher vom Kläger wahrgenommenen Aufgaben seien auf die jeweiligen Küchenleiter der einzelnen Produktionsküchen verteilt worden. Diese hätten die Aufgaben bereits vor ihrer Entscheidung entweder gänzlich oder doch zu einem großen Teil selbständig erbracht. Zur Erledigung der vom Kläger übernommenen Aufgaben seien sie ohne überobligatorische Leistungen in der Lage.

5

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision ist zulässig (I), aber unbegründet (II). Die Kündigung vom 23. Juni 2008 hat das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgelöst.

7

I. Die Revision ist zulässig. Die Revisionsbegründung genügt den Anforderungen des § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO. Von den als einzige geltend gemachten Verfahrensrügen ist zumindest die Rüge einer Verletzung der Hinweispflicht zulässig erhoben.

8

1. Ob von mehreren erhobenen Verfahrensrügen zumindest eine zulässig ist, ist eine Frage der ausreichenden Revisionsbegründung (§ 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO) und damit der Zulässigkeit der Revision (vgl. BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - zu II 4 der Gründe, BAGE 109, 145).Verfahrensrügen müssen nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO die Bezeichnung der Tatsachen enthalten, die den Mangel ergeben, auf den sich die Revision stützt.

9

2. Danach ist die Revision zulässig. Die Beklagte hat jedenfalls die Rüge, das Landesarbeitsgericht habe die Hinweispflicht nach § 139 Abs. 2 ZPO verletzt, ausreichend begründet und damit zulässig erhoben.

10

a) Wird gerügt, das Landesarbeitsgericht habe den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, weil es der Hinweispflicht nach § 139 Abs. 2 ZPO nicht nachgekommen sei, muss der Revisionskläger konkret darlegen, welchen Hinweis das Gericht hätte geben müssen und wie er auf einen entsprechenden Hinweis reagiert, insbesondere welchen tatsächlichen Vortrag er gehalten oder welche für die Entscheidung erheblichen rechtlichen Ausführungen er gemacht hätte(vgl. BAG 23. September 2008 - 6 AZN 84/08 - Rn. 13, BAGE 128, 13; 14. März 2005 - 1 AZN 1002/04 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 114, 67).

11

b) Die Beklagte meint, das Gericht habe den Hinweis geben müssen, es halte ihre unternehmerische Entscheidung für nicht hinreichend konkretisiert, gehe von einer Sollarbeitszeit des Klägers von 40 Stunden pro Woche aus und könne nicht ausschließen, dass dieser durch seine Tätigkeiten voll ausgelastet gewesen sei. Die Beklagte hat im Einzelnen ausgeführt, welchen Vortrag sie auf einen entsprechenden gerichtlichen Hinweis gehalten hätte.

12

II. Die Revision ist unbegründet. Dabei kann dahinstehen, ob die Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Hinweispflicht schon deswegen unberechtigt ist, weil die Beklagte nach dem Prozessverlauf auch ohne gerichtlichen Hinweis hätte erkennen können, dass ihr Sachvortrag zu den betrieblichen Gründen für die Kündigung vom 23. Juni 2008 nicht ausreichend war. Der mögliche Verfahrensfehler war jedenfalls nicht entscheidungserheblich. Auch unter Berücksichtigung des ergänzenden Vorbringens der Beklagten aus der Revisionsbegründung ist die Kündigung vom 23. Juni 2008 nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt und damit sozial ungerechtfertigt.

13

1. Dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG können sich aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen ergeben. Innerbetriebliche Gründe liegen vor, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren betrieblicher Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Diese unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist ( Senat 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 24 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 18. Oktober 2006 - 2 AZR 434/05 - Rn. 31, EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 151 ). Von den Arbeitsgerichten nachzuprüfen ist dagegen, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich vollzogen wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist (Senat 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - aaO; 17. Juni 1999 -  2 AZR 522/98 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 92, 61 ).

14

a) Allerdings kann in Fällen, in denen die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluss praktisch deckungsgleich sind, die ansonsten berechtigte Vermutung, die fragliche Entscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht unbesehen greifen. In diesen Fällen muss der Arbeitgeber vielmehr konkrete Angaben dazu machen, wie sich seine Organisationsentscheidung auf die Einsatzmöglichkeiten der Arbeitnehmer auswirkt (Senat 18. März 2010 - 2 AZR 337/08 - Rn. 20, EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 17; 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163).

15

b) Läuft die unternehmerische Entscheidung letztlich nur auf den Abbau einer Hierarchieebene hinaus verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, bedarf es dementsprechend näherer Darlegungen, damit geprüft werden kann, ob der Beschäftigungsbedarf für den betroffenen Arbeitnehmer tatsächlich entfallen und die Entscheidung weder offensichtlich unsachlich noch willkürlich ist. Der Arbeitgeber muss konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher von dem betroffenen Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen. Er muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben auf die zukünftige Arbeitsmenge anhand einer schlüssigen Prognose konkret darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen erledigt werden können (Senat 13. Februar 2008 - 2 AZR 1041/06 - Rn. 16 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 174 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158; 10. Oktober 2002 - 2 AZR 598/01 - zu C I 4 der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 123 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 122).

16

2. Im Streitfall liegt der Entschluss der Beklagten, die Stelle des Hauswirtschaftsleiters zu streichen, nahe an der Kündigungsentscheidung. Er hat allein den Abbau einer Leitungsebene zum Gegenstand und geht einher mit der Umverteilung der dem Kläger bisher zugewiesenen Aufgaben auf andere Beschäftigte. Es bedurfte daher der beschriebenen näheren Erläuterung dieses Entschlusses.

17

3. Dem wird der Vortrag der Beklagten auch unter Berücksichtigung ihres Vorbringens in der Revisionsbegründung nicht gerecht. Die Beklagte hat nicht schlüssig dargelegt, dass zum Zeitpunkt der Kündigung die Prognose gerechtfertigt war, die bisher vom Kläger wahrgenommenen Aufgaben könnten vom verbliebenen Personal im Rahmen seiner regulären Verpflichtungen erledigt werden.

18

a) Zwar stellt die Beklagte die vom Kläger im letzten halben Jahr vor Ausspruch der Kündigung ausgeübten Tätigkeiten und wahrgenommenen Aufgaben monatsweise dar und konkretisiert sie im Hinblick auf die dafür im Einzelnen aufgewendete Arbeitszeit. In gleicher Weise trägt sie für die drei Mitarbeiter vor, denen sie die Aufgaben des Klägers übertragen habe, soweit diese nicht an Drittfirmen vergeben oder von ihrer Geschäftsführung übernommen worden seien.

19

b) Unklar ist aber, wann die Beklagte welche Aufgaben des Klägers auf die Küchenleiter übertragen und wann sie einen Teil der Tätigkeiten an Drittfirmen vergeben oder die Geschäftsführung diese übernommen hat. Hatte sie ursprünglich vorgetragen, sie habe sämtliche Aufgaben des Klägers als Hauswirtschaftsleiter auf die Küchenleiter in den einzelnen Produktionsstätten übertragen, legt sie nunmehr dar, eine Reihe der Tätigkeiten seien von Drittfirmen und von ihrer Geschäftsführung übernommen worden.

20

c) Unklar ist zudem das Schicksal der Aufgaben des Klägers als Personaleinsatzleiter uä. Dazu gehören die von der Beklagten selbst als Beispiele genannten Tätigkeiten wie die Erstellung von Dienst- und Urlaubsplänen, die Beratung der Geschäftsführung und die Öffentlichkeitsarbeit, die Planung und Organisation einer wirtschaftlichen Beschaffung von Ver- und Gebrauchsgütern, die Durchführung von Warenbestandsaufnahmen sowie die Umsetzung und Überwachung der Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften. Die Beklagte hat insoweit weder eine Übertragung auf die Küchenleiter noch eine Vergabe nach außen oder Übernahme durch die Geschäftsführung behauptet.

21

d) Die Beklagte hat außerdem die Umverteilung von Tätigkeiten im Umfang eines Arbeitszeitbedarfs von insgesamt lediglich 98,39 Stunden monatlich dargelegt. Sie geht indessen selbst von einer durchschnittlichen monatlichen Soll-Arbeitszeit des Klägers von 174 Stunden aus. In dem ihrer Aufstellung zugrunde liegenden Halbjahreszeitraum sind lediglich für die Monate Februar bis Mai 2008 Minusstunden im Umfang von zweimal 4, einmal 6,5 und einmal 7,5 Stunden ausgewiesen. Aus den angegebenen arbeitsfreien Zeiten wegen Urlaubs, krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit und Feiertagen ergibt sich nicht, dass und weshalb der Kläger auch während der verbliebenen Arbeitszeit nicht ausgelastet gewesen wäre.

22

e) Der Vortrag der Beklagten ist ferner deshalb unschlüssig, weil die Aufstellung der Arbeitszeiten ihrer drei Küchenleiter ergibt, dass zwei von ihnen über keinerlei freie Arbeitszeitkapazität verfügten und der dritte nur in einem geringen Maße. Damit erscheint eine Übernahme der Aufgaben des Klägers nicht ohne überobligationsmäßige Leistungen der neuen Aufgabenträger möglich.

23

aa) Keinerlei freie Kapazitäten ergeben sich aus den Arbeitszeiten der Küchenleiterin. Diese leistete von Januar bis April 2008 sogar monatlich zwischen 40 und 50 Überstunden. Soweit die Beklagte darauf verweist, diese seien durch die vorübergehende Einarbeitung zweier Mitarbeiter angefallen, folgt daraus nicht, dass und in welchem Umfang die Küchenleiterin ohne diese Mehrbelastung freie Kapazitäten gehabt hätte, um innerhalb ihrer regulären Arbeitszeit weitere Aufgaben zu übernehmen. Einer der Küchenleiter leistete nach der Aufstellung der Beklagten insgesamt mehr Überstunden als Minusstunden anfielen.

24

bb) Lediglich für den dritten Küchenleiter sind für nahezu jeden Monat fünf Minusstunden verzeichnet. Doch reicht auch diese Kapazität nicht aus, um die fraglichen, nach dem Vorbringen der Beklagten im Umfang von monatlich etwa 12 Stunden angefallenen Aufgaben des Klägers zu übernehmen. Weitergehende Erläuterungen lassen sich dem Vortrag der Beklagten nicht entnehmen.

25

4. Die Rüge der Beklagten, das Landesarbeitsgericht habe sich ausschließlich mit den innerbetrieblichen Gründen für die Kündigung befasst und sich nicht mit dem erstinstanzlich vorgetragenen Umsatzrückgang auseinandergesetzt, ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den Anforderungen des § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO.

26

a) Rügt der Revisionskläger, das Landesarbeitsgericht habe von ihm gehaltenen Vortrag übergangen, muss er im Einzelnen unter Angabe des Schriftsatzes nach Datum und bei entsprechendem Umfang auch Seitenzahl darlegen, um welchen Vortrag es sich handeln soll (vgl. BAG 23. September 2008 - 6 AZN 84/08 - Rn. 19, BAGE 128, 13), es sei denn, dies wäre ohne Weiteres klar ( BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - zu II 3 d bb der Gründe, BAGE 109, 145).

27

b) Diesen Anforderungen wird die Rüge der Beklagten nicht gerecht. Die Beklagte verweist lediglich pauschal auf erstinstanzlich vorgetragene außerbetriebliche Gründe. Sie legt nicht dar, welche konkreten tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen das Landesarbeitsgericht übergangen haben soll, ohne dass dies auf der Hand läge.

28

III. Als unterlegene Partei hat die Beklagte gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

        

        

    Sieg    

        

    Jan Eulen    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 27. September 2012 - 2 Sa 408/11 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Die Beklagte betreibt unter einheitlicher Leitung mehrere Pflegeheime, Kindergärten, Kinder- und Jugendheime, ein Wohnheim und eine Schule. Der 1973 geborene Kläger war bei ihr seit 1. April 2007 als Hausmeister „für den Bereich Seniorenresidenz T mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden“ angestellt. In ihren Einrichtungen beschäftigt die Beklagte regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer. Aufgrund vertraglicher Bezugnahme findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien „der jeweils für den Arbeitgeber geltende Tarifvertrag“ Anwendung. Dies sei, wie es im Arbeitsvertrag heißt, der zwischen dem Arbeitgeberverband der Arbeiterwohlfahrt Thüringen e. V. und dem DHV (Deutscher Handels- und Industrieangestellten-Verband; mittlerweile: DHV - Die Berufsgewerkschaft e. V.) (TV-AWO Thüringen) abgeschlossene Tarifvertrag vom 1. Januar 2006.

3

Die Beklagte holte im März 2011 bei verschiedenen Drittfirmen Angebote über eine selbständige Erledigung der Hausmeisterdienste im Seniorenheim T ein. Mit Schreiben vom 29. Juni 2011 kündigte sie das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zum 31. Dezember 2011. Im September 2011 vergab sie die Tätigkeit zu einem festen Bruttopreis an einen der ursprünglichen Anbieter. Reparaturen und sonstige Arbeiten sollten ggf. nach besonderer Vereinbarung vergütet werden.

4

Der Kläger hat sich mit der vorliegenden Klage fristgerecht gegen die Kündigung gewandt. Er hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte habe im Kündigungszeitpunkt allenfalls die vage Absicht gehabt, ein fremdes Unternehmen mit den Hausmeisterdiensten zu beauftragen. Ein Konzept, wie die betrieblichen Abläufe zukünftig gestaltet werden sollten, habe sie zu der Zeit noch nicht entwickelt. Im Übrigen sei die behauptete unternehmerische Entscheidung nicht von einem ordnungsgemäßen Beschluss ihrer Gesellschafter gedeckt. Die soziale Auswahl sei fehlerhaft. Er sei mit den in anderen Einrichtungen tätigen Hausmeistern vergleichbar und zumindest gegenüber einem der fraglichen Mitarbeiter sozial schutzbedürftiger. Bei der Auswahl habe die Beklagte Vorbeschäftigungszeiten, die er seit dem 1. April 1998 erbracht habe, berücksichtigen müssen. Die Kündigung sei auch deshalb unwirksam, weil der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden sei. Zudem sei die maßgebende - tarifliche - Kündigungsfrist bei richtiger Berechnung seiner Beschäftigungsdauer nicht eingehalten.

5

Der Kläger hat - soweit noch von Bedeutung - beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 29. Juni 2011 nicht aufgelöst worden ist und über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus fortbesteht;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn über den Ablauf der Kündigungsfrist bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung als Hausmeister weiter zu beschäftigen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, ihr Geschäftsführer habe in der 24. Kalenderwoche des Jahres 2011 auf der Grundlage dreier Angebote beschlossen, ab dem 1. Januar 2012 ein fremdes Unternehmen mit der Erledigung der bisher dem Kläger übertragenen Dienste zu beauftragen. Die Entscheidung, die zum fraglichen Termin auch tatsächlich umgesetzt worden sei, trage einem bestehenden Kostendruck Rechnung und sei weder unsachlich, noch unvernünftig oder willkürlich. Unschädlich sei, dass der Vertrag mit dem betrauten Unternehmen erst im Herbst 2011 geschlossen worden sei und inhaltlich in einzelnen Punkten von dessen ursprünglichem Angebot abweiche. Einer sozialen Auswahl habe es nicht bedurft. Der Kläger sei schon wegen der vertraglichen Festlegung seines Arbeitsorts auf T mit anderen Hausmeistern nicht vergleichbar. Zudem handele es sich bei jenen Arbeitnehmern um Vollzeitkräfte, die, anders als der Kläger, zusätzliche Tätigkeiten schuldeten. Selbst wenn der Kläger mit den Vollzeitkräften vergleichbar sein sollte, sei die soziale Auswahl im Ergebnis nicht zu beanstanden. Den Betriebsrat habe sie am 21. Juni 2011 - mündlich - ordnungsgemäß unterrichtet.

7

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

9

I. Das Landesarbeitsgericht hat den Feststellungsantrag - unausgesprochen - als einheitlichen Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG ausgelegt und als solchen für zulässig gehalten. Diese Würdigung begegnet keinen Bedenken.

10

II. Mit der bisherigen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht nicht annehmen, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 1, Abs. 2 KSchG.

11

1. Das Kündigungsschutzgesetz findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Dieses bestand bei Zugang der Kündigung länger als sechs Monate (§ 1 Abs. 1 KSchG). Der betriebliche Geltungsbereich des Gesetzes ist nach § 23 Abs. 1 KSchG eröffnet.

12

2. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG nicht schlüssig aufgezeigt. Ihrem Vorbringen sei nicht zu entnehmen, dass im maßgebenden Kündigungszeitpunkt eine Entscheidung zur Fremdvergabe der Hausmeisterdienste schon getroffen gewesen sei. Jedenfalls habe „eine ‚greifbare‘ Form der Entscheidung“ im Kündigungszeitpunkt „noch nicht vor[gelegen]“. Die bei den Drittfirmen eingeholten Angebote hätten rein informativen Zwecken gedient. In konkrete Verhandlungen sei die Beklagte erst längere Zeit nach Zugang der Kündigung eingetreten.

13

3. Diese Beurteilung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat, soweit es nicht den Rechtsbegriff des „dringenden betrieblichen Erfordernisses“ verkannt hat, an die Darlegung des behaupteten Kündigungsgrundes überzogene Anforderungen gestellt. Dies rügt die Beklagte mit Recht.

14

a) Dringende betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 KSchG liegen vor, wenn die Umsetzung einer unternehmerischen (Organisations-)Entscheidung auf der betrieblichen Ebene spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist zu einem voraussichtlich dauerhaften Wegfall des Bedarfs an einer Beschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers führt. Diese Prognose muss schon im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung objektiv berechtigt sein (BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 31; 23. Februar 2010 - 2 AZR 268/08 - Rn. 17, BAGE 133, 240).

15

aa) Ein dringendes „betriebliches“ Erfordernis, das einer Weiterbeschäftigung entgegensteht, ist gegeben, wenn die Arbeitskraft des Arbeitnehmers im Betrieb nicht mehr gefordert ist. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht gehalten, nicht mehr benötigte Arbeitsplätze und Arbeitskräfte weiterhin zu besetzen bzw. zu beschäftigen. Dabei kommt es de lege lata nicht darauf an, ob die dem Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses zugrunde liegende unternehmerische (Organisations-)Entscheidung ihrerseits - etwa aus wirtschaftlichen Gründen - „dringend“ war oder die Existenz des Unternehmens auch ohne sie nicht gefährdet gewesen wäre (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 20, BAGE 145, 265). In diesem Sinne ist die unternehmerische Entscheidung zur Umorganisation bis zur Grenze der offensichtlichen Unsachlichkeit, Unvernunft oder Willkür frei. Für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung spricht dabei die Vermutung, dass sie aus sachlichen - nicht zuletzt wirtschaftlichen - Gründen getroffen wurde und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht (BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 31; 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - aaO mwN).

16

bb) Hängt der Wegfall des Beschäftigungsbedarfs von einer solchen unternehmerisch-organisatorischen Maßnahme des Arbeitgebers ab, braucht diese bei Kündigungszugang noch nicht tatsächlich umgesetzt zu sein. Es genügt, dass sie sich konkret und greifbar abzeichnet. Dazu müssen - soweit die Kündigung ihren Grund in einer Änderung der betrieblichen Organisation hat - zumindest die Absicht und der Wille des Arbeitgebers, die fraglichen Maßnahmen vorzunehmen, schon vorhanden und abschließend gebildet worden sein. Andernfalls lässt sich im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung - auf den es dafür unverzichtbar ankommt - nicht hinreichend sicher prognostizieren, es werde bis zum Ablauf der Kündigungsfrist tatsächlich zum Wegfall des Beschäftigungsbedarfs kommen (BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 34; 20. Februar 2014 - 2 AZR 346/12 - Rn. 18; 23. Februar 2010 - 2 AZR 268/08 - Rn. 18, BAGE 133, 240).

17

b) Da der Arbeitgeber gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG die Tatsachen zu beweisen hat, die die Kündigung bedingen, hat er die tatsächlichen Grundlagen für die Berechtigung der Prognose, bis spätestens zum Ablauf der Kündigungsfrist werde ein Beschäftigungsbedarf entfallen sein, von sich aus schlüssig vorzutragen. Zu diesen Tatsachen gehört der schon bei Kündigungszugang getroffene endgültige Entschluss zur Vornahme einer Maßnahme, die zu einem solchen Wegfall führen werde. Wie substantiiert der Vortrag zu erfolgen hat, hängt von der Einlassung des Arbeitnehmers ab. Zunächst genügt es, wenn der Arbeitgeber - zumindest konkludent - behauptet, er habe seine entsprechende Entscheidung schon vor Zugang der Kündigung getroffen. Wenn der Arbeitnehmer dies mit - in der Regel zunächst ausreichendem - Nichtwissen bestreitet, wird der Arbeitgeber nähere tatsächliche Einzelheiten darlegen müssen, aus denen unmittelbar oder mittelbar geschlossen werden kann, er habe die entsprechende Absicht bereits im Kündigungszeitpunkt endgültig gehabt. Geht es dabei um den inneren Zustand einer einzelnen Person, wird sich das Gericht die Überzeugung von der Wahrheit der Behauptung - wie stets - nach § 286 ZPO bilden müssen. Soweit sich die innere Tatsache nach außen manifestiert hat, wird es ggf. Beweis über die Indiztatsachen erheben und diese würdigen müssen. Fehlt es an einer entsprechenden Offenbarung der unternehmerischen Entscheidung, wird es auf die genaue Darlegung des inneren Willensbildungsprozesses der betreffenden Person, die Schlüssigkeit ihrer Angaben und ihre Glaubwürdigkeit ankommen (vgl. BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 36).

18

c) Danach hat die Beklagte einen die Kündigung rechtfertigenden Grund schlüssig aufgezeigt.

19

aa) Sie hat vorgebracht, ihr Geschäftsführer habe nach Einholung dreier Angebote in der 24. Kalenderwoche - dh. in der Zeit zwischen dem 13. und 19. Juni 2011 - entschieden, die bisher dem Kläger übertragenen Hausmeisterdienste ab dem 1. Januar 2012 durch einen externen Dienstleister erledigen zu lassen. Seinen Entschluss habe er am 20. Juni 2011 dem Personalleiter und der Heimleiterin des Seniorenheims in einer Dienstberatung mitgeteilt. Am Folgetag habe er die Vorsitzende des Betriebsrats von der Entscheidung unterrichtet und dabei eines der Angebote vorgelegt.

20

bb) Bereits die Offenbarung der fraglichen Entscheidung gegenüber Dritten spricht - als wahr unterstellt - in hohem Maße dafür, dass der Geschäftsführer den Entschluss zur Fremdvergabe bereits bei Kündigungszugang gefasst hatte. Die gegenteilige Würdigung des Landesarbeitsgerichts wird dem Indizwert der betreffenden äußeren Umstände nicht gerecht. Jedenfalls durfte es nicht weitergehende Darlegungen zur inneren Willensbildung verlangen, ohne sich zuvor von der Wahrheit oder Unwahrheit der behaupteten Mitteilungen überzeugt zu haben. Ebenso wenig bedurfte es weitergehender Darlegungen zu den Überlegungen und Beweggründen, auf denen die Entscheidung beruhen soll, um ihr Vorliegen plausibel zu machen. Im Übrigen hat die Beklagte ihre Erwägungen durchaus offengelegt, soweit sie auf eine Kosteneinsparung und darauf verwiesen hat, zukünftig Hausmeisterdienste flexibler abrufen zu können.

21

cc) Besondere Umstände, die geeignet wären, die indizielle Wirkung der in Rede stehenden Tatsachen zu entkräften oder abzuschwächen, sind nicht festgestellt. Die Beklagte hat zwar nicht anzugeben vermocht, an welchem genauen Tag ihr Geschäftsführer die Entscheidung zur Fremdvergabe der Hausmeisterdienste getroffen habe. Das schließt die Möglichkeit, er habe den entsprechenden Willen schon vor Zugang der Kündigung gefasst, aber nicht aus. Da die unternehmerische Entscheidung keinem Formzwang unterliegt (vgl. BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 35; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - zu II 4 d dd der Gründe), widerspricht auch das Fehlen einer Verschriftung dieser Annahme nicht. Soweit das Landesarbeitsgericht gemeint hat, die „Entscheidung [habe] zeitlich mit einem gewissen Abstand vor … der Kündigung und Anhörung des Betriebsrats zu erfolgen“, bleibt unklar, was es damit ausdrücken will. Nach dem Vortrag der Beklagten fielen die behauptete Organisationsentscheidung und die Kündigung keineswegs zusammen.

22

dd) Es kann dahinstehen, ob eine Entscheidung über die Fremdvergabe von Hausmeisterdiensten - wie der Kläger gemeint hat - intern den Gesellschaftern der Beklagten vorbehalten und ob sie von einem wirksamen Beschluss der Gesellschafterversammlung getragen war. Darauf kommt es kündigungsrechtlich nicht an. Bei einer juristischen Person genügt es, dass derjenige, der dazu die tatsächliche Macht hat, die betreffende Entscheidung endgültig und vorbehaltlos getroffen hat (vgl. BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 35; 5. April 2001 - 2 AZR 696/99 - zu II 3 der Gründe). Diese Voraussetzung ist im Streitfall nach den Darlegungen der Beklagten bezogen auf die Entscheidung ihres Geschäftsführers erfüllt.

23

ee) Die in Rede stehende Maßnahme - die Fremdvergabe der Hausmeisterdienste - hatte damit im Kündigungszeitpunkt - die tatsächlichen Behauptungen der Beklagten als wahr unterstellt - „greifbare Formen“ angenommen. Die gegenteilige Würdigung des Landesarbeitsgerichts wird dem prognostischen Anteil des Kündigungsgrundes nicht gerecht.

24

(1) Die Beklagte hatte endgültig und ernsthaft beschlossen, die fragliche organisatorische Änderung durchzuführen. Es war nicht erforderlich, dass sie vor Zugang der Kündigung mit der Verwirklichung ihrer Entscheidung bereits begonnen hätte (vgl. BAG 10. Oktober 1996 - 2 AZR 651/95 - zu II 1 der Gründe; 19. Juni 1991 - 2 AZR 127/91 - zu II 2 b der Gründe). Das betrifft nicht nur deren unmittelbare Umsetzung. Auch vorbereitende Maßnahmen - etwa den Vertragsschluss mit dem Drittunternehmen - musste sie noch nicht ergriffen haben. Es genügte, dass sie berechtigterweise annehmen durfte, die laufende Kündigungsfrist biete ihr hierfür ausreichend Zeit.

25

(2) Das war hier der Fall. Die Beklagte hatte nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bereits im März 2011 Angebote von Dienstleistern angefordert. Auch wenn dies zunächst der Markterkundung gedient haben mag, so konnte sie doch aufgrund des Ergebnisses ihrer Anfragen hinreichend sicher annehmen, sie werde rechtzeitig einen geeigneten Dienstleister finden. Anderes gälte allenfalls dann, wenn der Geschäftsführer die Durchführung der Maßnahme von weiteren, unwägbaren Voraussetzungen, etwa davon abhängig gemacht hätte, die Aufgaben zu günstigeren Konditionen vergeben zu können als angeboten. Davon geht das Landesarbeitsgericht aber nicht aus. Der Umstand, dass der im Herbst 2011 mit dem Dienstleister geschlossene Vertrag gegenüber dem ursprünglichen Angebot bestimmte Modifikationen enthält, bietet für einen solchen Vorbehalt keinen hinreichenden Anhaltspunkt.

26

ff) Der Entschluss zur Fremdvergabe der Hausmeisterdienste war geeignet, den Bedarf an einer Beschäftigung des Klägers zum Ende des Jahres 2011 in Wegfall zu bringen. Zwar waren Hausmeistertätigkeiten in der vom Kläger betreuten Einrichtung auch fortan zu erledigen. Sie sollten aber nicht mehr von eigenen Arbeitskräften der Beklagten ausgeführt, sondern von einem anderen Unternehmen - mit dessen Arbeitskräften - selbständig erledigt werden. Eine derartige Organisationsentscheidung ist rechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden. Das gilt auch dann, wenn sie - anders als von der Beklagten erwartet - nicht mit einer Ersparnis von Kosten verbunden gewesen sein sollte.

27

(1) Die Gestaltung des Betriebs, die Antwort auf die Frage, ob und in welcher Weise sich der Arbeitgeber wirtschaftlich betätigen will, sind Bestandteil der durch Art. 12, Art. 14 und Art. 2 Abs. 1 GG geschützten unternehmerischen Freiheit. Zu dieser gehört das Recht, das Unternehmen aufzugeben, darüber zu entscheiden, welche Größenordnung es haben soll, und festzulegen, ob bestimmte Arbeiten weiter im eigenen Betrieb ausgeführt oder an Drittunternehmen vergeben werden sollen (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 380/12 - Rn. 21; 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 17). Das Kündigungsschutzgesetz schreibt nicht eine bestimmte rechtliche und organisatorische Form der Erledigung anfallender Aufgaben fest (BAG 23. April 2008 - 2 AZR 1110/06 - Rn. 19).

28

(2) Der Arbeitgeber ist - bis zur Grenze der Willkür - nicht gehindert, auch wirtschaftlich nicht zwingend notwendige Organisationsentscheidungen zu treffen (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 380/12 - Rn. 20). Es ist nicht Sache der Gerichte, ihm eine „bessere“ oder „richtigere“ betriebliche Organisation vorzuschreiben (BAG 29. August 2013 - 2 AZR 809/12 - Rn. 17 mwN, BAGE 146, 37). Im Fall der Fremdvergabe kommt es deshalb grundsätzlich nicht darauf an, ob durch die Beauftragung des Drittunternehmens tatsächlich Kosten gespart werden (vgl. BAG 31. Mai 2007 - 2 AZR 306/06 - Rn. 23, BAGE 123, 20).

29

(3) Die in Rede stehende Entscheidung lässt keine sachfremden Erwägungen erkennen. Sie ist nicht etwa deshalb unsachlich, weil die Beklagte in anderen Einrichtungen weiterhin eigene Arbeitskräfte als Hausmeister beschäftigt. Zum einen ist nicht erkennbar, dass dies durchgängig der Fall wäre. Zum anderen steht es dem Arbeitgeber frei, verschiedene Betriebsstätten unterschiedlich zu organisieren.

30

III. Der Rechtsstreit ist nicht entscheidungsreif. Der Senat kann nicht abschließend beurteilen, ob die Kündigung vom 29. Juni 2011 wirksam ist. Es fehlt an erforderlichen Feststellungen. Die Sache war deshalb an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

31

1. Es steht nicht fest, ob die Kündigung durch Gründe iSv. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist. Das Landesarbeitsgericht hat das Vorbringen der Beklagten zum Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse rechtsfehlerhaft als unschlüssig angesehen und sich - von seinem Standpunkt aus konsequent - kein Urteil darüber gebildet, ob deren tatsächliche Behauptungen für wahr zu erachten sind (§ 286 ZPO). Dies hat es nachzuholen.

32

a) Allerdings kann bezweifelt werden, ob der Kläger die Ausführungen der Beklagten gemäß § 138 ZPO ausreichend bestritten hat. Er ist deren Vortrag vornehmlich mit Rechtsausführungen entgegengetreten, die sich als nicht durchgreifend erwiesen haben. In tatsächlicher Hinsicht hat er sich darauf beschränkt, das Zustandekommen einer unternehmerischen Entscheidung im Kündigungszeitpunkt „einfach“ zu bestreiten. Nachdem die Beklagte ihre betreffenden Behauptungen durch Hinweis auf die Dienstberatung vom 20. Juni 2011 und dort gefallene Äußerungen ihres Geschäftsführers konkretisiert hatte, wäre es Sache des Klägers gewesen, die ergänzenden Ausführungen „spezifisch“, sei es durch substantiierten Gegenvortrag (§ 138 Abs. 2 ZPO), sei es mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) zu bestreiten. Das ist, soweit ersichtlich, nicht geschehen.

33

b) Die abschließende Würdigung ist zunächst dem Landesarbeitsgericht vorbehalten. Zum einen mag der Kläger die Notwendigkeit einer Konkretisierung seines Bestreitens nicht erkannt haben, weil beide Vorinstanzen von der Unschlüssigkeit des Vortrags der Beklagten ausgegangen sind. Zum anderen unterliegen die in Rede stehenden Indiztatsachen, selbst wenn sie als zugestanden anzusehen wären, einer abschließenden Würdigung gemäß § 286 ZPO, die Aufgabe des Tatsachengerichts ist.

34

2. Der Senat kann nicht beurteilen, ob die Kündigung allemal deshalb sozial ungerechtfertigt ist, weil die Beklagte soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat (§ 1 Abs. 1, Abs. 3 KSchG).

35

a) Dem bisherigen aus dem Berufungsurteil ersichtlichen Parteivorbringen ist nicht zu entnehmen, dass es eines sozialen Vergleichs mit Hausmeistern, die an anderen Standorten beschäftigt sind und die in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten stehen, nicht bedurft hätte.

36

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die fraglichen Einrichtungen der Beklagten bildeten einen einheitlichen Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinne. Dagegen erhebt die Beklagte keine Einwände. Ein Rechtsfehler ist nicht erkennbar.

37

bb) Das Vorbringen der Beklagten berechtigt nicht zu der Annahme, der Tätigkeitsbereich des Klägers sei vertraglich auf das Seniorenheim T eingegrenzt (zu den Folgen einer solchen Beschränkung für die Sozialauswahl vgl. BAG 17. September 1998 - 2 AZR 725/97 - zu II 2 c der Gründe).

38

(1) Dem Arbeitsverhältnis der Parteien liegen die Vereinbarungen im Arbeitsvertrag vom 27. Februar 2007 zugrunde. Dem äußeren Erscheinungsbild nach handelt es sich um einen Formularvertrag, auf den die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen nach §§ 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Auslegung solcher Vertragsbedingungen kann das Revisionsgericht selbst vornehmen (BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 21; 15. Juni 2010 - 3 AZR 994/06 - Rn. 24; jeweils mwN).

39

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut nicht eindeutig, kommt es auf das typische Verständnis redlicher Vertragspartner an (BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14). Von Bedeutung sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck und die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 17).

40

(3) Ist im Arbeitsvertrag zwar der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, ist aber zugleich die Möglichkeit eines Einsatzes auch in anderen Betrieben des Unternehmens vorgesehen, verhindert dies regelmäßig die Beschränkung der Arbeitspflicht auf den im Vertrag genannten Arbeitsort (BAG 28. August 2013 - 10 AZR 569/12 - Rn. 20; 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15). Insoweit macht es keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. Dadurch wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Befugnis zur Versetzung an andere Arbeitsorte bestehen soll.

41

(4) Danach kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht angenommen werden, die Parteien hätten den Einsatzort des Klägers vertraglich festgelegt.

42

(a) Zwar heißt es unter § 1 des Arbeitsvertrags, „der Arbeitnehmer“ werde „als Hausmeister für den Bereich Seniorenresidenz T … unbefristet eingestellt“. Eine solche Klausel kann - wenn nichts anderes geregelt ist - durchaus für eine entsprechende Festschreibung des Arbeitsorts sprechen (vgl. BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 20).

43

(b) Gegen eine dauerhafte Festlegung spricht jedoch die im Arbeitsvertrag enthaltene Bezugnahme auf den „jeweils für den Arbeitgeber geltende(n) Tarifvertrag“, weil dieser Bestimmungen zur Versetzungsmöglichkeit enthält.

44

(aa) Das Arbeitsgericht hat im Rahmen seiner Feststellungen, die sich das Landesarbeitsgericht zu eigen gemacht hat, angenommen, aufgrund der Bezugnahmeklausel finde auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der zwischen dem Arbeitgeberverband der Arbeiterwohlfahrt Thüringen e. V. und der DHV geschlossene Tarifvertrag Anwendung. Das entspricht offenbar dem übereinstimmenden Verständnis beider Parteien. Die Würdigung ist rechtlich möglich. Selbst wenn der Tarifvertrag mangels Tarifzuständigkeit der DHV „fehlerhaft“ sein sollte (zur Problematik vgl. BAG 11. Juni 2013 - 1 ABR 32/12 - BAGE 145, 211), führte dies nicht dazu, dass die Bezugnahme unwirksam wäre oder ins Leere ginge. Die Arbeitsvertragsparteien können grundsätzlich auch auf fehlerhafte Tarifverträge verweisen (BAG 22. Januar 2002 - 9 AZR 601/00 - zu A I 2 b der Gründe mwN, BAGE 100, 189).

45

(bb) Unter § 16 Abs. 1 des TV-AWO Thüringen vom 1. Januar 2010 heißt es: „Der Arbeitnehmer ist im Rahmen seiner arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeit in jedem/r Betrieb, Betriebsteil oder Einrichtung des Arbeitgebers vorübergehend oder auf Dauer einsetzbar.“ Ist die Regelung wirksam in den Arbeitsvertrag einbezogen worden, hat sie die Wirkung eines vertraglichen Versetzungsvorbehalts. Auf diese Weise wäre - zumal Sinn und Zweck der Verweisung laut Arbeitsvertrag die „Gleichstellung der Arbeitnehmer und Vereinheitlichung der arbeitsvertraglichen Regelungen“ sein sollte - hinreichend klargestellt, dass die vertragliche Bestimmung des Einsatzorts mit „Seniorenresidenz T“ lediglich die erstmalige Ausübung des entsprechenden Weisungsrechts darstellte.

46

(cc) Auch wenn die tarifliche Versetzungsregelung nicht wirksam Vertragsbestandteil geworden sein sollte, kann die Vereinbarung zum „Tätigkeitsbereich“ nicht anders verstanden werden. Der Kläger musste angesichts des beabsichtigten Einbezugs der tariflichen Bestimmung annehmen, dass die Beklagte nicht den Willen hatte, sich ihrer Weisungsrechte aus § 106 GewO zu begeben.

47

cc) Das bisherige Vorbringen berechtigt nicht zu der Annahme, die anderen Hausmeister seien deshalb mit dem Kläger nicht vergleichbar, weil sie - anders als er - mit vollem Stundendeputat beschäftigt sind.

48

(1) Eine Sozialauswahl zwischen Arbeitnehmern in Teilzeit und solchen, die in Vollzeit beschäftigt sind, kann ausgeschlossen sein, wenn der Arbeitgeber auf der Grundlage eines nachvollziehbaren unternehmerischen Konzepts bestimmten Tätigkeiten bestimmte Arbeitszeiten zuordnet (BAG 3. Dezember 1998 - 2 AZR 341/98 - zu II 4 der Gründe, BAGE 90, 236). Entsprechendes gilt für eine Sozialauswahl unter Teilzeitkräften mit unterschiedlichen Arbeitszeitdeputaten (BAG 15. Juli 2004 - 2 AZR 376/03 - zu C III 2 der Gründe, BAGE 111, 229). Arbeitnehmer, die aufgrund solcher Organisationsentscheidungen unterschiedlich lange Wochenarbeitszeiten haben, die nur durch Änderungskündigungen angepasst werden könnten, sind nicht austauschbar und damit nicht miteinander vergleichbar iSv. § 1 Abs. 3 KSchG.

49

(2) Die Beklagte hat geltend gemacht, sie habe die in den einzelnen Einrichtungen anfallenden Hausmeistertätigkeiten „einrichtungsbezogen“ nach dem jeweils anfallenden Arbeitsvolumen organisiert. Je Einrichtung solle ein Hausmeister „vor Ort“ als Ansprechpartner vorhanden sein und die anfallenden Arbeiten erledigen. Auf diese Weise hat sie die jeweilige Hausmeistertätigkeit nicht starr an ein bestimmtes Arbeitszeitvolumen der eingesetzten Hausmeister gebunden. Auch wenn es sachliche Gründe geben mag, Hausmeister nicht einrichtungsübergreifend zu beschäftigen, wird aus dem Vorbringen der Beklagten nicht deutlich, weshalb pro Einrichtung jeweils nur ein Arbeitnehmer mit den Hausmeistertätigkeiten betraut werden kann. Das gilt umso mehr, als die Beklagte eine solche Situation offenbar auch in den Einrichtungen nicht gewährleistet, in denen sie die Hausmeistertätigkeiten fremdvergeben hat.

50

dd) Soweit die Beklagte behauptet hat, der Kläger sei mit anderen Hausmeistern, insbesondere dem von ihm namentlich benannten Arbeitnehmer deshalb nicht vergleichbar, weil diese noch weitere Tätigkeiten - etwa als Maler - schuldeten und erbrächten, ist ihr Vortrag streitig geblieben und bedarf ggf. weiterer Aufklärung.

51

b) Die Beklagte hat die Sozialdaten der anderen Hausmeister mitgeteilt und geltend gemacht, die Auswahl des Klägers sei selbst bei unterstellter Vergleichbarkeit im Ergebnis nicht zu beanstanden. Ob dies zutrifft, wird das Landesarbeitsgericht ggf. zu prüfen und zu bewerten haben. Dabei wird es sich, falls es darauf ankommt, auch mit der Frage befassen müssen, ob die Voraussetzungen für eine Anrechnung vor dem 1. April 2007 erbrachter Beschäftigungszeiten des Klägers vorliegen.

52

3. Sollte sich die Kündigung als sozial gerechtfertigt erweisen, wird der Frage nachzugehen sein, ob der Betriebsrat gemäß § 102 BetrVG ordnungsgemäß zur Kündigung angehört worden ist.

53

a) Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe der Vorsitzenden des Gremiums am 21. Juni 2011 mündlich ihre Kündigungsabsicht unter Mitteilung der Tätigkeit und der Sozialdaten des Klägers, des Kündigungsgrundes, der Kündigungsart einschließlich des Kündigungstermins und ihrer Erwägungen zur Sozialauswahl nebst den Daten der anderen Hausmeister mitgeteilt. Das Vorbringen lässt, zumal die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers über die Gründe der Kündigung nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG „subjektiv determiniert“ ist(vgl. nur BAG 12. September 2013 - 6 AZR 121/12 - Rn. 20; 12. August 2010 - 2 AZR 104/09 - Rn. 17), keine inhaltlichen Mängel erkennen. Die Wochenfrist des § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG wäre, ausgehend von dem behaupteten Zugang der Kündigung am 29. Juni 2011, eingehalten.

54

b) Das Landesarbeitsgericht wird zu beurteilen haben, ob der Kläger das Vorbringen hinreichend - mit Nichtwissen - bestritten hat. Ggf. wird es die erforderlichen Beweise zu erheben haben.

55

4. Sollte sich die Kündigung als solche als wirksam erweisen, wird sich das Landesarbeitsgericht mit dem Einwand des Klägers zu befassen haben, die Beklagte habe sie nicht termingerecht erklärt.

56

5. Von der Zurückverweisung ist auch der als Hilfsantrag zu verstehende Antrag des Klägers auf vorläufige Weiterbeschäftigung erfasst. Die Entscheidung über ihn ist abhängig von der Entscheidung über den Feststellungsantrag.

        

   Kreft    

        

   Niemann    

        

   Berger    

        

        

        

   Krichel    

        

   Grimberg    

                 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 19. Februar 2013 - 16 Sa 1652/12 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine ordentliche Kündigung ihres Vertragsverhältnisses. Die Beklagte stützt sie auf betriebliche Erfordernisse und auf Gründe im Verhalten des Klägers.

2

Die im Jahr 2003 gegründete Beklagte betreibt Planung, Konstruktion und EDV-Anwendung im industriellen Anlagenbau. Ihr Sitz ist L. Der Kläger war ursprünglich einer ihrer zwei einzelvertretungsberechtigten, ab dem Jahr 2010 war er ihr alleiniger Geschäftsführer. Gesellschafter der Beklagten im Jahr 2010 waren die Ehefrau des Klägers und die Gemeinschaft der Erben des ursprünglichen Mitgeschäftsführers je zur Hälfte. Die Beklagte beschäftigt zwischen 50 und 60 Arbeitnehmern. Ein Betriebsrat ist im Betrieb nicht gewählt.

3

Mit notariellem Vertrag vom 27. September 2010 verkauften die damaligen Gesellschafter - vertreten durch den Kläger - ihre Anteile an der Beklagten an die M GmbH (M) mit Sitz in S. Als „Basisbetrag für die Kaufpreisermittlung“ wurde eine Summe festgelegt, die auf einem von beiden Seiten angenommenen bestimmten Gewinn der Beklagten beruhte. Dem wiederum lagen eine Bewertung der Beklagten durch ihren damaligen kaufmännischen Leiter und ein Lagebericht des Klägers zugrunde. Nach Maßgabe einer im Vertrag vereinbarten „earn-out“-Klausel sollte ein Teil des Kaufpreises in seiner Höhe von der tatsächlichen künftigen Entwicklung der Beklagten abhängen.

4

In II. § 9 des Kaufvertrags wurde zur weiteren Tätigkeit des Klägers vereinbart:

        

„1.     

[Der Kläger] wird sein Geschäftsführeramt auf erste Anforderung des Erwerbers niederlegen.

        

2.    

[Der Kläger] sichert dem Erwerber und - im Sinne eines echten Vertrages zugunsten Dritter - dem Unternehmen zu, dass er mindestens bis zum 31.12.2012 weiterhin als Prokurist (Einzelprokurist) dem Unternehmen zur Verfügung steht, es sei denn …

        

3.    

Der bisherige Geschäftsführerdienstvertrag [des Klägers] mit allen zwischenzeitlich vorgenommenen Anpassungen und Zusatzvereinbarungen wird unter Beibehaltung aller darin festgelegten Konditionen und Arbeitszeitregelungen mit der Maßgabe fortgeführt, dass er sich zukünftig auf die Diensttätigkeit [des Klägers] als Prokurist bezieht. Ausgenommen hiervon ist der Zeitraum der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die nur noch für die Dauer von 9 Monaten gewährt werden wird. …

        

4.    

Des Weiteren wird zwischen dem Erwerber und [dem Kläger] vereinbart, dass dieser auch in seiner Stellung als Prokurist bis zum einvernehmlichen Abschluss der Earn-Out-Regelungen ein unbeschränktes Informations- und Einsichtsrecht in Bezug auf alle Angelegenheiten und Unterlagen des Unternehmens behält. ...“

5

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger das operative Geschäft der Beklagten weiterhin leiten sollte.

6

Noch im September 2010 legte der damit betraute Steuerberater einen „geänderten Zwischenabschluss auf den 31. Juli 2010“ über die Beklagte vor. Aus ihm ergab sich ein Fehlbetrag von mehreren hunderttausend Euro. Nach dem Vorbringen der Beklagten beruhte dieser insbesondere darauf, dass hinter einem in Verantwortung des Klägers auf Aktivseite angebrachten Bilanzposten Forderungen standen, die sich größtenteils als nicht werthaltig erwiesen. Verhandlungen zwischen den Parteien des Kaufvertrags führten am 5. November 2010 zu einem Änderungsvertrag.

7

Mit Beschluss vom 18. November 2010 berief die M den Kläger als Geschäftsführer der Beklagten ab. Statt seiner wurden zwei ihrer eigenen Mitarbeiter - einer ihrer Geschäftsführer und ihr kaufmännischer Leiter - zu Geschäftsführern berufen. Der Kläger erhielt im Dezember 2010 Einzelprokura. In den Folgemonaten kam es zu Unstimmigkeiten und mehrfachen Klarstellungen über die internen Befugnisse des Klägers. Dieser wandte sich insbesondere gegen das Erfordernis einer von der Beklagten - wegen des konzernweit geltenden Vier-Augen-Prinzips - verlangten zweiten Unterschrift.

8

Nach dem berichtigten Jahresabschluss für 2010 betrug der Verlust der Beklagten über 2,1 Mio. Euro. Ab April 2011 übernahm die M bei ihr die betriebswirtschaftliche Federführung für den Bereich Finanzen und Controlling.

9

Mit Beschluss vom 9. Januar 2012 entzog die M dem Kläger intern die Prokura. Mit zwei weiteren Beschlüssen vom selben Tag berief sie mit Wirkung zum 11. Januar 2012 ihren eigenen Geschäftsführer als Geschäftsführer der Beklagten ab und bestellte statt seiner - als zweiten Geschäftsführer - einen anderen ihrer Mitarbeiter.

10

Mit Schreiben vom 10. Januar 2012 kündigte die Beklagte das Vertragsverhältnis mit dem Kläger zum 31. Dezember 2012 und widerrief ihm gegenüber die Prokura. Zugleich stellte sie ihn - widerruflich - von seinen Arbeitspflichten frei.

11

Mit der vorliegenden Klage wehrt sich der Kläger gegen die Kündigung. Er hat die Ansicht vertreten, dringende betriebliche Erfordernisse, die eine Kündigung bedingten, hätten nicht vorgelegen. Die Beklagte habe eine einschlägige unternehmerische Entscheidung jedenfalls nicht vor Abgabe der Kündigungserklärung getroffen. Soweit sie behauptet habe, der neue Geschäftsführer habe seine - des Klägers - Aufgaben übernommen, sei das unrichtig. Er selbst sei nie „wirklich“ Mitglied der Geschäftsleitung der Beklagten, sondern eine von deren insgesamt sieben hierarchisch gleichberechtigten Führungskräften gewesen. Diese verträten sich trotz jeweils spezieller Aufgaben gegenseitig und seien untereinander austauschbar. Er sei zudem sozial schutzwürdiger als einige von ihnen. Zumindest habe die Beklagte ihm eine der zeitgleich ausgeschriebenen Stellen eines CAD-Konstrukteurs, eines Technikers/Konstrukteurs 2D/3D und eines Ingenieurs Anlagen- und Rohrleitungsplanung anbieten müssen. Andere Kündigungsgründe seien nicht gegeben. Seine Vertragspflichten im Rahmen der Bilanzerstellung und Kaufverhandlungen habe er nicht verletzt.

12

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 10. Januar 2012 nicht aufgelöst worden ist.

13

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, die M als ihre Gesellschafterin habe sich Anfang Januar 2012 dazu entschlossen, wieder einen Geschäftsführer zu bestellen, der vor Ort tätig sei und das operative Geschäft persönlich leite; die seinerzeit berufenen Geschäftsführer seien beide faktisch in S verblieben. Anlass für diese Entscheidung sei zum einen das Verhalten des Klägers gewesen, zu dem das Vertrauen verloren gegangen sei, zum anderen der Umstand, dass sich die „Konstruktion“ aus formell bestellten Geschäftsführern und einem wie ein Geschäftsführer tätigen Prokuristen nicht bewährt habe. Die Leitung des operativen Geschäfts durch einen „echten“ Geschäftsführer verbessere nicht zuletzt ihren Außenauftritt gegenüber den Kunden.

14

Der Kläger habe als Prokurist unverändert herausgehobene Leitungsaufgaben wahrgenommen. Er sei verantwortlich gewesen für die disziplinarische Führung der Vertriebsmitarbeiter, für die Steuerung des Vertriebs, insbesondere die Akquise von Neukunden und die Pflege des Altkundenbestands, für das Angebotswesen und die Überwachung der laufenden Projekte, für die Sichtung von Bewerbungen und das Führen von Vorstellungsgesprächen, für die Einstellung von Personal, die Überprüfung von Gehältern und Gehaltsanpassungen, für Disziplinarmaßnahmen bis hin zur Kündigung von Mitarbeitern und für die Freigabe von Schulungsmaßnahmen im Rahmen des genehmigten Budgets. Sämtliche Mitarbeiter bis auf ihren kaufmännischen Leiter hätten an ihn berichtet. Der Kläger habe seine Aufgaben allerdings nicht sehr kompetent erfüllt, sondern häufig um Weisungen nachgesucht. Da er im Jahr 2011 einerseits zuviel Personal eingestellt, andererseits rechtswidrige Vorschläge zum Personalabbau unterbreitet habe, habe sie Einstellungen und Entlassungen ab August 2011 von der Zustimmung ihrer Geschäftsführer abhängig gemacht.

15

Die Aufgaben des Klägers hätten vom 10. bis 13. Januar 2012 der abberufene, von da an der neu bestellte Geschäftsführer übernommen. Mit ihren sechs Abteilungsleitern sei der Kläger hierarchisch nicht vergleichbar. Diese seien auch nicht untereinander austauschbar. Die im Internet ausgeschriebenen Stellen seien nicht wirklich zu besetzen gewesen. Die Ausschreibungen hätten der Marktbeobachtung gedient. Zudem verfüge der Kläger nicht über die geforderten Qualifikationen.

16

Im Übrigen sei die Kündigung durch Gründe im Verhalten des Klägers während der Kaufverhandlungen vom September 2010 bedingt.

17

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

18

Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Bei Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes erweist sich die ausgesprochene Kündigung als durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt. Der Arbeitsplatz des Klägers ist durch die Übertragung seiner Aufgaben auf einen der Geschäftsführer der Beklagten entfallen. Auf mögliche Gründe in seinem Verhalten kommt es nicht an.

19

I. Die Klage ist nicht begründet. Die Kündigung vom 10. Januar 2012 ist rechtswirksam. Das gilt auch dann, wenn sie der sozialen Rechtfertigung nach Maßgabe des Kündigungsschutzgesetzes bedarf.

20

1. Gemäß § 1 Abs. 1 KSchG ist - nach Ablauf der Wartefrist - die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist. Der personelle Geltungsbereich des Gesetzes ist folglich auf Arbeitnehmer beschränkt. Ob der Kläger Arbeitnehmer ist, vermag der Senat nicht abschließend zu beurteilen.

21

a) Der Status des Klägers als Arbeitnehmer steht nicht deshalb fest, weil ersichtlich sowohl beide Parteien als auch die Vorinstanzen vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses ausgegangen sind. Der Senat ist an die übereinstimmende Rechtsauffassung der Parteien nicht gebunden. Die Gerichte können auch zu Gunsten einer Partei von deren Rechtsmeinung abweichen (BAG 11. Dezember 2007 - 1 ABR 73/06 - Rn. 28). Das Landesarbeitsgericht wiederum hat keine tatsächlichen Feststellungen getroffen, die die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers auswiesen und Bindungswirkung nach § 559 Abs. 2 ZPO auslösten. Zwar hat es in den Gründen seiner Entscheidung ausgeführt: „Auf das Arbeitsverhältnis findet das Kündigungsschutzgesetz unstreitig Anwendung. Der Kläger ist seit mehr als sechs Monaten als Arbeitnehmer bei der Beklagten beschäftigt …“. Darin liegt jedoch keine den Senat hinsichtlich des Arbeitnehmerstatus bindende Tatsachenfeststellung.

22

aa) Dies ist nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil konkrete Tatsachen, die einer entsprechenden rechtlichen Beurteilung zugrunde lägen, nicht explizit festgestellt worden sind. Die Parteien können bestimmte Tatsachen durch allgemein gebräuchliche, einfache rechtliche Ausdrücke in den Rechtsstreit einführen, wenn diese den Teilnehmern des Rechtsverkehrs geläufig sind und das Vorliegen entsprechender tatsächlicher Umstände mit ihnen in Verbindung gebracht wird. Die Parteien lösen auch auf diese Weise eine Erklärungspflicht der Gegenseite gemäß § 138 Abs. 2 ZPO aus(BAG 6. November 2007 - 1 AZR 862/06 - Rn. 13, BAGE 124, 323; BGH 19. März 2004 - V ZR 104/03 - BGHZ 158, 295; Zöller/Greger ZPO 29. Aufl. § 138 Rn. 2). Im Gebrauch des betreffenden Rechtsbegriffs durch das Landesarbeitsgericht kann dann die komprimierte Feststellung der mit ihm regelmäßig verbundenen Tatsachen iSv. § 559 Abs. 2 ZPO zu erblicken sein.

23

bb) Es muss nicht entschieden werden, ob dies für die Begriffe „Arbeitsverhältnis“ und „Arbeitnehmer“ in Frage kommt. Im Streitfall ist nicht zu erkennen, dass der Kläger den Ausdruck „Arbeitnehmer“ zur Beschreibung seines Rechtsstatus je in diesem tatsächlichen Sinne gebraucht hätte. Sein dienstrechtlicher Status spielte in seinen Schriftsätzen keine spezifische Rolle. Die Beklagte hatte keinen Anlass, der Verwendung des Arbeitnehmerbegriffs durch den Kläger entgegenzutreten. Unter dieser Voraussetzung kommt dem Gebrauch der Rechtsbegriffe in den Urteilsgründen des Landesarbeitsgerichts Bindungswirkung iSv. § 559 Abs. 2 ZPO nicht zu.

24

b) Materiell-rechtlich ist Arbeitnehmer, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (BAG 15. Februar 2012 - 10 AZR 301/10 - Rn. 13; 14. März 2007 - 5 AZR 499/06 - Rn. 13). Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist nach § 84 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 HGB derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann(BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 347/04 - zu I der Gründe mwN, BAGE 115, 1). Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Letztlich kommt es für die Beantwortung der Frage, welches Rechtsverhalten im konkreten Fall vorliegt, auf eine Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände des betreffenden Falls an. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich dabei aus dem wirklichen Geschäftsinhalt, nicht aus der Bezeichnung ihres Vertragsverhältnisses durch die Parteien (BAG 20. Mai 2009 - 5 AZR 31/08 - Rn. 19).

25

aa) Grundlage der vertraglichen Beziehung zwischen den Parteien waren ursprünglich der „Geschäftsführervertrag“ vom 13. August 2003 und das „Protokoll zur Gesellschafterversammlung“ vom 31. Januar 2006. Nach § 1 Nr. 1 des Vertrags führt der Kläger die Geschäfte der Beklagten mit der erforderlichen Sorgfalt „nach Maßgabe der Gesetze, dieses Vertrages und des Gesellschaftsvertrages“. Nach Nr. 2 der Abrede ist der Kläger als Geschäftsführer „in der Gestaltung seiner Arbeitszeit frei“. In § 6 heißt es: „Der Geschäftsführer hat Anspruch auf einen Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen. Kann der Geschäftsführer seinen Jahresurlaub nicht nehmen, weil die Interessen der Gesellschaft entgegenstehen, so ist der Urlaubsanspruch abzugelten. Die Urlaubsabgeltung bemisst sich nach der Höhe des Festgehalts“. Dies sind Regelungen, die den „Geschäftsführervertrag“ vom 13. August 2003 prima facie als Dienstvertrag iSv. § 611 BGB und nicht - was rechtlich möglich wäre(EuGH 11. November 2010 - C-232/09 - [Danosa] Slg. 2010, I-11405; BAG 26. Mai 1999 - 5 AZR 664/98 - zu III 1 der Gründe) - als Arbeitsvertrag ausweisen.

26

bb) In § 9 Nr. 3 des Kaufvertrags vom 10. September 2010 wurde mit Blick auf die Person des Klägers vereinbart, dass „der bisherige Geschäftsführerdienstvertrag … unter Beibehaltung aller darin festgelegten Konditionen und Arbeitszeitregelungen mit der Maßgabe fortgeführt wird, dass er sich zukünftig auf die Diensttätigkeit [des Klägers] als Prokurist bezieht“. Lediglich der Lohnfortzahlungszeitraum sollte von zwölf auf neun Monate verkürzt sein. Nach § 9 Nr. 4 des Vertrags sollte der Kläger auch als Prokurist ein unbeschränktes Recht auf Einsicht in „alle Angelegenheiten und Unterlagen des Unternehmens“ behalten.

27

cc) Danach ist es nicht ausgeschlossen, dass der Kläger von der Beklagten auch nach seiner Abberufung als Geschäftsführer nicht als „Arbeitnehmer“, sondern weiterhin auf der Grundlage eines Dienstvertrags als „freier Dienstnehmer“ beschäftigt wurde. An seinem Tätigkeitsbereich, seinen Aufgaben und im äußeren Ablauf seiner Arbeit hat sich aufgrund des Wechsels vom Geschäftsführer zum einzelvertretungsberechtigten Prokuristen offenbar nichts geändert. Die Parteien wollten übereinstimmend - das hat das Landesarbeitsgericht ausdrücklich festgestellt -, dass der Kläger weiterhin das operative Geschäft der Beklagten leite. Das sollte er ersichtlich sowohl in fachlicher als auch in dienstrechtlicher Hinsicht zu unveränderten Bedingungen tun können, also auch als Prokurist gleichsam „organschaftlich“. Die spätere Vorgabe, für bestimmte rechtsgeschäftliche Erklärungen eine zweite Unterschrift einzuholen, gilt nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Beklagten auch für die höchste Leitungsebene. Aus dem bisherigen Parteivortrag erschließt sich nicht, worin dennoch die für den Arbeitnehmerstatus erforderliche persönliche Abhängigkeit des Klägers liegen und wie sie rechtlich begründet worden sein sollte. Seine gehobenen Aufgaben kann man sowohl als Arbeitnehmer als auch als freier Dienstnehmer wahrnehmen. Für die Annahme, die Parteien hätten (konkludent) vereinbart, der Kläger solle unabhängig vom materiell-rechtlichen Status in jedem Fall wie ein Arbeitnehmer behandelt werden, zumindest Kündigungsschutz genießen, fehlt es gleichermaßen an tatsächlichen Grundlagen.

28

2. Der objektiv zutreffende dienstrechtliche Status des Klägers kann für das Ergebnis dahinstehen. Die Klage ist auch dann unbegründet, wenn der Kläger mit seiner Abberufung als Geschäftsführer oder aufgrund späterer Abreden wie ein Arbeitnehmer zu behandeln sein sollte. Die Kündigung der Beklagten vom 10. Januar 2012 hat ein mögliches Arbeitsverhältnis der Parteien aufgelöst. Zwar gilt dann das Kündigungsschutzgesetz. Die Kündigung ist jedoch iSv. § 1 Abs. 2 des Gesetzes sozial gerechtfertigt.

29

a) Auf ein Arbeitsverhältnis der Parteien findet gemäß § 1 Abs. 1, § 23 Abs. 1 Satz 3 seiner Vorschriften das Kündigungsschutzgesetz Anwendung. Der Kläger war seit über acht Jahren bei der Beklagten beschäftigt, wenn die Zeit seiner Tätigkeit als Geschäftsführer mitgerechnet wird; als Prokurist war er es zumindest seit über einem Jahr. Die Beklagte beschäftigte zu Beginn des Jahres 2012 mindestens 50 Arbeitnehmer.

30

b) Die Kündigung vom 10. Januar 2012 ist gemäß § 1 Abs. 2 KSchG durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers im Betrieb entgegenstehen.

31

aa) Dringende betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 KSchG liegen vor, wenn die Umsetzung einer unternehmerischen (Organisations-)Entscheidung auf der betrieblichen Ebene spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist zu einem voraussichtlich dauerhaften Wegfall des Bedarfs an einer Beschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers führt. Diese Prognose muss schon im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung objektiv berechtigt sein (BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 268/08 - Rn. 17, BAGE 133, 240; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - zu II 4 d dd der Gründe). Ein dringendes „betriebliches“ Erfordernis, das einer Weiterbeschäftigung entgegensteht, ist gegeben, wenn die Arbeitskraft des Arbeitnehmers im Betrieb nicht mehr gefordert ist. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht gehalten, nicht mehr benötigte Arbeitsplätze und Arbeitskräfte weiterhin zu besetzen bzw. zu beschäftigen. Dabei kommt es de lege lata nicht darauf an, ob die dem Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses zugrunde liegende unternehmerische (Organisations-)Entscheidung ihrerseits - etwa aus wirtschaftlichen Gründen - „dringend“ war oder die Existenz des Unternehmens auch ohne sie nicht gefährdet gewesen wäre (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 20, BAGE 145, 265). In diesem Sinne ist die unternehmerische Entscheidung zur Umorganisation mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG bis zur Grenze der offensichtlichen Unsachlichkeit, Unvernunft oder Willkür frei. Für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung spricht dabei die Vermutung, dass sie aus sachlichen - nicht zuletzt wirtschaftlichen - Gründen getroffen wurde und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - aaO; 29. März 2007 - 2 AZR 31/06 - Rn. 24).

32

bb) Danach war die Kündigung vom 10. Januar 2012 durch ein dringendes betriebliches Erfordernis bedingt, das einer Weiterbeschäftigung des Klägers im Betrieb entgegenstand. Bei Zugang der Kündigungserklärung war die Prognose berechtigt, spätestens bis zum Ablauf der Kündigungsfrist am Jahresende 2012 werde ein Bedarf an einer Beschäftigung des Klägers nicht mehr bestehen; das ist ausreichend.

33

(1) Der Beschäftigungsbedarf muss bei Zugang der Kündigung nicht schon tatsächlich entfallen sein. Für die Wirksamkeit der Kündigung genügt es, dass jedenfalls die Entwicklungen, die für den künftigen Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit maßgeblich sind, zu diesem Zeitpunkt feststehen, also abschließend geplant sind, und dass die Erwartung berechtigt ist, sie würden sich bis zum Ablauf der Kündigungsfrist realisiert haben (BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 268/08 - Rn. 17, 18, BAGE 133, 240). In diesem Sinne muss der betreffende Kausalverlauf zwar noch nicht beendet, aber bei Kündigungszugang doch bereits in Gang gesetzt worden sein.

34

(2) Hängt der Wegfall des Arbeitsbedarfs von unternehmerisch-organisatorischen Maßnahmen des Arbeitgebers ab, die bei Zugang der Kündigung faktisch noch nicht umgesetzt worden sind, müssen folglich zumindest die Absicht und der Wille des Arbeitgebers, diese Maßnahmen vorzunehmen, schon vorhanden und abschließend gebildet worden sein. Andernfalls lässt sich im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung - auf den es dafür unverzichtbar ankommt - nicht hinreichend sicher prognostizieren, es werde bis zum Ablauf der Kündigungsfrist tatsächlich zum Wegfall des Beschäftigungsbedarfs kommen. Eine Kündigung, die erklärt wurde, ohne dass bei ihrem Zugang bereits festgestanden hätte, aufgrund welcher Maßnahme des Arbeitgebers es zum Arbeitsplatzverlust kommen werde, ist nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse, sondern nur durch den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers bedingt. Der bloße Kündigungswille des Arbeitgebers wiederum ist kein Grund, der eine Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG sozial rechtfertigen könnte. Dazu bedarf es eines Grundes außerhalb der Kündigung selbst, also eines Grundes, der dem Kündigungsentschluss seinerseits zugrunde liegt. Im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung muss damit die unternehmerische Entscheidung, die zum Wegfall des Beschäftigungsbedarfs führen soll, tatsächlich bereits getroffen worden sein (vgl. BAG 20. Februar 2014 - 2 AZR 346/12 - Rn. 16, 18; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - zu II 4 a und II 4 d dd der Gründe). Der Arbeitgeber muss schon in diesem Zeitpunkt endgültig und vorbehaltlos zur Vornahme einer Maßnahme entschlossen sein, die, wenn sie tatsächlich durchgeführt wird, bis zum Ablauf der Kündigungsfrist den Arbeitsplatzverlust zur Folge hat (BAG 20. Februar 2014 - 2 AZR 346/12 - Rn. 18; 23. Februar 2010 - 2 AZR 268/08 - Rn. 18, BAGE 133, 240).

35

(3) Der fragliche Entschluss unterliegt keinem Formzwang. Auch bei einem mehrköpfigen Entscheidungsgremium, das letztlich nur gemeinsam entscheiden kann, bedarf es dazu in der Regel keines förmlichen Beschlusses. Es genügt, dass ein einzelnes Gremiumsmitglied den betreffenden Entschluss vorbehaltlos gefasst hat und - etwa aufgrund von Erfahrungswerten - fest damit zu rechnen war, die übrigen Mitglieder würden sich dem anschließen (vgl. BAG 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - zu II 4 d dd der Gründe).

36

(4) Da der Arbeitgeber gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG die Tatsachen zu beweisen hat, die die Kündigung bedingen, hat er die tatsächlichen Grundlagen für die Berechtigung der Prognose, bis spätestens zum Ablauf der Kündigungsfrist werde ein Beschäftigungsbedarf entfallen sein, von sich aus schlüssig vorzutragen. Zu diesen Tatsachen gehört der schon bei Kündigungszugang getroffene endgültige Entschluss zur Vornahme einer Maßnahme, die zu einem solchen Wegfall führen werde. Wie substantiiert der Vortrag zu erfolgen hat, hängt von der Einlassung des Arbeitnehmers ab. Zunächst genügt es, wenn der Arbeitgeber - zumindest konkludent - behauptet, er habe seine entsprechende Entscheidung schon vor Zugang der Kündigung getroffen. Wenn der Arbeitnehmer dies mit - in der Regel zunächst ausreichendem - Nichtwissen bestreitet, wird der Arbeitgeber nähere tatsächliche Einzelheiten darlegen müssen, aus denen unmittelbar oder mittelbar geschlossen werden kann, er habe die entsprechende Absicht bereits im Kündigungszeitpunkt endgültig gehabt. Geht es dabei um den inneren Zustand einer einzelnen Person, wird sich das Gericht die Überzeugung von der Wahrheit der Behauptung - wie stets - nach § 286 ZPO bilden müssen. Wenn sich die innere Tatsache nicht in irgendeiner Weise nach außen manifestiert hat, wird es auf die genaue Darlegung des inneren Willensbildungsprozesses der betreffenden Person, die Schlüssigkeit ihrer Angaben und ggf. ihre Glaubwürdigkeit ankommen.

37

(5) Bei Zugang der Kündigung vom 10. Januar 2012 stand zu erwarten, dass der Bedarf an einer Weiterbeschäftigung des Klägers spätestens bei Ablauf der Kündigungsfrist Ende Dezember 2012 entfallen wäre.

38

(a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hatte die Beklagte am 9. Januar 2012 - schriftlich niedergelegt - beschlossen, dem Kläger die Prokura zu entziehen, den Geschäftsführer der M als ihren Geschäftsführer abzuberufen und statt seiner einen anderen Mitarbeiter der M als Geschäftsführer zu ernennen. Noch im Kündigungsschreiben vom 10. Januar 2012 stellte sie den Kläger von seinen Arbeitspflichten - wenn auch nicht dauerhaft unwiderruflich - frei.

39

(b) Damit hatte sich der Wille der Beklagten, dem Kläger die Befugnis zur internen Geschäftsleitung und zur Vertretungsbefugnis nach außen zu entziehen und einen neuen, stärker vor Ort präsenten und den Kläger funktional ersetzenden Geschäftsführer zu berufen, im Kündigungszeitpunkt bereits deutlich manifestiert. Mit der sofortigen Freistellung des Klägers hat die Beklagte zudem einen Teil ihres Konzepts mit Zugang der Kündigung unmittelbar umgesetzt.

40

(c) Das Landesarbeitsgericht hat ein Übriges getan und durch Vernehmung des abberufenen Geschäftsführers Beweis über die Behauptung der Beklagten erhoben, dieser und ihr zweiter Geschäftsführer hätten „Anfang Januar 2012 den Entschluss gefasst“, bei ihr „statt eines Prokuristen als Leitung des operativen Geschäfts wieder einen Geschäftsführer für die operative Leitung vor Ort einzusetzen“. Es hat sodann für wahr erachtet, dass eine solche unternehmerische Entscheidung in den ersten Januartagen 2012 tatsächlich getroffen worden ist. Den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist der Kläger mit einer Verfahrensrüge nicht entgegengetreten.

41

(d) Der Beschluss der Beklagten, die Aufgaben des Klägers dem neu berufenen Geschäftsführer zu übertragen, ließ - wenn das Vorhaben tatsächlich umgesetzt würde - den Bedarf an einer Beschäftigung des Klägers entfallen. Zwar würden nicht die Aufgaben des Klägers als solche wegfallen. Sie sollten mit dem neuen Geschäftsführer aber nicht einem anderen Arbeitnehmer übertragen werden - dies liefe auf eine regelmäßig unwirksame „Austauschkündigung“ hinaus, weil der Bedarf an der Beschäftigung von Arbeitnehmern auf diese Weise nicht geringer würde -, sondern sie sollten in der Person des neuen Geschäftsführers künftig von einem „Nicht-Arbeitnehmer“ wahrgenommen werden. Der Kläger hat nicht etwa behauptet, auch der neue Geschäftsführer sei dienstrechtlich in Wahrheit als Arbeitnehmer anzusehen - ungeachtet der Frage nach der Erheblichkeit solchen Vorbringens. Damit würde sich folglich der Bedarf an der Beschäftigung von Arbeitnehmern verringern und der Arbeitsplatz des Klägers entfallen.

42

(e) Eine solche Entscheidung des Arbeitgebers ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die dem Arbeitnehmer durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistete Freiheit der Berufswahl bietet keinen unmittelbaren Schutz gegen den Verlust des Arbeitsplatzes aufgrund privater Dispositionen(BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 23, BAGE 145, 265). Dem Arbeitgeber ist es kündigungsschutzrechtlich nicht verwehrt, Tätigkeiten, die bisher von Arbeitnehmern geleistet wurden, künftig (echten) freien Mitarbeitern oder Mitgliedern seiner Vertretungsorgane, die keine Arbeitnehmer sind, zu übertragen (BAG 13. März 2008 - 2 AZR 1037/06 - Rn. 14, 30; 20. März 2003 - 8 AZR 97/02 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 105, 338). Dies war die vom Landesarbeitsgericht festgestellte Absicht der Beklagten.

43

(f) Die Absicht und Entscheidung der Beklagten ist nicht rechtsmissbräuchlich.

44

(aa) Eine unternehmerisch-organisatorische Entscheidung des Arbeitgebers hat die Vermutung für sich, dass sie aus sachlichen Gründen erfolgt. Rechtsmissbrauch ist die Ausnahme. Er ist deshalb - in aller Regel mit Hilfe von Indizien - vom Arbeitnehmer darzulegen und ggf. zu beweisen (BAG 13. März 2008 - 2 AZR 1037/06 - Rn. 29 mwN).

45

(bb) Der Kläger hat in diesem Zusammenhang vorgebracht, in Wahrheit sei es der Beklagten nicht um eine neue Konzeption gegangen, die in ihrer Konsequenz zum Wegfall seines Arbeitsplatzes führe, sondern allein darum, ihn - den Kläger - „abzubauen“, gleich in welcher Funktion. Er sei der Beklagten „im Weg“ gewesen, insbesondere im Hinblick auf einen Schadensersatzprozess, den - unstreitig - ihre Alleingesellschafterin gegen ihn vor dem Landgericht führe.

46

(cc) Demgegenüber hat das Landesarbeitsgericht als erwiesen angenommen, der Beklagten sei es um die Wahrnehmung der Leitungsaufgaben durch einen auch förmlich als solcher bestellten, vor Ort tätigen Geschäftsführer gegangen. Auf diese Weise habe sie ihrer unerwartet negativen wirtschaftlichen Entwicklung im Jahr 2011 entgegenwirken wollen. Das Konzept, einen Prokuristen mit dem operativen Geschäft vor Ort und die meist ortsabwesenden Geschäftsführer mit vornehmlich überwachenden Aufgaben zu betrauen, habe sich aus Sicht der Beklagten nicht bewährt. Dem ist der Kläger mit zulässigen Verfahrensrügen nicht entgegengetreten.

47

(dd) Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lassen rechtsmissbräuchliche Motive der Beklagten nicht erkennen. Deren Entscheidung, die Aufgaben des Klägers ihrem neu bestellten Geschäftsführer zu übertragen, beruhte auf sachadäquaten Erwägungen. Ihre zugleich bestehende, erkennbare Unzufriedenheit mit den Leistungen des Klägers stellt diese Beurteilung nicht in Frage. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, auch unter diesem Aspekt sei die Aufgabenübertragung nicht rechtsmissbräuchlich, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Entscheidung der Beklagten wäre selbst dann sachbezogen und objektiv nachvollziehbar, wenn sie ihre Unzufriedenheit mit dem Kläger immerhin zum Anlass genommen hätte, ihr neues Konzept mit seiner Übertragung der Leitungsaufgaben auf die Geschäftsführerebene zu entwickeln und umzusetzen. Im Übrigen entsprach die beabsichtigte Konstruktion derjenigen, die noch gut ein Jahr zuvor mit dem Kläger selbst als Geschäftsführer bestanden hatte.

48

(g) Die Beklagte hat ihren Organisationsentschluss tatsächlich umgesetzt.

49

(aa) Das Landesarbeitsgericht hat als Ergebnis seiner Beweisaufnahme festgestellt, der neu bestellte Geschäftsführer habe ab dem 11. Januar 2012 - einem Tag nach der Freistellung des Klägers - die Leitung des operativen Geschäfts der Beklagten vor Ort auch faktisch übernommen. Einzig dieser und nicht (zusätzlich) ein sonstiger Mitarbeiter habe von da an sämtliche Funktionen wahrgenommen, die bislang dem Kläger übertragen gewesen seien. Der Kläger sei dem entsprechenden, ins Einzelne gehenden Vorbringen der Beklagten nicht substantiiert entgegengetreten.

50

(bb) Die dagegen gerichtete Verfahrensrüge ist nicht berechtigt. Der Kläger hält dem Landesarbeitsgericht vor, es habe seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, weil es seinen Vortrag übergangen habe, ihm seien sämtliche kaufmännischen Befugnisse, die Informationswege und das Controlling längst entzogen gewesen. Demgegenüber ist das Landesarbeitsgericht unter B. III. 1. a) cc) seiner Entscheidungsgründe gerade davon ausgegangen, der Kläger habe die kaufmännische Leitung der Beklagten nicht mehr inne gehabt. Es hat lediglich angenommen, er habe weiterhin die operative Verantwortung für deren Geschäfte getragen und wahrgenommen.

51

cc) Der Kläger konnte nicht auf einem anderen freien Arbeitsplatz iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG weiterbeschäftigt werden. Das hätte vorausgesetzt, dass ein Arbeitsplatz zu gleichwertigen oder schlechteren Bedingungen tatsächlich frei gewesen wäre und er über die für die entsprechende Tätigkeit erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügte (vgl. BAG 5. Juni 2008 - 2 AZR 107/07 - Rn. 17 mwN). Das war nicht der Fall.

52

(1) Der Kläger hat sich in diesem Zusammenhang auf die von der Beklagten zu Ende des Jahres 2011 ausgeschriebenen Stellen berufen.

53

(2) Demgegenüber hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, dass der Kläger - ungeachtet der Frage, ob sie überhaupt besetzt werden sollten - für keine der drei Stellen die erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse besaß. Dies gelte insbesondere mit Blick auf die verlangte Technikerausbildung bzw. das vorausgesetzte Studium des Maschinenbaus, der Verfahrens- oder der Versorgungstechnik. Mit Recht ist das Landesarbeitsgericht dabei - unausgesprochen - davon ausgegangen, dass es Sache des Arbeitgebers ist, das Profil neu zu besetzender Stellen und die mit ihm verbundenen Anforderungen an Ausbildung und Fähigkeiten der künftigen Stelleninhaber festzulegen.

54

(3) Die in diesem Zusammenhang erhobenen Einwände des Klägers sind unbeachtlich. Dieser tritt den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht mit einer zulässigen Verfahrensrüge iSv. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO, sondern mit Ausführungen zum richtigen Verständnis des in den Ausschreibungen verwendeten Begriffs „bevorzugte Fähigkeiten“ und mit dem Vorwurf entgegen, die Beklagte habe nicht dargelegt, warum er in die Aufgaben nicht habe eingearbeitet oder entsprechend habe fortgebildet werden können. Zu beiden Punkten hatte er bis dahin Vortrag nicht gehalten. Mit beidem kann er in der Revisionsinstanz nicht mehr gehört werden.

55

c) Die aufgrund dringender betrieblicher Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 KSchG erklärte Kündigung vom 10. Januar 2012 ist nicht wegen einer fehlerhaften Sozialauswahl gemäß Abs. 3 der Vorschrift sozial ungerechtfertigt. Der Kläger, den nach § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG insoweit die Darlegungslast trifft, hat Fehler bei der Sozialauswahl nicht schlüssig aufgezeigt.

56

aa) Die Beklagte hat vorgetragen, der Kläger sei mit einem ihrer sechs Abteilungsleiter - den Mitgliedern des von ihm so bezeichneten „Führungskreises“ - wegen seiner hierarchisch deutlich höheren Stellung nicht vergleichbar.

57

bb) Dieses Vorbringen ist nach dem Inhalt des für die Befugnisse des Klägers weiterhin maßgebenden Geschäftsführervertrags, angesichts des Umstands, dass beide Parteien davon ausgingen, der Kläger solle das operative Geschäft der Beklagten weiterhin leiten, und des unwidersprochenen Vorbringens der Beklagten, sämtliche Mitarbeiter mit Ausnahme ihres kaufmännischen Leiters hätten an den Kläger berichtet, ohne Weiteres schlüssig und plausibel. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, es sei unter diesen Umständen Sache des Klägers gewesen darzulegen, weshalb er sich in hierarchischer Hinsicht in Wirklichkeit vom Kreis der übrigen Führungskräfte nicht unterschieden habe. Das Vorbringen des Klägers lässt stattdessen jede konkrete Beschreibung der Aufgaben und Tätigkeiten vermissen, die er selbst und die die von ihm als vergleichbar angesehenen Mitarbeitern tatsächlich wahrgenommen haben.

58

d) Ob auch Gründe im Verhalten des Klägers die Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG bedingen, kann dahinstehen.

59

II. Die Kündigung vom 10. Januar 2012 ist nicht aus Gründen außerhalb des KSchG unwirksam.

60

1. Unwirksamkeitsgründe aus § 242 BGB, die nicht schon von § 1 KSchG erfasst wären, oder solche aus §§ 134, 138 BGB sind nicht ersichtlich.

61

2. Ebenso wenig sind die Voraussetzungen des § 612a BGB gegeben. Die Kündigung ist keine Reaktion der Beklagten darauf, dass der Kläger ihr gegenüber seine Rechte ausgeübt hätte. Einen solchen Zusammenhang hat das Landesarbeitsgericht zu Recht verneint. Es fehlt bereits an schlüssigem Vorbringen des Klägers.

62

III. Nach § 97 ZPO hat der Kläger die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Niemann    

        

    Berger    

        

        

        

    Alex    

        

    Bartz    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 5. Juli 2012 - 15 Sa 759/12 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Die Beklagte ist ein Unternehmen der Textilindustrie. Sie hat in J/Tschechische Republik eine unselbständige Betriebsstätte, in der sie Verbandstoffe herstellt. Die Endfertigung der Stoffe einschließlich Verpackung und Versand erfolgte an ihrem Sitz in W/Nordrhein-Westfalen. Die 1965 geborene Klägerin war seit Januar 1984 bei der Beklagten am Standort W als Textilarbeiterin beschäftigt. Zuletzt war sie als Vorarbeiterin gegen ein Bruttomonatsentgelt in Höhe von 2.474,57 Euro tätig.

3

Im Juni 2011 beschloss die Beklagte, die Produktion in W zum 31. Januar 2012 vollständig einzustellen und funktionstüchtige Maschinen nach J zu verbringen. Die Abteilungen Großversand, Warenannahme, Lager und Qualitätssicherung sollten zum 30. Juni 2012 geschlossen werden. Der kaufmännische Bereich - bestehend aus Finanzbuchhaltung, Lohnabrechnung, Ein- und Verkauf - sollte in W verbleiben.

4

Am 27. Juni 2011 zeigte die Beklagte der zuständigen Agentur für Arbeit die beabsichtigte Entlassung von 15 Arbeitnehmern an. Mit Schreiben vom 28. Juni 2011, das der Klägerin am selben Tag zuging, kündigte sie das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zum 31. Januar 2012. Daneben kündigte sie - bis auf zwei Ausnahmen - die Arbeitsverhältnisse der übrigen in W eingesetzten gewerblichen Arbeitnehmer. Die beiden nicht gekündigten Produktionsmitarbeiter beschäftigte sie bis zum 30. Juni 2012 weiter.

5

Die Klägerin hat fristgerecht Kündigungsschutzklage erhoben. Sie hat geltend gemacht, die Kündigung sei nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt und deshalb sozial ungerechtfertigt. Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten hätten durchaus - jedenfalls in J - bestanden. Die soziale Auswahl sei fehlerhaft. Spätestens nach einer Einarbeitungszeit von sechs Wochen sei sie in der Lage gewesen, die im gewerblichen Bereich noch anfallenden Arbeiten zu erledigen. Zudem fehle es an einer wirksamen Massenentlassungsanzeige.

6

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28. Juni 2011 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, sie zu den bisherigen Bedingungen des Arbeitsvertrags als Vorarbeiterin bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens weiterzubeschäftigen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei wirksam. Sie sei durch die Entscheidung zur Stilllegung der Produktion am Standort W bedingt. Die organisatorische Maßnahme habe sich im Kündigungszeitpunkt bereits greifbar abgezeichnet und sei termingerecht umgesetzt worden. Damit seien die bisherigen Beschäftigungsmöglichkeiten für die Klägerin weggefallen. Eine Verpflichtung, diese in der Betriebsstätte J weiterzubeschäftigen, habe nicht bestanden. Abgesehen von der Unzumutbarkeit eines entsprechenden Änderungsangebots ergebe sich aus dem Kündigungsschutzgesetz keine Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer auf einem anderen - freien - Arbeitsplatz in einem ausländischen Betrieb oder Betriebsteil weiterzubeschäftigen. Die soziale Auswahl sei nicht zu beanstanden. Die Massenentlassungsanzeige sei ordnungsgemäß erfolgt.

8

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren unverändert weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die ordentliche Kündigung vom 28. Juni 2011 mit Ablauf des 31. Januar 2012 aufgelöst worden.

10

I. Die Kündigung ist nicht nach § 17 Abs. 2, Abs. 3 KSchG iVm. § 134 BGB unwirksam. Das Landesarbeitsgericht hat - unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts - angenommen, die Beklagte habe vor Zugang der Kündigung eine wirksame Massenentlassungsanzeige erstattet. Diese Würdigung, die von der Revision nicht angegriffen wird, lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Ihrem unstreitigen Vorbringen zufolge hat die Beklagte am 27. Juni 2011 gegenüber der zuständigen Agentur für Arbeit unter Verwendung des dafür vorgesehenen Formblatts schriftlich die Entlassung von 15 Arbeitnehmern angezeigt. Die Anzeige enthält die nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KSchG erforderlichen Pflichtangaben. Der Beifügung einer Stellungnahme iSv. § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG bedurfte es nicht. Ein Betriebsrat war bei der Beklagten nicht gebildet.

11

II. Die Kündigung ist nicht gemäß § 1 Abs. 1 KSchG unwirksam. Sie ist iSv. § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG sozial gerechtfertigt.

12

1. Die Kündigung ist gemäß § 1 Abs. 2 KSchG durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt.

13

a) Dringende betriebliche Erfordernisse, die eine Kündigung bedingen, können sich daraus ergeben, dass der Arbeitgeber sich zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer im Betrieb dauerhaft entfallen lässt. Eine solche unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 20. Dezember 2012 - 2 AZR 867/11 - Rn. 33; 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - Rn. 21). Ohne Einschränkung nachzuprüfen ist hingegen, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist (BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - aaO).

14

b) Wird die Kündigung auf eine zu erwartende künftige Entwicklung der betrieblichen Verhältnisse gestützt, braucht diese bei Kündigungsausspruch noch nicht tatsächlich eingetreten zu sein. Es genügt, dass sie sich konkret und greifbar abzeichnet (vgl. BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 19; 9. September 2010 - 2 AZR 493/09 - Rn. 22). Das ist der Fall, wenn im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung die auf objektive Tatsachen gestützte, vernünftige betriebswirtschaftliche Prognose gerechtfertigt ist, mit Ablauf der Kündigungsfrist werde mit einiger Sicherheit ein die Entlassung erforderlich machender betrieblicher Grund vorliegen (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - aaO; 23. Februar 2010 - 2 AZR 268/08 - Rn. 18, BAGE 133, 240). Allerdings muss eine der entsprechenden Prognose zugrunde liegende eigene unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers bereits im Kündigungszeitpunkt endgültig getroffen worden sein. Andernfalls kann eine zum Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeiten führende Entscheidung nicht sicher prognostiziert werden (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - aaO).

15

c) Daran gemessen lagen im Kündigungszeitpunkt Gründe iSd. § 1 Abs. 2 KSchG vor.

16

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe im Juni 2011 den Entschluss gefasst, ihre Produktionstätigkeit am Standort W Ende Januar 2012 auf Dauer einzustellen und die „Endfertigung“ ihrer Verbandstoffe künftig in ihrer tschechischen Betriebsstätte durchführen zu lassen. Ihre Entscheidung habe sie den Planungen entsprechend auch umgesetzt. Diese Feststellungen greift die Revision nicht an.

17

bb) Im Kündigungszeitpunkt war danach die Prognose gerechtfertigt, im Umfang entsprechender personeller Überkapazitäten werde das Beschäftigungsbedürfnis für Mitarbeiter im Produktionsbereich am Standort W mit Ablauf der jeweiligen Kündigungsfrist entfallen (zur Produktionsverlagerung ins Ausland: vgl. BAG 18. September 19972 AZR 657/96 - Rn. 12 ff.; zur Schließung von Dienststellen/Standorten bei gleichzeitiger Konzentration von Aufgaben an einem anderen Standort: siehe BAG 12. August 2010 - 2 AZR 558/09 - Rn. 17; 12. August 2010 - 2 AZR 945/08 - Rn. 31). Zum wesentlichen Inhalt der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit gehört die Freiheit zur Gestaltung der betrieblichen Organisation. Sie umfasst auch die Festlegung, an welchem Standort welche arbeitstechnischen Ziele verfolgt werden. Es ist nicht Sache der Arbeitsgerichte, dem Arbeitgeber insoweit eine „bessere“ oder „richtigere“ Betriebs- oder Unternehmensstruktur vorzuschreiben (vgl. BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 21; 26. September 2002 - 2 AZR 636/01 - zu II 1 b der Gründe, BAGE 103, 31).

18

cc) Für eine getroffene und - wie im Streitfall - durchgeführte Organisationsentscheidung spricht die Vermutung, dass sie aus sachlichen Gründen erfolgt ist und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht. Es oblag deshalb der Klägerin, die Umstände darzulegen und ggf. zu beweisen, aus denen sich ergeben soll, dass die Entscheidung der Beklagten offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (vgl. BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 26 mwN). Dies ist ihr nicht gelungen. Die Klägerin hat gemeint, die Beklagte habe vor der Produktionsverlagerung mit den in W beschäftigten Arbeitnehmern über eine Absenkung der Vergütung verhandeln müssen. Das ist kein beachtlicher Einwand. Das Unterlassen entsprechender Bemühungen führt nicht dazu, dass die Entscheidung der Beklagten rechtsmissbräuchlich wäre, zumal es ihr nicht nur um eine Einsparung von Lohnkosten ging, sondern auch um eine Reduzierung von Transportkosten.

19

dd) Der Umstand, dass die Beklagte ihre unternehmerische Tätigkeit im Bereich der „Endfertigung“ nicht vollständig aufgegeben hat, steht der sozialen Rechtfertigung der Kündigung nicht entgegen.

20

(1) Die Verlagerung der mit der „Endfertigung“ zusammenhängenden Tätigkeiten nach J ändert - unbeschadet der Frage, wie der Begriff des „Betriebes“ in § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG zu verstehen ist - nichts daran, dass der bisherige Arbeitsplatz der Klägerin als solcher ersatzlos weggefallen ist. Für diese Bewertung spricht die erhebliche räumliche Entfernung zwischen den fraglichen Standorten, die - ausgehend von der in den Vorinstanzen mitgeteilten Anschrift der tschechischen Betriebsstätte der Beklagten - mehr als 800 Kilometer beträgt. Hinzu kommt, dass nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Beklagten die alte Betriebsgemeinschaft im betreffenden Arbeitsbereich tatsächlich aufgelöst worden ist (zur Betriebsverlagerung als Betriebsstilllegung: vgl. BAG 12. Februar 1987 - 2 AZR 247/86 - zu II 1 a der Gründe). Die Einstellung der Produktion in Deutschland bewirkte überdies, dass der Beklagten nach dem 31. Januar 2012 eine Weiterbeschäftigung der Klägerin auf der bisherigen Vertragsgrundlage nicht mehr möglich war. Zwar haben die Parteien im Arbeitsvertrag einen bestimmten Arbeitsort nicht ausdrücklich vereinbart. Daraus folgt aber nicht, dass die Beklagte der Klägerin einseitig eine Tätigkeit in ihrer tschechischen Betriebsstätte hätte zuweisen können. Ist der Arbeitsort nicht näher bestimmt, kann der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer auf der Grundlage seines Direktionsrechts (§ 106 GewO)allenfalls innerhalb der Grenzen des Gebiets der Bundesrepublik Deutschland versetzen (zum Meinungsstand: vgl. ErfK/Preis 13. Aufl. § 106 GewO Rn. 16). Soweit die Klägerin nach dem Arbeitsvertrag verpflichtet sein sollte, „auch eine andere Tätigkeit in der Firma auszuüben“, kann daraus - unabhängig davon, ob es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen oder um atypische Erklärungen handelt - nicht abgeleitet werden, die Beklagte habe sich eine länderübergreifende Versetzung der Klägerin vorbehalten wollen. Für ein solches Verständnis fehlt es an Anhaltspunkten, zumal im Arbeitsvertrag als „Firma“ die Beklagte unter ihrer Anschrift in W bezeichnet ist. Die Parteien verstehen ihre Vereinbarungen selbst nicht anders.

21

(2) Die Kündigung ist nicht unter dem Gesichtspunkt des Vorrangs der Änderungskündigung unwirksam. Insoweit kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass zumindest ein Teil der im Bereich der „Endfertigung“ erledigten Tätigkeiten in der tschechischen Betriebsstätte der Beklagten weiterhin anfällt und dort ein entsprechender zusätzlicher Arbeitskräftebedarf entstanden ist. Bei den fraglichen Stellen handelt es sich nicht um „freie“ Arbeitsplätze iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b, Satz 3 KSchG.

22

(a) Eine Kündigung ist nur dann iSd. § 1 Abs. 2 KSchG durch „dringende“ betriebliche Erfordernisse bedingt, wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich ist, dem bei Ausspruch der Kündigung absehbaren Wegfall des Beschäftigungsbedarfs durch andere Maßnahmen - sei es technischer, organisatorischer oder wirtschaftlicher Art - als durch eine Beendigungskündigung zu entsprechen. Das Merkmal der „Dringlichkeit” der betrieblichen Erfordernisse ist Ausdruck des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (ultima-ratio-Prinzip), aus dem sich ergibt, dass der Arbeitgeber vor jeder ordentlichen Beendigungskündigung von sich aus dem Arbeitnehmer eine sowohl diesem als auch ihm selbst objektiv mögliche anderweitige Beschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz, ggf. zu geänderten Bedingungen, anbieten muss (BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 29; 23. November 2004 - 2 AZR 38/04 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 112, 361). Diese in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b, Satz 3 KSchG konkretisierte Kündigungsschranke gilt unabhängig davon, ob in dem Betrieb ein Betriebsrat besteht und ob dieser der Kündigung widersprochen hat (BAG 2. Februar 2006 - 2 AZR 38/05 - Rn. 20 mwN).

23

(b) Erfüllt der Arbeitnehmer das Anforderungsprofil der fraglichen Stelle, bedarf es grundsätzlich keiner weiter gehenden Prüfung, ob dem Arbeitnehmer die Tätigkeit zumutbar ist. Das gilt auch dann, wenn deren Zuweisung eine Vertragsänderung erforderlich macht. Eine ggf. erforderliche Änderungskündigung darf nur in „Extremfällen“ unterbleiben, zB bei einer völlig unterwertigen Beschäftigung. Der Arbeitnehmer soll grundsätzlich selbst entscheiden können, ob er eine Weiterbeschäftigung unter veränderten, möglicherweise sogar erheblich verschlechterten Arbeitsbedingungen für zumutbar erachtet oder nicht (BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 656/08 - Rn. 57, BAGE 133, 226; 5. Juni 2008 - 2 AZR 107/07 - Rn. 15).

24

(c) Für das Fehlen einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit ist gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig. Dabei gilt eine abgestufte Darlegungslast. Bestreitet der Arbeitnehmer lediglich den Wegfall seines bisherigen Arbeitsplatzes, genügt der Vortrag des Arbeitgebers, wegen der betrieblichen Notwendigkeiten sei eine Weiterbeschäftigung zu den gleichen Bedingungen nicht möglich. Will der Arbeitnehmer vorbringen, es sei eine Beschäftigung an anderer Stelle möglich, obliegt es ihm darzulegen, wie er sich diese Beschäftigung vorstellt. Erst daraufhin muss der Arbeitgeber eingehend erläutern, aus welchen Gründen eine Umsetzung nicht in Betracht kam (BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 30; 1. März 2007 - 2 AZR 650/05 - Rn. 21).

25

(d) Danach hat sich die Klägerin nicht auf eine geeignete anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit berufen, soweit sie die Auffassung vertreten hat, die Arbeitsplätze in W hätten bei Entwicklung eines Sanierungskonzepts erhalten werden können. Der Arbeitgeber ist in den Grenzen der Willkür frei in seiner Entscheidung, an welchem Standort er seine unternehmerische Tätigkeit entfaltet. Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten können deshalb nur im Rahmen der von ihm vorgegebenen Arbeitsorganisation Berücksichtigung finden (vgl. BAG 27. September 2001 - 2 AZR 246/00 - zu I 1 c cc der Gründe).

26

(e) Die Beklagte musste der Klägerin zur Vermeidung einer Beendigungskündigung nicht eine Weiterbeschäftigung in J anbieten.

27

Der Berücksichtigung der fraglichen Stellen steht zwar nicht deren Anforderungsprofil entgegen, wie die Beklagte gemeint hat. Diese hat sich hierfür lediglich auf sprachliche Barrieren berufen. Ihr pauschaler Vortrag lässt nicht erkennen, welche Anforderungen der Arbeitsplatz an die Sprachkenntnisse der Klägerin objektiv stellt und weshalb mögliche Hindernisse nicht innerhalb einer zumutbaren Einarbeitungszeit hätten überwunden werden können.

28

Die Beklagte brauchte der Klägerin ein entsprechendes Änderungsangebot aber deshalb nicht zu unterbreiten, weil sich die Verpflichtung des Arbeitgebers aus § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b, Satz 3 KSchG, den Arbeitnehmer an einem anderen - freien - Arbeitsplatz im selben oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens zu beschäftigen, grundsätzlich nicht auf Arbeitsplätze in einem im Ausland gelegenen Betrieb oder Betriebsteil des Unternehmens erstreckt. Ob dies auch dann gilt, wenn der Arbeitgeber ganze Betriebe oder doch Betriebsteile ins Ausland verlagert, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Es fehlt an Anhaltspunkten dafür, dass es sich bei dem Bereich „Endfertigung“ um einen organisatorisch abgegrenzten Betriebsteil handelte.

29

(aa) Das Bundesarbeitsgericht hat sich mit der hier aufgeworfenen Rechtsfrage noch nicht näher befasst. Sie war entweder deshalb, weil sich der Arbeitnehmer nicht auf eine Weiterbeschäftigung im Ausland berufen hatte (vgl. BAG 18. September 1997 - 2 AZR 657/96 -), oder aus anderen Gründen (vgl. BAG 13. Dezember 2012 - 6 AZR 608/11 - Rn. 89) nicht entscheidungserheblich.

30

(bb) Das Landesarbeitsgericht geht davon aus, etwaige Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Ausland seien im Rahmen von § 1 Abs. 2 KSchG nicht zu berücksichtigen. Als „Betrieb“ iSv. § 1 KSchG seien nur die in der Bundesrepublik Deutschland gelegenen organisatorischen Einheiten bzw. Teile eines Unternehmens anzusehen (im Ergebnis ebenso LAG Berlin-Brandenburg 5. Mai 2011 - 5 Sa 219/11 - und - 5 Sa 220/11 -; LAG Hamburg 11. Mai 2011 - 5 Sa 1/11 -; Bader/Bram/Bram § 1 KSchG Rn. 305; Hoffmann-Remy/Zaumseil DB 2012, 1624; Horcher FA 2010, 43, 44; aA LAG Hamburg 22. März 2011 - 1 Sa 2/11 -; SES/Schwarze § 1 Rn. 315; Gravenhorst jurisPR-ArbR 41/2012 Anm. 4; Deinert JbArbR Bd. 50 S. 77, 96; mit Einschränkungen auch HWK/Quecke 5. Aufl. § 1 KSchG Rn. 277; Wisskirchen DB 2007, 340, 345 f.).

31

(cc) Dies ist jedenfalls für die hier vorliegende Konstellation zutreffend.

32

(aaa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts findet der Erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes - sofern eine verfassungskonforme Auslegung des Gesetzes kein anderes Ergebnis gebietet - nur auf in Deutschland gelegene Betriebe Anwendung (BAG 26. März 2009 - 2 AZR 883/07 - Rn. 13; 17. Januar 2008 - 2 AZR 902/06 - Rn. 18, BAGE 125, 274). Das ergibt die am Wortlaut, an der Systematik und der Entstehungsgeschichte sowie an Sinn und Zweck des § 23 KSchG orientierte Auslegung(im Einzelnen BAG 17. Januar 2008 - 2 AZR 902/06 - Rn. 23 ff., aaO). Das Bundesverfassungsgericht hat dieses Verständnis des kündigungsschutzrechtlichen Betriebsbegriffs von Verfassungs wegen nicht beanstandet (vgl. BVerfG 12. März 2009 - 1 BvR 1250/08 -).

33

(bbb) Die sich daraus ergebenden Beschränkungen des durch das Kündigungsschutzgesetz gewährleisteten Bestandsschutzes sind auch im Rahmen von § 1 Abs. 2 Satz 2, Satz 3 KSchG zu berücksichtigen. Die Regelung knüpft, soweit sie die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auf das Unternehmen ausdehnt, an die Beschäftigung in „Betrieben“ an. Der „Unternehmensbezug“ der Weiterbeschäftigungspflicht besteht nur mittelbar, dh. vermittelt über den Betriebsbegriff. Der Begriff des „Betriebes“ in § 1 KSchG ist grundsätzlich nicht anders zu verstehen als in § 23 KSchG(st. Rspr., vgl. BAG 17. Januar 2008 - 2 AZR 902/06 - Rn. 16, BAGE 125, 274; 3. Juni 2004 - 2 AZR 386/03 - Rn. 28).

34

(ccc) Für die Beschränkung der Weiterbeschäftigungspflicht des Arbeitgebers auf organisatorische Einheiten, die in Deutschland gelegen sind, spricht insbesondere der - bereits für die Auslegung des Betriebsbegriffs in § 23 Abs. 1 KSchG maßgebende - Gesichtspunkt, dass die Frage nach der Sozialwidrigkeit der Kündigung nahezu immer eine Einbeziehung der betrieblichen Gegebenheiten erfordert. Das betrifft - neben der gesetzlich vorgeschriebenen Sozialauswahl - in besonderem Maße die in Rede stehende Verpflichtung des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer ggf. eine anderweitige Beschäftigung im selben oder in einem anderen Betrieb seines Unternehmens anzubieten. Schon die Beurteilung, ob freie Beschäftigungskapazitäten in einem ausländischen Betrieb zur Verfügung stehen, kann in der Regel nicht losgelöst von den Rechtsverhältnissen der dort tätigen Arbeitnehmer beurteilt werden. Auch kann es sein, dass mehrere zur Entlassung anstehende Arbeitnehmer betriebsübergreifend um eine geringere Zahl freier Arbeitsplätze konkurrieren. Bei der Prüfung, welcher Arbeitnehmer in einer solchen Situation bei der Stellenbesetzung Vorrang genießt, ist vorausgesetzt, dass gegenüber allen betroffenen Beschäftigten und dem Arbeitgeber dasselbe - deutsche - Arbeitsrecht und Kündigungsschutzrecht angewendet und durchgesetzt werden kann. Diese Voraussetzung sicherzustellen ist das Anliegen der Anknüpfung an den Begriff des „Betriebes“ in § 23 Abs. 1 KSchG(vgl. BAG 26. März 2009 - 2 AZR 883/07 - Rn. 16). Im Rahmen von § 1 KSchG gilt nichts anderes. Die Norm legt fest, unter welchen Voraussetzungen eine Kündigung sozial ungerechtfertigt ist. Anders als in einem kohärenten System kann der vom Gesetzgeber mit den Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes angestrebte Ausgleich gegenläufiger Interessen des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers, ggf. aber auch der Arbeitnehmer untereinander, nicht gelingen.

35

Überdies könnte sonst die Freiheit des Arbeitgebers bei der Auswahl ggf. neu einzustellender Arbeitnehmer eingeschränkt sein, ohne dass dies dem im ausländischen Betrieb geltenden Recht entsprechen müsste. Auch könnte die Verpflichtung des Arbeitgebers, freie Arbeitsplätze in einem im Ausland gelegenen Betrieb in die Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b, Satz 3 KSchG einzubeziehen, zulasten der Beschäftigungschancen Dritter gehen, obwohl diese uU nicht die Möglichkeit hatten, einen deutschen Arbeitnehmern vergleichbaren Bestandsschutz zu erwerben (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 5. Mai 2011 - 5 Sa 219/11 - zu I 2.1.2 der Gründe). Dafür, dass der deutsche Gesetzgeber solch weitreichende Auswirkungen des Kündigungsschutzes beabsichtigt hat, fehlt es an Anhaltspunkten.

36

(ddd) Die Beschränkung der Verpflichtungen aus § 1 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 KSchG auf in Deutschland gelegene „Betriebe“ führt nicht zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung der jeweiligen Belegschaft. Es stellt einen maßgebenden Unterschied dar, ob ein Betrieb im Inland oder Ausland angesiedelt ist. Die Entscheidung des Gesetzgebers, die Feststellung der Sozialwidrigkeit einer Kündigung an die Voraussetzung zu knüpfen, dass die fragliche betriebliche Organisation in der Bundesrepublik Deutschland liegt, ist nicht willkürlich (vgl. BAG 17. Januar 2008 - 2 AZR 902/06 - Rn. 32, BAGE 125, 274).

37

(eee) Im Streitfall kann dahinstehen, ob „freie“ Arbeitsplätze im Ausland dann zu berücksichtigen sind, wenn die Arbeitsverhältnisse der im ausländischen Betrieb tätigen Arbeitnehmer - etwa aufgrund einer Rechtswahl - deutschem (Kündigungs-)Recht unterliegen (die Berücksichtigung solcher Vertragsverhältnisse jedenfalls bei der Feststellung der Betriebsgröße iSd. § 23 Abs. 1 KSchG erwägend: BAG 26. März 2009 - 2 AZR 883/07 - Rn. 20). Ebenso kann offen bleiben, ob sich ein Arbeitnehmer dann auf eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Ausland berufen kann, wenn im Arbeitsvertrag eine Versetzungsklausel vereinbart ist, die dem Arbeitgeber die Zuweisung einer entsprechenden Tätigkeit ermöglicht (befürwortend Horcher FA 2010, 43, 47). So liegt der Streitfall nicht. Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält keine entsprechende Abrede. Dem Vorbringen der Parteien sind auch keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass auf die Arbeitsverhältnisse der in J tätigen Arbeitnehmer deutsches Recht zur Anwendung gelangte. Darauf, ob das individuelle Arbeitsverhältnis der Parteien im Falle seiner Fortführung im Ausland weiterhin deutschem Recht unterläge oder ob ein Statutenwechsel einträte, kommt es nicht an (zur Problematik vgl. BAG 25. April 2013 - 6 AZR 49/12 - Rn. 166; Deinert JbArbR Bd. 50 S. 77, 83; Junker NZA-Beil. 2012, 8, 9, 14; Pauls Betriebsverlagerung ins Ausland und Wegzugsfreiheit des Unternehmers S. 27 ff.). Ein möglicher Wechsel des Vertragsstatuts könnte zwar im Rahmen der Prüfung, ob ein Änderungsangebot ausnahmsweise entbehrlich ist, Bedeutung gewinnen. Er ist aber für sich genommen kein geeigneter Maßstab für die Beurteilung, ob das Kündigungsschutzgesetz dem Arbeitgeber ggf. die Verpflichtung auferlegt, dem Arbeitnehmer im Wege der Änderungskündigung ein Angebot zur Weiterbeschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz in einem im Ausland gelegenen Betrieb zu unterbreiten (vgl. Hoffmann-Remy/Zaumseil DB 2012, 1624, 1625).

38

(fff) Das Ergebnis widerspricht nicht der Rechtsprechung des Achten Senats des Bundesarbeitsgerichts, nach der von einem - den Tatbestand der Betriebs(teil)stilllegung ausschließenden - Betriebs(teil)übergang iSv. § 613a BGB auch bei einem grenzüberschreitenden Sachverhalt auszugehen sein kann(BAG 26. Mai 2011 - 8 AZR 37/10 - Rn. 36, 45). Im entschiedenen Fall ging es um die - identitätswahrende - Verlagerung eines organisatorisch abgegrenzten Betriebsteils ins (grenznahe und überdies deutschsprachige) Ausland bei gleichzeitigem Wechsel des Betriebsinhabers. Ein vergleichbarer Sachverhalt liegt hier nicht vor. Weder den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch dem beiderseitigen Parteivorbringen ist zu entnehmen, dass es sich bei dem Aufgabenbereich der „Endfertigung“ um einen organisatorisch abgegrenzten Betriebsteil gehandelt hätte, der identitätswahrend als Ganzer nach J verlagert worden wäre.

39

(ggg) Die verfassungskonforme Auslegung des Betriebsbegriffs mag - je nach den Umständen des Falls - ein anderes Ergebnis gebieten, wenn ein Arbeitgeber unweit einer Ländergrenze im In- und Ausland mehrere einheitlich gelenkte Betriebsstätten unterhält und Aufgaben im „kleinem Grenzverkehr“ von der einen in die andere Einheit verlagert (dazu Boigs jurisPR-ArbR 8/2012 Anm. 1). Auch so liegt der Streitfall nicht.

40

2. Die Kündigung ist nicht gemäß § 1 Abs. 3 KSchG sozial ungerechtfertigt. Das Landesarbeitsgericht hat - unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts - angenommen, die Klägerin sei mit Arbeitnehmern, die über den 31. Januar 2012 hinaus in W weiterbeschäftigt worden seien, nicht vergleichbar. Die Würdigung, die von der Revision nicht angegriffen wird, lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Auf eine Sozialauswahl mit Arbeitnehmern, die in der Betriebsstätte J beschäftigt sind, hat sich die Klägerin in den Vorinstanzen nicht berufen. Im Übrigen wären in die Sozialauswahl wegen ihrer Betriebsbezogenheit jedenfalls solche Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, die im Kündigungszeitpunkt im Ausland beschäftigt waren und deren Arbeitsverhältnis nicht deutschem Recht unterlag.

41

III. Der Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen.

42

IV. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Berger    

        

    Rinck    

        

    Rachor    

        

        

        

    Torsten Falke    

        

    Wolf    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - vom 20. Juni 2013 - 14 Sa 50/12 - teilweise aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim vom 14. Februar 2012 - 8 Ca 227/11 - teilweise abgeändert:

Die gegen die ordentliche Kündigung vom 31. Mai 2011 gerichtete Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen. Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz werden ihm zu 2/3 und der Beklagten zu 1/3 auferlegt.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Die Beklagte betreibt eine Bank. Sie hat ihren Sitz in der Türkei. In Deutschland unterhielt sie mehrere Zweigstellen. Für diese war ein Betriebsrat gewählt. Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er war seit 1991 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin in deren deutschem Betrieb beschäftigt, zuletzt als Leiter der Zweigstelle M.

3

Da sie ihren Geschäftsbetrieb in Deutschland zum 30. April 2011 einstellte, wies die Beklagte dem Kläger für die Zeit ab dem 9. Mai 2011 die Tätigkeit des Leiters der Abteilung für Auslandsgeschäfte in einer Handelsfiliale in Istanbul zu. Der Kläger war vom 9. bis mindestens zum 20. Mai 2011 - nach seiner Behauptung bis zum 3. Juni 2011 - arbeitsunfähig. Die Beklagte mahnte ihn unter dem 24. und 27. Mai 2011 wegen Arbeitsverweigerung ab. Mit Schreiben vom 31. Mai 2011 erklärte sie eine außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung.

4

Hiergegen hat der Kläger sich rechtzeitig mit der vorliegenden Klage gewandt. Er hat gemeint, soweit die Kündigungen auf Gründe in seinem Verhalten gestützt würden, seien sie schon deshalb unwirksam, weil die Beklagte ihm eine Tätigkeit in der Türkei nicht kraft ihres Direktionsrechts habe zuweisen können. Zur Vermeidung einer Beendigungskündigung aus betrieblichen Gründen habe sie allerdings eine Änderungskündigung mit dem Ziel erklären müssen, ihn als Leiter einer türkischen Filiale zu beschäftigen. Im Übrigen sei der Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigungen nicht ordnungsgemäß angehört worden.

5

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentliche noch durch die ordentliche Kündigung vom 31. Mai 2011 aufgelöst worden ist.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, die Kündigungen seien wirksam, weil der Kläger sich beharrlich geweigert habe, die ihm zugewiesene Tätigkeit in der Türkei aufzunehmen. In diesem Zusammenhang hat die Beklagte behauptet, der nicht mehr aufzufindende Arbeitsvertrag mit dem Kläger enthalte eine von ihrer Rechtsvorgängerin standardmäßig verwendete Versetzungsklausel, die sinngemäß wie folgt laute:

        

„Der Arbeitsort ist die Finanzdienstleistungszweigstelle in […]. Die Bank kann den Arbeitnehmer an einer anderen Arbeitsstätte einsetzen (andere Finanzdienstleistungszweigstelle, ausländische Filiale, Filiale in der Türkei oder in den Abteilungen der Hauptverwaltung). Dieses kann nicht als eine Änderung zu Ungunsten des Personals betrachtet werden. Wenn man in der Türkei arbeitet, wird die Vergütung in Türkische Lira wie die Mitarbeiter in ähnlichen Positionen sein. Bei Versetzung werden Umzugskosten von der Bank erstattet. Vor einer Versetzung wird die Bank den Arbeitnehmer mit einer angemessenen Frist benachrichtigen.“

7

Die ordentliche Kündigung sei jedenfalls durch dringende betriebliche Erfordernisse sozial gerechtfertigt. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, den Kläger in der Türkei weiterzubeschäftigen. Entsprechende, ihm im März und April 2011 unterbreitete Angebote habe er abgelehnt. Eine im Januar 2012 mit dem Ziel der Beschäftigung als Abteilungsleiter in einer Handelsfiliale in Istanbul erklärte Änderungskündigung habe er nicht einmal unter Vorbehalt angenommen.

8

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte nurmehr, die gegen die ordentliche Kündigung gerichtete Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Die Vorinstanzen haben der gegen die ordentliche Kündigung vom 31. Mai 2011 gerichteten Klage zu Unrecht stattgegeben.

10

A. Die ordentliche Kündigung ist wirksam. Sie ist sozial gerechtfertigt (I.) und der Betriebsrat ist vor ihrem Ausspruch ordnungsgemäß angehört worden (II.).

11

I. Die ordentliche Kündigung ist gemäß § 1 Abs. 2 KSchG durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers in Deutschland entgegenstehen.

12

1. Der Bedarf an einer Beschäftigung des Klägers im deutschen Betrieb der Beklagten ist vor Ablauf der Kündigungsfrist am 30. November 2011 weggefallen.

13

a) Die Beklagte hatte ihre Geschäfte in Deutschland bereits mit Ablauf des 30. April 2011 eingestellt. Danach wurden lediglich noch Abwicklungsarbeiten in der Zweigstelle K verrichtet. Die Stilllegung eines Betriebs zählt zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG(BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 47; 8. November 2007 - 2 AZR 554/05 - Rn. 17).

14

b) Der Kläger gehörte im Kündigungszeitpunkt noch dem stillgelegten Betrieb in Deutschland an. Er war zuvor nicht wirksam auf die Stelle des Leiters der Abteilung für Auslandsgeschäfte in einer Handelsfiliale in Istanbul versetzt worden.

15

aa) Es spielt keine Rolle, ob der Arbeitsvertrag des Klägers die von der Beklagten behauptete Versetzungsklausel enthält. Jedenfalls ergäbe deren Auslegung nach den für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Grundsätzen (vgl. BAG 13. Februar 2013 - 5 AZR 2/12 - Rn. 15; 14. Dezember 2011 - 5 AZR 457/10 - Rn. 14, BAGE 140, 148), dass sie sich allein auf Veränderungen des „Arbeitsorts“ durch das einzig vorbehaltene Recht zu einem Einsatz „an einer anderen Arbeitsstätte“ bezöge. Damit hätte sie die Zuweisung einer anderen Arbeitsaufgabe - hier: Abteilungsleiter in einer Handelsfiliale statt Leiter einer Zweigstelle - in keinem Fall tragen können. Das nicht erweiterte Direktionsrecht des Arbeitgebers gemäß § 106 GewO umfasst keine Abänderung der arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeit.

16

bb) Da die Versetzung auf den Posten eines Abteilungsleiters wegen Überschreitung der Grenzen des Direktionsrechts unwirksam war, konnte der Arbeitsplatz des Klägers nicht wenigstens bis zu einer gerichtlichen Entscheidung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB in die Türkei verlagert worden sein(zur Problematik „bloß“ unbilliger Weisungen vgl. BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 249/11 - Rn. 24, BAGE 141, 34).

17

2. Die Beklagte musste dem Kläger nicht vorrangig die Leitung einer türkischen Filiale anbieten.

18

a) Die aus § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b, Satz 3 KSchG folgende Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer zur Vermeidung einer Beendigungskündigung an einem anderen - freien - Arbeitsplatz im selben oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens zu beschäftigen, erstreckt sich grundsätzlich nicht auf Arbeitsplätze im Ausland (BAG 29. August 2013 - 2 AZR 809/12 - Rn. 28 ff., BAGE 146, 37; zustimmend Bauer ArbR 2013, 496; Bodenstedt/Schnabel BB 2014, 1525; Fuhlrott DB 2014, 1198; Günther/Pfister ArbR 2014, 532; Leuchten ZESAR 2014, 319; Todisco P&R 2014, 82). Der Streitfall gibt keine Veranlassung, sich mit dem Einwand von Deinert (Anm. AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 202)auseinanderzusetzen, dieses Verständnis von § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 KSchG mache es Unternehmern „allzu einfach (…) die Lasten des Arbeitsrechts durch Standortverlagerungen abzuschütteln“. Es geht hier weder um die Verlegung eines Betriebs oder Betriebsteils noch auch nur um eine Funktionsnachfolge. Die Beklagte hat ihren Geschäftsbetrieb in Deutschland „ersatzlos“ eingestellt.

19

b) Die Beklagte hatte sich nicht - über die Vorgaben des § 1 Abs. 2 KSchG hinaus - in der Weise „selbst gebunden“, dass sie dem Kläger kraft ihres Direktionsrechts einen - freien - Arbeitsplatz als Leiter einer türkischen Filiale hätte zuweisen oder ihm einen solchen im Wege der Änderungskündigung anbieten müssen.

20

aa) Die Beklagte musste den Kläger nicht kraft ihres Direktionsrechts als Filialleiter in der Türkei einsetzen.

21

(1) Es kann unterstellt werden, dass sie zu einer solchen Weisung entweder aufgrund der von ihr behaupteten Versetzungsklausel berechtigt gewesen wäre oder sie sich zumindest nach § 242 BGB so hätte behandeln lassen müssen. Gegen beides bestehen allerdings erhebliche Bedenken.

22

(a) Eine formularmäßig verwendete Versetzungsklausel des vorgetragenen Inhalts dürfte nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam sein. Zum einen dürfte sie iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB irreführend sein, weil durch die Formulierung „Dieses kann nicht als eine Änderung zu Ungunsten des Personals angesehen werden“ der - unzutreffende - Eindruck erweckt wird, für eine auch die Interessen des Arbeitnehmers berücksichtigende Ausübungskontrolle im Einzelfall gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB bleibe kein Raum mehr. Zum anderen dürfte es sich hinsichtlich der vorbehaltenen Versetzung in die Türkei um eine einheitliche, nicht teilbare Bestimmung handeln, die entgegen § 307 Abs. 2 Nr. 1, § 308 Nr. 4 BGB eine Anpassung der Vergütung an das „ortsübliche“ Lohnniveau ohne das Erfordernis einer Änderungskündigung vorsieht.

23

(b) Die Beklagte wird sich nach § 242 BGB nicht so behandeln lassen müssen, als wäre die Klausel wirksam(vgl. BAG 3. April 2008 - 2 AZR 879/06 - Rn. 36). Der Kläger hatte zuvor weder Nachteile durch eine Anwendung dieser (unwirksamen) Versetzungsklausel erlitten, noch hatte sich bei ihm ein schutzwürdiges Vertrauen darauf bilden können, die Beklagte werde zur Vermeidung einer Beendigungskündigung von ihr Gebrauch machen. Er wurde zu keiner Zeit im Ausland beschäftigt, bestreitet die Existenz der - vermeintlich - dazu berechtigenden Klausel und bezeichnet es als „beiderseitige Vertragsgrundlage“, dass er ausschließlich in Deutschland eingesetzt werden sollte.

24

(2) Jedenfalls war die Beklagte nicht verpflichtet, dem Kläger - über die dazu nicht ausreichenden Vorgaben des § 1 Abs. 2 KSchG hinaus - einen Arbeitsplatz in der Türkei zuzuweisen.

25

(a) Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht gehalten, von einem ihm zustehenden Recht Gebrauch zu machen, wenn dies für ihn die Gefahr begründet, einen Rechtsstreit führen zu müssen. Die Pflicht zur Rücksichtnahme gemäß § 241 Abs. 2 BGB verlangt von ihm nicht, die Belange des Arbeitnehmers unter Hintanstellung eigener schutzwürdiger Belange - oder derjenigen anderer Arbeitnehmer - durchzusetzen(für die zu erwartende Gegenwehr eines anderen Arbeitnehmers gegen seine Versetzung im Zuge einer Umorganisation siehe BAG 24. Februar 2011 - 2 AZR 636/09 - Rn. 48, BAGE 137, 164; 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 31, BAGE 134, 296; für die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zu einer Versetzung vgl. BAG 29. Januar 1997 - 2 AZR 9/96 - zu II 1 d der Gründe, BAGE 85, 107).

26

(b) Die Beklagte durfte aufgrund der vorangegangenen Gespräche der Parteien erwarten, dass der in Deutschland inzwischen tief „verwurzelte“ Kläger, der es bevorzugt hatte, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung zu beenden, die Zuweisung einer - jeden - Tätigkeit in der Türkei nicht einfach hinnähme. Sie musste ihn nicht aus falsch verstandener „Fürsorge“ gleichsam zu seinem „Glück zwingen“. Es kommt hinzu, dass der für den „abgebenden“ deutschen Betrieb gewählte Betriebsrat nach § 99 BetrVG die Zustimmung zur Versetzung sämtlicher betroffener Arbeitnehmer - auch des Klägers - in die Türkei verweigert hatte. Darauf, ob dies beachtlich war (vgl. BAG 8. Dezember 2009 - 1 ABR 41/09 - Rn. 26, BAGE 132, 324), kommt es nicht an.

27

(c) Es bedarf deshalb auch keiner Entscheidung, ob eine Pflicht zur Weiterbeschäftigung im Ausland aufgrund einer entsprechenden Versetzungsklausel - sei es aus § 1 Abs. 2 KSchG oder aus § 241 Abs. 2 BGB - ohnehin nur bei einer Betriebs- oder Betriebsteilverlagerung in einen anderen Staat oder zumindest bei einer „grenzüberschreitenden“ Funktionsnachfolge, nicht aber in dem hiesigen Fall der „ersatzlosen“ Einstellung des Geschäftsbetriebs in Deutschland in Betracht kommt(zur Unterscheidung zwischen „Wegfall“ und „Verlagerung“ in sog. Konzernfällen vgl. BAG 18. September 2003 - 2 AZR 79/02 - zu B II 4 der Gründe, BAGE 107, 318; 27. November 1991 - 2 AZR 255/91 - zu B III 3 b dd der Gründe; zur Differenzierung zwischen der Verwirklichung des allgemeinen Arbeitsplatzrisikos und der Realisierung einer spezifischen Gefahr von Organisationsverschiebungen in „Konzernfällen“ vgl. grundlegend Martens FS 25 Jahre Bundesarbeitsgericht S. 367, 380).

28

bb) Die Beklagte musste dem Kläger einen Arbeitsplatz als Filialleiter in der Türkei auch nicht im Wege der Änderungskündigung anbieten. Eine solche, über die Vorgaben des § 1 Abs. 2 KSchG hinausgehende Verpflichtung folgte weder aus § 241 Abs. 2 BGB noch aus § 242 BGB. Die Beklagte hatte auf ihr Recht, eine Beendigungskündigung zu erklären, nicht verzichtet.

29

(1) Zwar kann nach § 241 BGB unter Umständen eine Pflicht zur Vertragsanpassung bestehen. Eine solche erwächst jedoch lediglich auf Wunsch einer Vertragspartei und ist nur im Zusammenwirken beider Vertragspartner zu erfüllen (vgl. BAG 13. August 2009 - 6 AZR 330/08 - Rn. 31 mwN, BAGE 131, 325). Damit scheidet eine Nebenpflicht des Arbeitgebers zum Ausspruch einer Änderungskündigung zumindest dann aus, wenn - wie im Streitfall - nicht auszuschließen ist, dass der Arbeitnehmer das mit ihr verbundene Änderungsangebot allenfalls unter dem Vorbehalt sozialer Rechtfertigung iSv. § 2 Satz 1 KSchG annähme.

30

(2) Die Beklagte verhielt sich mit der Erklärung einer Beendigungskündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen auch nicht selbstwidersprüchlich iSv. § 242 BGB(zu den Anforderungen an rechtsmissbräuchlich widersprüchliches Verhalten vgl. BGH 15. November 2012 - IX ZR 103/11 - Rn. 12 mwN).

31

(a) Sie agierte nicht unredlich, indem sie dem Kläger zunächst eine Versetzung in die Türkei angeboten und ihm sodann eine entsprechende Weisung erteilt, schließlich aber eine betriebsbedingte Beendigungskündigung ausgesprochen hat. Durch die vorangegangenen „Versetzungsversuche“ hat sie dieses Recht - unabhängig von dem Fehlen des Zeitmoments - nicht verwirkt. Sie hatte nicht etwa eine Änderungskündigung als „kleinste“ zu befürchtende Alternative hingestellt.

32

(b) Es war nicht - zumal nicht treuwidrig - selbstwidersprüchlich, die Kündigungen vorrangig auf die Weigerung des Klägers zu stützen, weisungsgemäß in der Türkei tätig zu werden, und die ordentliche Beendigungskündigung hilfsweise damit zu begründen, dass er dort nicht eingesetzt werden müsse. Zum einen war der Kläger lediglich dann - noch - vom Wegfall des Beschäftigungsbedarfs in Deutschland betroffen, wenn die Versetzung in die Türkei sich als unwirksam erwiese. Zum anderen ist die Annahme der Beklagten, ein Versetzungsrecht zu besitzen, aus dessen Wahrnehmung die Tätigkeitspflicht des Klägers folge, ohne weiteres mit ihrer Leugnung einer Versetzungspflicht vereinbar. Nichts anderes folgt aus den ihre Weisung „bekräftigenden“ Abmahnungen. Auch sie verdeutlichten bloß, dass die Beklagte sich zu einer Weisung berechtigt und den Kläger deshalb zum Tätigwerden in der Türkei verpflichtet sah. Für den Fall besserer Erkenntnis durfte sie - vorsorglich - eine Beendigungskündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen erklären.

33

(3) Durch die Versetzungsangebote und die anschließende, durch zwei Abmahnungen „untermauerte“ Weisung hat die Beklagte nicht auf den Ausspruch einer Beendigungskündigung wegen der Stilllegung ihres deutschen Betriebs verzichtet. Die Rechtsprechung zum Verzicht auf eine verhaltensbedingte Kündigung durch die Erteilung einer Abmahnung (vgl. BAG 26. November 2009 - 2 AZR 751/08 - Rn. 11 ff.; 13. Dezember 2007 - 6 AZR 145/07 - Rn. 22 ff., BAGE 125, 208) kann nicht auf die hier zu beurteilende Konstellation übertragen werden. Dem Verhalten der Beklagten lässt sich ein Verzicht auf eine Beendigungskündigung aus betrieblichen Erfordernissen nicht entnehmen. Handelte sie bei den „Versetzungsversuchen“ in Unkenntnis ihrer Berechtigung zum Ausspruch einer betriebsbedingten Beendigungskündigung, fehlte es ihr an einem Verzichtsbewusstsein. Unternahm sie diese Versuche wissentlich „überobligationsgemäß“, wollte sie sich für den Fall von deren Scheitern erkennbar nicht den „Rückzug“ auf die Gesetzeslage versperren. Sie gab durch keinerlei Verhalten konkludent zu verstehen, allenfalls eine Änderungskündigung erklären zu wollen.

34

3. Eine Sozialauswahl gemäß § 1 Abs. 3 KSchG war entbehrlich. Die Beklagte hat aufgrund der Stilllegung die Arbeitsverhältnisse sämtlicher Arbeitnehmer ihres - auch insofern allein in den Blick zu nehmenden - deutschen Betriebs beendet.

35

II. Die ordentliche Kündigung ist nicht nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam.

36

1. Das Landesarbeitsgericht war aufgrund der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß beteiligt worden ist. Zwar hätten Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen U bestanden. Jedoch sei die Aussage des Betriebsobmanns A derart glaubhaft gewesen, dass Zweifel an einer korrekten Anhörung ausgeräumt worden seien. Aus den Bekundungen des Zeugen A ergebe sich, dass er auch über die Absicht einer betriebsbedingten ordentlichen Kündigung wegen des - ihm ohnehin bekannten - Wegfalls des Beschäftigungsbedarfs in Deutschland informiert worden sei und mitgeteilt habe, sich zu der Angelegenheit nicht äußern zu wollen. Besonders überzeugend sei gewesen, dass beide Zeugen angegeben hätten, der U habe dem A das Kündigungsschreiben vor dessen Absendung an den Kläger gezeigt.

37

2. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts ist in sich widerspruchsfrei, ohne Verletzung von Denkgesetzen und Erfahrungssätzen erfolgt und rechtlich möglich. Damit ist sie revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 865/13 - Rn. 37; 21. Juni 2012 - 2 AZR 694/11 - Rn. 28, BAGE 142, 188).

38

a) Entgegen der Annahme des Klägers hat das Landesarbeitsgericht nicht alle Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen U durch die Aussage des Zeugen A ausgeräumt gesehen. Vielmehr hat es seine Überzeugung von einer ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung auf die von ihm für glaubhaft gehaltenen Bekundungen des Zeugen A gestützt. Das durfte es. Ein Gericht ist grundsätzlich frei darin, welche Beweiskraft es einzelnen Beweismitteln für seine Überzeugungsbildung beimisst.

39

b) Das Landesarbeitsgericht hat ohne Widerspruch oder Verletzung von Denkgesetzen angenommen, dem Zeugen A sei das Kündigungsschreiben vorgelegt worden. Die Revision verkennt, dass es nicht davon ausgegangen ist, dies sei bereits während der Anhörung am 27. Mai 2011 und mithin zu einem Zeitpunkt geschehen, als nach der Aussage des Zeugen U die Kündigungen noch nicht einmal „aufgesetzt“ waren. Das Landesarbeitsgericht hat vielmehr der Bekundung des Zeugen A Glauben geschenkt, „ihm seien die aus der Türkei eingetroffenen Kündigungsschreiben vor Absendung an die Mitarbeiter“ von dem Zeugen U gezeigt worden. Das kann auch nach dem 27. Mai 2011 erfolgt sein.

40

c) In der Erklärung des Zeugen A, sich zu der Angelegenheit nicht äußern zu wollen, durfte das Landesarbeitsgericht dessen das Anhörungsverfahren beendende, abschließende Stellungnahme als Betriebsobmann erblicken. Soweit der Kläger die Zeugenaussage anders verstanden wissen will, setzt er nur seine eigene Wertung an die Stelle derer des Landesarbeitsgerichts. Rechtsfehler zeigt er damit nicht auf.

41

B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Niemann    

        

        

        

    Beckerle    

        

    Grimberg    

                 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 11. Januar 2011 - 17 Sa 828/10 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung und - in zweiter Linie - über eine Sozialplanabfindung.

2

Der 1948 geborene Kläger war seit April 1962 bei der A AG in deren Werk L im Geschäftsbereich Consumer Imaging (CI) beschäftigt. Er war als „Senior Assistent“ in der Produktionsentwicklung und Papieremulsion tätig. Die A AG ist seit dem 27. Dezember 2006 unter Formwechsel eingetragen als die Beklagte. Neben dem Bereich CI gab es bei ihr - an unterschiedlichen Standorten in Deutschland - die Geschäftsbereiche „Health Care“ und „Graphic Systems“.

3

Im Februar 1995 hatte die Beklagte mit dem Gesamtbetriebsrat eine Betriebsvereinbarung „zur Milderung von wirtschaftlichen Nachteilen durch personelle Maßnahmen infolge von Effektivitäts- und Effizienzuntersuchungen bzw. Betriebsänderungen“ geschlossen (GBV 1995). Danach erhalten Arbeitnehmer, die in einem unbefristeten und ungekündigten Arbeitsverhältnis stehen und von betriebsbedingten personellen Maßnahmen betroffen sind, im Einzelnen geregelte Abfindungszahlungen. Nach Nr. I 5 GBV 1995 gilt dies nicht, wenn ein Arbeitnehmer einen ihm angebotenen und in den wesentlichen Arbeitsbedingungen gleichwertigen und zumutbaren Arbeitsplatz ohne stichhaltige Begründung ablehnt.

4

Mit Wirkung zum 1. November 2004 übertrug die Beklagte ihren Geschäftsbereich CI auf die neu gegründete A-GmbH. In diesem Zusammenhang traf sie mit der A-GmbH, ihrem Gesamtbetriebsrat und mehreren örtlichen Betriebsräten, darunter denen für die Betriebe L (incl. K) und W - unter dem 24. September 2004 eine sog. Überleitungsvereinbarung (ÜV 2004). Danach sollte die A-GmbH durch Rechtsgeschäft die Betriebe und Betriebsteile des bisherigen Geschäftsbereichs CI der Beklagten übernehmen. Nach Nr. 7.1 ÜV 2004 sollten die Arbeitsverhältnisse aller von den Betriebsübergängen betroffenen Arbeitnehmer auf die A-GmbH übergehen. Arbeitnehmer, die von Betriebsteilübergängen betroffen und nicht ausschließlich für den Geschäftsbereich CI tätig waren, wurden gemäß Nr. 7.2 ÜV 2004 im Rahmen der Bildung „funktionsfähiger Einheiten“ der A-GmbH zugeordnet, sofern sie zu mehr als 50 vH für den Bereich CI tätig waren. Laut Nr. 7.3 ÜV 2004 „gilt“ die GBV 1995 nebst sie ändernden und ergänzenden Vereinbarungen für den gesamten Vorgang mit der Maßgabe, dass der bisherige Arbeitsplatz am selben Ort bei der A-GmbH, einer Schwester- oder einer Tochter-Gesellschaft „als in den wesentlichen Arbeitsbedingungen gleichwertig und zumutbar gemäß I Ziffer 5 des Sozialplans gilt und ein Widerspruch gegen den Übergang den Abfindungsanspruch bei anschließender Kündigung ausschließt“.

5

Da gleichzeitig ein Personalabbau geplant war, vereinbarten die Beklagte und der Betriebsrat L am 14. Oktober 2004 einen Interessenausgleich mit Namensliste. Gemäß § 5 des Interessenausgleichs sollte die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile für die betroffenen Arbeitnehmer nach Maßgabe des Transfer-Sozialplans L vom 19. Dezember 2001 und der GBV 1995 einschließlich verschiedener Änderungen herbeigeführt werden, soweit in einem daneben geltenden Transfer-Sozialplan nichts Abweichendes vereinbart war.

6

Mit Schreiben vom 22. Oktober 2004 unterrichtete die Beklagte den Kläger über den geplanten Übergang ihres Geschäftsbereichs CI auf die A-GmbH. Sie gab an, dieses Unternehmen werde mit einem guten Eigenkapital ausgestattet und verfüge über hohe Liquidität, um unerwartet auftretende Risiken bewältigen, in neue Geschäfte investieren und Marktchancen besser nutzen zu können. Außerdem gab sie sinngemäß den Inhalt der Regelung zu Nr. 7.3 der ÜV 2004 bekannt.

7

Am 1. November 2004 wurde der Betriebs(teil)übergang auf die A-GmbH vollzogen. Seitdem war der Kläger ausschließlich für diese tätig. Mit Schreiben vom 1. Juli 2005 rügte er gegenüber der Beklagten eine unzureichende Unterrichtung über den Betriebsübergang und begehrte weitere Informationen. Am 1. August 2005 wurde über das Vermögen der A-GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet.

8

Am 3. August 2005 schloss die Beklagte mit ihrem Gesamtbetriebsrat und den Betriebsräten der Betriebe M, P, Pe Optikzentrum, S und Wi eine Vereinbarung zur Überleitung von Mitarbeitern auf die A HC-GmbH. Anlass war die beabsichtigte Ausgliederung der Geschäftsbereiche „HealthCare“ und „Graphic Systems“ und eine damit verbundene Überleitung aller bis dahin bei der Beklagten verbliebenen Betriebe auf die AHC-GmbH, darunter auch die eines Betriebs „K/L“. Der Übergang „aktiver Mitarbeiter“ sollte nach § 613a BGB erfolgen. Im weiteren Verlauf sollte der Geschäftsbereich „Graphic Systems“ von der AHC-GmbH abgespalten und die A G S GmbH Trägerin des betreffenden Geschäftsbereichs werden. Zwei Tage später schlossen die Beklagte und die AHC-GmbH einen Ausgliederungs- und Übernahmevertrag. Ausdrücklich ausgenommen von der Vermögensübertragung blieb ein „Restbereich Consumer Imaging“ nebst zugeordneten Rechten und Pflichten.

9

Im Dezember 2005 widersprach der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die A-GmbH. In einem hierüber geführten Vorprozess wurde durch ein - im November 2008 rechtskräftig bestätigtes - Urteil des Arbeitsgerichts vom Juni 2006 festgestellt, dass zwischen den Parteien weiterhin ein Arbeitsverhältnis bestand.

10

Mit Schreiben vom 19. April 2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich. Dagegen erhob der Kläger - rechtzeitig - die vorliegende Kündigungsschutzklage.

11

Der Kläger hat geltend gemacht, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Das Kündigungsschutzgesetz finde Anwendung; dem Betriebsübergang auf die A-GmbH habe eine hinreichend große Zahl von Arbeitnehmern widersprochen. Ein Kündigungsgrund liege nicht vor. Selbst wenn die Beklagte in L über Beschäftigungsmöglichkeiten nicht mehr verfügt haben sollte, sei sie jedenfalls verpflichtet gewesen, ihn in anderen Bereichen ihres Unternehmens, ggf. auch in einem Betrieb der mit ihr verbundenen Unternehmen weiterzubeschäftigen bzw. unterzubringen. Das folge aus einer im Arbeitsvertrag enthaltenen Konzernversetzungsklausel, aber auch aus einer bewusst falschen Unterrichtung über die Folgen des Betriebsübergangs auf die A-GmbH. Außerdem fehle es an einer Betriebsratsanhörung. Die Beklagte habe den Betrieb nach seinem Übergang auf die A-GmbH mit dieser gemeinsam geführt, so dass der Betriebsrat für alle Arbeitnehmer zuständig geblieben sei. Zumindest habe ein Beteiligungsrecht nach § 102 BetrVG aus einem Restmandat bestanden, das im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang entstanden sei. Sollte die Kündigung dennoch wirksam sein, habe er Anspruch auf eine Abfindung nach Maßgabe der GBV 1995, ggf. iVm. dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Zumindest stehe ihm eine solche Abfindung unter dem Gesichtspunkt des Schadenersatzes zu.

12

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 19. April 2007 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zur rechtskräftigen Beendigung des Rechtsstreits zu den bisherigen Bedingungen weiterzubeschäftigen;

        

hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Feststellungsantrag,

        

die Beklagte zu verurteilen an ihn 73.630,96 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2008 zu zahlen.

13

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei wirksam. In keinem ihrer früheren Geschäftsbereiche sei sie im Kündigungszeitpunkt noch operativ tätig gewesen. Einen Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinne habe sie nicht mehr geführt. Eine Weiterbeschäftigung in den - unstreitig - auf andere Unternehmen ausgegliederten Bereichen „Health Care“ oder „Graphic Systems“ könne der Kläger nicht verlangen. Abgesehen davon, dass auch dort keine geeigneten Beschäftigungsmöglichkeiten bestünden, habe sie auf die fraglichen Unternehmen keinen bestimmenden Einfluss. Ein Betriebsrat habe im Kündigungszeitpunkt nicht mehr bestanden. Der für das Werk L gewählte Betriebsrat sei „mit dem Betrieb“ auf die A-GmbH übergegangen. Ein Abfindungsanspruch sei durch Nr. 7.3 ÜV 2004 wirksam ausgeschlossen.

14

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt dieser sein Begehren in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe

15

Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Die Kündigung vom 19. April 2007 ist wirksam. Sie hat das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Kündigungsfrist aufgelöst. Eine Abfindung steht dem Kläger nicht zu.

16

I. Die Kündigung vom 19. April 2007 ist sozial gerechtfertigt iSv. § 1 KSchG. Die Geltung des Kündigungsschutzgesetzes kann dabei zugunsten des Klägers unterstellt werden.

17

1. Die Kündigung ist durch dringende betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt.

18

a) Die Beklagte hat den Betrieb oder doch zumindest den Betriebsteil, in dem sich der bisherige Arbeitsbereich des Klägers befand, zum 1. November 2004 im Wege einer Einzelrechtsnachfolge iSv. § 613a BGB auf die A-GmbH übertragen. Damit waren bei ihr im Kündigungszeitpunkt Beschäftigungsmöglichkeiten für den Kläger zu den bisherigen Arbeitsbedingungen entfallen.

19

b) Etwas anderes ergibt sich nicht unter Berücksichtigung der Behauptung des Klägers, die Beklagte habe den Betrieb L nach dem 1. November 2004 mit der A-GmbH gemeinsam geführt. Zwar wären dann für die Beurteilung, ob im Zeitpunkt der Kündigung Beschäftigungsmöglichkeiten bestanden, die Verhältnisse im gemeinsamen Betrieb maßgebend (BAG 15. Februar 2007 - 8 AZR 310/06 - Rn. 33, AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 66; 13. Juni 1985 - 2 AZR 452/84 - zu A III 4 der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 10 = EzA KSchG § 1 Nr. 41). Die für das Vorliegen eines Gemeinschaftsbetriebs notwendigen Voraussetzungen hat der Kläger aber nicht schlüssig dargetan.

20

aa) Ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen liegt vor, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel mehrerer Unternehmen für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat betriebsbezogen gesteuert wird. Die beteiligten Unternehmen müssen sich zumindest stillschweigend zu einer gemeinsamen Führung rechtlich verbunden haben, so dass der Kern der Arbeitgeberfunktion im sozialen und personellen Bereich von derselben institutionellen Leitung ausgeübt wird (BAG 9. Juni 2011 - 6 AZR 132/10 - Rn. 16, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 164 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 27; 28. April 2011 - 8 AZR 709/09 - Rn. 52; jeweils mwN). Diese Voraussetzung trifft nicht schon dann zu, wenn die Unternehmen - etwa auf der Grundlage von Organ- oder Beherrschungsverträgen - unternehmerisch zusammenarbeiten (BAG 5. November 2009 - 2 AZR 383/08 - Rn. 14 mwN, EzA KSchG § 23 Nr. 36). Konzernrechtliche Weisungsmacht erzeugt, selbst wenn sie bis zur Betriebsebene durchschlägt, für sich genommen keinen betriebsbezogenen gemeinsamen Leitungsapparat (BAG 13. Juni 2002 - 2 AZR 327/01 - zu II 1 b der Gründe, BAGE 101, 321).

21

bb) Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass im Kündigungszeitpunkt ein gemeinsamer Betrieb bestanden hat, trägt grundsätzlich der Arbeitnehmer (BAG 18. Oktober 2006 - 2 AZR 434/05 - Rn. 48 ff., EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 151; 29. April 1999 - 2 AZR 352/98 - zu III 4 c der Gründe, AP KSchG 1969 § 23 Nr. 21 = EzA KSchG § 23 Nr. 21). Mit Rücksicht auf seine typischerweise mangelhafte Kenntnis vom Inhalt der zwischen den beteiligten Unternehmen getroffenen vertraglichen Vereinbarungen kommen ihm dabei Erleichterungen zugute. Der Arbeitnehmer genügt seiner Darlegungslast in einem ersten Schritt, wenn er äußere Umstände aufzeigt, die für die Annahme sprechen, dass sich mehrere Unternehmen über die gemeinsame Führung eines Betriebs unter einem einheitlichen Leitungsapparat geeinigt haben. Darauf hat der Arbeitgeber nach § 138 Abs. 2 ZPO im Einzelnen zu erwidern und darzulegen, welche rechtserheblichen Umstände gegen die Annahme eines einheitlichen Betriebs sprechen sollen(BAG 18. Oktober 2006 - 2 AZR 434/05 - Rn. 49, aaO).

22

cc) Selbst diesen erleichterten Anforderungen genügt das Vorbringen des Klägers nicht. Er hat keine äußeren Umstände aufgezeigt, die für das Vorliegen einer solchen Führungsvereinbarung sprächen. Zu einer möglichen gemeinsamen Nutzung vorhandener Betriebsmittel oder betrieblicher Einrichtungen hat er nichts vorgetragen. Die Erledigung der Buchhaltung beider Unternehmen durch die Komplementärin der Beklagten reicht als Indiz nicht aus. Sie kann auf die Ausübung konzernrechtlicher Leitungsmacht zurückzuführen sein. Der Vortrag, die Beklagte und die A-GmbH seien „in Personalunion“ von derselben Person geführt worden, ist unzureichend. Den Vertretungsorganen beider Unternehmen gehören weitere und unterschiedliche Personen an. Im Übrigen setzt eine gemeinsame Betriebsführung regelmäßig voraus, dass die wesentlichen Entscheidungen gerade in personellen und sozialen Angelegenheiten gemeinsam getroffen werden (BAG 18. Oktober 2006 - 2 AZR 434/05 - Rn. 53, EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 151; 11. Februar 2004 - 7 ABR 27/03 - zu B II 2 bb der Gründe, BAGE 109, 332). Dazu fehlt substantiierter Vortrag.

23

dd) Anhaltspunkte für ein Eingreifen der Vermutungstatbestände des § 1 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 BetrVG liegen nicht vor. Darauf, ob diese auch im kündigungsschutzrechtlichen Zusammenhang von Bedeutung sind (ablehnend etwa WPK/Preis BetrVG 4. Aufl. § 1 Rn. 38), kommt es nicht an. Der Kläger hat nichts für einen gemeinsamen Einsatz von Betriebsmitteln iSd. § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG vorgebracht. Ebenso wenig hat er behauptet, dass eine Spaltung des Unternehmens iSv. § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG vorliege, die ohne Einfluss auf die Betriebsorganisation geblieben sei(zur Darlegungslast des Arbeitnehmers in diesem Zusammenhang vgl. Fitting BetrVG 26. Aufl. § 1 Rn. 93; WHSS/Hohenstatt 4. Aufl. Rn. D 33).

24

ee) Außerdem bezieht sich das Vorbringen des Klägers nicht auf den Kündigungszeitpunkt. Das Landesarbeitsgericht hat dies ausdrücklich bemängelt, ohne dass die Revision gegen sein Verständnis Einwände erhoben hätte. Angesichts der Anfang August 2005 eingetretenen Veränderungen, insbesondere der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der A-GmbH und der Ausgliederung weiterer Geschäftsbereiche der Beklagten auf die AHC-GmbH, und angesichts des langen Zeitraums, der bis zur Kündigung im April 2007 verstrichen ist, hätte der Kläger zumindest Anhaltspunkte dafür vortragen müssen, dass eine operative Tätigkeit in den von der A-GmbH übernommenen Betrieben und Betriebsteilen in L bis dahin unter gemeinsamer Führung aufrechterhalten wurde. Daran fehlt es.

25

2. Die Kündigung ist nicht deshalb sozial ungerechtfertigt, weil die Beklagte nach § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG verpflichtet gewesen wäre, den Kläger auf einem freien Arbeitsplatz in ihrem Betrieb oder Unternehmen weiter zu beschäftigen. Ebenso wenig steht ihrer Wirksamkeit die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz bei einem mit der Beklagten konzernrechtlich verbundenen Unternehmen entgegen.

26

a) Ist der bisherige Arbeitsplatz weggefallen, liegt ein Grund zur Kündigung gleichwohl nicht vor, wenn der Arbeitnehmer iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b KSchG auf einem anderen freien und geeigneten Arbeitsplatz im Betrieb oder Unternehmen weiterbeschäftigt werden kann. Auf entsprechende Möglichkeiten zur Weiterbeschäftigung kann sich der Arbeitnehmer unabhängig davon berufen, ob im Betrieb ein Betriebsrat besteht und der Kündigung widersprochen hat (BAG 23. November 2004 - 2 AZR 24/04 - zu B III 1 der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 132 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 135).

27

b) Das Kündigungsschutzgesetz ist allerdings nicht konzernbezogen. Der Arbeitgeber ist vor einer betriebsbedingten Kündigung grundsätzlich nicht verpflichtet zu versuchen, den Arbeitnehmer - analog § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b KSchG - in einem Betrieb eines anderen Unternehmens unterzubringen (BAG 23. März 2006 - 2 AZR 162/05 - Rn. 20 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Konzern Nr. 13 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 147; grundlegend: 14. Oktober 1982 - 2 AZR 568/80 - zu B II 3 der Gründe, BAGE 41, 72). Eine solche Pflicht besteht allenfalls dann, wenn sich ein Konzernunternehmen zur Übernahme des Arbeitnehmers bereit erklärt hat oder sie sich unmittelbar aus dem Arbeitsvertrag, einer sonstigen vertraglichen Absprache oder der in der Vergangenheit geübten Praxis ergibt. Voraussetzung ist in der Regel ferner, dass der Vertragsarbeitgeber auf die in Rede stehende „Versetzung“ einen bestimmenden Einfluss hat. Die Entscheidung über eine Weiterbeschäftigung darf grundsätzlich nicht dem zur Übernahme bereiten Unternehmen vorbehalten sein (st. Rspr., BAG 26. Juni 2008 - 2 AZR 1109/06 - Rn. 34, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 180; 23. April 2008 - 2 AZR 1110/06 - Rn. 22, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 177 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 160). Typischerweise reicht es aus, dass die Möglichkeit zur Einflussnahme jedenfalls faktisch besteht (BAG 23. April 2008 - 2 AZR 1110/06 - aaO).

28

c) Im Hinblick auf die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz gilt eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Der Arbeitgeber genügt seiner Darlegungslast in einem ersten Schritt, wenn er allgemein - zumindest konkludent - vorträgt, eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers sei nicht möglich. Hat der Arbeitnehmer daraufhin näher ausgeführt, wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt, muss der Arbeitgeber substantiiert erläutern, aus welchem Grund eine Beschäftigung auf dem anderen Arbeitsplatz nicht möglich sein soll (st. Rspr. vgl. BAG 1. März 2007 - 2 AZR 650/05 - Rn. 21, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 164 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 154; 15. August 2002 - 2 AZR 195/01 - zu II 1 c aa der Gründe, BAGE 102, 197). Dafür ist es nicht erforderlich, dass der Arbeitnehmer zuvor einen bestimmten Arbeitsplatz bezeichnet hat. Er genügt seiner Darlegungslast in der Regel schon dadurch, dass er angibt, an welchen Betrieb er denkt und welche Art der Beschäftigung er meint (BAG 6. November 1997 - 2 AZR 253/97 - Rn. 41, NZA 1998, 833). Beruft sich der Arbeitnehmer dabei auf eine konzernweite Beschäftigungsmöglichkeit, hat er auch insoweit anzugeben, wie, dh. bei welchem Unternehmen auf welchem - freien - Arbeitsplatz er sich seine anderweitige Beschäftigung vorstellt (BAG 10. Mai 2007 - 2 AZR 626/05 - Rn. 46, BAGE 122, 264).

29

d) Von diesen Voraussetzungen ist das Landesarbeitsgericht ausgegangen. Es hat seine Würdigung, die Beklagte habe keine Möglichkeit gehabt, den Kläger in ihrem Unternehmen weiterzubeschäftigen, mit der vollständigen Einstellung ihres operativen Geschäfts begründet. Den darauf bezogenen Vortrag der Beklagten hat es als unstreitig angesehen. Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Bereich einer im November 2006 durch die Beklagte aufgenommenen Beteiligungsverwaltung habe der Kläger nicht aufgezeigt. Diese Würdigung hält sich im tatrichterlichen Bewertungsspielraum. Die Verfahrensrügen (§§ 286, 139 ZPO)der Revision greifen nicht durch.

30

aa) Das Landesarbeitsgericht hat keinen erheblichen Vortrag des Klägers aus den Schriftsätzen vom 25. März 2009, 3. August 2010 und 8. November 2010 übergangen. Es hat dessen Ausführungen berücksichtigt, die Beklagte habe Arbeitnehmer aus dem früheren Geschäftsbereich CI in den Bereichen „Accounting“, „Logistik“, „Personalwesen“ und „GICS“ weiterbeschäftigt. Entsprechendes gilt für die Ausführungen zu fortbestehenden Beschäftigungsmöglichkeiten in den Bereichen „Health Care“ und „Graphic Systems“. Das Landesarbeitsgericht hat in beidem nur kein hinreichendes Bestreiten der von der Beklagten behaupteten Einstellung ihres eigenen operativen Geschäfts erblickt. Ausgehend davon hat es angenommen, der Kläger habe sich zuletzt, soweit er fortbestehende Beschäftigungsmöglichkeiten im Bereich „Health Care“ reklamiert habe, nur noch auf die mögliche Weiterbeschäftigung bei anderen Konzernunternehmen berufen wollen.

31

bb) Diese Würdigung ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat für die Einstellung ihres operativen Geschäftsbetriebs auf die im September 2005 erfolgte Ausgliederung der Geschäftsbereiche „Health Care“ und „Graphic Systems“ auf die AHC-GmbH verwiesen. Sie hat geltend gemacht, danach sei sie in keinem ihrer früheren Geschäftsfelder mehr aktiv tätig gewesen. Erstmals im November 2006 habe sie - auch dies nur in geringem Umfang und aufgrund sog. split-salary-Verträge - eine Beteiligungsverwaltung aufgenommen. Dem ist der Kläger nicht mit konkretem Vortrag entgegengetreten. Weder hat er die Ausgliederung von Geschäftsbereichen auf die A-GmbH und die AHC-GmbH bestritten, noch hat er den Inhalt der in diesem Zusammenhang geschlossenen Überleitungsverträge angezweifelt. Eine gemeinsame Betriebsführung der Beklagten und der AHC-GmbH hat er zu keiner Zeit behauptet. Ebenso wenig war sein Hinweis auf einen bei der Beklagten verbliebenen „Restteilbetrieb“ CI geeignet, deren Vorbringen zur Einstellung ihres operativen Geschäfts in Frage zu stellen. Der Kläger versteht unter diesem „Restteilbetrieb“ die Gruppe von Arbeitnehmern, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die A-GmbH widersprochen haben. Es ist nicht erkennbar, in welcher Weise diese Arbeitnehmer im Kündigungszeitpunkt aktiv für die Beklagte tätig gewesen sein sollen. Dass ihm für eine Tätigkeit im Bereich der Beteiligungsverwaltung die erforderliche Qualifikation fehlte, hat der Kläger nicht in Abrede gestellt. Angesichts dessen durfte das Landesarbeitsgericht den - pauschalen - erstinstanzlichen Vortrag des Klägers, die Beklagte habe noch im Kündigungszeitpunkt an verschiedenen Standorten in Deutschland, darunter L, operative Tätigkeiten entfaltet, als überholt angesehen. Im Übrigen wäre das Bestreiten des Klägers jedenfalls nicht erheblich (§ 138 Abs. 2, Abs. 3 ZPO).

32

cc) Die Aufklärungsrüge (§ 139 ZPO)der Revision bleibt erfolglos. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung - anders als der Kläger meint - nicht damit begründet, dieser habe sein erstinstanzliches Vorbringen im Berufungsrechtszug nur unzulänglich in Bezug genommen. Es brauchte deshalb einen entsprechenden Hinweis nicht zu erteilen.

33

e) Die Beklagte war nicht verpflichtet, den Kläger bei einem anderen Konzernunternehmen unterzubringen.

34

aa) Eine solche Verpflichtung bestand nicht deshalb, weil die Beklagte es unterlassen hätte, das Arbeitsverhältnis des Klägers im Zusammenhang mit der Ausgliederung der Geschäftsbereiche „Health Care“ und „Graphic Systems“ einem dieser Bereiche zuzuordnen. Insbesondere hat sie dadurch keine für den Kläger mögliche Weiterbeschäftigung vereitelt (§ 162 BGB).

35

(1) Die fragliche Ausgliederung vollzog sich nach dem Umwandlungsgesetz (§ 123 Abs. 3 Nr. 1, § 126 UmwG). Soweit dabei die Parteien eines Spaltungsvertrags über die Zuordnung von Arbeitsverhältnissen befinden, sind sie in dieser Entscheidung nicht frei. Sie müssen sich an der objektiven Zugehörigkeit der Arbeitnehmer zu den jeweils zu übertragenden Betrieben oder Betriebsteilen orientieren (HWK/Willemsen 5. Aufl. § 324 UmwG Rn. 24). Objektiv war das Arbeitsverhältnis des Klägers - auch unter Berücksichtigung der Rückwirkung seines Widerspruchs auf den 31. Oktober 2004 - dem Geschäftsbereich CI und nicht den ausgegliederten Geschäftsbereichen „Health Care“ oder „Graphic Systems“ zugeordnet. Laut § 1 (9) des Ausgliederungsvertrags „Health Care/Graphic Systems“ wurden von der Ausgliederung bestimmte Gegenstände ausgenommen. Dazu zählten insbesondere die dem „(…) Restbereich Consumer Imaging zuzuordnenden Rechte und Pflichten, soweit diese nicht ausdrücklich in dem Vertrag bezeichnet sind“. Selbst ohne Berücksichtigung des Umstands, dass der Kläger am 1. September 2005 faktisch noch für die A-GmbH tätig war, ist eine objektive Fehlerhaftigkeit der Zuordnungsentscheidung nicht zu erkennen.

36

(2) Ob etwas anderes dann zu gelten hätte, wenn in einem der ausgegliederten Bereiche freie Arbeitsplätze vorhanden gewesen wären und die Beklagte schon Anfang August 2005 mit einem erfolgversprechenden Widerspruch des Klägers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die A-GmbH hätte rechnen müssen (vgl. dazu, wenn auch bei anderer Sachverhaltsgestaltung, BAG 15. August 2002 - 2 AZR 195/01 - zu II 1 d bb der Gründe, BAGE 102, 197), kann dahinstehen. Der Kläger hat sich auf freie Kapazitäten im Zeitpunkt der Ausgliederung nicht berufen. Er stützt eine Verpflichtung der Beklagten, ihn dem Geschäftsbereich „Health Care“ zuzuordnen, ausschließlich auf sein Schreiben vom 1. Juli 2005 und eine bewusste Fehlinformation über die Folgen des Betriebsübergangs. Das reicht für die Annahme einer treuwidrigen Zuordnungsentscheidung nicht aus.

37

bb) Das Landesarbeitsgericht hat weder die Wirkungen des im Arbeitsvertrag enthaltenen Vorbehalts einer konzernweiten Versetzung verkannt noch darauf bezogenen entscheidungserheblichen Vortrag des Klägers unberücksichtigt gelassen.

38

(1) Es hat das Vorbringen des Klägers zu Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten am Standort M ausdrücklich gewürdigt. Es hat angenommen, der Kläger sei dem Vorbringen der Beklagten, in M würden keine Filme mehr hergestellt, nicht entgegengetreten. Das greift die Revision nicht an. Das Landesarbeitsgericht hat die Behauptung des Klägers, am Standort Mo/Belgien sei eine Weiterbeschäftigung im Bereich der Fliegerfilmproduktion möglich gewesen, ausdrücklich erwähnt, aber aus Rechtsgründen für nicht erheblich angesehen. Der Kläger habe weder aufgezeigt, zu welchem Unternehmen der fragliche Standort gehöre, noch dargelegt, wie er sich dort eine Beschäftigung vorstelle. Das lässt keine sachfremden Erwägungen erkennen. Dass der Kläger mit solchem Vortrag überfordert worden sei, macht die Revision nicht geltend. Im Übrigen konnten dem Kläger wegen seiner von ihm behaupteten früheren Arbeitseinsätze in Mo die dortigen betrieblichen Verhältnisse nicht gänzlich unbekannt sein.

39

(2) Ob § 323 Abs. 1 UmwG die an der Spaltung oder Teilübertragung beteiligten Rechtsträger wechselseitig zur Berücksichtigung von Beschäftigungsmöglichkeiten verpflichtet, kann dahinstehen(zum Meinungsstand vgl. APS/Steffan 4. Aufl. § 323 UmwG Rn. 6; WHHS/Willemsen 4. Aufl. Rn. H 154; Löwisch/Spinner KSchG 9. Aufl. § 1 Rn. 287). Darauf käme es nur an, wenn sich der Kläger in erheblicher Weise auf freie und geeignete Kapazitäten bei den Erwerbergesellschaften berufen hätte. Das ist nicht der Fall.

40

3. Die Kündigung ist nicht wegen fehlerhafter Sozialauswahl sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 3 KSchG. Die Rüge des Klägers, das Landesarbeitsgericht habe seinen hierauf bezogenen Vortrag nicht berücksichtigt, ist unzulässig. Der Kläger legt nicht dar, wo - dh. in welchem nach Datum und Seitenzahl zu bezeichnenden Schriftsatz - sein Vorbringen zu finden sein soll. Zudem fehlt es an Darlegungen zur Entscheidungserheblichkeit des behaupteten Verfahrensfehlers (zu den Anforderungen an die Verfahrensrüge vgl. BAG 8. Dezember 2011 - 6 AZR 354/10 - Rn. 39, EzA BGB 2002 § 174 Nr. 7).

41

II. Die Kündigung ist nicht nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Im Kündigungszeitpunkt existierte kein Betriebsrat, den die Beklagte hätte anhören müssen.

42

1. Gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG ist die Anhörung des Betriebsrats Wirksamkeitsvoraussetzung für jede Kündigung durch den Arbeitgeber. Die Anhörungspflicht besteht grundsätzlich gegenüber dem Betriebsrat des Betriebs, dessen Belegschaft der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Kündigung angehört (BAG 12. Mai 2005 - 2 AZR 149/04 - zu B I 1 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 145 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 13; APS/Koch 4. Aufl. § 102 BetrVG Rn. 69). Eine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats scheidet bei personellen Einzelmaßnahmen wie einer Kündigung grundsätzlich aus (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 576/09 - Rn. 15, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 150 = EzA KSchG § 2 Nr. 81; 21. März 1996 - 2 AZR 559/95 - zu II 1 der Gründe, BAGE 82, 316).

43

2. Im Prozess ist es Sache des Arbeitnehmers, die für ihn günstige Tatsache darzulegen und im Streitfall zu beweisen, dass § 102 BetrVG zur Anwendung kommt. Liegt diese Voraussetzung vor, trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass eine ordnungsgemäße Anhörung erfolgt ist (BAG 23. Juni 2005 - 2 AZR 193/04 - zu II 1 b der Gründe, AP ZPO § 138 Nr. 11 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 12).

44

3. Der Kläger gehörte im Kündigungszeitpunkt keinem Betrieb an, in dem ein voll mandatierter Betriebsrat bestand. Das gilt schon deshalb, weil im Betrieb L - wie die Parteien im Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übereinstimmend erklärt haben - anlässlich der turnusmäßigen Betriebsratswahlen im Frühjahr 2006 keine Neuwahl eines Betriebsrats erfolgte.

45

4. Die Kündigung ist nicht deshalb nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam, weil der zum Zeitpunkt der Ausgliederung des Geschäftsbereichs CI im Jahr 2004 amtierende Betriebsrat L aufgrund eines Übergangs-(§ 21a BetrVG) oder Restmandats (§ 21b BetrVG)hätte angehört werden müssen. Zugunsten des Klägers kann dabei unterstellt werden, dass der Betrieb L nicht insgesamt auf die A-GmbH übertragen worden ist.

46

a) Hätte eine Spaltung des Betriebs seinerzeit zu einem Übergangsmandat geführt, wäre ein solches nach sechs Monaten erloschen (§ 21a Abs. 1 Satz 3 BetrVG).

47

b) Der Betriebsrat des Ursprungsbetriebs war nicht auf der Grundlage eines Restmandats iSv. § 21b BetrVG zu hören. Nach dieser Vorschrift bleibt der Betriebsrat in Fällen, in denen der Betrieb durch Stilllegung, Spaltung oder Zusammenlegung untergeht, so lange im Amt, wie dies zur Wahrnehmung der damit in Zusammenhang stehenden Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte erforderlich ist. Die Voraussetzungen für ein solches Restmandat liegen im Streitfall nicht vor.

48

aa) Eine Betriebsspaltung ist die Teilung des Betriebs in tatsächlicher Hinsicht (WPK/Wlotzke 4. Aufl. § 21b Rn. 5). Sie kann sowohl in Form der Betriebsaufspaltung als auch in Form der Abspaltung eines Betriebsteils erfolgen (BAG 18. März 2008 - 1 ABR 77/06 - Rn. 13, BAGE 126, 169). In Fällen der Aufspaltung wird der Ursprungsbetrieb aufgelöst. Der Betriebsrat behält falls erforderlich - neben einem ggf. nach § 21a Abs. 1 Satz 1 BetrVG bestehenden Übergangsmandat - nach § 21b BetrVG ein Restmandat für den Ursprungsbetrieb. In Fällen der Abspaltung besteht der Ursprungsbetrieb fort. Behält er dabei - wie im Regelfall - seine Identität, bleibt der Betriebsrat im Amt und hat unter den Voraussetzungen des § 21a BetrVG für die abgespaltenen Betriebsteile ein Übergangsmandat. Eine Spaltung in dem einen oder anderen Sinne kann auch mit der Veräußerung eines Betriebs oder Betriebsteils einhergehen (BAG 18. März 2008 - 1 ABR 77/06 - Rn. 13, aaO; 19. November 2003 - 7 AZR 11/03 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 109, 1).

49

bb) Der Begriff der Identität des Betriebs ist, soweit es um die Beurteilung von Spaltungsvorgängen geht, nicht in einem logischen Sinne zu verstehen (WHSS/Hohenstatt 4. Aufl. Rn. D 51; ähnlich GK/Kreutz BetrVG 9. Aufl. § 21a Rn. 23 ff.; § 21b Rn. 26). Es geht darum, ob das betriebliche Substrat, auf das sich das Betriebsratsamt bezieht, weitgehend unverändert geblieben ist, ob also insbesondere ein räumlicher und funktionaler Zusammenhang mit dem Ursprungsbetrieb noch besteht (ähnlich BAG 19. November 2003 - 7 AZR 11/03 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 109, 1). Bleibt im Fall einer Einzelrechtsnachfolge iSv. § 613a BGB die Identität des Betriebs in diesem Sinne erhalten, behält der Betriebsrat deshalb das ihm durch Wahl vermittelte Mandat(BAG 11. Oktober 1995 - 7 ABR 17/95 - zu B 2 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 21 Nr. 2 = EzA ArbGG 1979 § 81 Nr. 16). Für ein Restmandat iSv. § 21b BetrVG ist in diesen Fällen grundsätzlich kein Raum.

50

cc) Eine Spaltung iSd. § 21b BetrVG liegt nicht vor, wenn sich die Umstrukturierung darin erschöpft, die betriebliche Tätigkeit eines Betriebsteils zu beenden, solange der Restbetrieb seine Identität behält und funktionsfähig bleibt(BAG 18. März 2008 - 1 ABR 77/06 - Rn. 13, BAGE 126, 169; Fitting BetrVG 26. Aufl. § 21b Rn. 9 mwN). Allerdings kann die Teilstilllegung für den Ursprungsbetrieb eine Betriebsänderung nach § 111 Satz 3 BetrVG darstellen. In diesem Fall kann der weiter amtierende Betriebsrat einen Interessenausgleich anstreben und die Aufstellung eines Sozialplans verlangen, um einen Ausgleich der mit der Teilstilllegung einhergehenden Nachteile zu erreichen. Diese Befugnisse stehen ihm aber schon aufgrund seines fortbestehenden (Voll-)Mandats zu. Ein Restmandat kommt auch hier typischerweise nicht in Betracht (vgl. WPK/Wlotze 4. Aufl. § 21b Rn. 7).

51

dd) Das Vorbringen des Klägers rechtfertigt nicht die Annahme, der Ursprungsbetrieb L sei zum 1. November 2004 aufgrund einer Spaltung untergegangen.

52

(1) Dass mit dem Betriebs(teil)übergang im Jahr 2004 für die übergehende Einheit ein Identitätsverlust verbunden gewesen wäre, hat der Kläger nicht behauptet. Das liegt nach dem Inhalt der ÜV 2004 auch fern. Danach wurden im Zuge der Ausgliederung des Geschäftsbereichs CI durch die A-GmbH insgesamt zehn Betriebsteile des Betriebs L, darunter die Produktion Photochemie, komplett übernommen. Von den Bereichen Accounting, Logistik, Personalwesen und „GICS“ sollten lediglich einzelne, namentlich bezeichnete Arbeitnehmer bei der Beklagten verbleiben, die aus Sicht der Vertragsschließenden nicht überwiegend für „CI“ arbeiteten. Dafür dass der Betrieb L dadurch seine Identität nicht verloren hat, spricht ferner der Umstand, dass der Betriebsrat sein Amt nach dem 1. November 2004 ohne Einschränkung gegenüber der A-GmbH weiter ausgeübt hat.

53

(2) Die vom Landesarbeitsgericht zugrunde gelegten Tatsachen stellt der Kläger nicht in Abrede. Er rügt stattdessen, das Landesarbeitsgericht habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Betriebs(teil)übergang letztlich die Stilllegung des „Restteilbetriebs CI“ bei der Beklagten bewirkt habe. Dies ist rechtlich ohne Bedeutung. Die Stilllegung von Teilen eines Betriebs, der unter Wahrung seiner Identität fortgeführt wird, stellt grundsätzlich keinen Anwendungsfall von § 21b BetrVG dar.

54

ee) Im Übrigen stehen weder die behauptete Stilllegung eines „Restteilbetriebs CI“ noch die Kündigung des Klägers in einem für die Anwendung von § 21b BetrVG erforderlichen Zusammenhang mit der Ausgliederung des Geschäftsbereichs CI.

55

(1) Das Restmandat ist kein Vollmandat, sondern lediglich ein nachwirkendes Teilmandat. Es soll bei Eingreifen eines der in § 21b BetrVG beschriebenen Tatbestände gewährleisten, dass die zur Abwicklung nötigen betrieblichen Regelungen noch getroffen werden können. Es setzt daher einen funktionalen Bezug zu den durch die Stilllegung, Spaltung oder Zusammenlegung ausgelösten Aufgaben des Betriebsrats voraus (BAG 14. August 2001 - 1 ABR 52/00 - zu B II c der Gründe, AP BetrVG 1972 § 21b Nr. 1 = EzA BetrVG 1972 § 24 Nr. 3; Fitting BetrVG 26. Aufl. § 21b Rn. 16; Richardi/Thüsing BetrVG 12. Aufl. § 21b Rn. 7). § 21b BetrVG begründet kein allgemeines Mandat für alle im Zeitpunkt der betrieblichen Umstrukturierung noch nicht erledigten Betriebsratsaufgaben. Ebenso wenig erstreckt sich das Restmandat auf solche Aufgaben, die nach einer Betriebsspaltung in den durch sie neu geschaffenen neuen Einheiten anfallen. Solche Aufgaben können allenfalls Gegenstand eines Übergangsmandats sein.

56

(2) Das in Rede stehende Anhörungsrecht nach § 102 BetrVG weist keinen hinreichenden Bezug zu Aufgaben im Zusammenhang mit der Spaltung aus dem Jahr 2004 auf. Die Kündigung beruht nicht auf dieser Spaltung. Zu ihr führten erst spätere, infolge des Widerspruchs des Klägers getroffene Organisationsentscheidungen der Beklagten. Die Erklärung des Widerspruchs gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses im Jahr 2005 ist ihrerseits kein Vorgang, an den ein Restmandat des Betriebsrats anknüpfen könnte. Sie stellt, sei es als Akt eines einzelnen, sei es als kollektiver Akt einer Mehrzahl von Arbeitnehmern, schon deshalb keine Stilllegung, Spaltung oder Zusammenlegung eines Betriebs dar, weil es sich bei ihr nicht um eine Entscheidung des Arbeitgebers handelt. Arbeitnehmer können keine Betriebe stilllegen, spalten oder zusammenlegen.

57

(3) Dieses Ergebnis ist mit Art. 6 Nr. 1 der Richtlinie 2001/23/EG vom 12. März 2001 vereinbar. Nach Unterabs. 1 dieser Bestimmung bleiben die Rechtsstellung und die Funktion der Vertreter der von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer, sofern der Betrieb oder Betriebsteil seine Selbständigkeit behält, in dem Umfang erhalten, wie sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs bestanden haben. Nach Unterabs. 4 haben die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die von einem Übergang eines Betriebs oder Betriebsteils betroffenen Arbeitnehmer, soweit der Betrieb oder Betriebsteil seine Selbständigkeit verliert, während des Zeitraums, der für die Neubildung oder Neubenennung der Arbeitnehmervertretung erforderlich ist, weiterhin angemessen vertreten werden. Daraus ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Verpflichtung zur Anerkennung eines Restmandats des Betriebsrats für die Beteiligung an Kündigungen von Arbeitnehmern, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang widersprochen haben.

58

III. Über den Weiterbeschäftigungsantrag war nicht zu entscheiden. Er ist auf eine Beschäftigung für die Dauer des Kündigungsrechtsstreits gerichtet. Mit der Entscheidung über die Wirksamkeit der Kündigung ist dieser rechtskräftig abgeschlossen.

59

IV. Der Hilfsantrag ist unbegründet. Eine Abfindung steht dem Kläger nicht zu.

60

1. Der Anspruch ergibt sich nicht aus Nr. V 1.2 GBV 1995. Diese Bestimmung wurde durch Nr. 7.3 ÜV 2004 wirksam modifiziert und abgelöst.

61

a) Die Betriebsparteien können die Regelungen einer Betriebsvereinbarung - auch eines Sozialplans - jederzeit für die Zukunft abändern. Die neue Betriebsvereinbarung kann Bestimmungen enthalten, die für die Arbeitnehmer ungünstiger sind. Im Verhältnis zweier gleichrangiger Normen gilt nicht das Günstigkeitsprinzip, sondern die Zeitkollisionsregel. Danach geht die jüngere Norm der älteren vor (vgl. BAG 2. Oktober 2007 - 1 AZR 815/06 - Rn. 19, EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 20; 29. Oktober 2002 - 1 AZR 573/01 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 103, 187).

62

b) Ggf. ist durch Auslegung zu ermitteln, ob es sich bei der neuen Vereinbarung um eine Betriebsvereinbarung handelt und ob sie den gleichen Gegenstand regelt wie die ältere. Dies entscheidet darüber, ob und inwieweit die ältere Betriebsvereinbarung noch Wirkungen entfaltet (GK-BetrVG/Kreutz 9. Aufl. § 77 Rn. 356).

63

aa) Die Auslegung von Betriebsvereinbarungen richtet sich wegen ihrer aus § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG folgenden normativen Wirkung nach den Grundsätzen der Tarif- und Gesetzesauslegung. Dabei setzt die Anwendung dieser Grundsätze nicht voraus, dass die Normqualität der betreffenden Bestimmung bereits feststünde. Es geht darum, wie Dritte - Regelungsadressaten und Gerichte - die jeweiligen Bestimmungen zu verstehen haben. Die Frage nach deren Inhalt und die Frage, ob es sich um Normen handelt, lassen sich nicht trennen. Beide sind nach den Grundsätzen der Gesetzesauslegung zu beantworten (BAG 11. Dezember 2007 - 1 AZR 869/06 - Rn. 19; 3. Mai 2006 - 1 ABR 2/05 - Rn. 32 mwN, BAGE 118, 141).

64

bb) Auszugehen ist vom Wortlaut der Bestimmungen und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn ist der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf Gesamtzusammenhang und Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (BAG 11. Dezember 2007 - 1 AZR 869/06 - Rn. 19; 27. Juni 2006 - 1 AZR 322/05 - Rn. 11 mwN, BAGE 118, 321).

65

cc) Danach handelt es sich bei Nr. 7.3 ÜV 2004 um eine die GBV 1995 modifizierende, formell wirksame Betriebsvereinbarung in Form einer Sozialplanregelung.

66

(1) Die Bestimmung betrifft die Milderung von wirtschaftlichen Nachteilen, die den von der Ausgliederung des Geschäftsbereichs CI erfassten Arbeitnehmern durch noch nicht absehbare personelle Maßnahmen entstehen. Die Formulierung: „Der Sozialplan (die GBV 1995) gilt mit der Maßgabe …“, bringt hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass die Betriebsparteien eine konstitutive Regelung mit eigenständigem Anwendungsbefehl schaffen wollten.

67

(2) Diesem Verständnis steht nicht entgegen, dass die Bestimmung nicht unter Nr. 3 („Kollektive Regelungen“), sondern unter Nr. 7 ÜV 2004 aufgeführt ist, die mit den Worten „Übergang der Arbeitsverhältnisse und Zuordnung“ überschrieben ist. Die Regelung steht in sachlichem Zusammenhang mit Nr. 7.1 ÜV 2004, die den Übergang der Arbeitsverhältnisse „unter Anwendung von § 613a BGB“ betrifft.

68

(3) Der Wirksamkeit der ÜV 2004 als Betriebsvereinbarung steht nicht entgegen, dass sie sowohl auf Arbeitgeberseite auch von der A-GmbH und auf Arbeitnehmerseite sowohl von Vertretern des Gesamtbetriebsrats als auch von Vertretern der örtlichen Betriebsräte unterzeichnet wurde. Die Mitunterzeichnung durch die A-GmbH mag überflüssig und für sie selbst rechtlich wirkungslos sein. Sie steht einer wirksamen Bindung der Beklagten aber nicht entgegen. Eine Unterzeichnung durch Vertreter sowohl des Gesamtbetriebsrats als auch der örtlichen Betriebsräte stellt nicht in Frage, dass die Regelungen der ÜV 2004 allemal den Status einer Betriebsvereinbarung iSv. § 77 Abs. 1, Abs. 4 BetrVG besitzen. Ob es sich um eine Gesamtbetriebsvereinbarung oder eine örtliche Betriebsvereinbarung handelt, ist dafür ohne Bedeutung. Die Unterzeichnung durch Vertreter beider Gremien gewährleistet lediglich, dass in jedem Fall (auch) das gesetzlich zuständige Organ gehandelt hat.

69

c) Das Landesarbeitsgericht hat sich nicht mit der Frage befasst, ob die Ausgliederung des Geschäftsbereichs CI und die damit verbundene (Ab-)Spaltung von Betriebsteilen für das Werk L eine Betriebsänderung iSv. § 111 BetrVG darstellte. Das ist unschädlich. Es liegt zwar nahe, insoweit von einer Betriebsänderung iSv. § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG und damit von einem gesetzlichen Beteiligungsrecht des zuständigen Betriebsratsgremiums auszugehen. Die Betriebsparteien können aber in jedem Fall freiwillige Regelungen für den Ausgleich der wirtschaftlichen Folgen eines Arbeitsplatzverlustes treffen (BAG 19. Januar 1999 - 1 AZR 342/98 - AP BetrVG 1972 § 113 Nr. 37 = EzA BetrVG 1972 § 113 Nr. 28 mwN). Diese Befugnis folgt aus ihrer umfassenden Regelungskompetenz in sozialen, wirtschaftlichen und personellen Angelegenheiten (BAG 11. Dezember 2001 - 1 AZR 193/01 - Rn. 35, BAGE 100, 60; 26. August 1997 - 1 ABR 12/97 - BAGE 86, 228). Die Betriebsparteien haben ihre Regelungskompetenz im Streitfall nicht überschritten. Sie haben unter Nr. 7.3. ÜV 2004 aus Anlass der Ausgliederung des Geschäftsbereichs CI Voraussetzungen geregelt, unter denen ein Abfindungsanspruch aus der GBV 1995 entfällt. Darin liegt die Regelung wirtschaftlicher Angelegenheiten.

70

d) Die GBV 1995 gilt danach mit der Maßgabe, dass ein Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses vom November 2004 einen Abfindungsanspruch bei anschließender Kündigung ausschließt. Die Betriebsparteien sind ersichtlich davon ausgegangen, dass den Arbeitnehmern durch den Betriebsübergang keine Nachteile entstehen. Diese Annahme hält sich im Rahmen des ihnen zustehenden Beurteilungsspielraums. Soweit der Kläger einwendet, die Beklagte habe die Belegschaft über die wirtschaftliche Ausstattung der A-GmbH getäuscht, ist dies nicht geeignet, einen Abfindungsanspruch aus der GBV 1995 zu begründen. Sollte dieser Vorwurf zutreffen, bestünde allenfalls ein Anspruch der beteiligten Betriebsräte auf eine Neuverhandlung der ÜV 2004 (ähnlich BAG 17. April 2012 - 1 AZR 119/11 - Rn. 28).

71

e) Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Abfindungsausschluss nach Nr. 7.3 ÜV 2004 sind erfüllt. Der Kläger hat dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nach § 613a Abs. 6 BGB widersprochen, obwohl er von der A-GmbH nach dem Betriebsübergang auf seinem bisherigen Arbeitsplatz weiterbeschäftigt wurde.

72

2. Aus dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 75 Abs. 1 BetrVG) ergibt sich kein Abfindungsanspruch. Da der Abfindungsausschluss nach Nr. 7.3 ÜV 2004 für alle dem Betriebsübergang nachträglich widersprechenden Arbeitnehmer gilt, fehlt es an einer den Kläger benachteiligenden Gruppenbildung. Eine solche ist von ihm weder vorgetragen worden, noch sonst ersichtlich.

73

3. Ein Anspruch auf die Abfindung folgt nicht aus § 613a Abs. 5 BGB iVm. § 280 BGB. Es ist nicht ersichtlich, dass dem Kläger durch die fehlerhafte Unterrichtung ein ihr entsprechender Schaden entstanden ist (vgl. BAG 27. November 2008 - 8 AZR 1023/06 - Rn. 44, AP BGB § 613a Nr. 8).

74

4. Ein Abfindungsanspruch steht dem Kläger auch nicht aus unionsrechtlichen Gründen zu.

75

a) Art. 4 Unterabs. 2 Richtlinie 2001/23/EG sieht nicht vor, dass die Betriebsparteien im Falle betriebsbedingter Kündigungen Abfindungszahlungen regeln müssen.

76

aa) Nach dieser Bestimmung ist davon auszugehen, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber erfolgt ist, wenn es deshalb zu einer Beendigung kam, weil der Betriebsübergang eine wesentliche Änderung der Arbeitsbedingungen zum Nachteil des Arbeitnehmers zur Folge hatte. Die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen sind in der Bestimmung jedoch nicht geregelt. Art. 4 Unterabs. 2 Richtlinie 2001/23/EG begründet nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union keine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, Arbeitnehmern eine bestimmte Entschädigung zu garantieren. Der betroffene Arbeitnehmer soll nach dem Zweck der Regelung in seinen Rechtsbeziehungen zum Erwerber lediglich in gleicher Weise geschützt sein, wie er es bislang in seinen Beziehungen zum Veräußerer war. Ansprüche auf Abfindungen oder Schadenersatz richten sich nach den Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten (EuGH 27. November 2008 - C-396/07 - [Juuri] Rn. 22 bis 24, Slg. 2008, I-8883). Da es nach deutschem Arbeitsrecht im Falle betriebsbedingter Kündigungen keinen gesetzlich geregelten individualrechtlichen Abfindungsanspruch gibt, derartige Ansprüche vielmehr nur dann bestehen, wenn sie in einer Kollektivvereinbarung oder vertraglich zwischen Arbeitgeber oder Arbeitnehmer vereinbart sind, gewährt auch das Unionsrecht keinen Abfindungsanspruch (BAG 17. April 2012 - 1 AZR 119/11 - Rn. 32).

77

bb) Diese Rechtslage ist aufgrund der Entscheidung des Gerichtshofs vom 27. November 2008 (- C-396/07 - [Juuri] Rn. 22 bis 24, Slg. 2008, I-8883) geklärt. Eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 267 Abs. 3 AEUV bedarf es deshalb nicht.

78

b) Art. 5 Unterabs. 4 Richtlinie 2001/23/EG verlangt keine andere Betrachtung. Danach treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, damit Insolvenzverfahren nicht in missbräuchlicher Weise in Anspruch genommen werden, „um den Arbeitnehmern die in dieser Richtlinie vorgesehenen Rechte vorzuenthalten“. Zu diesen Rechten zählt nicht die Zahlung einer Abfindung.

79

c) Ein Abfindungsanspruch folgt entgegen der Ansicht des Klägers nicht aus der Erwägung, die fehlerhafte Unterrichtung über die Folgen des Betriebsübergangs dürfe mit Blick auf Art. 7 RL 2001/23/EG nicht sanktionslos bleiben. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, bleibt Art. 7 Unterabs. 1 Richtlinie 2001/23/EG hinter den Vorgaben des nationalen Gesetzgebers in § 613a Abs. 5 BGB zurück. Die Richtlinie sieht lediglich eine Verpflichtung des Betriebsveräußerers vor, die Vertreter der betroffenen Arbeitnehmer zu informieren. Nur wenn es unabhängig vom Willen der Arbeitnehmer in einem Unternehmen oder Betrieb keine solchen Vertreter gibt, sind nach Art. 7 Unterabs. 6 Richtlinie 2001/23/EG die betroffenen Arbeitnehmer selbst zu informieren (BAG 23. Juli 2009 - 8 AZR 538/08 - Rn. 53, BAGE 131, 258). Dass eine Nicht- oder Falschinformation der Arbeitnehmervertreter durch Gewährung von Abfindungen in bestimmter Höhe an betroffene Arbeitnehmer zu sanktionieren wäre, ist unionsrechtlich nicht vorgegeben. Was deren eigene Information angeht, so bleibt ein Verstoß gegen die Unterrichtung nicht sanktionslos, sondern begründet uU eine Haftung nach § 280 Abs. 1, § 249 BGB(BAG 27. November 2008 - 8 AZR 1023/06 - Rn. 44, AP BGB § 613a Nr. 8).

80

V. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Koch    

        

    Berger    

        

        

        

    Gans    

        

    Torsten Falke    

                 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 16. November 2010 - 3 Sa 397/10 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen zwei ordentliche, auf betriebliche Gründe gestützte Kündigungen des beklagten Insolvenzverwalters.

2

Die Schuldnerin, die zuletzt unter D GmbH & Co. KG firmierte, unterhielt im Jahr 2008 311 Verkaufsstandorte. Darunter waren ua. 125 sog. Minis, dh. Filialen mit einer Verkaufsfläche von höchstens 770 m², und 184 sog. Traditionals, dh. Verkaufshäuser mit einer Verkaufsfläche von 600 bis 4.000 m². Die Schuldnerin beschäftigte in ihrem Unternehmen über 9.000 Arbeitnehmer.

3

Die 1973 geborene Klägerin trat 1994 in ein Arbeitsverhältnis mit der Schuldnerin. Sie arbeitete als Mitarbeiterin im Verkauf in Teilzeit von 114,48 Stunden monatlich im Jahresdurchschnitt. Im Arbeitsvertrag ist auf Arbeitgeberseite neben der Schuldnerin „Ld-Nr. 6 B“ genannt. Dabei handelte es sich um einen „Mini“. Neben der Klägerin waren in B mindestens sieben weitere Arbeitnehmerinnen beschäftigt.

4

In Nr. 5.1 des Arbeitsvertrags vom 25. April 2002 ist bestimmt:

        

„Der/Die Arbeitnehmer/in verpflichtet sich, alle ihr/ihm übertragenen Aufgaben sorgfältig und gewissenhaft auszuführen, im zumutbaren Rahmen nach Bedarf auch andere Arbeiten zu übernehmen, Mehrarbeit zu leisten, sich auch vorübergehend andere Tätigkeiten zu den dort gültigen Arbeitsbedingungen zuweisen zu lassen und vertretungsweise auch in anderen W-Läden zu arbeiten.“

5

Die Klägerin befand sich von Mai 2009 bis 28. April 2010 in Elternzeit.

6

Am 23. Juni 2009 trafen die Schuldnerin und der bei ihr gebildete Gesamtbetriebsrat unter Mitwirkung des damaligen vorläufigen Insolvenzverwalters, des Beklagten, eine Übereinkunft „Rahmenbetriebsvereinbarung und Dach-Interessenausgleich“. Sie lautet auszugsweise wörtlich:

        

„A. II. Fortführungs- und Verwaltungskonzeption

        

Aufbauend auf bereits vorliegenden betriebswirtschaftlichen Auswertungen und marktempirischen Erhebungen sehen die Geschäftsleitung und die vorläufige Insolvenzverwaltung eine Möglichkeit der Fortführung der sog. Traditionals im Wege einer Sanierenden Übertragung auf eine NewCo. Voraussetzung ist eine Verringerung der Kosten in den Bereichen Miete, Personal, Logistik und Overhead bei gleichzeitiger Vereinheitlichung der Verkaufsflächen auf eine Größe von ca. 1000 m² bis 1500 m² und einer erheblichen Verschlankung des Sortiments in Richtung ‚Discounter’; bezüglich der Einzelheiten verweisen die Betriebsparteien auf den Rohentwurf, welchen die Unternehmensberatung C den Betriebsparteien in der Sitzung vom 12. Mai 2009 ausgehändigt hat - künftig nur: C-Konzept. Der GBR erhält jeweils die aktuelle Fassung des Konzepts unaufgefordert.

        

Für die Minis lässt sich ein positives operatives Fortführungskonzept im Rahmen einer Sanierenden Übertragung nicht darstellen, so dass hier grundsätzlich eine Schließung hingenommen werden muss. Der damit verbundene Arbeitsplatzabbau soll jedoch dadurch vermieden werden, als versucht wird, mit Mitbewerbern, die an einer Übernahme der entsprechend freiwerdenden Verkaufsflächen interessiert sind, eine Vereinbarung auch zur Übernahme von Verkaufspersonal zu treffen. Davon abgesehen sind sowohl Traditionals wie auch sonstige Filialen, für die sich ein rentables Fortführungskonzept nicht darstellen lässt, zu schließen.

        

Schließlich ist die Fortführung aller Filialen auch von der erfolgreichen Anpassung der im Zentralbereich anfallenden Overheadkosten an den verringerten Warenumschlag und die Discountausrichtung abhängig.

        

…       

        

D. III. Interessenausgleich

        

1.)     

Personelle Maßnahmen

        

(a.)   

Betriebsaufgabe

                 

Im Falle der Betriebsaufgabe eines, mehrerer oder aller Betriebe werden die Arbeitsverhältnisse der dort Beschäftigten nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften und dieser Vereinbarung beendet. Die nachfolgenden Regeln der Sozialauswahl finden nur bei einer Betriebseinschränkung, nicht bei einer Betriebsschließung Anwendung.

        

...     

        
        

3.    

Anhörung

                 

Die Beteiligung des Betriebsrates bzw. des GBR gem. § 17 Abs. 3 KSchG erfolgt ebenfalls zeitgleich mit den Verhandlungen über den Interessenausgleich, wobei dieses Dokument zugleich die in § 17 Abs. 3 KSchG genannte Mitteilung an den Betriebsrat bzw. des GBR und dessen Stellungnahme darstellt.

        

4.    

Massenentlassungsanzeige

                 

Nach Unterzeichnung des Interessenausgleiches und der durchgeführten Anhörungen des Betriebsrates gem. den §§ 102 BetrVG und 17 Abs. 3 KSchG erfolgt nach Maßgabe der Rechtsprechung des EuGH und des BAG sowie der Vorgaben der Bundesagentur für Arbeit die Erstattung der Massenentlassungsanzeige gem. § 17 KSchG sowie unverzüglich anschließend der Ausspruch der betriebsbedingten Beendigungs- sowie ggf. Änderungskündigungen.

        

...“   

        
7

Die Schuldnerin und vier in B beschäftigte Arbeitnehmerinnen sowie eine Arbeitnehmerin, die als Springerin in verschiedenen Filialen eingesetzt wurde, schlossen zum 30. Juni 2009 dreiseitige Verträge, mit denen die Arbeitnehmerinnen in eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft wechselten. Zwei weitere Arbeitsverhältnisse mit Arbeitsort in B endeten am 30. Mai 2009 und 30. Juni 2009.

8

Am 1. Juli 2009 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Spätestens zum 31. August 2009 stellte der Beklagte den Verkauf in der Filiale in B ein und schloss sie. Seit einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt danach nutzte die Drogeriemarktkette S das Ladenlokal. Soweit Filialen - insbesondere „Traditionals“ - nicht von der neu gegründeten D W GmbH oder anderen Unternehmen übernommen wurden, schloss der Beklagte auch diese.

9

Auf Antrag des Beklagten erklärte die Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin durch Bescheid vom 30. März 2010 unter der Bedingung für zulässig, dass der Betrieb zum 31. August 2009 tatsächlich stillgelegt worden sei und kein Betriebsübergang nach § 613a BGB stattgefunden habe.

10

Mit Schreiben vom 6. April 2010 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 31. Juli 2010. Eine weitere Kündigung erklärte der Beklagte mit Schreiben vom 14. Mai 2010 zum 31. August 2010.

11

Mit ihrer Klage wehrt sich die Klägerin gegen die beiden Kündigungen. Die erste - am 16. April 2010 beim Arbeitsgericht eingegangene - Klage hat die Klägerin zunächst gegen die „Firma W D GmbH & Co. KG i. L., vertreten durch den Insolvenzverwalter“ gerichtet. Sie hat der Klage das Kündigungsschreiben des Beklagten vom 6. April 2010 beigefügt. Sie hat geltend gemacht, die Anhörung eines Gesamtbetriebsrats sei fraglich. In B habe kein Betriebsrat bestanden. Die Kündigungen seien nach § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB unwirksam, weil große Teile der Verkaufsstätten auf die neu gegründete D W GmbH übertragen worden seien. Bei „W“ habe es sich um einen Betrieb gehandelt. Alle maßgeblichen Entscheidungen seien zentralisiert getroffen worden. Kleinste organisatorische Einheit sei zumindest die Gebietsebene gewesen. Die Schließung einer einzelnen Filiale sei daher kein Kündigungsgrund. Arbeitnehmer der Verkaufsstätte in B seien weiter bei „W“ tätig. Der Beklagte sei verpflichtet gewesen, auch der Klägerin anzubieten, in einer fortgeführten Filiale weiterbeschäftigt zu werden. Die Sozialauswahl sei fehlerhaft. Vorrangig hätte weniger schutzwürdigen Arbeitnehmern gekündigt werden müssen.

12

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 6. April 2010 und durch die Kündigung vom 14. Mai 2010 nicht aufgelöst worden ist.

13

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG sei nicht gewahrt, weil sich die Klage zunächst nicht gegen ihn gerichtet habe. In B sei ein Betriebsrat gebildet gewesen. Dessen Amtszeit habe am 1. Juli 2009 geendet, ohne dass ein Restmandat bestanden habe. Der Betrieb in B sei aufgrund des Ausscheidens mehrerer Arbeitnehmer mit dem 30. Juni 2009 nicht mehr betriebsratsfähig gewesen. Mit der Stilllegung des Betriebs in B sei das Beschäftigungsbedürfnis für die Klägerin entfallen. Eine Sozialauswahl sei nicht zu treffen gewesen. Die Filiale in B sei ein eigenständiger Betrieb gewesen. Der Geschäftsleiter sei ua. für die Einstellung und Einarbeitung von Arbeitnehmern sowie für „Schwundverhütungsmaßnahmen“ zuständig gewesen. Die Filiale habe außerdem über ein eigenes Lager verfügt. Zu einem Betriebsübergang sei es nicht gekommen. Seit 1. Juli 2009 habe der Beklagte keine Verkaufsstätten mehr geführt. Lediglich außerhalb des Beschäftigungsbetriebs der Klägerin seien Teile des Unternehmens der Schuldnerin durch die D W GmbH fortgeführt worden. Das gelte auch für die Filialen in K und L.

14

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat im Berufungsverfahren erstmals die Frage aufgeworfen, ob die Unterrichtungs- und Beratungspflichten bei Massenentlassungen nach § 17 KSchG eingehalten worden seien. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die Kündigungsschutzanträge mit Sach- und Verfahrensrügen weiter. Sie beruft sich ua. auf eine unternehmensübergreifende Weiterbeschäftigungspflicht im Konzern.

Entscheidungsgründe

15

A. Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Klage war abzuweisen, wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben. Die Kündigung vom 6. April 2010 beendete das Arbeitsverhältnis der Parteien mit dem 31. Juli 2010. Auf die zweite Kündigung vom 14. Mai 2010, die zum 31. August 2010 wirken sollte, kommt es deshalb nicht an.

16

I. Die Kündigung vom 6. April 2010 gilt nicht bereits nach § 7 Halbs. 1 KSchG als rechtswirksam. Die am 16. April 2010 beim Arbeitsgericht eingegangene Klage, die sich gegen die „Firma W D GmbH & Co. KG i. L., vertreten durch den Insolvenzverwalter“ richtete, wahrte die Dreiwochenfrist des § 4 Satz 1 KSchG.

17

1. Die Parteien eines Prozesses sind vom Kläger in der Klageschrift zu bezeichnen.

18

a) Ist eine Parteibezeichnung nicht eindeutig, ist die Partei durch Auslegung zu ermitteln. Das Revisionsgericht hat die in der Klageschrift enthaltene Parteibezeichnung als prozessuale Willenserklärung selbst auszulegen (vgl. zB BAG 28. August 2008 - 2 AZR 279/07 - Rn. 16, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 67 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 86; 17. Juli 2007 - 9 AZR 819/06 - Rn. 14, AP ZPO § 50 Nr. 17 = EzA TzBfG § 8 Nr. 17). Selbst bei äußerlich eindeutiger, aber offenkundig unrichtiger Bezeichnung ist grundsätzlich diejenige Person als Partei angesprochen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen werden soll. Es kommt darauf an, welcher Sinn der von der klagenden Partei in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist. Entscheidend ist, dass die rechtliche Identität gewahrt bleibt. Bleibt die Partei nicht dieselbe, handelt es sich um eine Parteiänderung. Eine ungenaue oder erkennbar falsche Parteibezeichnung kann dagegen jederzeit von Amts wegen richtiggestellt werden (vgl. für die st. Rspr. BAG 28. August 2008 - 2 AZR 279/07 - Rn. 14, aaO; 1. März 2007 - 2 AZR 525/05 - Rn. 12, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 60 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 76; BGH 23. September 2008 - X ZR 135/04 - Rn. 9 f., NJW-RR 2009, 539, jeweils mwN).

19

b) Ist ein Insolvenzverwalter nach deutschem Insolvenzrecht bestellt, ist eine Kündigungsschutzklage gegen ihn in seiner Eigenschaft als Partei kraft Amtes zu erheben. Eine Klage gegen die Schuldnerin macht den Insolvenzverwalter nicht zur Partei des Rechtsstreits und kann die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG nicht wahren(vgl. BAG 21. September 2006 - 2 AZR 573/05 - Rn. 22, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 58 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 75; 18. April 2002 - 8 AZR 346/01 - zu II 2 b der Gründe, AP BGB § 613a Nr. 232 = EzA BGB § 613a Nr. 207; 17. Januar 2002 - 2 AZR 57/01 - zu B I 2 b der Gründe, EzA KSchG § 4 nF Nr. 62). Ist nach dem Rubrum der Klageschrift anstelle des Insolvenzverwalters die Schuldnerin verklagt, ist jedoch stets zu prüfen, ob der Fehler behoben werden kann, indem das Rubrum klargestellt wird. Die formelle Parteibezeichnung ist nicht allein maßgeblich. Ergibt sich aus den gesamten Umständen, wer als beklagte Partei gemeint ist, kann das Rubrum unbedenklich „berichtigt“ werden. Das gilt vor allem dann, wenn der Klageschrift das Kündigungsschreiben beigefügt ist, aus dem sich ergibt, dass die Kündigung vom Insolvenzverwalter ausgesprochen wurde (vgl. BAG 21. September 2006 - 2 AZR 573/05 - Rn. 25, aaO; 18. April 2002 - 8 AZR 346/01 - zu II 2 c der Gründe, aaO; 17. Januar 2002 - 2 AZR 57/01 - aaO).

20

2. Nach diesen Grundsätzen ist die unrichtige Beklagtenbezeichnung in der Klageschrift dahin auszulegen, dass sich die Klage von vornherein gegen den Insolvenzverwalter richtete und mit ihr die Dreiwochenfrist des § 4 Satz 1 KSchG gewahrt wurde. Für den Insolvenzverwalter war erkennbar, dass die Kündigungsschutzklage gegen ihn erhoben werden sollte. Dafür spricht insbesondere das der Klageschrift beigefügte Kündigungsschreiben, das der Insolvenzverwalter verfasst und unterzeichnet hatte. Hinzu kommt, dass die Klägerin den Insolvenzverwalter im Passivrubrum der Klageschrift als Vertreter der Schuldnerin bezeichnet hatte. Damit konnte aus Rechtsgründen nur der Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes gemeint sein.

21

II. Die Kündigung des Beklagten vom 6. April 2010 ist wirksam.

22

1. Die Kündigung ist formell nicht zu beanstanden. Ihrer Wirksamkeit stehen § 18 Abs. 1 BEEG, § 102 Abs. 1 BetrVG und § 17 KSchG nicht entgegen.

23

a) Die zuständige Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd erklärte die Kündigung vom 6. April 2010 vor ihrem Ausspruch mit bestandskräftigem Bescheid vom 30. März 2010 für zulässig (§ 18 Abs. 1 Satz 2 BEEG).

24

aa) An diesen bestandskräftigen Verwaltungsakt sind die Arbeitsgerichte gebunden (vgl. BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 107/10 - Rn. 20, AP BGB § 613a Nr. 408 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 126; 20. Januar 2005 - 2 AZR 500/03 - zu II 1 a der Gründe, AP BErzGG § 18 Nr. 8 = EzA BErzGG § 18 Nr. 7). Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verwaltungsakt nichtig ist.

25

bb) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Bescheid vom 30. März 2010 nicht unter einer unzulässigen Bedingung erteilt wurde. Beantragt ein Arbeitgeber - wie hier -, die Kündigung des Arbeitsverhältnisses einer Arbeitnehmerin in Elternzeit für zulässig zu erklären, weil sein Betrieb stillgelegt worden sei, darf die zuständige Behörde die Zulässigkeitserklärung nicht mit der Begründung verweigern, es liege ein Betriebsübergang vor. Diese Entscheidung ist den Arbeitsgerichten vorbehalten. Die Zulässigkeitserklärung wird in einem solchen Fall vorsorglich erteilt. Der „vorsorgliche Verwaltungsakt“ wirkt rechtlich nur dann, wenn die Arbeitsgerichte einen Betriebsübergang in einer rechtskräftigen Entscheidung verneint haben (vgl. BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 107/10 - Rn. 20 f. mwN, AP BGB § 613a Nr. 408 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 126).

26

b) Die Kündigung vom 6. April 2010 ist nicht nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam.

27

aa) Das Erfordernis der Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG besteht nur, wenn für den Betrieb oder Betriebsteil, in dem der Arbeitnehmer beschäftigt wird und dem er daher betriebsverfassungsrechtlich zuzuordnen ist, ein funktionsfähiger Betriebsrat gebildet ist. Das hat der Arbeitnehmer im Rahmen seiner gestuften Behauptungslast darzulegen und ggf. zu beweisen (vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 8 AZR 692/10 - Rn. 66, EzA BGB 2002 § 613a Nr. 132; 12. August 2010 - 2 AZR 104/09 - Rn. 28).

28

bb) Die Klägerin hat die Existenz eines funktionsfähigen Betriebsrats des Betriebs in B oder eines für diesen Betriebsteil zuständigen Betriebsrats nicht dargelegt. Sie macht vielmehr umgekehrt geltend, ein Betriebsrat habe in B nicht bestanden. Den Vortrag des Beklagten, für die Filiale in B sei ein Betriebsrat gewählt worden, hat sich die Klägerin nicht hilfsweise zu eigen gemacht. Es kommt deswegen nicht darauf an, ob ein Restmandat nach § 21b BetrVG bestand. Das hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen.

29

cc) Wird in Übereinstimmung mit dem Vortrag der Klägerin unterstellt, für die Verkaufsstätte in B habe kein funktionsfähiger Betriebsrat bestanden, war der Gesamtbetriebsrat nicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG anzuhören.

30

(1) Bei Erklärung der Kündigung am 6. April 2010 waren die Betriebsteile, die von der D W GmbH übernommen wurden, auch nach dem Vortrag der Klägerin seit geraumer Zeit übertragen. Die Klägerin hat nicht behauptet, bei Abgabe der Kündigungserklärung habe ein funktionsfähiger, für sie zuständiger Gesamtbetriebsrat bestanden.

31

(2) Bei personellen Einzelmaßnahmen wie einer Kündigung geht das Gesetz zudem von dem einzelnen Betrieb und dem örtlichen Betriebsrat aus. Eine originäre Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats ist für personelle Einzelmaßnahmen deshalb grundsätzlich nicht begründet. Sie kommt lediglich in Betracht, wenn ein Arbeitsverhältnis zugleich mehreren Betrieben des Unternehmens zuzuordnen ist (vgl. BAG 21. März 1996 - 2 AZR 559/95 - zu II 1 der Gründe, BAGE 82, 316). Ein solcher Ausnahmefall ist nicht gegeben.

32

c) Der Beklagte verstieß nicht gegen § 17 Abs. 1 und Abs. 2 KSchG. Der Senat kann offenlassen, ob eine Verletzung der in zweiter Instanz infrage gestellten Erfüllung der Anzeige- und Konsultationspflichten aus § 17 Abs. 1 und Abs. 2 KSchG zur Unwirksamkeit der Kündigung vom 6. April 2010 führte. Er braucht auch nicht darüber zu befinden, ob die Klägerin Verstöße gegen § 17 Abs. 1 und Abs. 2 KSchG entweder bereits in erster Instanz beanstandet hat oder das Arbeitsgericht seine Hinweispflicht aus § 6 Satz 2 KSchG verletzt und die Klägerin die Rügen im zweiten Rechtszug wirksam nachgeholt hat(vgl. dazu BAG 18. Januar 2012 - 6 AZR 407/10 - Rn. 11 ff., AP KSchG 1969 § 6 Nr. 6 = EzA KSchG § 6 Nr. 4). Der Geltungsbereich des § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG ist nach dem Vorbringen der Klägerin nicht eröffnet.

33

aa) Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG ist ein Arbeitgeber verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er in Betrieben mit idR mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als fünf Arbeitnehmer, in Betrieben mit idR mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 % der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer oder in Betrieben mit idR mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer innerhalb von 30 Kalendertagen entlässt. Der Begriff des Betriebs in § 17 KSchG entspricht dem der §§ 1, 4 BetrVG(vgl. zB BAG 20. September 2012 - 6 AZR 155/11 - Rn. 17, ZIP 2012, 2412; 28. Juni 2012 - 6 AZR 780/10 - Rn. 41 mwN, EzA-SD 2012 Nr. 19, 3). Für die Berechnung der Zahlen ist nicht auf den Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis, sondern auf den Zeitpunkt der Kündigung abzustellen (vgl. für die st. Rspr. BAG 22. März 2007 - 6 AZR 499/05 - Rn. 13 mwN, EzA KSchG § 17 Nr. 19). Es ist Sache des Arbeitnehmers, zunächst die tatsächlichen Voraussetzungen der Anzeigepflicht aus § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG - die Zahlen der beschäftigten und der gekündigten Arbeitnehmer - darzulegen und ggf. zu beweisen (vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 8 AZR 692/10 - Rn. 72, EzA BGB 2002 § 613a Nr. 132; 24. Februar 2005 - 2 AZR 207/04 - zu B II 2 b aa der Gründe, AP KSchG 1969 § 17 Nr. 20 = EzA KSchG § 17 Nr. 14).

34

bb) Die Klägerin hat nicht ausgeführt, dass einer der Schwellenwerte des § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG bei Zugang der Kündigung vom 6. April 2010 erreicht gewesen sei. Den Beklagten trafen daher keine Pflichten aus § 17 KSchG.

35

2. Die Kündigung vom 6. April 2010 ist auch materiell wirksam. Sie verstößt weder gegen § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB, noch ist sie nach § 1 Abs. 2 und Abs. 3 KSchG sozial ungerechtfertigt.

36

a) Die Kündigung ist nicht nach § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB iVm. § 134 BGB nichtig. Sie wurde nicht wegen des Übergangs eines Betriebs oder Betriebsteils ausgesprochen.

37

aa) Ein Betriebs- oder Betriebsteilübergang nach § 613a Abs. 1 BGB setzt voraus, dass die Identität der wirtschaftlichen Einheit gewahrt bleibt. Eine wirtschaftliche Einheit ist eine organisatorische Gesamtheit von Personen und/oder Sachen, die darauf ausgerichtet ist, auf Dauer eine wirtschaftliche Tätigkeit mit eigener Zielsetzung auszuüben. Ob ein im Wesentlichen unveränderter Fortbestand der organisierten Gesamtheit „Betrieb“ bei einem neuen Inhaber anzunehmen ist, richtet sich nach den Umständen des konkreten Falls. Teilaspekte der Gesamtwürdigung sind ua. die Art des Betriebs, der Übergang materieller Betriebsmittel, der Wert immaterieller Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die Übernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der Übergang von Kunden- und Lieferantenbeziehungen, der Grad der Ähnlichkeit der vor und nach dem Übergang versehenen Tätigkeiten und die Dauer einer Unterbrechung dieser Tätigkeit. Die Identität der Einheit kann sich auch aus anderen Merkmalen ergeben (vgl. nur EuGH 20. Januar 2011 - C-463/09 - [CLECE] Rn. 34, Slg. 2011, I-95; siehe im Einzelnen auch BAG 13. Dezember 2007 - 8 AZR 937/96 - Rn. 12 mwN, AP BGB § 613a Nr. 341 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 88).

38

bb) Einem Betriebsübergang steht der Übergang eines Betriebsteils gleich. Betriebsteile sind Teileinheiten oder Teilorganisationen eines Betriebs. Sie müssen bereits bei dem früheren Betriebsinhaber die Qualität eines Betriebsteils aufweisen (vgl. BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 455/10 - Rn. 36, AP BGB § 613a Nr. 415 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 129; 7. April 2011 - 8 AZR 730/09 - Rn. 23, AP BGB § 613a Nr. 406 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 124). Ergibt die Gesamtbetrachtung eine identifizierbare wirtschaftliche und organisatorische Teileinheit, muss diese beim Erwerber im Wesentlichen unverändert fortbestehen (vgl. BAG 24. August 2006 - 8 AZR 556/05 - Rn. 22, 30, AP BGB § 613a Nr. 315 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 59). Der übertragene Betriebsteil muss seine organisatorische Selbständigkeit beim Betriebserwerber nicht vollständig bewahren. Es genügt, dass der Betriebs(-teil)erwerber die funktionelle Verknüpfung zwischen den übertragenen Produktionsfaktoren beibehält und es möglich ist, diese Faktoren zu nutzen, um derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen (vgl. EuGH 12. Februar 2009 - C-466/07 - [Klarenberg] Rn. 47 f. mwN, Slg. 2009, I-803).

39

cc) Es ist Sache des Arbeitnehmers, der sich auf die Unwirksamkeit einer Kündigung nach § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB beruft, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass die Kündigung wegen eines Betriebsübergangs ausgesprochen wurde. Der Arbeitnehmer muss also auch vortragen, dass die tatsächlichen Voraussetzungen eines Betriebsübergangs erfüllt sind (vgl. BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 107/10 - Rn. 32, AP BGB § 613a Nr. 408 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 126; 26. Mai 2011 - 8 AZR 37/10 - Rn. 29, AP BGB § 613a Nr. 409 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 125).

40

dd) Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin nicht dargelegt, dass die tatsächlichen Voraussetzungen des Kündigungsverbots in § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB erfüllt sind.

41

(1) Die Klägerin hat keinen Betriebs(-teil)übergang des „Minis“ in B auf die Firma S aufgezeigt. Mit dieser Organisationseinheit wurde ein abgrenzbarer Teilzweck verfolgt, die Versorgung des örtlichen Umfelds mit den angebotenen Waren und Dienstleistungen. Die Klägerin hat nicht behauptet, die Firma S habe materielle Betriebsmittel übernommen. Vielmehr hat sie selbst vorgetragen, Inventar und ggf. noch vorhandenes Warensortiment seien nach F abtransportiert worden. Sie hat nicht vorgebracht, die Firma S habe einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil der Belegschaft des „Minis“ in B in den dortigen Räumlichkeiten weiterbeschäftigt. Schließlich hat die Klägerin auch nicht behauptet, dass die Firma S allein dadurch, dass sie das Ladenlokal genutzt habe, identitätswahrend die wirtschaftliche Einheit des „W-Minis“ in B fortgeführt habe.

42

(2) Es kann offenbleiben, ob es zu einem Betriebs(-teil)übergang aller oder einzelner sog. Traditionals auf die D W GmbH kam. Die Klägerin wurde nicht in einer dieser ggf. übergegangenen Filialen beschäftigt und war auch keinem „Traditional“ zugeordnet.

43

(a) Der Übergang eines Arbeitsverhältnisses setzt voraus, dass der betroffene Arbeitnehmer dem übertragenen Betrieb oder Betriebsteil zugeordnet ist (vgl. BAG 28. Oktober 2004 - 8 AZR 391/03 - zu II 1 der Gründe mwN, BAGE 112, 273). Für die Zuordnung des Arbeitnehmers ist darauf abzustellen, ob er in den übergegangenen Betrieb oder Betriebsteil tatsächlich eingegliedert war. Es reicht nicht aus, dass er Tätigkeiten für den übertragenen Teil verrichtete, ohne in dessen Struktur eingebunden gewesen zu sein (vgl. EuGH 12. November 1992 - C-209/91 - [Watson Rask und Christensen] Rn. 16, Slg. 1992, I-5755; 7. Februar 1985 - C-186/83 - [Botzen ua.] Rn. 15, Slg. 1985, 519; BAG 24. August 2006 - 8 AZR 556/05 - Rn. 28, AP BGB § 613a Nr. 315 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 59; 25. September 2003 - 8 AZR 446/02 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 613a Nr. 256 = EzA ZPO 2002 § 50 Nr. 2).

44

(b) Sollte es zu Betriebsteilübergängen von Filialen des Beklagten auf die D W GmbH gekommen sein, gingen nur die Arbeitsverhältnisse der dort beschäftigten Arbeitnehmer über. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin war nach objektiven Kriterien dem stillgelegten „Mini“ in B zuzuordnen. Die Klägerin war ausschließlich in der Filiale in B beschäftigt und in deren Struktur eingegliedert. Um sie einer anderen (übernommenen) Filiale zuzuordnen, wäre eine ausdrückliche oder konkludente Zuordnungsentscheidung der Schuldnerin oder des Beklagten erforderlich gewesen (vgl. BAG 13. November 1997 - 8 AZR 375/96 - zu II 3 der Gründe, BAGE 87, 120; 18. März 1997 - 3 AZR 729/95 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 85, 291). Eine solche Zuordnungsentscheidung wurde nicht getroffen.

45

b) Die Kündigung vom 6. April 2010 ist jedenfalls nicht sozialwidrig nach § 1 Abs. 2 und Abs. 3 KSchG. Es kann deshalb dahinstehen, ob der Schwellenwert des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG erreicht war.

46

aa) Die Kündigung vom 6. April 2010 ist durch ein dringendes betriebliches Erfordernis iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 Var. 3 KSchG bedingt, das einer Weiterbeschäftigung der Klägerin entgegenstand. Davon ist das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei ausgegangen.

47

(1) Zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 Var. 3 KSchG gehören die Stilllegung des gesamten Betriebs und Betriebseinschränkungen durch Stilllegung einer Betriebsabteilung oder eines Betriebsteils. Unter einer Betriebs(-teil)stilllegung ist die Auflösung der Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu verstehen. Sie besteht darin, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, den bisherigen Betriebs(-teil)zweck dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiterzuverfolgen (vgl. für die st. Rspr. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 37, NZA-RR 2012, 465).

48

(2) Die Schließung der Filiale in B war nach diesen Grundsätzen zumindest eine Betriebsteilstilllegung. Nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war die Filiale zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 6. April 2010 - im Einklang mit den Regelungen des Interessenausgleichs vom 23. Juni 2009 und den dort festgehaltenen unternehmerischen Entscheidungen - tatsächlich stillgelegt. Es kommt nicht darauf an, ob Arbeitnehmer noch im September oder Oktober 2009 zu Abwicklungsarbeiten herangezogen wurden. Das Beschäftigungsbedürfnis für die Arbeitnehmer, die in der Filiale in B gearbeitet hatten, entfiel mit der endgültigen Stilllegung. Bereits zuvor - nach der nicht bestrittenen Behauptung des Beklagten zum 1. Juli 2009 - waren Betriebe oder jedenfalls Betriebsteile, sog. Traditionals, veräußert worden. Das führte zu keinem Übergang des Arbeitsverhältnisses der Klägerin, weil das Arbeitsverhältnis den übertragenen Einheiten nicht zuzuordnen war. Mit der Schließung der „Minis“ legte der Beklagte die bei ihm verbliebenen Betriebsteile still. Auch die Klägerin hat nicht behauptet, der Beklagte führe noch einen Betrieb in der Rechtsnachfolge der Schuldnerin.

49

bb) Die Klägerin konnte nicht auf einem freien Arbeitsplatz im Betrieb oder Unternehmen des Beklagten weiterbeschäftigt werden.

50

(1) Das geltend gemachte betriebliche Erfordernis ist nicht dringend iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG, wenn der Arbeitnehmer auf einem anderen, freien Arbeitsplatz desselben Betriebs oder eines anderen Betriebs des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann. Als „frei“ sind grundsätzlich nur solche Arbeitsplätze anzusehen, die zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung unbesetzt sind (vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 24, EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 84). Es obliegt dem Arbeitnehmer darzulegen, wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt, wenn sein bisheriger Arbeitsplatz weggefallen ist. Erst danach muss der Arbeitgeber erläutern, weshalb eine Beschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz nicht möglich war (vgl. zB BAG 1. März 2007 - 2 AZR 650/05 - Rn. 21, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 164 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 154).

51

(2) Die Klägerin hat nicht dargelegt, wie sie sich eine Beschäftigung durch den Beklagten vorstellt. Sie hat nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts insbesondere nicht behauptet, der Beklagte habe zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 6. April 2010 noch „Minis“ oder andere Filialen betrieben, in denen freie Arbeitsplätze vorhanden gewesen seien. Soweit sich die Klägerin auf Beschäftigungsangebote in K gegenüber anderen Arbeitnehmerinnen bezogen hat, hat sie nicht behauptet, dass der Beklagte diese Beschäftigungsangebote unterbreitet habe oder die anderen Arbeitnehmerinnen beschäftige. Die Klägerin hat den Vortrag des Beklagten, nicht er habe die Filiale in K seit 1. Juli 2009 geführt, nach den unangegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht bestritten.

52

(3) Eine unternehmensübergreifende Weiterbeschäftigungspflicht bei der D W GmbH bestand nicht. Der Beklagte führte mit diesem Unternehmen keinen Gemeinschaftsbetrieb.

53

(a) Eine Weiterbeschäftigungspflicht auf freien Arbeitsplätzen eines anderen Unternehmens kommt in Betracht, wenn das kündigende Unternehmen mit dem anderen Unternehmen einen Gemeinschaftsbetrieb führt. Eine unternehmensübergreifende Weiterbeschäftigungspflicht besteht jedoch nicht, wenn es den Gemeinschaftsbetrieb bei Zugang der Kündigung als solchen bereits nicht mehr gibt. Mit der Beseitigung der einheitlichen Leitungsstruktur ist der Unternehmer des stillzulegenden Betriebs rechtlich nicht mehr in der Lage, eine Weiterbeschäftigung im fortgeführten Betrieb des anderen Unternehmens durchzusetzen (vgl. BAG 23. März 2006 - 2 AZR 162/05 - Rn. 35 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Konzern Nr. 13 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 147).

54

(b) Die Klägerin hat schon nicht behauptet, die Schuldnerin oder der Beklagte und die D W GmbH hätten zu irgendeinem Zeitpunkt einen Gemeinschaftsbetrieb gebildet. Ein solcher Gemeinschaftsbetrieb wäre aufgrund der Stilllegung der „Minis“ durch den Beklagten im Jahr 2009 jedenfalls aufgelöst worden. Der Beklagte hätte nicht durchsetzen können, dass die Klägerin von der D W GmbH weiterbeschäftigt wird.

55

cc) Die Kündigung vom 6. April 2010 ist auch nicht deswegen unwirksam, weil die Klägerin erstmals in der Revisionsinstanz davon ausgeht, im Konzern weiterbeschäftigt werden zu können.

56

(1) Das Kündigungsschutzgesetz ist nicht konzernbezogen. Der Arbeitgeber ist vor Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung grundsätzlich nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer in dem Betrieb eines anderen Unternehmens unterzubringen. Das ergibt sich schon daraus, dass Vertragspartner des Arbeitnehmers das vertragsschließende Unternehmen, der Arbeitgeber, ist. Die Weiterbeschäftigung durch ein anderes Unternehmen führt zwangsläufig zu einem Vertragspartnerwechsel (st. Rspr., vgl. nur BAG 23. April 2008 - 2 AZR 1110/06 - Rn. 22, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 177 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 160; 23. März 2006 - 2 AZR 162/05 - Rn. 20, AP KSchG 1969 § 1 Konzern Nr. 13 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 147; 23. November 2004 - 2 AZR 24/04 - zu B III 2 b aa der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 132 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 135; grundlegend 14. Oktober 1982 - 2 AZR 568/80 - zu B II der Gründe, BAGE 41, 72).

57

(2) Eine konzernbezogene Weiterbeschäftigungspflicht kann ausnahmsweise bestehen, wenn sich ein anderes Konzernunternehmen ausdrücklich zur Übernahme des Arbeitnehmers bereit erklärt hat. Entsprechendes gilt, wenn sich eine Unterbringungsverpflichtung unmittelbar aus dem Arbeitsvertrag, einer sonstigen vertraglichen Absprache oder der in der Vergangenheit geübten Praxis ergibt (vgl. BAG 23. April 2008 - 2 AZR 1110/06 - Rn. 22 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 177 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 160). In solchen Fallgestaltungen kann der Arbeitnehmer einen vertraglichen Anspruch gegen seinen Arbeitgeber auf Verschaffung eines Arbeitsvertrags haben (vgl. BAG 23. März 2006 - 2 AZR 162/05 - Rn. 21, AP KSchG 1969 § 1 Konzern Nr. 13 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 147; 23. November 2004 - 2 AZR 24/04 - zu B III 2 b bb der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 132 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 135). Weitere Voraussetzung einer unternehmensübergreifenden Weiterbeschäftigungspflicht ist ein bestimmender Einfluss des vertragsschließenden Unternehmens auf die „Versetzung” (vgl. zB BAG 23. April 2008 - 2 AZR 1110/06 - aaO; 23. November 2004 - 2 AZR 24/04 - aaO; Gallner FS Düwell S. 208, 214 ff. mwN; Rost FS Schwerdtner S. 169, 171; weiter gehend Lingemann FS Bauer S. 661, 666; kritisch zum sog. Durchsetzungskriterium etwa Bayreuther NZA 2006, 819, 820 ff.).

58

(3) Beruft sich der Arbeitnehmer auf konzernweiten Kündigungsschutz, muss er konkret aufzeigen, aus welchen vertraglichen Regelungen sich die konzernweite Weiterbeschäftigungspflicht ableitet und wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt (vgl. BAG 10. Mai 2007 - 2 AZR 626/05 - Rn. 46, BAGE 122, 264).

59

(4) Der Beklagte übt als Insolvenzverwalter ein ihm vom Gesetz übertragenes Amt aus. Er ist Rechtsnachfolger der Schuldnerin (vgl. BAG 27. Februar 2008 - 5 AZB 43/07 - Rn. 7, BAGE 126, 117; BGH 28. März 2007 - VII ZB 25/05 - Rn. 7, BGHZ 172, 16). Schon deshalb ist nicht ersichtlich, wie er auf die „Versetzung“ der Klägerin zur D W GmbH bestimmenden gesellschaftsrechtlichen Einfluss hätte nehmen können. Einen früheren bestimmenden gesellschaftsrechtlichen Einfluss der Schuldnerin auf dieses Unternehmen hat die Klägerin nicht behauptet.

60

(5) Die Klägerin hat ferner nicht dargelegt, dass die D W GmbH und die Schuldnerin oder später der Beklagte einen Konzern bildeten.

61

(a) Ein Konzern ist nach § 18 AktG die Zusammenfassung mehrerer rechtlich selbständiger Unternehmen unter einheitlicher Leitung. Dabei wird zwischen dem Unterordnungskonzern (§ 18 Abs. 1 AktG) und dem Gleichordnungskonzern (§ 18 Abs. 2 AktG) unterschieden.

62

(b) Die Klägerin hat nicht schlüssig behauptet, dass die Schuldnerin oder später der Beklagte und die D W GmbH unter einheitlicher Leitung zusammengefasst waren. Die Klägerin hat vielmehr vorgetragen, dass es sich bei der D W GmbH um eine neu gegründete Gesellschaft gehandelt habe. Die Klägerin hat auch keinen Konzernbezug ihres Arbeitsverhältnisses geltend gemacht. Der mit der Schuldnerin geschlossene Arbeitsvertrag sieht eine konzernweite Versetzungsmöglichkeit nicht vor. Er bestimmt lediglich, dass die Klägerin verpflichtet ist, „vertretungsweise auch in anderen W-Läden zu arbeiten“. Diese Regelung bezieht sich nur auf Filialen der Schuldnerin (später des Beklagten) und lediglich auf einen „vertretungsweisen“, dh. keinen dauerhaften Einsatz. Die Klägerin hat schließlich nicht behauptet, es sei üblich gewesen, dass die Schuldnerin oder der Beklagte sie entsandt hätten, um in anderen Konzernunternehmen zu arbeiten.

63

dd) Der Beklagte musste keine soziale Auswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG treffen. Er beschäftigte im Kündigungszeitpunkt keine vergleichbaren, weniger schutzwürdigen Arbeitnehmer.

64

(1) Die Rüge der Revision, das Landesarbeitsgericht habe aufgrund der getroffenen Feststellungen nicht davon ausgehen dürfen, dass der „Mini“ in B und andere Filialen nicht zu einem Betrieb gehörten, lässt außer Acht, dass die weitergeführten „Traditionals“ seit 1. Juli 2009 von der D W GmbH, einem anderen Unternehmen, fortgeführt wurden. Die beim Beklagten verbliebenen Betriebe oder Betriebsteile wurden demgegenüber stillgelegt. Die Sozialauswahl war betriebsbezogen durchzuführen (vgl. BAG 5. Juni 2008 - 2 AZR 907/06 - Rn. 23, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 179 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 81; 15. Dezember 2005 - 6 AZR 199/05 - Rn. 24 f., AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 76 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 66). Sie konnte sich daher nur auf den vom Beklagten geführten Betrieb, dem die Klägerin zuzuordnen war, beziehen, nicht auf ein anderes Unternehmen. Die Klägerin hat - wie bereits ausgeführt - keine tatsächlichen Umstände dafür vorgetragen, dass der Beklagte mit der D W GmbH zu irgendeinem Zeitpunkt einen Gemeinschaftsbetrieb führte.

65

(2) Die Klägerin hat zudem nicht behauptet, der Beklagte habe noch zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung weniger schutzwürdige Arbeitnehmer beschäftigt.

66

(a) Sie meint, maßgeblicher Zeitpunkt der zu treffenden Sozialauswahl sei der Zeitpunkt der Schließung der Filialen am 1. Juli 2009 oder 31. August 2009 gewesen. Dabei übersieht sie, dass maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Rechtswirksamkeit der Kündigung ihr Zugang ist.

67

(b) Dass andere Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin von der D W GmbH oder ihrer Rechtsnachfolgerin beschäftigt werden, ist darauf zurückzuführen, dass deren Arbeitsverhältnisse - anders als das der Klägerin - nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übergingen oder die Arbeitnehmer neue Arbeitsverträge schlossen. Nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts betrieb der Beklagte über den 31. August 2009 hinaus keine Filialen mehr, die ursprünglich von der Schuldnerin unterhalten worden waren.

68

B. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Lorenz    

        

    Kammann    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 10. Mai 2011 - 16 Sa 113/11 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung.

2

Der 1971 geborene Kläger war seit Mai 1992 als Kraftfahrzeugmechaniker bei der Rhine Area Labour Support Unit (RALSU) - Royal Logistic Corps (RLC) - der Streitkräfte des Vereinigten Königreichs beschäftigt. Er bezog zuletzt ein durchschnittliches Bruttomonatsgehalt in Höhe von 2.500,00 Euro.

3

Der schriftliche Arbeitsvertrag nahm den Tarifvertrag für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV AL II) in Bezug. Ob die Anwendbarkeit des Tarifvertrags vom 2. Juli 1997 über Rationalisierungs-, Kündigungs- und Einkommensschutz (SchutzTV) einzelvertraglich vereinbart war, ist nicht festgestellt.

4

Bei den britischen Streitkräften trifft eine Abteilung der obersten Dienstbehörde „LEC Support Service“ die Entscheidung, welche Betriebsstätte zu einer Dienststelle bestimmt wird. Diese Dienststellen werden in ein entsprechendes Verzeichnis eingetragen.

5

In einem „Berichtigungs- und Nachtragsbogen zum Arbeitsvertrag“ vom 20. August/13. September 2001 änderten die Arbeitsvertragsparteien die Beschäftigungsdienststelle des Klägers mit Wirkung vom 1. April 2002 von „RALSU“ in „RALSU RLC N“ und den Beschäftigungsort von „Mö“ in „N“. Der Kläger arbeitete seit April 2002 überwiegend in der Kfz-Werkstatt in N, war zeitweise aber auch in Mö eingesetzt.

6

Die Betriebsstätte N wurde wie die Dienststelle Mö von Major J. P. M geleitet. Zwischen den Werkstattbereichen Mö und N fand bei Bedarf ein wechselseitiger Personaleinsatz statt. Die arbeitsrechtlichen Weisungen erfolgten von Mö aus. Die Personalverwaltung für beide Betriebsstätten war personen- und funktionsidentisch. In dem zur Dienststelle Mö gehörenden Werkstattbereich waren acht Kraftfahrzeugmechaniker beschäftigt, die über deutlich geringere Beschäftigungszeiten als der Kläger verfügten. In diesem Bereich waren zwischenzeitlich zudem drei vakante Stellen ausgeschrieben. Die britischen Streitkräfte zogen die Ausschreibungen wieder zurück, weil die Positionen vorerst unbesetzt bleiben sollten. Sie sollten ggf. zu einem späteren Zeitpunkt Mitgliedern der Betriebsvertretung als neue Arbeitsplätze angeboten werden können.

7

Im Rahmen eines „Borona“ genannten Programms entschieden die britischen Streitkräfte, die Kasernen in Mö, Mü und E sukzessive aufzugeben und im Zuge dessen die Kfz-Werkstatt in Niederkrüchten-Elmpt zum 30. September 2011 zu schließen. Die Schließung der Werkstatt erfolgte spätestens im Mai 2011. Reparaturen und Wartungen der in N vorhandenen Fahrzeuge wurden seitdem in der Werkstatt in Mö durchgeführt.

8

Die oberste Dienstbehörde der britischen Streitkräfte in Deutschland - Delegated Military Representative (DMR) - leitete mit Schreiben vom 9. Juli 2010 das Mitwirkungsverfahren bei der Hauptbetriebsvertretung ein. Diese bat die DMR sicherzustellen, dass bei allen Betroffenen eine Kündigungsfrist von zwölf Monaten eingehalten würde. Mit Schreiben vom 4. August 2010 erwiderte die DMR, sie werde, wann immer möglich, versuchen, diese Frist zu gewähren, eine Garantie hierfür könne sie jedoch nicht geben.

9

Mit Schreiben vom 28. September 2010 kündigte die RALSU das Arbeitsverhältnis des Klägers zunächst außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum 30. September 2011. Nachdem sie erklärt hatte, aus der außerordentlichen Kündigung keine Rechte mehr herzuleiten, nahm der Kläger die hiergegen gerichtete Klage zurück.

10

Ebenfalls im September 2010 kündigte die RALSU auch die Arbeitsverhältnisse der übrigen in N beschäftigten Kfz-Mechaniker zum 30. September 2011. Ausgenommen waren die Arbeitsverhältnisse von Mitgliedern der Betriebsvertretung. Auch ein Teil der in N beschäftigten Kfz-Inspektoren erhielt keine Kündigung. Anders als die Kfz-Mechaniker, die die eigentlichen Reparaturarbeiten durchführten, waren die Kfz-Inspektoren dafür zuständig, den Fahrzeugpark zu überprüfen, reparaturbedürftige Fahrzeuge auszusondern, in die Werkstatt zu verbringen, die reparierten Fahrzeuge zu überprüfen und wieder in den Fahrzeugpark einzugliedern. Außerdem oblag ihnen die TÜV-Abnahme der in Großbritannien zugelassenen Privatfahrzeuge von Beschäftigten der Dienststelle.

11

Nach Anhörung der Betriebsvertretung N kündigte die RALSU das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger mit Schreiben vom 25. November 2010 erneut, diesmal ordentlich zum 30. September 2011.

12

Mit seiner rechtzeitig erhobenen Klage hat der Kläger vorgebracht, die Entscheidung der Streitkräfte, die Kfz-Werkstatt in N zu schließen, sei nur unvollständig umgesetzt worden. Zudem könne er auf einem der freien Arbeitsplätze im Werkstattbereich in Mö weiterbeschäftigt werden. Dort seien außerdem eine Stelle als Store-Keeper und Stellen für Wachleute frei gewesen. § 4 Nr. 2d SchutzTV erweitere die Verpflichtung der Streitkräfte, ihn auf einem Arbeitsplatz bei derselben oder einer anderen Beschäftigungsdienststelle zu beschäftigen. Die Streitkräfte müssten deshalb im Kündigungsschutzprozess von sich aus umfassend zu Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten vortragen. Auch die Sozialauswahl sei fehlerhaft. Er sei mit den weniger schutzwürdigen Kfz-Mechanikern der Werkstatt Mö vergleichbar und diesen vorzuziehen. Bei den Betriebsstätten in N und Mö handele es sich um eine einheitliche Dienststelle. Im Übrigen sei die Kündigungsfrist nicht gewahrt. Er werde gegenüber allen anderen Mitarbeitern, die eine Kündigung mit Jahresfrist erhalten hätten, benachteiligt. Der Kläger hat ferner geltend gemacht, die Betriebsvertretung sei unzureichend angehört worden. Der Unterbringungsanspruch nach § 4 SchutzTV sei nicht Gegenstand der Anhörung gewesen.

13

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die ordentliche Kündigung vom 25. November 2010 zum 30. September 2011 sein Ende finden wird.

14

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Kündigung vom 25. November 2010 für wirksam gehalten. Die dieser zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung sei umgesetzt worden. Die ungekündigten Mitglieder der Betriebsvertretung würden im Rahmen der stufenweisen Schließung der Dienststelle zunächst im Arbeitsbereich des Quartiermeisters weiter eingesetzt. Für den Kläger sei kein freier Arbeitsplatz in Mö oder einer anderen Dienststelle vorhanden gewesen. Bei der Betriebsstätte N handele es sich um eine eigenständige Dienststelle. Eine Sozialauswahl habe deshalb nur zwischen den dort Beschäftigten stattfinden können. Die britischen Streitkräfte seien nicht zur Einhaltung einer zwölfmonatigen Kündigungsfrist verpflichtet gewesen. Die zuständige Betriebsvertretung sei ordnungsgemäß angehört worden.

15

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Kündigung vom 25. November 2010 ist wirksam. Sie hat das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 30. September 2011 aufgelöst.

17

A. Die Klage ist zulässig. Die auch noch in der Revisionsinstanz zu überprüfende Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit ist gem. Art. 56 Abs. 8 Satz 1 ZA-NTS(BGBl. II 1961, S. 1218, 1278) gegeben. Der Kläger war ziviler Bediensteter bei den Streitkräften des Vereinigten Königreichs. Die Klage richtet sich gem. Art. 56 Abs. 8 Satz 2 ZA-NTS zu Recht gegen die Bundesrepublik Deutschland, die in Prozessstandschaft für den Entsendestaat - hier das Vereinigte Königreich - auftritt(vgl. BAG 21. Januar 1993 - 2 AZR 309/92 - unter II 1 der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 53 = EzA BGB § 615 Nr. 78).

18

B. Die Klage ist unbegründet.

19

I. Die ordentliche Kündigung war nicht gem. § 8 Nr. 1 SchutzTV ausgeschlossen. Unabhängig davon, ob der SchutzTV auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung fand, waren die Voraussetzungen für den besonderen Kündigungsschutz nach § 8 Nr. 1 SchutzTV nicht erfüllt. Der Kläger hatte im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet.

20

II. Die Kündigung vom 25. November 2010 ist nicht gem. § 1 Abs. 1 KSchG unwirksam.

21

1. Das Kündigungsschutzgesetz findet Anwendung.

22

a) Nach Art. 56 Abs. 1a ZA-NTS gelten für die Beschäftigungsverhältnisse der zivilen Arbeitskräfte bei einer Truppe und einem zivilen Gefolge alle für die zivilen Arbeitnehmer der Bundeswehr maßgeblichen arbeitsrechtlichen Vorschriften, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist.

23

b) Danach ist das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis des Klägers mit den britischen Streitkräften anzuwenden (vgl. BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 163/11 - Rn. 11; 18. Mai 2006 - 2 AZR 245/05 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 157 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 148).

24

2. Die Kündigung vom 25. November 2010 ist sozial gerechtfertigt. Sie ist durch betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt.

25

a) Aufgrund der Schließung der Kfz-Werkstatt in N ist der bisherige Arbeitsplatz des Klägers spätestens zum Kündigungstermin weggefallen.

26

aa) Die Schließung der Werkstatt beruhte auf einer rechtlich zulässigen Organisationsentscheidung der Streitkräfte. Es gehört zum Kern der unternehmerischen Freiheit, die betriebliche Organisation zu gestalten und festzulegen, an welchem Standort welche arbeitstechnischen Zwecke und Ziele verfolgt werden sollen. Der gesetzliche Kündigungsschutz verpflichtet den Arbeitgeber nicht, eine bestimmte betriebliche Organisationsstruktur oder einen konkreten Standort beizubehalten (BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 163/11 - Rn. 18; 12. August 2010 - 2 AZR 558/09 - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 146 = EzA KSchG § 2 Nr. 78). Solche Organisationsentscheidungen können von den Gerichten inhaltlich nicht nachgeprüft werden. Sie sind grundsätzlich als gegeben hinzunehmen und unterliegen lediglich einer Missbrauchskontrolle (BAG 12. August 2010 - 2 AZR 558/09 - aaO; 10. Mai 2007 - 2 AZR 263/06 - Rn. 19, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 155). Für eine beschlossene und durchgeführte Organisationsentscheidung spricht grundsätzlich die Vermutung, dass sie aus sachlichen Gründen erfolgt ist. Daher muss der Arbeitnehmer Umstände darlegen, aus denen sich ergeben soll, dass die erfolgte Strukturänderung offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 163/11 - Rn. 19; 23. April 2008 - 2 AZR 1110/06 - Rn. 18, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 177 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 160).

27

bb) Im Streitfall ist die Kfz-Werkstatt in N im Zuge der Umsetzung des Programms „Borona“ aufgelöst worden. Die Schließung der Werkstatt war bereits Monate vor dem Kündigungstermin Ende September 2011 tatsächlich umgesetzt. Der Umstand, dass bisher am Standort als Kfz-Mechaniker beschäftigte Mitglieder der Betriebsvertretung anderweitig weiterbeschäftigt wurden, spricht nicht dagegen, dass die Werkstatt in N vollständig aufgelöst worden ist. Soweit einige Kfz-Inspektoren keine Kündigung erhielten, waren deren Arbeitsplätze - anders als die der Kfz-Mechaniker - durch die Schließung der Werkstatt nicht entfallen. Die ihnen obliegenden Aufgaben fielen weiterhin an. Für eine willkürliche oder offensichtlich unzulässige Organisationsentscheidung hat der Kläger keine Anhaltspunkte dargelegt.

28

b) Der Kläger konnte nicht auf einem anderen Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden.

29

aa) Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b KSchG ist eine Kündigung auch dann sozial ungerechtfertigt, wenn in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweiges an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann. Auf diese Weise wird der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Kündigungsrecht normativ konkretisiert (BAG 12. August 2010 - 2 AZR 558/09 - Rn. 20, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 146 = EzA KSchG § 2 Nr. 78; 6. Februar 1997 - 2 AZR 50/96 - zu II 2 der Gründe; 15. Dezember 1994 - 2 AZR 320/94 - zu II 1 der Gründe, BAGE 79, 66). Eine Kündigung ist nur dann durch „dringende“ betriebliche Erfordernisse bedingt, wenn der Arbeitgeber keine Möglichkeit hat, den Arbeitnehmer nach Maßgabe des § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b KSchG anderweitig zu beschäftigen (BAG 12. August 2010 - 2 AZR 558/09 - aaO; 23. November 2004 - 2 AZR 38/04 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 112, 361). Die Weiterbeschäftigung muss sowohl dem Arbeitnehmer als auch dem Arbeitgeber objektiv möglich sein. Dies setzt voraus, dass ein Arbeitsplatz zu vergleichbaren (gleichwertigen) oder zu geänderten (schlechteren) Arbeitsbedingungen vorhanden ist. Als „frei” sind grundsätzlich nur solche Arbeitsplätze anzusehen, die zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung unbesetzt sind (BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 24, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 21 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 84; 1. März 2007 - 2 AZR 650/05 - Rn. 24, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 164 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 154 ). Dem steht es gleich, wenn ein Arbeitsplatz bis zum Ablauf der Kündigungsfrist frei wird (BAG 1. März 2007 - 2 AZR 650/05 - aaO ; 2. Februar 2006 - 2 AZR 38/05 - zu II 2 a der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 142 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 144).

30

bb) Für das Fehlen einer anderweitigen Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ist gem. § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig. Dabei gilt eine abgestufte Darlegungslast. Bestreitet der Arbeitnehmer lediglich den Wegfall seines bisherigen Arbeitsplatzes, genügt der Vortrag des Arbeitgebers, wegen der betrieblichen Notwendigkeiten sei eine Weiterbeschäftigung zu den gleichen Bedingungen nicht möglich. Will der Arbeitnehmer vorbringen, es sei eine Beschäftigung an anderer Stelle möglich, obliegt es ihm, darzulegen, wie er sich seine anderweitige Beschäftigung vorstellt. Erst daraufhin muss der Arbeitgeber eingehend erläutern, aus welchen Gründen eine Umsetzung nicht möglich war (BAG 1. März 2007 - 2 AZR 650/05 - Rn. 21, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 164 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 154; 15. August 2002 - 2 AZR 195/01 - zu II 1 c aa der Gründe, BAGE 102, 197 ).

31

cc) Diese gesetzliche Verteilung der Darlegungs- und Beweislast erfährt durch § 4 SchutzTV im Grundsatz keine Änderung(vgl. APS/Dörner/Linck 4. Aufl. § 1 ZA-NTS Rn. 14). Insbesondere müssen die Stationierungsstreitkräfte, die sich darauf berufen, ein anderer geeigneter Arbeitsplatz sei nicht verfügbar gewesen, nicht unabhängig vom Vorbringen des Arbeitnehmers alle denkbaren Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im maßgeblichen Einzugsbereich ausschließen (offen gelassen in BAG 18. Mai 2006 - 2 AZR 245/05 - Rn. 38, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 157 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 148; a.A. für Anhang O zum TV AL II wohl LAG Rheinland-Pfalz 12. Dezember 1997 - 10 Sa 613/97 - , zu II 1 der Gründe; für eine gewisse Erweiterung der Darlegungslast des Arbeitgebers auch Hessisches LAG 28. Juni 2004 - 17 Sa 1257/03 - zu III 2 b cc der Gründe). Dies ergibt die Auslegung der Bestimmung.

32

(1) Aus dem Wortlaut von § 4 SchutzTV und der Systematik des Tarifvertrags lässt sich nicht entnehmen, in seinem Geltungsbereich solle für das Bestehen einer geeigneten Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Kündigungsschutzprozess eine von den allgemeinen Grundsätzen abweichende Verteilung der Darlegungslast gelten. § 4 SchutzTV regelt, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Weise einem vom Verlust des Arbeitsplatzes betroffenen Arbeitnehmer andere geeignete Beschäftigungsmöglichkeiten anzubieten sind. Mit der Verteilung der prozessualen Darlegungs- und Beweislast dafür, ob eine solche Weiterbeschäftigungsmöglichkeit tatsächlich bestanden hat, befasst sich die Bestimmung nicht. Regelungen zum Kündigungsschutz enthält allein § 8 SchutzTV.

33

(2) Aus Sinn und Zweck von § 4 SchutzTV ergibt sich nichts anderes. Die Bestimmung regelt zwar im Einzelnen, wie die Eignung des Arbeitnehmers für verfügbare Arbeitsplätze festzustellen ist (§ 4 Nr. 1 Satz 2 SchutzTV), welche Arbeitsplätze dem betroffenen Arbeitnehmer in welcher Reihenfolge anzubieten sind und welche Folgen es hat, wenn der Arbeitnehmer die Angebote ablehnt (§ 4 Nr. 2 und 3 SchutzTV). Auch die Verfahren zur Ermittlung von Gleichwertigkeit und Zumutbarkeit eines Arbeitsplatzes (§ 4 Nr. 4 SchutzTV) sowie die Voraussetzungen für die Gewährung einer Einarbeitungszeit und deren Dauer (§ 4 Nr. 6 SchutzTV) sind näher bestimmt (vgl. BAG 13. August 2009 - 6 AZR 330/08 - Rn. 21, BAGE 131, 325). Dass dem Arbeitnehmer gem. § 4 Nr. 1 Satz 1 SchutzTV ein verfügbarer oder bis zum Ablauf seiner Kündigungsfrist verfügbar werdender Arbeitsplatz angeboten werden muss, wenn er für ihn geeignet ist, entspricht aber der ohnehin bestehenden Verpflichtung des Arbeitgebers aus § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b KSchG. Für den Streit über deren Einhaltung gelten die dargestellten allgemeinen Grundsätze zur Verteilung der Darlegungslast. Für den Streit über die Erfüllung des in § 4 SchutzTV geregelten, insoweit inhaltsgleichen Unterbringungsanspruchs des Arbeitnehmers bedarf es damit keiner von diesen Grundsätzen abweichenden Verteilung der Darlegungslast. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass § 4 SchutzTV einen im Vergleich zum allgemeinen Verständnis des Begriffs „Einzugsgebiet“ in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b KSchG größeren Umkreis vorsieht, innerhalb dessen verfügbare geeignete Arbeitsplätze anzubieten sind (gem. § 4 Nr. 2d iVm. § 4 Nr. 4d SchutzTV 60 km). Damit ist nicht gesagt, wie im Kündigungsschutzprozess die Darlegungslast abzustufen ist, wenn Streit darüber besteht, ob ein geeigneter Arbeitsplatz - auch im erweiterten Einzugsbereich - tatsächlich verfügbar war.

34

dd) Danach war im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass für den Kläger keine anderweitige Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bestand.

35

(1) Die Beklagte hat geltend gemacht, es sei weder in Mö noch in einer anderen Dienststelle ein freier Arbeitsplatz für den Kläger vorhanden gewesen.

36

(2) Soweit sich der Kläger auf die drei ausgeschriebenen Stellen in der Kfz-Werkstatt in Mö berufen hat, waren diese nicht „frei“. Die britischen Streitkräfte hatten sich bereits vor Ausspruch der Kündigung entschlossen, sie in näherer Zukunft nicht zu besetzen, und die Ausschreibung zurückgezogen. Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dieses Vorgehen sei nicht rechtsmissbräuchlich gewesen. Die Streitkräfte haben dadurch nicht den Eintritt einer für den Kläger positiven Bedingung iSv. § 162 BGB treuwidrig vereitelt.

37

(a) Ein treuwidriges Verhalten des Arbeitgebers liegt vor, wenn er eine freie Stelle anderweitig besetzt, obwohl schon zu diesem Zeitpunkt ein Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit für den später gekündigten Arbeitnehmer absehbar ist (vgl. BAG 24. November 2005 - 2 AZR 514/04 - Rn. 39, AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 43 = EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 51).

38

(b) Damit ist die Entscheidung der britischen Streitkräfte, die fraglichen Stellen vorerst nicht zu besetzen, nicht vergleichbar. In diesem Entschluss lag keine rechtsmissbräuchliche Vereitelung einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Kläger. Die britischen Streitkräfte waren in der Entscheidung, welche Stellen akut besetzt werden sollten, grundsätzlich frei. Nach Art. 56 Abs. 7a Satz 1 ZA-NTS bestimmen allein sie die Zahl und Art der benötigten Arbeitsplätze. Mit Blick auf den besonderen Kündigungsschutz der Mitglieder der Betriebsvertretung nach § 15 Abs. 5 Satz 1 KSchG erscheint die Entscheidung, für diese eine entsprechende Anzahl von Arbeitsplätzen frei zu halten, auch nicht willkürlich.

39

(3) Das Vorbringen des Klägers, er habe in Mö auf einem freien Arbeitsplatz als Store-Keeper oder als Wachmann weiterbeschäftigt werden können, hat das Landesarbeitsgericht zu Recht nach § 67 Abs. 4 Satz 2 ArbGG als verspätet zurückgewiesen.

40

(a) Neue Tatsachen sind nach § 67 Abs. 4 Satz 1 ZPO grundsätzlich in der Berufungsbegründung vorzutragen. Späteres Vorbringen ist nach § 67 Abs. 4 Satz 2 ArbGG nur zuzulassen, wenn es entweder nach der Berufungsbegründung entstandene Tatsachen betrifft oder nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögert oder die Verspätung nicht auf Verschulden der Partei beruht(BAG 23. Juni 2005 - 2 AZR 193/04 - Rn. 16, AP ZPO § 138 Nr. 11 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 12).

41

(b) Ein solcher Ausnahmefall hat hier nach der rechtsfehlerfreien Würdigung des Landesarbeitsgerichts nicht vorgelegen. Danach waren die betreffenden Tatsachen weder erst nach der Berufungsbegründung entstanden, noch war der Kläger unverschuldet an einem rechtzeitigen Vortrag gehindert.

42

(aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe nicht geltend gemacht, erst im Anschluss an die Berufungsbegründung Kenntnis von den nach seinem Vorbringen bereits im Kündigungszeitpunkt freien Stellen erlangt zu haben. Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Zulässige Verfahrensrügen hat der Kläger insoweit nicht erhoben.

43

(bb) Die Berücksichtigung des verspäteten Vortrags hätte zu einer Verzögerung des Rechtsstreits geführt. Dieser hätte nicht im unmittelbaren Anschluss an die mündliche Verhandlung beendet werden können. Es hätte aufgeklärt werden müssen, ob in den entsprechenden Bereichen tatsächlich freie Arbeitsplätze vorhanden waren und für den Kläger in Betracht kamen.

44

(c) Etwas anderes folgt nicht daraus, dass das Landesarbeitsgericht, wie der Kläger rügt, keinen Hinweis dahin erteilt habe, es wolle von der vermeintlich „herrschenden Meinung“ abweichen und mit Blick auf den Unterbringungsanspruch nach § 4 SchutzTV keine andere Verteilung der Darlegungslast für das Bestehen einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit annehmen. Einen solchen Hinweis musste das Gericht nicht erteilen. Der Kläger musste auch ohne ihn damit rechnen, dass es diese Auffassung vertreten könnte. So hatte schon das Arbeitsgericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung desselben Landesarbeitsgerichts zu Anhang O zum TV AL II (vgl. LAG Düsseldorf 13. Dezember 1994 - 3 (17) Sa 1307/94 -) angenommen, die Darlegungslast für Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten werde durch § 4 SchutzTV nicht geändert.

45

(4) Der Kläger hat sich nicht darauf berufen, er habe auf einer der Positionen weiterbeschäftigt werden können, die den nicht gekündigten Kfz-Mechanikern, die Mitglieder der Betriebsvertretung N waren, übertragen wurden. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob die britischen Streitkräfte die Mitglieder der Betriebsvertretung mit Blick auf ihren Sonderkündigungsschutz nach § 15 Abs. 5 Satz 1 KSchG insoweit vorrangig berücksichtigen durften oder ob die fraglichen Beschäftigungsmöglichkeiten nur nach einer Sozialauswahl mit den ebenfalls vom Wegfall ihrer Arbeitsplätze betroffenen Arbeitnehmern hätten vergeben werden dürfen(vgl. zum Erfordernis einer Auswahl entsprechend den Grundsätzen des § 1 Abs. 3 KSchG, wenn zugleich mehrere Arbeitnehmer um eine geringere Anzahl von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten konkurrieren BAG 12. August 2010 - 2 AZR 945/08 - Rn. 40, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 147 = EzA KSchG § 2 Nr. 79). Auf die Frage, ob die fraglichen Beschäftigungsmöglichkeiten in derselben oder in einer anderen Dienststelle bestanden und ob der Sonderkündigungsschutz nach § 15 Abs. 5 Satz 1 KSchG ggf. auch die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung in einer anderen Dienststelle umfasst (vgl. zum Streitstand KR/Etzel 10. Aufl. § 15 KSchG Rn. 93) kommt es damit nicht an. Ebenso wenig ist von Bedeutung, ob der Kläger für den Fall, dass eine Auswahl nach den Grundsätzen des § 1 Abs. 3 KSchG erforderlich gewesen wäre, sozial schutzwürdiger gewesen wäre.

46

c) Die Kündigung vom 25. November 2010 ist nicht deshalb sozial ungerechtfertigt, weil die im Werkstattbereich in Mö beschäftigten Kfz-Mechaniker in die Sozialauswahl hätten einbezogen werden müssen.

47

aa) Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG ist eine Kündigung trotz Vorliegens dringender betrieblicher Erfordernisse iSd. Abs. 2 sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und eine Schwerbehinderung nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. Der Arbeitgeber hat in die Sozialauswahl diejenigen Arbeitnehmer einzubeziehen, die miteinander vergleichbar sind. Vergleichbar sind Arbeitnehmer, die nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen aufgrund ihrer Fähigkeiten und Kenntnisse sowie nach dem Inhalt der von ihnen vertraglich geschuldeten Aufgaben austauschbar sind (BAG 22. März 2012 - 2 AZR 167/11 - Rn. 19, EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 85; 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 41, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 21 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 84).

48

bb) In die Sozialauswahl sind nur die Arbeitnehmer einzubeziehen, die derselben Dienststelle angehören (vgl. BAG 20. Januar 2000 - 2 ABR 19/99 - zu B II 5 b der Gründe, ZTR 2001, 89).

49

(1) Das Kündigungsschutzgesetz ist grundsätzlich auf den Betrieb bezogen, die Sozialauswahl daher auf den Beschäftigungsbetrieb beschränkt (BAG 2. Juni 2005 - 2 AZR 158/04 - zu II 2 der Gründe, BAGE 115, 82; 20. Januar 2000 - 2 ABR 19/99 - zu B II 5 b der Gründe, ZTR 2001, 89). Dem „Betrieb“ im Bereich der privaten Wirtschaft entspricht in der Regel die „Dienststelle“ im Bereich des öffentlichen Dienstes (vgl. BAG 22. September 2005 - 2 AZR 544/04 - zu B II 6 b der Gründe, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 59 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 141; 20. Januar 2000 - 2 ABR 19/99 - aaO; Linck in v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 14. Aufl. § 1 Rn. 709 und § 23 Rn. 12). Dafür spricht ein Vergleich von § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b KSchG mit der Formulierung in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b KSchG. Die organisatorische Einheit des Betriebs findet danach im Rahmen von § 1 KSchG ihre Entsprechung in der Dienststelle.

50

(2) Maßgeblich im Rahmen von § 1 KSchG ist grundsätzlich der personalvertretungsrechtliche Dienststellenbegriff(BAG 20. Januar 2000 - 2 ABR 19/99 - zu B II 5 b der Gründe, ZTR 2001, 89; 23. April 1998 - 2 AZR 489/97 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 88, 287; 25. September 1956 - 3 AZR 102/54 - BAGE 3, 155, 157). Dafür spricht, dass mit dem Bundespersonalvertretungsgesetz 1974 die Regelung zur Weiterbeschäftigungspflicht wortgleich mit § 79 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BPersVG in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b KSchG eingefügt worden ist. Da sich aus den Gesetzesmaterialien nichts anderes ergibt, ist davon auszugehen, dass der Begriff der „Dienststelle“ in beiden Regelungsbereichen die gleiche Bedeutung hat (vgl. KR/Bader 10. Aufl. § 23 KSchG Rn. 29).

51

(3) Gem. Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS iVm. Abs. 1 des Unterzeichnungsprotokolls zu Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS(zuletzt geändert durch Änderungsabkommen vom 23. November 1994, BGBl. II S. 3710, 3712) sind bei den Stationierungsstreitkräften Dienststellen iSd. Personalvertretungsgesetzes die einzelnen Verwaltungsstellen und Betriebe einer Truppe und eines zivilen Gefolges nach näherer Bestimmung durch die betreffende Truppe selbst. Das Unterzeichnungsprotokoll zum ZA-NTS hat Gesetzesqualität. Für seinen Geltungsbereich ist es lex specialis. Auf die den Dienststellenbegriff nach § 6 BPersVG im Allgemeinen kennzeichnenden Merkmale kommt es demnach im Bereich der Stationierungsstreitkräfte nicht an. Dafür spricht auch, dass eine Bestimmung der Dienststellen nach den allgemeinen Maßstäben des § 6 BPersVG wegen der im militärischen Bereich zahlreichen Befehlsebenen nur bedingt möglich wäre. Der von § 6 BPersVG vorausgesetzte Dienststellenaufbau lässt sich auf die Entscheidungsbefugnisse im militärischen Bereich nicht ohne Weiteres übertragen(vgl. BAG 20. Januar 2000 - 2 ABR 19/99 - zu B II 5 c aa der Gründe, ZTR 2001, 89).

52

(4) Auf die organisatorische Einheit der von der Truppe bestimmten Dienststelle ist auch im Rahmen der Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG abzustellen. Die autonome Bestimmung der Dienststellen durch die Entsendestaaten mit Wirkung für das Personalvertretungsrecht ist völkerrechtlich vorgegeben. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass etwa deshalb kündigungsschutzrechtlich im Bereich der Stationierungsstreitkräfte ein vom personalvertretungsrechtlichen abweichender Dienststellenbegriff maßgeblich sein sollte.

53

cc) Danach war die Sozialauswahl nicht auf die im Werkstattbereich in Mö beschäftigten Kfz-Mechaniker zu erstrecken. Dieser Bereich gehörte nach dem Vorbringen der Beklagten nicht zu derselben Dienststelle wie die Kfz-Werkstatt in N. Eine abweichende Bestimmung der Dienststellen durch die britischen Streitkräfte hat der Kläger entgegen § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG nicht dargelegt. Darauf, ob beide Dienststellen denselben Leiter hatten, kommt es ebenso wenig an wie darauf, von wo die arbeitsrechtlichen Weisungen erteilt und in welchem Ausmaß Beschäftigte wechselseitig eingesetzt wurden. Anhaltspunkte für eine willkürliche, etwa zwecks Umgehung der Sozialauswahl beliebig wechselnde Bestimmung der Dienststellen durch die britischen Streitkräfte hat der Kläger nicht vorgetragen.

54

III. Die Kündigung ist nicht mangels ordnungsgemäßer Anhörung der Betriebsvertretung unwirksam.

55

1. Im Bereich des durch das ZA-NTS modifizierten Mitwirkungsverfahrens nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz gelten die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats iSd. § 102 BetrVG entsprechend(BAG 18. Mai 2006 - 2 AZR 245/05 - Rn. 51, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 157 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 148). In Bezug auf anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten reicht es damit aus, dass der Betriebsvertretung mitgeteilt wird, dass solche Möglichkeiten für den Arbeitnehmer nicht bestünden (vgl. BAG 21. September 2000 - 2 AZR 385/99 - zu B IV 2 c der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 111 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 107).

56

2. Danach ist die örtliche Betriebsvertretung mit Schreiben der Dienststellenleitung vom 8. November 2010 in entsprechender Anwendung von § 79 Abs. 1 Satz 1 BPersVG ordnungsgemäß angehört worden. Der Leiter der Dienststelle hat die Betriebsvertretung über die persönlichen Daten des Klägers, die Art der beabsichtigten Kündigung und den Kündigungsgrund informiert. Vom Eintrittsdatum des Klägers hatte die Betriebsvertretung bereits Kenntnis. Eine Mitteilung über die Unterhaltspflichten des Klägers war entbehrlich, weil aus Sicht der britischen Streitkräfte eine Sozialauswahl nicht erforderlich war. Durch die Angabe des Termins, zu dem die Kündigung wirksam werden sollte, war für die Betriebsvertretung ersichtlich, dass selbst die längste tarifvertragliche Kündigungsfrist gewahrt würde. Es bedurfte entgegen der Auffassung des Klägers auch keiner besonderen Hinweise zum Unterbringungsanspruch nach § 4 SchutzTV. Unabhängig davon, ob der SchutzTV auf das Arbeitsverhältnis des Klägers Anwendung fand, ergaben sich mit Blick auf diesen keine Besonderheiten, die über den gesetzlichen Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b KSchG hinausgingen.

57

IV. Die Kündigung vom 25. November 2010 hat das Arbeitsverhältnis zum 30. September 2011 beendet.

58

1. Die Kündigungsfrist des im Arbeitsvertrag in Bezug genommenen § 44 Ziff. 1 b TV AL II von sechs Monaten zum Monatsende ist gewahrt.

59

2. Eine längere Kündigungsfrist war nicht vereinbart.

60

a) Eine solche Vereinbarung ergibt sich nicht aus dem Schreiben der obersten Dienstbehörde der britischen Stationierungsstreitkräfte an die Hauptbetriebsvertretung vom 4. August 2010. Darin haben die Streitkräfte lediglich versichert, sie würden versuchen, eine zwölfmonatige Kündigungsfrist einzuhalten. Eine Garantie könnten sie nicht geben.

61

b) Die Streitkräfte waren nicht aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes zur Wahrung einer zwölfmonatigen Kündigungsfrist verpflichtet.

62

aa) Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleichzubehandeln. Damit verbietet er eine sachfremde Gruppenbildung und die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe. Sachfremd ist eine Differenzierung, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn die Regelung also für eine am Gleichheitsgedanken orientierte Betrachtungsweise als willkürlich anzusehen ist (BAG 27. Juni 2012 - 5 AZR 317/11 - Rn. 17, EzA TVG § 4 Metallindustrie Nr. 148; 21. Oktober 2009 - 10 AZR 664/08 - Rn. 24, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 210 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 21).

63

bb) Der Kläger wurde in Bezug auf den Beendigungstermin nicht anders als die übrigen Arbeitnehmer behandelt. Auch deren Arbeitsverhältnisse kündigten die britischen Streitkräfte zum 30. September 2011. Dies entsprach dem Termin, zu dem die Schließung der Werkstatt erfolgen sollte und damit die Arbeitsplätze der dort beschäftigten Kfz-Mechaniker wegfielen. Soweit die Zeitspannen zwischen Kündigungszugang und Beendigungstermin am 30. September 2011 verschieden lang waren, ist diese Ungleichbehandlung durch den allen Kündigungen gleichermaßen zugrunde liegenden Umstand, dass zu diesem Zeitpunkt die Schließung der Werkstatt in N geplant war, sachlich gerechtfertigt.

64

C. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Rinck    

        

    Rachor    

        

        

        

    F. Löllgen    

        

    Bartz    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 30. August 2012 - 13 Sa 1017/12 - im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, wie es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung.

2

Die Beklagte ist ein Unternehmen der Chemieindustrie. Der Kläger war bei ihr und ihrer Rechtsvorgängerin seit 1987 beschäftigt. Seit März 2006 war er in der Sparte „Material Protection Products“ im Bereich „Wood Protection/Antifouling“ tätig. Er leitete dort zwei mikrobiologische Labore mit insgesamt fünf Mitarbeitern und das technische Marketing „Antifouling“ mit einem Labor, in welchem ihm zwei Mitarbeiter unterstellt waren. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hatte dem Kläger mitgeteilt, sie halte ihn für einen leitenden Angestellten im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG.

3

Im Jahr 2009 beschloss die Beklagte eine Restrukturierung der Sparte „Material Protection Products“, die mit dem Wegfall von 27 Stellen verbunden war. Die drei Labore, in denen der Kläger tätig war, wurden zum 30. November 2009 geschlossen. Die dort verrichteten Tätigkeiten wurden entweder reduziert, an Dritte vergeben oder von anderen Laboren übernommen. Im August und September 2009 schloss die Beklagte mit dem Gesamtbetriebsrat und dem Konzernsprecherausschuss je eine Vereinbarung zur Bildung einer Einheit für Qualifikations-/Einsatz- und Stellenmanagement („QUEST-Center“). Dort sollten Mitarbeiter, deren bisherige Aufgaben entfallen waren, weitergebildet und wenn möglich auf unbefristete Stellen vermittelt werden. In beiden Vereinbarungen heißt es:

        

Präambel

        

Mit dieser [Vereinbarung] wird … im Bedarfsfall je Gesellschaft eine Einheit ‚QUEST-Center‘ … errichtet, um [Personalüberhänge] vermittlungsfördernd weiterzubilden/zu qualifizieren und auf unbefristete Stellen/Dauerarbeitsplätze zu vermitteln.

        

…       

        

… Personalauswahl und Versetzung in das ‚QUEST-Center‘

        

… Wechsel … in das ‚QUEST-Center‘

        

1.    

Soweit eine Personalauswahl innerhalb einer/von einer Strukturmaßnahme betroffenen Einheit … zu treffen ist, obliegt die Auswahl der zu versetzenden Leitenden Angestellten … in alleiniger Zuständigkeit dem Arbeitgeber/[bzw.] erfolgt die Auswahl der freizustellenden Mitarbeiter/innen im Einvernehmen mit dem Betriebsrat am Standort.

                 

…       

        

2.    

Die ausgewählten [Arbeitnehmer] werden aus ihrer bisherigen Einheit in aller Regel zum Zeitpunkt des Entfalls/Wegfalls ihrer Aufgaben/ihres bisherigen Arbeitsplatzes in das ‚QUEST-Center‘ versetzt … /und von dort auf freie Stellen oder in temporäre Einsätze vermittelt. …

        

…       

        
        

4.    

Das Konzept ‚QUEST-Center‘ setzt voraus, dass die in das ‚QUEST-Center‘ versetzten Leitenden Angestellten/Mitarbeiter/innen Zusatzvereinbarungen zu ihrem Arbeitsvertrag abschließen, die die Basis für eine flexible Einsatzmöglichkeit, auch außerhalb der GESELLSCHAFTEN des Konzerns bilden, um Nichteinsätze nach Möglichkeit zu vermeiden.

        

Die Vertragspartner wirken deshalb darauf hin, dass die betroffenen Leitenden Angestellten/Mitarbeiter/innen einer/der Versetzung … in das ‚QUEST-Center‘ und einer Ergänzung ihres Arbeitsvertrags zustimmen. Diese Ergänzung regelt die Pflichten der betroffenen Leitenden Angestellten/Mitarbeiter/innen im Sinne der Zielsetzung des ‚QUEST-Center(s)‘:

                  §

Bereitschaft zur Annahme der im Sinne dieser Vereinbarung zumutbaren Beschäftigungsangebote …,

                  §

Bereitschaft, Zeiten der Nichtbeschäftigung aufgrund fehlender temporärer Beschäftigung bei Bezahlung … (auch Kurzarbeitergeld) zu akzeptieren,

                  §

Verpflichtung zur Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen/Qualifizierungsmaßnahmen zur Verbesserung von Vermittlungschancen,

                  §

Bereitschaft zu eigenen Aktivitäten bei Bewerbungen innerhalb und außerhalb der GESELLSCHAFTEN.

        

…       

        

… Schlussbestimmungen

        

…       

        

Sie [die Vereinbarung] ist bis zum 29. Februar 2012 befristet und entfaltet keine Nachwirkung.

        

Dies gilt nicht für Leitende Angestellte/Mitarbeiter/innen im ‚QUEST-Center‘, die noch keine 24 Monate Zeit zu einer Vermittlung aus dem ‚QUEST-Center‘ hatten/bis zum 29. Februar 2012 noch keine 24 Monate Zeit hatten, über das ‚QUEST-Center‘ vermittelt zu werden. Für diesen Personenkreis haben die Regelungen dieser Vereinbarung Nachwirkung, längstens/maximal aber nur bis zu dem Zeitpunkt, an dem auch für diese [Personen] der maximal 24monatige Vermittlungszeitraum ausgeschöpft wurde.“

4

Mit Schreiben vom 23. September 2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sein Arbeitsplatz entfallen werde, und bot ihm eine Versetzung in das „QUEST-Center“ an. Mit Schreiben vom 27. November 2009 lehnte dieser die Versetzung ab und forderte die Beklagte auf, ihm eine vertragsgemäße Beschäftigung zuzuweisen. Am 30. November 2009 stellte die Beklagte den Kläger von der Arbeitsleistung frei.

5

Mit Schreiben vom 27. Dezember 2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien nach Anhörung des Betriebsrats und des Sprecherausschusses mit Wirkung zum 31. Dezember 2011.

6

Mit seiner rechtzeitig erhobenen Klage hat sich der Kläger gegen die Kündigung gewandt. Er hat gemeint, die Kündigung sei nicht sozial gerechtfertigt. Sein Arbeitsplatz sei nicht weggefallen. Die Beklagte habe die Sozialauswahl fehlerhaft durchgeführt. Der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden. Die Anhörung sei erforderlich gewesen, weil er nicht leitender Angestellter iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG sei. Überdies habe die Beklagte allenfalls eine Änderungskündigung aussprechen dürfen. Das Angebot einer Weiterbeschäftigung im „QUEST-Center“ sei gegenüber der Beendigungskündigung das gebotene mildere Mittel gewesen.

7

Der Kläger hat - soweit für die Revision noch von Belang - beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 27. Dezember 2010 nicht aufgelöst worden ist.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial gerechtfertigt. Der Arbeitsplatz des Klägers sei weggefallen. Eine Sozialauswahl habe sie nicht durchführen müssen. Sie beschäftige keine vergleichbaren Mitarbeiter. Eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit im Unternehmen sei nicht vorhanden. Etwas anderes gelte auch nicht mit Blick auf die im „QUEST-Center“ vorhandenen Stellen. Eine - mit der Möglichkeit der Vermittlung verbundene - „Qualifizierung“ sei keine anderweitige „Beschäftigung“. Sie setze überdies die Freiwilligkeit des Arbeitnehmers voraus. Zu einem Wechsel sei der Kläger nicht bereit gewesen.

9

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist begründet. Auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen durfte das Landesarbeitsgericht die Kündigung nicht als unwirksam ansehen. Die Sache war zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Senat kann den Rechtsstreit nicht abschließend entscheiden. Der relevante Sachverhalt ist noch nicht hinreichend festgestellt (§ 563 Abs. 3 ZPO).

11

I. Die Kündigung ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht wegen des Vorrangs einer Änderungskündigung unwirksam. Die Beklagte musste dem Kläger die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im „QUEST-Center“ nicht anbieten.

12

1. Eine Kündigung ist nur dann iSd. § 1 Abs. 2 KSchG durch „dringende“ betriebliche Erfordernisse „bedingt“, wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich ist, dem bei Ausspruch der Kündigung absehbaren Wegfall des Beschäftigungsbedarfs durch andere Maßnahmen - sei es technischer, organisatorischer oder wirtschaftlicher Art - als durch eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu entsprechen. Die Merkmale der „Dringlichkeit“ und eines „Bedingtseins“ der Kündigung sind Ausdruck des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Er gebietet dem Arbeitgeber, vor einer Beendigungskündigung dem Arbeitnehmer von sich aus eine mögliche anderweitige Beschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz, ggf. zu geänderten (gleichwertigen oder schlechteren) Bedingungen, anzubieten (vgl. BAG 29. August 2013 - 2 AZR 809/12 - Rn. 22; 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 29). Entsprechendes gilt, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist. Diese in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b, Satz 3 KSchG konkretisierte Kündigungsschranke gilt unabhängig davon, ob in dem Betrieb ein Betriebsrat besteht und ob dieser der Kündigung widersprochen hat (BAG 29. August 2013 - 2 AZR 809/12 - aaO; 2. Februar 2006 - 2 AZR 38/05 - Rn. 20 mwN).

13

2. Erfüllt der Arbeitnehmer das Anforderungsprofil der fraglichen Stelle, bedarf es grundsätzlich keiner weitergehenden Prüfung, ob ihm die Tätigkeit zumutbar ist. Das gilt auch dann, wenn deren Zuweisung eine Vertragsänderung erforderlich macht. Eine dann erforderliche Änderungskündigung darf nur in „Extremfällen“ unterbleiben. Wenn dem Arbeitnehmer eine Tätigkeit auf dem freien Arbeitsplatz nicht schlechthin unzumutbar ist, soll grundsätzlich er selbst entscheiden können, ob er eine Weiterbeschäftigung unter veränderten, möglicherweise erheblich schlechteren Arbeitsbedingungen akzeptiert oder nicht (BAG 29. August 2013 - 2 AZR 809/12 - Rn. 23; 23. Februar 2010 - 2 AZR 656/08 - Rn. 57, BAGE 133, 226).

14

3. In Anwendung dieser Grundsätze war die Beklagte nicht verpflichtet, dem Kläger die Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses zu den für die „Beschäftigung“ im „QUEST-Center“ geltenden Bedingungen im Wege der Änderungskündigung anzubieten.

15

a) Unerheblich ist insoweit, ob der Kläger leitender Angestellter iSv. § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG war. Die Möglichkeit eines Wechsels in das „QUEST-Center“ bestand für leitende Angestellte ebenso wie für die Gruppe der übrigen Arbeitnehmer. Die Beklagte hat mit dem Konzernsprecherausschuss und dem Gesamtbetriebsrat im Wesentlichen gleichlautende Regelungen beschlossen. Zwar obliegt gem. III. A. 1. der mit dem Konzernsprecherausschuss getroffenen Vereinbarung die „Auswahl der zu versetzenden leitenden Angestellten“ allein dem Arbeitgeber, während die „Auswahl der freizustellenden Mitarbeiter/innen“, die nicht leitende Angestellte sind, gem. II. A. 1. der Gesamtbetriebsvereinbarung im Einvernehmen mit dem Betriebsrat zu erfolgen hat. Die Beklagte hat jedoch nicht vorgetragen, dass es Gründe gegeben habe, die nach ihren eigenen Auswahlkriterien oder denen des Gesamtbetriebsrats einem Wechsel des Klägers in das Center entgegengestanden hätten.

16

b) Die im „QUEST-Center“ geschaffenen Stellen sind keine „anderen Arbeitsplätze“ iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b, Satz 3 KSchG.

17

aa) Zwar handelt es sich durchaus um „Arbeitsplätze“. Der Begriff der „Arbeit“ ist weit zu verstehen und umfasst auch eine vertraglich vereinbarte Teilnahme an angebotenen Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen (vgl. BAG 24. Januar 2013 - 2 AZR 453/11 - Rn. 17; 9. Mai 2011 - 10 AZB 1/11 - Rn. 19).

18

bb) Die Stellen liegen aber außerhalb des von § 1 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 KSchG gewährleisteten Inhalts- und Bestandsschutzes.

19

(1) Nach den Präambeln beider Vereinbarungen dient die Errichtung der „QUEST-Center“ der Weiterbildung und Vermittlung der dorthin versetzten Mitarbeiter zum Zwecke der „dauerhaften Beschäftigungssicherung“. Um Kündigungen möglichst zu vermeiden, sollen (leitende) Mitarbeiter, deren „Einheit“ von einer „Strukturmaßnahme“ betroffen ist und deren Arbeitsplätze bzw. Aufgaben infolge dieser Maßnahme entfallen sind, in die „QUEST-Center“ versetzt und von dort - soweit möglich - auf freie Stellen oder in temporäre Einsätze vermittelt werden. Dazu müssen sie bereit sein, Zusatzvereinbarungen zu ihren Arbeitsverträgen zu schließen, auf deren Grundlage ein Einsatz auch außerhalb des Unternehmens ihres jeweiligen Vertragsarbeitgebers und anderer Konzerngesellschaften zulässig wird, um damit „Nichteinsätze“ möglichst vermeiden zu können. Ohne dass es darauf ankäme, ob sämtliche Voraussetzungen des § 111 Abs. 3 SGB III erfüllt sind, haben die „QUEST-Center“ zumindest eine deutliche Nähe zu „betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheiten“ im Sinne der Bestimmung.

20

(2) Damit handelt es sich bei diesen Stellen nicht um freie Arbeitsplätze iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG und des in ihm zum Ausdruck kommenden kündigungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprinzips.

21

(a) Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG kann ein Arbeitnehmer, dessen bisheriger Arbeitsplatz weggefallen ist, seine Weiterbeschäftigung verlangen, wenn ein anderer Arbeitsplatz zu vergleichbaren oder schlechteren Bedingungen vorhanden und frei ist und er das betreffende Anforderungsprofil erfüllt. Zwar kann der Arbeitgeber nach § 1 Abs. 2 Satz 3 KSchG gehalten sein, dem Arbeitnehmer insoweit zumutbare Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen anzubieten. Das setzt aber voraus, dass im Kündigungszeitpunkt feststeht oder mit hinreichender Sicherheit absehbar ist, dass nach Abschluss der Maßnahme ein geeigneter freier Arbeitsplatz im Unternehmen vorhanden sein wird (BAG 7. Februar 1991 - 2 AZR 205/90 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 67, 198). Dagegen ist der Arbeitgeber nach den gesetzlichen Vorgaben nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer allein zum Zwecke der Qualifikation weiter zu beschäftigen, ohne dass ein geeigneter Arbeitsplatz im Betrieb oder Unternehmen (absehbar) alsbald frei würde.

22

(b) So liegt der Fall hier. Die im „QUEST-Center“ geschaffenen Stellen wurden Arbeitnehmern angeboten, für die - aus Sicht des Arbeitgebers bzw. der Betriebsparteien - nach Wegfall ihrer bisherigen Aufgaben ein anderweitiger Arbeitsplatz im Unternehmen nicht oder nicht absehbar zur Verfügung stand. Die Stellen dienten ausschließlich der Qualifizierung und der Vermittlung an andere Unternehmen innerhalb und außerhalb des Konzerns. Es handelte sich damit nicht um freie Arbeitsplätze iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2, Satz 3 KSchG. Die Beklagte war kündigungsrechtlich nicht verpflichtet, dem Kläger eine dieser Stellen zur Vermeidung einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Wege der Änderungskündigung anzubieten.

23

(c) Im Streitfall kommt hinzu, dass die im Rahmen des „QUEST-Center“ geschaffenen Qualifizierungsmöglichkeiten einen einvernehmlichen und vorbehaltlosen Wechsel der Arbeitnehmer erforderten. Das „Center“ diente der möglichst zügigen Vermittlung der Arbeitnehmer auf unbefristete Arbeitsplätze bei einem anderen Arbeitgeber. Diese erfolgte in der Regel durch Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit dem bisherigen bei gleichzeitigem Abschluss eines Arbeitsvertrags mit dem neuen Arbeitgeber. Hätte ein Arbeitnehmer das Angebot auf Wechsel in das „QUEST-Center“ unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung annehmen und Änderungsschutzklage erheben können, würde er - solange über diese noch nicht rechtskräftig entschieden wäre - häufig nicht bereit gewesen sein, sein bisheriges Arbeitsverhältnis zugunsten eines neuen endgültig aufzugeben. Der Zweck eines Wechsels in das „QUEST-Center“ wäre damit in Frage gestellt worden. Zudem hatten die kollektivrechtlichen Vereinbarungen eine bis zum 29. Februar 2012 begrenzte Laufzeit. Das Angebot von „Arbeitsplätzen“, die nur in beschränkter Zahl vorhanden und lediglich für eine begrenzte Zeit überhaupt vorgesehen sind, verträgt sich nicht mit der Rechtsunsicherheit, die mit einer Änderungskündigung verbunden ist. Würde sich im Falle einer Annahme das Angebot unter dem Vorbehalt seiner sozialen Rechtfertigung - uU nach mehrjähriger Prozessdauer - herausstellen, dass die Kündigung sozial nicht gerechtfertigt ist, hätte der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses zu den bisherigen Bedingungen. Anderen Arbeitnehmern wäre während der Prozessdauer die Teilnahme an den Qualifizierungsmaßnahmen verwehrt gewesen und nach Prozessende wegen Zeitablaufs voraussichtlich endgültig verwehrt. Auch dies liefe dem Ziel der Vermittlung einer möglichst großen Anzahl von Arbeitnehmern und dem effektiven Einsatz der zur Verfügung gestellten personellen und finanziellen Mittel zuwider.

24

cc) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts enthalten die Gesamtbetriebsvereinbarung und die Vereinbarung mit dem Konzernsprecherausschuss keine Erweiterung des gesetzlich vorgesehenen Kündigungsschutzes. Für die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe sich „über das gesetzliche Maß hinaus kollektivrechtlich“ zum Angebot einer „Versetzung in das QUEST-Center“ - mit der vereinbarten Folge einer Unwirksamkeit der Kündigung bei Ausbleiben eines solchen Angebots - verpflichtet, gibt es keine ausreichende Grundlage.

25

(1) Zum einen ist nicht erkennbar, dass die Beklagte die vom Landesarbeitsgericht angenommene Verpflichtung eingegangen wäre. Für dessen Auffassung, aus den Schlussbestimmungen der „QUEST-Vereinbarungen“ folge, dass die Beklagte „trotz Wegfall einer Beschäftigungsmöglichkeit nicht sofort kündigen [dürfe], sondern zunächst mindestens 24 Monate lang eine neue Beschäftigungsmöglichkeit suchen [müsse]“, geben diese Bestimmungen nichts her. Sie handeln von der Nachwirkung der zuvor getroffenen kollektiven Regelungen, nicht von deren Inhalt. Diesen ggf. nachwirkenden Regelungen wiederum ist der ihnen vom Landesarbeitsgericht beigemessene Inhalt nicht zu entnehmen. Die Beklagte hat sich nicht verpflichtet, ausnahmslos jedem Mitarbeiter eine Stelle im „QUEST-Center“ anzubieten und ggf. bis zur Dauer von 24 Monaten zu versuchen, ihn von dort aus zu vermitteln. Im Übrigen hat sie gerade dem Kläger ein solches Angebot durchaus unterbreitet. Er hat es abgelehnt.

26

(2) Zum anderen ist nicht erkennbar, dass nach den getroffenen kollektiven Vereinbarungen ein Verstoß der Beklagten gegen ihre vermeintliche Verpflichtung, sich ggf. zwei Jahre lang um Vermittlung zu bemühen, zur Unwirksamkeit einer „vorzeitig“ ausgesprochenen Kündigung führen sollte. Die Erweiterung des gesetzlichen Kündigungsschutzes durch eine Betriebsvereinbarung setzt aus Gründen der Rechtssicherheit voraus, dass sich aus der Regelung als solcher die Drittwirkung zugunsten der betroffenen Arbeitnehmer und deren Voraussetzungen klar ablesen lassen. Gesetzliche Normen etwa, aus denen sich die Unwirksamkeit von Kündigungen ergeben soll, erfüllen diese Voraussetzungen. So bestimmen § 1 Abs. 1 KSchG und § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG, dass eine Kündigung unter bestimmten Voraussetzungen „unwirksam“ ist. Diese und ähnliche Formulierungen lassen über die Folgen eines Verstoßes gegen die Norm für die Wirksamkeit der Kündigung keinen Zweifel. Legen die Betriebsparteien stattdessen etwa lediglich „Rahmenregelungen“ für die „Zulässigkeit“ von Kündigungen fest, wird nicht hinreichend deutlich, dass ein Verstoß gegen sie zur Unwirksamkeit der Kündigung führen solle (vgl. dazu BAG 17. März 2005 - 2 AZR 4/04 - zu B I 1 der Gründe). Umso mehr gilt dies, wenn - wie hier - die Kollektivvereinbarungen selbst im weitesten Sinne Kündigungsvoraussetzungen gar nicht regeln.

27

II. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Der Senat kann nicht abschließend beurteilen, ob die Kündigung vom 27. Dezember 2010 sozial gerechtfertigt ist. Das Landesarbeitsgericht hat nicht geprüft, ob der Arbeitsplatz des Klägers weggefallen ist, ob die Beklagte eine Sozialauswahl hat durchführen müssen und ob diese ggf. zutreffend durchgeführt worden ist. Ebenso wenig hat es geprüft, ob der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört wurde oder es einer Anhörung nicht bedurfte, weil der Kläger - wie die Beklagte vorgebracht hat - leitender Angestellter war. Dies wird es nachzuholen haben.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rinck    

        

        

        

    Krichel    

        

    Pitsch    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 9. Dezember 2011 - 10 Sa 438/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung.

2

Die Beklagte betreibt gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung. In ihrer Niederlassung Frankfurt am Main beschäftigte sie zuletzt mehr als 100 Arbeitnehmer. Die Niederlassung hatte zwei Kunden, die K (K GmbH) und die L AG (L AG). Im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag mit der K GmbH war geregelt, dass die Beklagte dieser ab Juli 2010 unbefristet bis zu 150 Arbeitnehmer als Hilfskräfte überlasse. In der Rahmenvereinbarung mit der L AG war bestimmt, dass auf deren Verlangen Mitarbeiter unter bestimmten Voraussetzungen auszutauschen seien und unabhängig davon ein Austausch nur im Einvernehmen mit ihr vorgenommen werden könne.

3

Der Kläger war bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin seit Oktober 2004 für ein durchschnittliches Bruttomonatsentgelt in Höhe von zuletzt 1.500,00 Euro als Hilfskraft beschäftigt. Er war der K GmbH als Flugzeugreiniger überlassen und dort seit Juli 2010 als Vorarbeiter eingesetzt.

4

Ende September 2010 erklärte ein Mitarbeiter der K GmbH gegenüber dem Niederlassungsleiter der Beklagten, man benötige - ua. - den Kläger nicht mehr und melde ihn zum 8. Oktober 2010 ab. Mit Schreiben vom 30. September 2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31. Dezember 2010. Die K GmbH bestätigte die Abmeldung mit E-Mail vom 7. Oktober 2010. In der Folgezeit fragte die Beklagte bei der L AG an, ob bei ihr ein Einsatz des Klägers in Betracht komme. Die L AG teilte mit, eine Umsetzung sei nicht durchführbar.

5

Gegen die Kündigung hat der Kläger rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat gemeint, es fehle an einem dringenden betrieblichen Erfordernis für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Auftrag über die Überlassung von 150 Arbeitnehmern an die K GmbH bestehe nach wie vor. Diese habe zum 1. Januar 2011 Neuaufträge gewonnen. Außerdem habe die Beklagte keine Sozialauswahl vorgenommen, insbesondere habe sie ihn nicht mit den weiterhin der K GmbH überlassenen Arbeitnehmern verglichen. Er sei schutzwürdiger als die von der Beklagten benannten ungekündigten Arbeitnehmer. Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe nur die Arbeitsverhältnisse derjenigen Arbeitnehmer gekündigt, die eine Betriebsratswahl initiiert hätten. Die Initiatoren seien ihr namentlich bekannt gewesen.

6

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 30. September 2010 aufgelöst worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Flugzeugreiniger im Betrieb Frankfurter Flughafen weiter zu beschäftigen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei unter allen rechtlichen Gesichtspunkten wirksam. Ihre Geschäftsführerin habe im September 2010 die Entscheidung getroffen, die Arbeitsverhältnisse mit den von der K GmbH namentlich abgemeldeten Arbeitnehmern zu kündigen. Die K GmbH habe den Kläger abgemeldet, weil kein Beschäftigungsbedarf mehr für ihn vorhanden gewesen sei. Bei ihr, der Beklagten, habe infolgedessen nicht nur eine kurzfristige Auftragslücke vorgelegen. Sie habe weder neue Arbeitnehmer eingestellt noch neue Kunden anwerben können. Die Kündigungsentscheidung erweise sich damit auch im Nachhinein als richtig. An anderen Standorten sei kein Arbeitsplatz frei gewesen. Eine Sozialauswahl sei nicht erforderlich gewesen. Sie sei an die Wünsche der K GmbH und der L AG gebunden, bei Nichtbefolgung drohe ein Auftragsverlust. Vorsorglich hat die Beklagte die Sozialdaten von neun Arbeitnehmern angegeben, die mit dem Kläger vergleichbar und weiterhin der K GmbH überlassen seien. Die Beklagte hat bestritten, dass die Kündigung in einem Zusammenhang mit der geplanten Betriebsratswahl stehe. Sie habe nicht gewusst, wer für die Wahl kandidieren werde.

8

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigung vom 30. September 2010 zu Recht als sozial ungerechtfertigt angesehen (I.). Der Weiterbeschäftigungsantrag fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an (II.).

10

I. Die Kündigung hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst. Sie ist jedenfalls wegen fehlerhafter Sozialauswahl sozial ungerechtfertigt iSd. § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG. Ob die Beklagte hinreichend dargelegt hat, dass im Zeitpunkt der Kündigung eine Einsatzmöglichkeit für den Kläger auf Dauer nicht mehr bestand (zu den Anforderungen an die Darlegung des Kündigungsgrundes bei Wegfall der Einsatzmöglichkeit eines Leiharbeitnehmers, vgl. BAG 18. Mai 2006 - 2 AZR 412/05 - Rn. 18), bedarf keiner Entscheidung.

11

1. Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG ist eine Kündigung trotz Vorliegens dringender betrieblicher Erfordernisse iSd. Abs. 2 der Bestimmung sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer von dessen Betriebszugehörigkeit, dessen Lebensalter, mögliche Unterhaltspflichten und ggf. eine Schwerbehinderung nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat.

12

a) Der Arbeitgeber hat in die Sozialauswahl diejenigen Arbeitnehmer einzubeziehen, die objektiv miteinander vergleichbar sind. Vergleichbar sind Arbeitnehmer, die - bezogen auf die Merkmale des Arbeitsplatzes - sowohl aufgrund ihrer Fähigkeiten und Kenntnisse als auch nach dem Inhalt der von ihnen vertraglich geschuldeten Aufgaben austauschbar sind (st. Rspr., vgl. BAG 22. März 2012 - 2 AZR 167/11 - Rn. 19; 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10  - Rn. 41). Dies ist nicht nur bei identischen Arbeitsplätzen der Fall, sondern auch dann, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seiner Tätigkeit und Ausbildung die zwar andere, aber gleichwertige Tätigkeit ausüben kann (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 420/09 - Rn. 31). An einer Vergleichbarkeit fehlt es, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aus Rechtsgründen nicht einseitig auf den fraglichen anderen Arbeitsplatz um- oder versetzen kann ( BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 420/09 - aaO; 2. März 2006 - 2 AZR 23/05 - Rn. 13). Die Sozialauswahl ist auf Arbeitnehmer desselben Betriebs beschränkt (BAG 2. Juni 2005 - 2 AZR 158/04 - zu II 2 der Gründe, BAGE 115, 82, 85; 15. Dezember 2005 - 6 AZR 199/05 -).

13

b) Dem Arbeitgeber steht bei der Gewichtung der in § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG angeführten sozialen Grunddaten ein Wertungsspielraum zu. Dieser ist auch dann zu beachten, wenn er eine Sozialauswahl zunächst für entbehrlich gehalten hat (BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 476/10 - Rn. 48; 10. Juni 2010 - 2 AZR 420/09 - Rn. 19 ). Auch wenn eine Sozialauswahl gar nicht oder methodisch fehlerhaft durchgeführt wurde, ist die Kündigung nicht aus diesem Grund unwirksam, wenn mit der Person des Gekündigten gleichwohl - und sei es zufällig - eine objektiv vertretbare Auswahl getroffen wurde. Der Arbeitgeber braucht nicht die „bestmögliche“ Sozialauswahl vorgenommen zu haben. Der ihm einzuräumende Wertungsspielraum führt dazu, dass sich nur deutlich schutzwürdigere Arbeitnehmer mit Erfolg auf einen Auswahlfehler berufen können (BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 476/10 - aaO ; 2. Juni 2005 - 2 AZR 480/04 - Rn. 38, BAGE 115, 92).

14

c) Die Darlegungs- und Beweislast für die Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl trägt gem. § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG der Arbeitnehmer.

15

2. Die Regelungen zur Sozialauswahl können weder durch einzelvertragliche noch durch kollektivrechtliche Vereinbarung abbedungen werden, auch nicht zugunsten einzelner Arbeitnehmer. Eine solche Regelung würde sich zu Lasten anderer Arbeitnehmer auswirken (BAG 2. Juni 2005 - 2 AZR 480/04 - Rn. 34, BAGE 115, 92). § 1 Abs. 3 KSchG steht aber solchen Verschlechterungen der kündigungsrechtlichen Position eines Arbeitnehmers nicht entgegen, die sich aus einer zulässigen vertraglichen Gestaltung von Arbeitsbedingungen mit anderen Arbeitnehmern ergeben. Allerdings darf die betreffende Vertragsgestaltung nicht rechtsmissbräuchlich sein und allein Vorteile bei der Sozialauswahl bezwecken (vgl. zur Anrechnung einer an sich nicht anrechnungsfähigen früheren Beschäftigungszeit durch einzelvertragliche Vereinbarung, BAG 2. Juni 2005 - 2 AZR 480/04 - aaO).

16

3. Danach hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen, die Beklagte habe soziale Gesichtspunkte bei der Auswahl des Klägers iSv. § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG nicht ausreichend berücksichtigt. Es hat dabei die Darlegungslast des Klägers nicht verkannt. Dieser hat geltend gemacht, die Beklagte habe eine Sozialauswahl zumindest unter Einbeziehung der von ihr benannten neun weiterhin bei der K GmbH eingesetzten Arbeitnehmer durchführen müssen. Tatsächlich war er sozial deutlich schutzwürdiger als zumindest drei dieser Arbeitnehmer. Entgegen der Auffassung der Beklagten waren diese nicht deshalb nicht in die Sozialauswahl einzubeziehen, weil es wegen der „Abmeldung“ des Klägers durch die K GmbH an der erforderlichen Austauschbarkeit gefehlt hätte.

17

a) Das Landesarbeitsgericht hat in diesem Zusammenhang angenommen, es bestehe bereits eine Vermutung dafür, dass die Beklagte soziale Gesichtspunkte bei der Auswahl des Klägers nicht ausreichend berücksichtigt habe. Sie gründe sich darauf, dass die Beklagte den überwiegenden Teil der Belegschaft aus betriebstechnischen Gründen generell von der Auswahl ausgenommen habe. Diese Annahme ist nicht berechtigt. Die für sie als Beleg genommene Entscheidung des Senats (BAG 5. Dezember 2002 - 2 AZR 697/01 - BAGE 104, 138) betrifft nicht die Regelung des § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG, sondern die Ausnahmeregelung des § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG. Für § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG gilt eine solche Vermutung nicht.

18

b) Die Beklagte hat soziale Gesichtspunkte iSv. § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG deshalb nicht ausreichend berücksichtigt, weil sie zumindest drei der mit dem Kläger vergleichbaren und im Verhältnis zu ihm - im Kündigungszeitpunkt 42 Jahre alt, verheiratet, beschäftigt seit 1. Oktober 2004 - sozial deutlich weniger schutzwürdigen Arbeitnehmer nicht gekündigt hat. Dies gilt für den Arbeitnehmer K - 32 Jahre alt, verheiratet, beschäftigt seit 27. Juli 2010 - sowie für die Arbeitnehmerinnen T - 27 Jahre alt, verheiratet, beschäftigt seit 12. Januar 2010 - und S - 30 Jahre alt, ledig, beschäftigt seit 1. April 2010. Es bedarf keiner Entscheidung, ob sich die Beklagte darauf berufen könnte, der Kläger hätte auch unter Einbeziehung dieser Arbeitnehmer zur Kündigung angestanden. Sie hat nicht dargelegt, dass mindestens drei der gekündigten Arbeitnehmer sozial schutzwürdiger gewesen seien als er (vgl. zur Aufgabe der sog. Dominotheorie bei Sozialauswahl nach einem Punktesystem, BAG 9. November 2006 - 2 AZR 812/05 - BAGE 120, 137). Das ergibt sich auch nicht aus den von ihr mitgeteilten Sozialdaten der gekündigten Arbeitnehmer. Damit ist davon auszugehen, dass sich eine Berücksichtigung der weniger schutzbedürftigen, nicht gekündigten Arbeitnehmer(innen) bei der Sozialauswahl zugunsten des Klägers ausgewirkt hätte.

19

c) Einer Einbeziehung dieser Arbeitnehmer in die Sozialauswahl stand nicht entgegen, dass sie nicht demselben Betrieb angehört hätten wie der Kläger. Unabhängig davon, ob überlassene Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb bei der Berechnung der Betriebsgröße nach § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG zu berücksichtigen sein können(vgl. dazu BAG 24. Januar 2013 - 2 AZR 140/12 -), bleiben sie während der Zeit ihrer Arbeitsleistung beim Entleiher jedenfalls auch Angehörige des Betriebs des Verleihers. Für die betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung stellt § 14 Abs. 1 AÜG dies klar. Für die Sozialauswahl gilt nichts anderes. Ein Betrieb ist die organisatorische Einheit, innerhalb derer der Arbeitgeber allein oder mit seinen Arbeitnehmern durch Einsatz technischer und immaterieller Mittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt, die sich nicht in der Befriedigung von Eigenbedarf erschöpfen (BAG 15. März 2001 - 2 AZR 151/00 - Rn. 18; 21. Juni 1995 - 2 AZR 693/94 - Rn. 36). Da mit und in einem Betrieb mehrere Zwecke verfolgt werden können, ist in erster Linie auf die Einheit der Organisation, nicht auf die Einheit der arbeitstechnischen Zweckbestimmung abzustellen. Erforderlich ist ein Leitungsapparat, um insbesondere in personellen und sozialen Angelegenheiten wesentliche Entscheidungen selbständig treffen zu können (BAG 15. März 2001 - 2 AZR 151/00 - aaO; 23. September 1982 - 6 ABR 42/81 - BAGE 40, 163, 165 f.). Zum Betrieb des Verleihers gehören damit alle unter einer einheitlichen Leitung zusammengefassten, zu dem Zweck ihrer Überlassung an Dritte beschäftigten Arbeitnehmer. Der Betrieb umfasst nicht nur die einsatzfreien, sondern auch die im Einsatz befindlichen Arbeitnehmer.

20

d) Der Einbeziehung der nach sonstigen arbeitsplatzbezogenen Kriterien mit dem Kläger vergleichbaren Arbeitnehmer stand ebenso wenig entgegen, dass die K GmbH diesen namentlich „abgemeldet“ hatte. Die Beklagte war dadurch nicht gehindert, den Kläger gegen einen der übrigen überlassenen, sozial weniger schutzwürdigen Arbeitnehmer auszutauschen. Ihr Recht zum Austausch war weder durch ihren Vertrag mit der K GmbH, noch nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgeschlossen.

21

aa) Die Hauptleistungspflicht des Verleihers gegenüber dem Entleiher besteht darin, einen arbeitsbereiten, den vertraglich festgelegten Anforderungen entsprechenden Arbeitnehmer für die vereinbarte Dauer zur Verfügung zu stellen. Diese Verpflichtung entspricht regelmäßig einer - wenn auch auf die Auswahl einer Person, nicht einer Sache, gerichteten - „Gattungsschuld“, auf die § 243 BGB entsprechende Anwendung findet(Schüren in Hamann/Schüren AÜG 4. Aufl. Einl. Rn. 320; Thüsing/Thüsing AÜG 3. Aufl. § 12 Rn. 23; Ulber/D. Ulber AÜG 4. Aufl. § 12 Rn. 22). Ohne besondere Abrede ist der Verleiher lediglich verpflichtet, einen iSv. § 243 Abs. 1 BGB fachlich geeigneten, nicht aber einen bestimmten Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen(Schüren in Hamann/Schüren AÜG 4. Aufl. Einl. Rn. 328; Thüsing aaO). Aus dem Charakter der Arbeitnehmerüberlassung als Dauerschuldverhältnis folgt zwar, dass dem Entleiher für die gesamte Laufzeit des Vertrags ein geeigneter Leiharbeitnehmer zur Verfügung stehen muss (Schüren aaO; Ulber/D. Ulber AÜG 4. Aufl. § 12 Rn. 23). Der Verleiher hat aber grundsätzlich das Recht zum Austausch, sofern dem nicht eine Vereinbarung mit dem Entleiher oder sonstige berechtigte Belange des Entleihers - wie etwa eine lange Einarbeitszeit für unternehmensspezifische Aufgaben - entgegenstehen (vgl. Brors in Hamann/Schüren AÜG 4. Aufl. Einl. Rn. 387; Schüren aaO; Thüsing/Thüsing AÜG 3. Aufl. § 12 Rn. 27; Germakowski in Urban-Crell/Germakowski AÜG § 1 Rn. 63). Soweit das Recht des Verleihers zu deren Austausch nicht ausgeschlossen ist, sind daher in die Sozialauswahl im Verleiherbetrieb grundsätzlich auch diejenigen Arbeitnehmer einzubeziehen, die Unternehmen zur Arbeitsleistung auf vergleichbaren Arbeitsplätzen überlassen sind (vgl. Sandmann/Marschall/Schneider AÜG Stand September 2012 Rn. 394).

22

bb) Nach verbreiteter Auffassung im Schrifttum kann die Ersetzungsbefugnis des Verleihers vertraglich oder nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgeschlossen sein (Ulber/D. Ulber AÜG AÜG 4. Aufl. § 12 Rn. 23; Germakowski in Urban-Crell/Germakowski AÜG § 1 Rn. 63; Sandmann/Marschall/Schneider AÜG Stand Mai 2013 Rn. 327; vgl. auch Thüsing/Thüsing AÜG 3. Aufl. § 12 Rn. 27: zwar vertragliche Konkretisierung, nicht aber vertraglicher Ausschluss möglich, allenfalls Ausschluss nach § 242 BGB). Ohne Zustimmung des Entleihers sei der Verleiher in einem solchen Fall nicht zum Austausch eines überlassenen Leiharbeitnehmers berechtigt (Sandmann/Marschall/Schneider AÜG Stand April 2012 Rn. 425; AnwK-ArbR/Böhm 2. Aufl. Bd. 1 § 12 AÜG Rn. 9; Boemke BB 2006, 997, 998; Schüren in Hamann/Schüren AÜG 4. Aufl. Einl. Rn. 329; Thüsing/Thüsing AÜG 3. Aufl. § 12 Rn. 26). Die Überlassung eines anderen Leiharbeitnehmers stelle in diesem Fall keine Vertragserfüllung dar (Boemke BB 2006, aaO). Sei wiederum der Verleiher im Verhältnis zum Entleiher nicht zum Austausch eines überlassenen Arbeitnehmers berechtigt, stehe dies dessen Einbeziehung in eine Sozialauswahl im Verleiherbetrieb entgegen. Ein vertraglicher Ausschluss der Austauschbarkeit wird zum Teil schon dann angenommen, wenn der Entleihvertrag die Überlassung eines bestimmten, namentlich benannten Arbeitnehmers vorsieht (Dahl DB 2003, 1626, 1629; Sandmann/Marschall/Schneider AÜG Stand September 2012 Rn. 394).

23

cc) Ob dem zu folgen ist, kann im Streitfall dahinstehen. Die Beklagte musste die von ihr benannten, weiterhin bei der K GmbH eingesetzten und objektiv vergleichbaren Arbeitnehmer jedenfalls deshalb in die Sozialauswahl mit dem Kläger einbeziehen, weil ihre Austauschbarkeit weder vertraglich noch nach Treu und Glauben ausgeschlossen war. Auf die Befugnis, sie zu ersetzen, hatte die Beklagte nach dem Überlassungsvertrag nicht verzichtet. Die Arbeitnehmer waren dort auch nicht namentlich genannt. Aus dem Umstand, dass die K GmbH ausdrücklich gerade den Kläger „abgemeldet“ hatte, folgt nicht, dass die Beklagte ihn nach Treu und Glauben im Austausch gegen einen der anderen Leiharbeitnehmer bei der K GmbH nicht mehr hätte einsetzen dürfen. Die K GmbH hatte den Kläger nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten nicht deshalb abgemeldet, weil er sich etwa als nicht hinreichend geeignet erwiesen oder sich rechtswidrig verhalten hätte. Grund für die „Abmeldung“ war danach lediglich, dass es für ihn keinen Beschäftigungsbedarf mehr gab. Daraus lässt sich nicht schließen, die K GmbH habe sich gegen einen weiteren Einsatz des Klägers als Person ausgesprochen. Es ist nicht ersichtlich, dass sonstige Umstände diesen Schluss rechtfertigen könnten. Ob ein solcher Wunsch den weiteren Einsatz des Klägers bei der K GmbH tatsächlich hätte ausschließen können, bedarf keiner Entscheidung.

24

dd) Ebenso wenig muss entschieden werden, ob im Einsatz befindliche Arbeitnehmer wegen § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG schon dann nicht in eine Sozialauswahl beim Verleiher einzubeziehen sind, wenn ihr Austausch zwar nicht ausgeschlossen ist, der Entleiher für diesen Fall aber mit einem Auftragsentzug droht. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass trotz ihrer Ersetzungsbefugnis ein Auftragsverlust gedroht habe, wenn sie anstelle des Klägers einen der sozial weniger schutzwürdigen Arbeitnehmer bei der K GmbH abgezogen hätte. Allein aus der namentlichen „Abmeldung“ des Klägers lässt sich dies nicht entnehmen.

25

II. Der Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen. Das Kündigungsschutzverfahren ist rechtskräftig abgeschlossen.

26

III. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Beklagte zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Rinck    

        

    Rachor    

        

        

        

    K. Schierle    

        

    Niebler    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er

1.
in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer,
2.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer,
3.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer
innerhalb von 30 Kalendertagen entläßt. Den Entlassungen stehen andere Beendigungen des Arbeitsverhältnisses gleich, die vom Arbeitgeber veranlaßt werden.

(2) Beabsichtigt der Arbeitgeber, nach Absatz 1 anzeigepflichtige Entlassungen vorzunehmen, hat er dem Betriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen und ihn schriftlich insbesondere zu unterrichten über

1.
die Gründe für die geplanten Entlassungen,
2.
die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer,
3.
die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer,
4.
den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen,
5.
die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer,
6.
die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien.
Arbeitgeber und Betriebsrat haben insbesondere die Möglichkeiten zu beraten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern.

(3) Der Arbeitgeber hat gleichzeitig der Agentur für Arbeit eine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat zuzuleiten; sie muß zumindest die in Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 vorgeschriebenen Angaben enthalten. Die Anzeige nach Absatz 1 ist schriftlich unter Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen zu erstatten. Liegt eine Stellungnahme des Betriebsrats nicht vor, so ist die Anzeige wirksam, wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, daß er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige nach Absatz 2 Satz 1 unterrichtet hat, und er den Stand der Beratungen darlegt. Die Anzeige muß Angaben über den Namen des Arbeitgebers, den Sitz und die Art des Betriebes enthalten, ferner die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden und der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen und die vorgesehenen Kriteren für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer. In der Anzeige sollen ferner im Einvernehmen mit dem Betriebsrat für die Arbeitsvermittlung Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer gemacht werden. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Abschrift der Anzeige zuzuleiten. Der Betriebsrat kann gegenüber der Agentur für Arbeit weitere Stellungnahmen abgeben. Er hat dem Arbeitgeber eine Abschrift der Stellungnahme zuzuleiten.

(3a) Die Auskunfts-, Beratungs- und Anzeigepflichten nach den Absätzen 1 bis 3 gelten auch dann, wenn die Entscheidung über die Entlassungen von einem den Arbeitgeber beherrschenden Unternehmen getroffen wurde. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, daß das für die Entlassungen verantwortliche Unternehmen die notwendigen Auskünfte nicht übermittelt hat.

(4) Das Recht zur fristlosen Entlassung bleibt unberührt. Fristlose Entlassungen werden bei Berechnung der Mindestzahl der Entlassungen nach Absatz 1 nicht mitgerechnet.

(5) Als Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,
2.
in Betrieben einer Personengesamtheit die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen,
3.
Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Personen, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind.

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er

1.
in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer,
2.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer,
3.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer
innerhalb von 30 Kalendertagen entläßt. Den Entlassungen stehen andere Beendigungen des Arbeitsverhältnisses gleich, die vom Arbeitgeber veranlaßt werden.

(2) Beabsichtigt der Arbeitgeber, nach Absatz 1 anzeigepflichtige Entlassungen vorzunehmen, hat er dem Betriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen und ihn schriftlich insbesondere zu unterrichten über

1.
die Gründe für die geplanten Entlassungen,
2.
die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer,
3.
die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer,
4.
den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen,
5.
die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer,
6.
die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien.
Arbeitgeber und Betriebsrat haben insbesondere die Möglichkeiten zu beraten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern.

(3) Der Arbeitgeber hat gleichzeitig der Agentur für Arbeit eine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat zuzuleiten; sie muß zumindest die in Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 vorgeschriebenen Angaben enthalten. Die Anzeige nach Absatz 1 ist schriftlich unter Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen zu erstatten. Liegt eine Stellungnahme des Betriebsrats nicht vor, so ist die Anzeige wirksam, wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, daß er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige nach Absatz 2 Satz 1 unterrichtet hat, und er den Stand der Beratungen darlegt. Die Anzeige muß Angaben über den Namen des Arbeitgebers, den Sitz und die Art des Betriebes enthalten, ferner die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden und der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen und die vorgesehenen Kriteren für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer. In der Anzeige sollen ferner im Einvernehmen mit dem Betriebsrat für die Arbeitsvermittlung Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer gemacht werden. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Abschrift der Anzeige zuzuleiten. Der Betriebsrat kann gegenüber der Agentur für Arbeit weitere Stellungnahmen abgeben. Er hat dem Arbeitgeber eine Abschrift der Stellungnahme zuzuleiten.

(3a) Die Auskunfts-, Beratungs- und Anzeigepflichten nach den Absätzen 1 bis 3 gelten auch dann, wenn die Entscheidung über die Entlassungen von einem den Arbeitgeber beherrschenden Unternehmen getroffen wurde. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, daß das für die Entlassungen verantwortliche Unternehmen die notwendigen Auskünfte nicht übermittelt hat.

(4) Das Recht zur fristlosen Entlassung bleibt unberührt. Fristlose Entlassungen werden bei Berechnung der Mindestzahl der Entlassungen nach Absatz 1 nicht mitgerechnet.

(5) Als Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,
2.
in Betrieben einer Personengesamtheit die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen,
3.
Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Personen, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind.

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten.

(2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 21. November 2012 - 2 Sa 1224/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Tarifentgelterhöhungen.

2

Der 1957 geborene Kläger ist seit dem 1. Januar 1988 bei der Beklagten, die nicht tarifgebunden und deren Mehrheitsgesellschafterin die Stadt M ist, als kaufmännischer Mitarbeiter beschäftigt. Die Beklagte betreibt die Halle M und führt im Interesse der Stadt M und der Gemeinden des M Veranstaltungen aller Art - darunter auch Feste, Märkte, Ausstellungen und Messen - im eigenen und fremden Namen durch.

3

Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der Formulararbeitsvertrag vom 9. Dezember 1987, der ua. regelt:

        

㤠3

        

Herr L erhält eine Vergütung nach BAT IV a.

        

§ 4

        

Die vertragsschließenden Parteien sind sich darüber einig, daß sich sowohl alle übrigen Rechte als auch die Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis nach den Bestimmungen der für die H gültigen Betriebsvereinbarung richten, die somit Grundlage dieses Arbeitsvertrages ist.“

4

In einer Betriebsvereinbarung vom 8. Februar 2001 (im Folgenden BV) heißt es auszugsweise:

        

㤠2

        

Anwendung von Tarifverträgen

        
        

(1)     

Soweit in dieser Vereinbarung keine besonderen Regelungen getroffen sind, werden Bestimmungen der Tarifverträge BAT und BMT-G in der Fassung vom 01.08.2000 sowie NGG in der Fassung vom 01.01.1995 auf die Beschäftigungsverhältnisse wie folgt angewandt:

        
                 

A. Mitarbeiter/innen im Verwaltungs- und gewerblich-technischen Bereich:

        
                 

a)    

Angestellte (BAT)

        
                 

Der § 4 (Arbeitsvertrag, Nebenabreden), § 5 (Probezeit), § 7 (Ärztliche Untersuchung), § 8 (Allgemeine Pflichten), § 9 (Schweigepflicht), § 10 (Belohnungen und Geschenke), § 11 (Nebentätigkeit), § 13 (Personalakten), § 14 (Haftung), § 18 (Arbeitsversäumnis), § 37 (Krankenbezüge), § 38 (Forderungsübergang bei Dritthaftung), § 40 (Beihilfen), § 41 (Sterbegeld), § 42 (Reisekostenvergütung), §§ 47 - 52 (Urlaub, Sonderurlaub, Arbeitsbefreiung), §§ 53 - 61 (Beendigung des Arbeitsverhältnisses), (§ 53 Abs. 3 findet keine Anwendung), §§ 62 - 64 (Übergangsgeld) und § 70 (Ausschlußfristen des Bundesangestellten-Tarifvertrages (BAT)).

        
                 

…       

                 
        

§ 3

        

Regelmäßige Arbeitszeit

        

(1)     

Für die Arbeitszeit der Mitarbeiter/innen im Verwaltungs- und gewerblich-technischen Bereich gelten die §§ 15 bis 16 a BAT bzw. die §§ 14 und 15 BMT-G in der Fassung vom 01.08.2000.“

5

Die Beklagte zahlte dem Kläger bis September 2005 Vergütung nach VergGr. IVa BAT bzw. - nach Bewährungsaufstieg - nach VergGr. III BAT. Dabei vollzog sie die Steigerung der Vergütung nach Lebensaltersstufen und die Tariferhöhungen nach, den Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT allerdings zwei Monate später als tariflich vorgesehen. Außerdem erhält der Kläger eine jährliche Sonderzahlung in Höhe von 80 % des durchschnittlichen Entgelts der Monate Juli bis September. Nach der Tarifsukzession im öffentlichen Dienst des Bundes und der Kommunen zum 1. Oktober 2005 ordnete die Beklagte den Kläger der Entgeltgruppe 11/Stufe 6 TVöD zu. Er erhält seither - unter Einreihung in eine dem Vergleichsentgelt entsprechenden individuellen Endstufe (§ 6 Abs. 4 Satz 1 TVÜ-VKA) - ein Bruttomonatsgehalt von 3.961,66 Euro. Die nach der Tarifsukzession vereinbarten Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst der Kommunen gab die Beklagte nicht mehr weiter.

6

In einem Schreiben vom 21. Februar 2007 teilte die Geschäftsführerin der Beklagten den Beschäftigten mit:

        

„Betriebsvereinbarung

        

Sehr geehrte Damen und Herren,

        

anlässlich des Inkrafttretens des TVöD auf kommunaler Ebene sowie auf Bundesebene am 01.10.2005 sowie anlässlich des Inkrafttretens des Tarifvertrages der Länder in Nordrhein-Westfalen am 01.11.2006 hatte ich angestrebt, die zwischen H und dem Betriebsrat der H bestehende Betriebsvereinbarung vom 08.02.2001 in gemeinsamen Verhandlungen mit dem Betriebsrat zu überarbeiten und auf die neuen tariflichen Bestimmungen anzupassen. In der Vorbereitung dieser Anpassungsmaßnahmen habe ich mich juristisch beraten lassen. Dabei wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass die vor meiner Amtszeit mit dem Betriebsrat geschlossene Betriebsvereinbarung wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam ist. …

        

Ich möchte daher ausdrücklich darauf aufmerksam machen, dass die H GmbH sich an die Betriebsvereinbarung ab sofort nicht mehr gebunden sieht. Sie wird lediglich einstweilen, namentlich bis zur Bekanntgabe einer neuen Regelung, angewendet. Dies geschieht allerdings ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht und ohne Bindungswirkung für die Zukunft und ausschließlich für die Übergangszeit bis zur Bekanntgabe dessen, was zukünftig für den Inhalt der Arbeitsverhältnisse gelten soll.

        

…“    

7

Daraufhin wandte sich der Betriebsrat mit Schreiben vom 10. März 2007 an die Belegschaft wie folgt:

        

„Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

        

wir nehmen Bezug auf das Schreiben von Frau Dr. P vom 21.02.2007. Darin geht die Geschäftsleitung davon aus, dass die am 08.02.2001 geschlossene Betriebsvereinbarung unwirksam sei. Gleichzeitig wird mitgeteilt, dass sich die H GmbH ab sofort nicht mehr an diese Vereinbarung gebunden sieht.

        

Wir als Betriebsrat der H haben in dieser Angelegenheit ebenfalls eine Rechtsauskunft eingeholt. Hier die wichtigsten Aussagen:

        

1.    

Unsere Betriebsvereinbarung vom 08.02.2001 ist weiterhin wirksam.

        

2.    

In unseren Arbeitsverträgen wird regelmäßig auf unsere Betriebsvereinbarung verwiesen. Selbst bei unterstellter Unwirksamkeit bleiben die darin enthaltenen Regelungen rechtsverbindlicher Bestandteil unserer Arbeitsverträge.

        

…“    

        
8

Mit Schreiben vom 27. September 2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten erfolglos, die „Ergebnisse der Tarifeinigung“ vom 27. Februar 2010 auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden.

9

Mit der am 29. Dezember 2010 eingereichten Klage hat der Kläger die Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst der Kommunen in den Jahren 2008 bis 2010 sowie entsprechend erhöhte Jahressonderzahlungen verlangt. Er hat geltend gemacht, § 3 Arbeitsvertrag enthalte eine dynamische Inbezugnahme der Tarifentgelte, die auch die Tarifsukzession im öffentlichen Dienst umfasse. Ausschlussfristen habe er nicht einhalten müssen. Die BV sei nach § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam. Es sei zudem rechtsmissbräuchlich, wenn sich die Beklagte auf eine Ausschlussfrist in einer von ihr selbst für unwirksam gehaltenen Betriebsvereinbarung berufe.

10

Der Kläger hat zuletzt - nach Teilklagerücknahme im Übrigen - sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 10.123,04 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.195,84 Euro seit dem 1. Januar 2009, aus weiteren 3.644,67 Euro seit dem 1. Januar 2010 und aus weiteren 4.282,53 Euro seit dem 1. Januar 2011 zu zahlen.

11

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die vertragliche Vergütungsabrede enthalte keine dynamische Inbezugnahme des TVöD. Zumindest sei ein entsprechendes Entgelt anteilig der Erhöhung der Wochenarbeitszeit im kommunalen öffentlichen Dienst Nordrhein-Westfalens von 38,5 auf 39 Stunden ab Juli 2008 zu kürzen. Zudem seien mögliche Ansprüche des Klägers nach § 70 BAT bzw. § 37 TVöD wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung verfallen. Die entsprechende Regelung der BV gölte trotz deren Unwirksamkeit individualrechtlich fort.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist begründet.

14

I. Die Parteien haben im Arbeitsvertrag vom 9. Dezember 1987 eine dynamische Vergütung vereinbart, die auch die Tarifsukzession im öffentlichen Dienst umfasst. Das ergibt die - ergänzende - Auslegung des § 3 Arbeitsvertrag, wonach der Kläger eine Vergütung „nach BAT IV a“ erhält.

15

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die pauschale Bezugnahme im Arbeitsvertrag auf tarifliche Vergütungsbestimmungen ohne Nennung fester Beträge und ohne Angabe einer konkret nach Datum festgelegten Fassung des in Bezug genommenen Tarifvertrags dynamisch zu verstehen, es sei denn, eindeutige Hinweise sprechen für eine statische Bezugnahme (vgl. BAG 21. August 2013 - 5 AZR 581/11 - Rn. 23 mwN). Hiervon ausgehend haben die Parteien mit § 3 Arbeitsvertrag die Vergütung zeitlich dynamisch, orientiert an der in Bezug genommenen tariflichen Vergütungsgruppe gestaltet, denn an Hinweisen auf eine statische Bezugnahme fehlt es. Das bestätigt die tatsächliche Handhabung der Beklagten, die unstreitig bis zur Tarifsukzession im öffentlichen Dienst die dortigen Tariferhöhungen weitergegeben und sogar tarifliche (Alters-)Stufen- und Bewährungsaufstiege nachvollzogen hat.

16

2. Die Vergütung des Klägers richtet sich seit dem 1. Oktober 2005 nach dem TVöD und dem TVÜ-VKA. Das ergibt eine ergänzende Vertragsauslegung.

17

a) Der Wortlaut des § 3 Arbeitsvertrag trägt eine Erstreckung auf den TVöD nicht. Dieser ist nicht identisch mit dem BAT. Ein Zusatz, dass auch die den „BAT ersetzenden Tarifverträge“ Anwendung finden sollen, fehlt. § 3 Arbeitsvertrag ist damit zeit-, nicht jedoch inhaltsdynamisch ausgestaltet(vgl. BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 15 f.).

18

b) Durch die Tarifsukzession im öffentlichen Dienst ist jedoch nachträglich eine Regelungslücke entstanden, die im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu schließen ist. Da es sich bei § 3 Arbeitsvertrag nach der vom Landesarbeitsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts(vgl. zB BAG 15. Mai 2013 - 10 AZR 325/12 - Rn. 17 mwN) vorgenommenen rechtlichen Wertung, die von der Revision nicht angegriffen wird, um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB) handelt, ist zu fragen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unvollständigkeit ihrer Regelung bekannt gewesen wäre (BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 18 ff., seither st. Rspr.).

19

Dabei ergibt sich aus der dynamischen Ausgestaltung der Vergütungsregelung zum einen der Wille der Parteien, die Vergütung nicht in einer bestimmten Höhe bis zu einer Vertragsänderung festzuschreiben, sondern sie - dynamisch - an der jeweiligen Höhe der Vergütung der Angestellten im öffentlichen Dienst auszurichten. Deshalb hätten die Parteien redlicherweise für den Fall einer Tarifsukzession das dem in der Vergütungsabrede benannten tariflichen Regelungswerk nachfolgende tarifliche Regelungswerk als Bezugsobjekt der Vergütung vereinbart, weil ein „Einfrieren“ der Vergütung auf den Zeitpunkt der Tarifsukzession nicht ihren Interessen entsprach.

20

Zum anderen haben sich die Parteien mit der dynamischen Ausgestaltung der Vergütung für die Zukunft insoweit der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes anvertraut. Die mit der Tarifsukzession verbundene Änderung der Tarifwerke wirkt nicht anders auf die Vergütungsabrede ein als eine (tiefgreifende) inhaltliche Änderung des in der Vergütungsabrede benannten Tarifvertrags. Mit dem Nachvollziehen der Tarifsukzession auf arbeitsvertraglicher Ebene werden die Parteien nicht anders gestellt, als sie stünden, wenn die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes den BAT reformiert und ihm einen neuen Inhalt gegeben hätten.

21

c) Wegen der Aufspaltung der bis zum 30. September 2005 gleichlautenden Regelungen für die Angestellten des öffentlichen Dienstes bei Bund, Ländern und Kommunen ist durch ergänzende Vertragsauslegung weiter zu bestimmen, welche Nachfolgeregelung für die Vergütung des Klägers nach § 3 Arbeitsvertrag maßgebend sein soll. Es ist zu fragen, welches der dem BAT nachfolgenden Tarifwerke die Parteien in Bezug genommen hätten, wenn sie eine Tarifsukzession bedacht hätten. Dies ist der TVöD in der im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geltenden Fassung, weil die Beklagte aufgrund ihrer Mehrheitsgesellschafterin und ihren Aufgaben am ehesten dem öffentlichen Dienst der Kommunen zuzurechnen ist. Dementsprechend hat die Beklagte, die nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband werden könnte, selbst eine Überleitung in die Entgeltgruppen des TVöD nach dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts vom 13. September 2005 (TVÜ-VKA) vorgenommen.

22

3. Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger Anspruch auf die Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst der Kommunen der Jahre 2008 bis 2010. Ebenso ist die von der Beklagten gewährte jährliche Sonderzahlung, die sich am durchschnittlichen Entgelt der Monate Juli bis September orientiert, entsprechend zu berechnen. Dabei ist die Höhe der geltend gemachten Differenzvergütung nach der von der Revision nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellung des Landesarbeitsgerichts in der Berufungsinstanz unstreitig geworden.

23

II. Die Vergütung des Klägers ist nicht wegen der zum 1. Juli 2008 erfolgten Erhöhung der Arbeitszeit im öffentlichen Dienst der Kommunen von 38,5 auf 39 Wochenstunden zu reduzieren.

24

1. Nach der Rechtsprechung des Senats kann sich eine rechnerische Korrektur zum Tabellenentgelt dadurch ergeben, dass sich vertragliche Sonderregelungen, die vor der Tarifsukzession vereinbart wurden, auf die Bestimmung des Vergleichsentgelts zum 1. Oktober 2005 auswirken (BAG 17. November 2011 - 5 AZR 409/10 - Rn. 22). Darum geht es aber im Streitfall nicht. Vielmehr zielt der Einwand der Beklagten darauf ab, das Ergebnis der zum Zeitpunkt der Tarifsukzession im öffentlichen Dienst vorzunehmenden ergänzenden Auslegung der Vergütungsabrede nachträglich wegen einer erst nach der Tarifsukzession erfolgten Arbeitszeitverlängerung im öffentlichen Dienst der Kommunen zu korrigieren. Dafür fehlt die Rechtsgrundlage.

25

Die Parteien haben im Arbeitsvertrag weder eine ausdrückliche Vereinbarung über die Dauer der Arbeitszeit getroffen noch die im öffentlichen Dienst geltende Arbeitszeit dynamisch in Bezug genommen. Es ist deshalb anzunehmen, dass sie - nachdem Anhaltspunkte dafür fehlen, es sei eine der Arbeitszeit enthobene Arbeitspflicht gewollt gewesen - die betriebsübliche Arbeitszeit vereinbarten. Dies entspricht dem Vertragswillen verständiger und redlicher Vertragspartner (BAG 15. Mai 2013 - 10 AZR 325/12 - Rn. 18 ff.). Die betriebsübliche Arbeitszeit betrug vor, bei und nach der Tarifsukzession 38,5 Wochenstunden, die die Beklagte auch unstreitig ihren Dienstplänen zugrunde legte. Insoweit hielt die Beklagte im Streitzeitraum - unbeschadet der möglichen Unwirksamkeit - an § 3 Abs. 1 BV mit seiner statischen Bezugnahme auf die am 1. August 2000 im öffentlichen Dienst der Kommunen geltenden durchschnittlichen Arbeitszeit von 38,5 Wochenstunden (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BAT, § 14 Abs. 1 Satz 1 BMT-G) fest. Der Kläger hat deshalb weiterhin Anspruch auf die Vergütung einer Vollzeitkraft (vgl. BAG 21. August 2013 - 5 AZR 581/11 - Rn. 45). Im Übrigen betrug zu dem maßgeblichen Zeitpunkt der Tarifsukzession auch für Vollzeitbeschäftigte im öffentlichen Dienst der Kommunen die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit im Tarifgebiet West unverändert 38,5 Wochenstunden, § 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b TVöD aF. Erst mit § 4 Nr. 4 des Änderungs-TV Nr. 2 vom 31. März 2008 wurde mit Wirkung vom 1. Juli 2008 die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit im Bereich der VKA allgemein auf 39 Wochenstunden erhöht (vgl. zur Entstehungsgeschichte Sponer/Steinherr Stand Februar 2015 § 6 TVöD Vorbem. 1).

26

2. Von der für den Zeitpunkt der Tarifsukzession im öffentlichen Dienst vorzunehmenden ergänzenden Auslegung der Vergütungsklausel zu trennen ist die Frage, ob die Beklagte berechtigt (gewesen) wäre, die Arbeitszeitverlängerung im Bereich des öffentlichen Dienstes der Kommunen nachzuvollziehen. Das braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn unstreitig hat die Beklagte es im gesamten Streitzeitraum nicht unternommen, die betriebsübliche Arbeitszeit auf 39 Wochenstunden zu verlängern. Solches erfolgte entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch nicht über § 3 Arbeitsvertrag. Diese Klausel bezieht sich nur auf die Vergütung, kann aber nicht andere Tarifbestimmungen des öffentlichen Dienstes zur Anwendung bringen. Denn die Beklagte als Klauselstellerin wollte gerade keine allgemeine Bezugnahme auf die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes, sondern deren - partielle - Anwendung durch Betriebsvereinbarung regeln. Diese - ihre Wirksamkeit unterstellt - enthält lediglich eine statische Bezugnahme auf die Arbeitszeitbestimmungen des BAT und des BMT-G in der am 1. August 2000 geltenden Fassung, nicht jedoch auf solche des TVöD. Weil arbeitsvertraglich die betriebsübliche Arbeitszeit vereinbart ist, kommt auch eine ergänzende Vertragsauslegung zur Dauer der Arbeitszeit nicht in Betracht. Es fehlt an einer Regelungslücke.

27

III. Die streitgegenständlichen Forderungen sind nicht verfallen. Der Kläger musste weder die Ausschlussfrist des § 37 TVöD noch die des § 70 BAT beachten.

28

1. § 37 TVöD findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung. Denn es besteht weder eine beiderseitige Tarifgebundenheit (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG), noch ist die tarifliche Ausschlussfristenregelung arbeitsvertraglich vereinbart oder in Bezug genommen. Auch über § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG ist § 37 TVöD nicht anwendbar. § 2 Abs. 1 BV nimmt lediglich statisch auf § 70 BAT in der am 1. August 2008 geltenden Fassung Bezug und kann sich deshalb nicht auf § 37 TVöD erstrecken. Zudem wäre eine dynamische Bezugnahme auf tarifliche Regelungen in einer Betriebsvereinbarung unwirksam (BAG 23. Juni 1992 - 1 ABR 9/92 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 70, 356; 28. März 2007 - 10 AZR 719/05 - Rn. 34 f.; Fitting BetrVG 27. Aufl. § 77 Rn. 24; Richardi in Richardi BetrVG 14. Aufl. § 77 Rn. 35 - jeweils mwN).

29

2. Der Kläger war nicht gehalten, die Ausschlussfrist des § 70 BAT in der am 1. August 2000 geltenden Fassung zu beachten.

30

a) Dabei kann dahingestellt bleiben, ob sich der Kläger gegenüber der ihn belastenden Regelung einer Ausschlussfrist durch Betriebsvereinbarung nach dem Günstigkeitsprinzip auf das Fehlen einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung berufen könnte (zum Günstigkeitsprinzip als Kollisionsregel: vgl. BAG 14. Januar 2014 - 1 ABR 57/12 - Rn. 21 mwN; Linsenmaier RdA 2014, 336, 338) oder sich der Arbeitsvertrag der Parteien über die Klausel des § 4 als betriebsvereinbarungsoffen erweist mit der Folge, dass er hinsichtlich der Geltung von Ausschlussfristen der Änderung durch Betriebsvereinbarung zugänglich ist(vgl. BAG 5. März 2013 - 1 AZR 417/12 - Rn. 60). Denn jedenfalls ist § 2 Abs. 1 BV, soweit er § 70 BAT in der am 1. August 2000 geltenden Fassung auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung bringen will, unwirksam, § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG.

31

b) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts haben die Betriebsparteien grundsätzlich eine umfassende Kompetenz zur Regelung von materiellen und formellen Arbeitsbedingungen. Sie können durch (freiwillige) Betriebsvereinbarungen Regelungen über den Inhalt, den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen treffen (BAG 5. März 2013 - 1 AZR 417/12 - Rn. 23 mwN; Linsenmaier RdA 2014, 336, 337). Dazu gehören auch Regelungen über Ausschlussfristen (BAG 9. April 1991 - 1 AZR 406/90 - zu II 2 der Gründe, BAGE 67, 377), die die Betriebsparteien nicht selbst formulieren oder aus einem Tarifvertrag abschreiben müssen. Sie verzichten nicht auf ihr Recht und ihre Pflicht, die Arbeitsbedingungen inhaltlich zu gestalten, wenn sie statisch auf einen bestimmten Tarifvertrag verweisen und damit dessen Regelung gleichsam als eigene übernehmen (BAG 23. Juni 1992 - 1 ABR 9/92 - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 70, 356).

32

Die Regelungskompetenz der Betriebsparteien ist jedoch begrenzt durch § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG, der der Sicherung und Stärkung der Tarifautonomie dient(allgA, vgl. nur Linsenmaier RdA 2014, 336, 337 mwN). Materielle und formelle Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können - sofern es sich nicht um Gegenstände der erzwingbaren Mitbestimmung nach § 87 BetrVG handelt - nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dabei hängt die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG nicht von der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers ab(hM, vgl. nur BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - zu B II 2 c ee (1) der Gründe, BAGE 114, 162; Fitting BetrVG 27. Aufl. § 77 Rn. 78; WPK/Preis BetrVG 4. Aufl. § 77 Rn. 66 f. - jeweils mwN zum Streitstand im Schrifttum). Es reicht aus, dass der fragliche Betrieb der betreffenden Branche angehört.

33

c) Nach nicht angegriffener Feststellung des Landesarbeitsgerichts könnte die Beklagte aufgrund der mehrheitlichen Beteiligung der Stadt M Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband werden. Deshalb ist anzunehmen, dass der Betrieb der Beklagten dem öffentlichen Dienst der Kommunen zuzurechnen ist. Dort sind seit Jahrzehnten Ausschlussfristen tariflich geregelt, für Angestellte zunächst in § 70 BAT, nach der Tarifsukzession in § 37 TVöD. § 2 Abs. 1 BV verstößt deshalb zumindest hinsichtlich der Ausschlussfristenregelung gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG und ist unwirksam. Davon geht auch die Revision aus.

34

3. Die Geltung der Ausschlussfristenregelung des § 70 BAT in der Fassung vom 1. August 2008 lässt sich weder über eine Umdeutung der - zumindest insoweit - unwirksamen Betriebsvereinbarung begründen noch aus § 4 Arbeitsvertrag herleiten.

35

a) Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt nach § 140 BGB das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde. Weil eine Betriebsvereinbarung ihrer Rechtsnatur nach ein privatrechtlicher kollektiver Normenvertrag ist (vgl. BAG 13. Februar 2007 - 1 AZR 184/06 - Rn. 37, BAGE 121, 168; Fitting BetrVG 27. Aufl. § 77 Rn. 13; WPK/Preis BetrVG 4. Aufl. § 77 Rn. 7 - jeweils mwN), wird eine Umdeutung der rechtsgeschäftlichen Erklärung des Arbeitgebers, der sich in einer unwirksamen Betriebsvereinbarung zu einer Leistung an die Arbeitnehmer verpflichtet hat, in Betracht gezogen, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, der Arbeitgeber habe sich unabhängig von der Betriebsvereinbarung auf jeden Fall verpflichten wollen, seinen Arbeitnehmern die darin vorgesehenen Leistungen zu gewähren (BAG 23. August 1989 - 5 AZR 391/88 - zu II 2 der Gründe; 29. Oktober 2002 - 1 AZR 573/01 - zu II 1 der Gründe, BAGE 103, 187; Fitting BetrVG 27. Aufl. § 77 Rn. 104 ff. - jeweils mwN). Im Streitfall geht es aber nicht um eine durch Betriebsvereinbarung begründete Leistung des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer, sondern um eine „Ersetzung“ der - gescheiterten - normativen Verpflichtung (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG) der Arbeitnehmer, für die Verhinderung des Untergangs von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis eine tarifliche Ausschlussfristenregelung zu beachten. Für eine individualrechtliche Verpflichtung der nicht als Vertragspartner an einer Betriebsvereinbarung beteiligten Arbeitnehmer fehlt aber den Betriebsparteien die Kompetenz.

36

b) Ob § 4 Arbeitsvertrag nur wiederholt, was sich normativ aus § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG ergibt, oder als Allgemeine Geschäftsbedingung die in Bezug genommenen Betriebsvereinbarungen im Sinne einer eigenständigen Regelung arbeitsvertraglich vereinbart werden, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn nach der Klausel sollen Grundlage des Arbeitsvertrags ausdrücklich nur die „gültigen“ Betriebsvereinbarungen sein, nicht jedoch die unwirksamen. Damit fehlt es an einer auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Ausschlussfristenregelung. Die Vereinbarung einer tariflichen Vergütung kann ohne (allgemeine) Bezugnahmeklausel eine tarifliche Ausschlussfristenregelung nicht zur Anwendung bringen.

37

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Dombrowsky    

        

    Zorn    

                 

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 7. Mai 2014 - 21 Sa 67/13 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen, auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützten Kündigung.

2

Die Beklagte betreut Kunden der G-Gruppe in allen Fragen der Sanitärtechnik. Sie beschäftigt rund 300 Arbeitnehmer. Die Klägerin war bei ihr seit November 2008 - zuletzt als Leiterin „Public & Media Relations“ - mit einer Arbeitszeit von 75 vH einer Vollzeitkraft beschäftigt. Ihre Dienststellung und ihr Aufgabenbereich ergaben sich aus einer Stellenbeschreibung vom 18. Januar 2011.

3

Nach Anhörung des Betriebsrats kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 18. Dezember 2012 zum 31. Januar 2013. Sie begründete dies mit der Entscheidung, den Bereich „Public & Media Relations“ „outzusourcen“.

4

Dagegen hat die Klägerin rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt. Die von der Beklagten behauptete unternehmerische Entscheidung sei nicht in dieser Weise umgesetzt worden. Deshalb sei auch der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden. Außerdem habe die Beklagte ihr eine Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen auf einer Stelle im Bereich „Social Media“ anbieten müssen. Diese Stelle sei im Dezember 2012 - befristet bis zum 31. Dezember 2013 - mit einer anderen Arbeitnehmerin besetzt worden. Die für die Aufgabenerfüllung notwendigen Kenntnisse habe sie, die Klägerin, bei entsprechender Schulung binnen zwei Monaten erwerben können.

5

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 18. Dezember 2012 nicht aufgelöst wurde.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, die Kündigung sei aus dringenden betrieblichen Erfordernissen sozial gerechtfertigt. Sie habe - so ihre Behauptung - im November 2012 die Entscheidung getroffen, die Aufgaben der Klägerin mit Wirkung zum 1. Januar 2013 zum Teil an ein Drittunternehmen zu vergeben und im Übrigen auf andere Mitarbeiter zu verteilen. Die fragliche Stelle im Bereich „Social Media“ habe der Klägerin schon deshalb nicht angeboten werden müssen, weil es sich um einen nur befristet und zudem für eine Vollzeitkraft eingerichteten Arbeitsplatz gehandelt habe. Ihre Entscheidung, diese Stelle nur befristet zur Verfügung zu stellen, sei auch im Rahmen des vorliegenden Kündigungsrechtsstreits beachtlich. Im Kündigungszeitpunkt sei nicht absehbar gewesen, ob für die Stelle ein dauerhafter Bedarf bestehe. Eine Befristung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin nach § 14 Abs. 1 TzBfG sei nicht möglich gewesen. Es habe ihr nur der Weg einer Befristung des Arbeitsvertrags mit einer neu eingestellten Mitarbeiterin gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG offen gestanden. Die Beklagte hat zudem behauptet, die Klägerin habe das Anforderungsprofil für die Stelle nicht erfüllt. Die Tätigkeit setze besondere Kenntnisse und Fähigkeiten im Bereich „Social Media“ und eine besondere Affinität zum Thema voraus. Daran fehle es der Klägerin. Sie sei außerdem nicht in der Lage, mit „Facebook“ und den dazu gehörigen „Werkzeugen“ sowie dem sog. CMS-System und zwei weiteren Programmen sicher umzugehen. Um die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben, sei eine Einarbeitungszeit von mindestens sechs Monaten notwendig gewesen. Sie habe den Betriebsrat ordnungsgemäß unterrichtet. Der Vorgesetzte der Klägerin habe deren Aufgaben betreffend das PR- und Mediabudget in der Tat übernommen, selbst wenn sie teilweise extern vergeben worden seien. Jedenfalls habe sie den Betriebsrat nicht absichtlich über diesen Punkt getäuscht.

7

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte weiterhin, die Klage abzuweisen. In diesem Zusammenhang rügt sie, das Landesarbeitsgericht habe über die von ihm verkündete Entscheidung nicht korrekt beraten.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist begründet. Die Beklagte rügt zu Recht, die angefochtene Entscheidung beruhe auf einer Verletzung von § 193 Abs. 1, § 194 GVG. Dies führt zu ihrer Aufhebung und zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht.

9

I. Das angefochtene Urteil ist entgegen § 193 Abs. 1, § 194 GVG nicht aufgrund geheimer Beratung und Abstimmung der zur Entscheidung berufenen Richter ergangen.

10

1. Aus § 193 Abs. 1 GVG ergibt sich, dass die Entscheidung eines Kollegialgerichts auf einer Beratung und Abstimmung der dazu berufenen Richter beruhen muss. Die einzuhaltende Verfahrensweise bestimmt § 194 GVG.

11

a) Die mündliche Beratung im Beisein sämtlicher beteiligten Richter ist die Regel (BAG 18. Januar 2012 - 7 ABR 72/10 - Rn. 63; BGH 20. April 2012 - LwZR 5/11 - Rn. 8; 24. April 2009 - LwZR 3/08 - Rn. 8; 28. November 2008 - LwZR 4/08 - Rn. 8).

12

b) In geeigneten Fällen kann eine Nachberatung im Wege einer Telefonkonferenz zulässig sein, bei welcher unter der Leitung des Vorsitzenden jeder Teilnehmer von seinem Telefonapparat zeitgleich mit jedem anderen Teilnehmer kommunizieren kann und alle Teilnehmer die gesamte Kommunikation mithören (BGH 29. November 2013 - BLw 4/12 - Rn. 30, 33). Voraussetzung ist, dass alle beteiligten Richter mit dieser Verfahrensweise einverstanden sind und sichergestellt ist, dass jederzeit in eine mündliche Beratung im Beisein aller Richter eingetreten werden kann, falls ein Richter dies wünscht oder ein neuer Gesichtspunkt es erfordert (BGH 29. November 2013 - BLw 4/12 - Rn. 33). Die Telefonkonferenz kann die mündliche Beratung bei gleichzeitiger Anwesenheit aller beteiligten Richter allerdings auch dann nicht ersetzen. Sie kann - wie etwa bei der Beratung über einen nachträglich eingegangenen Schriftsatz - nur neben diese treten (BGH 29. November 2013 - BLw 4/12 - aaO). Die erstmalige Beratung als einzige und eigentliche Grundlage für die Entscheidung in der Hauptsache muss zwingend im Beisein sämtlicher beteiligten Richter stattfinden (so auch BGH 29. November 2013 - BLw 4/12 - aaO). Eine Nachberatung im Wege der Telefonkonferenz kommt damit nur dann in Betracht, wenn über den Streitgegenstand selbst bereits im Beisein aller Richter beraten worden ist.

13

c) Ausnahmsweise kann eine Entscheidung auch in einem Umlaufverfahren, also im Wege einer schriftlichen Beratung und Abstimmung aufgrund eines Entscheidungsentwurfs, ergehen, wenn die beteiligten Richter mit diesem Verfahren einverstanden sind (BAG 18. Januar 2012 - 7 ABR 72/10 - Rn. 63; BGH 20. April 2012 - LwZR 5/11 - Rn. 8; 24. April 2009 - LwZR 3/08 - Rn. 8; 28. November 2008 - LwZR 4/08 - Rn. 8; BSG 11. Februar 2000 - B 2 U 324/99 B -; BVerwG 23. September 1991 - 2 B 99/91 -). Anerkannt ist dies etwa für Beschlüsse nach § 130a VwGO(BVerwG 23. September 1991 - 2 B 99/91 -) und § 153 Abs. 4 SGG(BSG 11. Februar 2000 - B 2 U 324/99 B -).

14

d) Eine Abfrage der Meinungen der zur Entscheidung berufenen Richter in Einzeltelefonaten ist in jedem Fall unzureichend (BGH 29. November 2013 - BLw 4/12 - Rn. 29; 24. April 2009 - LwZR 3/08 - Rn. 8; BSG 27. Mai 1971 - 8 RV 773/70 - zu II der Gründe).

15

2. Danach ist das angefochtene Urteil nicht aufgrund einer geheimen Beratung und Abstimmung iSd. § 193 Abs. 1, § 194 GVG gefällt worden.

16

a) Über den Streitgegenstand selbst hat die Kammer zu keinem Zeitpunkt im Beisein aller Richter beraten.

17

aa) Am Ende der öffentlichen Sitzung vom 26. März 2014 hat das Landesarbeitsgericht beschlossen, der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme zu einem gegnerischen Schriftsatz bis zum 10. April 2014 zu gewähren. Termin zur Verkündung einer Entscheidung werde nach Ablauf der Frist von Amts wegen bestimmt. Dementsprechend hat es vor Fristablauf über die Hauptsache nicht beraten.

18

bb) Dass das Landesarbeitsgericht nicht schon vor Ablauf der gewährten Schriftsatzfrist über den Streitgegenstand selbst entschieden hat, entspricht den prozessualen Vorschriften.

19

(1) Gemäß § 283 Satz 2 ZPO muss eine Erwiderung, die rechtzeitig innerhalb der nachgelassenen Frist erfolgt, bei der Entscheidung berücksichtigt werden. Das „Nachschubrecht“ verlängert den Schluss der mündlichen Verhandlung für das nachgelassene Erwiderungsvorbringen bis zum Ablauf der gewährten Frist (Zöller/Greger ZPO 30. Aufl. § 283 Rn. 1).

20

(2) Anders ist dies bei nicht nachgelassenem, nach Schluss der mündlichen Verhandlung iSv. § 296a ZPO nachgereichtem Vorbringen. Dieses ist lediglich darauf hin zu prüfen, ob es Anlass zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO gibt. Ist in einem solchen Fall das Urteil im Anschluss an die mündliche Verhandlung im Beisein aller Richter schon inhaltlich beraten worden, kann über die Reaktion auf den nachgereichten Schriftsatz in einer Telefonkonferenz beraten werden. Sieht das Gericht keinen Anlass für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, verbleibt es bei dem bereits gefällten Urteil.

21

cc) Eine inhaltliche Entscheidung über den Streitgegenstand hat die Kammer erstmals am 11. April 2014 in einer Telefonkonferenz gefällt. Darin lag keine Beratung nach § 193 GVG. Auch nach der Telefonkonferenz vom 11. April 2014 hat bis zur Verkündung des Urteils am 7. Mai 2014 eine Beratung über den Streitgegenstand selbst im Beisein aller beteiligten Richter nicht mehr stattgefunden. Die Kammer hat am 6. Mai 2014 lediglich in einer weiteren Telefonkonferenz entschieden, die Verhandlung sei auch angesichts eines Schriftsatzes der Beklagten vom 2. Mai 2014 nicht wiederzueröffnen; es verbleibe „bei der bisher getroffenen Entscheidung am 11.4.2014“.

22

b) Das angefochtene Urteil ist nicht in zulässiger Weise im schriftlichen Umlaufverfahren gefällt worden. Zum einen ist fraglich, ob diese Form der Beratung für Urteile, die auf eine mündliche Verhandlung und unter Beteiligung von ehrenamtlichen Richtern ergehen, überhaupt in Betracht kommen kann. Dagegen bestehen erhebliche Bedenken. Die in der Rechtsprechung bislang anerkannten Fälle betrafen Beschlüsse nach § 130a VwGO und § 153 Abs. 4 SGG, die ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung von ehrenamtlichen Richtern ergehen. Zum anderen hat das Landesarbeitsgericht über den Streitgegenstand des angefochtenen Urteils schon tatsächlich gar nicht im Einverständnis aller beteiligten Richter im schriftlichen Umlaufverfahren beraten und abgestimmt. Zwar ist das schriftliche Urteil am 17. April 2014 an die ehrenamtlichen Richter gesandt und vor seiner Verkündung von allen beteiligten Richtern unterzeichnet worden. Es ist aber nichts dafür ersichtlich, dass dies der inhaltlichen Beratung und Abstimmung in der Sache und nicht ausschließlich dem Erfordernis einer Unterschrift durch sämtliche Kammermitglieder nach § 69 Abs. 1 Satz 1 ArbGG dienen sollte. Die Kammer hatte schon in der Telefonkonferenz am 11. April 2014 eine inhaltliche Entscheidung über den Streitgegenstand getroffen und an dieser auch in ihrer weiteren Telefonkonferenz am 6. Mai 2014 lediglich festgehalten.

23

II. Das angefochtene Urteil beruht iSd. § 73 Abs. 1 Satz 1 ArbGG auf dem Verfahrensfehler. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es bei ordnungsgemäßer Beratung und Abstimmung anders ausgefallen wäre (zu diesem Maßstab bei Verfahrensverstößen: BAG 23. Januar 1996 - 9 AZR 600/93 - zu I 2 c der Gründe, BAGE 82, 74; Düwell/Lipke/Düwell 3. Aufl. § 73 Rn. 51; ErfK/Koch 15. Aufl. § 73 ArbGG Rn. 10; GK-ArbGG/Mikosch Stand Dezember 2014 § 73 Rn. 90; Schwab/Weth/Ulrich 4. Aufl. ArbGG § 73 Rn. 62 mwN; für § 545 Abs. 1 ZPO vgl. BGH 26. April 1989 - I ZR 220/87 - zu II 2 a der Gründe; Zöller/Heßler ZPO 30. Aufl. § 545 Rn. 1). So kommt insbesondere in Betracht, dass bei einer mündlichen Beratung im Beisein aller Richter angesichts der Schriftsätze der Parteien vom 7. und 9. April 2014 eine Fortsetzung der mündlichen Verhandlung zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts beschlossen und ein im Ergebnis für die Beklagte günstigeres Urteil gefällt worden wäre. Die Sache war daher an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

24

III. Was die neue Verhandlung und Entscheidung angeht, hat das Landesarbeitsgericht auf der Basis der bisherigen Feststellungen in der Sache selbst zutreffend entschieden.

25

1. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Kündigung vom 18. Dezember 2012 sei nicht iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, ist ohne Rechtsfehler.

26

a) Eine Kündigung ist nur dann iSd. § 1 Abs. 2 KSchG durch „dringende“ betriebliche Erfordernisse „bedingt“, wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich ist, dem bei Ausspruch der Kündigung absehbaren Wegfall des bisherigen Beschäftigungsbedarfs durch andere Maßnahmen - technischer, organisatorischer oder wirtschaftlicher Art - als durch eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu entsprechen(BAG 8. Mai 2014 - 2 AZR 1001/12 - Rn. 12). Die Merkmale der „Dringlichkeit“ und des „Bedingtseins“ der Kündigung sind Ausdruck des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Er gebietet dem Arbeitgeber, vor einer Beendigungskündigung dem Arbeitnehmer von sich aus eine mögliche anderweitige Beschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz, ggf. zu geänderten (gleichwertigen oder schlechteren) Bedingungen, anzubieten (BAG 8. Mai 2014 - 2 AZR 1001/12 - aaO; 29. August 2013 - 2 AZR 809/12 - Rn. 22 , BAGE 146, 37 ). Entsprechendes gilt, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist. Diese in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b, Satz 3 KSchG konkretisierte Kündigungsschranke gilt unabhängig davon, ob in dem Betrieb ein Betriebsrat besteht und dieser der Kündigung widersprochen hat (BAG 8. Mai 2014 - 2 AZR 1001/12 - aaO; 29. August 2013 - 2 AZR 809/12 - aaO).

27

aa) Als „frei” sind grundsätzlich nur solche Arbeitsplätze anzusehen, die im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung unbesetzt sind (BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 29; 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 24 , BAGE 140, 169 ). Dem steht es gleich, wenn ein Arbeitsplatz bis zum Ablauf der Kündigungsfrist frei wird (BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - aaO; 1. März 2007 - 2 AZR 650/05 - Rn. 24). Die Einbeziehung in der Vergangenheit liegender Umstände ist dann geboten, wenn der Arbeitgeber durch zweckvolle Festlegung des Kündigungszeitpunkts anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten, die noch kurze Zeit vorher auf der Hand lagen, durch eigenes Handeln ausschließt und dadurch den Kündigungsgrund selbst herbeiführt (BAG 9. September 2010 - 2 AZR 493/09 - Rn. 22; 5. Juni 2008 - 2 AZR 107/07 - Rn. 16). Es ist dem Arbeitgeber nach dem Rechtsgedanken des § 162 BGB verwehrt, sich auf den Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten im Kündigungszeitpunkt zu berufen, wenn dieser Wegfall treuwidrig herbeigeführt wurde(vgl. BAG 9. September 2010 - 2 AZR 493/09 - aaO; 25. April 2002 - 2 AZR 260/01 - zu B III 2 b bb der Gründe). Ein treuwidriges, weil rechtsmissbräuchliches Verhalten liegt insbesondere dann vor, wenn für den Arbeitgeber zum Zeitpunkt einer Stellenbesetzung das Auslaufen der Beschäftigungsmöglichkeiten für den später gekündigten Arbeitnehmer bereits absehbar war (BAG 9. September 2010 - 2 AZR 493/09 - aaO; 25. April 2002 - 2 AZR 260/01 - aaO).

28

bb) Erfüllt der Arbeitnehmer das Anforderungsprofil der fraglichen Stelle, bedarf es grundsätzlich keiner weiter gehenden Prüfung, ob ihm die Tätigkeit zumutbar ist. Das gilt auch dann, wenn die Zuweisung eine Vertragsänderung erforderlich machen würde. Auch eine dann notwendige Änderungskündigung darf nur in „Extremfällen“ unterbleiben. Wenn dem Arbeitnehmer eine Tätigkeit auf dem freien Arbeitsplatz nicht objektiv schlechthin unzumutbar ist, soll grundsätzlich er selbst entscheiden können, ob er eine Weiterbeschäftigung unter veränderten, möglicherweise erheblich schlechteren Arbeitsbedingungen akzeptiert oder nicht (BAG 8. Mai 2014 - 2 AZR 1001/12 - Rn. 13; 29. August 2013 - 2 AZR 809/12 - Rn. 23 , BAGE 146, 37 ). Beruft sich der Arbeitnehmer auf eine ihm bekannte Beschäftigungsmöglichkeit aber nicht zeitnah, spricht vieles dafür, dass auch er selbst darin keine zumutbare Beschäftigungsperspektive sieht und der Arbeitgeber ein entsprechendes Änderungsangebot nicht unterbreiten musste. Es spricht dann viel für die Annahme, dass der Arbeitnehmer das betreffende Angebot auch mit Blick auf eine drohende Beendigungskündigung nicht angenommen hätte (BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 656/08 - Rn. 57, BAGE 133, 226; 21. September 2006 - 2 AZR 607/05 - Rn. 46).

29

cc) Darlegungs- und beweisbelastet für das Fehlen anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten ist gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG der Arbeitgeber. Beruft sich der Arbeitnehmer auf eine andere Möglichkeit der Weiterbeschäftigung, muss der Arbeitgeber eingehend erläutern, aus welchen Gründen eine Umsetzung nicht in Betracht kam (BAG 29. August 2013 - 2 AZR 809/12 - Rn. 24, BAGE 146, 37; 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 30).

30

b) Danach ist das Landesarbeitsgericht auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen zu Recht davon ausgegangen, die Beklagte habe der Klägerin im Zusammenhang mit der Kündigung als milderes Mittel gegenüber einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Weiterbeschäftigung auf der ab 1. Januar 2013 eingerichteten Stelle im Bereich „Social Media“ anbieten müssen.

31

aa) Es hat im Ergebnis zutreffend angenommen, die Beklagte könne sich nach dem Rechtsgedanken des § 162 BGB nicht darauf berufen, dass diese Beschäftigungsmöglichkeit infolge der Besetzung der Stelle mit einer anderen Mitarbeiterin weggefallen sei. Unbefristet angestellte Arbeitnehmer, deren Arbeitsplatz entfällt, haben bei der Besetzung freier Stellen - auch wenn ihnen diese nur im Wege einer Änderungskündigung übertragen werden können - Vorrang nicht nur vor externen Bewerbern, sondern auch vor solchen Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis zeitgleich durch Befristung endet (Gehlhaar DB 2008, 2831, 2832; aA für Auszubildende und befristet zur Probe angestellte Arbeitnehmer: Krause in vHH/L 15. Aufl. § 1 Rn. 787). Zwar hatte die Beklagte das zunächst bis zum 31. Dezember 2012 befristete Arbeitsverhältnis mit der anderen Mitarbeiterin zum Zwecke ihres Einsatzes auf der Stelle im Bereich „Social Media“ bereits am 17. Dezember 2012 - und damit vor Erklärung der hier im Streit befindlichen Kündigung - bis Ende des Jahres 2013 verlängert. Dass die bisherige Beschäftigungsmöglichkeit der Klägerin zum 31. Dezember 2012 auslaufen würde, war ihr - der Beklagten - zu diesem Zeitpunkt aber bereits bekannt. Sie hatte die Entscheidung, die zum Wegfall des Arbeitsplatzes der Klägerin führen würde, nach ihrem eigenen Vorbringen schon im November 2012 getroffen. Durch die Besetzung der Stelle im Bereich „Social Media“ mit der ursprünglich bis zum 31. Dezember 2012 befristet beschäftigten Mitarbeiterin hat die Beklagte den Ausschluss der Möglichkeit, die Klägerin dort weiter zu beschäftigen, selbst herbeigeführt, obwohl der Verlust von deren Stelle bereits absehbar war.

32

bb) Ein Angebot zur Weiterbeschäftigung der Klägerin auf der Stelle im Bereich „Social Media“ war nicht deshalb entbehrlich, weil nicht sicher war, ob es die Beschäftigungsmöglichkeit auch über den 31. Dezember 2013 hinaus gäbe.

33

(1) Die Beschäftigungsmöglichkeit bestand in jedem Fall elf Monate über den Ablauf der Kündigungsfrist am 31. Januar 2013 hinaus. Dies ist keine so kurze Zeit, dass der Beklagten angesichts der bisherigen Feststellungen eine Einarbeitung der Klägerin nicht zumutbar gewesen wäre.

34

(a) Die Klägerin hat behauptet, sie habe höchstens zwei Monate lang angelernt werden müssen. Eine solche Zeitspanne war der Beklagten mit Blick auf eine bisherige Beschäftigungsdauer von vier Jahren zumutbar. Zwar kann bei der Beurteilung der Zumutbarkeit einer Einarbeitungszeit neben der bisherigen Betriebszugehörigkeit auch die zu erwartende zukünftige Dauer des Arbeitsverhältnisses zu berücksichtigen sein (vgl. Kittner/Däubler/Zwanziger/Deinert KSchR 9. Aufl. § 1 KSchG Rn. 554). Auch bei einem ggf. nur noch elf Monate fortbestehenden Beschäftigungsbedarf war jedoch eine Einarbeitungszeit von bis zu zwei Monaten nicht unverhältnismäßig. Für die Klägerin bestand nach der von der Beklagten behaupteten Umorganisation schon ab 1. Januar 2013 auf der bisherigen Stelle kein Beschäftigungsbedarf mehr. Sie hätte damit bereits ab diesem Zeitpunkt im Bereich „Social Media“ eingearbeitet und anschließend mindestens zehn Monate auf der Stelle eingesetzt werden können.

35

(b) Das Landesarbeitsgericht hat das Vorbringen der Beklagten, die erforderliche Einarbeitung der Klägerin hätte mindestens sechs Monate beansprucht, zu Recht als nicht hinreichend substanziiert erachtet. Die Beklagte hat zwar die für ein Tätigwerden auf der Position im Bereich „Social Media“ notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten benannt und behauptet, die Klägerin habe nicht über die fraglichen Qualifikationen verfügt. Nähere Angaben dazu, welche der geforderten Kenntnisse sich die Klägerin allenfalls in welcher Zeit und mit welchen Mitteln hätte aneignen können, fehlen aber. Angesichts der unstreitigen Vorbefassung der Klägerin mit dem Thema „Social Media“ ist nicht ersichtlich, weshalb sie eine mindestens sechsmonatige Einarbeitungszeit benötigt hätte. Das Landesarbeitsgericht hat außerdem aus eigener Sachkunde angenommen, die notwendigen Fertigkeiten hätten innerhalb kurzer Zeit in Eigenregie erlernt werden können. Eine Aufklärungs- oder Hinweisrüge hat die Beklagte diesbezüglich nicht erhoben.

36

(c) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, auf das Interesse der Klägerin an dem Thema „Social Media“ komme es nicht entscheidend an, ist auf der Basis der bisherigen Feststellungen nicht zu beanstanden. Der Vortrag der Beklagten, Voraussetzung für die Wahrnehmung von Aufgaben in diesem Bereich sei eine besondere Affinität zum Thema, lässt nicht erkennen, warum dies einem Einsatz der Klägerin auf der Stelle nach einer Einarbeitungszeit hätte entgegen stehen können.

37

(d) Entgegen der Auffassung der Beklagten muss sich das Landesarbeitsgericht nicht deshalb an einer Erheblichkeit ihres Vorbringens zu Eignungsmängeln der Klägerin festhalten lassen, weil es dieser die Möglichkeit nachgelassen hat, darauf binnen bestimmter Frist zu erwidern. Dessen bedurfte es schon, um zu klären, ob etwa die von der Beklagten behauptete Dauer einer Einarbeitungszeit unstreitig würde.

38

(2) Das von der Beklagten geltend gemachte Interesse, die Stelle im Wege zulässiger Zeitbefristung bzw. deren Verlängerung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ohne die mit einer Kündigung verbundenen Risiken besetzen zu können, ist im Verhältnis zur Klägerin nicht schutzwürdig. Der Umstand, dass ungewiss ist, ob die Möglichkeit einer Beschäftigung auf einer freien anderen Stelle über einen bestimmten Zeitraum hinaus bestehen wird, ändert nichts daran, dass diese Stelle einem nach § 1 KSchG geschützten und fachlich geeigneten Arbeitnehmer zur Vermeidung einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses angeboten werden muss.

39

(a) Ist schon im Kündigungszeitpunkt absehbar, dass der Beschäftigungsbedarf auf der freien Stelle nur für einen begrenzten Zeitraum besteht, kommt eine Änderungskündigung mit dem Angebot einer nur befristeten Weiterbeschäftigung des vom Wegfall seines bisherigen Arbeitsplatzes betroffenen, nach § 1 KSchG geschützten Arbeitnehmers in Betracht. Die nachträgliche Befristung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses im Wege einer - ohnehin erforderlichen - Änderungskündigung ist durch § 2 KSchG nicht ausgeschlossen. Deren soziale Rechtfertigung setzt - unter diesem Aspekt - voraus, dass sich die Befristung - gemessen am Maßstab des § 14 Abs. 1 TzBfG - ihrerseits als wirksam erweist(BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 576/09 - Rn. 36; 25. April 1996 - 2 AZR 609/95 - zu II 1 b der Gründe, BAGE 83, 82).

40

(b) Liegt im Kündigungszeitpunkt - wie von der Beklagten geltend gemacht - ein Sachgrund iSd. § 14 Abs. 1 TzBfG für eine nur befristete Weiterbeschäftigung nicht vor, scheidet eine Änderungskündigung mit dem Ziel einer nur befristeten Weiterbeschäftigung zwar aus: Eine sachgrundlose Befristung wäre wegen der Zuvorbeschäftigung des Arbeitnehmers gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ebenso unzulässig(aA Löwisch in Löwisch/Spinner 10. Aufl. KSchG § 1 Rn. 365). Das führt aber nicht zur Wirksamkeit der Beendigungskündigung. Das unternehmerische Konzept, einen zeitlich ungewissen Beschäftigungsbedarf mit einem Arbeitnehmer abzudecken, der wirksam befristet (weiter)beschäftigt werden kann, ist gegenüber dem nach § 1 KSchG geschützten Arbeitnehmer unbeachtlich(offengelassen in BAG 25. April 1996 - 2 AZR 609/95 - zu II 1 c der Gründe, BAGE 83, 82; vgl. dazu Eckert DStR 1997, 1301). Die Möglichkeit, mit dem Stellenbewerber wirksam eine Befristung zu vereinbaren, stellt kein beachtliches, tätigkeitsbezogenes Anforderungsprofil dar (vgl. dazu BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 27 mwN). In der Sache zielt ein solches unternehmerisches Konzept vielmehr auf eine - unzulässige - Austauschkündigung. Der Arbeitgeber ist im Verhältnis zu einem nach § 1 KSchG geschützten Arbeitnehmer nicht frei darin, den anderen Arbeitsplatz nur befristet zu besetzen. Zwar ist er nicht verpflichtet, zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen neue Arbeitsplätze zu schaffen (BAG 17. März 2005 - 2 AZR 4/04 - zu B IV 2 a der Gründe; KR/Griebeling 10. Aufl. § 1 KSchG Rn. 221, 231; APS/Kiel 4. Aufl. § 1 KSchG Rn. 600; Gehlhaar DB 2008, 2831). Besteht jedoch Beschäftigungsbedarf, ist dieser - unbeschadet eines möglichen Wegfalls in der Zukunft - bei der Prüfung alternativer Einsatzmöglichkeiten im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 3 KSchG zu berücksichtigen. Dadurch wird die unternehmerische Freiheit, einen Arbeitsplatz nur vorübergehend einzurichten, nicht berührt. Die kündigungsrechtlich gebotene Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers, dessen bisheriger Arbeitsplatz weggefallen ist, auf einem nur befristet eingerichteten Alternativarbeitsplatz bedeutet nicht, dass die betreffende Stelle über die geplante Zeit hinaus aufrechterhalten werden müsste (KR/Griebeling 10. Aufl. § 1 KSchG Rn. 221; Gehlhaar aaO). Fällt sie weg und ist eine andere Beschäftigung nicht mehr möglich, kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis des zunächst weiterbeschäftigten Arbeitnehmers nunmehr - ggf. nach korrekter Sozialauswahl - betriebsbedingt kündigen. Der Einwand, die Unsicherheit über den Ausgang eines dann zu führenden Kündigungsschutzprozesses sei dem Arbeitgeber nicht zumutbar, ist nicht berechtigt. Das Risiko der Unwirksamkeit ist mit jeder Kündigung eines nach § 1 KSchG geschützten Arbeitsverhältnisses verbunden und ist bei einem tatsächlichen Wegfall von Beschäftigungsbedarf nicht gegeben.

41

cc) Dem Erfordernis einer Änderungskündigung steht nicht entgegen, dass die Klägerin in Teilzeit beschäftigt war, während die Position im Bereich „Social Media“ mit einer Vollzeitkraft besetzt werden sollte. Die Beklagte hat sich - soweit ersichtlich - nicht darauf berufen, eine Teilung der Stelle und ihre Besetzung zu zeitlich 75 vH mit der Klägerin sei nicht möglich gewesen. Überdies hätte sie in diesem Fall der Klägerin die Position im Bereich „Social Media“ in Vollzeit anbieten müssen. Darin läge nicht etwa das Angebot eines höherwertigen Arbeitsplatzes, auf das die Klägerin keinen Anspruch hätte, weil dies einer Beförderung gleichkäme (vgl. dazu BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 37, BAGE 134, 296; 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 37). Mit der Erhöhung der Arbeitszeit ist keine Beförderung verbunden.

42

dd) Ein Angebot zur Weiterbeschäftigung auf der Stelle im Bereich „Social Media“ war entgegen der Auffassung der Beklagten nicht deshalb entbehrlich, weil sie nicht damit zu rechnen brauchte, dass die Klägerin ein solches Angebot annähme. Für die Berechtigung einer solchen Prognose besteht kein Anhaltspunkt. Die Klägerin hat sich auf die Möglichkeit, auf der fraglichen Stelle weiterbeschäftigt zu werden, schon innerhalb der ihr gesetzten Frist zur Stellungnahme auf die Klageerwiderung und damit zu dem frühesten Zeitpunkt berufen, zu dem dies im Kündigungsschutzprozess veranlasst war.

43

2. Nach den bisherigen Feststellungen hält auch die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Kündigung sei nicht gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam, einer revisionsrechtlichen Prüfung stand.

44

a) Nach § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm gemäß § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam.

45

aa) Für die Mitteilung der Kündigungsgründe gilt der Grundsatz der „subjektiven Determinierung“ (BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 736/13 - Rn. 14; 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 24, BAGE 146, 303). Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat die Umstände mitteilen, die seinen Kündigungsentschluss tatsächlich bestimmt haben (BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 736/13 - aaO; 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - aaO). Dem kommt er dann nicht nach, wenn er dem Betriebsrat einen schon aus seiner eigenen Sicht unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt unterbreitet (BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 736/13 - aaO; 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - aaO). Das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit soll im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat Offenheit und Ehrlichkeit gewährleisten und verbietet es, dem Betriebsrat Informationen zu geben bzw. ihm vorzuenthalten, aufgrund derer bzw. ohne die bei ihm ein falsches Bild über den Kündigungssachverhalt entstehen könnte (BAG 31. Mai 1990 - 2 AZR 78/89 - zu II 1 a der Gründe). Schildert der Arbeitgeber dem Betriebsrat bewusst und gewollt unrichtige oder unvollständige - und damit irreführende - Kündigungssachverhalte, ist die Anhörung unzureichend und die Kündigung unwirksam (BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 407/13 - Rn. 46; 10. April 2014 - 2 AZR 684/13 - Rn. 22; 24. Mai 1989 - 2 AZR 399/88 - zu II 2 c der Gründe). Eine bloß vermeidbare oder unbewusste Fehlinformation führt dagegen noch nicht für sich alleine zur Unwirksamkeit der Betriebsratsanhörung (vgl. BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 26, aaO; 12. September 2013 - 6 AZR 121/12 - Rn. 21; 22. September 1994 - 2 AZR 31/94 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 78, 39).

46

bb) Die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers im Rahmen von § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG reicht nicht so weit wie seine Darlegungslast im Prozess(BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 736/13 - Rn. 22; 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 27, BAGE 146, 303). Die Anhörung des Betriebsrats soll diesem nicht die selbständige Überprüfung der Wirksamkeit der beabsichtigten Kündigung, sondern eine Einflussnahme auf die Willensbildung des Arbeitgebers ermöglichen (BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 736/13 - aaO; 31. Januar 1996 - 2 AZR 181/95 - zu II 2 der Gründe). Sinn und Zweck des § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG ist es, den Betriebsrat in die Lage zu versetzen, sachgerecht auf den Arbeitgeber einzuwirken, dh. die Stichhaltigkeit und Gewichtigkeit der Kündigungsgründe zu überprüfen und sich über sie eine eigene Meinung zu bilden (BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 736/13 - aaO; 27. Juni 1985 - 2 AZR 412/84 - zu II 1 b der Gründe, BAGE 49, 136). Den Kündigungsgrund hat der Arbeitgeber daher regelmäßig unter Angabe von Tatsachen so zu beschreiben, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen die Stichhaltigkeit prüfen kann (BAG 12. September 2013 - 6 AZR 121/12 - Rn. 21; 23. Februar 2012 - 2 AZR 773/10 - Rn. 30).

47

b) Danach hat die Beklagte dem Betriebsrat den für sie maßgeblichen Kündigungssachverhalt hinreichend mitgeteilt. Sie hat angegeben, die Aufgaben der Klägerin würden zum 1. Januar 2013 teilweise an Drittunternehmen übertragen, teilweise intern neu verteilt. Sie hat anhand der bisherigen Stellenbeschreibung der Klägerin konkret aufgelistet, welche Teilaufgaben zukünftig von welchem Drittunternehmen oder welchem anderen Mitarbeiter wahrgenommen würden. Soweit sie dabei fehlerhaft dargestellt haben sollte, die Tätigkeiten betreffend die „Verantwortung PR- und Mediabudget“ werde der Leiter Marketing übernehmen, während sie in Wirklichkeit ebenfalls einem - für die Übernahme anderer Aufgaben der Klägerin benannten - externen Unternehmen übertragen werden sollten, lag darin nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keine bewusste Irreführung. Die objektiv unzutreffende Angabe hat den Kündigungssachverhalt nicht so verfälscht, dass dem Betriebsrat eine Stellungnahme zu den wahren Kündigungsgründen nicht möglich gewesen wäre. Der Kern des Kündigungsgrundes - der Wegfall der Stelle der Klägerin durch Fremdvergabe und Umverteilung auf andere Mitarbeiter - blieb unverändert. Eine andere Beurteilung käme in Betracht, wenn es für die Einschätzung des Betriebsrats, ob die Umorganisation so, wie sie geplant war, überhaupt praktisch durchführbar wäre, von erheblicher Bedeutung hätte sein können, ob der fragliche Aufgabenbereich von einem internen Mitarbeiter oder von einem Drittunternehmen übernommen werden sollte, weil dies etwa angesichts von Art oder Umfang der Tätigkeiten nicht gleichgültig wäre.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

        

        

    Alex    

        

    Wolf    

                 

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 29. Mai 2009 - 10 Sa 1320/08 - aufgehoben.

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 20. Juni 2008 - 1 Ca 1732/07 - abgeändert.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte seit dem 1. Oktober 2006 verpflichtet ist, an den Kläger betriebliche Altersversorgung in Höhe von 2.977,00 Euro brutto monatlich, jeweils zum Ende des Kalendermonats, zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 15.702,55 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

aus 826,45 Euro seit dem 31. Oktober 2006,
aus 826,45 Euro seit dem 30. November 2006,
aus 826,45 Euro seit dem 31. Dezember 2006,
aus 826,45 Euro seit dem 31. Januar 2007,
aus 826,45 Euro seit dem 28. Februar 2007,
aus 826,45 Euro seit dem 31. März 2007,
aus 826,45 Euro seit dem 30. April 2007,
aus 826,45 Euro seit dem 31. Mai 2007,
aus 826,45 Euro seit dem 30. Juni 2007,
aus 826,45 Euro seit dem 31. Juli 2007,
aus 826,45 Euro seit dem 31. August 2007,
aus 826,45 Euro seit dem 30. September 2007,
aus 826,45 Euro seit dem 31. Oktober 2007,
aus 826,45 Euro seit dem 30. November 2007,
aus 826,45 Euro seit dem 31. Dezember 2007,
aus 826,45 Euro seit dem 31. Januar 2008,
aus 826,45 Euro seit dem 29. Februar 2008,
aus 826,45 Euro seit dem 31. März 2008 sowie
aus 826,45 Euro seit dem 30. April 2008
zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger zustehenden Betriebsrente.

2

Der 1943 geborene Kläger war vom 1. Januar 1971 bis zum 30. September 2006 bei der H GmbH & Co. KG (im Folgenden: Rechtsvorgängerin der Beklagten), einem Unternehmen, das sich auf die Beratung zur betrieblichen Altersversorgung spezialisiert hatte, beschäftigt. Zum Geschäftskonzept der Rechtsvorgängerin der Beklagten gehörte es, die Kunden vor Ort über einen Außendienst zu betreuen. Dafür waren zum Stand November 2006 19 sogenannte Geschäftsstellen eingerichtet. Von diesen Geschäftsstellen aus betreute der jeweils örtlich zuständige Außendienstmitarbeiter die zu seiner Geschäftsstelle gehörenden Unternehmen. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten wurde rückwirkend zum 1. Januar 2008 mit der Beklagten als aufnehmendem Unternehmen zur Beklagten verschmolzen.

3

Der Kläger wurde bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten in der Zeit vom 1. Januar 1971 bis zum 30. September 1971 im Innendienst eingesetzt. Vom 1. Oktober 1971 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses war er ausschließlich im Außendienst tätig, wobei er die Position eines - nicht im gesellschaftsrechtlichen Sinne zu verstehenden - sog. Geschäftsführers innehatte. Mit Schreiben vom 18. Oktober 1971 teilte die Rechtsvorgängerin der Beklagten ihm Folgendes mit:

        

„… Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, daß Sie mit Wirkung vom 1.10.1971 in das Versorgungswerk unseres Außendienstes aufgenommen worden sind.

        

Die Alters- und Hinterbliebenenversorgung richtet sich nach der maßgebenden Versorgungsordnung für den Außendienst vom 19.4.1964, von der Sie ein Exemplar als Anlage zu diesem Brief erhalten. …“

4

Im Arbeitsvertrag vom 15. Mai 1973 heißt es hierzu:

        

„§ 6Bezüge

        

…       

        

10)     

Die Firma gewährt dem Geschäftsführer eine Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung gem. Versorgungsordnung der Firma für die Geschäftsführer. …“

5

Mit Wirkung zum 1. Dezember 1974 trat die „Versorgungsordnung der Firma H für die Hauptgeschäftsführer und Geschäftsführer im Außendienst“ vom 1. Dezember 1974 (im Folgenden: VO 1974) in Kraft. Diese enthält ua. folgende Bestimmungen:

        

„…    

        

II.     

Leistungsarten

                 

… Nach Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen (Abschnitte III bis V) werden gewährt

                 

Ruhegeld in der Form von

                 

Altersrente oder Invalidenrente

                 

und     

                 

Hinterbliebenenrenten in der Form von

                 

Witwenrente und Waisenrenten.

        

III.   

Anspruch auf Altersversorgung

        

1.    

Wer nach Erreichen der Altersgrenze aus der Firma ausscheidet, hat Anspruch auf Altersrente.

        

2.    

Die Altersgrenze ist mit dem 30.9. erreicht, der auf die Vollendung des 63. Lebensjahres folgt.

        

…       

        
        

VI.     

Höhe des Ruhegeldes

        

1.    

Die Altersrente errechnet sich aus einem Grundbetrag und aus den laufenden Erträgen (Ziff. 4 der Umsatzmeldung) im jeweiligen Gebiet.

                 

…       

                 

Die Anwartschaft auf Altersrente steigt mit wachsenden und sinkt mit rückläufigen Erträgen, und zwar bei Hauptgeschäftsführern um 2 % und bei Geschäftsführern um 10 % von 1/12 des in Position 5 der Umsatzmeldung ausgewiesenen Betrages. Die Anwartschaft auf Altersrente wird ab 1.1.1967 jeweils aufgrund der Umsatzmeldung zum 30.9. festgestellt und gilt bis zum folgenden 30.9. .

                 

Die Altersrente beträgt mindestens DM 300,-- monatlich. Sie darf das Doppelte des im Zeitpunkt des Ausscheidens maßgeblichen Geschäftsführergehalts (zur Zeit DM 1.500,-- monatlich) nicht übersteigen.

        

2.    

Als Invalidenrente wird der Teil der gemäß Abs. 1. erreichten Altersrente gewährt, der den abgeleisteten rentenfähigen Dienstjahren (Abschnitt IX Absatz 1) im Verhältnis zu den erreichbaren rentenfähigen Dienstjahren (Abschnitt IX Absatz 2) entspricht.

        

3.    

Hat die Firma Versorgungsleistungen schon vor Erreichen der Altersgrenze zu erbringen, weil der Mitarbeiter Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht, so gelten im Falle des § 25 Absatz 2 AVG und des § 1248 Absatz 2 RVO für die Bemessung dieser Versorgungsleistungen die Vorschriften über die Invalidenrente (Abschnitt VI Absatz 2).

        

…“    

        
6

Die VO 1974 wurde zum 1. November 1979 durch die „VERSORGUNGSORDNUNG der Firma H für die Geschäftsführer und Hauptgeschäftsführer im Außendienst“ vom 1. November 1979 (im Folgenden: VO 1979) abgelöst. In der VO 1979 heißt es ua.:

        

Präambel

        

Die Firma H (im folgenden Firma genannt) gibt mit dieser Versorgungsordnung eine Zusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an ihre Geschäftsführer und Hauptgeschäftsführer im Außendienst in dem nachfolgend beschriebenen Umfang. Auf diese Leistungen besteht ein Rechtsanspruch. …

        

II.     

Leistungsarten

        

1.    

Die zugesagten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung (nachfolgend ‚Firmenrenten’ genannt) sind

                 

Ruhegeld als

                 

Altersrente oder vorzeitige Altersrente oder Invalidenrente

                 

sowie 

                 

Hinterbliebenenrenten als

                 

Witwenrente und Waisenrente.

        

2.    

Der Anspruch auf diese Firmenrenten wird mit dem Erfüllen der Anspruchsvoraussetzungen (V, VI) erworben, wenn die Wartezeit (III) abgelaufen ist.

        

…       

        
        

IV.     

Feste Altersgrenze

                 

Die feste Altersgrenze ist bei Männern und Frauen mit dem 30.9. erreicht, der auf die Vollendung des 63. Lebensjahres folgt.

        

…       

        
        

VII.   

Höhe des Ruhegeldes

        

1.    

a)    

Die Anwartschaft auf Altersrente beträgt von Anfang an mindestens DM 300,-- (Grundbetrag).

                          

Die Anwartschaft auf Altersrente wird alljährlich durch einen Steigerungsbetrag erhöht, der zur Anwartschaft auf Altersrente des Vorjahres hinzutritt. Die Bemessungsgrundlage für die Steigerungsbeträge ist jeweils die dem Anwärter namentlich zugeordnete Position 5 der UMSATZMELDUNG, obere Zeile.

                          

Beim Geschäftsführer-Anwärter macht der Steigerungsbetrag 4 % von 1/12 der Bemessungsgrundlage aus.

                          

Beim Hauptgeschäftsführer-Anwärter macht der Steigerungsbetrag 0,8 % von 1/12 der Bemessungsgrundlage aus.

                          

…       

                 

b)    

Die Höhe der jeweils am 30.9. eines Jahres erreichten Anwartschaft auf Altersrente (nachfolgend ‚erdiente Altersrente’ genannt) wird dem Anwärter schriftlich mitgeteilt. Diese Mitteilung ist verbindlich, wenn der Anwärter nicht innerhalb von vier Wochen nach Zugang widerspricht.

                 

…       

        
        

2.    

a)    

Die Bemessungsgrundlage für vor Erreichen der festen Altersgrenze erworbene Ansprüche (V 2, V 3, VI 1) ist die am letzten 30.9. während der Geschäftsführertätigkeit oder Hauptgeschäftsführertätigkeit erdiente Altersrente (VII 1 b).

                 

b)    

Die vorzeitige Altersrente beträgt den Teil der erdienten Altersrente, der dem Verhältnis der rentenfähigen Dienstjahre (IX 2) zu den erreichbaren Dienstjahren (IX 3) entspricht.

                 

c)    

Die Invalidenrente beträgt den Teil der erdienten Altersrente, der dem Verhältnis der rentenfähigen Dienstjahre (IX 2) zu den erreichbaren Dienstjahren (IX 3) entspricht, mindestens jedoch 50 % der erdienten Altersrente.

                 

…       

        
        

XX.     

Übergangsregelung und Besitzstand

        

1.    

Für Geschäftsführer und Hauptgeschäftsführer, die ihre Tätigkeit vor dem 1.11.1979 aufgenommen haben, werden die Altersrente (VII 1) oder die erdiente Altersrente (VII 2 a) nach der ‚Versorgungsordnung der Firma H für die Hauptgeschäftsführer und Geschäftsführer im Außendienst vom 1.12.1974’ festgesetzt, wenn dies für den Anspruchsberechtigten günstiger ist. Hierbei ist jedoch als Höchstbetrag DM 3.300,-- (statt des Doppelten des Geschäftsführergehaltes) anzusetzen.

        

2.    

Soweit nicht bereits ein Anspruch erworben wurde, ersetzt die vorliegende Versorgungsordnung die ‚Versorgungsordnung der Firma H für die Hauptgeschäftsführer und Geschäftsführer im Außendienst vom 1.12.1974’. …“

7

Die VO 1979 wurde in der Folgezeit durch diverse Nachträge ergänzt. Nach dem Nachtrag III vom 3. Dezember 1984 betragen die Altersrente, die vorgezogene Altersrente und die Invalidenrente mindestens 1.500,00 DM monatlich. Der Nachtrag VI vom 30. September 1991 lautet auszugsweise:

        

„Mit Inkrafttreten der neuen Außendienstvergütungs-Richtlinien entfällt auch die bisherige Bemessungsgröße (DIFFER) für den jährlichen Steigerungsbetrag der zugesagten Leistungen auf betriebliche Altersversorgung.

        

…       

        

1.    

Der Abschnitt VII (Höhe des Ruhegeldes Ziffer 1 Absatz a und b der Versorgungsordnung - zuletzt geändert durch Nachtrag III vom 03.12.1984 - gilt in folgender Fassung:

                 

VII. Höhe des Ruhegeldes

                 

1.a)   

Die Altersrente setzt sich zusammen aus einem Grundbetrag von DM 300,-- und den Steigerungsbeträgen für jedes volle Außendienstjahr als Geschäftsführer oder Hauptgeschäftsführer. Der Steigerungsbetrag, der jeweils am Ende eines Außendienstjahres zum 30.09. festgestellt wird, beträgt ein Zwölftel

                          

bei Geschäftsführern von 1,0 Promille

                          

bei Hauptgeschäftsführern von 0,2 Promille

                          

des ‚bewerteten Umsatzes’. Der bewertete Umsatz ist in Textziffer 3 der Außendienstvergütungsrichtlinien vom 30.09.1991 definiert.

                 

…       

        
                 

2.    

Der jährliche Steigerungsbetrag im Sinne des Abschnittes XX Ziffer 1 der Versorgungsordnung (Besitzstand aus der Versorgungsordnung vom 01.12.1974) beträgt ein Zwölftel

                          

bei Geschäftsführern von 2,5 Promille

                          

bei Hauptgeschäftsführern von 0,5 Promille

                          

des bewerteten Umsatzes.

                 

3.    

Der Übergang von der bisherigen (DIFFER) auf die neue Bemessungsgröße (bewerteter Umsatz) für den jährlichen Steigerungsbetrag der Anwartschaft auf monatliche Altersrente erfolgt durch Umrechnung der vor dem 01.10.1991 erreichten kumulierten Differbeträge auf bewertete Gesamtumsätze für die Außendienstjahre als Geschäftsführer bzw. Hauptgeschäftsführer vor diesem Zeitpunkt. …“

8

Ab dem Jahr 1988 erteilte die Rechtsvorgängerin der Beklagten sämtlichen seit dem 1. November 1979 in den Außendienst eingetretenen Mitarbeitern rückwirkend zum 1. November 1979 im Wege einzelvertraglicher Vereinbarungen eine geänderte Altersversorgungszusage. Diese Vereinbarungen weichen insoweit von den Bestimmungen der VO 1979 nebst Nachträgen ab, als an Stelle des festen Grundbetrages vom 300,00 DM ein dienstzeitabhängiger Sockelbetrag von 50,00 DM für jedes rentenfähige Dienstjahr vorgesehen ist und eine ratierliche Kürzung der Altersrente im Falle der vorgezogenen Inanspruchnahme nicht stattfindet.

9

Mit Schreiben vom 25. Oktober 1994 teilte die Rechtsvorgängerin der Beklagten dem Kläger ua. Folgendes mit:

        

„2. ALTERSVERSORGUNG

        

Der Stand der anwartschaftlichen Altersrente per 01.10.1994 ist monatlich

        

DM 3.300,--

        

(Nach der alten ‚4%-Regel’ - neu ‚1 o/oo-Regel’ - hat die anwartschaftliche Altersrente per 01.10.1994 einen Stand von monatlich DM 2.684,83 erreicht).

        

Der Berechnung liegt zugrunde ein bewerteter Gesamtumsatz per 30.09.1994 in Höhe von

        

TDM 28.618

        

Bitte teilen Sie uns bis zum 15. Dezember 1994 mit, wenn Sie mit diesen Werten nicht einiggehen. Danach ist diese Mitteilung verbindlich.“

10

Seit dem 1. Oktober 2006 bezieht der Kläger - zunächst von der Rechtsvorgängerin der Beklagten, später von der Beklagten - laufende Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Die monatlich gezahlte Betriebsrente setzt sich aus einem Grundbetrag iHv. 153,39 Euro brutto (das entspricht 300,00 DM) und einem Steigerungsbetrag iHv. 2.056,84 Euro brutto zusammen. Der sich daraus ergebende Gesamtbetrag iHv. 2.210,23 Euro wurde wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme der Betriebsrente gekürzt, so dass monatlich 2.150,55 Euro brutto zur Auszahlung kommen.

11

Mit der am 12. Juli 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger von der Beklagten eine um monatlich 826,45 Euro brutto höhere Betriebsrente verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, er habe nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz Anspruch darauf, dass seine betriebliche Altersversorgung auf der Basis des für die ab dem 1. November 1979 eingetretenen Außendienstmitarbeiter geltenden dienstzeitabhängigen Sockelbetrages berechnet werde und dass eine ratierliche Kürzung der Rente wegen deren vorgezogener Inanspruchnahme unterbleibe. Die Beklagte habe keinen die Differenzierung zwischen den vor dem 1. November 1979 (im Folgenden: Alt-Außendienstmitarbeiter) und den danach eingestellten Außendienstmitarbeitern (im Folgenden: Neu-Außendienstmitarbeiter) rechtfertigenden sachlichen Grund vorgetragen. Mögliche Unterschiede im Versorgungsniveau rechtfertigten jedenfalls nicht die mit den Neu-Außendienstmitarbeitern getroffenen Vereinbarungen. Durch diese werde eine etwaige geringere Versorgung der Neu-Außendienstmitarbeiter überkompensiert. Den Alt-Außendienstmitarbeitern dürfe die in der VO 1979 unter XX. enthaltene Besitzstandsregelung nicht zum Nachteil gereichen. Im Übrigen würden die Alt-Außendienstmitarbeiter durch den Ausschluss von der Neuregelung wegen ihres Alters benachteiligt iSv. §§ 1, 2 Abs. 1 AGG, ohne dass dies durch ein legitimes Ziel iSd. § 10 Satz 1 AGG gerechtfertigt sei.

12

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an ihn seit dem 1. Oktober 2006 eine Betriebsrente iHv. 2.977,00 Euro brutto monatlich, jeweils zum Ende des Kalendermonats, zu zahlen,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 15.702,55 Euro brutto nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 826,45 Euro seit dem jeweiligen Monatsletzten, beginnend mit dem 31. Oktober 2006 bis zum 30. April 2008 zu zahlen.

13

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

14

Die Beklagte hat den Standpunkt vertreten, der Kläger könne im Hinblick auf den Sockelbetrag und die Berechnung der Betriebsrente bei vorgezogener Inanspruchnahme keine Gleichbehandlung mit den Neu-Außendienstmitarbeitern beanspruchen. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten habe im Jahr 1971 einen Umsatz iHv. 10,5 Mio. DM und im Jahr 1978 einen Umsatz iHv. 24 Mio. DM erzielt. Ihr Gesamtumsatz sei in den 70er Jahren demnach um 133 % gestiegen. Infolge dieser guten Umsatzentwicklung hätten die Alt-Außendienstmitarbeiter ihre Anwartschaften innerhalb kurzer Zeit auf ein sehr hohes Niveau steigern können. Deshalb habe man sich im Jahr 1979 entschlossen, die jährlichen Zuwächse für neu in den Außendienst eintretende Mitarbeiter maßvoll zu gestalten und den Steigerungsbetrag von 10 % auf 4 % abzusenken. Da eine Limitierung, wie sie in der VO 1974 enthalten war, keinen Anreiz zu einer weiteren Umsatzsteigerung geboten hätte, sei in der VO 1979 von einer Begrenzung abgesehen worden. Im Jahr 1988 sei festgestellt worden, dass der Steigerungsbetrag von 4 % für die Neu-Außendienstmitarbeiter zu gering bemessen sei. Die Absenkung der Versorgungsanwartschaften auf 40 % des Niveaus der Alt-Außendienstmitarbeiter habe in der Zeit von 1979 bis 1988 nicht durch hohe Umsatzsteigerungen kompensiert werden können. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten habe im Jahr 1979 einen Umsatz iHv. 25,5 Mio. DM und im Jahr 1988 einen solchen von 36,5 Mio. DM erzielt. Dies entspreche einem Steigerungssatz von lediglich 44 %. Um die mit der Einführung des niedrigeren Steigerungsbetrages und den rückläufigen Umsatzsteigerungen verbundenen Nachteile abzumildern, seien für die Neu-Außendienstmitarbeiter der dienstzeitabhängige Sockelbetrag und der Verzicht auf die ratierliche Kürzung der Betriebsrente bei vorgezogener Inanspruchnahme eingeführt worden. Mit der Verbesserung der Versorgungsregelungen für die Neu-Außendienstmitarbeiter habe zudem ein Anreiz zu Umsatzsteigerungen geschaffen und Eigenkündigungen entgegengewirkt werden sollen. Außerdem hätten qualifizierte Mitarbeiter des Innendienstes für einen Wechsel in den Außendienst gewonnen werden sollen. Die Einführung des dienstzeitabhängigen Sockelbetrages anstelle einer Wiederanhebung des Steigerungsbetrages habe den Vorteil, dass sich ein höherer Sockelbetrag bei einem Wechsel vom Innen- in den Außendienst sofort auswirke. Die Anwartschaften der Neu-Außendienstmitarbeiter hätten sich im Jahr 1988 im Durchschnitt lediglich auf 723,08 DM/Monat belaufen. Infolge der Neuregelung seien ihre Anwartschaften sofort auf 1.985,58 DM/Monat gestiegen. Gegenüber den Neu-Außendienstmitarbeitern seien die Alt-Außendienstmitarbeiter jahrelang aufgrund der über die Besitzstandsklausel weiter geltenden Bestimmungen der VO 1974 sowohl im Hinblick auf die Altersrente als auch im Hinblick auf die Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung bessergestellt gewesen. Ihre Anwartschaften auf Altersrente hätten sich im Jahr 1988 im Durchschnitt auf 3.132,19 DM/Monat belaufen. Da die Rechtsvorgängerin der Beklagten bereits im Jahr 1979 das Versorgungswerk für Neueintritte hätte schließen können, müsse es erst recht zulässig sein, den Neu-Außendienstmitarbeitern eine Altersversorgung zu anderen Bedingungen zu gewähren und diese Versorgung später zu modifizieren. Schließlich habe der Kläger seine Ansprüche verwirkt, da er sie erstmals nach seinem Ausscheiden geltend gemacht habe. Insbesondere habe er der Mitteilung vom 25. Oktober 1994 über die Höhe seiner Versorgungsanwartschaft ebenso wenig widersprochen wie den Mitteilungen in den Folgejahren.

15

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision ist begründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Kläger hat Anspruch darauf, dass die Beklagte an ihn ab dem 1. Oktober 2006 eine um 826,45 Euro brutto höhere monatliche Betriebsrente, mithin eine monatliche Betriebsrente in Höhe von insgesamt 2.977,00 Euro brutto zahlt.

17

A. Die Klage ist zulässig. Das gilt auch für den Antrag zu 1.

18

I. Der Antrag zu 1. ist auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 ZPO gerichtet. Zwar können nach dieser Bestimmung nur Rechtsverhältnisse Gegenstand einer Feststellungsklage sein, nicht hingegen bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken, sondern kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen sowie auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (BAG 10. Februar 2009 - 3 AZR 653/07 - Rn. 12, EzA BetrAVG § 1 Betriebsvereinbarung Nr. 6). Im Streitfall geht es um die Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger ab dem 1. Oktober 2006 eine um 826,45 Euro brutto höhere monatliche Betriebsrente zu zahlen, und damit um den Umfang ihrer Leistungspflicht.

19

II. Der Kläger hat auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Die Möglichkeit, eine Klage auf künftige Leistung nach §§ 257 ff. ZPO zu erheben, beseitigt das Feststellungsinteresse nicht. Dem Kläger stand insoweit ein Wahlrecht zu (vgl. BAG 22. Februar 2000 - 3 AZR 39/99 - zu A der Gründe mwN, AP BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 13 = EzA BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 3).

20

B. Die Klage ist sowohl mit dem Feststellungsantrag als auch mit dem Zahlungsantrag begründet. Die Beklagte ist nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet, an den Kläger nach der für die Neu-Außendienstmitarbeiter geltenden Regelung für die Zeit ab dem 1. Oktober 2006 eine um - rechnerisch unstreitig - 826,45 Euro brutto höhere monatliche Betriebsrente, mithin insg. eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 2.977,00 Euro zu zahlen. Für die Zeit vom 1. Oktober 2006 bis zum 30. April 2008 schuldet die Beklagte ihm daher einen Differenzbetrag in Höhe von insg. 15.702,55 Euro brutto. Der Kläger hat auf seine Ansprüche weder verzichtet noch hat er das Recht, sie geltend zu machen, verwirkt.

21

I. Der Kläger hat nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz Anspruch auf Zahlung einer um 826,45 Euro brutto monatlich höheren Betriebsrente.

22

1. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist die privatrechtliche Ausprägung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG. Gemäß § 1b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG können Versorgungsverpflichtungen nicht nur auf einer Versorgungszusage, sondern auch auf dem Grundsatz der Gleichbehandlung beruhen. Im Bereich des Betriebsrentenrechts hat der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz damit kraft Gesetzes anspruchsbegründende Wirkung (vgl. BAG 10. Dezember 2002 - 3 AZR 3/02 - zu IV 2 a der Gründe, BAGE 104, 205; 16. Februar 2010 - 3 AZR 216/09 - Rn. 56, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 50 = EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 35). Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer in vergleichbarer Lage als auch eine sachfremde Gruppenbildung (vgl. BAG 21. August 2007 - 3 AZR 269/06 - Rn. 21, BAGE 124, 22).

23

Eine Gruppenbildung liegt vor, wenn für verschiedene Arbeitnehmergruppen unterschiedliche Leistungen vorgesehen werden. Dann verlangt der Gleichbehandlungsgrundsatz, dass diese Unterscheidung sachlich gerechtfertigt ist. Eine sachverhaltsbezogene Ungleichbehandlung verstößt erst dann gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, wenn sie willkürlich ist, weil sich ein vernünftiger Grund für die Differenzierung nicht finden lässt. Dagegen ist bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung der Gleichheitssatz bereits dann verletzt, wenn eine Gruppe anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können (vgl. BAG 18. September 2007 - 3 AZR 639/06 - Rn. 20, BAGE 124, 71; 16. Februar 2010 - 3 AZR 216/09 - Rn. 30, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 50 = EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 35).

24

Maßgeblich für die Beurteilung, ob für die unterschiedliche Behandlung ein hinreichender Sachgrund besteht, ist vor allem der Regelungszweck. Dieser muss die Gruppenbildung rechtfertigen (vgl. BAG 18. September 2007 - 3 AZR 639/06 - Rn. 20, BAGE 124, 71; 16. Februar 2010 - 3 AZR 216/09 - Rn. 31, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 50 = EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 35). Gerechtfertigt ist danach eine Gruppenbildung, wenn sie einem legitimen Zweck dient und zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich und angemessen ist (vgl. BAG 13. April 2011 - 10 AZR 88/10 - Rn. 13, DB 2011, 1923). Der Differenzierungsgrund muss die in der Regelung getroffene Rechtsfolge tragen. Wird eine zunächst im Wesentlichen gleichbehandelte Gruppe nachträglich aufgespalten, bedarf es zur Rechtfertigung der Gruppenbildung besonderer, aus dem Zweck der Versorgungsleistungen bestimmbarer Gründe (vgl. BAG 14. Juni 1983 - 3 AZR 565/81 - zu III 3 b der Gründe, BAGE 44, 61).

25

Sind die Gründe für die unterschiedliche Behandlung nicht ohne Weiteres erkennbar, ist der Arbeitgeber verpflichtet, diese offenzulegen und jedenfalls im Rechtsstreit mit einem benachteiligten Arbeitnehmer so substantiiert darzutun, dass beurteilt werden kann, ob die Gruppenbildung sachlichen Kriterien entspricht (vgl. BAG 12. Oktober 2005 - 10 AZR 640/04 - zu II 2 der Gründe, BAGE 116, 136).

26

Sind die Unterscheidungsmerkmale nicht ohne Weiteres erkennbar und legt der Arbeitgeber seine Differenzierungsgesichtspunkte nicht dar oder ist die unterschiedliche Behandlung nach dem vom Arbeitgeber vorgetragenen Zweck der Leistung sachlich nicht gerechtfertigt, kann die benachteiligte Arbeitnehmergruppe verlangen, nach Maßgabe der begünstigten Arbeitnehmergruppe behandelt zu werden (vgl. BAG 11. Dezember 2007 - 3 AZR 249/06 - Rn. 45, BAGE 125, 133).

27

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen hält die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Differenzierung zwischen den vor dem 1. November 1979 und den danach eingestellten Außendienstmitarbeitern in Bezug auf den Sockelbetrag und die zeitratierliche Kürzung der Versorgungsleistungen bei vorgezogener Inanspruchnahme ist nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt.

28

a) Die Beklagte kann die im Jahr 1988 vorgenommene Differenzierung zwischen den Alt- und den Neu-Außendienstmitarbeitern nicht allein darauf stützen, ihre Rechtsvorgängerin sei berechtigt gewesen, das Versorgungswerk bereits im Jahr 1979 für Neueintritte zu schließen, so dass es erst recht zulässig sein müsse, für die Neueintritte andere Versorgungsbedingungen vorzusehen und diese später zu modifizieren. So ist die Rechtsvorgängerin der Beklagten nicht verfahren. Sie hat vielmehr alle Außendienstmitarbeiter in die VO 1979 einbezogen, unabhängig davon, ob sie vor oder nach dem 1. November 1979 in den Außendienst eingetreten sind. Sie hat daher eine insoweit zunächst gleichbehandelte Gruppe nachträglich aufgespalten. Die Differenzierung zwischen den Alt-Außendienstmitarbeitern und den Neu-Außendienstmitarbeitern bedurfte deshalb besonderer, aus dem Zweck der Versorgungsleistungen bestimmbarer Gründe.

29

Die in der VO 1979 unter XX. 1. getroffene Besitzstandsregelung gebietet keine andere Beurteilung. Nach dieser Bestimmung werden die Altersrente oder die erdiente Altersrente der Alt-Außendienstmitarbeiter nach der VO 1974 festgesetzt, wenn dies für den Anspruchsberechtigten günstiger ist. Zu einer Besitzstandsregelung war die Rechtsvorgängerin der Beklagten aus Rechtsgründen gezwungen. Sie konnte die Versorgungsbedingungen der Alt-Außendienstmitarbeiter nach der VO 1974 nicht zu deren Nachteil ändern, weil keine sachlichen Gründe für die damit verbundenen Eingriffe in deren Anwartschaften bestanden (zu den Voraussetzungen, unter denen Eingriffe in Anwartschaften zulässig sind, BAG 15. Februar 2011 - 3 AZR 45/09 - Rn. 64). Die Besitzstandsregelung ist daher nicht ohne Weiteres geeignet, den Alt-Außendienstmitarbeitern Vergünstigungen, die Neu-Außendienstmitarbeitern später gewährt wurden, vorzuenthalten. Zudem sind die Versorgungsleistungen, die die Alt-Außendienstmitarbeiter nach der unter XX. 1. der VO 1979 getroffenen Besitzstandsregelung beanspruchen können, auf einen Höchstbetrag von 3.300,00 DM begrenzt. Deshalb richten sich die Betriebsrentenansprüche auch der Alt-Außendienstmitarbeiter nach der VO 1979, wenn dies für sie günstiger ist. Da die Alt-Außendienstmitarbeiter zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der VO 1979 aufgrund der hohen Umsatzsteigerungen in den 70er Jahren bereits hohe Anwartschaften erdient hatten, musste in Betracht gezogen werden, dass sich auch deren Versorgungsansprüche bei Eintritt des Versorgungsfalls im Regelfall nach der VO 1979 und nicht nach der VO 1974 berechnen würden. Dies entsprach auch dem Regelungswillen der Rechtsvorgängerin der Beklagten, die mit der in der Besitzstandsklausel getroffenen Günstigkeitsregelung die Alt-Außendienstmitarbeiter zu einer weiteren Steigerung ihrer Umsätze motivieren wollte.

30

b) Die Beklagte kann sich zur Rechtfertigung der Differenzierung zwischen den Alt- und den Neu-Außendienstmitarbeitern auch nicht mit Erfolg darauf berufen, mit der Einführung des dienstzeitabhängigen Sockelbetrages für die Neu-Außendienstmitarbeiter und dem Verzicht auf die ratierliche Kürzung der Betriebsrente bei vorgezogener Inanspruchnahme hätten die Nachteile abgemildert werden sollen, die für die Neu-Außendienstmitarbeiter mit der Absenkung des Steigerungsbetrages von 10 % auf 4 % verbunden gewesen seien. Dies trägt die Differenzierung nicht. Der Steigerungsbetrag wurde durch die VO 1979 nicht nur für die Neu-Außendienstmitarbeiter, sondern auch für die Alt-Außendienstmitarbeiter auf 4 % abgesenkt. Ein höherer Steigerungsbetrag konnte den Alt-Außendienstmitarbeitern nur zugutekommen, wenn die Berechnung ihrer Versorgungsleistungen aufgrund der Besitzstandsregelung und damit nach der VO 1974 für sie im Einzelfall günstiger war. Aufgrund der Begrenzung der Versorgungsleistungen nach der VO 1974 auf 3.300,00 DM monatlich konnte die Rechtsvorgängerin der Beklagten nicht davon ausgehen, dass die Berechnung der Versorgungsleistungen bei der Gruppe der Alt-Außendienstmitarbeiter im Regelfall nach der VO 1974 vorzunehmen sein würde.

31

c) Die Einführung des dienstzeitabhängigen Sockelbetrages nur für die Neu-Außendienstmitarbeiter und der Verzicht auf die ratierliche Kürzung der Betriebsrente wegen deren vorgezogener Inanspruchnahme nur bei diesen ist auch nicht deshalb sachlich gerechtfertigt, weil diese Vergünstigungen der Abmilderung der Nachteile dienen sollten, die für die Neu-Außendienstmitarbeiter mit den rückläufigen Umsatzsteigerungen in den Jahren 1979 bis 1988 verbunden waren.

32

aa) Das Vorenthalten einer verbessernden Neuregelung gegenüber einer Arbeitnehmergruppe kann sachlich begründet sein, wenn mit der Neuregelung unterschiedliche Versorgungsbedingungen zwischen verschiedenen Gruppen von Arbeitnehmern ausgeglichen werden sollen (zum Ausgleich unterschiedlicher Arbeitsbedingungen vgl. BAG 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - Rn. 27, BAGE 122, 1; 1. April 2009 - 10 AZR 353/08 - Rn. 18, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 284; 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 21 ff., AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22). Da eine betriebliche Versorgungsregelung an einen typischerweise unterschiedlichen Versorgungsbedarf einzelner Arbeitnehmergruppen anknüpfen darf (vgl. BAG 16. Februar 2010 - 3 AZR 216/09 - Rn. 37, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 50 = EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 35), ist auch ein Differenzierungsgrund dann grundsätzlich billigenswert und nicht zu beanstanden, wenn die unterschiedliche Behandlung dazu dient, Versorgungslücken, die nur bei einer Arbeitnehmergruppe entstehen, zu schließen. Nach dem Zweck einer auf den Ausgleich von Unterschieden im Versorgungsniveau gerichteten Leistung ist eine Verbesserung der Versorgungsbedingungen für eine Gruppe jedoch nur in dem Maße zulässig, wie dies zur Schließung der Versorgungslücken erforderlich ist. Insoweit muss die Gruppenbildung nicht nur einem legitimen Zweck dienen und zur Erreichung des Zwecks erforderlich sein; sie muss - gemessen am Zweck - auch angemessen sein. Führt eine Verbesserung von Versorgungsbedingungen zu einer Überkompensation und damit zu einer Besserstellung der zuvor benachteiligten Arbeitnehmergruppe, so besteht im Umfang der Überkompensation kein sachlicher Grund, der anderen Gruppe diese Leistung vorzuenthalten (zum Vorenthalten einer Gehaltserhöhung vgl. insoweit BAG 13. April 2011 - 10 AZR 88/10 - Rn. 23, DB 2011, 1923).

33

bb) Die Beklagte hat nicht hinreichend dargelegt, dass aufgrund der rückläufigen Umsatzsteigerungen in den Jahren 1979 bis 1988 bei Eintritt des Versorgungsfalls solche Unterschiede im Versorgungsniveau der Alt- und der Neu-Außendienstmitarbeiter zu besorgen waren, die die getroffene Regelung decken.

34

Entscheidend sind dabei nicht die im Jahr 1988 bereits erworbenen Anwartschaften; es kommt vielmehr darauf an, ob im Jahr 1988 zu prognostizieren war, dass im Zeitpunkt des Versorgungsfalls Unterschiede im Versorgungsniveau bestehen würden. Deshalb hat es keine Bedeutung, dass die Alt-Außendienstmitarbeiter aufgrund der VO 1974 jahrelang sowohl im Hinblick auf die Berechnung der Altersrente als auch im Hinblick auf die Höhe einer möglichen Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung bessergestellt waren als die Neu-Außendienstmitarbeiter. Zu dem im Jahr 1988 zu prognostizierenden Versorgungsniveau der beiden Außendienstmitarbeitergruppen bei Eintritt des Versorgungsfalls hat die Beklagte keinen Vortrag gehalten, obwohl der Kläger geltend gemacht hat, die Beklagte habe nicht substantiiert zur angeblichen Besserstellung der Gruppe der Alt-Außendienstmitarbeiter vorgetragen. Insoweit hätte sie unter Darlegung der Umsätze in der Vergangenheit und der für die Zeit ab 1988 zu prognostizierenden Umsätze zur Höhe der Betriebsrente vortragen müssen, die jeder einzelne Außendienstmitarbeiter im Versorgungsfall ausschließlich aufgrund der in der VO 1979 nebst Nachträgen geregelten Steigerungsbeträge zu erwarten hatte. Erst ein solcher Vortrag hätte eine Beurteilung ermöglicht, ob zwischen den beiden Außendienstmitarbeitergruppen gruppenspezifische Unterschiede im Versorgungsniveau bestanden.

35

Zwar sind dem Arbeitgeber bei Versorgungsregelungen mit kollektiver Wirkung Typisierungen und Pauschalierungen grundsätzlich erlaubt (vgl. BAG 13. November 2007 - 3 AZR 455/06 - Rn. 31, BAGE 125, 11). Eine zulässige Typisierung setzt aber voraus, dass es innerhalb der einzelnen Gruppen keine bezeichnenden Unterschiede im Versorgungsniveau gibt. Das bedeutet, dass die einzelnen Gruppen in sich hinreichend homogen sein müssen, die einzelnen Gruppenmitglieder demnach einen typischerweise ähnlichen Versorgungsgrad aus der Betriebsrente aufweisen. Dies schließt Streubreiten zwar nicht aus, diese wären jedoch zu erläutern. Erst wenn die Gruppenbildung als solche nicht zu beanstanden ist und die Unterschiede im Versorgungsniveau der unterschiedlichen Gruppen feststehen, ist zudem eine Entscheidung darüber möglich, ob die Verbesserungen der Versorgungsbedingungen für die eine Arbeitnehmergruppe in Anbetracht des Differenzierungszwecks angemessen sind oder ob sie Unterschiede ggf. überkompensieren.

36

d) Auch das von der Beklagten angeführte Bestreben, mit den Vergünstigungen für die Neu-Außendienstmitarbeiter einen Anreiz zu Umsatzsteigerungen zu schaffen, trägt die vorgenommene Differenzierung nicht. Die mit diesen getroffenen Vereinbarungen sind nicht umsatzbezogen ausgestaltet. Nach dem Vorbringen der Beklagten wirkten sich Umsatzsteigerungen bei den Neu-Außendienstmitarbeitern zwar wegen der mit dem Nachtrag III vom 3. Dezember 1984 eingeführten monatlichen Mindestrente von 1.500,00 DM über Jahre hinweg nicht unmittelbar rentensteigernd aus. Deshalb könnte aus Sicht der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Änderung der Versorgungsregelung wünschenswert gewesen sein, um die Neu-Außendienstmitarbeiter zu Umsatzsteigerungen zu motivieren. Dies hätte möglicherweise die Erhöhung des dienstzeitunabhängigen Grundbetrages für diese Arbeitnehmergruppe rechtfertigen können, nicht aber die Einführung eines dienstzeitabhängigen Sockelbetrages, der sich künftig auch dann jährlich weiter rentensteigernd auswirkt, wenn die monatliche Mindestrente überschritten ist. Die Schaffung eines Anreizes zu Umsatzsteigerungen ist auch nicht geeignet, lediglich bei den Neu-Außendienstmitarbeitern einen Verzicht auf eine zeitratierliche Kürzung der Versorgungsleistungen bei vorgezogener Inanspruchnahme zu rechtfertigen.

37

e) Die Ungleichbehandlung ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil es der Rechtsvorgängerin der Beklagten darum ging, Neu-Außendienstmitarbeiter von Eigenkündigungen abzuhalten und weitere Mitarbeiter für den Außendienst zu gewinnen. Zwar kann der Arbeitgeber mit Leistungen der betrieblichen Altersversorgung unterschiedliche Zwecke verfolgen. Die betriebliche Altersversorgung soll die wirtschaftliche Lage der Arbeitnehmer im Alter verbessern. Daneben soll sie in der Regel die von den Arbeitnehmern gezeigte Betriebszugehörigkeit belohnen und weitere Betriebszugehörigkeit fördern. Hierbei handelt es sich um rechtmäßige Ziele (vgl. BAG 30. November 2010 - 3 AZR 754/08 - Rn. 33, AP BetrAVG § 16 Nr. 72), die dem Arbeitgeber uU auch die Begünstigung von Mitarbeitern erlauben, an deren Beschäftigung er ein besonderes Interesse hat. Die Beklagte hat jedoch weder vorgetragen, weshalb ihre Rechtsvorgängerin ein besonderes Interesse an der Bindung nur der Neu-Außendienstmitarbeiter hatte, noch hat sie Mitarbeiter benannt, die die Absicht geäußert hatten, wegen der VO 1979 ihre Arbeitsverhältnisse zu kündigen oder die eine Anstellung im Außendienst wegen der VO 1979 abgelehnt hätten.

38

II. Der Anspruch des Klägers ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass dieser den ihm übermittelten Versorgungsmitteilungen nicht innerhalb der dort angegebenen Frist widersprochen hat. Darin liegt kein Verzicht auf die Geltendmachung von Versorgungsansprüchen aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Aus dem Schweigen des Klägers konnte die Rechtsvorgängerin der Beklagten lediglich entnehmen, dass der Kläger gegen die Berechnung der Versorgungsanwartschaft nach der VO 1979 und nach der wegen der Besitzstandsregelung anzuwendenden VO 1974 keine Einwendungen erheben wollte. Anhaltspunkte dafür, dass er auf weitergehende Ansprüche verzichten wollte, konnten seinem Schweigen hingegen nicht entnommen werden. Versorgungsansprüche haben zumeist einen hohen Wert. Ihre Erhaltung und Erfüllung ist für den daraus Berechtigten von großer Bedeutung. Deshalb wird kein Arbeitnehmer ohne besonderen Grund auf derartige Rechte verzichten. Diese Bedeutung der Versorgungsansprüche für den Arbeitnehmer erfordert daher eine unmissverständliche Erklärung. Ein solcher Verzicht muss eindeutig und zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht werden (vgl. BAG 20. April 2010 - 3 AZR 225/08 - Rn. 48 und 50, AP BetrAVG § 1 Nr. 63). Daran fehlt es. Im Übrigen setzt ein Verzicht voraus, dass die Parteien vom Bestehen einer bestimmten Schuld ausgehen (vgl. BAG 20. April 2010 - 3 AZR 225/08 - Rn. 48, aaO). Dies kann zumindest auf Seiten der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin nicht angenommen werden.

39

III. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten sind die Ansprüche des Klägers auch nicht verwirkt.

40

1. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Es ist nicht Zweck der Verwirkung, Schuldnern, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen. Zu dem Zeitmoment müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Der Berechtigte muss unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Durch die Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz (vgl. BAG 20. April 2010 - 3 AZR 225/08 - Rn. 53 mwN, AP BetrAVG § 1 Nr. 63).

41

2. Im Streitfall ist bereits das Zeitmoment nicht erfüllt.

42

a) Das Zeitmoment kann frühestens mit der Entstehung bzw. Fälligkeit des Anspruchs ausgelöst werden. Nach ständiger Rechtsprechung scheidet eine Verwirkung von vornherein aus, solange das geltend gemachte Recht noch nicht besteht. Das Zeitmoment beginnt daher nicht vor Fälligkeit der sich aus dem Rentenstammrecht ergebenden Leistungen (vgl. BAG 20. April 2010 - 3 AZR 225/08 - Rn. 56, AP BetrAVG § 1 Nr. 63). Deshalb ist ein Arbeitnehmer nicht verpflichtet, die Höhe seiner Versorgungsansprüche bereits während des bestehenden Arbeitsverhältnisses geltend zu machen oder gar im Wege einer Feststellungsklage gerichtlich klären zu lassen.

43

b) Der Versorgungsfall ist vorliegend mit dem 1. Oktober 2006 eingetreten. Der Kläger hat sich erstmals mit Schreiben vom 9. Mai 2007 - mithin rund sieben Monate nach Eintritt des Versorgungsfalls - auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz berufen. Dieser Zeitraum reicht für die Erfüllung des Zeitmoments nicht aus, zumal die Rechtsvorgängerin der Beklagten dem Kläger erst am 25. Mai 2007 verbindlich die Berechnung seiner Betriebsrentenansprüche mitgeteilt hat.

44

3. Die Beurteilung der Frage, ob ein Recht verwirkt ist, obliegt zwar grundsätzlich dem Tatrichter. Dieser hat den ihm zur Begründung des Einwands der Verwirkung vorgetragenen Sachverhalt eigenverantwortlich zu würdigen (BAG 20. April 2010 - 3 AZR 225/08 - Rn. 54, AP BetrAVG § 1 Nr. 63). In der Revisionsinstanz ist deshalb nur eingeschränkt nachprüfbar, ob Verwirkung eingetreten ist. Dennoch war der Senat nicht verpflichtet, die Sache zur weiteren Aufklärung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht hat eine Verwirkung - nach seiner Lösung folgerichtig - nicht geprüft. Da der Sachverhalt geklärt ist und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, konnte der Senat selbst über die Verwirkung entscheiden (vgl. BAG 20. Mai 2008 - 9 AZR 219/07 - Rn. 51, BAGE 126, 352).

45

IV. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB.

46

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 ArbGG, § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Zwanziger    

        

    Schlewing    

        

        

        

    Heuser    

        

    Bialojahn    

                 

(1) Werden einem Arbeitnehmer Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt (betriebliche Altersversorgung), gelten die Vorschriften dieses Gesetzes. Die Durchführung der betrieblichen Altersversorgung kann unmittelbar über den Arbeitgeber oder über einen der in § 1b Abs. 2 bis 4 genannten Versorgungsträger erfolgen. Der Arbeitgeber steht für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen auch dann ein, wenn die Durchführung nicht unmittelbar über ihn erfolgt.

(2) Betriebliche Altersversorgung liegt auch vor, wenn

1.
der Arbeitgeber sich verpflichtet, bestimmte Beiträge in eine Anwartschaft auf Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung umzuwandeln (beitragsorientierte Leistungszusage),
2.
der Arbeitgeber sich verpflichtet, Beiträge zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung zu zahlen und für Leistungen zur Altersversorgung das planmäßig zuzurechnende Versorgungskapital auf der Grundlage der gezahlten Beiträge (Beiträge und die daraus erzielten Erträge), mindestens die Summe der zugesagten Beiträge, soweit sie nicht rechnungsmäßig für einen biometrischen Risikoausgleich verbraucht wurden, hierfür zur Verfügung zu stellen (Beitragszusage mit Mindestleistung),
2a.
der Arbeitgeber durch Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrages in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung verpflichtet wird, Beiträge zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung nach § 22 zu zahlen; die Pflichten des Arbeitgebers nach Absatz 1 Satz 3, § 1a Absatz 4 Satz 2, den §§ 1b bis 6 und 16 sowie die Insolvenzsicherungspflicht nach dem Vierten Abschnitt bestehen nicht (reine Beitragszusage),
3.
künftige Entgeltansprüche in eine wertgleiche Anwartschaft auf Versorgungsleistungen umgewandelt werden (Entgeltumwandlung) oder
4.
der Arbeitnehmer Beiträge aus seinem Arbeitsentgelt zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung leistet und die Zusage des Arbeitgebers auch die Leistungen aus diesen Beiträgen umfasst; die Regelungen für Entgeltumwandlung sind hierbei entsprechend anzuwenden, soweit die zugesagten Leistungen aus diesen Beiträgen im Wege der Kapitaldeckung finanziert werden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.