Landesarbeitsgericht München Urteil, 30. Jan. 2019 - 4 Sa 336/18

bei uns veröffentlicht am30.01.2019
vorgehend
Arbeitsgericht München, 32 Ca 1421/17, 15.03.2018

Gericht

Landesarbeitsgericht München

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 15. März 2018 - 32 Ca 1421/17 - in seinen Ziffern I. und II. unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgeändert.

2. Es wird festgestellt, dass das das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aus dem Anstellungsvertrag vom 30.04.2002/05.05.2002 über die Beschäftigung als kaufmännischer Leiter der Beklagten durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 06.03.2017, zugegangen am 06.03.2017, nicht aufgelöst wird.

3. Es wird festgestellt, dass das das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aus dem Anstellungsvertrag vom 30.04.2002/05.05.2002 über die Beschäftigung als kaufmännischer Leiter der Beklagten durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 14.03.2017, zugegangen am 17.03.2017, nicht aufgelöst wird.

4. Der Auflösungsantrag der Beklagten wird zurückgewiesen.

5. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

6. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch über die Frage, ob neben dem Dienstverhältnis des Klägers als Organgeschäftsführer der Beklagten zusätzlich ein Arbeitsverhältnis als kaufmännischer Leiter der Beklagten bestand sowie über die Rechtswirksamkeit zweier von der Beklagten höchstvorsorglich ausgesprochener ordentlicher Kündigungen und über den in der letzten mündlichen Verhandlung gestellten Auflösungsantrag.

Der zum Zeitpunkt der Klageerhebung 52 Jahre alte, verheiratete Kläger war seit dem 01.10.2002 zunächst aufgrund eines von der Beklagten am 30.04.2002 und vom Kläger am 05.05.2002 unterzeichneten Anstellungsvertrags (vgl. Anlage K 2, Bl. 24 f. d.A.) als kaufmännischer Leiter bei der Beklagten beschäftigt. Das monatliche Gehalt betrug € x….,xx brutto und sollte sich anteilig zu den tariflichen Vereinbarungen zum Manteltarifvertrag erhöhen. Zudem erhielt der Kläger die vermögensbildenden Leistungen in Höhe von € xx,xx sowie eine Haushaltszulage in Höhe von € xx,xx.

Die Beklagte beschäftigt in ihrem Betrieb regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer. Bei der Beklagten besteht seit ca. Mitte 2016 ein Betriebsrat.

Dem Abschluss des Anstellungsvertrags ging - neben einem Gespräch am 18.04.2002 zwischen dem Kläger und dem vormaligen Geschäftsführer der Beklagten, Herrn E. - nachfolgend dargestellter Schriftverkehr voraus:

Mit Schreiben vom 04.04.2002 (vgl. Anlage K 14, Bl. 211 d.A.) teilte die Beklagte unter dem Betreff „Einstellung als kaufmännischer Leiter und zur Nachfolge in der Geschäftsführung“ dem Kläger unter anderem mit:

„… hat sich der Ausschuß des Aufsichtsrates unserer Gesellschaft am 03.04.2002 dafür ausgesprochen, Sie als kaufmännischen Leiter mit Wirkung ab dem 01.10.2002 und zur Nachfolge der Geschäftsführung mit Wirkung ab dem 01.01.2003 einzustellen.

Wie vereinbart werde ich Ihnen in den nächsten Tagen einen Entwurf des Anstellungsvertrages vorlegen. Nach grundsätzlicher Zustimmung durch Sie werde ich den Aufsichtsrat in der voraussichtlich am 29.04.2002 stattfindenden Sitzung über Ihren Anstellungsvertrag beschließen lassen. Da die Grundlagen des Vertrages die Ihnen bereits vorgelegten Konditionen sein werden, gehe ich davon aus, daß dem Vertragsabschluß keine wesentlichen Einwendungen entgegenstehen.“

Mit Schreiben vom 13.04.2002 (vgl. Anlage K 19 des Berufungsbegründungsschriftsatzes vom 11.07.2018, Bl. 433 f. d.A.) nahm der Kläger zu den Entwürfen des Anstellungs- und Dienstvertrages vom 10.04.2002 ausführlich Stellung. Dabei schlug er u.a. vor, den zeitlich früheren Anstellungsvertrag nur befristet für 3 Monate bis zum 31.12.2002 abzuschließen.

Am 18.04.2002 fand ein Gespräch zwischen dem Kläger und dem vormaligen Geschäftsführer der Beklagten, Herrn E., statt. In der von ihm gefertigten „Gesprächsunterlage zum Treffen mit H. Dr. A. am 18.04.2002“ (vgl. Anlage K 4, Bl. 27 d.A.) heißt es unter 1. zu „befri stetem Anstellungsvertrag“:

„Die Anstellung als kfm. Leiter ist immer Grundlage des Beschäftigungsverhältnisses, so kann die GF von beiden Seiten kurzfristig aberkannt oder vom GF aufgegeben werden, ohne daß das Beschäftigungsverhältnis deshalb beendet werden muß. Siehe dazu auch § 8 Ziffer 4. des Dienstvertrages.

Der AR wird den GF-Vertrag in jedem Fall nur vorberaten, da der Gesellschafter die Berufung zum GF vornimmt. Der 1. Bürgermeister ist Vertreter des Gesellschafters, aber zu diesem Beschluss auf die Zustimmung des Stadtrates angewiesen.

Die Berufung wird aber der bis 30.04.02 amtierende Stadtrat nicht mehr vornehmen, teils aus zeitlichen Gründen, teils aus der Überlegung heraus, daß dabei über einen Vorgang beschlossen werden soll, der zum Jahresende relevant sein wird und damit dem neuen Rat zur Abstimmung überlassen wird.

Die Vorlage des GF-Vertrages erfolgte noch in der letzten Sitzung des derzeitigen Aufsichtsrates, der noch die Einstellung als kfm. Leiter beschließt. Der derzeitige AR kann den Vertrag sozusagen „vorberaten“, was dem nachfolgenden AR entlasten wird und die Abstimmung im neuen Stadtrat wesentlich erleichtert.

Diese Zeitplanung ist so mit dem derzeitigen AR abgestimmt.“

Ausweislich des Protokolls (vgl. Anlage K 15, Bl. 212 d.A.) hat der Aufsichtsrat der Beklagten am 29.04.2002 unter dem Tagesordnungspunkt TOP 4 „Nachfolge der Geschäftsführung, Vorlage des Anstellungs- und des Dienstvertrages des neuen GF“ mit 6:0 Stimmen folgende Beschlüsse gefasst:

„Der Aufsichtsrat hat den Anstellungsvertrag beraten und beauftragt die Geschäftsführung, diesen Vertrag - nach Einarbeitung der getroffenen Änderungen - mit Herrn A. abzuschließen. Der Vertrag ist dem Protokoll beizufügen.“

„Der Aufsichtsrat hat den Dienstvertrag vorberaten und grundsätzlich akzeptiert. Das vorläufige Ergebnis kann Hr. A. mitgeteilt werden.

Vor Vertragsabschluß muss die Gesellschafterversammlung noch die Übertragung der Geschäftsführung an Hr. A. beschließen, vorgesehen ist dies ab dem 01.01.2003. Vorher ist der Vertrag dem neuen Aufsichtsrat zur endgültigen Beschlußfassung vorzulegen.“

Mit Datum vom 30.04.2002 schrieb die Beklagte an den Kläger (vgl. Anlage K 16, Bl. 213 d.A.) unter dem Betreff „Anstellungsvertrag1" Folgendes:

„… hat der Aufsichtsrat unserer Gesellschaft am 29.04.2002 den Anstellungsvertrag und den Dienstvertrag einstimmig und nahezu unverändert akzeptiert. Dazu der beiliegende Protokollauszug.

Wie vereinbart, liegt diesem Schreiben der von mir bereits unterzeichnete Anstellungsvertrag bei, ich bitte Sie nunmehr, den Vertrag zu prüfen und bei Zustimmung ein Exemplar unterzeichnet an mich zurückzureichen.

Den bereits von diesem AR akzeptierten Dienstvertrag lege ich Ihnen für Ihre Unterlagen ebenfalls bei, das vor der Unterzeichnung noch notwendige Prozedere ist im Protokollauszug kurz beschrieben.“

Der Anstellungsvertrag vom 30.04.2002/05.05.2002 (vgl. Anlage K 2, Bl. 24 f. d.A.) enthielt - soweit vorliegend relevant - folgende Vereinbarungen:

„1 Inhalt und Beginn des Arbeitsverhältnisses

1.1 Herr A. wird ab 1. Oktober 2002 als kaufmännischer Leiter der C. beschäftigt. Es ist vorgesehen, Herrn A. ab dem 01.01.2003 die Geschäftsführung der C. zu übertragen. Dazu wird in Ergänzung dieses Vertrages ein Dienstvertrag abgeschlossen.

1.3 Das Arbeitsverhältnis unterliegt einer Probezeit von 6 Monaten, während der es beiderseits täglich ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist von beiden Seiten gekündigt werden kann. Wird das Arbeitsverhältnis während der Probezeit nicht gekündigt, gilt es als unbefristet abgeschlossen.

1.4 Soweit dieser Vertrag nichts anderes bestimmt, gelten für dieses Arbeitsverhältnis die Bestimmungen des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer der bayerischen Elektrizitätsversorgungsunternehmen in der jeweils gültigen Fassung.

1.5 Herr A. hat alle Aufgaben eines kaufmännischen Leiters einschließlich der Erstellung der Jahresabschlüsse zu übernehmen. Der Aufgabenkreis kann durch die Firma je nach den betrieblichen Erfordernissen erweitert oder beschränkt werden.

2. Arbeitsentgelt

2.1 Als monatlich zu zahlende Vergütung wird vereinbart: Grundgehalt brutto bis zur Übernahme der GF mtl. x….,xx € Ein dreizehntes Monatseinkommen als Weihnachtsgeld x….,xx €, in 2002 anteilig Ab Übernahme der Geschäftsführung ein Zuschlag von mtl. 500,00 €

2.2 Das Grundgehalt erhöht sich anteilig zu den tariflichen Vereinbarungen zum Manteltarifvertrag.

2.3 Vor Ablauf des 3. Jahres nach Übernahme der Geschäftsführung erfolgt eine Überprüfung der Bezüge durch den Aufsichtsrat, wobei bei Bewährung (oder entsprechender Leistung) ab dem 01.01.2005 eine Tantieme in Aussicht gestellt wird, die sich in Höhe von 3%o aus dem Rohertrag errechnet.

2.6 Vermögenswirksame Leistung wird in gesetzlich zulässiger Höhe gewährt.

2.7 Die betriebsübliche Direktversicherung (Lebensversicherung) ist nach Ablauf der Probezeit rückwirkend ab dem 01.01.03 durch die Gesellschaft zu Gunsten des Geschäftsführers mit dem steuerlich begünstigten Höchstbetrag abzuschließen.

6. Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Das Arbeitsverhältnis endet ohne Kündigung am Ende des Monats, in dem der Geschäftsführer das 65. Lebensjahr vollendet.

Ausweislich eines Protokollauszugs über die Aufsichtsratssitzung vom 18.07.2002 (vgl. Anlage K 13, Bl. 210 d.A.) fasste der Aufsichtsrat der Beklagten an diesem Tag unter dem Tagesordnungspunkt TOP 9 „Nachfolge der Geschäftsführung, Vorlage des Anstellungsund des Dienstvertrages des neuen GF“ folgenden Beschluss:

„Dem Aufsichtsrat wurde der Anstellungsvertrag vorgetragen. Der Dienstvertrag für den neuen Geschäftsführer wurde beraten, er kann nach Zustimmung der Gesellschafterversammlung zur Übertragung der Geschäftsführung an H. A. abgeschlossen werden; vorgesehen ist dies ab dem 01.01.2003.“

Am 17.03.2003 schlossen die Parteien den 1. Geschäftsführer-Dienstvertrag (vgl. Anlage K 5, Bl. 28 ff. d.A.). Darin wurde - soweit vorliegend relevant - Folgendes vereinbart:

Aufgabenbereich

1. Herr A. wurde am 01. Oktober 2002 als kaufmännischer Leiter eingestellt. Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 04.12.2002 wird er per 01.01.2003 zum Geschäftsführer bestellt, die Eintragung im Registergericht ist vorzunehmen.

4. Der Geschäftsführer ist an eine bestimmte Dienstzeit nicht gebunden, er hat jedoch mindestens die Arbeitszeit der Angestellten einzuhalten. Auch außerhalb der Arbeitszeit wird er sich zur Dienstleistung zur Verfügung stellen, wenn und soweit es das Wohl der Gesellschaft erfordert.

§ 2

Umfang der Geschäftsführungsbefugnis

1. Der Geschäftsführer wird sein Amt mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes führen und die ihm durch Gesetz und Vertrag übertragenen Obliegenheiten genau erfüllen. Er wird dabei insbesondere die Weisungen und Beschlüsse des Aufsichtsrates und der Gesellschafterversammlung beachten.

2. Der Geschäftsführer hat seine ganze Arbeitskraft sowie alle Erfahrungen und Kenntnisse dem Dienst im Unternehmen zu widmen. Alle Geschäfte, die außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes liegen, bedürfen der vorherigen Zustimmung des Aufsichtsrates.

§ 3 Bezüge

1. Als monatlich zu zahlende Vergütung wird vereinbart:

Grundgehalt brutto ab Übernahme der Geschäftsführung x….,xx € 4. Das Bruttogehalt des Geschäftsführers erhöht sich jeweils um den gleichen Prozentsatz und zum gleichen Zeitpunkt, wie sich die Gehälter der Angestellten erhöhen nach den Tarifvereinbarungen zwischen der Arbeitgebervereinigung bayer. EVU und der Gewerkschaft VERDI.

5. Eine besondere Vergütung von Mehr-, Sonn- und Feiertagsarbeit ist ausgeschlossen.

6. Vor Ablauf des 3. Jahres nach Übernahme der Geschäftsführung erfolgt eine Überprüfung der Bezüge durch den Aufsichtsrat, wobei bei Bewährung (oder entsprechender Leistung) eine Tantieme in Aussicht gestellt wird, die sich in Höhe von 3%o aus dem Rohertrag errechnet.

§ 4 Nebenleistungen

5. Die betriebsübliche Direktversicherung (Lebensversicherung) ist nach Ablauf der Probezeit rückwirkend zum 01.01.2003 durch die Gesellschaft zu Gunsten des Geschäftsführers mit dem steuerlich begünstigten Höchstbetrag abzuschließen.

§ 8 Vertragsdauer und Kündigung

1. Der Vertrag tritt am 01.01.2003 in Kraft und wird zunächst auf die Dauer von 3 Jahren abgeschlossen. Der Vertrag verlängert sich jeweils um weitere 5 Jahre, sollte er nicht ein halbes Jahr vor Vertragsende gekündigt werden. Eine ordentliche Kündigung ist -abgesehen von der im Anstellungsvertrag vereinbarten Probezeit - während der vereinbarten Laufzeit beiderseits ausgeschlossen. Die Kündigung durch den Geschäftsführer ist schriftlich an den Aufsichtsratsvorsitzenden zu richten.

2. Unberührt durch diese Bestimmungen bleibt die Kündigung aus wichtigem Grund nach § 626 BGB.

4. Die Abberufung als Geschäftsführer durch Beschluss der Gesellschaftsorgane ist unbeschadet seiner Ansprüche auf Gehalt, Tantieme, Urlaub usw. jederzeit möglich.

6. Das Arbeitsverhältnis endet unbeschadet der Regelungen in Ziffer 1 ohne Kündigung am Ende des Monats, in dem der Geschäftsführer das 65. Lebensjahr vollendet.

§ 9 Schlussbestimmungen

1. Soweit in diesem Vertrag keine besonderen Vereinbarungen getroffen wurden, gelten die gesetzlichen, tariflichen oder von den Gesellschaftsorganen getroffenen Bestimmungen. Bei Streitigkeiten aus diesem Arbeitsvertrag gilt als Gerichtsstand B-Stadt.

2. Vereinbarungen außerhalb dieses Vertrages wurden nicht geschlossen. Aufhebungen oder Änderungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Schriftform und eines Beschlusses der zuständigen Gesellschaftsorgane.

Am 25.04.2005 hat der Aufsichtsrat der Beklagten (vgl. Protokoll in der Anlage K 17, Bl. 214 d.A.) unter dem Tagesordnungspunkt TOP 2 „Verlängerung des Geschäftsführervertrages und Regelung der Bezüge“ mit 6:0 Stimmen folgenden Beschluss gefasst:

„Erläuterungen zum Beschlussvorschlag:

In der AR-Sitzung vom 11.04.2005 wurde der Beschluss nicht abschließend behandelt, da einige Aufsichtsräte vorzeitig die Sitzung verlassen mussten, um andere Termine wahrzunehmen.

Der Vorschlag von A. auf eine Kündigungsmöglichkeit während des fünfjährigen Vertrages zu verzichten und im Gegenzug das Gehalt ab dem 6. Jahr der Geschäftsführertätigkeit auf 90% der Bezüge seines Vorgängers anzuheben, fand in der letzten Sitzung grundsätzliche Zustimmung. Eine Beschlussfassung wurde vertagt, da nur mehr vier Aufsichtsräte anwesend waren.

Beschluss

Der Aufsichtsrat stimmt dem vom Geschäftsführer vorgelegten Vorschlag IV zu. Der Geschäftsführervertrag wird bis zum 31.12.2010 verlängert. Eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit ist beiderseits ausgeschlossen. Der Geschäftsführer erhält erstmals für 2004 eine Tantieme (2,5 °/oo), die ab 2005 auf 5,00 °/oo angehoben wird. Die Gehaltsanpassungen des Festgehalts werden stufenweise in 2005, 2006 und 2008 vorgenommen. Ab 2006 erreicht das Gehalt ca. 80% und ab 2008 ca. 90% der Bezüge seines Vorgängers.“

Am 02.05.2005 schlossen die Parteien den 2. Geschäftsführer-Dienstvertrag ab (vgl. Anlage K 8, Bl. 70 ff. bzw. Bl. 92 ff. d.A.), der den Geschäftsführervertrag vom 17.03.2003 ablöste. Darin wurde - soweit hier relevant - Folgendes geregelt:

㤠1

Aufgabenbereich

1. Herr A. wurde am 01. Oktober 2002 als kaufmännischer Leiter eingestellt. Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 04.12.2002 wurde er per 01.01.2003 zum Geschäftsführer bestellt. Die Eintragung ins Handelsregister erfolgte am 25.03.2003.

4. Der Geschäftsführer ist an eine bestimmte Dienstzeit nicht gebunden, er hat jedoch mindestens die Arbeitszeit der Angestellten einzuhalten. Auch außerhalb der Arbeitszeit wird er sich zur Dienstleistung zur Verfügung stellen, wenn und soweit es das Wohl der Gesellschaft erfordert.

§ 2

Umfang der Geschäftsführungsbefugnis

1. Der Geschäftsführer wird sein Amt mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes führen und die ihm durch Gesetz und Vertrag übertragenen Obliegenheiten genau erfüllen. Er wird dabei insbesondere die Weisungen und Beschlüsse des Aufsichtsrates und der Gesellschafterversammlung beachten.

2. Der Geschäftsführer hat seine ganze Arbeitskraft sowie alle Erfahrungen und Kenntnisse dem Dienst im Unternehmen zu widmen. Alle Geschäfte, die außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes liegen, bedürfen der vorherigen Zustimmung des Aufsichtsrates.

§ 3 Bezüge

2. Als monatlich zu zahlende Vergütung wird vereinbart:

Grundgehalt brutto ab Jan. 2005 x….,xx € das Grundgehalt wird - unabhängig von einer eventuellen tariflichen Erhöhung gemäß Ziffer 4 - ab Januar 2006 um …,xx € und ab Januar 2008 um …,xx € angehoben.

4. Das Bruttogehalt des Geschäftsführers erhöht sich jeweils um den gleichen Prozentsatz und zum gleichen Zeitpunkt, wie sich die Gehälter der Angestellten nach den Tarifvereinbarungen zwischen der Arbeitgebervereinigung bayer. EVU und der Gewerkschaft VERDI erhöhen.

5. Eine besondere Vergütung von Mehr-, Sonn- und Feiertagsarbeit ist ausgeschlossen.

6. Der Geschäftsführer erhält ab dem Geschäftsjahr 2004 eine Tantieme in Höhe von 2,5 °/oo und ab 2005 von 5,00 °/oo des Rohertrages. Die Berechnungssystematik des Rohertrages ist unverändert gemäß der Handhabung des Vorgängergeschäftsführers anzuwenden.

§ 4 Nebenleistungen

5. Für den Geschäftsführer wurde die betriebsübliche Direktversicherung (Lebensversicherung) nach Ablauf der Probezeit mit dem steuerlich begünstigten Höchstbetrag abgeschlossen.

§ 8 Vertragsdauer und Kündigung

1. Der Vertrag tritt mit Unterzeichnung beider Vertragsparteien in Kraft und löst den Geschäftsführervertrag vom 17.03.2003 ab. Der Vertrag läuft bis zum 31.12.2010. Er verlängert sich jeweils um weitere 5 Jahre, sollte er nicht ein halbes Jahr vor Vertragsende gekündigt werden. Eine ordentliche Kündigung ist während der vereinbarten Laufzeit beiderseits nur zum Vertragsende und nicht zu einem früheren Zeitpunkt zulässig. Die Kündigung ist schriftlich abzufassen; im Falle der Kündigung durch den Geschäftsführer ist diese schriftlich an den Aufsichtsratsvorsitzenden zu richten.

2. Unberührt durch diese Bestimmungen bleibt die Kündigung aus wichtigem Grund nach § 626 BGB.

4. Die Abberufung als Geschäftsführer durch Beschluss der Gesellschaftsorgane ist unbeschadet seiner Ansprüche auf Gehalt, Tantieme, Urlaub usw. jederzeit möglich.

6. Das Arbeitsverhältnis endet unbeschadet der Regelungen in Ziffer 1 ohne Kündigung am Ende des Monats, in dem der Geschäftsführer das 65. Lebensjahr vollendet.

§ 9 Schlussbestimmungen

1. Soweit in diesem Vertrag keine besonderen Vereinbarungen getroffen wurden, gelten die gesetzlichen, tariflichen oder von den Gesellschaftsorganen getroffenen Bestimmungen. Bei Streitigkeiten aus diesem Arbeitsvertrag gilt als Gerichtsstand B-Stadt.

2. Vereinbarungen außerhalb dieses Vertrages wurden nicht geschlossen. Aufhebungen oder Änderungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Schriftform und eines Beschlusses der zuständigen Gesellschaftsorgane.

Mit Schreiben vom 29.06.2015 (vgl. Anlage B 1, Bl. 147 f. d.A.) kündigte der Kläger „den Dienstvertrag vom 02.05.2005 zum 31.12.2015“. Zur Begründung führte er aus:

„Da der Dienstvertrag vom 2. Mai 2005 eine weitere Verlängerung um fünf Jahre vorsieht, wenn nicht bis zum 30.06.2015 gekündigt wurde, ist es rein rechtlich gesehen erforderlich, dass ich bis zum 30.06.2015 kündige, damit eine Verlängerung meines Dienstvertrages zu den Konditionen, wie sie 2005 festgelegt wurden, nicht um weitere fünf Jahre eintritt.“

Die Parteien befanden sich sodann in Vertragsverhandlungen.

Am 05.11.2015 schlossen die Parteien einen 3. Geschäftsführer-Dienstvertrag (vgl. Anlage K 11, Bl. 79 d.A.), mit dem sie das „Wiederaufleben des Dienstvertrages vom 2.5.2005“ vereinbarten. Dieser Vertrag enthält folgende Regelungen:

„1. Der Vertrag wird in unveränderter Weise mit Ausnahme der nachfolgenden Bestimmungen wieder in Kraft gesetzt.

2. Satz 1 und Satz 2 des § 8 Absatz 1 des Dienstvertrages vom 2.5.2005 werden ersetzt durch folgenden Satz: „Der Vertrag läuft bis zum 31.12.2016“.

3. Es wird ein neuer § 10 „Verhandlungen über neuen 5-jährigen Dienstvertrag eingefügt.

„Die Vertragsparteien verpflichten sich Verhandlungen zu führen um einen Dienstvertrag bis spätestens 31.05.2016 vorzulegen. Die in diesen Verhandlungen erzielten Ergebnisse werden rückwirkend zum 01.01.2016 zur Geltung kommen. Dies gilt insbesondere für die Vergütung, die Tantieme und eine eventuelle Versorgungszusage. Sollte ein Einvernehmen nicht erzielt worden sein, so endet der Dienstvertrag gemäß § 8 zum 31.12.2016.“

Am 02.11.2016 wurde der Kläger von der Gesellschafterversammlung als Geschäftsführer abberufen; das Geschäftsführeranstellungs-Vertragsverhältnis endete zum 31.12.2016 (vgl. Protokoll vom 02.11.2016, unter TOP 5, in Anlage B 5, Bl. 155 f. d.A.). Seit dem 06.02.2017 ist der Kläger im Handelsregister nicht mehr als Geschäftsführer eingetragen (vgl. Auszug aus dem Handelsregister in Anlage K 9, Bl. 75 ff. d.A.).

Der Kläger teilte der Beklagten mit Schreiben vom 30.12.2016 (vgl. Anlage K 20, Bl. 698 d.A.) mit, dass die Überprüfung der vertraglichen Unterlagen ergeben habe, dass mit dem Jahresende 2016 nur der Geschäftsführer-Dienstvertrag geendet habe, nicht jedoch der Anstellungsvertrag vom 05.05.2002, der ab dem 01.01.2017 wieder seine rechtliche Wirkung entfalte. Damit stehe ihm ab dem 01.01.2017 wieder die Position des kaufmännischen Leiters der C. mit allen Rechten und Pflichten zu und er freue sich auf eine Fortsetzung der guten und fairen Zusammenarbeit.

Mit weiterem Schreiben vom 22.01.2017 (vgl. Anlage K 21, Bl. 699 d.A.) verwies der Kläger auf das persönliche Gespräch vom 02.01.2017 mit dem Geschäftsführer der Beklagten und brachte erneut zum Ausdruck, dass er die Beschäftigung als kaufmännischer Leiter und Erfüllung der vertraglichen Regelungen beanspruche.

Der Geschäftsführer der Beklagten lehnte mit Schreiben vom 26.01.2017 (vgl. Anlage K 22, Bl. 700 d.A.) die Weiterbeschäftigung des Klägers als kaufmännischer Leiter ab.

Mit der Klageschrift vom 06.02.2017 (vgl. Bl. 17 ff. d.A.), die der Beklagten am 22.02.2017 zugestellt wurde, machte der Kläger die Zahlung des Gehalts für Januar 2017 geltend und begründete dies im Wesentlichen damit, dass der Arbeitsvertrag vom 05.05.2002 nicht durch den Abschluss des Geschäftsführeranstellungsvertrags beendet worden sei.

Die Beklagte kündigte sodann mit Schreiben vom 06.03.2017 (vgl. Anlage K 6, Bl. 44 d.A.), das dem Kläger am 06.03.2017 zuging, „höchstvorsorglich das Arbeitsverhältnis als kaufmännischer Leiter zum Ablauf des 31.07.2017, hilfsweise ordentlich zum nächstmöglichen Zeitpunkt1.

Mit der am 14.03.2017 zugestellten Klageerweiterung vom 08.03.2017 (Bl. 40 ff. d.A.) machte der Kläger die Sozialwidrigkeit der ordentlichen Kündigung vom 06.03.2017 geltend sowie die Zahlung des Gehalts für Februar 2017.

Mit Schreiben vom 14.03.2017 (vgl. Anlage K 7, Bl. 57 d.A.), das dem Kläger am 17.03.2017 zugegangen ist, kündigte die Beklagte „höchstvorsorglich das Arbeitsverhältnis als kaufmännischer Leiter zum Ablauf des 31.08.2017, hilfsweise ordentlich zum nächstmöglichen Zeitpunkt“.

Mit der am 21.03.2017 zugestellten Klageerweiterung vom 17.03.2017 (Bl. 54 ff. d.A.) griff der Kläger auch die ordentliche Kündigung vom 14.03.2017 an.

Mit der am 18.04.2017 zugestellten Klageerweiterung vom 11.04.2017 (Bl. 61 ff. d.A.) hatte der Kläger die Feststellung begehrt, dass der Dienstvertrag vom 17.03.2003 in der Fassung vom 02.05.2005 nicht mit Ablauf des 31.12.2016 geendet habe, Vergütung für Januar 2017 bis einschließlich März 2017 eingeklagt und seine Weiterbeschäftigung als Geschäftsführer verlangt. Insoweit hat das Arbeitsgericht München den Rechtsstreit mit Beschluss vom 18.05.2017 an das Landgericht Landshut verwiesen. Das Landgericht Landshut (Az. 72 O 1910/17) hat die Klage auf Feststellung, dass der Geschäftsführer-Dienstvertrag über den 31.12.2016 hinaus fortgelte, abgewiesen. Die beim OLG München anhängige Berufung des Klägers (Az. 23 U 326/18) nahm der Kläger schließlich zurück, so dass das Endurteil des Landgerichts Landshut rechtskräftig ist.

Den weiteren Antrag, mit dem der Kläger seine Weiterbeschäftigung als kaufmännischer Leiter begehrte, nahm der Kläger mit Schriftsatz vom 23.08.2017 (Bl. 112 f. d.A.) zurück.

Der Kläger hat vor dem Arbeitsgericht die Auffassung vertreten, dass das mit Vertrag vom 05.05.2002 geschlossene Arbeitsverhältnis weder durch den 1. Geschäftsführer-Dienstvertrag vom 17.03.2003 noch durch einen der Folgedienstverträge aufgehoben worden sei. Bereits im Arbeitsvertrag sei festgehalten worden, dass der Kläger 2003 zum Geschäftsführer bestellt werden solle und dass hierfür ergänzend ein separater Geschäftsführervertrag geschlossen werde. Der Beklagten sei diese Regelung wichtig gewesen, da sie als mittleres Unternehmen darauf angewiesen gewesen sei, dass der Geschäftsführer vorwiegend die Aufgaben des kaufmännischen Leiters wahrnehme. Für den Fall, dass die Geschäftsführung nicht weiterbestehen bleibe, hätte der Arbeitsvertrag des kaufmännischen Leiters weiterbestehen sollen, damit die Beklagte neben dem Verlust des Geschäftsführers nicht auch noch den kaufmännischen Leiter ohne Kündigungsfrist verlieren würde, was angesichts der komplexen Geschäftsbereiche der Beklagten ein erhebliches Risiko für die Beklagte mit sich gebracht hätte. Dem Kläger sei es wichtig gewesen, dass ein Arbeitsvertrag existiere, der ihm eine sicherere Position garantiere als die befristete Geschäftsführertätigkeit, da er für die Tätigkeit bei der Beklagten seine Lebensstellung bei der Gemeinde Haar aufgegeben habe und auch bei einer Berufung zum Geschäftsführer eine gewisse Sicherheit nicht habe verlieren wollen. Dass die Arbeitnehmerstellung des Klägers immer Grundlage des Beschäftigungsverhältnisses zwischen den Parteien habe sein sollen, sei auch im Gespräch zwischen dem früheren Geschäftsführer der Beklagten, Herrn E. und dem Kläger am 18.04.2002 ausdrücklich klargestellt worden (vgl. Gesprächsnotiz in Anlage K 4, Bl. 27 d.A.). Der Arbeitsvertrag vom 05.05.2002 sei durch den Abschluss des 1. Geschäftsführeranstellungsvertrags vom 17.03.2003 nicht beendet worden. Zwar liege in dem Abschluss eines Geschäftsführer-Dienstvertrages durch einen Mitarbeiter im Zweifel die konkludente Aufhebung des bisherigen Arbeitsverhältnisses (BAG, Beschluss vom 03.02.2009 - 5 AZB 100/08, NZA 2009, 669). Etwas anderes sei aber anzunehmen, wenn deutliche Anhaltspunkte für den Willen der Parteien vorliegen, das ursprüngliche Arbeitsverhältnis lediglich ruhend zu stellen. Derartige deutliche Anhaltspunkte lägen hier vor. Das Fortbestehen des bisherigen Arbeitsverhältnisses sei von den Parteien am 18.04.2002 besprochen worden. Der Wortlaut des Arbeitsvertrages besage ausdrücklich, dass der Geschäftsführeranstellungsvertrag in Ergänzung zu dem bestehenden Arbeitsvertrag geschlossen werden sollte. Dies bedeute, dass er ihn gerade nicht habe beenden sollen.

Der Kläger habe der Beklagten seine Dienste ab dem 02.01.2017 angeboten. Die Beklagte habe sich jedoch geweigert ihn zu beschäftigen.

Nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des BAG liege im Abschluss eines Dienstvertrages durch einen angestellten Mitarbeiter nur im Zweifel die zusätzliche konkludente Vereinbarung einer Aufhebung des bisherigen Arbeitsverhältnisses. Ausschließlich auf diese - widerlegbare - Regelvermutung stütze sich die Argumentation der Beklagten. Dabei sei von Bedeutung, dass das BAG von einer stillschweigenden Aufhebungsvereinbarung im Dienstvertrag ausgehe. Wenn also die Parteien des Dienstvertrages keine solche Aufhebung gewollt haben sollten, wäre es dogmatisch nicht notwendig, dass die „Nichtaufhebung“ des Arbeitsvertrages durch den Dienstvertrag in diesem ausdrücklich vereinbart worden sei. Es reiche aus, dass sich aus außerhalb des Vertrages liegenden, deutlichen Umständen ergebe, dass beide Parteien mit dem Abschluss des Dienstvertrages gerade nicht gleichzeitig die konkludente Aufhebung des Arbeitsvertrages gewollt hätten, weil es für die „Nichtaufhebung des Arbeitsvertrages“ rechtlich keiner vertraglichen Vereinbarung bedürfe. Der Kläger stütze sich ausdrücklich darauf, dass es bei dem Abschluss des 1. Dienstvertrages vom 17.03.2003 dem klaren, bewussten, ausdrücklich besprochenem und deutlich zum Ausdruck gekommenem Willen beider Vertragsparteien entsprochen habe, dass der ursprüngliche Arbeitsvertrag auch nach dem Abschluss des ersten Dienstvertrages neben diesem habe fortbestehen sollen. Dabei komme es auch nach der Rechtsprechung des BAG nicht entscheidend darauf an, dass der Fortgeltungswille im Dienst-Vertragsdokument seinen ausdrücklichen Niederschlag gefunden haben müsse, sondern das BAG lasse auch außerhalb der Urkunde liegende Umstände zum Nachweis eines derartigen, anderen Willens zu. Dieser entgegenstehende Wille der Vertragsparteien ergebe sich aus dem klägerischen Vortrag, der schriftlichen Bestätigung des ehemaligen Geschäftsführers E. (vgl. Anlage K 12, Bl. 97 d.A.) und der vom Zeugen E. verfassten Gesprächsunterlage vom 18.04.2002 (vgl. Anlage K 4, Bl. 27 d.A.). Daneben ergebe sich dieser Wille aber auch aus dem Arbeitsvertrag einerseits und den abgeschlossenen Dienstverträgen vom 17.03.2003 und 02.05.2005 andererseits. Auch der Aufsichtsrat sei im Vorfeld über diese besondere Vertragskonstruktion informiert worden (vgl. Protokoll der AR-Sitzung vom 18.07.2002 in Anlage K 13, Bl. 210 d.A.).

Gerade die Formulierung in Ziffer 1., 1.1 des Arbeitsvertrages, dass „in Ergänzung“ zum Arbeitsvertrag ein Dienstvertrag geschlossen werden solle, zeige, dass dieser spätere Dienstvertrag nicht „an die Stelle von“, sondern „ergänzend zum“, also neben dem bzw. zusätzlich zum Arbeitsvertrag habe gelten sollen. Bei einer Ergänzung bleibe das schon Bestehende (der Arbeitsvertrag) weiterbestehen und das Neue gelte zusätzlich daneben. Die gegenteilige Rechtsbehauptung der Beklagten, dass der „ergänzende Dienstvertrag“ die alleinige Vertragsgrundlage darstellen solle, lasse sich mit diesem Begriff „Ergänzung“ gerade nicht begründen. Auch die Ziffer 2.3 des Arbeitsvertrages zeige deutlich, dass der Arbeitsvertrag auch nach Übernahme der Geschäftsführung und nach Abschluss des Dienstvertrages wirksam bleiben solle, weil darin Gehaltsanpassungsregelungen für die Zeit ab dem 4. Geschäftsführerjahr, mithin für Zeiten lange nach Abschluss des Dienstvertrages enthalten seien. So wie es der Zeuge E. schon schriftlich erklärt habe, hätten die Vertragsparteien ganz bewusst erreichen wollen, dass der Arbeitsvertrag durch den Abschluss des Geschäftsführervertrages gerade nicht aufgehoben werde.

Zudem würden auch die beiden Dienstverträge in der Fassung vom 17.03.2003 und in der 2. Fassung vom 02.05.2005 in § 4 Ziffer 5. jeweils individuell Bezug nehmen auf offensichtlich weiter geltende Bestimmungen im Arbeitsvertrag, nämlich auf die bis zum 31.03.2003 gelaufene, sechsmonatige Probezeit aus dem Arbeitsvertrag. Darin werde auf den bevorstehenden Ablauf der Probezeit aus dem parallelen Arbeitsvertrag Bezug genommen, wenn es darin heiße, dass nach Ablauf der Probezeit rückwirkend zum 01.01.2003 eine betriebsübliche Direktversicherung abzuschließen sei. Diese Bestimmung im Dienstvertrag mache rechtlich nur Sinn, wenn die Probezeitregelung aus dem Arbeitsvertrag auch nach Abschluss des 1. Dienstvertrages vom 17.03.2003 weiterhin habe wirksam sein sollen. Dies sei rechtlich aber nur dann möglich, wenn der vorangegangene Arbeitsvertrag gerade nicht durch den Dienstvertrag aufgehoben werden sollte. Identisch äußere sich der 2. Dienstvertrag vom 02.05.2005 in seinem § 4 Ziffer 5., der sachlich mitteile, dass die vereinbarte Direktversicherung nach Ablauf der Probezeit (aus dem Arbeitsvertrag) abgeschlossen worden sei. Daraus ergebe sich auch, dass mit dem 2. Dienstvertrag der ursprüngliche Arbeitsvertrag gerade nicht habe aufgehoben werden sollen.

Die ordentliche Kündigung vom 06.03.2017 sei unwirksam. Zudem habe die Beklagte die für den Kläger geltende fünfmonatige Kündigungsfrist nicht eingehalten. Eine Kündigung wäre frühestens zum 31.08.2017 möglich gewesen.

Die ordentliche Kündigung vom 14.03.2017 sei weder durch betriebsbedingte Gründe noch durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Klägers liegen, gerechtfertigt.

Die Eigenkündigung des 2. Geschäftsführer-Dienstvertrages vom 02.05.2005 habe den Angestelltenvertrag nicht berührt.

Die betriebsbedingte Kündigung sei unwirksam. Es fehle an der notwendigen rechtzeitigen Beteiligung des Betriebsrates und am notwendigen Wegfall des Beschäftigungsbedarfs für die Stelle eines kaufmännischen Leiters.

Es werde vorsorglich mit Nichtwissen bestritten, dass der Betriebsrat jeweils vor Ausspruch der beiden streitgegenständlichen Kündigungen ordnungsgemäß angehört worden sei. Es sei deshalb gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG von der Unwirksamkeit der beiden Kündigungen der Beklagten auszugehen, unabhängig von der Frage, ob sie sozial gerechtfertigt seien.

Die Kündigungen seien auch nicht aus verhaltensbedingten Gründen sozial gerechtfertigt. Zum einen habe der Kläger dem ehemaligen Mitarbeiter Herrn F. die Urlaubsansprüche nur in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer und gerade nicht als angestellter kaufmännischer Leiter bestätigt. Zum anderen sei die vertragliche Zusage des dauerhaften Erhalts nicht verbrauchten Urlaubs, wie sich aus der Anlage B 9 (Bl. 163 ff. d.A.) ergebe, schon im Jahr 2008 mit sehr guten betrieblichen Gründen vereinbart worden. Sie habe auch der vorherigen langjährigen Unternehmenspraxis der Beklagten unter dem (Geschäftsführer-)Vorgänger des Klägers entsprochen. Deshalb seien auch Rückstellungen für Urlaubstage 2015 in die Bilanz 2015 eingestellt worden. Aus der Anlage K 19 (Bl. 216 d.A.) ergebe sich, dass neben dem Zeugen F. noch acht weitere Mitarbeiter Urlaubsansprüche in Höhe von mindestens 20 Tagen aus 2015 gehabt hätten. Im Schreiben vom 29.11.2016 habe der Kläger nur das wiederholt, was er acht Jahre vorher aus dringenden betrieblichen Gründen allgemein zugesagt hatte, um Schaden von der Beklagten abzuwenden. Der Urlaubsrest aus 2015 sei im November 2016 wegen der gültigen Vereinbarung aus 2008 gerade nicht verfallen gewesen.

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

  • 1.Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aus dem Anstellungsvertrag vom 30.04.2002/05.05.2002 über die Beschäftigung als kaufmännischer Leiter der Beklagten durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 06.03.2017, zugegangen am 06.03.2017, nicht aufgelöst wird.

  • 2.Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aus dem Anstellungsvertrag vom 30.04.2002/05.05.2002 über die Beschäftigung als kaufmännischer Leiter der Beklagten durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 14.03.2017, zugegangen am 17.03.2017, nicht aufgelöst wird.

  • 3.Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Tatbestände endet, sondern über den 31.08.2017 hinaus fortbesteht.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

Klageabweisung.

Die Beklagte hat vor dem Arbeitsgericht die Auffassung vertreten, die Parteien hätten mit Abschluss des 1. Geschäftsführer-Dienstvertrages vom 17.03.2003, hilfsweise durch dessen Nachträge, den Arbeitsvertrag als kaufmännischer Leiter vom 05.05.2002 konkludent aufgehoben. In dem Abschluss eines Geschäftsführervertrages durch einen angestellten Mitarbeiter, hier dem Kläger als kaufmännischer Leiter, liege im Zweifel die konkludente Aufhebung des bisherigen Arbeitsverhältnisses. Nach dem Willen der vertragsschließenden Parteien solle nämlich regelmäßig neben dem Dienstverhältnis nicht noch ein Arbeitsverhältnis bestehen. Eine andere Auslegung käme nur in Ausnahmefällen in Betracht, für die zumindest deutliche Anhaltspunkte vorliegen müssten. In § 1 Ziffer 1 des Dienstvertrages vom 17.03.2003 werde auf das vormals bestehende Arbeitsverhältnis als kaufmännischer Leiter hingewiesen. Es werde nirgends ausdrücklich geregelt, dass dieses Arbeitsverhältnis ruhend gestellt werde und nach Beendigung des Dienstvertrages wiederaufleben solle. Vielmehr regle § 9 Ziffer 2. dieses Dienstvertrages, dass außerhalb dieses Vertrages keine Vereinbarungen geschlossen worden seien. Auch die Gesprächsnotiz aus der Personalakte könne kein anderes rechtliches Ergebnis rechtfertigen. Schließlich sei der vormalige Geschäftsführer, Herr E., damals nicht zum Abschluss des Dienstvertrages mit dem Kläger vertretungsberechtigt gewesen. Auf eine etwaige Willensbildung des Herrn E. komme es deshalb nicht an. Zudem sei der Dienstvertrag erst ein Jahr nach dem Treffen mit dem Kläger am 18.04.2002 geschlossen worden. Darüber hinaus sei die Gesprächsnotiz weder von einem Geschäftsführer noch von dem Kläger unterzeichnet worden. Das Arbeitsverhältnis als kaufmännischer Leiter sei spätestens durch den am 02.05.2005 abgeschlossenen 2. Geschäftsführer-Dienstvertrag aufgehoben worden. Der Kläger lege insoweit bereits nicht dar, weshalb deutliche Anhaltspunkte für das ausnahmsweise Ruhen des Arbeitsverhältnisses als kaufmännischer Leiter bestehen sollten. Darüber hinaus habe der Kläger eine Eigenkündigung mit Schreiben vom 29.06.2015 ausgesprochen, womit das Vertragsverhältnis insgesamt beendet worden sei. Vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass der 3. Geschäftsführer-Dienstvertrag vom 05.11.2015 den Arbeitsvertrag als kaufmännischer Leiter aufgehoben habe.

Selbst wenn das Arbeitsverhältnis als kaufmännischer Leiter lediglich geruht hätte, wäre das Arbeitsverhältnis durch die Kündigungen der Beklagten vom 06.03.2017 und 14.03.2017 beendet worden. Die Kündigungen seien aus betriebs- und verhaltensbedingten Gründen gerechtfertigt.

Wie der Kläger selbst übe der aktuelle Geschäftsführer die Geschäftsführertätigkeit in Personalunion auch in der Funktion des kaufmännischen Leiters aus. Die Beklagte habe seit der Geschäftsführerbestellung des Klägers im Jahr 2003 keine eigene Stelle für einen kaufmännischen Leiter. Daher bestehe keine Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger.

Mit Schreiben vom 29.11.2016 (vgl. Anlage B 9, Bl. 163 ff. d.A.) habe der Kläger verfallene Urlaubsansprüche des technischen Leiters der Beklagten, Herrn F., zurückreichend bis ins Jahr 2014 anerkannt. Der Urlaubsrest 2015 habe laut Herrn F. 31 Tage betragen. Diese seien am 29.11.2016 bereits vollständig verfallen gewesen. Der Kläger habe damit ohne jeglichen Rechtsgrund umgerechnet mehr als ein Monatsgehalt des Herrn F. anerkannt und in dieser Höhe die Beklagte geschädigt.

Eine weitere Zusammenarbeit sei für die Beklagte nicht zumutbar. Wie der Kläger selbst in seinem neuerlichen, offenen Schreiben vom 31.10.2017 zum Ausdruck bringe, sei eine weitere Zusammenarbeit angesichts der Vielzahl von Vorkommnissen der vergangenen Jahre völlig undenkbar, da ein gegenseitig zwingend notwendiges Vertrauen unwiederbringlich zerstört sei.

Eine Anhörung des Betriebsrates sei vor Ausspruch der Kündigungen nicht erforderlich gewesen, da der Kläger als leitender Angestellter nach § 5 Abs. 3 BetrVG kein Arbeitnehmer im Sinne von § 5 Abs. 1 BetrVG sei. Ausweislich der Ziffer 1.5 des Anstellungsvertrages vom 30.04./05.05.2002 habe der Kläger alle Aufgaben eines kaufmännischen Leiters einschließlich der Erstellung der Jahresabschlüsse zu übernehmen, § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3, Abs. 4 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3 BetrVG. Auf leitender Ebene i.S.d. § 5 Abs. 3, Abs. 4 BetrVG sei neben der kaufmännischen Leitung die gesonderte technische Leitung, vormals von Herrn F., nunmehr von Herrn Huber wahrgenommen, vorhanden.

Das Arbeitsgericht München hat die Klage mit Endurteil vom 15.03.2018 (Bl. 374 ff. d.A.) abgewiesen. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass die beiden Kündigungsschutzanträge deshalb keinen Erfolg hätten, weil bei Zugang der jeweiligen Kündigung kein Arbeitsverhältnis bestanden habe, das diese Kündigungen hätte auflösen können. Dieses habe mit Inkrafttreten des 1. Geschäftsführer-Dienstvertrages vom 17.03.2003 (Anlage K 5, Bl. 28 ff. d.A.) am 01.01.2003 (§ 8 Ziffer 1. S. 1 des Dienstvertrages) geendet. Dies ergebe die Auslegung des Anstellungsvertrages vom 30.04./05.05.2002 und des 1. Geschäftsführer-Dienstvertrages vom 17.03.2003. Bestätigt werde das Auslegungsergebnis durch die Schreiben der Beklagten vom 04.04.2002 (Anlage K 14, Bl. 211 d.A.) und vom 30.04.2002 (Anlage K 16, Bl. 213 d.A.) und die Protokolle über die Aufsichtsratssitzungen vom 30.04.2002 (Anlage K 16) [Anm.: gemeint war die Sitzung vom 29.04.2002 (Anlage K 15, Bl. 212 d.A.)] und vom 18.07.2002 (Anlage K 13, Bl. 210 d.A.). Schon der Anstellungsvertrag vom 30.04./05.05.2002 enthalte Regelungen, die das Geschäftsführer-Dienstverhältnis beträfen. Bereits der Anstellungsvertrag sehe vor, dem Kläger ab dem 01.01.2003 die Geschäftsführung zu übertragen und dazu „in Ergänzung dieses Vertrages“ einen Dienstvertrag abzuschließen. Beide Verträge würden eine Einheit darstellen, die von Anfang an beabsichtigt gewesen sei. Im Anstellungsvertrag vom 30.04./05.05.2002 sei die Geschäftsführertätigkeit des Klägers bereits angelegt und teilweise geregelt worden. Die Tätigkeit als kaufmännischer Leiter sei nur kurzfristig vorgeschaltet gewesen. Schon der Anstellungsvertrag vom 30.04./05.05.2002 sei so konzipiert worden, dass der Kläger als Geschäftsführer auch die Tätigkeiten eines kaufmännischen Leiters in Personalunion habe erbringen sollen. Dies sei auch so umgesetzt worden. Wie bereits sein Vorgänger - und auch sein Nachfolger - habe der Kläger als Geschäftsführer der Beklagten ab 01.01.2003 durchgängig auch Aufgaben eines kaufmännischen Leiters wahrgenommen. Für die Annahme eines ruhenden Arbeitsverhältnisses als kaufmännischer Leiter sei unter diesen Umständen kein Raum, zumal die Aufgaben eines kaufmännischen Leiters wahrgenommen werden müssten und auch wahrgenommen worden seien. Dass ab dem 01.01.2003 neben dem Geschäftsführer-Dienstverhältnis des Klägers kein zusätzliches Arbeitsverhältnis mehr habe bestehen sollen, werde durch die an den Kläger gerichteten Schreiben der Beklagten vom 04.04.2002 und 30.04.2002 sowie durch die dem Kläger bekannten Protokolle der Aufsichtsratssitzungen vom 29.04.2002 und vom 18.07.2002 bestätigt. Auch hier sei von Anfang an von einer Tätigkeit des Klägers als kaufmännischer Leiter und Geschäftsführer die Rede. Aus diesen Schriftstücken ergebe sich, dass für den Anstellungsvertrag vom 30.04./05.05.2002 einerseits und den Geschäftsführervertrag vom 17.03.2003 andererseits bei der Beklagten unterschiedliche Zuständigkeiten bestanden hätten und der Geschäftsführervertrag ein aufwändigeres Verfahren habe durchlaufen müssen als der Anstellungsvertrag als kaufmännischer Leiter. Während für den Anstellungsvertrag, der früher abgeschlossen wurde, ein Beschluss des Aufsichtsrates genügt habe, sei für den Geschäftsführervertrag auch ein Beschluss der Gesellschafterversammlung erforderlich gewesen. Da somit jedenfalls ab dem 01.01.2003 kein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien mehr bestanden habe, könnten die beiden Kündigungsschutzanträge, die sich nur auf ein solches Arbeitsverhältnis beziehen, keinen Erfolg haben.

Gegen das ihm am 16.04.2018 zugestellte erstinstanzliche Urteil hat der Kläger mit jeweils am gleichen Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 14.05.2018 (Bl. 389 d.A.) und nochmals mit Schriftsatz vom 16.05.2018 (Bl. 406 d.A.) Berufung eingelegt, die er mit dem am 12.07.2018 eingegangenen Schriftsatz vom 11.07.2018 innerhalb der bis zum 16.07.2018 laufenden Berufungsbegründungsfrist begründet hat.

Der Kläger trägt vor, dass das Arbeitsgericht sein klageabweisendes Urteil mit einer konkludenten Aufhebung des Arbeitsvertrages durch den ersten, schon im Jahr 2003 abgeschlossenen Geschäftsführervertrag begründet und sich dabei - prozessrechtswidrig -ausschließlich auf die Auslegung der vorgelegten Dokumente (Verträge und Protokolle) gestützt habe, ohne den für den anderslautenden Parteiwillen angebotenen Zeugen E. zu vernehmen. Hätte das Arbeitsgericht den Zeugen E. vernommen, wäre es zu der zutreffenden Überzeugung gekommen, dass die Prozessparteien die Fortgeltung des streitgegenständlichen Arbeitsvertrages neben dem parallelen Geschäftsführer-Dienstvertrag gewollt und vereinbart hatten. Der Zeuge E. hätte auch bestätigt, dass nach dem übereinstimmenden Willen beider Vertragsparteien die beiden Verträge nebeneinander und in ihrem Bestand unabhängig voneinander koexistieren hätten sollen, wobei der Arbeitsvertrag während der Geltungsdauer des Dienstvertrages habe ruhen sollen. Er hätte zudem bestätigt, dass die vom Arbeitsgericht angenommene Ablösung des Arbeitsvertrages durch den Dienstvertrag von beiden Parteien ausdrücklich nicht gewollt gewesen war. Diese Angaben des Zeugen E. wären entscheidungserheblich gewesen, weil es für den rechtlichen Inhalt des Vertrages gemäß § 133 BGB ganz entscheidend auf den von beiden Seiten übereinstimmend gewollten Inhalt der wechselseitigen Willenserklärungen ankomme. Dies hätten die Parteien auch dadurch deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie den späteren Geschäftsführer-Dienstvertrag „in Ergänzung“ und nicht „anstelle“ oder „als Ersatz“ oder „in Ablösung“ des vorangegangenen Arbeitsvertrages geschlossen hätten.

Der Arbeitsvertrag als kaufmännischer Leiter habe nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien unabhängig vom Abschluss des späteren Geschäftsführervertrages weiterbestehen sollen, weil hieran beiderseitige Interessen bestanden hätten. Der Arbeitsvertrag hätte während der Geltungsdauer des Geschäftsführervertrages ruhen sollen. Die Beklagte habe dadurch bei einer möglichen Beendigung der Geschäftsführertätigkeit des Klägers sicherstellen wollen, neben dem Geschäftsführer nicht auch noch gleichzeitig den kaufmännischen Leiter des Unternehmens zu verlieren. Der Kläger habe sich dem Vorschlag der Beklagten in der Besprechung vom 18.04.2002 angeschlossen, einen unbefristeten Anstellungsvertrag - statt des ursprünglich vom Kläger vorgeschlagenen befristeten Arbeitsvertrages - abzuschließen, da der Hinweis der Beklagten, dass die Geschäftsführung jederzeit auch ohne Angabe von Gründen entzogen werden könne, überzeugt habe. Mit dem unbefristeten Vertrag als kaufmännischer Leiter habe gleichzeitig für den Kläger ein angemessener Ausgleich für die Aufgabe seiner bisherigen Position/Lebensstellung als Geschäftsleiter bei der Gemeinde X geschaffen werden können. Dieser beiderseitige und übereinstimmende Wille, dass die Arbeitnehmerstellung des Klägers ruhend neben der beabsichtigten Geschäftsführertätigkeit weiterbestehen solle, sei im Gespräch am 18.04.2002 zwischen dem Zeugen E. als gesetzlichem Vertreter der Beklagten und dem Kläger ausdrücklich festgelegt und vereinbart worden. Sowohl die Vertragsentwürfe als auch die endgültigen Verträge seien unter explizitem Hinweis auf diese vorgenannten Willensbekundungen beider Vertragsparteien mit dem Aufsichtsrat der Beklagten beraten worden und hätten dessen Zustimmung gefunden.

Nach der BAG-Rechtsprechung liege im Abschluss eines Dienstvertrages durch einen angestellten Mitarbeiter nur im Zweifel die konkludente Vereinbarung einer Aufhebung des bisherigen Arbeitsverhältnisses. Dabei gehe das BAG von einer stillschweigenden Aufhebungsvereinbarung im Dienstvertrag aus. Wenn die Parteien eines Dienstvertrages keine solche Aufhebung wollen würden, sei es nicht notwendig, dass die „Nichtaufhebung“ des Arbeitsvertrages durch den Dienstvertrag selbst ausdrücklich vereinbart werde. Es reiche aus, dass sich aus außerhalb des Vertrages liegenden Umständen ergebe, dass beide Parteien mit dem Abschluss des Dienstvertrages gerade nicht gleichzeitig die konkludente Aufhebung des Arbeitsvertrages gewollt haben, weil es für die „Nichtaufhebung des Arbeitsvertrages“ rechtlich keiner vertraglichen Vereinbarung bedürfe.

Der Geschäftsführer-Dienstvertrag vom 17.03.2003 bzw. vom 02.05.2005 sei gemäß der Klausel unter § 9 Ziffer 2 so zu verstehen, dass dieser Vertrag, wegen der Vertragskonstruktion mittels zweier Verträge, lediglich der „ergänzende Vertrag“ gewesen sei und in diesem ergänzenden Vertrag nur jene Punkte umfassend geregelt worden seien, die ausschließlich für den Dienstvertrag maßgeblich gewesen seien. Daher sei in diesem Vertrag nicht expressis verbis nochmals festgehalten worden, dass mit Abschluss des ergänzenden Geschäftsführervertrages der Grundlagen-Anstellungsvertrag nicht habe berührt werden sollen, weil nach dem Verständnis der Vertragsparteien dem Anstellungsvertrag die Funktion des Grundlagenvertrags zugekommen sei. Von der für das Arbeitsgericht maßgeblichen BAG-Rechtsprechung hätten die Parteien nichts gewusst; gleichwohl hätten die Parteien klar geregelt und durch die vorgelegten Dokumente K 14 (Bl. 211 d.A.), K 19 (zur Berufungsbegründung, Bl. 433 d.A.) und K 12 (Bl. 97 d.A.) auch nach außen hin kundgetan, dass beide Verträge parallel existieren sollten.

Der Dienstvertrag enthalte zudem mehrere Bezüge zum Anstellungsvertrag (so unter § 1 Ziffer 1, § 4 Ziffer 5, § 8 Ziffer 1 und 3), aus denen deutlich zu entnehmen sei, dass parallel zum laufenden Geschäftsführervertrag auch der Anstellungsvertrag (fort-)existiere.

Die Annahme, dass § 9 Ziffer 2 des Dienstvertrages nur den Geschäftsführer-Dienstvertrag regle, werde aufgrund eines weiteres Vertrages bestätigt, der seitens des Klägers mit der Tochtergesellschaft der Beklagten, der G. GmbH (G. GmbH), geschlossen und vom Ersten Bürgermeister und AR-Vorsitzenden der Beklagten, Herrn H., gegengezeichnet worden sei. Mit diesem G.GmbH-Dienstvertrag vom 24.04.2003 (vgl. Anlage K 100, Bl. 494 ff. d.A.) -also eine Woche nach Abschluss des Dienstvertrages mit der Beklagten vom 17.03.2003 -sei der Kläger mit Wirkung ab dem 01.04.2003 für fünf Jahre zum Geschäftsführer der wirtschaftlich bedeutenden Tochtergesellschaft bestellt worden. Dies belege, dass die Behauptung der Beklagten, dass der Dienstvertrag vom 17.03.2003 alles regle, nicht zutreffe.

Das Arbeitsgericht habe die vorgelegten Dokumente sachwidrig und entgegen ihrem klaren Wortlaut ausgelegt und sei dadurch zu einem rechtlich unzutreffenden Ergebnis gekommen. Das Arbeitsgericht erkläre nicht, weshalb die von ihm angenommene wechselseitige Bezugnahme der beiden Verträge zwingend dazu führen müsse, dass die beiden Verträge deshalb als eine zeitlich nacheinander geschaltete Einheit zu betrachten seien und nicht mit ihren gegenseitigen Bezugnahmen parallel nebeneinander existieren konnten. Beides sei bei einer wechselseitigen Bezugnahme ohne weiteres möglich. Da die Vertragsparteien ein paralleles Bestehen der beiden Verträge gewollt hätten und die Parteien sich dies wechselseitig auch ausreichend deutlich gemacht hätten, sei von einer parallelen Koexistenz der beiden Verträge ab Abschluss des 1. Geschäftsführer-Dienstvertrages auszugehen. Die gegenteilige Annahme des Arbeitsgerichts sei unzutreffend. Auch zeige die Verwendung des Begriffs „Ergänzung“ unmissverständlich, dass eine parallele Koexistenz der Verträge beabsichtigt gewesen sei.

Die Chronologie der Vertragsentwicklung zeige, dass von den Vertragsparteien zwischen dem Angestellten- und dem Geschäftsführer-Dienstvertrag weder eine Vertragseinheit gewollt gewesen sei noch eine zeitliche Abfolge mit einer Ablösung/Beendigung des Arbeitsvertrages durch den Geschäftsführervertrag. Mit Schreiben vom 04.04.2002 (vgl. Anlage K 14, Bl. 211 d.A.) hätte der damalige Geschäftsführer der Beklagten dem Kläger mitgeteilt, dass sich der Aufsichtsrat dafür ausgesprochen habe, ihn zunächst als kaufmännischen Leiter ab dem 01.10.2002 anzustellen und zur Nachfolge des Geschäftsführers mit Wirkung ab dem 01.01.2003. Diesem Schreiben seien die beiden getrennten Vertragsentwürfe beigefügt gewesen. Mit Antwortschreiben vom 13.04.2002 (vgl. Anlage K 19 zur Berufungsbegründung, Bl. 433 f. d.A.) habe der Kläger vorgeschlagen, den hier streitgegenständlichen Arbeitsvertrag bis zum geplanten Beginn des 1. Geschäftsführer-Dienstvertrages zu befristen. Darin sei der ursprüngliche Wille des Klägers zum Ausdruck gekommen, das Angestelltenverhältnis tatsächlich gleichzeitig mit Aufnahme der Geschäftsführertätigkeit durch eine ausdrückliche Vereinbarung zu beenden. Damit werde deutlich, dass der Kläger - anders als in den zahlreichen vom BAG entschiedenen Fällen - über das Schicksal bzw. die Beendigung des Angestelltenvertrages im Hinblick auf den Geschäftsführer-Dienstvertrag eine ausdrückliche vertragliche und damit schriftliche Vereinbarung habe schließen wollen. Diese vom Kläger explizit vorgeschlagene Befristung des Angestelltenvertrages bis zum Beginn des Dienstvertrages sei von der Beklagten ausdrücklich abgelehnt worden. Damit wiederum habe der Kläger sich einverstanden erklärt. Damit hätten die Parteien bewusst entschieden, den Angestelltenvertrag nicht, auch nicht konkludent, mit dem Abschluss des 1. Geschäftsführer-Dienstvertrages aufzuheben.

Es werde bestritten, dass Motivation des Aufsichtsrats für die Doppelvertragskonstruktion gewesen sei, den Kläger zunächst als Geschäftsführer zu erproben. Für diesen Zweck hätten die Parteien eine Probezeit vereinbart. Erst recht werde bestritten, dass diese bestrittene Motivation irgendwie nach außen, insbesondere gegenüber dem Kläger zum Ausdruck gekommen sei. Die angebotenen Beweismittel würden neue Angriffs- und Verteidigungsmittel darstellen, deren Verspätung gerügt werde. Davon abgesehen ergebe sich aus der Bestimmung in Ziffer 6. des Arbeitsvertrages selbst, dass die Behauptung einer Fortgeltung des Angestelltenvertrages nur während einer Erprobungs- oder Bewährungsphase nicht zutreffe. Dort werde festgelegt, dass der Angestelltenvertrag mit dem Erreichen des 65. Lebensjahres des „Geschäftsführers“ enden solle. Damit seien beide Seiten erkennbar davon ausgegangen, dass der Kläger dauerhaft bis zu seinem Rentenalter als Geschäftsführer für die Beklagte tätig sein könne und der Angestelltenvertrag ebenfalls bis zum Eintritt in das Rentenalter fortgelten und erst dann habe enden sollen.

Es komme rechtlich nicht darauf an, welche Vermutungen der Kläger im Dezember 2016 über das Schicksal seines Geschäftsführer-Dienstvertrages und/oder des streitgegenständlichen Angestelltenvertrages angestellt habe. Richtig sei, dass der Kläger ab Mitte August 2016 damit gerechnet habe, dass seine Geschäftsführertätigkeit zum 31.12.2016 ende, da er im Sommer 2016 eine entsprechende Rechtsauskunft zum 3. Geschäftsführer-Dienstvertrag vom 05.11.2015 von qualifizierter dritter Seite erhalten hatte. Gleichwohl habe er aber noch gehofft, dass er rehabilitiert und die Beklagte in Anerkennung seiner Leistungen und der Tatsache, dass er zu Unrecht verleumdet bzw. Opfer einer vorsätzlichen Falschaussage geworden sei, ihn über das absehbare Datum 31.12.2016 hinaus als Geschäftsführer weiter beschäftigen würde.

Des Weiteren habe der Kläger in der zweiten Jahreshälfte 2016 gehofft, dass die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Landshut gegen den/die anonymen Anzeigenerstatter zu dem Ergebnis geführt hätten, dass der ablehnende Beschluss des Stadtrates vom 06.04.2016 zugunsten des Klägers abgeändert werden würde. Eine Woche nach Bekanntwerden der anonymen Anzeige gegen den Kläger und der Aufnahme von Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft Landshut habe der Erste Bürgermeister Herr I. über den neuen 5-Jahres-Geschäftsführer-Dienstvertrag des Klägers abstimmen lassen. Der Vertragsentwurf sei im Januar 2016 im Aufsichtsrat noch mit 8:0 Stimmen gutgeheißen, aber vom zustimmenden Votum des Stadtrats abhängig gemacht worden. Dort sei er mit 12:11 Stimmen abgelehnt worden. Vier der zwölf ablehnenden Stimmen im Stadtratsbeschluss hätten von Mitgliedern des Aufsichtsrats gestammt, die kurz zuvor noch im Aufsichtsrat einstimmig für den Vertrag votiert hätten.

Es sei unzutreffend, dass die Beklagte eine Verabschiedungsfeier für den Kläger veranstaltet habe. Vielmehr habe der Kläger aus Anlass der Beendigung der Geschäftsführertätigkeit selbst am 28.11.2016 eine Veranstaltung für ca. 300 Personen organisiert, die den Titel „X. innovativ getragen habe. Der Aufsichtsrat habe sich im Dezember 2016 lediglich damit befasst, ob die Kosten der Veranstaltung vom Kläger zu tragen seien oder vom Unternehmen und sich dafür entschieden, die Kosten nicht dem Kläger aufzubürden.

Es sei unzutreffend, dass der Kläger Ende 2016/Anfang 2017 davon ausgegangen sei, dass sein Angestelltenvertrag nicht weiterbestehe. Er habe sich auch nicht gegenüber dem benannten Zeugen J. kurz nach dem Dreikönigstag im Januar 2017 in dieser Weise geäußert. Es werde vorsorglich auch mit Nichtwissen bestritten, dass sich der Zeuge J. in dieser Weise gegenüber dem Geschäftsführer der Beklagten geäußert habe. Der Kläger habe vielmehr mit Schreiben vom 30.12.2016 (vgl. Anlage K 20, Bl. 698 d.A.), dessen Erhalt der Geschäftsführer am 02.01.2017 ausdrücklich bestätigt habe, mitgeteilt, dass dem Kläger nunmehr die Stelle des kaufmännischen Leiters der C. mit allen Rechten und Pflichten zustehe und er sich auf eine Fortsetzung der guten und fairen Zusammenarbeit freue. Mit weiterem Schreiben vom 22.01.2017 (vgl. Anlage K 21, Bl. 699 d.A.), dessen Erhalt von der Beklagten am 24.01.2017 bestätigt worden war, habe der Kläger erneut seine Arbeit als kaufmännischer Leiter angedient. Mit Schreiben vom 26.01.2017 (vgl. Anlage K 22, Bl. 700 d.A.) habe der Geschäftsführer der Beklagten die Tätigkeit des Klägers als kaufmännischer Leiter abgelehnt.

Der Kläger sei niemals und insbesondere seit dem 01.01.2017 bis einschließlich heute kein leitender Angestellter bei der Beklagten gewesen. Der Kläger sei seit dem 01.01.2017 überhaupt nicht für die Beklagte tätig und damit erst recht nicht in leitender Funktion. Das Arbeitsangebot des Klägers habe die Beklagte abgelehnt. Für die rechtliche Einordnung als leitender Mitarbeiter komme es aber entscheidend darauf an, dass dem betreffenden Arbeitnehmer Leitungsfunktionen übertragen worden seien und dass der betreffende Arbeitnehmer von den ihm übertragenen Leitungsfunktionen auch Gebrauch mache. Damit komme es auf die übrigen tatsächlichen Behauptungen der Beklagten zum Inhalt des streitgegenständlichen Angestelltenvertrages oder der heutigen Stellung und den Aufgaben des Zeugen J. rechtlich gar nicht an. Die bisherigen Ausführungen im Schriftsatz vom 07.02.2018 (Bl. 227 ff. d.A.) zur angeblichen Stellung des Klägers als leitender Angestellter zum jeweiligen Zeitpunkt der Kündigungen im März 2017 seien im Übrigen unsubstantiiert, in sich widersprüchlich und inhaltlich unzutreffend.

Hinsichtlich des Auflösungsantrags ist der Kläger der Auffassung, dass die Voraussetzungen hierfür nicht ausreichend dargelegt worden seien. Es sei zudem fraglich, ob ein Auflösungsantrag nicht grundsätzlich daran scheitere, dass die beiden Kündigungen - unabhängig von der Frage der fehlenden sozialen Rechtfertigung im Sinne des § 1 KSchG - allein wegen des Verstoßes gegen § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam seien. Eine positive Verbescheidung des Antrages setze voraus, dass das Gericht die Sozialwidrigkeit feststelle.

Bezüglich der von der Beklagten behaupteten Stellung als leitender Angestellter trägt der Kläger mit Schriftsatz vom 28.01.2019 (Bl. 711 ff. d.A.) noch vor, dass er nicht nur in der Zeit vom 01.10.2002 bis zum 31.12.2002, sondern de facto bis zum Abschluss des 1. Geschäftsführer-Dienstvertrages am 17.03.2003 nur die Funktion des kaufmännischen Leiters ausgeübt habe. Er habe sich in der gesamten Probezeit gemäß dem Angestelltenvertrag als kaufmännischer Leiter gefühlt und hätte es aus Respekt vor dem Zeugen E. und dem Aufsichtsrat nie gewagt, vor dem 31.03.2003 bezüglich der Unterzeichnung des Geschäftsführer-Dienstvertrages auf den Aufsichtsratsvorsitzenden oder seinen Vorgänger zuzugehen. In der Zeit bis zum 31.03.2003, die de jure also drei Monate, de facto aber knappe sechs Monate betragen habe, und auch gemäß den Vereinbarungen im Angestelltenvertrag an sich, sei der Kläger kein leitender Angestellter gewesen. Ihm seien weder die Kompetenzen zur Einstellung oder Entlassung von Mitarbeitern zugestanden oder übertragen worden noch Prokura oder sonstige Vollmachten von beachtlichen Aufgaben für das Außenals auch das Innenverhältnis übertragen worden, noch habe er Weisungsfreiheit gehabt. Vielmehr habe er die maßgeblichen, nach außen wirksam werdenden, erarbeiteten Ergebnisse immer dem Zeugen E. vorzulegen gehabt.

Der Kläger beantragt,

  • 1.Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 15.03.2018 wird aufgehoben.

  • 2.Es wird festgestellt, dass das das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aus dem Anstellungsvertrag vom 30.04.2002/05.05.2002 über die Beschäftigung als kaufmännischer Leiter der Beklagten durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 06.03.2017, zugegangen am 06.03.2017, nicht aufgelöst wird.

  • 3.Es wird festgestellt, dass das das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aus dem Anstellungsvertrag vom 30.04.2002/05.05.2002 über die Beschäftigung als kaufmännischer Leiter der Beklagten durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 14.03.2017, zugegangen am 17.03.2017, nicht aufgelöst wird.

  • 4.Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Tatbestände endet, sondern über den 31.08.2017 hinaus fortbesteht.

  • 5.Höchst vorsorglich: Der Rechtsstreit wird gemäß § 538 Abs. 2 ZPO an das Arbeitsgericht München zurückverwiesen.

Die Beklagte beantragt,

  • 1.Die Berufung wird zurückgewiesen.

  • 2.Das Arbeitsverhältnis wird zum 31.08.2017 gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die aber 25.000,00 Euro nicht überschreiten sollte, aufgelöst.

Die Beklagte trägt vor, dass sie lediglich vom Bestehen eines Geschäftsführervertragsverhältnisses und der abschließenden Beendigung jeglichen Vertragsverhältnisses mit dem Kläger mit Ablauf des 31.12.2016 ausgegangen sei.

Mit Abschluss des 1. Geschäftsführer-Dienstvertrages vom 17.03.2003 oder den beiden nachfolgenden Geschäftsführerverträgen habe das Arbeitsverhältnis geendet. Der Kläger verkenne grob das 2-Stufen-Modell des BAG, wonach im Abschluss eines Geschäftsführer-Dienstvertrages im Zweifel die konkludente Aufhebung des bisherigen Arbeitsverhältnisses liege. Voraussetzung seien daher in der 1. Stufe Zweifel am Fortbestehen des Arbeitsvertrages. In der 2. Stufe sei sodann zu fragen, ob ausnahmsweise das Arbeitsverhältnis trotz Abschluss des Geschäftsführervertrages habe ruhen sollen, wobei diese andere Auslegung nur bei zumindest deutlichen Anhaltspunkten in Betracht kommen könne. Das Arbeitsgericht habe zurecht keine deutlichen Anhaltspunkte für die Begründung eines solchen Ausnahmefalls gesehen.

Die Tätigkeit nur als kaufmännischer Leiter sei lediglich kurzfristig vorgeschaltet, nicht jedoch auch nachgeschaltet gewesen. Bereits im Anstellungsvertrag vom 30.04./05.05.2002 sei die Geschäftsführertätigkeit des Klägers - wie bei seinem Vorgänger E. - in Personalunion angelegt und teilweise geregelt worden. Sowohl die dort vereinbarte sechsmonatige Probezeit, als auch das Arbeitsentgelt in Bezug auf die Vergütung („bis zur Übernahme der Geschäftsführung'), eines Zuschlages („ab Übernahme der Geschäftsführung“) und einer in Aussicht gestellten Tantieme als Geschäftsführer („nach Übernahme der Geschäftsführung (…) wobei bei Bewährung (…) Tantieme in Aussicht gestellt wird'), als auch die Bezügeüberprüfung vor Ablauf des dritten Jahres („nach Übernahme der Geschäftsführung“) würden überlappen, wobei sodann im Geschäftsführer-Dienstvertrag vom 17.03.2003 das ordentliche Kündigungsrecht während der fix vereinbarten Laufzeit außerhalb der vereinbarten Probezeit ausgeschlossen worden sei („Eine ordentliche Kündigung ist - abgesehen von der im Anstellungsvertrag vereinbarten Probezeit - während der vereinbarten Laufzeit beiderseits ausgeschlossen'). Dementsprechend habe lediglich ein einheitliches Vertragsverhältnis als Geschäftsführer fortbestehen sollen. Für die Annahme eines ruhenden Arbeitsverhältnisses als kaufmännischer Leiter sei unter diesen Umständen kein Raum, zumal die Aufgaben eines kaufmännischen Leiters wahrgenommen werden müssten und auch wahrgenommen worden seien. Die bereits im Anstellungsvertrag vorab überlappend getroffenen Regelungen habe der 1. Geschäftsführer-Dienstvertrag vom 17.03.2003 ergänzt. Für den Abschluss des Geschäftsführervertrages habe es im Vergleich zum Arbeitsvertrag zudem eines Aufsichtsrats- und Gesellschafterbeschlusses bedurft. Deren ausdrücklicher Wille habe sich in den schriftlich geschlossenen Verträgen erschöpft, wie § 9 Ziffer 2 des 1. Geschäftsführer-Dienstvertrages vom 17.03.2003 belege, wonach keine Vereinbarungen, d.h. auch nicht aus etwaigen Gesprächen und/oder Gesprächsnotizen geschlossen worden seien. Die Regelung sei unmissverständlich, klar und daher nicht auslegungsfähig.

Ausweislich des Aufsichtsrats-Protokolls vom 28.11.2002 sei die Übertragung der Geschäftsführung auf den Kläger ab 01.01.2003 nach Zustimmung des Stadtrates erfolgt. Ausweislich des Lageberichts 2002 auf Seite 10 habe die Beklagte in 2002 einen Geschäftsführer, Herrn E., und einen kaufmännischen Leiter, den Kläger, als Nachfolger des Geschäftsführers gehabt. Ausweislich des Personalberichts 2001 sei die Stelle vorher nicht aufgeführt gewesen. Die Extraauflistung sei damals offensichtlich deswegen erforderlich gewesen, weil vor der Beschäftigung des Klägers die kaufmännische Leitung durch den Geschäftsführer in Personalunion wahrgenommen worden sei, der Kläger sich jedoch als kaufmännischer Leiter für die Geschäftsführungstätigkeit zunächst bewähren sollte. Anschließend habe jedoch der Kläger das bereits bei seinem Vorgänger E. bestehende Modell der Personalunion erfolgreich weitergeführt, so dass die kaufmännische Leitung in der Geschäftsführung vollumfänglich aufgegangen sei. Auch der Nachfolger des Klägers, Herr Geschäftsführer K., habe diese Organisation in Personalunion fortgeführt. Ausweislich des Stellenplans der Beklagten für das Jahr 2003, 2004, 2005, 2007, 2012, 2013, 2014, 2015, 2016 habe keine extra Stelle eines kaufmännischen Leiters existiert, sondern lediglich die des Geschäftsführers. Aus allen genannten Gründen würden sich zumindest erhebliche Zweifel an einem Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses trotz Abschluss des Geschäftsführer-Dienstvertrages ergeben.

Der Kläger habe zu keiner Zeit zumindest deutliche Anhaltspunkte für das Fortbestehen eines Arbeitsverhältnisses als Ausnahmefall dargelegt, womit es bei der tatsächlichen Vermutung der Aufhebung des Arbeitsverhältnisses durch Abschluss des Geschäftsführer-Dienstvertrages bleibe. Eine Zeugeneinvernahme des vormaligen Geschäftsführers E. würde ebenso wenig deutliche Anhaltspunkte für das Fortbestehen eines Arbeitsverhältnisses ergeben. Das aufgehobene frühere Arbeitsverhältnis lebe außerdem nicht durch die Abberufung als Geschäftsführer wieder auf.

Für ein ruhendes Arbeitsverhältnis als Ausnahmefall wären bei Abschluss des Geschäftsführer-Dienstvertrages deutliche Anhaltspunkte wie eine nur für eine kurze Zeit befristete Übertragung der Geschäftsführerstellung bei sonst unveränderten Vertragsbedingungen erforderlich gewesen. Die Anstellung als kaufmännischer Leiter habe hier lediglich kurzfristig vorgeschaltet für den Aufstieg zum Geschäftsführer erfolgen sollen. Aus der Gesprächsnotiz und dem etwaigen Gespräch vom 18.04.2002 ergebe sich jedoch kein rechtsgeschäftlicher Erklärungsgehalt. Der vormalige Geschäftsführer E. wäre dazu auch nicht vertretungsberechtigt gewesen, da der Abschluss des Arbeitsvertrages unstreitig der Zustimmung des Aufsichtsrates bedurft habe. Ein ruhendes Arbeitsverhältnis ergebe sich insbesondere auch nicht aus der Auslegung des Wortlautes „Ergänzung“ im Arbeitsvertrag vom 30.04./05.05.2002, da sich dieser Wortlaut bereits nicht auf den Geschäftsführervertrag beziehe, der das Arbeitsverhältnis jedoch später aufgehoben habe und unter § 9 Ziffer 2. regle, dass Vereinbarungen außerhalb des 1. Geschäftsführer-Dienstvertrages vom 17.03.2003 nicht geschlossen worden seien.

Außerhalb der Urkunde liegende Umstände dürften nur berücksichtigt werden, wenn der einschlägige rechtsgeschäftliche Wille der Parteien in der formgerechten Urkunde Ausdruck gefunden habe. Schließe ein Arbeitnehmer mit dem Arbeitgeber einen schriftlichen Geschäftsführer-Dienstvertrag, so wie hier gemäß § 1 Ziffer 1. des 1. Geschäftsführervertrages vom 17.03.2003, bestehe gemäß der Rechtsprechung des BAG die Vermutung, dass damit zugleich das zuvor begründete Arbeitsverhältnis aufgelöst worden sei. Dieser Wille der Vertragsparteien, das zuvor begründete Arbeitsverhältnis zu beenden, komme in dem 1. Geschäftsführer-Dienstvertrag vom 17.03.2003 hinreichend deutlich zum Ausdruck, zumal er unter § 1 Ziffer 1 Satz 1 darauf hinweise, dass der Kläger am 01.10.2002 als kaufmännischer Leiter eingestellt worden sei und im nachfolgenden Satz 2 ausführe, dass dieser per 01.01.2003 zum Geschäftsführer bestellt werde und unter § 8 Ziffer 1 Satz 3 regle, dass eine ordentliche Kündigung abgesehen von der im Anstellungsvertrag vereinbarte Probezeit ausgeschlossen sei. Dementsprechend dürften gemäß der Rechtsprechung des BAG etwaige außerhalb der Urkunde liegende Umstände, wie diese der Kläger vortrage, nicht berücksichtigt werden, da der einschlägige rechtsgeschäftliche Wille der Parteien in der formgerechten Urkunde einen vollkommenen und hinreichend deutlichen Ausdruck gefunden habe. Das einvernehmlich aufgehobene Arbeitsverhältnis lebe daher nicht wieder auf, wenn der Kläger als Geschäftsführer abberufen werde.

Zahlreiche Anhaltspunkte würden gegen das Fortbestehen eines Arbeitsverhältnisses sprechen. Zurecht führe das Arbeitsgericht aus, dass sich aus dem an den Kläger gerichteten Schreiben der Beklagten durch den ehemaligen Geschäftsführer E. vom 04.04.2002 (Anlage K 14, Bl. 211 d.A.) und 30.04.2002 (Anlage K 16, Bl. 213 d.A.), ebenso wie aus den dem Kläger bekannten Protokollen der Aufsichtsratssitzungen vom 29.04.2002 (Anlage K 15, Bl. 212 d.A.) und 18.07.2002 (Anlage K 13, Bl. 210 d.A.) ergebe, dass die Parteien jedenfalls ab dem 01.01.2003 neben dem Geschäftsführer-Dienstvertrag kein zusätzlich bestehendes Arbeitsverhältnis hätten haben wollen. Aus diesen Schriftstücken ergebe sich zudem, dass für den Anstellungsvertrag vom 30.04./05.05.2002 einerseits und den 1. Geschäftsführervertrag vom 17.03.2003 andererseits bei der Beklagten unterschiedliche Zuständigkeiten bestanden hätten, wobei nur für letzteren neben einem Aufsichtsratsbeschluss zudem ein Beschluss der Gesellschafterversammlung erforderlich gewesen sei.

Auch der Kläger sei davon ausgegangen, dass mit Ablauf des 31.12.2016 kein Anstellungsverhältnis als kaufmännischer Leiter mit der Beklagten bestanden habe. Dies ergebe sich aus der für ihn ausgerichteten öffentlichkeitswirksamen Abschiedsfeier Ende 2016 und der außergerichtlichen Geltendmachung seiner Abgeltungsansprüche für Überstunden und Urlaub (siehe Beklagtenschriftsatz vom 15.11.2017, Seite 5, Bl. 140 d.A.). Der Kläger habe selbst noch im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht am 22.02.2018 mitgeteilt, dass er von einem mit Ablauf des 3. Geschäftsführervertrages zum 31.12.2016 beendeten Arbeitsverhältnis ausgegangen sei.

Das Arbeitsverhältnis als kaufmännischer Leiter sei spätestens durch den am 02.05.2005 abgeschlossenen 2. Geschäftsführer-Dienstvertrag aufgehoben worden. Selbst wenn ein Arbeitsverhältnis fortbestanden hätte, wäre es durch die Eigenkündigung des Klägers beendet worden. Das Arbeitsverhältnis als kaufmännischer Leiter sei jedoch spätestens durch den 3. Geschäftsführer-Dienstvertrag vom 05.11.2015 aufgehoben worden. Selbst wenn ein ruhendes Anstellungsverhältnis als kaufmännischer Leiter fortbestanden hätte, wäre es durch die Kündigung der Beklagten vom 06.03.2017 oder 14.03.2017 beendet worden.

Mit Schriftsatz vom 30.11.2018 (Bl. 583 ff. d.A.) trägt die Beklagte zudem vor, dass der Geschäftsführer der Beklagten, Herr K., am 27.11.2018 im Beisein von Frau L., der Leiterin städtische Finanzen der Stadt C-Stadt, mit den ehemaligen Aufsichtsratsmitgliedern N. und M. sowie dem ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden H. die streitgegenständlichen Vorkommnisse während ihrer Amtszeit besprochen habe. Diese hätten angegeben, dass sie sich bewusst seien, dass das Nebeneinander des Arbeitsvertrages als kaufmännischer Leiter und des 1. Dienstvertrages vom 17.03.2003 als Geschäftsführer beim Kläger im Rahmen der Vertragsverhandlungen gewollt gewesen sei. Hintergrund dessen seien bestehende Zweifel des vorherigen Geschäftsführers E. und des Aufsichtsrats an der Eignung des Klägers als Geschäftsführer gewesen. Der Aufsichtsrat habe insoweit ausschließlich die Beklagte schützen wollen, damit diese im Falle der Nichteignung des Klägers nicht plötzlich auch noch ohne kaufmännischen Leiter dastehe. Geplant gewesen sei die Fortführung der Personalunion Geschäftsführung mit kaufmännischer Leitung. Allerdings seien spätestens zum Zeitpunkt des Abschlusses des 2. Geschäftsführervertrages vom 02.05.2005 die Zweifel an der Eignung des Klägers als Geschäftsführer und kaufmännischer Leiter ausgeräumt gewesen. Spätestens mit Abschluss des 2. Geschäftsführer Dienstvertrages sei der Aufsichtsrat dementsprechend davon ausgegangen, dass lediglich noch ein Vertragsverhältnis zwischen den Parteien bestehe, nämlich ein Geschäftsführervertrag, da sich der Kläger inzwischen ausreichend bewährt und es keines Schutzes für die Beklagte mehr bedurft habe.

Mit dem 2. Geschäftsführer-Dienstvertrag sei dem Kläger im Vergleich zum 1. Geschäftsführer-Dienstvertrag aufgrund seiner Bewährung eine 5- statt 3-jährige Vertragslaufzeit ohne ordentliches Kündigungsrecht der Beklagten angeboten worden. Auch hätten sich die Parteien überhaupt nicht mehr auf den Anstellungsvertrag bezogen. Die Parteien hätten u.a. auch in den § 3 (Bezüge) und § 4 (Nebenleistungen) wesentliche Neuregelungen im Vergleich zum 1. Geschäftsführervertrag getroffen. Die Parteien hätten daher mit Abschluss des 2. Geschäftsführervertrages den Arbeitsvertrag aufgehoben.

Am 30.11.2018 habe der seit dem 01.03.2018 tätige kaufmännische Leiter, Herr J., dem Geschäftsführer der Beklagten, Herrn K., erstmals mitgeteilt, dass der Kläger ihm kurz nach Dreikönig im Januar 2017 gesagt habe, dass er ganz überrascht sei, dass er ggf. doch noch als kaufmännischer Leiter angestellt sei, wovon er zum Zeitpunkt seiner Abschiedsfeier Ende 2016 nicht ausgegangen sei.

Hinsichtlich des Auflösungsantrags führt die Beklagte aus, dass eine Rückkehr des Klägers zur Beklagten absolut ausgeschlossen und unzumutbar wäre. Auflösungsgründe seien vorliegend Umstände, die das persönliche Verhältnis zum Kläger als Arbeitnehmer, die Wertung seiner Persönlichkeit, seiner Leistung und Eignung für die ihm gestellten Aufgaben und sein Verhältnis zu den Vorgesetzten und den übrigen Arbeitnehmern beträfen. Nach objektiver Lage sei seitens der Beklagten nicht nur die Besorgnis gerechtfertigt, dass eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit mit dem Kläger gefährdet sei, sondern sogar völlig ausgeschlossen erscheine. In Anbetracht der konkreten betrieblichen Umstände sei eine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit nicht möglich. Ein Fortbestand des Arbeitsverhältnisses sei für die Beklagte völlig unzumutbar.

In der mündlichen Verhandlung vom 10.12.2018 trägt die Beklagte zudem vor, dass das Unternehmen der C. heute zwei leitende Angestellte habe, den technischen und den kaufmännischen Leiter. Das Aufgabengebiet des kaufmännischen Leiters setze sich aus den Themenschwerpunkten Rechnungswesen mit Nebenbuchhaltungen, Energiewirtschaftliche Prozesse (Marktkommunikation), Messstellenbetrieb, Realwirtschaft und Kundenservice zusammen. Das Gehaltsgefüge des kaufmännischen Leiters bewege sich bei einem Jahreseinkommen von € xx….,xx. Die Aufgabe des kaufmännischen Leiters werde in einem hohen Maße selbständig abgewickelt, in einem erweiterten Verständnis von Geschäftsleitung (Management-Team). Das Gehalt des technischen Leiters bewege sich etwas oberhalb des kaufmännischen Leiters (Größenordnung 10% - 20% höher).

Das Gericht hat Beweis erhoben hinsichtlich der streitigen Behauptung des Klägers, dass im Gespräch zwischen dem Kläger und Herrn E. am 18.04.2002 ausdrücklich klargestellt worden sei, dass die Arbeitnehmerstellung des Klägers immer Grundlage des Beschäftigungsverhältnisses zwischen den Parteien habe sein sollen, durch Einvernahme des Zeugen E. (vgl. Sitzungsprotokoll vom 10.12.2018, Bl. 652 ff. d.A.).

Wegen des Sachvortrags der Parteien im Einzelnen wird Bezug genommen auf die erstinstanzlich gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen vom 06.02.2017 (Bl. 17 ff. d.A.), 08.03.2017 (Bl. 40 ff. d.A.), 17.03.2017 (Bl. 54 ff. d.A.), 11.04.2017 (Bl. 61 ff. d.A., 10.05.2017 (Bl. 99 f. d.A.), 11.05.2017 (Bl. 86 ff. d.A.), 23.08.2017 (Bl. 112 f. d.A.), 06.09.2017 (Bl. 116 f. d.A.), 15.11.2017 (Bl. 136 ff. d.A.), 19.12.2017 (Bl. 171 f. d.A.), 02.01.2018 (Bl. 196 ff. d.A.), 07.02.2018 (Bl. 227 ff. d.A.) und 13.03.2018 (Bl. 361 ff. d.A.), die zweitinstanzlich gewechselten Schriftsätze vom 14.05.2018 (Bl. 389 d.A.), 16.05.2018 (Bl. 406 d.A.), 24.05.2018 (Bl. 409 d.A.), 13.06.2018 (Bl. 412 d.A.), 11.07.2018 (Bl. 413 ff. d.A.), 16.08.2018 (Bl. 445 d.A.), 17.08.2018 (Bl. 446 d.A.), 07.09.2018 (Bl. 463 ff. d.A.), 05.11.2018 (Bl. 479 ff. d.A.), 29.11.2018 (Bl. 581 f. d.A.), 30.11.2018 (Bl. 583 ff. d.A.) und 08.01.2019 (Bl. 665 ff. d.A.) 08.01.2019 (Bl. 664 ff. d.A.), 28.01.2019 (Bl. 713 ff. d.A.) und 30.01.2019 (Bl. 817 d.A.) sowie auf die Sitzungsprotokolle vom 21.03.2017 (Bl. 52 f. d.A.), 22.02.2018 (Bl. 357 f. d.A.), 08.11.2018 (Bl. 546 ff. d.A.), 10.12.2018 (Bl. 652 ff. d.A.).

Gründe

I.

Die Berufung ist zulässig.

1. Sie ist nach § 64 Abs. 1, 2 Buchst. c ArbGG statthaft und form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3, 222 ZPO. Die Schriftform der Berufungseinlegung wurde jedenfalls mit dem zweiten Schriftsatz der Beklagten vom 16.05.2018, der die vollständige Unterschrift des Prozessbevollmächtigten des Klägers enthält, gewahrt.

2. Die Klage ist bezüglich der Kündigungsschutzanträge zulässig. Die Rechtswirksamkeit der in der Berufungsinstanz noch streitgegenständlichen Kündigungen wird nicht nach § 7 KSchG fingiert. Der Kläger hat gegen die Kündigung vom 06.03.2017 mit der am 14.03.2017 zugestellten Klageerweiterung vom 08.03.2017 rechtzeitig i.S.d. § 4 Satz 1 KSchG Klage erhoben. Gegen die Kündigung vom 14.03.2017 hat er mit der am 21.03.2017 zugestellten Klageerweiterung vom 17.03.2017 ebenfalls rechtzeitig Klage erhoben.

3. Für den allgemeinen Feststellungsantrag zu Ziffer 4. fehlte auch bei Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz am 10.12.2018 das Rechtsschutzbedürfnis, weshalb dieser unzulässig ist. Voraussetzung für eine Klage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO ist das Vorliegen eines rechtlichen Interesses an der beantragten Feststellung. Anders als bei einer Leistungs- und Gestaltungsklage kann bei der Feststellungsklage nicht davon ausgegangen werden, dass das Rechtsschutzbedürfnis in der Regel vorliegt, sondern es muss stets nachgewiesen werden. Diesen Nachweis hat der Kläger nicht erbracht, da über die konkret angegriffenen Kündigungen vom 06.03.2017 und 14.03.2017 hinaus weitere Kündigungstatbestände nicht vorgetragen werden. Insoweit war die Klage, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, als unzulässig abzuweisen.

II.

Die Berufung ist in der Sache begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage hinsichtlich der Kündigungsschutzanträge zu Unrecht abgewiesen. Der Anstellungsvertrag der Parteien vom 30.04./05.05.2002 wurde durch die am 17.03.2003, 02.05.2005 und 05.11.2015 abgeschlossenen Geschäftsführer-Dienstverträge nicht beendet. Vielmehr lebte der während der Zeit des Geschäftsführer-Dienstverhältnisses ruhende Arbeitsvertrag ab 01.01.2017 mit Beendigung des 3. Geschäftsführervertrages zum 31.12.2016 wieder auf. Die Kündigungen vom 06.03.2017 und 14.03.2017 sind wegen fehlender Beteiligung des Betriebsrates gem. § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam. Deshalb war das Urteil des Arbeitsgerichts hinsichtlich der zulässigen Klage abzuändern und den Kündigungsschutzanträgen stattzugeben.

1. Der Kläger hat gegen die beiden Kündigungen vom 06.03.2017 und 14.03.2017 Kündigungsschutzklage erhoben. Eine Kündigungsschutzklage ist nur begründet, wenn zum Zeitpunkt der mit der Kündigung beabsichtigten Beendigung des Rechtsverhältnisses ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Andernfalls kann nicht festgestellt werden, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst worden ist (vgl. BAG, Urteil vom 14.06.2006 - 5 AZR 592/05, NZA 2006, 1154, Rn. 14; Urteil vom 20.09.2000 - 5 AZR 271/99, NZA 2001, 210, Rn. 12). Hat kein Arbeitsverhältnis bestanden, ist die Klage - ohne dass es auf die Prüfung der Wirksamkeit der Kündigung noch ankäme - als unbegründet abzuweisen (vgl. BAG, Urteil vom 14.06.2006 - 5 AZR 592/05, a.a.O.; Urteil vom 20.09.2000 - 5 AZR 271/99, a.a.O., Rn. 12).

2. Zum Zeitpunkt des Ausspruchs der streitgegenständlichen Kündigungen vom 06.03.2017 und 14.03.2017 bestand zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis. Die Auslegung (§§ 133, 157 BGB) des Anstellungsvertrages vom 30.04.2002/05.05.2002 und des 1. Geschäftsführervertrages vom 17.03.2003 sowie der weiteren Dienstverträge vom 02.05.2005 und 05.11.2015 ergibt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch den 1. Geschäftsführervertrag vom 17.03.2003 noch durch einen der beiden weiteren abgeschlossenen Geschäftsführerverträge beendet wurde. Dies ergibt sich aus dem Willen der vertragsschließenden Parteien, der in den Verträgen deutlich zum Ausdruck gebracht wurde sowie aus dem Sinn und Zweck der Verträge.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt in dem Abschluss eines Geschäftsführervertrags durch einen angestellten Mitarbeiter im Zweifel die konkludente Aufhebung des bisherigen Arbeitsverhältnisses. Nach dem Willen der vertragsschließenden Parteien soll regelmäßig neben dem Dienstverhältnis nicht noch ein Arbeitsverhältnis ruhend fortbestehen. Dem Arbeitnehmer muss im Regelfall klar sein, dass er, wenn anderes nicht vereinbart wird, mit dem Abschluss eines Geschäftsführer-Dienstvertrags seinen Status als Arbeitnehmer aufgibt. Die vertraglichen Beziehungen werden auf eine neue Grundlage gestellt, die bisherige Grundlage verliert ihre Bedeutung. Eine andere Auslegung kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, für die zumindest deutliche Anhaltspunkte vorliegen müssen (vgl. BAG, Urteil vom 14.06.2006 - 5 AZR 592/05, NZA 2006, 1154, Rn. 18, m.w.N.; BAG, Beschluss vom 03.02.2009 - 5 AZB 100/08, NZA 2009, 669, Rn. 8; BAG, Urteil vom 07.10.1993 - 2 AZR 260/93, NZA 1994, 212). Hierzu zählt etwa die nur für eine kurze Zeit befristete Übertragung der Geschäftsführerstellung bei sonst unveränderten Vertragsbedingungen. Dagegen spricht z.B. die Verbesserung der Vergütung in dem Geschäftsführerverhältnis gegen ein ruhend gestelltes Arbeitsverhältnis (vgl. BAG, Urteil vom 14.06.2006 - 5 AZR 592/05, a.a.O., m.w.N.). Für die Beurteilung des Parteiwillens können ferner die Stellung des Arbeitnehmers im Unternehmen und die Gründe der Geschäftsführerbestellung von Bedeutung sein (vgl. BAG, Urteil vom 14.06.2006 - 5 AZR 592/05, a.a.O., Rn. 18). Die Vermutungsregelung, dass durch Abschluss eines Geschäftsführer-Dienstvertrages zwischen einem Arbeitnehmer und seinem Arbeitgeber zugleich das bisherige Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Beginns des Geschäftsführer-Dienstverhältnisses aufgelöst wird, gilt nicht, soweit klar und eindeutig etwas anderes vertraglich vereinbart worden ist (vgl. BAG, Urteil vom 19.07.2007 - 6 AZR 774/06, NZA 2007, 1095, Rn. 10). Ein einvernehmlich aufgehobenes Arbeitsverhältnis lebt nicht wieder auf, wenn der ehemalige Arbeitnehmer als Geschäftsführer abberufen wird (vgl. BAG, Urteil vom 14.06.2006 - 5 AZR 592/05, a.a.O., m.w.N.).

b) Unter Berücksichtigung der dargelegten Grundsätze kann die vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Vermutungsregel auf den vorliegenden Fall nicht angewendet werden. Es liegen hier besondere, vom Kläger dargelegte Umstände vor, die erkennen lassen, dass nach dem übereinstimmenden Willen der vertragsschließenden Parteien das Arbeitsverhältnis neben dem Dienstverhältnis ruhend fortbestehen und bei Beendigung der Tätigkeit als Geschäftsführer wiederaufleben sollte. Dieser Wille der Parteien wurde auch klar und deutlich in den abgeschlossenen Verträgen zum Ausdruck gebracht. Dass die Parteien zu Beginn ihrer Zusammenarbeit den ausdrücklichen Willen hatten, zwei parallele Verträge abzuschließen und diese Vertragskonstruktion auch seitens des Aufsichtsrates der Beklagten gebilligt wurde, war zuletzt nicht mehr streitig. Streitig geblieben ist jedoch die Frage, ob dieser Parteiwille in den abgeschlossenen Verträgen klar und eindeutig zum Ausdruck gekommen ist und ob der abgeschlossene Arbeitsvertrag durch den 1. Geschäftsführervertrag vom 17.03.2003, den 2. Geschäftsführervertrag vom 02.05.2005 oder den 3. Geschäftsführervertrag vom 05.11.2015 oder durch die Eigenkündigung des Klägers vom 29.06.2015 beendet worden ist.

aa) Nach der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht München vom 08.11.2018 und der Verkündung eines Beweisbeschlusses zur Einvernahme des Zeugen E. hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 27.11.2018 ergänzend vorgetragen, dass der Geschäftsführer der Beklagten, Herr K., im Beisein von Frau L., der Leiterin städtische Finanzen der C-Stadt, mit den ehemaligen Aufsichtsratsmitgliedern N. und M., sowie dem ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden H. die streitgegenständlichen Vorkommnisse während deren Amtszeit besprochen habe. Diese hätten angegeben, dass sie sich bewusst gewesen seien, dass das Nebeneinander des Arbeitsvertrages als kaufmännischer Leiter und des 1. Dienstvertrages als Geschäftsführer beim Kläger im Rahmen der Vertragsverhandlungen gewollt gewesen sei. Die von der Beklagten vorgetragenen Hintergründe dieser Vertragsgestaltung - bestehende Zweifel des vorherigen Geschäftsführers E. und des Aufsichtsrats an der Eignung des Klägers als Geschäftsführer - sind streitig. Die Beklagte führte zudem auch aus, dass der Aufsichtsrat insoweit ausschließlich die Beklagte habe schützen wollen, damit diese im Falle der Nichteignung des Klägers nicht plötzlich auch noch ohne kaufmännischen Leiter dastehe. Geplant gewesen sei schließlich die Fortführung der Personalunion Geschäftsführung mit kaufmännischer Leitung. Allerdings seien spätestens zum Zeitpunkt des Abschlusses des 2. Geschäftsführer-Dienstvertrages vom 02.05.2005 die Zweifel an der Eignung des Klägers als Geschäftsführer und kaufmännischer Leiter ausgeräumt gewesen. Der Aufsichtsrat sei dementsprechend mit Abschluss des 2. Geschäftsführervertrages davon ausgegangen, dass nur noch ein Vertragsverhältnis zwischen den Parteien bestehe, nämlich ein Geschäftsführervertrag, da sich der Kläger inzwischen ausreichend bewährt habe und es keines Schutzes für die Beklagte mehr bedurft habe.

bb) Der Wille der Parteien, zwei parallele Verträge - nämlich einen Arbeitsvertrag und einen Dienstvertrag - abzuschließen, wurde im Rahmen der durchgeführten Einvernahme des Zeugen E. zur Überzeugung des Gerichts bewiesen und ist von der Beklagten bezüglich eines entsprechenden Willens des Aufsichtsrats auch bestätigt worden.

(1) Nach dem zuletzt erfolgten eigenen Vortrag der Beklagten - siehe II. 2. b) aa) -waren sich die ehemaligen Aufsichtsratsmitglieder bewusst, dass das Nebeneinander des Arbeitsvertrages als kaufmännischer Leiter und des 1. Dienstvertrages als Geschäftsführer beim Kläger im Rahmen der Vertragsverhandlungen gewollt gewesen sei. Entsprechend dem Protokoll der Aufsichtsratssitzung vom 29.04.2002 (vgl. Anlage K 15, Bl. 212 d.A.) haben u.a. die Herren H. (damals Aufsichtsratsvorsitzender und 1. Bürgermeister) und N. (damals Aufsichtsratsmitglied) an dieser Sitzung - neben dem bisherigen Geschäftsführer der Beklagten, Herrn E. - teilgenommen. In dieser Sitzung hat der Aufsichtsrat den Anstellungsvertrag für den neuen Geschäftsführer beraten und die Geschäftsführung - zum damaligen Zeitpunkt Herr E. - beauftragt, diesen Vertrag - nach Einarbeitung der getroffenen Änderungen - mit dem Kläger abzuschließen. Zudem wurde am gleichen Tag der Dienstvertrag vorberaten und grundsätzlich akzeptiert. Am 18.07.2002 hat der Aufsichtsrat in seiner Sitzung, an der unter anderem die Herren H. und M. (damals Aufsichtsratsmitglied) -neben dem bisherigen Geschäftsführer der Beklagten, Herrn E. - teilgenommen haben, den Dienstvertrag abschließend beraten und beschlossen. Nach der Billigung dieser 2-Verträge-Konstruktion durch den Aufsichtsrat wurden die Verträge von dem damaligen Geschäftsführer Herrn E. an den Kläger mit Schreiben vom 30.04.2002 übersandt mit der Bitte, den Anstellungsvertrag zu unterzeichnen. Dies ist am 05.05.2002 erfolgt.

(2) Nach dem Willen der Parteien sollten die kaufmännischen Aufgaben stets Grundlage des Beschäftigungsverhältnisses sein. Dies wurde u.a. vom Zeugen E. in der „Gesprächsunterlage zum Treffen mit Herrn A. am 18.04.2002' festgehalten. Zweck des Anstellungsvertrages als kaufmännischer Leiter war es, dass, wenn der Geschäftsführer-Dienstvertrag wegfalle, auf Basis des Anstellungsvertrages als kaufmännischer Leiter weitergearbeitet werden könne und die Beklagte nicht mit dem Geschäftsführer zugleich auch den kaufmännischen Leiter verliert. Zu dem Anstellungsvertrag als kaufmännischer Leiter sollte als Ergänzung der Dienstvertrag als Geschäftsführer abgeschlossen werden. Dies steht fest aufgrund der Aussage des Zeugen E. (vgl. Protokoll vom 10.12.2012, Bl. 654 ff. d. A.). Der Zeuge war in seinen Aussagen widerspruchsfrei und glaubwürdig. Es wurden keine Umstände ersichtlich, die gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen sprechen. Auch wenn Herr E. im Zusammenhang mit seiner Benennung als Zeuge Kontakt mit dem Kläger hatte und von diesem auch diverse Unterlagen wie den Arbeitsvertrag, den Geschäftsführer-Dienstvertrag und die „Gesprächsunterlage zum Treffen mit Herrn A. am 18.04.2002' erhalten hat, bestehen keine Bedenken, dass der Zeuge seine Aussage nicht frei und unbeeinflusst gemacht haben könnte. Der Zeuge hat den Erhalt der Unterlagen von Seiten des Klägers aufgrund entsprechender Nachfragen bei seiner Einvernahme sofort offengelegt und glaubhaft versichert, dass der Kläger ihn nicht beeinflusst habe. Der Zeuge war der ehemalige Geschäftsführer der Beklagten und Vorgänger des Klägers. Er machte nicht den Eindruck, „im Lager“ des Klägers zu stehen. Aufgrund des langen Zeitraums, der seit den damaligen Vertragsverhandlungen vergangen ist, spricht auch nichts dagegen, dass der Zeuge Einblick in die damaligen, von ihm erstellten Vertragsunterlagen nimmt, um sein Erinnerungsvermögen zu unterstützen; aus Sicht der Kammer wurde die Glaubwürdigkeit seiner Aussage dadurch jedenfalls nicht beeinträchtigt.

cc) In dem am 30.04. bzw. 05.05.2002 unterzeichneten Arbeitsvertrag und in dem am 17.03.2003 abgeschlossenen 1. Dienstvertrag ist der Parteiwille, zwei parallele Verträge abzuschließen, hinreichend klar und deutlich zum Ausdruck gebracht worden.

(1) Neben dem Abschluss eines Arbeitsvertrags wurde in Ziffer 1.1 des Anstellungsvertrages bereits geregelt, dass vorgesehen sei, dem Kläger ab dem 01.01.2003 die Geschäftsführung der Beklagten zu übertragen. Im nächsten Satz heißt es dann: „Dazu wird in Ergänzung dieses Vertrages ein Dienstvertrag abgeschlossen.“ Bereits die Verwendung des Begriffs „Ergänzung“ zeigt klar und deutlich, dass - entsprechend dem tatsächlich vorhandenen Parteiwillen - von einer Koexistenz von Dienstvertrag und Arbeitsvertrag ab Abschluss des Geschäftsführer-Dienstvertrages auszugehen ist. Wenn die Parteien formulieren, dass der zuerst abgeschlossene Arbeitsvertrag durch den später abgeschlossenen Dienstvertrag „ergänzt“ werden soll, wird damit durch den Wortlaut deutlich zum Ausdruck gebracht, dass der spätere Dienstvertrag den früheren Arbeitsvertrag gerade nicht ablösen, ersetzen oder verdrängen soll, sondern zu der bereits bestehenden Vertragslage hinzutritt. Der Kläger verweist zurecht darauf, dass der Begriff „Ergänzung“ nach dem Duden ein Hinzufügen oder auch Erweitern oder Vervollständigen meint. Das Hinzutreten des Dienstvertrages zeigt sich auch darin, dass in § 1 Ziffer 1 Satz 1 nur auf die Einstellung des Klägers als kaufmännischer Leiter Bezug genommen wird, ohne die Tätigkeit als kaufmännischer Leiter nochmals - wie in Ziffer 1.5 des Anstellungsvertrages („1.5 Herr A. hat alle Aufgaben eines kaufmännischen Leiters einschließlich der Erstellung der Jahresabschlüsse zu übernehmen. Der Aufgabenkreis kann durch die Firma je nach den betrieblichen Erfordernissen erweitert oder beschränkt werden.“) - inhaltlich näher zu beschreiben. Dies war, wenn man von zwei sich überdeckenden Verträgen ausgeht, nicht erforderlich. Hinsichtlich der Vergütung wird im ergänzenden 1. Dienstvertrag - wie auch schon im Arbeitsvertrag - die Gesamtvergütung des Geschäftsführers geregelt, die allerdings das Gehalt des kaufmännischen Leiters lediglich um 500,00 € brutto übersteigt. Diese nur geringe Erhöhung des Gehalts für die Tätigkeit als Geschäftsführer und kaufmännischer Leiter zeigt, dass die Tätigkeit als kaufmännischer Leiter den Schwerpunkt der Geschäftsführertätigkeiten ausmachte. Wenn zwei, sich weitgehend überlappende Verträge existieren, können diese nicht gleichzeitig erfüllt werden, sondern es wird vielmehr nur der zuletzt abgeschlossene Vertrag tatsächlich umgesetzt - auch wenn für die Aufgabenbeschreibung des kaufmännischen Leiters auf den Anstellungsvertrag vom 30.04./05.05.2002 zurückgegriffen werden muss -während der früher abgeschlossene Arbeitsvertrag ruht. Nur mit dem Ruhen dieses Vertrages und seinem eventuellen Wiederaufleben bei Beendigung des Dienstvertrages kann der mit dem unbefristeten Anstellungsvertrag beabsichtigte Zweck, nämlich die Möglichkeit, den Arbeitnehmer auch nach einer etwaigen Abberufung von der Geschäftsführerposition auf Basis des Anstellungsvertrages als kaufmännischen Leiter weiter zu beschäftigen, um einen gleichzeitigen Verlust von Geschäftsführer und kaufmännischem Leiter zu vermeiden, erreicht werden.

(2) Das streitgegenständliche Arbeitsverhältnis diente nicht lediglich der Erprobung des Klägers für die von Anfang an in Aussicht genommene Tätigkeit als Geschäftsführer. Anhaltspunkte für eine Vermutung, dass mit dem Abschluss des Geschäftsführervertrages vom 17.03.2003 das vorhergehende (Probe-)Arbeitsvertragsverhältnis von den Parteien als gegenstandslos angesehen wurde, liegen nicht vor. Vielmehr wird in Ziffer 1.3 ausdrücklich geregelt, dass, sofern das Arbeitsverhältnis während der 6-monatigen Probezeit nicht gekündigt wird, es als unbefristet abgeschlossen gilt. Da zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages bereits die spätere Übertragung der Geschäftsführung zum 01.01.2003 in Aussicht gestellt wurde, hätte es einer Regelung betreffend den unbefristeten Abschluss des Arbeitsvertrages nicht bedurft, wenn dieser Vertrag spätestens mit Ablauf der Probezeit aufgrund des Geschäftsführervertrags hätte beendet werden sollen. Die Regelung in Ziffer 1.3 macht deutlich, dass eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerade nicht beabsichtigt war. Bestätigt wird dieses Ergebnis dadurch, dass der Kläger in seinem Schreiben vom 13.04.2002 (vgl. Anlage K 19 des Berufungsbegründungsschriftsatzes vom 11.07.2018, Bl. 433 f. d.A.) ausdrücklich eine Befristung des Arbeitsverhältnisses auf drei Monate vorgeschlagen hatte. Da dies von der Beklagten aber nicht gewollt war, wie sich aus der Einvernahme des Zeugen E. und der Gesprächsunterlage vom 18.04.2002 ergibt, wurde der Anstellungsvertrag jedoch am 30.04. bzw. 05.05.2002 als ein mit erfolgreichem Ablauf der Probezeit unbefristeter Vertrag abgeschlossen.

(3) Gegen die Ablösung des Arbeitsverhältnisses durch den 1. Geschäftsführervertrag vom 17.03.2003 spricht auch die Regelung in der Ziffer 6. des Anstellungsvertrages sowie die dieser entsprechenden Regelung in § 8 Ziffer 6. des 1. Geschäftsführervertrages vom 17.03.2003. In diesen Ziffern wird jeweils ausdrücklich geregelt, dass das Arbeitsverhältnis ohne Kündigung (erst) am Ende des Monats endet, in dem der Geschäftsführer das 65. Lebensjahr vollendet. Die Regelung in Ziffer 6. des Anstellungsvertrages unterstreicht durch die Bezugnahme auf den - zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses erst künftig zu bestellenden - „Geschäftsführer“ deutlich, dass auch nach Übernahme der Geschäftsführertätigkeit und Abschluss des Dienstvertrages das Arbeitsverhältnis nicht endet, sondern weiterbesteht, längstens jedoch bis zu dem Monat, in dem der Geschäftsführer die Regelaltersgrenze erreicht. Diese Regelung wäre bei einer gewollten konkludenten Beendigung des Anstellungsvertrages durch den Abschluss des Geschäftsführer-Dienstvertrages unnötig und sinnfrei. Sowohl im 1. Geschäftsführer-Dienstvertrag vom 17.03.2003 als auch in dem diesen ersetzenden 2. Geschäftsführer-Dienstvertrag vom 02.05.2005 wurde jeweils unter § 8 Ziffer 6 nahezu wortgleich geregelt, dass das Arbeitsverhältnis unbeschadet der Regelung in § 8 Ziffer 1 (Laufzeit des Dienstvertrages) ohne Kündigung am Ende des Monats endet, in dem der Geschäftsführer das 65. Lebensjahr vollendet. Hierbei handelt es sich um einen klaren und deutlichen Hinweis, dass das - entsprechend dem Auslegungsergebnis parallel existierende - Anstellungsverhältnis nicht durch den Abschluss eines Geschäftsführervertrages beendet werden sollte.

(4) Diesem Auslegungsergebnis steht schließlich auch nicht die Regelung in § 9 Abs. 2 des Geschäftsführer-Dienstvertrages entgegen, wonach „Vereinbarungen außerhalb dieses Vertrages“ nicht geschlossen worden seien. Diese Klausel ist vielmehr dahingehend auszulegen (§§ 133, 157 BGB), dass keine Vereinbarungen außerhalb des Geschäftsführervertrages, also betreffend die Geschäftsführertätigkeit für die Beklagte, geschlossen wurden. Der zuvor abgeschlossene Arbeitsvertrag vom 30.04./05.05.2002 betreffend die Tätigkeit als kaufmännischer Leiter der Beklagten blieb hiervon unberührt. Die Formulierung in § 9 Abs. 2 des Geschäftsführervertrages stellt deshalb auch keinen Anhaltspunkt dafür dar, dass nicht neben diesem Geschäftsführervertrag ein weiterer Vertrag - nämlich der Arbeitsvertrag vom 30.04./05.05.2002 - parallel existiert.

dd) Das mit dem Anstellungsvertrag vom 30.04./05.05.2002 begründete Arbeitsverhältnis der Parteien endete deshalb entgegen der Auffassung der Beklagten nicht mit dem rückwirkend zum 01.01.2003 abgeschlossenen 1. Geschäftsführer-Dienstvertrag vom 17.03.2003, sondern bestand als ruhendes Vertragsverhältnis fort.

(1) Wie bereits unter II. 2. b) cc) (1) ausgeführt, sollte der am 17.03.2003 abgeschlossene 1. Geschäftsführervertrag ergänzend zu dem Arbeitsvertrag hinzukommen. Der Wille der Parteien, zwei parallel geltende Verträge abzuschließen, kommt in den Verträgen, wie dargelegt, auch klar und eindeutig zum Ausdruck. Die nachvollziehbare und durchdachte Absicht, das erfolgreiche Absolvieren einer sechsmonatigen Probezeit zur Voraussetzung für die Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer zu machen, führt gleichwohl vorliegend nicht zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, da - gemäß der Regelung in Ziffer 1.3 des Anstellungsvertrages - mit dem erfolgreichen Absolvieren der sechsmonatigen Probezeit das Arbeitsverhältnis als unbefristet abgeschlossen gilt.

(2) Vielmehr ergibt die Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB, dass nach der Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer das Anstellungsverhältnis als ruhendes Arbeitsverhältnis fortbestehen sollte, um gegebenenfalls mit der Beendigung der Geschäftsführertätigkeit des Klägers, z.B. durch Abberufung, wiederaufzuleben.

(a) Nach § 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Zudem ist bei der Auslegung der einem Vertragsschluss zu Grunde liegenden maßgeblichen Willenserklärungen gem. § 133 BGB der wirkliche Willen der Parteien zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften. Dabei sind auch außerhalb der Vereinbarung liegende Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Ebenso sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen (st. Rspr., vgl. etwa BAG, Urteil vom 10.12.2014 - 10 AZR 63/14, NZA 2015, 483).

(b) Da sich das Vertragsverhältnis wie im Falle der Befristungsrechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (st. Rspr.; vgl. BAG, Urteil vom 24.02.2016 - 7 AZR 182/14, juris, Rn. 14; Urteil vom 10.03.2004 - 7 AZR 402/03, NZA 2004, 925, Rn. 15; Urteil vom 07.10.1993 -2 AZR 260/93, a.a.O., Rn. 29) nach dem zuletzt abgeschlossenen Vertrag bestimmt, ist hier davon auszugehen, dass der zunächst abgeschlossene Arbeitsvertrag mit Abschluss des 1. Geschäftsführer-Dienstvertrages konkludent ruhend gestellt wurde für die Laufzeit des Geschäftsführer-Vertragsverhältnisses. Dieses wurde zunächst für die Dauer von 3 Jahren abgeschlossen und sollte sich jeweils um weitere 5 Jahre verlängern, wenn es nicht fristgerecht gekündigt wird. Das einvernehmlich ruhende Arbeitsverhältnis lebt dann erst wieder auf, wenn der Geschäftsführervertrag gekündigt oder der Geschäftsführer durch Beschluss des Aufsichtsrates abberufen wird. Genau dies entsprach auch dem Sinn und Zweck der Doppelvertragskonstruktion. So würde die Beklagte mit der Beendigung des Geschäftsführervertrages nicht zwingend neben dem Geschäftsführer zugleich den kaufmännischen Leiter verlieren, sondern könnte den Arbeitnehmer trotz erfolgter Kündigung des Geschäftsführervertrages oder Abberufung als Geschäftsführer noch in der Funktion des kaufmännischen Leiters weiterbeschäftigen, z.B. bis sie einen neuen Geschäftsführer einstellt bzw. beruft, der wieder in Personalunion auch die kaufmännische Leitung übernimmt.

(c) Gegen dieses Auslegungsergebnis sprechen auch nicht die von der Beklagten angeführten äußeren Umstände. Die im Dezember 2016 durchgeführte „Abschiedsfeier' des Klägers ist kein in diesem Sinne zu berücksichtigender Umstand, da sie keine Rückschlüsse auf den Parteiwillen bei dem schon viel früher abgeschlossenen Geschäftsführervertrag vom 05.11.2015 oder einem der zuvor abgeschlossenen Geschäftsführer-Dienstverträge vom 17.03.2003 bzw. vom 02.05.2005 zulässt. Gleiches gilt für die außergerichtliche Geltendmachung von Abgeltungsansprüchen für Überstunden und Urlaub Ende 2016.

Es kommt rechtlich auch nicht darauf an, wie der Kläger die strittige Rechtslage bezüglich der Fortdauer seines Dienstvertrages oder seines Arbeitsvertrages einschätzte. Der Kläger hat zudem bestritten, dass der seit dem 01.03.2018 tätige kaufmännische Leiter, Herr J., dem Geschäftsführer der Beklagten, Herrn K., am 30.11.2018 erstmals mitgeteilt habe, dass der Kläger ihm kurz nach Dreikönig im Januar 2017 gesagt habe, dass er ganz überrascht sei, dass er ggf. doch noch als kaufmännischer Leiter angestellt sei, wovon er zum Zeitpunkt seiner Abschiedsfeier Ende 2016 nicht ausgegangen sei. Eine solche Äußerung würde auch im Widerspruch zu den vom Kläger Ende 2016 an die Beklagte übersandten Schreiben stehen. Denn mit Schreiben vom 30.12.2016 (vgl. Anlage K 20, Bl. 698 d.A.), das der Beklagten am 02.01.2017 zuging, teilte der Kläger der Beklagten mit, dass ihm nunmehr die Stelle des kaufmännischen Leiters zustehe und er sich auf eine Fortsetzung der Zusammenarbeit freue. Mit weiterem Schreiben vom 22.01.2017 (vgl. Anlage K 21, Bl. 699 d.A.), das der Beklagten am 24.01.2017 zuging, bot der Kläger erneut seine Arbeit als kaufmännischer Leiter an. Der Kläger hat damit - trotz Abschiedsfeier und unterstellter von ihm mündlich geäußerter abweichender Rechtsmeinungen - unmissverständlich schriftlich klargestellt, dass er weiterhin vom Bestand eines Arbeitsverhältnisses ausgehe und dessen Erfüllung auch einfordere. Dies hat die Beklagte mit Schreiben vom 26.01.2017 (vgl. Anlage K 22, Bl. 700 d.A.) abgelehnt.

ee) Das seit dem Abschluss des 1. Geschäftsführer-Dienstvertrages vom 17.03.2003 ruhende Arbeitsverhältnis der Parteien wurde auch nicht durch den 2. Geschäftsführer-Dienstvertrag vom 02.05.2005 beendet.

(1) Es kann offenbleiben, ob die Rechtsprechung des BAG zur Vermutungsregel, dass beim Abschluss eines Geschäftsführervertrags zwischen einem Arbeitnehmer und seinem Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis konkludent aufgehoben wird, auf den Abschluss eines weiteren Geschäftsführer-Dienstvertrages überhaupt anwendbar ist. Es liegen jedenfalls hier ausreichend Anhaltspunkte dafür vor, dass der 1. Geschäftsführervertrag vom 17.03.2003 das Arbeitsverhältnis nicht beenden sollte. Ausweislich des § 8 Ziffer 1 des 2. Geschäftsführervertrages vom 02.05.2005 löste dieser den 1. Geschäftsführervertrag ab. Der 2. Geschäftsführervertrag entspricht weitgehend dem 1. Geschäftsführervertrag; um eine „Neuregelung“, wie die Beklagte meint, handelt es sich gerade nicht. Vielmehr wurde der Vertrag einerseits hinsichtlich der zwischenzeitlich erfolgten Eintragung ins Handelsregister (§ 1 Ziffer 1.), der inzwischen abgeschlossenen Direktversicherung (§ 4 Ziffer 5.) und der Vertragsdauer (§ 8 Ziffer 1.) aktualisiert. Andererseits wurde - nach Überprüfung der Bezüge, welche entsprechend dem Vertrag vom 17.03.2003 vor Ablauf des 3. Jahres nach Übernahme der Geschäftsführung erfolgen sollte - die Vergütung erhöht (§ 3 Ziffer 1.) und die im 1. Geschäftsführervertrag bei Bewährung (oder entsprechender Leistung) bereits in Aussicht gestellte Zahlung einer Tantieme (§ 3 Ziffer 6.) vereinbart. Diese Aktualisierung und Ergänzung des 1. Geschäftsführervertrages lässt den ruhenden Arbeitsvertrag gänzlich unberührt. Auch im 2. Geschäftsführervertrag vom 02.05.2005 heißt es in Ziffer 6. wie bisher, dass das Arbeitsverhältnis unbeschadet der Regelungen in Ziffer 1 ohne Kündigung am Ende des Monats endet, in dem der Geschäftsführer das 65. Lebensjahr vollendet. Innerhalb der Doppelkonstruktion „Arbeitsvertrag + Geschäftsführervertrag“ wurde lediglich der Geschäftsführervertrag, der inhaltlich im Wesentlichen nur aktualisiert und hinsichtlich der Vergütung verbessert wurde, ausgetauscht; die parallele Konstruktion der Verträge an sich blieb jedoch unverändert.

(2) Soweit der Aufsichtsrat, wie die Beklagte vorträgt, spätestens mit Abschluss des 2. Geschäftsführervertrages wegen der zwischenzeitlich erfolgten Bewährung des Klägers davon ausgegangen sei, dass nur noch ein Geschäftsführer-Vertragsverhältnis zwischen den Parteien bestehe, handelt es sich hierbei um die einseitige Vorstellung der Beklagten, die der Kläger nicht erkennen konnte. Eine einseitige Vorstellung einer Vertragspartei ist für die Bestimmung des Vertragsinhalts nur von Bedeutung, wenn der Erklärungsempfänger den wirklichen Willen des Erklärenden erkennt und in Kenntnis dieses Willens den Vertrag abschließt (vgl. BGH, Urteil vom 08.01.2004 - VII ZR 181/02, NJW 2004, 2156). Aufgrund des beim Abschluss des 1. Geschäftsführer-Dienstvertrages bestehenden Verständnisses, dass die Anstellung als kaufmännischer Leiter immer Grundlage des Beschäftigungsverhältnisses ist und das zunächst abgeschlossene Arbeitsverhältnis als ein ruhendes Vertragsverhältnis unbefristet bestehen bleibt, konnte dieses Arbeitsverhältnis nicht stillschweigend - durch einen einseitigen Parteiwillen - aufgehoben werden, sondern es hätte hierfür einer ausdrücklichen Vereinbarung bedurft. Eine solche Regelung wurde in dem Vertrag vom 02.05.2005 nicht getroffen.

ff) Das Anstellungsverhältnis der Parteien wurde auch nicht durch die Eigenkündigung des Klägers vom 29.06.2015 beendet.

Ausweislich des Wortlautes des Kündigungsschreibens vom 29.06.2015 kündigte der Kläger ausschließlich „den Dienstvertrag vom 02.05.2005 zum 31.12.2015“. Zudem führte er zur Begründung aus: „Da der Dienstvertrag vom 2. Mai 2005 eine weitere Verlängerung um fünf Jahre vorsieht, wenn nicht bis zum 30.06.2015 gekündigt wurde, ist es rein rechtlich gesehen erforderlich, dass ich bis zum 30.06.2015 kündige, damit eine Verlängerung meines Dienstvertrages zu den Konditionen, wie sie 2005 festgelegt wurden, nicht um weitere fünf Jahre eintritt.“ Aus dem Wortlaut des Kündigungsschreibens sowie der Begründung ergibt sich unmissverständlich, dass der Kläger nur den Dienstvertrag kündigen wollte. Das Anstellungsverhältnis der Parteien wurde deshalb von der Eigenkündigung des Klägers nicht berührt. Zudem endete das Dienstverhältnis auch nicht aufgrund der Eigenkündigung des Klägers, sondern die Parteien schlossen nach Vertragsverhandlungen am 05.11.2015 einen weiteren Dienstvertrag, mit dem sie das Wiederaufleben des vom Kläger gekündigten Dienstvertrages vom 02.05.2005 bis zum 31.12.2016 vereinbarten sowie insbesondere, dass sie sich verpflichten, Verhandlungen zu führen um einen Dienstvertrag bis spätestens 31.05.2016 vorzulegen. Unter Ziffer 3. des 3. Dienstvertrages vom 05.11.2015 wurde ausdrücklich vereinbart, dass sofern ein Einvernehmen nicht erzielt worden sein sollte, der „Dienstvertrag gemäß § 8“ zum 31.12.2016 endet.

gg) Ein Parteiwille, den ruhenden Anstellungsvertrag aufheben zu wollen, kann auch dem 3. Geschäftsführer-Dienstvertrag vom 05.11.2015 nicht entnommen werden.

(1) Mit dem 3. Geschäftsführervertrag wurde der Dienstvertrag vom 02.05.2005 wieder in Kraft gesetzt. Die Parteien verpflichteten sich zudem Verhandlungen zu führen, um einen neuen Dienstvertrag bis spätestens 31.05.2016 vorzulegen. Die Verhandlungsergebnisse sollten rückwirkend zum 01.01.2016 zur Geltung gebracht werden. Die Sätze 1 und 2 des § 8 Abs. 1 des Dienstvertrages vom 02.05.2005 wurden durch den Satz „Der Vertrag läuft bis zum 31.12.2016.“ ersetzt. Somit wurde durch den 3. Geschäftsführervertrag vom 05.11.2015 auch die Regelung in § 8 Ziffer 6. wieder in Kraft gesetzt, wonach das Arbeitsverhältnis unbeschadet der Regelung in § 8 Ziffer 1. ohne Kündigung erst am Ende des Monats endet, in dem der Geschäftsführer das 65. Lebensjahr vollendete. Aufgrund der Vertragsverhandlungen wurde zwar ein neuer Geschäftsführer-Dienstvertrag erstellt, der auch vom Aufsichtsrat gebilligt wurde. Dieser hätte jedoch am 06.04.2016 durch den Stadtrat genehmigt werden müssen, was nicht erfolgt ist. Da somit gemäß Ziffer 3. des 3. Geschäftsführervertrag vom 05.11.2015 ein Einvernehmen über einen neuen Dienstvertrag bis spätesten 31.05.2016 nicht erzielt worden ist, endete vereinbarungsgemäß der „Dienstvertrag gemäß § 8“ zum 31.12.2016.

(2) Im Rahmen der Auslegung (§§ 133, 157 BGB) kann ohne entsprechende Anhaltspunkte in dem 3. Geschäftsführervertrag vom 05.11.2015 nicht angenommen werden, dass das bislang ruhende Arbeitsverhältnis zugleich mit dem Ende des Dienstvertrages zum 31.12.2016 beendet werden sollte. Sinn und Zweck der doppelten Vertragskonstruktion war zudem, den Arbeitnehmer auch nach einer etwaigen Abberufung von der Geschäftsführerposition auf Basis des Anstellungsvertrages als kaufmännischen Leiter weiter beschäftigen zu können, um einen gleichzeitigen Verlust des Geschäftsführers und des kaufmännischen Leiters zu vermeiden. Dieser Zweck ist mit dem 3. Geschäftsführervertrag nicht entfallen. Anhaltspunkte hierfür liegen nicht vor, insbesondere wurde ein etwaiger dahingehender Parteiwille nicht in dem 3. Geschäftsführervertrag zum Ausdruck gebracht. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgte deshalb nicht konkludent mit Abschluss des 3. Geschäftsführervertrags, sondern hätte entweder ausdrücklich zwischen den Parteien vereinbart werden oder durch eine wirksame Kündigung seitens der Beklagten erfolgen müssen.

hh) Somit lebte das Arbeitsverhältnis der Parteien nach der vom LG Landshut rechtskräftig festgestellten Beendigung des Geschäftsführervertrages zum 31.12.2016 wieder auf mit der Folge, dass ab 01.01.2017 und somit auch zum Zeitpunkt der von der Beklagten am 06.03.2017 ausgesprochenen ersten Kündigung noch ein Arbeitsverhältnis der Parteien bestanden hat.

3. Die streitgegenständlichen Kündigungen der Beklagten vom 06.03.2017 und 14.03.2017 sind jeweils wegen der fehlenden Beteiligung des Betriebsrates unwirksam.

a) Nach § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm gemäß § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Eine Kündigung ist aber nicht nur dann unwirksam, wenn die Arbeitgeberin gekündigt hat, ohne den Betriebsrat zuvor überhaupt angehört zu haben, sondern auch dann, wenn die Arbeitgeberin ihrer Unterrichtungspflicht entweder nicht richtig, insbesondere nicht ausführlich genug, oder bewusst irreführend nachgekommen ist (st. Rspr; BAG, Urteil vom 06.02.1997 - 2 AZR 265/96, NZA 1997, 656, Rn. 18). Der notwendige Inhalt der Unterrichtung nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG richtet sich nach Sinn und Zweck der Anhörung. Dieser besteht darin, den Betriebsrat in die Lage zu versetzen, sachgerecht, das heißt gegebenenfalls zu Gunsten des Arbeitnehmers auf den Arbeitgeber einzuwirken. Die Anhörung soll dem Betriebsrat nicht die selbstständige - objektive - Überprüfung der rechtlichen Wirksamkeit der beabsichtigten Kündigung, sondern gegebenenfalls eine Einflussnahme auf die Willensbildung des Arbeitgebers ermöglichen (vgl. BAG, Urteil vom 16.07.2015 - 2 AZR 15/15, NZA 2016, 99, Rn. 14; BAG, Urteil vom 23.10.2014 - 2 AZR 736/13, NZA 2015, 476, Rn. 22).

b) Der Inhalt der Unterrichtung nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG ist deshalb grundsätzlich subjektiv determiniert (vgl. BAG, Urteil vom 16.07.2015 - 2 AZR 15/15, a.a.O., Rn. 15; BAG, Urteil vom 23.10.2014 - 2 AZR 736/13, a.a.O., Rn. 14). Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat die Umstände mitteilen, die ihren Kündigungsentschluss tatsächlich bestimmt haben (vgl. BAG, Urteil vom 16.07.2015, a.a.O.; Urteil vom 23.10.2014, a.a.O.). Diese Mitteilung ist hier nicht erfolgt. Die Beklagte hat den Betriebsrat nicht beteiligt, so dass dieser keine Möglichkeit hatte, die Stichhaltigkeit und Gewichtigkeit der angeführten betriebs- und verhaltensbedingten Kündigungsgründe zu überprüfen und gegebenenfalls zu Gunsten des Klägers auf die Beklagte einwirken zu können. Die Kündigungen sind wegen Fehlens der Betriebsratsanhörung unwirksam, § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG.

c) Die Anhörung des Betriebsrates nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG war hier - entgegen der Auffassung der Beklagten - auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Kläger in der Funktion des kaufmännischen Leiters als leitender Angestellter i.S.d. § 5 Abs. 3 und Abs. 4 BetrVG einzuordnen wäre.

aa) Nach § 5 Abs. 3 Satz 2 BetrVG ist leitender Angestellter, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb (1.) zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder (2) Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder (3.) regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein. Die Voraussetzungen liegen vor, wenn nur einer der drei Tatbestände (1.) bis (3.) erfüllt ist. Die Funktionen müssen aufgrund des Arbeitsvertrags wahrgenommen werden. Die Hervorhebung des Arbeitsvertrags hat die Bedeutung, dass sich bereits aus der vertragsrechtlichen Gestaltung die Funktionen des leitenden Angestellten ergeben müssen. Nicht erforderlich ist, dass die genannten Aufgaben und Befugnisse im Arbeitsvertrag schriftlich niedergelegt sind; es genügen auch entsprechende mündliche Abreden (vgl. Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 17. Auflage 2017, § 212 Rn. 23). Der leitende Angestellte muss nicht nur im Außenverhältnis die ihm übertragenen Funktionen wahrnehmen können, sondern auch im Verhältnis zum Arbeitgeber berechtigt sein, von ihnen Gebrauch zu machen. Erforderlich ist weiterhin, dass er die vertraglich eingeräumte Rechtsposition auch tatsächlich ausübt (vgl. Schaub, a.a.O., Rn. 24). Die vorübergehende Nichtausübung der Funktionen aufgrund einer längeren Freistellung ist für die Statusbeurteilung ohne Bedeutung (vgl. Schaub, a.a.O., Rn. 24). Ein Arbeitnehmer kann aber nur dann und so lange leitender Angestellter sein, wie er tatsächlich nach innen und außen die Aufgaben und Befugnisse ausübt, die seinen Status als leitenden Angestellten begründen (vgl. Arbeitsgericht München, Urteil vom 26.08.2004 - 28 Ca 12794/03, juris). Die bloß formale Übertragung von Aufgaben und Befugnissen im - unverändert gebliebenen - Arbeitsvertrag reicht nicht aus.

bb) Nach dem 01.01.2017 wurde dem Kläger trotz seiner Aufforderungsschreiben vom 30.12.2016 und 22.01.2017 von Seiten der Beklagten keine Leitungsfunktion mehr übertragen. Nachdem der Kläger 14 Jahre lang als Geschäftsführer der Beklagten im Rahmen eines Geschäftsführervertrages tätig war und ihm in dieser Position auch die Funktion des kaufmännischen Leiters oblag, da der Angestelltenvertrag ruhte, übte er diese Funktion bis zu seiner Abberufung als Geschäftsführer Ende 2016 nicht auf der Grundlage des Angestelltenvertrages vom 30.04./05.05.2002 aus. Es liegt insoweit keine nur vorübergehende Freistellung des Klägers von der Funktion des kaufmännischen Leiters vor, die für die Statusbeurteilung möglicherweise ohne Bedeutung wäre (vgl. Schaub, a.a.O.). Mangels Zuweisung einer entsprechenden Funktion als leitender Angestellter übte der Kläger eine solche Tätigkeit seit dem 01.01.2017 tatsächlich nicht aus, so dass ein Status des Klägers als leitender Angestellter zum Zeitpunkt des Ausspruchs der streitgegenständlichen Kündigungen am 06.03.2017 und 14.03.2017 nicht festgestellt werden kann.

cc) Aber auch wenn auf die Tätigkeit des Klägers vor der Berufung zum Geschäftsführer der Beklagten mit Wirkung ab 01.10.2002 abzustellen wäre, ist der Kläger nicht als leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 und 4 BetrVG einzuordnen. Dies ist mit Blick auf die Tätigkeit des Klägers im Zeitraum vom 01.10.2002 bis 31.12.2002 zu beurteilen. Zwar wurde der 1. Geschäftsführervertrages erst am 17.03.2003 abgeschlossen. Jedoch wurde der Kläger durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 04.12.2002 rückwirkend zum 01.01.2003 als Geschäftsführer bestellt. Ab diesem Zeitpunkt war der Kläger nicht mehr ausschließlich in der Funktion des kaufmännischen Leiters tätig, sondern bereits bestellter Geschäftsführer. Maßgebend ist deshalb der (kurze) Zeitraum vom 01.10.2002 bis 31.12.2002, in dem der Kläger ausschließlich als kaufmännischer Leiter bei der Beklagten tätig war.

(1) Der Kläger war nach Arbeitsvertrag und Stellung im Betrieb der Beklagten als kaufmännischen Leiter unstreitig nicht zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt, § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG.

(2) Dem Kläger war unstreitig weder Generalvollmacht noch Prokura erteilt worden, § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BetrVG.

(3) Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Kläger im Zeitraum vom 01.10.2002 bis 31.12.2002 regelmäßig sonstige Aufgaben im Sinne des § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BetrVG wahrnahm, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens der Beklagten von Bedeutung waren und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt. Die Beklagte hat insoweit lediglich mit Schriftsatz vom 07.02.2018 vorgetragen, dass der Kläger ausweislich des Arbeitsvertrages alle Aufgaben eines kaufmännischen Leiters einschließlich der Erstellung der Jahresabschlüsse zu übernehmen habe.

Inwieweit diese Aufgaben für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens der Beklagten von Bedeutung waren und inwiefern deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Wesentliche Voraussetzungen für das Vorliegen von Aufgaben i.S.d. § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BetrVG hat die Beklagte somit nicht dargelegt und sind auch nicht ersichtlich.

(4) Nach § 5 Abs. 4 BetrVG ist im Zweifel leitender Angestellter, wer (1.) aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist oder (2.) einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind, oder (3.) ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist, oder (4.) falls auch bei der Anwendung der Nummer 3. noch Zweifel bleiben, ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch überschreitet. Die Auslegungsregel des § 5 Abs. 4 BetrVG darf nur bei rechtlich erheblichen Zweifeln herangezogen werden, also nur wenn die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen nicht aufgeklärt werden können und beide Auslegungsergebnisse gut vertreterbar und begründbar erscheinen (vgl. Fitting, BetrVG, 27. Aufl. 2014, § 5, Rn. 424). Abs. 4 ist danach nur eine „Orientierungshilfe in Grenzfällen“ (vgl. Fitting, a.a.O., § 5, Rn. 423). Ein solcher liegt hier jedoch nicht vor. Vielmehr hat die Beklagte nicht ausreichend substantiiert zu einer Stellung des Klägers als leitender Angestellter, insbesondere i.S.d. § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BetrVG vorgetragen. Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 10.12.2018 zudem vorträgt, dass das Unternehmen der C. heute zwei leitende Angestellte habe, den technischen und den kaufmännischen Leiter, ist dies irrelevant, da es nicht auf die heutige Situation ankommt; diese spielt für den Kündigungszeitpunkt im März 2017 keine Rolle. Ein Status des Klägers als leitender Angestellter kann, wie oben ausgeführt, weder zum Zeitpunkt des Ausspruchs der streitgegenständlichen Kündigungen am 06.03.2017 und 14.03.2017 festgestellt werden noch im Zeitraum seiner Beschäftigung als kaufmännischer Leiter vom 01.10.2002 bis 31.12.2002.

d) Da die Kündigungen bereits wegen nicht erfolgter Beteiligung des Betriebsrats unwirksam sind, kommt es auf die Frage, ob die Kündigungen vom 06.03.2017 und 14.03.2017 auf Basis der von der Beklagten vorgetragenen betriebs- und verhaltensbedingten Kündigungsgründe sozial gerechtfertigt sind, nicht an.

III.

Keinen Erfolg hat der in der mündlichen Verhandlung vom 10.12.2018 gestellte Auflösungsantrag der Beklagten.

1. Der Auflösungsantrag ist zulässig. Er konnte von der Beklagten erstmals unmittelbar vor Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz unter Bezugnahme auf den Schriftsatz vom 30.11.2018 gestellt werden.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 KSchG können beide Arbeitsvertragsparteien den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen. Aufgrund dieser ausdrücklichen gesetzlichen Regelung ist die nachträgliche Stellung des Auflösungsantrages - noch während der Anhängigkeit des Kündigungsschutzprozesses - keine von der Einwilligung des Prozessgegners oder der Sachdienlichkeit abhängige Klageänderung nach § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 263, 533 ZPO und kann auch nicht nach §§ 67, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 296, 530, 531 ZPO als verspätet zurückgewiesen werden (vgl. BAG, Urteil vom 09.10.1997 - 2 AZR 32/97, juris, Rn. 21; LAG Niedersachsen, Urteil vom 04.06.2004 - 10 Sa 198/04, juris, Rn. 77).

2. Der Auflösungsantrag ist jedoch unbegründet.

a) Das Gericht hat gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG das Arbeitsverhältnis auf Antrag des Arbeitgebers gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen.

Der Arbeitgeber kann die Auflösung des Arbeitsverhältnisses lediglich im Zusammenhang mit einer unwirksamen ordentlichen Kündigung und auch insoweit nur beantragen, wenn die Kündigung nicht aus anderen Gründen als der Sozialwidrigkeit unwirksam ist (vgl. BAG, Urteil vom 29.08.2013 - 2 AZR 419/12, NZA 2014, 660, Rn. 25; BAG, Urteil vom 28.08.2008 - 2 AZR 63/07, NZA 2009, 275, Rn. 27, 30 ff.). Ob dies auch bei einem leitenden Angestellten gilt, der zur selbstständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern berechtigt ist und dessen Arbeitsverhältnis nach § 14 Abs. 2 Satz 2 KSchG auf Antrag des Arbeitgebers ohne weitere Begründung aufgelöst werden kann, ist umstritten (vgl. KR/Rost, 11. Aufl. 2013, § 14 KSchG, Rn. 50, m.w.N.), kann hier aber offenbleiben. Denn der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzungen an einen leitenden Angestellten im Sinne dieser Vorschrift, die sich hinsichtlich der Anforderungen an die Feststellung von denen nach § 5 Abs. 3 BetrVG unterscheiden (vgl. ErfK/Kiel, 18. Aufl. 2018, § 14 KSchG, Rn. 10). Dem Kläger fehlt es an der Befugnis zur eigenverantwortlichen Einstellung oder Entlassung. Nach der gesetzlichen Regelung ist der Angestellte dann als „im Lager“ der Arbeitgeberin stehend anzusehen, wenn er selbstständig darüber entscheiden kann, wer in einem wesentlichen Bereich des Unternehmens eingestellt oder entlassen wird (vgl. BAG, Urteil vom 19.04.2012 - 2 AZR 186/11, juris, Rn. 38). Der Kläger erfüllt diese Merkmale nicht; die Beklagte hat eine Einstellungs- oder Entlassungsbefugnis des Klägers gar nicht behauptet.

b) Da der Kläger kein ähnlicher leitender Angestellter i.S.d. § 14 Abs. 2 Satz 2 KSchG ist, fehlt es den ordentlichen Kündigungen vom 06.03.2017 und 14.03.2017 an der Voraussetzung, dass diese allein wegen fehlender sozialer Rechtfertigung i.S.d. § 1 KSchG unwirksam sind. Wie oben dargestellt, scheitern beide ordentlichen Kündigungen an der fehlenden Beteiligung des Betriebsrates. Dem Auflösungsantrag der Beklagten ist deshalb der Erfolg verwehrt.

IV.

Die Kosten der Berufung und des erstinstanzlichen Verfahrens hat die ganz überwiegend unterlegene Beklagte zu tragen. Der allgemeine Feststellungsantrag wurde erstinstanzlich nicht streitwerterhöhend berücksichtigt, so dass die diesbezügliche Klageabweisung keine Kosten veranlasst hat und deshalb die gesamten Prozesskosten der Beklagten auferlegt werden, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 92 Abs. 2 ZPO.

V.

Für die Zulassung der Revision bestand kein Grund i.S.d. § 72 Abs. 2 ArbGG, da dem Rechtsstreit über die Klärung der konkreten Rechtsbeziehungen der Parteien hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG. Es wurde auch nicht von einer höchstrichterlichen Entscheidung i.S.d. § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG abgewichen, sondern die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hinsichtlich der im Zweifel konkludenten Aufhebung bestehender Arbeitsverhältnisse durch den Abschluss eines Geschäftsführer-Dienstvertrag auf den vorliegenden Fall angewendet.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht München Urteil, 30. Jan. 2019 - 4 Sa 336/18

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

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(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.
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(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

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Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

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(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

(1) Arbeitnehmer (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, unabhängig davon, ob sie im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäftigt werden. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten, die in der Hauptsache für den Betrieb arbeiten. Als Arbeitnehmer gelten ferner Beamte (Beamtinnen und Beamte), Soldaten (Soldatinnen und Soldaten) sowie Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind.

(2) Als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist;
2.
die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder die Mitglieder einer anderen Personengesamtheit, soweit sie durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit oder zur Geschäftsführung berufen sind, in deren Betrieben;
3.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist;
4.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient und die vorwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung, sittlichen Besserung oder Erziehung beschäftigt werden;
5.
der Ehegatte, der Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte ersten Grades, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber leben.

(3) Dieses Gesetz findet, soweit in ihm nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, keine Anwendung auf leitende Angestellte. Leitender Angestellter ist, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb

1.
zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder
2.
Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder
3.
regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.
Für die in Absatz 1 Satz 3 genannten Beamten und Soldaten gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Leitender Angestellter nach Absatz 3 Nr. 3 ist im Zweifel, wer

1.
aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist oder
2.
einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind, oder
3.
ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist, oder,
4.
falls auch bei der Anwendung der Nummer 3 noch Zweifel bleiben, ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch überschreitet.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam; ein vom Arbeitnehmer nach § 2 erklärter Vorbehalt erlischt.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 15. November 2013 - 14 Sa 1619/12 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Zahlung von Nachtzuschlägen und Schichtzulagen für die Zeit von Mai 2011 bis August 2012 unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs.

2

Der Kläger ist bei der Beklagten, die Express-Luftfracht befördert, seit dem 1. September 1987 auf Grundlage des mit ihrer Rechtsvorgängerin abgeschlossenen Arbeitsvertrags vom 20. August 1987 und der Zusatzvereinbarung vom 30. Juni 1988 als „Handler“ in der Betriebsstätte am Flughafen Frankfurt am Main beschäftigt. Eine Vereinbarung über die Lage der Arbeitszeit enthalten weder der Vertrag noch die Zusatzvereinbarung.

3

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der von der Beklagten mit dem Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft e. V. abgeschlossene Manteltarifvertrag vom 6. Februar 2004 (MTV) Anwendung. Dieser enthält auszugsweise folgende Regelungen:

        

§ 7 Zeitzuschläge

        

1.    

Die Mehrarbeitszuschläge werden monatlich akkumuliert und wie folgt vergütet

                 

für die 1. bis 15. Mehrarbeitsstunde im Monat

25 %   

                 

ab 16. bis 20. Mehrarbeitsstunde im Monat

50 %   

                 

für Arbeit an Sonntagen

125 % 

                 

für Arbeit an gesetzlichen Feiertagen

125 % 

                 

für Nachtarbeit

33 %   

                                   
                 

für Arbeit am Heiligabend oder Silvester ab 12.00 Uhr

125 % 

        

2.    

Beim Zusammentreffen mehrerer Zeitzuschläge für eine Arbeitsleistung wird nur der jeweils höchste Zeitzuschlag gezahlt.

        

3.    

Der Berechnung der Zeitzuschläge ist die tatsächliche Vergütung zugrunde zu legen.“

4

Im Betrieb bestand darüber hinaus eine Betriebsvereinbarung Schichtarbeit vom 25. August 1993 (BV Schichtarbeit), die zum 15. Mai 1997 gekündigt wurde, ohne dass es zum Neuabschluss kam. Diese lautet auszugsweise:

        

„10.   

SCHICHT-/ERSCHWERNISZULAGEN

                 

Arbeitnehmer, die nicht zu den unter Punkt 2a.) definierten mitbestimmungsfreien Arbeitszeiten arbeiten, erhalten wie folgt eine Schicht-/Erschwerniszulage:

                 

a.)     

…       

                 

b.)     

SCHICHT/NACHTARBEIT

                          

Mitarbeiter, deren Arbeitsbeginn zwischen 20.00 Uhr und 5.00 Uhr liegt, und/oder die an Wochenenden eingeteilt werden, erhalten pauschal eine Erschwerniszulage in Höhe von 150,- DM brutto pro Monat.

                 

c.)     

…“    

5

Der Kläger wurde seit dem 1. Juli 1988 in der Abteilung GTS eingesetzt, in der Import-Zollabfertigungen durchgeführt werden. Sendungen, bei denen die für die Abfertigung notwendigen Daten nicht vorab bekannt gegeben worden waren, wurden dabei nach ihrem Eintreffen in der Nachtschicht („post-flight“) abgewickelt; die anderen Sendungen bereits vorher („pre-flight“). Für diese „post-flight“ Abfertigung führte die Beklagte im Jahr 2000 eine sog. Dauernachtschicht ein, in der sie Mitarbeiter beschäftigte, die freiwillig ausschließlich in der Nachtschicht tätig werden wollten. Dazu gehörte auch der Kläger.

6

Im Februar 2002 bat der Kläger die Beklagte darum, seine Arbeitszeit ab dem 1. Juni 2002 von 40 auf 32 Wochenstunden zu verringern und die Arbeitszeit von montags bis donnerstags möglichst auf 8 bis 10 Stunden in der Nacht (20:00 Uhr bis 06:00 Uhr) zu verteilen, um einen zusammenhängenden Freizeitblock von Freitag bis Sonntag zu haben. Die Beklagte berief sich hiergegen auf betriebliche Gründe und strebte hinsichtlich der Lage der Arbeitszeit eine höhere Flexibilität an. In einem daraufhin vom Kläger eingeleiteten Klageverfahren (- 15 Ca 3249/02 -) zur Durchsetzung der von ihm gewünschten Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit schlossen die Parteien vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main am 4. Dezember 2002 folgenden Vergleich:

        

„1.     

Die Arbeitszeit des Klägers wird ab 01.01.2003 auf 32 Wochenstunden verringert; der Lohn reduziert sich entsprechend.

        

2.    

Die tägliche Arbeitszeit variiert je nach betrieblichen Bedürfnissen zwischen 8 und 10 Stunden; die tägliche Mindestarbeitszeit liegt bei 8 Stunden.

        

3.    

Der Kläger verbleibt im Dauernachtdienst und verpflichtet sich, im Rahmen des Schichtdienstes auf Anforderung der Beklagten und in Absprache mit den vorgesetzten Managern seine Arbeitskraft in der jeweils geltenden Schichteinteilung zur Verfügung zu stellen.

        

4.    

Der Schichtplan soll nach Möglichkeit und vorbehaltlich der jeweiligen Zustimmung des Betriebsrates so erfolgen, dass Freizeitblöcke nicht durch einzelne Arbeitstage unterbrochen werden.

        

5.    

Damit ist der vorliegende Rechtsstreit erledigt.

        

6.    

Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben.“

7

Der Kläger wurde dementsprechend in der Dauernachtschicht eingesetzt und erhielt Nachtarbeitszuschläge und die Schichtzulage. Ab Juni/Juli 2010 wurde der Flughafen Köln/Bonn im Zuge einer Kapazitätsverlagerung zum Hauptumschlagplatz der Beklagten. Seit diesem Zeitpunkt wird am Flughafen Frankfurt am Main keine „post-flight“ Abfertigung mehr durchgeführt. Die Beklagte löste daraufhin die Dauernachtschicht in der Abteilung GTS auf und setzte den Kläger und die anderen dort beschäftigten Mitarbeiter in der „pre-flight“ Abfertigung im (Tages-)Schichtdienst ein. Bis Ende 2010 leistete die Beklagte Ausgleichszahlungen für entgangene Zuschläge, bis einschließlich Dezember 2011 erhielt der Kläger die monatliche Schichtzulage von 76,69 Euro brutto. Mit Schreiben vom 29. November 2011 verlangte er von der Beklagten unter Hinweis auf die aus seiner Sicht nicht vertragsgemäße Beschäftigung die Zahlung von Zeitzuschlägen in näher bezifferter Höhe. Seit Januar 2012 setzt die Beklagte den Kläger zu festen Arbeitszeiten montags bis freitags von 08:00 Uhr bis 18:00 Uhr ein und zahlt ihm keine Schichtzulage mehr.

8

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe sich in dem Prozessvergleich verpflichtet, ihn dauerhaft in der Nachtschicht einzusetzen. Soweit sie dies nicht getan habe, schulde sie ihm die entgangenen Schichtzulagen und Nachtarbeitszuschläge unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs.

9

Der Kläger hat - soweit für die Revision noch von Interesse - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 14.921,61 Euro brutto nebst Zinsen in näher bestimmter gestaffelter Höhe zu zahlen.

10

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, im Vergleich sei hinsichtlich der Beschäftigung in der Nachtschicht lediglich der damalige Status quo beschrieben worden, ohne eine Änderung der Vertragslage vorzunehmen. Die Lage der Arbeitszeit sei nur insoweit Gegenstand des Verfahrens nach § 8 TzBfG gewesen, als der Kläger eine Verteilung auf vier aufeinanderfolgende Tage habe erreichen wollen. Die Änderung der zeitlichen Lage seiner Arbeitszeit wegen des Wegfalls der Nachtschicht habe die Grenzen billigen Ermessens gewahrt. Jedenfalls habe ihr gemäß § 8 Abs. 5 Satz 4 TzBfG das Recht zugestanden, die Lage der Arbeitszeit des Klägers einseitig zu ändern.

11

Das Arbeitsgericht hat der Klage im noch streitgegenständlichen Umfang stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie insgesamt abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht insoweit zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision ist unbegründet. Der Kläger hat für den Streitzeitraum keinen Anspruch auf die Zahlung von Nachtarbeitszuschlägen und Schichtzulagen aus § 615 BGB iVm. § 7 MTV, Ziff. 10 BV Schichtarbeit. Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich im Ergebnis als zutreffend.

13

I. Die Klage ist mit den noch anhängigen Anträgen unbegründet. Ansprüche auf Zahlung von Nachtarbeitszuschlägen und Schichtzulagen wegen Annahmeverzugs (§ 615 Satz 1 BGB) sind nicht entstanden. Der Kläger hatte keinen vertraglichen Anspruch auf eine Beschäftigung in der Dauernachtschicht (zu 1.). Die Beklagte durfte ihn in Ausübung ihres Direktionsrechts außerhalb der Nachtschicht einsetzen. Die Grenzen billigen Ermessens (§ 106 GewO, § 315 BGB) hat sie dabei gewahrt (zu 2.).

14

1. Aus den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien ergibt sich kein Anspruch des Klägers auf eine dauerhafte Beschäftigung in der Nachtschicht. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ergibt sich ein solcher Anspruch insbesondere nicht aus Ziff. 3 des Prozessvergleichs vom 4. Dezember 2002.

15

a) Die Beklagte ist weder aus dem Arbeitsvertrag vom 20. August 1987 noch aus der Zusatzvereinbarung vom 30. Juni 1988 verpflichtet, den Kläger dauerhaft in der Nachtschicht zu beschäftigen. Beide Vereinbarungen enthalten keine Regelung zur Lage der Arbeitszeit. Nach dem Vortrag der Parteien bestehen auch keine Anhaltspunkte für eine im Zusammenhang mit der „freiwilligen“ Übernahme der Dauernachtschicht im Jahr 2000 erfolgten ausdrücklichen oder konkludenten Beschränkung des Direktionsrechts. Auch die langjährige Beschäftigung in der Dauernachtschicht führt für sich genommen nicht zu einer entsprechenden Konkretisierung des Arbeitsvertrags. Alleine die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum genügt hierfür nicht. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (st. Rspr., vgl. zB BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN). Solche Umstände hat der Kläger nicht behauptet.

16

b) Ein Anspruch auf Einsatz in der Dauernachtschicht ergibt sich nicht aus Ziff. 3 des Prozessvergleichs vom 4. Dezember 2002.

17

aa) Der gerichtliche Vergleich beinhaltet nichttypische, individuelle Regelungen, die auf die konkrete Arbeitssituation des Klägers im Jahre 2002 zugeschnitten waren. Der Senat kann offen lassen, ob die Auslegung des materiell-rechtlichen Inhalts eines solchen Prozessvergleichs durch das Landesarbeitsgericht der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt (so zB BAG 31. Juli 2002 - 10 AZR 513/01 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 102, 103; 9. Oktober 1996 - 5 AZR 246/95 - zu 4 der Gründe) oder ob sie nur darauf überprüft werden kann, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat (so zB BAG 21. Januar 2014 - 3 AZR 362/11 - Rn. 55; 15. September 2004 - 4 AZR 9/04 - zu I 1 b bb (1) der Gründe, BAGE 112, 50; vgl. zum Streitstand GMP/Müller-Glöge 8. Aufl. § 73 Rn. 22). Das Berufungsurteil hält auch einer solchermaßen eingeschränkten Überprüfung nicht stand.

18

(1) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Parteien hätten sich im Prozessvergleich verbindlich mit vertragsändernder Wirkung auf die Beschäftigung des Klägers in der Dauernachtschicht geeinigt. Es hat dies unter anderem damit begründet, es sei nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger in einem verfahrensbeendenden Vergleich hinter dem Ergebnis zurückbleibe, welches sich bei einem Obsiegen mit seinem Antrag nach § 8 TzBfG ergeben hätte, nämlich einer Änderung der Verteilung der Arbeitszeit auf der Vertragsebene.

19

(2) Diese Annahme verstößt gegen allgemeine Erfahrungssätze über das Zustandekommen von Prozessvergleichen; auf sie durfte die Auslegung bei der gegebenen Sachlage nicht gestützt werden. Gemäß § 779 BGB gehört zum Wesen des Vergleichs das gegenseitige Nachgeben der Parteien bei einer Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis (Abs. 1) oder die Verwirklichung eines Anspruchs (Abs. 2). Dabei gibt es nach aller Erfahrung gerade im bestehenden Arbeitsverhältnis vielfältige Motive, von einer ursprünglich eingenommenen Rechtsposition im Vergleichswege abzurücken. Diese können rechtlicher oder wirtschaftlicher Natur sein, aber auch im Bestreben nach einer möglichst harmonischen Fortsetzung des Vertragsverhältnisses begründet sein oder schlicht der als notwendig erkannten Gesichtswahrung des Vertragspartners dienen. Selbst bei (vermeintlich) klarer Rechtslage scheidet daher ein (teilweises) Nachgeben trotz möglichem Obsiegen im Verfahren keinesfalls aus. Wieso das in einem Prozess über die Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit nach § 8 TzBfG anders sein sollte, begründet das Landesarbeitsgericht nicht. Ebenso wenig benennt es Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger mit der von ihm gewünschten Verteilung der verringerten Arbeitszeit in jedem Fall obsiegt hätte. Aus dem Protokoll der Verhandlung vom 4. Dezember 2002 oder aus dem Vortrag der Parteien im vorliegenden Verfahren ergeben sich jedenfalls keine Anhaltspunkte für eine solche Annahme.

20

bb) Einer Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht bedarf es indes gemäß § 563 Abs. 3 ZPO nicht. Der Senat kann vielmehr die Auslegung des Vergleichs selbst vornehmen, da der für die Auslegung maßgebliche Sachverhalt feststeht und weiterer Sachvortrag nicht zu erwarten ist (vgl. BAG 28. Mai 2014 - 7 ABR 36/12 - Rn. 29; 14. Mai 2013 - 9 AZR 844/11 - Rn. 11, BAGE 145, 107). Diese führt zu dem Ergebnis, dass Ziff. 3 des Prozessvergleichs die Beschäftigung in der Nachtschicht nicht auf vertraglicher Ebene konstitutiv festlegt.

21

(1) Nach §§ 133, 157 BGB sind Verträge und damit auch Prozessvergleiche so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen. Zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind jedoch auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Ebenso sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen (st. Rspr., vgl. zB BAG 21. Januar 2014 - 3 AZR 362/11 - Rn. 57 mwN).

22

(2) Der Wortlaut des Prozessvergleichs spricht deutlich gegen die Annahme, dass Ziff. 3 des Vergleichs konstitutiv wirken sollte. Nach Ziff. 1 des Vergleichs „wird“ die Arbeitszeit des Klägers von Vollzeit auf 32 Wochenstunden bei entsprechender Entgeltreduzierung ab dem 1. Januar 2003 verringert. Diese Regelung schafft zukunftsgerichtet eine neue Vertragslage; dies steht zwischen den Parteien nicht im Streit. Gleiches gilt für Ziff. 2 des Vergleichs, in der mit der Formulierung „die tägliche Mindestarbeitszeit liegt bei 8 Stunden“ erstmals die Mindestdauer der einzelnen Schicht vertraglich normiert wird. Demgegenüber heißt es in Ziff. 3, der Kläger „verbleibt im Dauernachtdienst“. Verbleiben kann in diesem Zusammenhang nur iSv. „bleiben“, also „eine Lage nicht verändern, etwas nicht verändern, in seinem augenblicklichen Zustand verharren“, verstanden werden (Duden Deutsches Universalwörterbuch 5. Aufl. Stichworte „verbleiben“ und „bleiben“). In dieser Formulierung kommt der Wille der Parteien zur Fortführung bereits bestehender Rechtspflichten zum Ausdruck, nicht jedoch der Entschluss, eine neue (Rechts-)Lage herbeizuführen. Der Wortlaut schließt zwar nicht aus, dass mit der getroffenen Regelung eine bestehende tatsächliche Situation, die fortgeführt wird, auf eine andere rechtliche Grundlage gestellt werden soll. Hierfür bedarf es jedoch deutlicher Anhaltspunkte, die den Schluss auf einen solchen Willen zulassen. Daran fehlt es.

23

(3) Für dieses Verständnis spricht des Weiteren der Umstand, dass in Ziff. 3 eine gegenüber Ziff. 1 und Ziff. 2 des Vergleichs abweichende Formulierung verwendet wurde. Hierfür hätte kein Anlass bestanden, wenn auch mit Ziff. 3 eine konstitutive vertragsändernde Regelung hätte getroffen werden sollen. Der zweite Halbsatz der Ziff. 3, wonach der Kläger sich verpflichtet, im Rahmen der jeweils geltenden Schichteinteilung zu arbeiten, bestärkt entgegen der Auffassung der Revision diesen Befund. Auch dieser Satzteil beschreibt lediglich die für das Arbeitsverhältnis geltende Rechtslage. Die Verknüpfung beider Satzteile durch die Konjunktion „und“ stellt beide Aussagen in einen einheitlichen inhaltlichen Kontext, und zwar den der Beschreibung des tatsächlichen und rechtlichen Ist-Zustands.

24

(4) Aus der Vorgeschichte des Vergleichs und den Umständen seines Zustandekommens ergeben sich keine hinreichend deutlichen Anhaltspunkte, die auf ein anderes gemeinsames Verständnis der Parteien schließen ließen. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Arbeitsvertrag des Klägers keine Beschränkung des Direktionsrechts der Beklagten hinsichtlich der zeitlichen Lage der Arbeitszeit vorsah. Im Jahre 2000 hat sich der Kläger dann auf entsprechende Anfrage der Beklagten freiwillig bereit erklärt, in der Dauernachtschicht tätig zu werden, ohne dass er dies etwa zum Anlass genommen hätte, von der Beklagten die vertragliche Festschreibung eines solchen Einsatzes zu verlangen. Der Einsatz in der Dauernachtschicht stand - wie die Beklagte mehrfach unwidersprochen vorgetragen hat - zwischen den Parteien auch nicht im Streit, als der Kläger im Jahre 2002 seinen Antrag nach § 8 TzBfG stellte. Deshalb bestand auch kein Grund, dies in dem Vergleich festzuschreiben.

25

(5) Der Arbeitnehmer, der einen Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit nach § 8 TzBfG stellt, hat ein Wahlrecht, ob er ausschließlich die Verringerung der Arbeitszeit(§ 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG) beantragt und es dem Arbeitgeber überlässt, die verbleibende Arbeitszeit zu verteilen (§ 106 Satz 1 GewO), oder ob er eine bestimmte Verteilung der Arbeitszeit wünscht (§ 8 Abs. 2 Satz 2 TzBfG). Der Arbeitnehmer hat es also schon bei der Antragstellung in der Hand, ob er die Frage der Verteilung der reduzierten Arbeitszeit überhaupt aufwirft und wenn ja, in welchem Umfang er insoweit eine Vertragsänderung (und damit eine Beschränkung des Direktionsrechts des Arbeitgebers) anstrebt. Zwar ist häufig die Interessenlage auf eine bestimmte konkrete Verteilung gerichtet, zwingend ist dies aber nicht. Gleiches gilt später, also zB im Rahmen der Einigungsverhandlungen nach § 8 Abs. 3 TzBfG oder auch in einem vom Arbeitnehmer eingeleiteten Gerichtsverfahren. Auch wenn er dort zusätzlich zur Verringerung der Arbeitszeit die Festlegung einer bestimmten Arbeitszeitverteilung begehrt, ist er frei, im Rahmen einer vergleichsweisen Einigung hiervon ganz oder teilweise wieder Abstand zu nehmen. § 8 TzBfG gibt zwar einen Anspruch auf die vertragliche Festlegung einer Verteilung der reduzierten Arbeitszeit, erzwingt eine solche jedoch nicht.

26

(6) Die Interessenlage beider am Vergleichsschluss beteiligten Parteien spricht hier gegen die Annahme einer Festschreibung der Beschäftigung des Klägers in der Dauernachtschicht. Dafür, dass die Beklagte eine solche Beschränkung ihres Direktionsrechts unabhängig von späteren wirtschaftlichen und technischen Entwicklungen im Bereich der Zollabfertigung vereinbaren wollte, sind keine Gründe vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich. Auf Seiten des Klägers mag zwar ein Interesse daran bestanden haben, weiterhin in Nachtschicht zu arbeiten. Hierfür spricht, dass er sich im Jahr 2000 freiwillig zur Verfügung gestellt hat und die Dauernachtschicht ersichtlich finanzielle Vorteile bot. Daraus lässt sich aber noch nicht ohne Weiteres ableiten, dass er seinen vertraglichen Beschäftigungsanspruch dauerhaft - ggf. mit entsprechenden Folgen für die Sozialauswahl im Fall einer Kündigung (BAG 31. Mai 2007 - 2 AZR 276/06 - Rn. 49 mwN, BAGE 123, 1) - hierauf begrenzen und sich ausschließlich den mit der Nachtschichtarbeit verbundenen Belastungen (vgl. dazu zB BAG 9. April 2014 - 10 AZR 637/13 -) aussetzen wollte. Vor diesem Hintergrund spiegelt der geschlossene gerichtliche Vergleich in der hier gefundenen Auslegung einen angemessenen Ausgleich beider Interessen wider.

27

2. Die Beklagte war befugt, den Kläger ab Juli 2010 außerhalb der Dauernachtschicht einzusetzen. Sie hat hierdurch die Grenzen des Direktionsrechts iSv. § 106 Satz 1 GewO nicht überschritten.

28

a) Der angeordnete Einsatz des Klägers außerhalb der Dauernachtschicht ist nicht an § 8 Abs. 5 Satz 4 TzBfG zu messen. Dabei kann dahinstehen, ob dem Arbeitgeber dieses Recht auch dann zusteht, wenn eine Einigung über die Verteilung der Arbeitszeit erst im Zuge eines gerichtlichen Verfahrens erfolgt oder ob der Anwendungsbereich der Norm auf die unmittelbar in § 8 Abs. 3 Satz 2 TzBfG und § 8 Abs. 5 Satz 3 TzBfG angesprochenen Fallgestaltungen beschränkt ist. Jedenfalls greift es nur dann ein, wenn die zu ändernde Verteilung der Arbeitszeit infolge eines Verlangens des Arbeitnehmers einvernehmlich mit vertragsändernder Wirkung festgelegt wurde (BAG 17. Juli 2007 - 9 AZR 819/06 - Rn. 26 f.). An einer solchen vertraglichen Festlegung der ausschließlichen Beschäftigung in der Dauernachtschicht fehlt es jedoch, wie unter 1. dargelegt.

29

b) Grundlage und Maßstab für den von der Beklagten angeordneten Einsatz des Klägers außerhalb der Dauernachtschicht ist deshalb das arbeitgeberseitige Direktionsrecht (§ 106 Satz 1 GewO). Die Beklagte hat bei dessen Ausübung billiges Ermessen (§ 315 Abs. 3 BGB) gewahrt. Hiervon ist das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend ausgegangen.

30

aa) Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit die Arbeitsbedingungen nicht durch Arbeitsvertrag, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Gesetz festgelegt sind. Fehlt es an einer solchen Festlegung der Lage der Arbeitszeit, ergibt sich der Umfang der arbeitgeberseitigen Weisungsrechte aus § 106 GewO. Die Weisung des Arbeitgebers unterliegt dann einer Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO iVm. § 315 Abs. 3 BGB(BAG 28. August 2013 - 10 AZR 569/12 - Rn. 20 [zur Bestimmung des Arbeitsortes]).

31

bb) Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB)verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (st. Rspr., zuletzt zB BAG 28. August 2013 - 10 AZR 569/12 - Rn. 40 mwN).

32

cc) Nach diesen Grundsätzen ist die Ermessensausübung der Beklagten, wie auch das Landesarbeitsgericht im Zusammenhang mit der von ihm vorgenommenen Prüfung der Voraussetzungen des § 8 Abs. 5 TzBfG zu Recht angenommen hat, nicht zu beanstanden. Der Grund für die Streichung der Dauernachtschicht und die daraus folgende neue zeitliche Lage der Arbeitszeit des Klägers beruht auf einer Kapazitätsverlagerung vom Flughafen Frankfurt am Main zum Flughafen Köln/Bonn. Damit bestand kein Bedarf mehr, die „post-flight“ Abfertigung am Standort Frankfurt am Main in der Nachtschicht durchzuführen und die Beklagte entschloss sich zur Abschaffung der Dauernachtschicht. Dieser unternehmerischen Entscheidung kommt besonderes Gewicht zu (BAG 28. August 2013 - 10 AZR 569/12 - Rn. 41 f.). Anhaltspunkte dafür, dass eine Beschäftigung des Klägers in der Dauernachtschicht auch bei Umsetzung des unternehmerischen Konzepts möglich gewesen wäre, sind nicht ersichtlich und vom Kläger nicht hinreichend konkret benannt. Dem betrieblichen Interesse der Beklagten, keine Schichtart aufrechterhalten zu müssen, für die es kein betriebliches Bedürfnis gibt, steht auf Seiten des Klägers (alleine) das Interesse gegenüber, weiterhin die mit der Nachtschichtarbeit verbundenen Zuschläge und Zulagen zu verdienen. Darüber hinausgehende Umstände oder schutzwürdige Belange hat er nicht aufgezeigt. Dabei ist zu beachten, dass die streitgegenständlichen Zuschläge und Zulagen besondere Erschwernisse durch Nacht- und Schichtarbeit ausgleichen sollen und diese Erschwernisse mit dem Wegfall der Nachtschicht ebenfalls entfallen. Insgesamt gesehen überwiegen daher erkennbar die Interessen der Beklagten an der vorgenommenen Weisung.

33

II. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linck    

        

    Brune    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    Thiel    

        

    Schumann    

                 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 24. Februar 2014 - 1 Sa 8/13 - teilweise aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers gegen die im Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 13. März 2013 - 29 Ca 7466/12 - erfolgte Abweisung des Antrags festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der in dem Anstellungsvertrag vom 27. September 2012 vereinbarten Befristung mit Ablauf des 31. Dezember 2012 endete, zurückgewiesen hat.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Wesentlichen darüber, ob das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen aufgrund arbeitsvertraglicher Befristung mit Ablauf des 31. Dezember 2012 geendet hat.

2

Der Kläger studierte Sport- und Politikwissenschaften an der Universität Stuttgart. Nach Abschluss seines Studiums fertigte er eine Dissertation über „Handlungsmöglichkeiten nationaler Sportverbände im Zeitalter der Globalisierung“ an. Am 12. November 2007 wurde er promoviert. Am 9. Februar 2009 wurde der Kläger von dem beklagten Land auf der Grundlage des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) für die Zeit vom 1. April 2009 bis zum 31. März 2011 als akademischer Mitarbeiter mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 50 vH einer Vollzeitkraft eingestellt. In dieser Funktion war er seit dem 1. April 2009 am Institut für Sport- und Bewegungswissenschaft der Universität Stuttgart beschäftigt.

3

Am 23. August 2010 schlossen die Parteien einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag nach dem WissZeitVG für die Zeit vom 1. April 2011 bis zum 30. September 2012.

4

Nach der Dienstaufgabenbeschreibung vom 6. Oktober 2010 hatte der Kläger Tätigkeiten in Lehre und Forschung zu jeweils 50 vH zu erbringen. Der Umfang der Lehrverpflichtung belief sich auf sechs Lehrveranstaltungsstunden wöchentlich während der Vorlesungszeit. Die Dienstaufgabenbeschreibung sah eine Möglichkeit zur Weiterqualifikation nicht vor. Der Kläger hielt verschiedene Lehrveranstaltungen ab, arbeitete an Projekten mit und übernahm während der Vakanz der Abteilungsleitung Sportsoziologie die Funktion eines wissenschaftlichen Koordinators.

5

Zuletzt schlossen die Parteien am 27. September 2012 einen befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 1. Oktober 2012 bis zum 31. Dezember 2012. In dieser Zeit bestand die Aufgabe des Klägers in erster Linie darin, an der Überarbeitung einer Antragsskizze für das Graduiertenkolleg der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) „Mobilität, Technik und Umwelt: Chancen und Risiken für ein Gelingen des Alterns“ mitzuarbeiten. Die Antragsskizze, die am 1. Oktober 2012 bereits im Entwurf vorlag, stellte die erste Stufe in einem zweistufigen Antragsverfahren dar. Ein vollständiger Antrag kann erst nach deren Begutachtung bei der DFG eingereicht werden. Eine neue Dienstaufgabenbeschreibung über die Tätigkeit ab dem 1. Oktober 2012 wurde für den Kläger nicht erstellt. Neben den Arbeiten an der Antragsskizze nahm der Kläger Lehraufgaben im Rahmen des Master-Online-Studiengangs „Integrierte Gerontologie“ wahr und wirkte als Dozent im Modul „Empirische Forschungsmethoden“ der Veranstaltung „Quantitative Sozialforschung und Statistik“ mit. Zwischen den Parteien ist streitig, ob diese Lehrtätigkeiten im Rahmen des Arbeitsverhältnisses oder eines gesonderten Lehrauftrags erfolgten.

6

Mit der am 18. Oktober 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger sowohl die Unwirksamkeit der im Arbeitsvertrag vom 23. August 2010 als auch die Unwirksamkeit der im Arbeitsvertrag vom 27. September 2012 vereinbarten Befristung geltend gemacht und die Auffassung vertreten, dass beide Befristungsabreden einer Befristungskontrolle unterzogen werden könnten. Mit Einfügung der dreiwöchigen Klagefrist in § 17 Satz 1 TzBfG könne nicht mehr angenommen werden, dass die Parteien mit dem Abschluss eines weiteren befristeten Arbeitsvertrags etwaige vorhergehende unbefristete Arbeitsverträge automatisch aufgehoben hätten. Bei dem Arbeitsvertrag vom 27. September 2012 handele es sich zudem nicht um einen eigenständig zu überprüfenden befristeten Arbeitsvertrag, sondern um eine unselbständige Annexvereinbarung zum Vertrag vom 23. August 2010, mit der lediglich die Vertragslaufzeit geringfügig um drei Monate verlängert worden sei. Die Befristungen könnten nicht auf das WissZeitVG gestützt werden, weil er nicht dem wissenschaftlichen Personal angehört habe. Die im befristeten Arbeitsvertrag vom 23. August 2010 vereinbarten Tätigkeiten hätten von ihm keine wissenschaftliche Dienstleistung erfordert. Dies gelte insbesondere für seine Aufgaben in der Lehre. Auch die Überarbeitung der Antragsskizze während der Zeit vom 1. Oktober 2012 bis 31. Dezember 2012 sei nicht als wissenschaftliche Tätigkeit zu qualifizieren.

7

Der Kläger hat beantragt:

        

1.    

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der in dem Anstellungsvertrag vom 23. August 2010 vereinbarten Befristung mit Ablauf des 30. September 2012 endete.

        

2.    

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der in dem Anstellungsvertrag vom 23. August 2010 vereinbarten Befristung mit Ablauf des 31. Dezember 2012 endete.

        

3.    

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der in dem Anstellungsvertrag vom 27. September 2012 vereinbarten Befristung mit Ablauf des 31. Dezember 2012 endete.

        

4.    

Hilfsweise hierzu: Das beklagte Land wird verurteilt, dem Kläger ab dem 1. Januar 2013 einen unbefristeten Arbeitsvertrag als akademischer Mitarbeiter unter Inbezugnahme des TV-L sowie einer Vergütung mit zumindest Entgeltgruppe 13 anzubieten.

8

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, die Befristung des Arbeitsvertrags zum 31. Dezember 2012 sei nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG wirksam. Die Überarbeitung der Antragsskizze für das DFG-Projekt im Rahmen des Arbeitsvertrags vom 27. September 2012 sei eine wissenschaftliche Tätigkeit. Außerdem sei die Befristung auch aufgrund des vorübergehenden projektbedingten personellen Mehrbedarfs, aus haushaltsrechtlichen Gründen bzw. wegen der Vergütung des Klägers aus Drittmitteln sachlich gerechtfertigt.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist begründet, soweit das Landesarbeitsgericht den Antrag zu 3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der in dem Anstellungsvertrag vom 27. September 2012 vereinbarten Befristung mit Ablauf des 31. Dezember 2012 endete, abgewiesen hat. Insoweit ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Im Übrigen hat die Revision keinen Erfolg.

11

I. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht den Antrag zu 1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der in dem Arbeitsvertrag vom 23. August 2010 vereinbarten Befristung mit Ablauf des 30. September 2012 endete, abgewiesen.

12

1. Die Befristung zu diesem Zeitpunkt gilt nicht nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam. Mit dem Antrag zu 1. hat der Kläger rechtzeitig eine zulässige Befristungskontrollklage iSv. § 1 Abs. 1 Satz 5 WissZeitVG iVm. § 17 Satz 1 TzBfG erhoben. Er hat die Rechtsunwirksamkeit der Befristung im Arbeitsvertrag vom 23. August 2010 mit der am 18. Oktober 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen und dem beklagten Land am 27. Oktober 2012 zugestellten Klage geltend gemacht. Damit hat er die in § 17 Satz 1 TzBfG bestimmte dreiwöchige Klagefrist gewahrt.

13

2. Der Kläger kann jedoch die etwaige Unwirksamkeit dieser Befristung aufgrund des vorbehaltlosen Abschlusses des weiteren befristeten Arbeitsvertrags vom 27. September 2012 nicht mehr erfolgreich geltend machen.

14

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist bei mehreren aufeinander folgenden befristeten Arbeitsverträgen grundsätzlich nur die Befristung des letzten Arbeitsvertrags auf ihre Rechtfertigung zu überprüfen. Durch den Abschluss eines weiteren befristeten Arbeitsvertrags stellen die Parteien ihr Arbeitsverhältnis auf eine neue Rechtsgrundlage, die künftig für ihre Rechtsbeziehungen allein maßgebend ist. Damit wird zugleich ein etwaiges unbefristetes Arbeitsverhältnis aufgehoben. Die Parteien können allerdings in einem nachfolgenden befristeten Arbeitsvertrag dem Arbeitnehmer ausdrücklich oder konkludent das Recht vorbehalten, die Wirksamkeit der vorangegangenen Befristung prüfen zu lassen. In diesem Fall ist die arbeitsgerichtliche Befristungskontrolle auch für den davor liegenden Vertrag eröffnet. Dazu reicht ein vom Arbeitnehmer einseitig erklärter Vorbehalt nicht aus. Der Vorbehalt muss vielmehr - ausdrücklich oder konkludent - vertraglich vereinbart sein. Ob ein derartiger Vorbehalt vereinbart wurde, ist vom Gericht der Tatsacheninstanz durch Auslegung der bei Abschluss des Folgevertrags abgegebenen ausdrücklichen und konkludenten Erklärungen der Parteien zu ermitteln (BAG 18. Juli 2012 - 7 AZR 443/09 - Rn. 12, BAGE 142, 308; 24. August 2011 - 7 AZR 228/10 - Rn. 50 f., BAGE 139, 109; 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - Rn. 15 mwN, BAGE 121, 247).

15

b) An dieser Rechtsprechung hält der Senat entgegen der teilweise im Schrifttum geäußerten und vom Landesarbeitsgericht erwogenen Auffassung, nach Einführung der dreiwöchigen Klagefrist zur Geltendmachung der Unwirksamkeit einer Befristung sei der vorbehaltlose Neuabschluss eines befristeten Vertrags vor Ablauf der Klagefrist nicht regelmäßig als Verzicht auf die Geltendmachung der Unwirksamkeit der Befristung des Vorgängervertrags auszulegen (vgl. etwa APS/Backhaus 4. Aufl. § 17 TzBfG Rn. 65 mwN), fest.

16

§ 17 Satz 1 TzBfG bestimmt lediglich die Klagefrist, innerhalb derer die Unwirksamkeit einer Befristung geltend gemacht werden muss. Die Vorschrift regelt nicht, wie sich der Abschluss eines weiteren befristeten Arbeitsvertrags für die Zeit nach dem Ende des bisherigen Vertrags auswirkt. § 17 Satz 1 TzBfG sieht nicht - ähnlich wie § 2 KSchG bei Kündigungen - die Möglichkeit vor, ein Angebot auf Abschluss eines weiteren befristeten Arbeitsvertrags unter dem einseitig vom Arbeitnehmer erklärten Vorbehalt der gerichtlichen Überprüfung der vorangegangenen Befristung anzunehmen. Aus § 17 Satz 1 TzBfG kann daher nicht abgeleitet werden, dass bis zum Ablauf der Klagefrist die Geltung eines Anschlussarbeitsvertrags unter dem immanenten Vorbehalt einer wirksamen gerichtlichen Anfechtung der Befristungsabrede in dem vormaligen Arbeitsvertrag steht. Allein die von dem Arbeitgeber nach § 17 Satz 1 TzBfG zu tragende Unsicherheit, dass der Arbeitnehmer möglicherweise Befristungskontrollklage erhebt, beschränkt ihn nicht in der Freiheit, dem Arbeitnehmer schon vor Ablauf der Frist des § 17 Satz 1 TzBfG einen befristeten Folgevertrag anzubieten, mit dem ein etwaiges unbefristetes Arbeitsverhältnis aufgehoben wird. Beabsichtigt der Arbeitnehmer, die Befristung des bisherigen Arbeitsvertrags auf ihre Wirksamkeit gerichtlich überprüfen zu lassen, muss er deshalb mit dem Arbeitgeber bei Abschluss des Folgevertrags einen entsprechenden Vorbehalt vereinbaren. Der Arbeitgeber ist zur Vereinbarung eines Vorbehalts nicht verpflichtet; das Festhalten an dem Angebot des vorbehaltlosen Anschlussvertrags stellt keine Maßregelung iSd. § 612a BGB dar(vgl. BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - Rn. 23, BAGE 121, 247). Schließt der Arbeitnehmer den Folgevertrag ohne Vereinbarung eines Vorbehalts ab, ist die in dem vorangegangenen Vertrag vereinbarte Befristung für die Rechtsbeziehung der Parteien nicht mehr maßgeblich. Für eine gerichtliche Kontrolle dieser Befristung ist daher kein Raum. Das Schriftformerfordernis des § 623 BGB steht diesem Verständnis nicht entgegen. Die konkludente Aufhebung eines vormaligen Arbeitsverhältnisses durch einen vorbehaltlos geschlossenen schriftlichen Anschlussvertrag genügt dem Schriftformerfordernis des § 623 BGB(vgl. zur konkludenten Aufhebung eines Arbeitsvertrags durch einen Geschäftsführerdienstvertrag bei Identität der Parteien BAG 24. Oktober 2013 - 2 AZR 1078/12 - Rn. 24; 3. Februar 2009 - 5 AZB 100/08 - Rn. 8; 19. Juli 2007 - 6 AZR 774/06 - Rn. 23, BAGE 123, 294).

17

c) Danach unterliegt die in dem Arbeitsvertrag vom 23. August 2010 vereinbarte Befristung zum 30. September 2012 nicht der Befristungskontrolle. Durch den vorbehaltlosen Abschluss des weiteren befristeten Arbeitsvertrags vom 27. September 2012 haben die Parteien ihr Arbeitsverhältnis auf eine neue, für die Zukunft allein maßgebliche rechtliche Grundlage gestellt und ein etwaiges unbefristetes Arbeitsverhältnis damit aufgehoben. Auf die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Befristung vom 23. August 2010 sei nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG wirksam, weil der Kläger als akademischer Mitarbeiter zum wissenschaftlichen Personal iSd. § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG zähle, kommt es daher nicht an.

18

II. Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag zu 2., mit dem der Kläger geltend macht, das Arbeitsverhältnis habe nicht aufgrund der in dem Anstellungsvertrag vom 23. August 2010 vereinbarten Befristung am 31. Dezember 2012 geendet, zutreffend wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen.

19

1. In dem Vertrag vom 23. August 2010 haben die Parteien keine Befristung zum 31. Dezember 2012, sondern zum 30. September 2012 vereinbart. Das beklagte Land hat sich auch nicht darauf berufen, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der in dem Vertrag vom 23. August 2010 vereinbarten Befristung am 31. Dezember 2012 geendet hat.

20

2. Ein Rechtsschutzbedürfnis besteht auch nicht deshalb, weil es sich bei dem Vertrag vom 27. September 2012 um einen unselbständigen Annex zu dem vorangegangenen Vertrag vom 23. August 2010 handelte, der deshalb ausschließlich Bestandteil der Prüfung der Rechtmäßigkeit der vorangegangenen Befristung wäre. Dies ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht der Fall.

21

a) Ein unselbständiger Annexvertrag ist auf eine verhältnismäßig geringfügige Korrektur des im früheren Vertrag vereinbarten Endzeitpunkts des Arbeitsverhältnisses gerichtet, die sich am Sachgrund für die Befristung des früheren Vertrags orientiert und allein in der Anpassung der ursprünglich vereinbarten Vertragslaufzeit an erst später eintretende, zum Zeitpunkt des vorangegangenen Vertragsschlusses nicht vorhersehbare Umstände besteht. Den Parteien darf es nur darum gegangen sein, die Laufzeit des alten Vertrags mit dem Sachgrund der Befristung in Einklang zu bringen (vgl. BAG 6. Oktober 2010 - 7 AZR 397/09 - Rn. 13, BAGE 136, 17; 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 9 mwN; 7. November 2007 - 7 AZR 484/06 - Rn. 13 mwN).

22

b) Danach handelt es sich bei dem Vertrag vom 27. September 2012 nicht um einen unselbständigen Annexvertrag. Den Parteien ging es mit der Vertragsverlängerung nicht um eine am Sachgrund für die Befristung des früheren Vertrags orientierte Anpassung des Vertragsendes an erst später eintretende, zum Zeitpunkt des vorangegangenen Vertragsschlusses nicht vorhersehbare Umstände. Vielmehr sollte der Kläger statt der Tätigkeiten, die er bis zum 30. September 2012 nach Maßgabe der Dienstaufgabenbeschreibung vom 6. Oktober 2010 zu jeweils 50 vH in Lehre und Forschung zu erbringen hatte, im Rahmen des Arbeitsverhältnisses vom 1. Oktober 2012 bis zum 31. Dezember 2012 zu einem großen Teil andere Aufgaben wahrnehmen. Im Rahmen des vormaligen Vertrags wurde der Kläger neben seiner Lehrverpflichtung mit Aufgaben der akademischen Selbstverwaltung betraut und arbeitete an verschiedenen Projekten mit. Auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 27. September 2012 hatte der Kläger im Wesentlichen an der Überarbeitung einer Antragsskizze für das DFG-Graduiertenkolleg „Mobilität, Technik und Umwelt: Chancen und Risiken für ein Gelingen des Alterns“ mitzuwirken.

23

III. Die Revision des Klägers hat Erfolg, soweit das Landesarbeitsgericht den Antrag zu 3. abgewiesen hat, mit dem der Kläger die im Arbeitsvertrag vom 27. September 2012 vereinbarte Befristung zum 31. Dezember 2012 angreift.

24

1. Mit der am 18. Oktober 2012 eingegangenen, dem beklagten Land am 27. Oktober 2012 zugestellten Klage hat der Kläger rechtzeitig eine zulässige Befristungskontrollklage iSv. § 1 Abs. 1 Satz 5 WissZeitVG iVm. § 17 Satz 1 TzBfG auch gegen die im Arbeitsvertrag vom 27. September 2012 vereinbarte Befristung zum 31. Dezember 2012 erhoben. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats wahrt auch die Erhebung einer Klage vor dem Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit die Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG(BAG 29. April 2015 - 7 AZR 519/13 - Rn. 10; 2. Juni 2010 - 7 AZR 136/09 - Rn. 13 mwN, BAGE 134, 339).

25

2. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob die Befristung zum 31. Dezember 2012 nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG gerechtfertigt ist. Aufgrund der bislang getroffenen Feststellungen lässt sich nicht beurteilen, ob die vom Kläger bei der Überarbeitung der Antragsskizze für das DFG-Graduiertenkolleg „Mobilität, Technik und Umwelt: Chancen und Risiken für ein Gelingen des Alterns“ zu erbringende Dienstleistung wissenschaftlichen Zuschnitt hatte und der Kläger deshalb zum wissenschaftlichen Personal iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG gehörte.

26

a) Die vereinbarte Befristung genügt dem Zitiergebot des § 2 Abs. 4 Satz 1 WissZeitVG. Danach ist im Arbeitsvertrag anzugeben, ob die Befristung auf den Vorschriften des WissZeitVG beruht. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. In § 2 Abs. 1 Satz 2 des Arbeitsvertrags heißt es, dass die Befristung auf der jeweils aktuellen Fassung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes beruht. Wie der Senat zu der mit § 2 Abs. 4 Satz 1 WissZeitVG wortgleichen Vorschrift des § 57b Abs. 3 Satz 1 HRG in der bis 17. April 2007 geltenden Fassung entschieden hat, erfordert die Einhaltung des Zitiergebots nicht die Angabe der einzelnen Befristungsnormen. Dies gilt auch für das Zitiergebot in § 2 Abs. 4 Satz 1 WissZeitVG(BAG 29. April 2015 - 7 AZR 519/13 - Rn. 11; 1. Juni 2011 - 7 AZR 827/09 - Rn. 13, BAGE 138, 91).

27

b) Der betriebliche Geltungsbereich des WissZeitVG ist eröffnet. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG gelten die §§ 2 und 3 für den Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen an Einrichtungen des Bildungswesens, die nach Landesrecht staatliche Hochschulen sind. Bei der Universität Stuttgart handelt es sich gemäß § 2 Nr. 1 des Gesetzes über die Hochschulen in Baden-Württemberg (LHG) vom 1. Januar 2005 um eine staatliche Hochschule. Voraussetzung der Anwendbarkeit der §§ 2, 3 WissZeitVG auf befristete Arbeitsverträge ist nicht, dass die staatliche Hochschule Vertragsarbeitgeber ist(BAG 29. April 2015 - 7 AZR 519/13 - Rn. 16; 1. Juni 2011 - 7 AZR 827/09 - Rn. 18, BAGE 138, 91). Vertragsarbeitgeber ist im vorliegenden Fall das beklagte Land als Träger der Hochschule.

28

c) Die Befristungsvereinbarung der Parteien überschreitet auch nicht die sich aus § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG ergebende Befristungshöchstdauer. Nach abgeschlossener Promotion ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 WissZeitVG eine Befristung bis zur Dauer von sechs Jahren - im Bereich der Medizin bis zu einer Dauer von neun Jahren - möglich. Eine Befristung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG setzt voraus, dass sie nach Abschluss der Promotion vereinbart wird(BAG 24. August 2011 - 7 AZR 228/10 - Rn. 23, BAGE 139, 109). Dieser Zeitrahmen ist gewahrt. Der am 12. November 2007 promovierte Kläger war seit dem 1. April 2009 bei dem beklagten Land beschäftigt. Somit hält sich die am 27. September 2012 vereinbarte Befristung zum 31. Dezember 2012 innerhalb des zulässigen Rahmens von sechs Jahren.

29

d) Der Senat kann aufgrund der bislang getroffenen Feststellungen nicht beurteilen, ob der Kläger in der Zeit vom 1. Oktober 2012 bis zum 31. Dezember 2012 zum wissenschaftlichen Personal iSd. § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG gehörte und damit dem personellen Geltungsbereich des WissZeitVG unterfällt.

30

aa) Der Begriff des „wissenschaftlichen und künstlerischen Personals“ ist durch § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG eigenständig und abschließend bestimmt. Es kommt nicht auf Begriffsbezeichnungen oder Zuordnungsdefinitionen nach landeshochschulrechtlichen Regelungen an (vgl. BAG 29. April 2015 - 7 AZR 519/13 - Rn. 20).

31

(1) Der Begriff des „wissenschaftlichen und künstlerischen Personals“ in § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG bestimmt sich inhaltlich-aufgabenbezogen(BAG 1. Juni 2011 - 7 AZR 827/09 - Rn. 35 ff., BAGE 138, 91). Anknüpfungspunkt ist die Art der zu erbringenden Dienstleistung. Zum „wissenschaftlichen Personal“ nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG gehört derjenige Arbeitnehmer, der wissenschaftliche Dienstleistungen erbringt. Es kommt nicht auf dessen formelle Bezeichnung an, sondern auf den wissenschaftlichen Zuschnitt der von ihm auszuführenden Tätigkeit. Das Adjektiv „wissenschaftlich“ bedeutet, „die Wissenschaft betreffend“. Wissenschaftliche Tätigkeit ist alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter, planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist (BAG 19. März 2008 - 7 AZR 1100/06 - Rn. 33 mwN, BAGE 126, 211). Sie ist nach Aufgabenstellung und anzuwendender Arbeitsmethode darauf angelegt, neue Erkenntnisse zu gewinnen und zu verarbeiten, um den Erkenntnisstand der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin zu sichern oder zu erweitern (BAG 29. April 2015 - 7 AZR 519/13 - Rn. 21).

32

Die Wissenschaftlichkeit der Tätigkeit erfordert nicht unbedingt das Bemühen um eigene, neue wissenschaftliche Erkenntnisse. Dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 GG können auch Tätigkeiten unterfallen, die nicht den Gewinn eigener, neuer Forschungserkenntnisse zum Gegenstand haben, sondern allein die ständige Reflexion fremder wissenschaftlicher Erkenntnisse verlangen. Das gilt insbesondere für die Lehre (BVerfG 13. April 2010 - 1 BvR 216/07 - Rn. 50, BVerfGE 126, 1; BAG 29. April 2015 - 7 AZR 519/13 - Rn. 22; 1. Juni 2011 - 7 AZR 827/09 - Rn. 35 bis 45 mwN, BAGE 138, 91). Diese ist auch dann wissenschaftlich, wenn der Angestellte Forschungs- und Erkenntnisentwicklungen auf seinem Wissenschaftsgebiet eigenständig feststellen, reflektieren und kritisch hinterfragen muss, um die ihm übertragenen Lehraufgaben sachgerecht erledigen zu können. Die Wissenschaftlichkeit der Tätigkeit muss dabei die Aufgabe insgesamt prägen. Hingegen kommt es nicht entscheidend darauf an, ob und in welchem Umfang dem Mitarbeiter die Möglichkeit der Weiterqualifikation neben den übertragenen Dienstaufgaben eingeräumt wurde. Die Befristungsmöglichkeit in § 2 Abs. 1 WissZeitVG dient zwar der Wahrung der durch Art. 5 Abs. 3 GG garantierten Wissenschaftsfreiheit im Interesse der Nachwuchs- und Qualifikationsförderung und zur Sicherung der Innovation in Forschung und Lehre(BT-Drs. 15/4132 S. 17). Für die Wirksamkeit der Befristung genügt dazu aber die Beschäftigung mit wissenschaftlicher Arbeit, die das wissenschaftliche Personal unabhängig von einem während der Tätigkeit in Aussicht genommenen oder erzielten akademischen Grad qualifiziert. Deshalb ist weder das Anstreben einer Promotion Voraussetzung für den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG(BT-Drs. 14/6853 S. 32; vgl. Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 554; KR/Treber 11. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 13; ErfK/Müller-Glöge 16. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 2b), noch setzt die Zulässigkeit der Befristung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG das Anstreben einer Habilitation voraus. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll dem wissenschaftlichen Personal im Rahmen einer befristeten Beschäftigung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG lediglich die Möglichkeit eröffnet werden, Forschungsleistungen und wissenschaftliche Tätigkeiten in der Lehre zu erbringen und sich auf diese Weise für die Übernahme einer Professur zu qualifizieren(vgl. BT-Drs. 14/6853 S. 33; BT-Drs. 16/3438 S. 12). Dafür bedarf es nicht zwingend einer Habilitation. Dagegen ist die Mitwirkung des Arbeitnehmers an der für eine Hochschule notwendigen Verwaltungsarbeit keine wissenschaftliche Dienstleistung. Während für die primäre Aufgabe der Hochschule, Forschung und Lehre zu betreiben, das Sonderbefristungsrecht des WissZeitVG im Interesse der Nachwuchs- und Qualifikationsförderung und des Innovationsbedürfnisses zu einem ständigen Personalaustausch führen soll, gilt dies nicht für Hochschulmitarbeiter, die für die organisatorischen Grundlagen (zB in der Verwaltung und Technik) zuständig sind, selbst wenn sie dazu beitragen, dass Wissenschaft und Forschung überhaupt erst betrieben werden können (KR/Treber § 1 WissZeitVG Rn. 47).

33

(2) Für die Beurteilung, ob die Tätigkeit eines Mitarbeiters insgesamt wissenschaftliches Gepräge hat, kommt es auf die Umstände bei Vertragsschluss an. Maßgeblich ist, was von dem Arbeitnehmer aufgrund des Arbeitsvertrags, einer Dienstaufgabenbeschreibung oder sonstiger Umstände nach objektiven Gesichtspunkten bei Vertragsschluss erwartet wird. Die Parteien haben es nicht selbst in der Hand, durch eine Modifizierung der vertraglichen Aufgaben die Wissenschaftlichkeit nachträglich herbeizuführen oder zu beseitigen. Andernfalls könnte der Arbeitnehmer beispielsweise selbst die Grundlage für die Befristung beseitigen, indem er entgegen der vertraglichen Vereinbarungen keine wissenschaftlichen Dienstleistungen erbringt. Ebenso wenig kann der Arbeitgeber durch die Zuweisung wissenschaftlicher Tätigkeiten nach Vertragsschluss den personellen Anwendungsbereich des WissZeitVG nachträglich herbeiführen (BAG 20. Januar 2016 - 7 AZR 376/14 - Rn. 34).

34

bb) Nach diesen Grundsätzen kann mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung der Befristungskontrollantrag zu 3. nicht abgewiesen werden.

35

(1) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die im Vertrag vom 27. September 2012 vereinbarte Befristung für die Zeit vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember 2012 sei nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG wirksam. Es hat dahinstehen lassen, in welchem Umfang der Kläger in der Zeit vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember 2012 weiterhin aufgrund des Arbeitsvertrags Lehrtätigkeiten und Tätigkeiten in der akademischen Selbstverwaltung zu erbringen hatte. Die Mitwirkung an der Überarbeitung der Antragsskizze für das DFG-Graduiertenkolleg „Mobilität, Technik und Umwelt: Chancen und Risiken für ein Gelingen des Alterns“ sei eine wissenschaftliche Dienstleistung gewesen.

36

(2) Die bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts tragen diese Würdigung nicht. Ihnen ist nicht hinreichend zu entnehmen, welche Aufgaben vom Kläger bei der Überarbeitung der Antragsskizze zu erledigen waren und ob diese nicht überwiegend redaktionellen und organisatorischen Charakter hatten.

37

(a) Der Wissenschaftlichkeit der Tätigkeit steht dabei nicht schon entgegen, dass das Antragsverfahren dem eigentlichen Forschungsvorhaben vorgeschaltet war und die Antragsskizze in dem zweistufigen Antragsverfahren nur eine Vorstufe zur eigentlichen Antragstellung darstellte. Da der Anerkennungsantrag erst nach Einschätzung des wissenschaftlichen Potentials der Antragsskizze gestellt werden konnte, erscheint es nicht ausgeschlossen, dass bereits hierfür Forschungstätigkeiten zu erbringen waren. Somit bedarf es der Feststellung, ob es sich - wie vom Kläger behauptet - bei seiner Mitwirkung an der Antragsskizze in erster Linie um redaktionell oder administrativ geprägte Tätigkeiten handelte oder ob und inwieweit die ihm übertragenen Aufgaben durch eigenständige wissenschaftliche Arbeiten geprägt waren.

38

(b) Das Landesarbeitsgericht hat insoweit nicht hinreichend festgestellt, worin konkret die Aufgaben des Klägers in dem dreimonatigen Zeitraum seiner Mitarbeit an der Überarbeitung der Antragsskizze lagen. Diese Feststellungen sind insbesondere auch deshalb veranlasst, weil der Kläger die Antragsskizze nicht selbst erarbeitet, sondern auf der Grundlage einer ihm vorliegenden Fassung lediglich weiterentwickelt hat. Die vom Landesarbeitsgericht gewürdigte Zielsetzung des Kollegs, hochtalentierten Nachwuchs auf exzellentem wissenschaftlichen Niveau zu fördern und die Forschung zu Fragen des Alterns zu stärken, lässt ebenso wenig den Schluss auf die Wissenschaftlichkeit der Tätigkeit des Klägers zu wie das allgemeine Vorhaben, Workshops, Vorträge und den wissenschaftlichen Austausch zu organisieren und Dissertationen aus verschiedenen Disziplinen zu betreuen. Soweit das Landesarbeitsgericht darüber hinaus angenommen hat, dass die Darstellung des Forschungsprogramms, des Qualifizierungs- und Betreuungskonzepts sowie des wissenschaftlichen Umfelds eine intensive Befassung und Auseinandersetzung mit dem geplanten wissenschaftlichen Thema verlangt und selbst die eher technisch anmutende Zusammenstellung von Publikationen die Fähigkeit vorausgesetzt habe, die Veröffentlichungen der beteiligten Wissenschaftler in ihrer Bedeutung für das Projekt einschätzen zu können, liegt darin keine hinreichend aussagekräftige Feststellung der Aufgaben des Klägers. An welchen Arbeitsschritten der Kläger „inhaltlich beteiligt“ war und inwiefern die von ihm geleisteten „organisatorischen Vorarbeiten“ für die Erstellung der Antragsskizze wissenschaftlichen, seine Gesamttätigkeit prägenden Zuschnitt hatten, lässt sich dieser Begründung des Landesarbeitsgerichts nicht entnehmen. Dies wird vom Landesarbeitsgericht ergänzend aufzuklären sein.

39

IV. Das angefochtene Urteil ist daher hinsichtlich der Abweisung des Klageantrags zu 3. aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Zurückverweisung unterliegt damit auch der auf Abgabe eines Angebots auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags gerichtete Hilfsantrag zu 4., der dem Senat nicht zur Entscheidung anfällt.

40

V. Die Zurückverweisung erübrigt sich nicht deshalb, weil sich die angefochtene Entscheidung aus anderen Gründen als im Ergebnis zutreffend darstellt (§ 561 ZPO) oder die Sache auf der Grundlage des festgestellten Sachverhältnisses zur Entscheidung reif wäre (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der Senat kann auf der Grundlage der bisher getroffenen Tatsachenfeststellungen nicht beurteilen, ob die Befristung zum 31. Dezember 2012 nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 oder Nr. 7 TzBfG oder nach § 2 Abs. 2 Satz 1 WissZeitVG gerechtfertigt ist.

41

Das Landesarbeitsgericht hat - aus seiner Sicht konsequent - nicht geprüft, ob die von dem beklagten Land vorgetragenen sachlichen Gründe die Befristung im Arbeitsvertrag vom 27. September 2012 rechtfertigen. Nach § 1 Abs. 2 WissZeitVG bleibt das Recht der Hochschulen unberührt, das in § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG bezeichnete Personal auch in nach Maßgabe des Teilzeit- und Befristungsgesetzes befristeten Arbeitsverhältnissen zu beschäftigen. Das beklagte Land hat sich insbesondere darauf berufen, dass der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung des Klägers nur vorübergehend iSd. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG bestanden habe, weil es sich bei der Erstellung der Antragsskizze um eine zeitlich begrenzte Aufgabe gehandelt habe. Es hat außerdem geltend gemacht, dass die Voraussetzungen für eine Befristung aus haushaltsrechtlichen Gründen nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG bzw. der Drittmittelbefristung nach § 2 Abs. 2 Satz 1 WissZeitVG erfüllt seien. Tatsachenfeststellungen hierzu hat das Landesarbeitsgericht bislang nicht getroffen. Dies wird ggf. nachzuholen und zu prüfen sein, ob einer der geltend gemachten Sachgründe die Befristung rechtfertigt.

        

    Gräfl    

        

    M. Rennpferdt    

        

    Kiel    

        

        

        

    Busch    

        

    Hansen    

                 

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 181/02 Verkündet am:
8. Januar 2004
Seelinger-Schardt
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Wohnflächen gehören zu den zentralen Beschaffenheitsmerkmalen des
vom Bauträger geschuldeten Objektes. Fehlen in einem Erwerbervertrag Angaben
hierzu, sind die einseitigen Vorstellungen des Erwerbers für den Inhalt des
Vertrages maßgeblich, wenn der Bauträger in eigener oder zurechenbarer
Kenntnis des Willens des Erwerbers den Vertrag abschließt.
BGB §§ 631 Abs. 1, 133 B, 157 B, 166 Abs. 1
Beauftragt der Bauträger eine Hilfsperson mit der Anwerbung der Kunden und
mit den Vertragsanbahnungsgesprächen und schaltet der Verhandlungsgehilfe
einen selbständigen Vermittler ein, sind dessen Kenntnisse über die einseitigen
Vorstellungen des Erwerbers dem Bauträger zuzurechnen, wenn dieser mit der
Einschaltung des Untervermittlers rechnen mußte.
BGH, Urteil vom 8. Januar 2004 - VII ZR 181/02 - OLG Rostock
LG Rostock
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Januar 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter
Prof. Dr. Thode, Hausmann, Dr. Wiebel und Dr. Kuffer

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 16. April 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


I.

Der Kläger verlangt wegen zu geringer Wohnflächen als Schadensersatz die Rückzahlung eines Teiles des für mehrere Eigentumswohnungen gezahlten Erwerbspreises, die Erstattung zu viel gezahlter Maklercourtage sowie überzahlter Grundsteuern. Er erwarb von der Beklagten im Jahre 1994 fünf noch zu errichtende Eigentumswohnungen. Dem notariellen Vertrag wurden Teilungserklärung und Baubeschreibung beigefügt; die Teilungserklärung verwies auf einen der Urkunde nicht beigefügten Aufteilungsplan, in dem unter anderem Gesamtflächenangaben für die einzelnen Wohnungen eingetragen waren. Vereinbart war,
daß die Beklagte "keine Gewähr für Größe" übernehme und "keine besonderen Eigenschaften" zusichere. Die Preisanpassungsklausel des § 9 Nr. 2 lit. e) des Vertrages sah vor, daß "baubedingte Wohnflächenverminderungen von bis zu 3 %" keinen Einfluß auf das Entgelt haben sollten. Die Beklagte hatte die J. GmbH mit dem Vertrieb der Wohnungen beauftragt und ihr auch die Verhandlungen mit den Interessenten überlassen. Diese hatte die L. GmbH als Maklerin eingeschaltet, mit der sie sich die verdienten Provisionen teilte. Die L. GmbH bestätigte dem Kläger am Tage vor Vertragsschluß schriftlich die Größen und die Quadratmeterpreise der einzelnen Wohnungen, wobei den Flächenangaben jeweils das Kürzel "WF" hinzugesetzt war. Der Kläger entrichtete den vereinbarten Erwerbspreis und die darauf entfallende Grunderwerbssteuer. Er leistete außerdem die Maklercourtage, auf die die L. GmbH nach § 18 des notariellen Vertrages einen unmittelbaren Anspruch gegen ihn haben sollte. Etwa zwei Jahre nach Vertragsabschluß übersandte die Beklagte dem Kläger eine von einem Planungsbüro nach den Maßstäben der II. Berechnungsverordnung erstellte Größentabelle, aus der sich geringere Wohnflächen von durchschnittlich rund 11 % ergaben als in dem Schreiben der L. GmbH vor Vertragsabschluß angegeben. Daraus leitet der Kläger einen Anspruch auf Herabsetzung des Erwerbspreises und Rückforderung eines entsprechenden Teils der Grunderwerbssteuer sowie des Maklerlohns her.

II.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Minderungs- und Schadensersatzanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Auf das Schuldverhältnis ist das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung anwendbar (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch des Klägers, weil es an einem Mangel der veräußerten Einheiten fehle. Eine Zusicherung von Wohnflächen sei nicht erfolgt; es liege auch kein Fehler vor, weil die Parteien keine bestimmten Größen für die Wohnflächen vereinbart hätten. Im notariellen Vertrag seien die Wohnungen lediglich entsprechend dem Aufteilungsplan bezeichnet worden. Ob der der Urkunde nicht beigefügte Aufteilungsplan selbst Vertragsbestandteil geworden sei, sei bereits zweifelhaft.
Die Angabe der Gesamtflächen der einzelnen Wohnungen darin bedeute jedenfalls nicht zwingend, daß Wohnflächenangaben gemeint gewesen seien. Der Plan beruhe erkennbar auf Bauzeichnungen, die für die regelmäßig nachträglich durch Aufmaß zu ermittelnden Wohnflächen nicht maßgeblich seien. Nach dem objektiven Empfängerhorizont der potentiellen Erwerber seien die Angaben der Gesamtflächen der einzelnen Wohnungen keine Angaben zu den geschuldeten Wohnflächen. Die Angabe der Gesamtflächen könne nur als Grundlage der Vereinbarung einer bestimmten Wohnfläche angesehen werden, wenn der Kläger die Vorstellung gehabt habe, es handele sich um Wohnflächenangaben, und wenn die Beklagte den Vertrag in Kenntnis dieser Vorstellung geschlossen habe. An dieser Kenntnis fehle es. Daß der Kläger die Finanzierung über die Hausbank der Beklagten abgewickelt habe, lasse nicht darauf schließen, daß die Beklagte gewußt habe, daß der Kläger von Wohnflächenangaben in den Plänen ausgegangen sei. Soweit der Kläger nämlich behaupte, der finanzierenden Bank hätten auch ausdrücklich so bezeichnete Wohnflächenangaben vorgelegen, sei nicht dargelegt, woher diese stammen sollten und worauf die Kenntnis der Beklagten hiervon habe beruhen sollen. Eine eigene Kenntnis der Beklagten vom Inhalt des Schreibens der L. GmbH sei nicht hinreichend schlüssig vorgetragen. Das Wissen der L. GmbH sei der Beklagten nicht in analoger Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen , weil diese lediglich Maklerin und nicht zugleich Verhandlungsgehilfin gewesen sei. Die zwischengeschaltete J. GmbH sei zwar Verhandlungsgehilfin gewesen. Der Kläger habe aber nicht bewiesen, daß die Vertreter der J. GmbH gewußt hätten, daß der Kläger von bestimmten Wohnflächen ausgegangen sei. Insbesondere die Aussage der Zeugin S., einer Mitarbeiterin der L. GmbH, habe dies nicht bestätigt.

II.

Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Vertragsparteien haben Wohnflächen für die von dem Kläger erworbenen Eigentumswohnungen vereinbart; da diese nicht eingehalten worden sind, liegt ein Mangel vor. 1. Vereinbarte Wohnflächen sind Beschaffenheitsmerkmale einer aufgrund des Erwerbervertrages vom Bauträger geschuldeten Wohnung (BGH, Urteil vom 21. Januar 1999 - VII ZR 398/97, ZfBR 1999, 194 = BauR 1999, 648; Urteil vom 7. September 2000 - VII ZR 443/99, BGHZ 145, 121, 129; Urteil vom 22. Dezember 2000 - VII ZR 310/99, BGHZ 146, 250, 256 m.w.N.). Weicht die tatsächlich ausgeführte Fläche zu Ungunsten des Erwerbers von der vereinbarten Fläche ab, ist die Wohnung mangelhaft (Urteil vom 21. Januar 1999 - VII ZR 398/97, ZfBR 1999, 194 = BauR 1999, 648; Urteil vom 22. Dezember 2000 - VII ZR 310/99, BGHZ 146, 250, 256 m.w.N.). 2. Die Vertragsparteien haben für die Wohnungen Wohnflächen vereinbart. Die gegenteilige Auslegung des Berufungsgerichts beruht auf einem Rechtsfehler. Sie widerspricht dem Gebot, daß vertragliche Vereinbarungen der Parteien als sinnvolles Ganzes unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen auszulegen sind.
a) Das Auslegungsergebnis des Berufungsgerichts hat zur Folge, daß die Parteien sich über ein zentrales Beschaffenheitsmerkmal der Wohnungen, die Wohnflächen, nicht geeinigt hätten und die Preisanpassungsklausel für Minderflächen, die auf Wohnflächenangaben Bezug nimmt, überflüssig und damit sinnlos wäre. Aufgrund einer derartigen Vereinbarung wäre der Erwerber zur Zahlung der Vergütung verpflichtet ohne Rücksicht auf die Größe der Woh-
nungen. Der Bauträger könnte die Größe der Wohnfläche nach seinem Belieben festlegen und ausführen.
b) Die Auslegung des Berufungsgerichts verstößt gegen das Gebot einer interessengerechten Auslegung, sie berücksichtigt ausschließlich die Interessen der Beklagten. Dadurch begünstigt das Berufungsgericht die Vertragspartei, die mit dem beurkundenden Notar für die unzureichende Vertragsgestaltung verantwortlich ist.
c) Eine schriftliche Abrede über die Wohnflächen der veräußerten Einheiten haben die Parteien nicht getroffen. Die Auslegung des Berufungsgerichts , daß die Gesamtflächenangaben in dem Aufteilungsplan nicht Bestandteil des schriftlich abgefaßten Vertragstextes geworden sind, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
d) Die einseitige Vorstellung des Klägers über die Größe der Wohnflächen ist Inhalt des Vertrages und damit geschuldetes Beschaffenheitsmerkmal der Wohnungen. Eine einseitige Vorstellung einer Vertragspartei ist für die Bestimmung des Vertragsinhalts von Bedeutung, wenn der Erklärungsempfänger den wirklichen Willen des Erklärenden erkennt und in Kenntnis dieses Willens den Vertrag abschließt (BGH, Urteil vom 11. Juli 1997 - V ZR 246/96, BauR 1997, 1030 = ZfBR 1998, 23). (1) Die Wohnfläche einer Eigentumswohnung und deren Berechnungsgrundlage gehören aus der Sicht des Erwerbers zu den zentralen Beschaffenheitsmerkmalen des Objektes. Die Kenntnis hiervon ermöglicht es dem Erwerber zu entscheiden, ob das Objekt für seine Zwecke geeignet ist und ob er die Gegenleistung für die Eigentumswohnung erbringen kann und will. Die Wohn-
fläche ist ein maßgebliches Kriterium für den Verkehrswert der Wohnung und damit für die Möglichkeit der Finanzierung durch Fremdmittel sowie für die Prognose über die zukünftige Wertentwicklung der Immobilie, deren Vermietbarkeit und die Höhe des zukünftig erzielbaren Mietertrages (BGH, Urteil vom 7. September 2000 - VII ZR 443/99, BGHZ 145, 121, 129). (2) Es kann offenbleiben, ob entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts von einer eigenen Kenntnis der Beklagten über die Vorstellungen des Klägers auszugehen ist. Sie muß sich jedenfalls die Kenntnis der Mitarbeiter der L. GmbH in entsprechender Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen. Die L. GmbH hat dem Kläger noch am Tage vor Vertragsabschluß eine Tabelle übersandt, in der die Flächenangaben durch den in diesem Zusammenhang unmißverständlichen Zusatz "WF" als Wohnflächenangaben gekennzeichnet waren. Ihre Mitarbeiter kannten daher die Vorstellung des Klägers, daß er Wohnungen entsprechender Größe erhalten werde. (3) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muß eine Vertragspartei im Rahmen von Verhandlungen nicht für einen von ihr beauftragten Makler einstehen; etwas anderes gilt, wenn dieser seine Tätigkeit nicht auf das für die Durchführung seines Auftrages Notwendige beschränkt, sondern als Hilfsperson der Vertragspartei, etwa als Verhandlungsführer oder -gehilfe, tätig wird (BGH, Urteil vom 2. Juni 1995 - V ZR 52/94, NJW 1995, 2550). Die Selbständigkeit eines Maklers steht dessen Einordnung als Erfüllungsgehilfe nicht grundsätzlich entgegen (BGH, Urteil vom 24. September 1996 - XI ZR 318/95, NJW-RR 1997, 116). (4) Das Berufungsgericht hat die J. GmbH zu Recht als Verhandlungsgehilfin der Beklagten angesehen. Ein Makler ist als Hilfsperson anzusehen, wenn er mit Wissen und Wollen einer Vertragspartei Aufgaben übernimmt, die
typischerweise dieser obliegen und damit in deren Pflichtenkreis tätig wird (BGH, Urteil vom 24. September 1996 - XI ZR 318/95, NJW-RR 1997, 116). Diese Voraussetzungen hat das Berufungsgericht zutreffend als erfüllt angesehen , weil die Beklagte der J. GmbH die Anwerbung der Kunden und die Vertragsanbahnungsgespräche überlassen hat und deren Geschäftsführer erst bei der Beurkundung des Erwerbsvertrages in Kontakt zu dem Kläger getreten ist. (5) Das Berufungsgericht hat ein Einstehen der Beklagten für die Kenntnisse der L. GmbH als von der J. GmbH eingeschalteter Untervermittlerin davon abhängig gemacht, daß diese selbst die Kriterien einer Hilfsperson erfüllt. Diese Anforderung steht mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht in Einklang. Der Bundesgerichtshof hat eine Lebensversicherungsgesellschaft für die unvollständige Beratung durch einen Untervermittler haftbar gemacht, weil sie damit habe rechnen müssen, daß der von ihr beauftragte Vermittler Untervermittler beauftragen werde (BGH, Urteil vom 9. Juli 1998 - III ZR 158/97, NJW 1998, 2898). Mit vergleichbarer Begründung hat er eine Bausparkasse verantwortlich gemacht, die die Anwerbung von Kunden für spezielle Finanzierungsmodelle einem selbständigen Vermittler überlassen hatte (BGH, Urteil vom 24. September 1996 - XI ZR 318/95, aaO; Urteil vom 14. November 2000 - XI ZR 336/99, NJW 2001, 358). Für die Haftung des Bauträgers gilt nichts anderes. Überträgt dieser einem Makler den Vertrieb zu errichtender Wohnungen, muß er auch damit rechnen, daß der von ihm beauftragte Makler selbständige Untermakler einschaltet, wenn der Vertrieb nicht von vornherein nur auf einem lokalen Markt an Erwerber mit eigener Nutzungsabsicht erfolgen soll. Ein Indiz dafür, daß der Beklagten die Einschaltung des Untervermittlers durch die J. GmbH nicht unbekannt geblieben ist, ist der Umstand, daß in dem Erwerbs-
vertrag ein unmittelbarer Provisionsanspruch zugunsten der L. GmbH vereinbart worden ist. (6) Diese für die Haftung aus vorvertraglicher Pflichtverletzung entwikkelten Grundsätze sind auf die Situation übertragbar, daß die einseitige Vorstellung der einen Vertragspartei unter der Voraussetzung Inhalt des Vertrages wird, daß die andere Partei in Kenntnis dieser Vorstellung den Vertrag abschließt.

III.

Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, weil die Berechnung des Schadensersatzes bisher nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung in den Instanzen gewesen ist und weil das Berufungsgericht die für eine Entscheidung über die Höhe der Erstattungsansprüche erforderlichen Tatsachen nicht festgestellt hat.
1. Der Erwerber kann im Rahmen des kleinen Schadensersatzes gemäß § 635 BGB den mangelbedingten Minderwert geltend machen oder die zur Mangelbeseitigung erforderlichen Kosten (BGH, Urteil vom 11. Juli 1991 - VII ZR 301/90, ZfBR 1991, 265 = BauR 1991, 744 m.w.N.). Der Minderwert besteht in der Differenz des Verkehrswerts des Hauses, den es im mangelfreiem Zustand, und dem Verkehrswert, den es mangelbedingt hat.
a) Der Kläger kann den Minderwert in der Weise berechnen, daß er den Erwerbspreis der Wohnungen in dem Verhältnis herabsetzt, in dem die tatsäch-
lichen Wohnflächen zu den vereinbarten stehen (BGH, Urteil vom 11. Juli 1997 - V ZR 246/96, ZfBR 1998, 23 = BauR 1997, 1030).
b) Bei der Berechnung des Minderungsbetrages führen die nach § 9 Nr. 2 lit. e) des Vertrages als geringfügig anzusehenden Differenzen bei den Wohnflächen nicht zu einer Kürzung des Anspruchs. Die Klausel entspricht der gesetzlichen Regelung des § 454 Abs. 1 S. 2 BGB, die vorsieht, daß der Veräußerer für geringfügige Mängel nicht haftet, die lediglich eine unerhebliche Minderung des Wertes oder der Tauglichkeit des Vertragsgegenstandes zur Folge haben. Wird die vereinbarte geringfügige Änderung der Wohnfläche von 3 % zu Lasten des Erwerbers überschritten, dann haftet der Veräußerer uneingeschränkt , die berechtigte Kürzung des Erwerbspreises kann nicht um einen Geringfügigkeitsabschlag von 3 % gekürzt werden (vgl. BGH, Urteil vom 22. Oktober 1999 - V ZR 398/98, NJW-RR 2000, 202). Da die Abweichung bei allen Wohnungen jeweils mehr als 3% beträgt, kommt es auf die Frage, ob die Preisanpassungsklausel wirksam ist oder nicht und ob sie für jede Wohnung gesondert oder auf die Gesamtfläche aller Wohnungen anzuwenden ist, nicht an. 2. Auch die auf der Basis des vereinbarten Erwerbspreises gezahlte Maklerprovision und die Grunderwerbssteuer können als frustierte Aufwendungen nach § 635 BGB anteilig erstattungsfähig sein, wenn der Kläger die entsprechenden Leistungen im Vertrauen darauf erbracht hat, daß der Bauträger die Wohnungen in der als vereinbart geltenden Größe erstellen werde und die Rentabilitätsvermutung nicht widerlegt wird (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 1991 - V ZR 22/90, BGHZ 114, 193). Dazu wird das Berufungsgericht Feststellungen zu treffen und außerdem zu entscheiden haben, ob den Kläger wegen unterlassener Abwendung oder Minderung des Schadens ein Mitverschulden trifft (§ 254 Abs. 2 BGB). Wegen des Maklerlohns wird allerdings, da dieser von Lei-
stungsstörungen im Hauptvertrag unbeeinflußt bleibt (vgl. BGH, Urteil vom 14. Dezember 2000 - III ZR 3/00, NJW 2001, 966 = ZfIR 2001, 188), ein Mitverschulden nicht wegen der Möglichkeit in Betracht kommen, die Courtage teilweise von der Maklerin zurückzufordern. Bezüglich der Grunderwerbssteuer wird das Berufungsgericht zu klären haben, ob der Beklagte bei Erlangung der Kenntnis von der geringeren Wohnfläche trotz des Zeitablaufs die Steuerfestsetzung noch angreifen konnte und ob ihm das im Verhältnis zu der Beklagten zuzumuten war.
Dressler Thode Hausmann Wiebel Kuffer

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 2. Juli 2013 - 16 Sa 223/13 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.

2

Die Beklagte vertreibt Telekommunikationsdienstleistungen. Die Klägerin war seit Oktober 1989 Beamtin bei der D. Sie wurde im Beamtenverhältnis beurlaubt und war seit Mai 2004 für die Beklagte als Leiterin eines „T-Shops“ tätig.

3

Mit Schreiben vom 3. September 2012 hörte die Beklagte den Betriebsrat zu ihrer Absicht an, das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich, hilfsweise ordentlich, jeweils sowohl wegen begangener Pflichtverletzungen als auch wegen eines entsprechenden Verdachts zu kündigen. In dem Anhörungsschreiben ist zum Stichwort „Betriebszugehörigkeit gesamt“ das Datum „23.10.1989“ genannt, als „Betriebszugehörigkeit TSG“ der „01.05.2004“. Unter der Überschrift „Daten zur beabsichtigten Kündigung“ ist ausgeführt:

        

„Wir beabsichtigen daher, das Arbeitsverhältnis mit [der Klägerin] durch verhaltensbedingte, außerordentlich fristlose Kündigungen zu beenden, wie eingangs dieses Schreibens erläutert. Die Kündigungen soll wirksam werden mit Ablauf des Tages der Zustellung.

        

Bei den - wie erläutert - zusätzlich durchweg hilfsweise beabsichtigten verhaltensbedingten ordentlichen Kündigungen wird die tarifliche Kündigungsfrist eingehalten werden. Sie beträgt gemäß § 21 Abs. 4 MTV TSG sieben Monate zum Monatsende.

        

Wir bitten Sie um Stellungnahme zu den beabsichtigten außerordentlichen und ordentlichen Kündigungen innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Fristen.“

4

Mit einem weiteren Schreiben an den Betriebsrat vom 4. September 2012 nahm die Beklagte Bezug auf das vorausgegangene Schreiben und teilte mit, sie wolle „im Rahmen der Beteiligung“ die Darstellung der Berufsdaten der Klägerin wie folgt ergänzen:

        

„[Die Klägerin] ist Beamtin auf Lebenszeit. Sie wurde zur Begründung des Arbeitsverhältnisses bei der TSG am 01.05.2004 im Beamtenverhältnis beurlaubt.

        

Dies ist bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen. Durch die beabsichtigte Kündigung des Arbeitsverhältnisses wird [die Klägerin] nicht in die Arbeitslosigkeit entlassen. Vielmehr entfällt mit dem Arbeitsverhältnis auch der Beurlaubungsgrund, so dass das Beamtenverhältnis als Bundesbeamtin wieder auflebt. [Die Klägerin] wird mit Wirksamkeit der Kündigung von der D AG, welche die Dienstherrneigenschaft ausübt, zu besolden und zu beschäftigten sein.

        

Dass [die Klägerin] wegen der vorgeworfenen Handlungen, soweit sie strafrechtlich relevant sind, mit disziplinarischen Maßnahmen im Beamtenverhältnis rechnen muss, ist in der arbeitsrechtlichen Interessenabwägung hingegen nicht berücksichtigungsfähig. Die Prüfung solcher Maßnahmen ist dem Dienstherrn vorbehalten.

        

Wir hatten im ersten Schreiben bereits ausgeführt, dass bei den hilfsweise zusätzlich beabsichtigten ordentlichen Kündigungen die tarifvertragliche Kündigungsfrist maßgebend ist. Bei einer beurlaubten Beamtin ist als Betriebszugehörigkeit zur Ermittlung der Kündigungsfrist nur die Zeit im Arbeitsverhältnis (ab 01.05.2004) maßgebend, nicht jedoch die Zeit als aktive Beamtin (Zeit vom 23.10.1989 bis 30.04.2004), § 7 Abs. 1 MTV TSG.

        

Die TSG-Betriebszugehörigkeit von [der Klägerin] beträgt demnach 8 Jahre. Wir stellen richtig, dass sich die tarifliche Kündigungsfrist nach § 21 Abs. 4 MTV TSG auf fünf Monate zum Monatsende beläuft.“

5

Mit Schreiben vom 7. September 2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich, mit Schreiben vom 11. September 2012 hilfsweise ordentlich. Die außerordentliche Kündigung wurde noch am 7. September 2012 in den Briefkasten der Klägerin eingeworfen.

6

Die Klägerin hat rechtzeitig Klage gegen beide Kündigungen erhoben. Sie hat gemeint, weder für die außerordentliche noch für die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung sei ein Grund gegeben. Sie sei überdies zu den Vorwürfen nicht ordnungsgemäß angehört worden. Im Übrigen habe die Beklagte für die außerordentliche Kündigung die Erklärungsfrist nicht gewahrt. Sie habe die Aufklärungsmaßnahmen nicht hinreichend zügig durchgeführt. Darüber hinaus sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden. Dieser habe erst durch das Schreiben vom 4. September 2012 von ihrer Stellung als Beamtin erfahren. Dabei handele es sich um einen für ihre soziale Situation entscheidenden Umstand. Die außerordentliche Kündigung sei ihr damit bereits vor Ablauf der Frist von drei Tagen für eine Stellungnahme des Betriebsrats zugegangen. Im Übrigen sei die Anhörung unvollständig, weil dem Betriebsrat die Protokolle der Anhörungen der Mitarbeiterinnen G und S nicht zugeleitet worden seien. Die Mitarbeiterin S habe entlastende Angaben gemacht.

7

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die Kündigung vom 7. September 2012 noch durch die Kündigung vom 11. September 2012 beendet worden ist.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat der Klägerin verschiedene Pflichtverletzungen zur Last gelegt. Jedenfalls bestehe insoweit ein dringender Verdacht. Die Erklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB sei eingehalten. Sie habe nach zügigen Ermittlungen erst am 24. August 2012 über ausreichende Kenntnisse verfügt, um sachgerecht darüber entscheiden zu können, ob sie kündigen solle oder nicht. Der Betriebsrat sei bereits mit dem Schreiben vom 3. September 2012 vollständig angehört worden. Sie habe als bekannt voraussetzen dürfen, dass die Klägerin Beamtin sei. Dem Betriebsrat sei dies bereits bei der Einstellung der Klägerin mitgeteilt worden. Im Übrigen habe ein Betriebsratsmitglied von der Stellung der Klägerin als Beamtin definitiv gewusst. Auf die Erläuterungen vom 4. September 2012 komme es deshalb nicht an.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten durch Teilurteil insoweit zurückgewiesen, wie das Arbeitsgericht die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung festgestellt hat. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte weiterhin den Antrag, schon die Klage gegen die außerordentliche Kündigung abzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision hat Erfolg. Mit der gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht der Klage gegen die außerordentliche Kündigung vom 7. September 2012 nicht stattgegeben (I.). Ob die Kündigung wirksam ist, steht noch nicht fest (II.).

11

I. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen ist die Kündigung, anders als das Landesarbeitsgericht angenommen hat, nicht gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Die Beklagte hat den Betriebsrat mit Schreiben vom 3. September 2012 ordnungsgemäß über die beabsichtigte außerordentliche Kündigung informiert (1.). Durch das weitere Schreiben vom 4. September 2012 ist die Frist für die Anhörung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung nicht neu in Gang gesetzt worden (2.).

12

1. Die Beklagte hat mit dem Schreiben vom 3. September 2012 das Verfahren zur Anhörung des Betriebsrats zu der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung ordnungsgemäß eingeleitet. Falls das Schreiben dem Betriebsrat noch am selben Tag zugegangen ist - wofür der Eingangsvermerk spricht, eindeutige Feststellungen aber fehlen -, wäre die dreitägige Frist zur Stellungnahme am 7. September 2012 - dem Tag des Einwurfs des Kündigungsschreibens in den Briefkasten der Klägerin - bereits abgelaufen gewesen.

13

a) Nach § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm gemäß § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Will der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken erheben, muss er dies gemäß § 102 Abs. 2 Satz 3 BetrVG dem Arbeitgeber spätestens innerhalb von drei Tagen schriftlich mitteilen. Eine vor Fristablauf ausgesprochene Kündigung ist gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam, es sei denn, es liegt bereits eine abschließende Stellungnahme des Betriebsrats vor(vgl. BAG 12. Dezember 1996 - 2 AZR 803/95 - zu II 1 der Gründe; 13. November 1975 - 2 AZR 610/74 - zu 3 a der Gründe, BAGE 27, 331).

14

b) Für die Mitteilung der Kündigungsgründe gilt der Grundsatz der „subjektiven Determinierung“ (BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 24, BAGE 146, 303; 19. Juli 2012 - 2 AZR 352/11 - Rn. 41, BAGE 142, 339). Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat die Umstände mitteilen, die seinen Kündigungsentschluss tatsächlich bestimmt haben (BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - aaO). Dem kommt er dann nicht nach, wenn er dem Betriebsrat einen schon aus seiner eigenen Sicht unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt darstellt (BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - aaO; 12. August 2010 - 2 AZR 945/08 - Rn. 18). Zu einer vollständigen und wahrheitsgemäßen Information gehört darüber hinaus die Unterrichtung über Tatsachen, die ihm - dem Arbeitgeber - bekannt und für eine Stellungnahme des Betriebsrats möglicherweise bedeutsam sind, weil sie den Arbeitnehmer entlasten und deshalb gegen eine Kündigung sprechen können (BAG 3. November 2011 - 2 AZR 748/10 - Rn. 38; 6. Februar 1997 - 2 AZR 265/96 - zu II 1 der Gründe).

15

c) Die subjektive Determination des Inhalts der Anhörung führt nicht dazu, dass bei der verhaltensbedingten Kündigung auf die Mitteilung persönlicher Umstände des Arbeitnehmers ganz verzichtet werden könnte, wenn sie für den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers ohne Bedeutung waren. Bei den „Sozialdaten“ handelt es sich zwar um Umstände, die nicht das beanstandete Verhalten des Arbeitnehmers selbst betreffen. Nach Sinn und Zweck der Anhörung darf der Arbeitgeber dem Betriebsrat aber keine persönlichen Umstände des Arbeitnehmers vorenthalten, die sich bei objektiver Betrachtung entscheidend zu seinen Gunsten auswirken und deshalb schon für die Stellungnahme des Betriebsrats bedeutsam sein können (vgl. BAG 6. Oktober 2005 - 2 AZR 280/04 - zu B II 2 a der Gründe; 26. September 2002 - 2 AZR 424/01 - zu B II 3 a der Gründe). Der Wirksamkeit einer auf Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers gestützten Kündigung steht das Unterlassen der Angabe von dessen genauen „Sozialdaten“ bei der Betriebsratsanhörung deshalb nur dann nicht entgegen, wenn es dem Arbeitgeber auf die genauen Daten ersichtlich nicht ankommt und der Betriebsrat jedenfalls die ungefähren Daten ohnehin kennt; er kann dann die Kündigungsabsicht des Arbeitgebers auch so ausreichend beurteilen (BAG 6. Oktober 2005 - 2 AZR 280/04 - aaO; 15. November 1995 - 2 AZR 974/94 - zu II 1 b der Gründe). Eine nähere Begründung der den Kündigungsentschluss tragenden Abwägung ist wegen des Grundsatzes der subjektiven Determinierung regelmäßig nicht erforderlich. Die Anhörung zu der Absicht, das Arbeitsverhältnis zu kündigen, impliziert eine Abwägung zu Lasten des Arbeitnehmers (vgl. BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 27, BAGE 146, 303).

16

d) Danach ist bisher weder festgestellt noch objektiv ersichtlich, dass dem Betriebsrat der Kündigungssachverhalt im Schreiben vom 3. September 2012 nicht ausreichend mitgeteilt worden wäre. Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, der Betriebsrat sei „am 03.09.2012 zum Kündigungsgrund umfassend angehört“ worden. Aus dem in Bezug genommenen Anhörungsschreiben vom 3. September 2012 ergibt sich nichts Gegenteiliges. Ihm zufolge ist dem Betriebsrat auch das Protokoll einer Befragung der Mitarbeiterin G zugeleitet worden. Dass zudem die Mitarbeiterin S befragt und dies protokolliert worden wäre, wie von der Klägerin geltend gemacht, ist bislang nicht ersichtlich. Nach den Angaben im Anhörungsschreiben vom 3. September 2012 war diese Mitarbeiterin wegen ihres Erholungsurlaubs nicht gehört worden.

17

e) Das Anhörungsschreiben vom 3. September 2012 war auch nicht aus den vom Landesarbeitsgericht angeführten Gründen unzureichend.

18

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe gegenüber dem Betriebsrat unrichtige Angaben über die „anrechenbare Betriebszugehörigkeit“ der Klägerin gemacht. Das trifft zwar zu. Darin liegt jedoch kein Fehler in der Anhörung zur - hier allein streitgegenständlichen - außerordentlichen Kündigung.

19

(1) Die Beklagte hat in ihrem Schreiben vom 3. September 2012 die „anrechenbare Betriebszugehörigkeit“ der Klägerin nicht explizit mitgeteilt. Sie hat vielmehr angegeben „Betriebszugehörigkeit TSG 01.05.2004“ und „Betriebszugehörigkeit gesamt: 23.10.1989“. Aufgrund welcher Umstände die „Betriebszugehörigkeit gesamt“ von der „Betriebszugehörigkeit TSG“ abwich und weshalb es ihres Erachtens für die Kündigung auf die „Betriebszugehörigkeit gesamt“ und nicht auf die „Betriebszugehörigkeit TSG“ ankam, hat die Beklagte im Anhörungsschreiben nicht näher erläutert. Sie hat die mit sieben Monaten angegebene Länge der tariflichen Kündigungsfrist jedoch ersichtlich auf der Grundlage der angegebenen „Betriebszugehörigkeit gesamt“ ermittelt.

20

(2) Soweit die Beklagte dem Betriebsrat damit eine objektiv unzutreffende - um zwei Monate zu lange - Kündigungsfrist mitgeteilt hat, macht dies die Anhörung zu der beabsichtigten fristlosen Kündigung nicht fehlerhaft.

21

(a) Es bedurfte keiner (zutreffenden) Angabe der Kündigungsfrist oder der Parameter zu ihrer Berechnung, um dem Betriebsrat Kenntnis darüber zu verschaffen, wann das Arbeitsverhältnis durch die angestrebte fristlose Kündigung beendet werden sollte.

22

(b) Die exakte Dauer der Kündigungsfrist benötigte der Betriebsrat auch nicht, um die Kündigungsabsicht der Beklagten im Übrigen sachgerecht prüfen zu können. Zwar kann eine kürzere Kündigungsfrist dafür sprechen, dass dem Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung als milderes Mittel zumutbar ist. Die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers im Rahmen von § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG reicht aber nicht so weit wie seine Darlegungslast im Prozess(BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 27, BAGE 146, 303; 19. Juli 2012 - 2 AZR 352/11 - Rn. 45, BAGE 142, 339). Die Anhörung des Betriebsrats soll diesem nicht die selbständige Überprüfung der Wirksamkeit der beabsichtigten Kündigung, sondern eine Einflussnahme auf die Willensbildung des Arbeitgebers ermöglichen (BAG 31. Januar 1996 - 2 AZR 181/95 - zu II 2 der Gründe; 22. September 1994 - 2 AZR 31/94 - zu II 2 der Gründe, BAGE 78, 39). Sinn und Zweck des § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG ist es, den Betriebsrat in die Lage zu versetzen, sachgerecht auf den Arbeitgeber einzuwirken, dh. die Stichhaltigkeit und Gewichtigkeit der Kündigungsgründe zu überprüfen und sich über sie eine eigene Meinung zu bilden (BAG 27. Juni 1985 - 2 AZR 412/84 - zu II 1 b der Gründe, BAGE 49, 136). Im Streitfall war dies dem Betriebsrat nach Maßgabe der Angaben im Anhörungsschreiben vom 3. September 2012 möglich. Die Gewichtigkeit der Gründe für die beabsichtigte fristlose Kündigung und die Zumutbarkeit einer lediglich ordentlichen Kündigung konnte er trotz der unzutreffenden Angabe der Dauer der ordentlichen Kündigungsfrist sachgerecht beurteilen. Das Anhörungsschreiben konnte bei ihm nicht etwa eine vollkommen unzutreffende Vorstellung von der Länge der ordentlichen Kündigungsfrist der Klägerin bewirken. Der Unterschied zwischen der angegebenen Frist von sieben Monaten und der wirklichen Frist von fünf Monaten jeweils zum Monatsende ist nicht so beträchtlich, dass der Betriebsrat bei der Prüfung des Einwands, der Beklagten sei die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar, von gänzlich falschen Annahmen ausgehen musste.

23

(3) Auch soweit die Dauer der Betriebszugehörigkeit für die Interessenabwägung im Rahmen von § 626 Abs. 1 BGB von Bedeutung sein kann, wurde der Betriebsrat mit der Angabe einer „Betriebszugehörigkeit gesamt“ ab Oktober 1989 nicht an einer sachgerechten Einwirkung auf die Beklagte gehindert. Die Beklagte hatte zu verstehen gegeben, dass sie eine außerordentliche Kündigung selbst angesichts einer solchen Dauer der Betriebszugehörigkeit für gerechtfertigt hielt. Eine kürzere Dauer hätte sich allenfalls zu Lasten der Klägerin auswirken können. Durch die unzutreffende Angabe wurde dem Betriebsrat daher kein Einwand abgeschnitten. Er hatte bei längerer Betriebszugehörigkeit eher mehr Anlass zu prüfen, ob Bedenken gegen die fristlose Kündigung bestanden.

24

bb) Die Mitteilung, dass die Klägerin beurlaubte Beamtin sei, war für eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats nicht erforderlich. Ihr Status als beurlaubte Beamtin konnte sich als zusätzliche soziale Absicherung allenfalls zu Lasten der Klägerin auswirken - unabhängig davon, ob ihr wegen der ihr vorgeworfenen Pflichtverletzungen auch im Beamtenverhältnis Disziplinarmaßnahmen drohten. Erneut hatte der Betriebsrat ohne eine Kenntnis von diesem Umstand eher mehr Anlass, sich für die Klägerin einzusetzen. Es kann deshalb dahinstehen, ob ihm die Kenntnis dieses Umstands in der Person eines seiner Mitglieder nicht ohnehin zuzurechnen war.

25

2. Das Anhörungsverfahren war bei Einwurf des Kündigungsschreibens in den Briefkasten der Klägerin am 7. September 2012 nicht deshalb noch nicht abgeschlossen, weil die Beklagte dem Betriebsrat mit Schreiben vom 4. September 2012 ergänzende Informationen hat zukommen lassen. Die Frist zur Stellungnahme zu der beabsichtigten fristlosen Kündigung wurde dadurch nicht erneut in Gang gesetzt.

26

a) Die Beklagte hat mit dem Schreiben vom 4. September 2012 zum Ausdruck gebracht, es gehe ihr um eine Ergänzung der Berufsdaten der Klägerin, und hat ausgeführt, welche Bedeutung dem ihres Erachtens für die Interessenabwägung zukomme.

27

b) Daraus konnte der Betriebsrat nicht schließen, die Frist zur Stellungnahme zu der hier streitgegenständlichen außerordentlichen Kündigung habe mit Zugang dieses Schreibens neu beginnen sollen. Wird das Schreiben insgesamt in den Blick genommen, ergibt sich vielmehr, dass es bezüglich der fristlosen Kündigung ausschließlich der ergänzenden Information im Rahmen der schon in Gang gesetzten Anhörung dienen sollte. Diese Auslegung kann der Senat selbst vornehmen. Ein Anhörungsschreiben ist als Erklärung nicht typischer Art zwar grundsätzlich von den Tatsacheninstanzen auszulegen (vgl. BAG 15. Dezember 1994 - 2 AZR 327/94 - zu B I 2 der Gründe; 19. August 1975 - 1 AZR 565/74 - zu II 3 der Gründe, BAGE 27, 218). Die Auslegung durch das Revisionsgericht ist aber dann möglich, wenn das Berufungsgericht sie unterlassen oder wesentlichen Auslegungsstoff nicht herangezogen hat. So liegt der Fall hier. Das Landesarbeitsgericht hat das Schreiben vom 4. September 2012 nicht mit seinem Gesamtinhalt und deshalb ohne Rücksicht auf seine unterschiedliche Bedeutung für die Anhörung einmal zur außerordentlichen, das andere Mal zur hilfsweise ordentlichen Kündigung gewürdigt.

28

aa) Die Beklagte nimmt in ihrem Schreiben zunächst ausdrücklich auf das vorausgegangene Schreiben vom 3. September 2012 Bezug, mit welchem der Betriebsrat „zu unserer Kündigungsabsicht (…) beteiligt und um Stellungnahme gebeten“ worden sei. Es heißt sodann, die Darstellung der Berufsdaten solle „im Rahmen der Beteiligung“ ergänzt werden. Diese Ausführungen lassen nicht erkennen, dass die Frist zur Stellungnahme für den Betriebsrat erneut hätte in Gang gesetzt werden sollen. Der Formulierung, die Beklagte wolle die beruflichen Daten der Klägerin „ergänzen“, lässt sich ein solches Verständnis entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht eindeutig entnehmen. Eine „Ergänzung“ über das Notwendige einer ordnungsgemäßen Information hinaus kann vielmehr durchaus innerhalb der schon laufenden Frist zur Stellungnahme erfolgen.

29

bb) Das Schreiben vom 4. September 2012 enthält Angaben, die für die Anhörung zur fristlosen Kündigung - wie ausgeführt - nicht erforderlich waren. Der Betriebsrat konnte es deshalb mit Blick auf die beabsichtigte außerordentliche Kündigung nicht dahin verstehen, die Beklagte wolle mit ihm die Frist zur Stellungnahme erneut beginnen lassen. Die ergänzenden Angaben stellen insoweit keine notwendigen Richtigstellungen dar. Dass dies für die hilfsweise beabsichtigte ordentliche Kündigung anders zu beurteilen sein könnte, weil sich erst aus dem Schreiben vom 4. September 2012 ergab, dass die ordentliche Kündigung nunmehr mit einer Frist von fünf Monaten zum Monatsende erklärt werden sollte, ist für die Anhörung zur außerordentlichen Kündigung ohne Belang.

30

cc) Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Beklagte im Schreiben vom 4. September 2012 auf die ihres Erachtens gegebene Bedeutung des Beamtenstatus der Klägerin für die Interessenabwägung hingewiesen hat. Daraus durfte der Betriebsrat nicht schließen, sie habe sich für eine außerordentliche Kündigung erst aufgrund dieses Umstands entschieden. Nach ihren Ausführungen hielt sie den Beamtenstatus der Klägerin vielmehr lediglich für einen weiteren zu deren Lasten gehenden Umstand. Das lässt nicht den Schluss zu, sie habe sich entgegen ihrem Schreiben vom 3. September 2012 in Wirklichkeit erst angesichts dieses Umstands und nicht schon unabhängig davon zur außerordentlichen Kündigung entschlossen.

31

II. Ob die fristlose Kündigung wirksam ist, steht noch nicht fest. Das Landesarbeitsgericht wird bei der neuen Verhandlung und Entscheidung zu prüfen haben, ob ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB gegeben war und ob die Beklagte die Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt hat. Hierfür fehlt es bislang an Feststellungen.

32

Die Unwirksamkeit der Kündigung unter einem dieser Gesichtspunkte ergibt sich nicht bereits aus dem eigenen Vorbringen der Beklagten. Diese beruft sich ua. darauf, die Klägerin habe zwecks Vorspiegelung einer Steigerung des Shop-Ergebnisses und des entgeltwirksamen Grades ihrer Zielerreichung eine Vielzahl von Kunden unberechtigt in Rahmenverträge buchen und nur für Mitarbeiter vorgesehene Rabatte auch an Kunden weitergeben lassen. Solche Pflichtverletzungen kommen als erhebliche Verstöße gegen die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Beklagten gemäß § 241 Abs. 2 BGB und damit „an sich“ als wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB in Betracht; sie können geeignet sein, die fristlose Kündigung eines Arbeitsverhältnisses auch ohne vorherige Abmahnung zu rechtfertigen. Sollten kündigungsberechtigte Personen - wie von der Beklagten geltend gemacht - trotz zügiger Ermittlungen erst am 24. August 2012 ausreichende Kenntnis von dem Kündigungssachverhalt gehabt haben, wäre bei einem Zugang der Kündigung noch am 7. September 2012 auch die zweiwöchige Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt.

        

    Kreft    

        

    Niemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    Frey     

        

    Torsten Falke    

                 

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 2. Juli 2013 - 16 Sa 223/13 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.

2

Die Beklagte vertreibt Telekommunikationsdienstleistungen. Die Klägerin war seit Oktober 1989 Beamtin bei der D. Sie wurde im Beamtenverhältnis beurlaubt und war seit Mai 2004 für die Beklagte als Leiterin eines „T-Shops“ tätig.

3

Mit Schreiben vom 3. September 2012 hörte die Beklagte den Betriebsrat zu ihrer Absicht an, das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich, hilfsweise ordentlich, jeweils sowohl wegen begangener Pflichtverletzungen als auch wegen eines entsprechenden Verdachts zu kündigen. In dem Anhörungsschreiben ist zum Stichwort „Betriebszugehörigkeit gesamt“ das Datum „23.10.1989“ genannt, als „Betriebszugehörigkeit TSG“ der „01.05.2004“. Unter der Überschrift „Daten zur beabsichtigten Kündigung“ ist ausgeführt:

        

„Wir beabsichtigen daher, das Arbeitsverhältnis mit [der Klägerin] durch verhaltensbedingte, außerordentlich fristlose Kündigungen zu beenden, wie eingangs dieses Schreibens erläutert. Die Kündigungen soll wirksam werden mit Ablauf des Tages der Zustellung.

        

Bei den - wie erläutert - zusätzlich durchweg hilfsweise beabsichtigten verhaltensbedingten ordentlichen Kündigungen wird die tarifliche Kündigungsfrist eingehalten werden. Sie beträgt gemäß § 21 Abs. 4 MTV TSG sieben Monate zum Monatsende.

        

Wir bitten Sie um Stellungnahme zu den beabsichtigten außerordentlichen und ordentlichen Kündigungen innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Fristen.“

4

Mit einem weiteren Schreiben an den Betriebsrat vom 4. September 2012 nahm die Beklagte Bezug auf das vorausgegangene Schreiben und teilte mit, sie wolle „im Rahmen der Beteiligung“ die Darstellung der Berufsdaten der Klägerin wie folgt ergänzen:

        

„[Die Klägerin] ist Beamtin auf Lebenszeit. Sie wurde zur Begründung des Arbeitsverhältnisses bei der TSG am 01.05.2004 im Beamtenverhältnis beurlaubt.

        

Dies ist bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen. Durch die beabsichtigte Kündigung des Arbeitsverhältnisses wird [die Klägerin] nicht in die Arbeitslosigkeit entlassen. Vielmehr entfällt mit dem Arbeitsverhältnis auch der Beurlaubungsgrund, so dass das Beamtenverhältnis als Bundesbeamtin wieder auflebt. [Die Klägerin] wird mit Wirksamkeit der Kündigung von der D AG, welche die Dienstherrneigenschaft ausübt, zu besolden und zu beschäftigten sein.

        

Dass [die Klägerin] wegen der vorgeworfenen Handlungen, soweit sie strafrechtlich relevant sind, mit disziplinarischen Maßnahmen im Beamtenverhältnis rechnen muss, ist in der arbeitsrechtlichen Interessenabwägung hingegen nicht berücksichtigungsfähig. Die Prüfung solcher Maßnahmen ist dem Dienstherrn vorbehalten.

        

Wir hatten im ersten Schreiben bereits ausgeführt, dass bei den hilfsweise zusätzlich beabsichtigten ordentlichen Kündigungen die tarifvertragliche Kündigungsfrist maßgebend ist. Bei einer beurlaubten Beamtin ist als Betriebszugehörigkeit zur Ermittlung der Kündigungsfrist nur die Zeit im Arbeitsverhältnis (ab 01.05.2004) maßgebend, nicht jedoch die Zeit als aktive Beamtin (Zeit vom 23.10.1989 bis 30.04.2004), § 7 Abs. 1 MTV TSG.

        

Die TSG-Betriebszugehörigkeit von [der Klägerin] beträgt demnach 8 Jahre. Wir stellen richtig, dass sich die tarifliche Kündigungsfrist nach § 21 Abs. 4 MTV TSG auf fünf Monate zum Monatsende beläuft.“

5

Mit Schreiben vom 7. September 2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich, mit Schreiben vom 11. September 2012 hilfsweise ordentlich. Die außerordentliche Kündigung wurde noch am 7. September 2012 in den Briefkasten der Klägerin eingeworfen.

6

Die Klägerin hat rechtzeitig Klage gegen beide Kündigungen erhoben. Sie hat gemeint, weder für die außerordentliche noch für die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung sei ein Grund gegeben. Sie sei überdies zu den Vorwürfen nicht ordnungsgemäß angehört worden. Im Übrigen habe die Beklagte für die außerordentliche Kündigung die Erklärungsfrist nicht gewahrt. Sie habe die Aufklärungsmaßnahmen nicht hinreichend zügig durchgeführt. Darüber hinaus sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden. Dieser habe erst durch das Schreiben vom 4. September 2012 von ihrer Stellung als Beamtin erfahren. Dabei handele es sich um einen für ihre soziale Situation entscheidenden Umstand. Die außerordentliche Kündigung sei ihr damit bereits vor Ablauf der Frist von drei Tagen für eine Stellungnahme des Betriebsrats zugegangen. Im Übrigen sei die Anhörung unvollständig, weil dem Betriebsrat die Protokolle der Anhörungen der Mitarbeiterinnen G und S nicht zugeleitet worden seien. Die Mitarbeiterin S habe entlastende Angaben gemacht.

7

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die Kündigung vom 7. September 2012 noch durch die Kündigung vom 11. September 2012 beendet worden ist.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat der Klägerin verschiedene Pflichtverletzungen zur Last gelegt. Jedenfalls bestehe insoweit ein dringender Verdacht. Die Erklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB sei eingehalten. Sie habe nach zügigen Ermittlungen erst am 24. August 2012 über ausreichende Kenntnisse verfügt, um sachgerecht darüber entscheiden zu können, ob sie kündigen solle oder nicht. Der Betriebsrat sei bereits mit dem Schreiben vom 3. September 2012 vollständig angehört worden. Sie habe als bekannt voraussetzen dürfen, dass die Klägerin Beamtin sei. Dem Betriebsrat sei dies bereits bei der Einstellung der Klägerin mitgeteilt worden. Im Übrigen habe ein Betriebsratsmitglied von der Stellung der Klägerin als Beamtin definitiv gewusst. Auf die Erläuterungen vom 4. September 2012 komme es deshalb nicht an.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten durch Teilurteil insoweit zurückgewiesen, wie das Arbeitsgericht die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung festgestellt hat. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte weiterhin den Antrag, schon die Klage gegen die außerordentliche Kündigung abzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision hat Erfolg. Mit der gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht der Klage gegen die außerordentliche Kündigung vom 7. September 2012 nicht stattgegeben (I.). Ob die Kündigung wirksam ist, steht noch nicht fest (II.).

11

I. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen ist die Kündigung, anders als das Landesarbeitsgericht angenommen hat, nicht gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Die Beklagte hat den Betriebsrat mit Schreiben vom 3. September 2012 ordnungsgemäß über die beabsichtigte außerordentliche Kündigung informiert (1.). Durch das weitere Schreiben vom 4. September 2012 ist die Frist für die Anhörung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung nicht neu in Gang gesetzt worden (2.).

12

1. Die Beklagte hat mit dem Schreiben vom 3. September 2012 das Verfahren zur Anhörung des Betriebsrats zu der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung ordnungsgemäß eingeleitet. Falls das Schreiben dem Betriebsrat noch am selben Tag zugegangen ist - wofür der Eingangsvermerk spricht, eindeutige Feststellungen aber fehlen -, wäre die dreitägige Frist zur Stellungnahme am 7. September 2012 - dem Tag des Einwurfs des Kündigungsschreibens in den Briefkasten der Klägerin - bereits abgelaufen gewesen.

13

a) Nach § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm gemäß § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Will der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken erheben, muss er dies gemäß § 102 Abs. 2 Satz 3 BetrVG dem Arbeitgeber spätestens innerhalb von drei Tagen schriftlich mitteilen. Eine vor Fristablauf ausgesprochene Kündigung ist gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam, es sei denn, es liegt bereits eine abschließende Stellungnahme des Betriebsrats vor(vgl. BAG 12. Dezember 1996 - 2 AZR 803/95 - zu II 1 der Gründe; 13. November 1975 - 2 AZR 610/74 - zu 3 a der Gründe, BAGE 27, 331).

14

b) Für die Mitteilung der Kündigungsgründe gilt der Grundsatz der „subjektiven Determinierung“ (BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 24, BAGE 146, 303; 19. Juli 2012 - 2 AZR 352/11 - Rn. 41, BAGE 142, 339). Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat die Umstände mitteilen, die seinen Kündigungsentschluss tatsächlich bestimmt haben (BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - aaO). Dem kommt er dann nicht nach, wenn er dem Betriebsrat einen schon aus seiner eigenen Sicht unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt darstellt (BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - aaO; 12. August 2010 - 2 AZR 945/08 - Rn. 18). Zu einer vollständigen und wahrheitsgemäßen Information gehört darüber hinaus die Unterrichtung über Tatsachen, die ihm - dem Arbeitgeber - bekannt und für eine Stellungnahme des Betriebsrats möglicherweise bedeutsam sind, weil sie den Arbeitnehmer entlasten und deshalb gegen eine Kündigung sprechen können (BAG 3. November 2011 - 2 AZR 748/10 - Rn. 38; 6. Februar 1997 - 2 AZR 265/96 - zu II 1 der Gründe).

15

c) Die subjektive Determination des Inhalts der Anhörung führt nicht dazu, dass bei der verhaltensbedingten Kündigung auf die Mitteilung persönlicher Umstände des Arbeitnehmers ganz verzichtet werden könnte, wenn sie für den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers ohne Bedeutung waren. Bei den „Sozialdaten“ handelt es sich zwar um Umstände, die nicht das beanstandete Verhalten des Arbeitnehmers selbst betreffen. Nach Sinn und Zweck der Anhörung darf der Arbeitgeber dem Betriebsrat aber keine persönlichen Umstände des Arbeitnehmers vorenthalten, die sich bei objektiver Betrachtung entscheidend zu seinen Gunsten auswirken und deshalb schon für die Stellungnahme des Betriebsrats bedeutsam sein können (vgl. BAG 6. Oktober 2005 - 2 AZR 280/04 - zu B II 2 a der Gründe; 26. September 2002 - 2 AZR 424/01 - zu B II 3 a der Gründe). Der Wirksamkeit einer auf Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers gestützten Kündigung steht das Unterlassen der Angabe von dessen genauen „Sozialdaten“ bei der Betriebsratsanhörung deshalb nur dann nicht entgegen, wenn es dem Arbeitgeber auf die genauen Daten ersichtlich nicht ankommt und der Betriebsrat jedenfalls die ungefähren Daten ohnehin kennt; er kann dann die Kündigungsabsicht des Arbeitgebers auch so ausreichend beurteilen (BAG 6. Oktober 2005 - 2 AZR 280/04 - aaO; 15. November 1995 - 2 AZR 974/94 - zu II 1 b der Gründe). Eine nähere Begründung der den Kündigungsentschluss tragenden Abwägung ist wegen des Grundsatzes der subjektiven Determinierung regelmäßig nicht erforderlich. Die Anhörung zu der Absicht, das Arbeitsverhältnis zu kündigen, impliziert eine Abwägung zu Lasten des Arbeitnehmers (vgl. BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 27, BAGE 146, 303).

16

d) Danach ist bisher weder festgestellt noch objektiv ersichtlich, dass dem Betriebsrat der Kündigungssachverhalt im Schreiben vom 3. September 2012 nicht ausreichend mitgeteilt worden wäre. Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, der Betriebsrat sei „am 03.09.2012 zum Kündigungsgrund umfassend angehört“ worden. Aus dem in Bezug genommenen Anhörungsschreiben vom 3. September 2012 ergibt sich nichts Gegenteiliges. Ihm zufolge ist dem Betriebsrat auch das Protokoll einer Befragung der Mitarbeiterin G zugeleitet worden. Dass zudem die Mitarbeiterin S befragt und dies protokolliert worden wäre, wie von der Klägerin geltend gemacht, ist bislang nicht ersichtlich. Nach den Angaben im Anhörungsschreiben vom 3. September 2012 war diese Mitarbeiterin wegen ihres Erholungsurlaubs nicht gehört worden.

17

e) Das Anhörungsschreiben vom 3. September 2012 war auch nicht aus den vom Landesarbeitsgericht angeführten Gründen unzureichend.

18

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe gegenüber dem Betriebsrat unrichtige Angaben über die „anrechenbare Betriebszugehörigkeit“ der Klägerin gemacht. Das trifft zwar zu. Darin liegt jedoch kein Fehler in der Anhörung zur - hier allein streitgegenständlichen - außerordentlichen Kündigung.

19

(1) Die Beklagte hat in ihrem Schreiben vom 3. September 2012 die „anrechenbare Betriebszugehörigkeit“ der Klägerin nicht explizit mitgeteilt. Sie hat vielmehr angegeben „Betriebszugehörigkeit TSG 01.05.2004“ und „Betriebszugehörigkeit gesamt: 23.10.1989“. Aufgrund welcher Umstände die „Betriebszugehörigkeit gesamt“ von der „Betriebszugehörigkeit TSG“ abwich und weshalb es ihres Erachtens für die Kündigung auf die „Betriebszugehörigkeit gesamt“ und nicht auf die „Betriebszugehörigkeit TSG“ ankam, hat die Beklagte im Anhörungsschreiben nicht näher erläutert. Sie hat die mit sieben Monaten angegebene Länge der tariflichen Kündigungsfrist jedoch ersichtlich auf der Grundlage der angegebenen „Betriebszugehörigkeit gesamt“ ermittelt.

20

(2) Soweit die Beklagte dem Betriebsrat damit eine objektiv unzutreffende - um zwei Monate zu lange - Kündigungsfrist mitgeteilt hat, macht dies die Anhörung zu der beabsichtigten fristlosen Kündigung nicht fehlerhaft.

21

(a) Es bedurfte keiner (zutreffenden) Angabe der Kündigungsfrist oder der Parameter zu ihrer Berechnung, um dem Betriebsrat Kenntnis darüber zu verschaffen, wann das Arbeitsverhältnis durch die angestrebte fristlose Kündigung beendet werden sollte.

22

(b) Die exakte Dauer der Kündigungsfrist benötigte der Betriebsrat auch nicht, um die Kündigungsabsicht der Beklagten im Übrigen sachgerecht prüfen zu können. Zwar kann eine kürzere Kündigungsfrist dafür sprechen, dass dem Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung als milderes Mittel zumutbar ist. Die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers im Rahmen von § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG reicht aber nicht so weit wie seine Darlegungslast im Prozess(BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 27, BAGE 146, 303; 19. Juli 2012 - 2 AZR 352/11 - Rn. 45, BAGE 142, 339). Die Anhörung des Betriebsrats soll diesem nicht die selbständige Überprüfung der Wirksamkeit der beabsichtigten Kündigung, sondern eine Einflussnahme auf die Willensbildung des Arbeitgebers ermöglichen (BAG 31. Januar 1996 - 2 AZR 181/95 - zu II 2 der Gründe; 22. September 1994 - 2 AZR 31/94 - zu II 2 der Gründe, BAGE 78, 39). Sinn und Zweck des § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG ist es, den Betriebsrat in die Lage zu versetzen, sachgerecht auf den Arbeitgeber einzuwirken, dh. die Stichhaltigkeit und Gewichtigkeit der Kündigungsgründe zu überprüfen und sich über sie eine eigene Meinung zu bilden (BAG 27. Juni 1985 - 2 AZR 412/84 - zu II 1 b der Gründe, BAGE 49, 136). Im Streitfall war dies dem Betriebsrat nach Maßgabe der Angaben im Anhörungsschreiben vom 3. September 2012 möglich. Die Gewichtigkeit der Gründe für die beabsichtigte fristlose Kündigung und die Zumutbarkeit einer lediglich ordentlichen Kündigung konnte er trotz der unzutreffenden Angabe der Dauer der ordentlichen Kündigungsfrist sachgerecht beurteilen. Das Anhörungsschreiben konnte bei ihm nicht etwa eine vollkommen unzutreffende Vorstellung von der Länge der ordentlichen Kündigungsfrist der Klägerin bewirken. Der Unterschied zwischen der angegebenen Frist von sieben Monaten und der wirklichen Frist von fünf Monaten jeweils zum Monatsende ist nicht so beträchtlich, dass der Betriebsrat bei der Prüfung des Einwands, der Beklagten sei die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar, von gänzlich falschen Annahmen ausgehen musste.

23

(3) Auch soweit die Dauer der Betriebszugehörigkeit für die Interessenabwägung im Rahmen von § 626 Abs. 1 BGB von Bedeutung sein kann, wurde der Betriebsrat mit der Angabe einer „Betriebszugehörigkeit gesamt“ ab Oktober 1989 nicht an einer sachgerechten Einwirkung auf die Beklagte gehindert. Die Beklagte hatte zu verstehen gegeben, dass sie eine außerordentliche Kündigung selbst angesichts einer solchen Dauer der Betriebszugehörigkeit für gerechtfertigt hielt. Eine kürzere Dauer hätte sich allenfalls zu Lasten der Klägerin auswirken können. Durch die unzutreffende Angabe wurde dem Betriebsrat daher kein Einwand abgeschnitten. Er hatte bei längerer Betriebszugehörigkeit eher mehr Anlass zu prüfen, ob Bedenken gegen die fristlose Kündigung bestanden.

24

bb) Die Mitteilung, dass die Klägerin beurlaubte Beamtin sei, war für eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats nicht erforderlich. Ihr Status als beurlaubte Beamtin konnte sich als zusätzliche soziale Absicherung allenfalls zu Lasten der Klägerin auswirken - unabhängig davon, ob ihr wegen der ihr vorgeworfenen Pflichtverletzungen auch im Beamtenverhältnis Disziplinarmaßnahmen drohten. Erneut hatte der Betriebsrat ohne eine Kenntnis von diesem Umstand eher mehr Anlass, sich für die Klägerin einzusetzen. Es kann deshalb dahinstehen, ob ihm die Kenntnis dieses Umstands in der Person eines seiner Mitglieder nicht ohnehin zuzurechnen war.

25

2. Das Anhörungsverfahren war bei Einwurf des Kündigungsschreibens in den Briefkasten der Klägerin am 7. September 2012 nicht deshalb noch nicht abgeschlossen, weil die Beklagte dem Betriebsrat mit Schreiben vom 4. September 2012 ergänzende Informationen hat zukommen lassen. Die Frist zur Stellungnahme zu der beabsichtigten fristlosen Kündigung wurde dadurch nicht erneut in Gang gesetzt.

26

a) Die Beklagte hat mit dem Schreiben vom 4. September 2012 zum Ausdruck gebracht, es gehe ihr um eine Ergänzung der Berufsdaten der Klägerin, und hat ausgeführt, welche Bedeutung dem ihres Erachtens für die Interessenabwägung zukomme.

27

b) Daraus konnte der Betriebsrat nicht schließen, die Frist zur Stellungnahme zu der hier streitgegenständlichen außerordentlichen Kündigung habe mit Zugang dieses Schreibens neu beginnen sollen. Wird das Schreiben insgesamt in den Blick genommen, ergibt sich vielmehr, dass es bezüglich der fristlosen Kündigung ausschließlich der ergänzenden Information im Rahmen der schon in Gang gesetzten Anhörung dienen sollte. Diese Auslegung kann der Senat selbst vornehmen. Ein Anhörungsschreiben ist als Erklärung nicht typischer Art zwar grundsätzlich von den Tatsacheninstanzen auszulegen (vgl. BAG 15. Dezember 1994 - 2 AZR 327/94 - zu B I 2 der Gründe; 19. August 1975 - 1 AZR 565/74 - zu II 3 der Gründe, BAGE 27, 218). Die Auslegung durch das Revisionsgericht ist aber dann möglich, wenn das Berufungsgericht sie unterlassen oder wesentlichen Auslegungsstoff nicht herangezogen hat. So liegt der Fall hier. Das Landesarbeitsgericht hat das Schreiben vom 4. September 2012 nicht mit seinem Gesamtinhalt und deshalb ohne Rücksicht auf seine unterschiedliche Bedeutung für die Anhörung einmal zur außerordentlichen, das andere Mal zur hilfsweise ordentlichen Kündigung gewürdigt.

28

aa) Die Beklagte nimmt in ihrem Schreiben zunächst ausdrücklich auf das vorausgegangene Schreiben vom 3. September 2012 Bezug, mit welchem der Betriebsrat „zu unserer Kündigungsabsicht (…) beteiligt und um Stellungnahme gebeten“ worden sei. Es heißt sodann, die Darstellung der Berufsdaten solle „im Rahmen der Beteiligung“ ergänzt werden. Diese Ausführungen lassen nicht erkennen, dass die Frist zur Stellungnahme für den Betriebsrat erneut hätte in Gang gesetzt werden sollen. Der Formulierung, die Beklagte wolle die beruflichen Daten der Klägerin „ergänzen“, lässt sich ein solches Verständnis entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht eindeutig entnehmen. Eine „Ergänzung“ über das Notwendige einer ordnungsgemäßen Information hinaus kann vielmehr durchaus innerhalb der schon laufenden Frist zur Stellungnahme erfolgen.

29

bb) Das Schreiben vom 4. September 2012 enthält Angaben, die für die Anhörung zur fristlosen Kündigung - wie ausgeführt - nicht erforderlich waren. Der Betriebsrat konnte es deshalb mit Blick auf die beabsichtigte außerordentliche Kündigung nicht dahin verstehen, die Beklagte wolle mit ihm die Frist zur Stellungnahme erneut beginnen lassen. Die ergänzenden Angaben stellen insoweit keine notwendigen Richtigstellungen dar. Dass dies für die hilfsweise beabsichtigte ordentliche Kündigung anders zu beurteilen sein könnte, weil sich erst aus dem Schreiben vom 4. September 2012 ergab, dass die ordentliche Kündigung nunmehr mit einer Frist von fünf Monaten zum Monatsende erklärt werden sollte, ist für die Anhörung zur außerordentlichen Kündigung ohne Belang.

30

cc) Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Beklagte im Schreiben vom 4. September 2012 auf die ihres Erachtens gegebene Bedeutung des Beamtenstatus der Klägerin für die Interessenabwägung hingewiesen hat. Daraus durfte der Betriebsrat nicht schließen, sie habe sich für eine außerordentliche Kündigung erst aufgrund dieses Umstands entschieden. Nach ihren Ausführungen hielt sie den Beamtenstatus der Klägerin vielmehr lediglich für einen weiteren zu deren Lasten gehenden Umstand. Das lässt nicht den Schluss zu, sie habe sich entgegen ihrem Schreiben vom 3. September 2012 in Wirklichkeit erst angesichts dieses Umstands und nicht schon unabhängig davon zur außerordentlichen Kündigung entschlossen.

31

II. Ob die fristlose Kündigung wirksam ist, steht noch nicht fest. Das Landesarbeitsgericht wird bei der neuen Verhandlung und Entscheidung zu prüfen haben, ob ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB gegeben war und ob die Beklagte die Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt hat. Hierfür fehlt es bislang an Feststellungen.

32

Die Unwirksamkeit der Kündigung unter einem dieser Gesichtspunkte ergibt sich nicht bereits aus dem eigenen Vorbringen der Beklagten. Diese beruft sich ua. darauf, die Klägerin habe zwecks Vorspiegelung einer Steigerung des Shop-Ergebnisses und des entgeltwirksamen Grades ihrer Zielerreichung eine Vielzahl von Kunden unberechtigt in Rahmenverträge buchen und nur für Mitarbeiter vorgesehene Rabatte auch an Kunden weitergeben lassen. Solche Pflichtverletzungen kommen als erhebliche Verstöße gegen die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Beklagten gemäß § 241 Abs. 2 BGB und damit „an sich“ als wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB in Betracht; sie können geeignet sein, die fristlose Kündigung eines Arbeitsverhältnisses auch ohne vorherige Abmahnung zu rechtfertigen. Sollten kündigungsberechtigte Personen - wie von der Beklagten geltend gemacht - trotz zügiger Ermittlungen erst am 24. August 2012 ausreichende Kenntnis von dem Kündigungssachverhalt gehabt haben, wäre bei einem Zugang der Kündigung noch am 7. September 2012 auch die zweiwöchige Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt.

        

    Kreft    

        

    Niemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    Frey     

        

    Torsten Falke    

                 

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

(1) Arbeitnehmer (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, unabhängig davon, ob sie im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäftigt werden. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten, die in der Hauptsache für den Betrieb arbeiten. Als Arbeitnehmer gelten ferner Beamte (Beamtinnen und Beamte), Soldaten (Soldatinnen und Soldaten) sowie Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind.

(2) Als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist;
2.
die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder die Mitglieder einer anderen Personengesamtheit, soweit sie durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit oder zur Geschäftsführung berufen sind, in deren Betrieben;
3.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist;
4.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient und die vorwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung, sittlichen Besserung oder Erziehung beschäftigt werden;
5.
der Ehegatte, der Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte ersten Grades, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber leben.

(3) Dieses Gesetz findet, soweit in ihm nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, keine Anwendung auf leitende Angestellte. Leitender Angestellter ist, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb

1.
zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder
2.
Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder
3.
regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.
Für die in Absatz 1 Satz 3 genannten Beamten und Soldaten gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Leitender Angestellter nach Absatz 3 Nr. 3 ist im Zweifel, wer

1.
aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist oder
2.
einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind, oder
3.
ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist, oder,
4.
falls auch bei der Anwendung der Nummer 3 noch Zweifel bleiben, ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch überschreitet.

(1) Bezugsgröße im Sinne der Vorschriften für die Sozialversicherung ist, soweit in den besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes bestimmt ist, das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr, aufgerundet auf den nächsthöheren, durch 420 teilbaren Betrag.

(2) Die Bezugsgröße für das Beitrittsgebiet (Bezugsgröße [Ost]) verändert sich zum 1. Januar eines jeden Kalenderjahres auf den Wert, der sich ergibt, wenn der für das vorvergangene Kalenderjahr geltende Wert der Anlage 1 zum Sechsten Buch durch den für das Kalenderjahr der Veränderung bestimmten Wert der Anlage 10 zum Sechsten Buch geteilt wird, aufgerundet auf den nächsthöheren, durch 420 teilbaren Betrag. Für die Zeit ab 1. Januar 2025 ist eine Bezugsgröße (Ost) nicht mehr zu bestimmen.

(3) Beitrittsgebiet ist das in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet.

(1) Arbeitnehmer (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, unabhängig davon, ob sie im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäftigt werden. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten, die in der Hauptsache für den Betrieb arbeiten. Als Arbeitnehmer gelten ferner Beamte (Beamtinnen und Beamte), Soldaten (Soldatinnen und Soldaten) sowie Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind.

(2) Als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist;
2.
die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder die Mitglieder einer anderen Personengesamtheit, soweit sie durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit oder zur Geschäftsführung berufen sind, in deren Betrieben;
3.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist;
4.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient und die vorwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung, sittlichen Besserung oder Erziehung beschäftigt werden;
5.
der Ehegatte, der Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte ersten Grades, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber leben.

(3) Dieses Gesetz findet, soweit in ihm nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, keine Anwendung auf leitende Angestellte. Leitender Angestellter ist, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb

1.
zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder
2.
Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder
3.
regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.
Für die in Absatz 1 Satz 3 genannten Beamten und Soldaten gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Leitender Angestellter nach Absatz 3 Nr. 3 ist im Zweifel, wer

1.
aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist oder
2.
einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind, oder
3.
ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist, oder,
4.
falls auch bei der Anwendung der Nummer 3 noch Zweifel bleiben, ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch überschreitet.

(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 oder § 61a Abs. 3 oder 4 gesetzten Frist nicht vorgebracht worden sind, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Landesarbeitsgerichts glaubhaft zu machen.

(3) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug entgegen § 282 Abs. 1 der Zivilprozessordnung nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 der Zivilprozessordnung nicht rechtzeitig mitgeteilt worden sind, sind nur zuzulassen, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei das Vorbringen im ersten Rechtszug nicht aus grober Nachlässigkeit unterlassen hatte.

(4) Soweit das Vorbringen neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel nach den Absätzen 2 und 3 zulässig ist, sind diese vom Berufungskläger in der Berufungsbegründung, vom Berufungsbeklagten in der Berufungsbeantwortung vorzubringen. Werden sie später vorgebracht, sind sie nur zuzulassen, wenn sie nach der Berufungsbegründung oder der Berufungsbeantwortung entstanden sind oder das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder nicht auf Verschulden der Partei beruht.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.

(2) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, können zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.

(3) Verspätete Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und auf die der Beklagte verzichten kann, sind nur zuzulassen, wenn der Beklagte die Verspätung genügend entschuldigt.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 3 ist der Entschuldigungsgrund auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

Werden Angriffs- oder Verteidigungsmittel entgegen den §§ 520 und 521 Abs. 2 nicht rechtzeitig vorgebracht, so gilt § 296 Abs. 1 und 4 entsprechend.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Teilanerkenntnis- und Schlussurteil des Landesarbeitsgerichts München vom 5. Juli 2011 - 9 Sa 1174/10 - im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, wie es die Berufung des Klägers gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts München vom 13. Juli 2010 - 14 Ca 17608/09 - als unbegründet zurückgewiesen hat.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Auflösungsantrag der Beklagten.

2

Die Beklagte ist ein Unternehmen im Bereich IT-Beratung und Systemintegration. Der Kläger ist bei ihr seit 2006 als Diplominformatiker/Softwareentwickler tätig. Die Beklagte beschäftigt regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer. In ihrem Betrieb besteht ein Betriebsrat.

3

Am 13. Mai 2009 mahnte die Beklagte den Kläger ab, nachdem dieser die Teilnahme an einer Veranstaltung, die der Überprüfung seines Kenntnisstands in der Programmiersprache Java dienen sollte, verweigert hatte. Dagegen hat sich der Kläger - erfolglos - mit einer in einem Vorprozess erhobenen Klage gewandt.

4

Am 2. November 2009 hörte die Beklagte den Betriebsrat zu einer beabsichtigten ordentlichen Kündigung des Klägers wegen Arbeitsverweigerung und Schlechterfüllung seiner Arbeitspflicht an. Der Betriebsrat widersprach der Kündigung. Mit Schreiben vom 12. November 2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich verhaltensbedingt zum 31. Dezember 2009.

5

Am 2. Dezember 2009 mahnte die Beklagte den Kläger ab, weil ein am 20. November 2009 übergebenes Programmierergebnis trotz Nachbearbeitung zahlreiche Fehler aufgewiesen habe. Am 11. Dezember 2009 erteilte sie ihm eine weitere Abmahnung wegen Nichtbefolgung von Arbeitsanweisungen.

6

Am 7. Dezember 2009 hörte sie den Kläger zum dringenden Verdacht des Arbeitszeitbetrugs an, nachdem dieser für den 4. Dezember 2009 unterschiedliche Angaben zu seinen Arbeitszeiten gemacht hatte.

7

Mit Schreiben vom 18. Dezember 2009 kündigte sie das Arbeitsverhältnis nach Anhörung des Betriebsrats wegen Schlechtleistung außerordentlich fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 31. März 2010. Gleichzeitig stellte sie den Kläger von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Mit zwei Schreiben vom 28. Dezember 2009 kündigte sie das Arbeitsverhältnis - ebenfalls nach vorheriger Anhörung des Betriebsrats - wegen Schlechtleistung und Arbeitszeitbetrugs außerordentlich fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 31. März 2010.

8

Am 1. Februar 2010 reichte der Kläger beim Arbeitsgericht München einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Beklagte ein. Dem Gesuch, mit dem er die vorläufige Zahlung von Arbeitsentgelt begehrte, fügte der Kläger eine eidesstattliche Versicherung bei. Dort heißt es:

        

„Seit 12.11.2009 werde ich mit insgesamt 7 (!) Arbeitgeberkündigungen bombardiert, denen der Betriebsrat jeweils widersprochen hat, soweit er angehört wurde.“

9

Im Termin übergab der Kläger eine weitere eidesstattliche Versicherung. Darin berichtigte er seine früheren Angaben dahingehend, dass der Betriebsrat den Kündigungen vom 28. Dezember 2009 nicht widersprochen habe.

10

Mit Schreiben vom 15. Februar 2010 und vom 26. Februar 2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis erneut fristlos, hilfsweise ordentlich. Unter dem 22. März 2010 kündigte sie ein weiteres Mal fristlos.

11

Der Kläger bewarb sich als Kandidat für die Betriebsratswahl am 23. April 2010. Zusammen mit den übrigen Bewerbern seiner Liste verfasste und veröffentlichte er einen Wahlaufruf folgenden Inhalts:

        

„Wir danken

        

zunächst allen, die es uns mit ihrer Unterschrift möglich gemacht haben, zu dieser Wahl anzutreten. Lange war nicht klar, ob wir die nötige Zahl an Stützunterschriften zusammenbekommen würden, weil die Geschäftsführung versucht hat, uns mit Hausverboten am Sammeln der Unterschriften zu hindern und viele angesprochene Kolleginnen und Kollegen aus Angst vor persönlichen Nachteilen nicht unterschreiben wollten.

        

…       

        

Wir fordern,

        

dass die Einschüchterungen unverzüglich aufhören.

        

…       

        

Die Mobbing-Praxis, mit Hilfe von erfundenen Sachverhalten, willkürlichen Abmahnungen, und mit deren Hilfe ebensolche Kündigungen vorzubereiten und auszusprechen, muss endlich ein Ende finden! Bei der Neuorganisation des Bereichs T wurde mehrfach so vorgegangen, das ist völlig inakzeptabel! Wer sich weigert, einen Auflösungsvertrag zu unterschreiben, wird nach dem Prinzip ‚Wer nicht hört, muss fühlen‘ bestraft.

        

…       

        

Wir fordern deshalb,

        

…       

        

Schluss mit der Demütigung von Mitarbeiter/innen durch vertragsfremde Beschäftigung und untergeordnete Hilfstätigkeiten!“

12

Das Ergebnis der Betriebsratswahl wurde am 29. April 2010 bekannt gegeben. Der Kläger wurde nicht in den Betriebsrat gewählt.

13

Gegen die im Jahr 2009 erklärten Kündigungen hat sich der Kläger mit seiner vorliegenden Klage gewandt. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise

das Arbeitsverhältnis der Parteien gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, jedoch 7.667,00 Euro brutto nicht übersteigen sollte, zum 31. Dezember 2009 aufzulösen.

14

Die Beklagte hat zur Begründung ihres - sich auf die ordentliche Kündigung vom 12. November 2009 beziehenden - Auflösungsantrags vorgebracht, aufgrund zahlreicher Pflichtverletzungen des Klägers sei eine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit zwischen den Parteien in Zukunft nicht mehr zu erwarten. Dessen falscher Vortrag im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung und die unzutreffende eidesstattliche Versicherung stellten einen Versuch des Prozessbetrugs dar. Der Kläger habe die Unrichtigkeit seiner Angaben zumindest billigend in Kauf genommen und dadurch das in seine Integrität gesetzte Vertrauen erheblich erschüttert. Ein weiterer Auflösungsgrund liege in den betriebsöffentlichen Beleidigungen und unwahren Tatsachenbehauptungen, die in dem Aufruf zur Betriebsratswahl 2010 enthalten seien. Der Kläger habe sich von den Aussagen trotz entsprechender Aufforderung nicht distanziert. Er verfüge auch nicht über die für eine gedeihliche Zusammenarbeit notwendige kritische Rollendistanz. Er werfe ihr grundlos „Mobbing“ vor, sehe selbst in einem von ihr in zweiter Instanz - erfolgreich - angebrachten Antrag auf Fristverlängerung und Verlegung eines Kammertermins einen Angriff auf seine wirtschaftliche Existenz und akzeptiere nicht einmal Weisungen, deren Berechtigung - wie im Fall der Weisung, die der Abmahnung vom 13. Mai 2009 zugrunde gelegen habe - rechtskräftig festgestellt sei.

15

Der Kläger hat beantragt, den Auflösungsantrag abzuweisen. Der Auflösung des Arbeitsverhältnisses stehe bereits sein Sonderkündigungsschutz als Wahlbewerber entgegen. Auch seien keine Auflösungsgründe gegeben. Er sei weiterhin bereit, sich voll und ganz für das Unternehmen und die Belegschaft einzusetzen. Dies komme insbesondere durch seine Kandidatur bei der Betriebsratswahl 2010 zum Ausdruck. Der in diesem Zusammenhang verfasste Wahlaufruf stelle die Personalpolitik der Beklagten lediglich pointiert und wahrheitsgetreu dar. Im einstweiligen Verfügungsverfahren habe er alle Angaben nach bestem Wissen und Gewissen gemacht. Unrichtigkeiten in seiner ursprünglichen eidesstattlichen Erklärung seien auf Missverständnisse zurückzuführen, die mit Sprachschwierigkeiten zusammenhingen.

16

Das Arbeitsgericht hat durch Teilurteil festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die ordentliche Kündigung vom 12. November 2009, noch durch die fristlosen Kündigungen vom 18. und 28. Dezember 2009 aufgelöst worden ist. Zugleich hat es das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31. Dezember 2009 aufgelöst und die Beklagte zur Zahlung einer Abfindung in Höhe von 20.051,46 Euro brutto verurteilt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufungen beider Parteien zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter, den Auflösungsantrag abzuweisen. Im Übrigen ist die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts rechtskräftig.

Entscheidungsgründe

17

Die Revision des Klägers ist begründet. Auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen durfte das Landesarbeitsgericht dem Auflösungsantrag der Beklagten nicht stattgeben. Das angefochtene Urteil war in diesem Umfang aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Senat kann nicht abschließend entscheiden. Der relevante Sachverhalt ist noch nicht hinreichend festgestellt (§ 563 Abs. 3 ZPO).

18

I. Das Kündigungsschutzgesetz lässt die Auflösung des Arbeitsverhältnisses bei Sozialwidrigkeit der Kündigung nur ausnahmsweise zu. Es ist nach seiner Konzeption ein Bestandsschutz- und kein Abfindungsgesetz (BAG 24. November 2011 - 2 AZR 429/10 - Rn. 41, BAGE 140, 47; 24. März 2011 - 2 AZR 674/09 - Rn. 20). An die Auflösungsgründe sind deshalb strenge Anforderungen zu stellen.

19

1. Auflösungsgründe iSv. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG können solche Umstände sein, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitnehmer, die Wertung seiner Persönlichkeit, seiner Leistung oder seiner Eignung für die ihm gestellten Aufgaben und sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen. Die Gründe, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Vertragspartnern nicht erwarten lassen, müssen nicht im Verhalten, insbesondere nicht im schuldhaften Verhalten des Arbeitnehmers liegen. Entscheidend ist, ob die objektive Lage die Besorgnis rechtfertigt, dass die weitere gedeihliche Zusammenarbeit gefährdet ist (BAG 24. November 2011 - 2 AZR 429/10 - Rn. 42, BAGE 140, 47; 24. März 2011 - 2 AZR 674/09 - Rn. 21, jeweils mwN).

20

2. Die Begründetheit eines Auflösungsantrags ist grundsätzlich nach den Umständen zu beurteilen, die im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz vorlagen. Auf deren Grundlage ist zu fragen, ob in der Zukunft eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zu erwarten ist (BAG 24. November 2011 - 2 AZR 429/10 - Rn. 41, BAGE 140, 47; 24. März 2011 - 2 AZR 674/09 - Rn. 20). Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Arbeitsverhältnis nach dem gemäß § 9 Abs. 2 KSchG festzusetzenden Zeitpunkt, jedoch vor Erlass des (Berufungs-)Urteils bereits geendet hat. In einem solchen Fall ist das Gericht zwar nicht an der Auflösung des Arbeitsverhältnisses gehindert. Für die nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG anzustellende Zukunftsprognose ist aber nur der Zeitraum bis zum Eintritt der anderweitigen Beendigung zu berücksichtigen(BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 554/08 - Rn. 22 ff.).

21

3. Die Würdigung, ob die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt ist, obliegt in erster Linie dem Tatsachengericht. Das Revisionsgericht kann aber nachprüfen, ob das Berufungsgericht die Voraussetzungen für den Auflösungsantrag zutreffend erkannt und bei Prüfung der vorgetragenen Auflösungsgründe alle wesentlichen Umstände vollständig und widerspruchsfrei berücksichtigt und gewürdigt hat (BAG 24. November 2011 - 2 AZR 429/10 - Rn. 43, BAGE 140, 47; 23. Februar 2010 - 2 AZR 554/08 - Rn. 33).

22

II. Einer solchen Prüfung hält die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht stand.

23

1. Das Landesarbeitsgericht nimmt mit Recht an, die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses sei nicht von vornherein deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger zwischenzeitlich besonderen Kündigungsschutz gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1, Satz 2 KSchG erlangt habe. Der Sonderkündigungsschutz führt, anders als die Revision meint, auch nicht dazu, dass Auflösungsgründe, die im geschützten Zeitraum entstanden sind, das Gewicht eines Kündigungsgrundes iSv. § 626 BGB erreichen müssten.

24

a) Nach § 15 Abs. 3 Satz 1 KSchG kann das Arbeitsverhältnis eines Wahlbewerbers in der Zeit von der Aufstellung des Wahlvorschlags bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses nur aus wichtigem Grund und zudem nur unter Einhaltung des besonderen Verfahrens nach § 103 BetrVG gekündigt werden. Gemäß § 15 Abs. 3 Satz 2 KSchG kann das Arbeitsverhältnis des nicht gewählten Bewerbers bis zum Ablauf von sechs Monaten nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses weiterhin nur aus wichtigem Grund gekündigt werden.

25

b) Die Regelungen schließen zugleich eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG auf Antrag des Arbeitgebers im Zusammenhang mit einer Kündigung aus, die in dem geschützten Zeitraum erklärt wird. Stellt das Gericht fest, dass eine in diesem Zeitraum erklärte außerordentliche Kündigung unwirksam ist, steht die Möglichkeit, eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu beantragen, nach § 13 Abs. 1 Satz 3 KSchG ohnehin ausschließlich dem Arbeitnehmer zu. Der Arbeitgeber kann die Auflösung des Arbeitsverhältnisses lediglich im Zusammenhang mit einer unwirksamen ordentlichen Kündigung und auch insoweit nur beantragen, wenn die Kündigung nicht aus anderen Gründen als der Sozialwidrigkeit unwirksam ist (vgl. BAG 30. September 2010 - 2 AZR 160/09 - Rn. 13; 28. August 2008 - 2 AZR 63/07 - Rn. 27, BAGE 127, 329). Das wiederum ist während des Bestehens des Sonderkündigungsschutzes wegen § 15 Abs. 1, Abs. 3 KSchG stets der Fall.

26

c) Hat der Arbeitgeber vor Eintritt des Sonderkündigungsschutzes eine - sozial nicht gerechtfertigte - ordentliche Kündigung erklärt und hierauf bezogen einen Auflösungsantrag gestellt und hat der Sonderkündigungsschutz im Zeitpunkt der Entscheidung über den Auflösungsantrag bereits wieder geendet, kommt eine - entsprechende - Anwendung von § 15 Abs. 3 Satz 1, Satz 2 KSchG, § 103 BetrVG nicht in Betracht. Ob etwas anderes zu gelten hat, wenn der Sonderkündigungsschutz zu dem nach § 9 Abs. 2 KSchG festzusetzenden Auflösungszeitpunkt, also bei Ablauf der Kündigungsfrist - hier dem 31. Dezember 2009 -, schon bestand, bedarf keiner Entscheidung. Dafür gibt es im Streitfall keinen Anhaltspunkt. Zwar ist der genaue Zeitpunkt, zu dem der Wahlvorschlag für den Kläger aufgestellt war (zu den Voraussetzungen: vgl. BAG 19. April 2012 - 2 AZR 299/11 - Rn. 12 mwN), nicht festgestellt. Das Landesarbeitsgericht ist aber erkennbar davon ausgegangen, dass der Kläger erst im Jahre 2010 Sonderkündigungsschutz als Wahlbewerber erlangt hat. Etwas anderes hat auch keine der Parteien geltend gemacht.

27

aa) Soweit der Senat für einen Arbeitnehmer, der in den Personalrat gewählt worden war, entschieden hat, einem Auflösungsantrag, der auf einen nach der Wahl entstandenen Sachverhalt gestützt werde, könne nur stattgegeben werden, wenn dieser Sachverhalt geeignet sei, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung abzugeben (BAG 7. Dezember 1972 - 2 AZR 235/72 - zu IX der Gründe, BAGE 24, 468; ebenso APS/Biebl 4. Aufl. § 9 KSchG Rn. 58; vHH/L/Linck 15. Aufl. § 9 Rn. 61; aA HaKo-KSchG/Fiebig 4. Aufl. § 9 Rn. 85; Hertzfeld NZA-RR 2012, 1), betraf dies - anders als hier - den Fall, dass der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den Auflösungsantrag noch Mandatsträger war. Auf eine solche Konstellation bezieht sich auch die im Schrifttum für den Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes vertretene Auffassung, dass außerdem der Betriebsrat der Auflösung zugestimmt haben müsse, da andernfalls § 103 BetrVG umgangen werde(ErfK/Kiel 13. Aufl. § 9 KSchG Rn. 18; KR/Spilger 10. Aufl. § 9 KSchG Rn. 62; SES/Schwarze KSchG § 9 Rn. 64).

28

bb) Im Streitfall konnte eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht zur Umgehung von § 15 Abs. 3 KSchG und § 103 BetrVG führen. Es bedurfte daher weder eines Sachverhalts, der zugleich geeignet gewesen wäre, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung abzugeben, noch einer Zustimmung des Betriebsrats. Dies gilt auch, soweit der Auflösungsantrag auf während der Zeit des Sonderkündigungsschutzes entstandene Sachverhalte gestützt wird.

29

(1) Der besondere Kündigungsschutz des § 15 KSchG soll die Unabhängigkeit von Funktionsträgern gewährleisten. Er soll sicherstellen, dass sie ihre betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben ohne Furcht vor Repressalien seitens des Arbeitgebers ausführen können. Darüber hinaus dient er der Kontinuität der Arbeit der jeweiligen Arbeitnehmervertretung (BAG 21. Juni 2012 - 2 AZR 343/11 - Rn. 13; KR/Etzel 10. Aufl. § 15 KSchG Rn. 9, 10; vHH/L/v. Hoyningen-Huene 15. Aufl. § 15 Rn. 1). In diesem Zusammenhang soll § 15 Abs. 3 KSchG die Durchführung der Wahl erleichtern. Insbesondere sollen Arbeitgeber daran gehindert werden, nicht genehme Arbeitnehmer von der Wahl auszuschließen (vgl. BAG 19. April 2012 - 2 AZR 299/11 - Rn. 13; 7. Juli 2011 - 2 AZR 377/10 - Rn. 22). Die - zeitlich befristete - Ausdehnung des Sonderkündigungsschutzes nach § 15 Abs. 3 Satz 2 KSchG über den Zeitpunkt der Bekanntgabe des Wahlergebnisses hinaus soll die „Abkühlung“ eventuell während der Wahl aufgetretener Kontroversen ermöglichen(BT-Drucks. VI/1786 S. 60).

30

(2) Hier hatte der Sonderkündigungsschutz des Klägers bei Entscheidung über den Auflösungsantrag bereits wieder geendet. Er hatte zudem zum Zeitpunkt des möglichen Auflösungstermins noch nicht bestanden. Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses konnte daher weder die Tätigkeit des Klägers als Wahlbewerber noch die Kontinuität des betriebsverfassungsrechtlichen Organs beeinträchtigen.

31

(3) Der von § 15 Abs. 3 KSchG bezweckte Schutz der Unabhängigkeit des Wahlbewerbers verlangt in Fällen wie dem vorliegenden auch nicht danach, während der Zeit des Sonderkündigungsschutzes entstandene Sachverhalte entweder gar nicht oder nur dann als Auflösungsgrund zu berücksichtigen, wenn sie geeignet wären, einen wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB abzugeben.

32

(a) Der Amts- bzw. Funktionsträger iSd. § 15 KSchG ist außerhalb des Schutzzeitraums in kündigungsschutzrechtlicher Hinsicht jedem anderen Arbeitnehmer ohne betriebsverfassungsrechtliches Mandat gleichgestellt. Nach Ablauf des Nachwirkungszeitraums kann eine ordentliche Kündigung deshalb auch auf solche Pflichtverletzungen gestützt werden, die der Arbeitnehmer während der Schutzfrist begangen hat. Das gilt uneingeschränkt jedenfalls für Handlungen, die in keinem Zusammenhang zur Wahlbewerbung stehen (vgl. BAG 13. Juni 1996 - 2 AZR 431/95 - zu II 1 e der Gründe). Für die Heranziehung entsprechender Sachverhalte als Auflösungsgrund kann nichts anderes gelten.

33

(b) Stehen die behaupteten Tatsachen, die die Auflösung begründen sollen, mit der Kandidatur in Verbindung, ist der Arbeitnehmer hinreichend geschützt, wenn dieser Aspekt bei der materiellen Bewertung des geltend gemachten Auflösungsgrundes angemessen Berücksichtigung findet. Wirkt sich der fragliche Umstand etwa - wie bei der Verletzung betriebsverfassungsrechtlicher Pflichten des Wahlbewerbers - ausschließlich im kollektiven Bereich aus, liegt von vornherein kein tragfähiger Auflösungsgrund iSd. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG vor. Im anderen Fall muss berücksichtigt werden, dass Arbeitnehmer durch die Wahrnehmung betriebsverfassungsrechtlicher Funktionen leichter mit ihren arbeitsvertraglichen Pflichten in Konflikt geraten können. Es bedarf deshalb im Rahmen von § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG einer genauen Prüfung, welche Bedeutung das im geschützten Zeitraum eingetretene Ereignis nach dem Auslaufen des Sonderkündigungsschutzes für die zukünftige gedeihliche Zusammenarbeit der Arbeitsvertragsparteien tatsächlich hat.

34

2. Auch ausgehend von diesem rechtlichen Rahmen durfte das Landesarbeitsgericht auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen nicht annehmen, eine gedeihliche Zusammenarbeit der Parteien sei nicht mehr zu erwarten. Das gilt unabhängig von der Frage, ob das Gericht in Anbetracht der zum 31. März 2010 erklärten ordentlichen Kündigungen vom 28. Dezember 2009 und weiterer, dem Kläger nach dem in Rede stehenden Auflösungstermin zugegangener Kündigungen vom richtigen Prognosezeitraum ausgegangen ist.

35

a) Als Auflösungsgrund grundsätzlich geeignet sind Beleidigungen oder persönliche Angriffe des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, Vorgesetzte und Kollegen. Auch bewusst wahrheitswidrig aufgestellte Tatsachenbehauptungen können - etwa wenn sie den Tatbestand der üblen Nachrede erfüllen - die Rechte eines Arbeitgebers in gravierender Weise verletzen und eine gedeihliche künftige Zusammenarbeit in Frage stellen (BAG 27. September 2012 - 2 AZR 646/11 - Rn. 22). Der Arbeitnehmer kann sich dafür nicht auf sein Recht zur freien Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) berufen. Falsche Tatsachenbehauptungen sind nicht vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG umfasst(BVerfG 25. Oktober 2012 - 1 BvR 901/11 - Rn. 19). Äußerungen, die ein Werturteil enthalten, fallen hingegen in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG. Dasselbe gilt für Äußerungen, in denen sich Tatsachen und Meinungen vermengen, sofern sie durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt sind (BVerfG 25. Oktober 2012 - 1 BvR 901/11 - Rn. 18; 8. Mai 2007 - 1 BvR 193/05 - Rn. 21). In diesem Fall ist das Grundrecht der Meinungsfreiheit gegen die betroffenen Grundrechte des Arbeitgebers abzuwägen und mit diesen in ein ausgeglichenes Verhältnis zu bringen. Im Rahmen der Abwägung fällt die Richtigkeit des Tatsachengehalts, der dem Werturteil zugrunde liegt, ins Gewicht (BVerfG 25. Oktober 2012 - 1 BvR 901/11 - Rn. 19; 13. Februar 1996 - 1 BvR 262/91 - zu B II 2 der Gründe, BVerfGE 94, 1). Meinungsäußerungen, die auf einer gesicherten Tatsachenbasis beruhen, hat der Arbeitgeber eher hinzunehmen, als solche, bei denen sich der Arbeitnehmer auf unzutreffende Tatsachen stützt.

36

b) Arbeitnehmer dürfen unternehmensöffentlich Kritik am Arbeitgeber und den betrieblichen Verhältnissen üben und sich ggf. auch überspitzt oder polemisch äußern (BAG 27. September 2012 - 2 AZR 646/11 - Rn. 22; 7. Juli 2011 - 2 AZR 355/10 - Rn. 14, BAGE 138, 312). Die Meinungsfreiheit muss jedoch regelmäßig dann zurücktreten, wenn sich das in der Äußerung enthaltene Werturteil als Formalbeleidigung oder Schmähkritik erweist (BVerfG 8. Mai 2007 - 1 BvR 193/05 - Rn. 23; 10. Oktober 1995 - 1 BvR 1476/91 ua. - zu C III 2 der Gründe, BVerfGE 93, 266). Das gilt auch bei der Teilnahme an einer Betriebsratswahl. Der Arbeitgeber muss nicht deshalb Beleidigungen oder Schmähungen hinnehmen, weil ein Arbeitnehmer damit Stimmen für seine Kandidatur gewinnen will (ähnlich BAG 17. Februar 2000 - 2 AZR 927/98 - zu II 3 b der Gründe). Allerdings macht auch eine überzogene oder gar ausfällige Kritik eine Erklärung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Hinzutreten muss vielmehr, dass bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung im Vordergrund steht, die den Betroffenen jenseits polemischer und überspitzter Kritik in erster Linie herabsetzen soll (vgl. BVerfG 10. Oktober 1995 - 1 BvR 1476/91 ua. - aaO; BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 355/10 - Rn. 17, aaO; BGH 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - zu II 4 a der Gründe).

37

c) Soweit in einem laufenden Gerichtsverfahren - etwa im Kündigungsschutzprozess - Erklärungen abgegeben werden, ist zu berücksichtigen, dass diese durch ein berechtigtes Interesse des Arbeitnehmers gedeckt sein können (BAG 24. März 2011 - 2 AZR 674/09 - Rn. 22; 9. September 2010 - 2 AZR 482/09 - Rn. 12). Parteien dürfen zur Verteidigung von Rechten schon im Hinblick auf den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) alles vortragen, was als rechts-, einwendungs- oder einredebegründender Umstand prozesserheblich sein kann (BVerfG 11. April 1991 - 2 BvR 963/90 - zu C II 3 der Gründe). Ein Prozessbeteiligter darf auch starke, eindringliche Ausdrücke und sinnfällige Schlagworte benutzen, um seine Rechtsposition zu unterstreichen, selbst wenn er seinen Standpunkt vorsichtiger hätte formulieren können. Dies gilt allerdings nur in den Grenzen der Wahrheitspflicht. Parteien dürfen nicht leichtfertig Tatsachenbehauptungen aufstellen, deren Unhaltbarkeit ohne Weiteres auf der Hand liegt (BAG 24. März 2011 - 2 AZR 674/09 - aaO mwN).

38

d) Gemessen daran trägt die bisherige Begründung des Berufungsurteils die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht.

39

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe mit dem Wahlaufruf unzutreffende Behauptungen im Betrieb verbreitet, welche das „Unternehmenspersönlichkeitsrecht“ der Beklagten verletzten. Er habe damit seine gegenüber der Beklagten bestehenden Pflichten zur Rücksichtnahme in einem Umfang verletzt, der eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit nicht mehr erwarten lasse. Bei dieser Würdigung hat das Landesarbeitsgericht die Bedeutung und Tragweite der Meinungsfreiheit verkannt.

40

(1) Für die Frage, ob und in welcher Weise in Fällen wie diesem die betroffenen Interessen in einen angemessenen Ausgleich zu bringen sind, ist maßgebend, ob die fragliche Äußerung als Werturteil oder als Tatsachenbehauptung anzusehen ist. Während für Werturteile die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage kennzeichnend ist, werden Tatsachenbehauptungen durch die objektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Wirklichkeit charakterisiert. Anders als Werturteile sind Tatsachenbehauptungen daher grundsätzlich dem Beweis zugänglich (BVerfG 8. Mai 2007 - 1 BvR 193/05 - Rn. 21; 13. April 1994 - 1 BvR 23/94 - zu B II 1 b der Gründe, BVerfGE 90, 241). Ob eine Äußerung ihrem Schwerpunkt nach als Meinungsäußerung oder als Tatsachenbehauptung anzusehen ist, beurteilt sich entscheidend nach dem Gesamtkontext, in dem sie steht (zum Ganzen: BVerfG 24. Juli 2013 - 1 BvR 444/13, 1 BvR 1 BvR 527/13 - Rn. 18).

41

(2) Danach handelt es sich bei der im Wahlaufruf - sinngemäß - enthaltenen Aussage, die Beklagte betreibe „Mobbing“, indem sie auf der Grundlage erfundener Sachverhalte willkürliche Abmahnungen und Kündigungen ausspreche, nicht um eine unwahre Tatsachenbehauptung. Die Vorwürfe des „Mobbings“ und der „Willkür“ als solche sind erkennbar das Ergebnis einer wertenden Betrachtung. Der Hinweis, die Beklagte spreche Abmahnungen und Kündigungen „auf der Basis erfundener Sachverhalte“ aus, stellt keine - isolierte - Tatsachenbehauptung dar. Die Äußerung bildet lediglich die tatsächliche Grundlage für das Werturteil und ist daher mit der Meinungsäußerung untrennbar verbunden. Die im Wahlaufruf enthaltenen Äußerungen fallen damit sämtlich in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG und hätten mit den ggf. betroffenen Grundrechten der Beklagten - insbesondere Art. 12 Abs. 1 GG(vgl. BVerfG 8. September 2010 - 1 BvR 1890/08 - Rn. 25 mwN) - in ein angemessenes Verhältnis gebracht werden müssen. Dies hat das Landesarbeitsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - unterlassen.

42

(3) Die Meinungsfreiheit des Klägers muss nicht deshalb zurücktreten, weil die Inhalte des Wahlaufrufs als bloße Diffamierung anzusehen wären. Bei den Äußerungen stand nicht eine Schmähung oder Beleidigung der Beklagten oder ihrer Repräsentanten, sondern die - wenngleich überspitzte und polemische - Darstellung der betrieblichen Verhältnisse zum Zwecke des laufenden Betriebsratswahlkampfs im Vordergrund. Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil der Kläger nach dem Ende des Wahlkampfs an seinen Äußerungen festgehalten hat. Damit hat er - anders als das Landesarbeitsgericht angenommen hat - nicht seine Meinungsäußerung in der Betriebsöffentlichkeit aufrechterhalten, sondern im Rahmen des Rechtsstreits seinen Standpunkt - bezogen auf ein in der Vergangenheit liegendes Verhalten - verteidigt und damit berechtigte eigene Interessen wahrgenommen.

43

bb) Auch die Berücksichtigung der Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung als Auflösungsgrund ist nicht frei von Rechtsfehlern. Das Landesarbeitsgericht hat den vorgetragenen Sachverhalt nicht vollständig gewürdigt. Es hat die - unstreitige - Tatsache, dass der Kläger seine Versicherung bereits wenige Tage später korrigierte, nicht in seine Erwägungen einbezogen. Hätte es diesen Umstand berücksichtigt, hätte es nicht ohne Weiteres annehmen können, der Kläger werde es auch in Zukunft „mit der Wahrheit nicht so genau nehmen“.

44

cc) Soweit das Landesarbeitsgericht einen Auflösungsgrund in der mangelnden Bereitschaft des Klägers erblickt hat zu akzeptieren, dass die Beklagte ihm am 13. Mai 2009 eine - wie durch rechtskräftiges Urteil bestätigt - rechtmäßige Weisung erteilt habe, ist nicht erkennbar, von welchen Tatsachen es dabei ausgegangen ist. Dass der Kläger die entsprechende Weisung auch nach Abschluss des wegen der Entfernung der Abmahnung aus seiner Personalakte geführten Rechtsstreits nicht befolgt hätte, hat es nicht festgestellt. Aus einem möglichen Fehlen der inneren Akzeptanz auf Seiten des Klägers ergeben sich - soweit ersichtlich - keine negativen Auswirkungen für die weitere Zusammenarbeit.

45

dd) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, eine gedeihliche Zusammenarbeit der Parteien sei deshalb nicht zu erwarten, weil sich der Kläger selbst durch Terminverlegungsanträge des Prozessbevollmächtigten der Beklagten angegriffen fühle und dieser unterstelle, sie dienten nur dazu, ihn auf unzulässige Weise unter Druck zu setzen und ihn existenziell zu ruinieren, hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das gilt gleichermaßen für die Annahme, der Kläger sei, wie der wiederholte Vorwurf des „Mobbings“ zeige, nicht in der Lage, „das Handeln des Arbeitgebers in einem auch nur halbwegs objektiven Licht zu sehen“. Das Landesarbeitsgericht hat außer Acht gelassen, dass die Äußerungen im Rahmen eines kontrovers geführten Rechtsstreits gefallen sind. In einem solchen „Kampf um das Recht“ war dem Kläger auch die Behauptung möglicherweise ehrverletzender Tatsachen erlaubt, soweit es aus seiner Sicht darauf ankommen konnte (vgl. BVerfG 11. April 1991 - 2 BvR 963/90 - zu C II 3 der Gründe; BAG 24. März 2011 - 2 AZR 674/09 - Rn. 29). Das war hier der Fall. Der Kläger wollte auf diese Weise ersichtlich nur seine subjektive Wahrnehmung schildern, um seiner Rechtsauffassung besonderen Nachdruck zu verleihen.

46

III. Ob die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 KSchG gerechtfertigt ist, steht noch nicht fest. Es fehlt an den erforderlichen Feststellungen. Die Sache war deshalb an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

47

1. Das Landesarbeitsgericht hat hinsichtlich der Äußerungen im Wahlaufruf keine Abwägung zwischen dem Grundrecht des Klägers auf freie Meinungsäußerung und betroffenen Grundrechten der Beklagten oder ihrer Repräsentanten vorgenommen. Dies hat es nachzuholen. Dabei wird es genau prüfen müssen, in welchen eigenen Rechtspositionen sich die Beklagte als verletzt sieht und ob diese grundrechtlichen Schutz genießen (vgl. dazu BVerfG 8. September 2010 - 1 BvR 1890/08 - Rn. 25). Bei dieser Abwägung wird auch der Wahrheitsgehalt der Tatsachen zu ermitteln sein, die der Meinungsäußerung nach dem Vorbringen des Klägers zugrunde liegen. Dabei sind - anders als das Landesarbeitsgericht bislang angenommen hat - nicht nur ganze „Sachverhaltskomplexe“ zu berücksichtigen. Auch wenn sich - ggf. nach einer Beweisaufnahme - nur einzelne Tatsachen als unzutreffend herausstellen sollten, auf die die Beklagte Abmahnungen und/oder Kündigungen gestützt hat, wäre dies im Rahmen der Gesamtabwägung zugunsten des Klägers zu gewichten.

48

2. Für die Würdigung, ob die Äußerungen im Wahlaufruf geeignet sind, die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen, wird das Landesarbeitsgericht zudem zu prüfen haben, ob die Gefahr einer Wiederholung besteht. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen ist eine solche nicht erkennbar. Die Betriebsratswahl ist abgeschlossen, der Kläger hat die Funktion des Wahlbewerbers nicht mehr inne. Dass künftig dennoch mit gleichen oder ähnlichen Meinungsäußerungen zu rechnen ist, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt.

49

3. Sollte das Landesarbeitsgericht in der Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung auch unter Berücksichtigung ihrer nachträglichen Korrektur weiterhin einen möglichen Auflösungsgrund sehen, wird es noch festzustellen haben, ob dem Kläger insoweit Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Last zu legen ist. Diese Unterscheidung ist entscheidungserheblich. Fahrlässigkeit wird die Beklagte in diesem Zusammenhang eher hinzunehmen haben als Vorsatz.

50

4. Gelangt das Landesarbeitsgericht - ggf. unter Einbeziehung weiteren Sachvortrags der Beklagten - erneut zu dem Ergebnis, es lägen „an sich“ geeignete Auflösungsgründe vor, wird es zu prüfen haben, von welchem Prognosezeitraum auszugehen ist. Zwar steht - soweit ersichtlich - nicht rechtskräftig fest, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund einer der weiteren Kündigungen der Beklagten nach dem 31. Dezember 2009 geendet hat. Darauf kommt es aber nicht an. Ist der Eintritt einer anderweitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwar möglich, steht er aber nicht mit Gewissheit fest, muss das zur Entscheidung über den Auflösungsantrag berufene Gericht ggf. eine Prognose über die Wahrscheinlichkeit eines solchen Eintritts treffen und daran die Prüfung nach § 9 KSchG ausrichten(vgl. BAG 11. Juli 2013 - 2 AZR 241/12 - Rn. 18; 27. April 2006 - 2 AZR 360/05 - Rn. 29, BAGE 118, 95). Stellt sich heraus, dass das Arbeitsverhältnis aller Wahrscheinlichkeit nach vor dem Termin der mündlichen Verhandlung geendet hätte, sind bei der nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG vorzunehmenden Gesamtabwägung auch nur die Auflösungstatsachen zu berücksichtigen, die im maßgebenden Beurteilungszeitraum eingetreten sind.

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

    Rinck    

        

        

        

    Wolf    

        

    Torsten Falke    

                 

(1) Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person für die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,
2.
in Betrieben einer Personengesamtheit für die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen.

(2) Auf Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Angestellte, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind, finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit Ausnahme des § 3 Anwendung. § 9 Abs. 1 Satz 2 findet mit der Maßgabe Anwendung, daß der Antrag des Arbeitgebers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses keiner Begründung bedarf.

(1) Arbeitnehmer (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, unabhängig davon, ob sie im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäftigt werden. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten, die in der Hauptsache für den Betrieb arbeiten. Als Arbeitnehmer gelten ferner Beamte (Beamtinnen und Beamte), Soldaten (Soldatinnen und Soldaten) sowie Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind.

(2) Als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist;
2.
die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder die Mitglieder einer anderen Personengesamtheit, soweit sie durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit oder zur Geschäftsführung berufen sind, in deren Betrieben;
3.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist;
4.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient und die vorwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung, sittlichen Besserung oder Erziehung beschäftigt werden;
5.
der Ehegatte, der Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte ersten Grades, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber leben.

(3) Dieses Gesetz findet, soweit in ihm nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, keine Anwendung auf leitende Angestellte. Leitender Angestellter ist, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb

1.
zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder
2.
Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder
3.
regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.
Für die in Absatz 1 Satz 3 genannten Beamten und Soldaten gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Leitender Angestellter nach Absatz 3 Nr. 3 ist im Zweifel, wer

1.
aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist oder
2.
einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind, oder
3.
ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist, oder,
4.
falls auch bei der Anwendung der Nummer 3 noch Zweifel bleiben, ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch überschreitet.

Tenor

1. Die Revision des Klägers und die Anschlussrevision der Beklagten zu 1) bis 3) gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 17. November 2010 - 4 Sa 795/07 - werden zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Revisionsverfahrens haben der Kläger zu ¼, die Beklagten zu 1) bis 3) als Gesamtschuldner zu ¾ zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung und einen Auflösungsantrag der Beklagten. Der Kläger macht zudem Vergütungsansprüche geltend.

2

Der 1963 geborene Kläger war seit 1992 bei der Beklagten zu 1) beschäftigt, seit Januar 1997 als Leiter der Abteilung Baufinanzierung. Die Beklagte zu 1), eine Bausparkasse, erteilte ihm zum 1. Januar 2001 Prokura. Der Kläger bezog ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von 8.155,19 Euro.

3

Mit Schreiben vom 4. Dezember 1997 und 5. April 2006 traten die Beklagten zu 2) und 3) dem Arbeitsverhältnis im Einverständnis mit dem Kläger als weitere Arbeitgeberinnen bei.

4

Durch Rundschreiben vom 8. August 2002 wurden die Mitarbeiter, die Abteilungsleiter am 9. August 2002 außerdem im Rahmen einer Konzern-Abteilungsleiterbesprechung, darauf hingewiesen, dass jegliche private Nutzung von Internet, Intranet und E-Mail untersagt sei und sie auch bei einem einmaligen Verstoß mit „arbeitsrechtlichen Konsequenzen (Abmahnung, Kündigung)“ rechnen müssten.

5

Bei einer Überprüfung des Internetzugangs des Klägers wurde festgestellt, dass über diesen in der Zeit vom 13. Oktober 2006 bis 2. November 2006 in erheblichem Umfang auf Internetseiten mit pornografischen Inhalten zugegriffen worden war.

6

Die Beklagten hörten mit Schreiben vom 17. November 2006 den Sprecherausschuss der leitenden Angestellten, mit Schreiben vom 20. November 2006 vorsorglich auch den Betriebsrat der Zentrale zu einer beabsichtigten außerordentlichen und hilfsweise ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers an.

7

Der Sprecherausschuss stimmte den beabsichtigten Kündigungen mit Schreiben vom 20. November 2006 zu. Der Betriebsrat teilte am gleichen Tag mit, gegen die beabsichtigten Kündigungen keine Bedenken zu haben.

8

Mit drei Schreiben jeweils vom 21. November 2006 kündigten die Beklagten jede für sich das Arbeitsverhältnis fristlos und vorsorglich ordentlich zum 30. Juni 2007.

9

Hiergegen hat der Kläger rechtzeitig Kündigungsschutzklage erhoben und zugleich Zahlung der Vergütung für den vollen Monat November und für Dezember 2006 begehrt. Er hat die außerordentliche ebenso wie die ordentliche Kündigung für unwirksam gehalten. Die - von ihm eingestandene - private Internetnutzung rechtfertige allenfalls eine Abmahnung. Für ihn hätten keine festen Arbeitszeiten gegolten. Er habe durch die private Nutzung des Internets seine Arbeit nicht vernachlässigt, die privat verwandte Zeit vielmehr wieder „eingearbeitet“. Er habe zwar auch auf Seiten zugegriffen, die sich mit Erotik im weitesten Sinne befassten, aber keine pornografischen Seiten oder solche mit strafbarem Inhalt geöffnet.

10

Der Kläger hat - soweit noch von Interesse - beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die außerordentliche, noch durch die ordentliche Kündigung vom 21. November 2006 aufgelöst worden ist;

        

2.    

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 9.494,16 Euro brutto sowie den Arbeitgeberzuschuss zur Pflegeversicherung in Höhe von 9,37 Euro und den Zuschuss zur privaten Krankenversicherung in Höhe von 161,90 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 2.791,26 Euro vom 1. Dezember 2006 bis 31. Dezember 2006 und aus 9.665,43 Euro seit dem 1. Januar 2007 zu zahlen.

11

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise, „die Arbeitsverhältnisse“ gegen Zahlung einer Abfindung zum Ablauf des 30. Juni 2007 aufzulösen. Sie haben die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger habe bereits aufgrund der außerordentlichen Kündigung geendet. Dieser habe den Zugriff auf bestimmte Internetseiten eingeräumt. Ein zusätzlicher Missbrauch des Internetzugangs durch Dritte sei ausgeschlossen. Jedenfalls sei das Arbeitsverhältnis gerichtlich zum 30. Juni 2007 aufzulösen. Eine den Betriebszwecken dienliche vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Kläger sei nicht mehr möglich. Im Übrigen bedürfe der Auflösungsantrag keiner Begründung. Der Kläger sei leitender Angestellter iSd. § 14 Abs. 2 KSchG gewesen. Er habe die Befugnis gehabt, eigenverantwortlich die Mitarbeiter seines Teams einzustellen und zu entlassen. Bei der Stellenbesetzung habe er nur die Anzahl der bewilligten Stellen berücksichtigen müssen.

12

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Auf den zweitinstanzlich gestellten Auflösungsantrag der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Arbeitsverhältnis der Parteien gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 111.800,00 Euro zum 30. Juni 2007 aufgelöst. Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Abweisung des Auflösungsantrags. Mit ihrer Anschlussrevision verfolgen die Beklagten den Antrag auf Klageabweisung weiter und beantragen hilfsweise, die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

13

Revision und Anschlussrevision sind unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 21. November 2006 ohne Rechtsfehler als unwirksam erachtet (I.). Auch die Auflösung des Arbeitsverhältnisses der Parteien hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand (II.). Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung der noch offenen Vergütung für November und Dezember 2006 (III.).

14

I. Die Anschlussrevision der Beklagten gegen die Entscheidung über den Kündigungsschutzantrag ist unbegründet. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Kündigung vom 21. November 2006 sei unwirksam, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

15

1. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, Gegenstand des Kündigungsschutzantrags sei die Beendigung eines einheitlichen Arbeitsverhältnisses der Parteien durch die angegriffene Kündigung. Bei den drei im Wesentlichen gleichlautenden Kündigungsschreiben vom 21. November 2006 handelt es sich materiell um eine einheitliche Kündigung dieses Arbeitsverhältnisses durch die daran auf Arbeitgeberseite beteiligten drei Beklagten.

16

a) Ebenso wie auf Arbeitnehmerseite (BAG 21. Oktober 1971 - 2 AZR 17/71 - AP BGB § 611 Gruppenarbeitsverhältnis Nr. 1 mit Anm. Hanau = EzA KSchG § 1 Nr. 23) können auf Arbeitgeberseite mehrere rechtlich selbständige Personen an demselben Arbeitsverhältnis beteiligt sein (BAG 15. Dezember 2011 - 8 AZR 692/10 - Rn. 30, DB 2012, 1690; 27. März 1981 - 7 AZR 523/78 - zu I 1 a der Gründe, BAGE 37, 1 = AP BGB § 611 Arbeitgebergruppe Nr. 1 mit Anm. Wiedemann = SAE 1983, 288 mit Anm. Schulin; Schwerdtner ZIP 1982, 900; Linck in v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 14. Aufl. § 1 Rn. 75; ErfK/Preis 12. Aufl. § 611 BGB Rn. 191). Stehen mehrere natürliche oder juristische Personen in arbeitsrechtlichen Beziehungen zu demselben Arbeitnehmer, liegen nicht notwendig mehrere getrennte Arbeitsverhältnisse vor. Vielmehr kann auch ein einheitliches Arbeitsverhältnis gegeben sein. Erforderlich ist ein rechtlicher Zusammenhang der arbeitsvertraglichen Beziehungen des Arbeitnehmers zu den einzelnen Arbeitgebern, der es verbietet, diese Beziehungen rechtlich getrennt zu behandeln (BAG 15. Dezember 2011 - 8 AZR 692/10 - aaO; 5. März 1987 - 2 AZR 623/85 - zu B III 5 der Gründe, BAGE 55, 117; 27. März 1981 - 7 AZR 523/78 - aaO; Linck Rn. 76 aaO; ErfK/Preis aaO). Der rechtliche Zusammenhang kann sich insbesondere aus einer Auslegung des Vertragswerks der Parteien ergeben (BAG 15. Dezember 2011 - 8 AZR 692/10 - aaO; 27. März 1981 - 7 AZR 523/78 - zu I 2 b der Gründe, aaO). Nach Maßgabe von §§ 133, 157 BGB ist zu prüfen, ob nach den Vorstellungen der Vertragschließenden die einzelnen Vereinbarungen nur gemeinsam gelten und zusammen durchgeführt werden sollen, dh. Teile eines einzigen Gesamtgeschäfts sein sollen (Linck aaO; vgl. auch ErfK/Preis aaO). Ist dies zu bejahen, kann ein solches einheitliches Arbeitsverhältnis im Regelfall nur von und gegenüber allen auf einer Vertragsseite Beteiligten gekündigt werden (BAG 27. März 1981 - 7 AZR 523/78 - zu II 1 der Gründe, aaO; ErfK/Preis aaO).

17

b) Unter Anwendung dieser Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht ohne Rechtsfehler angenommen, zwischen den Parteien habe ein einheitliches Arbeitsverhältnis bestanden. Die Beklagten zu 2) und 3) sind gemäß Schreiben vom 4. Dezember 1997 und 5. April 2006 dem zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) begründeten Arbeitsverhältnis als weitere Arbeitgeberinnen „beigetreten“. Schon diese Formulierung spricht für die Absicht, keine gesonderten Arbeitsverhältnisse mit dem Kläger zu begründen. Zudem wäre eine nach Arbeitgebern getrennte Durchführung der Vertragsabreden nicht möglich gewesen. In den Beitrittsschreiben ist nur abstrakt bestimmt, der Kläger erbringe nunmehr Tätigkeiten auch für die Beklagte zu 2) bzw. zu 3). Konkrete Tätigkeitsanteile wurden jedoch nicht festgelegt. Diese sollten vielmehr jeweils nachträglich quartalsweise ermittelt werden. Auch der Entgeltanspruch des Klägers wurde nicht auf die nun mehreren Arbeitgeberinnen aufgeschlüsselt. Außerdem war vorgesehen, dass eine Kündigung nur insgesamt für und gegen alle Arbeitgeberinnen ausgesprochen werden konnte. Dies ist die typische Rechtsfolge aus dem Bestehen eines einheitlichen Arbeitsverhältnisses. Eine Ausnahme von der gemeinsamen Fortführung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses war nur für den Fall vorgesehen, dass die Tätigkeit des Klägers für eine der beigetretenen Arbeitgeberinnen zukünftig entfiele. In diesem Fall sollte der Anstellungsvertrag nur mit den übrigen Beklagten fortgeführt werden.

18

2. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, weder die außerordentliche, noch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung der Beklagten hätten das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgelöst, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Das Berufungsgericht hat die Bestimmungen des § 626 Abs. 1 BGB und § 1 KSchG ohne Rechtsfehler auf den Streitfall angewandt.

19

a) Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

20

aa) Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 14, AP BGB § 626 Nr. 236 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 36; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 16, BAGE 134, 349).

21

bb) Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen ( BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 26, AP BGB § 626 Nr. 236 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 36; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 34, BAGE 134, 349). Dabei lassen sich die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zuzumuten ist oder nicht, nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf ( BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 27, aaO ; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - aaO ). Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind ( BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - aaO; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 485/08  - Rn. 24, AP BGB § 626 Nr. 232 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 33).

22

cc) Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - Rn. 35, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 37; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 36, BAGE 134, 349). Einer entsprechenden Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 iVm. § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes demnach nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist(BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - aaO;  9. Juni 2011 - 2 AZR 381/10 - Rn. 18, AP BGB § 626 Nr. 234 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 35). Dies gilt grundsätzlich auch bei Störungen im Vertrauensbereich ( BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 381/10 - aaO ; 12. Mai 2010 - 2 AZR 845/08  - Rn. 29, AP BGB § 626 Nr. 230 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 31).

23

b) Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist eine Kündigung sozial gerechtfertigt, wenn sie durch Gründe, die im Verhalten des Arbeitnehmers liegen, bedingt ist. Sie ist durch solche Gründe „bedingt“, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat und eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht. Dann kann dem Risiko künftiger Störungen nur durch die (fristgemäße) Beendigung des Arbeitsverhältnisses begegnet werden. Das wiederum ist nicht der Fall, wenn schon mildere Mittel und Reaktionen - wie etwa eine Abmahnung - von Seiten des Arbeitgebers geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - Rn. 34, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 37; 28. Oktober 2010 - 2 AZR 293/09 - Rn. 12, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 62 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 78).

24

c) Danach ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts nicht zu beanstanden, eine Abmahnung sei im Verhältnis zu einer Kündigung ein den Beklagten zumutbares milderes Mittel der Reaktion auf die Pflichtverletzungen des Klägers gewesen.

25

aa) Das Landesarbeitsgericht hat das Vorbringen der Beklagten zu den Kündigungsgründen als wahr unterstellt, im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und die vorzunehmende Interessenabwägung eine vorherige Abmahnung jedoch für nicht entbehrlich gehalten. Das Fehlverhalten des Klägers lasse keine eindeutige negative Prognose zu, selbst wenn man den zeitlichen Umfang der privaten Internetnutzung und den Inhalt der aufgerufenen Seiten zugrunde lege, wie ihn die Beklagten im einzelnen dargelegt hätten. Eine Privatnutzung während der Arbeitszeit sei nicht feststellbar. Der Kläger habe sich darauf berufen, als leitender Angestellter keine festen Arbeitszeiten gehabt zu haben und daher in seiner Pausengestaltung frei gewesen zu sein. Ausgefallene Arbeitszeit habe er in den Abendstunden oder am Wochenende ausgeglichen, er habe seine Arbeitspflichten nicht vernachlässigt und nur während erforderlicher Entspannungs- und Erholungspausen privat im Internet gesurft. Dem seien die Beklagten nicht mit konkreten Tatsachen entgegengetreten. Sie hätten auch nicht näher dargelegt, dass ihnen durch die Privatnutzung des Klägers zusätzliche Kosten entstanden seien. Als kündigungsrelevanter Sachverhalt verblieben damit ein Verstoß gegen das ausdrückliche Verbot der privaten Nutzung des dienstlichen Internetanschlusses, das Aufrufen von Internetseiten und Herunterladen von Bildmaterial, das zu einer Vireninfizierung des Betriebssystems hätte führen können und eine mögliche Rufschädigung der Beklagten infolge des Aufrufens und Herunterladens der fraglichen Seiten. Zugunsten der Beklagten könne unterstellt werden, dass nur der Kläger der betreffende Nutzer gewesen sei. Auch dann hätten die Beklagten sich angesichts der langen beanstandungsfreien Dauer seines Arbeitsverhältnisses auf den Ausspruch einer Abmahnung beschränken und dem Kläger die Möglichkeit geben müssen, sein Verhalten zu korrigieren. Dies sei auch deshalb geboten, weil der Kläger aufgrund seiner hervorgehobenen Position offenbar davon ausgegangen sei, bei ihm werde eine private Nutzung des Internets in gewissem Umfang hingenommen. Er habe nicht damit rechnen müssen, es würden schon bei einem ersten Verstoß kündigungsrechtliche Konsequenzen gezogen.

26

bb) Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Zwar musste dem Kläger angesichts des ausdrücklichen Verbots jeglicher privater Internetnutzung klar sein, dass die Beklagten sein Verhalten als vertragswidrig erachten würden. Es ist aber revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht angenommen hat, der Kläger habe davon ausgehen dürfen, die Beklagten würden auf einen Verstoß nicht sofort mit einer Kündigung reagieren. Dieser Würdigung steht die ausdrückliche Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen bereits bei einem erstmaligen Verstoß in dem Rundschreiben vom 8. August 2002 schon deshalb nicht entgegen, weil als arbeitsrechtliche Konsequenzen unterschiedliche Reaktionen (Abmahnung; Kündigung) in Betracht kommen.

27

cc) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend die nahezu 15-jährige, bislang unbelastete Betriebszugehörigkeit des Klägers zu seinen Gunsten berücksichtigt. Ferner fehlt nach seiner Auffassung bei Ausspruch einer Abmahnung die Wiederholungsgefahr. Dies zusammen mit dem Umstand, dass das pflichtwidrige Verhalten des Klägers zu keinem konkreten Schaden bei den Beklagten geführt hat, lässt es im Streitfall vertretbar erscheinen, eine Abmahnung für nicht entbehrlich zu halten. Demgegenüber musste es das Landesarbeitsgericht nicht entscheidungserheblich zulasten des Klägers gewichten, dass dieser als Abteilungsleiter eine Vorbildfunktion hatte.

28

dd) Das Landesarbeitsgericht hat zugunsten der Beklagten unterstellt, dass der Kläger das Internet an mehreren Tagen und insgesamt über mehrere Stunden privat genutzt und dabei ua. pornografisches Bildmaterial heruntergeladen hat. Auch ein solches Verhalten schafft keinen absoluten Kündigungsgrund. Zwar hat der Senat dies als einen denkbaren Fall erachtet, in dem es vor Ausspruch einer Kündigung einer Abmahnung nicht bedarf (BAG 7. Juli 2005 - 2 AZR 581/04 - zu B III 2 der Gründe, BAGE 115, 195). Dies ändert aber nichts daran, dass die Verhältnismäßigkeit einer Kündigung auch bei einem solchen Sachverhalt anhand aller relevanten Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile zu prüfen ist. Diese Prüfung hat das Landesarbeitsgericht in vertretbarer Weise vorgenommen. Nicht zu entscheiden ist, wie es zu beurteilen wäre, wenn der Kläger mithilfe des ihm dienstlich zur Verfügung gestellten Internets Straftaten begangen hätte. Hierfür fehlt es an Vortrag der Beklagten.

29

II. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts, das Arbeitsverhältnis der Parteien gegen Zahlung einer Abfindung zum 30. Juni 2007 aufzulösen, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, der Auflösungsantrag der Beklagten habe gem. § 14 Abs. 2 Satz 2 KSchG keiner Begründung bedurft. Der Kläger war leitender Angestellter iSv. § 14 Abs. 2 Satz 1 KSchG. Mit Blick auf die Einheitlichkeit des Arbeitsverhältnisses hat das Landesarbeitsgericht dabei den Antrag der Beklagten zu Recht als einen einheitlichen verstanden, gerichtet darauf, das Arbeitsverhältnis - und nicht, wie nach der Antragsformulierung, „die Arbeitsverhältnisse“ - der Parteien aufzulösen.

30

1. Nach § 14 Abs. 2 KSchG findet auf Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Angestellte, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind, § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG mit der Maßgabe Anwendung, dass der Antrag des Arbeitgebers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses keiner Begründung bedarf.

31

a) Die Befugnis zur selbständigen Einstellung oder Entlassung muss entweder eine bedeutende Anzahl von Arbeitnehmern oder eine gewisse Anzahl bedeutender Arbeitnehmer erfassen. Entscheidend für das Gewicht der Personalkompetenz ist, welchen Stellenwert die Tätigkeit der Mitarbeiter, die der Betreffende einstellt oder entlässt, für das Unternehmen hat. Es kann auch dann ausreichend sein, wenn sich die personellen Entscheidungskompetenzen des Angestellten auf eine geschlossene Gruppe beziehen, die für das Unternehmen, insbesondere für dessen unternehmerischen Erfolg, von Bedeutung ist (BAG 14. April 2011 - 2 AZR 167/10 - Rn. 14, AP KSchG 1969 § 14 Nr. 12 = EzA KSchG § 14 Nr. 9; 10. Oktober 2002 - 2 AZR 598/01 - zu D II 1 der Gründe mwN, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 123 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 122).

32

b) Zur selbständigen Einstellung oder Entlassung iSd. § 14 Abs. 2 KSchG sind nur solche Arbeitnehmer berechtigt, deren entsprechende Befugnis nicht nur im Außen-, sondern auch im Innenverhältnis besteht. Von einer Berechtigung zur selbständigen Einstellung kann nicht die Rede sein, wenn sie sich auf die Befugnis beschränkt, intern Vorschläge zu unterbreiten (BAG 14. April 2011 - 2 AZR 167/10 - Rn. 13, AP KSchG 1969 § 14 Nr. 12 = EzA KSchG § 14 Nr. 9; 18. November 1999 - 2 AZR 903/98 - zu II 1 a der Gründe, AP KSchG 1969 § 14 Nr. 5 = EzA KSchG § 14 Nr. 4).

33

c) Die Personalkompetenz muss einen wesentlichen Teil der Tätigkeit des Angestellten ausmachen und darf nicht „nur auf dem Papier stehen“. Sie muss tatsächlich ausgeübt werden (BAG 14. April 2011 - 2 AZR 167/10 - Rn. 15, AP KSchG 1969 § 14 Nr. 12 = EzA KSchG § 14 Nr. 9; 10. Oktober 2002 - 2 AZR 598/01 - zu D II 1 der Gründe mwN, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 123 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 122).

34

2. Unter Anwendung dieser Grundsätze ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, der Kläger sei leitender Angestellter iSv. § 14 Abs. 2 KSchG gewesen, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

35

a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe als Abteilungsleiter die Befugnis gehabt, die ihm unterstellten Mitarbeiter selbständig einzustellen und zu entlassen. Diese Kompetenz habe sich zwar nur auf eine geschlossene Gruppe innerhalb der Belegschaft der Beklagten zu 1) - die insgesamt etwa 110 Mitarbeiter beschäftigt - bezogen, nämlich auf die 45 Mitarbeiter in der von ihm geleiteten Abteilung Baufinanzierung. Diese seien aber für den unternehmerischen Erfolg der Beklagten zu 1) von besonderem Gewicht. Für eine Bausparkasse, die die Finanzmittel für die Durchführung von Bau- oder Modernisierungsvorhaben zur Verfügung stelle, sei entscheidend, wie die rechtliche und technische Abwicklung der Baufinanzierung gehandhabt werde. Die Personalkompetenz bestehe im Innen- und im Außenverhältnis. Der Kläger sei insofern nicht an Weisungen oder Genehmigungen von Vorstandsmitgliedern gebunden gewesen. Die Personalverantwortung des Klägers habe auch tatsächlich zu einem wichtigen Teilbereich seiner Führungsaufgaben gezählt.

36

b) Im Ergebnis zutreffend hat das Landesarbeitsgericht eine Stellung des Klägers als leitender Angestellter im Verhältnis zur Beklagten zu 1) als ausreichend erachtet. Die Auflösung durch Urteil (§ 9 KSchG) kann im einheitlichen Arbeitsverhältnis mit mehreren Arbeitgebern grundsätzlich nur insgesamt erfolgen (BAG 27. März 1981 - 7 AZR 523/78 - zu II 4 der Gründe, BAGE 37, 1). Ausreichend ist im Regelfall ein Auflösungsgrund, der für oder gegen einen der Arbeitgeber vorliegt (BAG 27. März 1981 - 7 AZR 523/78 - zu II 4 a der Gründe, aaO). Ist der Arbeitnehmer leitender Angestellter iSv. § 14 Abs. 2 KSchG nur im Verhältnis zu einem der Arbeitgeber und stellt dieser einen Auflösungsantrag, schlägt dies wegen der vereinbarten Einheitlichkeit des Arbeitsverhältnisses auf die Beziehung zu den anderen Arbeitgebern durch. Eine Fortsetzung des einheitlichen Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitgeberseite dann in der Regel insgesamt unzumutbar. Dies hat das Landesarbeitsgericht zu Recht auch für den vorliegenden Fall angenommen. Besteht deshalb eine Auflösungsmöglichkeit der Beklagten zu 1), weil der Kläger im Verhältnis zu ihr leitender Angestellter iSd. § 14 Abs. 2 KSchG ist, wirkt sich dies wegen der vereinbarten Einheitlichkeit des Arbeitsverhältnisses zu allen drei Beklagten auf das Arbeitsverhältnis insgesamt aus. Eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses mit Tätigkeiten des Klägers ggf. nur noch für die Beklagten zu 2) und 3) ist nach den Vereinbarungen der Parteien nicht vorgesehen. Zwar sollte das Arbeitsverhältnis bei einem Wegfall der Tätigkeiten für die später beigetretenen Beklagten zu 2) und 3) auch ohne diese fortgesetzt werden können, nicht aber umgekehrt nur für sie.

37

c) Das Landesarbeitsgericht hat den Begriff des leitenden Angestellten iSv. § 14 Abs. 2 KSchG auch im Übrigen nicht verkannt.

38

aa) Eine Beschränkung der selbständigen Entscheidungskompetenz des Klägers auf die in seiner Abteilung vorzunehmenden Einstellungen ergibt sich nicht daraus, dass er an den festgelegten Stellenplan gebunden war. So wenig es einer selbständigen Einstellungs- oder Entlassungsbefugnis entgegensteht, wenn der Angestellte unternehmensinterne Vorgaben beachten muss (BAG 27. September 2001 - 2 AZR 176/00 - AP KSchG 1969 § 14 Nr. 6 = EzA KSchG § 14 Nr. 6), so wenig verlangt eine Personalkompetenz iSv. § 14 Abs. 2 KSchG eine unternehmerische Entscheidungshoheit über den Stellenplan und die Befugnis, selbst über Stellenausweitungen oder -kürzungen zu entscheiden. Nach der gesetzlichen Regelung ist der Angestellte vielmehr bereits dann als „im Lager“ des Arbeitgebers stehend anzusehen, wenn er selbständig darüber entscheiden kann, wer in einem wesentlichen Bereich des Unternehmens eingestellt oder entlassen wird.

39

bb) Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, die Personalverantwortung des Klägers habe zu einem wichtigen Teilbereich seiner Führungsaufgaben gezählt. Es hat dies aus der Bedeutung der von dem Kläger geleiteten Abteilung für den unternehmerischen Erfolg der Beklagten zu 1) abgeleitet. Mit seinem hiergegen gerichteten neuen Sachvortrag zur Art des von seiner Abteilung verantworteten Geschäfts und der tariflichen Eingruppierung seiner Mitarbeiter kann der Kläger in der Revision gem. § 559 Abs. 1 ZPO nicht mehr gehört werden. Das Landesarbeitsgericht musste auch nicht aufklären, ob es entsprechend dem Vorbringen des Klägers nur eine Entlassung und maximal zehn Einstellungen in seiner Abteilung während der Zeit seiner Leitung gegeben hat. Die Personalkompetenz iSv. § 14 Abs. 2 KSchG muss zwar einen wesentlichen Teil der Tätigkeit des Angestellten ausmachen. Hierfür kommt es aber nicht allein darauf an, welchen zeitlichen Anteil sie an der Tätigkeit des Angestellten hat. Maßgeblich ist, ob sie von wesentlicher Bedeutung für das Unternehmen und damit als Teil der Tätigkeit des Angestellten qualitativ nicht unwesentlich ist. Dies war nach der Würdigung des Landesarbeitsgerichts beim Kläger der Fall. Der Kläger hat seine Befugnisse nach der Würdigung des Landesarbeitsgerichts auch tatsächlich ausgeübt.

40

Der Kläger rügt in der Revision ohne Erfolg, er habe in diesem Zusammenhang vorgetragen, über die eine Entlassung und die fünf bis zehn Einstellungen nicht selbst entschieden zu haben. Sein Vorbringen war nach dem Tatbestand der angefochtenen Entscheidung streitig. Die Richtigstellung des Tatbestands kann nicht im Wege der Verfahrensrüge, sondern nur durch einen Antrag nach § 320 ZPO erreicht werden(BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 377/10 - Rn. 34, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 69 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 68; 26. Februar 1987 - 2 AZR 177/86 - zu B II 1 b der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 15 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 24; BGH 22. September 2008 - II ZR 235/07 - zu II 1 a der Gründe, DStR 2008, 2228; 2. Juli 2007 - II ZR 111/05 - zu B III 1 der Gründe, ZIP 2007, 1942; Müller-Glöge in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG 7. Aufl. § 74 Rn. 106; Schwab/Weth/Ulrich ArbGG 3. Aufl. § 74 Rn. 57 ). Einen solchen Antrag hat der Kläger nicht gestellt.

41

d) Die Rüge des Klägers, das Landesarbeitsgericht habe den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme gem. § 355 ZPO verletzt, weil es die Zeugen nicht selbst vernommen, sondern darum das Arbeitsgericht ersucht habe, ist unbegründet. Selbst wenn man darin einen Verfahrensverstoß sehen wollte, wäre dieser gem. § 295 Abs. 1 ZPO geheilt. Der Kläger hätte diese Rüge bereits in der auf die Beweisaufnahme folgenden mündlichen Verhandlung erheben müssen (vgl. BGH 2. Februar 1979 - V ZR 146/77 - zu I der Gründe, NJW 1979, 2518; 16. Oktober 1963 - IV ZR 17/63 - BGHZ 40, 179; Zöller/Greger ZPO 29. Aufl. § 355 Rn. 8). Dies hat er nicht getan.

42

aa) Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Inanspruchnahme des ersuchten Richters, welche die Aufhebung des Berufungsurteils erfordern könnte (vgl. dazu BGH 2. Februar 1979 - V ZR 146/77 - NJW 1979, 2518), sind nicht ersichtlich.

43

bb) Der gerügte Verfahrensverstoß ist nicht erst durch das Urteil des Landesarbeitsgerichts erkennbar geworden, so dass der Kläger die Rüge im Berufungsverfahren noch nicht hätte erheben können (zu den Konsequenzen vgl. BGH 4. November 2010 - I ZR 190/08 - zu II 2 der Gründe, NJW-RR 2011, 569; 9. Januar 1997 - III ZR 162/95 - zu I 2 der Gründe, AP ZPO § 355 Nr. 2). Der Kläger beruft sich zum einen darauf, es habe schon im Beweisbeschluss des Landesarbeitsgerichts eine Begründung dafür gefehlt, warum mit der Beweisaufnahme ein anderes Gericht ersucht worden sei. Dies war bereits mit Erlass des Beweisbeschlusses erkennbar. Zum anderen macht er geltend, es sei von vornherein mit widersprechenden Zeugenaussagen zu rechnen gewesen. Auch dies wurde nicht erst durch das Berufungsurteil erkennbar - zumal das Landesarbeitsgericht eine Widersprüchlichkeit der Zeugenaussagen nicht angenommen hat.

44

e) Die Beweiswürdigung des Landesarbeitsgerichts hält auch in der Sache einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

45

aa) Eine vom Berufungsgericht nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorgenommene Würdigung des Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme ist durch das Revisionsgericht nur begrenzt überprüfbar. Dieses kann lediglich prüfen, ob das Berufungsgericht die Voraussetzungen und Grenzen des § 286 ZPO gewahrt und eingehalten hat. Dafür ist nur von Bedeutung, ob das Berufungsgericht den gesamten Inhalt der Verhandlung berücksichtigt und alle erhobenen Beweise gewürdigt hat, ob die Beweiswürdigung in sich widerspruchsfrei und ohne Verletzung von Denkgesetzen sowie allgemeinen Erfahrungssätzen erfolgt und ob sie rechtlich möglich ist. Dabei verlangt die Berücksichtigung des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nicht eine Würdigung jeder einzelnen Ausführung eines Sachverständigen oder Zeugen. Ausreichend ist, dass das Berufungsgericht insgesamt widerspruchsfrei und umfassend hinsichtlich aller wesentlichen Aspekte zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung genommen hat (BAG 27. Juli 2011 - 7 AZR 402/10 - Rn. 51, EzA TzBfG § 17 Nr. 14; 18. Januar 2007 - 2 AZR 759/05 - Rn. 28, PatR 2008, 34; BGH 14. Januar 1993 - IX ZR 238/91 - zu B II 3 a der Gründe, NJW 1993, 935).

46

bb) Danach ist ein Fehler des Landesarbeitsgerichts nicht ersichtlich. Dieses hat widerspruchsfrei und umfassend hinsichtlich aller wesentlichen Aspekte zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung genommen. Es hat es aufgrund der Aussagen der vernommenen anderen Abteilungsleiter als erwiesen angesehen, dass die Personalverantwortung des Klägers für die ihm unterstellten Mitarbeiter zu einem wichtigen Teilbereich seiner Führungsaufgaben gezählt hat. Die Zeugen hätten übereinstimmend ausgesagt, dass sie zwar auf die vorherige Genehmigung einer Stelle durch die sog. Clearingkommission des Konzerns angewiesen seien. Nach Genehmigung einer Stelle hätten sie aber eigenständig darüber zu entscheiden, wie diese ausgeschrieben werde und welcher Kandidat zum Zuge komme. Eine Genehmigung durch den Vorstand oder einzelne Vorstandsmitglieder sei nicht erforderlich. Soweit der Kläger gerügt hat, die vernommenen Abteilungsleiter hätten nur ihre jeweils eigene Kompetenz darstellen können, hat er übersehen, dass das Landesarbeitsgericht der Aussage eines der Zeugen gerade entnommen hat, das Einstellungsprozedere sei in jeder Abteilung gleich gewesen, ebenso die Zuständigkeit für die Sachentscheidungen bei Entlassungen.

47

3. Der gerichtlichen Auflösung steht nicht entgegen, dass die - hilfsweise erklärte ordentliche - Kündigung der Beklagten vom 21. November 2006 schon aus anderen Gründen als dem Fehlen einer sozialen Rechtfertigung rechtsunwirksam wäre. Dies hat das Landesarbeitsgericht mit nicht zu beanstandender Würdigung ausgeschlossen. Insbesondere ist der Sprecherausschuss der leitenden Angestellten nach § 31 Abs. 2 SprAuG ordnungsgemäß vor Ausspruch der Kündigung gehört worden.

48

4. Die Abfindung gem. §§ 9, 10 KSchG kann in einem einheitlichen Arbeitsverhältnis in der Regel nur einheitlich festgesetzt werden. Bemessungsgrundlage („Monatsverdienst“ iSd. § 10 Abs. 3 KSchG) sind die Bezüge, die dem Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis insgesamt zustehen (BAG 27. März 1981 - 7 AZR 523/78 - zu II 4 b der Gründe, BAGE 37, 1). Das Landesarbeitsgericht hat einen Betrag in Höhe von zwölf durchschnittlichen Bruttomonatseinkommen unter Einbezug von Sonderzahlungen festgesetzt. Dies hält sich im Rahmen von § 10 Abs. 1 und Abs. 3 KSchG.

49

III. Die Anschlussrevision der Beklagten ist auch insoweit unbegründet, wie sie sich gegen die Entscheidung über den Zahlungsantrag richtet. Der Kläger hat Anspruch auf die noch offene Vergütung für November und auf Vergütung für Dezember 2006 gem. §§ 615, 611 BGB. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat im Anspruchszeitraum fortbestanden. Aufgrund der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung befanden sich die Beklagten im Annahmeverzug iSv. §§ 293 ff. BGB. Der Anspruch auf die Zuschüsse zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung für Dezember 2006 ergibt sich aus § 257 SGB V und § 61 SGB II. Der Senat hatte gem. §§ 65, 73 Abs. 2 ArbGG nicht zu prüfen, ob der beschrittene Rechtsweg insoweit zulässig ist(vgl. zur Unzuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen für die Arbeitgeberzuschüsse zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung BAG 19. August 2008 - 5 AZB 75/08 - Rn. 6, AP ArbGG 1979 § 2 Zuständigkeitsprüfung Nr. 12 = EzA ArbGG 1979 § 2 Nr. 72). Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB.

50

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO. Die Beklagten zu 1) bis 3) haften gem. § 100 Abs. 4 ZPO gesamtschuldnerisch.

        

    Kreft     

        

    Eylert    

        

    Rachor     

        

        

        

    Frey    

        

    Grimberg     

        

        

(1) Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person für die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,
2.
in Betrieben einer Personengesamtheit für die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen.

(2) Auf Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Angestellte, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind, finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit Ausnahme des § 3 Anwendung. § 9 Abs. 1 Satz 2 findet mit der Maßgabe Anwendung, daß der Antrag des Arbeitgebers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses keiner Begründung bedarf.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.