Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 25. März 2014 - 2 Sa 216/13

bei uns veröffentlicht am25.03.2014

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

II. Auf die Klageerweiterung der Klägerin wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin

1. Arbeitsentgelt für die Monate Januar 2013 bis Januar 2014 in Höhe von insgesamt 34.476,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von insgesamt 21.797,00 EUR zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

aus einem Betrag in Höhe von 2.652,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.020,90 EUR seit dem 01.02.2013,

aus einem Betrag in Höhe von weiteren 2.652,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.020,90 EUR seit dem 01.03.2013,

aus einem Betrag in Höhe von weiteren 2.652,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.020,90 EUR seit dem 01.04.2013,

aus einem Betrag in Höhe von weiteren 2.652,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.020,90 EUR seit dem 01.05.2013,

aus einem Betrag in Höhe von weiteren 2.652,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.020,90 EUR seit dem 01.06.2013,

aus einem Betrag in Höhe von weiteren 2.652,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.020,90 EUR seit dem 01.07.2013,

aus einem Betrag in Höhe von weiteren 2.652,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.020,90 EUR seit dem 01.08.2013,

aus einem Betrag in Höhe von weiteren 2.652,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.020,90 EUR seit dem 01.09.2013,

aus einem Betrag in Höhe von weiteren 2.652,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.020,90 EUR seit dem 01.10.2013,

aus einem Betrag in Höhe von weiteren 2.652,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.020,90 EUR seit dem 01.11.2013,

aus einem Betrag in Höhe von weiteren 2.652,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 238,21 EUR seit dem 01.12.2013,

aus einem Betrag in Höhe von weiteren 2.652,00 EUR brutto seit dem 01.01.2014,

aus einem Betrag in Höhe von weiteren 2.652,00 EUR brutto seit dem 01.02.2014;

2. eine Sonderzahlung in Höhe von 318,24 EUR brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2013.

III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Befristung, einer arbeitgeberseitigen Kündigung sowie über verschiedene Zahlungsansprüche der Klägerin.

2

Dem liegt ausweislich des Tatbestandes des Urteils des Arbeitsgerichts Neubrandenburg vom 24.04.2013 – 3 Ca 819/12 – folgender Sachverhalt zugrunde:

3

Die Beklagte betreibt als Klinik ein Zentrum für psychosomatische Rehabilitation und Verhaltensmedizin mit ca. 200 Behandlungsplätzen. Das Indikationsspektrum umfasst somatoforme Störungen aller Organsysteme einschließlich Schmerzsyndromen, Essstörungen, Schlafstörungen, sexuelle Funktionsstörungen sowie sämtliche psychosomatischen Erkrankungen im engeren Sinne, depressive Syndrome, Angst- und Zwangsstörungen, akute und posttraumatische Belastungsstörungen, Persönlichkeitsstörungen sowie Störungen der Impulskontrolle, wobei die Behandlung von Personen mit Problemen am Arbeitsplatz sowie von Patienten mit chronischen Schmerzstörungen und Patienten mit posttraumatischer Belastungsstörung einen besonderen Schwerpunkt der Klinik darstellen. Die Behandlung der Patienten erfolgt durch 6 Therapieteams, die Zuordnung der Patienten zu einem der Teams erfolgt entweder nach dem jeweiligen Schwerpunkt der Therapie oder nach der sozialen Gruppierung Mutter (Vater)/Kind.

4

Die Klägerin war bei der Beklagten auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 03.12.2010 seit dem 01.02.2011 zunächst unbefristet als Diplom-Psychologin in der A. Klinik C-Stadt beschäftigt. Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 25.07.2011 fristgemäß zum 08.08.2011 gekündigt und ging dabei von einer Kündigung während der Probezeit aus. Daraufhin hatten die Parteien noch am 25.07.2011 mit Wirkung vom 09.08.2011 befristet bis zum 08.08.2012 einen weiteren Arbeitsvertrag geschlossen. Danach war die Klägerin als Diplom-Psychologin mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 32 Stunden gegen eine monatliche Bruttovergütung von 2.600,00 € beschäftigt. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Vertrages wird auf die unter Blatt 6 d. A. vorliegende Kopie verwiesen.

5

Mit der am 27.08.2012 vor dem Arbeitsgericht Neubrandenburg erhobenen Klage macht die Klägerin die Unwirksamkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses und ihre Weiterbeschäftigung über den 08.08.2012 hinaus geltend.

6

Die Beklagte hatte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 13.09.2012 gekündigt. Die Parteien streiten um den Zeitpunkt des Zugangs dieses Kündigungsschreibens bei der Klägerin. Gegen diese Kündigung erhob die Klägerin mit Schriftsatz vom 10.10.2012 am 10.10.2012 vor dem Arbeitsgericht Neubrandenburg Kündigungsschutzklage. Der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung.

7

Die Klägerin macht das Fehlen eines sachlichen Grundes für die Befristung des Arbeitsverhältnisses geltend und verweist im Übrigen auf das wegen der vorausgehenden unbefristeten Beschäftigung bei der Beklagten bestehende Anschlussverbot nach § 14 II TzBfG.

8

Die Klägerin bestreitet das Vorbringen der Beklagten zur Kritikwürdigkeit ihrer Arbeitsweise. Während der Probzeit sei nur ein Gespräch im Beisein des Chefarztes und der leitenden Psychologin Frau K. geführt worden. In diesem am 23.04.2011 durchgeführten Gespräch sei Bilanz gezogen worden. Keinesfalls sei ihr auf „Drängen und Bitten“ hin eine zweite Chance gewährt worden. Vielmehr seien der Chefarzt Dr. K. und die Verwaltungsdirektorin Frau R. auf sie zugekommen und hätten sie darum gebeten, einen neuen Arbeitsvertrag zu unterschreiben. Zu diesem Zeitpunkt habe eine prekäre Personalsituation geherrscht. Mehrere Bezugstherapeuten hätten im Sommer die Klinik verlassen und die Patienten hätten nicht mehr ausreichend versorgt werden können. Die Beklagte sei froh gewesen, die Klägerin weiterbeschäftigen zu können. Im Team 5 habe die Klägerin inhaltlich identische Tätigkeiten mit gleichen Anforderungen wie zuvor im Team 4 ausgeübt. Das Team 5 habe sich damals in einem schwierigen Zustand befunden und die Klägerin habe zur Stabilisierung dieses Teams beitragen sollen.

9

Die Klägerin geht vom erstmaligen Zugang des Kündigungsschreibens durch Übermittlung per Fax an ihren Prozessbevollmächtigten am 11.10.2012 aus. Im Übrigen sei auch bei dem frühestmöglichen hypothetischen Zeitpunkt des Zugangs dem 19.09.2012, von der rechtzeitigen Erhebung der Kündigungsschutzklage auszugehen. Sie habe frühestens am 19.09.2012 das Kündigungsschreiben bei der Post abholen können.

10

Die Klägerin macht für den Zeitraum von August 2012 bis Dezember 2012 unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs Arbeitsvergütung abzüglich gezahlter Vergütung und des erhaltenen Arbeitslosengeldes geltend. Im Weiteren fordert sie gem. § 4 I des Tarifvertrages Sonderzahlung vom 02.03.2006 die jährliche Sonderzahlung in Höhe von 318,24 € brutto, die mit dem Novembergehalt spätestens am letzten Werktag des Monats November 2012 auszuzahlen gewesen wäre.

11

Mit dem vorgenannten Urteil hat das Arbeitsgericht für Recht erkannt:

1.

12

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht auf Grund der Befristung zum 08.08.2012 beendet worden ist, sondern als unbefristetes Arbeitsverhältnis über den 08.08.2012 hinaus fortbesteht.

2.

13

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin über den Ablauf des 08.08.2012 hinaus bis zu einer rechtkräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag zu den im Arbeitsvertrag vom 25.07.2011 geregelten Arbeitsbedingungen als Diplom-Psychologin weiterzubeschäftigen.

3.

14

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die Kündigung der Beklagten vom 13.09.2012 nicht aufgelöst worden ist.

4.

15

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 31.10.2012 hinaus fortbesteht.

5.

16

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Arbeitsentgelt für den Monat August 2012 in Höhe von 2.936,78 € brutto abzüglich gezahlter 717,52 € netto, abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 544,48 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2012.

6.

17

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Arbeitsentgelt für die Monate September bis Dezember 2012 in Höhe von insgesamt 10.608,00 € brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von insgesamt 4.083,60 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 2.652,00 € brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.020,90 € seit dem 01.10.2012, aus einem Betrag in Höhe von weiteren 2.652,00 € brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.020,90 € seit dem 01.11.2012, aus einem Betrag in Höhe von weiteren 2.652,00 € brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.020,90 € seit dem 01.12.2012 sowie aus einem weiteren Betrag in Höhe von 2.652,00 € brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.020,90 € seit dem 01.01.2013.

7.

18

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin über den Ablauf des 31.10.2012 hinaus bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag zu den im Arbeitsvertrag vom 25.07.2011 geregelten Arbeitsbedingungen als Diplom-Psychologin weiterzubeschäftigen.

8.

19

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine Sonderzahlung in Höhe von 318,24 € brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2012.

9.

20

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

10.

21

Der Streitwert wird auf 27.080,64 € festgesetzt.

22

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Die Befristung des Arbeitsverhältnisses sei ausschließlich erfolgt, um der Klägerin eine zweite Chance zu geben. Sie habe auf eine weitere Erprobung gedrängt. In einem Gespräch am 25.07.2011 seien der Klägerin die Beschwerden von Patienten und Kollegen erläutert worden. Die Klägerin habe daraufhin positiv reagiert und um Rücknahme der Kündigung und einer Weiterbeschäftigung gebeten. Aus diesem Grunde sei dann die Befristung erfolgt. Jedenfalls sei das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 13.09.2012 beendet worden. Die Kündigung in der Probezeit hätte als Abmahnung verstanden werden müssen. Die unerwünschten Verhaltensweisen der Klägerin hätten danach angedauert.

23

Die Beklagte beantragt,

24

das Urteil des Arbeitsgerichts Neubrandenburg abzuändern und die Klage abzuweisen.

25

Die Klägerin beantragt,

26

die Berufung zurückzuweisen.

27

Sie tritt der angefochtenen Entscheidung bei.

28

Klageerweiternd beantragt sie,

1.

29

Die Beklagte wird verurteilt,

30

an die Klägerin Arbeitsentgelt für die Monate Januar 2013 bis Januar 2014 in Höhe von insgesamt 34.476,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von insgesamt 21.797,00 EUR zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

31

aus einem Betrag in Höhe von 2.652,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.020,90 EUR seit dem 01.02.2013,

32

aus einem Betrag in Höhe von weiteren 2.652,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.020,90 EUR seit dem 01.03.2013,

33

aus einem Betrag in Höhe von weiteren 2.652,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.020,90 EUR seit dem 01.04.2013,

34

aus einem Betrag in Höhe von weiteren 2.652,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.020,90 EUR seit dem 01.05.2013,

35

aus einem Betrag in Höhe von weiteren 2.652,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.020,90 EUR seit dem 01.06.2013,

36

aus einem Betrag in Höhe von weiteren 2.652,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.020,90 EUR seit dem 01.07.2013,

37

aus einem Betrag in Höhe von weiteren 2.652,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.020,90 EUR seit dem 01.08.2013,

38

aus einem Betrag in Höhe von weiteren 2.652,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.020,90 EUR seit dem 01.09.2013,

39

aus einem Betrag in Höhe von weiteren 2.652,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.020,90 EUR seit dem 01.10.2013,

40

aus einem Betrag in Höhe von weiteren 2.652,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.020,90 EUR seit dem 01.11.2013,

41

aus einem Betrag in Höhe von weiteren 2.652,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 238,21 EUR seit dem 01.12.2013,

42

aus einem Betrag in Höhe von weiteren 2.652,00 EUR brutto seit dem 01.01.2014,

43

aus einem Betrag in Höhe von weiteren 2.652,00 EUR brutto seit dem 01.02.2014.

2.

44

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine Sonderzahlung in Höhe von 318,24 € brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2012.

45

Die Beklagte beantragt,

46

die Klage insoweit abzuweisen.

47

Die Ansprüche seien nicht zur Entscheidung reif. Der Anspruch auf Sonderzahlung sei gemäß § 28 MTV verfallen.

48

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

1.

49

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

50

Das Arbeitsgericht Neubrandenburg hat mit zutreffender Begründung der Klage stattgegeben. Zu den Angriffen der Berufung gilt Folgendes:

51

Die angegriffene Befristung des Arbeitsverhältnisses bedarf gemäß § 14 Abs. 1 Teilzeitbefristungsgesetz eines sachlichen Grundes. Auf die Möglichkeit einer kalendermäßigen Befristung gemäß § 14 Abs. 2 Teilzeitbefristungsgesetz kann die Beklagte sich nicht berufen, weil bereits zuvor ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Ein Befristungsgrund ist nicht erkennbar. Voraussetzung für den Befristungsgrund der Erprobung gemäß § 14 Abs. 1 Ziffer 5 Teilzeitbefristungsgesetz ist, dass die Erprobung nicht schon in einem vorgeschalteten Arbeitsverhältnis erfolgte (Müller/Glöge in ErfK § 14 Teilzeitbefristungsgesetz, Rn. 49). Im Allgemeinen wären nach dem Vorbild des § 1 KSchG und der Kündigungsfristenregelung für Kündigungen während der Probezeit sechs Monate ausreichend (Müller/Glöge in ErfK § 14 Teilzeitbefristungsgesetz, Rn. 49, BAG 02.06.2010 – 7 AZR 85/09 -). Eine weitere Erprobung kann sachgerecht sein, wenn sich die ursprüngliche Erprobungszeit auf Grund besonderer Umstände insbesondere auf Grund der spezifischen persönlichen Situation des Arbeitnehmers als nicht ausreichend erwiesen hatte (vgl. BAG a. a. O.). Hiervon kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden. Es mag durchaus sein, dass bei der Beklagten eine Unzufriedenheit über die Leistungen der Klägerin bestand, die dann auch entsprechend zu der Kündigung in der Probezeit geführt hat. Der nochmalige Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages ist jedoch nach Auffassung der Kammer in erster Linie der Personalsituation der Beklagten geschuldet gewesen. Die Klägerin hat unwidersprochen darauf hingewiesen, dass zum damaligen Zeitpunkt die Personalsituation angespannt war. Ferner ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Klägerin bereits im ersten Gespräch mit dem Chefarzt am 12.07.2011 erklärt worden sei, sie werde nach Erhalt der Probezeitkündigung befristet weiter beschäftigt werden. Bei dieser Sachlage kann es auf die Erklärungen der Klägerin in dem Gespräch vom 25.07.2011, die angeblich für den Abschluss des befristeten Vertrages ursächlich waren, nicht angekommen sein. Auch ist unstreitig, dass zum Zeitpunkt des zweiten Gespräches der schriftliche Arbeitsvertrag bereits vorlag. Hinzu kommt, dass es nach Ansicht der Kammer unüblich ist, dass ein Arbeitgeber sich einerseits zu einer Kündigung in der Probezeit entschließt, andererseits aber ohne entsprechende betriebliche Erfordernisse den Arbeitnehmer trotz seiner angeblich unzureichenden Leistungen befristet weiter beschäftigt.

52

Das Arbeitsgericht hat zu Recht auch die Kündigung vom 13.09.2012 für unwirksam erachtet. Selbst wenn man die Kündigung in der Probezeit in Verbindung mit den stattgefundenen Gesprächen als Abmahnung umdeuten würde, fehlt es an der substantiierten Darlegung der Gründe für eine verhaltensbedingte Kündigung. Der Vortrag, dass die unerwünschten Verhaltensweisen nach der Probezeitkündigung angedauert hätten, ist so allgemein gehalten, dass er für den betroffenen Arbeitnehmer noch nicht einmal erwiderungsfähig ist.

2.

53

Der Klägerin stehen unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges (§§ 611, 615 BGB) auch die geltend gemachten Monatsvergütungen für die Monate Januar 2013 bis Januar 2014 zu. Hinsichtlich der Zulässigkeit einer derartigen Klageerweiterung kann auf die Ausführungen in dem Urteil des Landesarbeitsgerichtes Niedersachen – 1 Sa 832/09 Bezug genommen werden. Böswilliges Unterlassen eines anderweitigen Erwerbs gemäß § 615 BGB liegt nicht vor. Die Klägerin war arbeitslos gemeldet.

54

Hinsichtlich der Sonderzahlung ist die Ausschlussfrist eingehalten worden. Mit einer Bestandsschutzklage wahrt der Arbeitnehmer, ohne dass es einer bezifferten Geltendmachung bedarf, die erste Stufe einer tariflichen Ausschlussfrist für alle vom Ausgang dieses Rechtsstreits abhängigen Ansprüche (BAG vom 19.09.2012 – 5 AZR 628/11 -).

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 25. März 2014 - 2 Sa 216/13

Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 25. März 2014 - 2 Sa 216/13

Referenzen - Gesetze

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 615 Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko


Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch de
Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 25. März 2014 - 2 Sa 216/13 zitiert 4 §§.

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 615 Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko


Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch de

Referenzen - Urteile

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 25. März 2014 - 2 Sa 216/13 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 25. März 2014 - 2 Sa 216/13 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 19. Sept. 2012 - 5 AZR 628/11

bei uns veröffentlicht am 19.09.2012

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 11. März 2011 - 18 Sa 1794/10 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 02. Juni 2010 - 7 AZR 85/09

bei uns veröffentlicht am 02.06.2010

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 10. Dezember 2008 - 5 Sa 58/08 - wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 10. Dezember 2008 - 5 Sa 58/08 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am 14. Januar 2008 geendet hat.

2

Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 15. Januar 2007 aufgrund eines Arbeitsvertrags vom selben Tag „auf unbestimmte Zeit als Vollbeschäftigter“ mit einer Probezeit von sechs Monaten tätig. Er war bei der Landespolizeiverwaltung als Sachbearbeiter im Bereich der Kopiererbetreuung und Warenannahme bei einem Bruttomonatseinkommen iHv. 1.500,00 Euro beschäftigt. Er hat einen Grad der Behinderung (GdB) von 30 und ist einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Den GdB sowie die zum damaligen Zeitpunkt von der Arbeitsagentur gegebene Gleichstellungszusicherung gab der Kläger bei seiner Stellenbewerbung an. Im Frühjahr 2007 teilte der Kläger dem Schwerbehindertenbeauftragten der Beklagten mit, dass er an dem - seiner Behinderung zugrunde liegenden - sog. Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom leide.

3

Nach Einschätzung der Beklagten vermochte der Kläger die Tätigkeiten der Kopiererbetreuung zufriedenstellend auszuüben, während seine Arbeitsleistung im Bereich der Warenannahme trotz intensiver Einarbeitung als mangelhaft beurteilt wurde. Anlässlich des bekannt gewordenen Leidens des Klägers wurde am 23. April 2007 zwischen der Dienststellenleitung, dem Schwerbehindertenbeauftragten und einem Vertreter des Personalrats die Notwendigkeit einer arbeitsbegleitenden Unterstützung des Klägers erörtert. Mit Schreiben vom 27. April 2007 beantragte die Beklagte beim zuständigen Integrationsamt eine Arbeitsbegleitung durch die Hamburger Arbeitsassistenz gGmbH. Am 29. Mai 2007 wurden in einem Gespräch, an dem ua. der Kläger und zwei Vertreterinnen des Integrationsamts teilnahmen, Beginn und Dauer der beantragten Unterstützungsmaßnahme erörtert. Eine Vertreterin des Integrationsamts wies darauf hin, dass seitens der zuständigen Behörde eine Arbeitsbegleitung durch die Arbeitsassistenz für mindestens drei - besser sechs - Monate befürwortet und dem Antrag für eine kürzere Einarbeitungszeit nicht stattgegeben werde. Mit Bescheid der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz der Freien und Hansestadt Hamburg vom 4. Juni 2007 wurden der Beklagten Mittel für den Einsatz eines Job-Coaches für den Kläger für die Zeit vom 29. Mai bis zum 28. November 2007 und für insgesamt 160 Stunden zu den mit der Hamburger Arbeitsassistenz gGmbH vereinbarten Bedingungen bewilligt. Die Durchführung der Maßnahme durch die Gestellung zweier Arbeitsassistenten begann am 24. Juli 2007 und endete - nach antragsgemäßer Verlängerung des ursprünglich festgelegten Bewilligungszeitraums - am 14. Januar 2008.

4

Unterdessen schlossen die Parteien am 13. Juni 2007 einen Vertrag über die Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses „im gegenseitigen Einvernehmen mit Ablauf des 14. Juli 2007“ und sodann am 14. Juni 2007 einen schriftlichen, befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 15. Juli 2007 bis zum 14. Januar 2008. In diesem heißt es ua.:

        

„...   

        

§ 1

        

Herr F wird ab 15.07.2007 gemäß § 30 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) in Verbindung mit dem Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge vom 21. Dezember 2000 in der jeweils geltenden Fassung als Vollbeschäftigter befristet bis zum 14.01.2008 eingestellt.

        

Die Befristung erfolgt aus folgendem sachlichen Grund:           

        

Befristetes Probearbeitsverhältnis im Bereich der Kopiererbetreuung/Polizeipräsidium und Warenannahme nach nicht bestandener Probezeit, unterstützt durch zwei Arbeitsassistenten mit dem Ziel der erfolgreichen Einarbeitung, sowie der daraus resultierenden unbefristeten Weiterbeschäftigung, gem. § 14 (1) Nr. 5 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG).

        

§ 2

        

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag der Länder (TV-L) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für die Arbeitgeberin jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für die Arbeitgeberin jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung. Die gekündigten Beihilfeverträge finden keine Anwendung.

        

...“   

5

Mit am 21. Januar 2008 beim Arbeitsgericht erhobener Klage hat sich der Kläger gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zum 14. Januar 2008 gewandt und seine Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens begehrt. Er hat die Auffassung vertreten, die Befristung sei unwirksam. Die Beklagte habe sich auf den Sachgrund der Befristung zur Erprobung verbindlich festgelegt. Hierauf könne sie sich jedoch nicht berufen, denn sie habe bereits seit Begründung des Arbeitsverhältnisses am 15. Januar 2007 hinreichend Gelegenheit zur Erprobung gehabt. Auf eine Möglichkeit zur Bewährung auf dem Arbeitsplatz unter Hinzuziehung der Arbeitsassistenten als einen anderen sachlichen Grund könne die Befristung nicht gestützt werden. Damit würde die Beklagte gegen das aus § 242 BGB folgende Verbot widersprüchlichen Verhaltens verstoßen. Eine solche nochmalige Bewährungschance stelle im Übrigen keinen weiteren Sachgrund iSv. § 14 Abs. 1 TzBfG dar. Würde man dies annehmen, seien jedenfalls dessen Voraussetzungen nicht erfüllt. Zum einen sei eine erneute Probe- oder Bewährungszeit aufgrund der bereits vorangegangenen Probezeit bei gleichbleibender Tätigkeit ausgeschlossen. Zum anderen überschreite die insgesamt zwölf Monate dauernde Erprobung den als angemessen zu betrachtenden Befristungsrahmen.

6

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien aufgrund der Befristung vom 14. Juni 2007 nicht beendet ist und über den 14. Januar 2008 unbefristet fortbesteht und

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Mitarbeiter im Bereich Kopiererbetreuung/Warenannahme weiterzubeschäftigen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat den Standpunkt vertreten, der Sachgrund der Erprobung rechtfertige die Befristung des Arbeitsverhältnisses.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Befristungskontrollklage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aufgrund der in dem Arbeitsvertrag vom 14. Juni 2007 vereinbarten Befristung am 14. Januar 2008 geendet. Die Befristung ist wirksam. Der Weiterbeschäftigungsantrag fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an.

10

I. Die Klage ist zulässig. Bei dem Klageantrag zu 1. handelt es sich um eine Befristungskontrollklage nach § 17 Satz 1 TzBfG. Dem Antragswortlaut „…und über den 14. Januar 2008 unbefristet fortbesteht“, den auch das Arbeitsgericht in seiner klagestattgebenden Entscheidung wiedergegeben hat, kommt keine eigenständige Bedeutung im Sinne einer allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zu. Dies ergibt die Auslegung des Klageantrags unter Hinzuziehung der Klagebegründung. Streitgegenstand ist allein die Kontrolle der im Arbeitsvertrag vom 14. Juni 2007 vereinbarten Befristung des Arbeitsverhältnisses zum 14. Januar 2008. Andere Beendigungstatbestände sind zwischen den Parteien nicht im Streit.

11

II. Die Befristungskontrollklage ist unbegründet. Die in dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 14. Juni 2007 vereinbarte Befristung zum 14. Januar 2008 ist wirksam, denn sie ist durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt, § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG.

12

1. Die Befristung bedarf der Rechtfertigung durch einen sachlichen Grund. Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist eine sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Das Anschlussverbot nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG gilt auch dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - das neue Arbeitsverhältnis nur für die Dauer von maximal sechs Monaten befristet werden soll(ausf. BAG 6. November 2003 - 2 AZR 690/02 - zu B I 2 der Gründe mwN, BAGE 108, 269). Der Kläger war bereits aufgrund des unbefristeten Arbeitsvertrags vom 15. Januar 2007 bei der Beklagten beschäftigt.

13

2. Der kraft vertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis anzuwendende Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) enthält keine der vorliegenden Befristungsabrede grundsätzlich entgegenstehenden besonderen Bestimmungen. Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 TV-L sind befristete Arbeitsverträge zulässig auf der Grundlage des Teilzeit- und Befristungsgesetzes sowie anderer gesetzlicher Vorschriften über die Befristung von Arbeitsverträgen. § 2 Abs. 4 und § 30 Abs. 4 TV-L sind tarifliche Bestimmungen zur Dauer der Probezeit; sie regeln nicht die (Un-)Zulässigkeit des Abschlusses befristeter Arbeitsverträge zur Erprobung.

14

3. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts bedarf es keines Rückgriffs auf einen sonstigen, im Katalog des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 8 TzBfG nicht genannten Sachgrund. Die Befristung ist durch den Sachgrund der Erprobung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 TzBfG iVm. § 30 Abs. 1 Satz 1 TV-L gerechtfertigt.

15

a) Entgegen der Ansicht des Klägers spricht die Dauer seiner Erprobung nicht gegen den Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 TzBfG.

16

aa) § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 TzBfG nennt keine konkrete zeitliche Vorgabe zur Erprobungsdauer. Allerdings kann der vereinbarten Vertragslaufzeit Bedeutung im Rahmen der Prüfung des Befristungsgrundes zukommen. Sie muss sich am Sachgrund der Befristung orientieren und so mit ihm im Einklang stehen, dass sie nicht gegen das Vorliegen des Sachgrundes spricht. Aus der vereinbarten Vertragsdauer darf sich nicht ergeben, dass der Sachgrund tatsächlich nicht besteht oder nur vorgeschoben ist (BAG 26. August 1988 - 7 AZR 101/88 - zu III der Gründe mwN, BAGE 59, 265; 29. Juli 2009 - 7 AZR 907/07 - Rn. 29). Steht die vereinbarte Dauer der Erprobungszeit in keinem angemessenen Verhältnis zu der in Aussicht genommenen Tätigkeit, trägt der Sachgrund der Erprobung nicht. Im Allgemeinen werden nach dem Vorbild des § 1 KSchG und der Kündigungsfristenregelung für Kündigungen während der Probezeit(§ 622 Abs. 3 BGB) sechs Monate als Erprobungszeit ausreichen. Einschlägige Tarifverträge können Anhaltspunkte geben, welche Probezeit angemessen ist (BAG 15. März 1978 - 5 AZR 831/76 - AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 45 = EzA BGB § 620 Nr. 34). Längere Befristungen zur Erprobung aufgrund besonderer Einzelfallumstände sind aber - vorbehaltlich entgegenstehender einschlägiger und für das Arbeitsverhältnis geltender Tarifvorschriften - möglich (vgl. BAG 12. September 1996 - 7 AZR 31/96 - AP BGB § 611 Musiker Nr. 27 = EzA BGB § 620 Nr. 143). An einem sachlichen Grund der Erprobung fehlt es hingegen, wenn der Arbeitnehmer bereits ausreichende Zeit bei dem Arbeitgeber mit den von ihm zu erfüllenden Aufgaben beschäftigt war und der Arbeitgeber die Fähigkeiten des Arbeitnehmers hinreichend beurteilen kann (BAG 23. Juni 2004 - 7 AZR 636/03 - zu II 3 a der Gründe mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 12 = EzA TzBfG § 14 Nr. 10). Ein vorheriges befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis, in dem der Arbeitnehmer mit den gleichen Arbeitsaufgaben betraut war, spricht daher regelmäßig gegen den Sachgrund der Erprobung.

17

bb) Nach diesen Maßstäben ist die vorliegende Erprobungsbefristung nicht zu beanstanden.

18

(1) Allerdings verweist der Kläger zutreffend darauf, dass die Beklagte ihn letztlich 12 Monate erprobt hat. Die Beklagte hat mit dem Kläger am 13. Juni 2007 - also rund fünf Monate nach dessen unbefristeter Einstellung mit einer Probezeit von sechs Monaten am 15. Januar 2007 - eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 14. Juli 2007 vereinbart und einen Tag später ein befristetes Probearbeitsverhältnis für weitere sechs Monate begründet. Diese Erprobungszeit ist nicht durch die besondere Aufgabenstellung des Klägers gerechtfertigt. Dessen Arbeitsaufgaben haben sich auch nicht geändert. Nach § 2 Abs. 4 Satz 1, § 30 Abs. 4 TV-L ist im Übrigen eine Probezeit von längstens sechs Monaten angemessen.

19

(2) Die weitere sechsmonatige Erprobung war jedoch sachgerecht, da sich die ursprüngliche Erprobungszeit aufgrund besonderer Umstände als nicht ausreichend erwiesen hatte. Wegen der spezifischen persönlichen Situation des Klägers zum Zeitpunkt des Abschlusses des befristeten Arbeitsvertrags war seine längere Erprobung unter Hinzuziehung einer Arbeitsassistenz angezeigt. Die gezielte tätigkeitsbegleitende Unterstützungsmaßnahme war veranlasst, um ihm ggf. eine Erbringung seiner arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeiten zu ermöglichen und sein Leistungsvermögen, das bis dahin als mangelhaft eingeschätzt wurde, angesichts der bekannt gewordenen Behinderung überhaupt zuverlässig beurteilen zu können. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit für den Senat nach § 559 Abs. 2 ZPO bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts war eine effektive und zeitlich ausreichende Hilfestellung für den Kläger mittels der behinderungsspezifischen Arbeitsassistenz innerhalb der Probezeit im unbefristeten Arbeitsverhältnis aus organisatorischen Gründen nicht zu realisieren. Wenn sich die Parteien im Hinblick hierauf auf eine einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsvertrags verständigt haben und die Beklagte im Rahmen eines befristeten Probearbeitsverhältnisses die Eignung des Klägers für den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz bei einer Inanspruchnahme assistierender Begleitmaßnahmen verlässlicher prüfen wollte, rechtfertigt der damit weiterhin verfolgte Erprobungszweck unter behinderungsadäquaten Bedingungen die Befristung des Arbeitsvertrags.

20

b) Entgegen der Befürchtung der Revision droht bei einer Einbeziehung persönlicher Besonderheiten des Arbeitnehmers bei der Prüfung des Befristungsgrundes der Erprobung kein „uferloses Verständnis“ von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 TzBfG. Bei der Erprobungsbefristung können in der Person des Arbeitnehmers liegende Umstände berücksichtigt werden. Die Eignung eines Arbeitnehmers, die der Arbeitgeber während der Probezeit berechtigterweise prüfen will, hängt ua. von den für die Arbeitsleistung relevanten persönlichen Fähigkeiten ab. Im Streitfall konnte trotz der vorangegangenen Beschäftigung im unbefristeten Arbeitsverhältnis noch nicht von einer ausreichenden Erprobung des Klägers ausgegangen werden, weil seine Kompetenzen für die zu erfüllende Arbeitsaufgabe zwar möglicherweise vorhanden sein, aber erst mit besonderer, leidensgerechter Hilfestellung abgerufen werden konnten.

21

III. Der zu 2. gestellte Weiterbeschäftigungsantrag fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an. Auch wenn die Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits nicht explizit für den Fall des Obsiegens mit dem Befristungskontrollantrag begehrt worden ist, ist ein solches Eventualverhältnis regelmäßig anzunehmen (vgl. zB BAG 21. Januar 2009 - 7 AZR 630/07 - AP TzBfG § 14 Nr. 57 = EzA TzBfG § 14 Nr. 55). Diese innerprozessuale Bedingung tritt nicht ein, wenn die Befristungskontrollklage abgewiesen wird. Im Übrigen wäre infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Weiterbeschäftigungsantrag unbegründet.

22

IV. Der Kläger hat die Kosten der erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

        

    Linsenmaier    

        

    Gräfl    

        

    Schmidt    

        

        

        

    Bea    

        

    D. Glock    

                 

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 11. März 2011 - 18 Sa 1794/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütung wegen Annahmeverzugs.

2

Der 1964 geborene Kläger ist seit 1991 bei der Beklagten in deren Betrieb in E als Produktionsmitarbeiter/Maschinenführer beschäftigt. Die Beklagte ist Mitglied im Arbeitgeberverband Steine und Erden Hessen und Thüringen e. V. In einem mit der IG BCE abgeschlossenen Haustarifvertrag ist vereinbart, dass im Betrieb in E die jeweils gültigen tariflichen Bestimmungen der Industrie der Steine und Erden im Lande Hessen Anwendung finden. Diese tariflichen Bestimmungen wandte die Beklagte durchgehend auf das Arbeitsverhältnis der Parteien an.

3

§ 8 des Rahmentarifvertrags für die Arbeitnehmer der Industrie der Steine und Erden im Lande Hessen vom 27. April 2005 (im Folgenden: RTV) lautet:

        

„1.     

Ansprüche aus Mehrarbeit, Nachtarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit, auf Zahlung von Zuschlägen jeder Art verfallen, wenn sie nicht innerhalb von vier Wochen nach Fälligkeit bei dem Arbeitgeber geltend gemacht werden.

        

2.    

Alle sonstigen beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach Fälligkeit schriftlich erhoben werden.

        

3.    

Werden die Ansprüche abgelehnt, so verfallen sie, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung gerichtlich geltend gemacht werden.“

4

Mit Schreiben vom 12. und 27. März 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers jeweils zum 30. September 2008. Das Arbeitsgericht stellte mit Urteil vom 1. Oktober 2008 (- 1 Ca 749/08 -) fest, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die Kündigung der Beklagten vom 12. noch durch die Kündigung vom 27. März 2008 beendet wurde, und verurteilte die Beklagte zur vorläufigen Weiterbeschäftigung des Klägers zu unveränderten Arbeitsbedingungen.

5

Die Beklagte teilte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 1. Oktober 2008 schriftlich mit:

        

„Bezüglich des von ihnen reklamierten Weiterbeschäftigungsanspruches ist eine Zwangsvollstreckung nicht erforderlich. Ihr Mandant wird allein zur Vermeidung einer solchen Zwangsvollstreckung ab dem 01.10.08 weiterbeschäftigt.“

6

Ab dem 1. Oktober 2008 beschäftigte die Beklagte den Kläger während des laufenden Kündigungsschutzprozesses weiter. Bis einschließlich Juli 2009 vergütete sie lediglich die geleisteten Arbeitsstunden des Klägers ohne Zuschläge und Sonderzahlungen. Entgeltfortzahlung an Feiertagen und Urlaubsentgelt zahlte sie nicht. Mit Schreiben vom 31. Oktober 2008 beanstandete der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Höhe der Vergütung für Oktober 2008 und verlangte eine Auszahlung des rückständigen Betrags. In der Folgezeit beschwerte sich der Kläger mehrfach über die Höhe der Vergütung.

7

Im Kündigungsschutzverfahren wies das Landesarbeitsgericht die Berufung der Beklagten mit Urteil vom 29. Mai 2009 (- 7 Sa 1643/08 -) zurück. Das den Parteien am 3. Juli 2009 zugestellte Urteil wurde rechtskräftig. Ab dem 1. August 2009 wickelten die Parteien das Arbeitsverhältnis wieder vertragsgemäß ab.

8

Mit der am 8. März 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger für die Zeit vom 1. Oktober 2008 bis 31. Juli 2009 Differenzvergütung beansprucht.

9

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.498,69 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 8. Januar 2010 zu zahlen.

10

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Die Ansprüche seien verfallen.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist begründet. Die Vergütungsansprüche des Klägers sind nicht verfallen. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. In welcher Höhe dem Kläger noch Ansprüche zustehen, kann der Senat nicht entscheiden. Es bedarf hierzu weiterer tatsächlicher Feststellungen. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung (§ 563 Abs. 1 ZPO).

13

I. Die Vergütungsansprüche des Klägers sind nicht gemäß § 8 Ziff. 3 RTV verfallen. Vielmehr ist § 8 Ziff. 3 RTV verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass mit Erhebung einer Bestandsschutzklage (Kündigungsschutz- oder Befristungskontrollklage) die davon abhängigen Ansprüche wegen Annahmeverzugs im Sinne der tariflichen Ausschlussfrist gerichtlich geltend gemacht sind.

14

1. Mit einer Bestandsschutzklage wahrt der Arbeitnehmer, ohne dass es einer bezifferten Geltendmachung bedarf, die erste Stufe einer tariflichen Ausschlussfrist für alle vom Ausgang dieses Rechtsstreits abhängigen Ansprüche. Mit einer solchen Klage erstrebt der Arbeitnehmer nicht nur die Erhaltung seines Arbeitsplatzes, sondern bezweckt darüber hinaus, sich die Vergütungsansprüche wegen Annahmeverzugs zu erhalten. Die Ansprüche müssen weder ausdrücklich bezeichnet noch beziffert werden(für die Kündigungsschutzklage ständige Rechtsprechung seit BAG 10. April 1963 - 4 AZR 95/62 - BAGE 14, 156).

15

2. Zugleich macht der Arbeitnehmer mit einer Bestandsschutzklage die vom Ausgang dieses Rechtsstreits abhängigen Ansprüche im Sinne der zweiten Stufe einer tarifvertraglich geregelten Ausschlussfrist „gerichtlich geltend“.

16

a) Nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts war für die Wahrung der zweiten Stufe einer tariflichen Ausschlussfrist regelmäßig die Erhebung einer bezifferten Klage erforderlich (BAG 3. November 1961 - 1 AZR 302/60 - SAE 1962, 155; 26. April 2006 - 5 AZR 403/05 - Rn. 20, BAGE 118, 60; 17. November 2009 - 9 AZR 745/08 -). Die Frist für diese Klage wurde mit Zugang des Klageabweisungsantrags beim Arbeitnehmer in Gang gesetzt, ohne dass es einer ausdrücklichen Ablehnungserklärung bedurfte (BAG 17. November 2009 - 9 AZR 745/08 - Rn. 36; 26. April 2006 - 5 AZR 403/05 - Rn. 18, aaO).

17

b) An dieser Rechtsprechung kann nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 1. Dezember 2010 (- 1 BvR 1682/07 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 196 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 197)nicht festgehalten werden. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass der Arbeitnehmer in seinem Grundrecht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes verletzt werde, wenn das tarifliche Erfordernis einer gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen, die vom Ausgang einer Bestandsstreitigkeit abhängen, nach den bisherigen Grundsätzen des Bundesarbeitsgerichts ausgelegt und angewandt werde. Dem Arbeitnehmer werde insoweit eine übersteigerte Obliegenheit zur gerichtlichen Geltendmachung seiner Ansprüche wegen Annahmeverzugs auferlegt. Die Art der Geltendmachung der Ansprüche auf Vergütung wegen Annahmeverzugs müsse dem Arbeitnehmer möglich und zumutbar sein. Das sei nicht der Fall, wenn er gezwungen werde, Ansprüche wegen Annahmeverzugs einzuklagen, bevor die Bestandsstreitigkeit rechtskräftig abgeschlossen sei. Damit erhöhe sich sein Kostenrisiko im Rechtsstreit über den Bestand des Arbeitsverhältnisses.

18

c) Tarifvertragliche Ausschlussfristen, die eine rechtzeitige gerichtliche Geltendmachung vorsehen, sind verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die vom Erfolg einer Bestandsschutzstreitigkeit abhängigen Ansprüche bereits mit der Klage in der Bestandsstreitigkeit gerichtlich geltend gemacht sind.

19

aa) Die verfassungskonforme Auslegung von Rechtsnormen gebietet, die Wertentscheidungen der Verfassung zu beachten und die Grundrechte der Beteiligten möglichst weitgehend in praktischer Konkordanz zur Geltung zu bringen (BVerfG 21. Dezember 2010 - 1 BvR 2760/08 - Rn. 16, GRUR 2011, 223; 15. Oktober 1996 - 1 BvL 44/92, 1 BvL 48/92 - BVerfGE 95, 64; 30. März 1993 - 1 BvR 1045/89, 1 BvR 1381/90, 1 BvL 11/90 - BVerfGE 88, 145; BAG 6. April 2011 - 7 AZR 716/09 - Rn. 27 f., AP TzBfG § 14 Nr. 82 = EzA TzBfG § 14 Nr. 77; Voßkuhle AöR 125, 177). Ist eine Norm verfassungskonform auslegbar, ist für die Annahme ihrer Unwirksamkeit mit ggf. nachfolgender ergänzender Tarifauslegung kein Raum mehr.

20

bb) Die durch eine undifferenzierte tarifliche Regelung veranlasste verfassungswidrige Obliegenheit zur gerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche wegen Annahmeverzugs wird vermieden, wenn in der Erhebung der Kündigungsschutz- oder Befristungskontrollklage die gerichtliche Geltendmachung der vom Ausgang dieser Bestandsschutzstreitigkeit abhängigen Ansprüche liegt.

21

cc) Der Wortlaut des Tarifvertrags steht dieser verfassungskonformen Auslegung nicht entgegen. Bereits zur Auslegung der zweiten Stufe einer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelten Ausschlussfrist (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 31, AP BGB § 310 Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 310 Nr. 10; 19. März 2008 - 5 AZR 429/07 - Rn. 22, BAGE 126, 198) hat der Senat entschieden, dass der Wortsinn eines „Einklagens“ bzw. einer „gerichtlichen Geltendmachung“ der vom Ausgang der Bestandsschutzstreitigkeit abhängigen Ansprüche nicht zwingend verlange, dass gerade der Streitgegenstand „Vergütung“ zum Inhalt des arbeitsgerichtlichen Verfahrens gemacht werden müsse (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 31, aaO; 19. März 2008 - 5 AZR 429/07 - Rn. 22, aaO). Eine an einen engen prozessualen Begriff des Streitgegenstands anknüpfende weitere Klage verlange eine solche Klausel nicht. Hinzu kommt, dass bei der verfassungskonformen Auslegung dem Wortsinn nur eine eingrenzende Funktion zukommt. Der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien die Formulierung in Kenntnis der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verwandt haben, steht der nunmehr verfassungsrechtlich gebotenen Neuinterpretation nicht entgegen.

22

dd) Die verfassungskonforme Auslegung des Merkmals „gerichtliche Geltendmachung“ berücksichtigt in angemessener Weise den Zweck einer zweistufigen Ausschlussfrist. Ausschlussfristen bezwecken, dem Schuldner zeitnah Gewissheit darüber zu verschaffen, mit welchen Ansprüchen er noch zu rechnen hat. Zulasten des Arbeitnehmers wirkende Ausschlussfristen sollen den Arbeitgeber vor der Verfolgung unzumutbarer Ansprüche bewahren, das sind regelmäßig solche, mit deren Geltendmachung er nicht rechnet und auch nicht zu rechnen braucht (so schon RG 27. Februar 1940 - RAG 162/39 - ARS Bd. 38 S. 355). Erhebt der Arbeitnehmer Bestandsschutzklage, kann der Arbeitgeber an der Ernstlichkeit der Geltendmachung der hiervon abhängigen Vergütungsansprüche nicht wirklich zweifeln. Schon mit der Erhebung einer Bestandsschutzklage kann sich der Arbeitgeber auf die vom Ausgang dieser Streitigkeit abhängigen Forderungen einstellen, Beweise sichern und vorsorglich Rücklagen bilden. Ihm muss bewusst sein, dass ggf. auch über die Höhe der zu zahlenden Vergütung noch Streit entstehen kann und nicht selten auch entsteht. Dass die Ansprüche nicht in einer den Anforderungen des § 253 Abs. 2 ZPO entsprechenden Bestimmtheit geltend gemacht werden, ist - wie bei der Wahrung der ersten Stufe der Ausschlussfrist für Ansprüche, die vom Ausgang der Bestandsschutzstreitigkeit abhängen - aus verfassungsrechtlichen Gründen hinzunehmen. Überdies ist zu berücksichtigen, dass durch den Zwang zur vorzeitigen Erhebung der Klage auch der Arbeitgeber unnötigen Kostenrisiken ausgesetzt würde.

23

ee) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist, um den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu entsprechen, nicht auf eine Kostenbelastung des Arbeitnehmers im Einzelfall abzustellen. Maßgeblich ist nicht der Umfang der wirtschaftlichen Belastung, die den Arbeitnehmer durch den Rechtsstreit trifft, sondern der Gesichtspunkt der Risikoerweiterung. Kann der Arbeitnehmer nicht das Obsiegen in der Bestandsschutzstreitigkeit abwarten, wird ihm ein prozessuales Risiko aufgebürdet, das die Durchsetzung des gesetzlichen Bestandschutzes beeinträchtigen kann. Die Frage der Wirksamkeit und der Einhaltung der tariflichen Ausschlussfrist von einer einzelfallbezogenen Prüfung der Kostenbelastung abhängig zu machen, führte zudem zu größter Rechtsunsicherheit. Es kann deshalb nicht darauf ankommen, ob der Arbeitnehmer rechtsschutzversichert ist, Prozesskostenhilfe beanspruchen kann, ob er die - im Misserfolgsfall - unnötigen Kosten der Zahlungsklage aus eigenen Mitteln unproblematisch aufbringen oder sie durch eine strategisch günstige Antragstellung vermeiden könnte. Das Kostenrecht gilt für alle Parteien gleichermaßen, seine gesetzlichen Wertungen sind zwingend. Das erfordert zugunsten des durchschnittlich kundigen Arbeitnehmers als Tarifnormunterworfenen, der mit den Möglichkeiten einer kostengünstigen Prozessführung nicht vertraut ist, eine einheitliche Auslegung des Tarifvertrags.

24

ff) Durch die verfassungskonforme Auslegung bleibt das tarifliche Erfordernis der gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen, die nicht vom Ausgang einer Bestandsschutzstreitigkeit abhängig sind, erhalten. Im Übrigen wird die Entstehung einer Regelungslücke vermieden, die erst zu einer ergänzenden Auslegung berechtigen würde. Denn Voraussetzung einer ergänzenden Auslegung ist, dass entweder eine unbewusste Regelungslücke vorliegt oder nachträglich eine Regelung lückenhaft geworden ist. Hieran fehlt es bei verfassungskonformer Auslegung des Tarifvertrags.

25

II. Einer Anrufung des Großen Senats gemäß § 45 ArbGG bedarf es nicht, denn alle Senate des Bundesarbeitsgerichts sind gehindert, die frühere Auslegung zweistufiger tariflicher Ausschlussfristen aufrechtzuerhalten. Die Rechtsfrage, welche Anforderungen an die Wahrung der zweiten Stufe einer tariflichen Ausschlussfrist für Ansprüche, die vom Ausgang einer Bestandschutzstreitigkeit abhängen, zu stellen sind, ist wegen des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 1. Dezember 2010 (- 1 BvR 1682/07 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 196 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 197) neu zu beantworten. Schon im Hinblick auf § 31 BVerfGG entfällt die Vorlagepflicht, wenn das Bundesverfassungsgericht die entscheidungserhebliche Rechtsfrage abweichend von der bisherigen Rechtsprechung selbst entschieden hat(vgl. BGH 21. März 2000 - 4 StR 287/99 - zu II 2 b aa der Gründe, BGHSt 46, 17; 26. Januar 1977 - 3 StR 527/76 - NJW 1977, 686; 17. März 2011 - IX ZR 63/10 - Rn. 30, BGHZ 189, 1). Nichts anderes gilt, wenn es den Fachgerichten aufgegeben hat, einen bestimmten rechtlichen Komplex insgesamt anhand der von ihm entwickelten Maßstäbe neu zu gestalten (BGH 21. März 2000 - 4 StR 287/99 - zu II 2 b aa der Gründe, aaO; 5. August 1998 - 5 AR (VS) 1/97 - BGHSt 44, 171). Die rechtliche Grundlage der früheren Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts ist durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 1. Dezember 2010 (- 1 BvR 1682/07 - aaO) entfallen. Deshalb fehlt es an der für eine Anrufung des Großen Senats erforderlichen Identität der Rechtslage (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 780/10 - Rn. 81, NZA 2012, 1029).

26

III. Die Voraussetzungen des Annahmeverzugs iSd. §§ 615, 293 ff. BGB liegen vor. Nach einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung bedarf es zur Begründung des Annahmeverzugs keines Angebots des Arbeitnehmers (st. Rspr., zuletzt BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 249/11 - Rn. 14 mwN, EzA BGB 2002 § 615 Nr. 36).

27

IV. Über die Höhe der Ansprüche kann der Senat mangels ausreichender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht abschließend entscheiden.

28

1. Das Landesarbeitsgericht wird die Höhe der dem Kläger zustehenden Grundvergütung sowie den Umfang der geschuldeten Arbeitsleistung aufzuklären haben.

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2. Soweit der Kläger Schichtzuschläge geltend macht, wird er die einzelnen Zeiträume schriftsätzlich zu konkretisieren haben. Ihrer Darlegungslast genügen weder Arbeitnehmer noch Arbeitgeber durch die bloße Bezugnahme auf die den Schriftsätzen als Anlagen beigefügten Stundenaufstellungen oder sonstigen Aufzeichnungen. Anlagen können lediglich zur Erläuterung des schriftsätzlichen Vortrags dienen, diesen aber nicht ersetzen (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 347/11 - NZA 2012, 939; BGH 2. Juli 2007 - II ZR 111/05 - Rn. 25 mwN, NJW 2008, 69; vgl. auch BVerfG 30. Juni 1994 - 1 BvR 2112/93 - zu III 2 a der Gründe, NJW 1994, 2683). Die Darlegung der einzelnen Zeiträume, für die Zuschläge verlangt werden, hat vielmehr entsprechend § 130 Nr. 3 und Nr. 4 ZPO schriftsätzlich zu erfolgen. Beigefügte Anlagen können den schriftsätzlichen Vortrag erläutern oder belegen, verpflichten das Gericht aber nicht, sich die unstreitigen oder streitigen Arbeitszeiten aus den Anlagen selbst zusammenzusuchen. Dies gilt im Streitfall gerade auch deshalb, weil die Schlüssigkeit der geltend gemachten Ansprüche davon abhängt, an welchen Wochentagen und zu welchen konkreten Uhrzeiten die Arbeit geleistet wurde.

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3. Die Höhe der Zuschläge richtet sich nach § 3 Ziff. IV RTV. Hiernach ist für Arbeit an Sonntagen in der Nacht ein Zuschlag von 75 % zu zahlen. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten gilt dies auch, wenn die Nachtarbeit am Sonntag zugleich Schichtarbeit ist. Während § 3 Ziff. IV Buchst. c und Buchst. d RTV für Werktage ausdrücklich zwischen Nachtschichtarbeit und Nachtarbeit unterscheidet, findet sich eine solche Unterscheidung in § 3 Ziff. IV Buchst. e RTV für Sonntagsnachtarbeit gerade nicht.

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4. § 7 Ziff. V Nr. 1 RTV sieht ein zusätzliches Urlaubsgeld nur für die tariflichen Urlaubstage, nicht aber für den Zusatzurlaub vor.

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5. Das Berufungsgericht wird aufzuklären haben, inwieweit die Ansprüche durch weitere Erfüllung iHv. 626,95 Euro brutto erloschen sind. Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf zu den Akten gereichte Abrechnungen behauptet, dass der Kläger weitere 574,43 Euro brutto für Oktober 2008, weitere 31,46 Euro brutto für April 2009 und weitere 21,06 Euro brutto für Mai 2009 erhalten habe.

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6. Des Weiteren ist aufzuklären, ob die Beklagte die vermögenswirksamen Leistungen bereits auf das Bausparkonto des Klägers abgeführt hat. Hat die Beklagte ohne Zuzahlung eines von ihr selbst geschuldeten Zuschusses lediglich aus der abgerechneten Nettovergütung des Klägers die Beiträge auf das Bausparkonto abgeführt, kann der Kläger noch Zahlung des Arbeitgeberzuschusses an sich selbst verlangen. In diesem Fall hätte die Beklagte eine entsprechende tarifliche Verpflichtung nicht erfüllt, während der Kläger von seiner eigenen Zahlungsverpflichtung aus dem Bausparvertrag frei geworden wäre. Der Zuschuss des Arbeitgebers wird nur als Bruttobetrag geschuldet. Vermögenswirksame Leistungen sind Geldleistungen, die der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer anlegt. Sie sind insgesamt, dh. auch soweit sie auf einem vom Arbeitgeber zusätzlich zum Lohn gezahlten Zuschuss beruhen, arbeitsrechtlich Bestandteil der Vergütung, sie gehören im Sinne der Sozialversicherung zum Arbeitsentgelt und steuerrechtlich zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (vgl. BFH 22. September 2011 - III R 57/09 - Rn. 10, BFH/NV 2012, 562; vgl. auch BAG 15. August 1984 - 5 AZR 47/83 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 46, 174). Sollte aber die Beklagte für die streitgegenständlichen Monate keine Zahlungen an die Bausparkasse erbracht haben, kann der Kläger keine Zahlung an sich, sondern nur auf das vermögenswirksame Konto verlangen (vgl. BAG 24. September 2003 - 5 AZR 282/02 - zu II 4 d der Gründe, AP BGB § 151 Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 3).

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Mandrossa    

        

    Pollert