Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 10. Mai 2016 - 5 Sa 209/15

bei uns veröffentlicht am10.05.2016

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 04.08.2015 - 2 Ca 235/15 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Zahlung eines Weihnachtsgeldes.

2

Die am 21.09.1983 geborene Klägerin nahm zum 01.01.2012 bei der beklagten Ärztekammer eine Beschäftigung als Juristin auf. Zum Ende des Jahres 2012 teilte ihr die Beklagte mit Schreiben vom 01.11.2012 Folgendes mit:

3

"…

Weihnachtsgeld



ich freue mich, dass wir Ihnen auch in diesem Jahr wieder als besondere Gratifikation das Weihnachtsgeld zum Dank und als Anerkennung für geleistete Arbeit und Betriebstreue, gleichzeitig aber auch als Anreiz und Motivation für das kommende Jahr zahlen können.

Sie erhalten in diesem Jahr ein Weihnachtsgeld in Höhe von 1.295,00 Euro.

Gleichzeitig weisen wir Sie ausdrücklich darauf hin, dass nach dem Beschluss des Vorstandes Gratifikationen und sonstige jährliche Sondervergütungen, wie das Weihnachtsgeld, von der C. freiwillig und ohne Rechtsanspruch darauf, sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach, sowie unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufes gezahlt werden.

Auch durch mehrmalige Zahlungen wird ein Rechtsanspruch für die Zukunft nicht begründet.

…"

4

Mit dem Änderungsvertrag vom 18.09./25.11.2013 übertrug die Beklagte der Klägerin die Aufgaben der Kammeranwältin. Der Vertrag enthält des Weiteren folgende Bestimmung:

5

"…

6

§ 5 - Regelvergütung und Sonderzahlung

7

8

3. Soweit Urlaubs- und Weihnachtsgeld oder andere Gratifikationen gewährt werden, erkennt die Arbeitnehmerin an, dass diese - sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach - freiwillig und unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufes gezahlt werden und hierauf auch bei wiederholter Zahlung kein Rechtsanspruch erwächst.

9

4. Die Arbeitnehmerin ist verpflichtet, eine gewährte Weihnachtsgratifikation zurückzuzahlen, wenn sie aufgrund eigener Kündigung oder verhaltensbedingter Kündigung der Arbeitgeberin aus einem von ihr zu vertretenden Grund bis zum 31. März des auf die Auszahlung folgenden Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Die Rückzahlungsverpflichtung gilt entsprechend, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb des vorgenannten Zeitraums durch Aufhebungsvertrag beendet wird und Anlass des Aufhebungsvertrages ein Recht zur außerordentlichen oder verhaltensbedingten Kündigung der Arbeitgeberin oder ein Aufhebungsbegehren der Arbeitnehmerin ist.

10

…"

11

Die Klägerin bezog ab dem 01.10.2013 eine monatliche Bruttovergütung von € 2.310,- bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 30 Wochenstunden.

12

Mit Schreiben vom 08.11.2013 sagte die Beklagte der Klägerin für das Jahr 2013 wiederum ein Weihnachtsgeld zu. Dieses Schreiben hat den gleichen Wortlaut wie im vorangegangenen Jahr mit Ausnahme einer Formulierung im dritten Absatz, in der es statt "nach dem Beschluss des Vorstandes" nunmehr "nach der arbeitsvertraglichen Vereinbarung" heißt.

13

Am 29.07.2014 teilte die Klägerin der Beklagten mit, erneut schwanger zu sein. Am 04.08.2014 trat die Klägerin ihren Erholungsurlaub an, der am Freitag, 22.08.2014, endete. Ab Montag, 25.08.2014, war die Klägerin krankheitsbedingt arbeitsunfähig. Zum 15.09.2014 trat eine neue Erkrankung auf.

14

Ende Oktober 2014 entschied die Beklagte über die Weihnachtsgeldzahlung 2014, wobei sie - wie in den Vorjahren - von 61,6 % des durchschnittlichen individuellen Bruttogehalts in den Monaten Juli bis September (ohne Zulagen) ausging. Die Beklagte beschäftigte zu diesem Zeitpunkt 49 Arbeitnehmer. Zum 15.11.2014 zahlte sie allen Arbeitnehmern mit Ausnahme der Klägerin ein volles oder anteiliges Weihnachtsgeld für das Jahr 2014. Ein anteiliges Weihnachtsgeld bekamen zwei Mitarbeiterinnen, die im Jahr 2014 Elternzeit in Anspruch genommen hatten, Frau H. und Frau E.. Frau H. trat ihren Dienst zum 01.09.2014 wieder an und erhielt ein anteiliges Weihnachtsgeld von 4/12, Frau E. nahm die Arbeit am 01.10.2014 wieder auf und erhielt 3/12. Bei sechs Arbeitnehmern kürzte die Beklagte das Weihnachtsgeld wegen unterjähriger Beschäftigung, das sie abhängig vom Beschäftigungsbeginn wie folgt berechnete:

15

Arbeitnehmerin

Einstellungsdatum

Anteiliges Weihnachtsgeld

K.    

01.04.2014

9/12   

W.    

01.05.2014

8/12 x 45 % leistungsbedingt

K.; K.

01.07.2014

6/12   

R. (Auszubildende)

18.08.2014

4/12   

G.    

06.10.2014

3/12   

16

Vier Arbeitnehmer erhielten aus leistungsbedingten Gründen kein volles Weihnachtsgeld. Kürzungen wegen Arbeitsunfähigkeit nahm die Beklagte nicht vor. Bis Ende Oktober 2014 waren mehrere Mitarbeiter insgesamt länger als 30 Tage krankheitsbedingt abwesend, jedoch nicht in zusammenhängenden Zeiträumen (E., K., K., M.-M., R., W.).

17

Mit der E-Mail vom 26.11.2014 bat die Klägerin um Auskunft zu den Gründen für die Nichtzahlung des Weihnachtsgeldes. Da die Beklagte hierauf nicht reagierte, wiederholte die Klägerin mit Schreiben vom 08.12.2014 ihre Anfrage. Die Beklagte teilte der Klägerin daraufhin unter dem 08.01.2015 mit, keinen Anlass für eine Erklärung zur Gewährung der Gratifikation zu sehen.

18

Ab dem 11.12.2014 befand sich die Klägerin im Beschäftigungsverbot für werdende Mütter, das sich unmittelbar an die vorangegangenen Erkrankungen anschloss. Zwischenzeitlich zog die Klägerin mit ihrem ersten Kind von C-Stadt nach A-Stadt zu ihrem Lebenspartner und Vater der Kinder.

19

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, sie habe aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz einen Anspruch auf ein Weihnachtsgeld für das Jahr 2014. Der Arbeitgeber dürfe zwar den Zweck einer freiwilligen Sonderzahlung festlegen und durchaus Unterschiede machen. Er müsse allerdings sachliche Kriterien zugrunde legen. Die Beklagte habe den Mitarbeitern nie irgendwelche Kriterien für die Zahlung des Weihnachtsgeldes mitgeteilt.

20

Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

21

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 1.422,96 Sondergratifikation (Weihnachtsgeld) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2014 zu zahlen.

22

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Klägerin stehe für 2014 kein, jedenfalls kein volles Weihnachtsgeld zu. Die Beklagte entscheide in jedem Jahr neu, ob überhaupt ein Weihnachtsgeld gezahlt werden könne. Sodann prüfe sie, ob es Gründe für eine Kürzung, ggf. bis auf Null, gebe. Hier lege sie folgende Kriterien zugrunde:

23
Bei lang anhaltender Abwesenheit über einen zusammenhängenden Zeitraum von mehr als sechs Kalenderwochen hinaus Kürzung um 1/12 je angefangenem Kalendermonat,
24
bei qualitativen oder quantitativen Minderleistungen oder mangelnder Leistungsbereitschaft bis zu 12/12,
25
abschließende individuelle Betrachtung unter Berücksichtigung des Zwecks der Sonderzahlung.
26

Die Klägerin habe sich bei der Offenlegung ihrer persönlichen Planungen nicht loyal verhalten. Sie habe nicht vorgehabt, ihre Arbeit bei der Beklagten wieder aufzunehmen, weshalb ein Weihnachtsgeld seinen Zweck, Anreiz und Motivation für das kommende Jahr zu bieten, nicht erfüllen könne. In der Rechtsabteilung der Beklagten sei es im Sommer 2014 aufgrund des Ausscheidens der Leiterin und des Mutterschutzes der stellvertretenden Leiterin zu einer prekären Situation gekommen. In dieser schwierigen Lage habe die Klägerin auf Nachfrage des Geschäftsführers zu ihren zukünftigen Plänen erklärt, dass sie ihren Lebensmittelpunkt langfristig in C-Stadt sehe und innerhalb der beabsichtigten Elternzeit eine Familienzusammenführung in C-Stadt erreichen wolle. Auch plane sie, ihr erstes Kind in C-Stadt einzuschulen. Zeitgleich habe sich die Klägerin jedoch anderen Mitarbeitern gegenüber dahingehend geäußert, dass sie eher fort sein werde, als mancher glaube. Sie habe ihren Schreibtisch vor dem Urlaub so aufgeräumt, als ob sie nicht mehr an den Arbeitsplatz zurückkehren wolle. Sie habe offensichtlich nicht vorgehabt, bei der Beklagten weiterzuarbeiten. Diese Täuschung stelle einen erheblichen Vertrauensbruch dar, erst recht in einer Situation, in der die Beklagte aus Gründen der Planungssicherheit Ehrlichkeit und Offenheit erwartet habe. Keinesfalls aber habe die Klägerin einen Anspruch auf das volle Weihnachtsgeld. Die Beklagte sei berechtigt, den Betrag um die Abwesenheitszeiten der Klägerin von Ende August bis Dezember 2014 zu kürzen.

27

Das Arbeitsgericht Rostock hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbiete es, einzelne Arbeitnehmer willkürlich von Leistungen auszuschließen. Ein evtl. Abkehrwille der Klägerin rechtfertige es nicht, die Klägerin von der Weihnachtsgeldzahlung auszunehmen. Die Klägerin habe ihr Arbeitsverhältnis nicht beendet, sondern lediglich von ihrem Recht, Mutterschutz und Elternzeit in Anspruch zu nehmen, Gebrauch gemacht. Zwar sei es nach § 4a EFZG zulässig, Sondervergütungen bei Arbeitsunfähigkeit zu kürzen; die Beklagte habe aber nicht dargelegt, weshalb nur die Klägerin betroffen sei.

28

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Das Arbeitsgericht habe die Fehlzeiten der Klägerin unberücksichtigt gelassen. Schon deshalb sei es zulässig gewesen, das Weihnachtsgeld um 5/12 zu kürzen. Bei der individuellen Abwägung habe der Vorstand dann entschieden, der Klägerin auch den Restbetrag nicht zu zahlen, weil sie sich nicht loyal verhalten und entgegen ihrer Äußerungen nicht den Willen gehabt habe, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, sondern sich schon vor ihrem Sommerurlaub von der Beklagten abgewandt habe.

29

Die Beklagte beantragt,

30

das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 04.08.2015 - 2 Ca 235/13 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

31

Die Klägerin beantragt,

32

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

33

Sie ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe zutreffend entschieden. Die Beklagte versuche im Nachhinein, eine einigermaßen justiziable Begründung für ihr Vorgehen zu finden. Eine Kürzung des Weihnachtsgeldes wegen Krankheit nach § 4a EFZG erfordere eine vorherige Vereinbarung hierüber, die es aber mit der Klägerin nicht gebe. Im Übrigen sei die Arbeitsunfähigkeit durch die Schwangerschaft bedingt gewesen, sodass eine Diskriminierung wegen des Geschlechts vorliegen dürfte.

34

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die Sitzungsprotokolle sowie das angegriffene arbeitsgerichtliche Urteil verwiesen.

Entscheidungsgründe

35

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.

36

Die Klägerin hat aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz einen Anspruch auf eine Sonderzahlung (Weihnachtsgeld) für das Jahr 2014 in Höhe von € 1.422,96 brutto.

37

Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Arbeitsrecht gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleich zu behandeln. Wird er verletzt, muss der Arbeitgeber die von ihm gesetzte Regel entsprechend korrigieren. Der benachteiligte Arbeitnehmer hat Anspruch auf die vorenthaltene Leistung (z. B. BAG, Urteil vom 27. Mai 2015 - 5 AZR 724/13 - Rn. 14, juris = ZTR 2016, 154; BAG, Urteil vom 03. September 2014 - 5 AZR 6/13 - Rn. 18, juris = NZA 2015, 222). Dabei ist es unerheblich, ob der Arbeitgeber die von ihm gesetzte Regel ausdrücklich formuliert oder dadurch konkludent bestimmt, dass sich die Anspruchsvoraussetzungen aus einer Gesamtschau der begünstigten Arbeitnehmer und deren Gemeinsamkeiten ergeben (BAG, Urteil vom 21. Mai 2014 - 4 AZR 50/13 - Rn. 21, juris = NZA 2015, 115).

38

Bei Vergütungsfragen gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz nur eingeschränkt; insoweit hat der Grundsatz der Vertragsfreiheit für individuell ausgehandelte Gehälter Vorrang. Erfolgt die Vergütung jedoch nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip, indem der Arbeitgeber bestimmte Voraussetzungen oder bestimmte Zwecke festlegt, greift der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz auch im Bereich der Entgeltzahlung (BAG, Urteil vom 21. Mai 2014 - 4 AZR 50/13 - Rn. 19, juris = NZA 2015, 115).

39

Von einer solchen selbst gesetzten Regel darf der Arbeitgeber nur aus sachlichen Gründen abweichen. Eine Ungleichbehandlung ist gerechtfertigt, wenn sich nach dem Leistungszweck Gründe ergeben, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, einer Gruppe die der anderen gewährte Leistung vorzuenthalten. Die Zweckbestimmung ergibt sich vorrangig aus den tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen, von deren Vorliegen und Erfüllung die Leistung abhängig gemacht wird (BAG, Urteil vom 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 15, juris = NZA 2010, 696).

40

Die Differenzierung zwischen der begünstigten Gruppe und den benachteiligten Arbeitnehmern ist dann sachfremd, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt. Die Gründe müssen auf vernünftigen, einleuchtenden Erwägungen beruhen und dürfen nicht gegen höherrangige Wertentscheidungen verstoßen. Die Gruppenbildung ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Unterscheidung einem legitimen Zweck dient und zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich und angemessen ist. Somit muss die unterschiedliche Leistungsgewährung stets im Sinne materieller Gerechtigkeit sachgerecht sein (BAG, Urteil vom 27. Mai 2015 - 5 AZR 724/13 - Rn. 20, juris = ZTR 2016, 154; BAG, Urteil vom 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 16, juris = NZA 2010, 696).

41

Die Beklagte hat ihren Beschäftigten auf freiwilliger Grundlage für das Jahr 2014 ein Weihnachtsgeld nach einem bestimmten generalisierenden Prinzip gezahlt. Damit ist der Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes eröffnet. Die Beklagte hat drei Gruppen gebildet. Die Mehrzahl der Beschäftigten hat ein volles Weihnachtsgeld erhalten. Die zweite Gruppe hat ein gekürztes Weihnachtsgeld bekommen, weil das Arbeitsverhältnis erst im Laufe des Jahres begonnen hat, weil es wegen Elternzeit zeitweise geruht hat oder weil Leistungsdefizite bestanden. Die Klägerin bildet als einzige Mitarbeiterin eine dritte Gruppe, die nichts erhalten hat.

42

Es gibt keinen sachlichen Grund, die Klägerin vollständig oder teilweise von der Sonderzahlung 2014 auszuschließen.

43

Das von der Beklagten gezahlte Weihnachtsgeld hat - ebenso wie in den Vorjahren - einen vergangenheitsbezogen und einen zukunftsbezogenen Zweck. Zum einen dient es dazu, die geleistete Arbeit und Betriebstreue zu belohnen, zum anderen soll es Anreiz und Motivation für das kommende Jahr bieten (sog. Mischcharakter, vgl. BAG, Urteil vom 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - Rn. 13 ff., juris = NJW 2014, 1466). Diese Leistungszwecke finden sich in den vorgenommenen Kürzungen wieder. Die Kürzungen beruhen darauf, dass Mitarbeiter noch keine Leistungen erbringen konnten, weil noch kein Arbeitsverhältnis bestand oder das Arbeitsverhältnis wegen Elternzeit ruhte. Darüber hinaus sieht die Beklagte bei Mitarbeitern mit Leistungsdefiziten nur eingeschränkt Anlass zur Belohnung von geleisteter Arbeit. Ob sachliche Gründe für eine Kürzung oder eine Nichtzahlung des Weihnachtsgeldes vorliegen, richtet sich nach dem Zeitpunkt der Entscheidung. Später eintretende Umstände kann die Beklagte erst im Folgejahr berücksichtigen. Da die Entscheidung über die Zahlung des Weihnachtsgeldes Ende Oktober 2014 fiel, kommt es auf die bis dahin bekannten Umstände an.

44

Nach dem von der Beklagten selbst festgelegten Leistungszweck des Weihnachtsgeldes kam eine Kürzung auf Null nicht in Betracht. Das Weihnachtsgeld hat auch den Zweck, die in der Vergangenheit geleistete Arbeit zu honorieren. Die vollständige Streichung des Weihnachtsgeldes ist mit dieser Zielsetzung nicht vereinbar, da die Klägerin bis Ende August 2014 ihre Arbeitsleistung ebenso wie andere Mitarbeiter erbracht hat.

45

Das Weihnachtsgeld dient des Weiteren als Anreiz und Motivation für das kommende Jahr. Die Beklagte hat dabei den Zeitraum bis zum 31.03. des Folgejahres im Auge, wie sich aus der vertraglich festgelegten Rückzahlungspflicht ergibt. Nach § 5 Nr. 4 des Arbeitsvertrages der Klägerin hat sie das Weihnachtsgeld zurückzuzahlen, wenn sie aufgrund eigener Kündigung bis zum 31.03. des Folgejahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Die Beklagte möchte mit dieser Regelung auf einen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses hinwirken. Der zukunftsbezogene Leistungszweck des Weihnachtsgeldes rechtfertigt es nicht, die Klägerin ganz oder teilweise auszuschließen. Eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses stand seinerzeit nicht im Raum. Die Klägerin hat eine Kündigung weder ausgesprochen noch in Aussicht gestellt. In Anbetracht der Schwangerschaft hatte die Klägerin grundsätzlich kein Interesse an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

46

Die langfristigen Zukunftspläne der Klägerin nach der Geburt ihres zweiten Kindes sind für das Weihnachtsgeld 2014 nicht von Bedeutung. Das gilt für die Klägerin ebenso wie für die anderen Mitarbeiter, falls die Beklagte diese nach ihren Zukunftsplänen befragt haben sollte. Die Beklagte konnte von der Klägerin keine verbindlichen Erklärungen zu der persönlichen Lebensplanung erwarten, da dies in die Privatsphäre fällt. Zudem steht es dem Arbeitnehmer frei, seine Pläne abhängig von den persönlichen und familiären Gegebenheiten zu ändern. Soweit sich die Beklagte durch Äußerungen der Klägerin zu ihrer Lebensplanung getäuscht sieht und daraus eine Pflichtverletzung herleitet, gibt das keinen Anlass, das Weihnachtsgeld zu versagen oder zu kürzen. Unabhängig davon, ob die Klägerin überhaupt verpflichtet war, Auskunft über ihre langfristigen Pläne zu geben, fehlt es an einem Zusammenhang mit dem Leistungszweck des Weihnachtsgeldes. Die in dem zurückliegenden Jahr geleistete Arbeit wird dadurch nicht geschmälert noch ist einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses damit der Boden entzogen.

47

Die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin ab dem 25.08.2014 ist kein sachlicher Grund, die Weihnachtsgeldzahlung zu kürzen. Die Klägerin war zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Weihnachtsgeld Ende Oktober etwa neun Wochen durchgängig erkrankt. Da die Beklagte nur Abwesenheiten, die über sechs Wochen hinausgehen, berücksichtigt, verbleibt eine Fehlzeit von rund drei Wochen als Anknüpfungspunkt für die Kürzung des Weihnachtsgeldes. Die Beklagte unterscheidet zwischen zusammenhängenden und nicht zusammenhängenden Abwesenheiten. Diese Differenzierung ist gemessen am Leistungszweck nicht sachgerecht. Das Weihnachtsgeld dient als Dank und Anerkennung für die geleistete Arbeit und Betriebstreue. Wie viel Arbeit der Beschäftigte geleistet hat, hängt aber nicht davon ab, ob er zusammenhängend oder mit Unterbrechungen abwesend war. Hierfür ist allein die Gesamtdauer der Anwesenheit im Betrieb ausschlaggebend. Dementsprechend hat die Beklagte denjenigen Arbeitnehmerinnen, die erst im Laufe des Jahres die Beschäftigung aufgenommen haben, nur ein anteiliges Weihnachtsgeld gezahlt. Bei Arbeitnehmern, die bereits im Betrieb sind und ihre Arbeitsleistung zeitweise nicht erbringen, ist es für die Anerkennung der geleisteten Arbeit unerheblich, ob sie mit oder ohne Unterbrechungen abwesend waren. Es gibt keinen Anlass, Arbeitnehmer, die mehr als sechs Wochen mit Unterbrechungen abwesend waren (z. B. wegen Erkrankungen), bei der Sonderzahlung besser zu behandeln als Arbeitnehmer mit fortlaufenden Abwesenheitszeiten über sechs Wochen hinaus. Die Arbeitsleistung ist dem Umfang nach die Gleiche. Betriebliche Belange rechtfertigen ebenso wenig eine unterschiedliche Behandlung der beiden Fallgruppen. Das Interesse der Beklagten als Arbeitgeberin ist letztlich darauf gerichtet, die Abwesenheitszeit möglichst gering zu halten, ob mit oder ohne Unterbrechungen.

48

Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB.

49

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 10. Mai 2016 - 5 Sa 209/15

Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 10. Mai 2016 - 5 Sa 209/15

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z
Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 10. Mai 2016 - 5 Sa 209/15 zitiert 3 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Referenzen - Urteile

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 10. Mai 2016 - 5 Sa 209/15 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 10. Mai 2016 - 5 Sa 209/15 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 27. Mai 2015 - 5 AZR 724/13

bei uns veröffentlicht am 27.05.2015

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. Februar 2013 - 20 Sa 2514/11 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 03. Sept. 2014 - 5 AZR 6/13

bei uns veröffentlicht am 03.09.2014

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 2. Oktober 2012 - 15 Sa 139/11 - in seinen Ziffern I.9. und II. aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 21. Mai 2014 - 4 AZR 50/13

bei uns veröffentlicht am 21.05.2014

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 19. November 2012 - 17 Sa 285/12 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 13. Nov. 2013 - 10 AZR 848/12

bei uns veröffentlicht am 13.11.2013

Tenor I. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 19. April 2012 - 7 Sa 1232/11 - aufgehoben, soweit es die Berufung des Klägers gegen d

Bundesarbeitsgericht Urteil, 17. März 2010 - 5 AZR 168/09

bei uns veröffentlicht am 17.03.2010

Tenor 1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 15. Dezember 2008 - 9 Sa 467/08 - wird zurückgewiesen.

Referenzen

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. Februar 2013 - 20 Sa 2514/11 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine übertarifliche Zulage.

2

Der 1957 geborene Kläger steht als Lehrer für Fachpraxis in einem Arbeitsverhältnis zum beklagten Land. Er war nach einer entsprechenden Berufsausbildung als Heizungsmonteur tätig. Im Jahr 1985 bestand er die Meisterprüfung. Nach selbständiger Tätigkeit arbeitete er bis zum 31. März 2009 als Fachausbilder bzw. Projektbetreuer. Zum 1. April 2009 wurde er vom beklagten Land als Lehrer für Fachpraxis angestellt. In einer undatierten Nebenabrede zum Arbeitsvertrag vereinbarten die Parteien, dass dem Kläger der Unterschiedsbetrag zwischen Stufe 1 und Stufe 3 der Entgeltgruppe 9 TV-L als Zulage gezahlt werde.

3

Eine Beamtenlaufbahn für Lehrer für Fachpraxis besteht beim beklagten Land nicht mehr. Die im Jahr 1985 eingeführte Laufbahn wurde 1990 für die Zukunft wieder abgeschafft. Seit 2004 werden alle neu einzustellenden Lehrer nicht mehr in ein Beamtenverhältnis übernommen, sondern als Arbeitnehmer beschäftigt. Bereits in anderen Bundesländern verbeamtete Lehrer werden bei einem Wechsel zum beklagten Land als Beamte weiterbeschäftigt.

4

Am 17. Februar 2009 fasste der Senat von Berlin einen Beschluss über eine Verbesserung der Vergütungssituation für Lehrkräfte und Maßnahmen zur Förderung des Lehrernachwuchses im Land Berlin, in dem es ua. heißt:

        

„Nach ausführlicher Aussprache über die … Neufassung der Besprechungsunterlage der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung vom 13. Februar 2009 … beschließt der Senat:

        

I.    

A. 1. 

Ab dem Schuljahr 2009/2010 werden alle angestellten Lehrkräfte im Wege übertariflicher Vergütung endgültig in Erfahrungsstufe 5 TV-L eingruppiert, sofern sie nicht ohnehin bereits die Erfahrungsstufe 5 bzw. 5 + erreicht haben.

                 

2.    

Vom 1. Februar 2009 bis zum 31. Juli 2009 wird allen ab dem 1. September 2008 eingestellten Lehrkräften im Rahmen einer Zulage eine Vergütung nach Erfahrungsstufe 3 gewährt.

                 

3.    

Die weiteren Details der verbesserten Vergütung ergeben sich aus der Besprechungsunterlage unter Berücksichtigung der unter B. aufgeführten Maßgaben.

                 

4.    

Der Senat beschließt weiterhin die in der Besprechungsunterlage unter 2. Vorbereitungsdienst und 3. Studienplätze für Lehramtsstudenten dargestellten Maßnahmen unter Berücksichtigung der unter B. aufgeführten Maßgaben.“

5

Die im Entwurf zunächst vorgeschlagene Zahlung einer Zulage auch an Lehrkräfte ohne Laufbahnbefähigung wurde vor der Beschlussfassung gestrichen. Aus der Beschlussvorlage ergibt sich, dass das beklagte Land zunehmend Schwierigkeiten ausgesetzt sei, qualifizierte Lehrkräfte einzustellen. Die Nettovergütungsdifferenz der angestellten Lehrkräfte in Berlin zur Beamtenbesoldung anderer Bundesländer betrage bis zu 1.000,00 Euro/mtl. Deshalb sei das beklagte Land nicht mehr wettbewerbsfähig und die Deckung des Lehrerbedarfs zunehmend gefährdet.

6

In Ausführung des Senatsbeschlusses schloss das beklagte Land mit Lehrkräften, die die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für die Übernahme in ein Beamtenverhältnis erfüllten und nach dem 31. August 2008 eingestellt wurden, Nebenabreden über eine Zulage in Höhe der Differenz der tariflichen Erfahrungsstufe zur Stufe 5 der jeweiligen Entgeltgruppe.

7

Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung hat der Kläger mit seiner am 8. Juni 2011 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage die Zahlung einer Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrags zur Erfahrungsstufe 5 der Entgeltgruppe 9 TV-L ab dem 1. April 2011 beansprucht. Er werde ohne Sachgrund benachteiligt. Die Vorweggewährung der Erfahrungsstufe 5 solle Nachteile ausgleichen, die sich das beklagte Land durch seine Entscheidung, Lehrkräfte generell nicht in ein Beamtenverhältnis zu übernehmen, selbst bereitet habe. Angesichts dessen sei die Gruppenbildung nicht sachgerecht. Diese hätte auf die konkrete Personalmangelsituation in den verschiedenen Lehrämtern und Fächern bezogen werden müssen, wie sie auch bei den Lehrern für Fachpraxis bestehe.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 1. April 2011 eine aus betrieblichen Gründen, insbesondere solcher wirtschaftlicher oder haushälterischer Art mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Schuljahres kündbare monatliche übertarifliche Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen der tariflich geschuldeten Erfahrungsstufe und der Erfahrungsstufe 5 gemäß § 16 TV-L zu zahlen,

        

hilfsweise das beklagte Land zu verurteilen, das Angebot des Klägers anzunehmen, mit ihm zu dem im Hauptantrag genannten Bedingungen eine Nebenabrede abzuschließen.

9

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt.

10

Die Lehrer für Fachpraxis bildeten eine Gruppe, die von den Lehrkräften, die grundsätzlich verbeamtet werden könnten, zu unterscheiden sei. Benötigt würden vorrangig pädagogisch voll ausgebildete Lehrkräfte. Es gehe nicht um eine konkrete Personalmangelsituation, weil der Konkurrenzdruck unabhängig von konkreten Lehrämtern/Fächern bestehe. Mit der Zulage solle ua. erreicht werden, dass eine notwendige Anzahl gut qualifizierter Bewerber zur Verfügung stehe, unter denen das Land auswählen könne. Dabei sei die wichtigste und größte Gruppe die der (potentiellen) Laufbahnbewerber. Diese hätten eine universitäre Ausbildung und den Vorbereitungsdienst absolviert. Die Investition des beklagten Landes in deren Ausbildung ginge bei einer Abwanderung verloren. Auch sei die unterschiedliche Einstellungssituation zu beachten, da die „Laufbahnbewerber“ ganz überwiegend unmittelbar nach Ausbildungsabschluss eingestellt würden und zu diesem Zeitpunkt eine erhebliche Konkurrenzsituation mit anderen Bundesländern bestehe. Lehrer für Fachpraxis würden erst - und dann dezentral von den Schulen selbst - nach einer beruflichen Tätigkeit eingestellt und zu einer ganz wesentlich geringeren Zahl. Einen vergleichbaren Bewerberwettlauf gebe es nicht, auch bedingt durch die unterschiedlichen Einstellungsvoraussetzungen der Bundesländer bei den Lehrern für Fachpraxis, die im beklagten Land deutlich niedriger lägen als in anderen Bundesländern.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist mit Haupt- und Hilfsantrag unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf übertarifliche Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen der vertraglich vereinbarten Erfahrungsstufe und der Stufe 5 der Entgeltgruppe 9 des TV-L. Deshalb ist das beklagte Land auch nicht verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Abschluss einer entsprechenden Nebenabrede anzunehmen.

13

I. Das Landesarbeitsgericht hat einen Anspruch gestützt auf den Gleichbehandlungsgrundsatz - ebenso wie auf Basis des Senatsbeschlusses des beklagten Landes vom 17. Februar 2009 und einer entsprechenden Gesamtzusage, beides vom Kläger mit der Revision nicht angegriffen - zu Recht verneint.

14

1. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleich zu behandeln. Er wurzelt in dem überpositiven Ideal der Gerechtigkeit, die es gebietet, Gleiches gleich und Ungleiches entsprechend seiner Eigenart ungleich zu behandeln. Der Gleichbehandlungsgrundsatz beschränkt die Gestaltungsmacht des Arbeitgebers. Wird er verletzt, muss der Arbeitgeber die von ihm gesetzte Regel entsprechend korrigieren. Der benachteiligte Arbeitnehmer hat Anspruch auf die vorenthaltene Leistung (BAG 3. September 2014 - 5 AZR 6/13 - Rn. 18 mwN). Im Bereich der Arbeitsvergütung ist der Gleichbehandlungsgrundsatz unter Beachtung der Vertragsfreiheit anwendbar, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (st. Rspr., BAG 3. September 2014 - 5 AZR 6/13 - Rn. 19).

15

2. Der Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist eröffnet.

16

a) Das beklagte Land hat freiwillig, dh. ohne hierzu arbeits- oder tarifvertraglich verpflichtet zu sein, die Vergütung bestimmter Lehrkräfte um eine Zulage in Höhe der Differenz zur Erfahrungsstufe 5 der jeweiligen Entgeltgruppe kollektiv nach einem generalisierenden Prinzip angehoben. Das beklagte Land hat für diese freiwillige Leistung vorausgesetzt, dass es sich bei dem/der Begünstigten um eine nach dem 31. August 2008 neu eingestellte Lehrkraft handeln muss, die zudem die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für ein Beamtenverhältnis erfüllt.

17

b) Mit der Anknüpfung an die Erfüllung fachlicher und pädagogischer Voraussetzungen für ein Beamtenverhältnis hat das beklagte Land eine Gruppenbildung vorgenommen, denn neben diesen Lehrkräften werden auch Lehrer beschäftigt, für die keine Beamtenlaufbahn mehr besteht.

18

c) Der Kläger und die nach dem 31. August 2008 eingestellten Lehrkräfte mit voller Lehrbefähigung, die nicht verbeamtet werden, befinden sich in „vergleichbarer Lage“. Beiden Gruppen ist beim beklagten Land die Beamtenlaufbahn verschlossen. Trotz dieser vergleichbaren Lage gewährt das beklagte Land nur den Lehrern mit voller Lehrbefähigung eine Zulage, nicht jedoch den Lehrern für Fachpraxis.

19

3. Die Ungleichbehandlung der beiden Arbeitnehmergruppen ist sachlich gerechtfertigt.

20

a) Eine sachfremde Benachteiligung liegt dann nicht vor, wenn sich nach dem Leistungszweck Gründe ergeben, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, einer Gruppe die der anderen gewährte Leistung vorzuenthalten. Die Zweckbestimmung ergibt sich vorrangig aus den tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen, von deren Vorliegen und Erfüllung die Leistung abhängig gemacht wird (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 15). Die Differenzierung zwischen der begünstigten Gruppe und den benachteiligten Arbeitnehmern ist dann sachfremd, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt. Die Gründe müssen auf vernünftigen, einleuchtenden Erwägungen beruhen und dürfen nicht gegen höherrangige Wertentscheidungen verstoßen. Die Gruppenbildung ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Unterscheidung einem legitimen Zweck dient und zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich und angemessen ist. Somit muss die unterschiedliche Leistungsgewährung stets im Sinne materieller Gerechtigkeit sachgerecht sein (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 16).

21

Eine Zulage ist ua. sachlich gerechtfertigt, wenn sie gewährt wird, weil sonst bestimmte Arbeitsplätze nicht besetzt werden können, oder Angehörige einer bestimmten Gruppe überhaupt oder stärker an den Betrieb gebunden werden sollen (BAG 21. März 2001 - 10 AZR 444/00 - Rn. 32; hierzu auch BAG 7. Februar 2007 - 5 AZR 41/06 - Rn. 27).

22

b) Die vom Landesarbeitsgericht festgestellte Zweckbestimmung der streitgegenständlichen Leistung hat der Kläger nicht in Frage gestellt. Sie liegt einerseits in der Schaffung eines finanziellen Anreizes, um bei arbeitsmarktbedingtem Arbeitskräftemangel bzw. einem prognostizierten erhöhten Arbeitskräftebedarf über ausreichend gut qualifizierte Bewerber verfügen zu können, andererseits in dem Bemühen, einer „Abwanderung“ in Berlin ausgebildeter Lehrkräfte in andere Bundesländer entgegenzuwirken. Darüber hinaus verfolgt das beklagte Land den Zweck, sich die Vorteile seiner Investitionen in die Ausbildung dieser Lehrkräfte zu erhalten.

23

c) Dem Kläger ist nicht darin zu folgen, die vom beklagten Land bezweckten Ziele könnten von der Regelung nicht erreicht werden, weil bei Bildung der Gruppen nicht die tatsächliche Beurteilung der konkreten Personalmangel- und Konkurrenzsituation der verschiedenen Lehrämter/Fächer berücksichtigt würden. Das beklagte Land durfte eine Betrachtung der allgemeinen Wettbewerbssituation zugrunde legen ohne Berücksichtigung der konkreten Personalmangelsituation einzelner Lehrämter/Fächer. Denn das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, der prognostizierte Lehrereinstellungsbedarf habe das erwartete Lehrereinstellungsangebot im beklagten Land für alle Lehrämter mindestens bis zum Jahr 2012 überstiegen. Diese Feststellung wurde vom Kläger nicht angegriffen, womit sie für den Senat bindend ist (§ 559 ZPO). Damit war ausgehend von einer Gesamtbetrachtung des Fächerspektrums von einer Personalmangelsituation auszugehen. Darüber hinaus blieb unbestritten, dass sich die Absagequote der Bewerber mit voller Lehrbefähigung nach Beendigung der Verbeamtung von 40 % auf 60 % erhöhte. Dieser Anstieg der Absagequote um die Hälfte zeigt das Ergebnis eines Wettbewerbs der Bundesländer um die Einstellung qualifizierten Lehrernachwuchses in Abhängigkeit auch von den finanziellen Rahmenbedingungen einer Verbeamtung. Dieser Anstieg ist zu hoch, um ihn mit je nach Einstellungstermin schwankenden Faktoren (wie unterschiedlichem Interesse am Ort und familiären Bindungen) erklären zu können.

24

d) Des Weiteren wird die Differenzierung durch das berechtigte Interesse des beklagten Landes sachlich gerechtfertigt, den Vorteil seiner Investitionen in die Hochschulausbildung und den Vorbereitungsdienst der Berufsanfänger im Lehramt mit voller Lehrbefähigung im eigenen Bundesland zu halten. Diese Investitionen erweisen sich wirtschaftlich nur dann als sinnvoll, wenn das beklagte Land auch vom Ergebnis der Ausbildung durch Einstellung und Einsatz als Lehrer im eigenen Schulsystem Nutzen ziehen kann.

25

e) Weiterhin durfte das Landesarbeitsgericht berücksichtigen, dass - ebenfalls vom Kläger mit der Revision nicht angegriffen - Lehrer mit voller Lehrbefähigung zu rund 95 % in einem zentral gesteuerten Einstellungsverfahren mit Bildung eines Pools sämtlicher Bewerber eingestellt werden, während die Einstellung der Lehrer für Fachpraxis den Schulen selbst obliegt. Im Übrigen unterscheidet sich das in den einzelnen Bundesländern an die Lehrer für Fachpraxis gestellte Anforderungsprofil deutlich. Eine gleichartige Konkurrenzsituation zwischen den Bundesländern besteht aus diesem Blickwinkel nicht. Diese Unterschiede werden noch dadurch verstärkt, dass sich die Berufsbiografien der beiden Vergleichsgruppen, jedenfalls bezogen auf das beklagte Land, unterscheiden. Die Lehrer für Fachpraxis unter dem Anforderungsprofil des beklagten Landes (Meisterprüfung, staatlich geprüfter Techniker) stehen in keiner gleichartigen Konkurrenzsituation wie Lehrkräfte mit beamtenrechtlicher Laufbahnbefähigung.

26

f) Auch die Tatsache, dass das beklagte Land diese Wettbewerbssituation durch seine Entscheidung, neu einzustellende Lehrer trotz Erfüllung der Voraussetzungen nicht mehr zu verbeamten, selbst geschaffen hat, gibt dem Kläger keinen Anspruch auf Gleichbehandlung. Dem Landesarbeitsgericht ist darin zuzustimmen, dass keine gesetzliche Verpflichtung zur Verbeamtung von Lehrkräften besteht und diese Entscheidung des beklagten Landes ist im Arbeitsgerichtsprozess nicht überprüfbar.

27

4. Da sich die Situation der Lehrer für Fachpraxis in wesentlichen Punkten anders darstellt als die der Vergleichsgruppe angehörenden Lehrkräfte, war es sachlich gerechtfertigt, die Zulagengewährung auf die Gruppe der Lehrer mit voller Lehrbefähigung zu beschränken. Demzufolge hat der Feststellungsantrag des Klägers keinen Erfolg.

28

II. Das Landesarbeitsgericht hat den zur Entscheidung angefallenen Hilfsantrag zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gibt aus den unter I. dargestellten Gründen dem Kläger keinen Anspruch auf Abschluss eines Änderungsvertrags.

29

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Weber    

        

    Volk    

        

        

        

    Dittrich    

        

    S. Röth-Ehrmann    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 2. Oktober 2012 - 15 Sa 139/11 - in seinen Ziffern I.9. und II. aufgehoben.

2. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 29. November 2012 - 3 Sa 71/12 - aufgehoben.

3. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Entgelterhöhungen unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung.

2

Der 1958 geborene Kläger ist seit 1992 bei der Beklagten beschäftigt. Er ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di. Die Beklagte war bis zum 31. März 2006 ordentliches Mitglied im Verband für Dienstleistung, Groß- und Außenhandel Baden-Württemberg e.V., im Anschluss daran wechselte sie in eine sog. OT-Mitgliedschaft.

3

Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitsvertrag vom 15. Oktober 1991, der auszugsweise lautet:

        

„1. Tätigkeit

        

Der/Die Angestellte wird ab 01.02.92 als PC-Programmierer eingestellt. (…)

        

…       

        

3. Kollektivvereinbarungen

        

Für das Arbeitsverhältnis gelten die für unsere Firma maßgebenden Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen in der jeweiligen Fassung.“

4

Der Kläger erhält ein Bruttomonatsgehalt von 4.034,00 Euro. Dieses setzt sich zusammen aus einem zum Stand 1. Mai 2006 eingefrorenen Tarifgehalt der Gehaltsgruppe G 5 / 12. Berufsjahr der Gehaltstarifverträge für die Beschäftigen des Groß- und Außenhandels in Baden-Württemberg (2.908,00 Euro brutto) und einer übertariflichen Zulage, die nach einer individuellen Erhöhung um 50,00 Euro brutto seit dem 1. August 2007 1.126,00 Euro brutto beträgt. Weitere 30,58 Euro brutto monatlich gewährt die Beklagte dem Kläger unter der Bezeichnung „AVmG PK AG stfr.“.

5

Nach dem Wechsel in die OT-Mitgliedschaft bat die Beklagte zu einem nicht näher festgestellten Zeitpunkt im Frühjahr 2006 ihre Mitarbeiter um eine Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit von (tariflichen) 38,5 Stunden auf 40 Stunden ohne Lohnausgleich. Einen entsprechenden Zusatz zum Arbeitsvertrag akzeptierten 96 % der Belegschaft, der Kläger nicht.

6

Am 25. März 2008 schloss die Beklagte mit dem in ihrem Betrieb errichteten Betriebsrat eine „Betriebsvereinbarung zur Bestimmung und Behandlung des Entgelts und des Entgeltgruppenplans“ (im Folgenden: BV Entgelt), die eine tätigkeitsbezogene Eingruppierung der Mitarbeiter in fünf allgemeine Entgeltgruppen (A1 bis A5) vorsieht. Außerdem heißt es dort:

        

„3 Grundsätze zu den Entgeltgruppen

        

…       

        

Die Festlegung des individuellen Entgelts innerhalb einer Entgeltgruppe, sowie des Basisentgelts der 1. Entgeltgruppe erfolgt durch den Arbeitgeber. Die prozentuale Steigerungsrate zwischen den einzelnen Entgeltgruppen (= Basisentgelt der Entgeltgruppen 2 - 5) ist in der Anlage geregelt.

        

4 Erhöhungen in den Entgeltgruppen

        

Entgelterhöhungen werden durch den Arbeitgeber festgelegt. (…)

        

Für alle Mitarbeiter, die vor dem 1.4.2006 in das Unternehmen eintraten, gilt ein Bestandsschutz. Basisentgelt für diese Mitarbeiter ist deren individuelles Tarifentgelt zum Stichtag 1.5.2006, solange dieses höher ist als das Basisentgelt.“

7

Mit Wirkung zum 1. April 2008 bot die Beklagte allen Arbeitnehmern den Abschluss eines neuen Formulararbeitsvertrags (im Folgenden: Standardarbeitsvertrag 2008) an, der keine Bezugnahme auf Tarifverträge mehr enthält, eine regelmäßige Arbeitszeit von 40 Wochenstunden festschreibt und eine Vergütung nach den Entgeltgruppen der BV Entgelt (beim Kläger: nach Entgeltgruppe A4 iHv. 4.083,00 Euro brutto) nebst einem 13. Bruttomonatsgehalt vorsieht. Des Weiteren enthält der Standardarbeitsvertrag 2008 Verschlechterungen im Vergleich zu den auf die Tarifbestimmungen für den Groß- und Außenhandel in Baden-Württemberg Bezug nehmenden Arbeitsverträgen, so etwa geringere Zuschläge für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit, Wegfall eines Zuschusses zum Krankengeld, weniger Tatbestände, bei denen Anspruch auf bezahlte Freistellung bestehen soll, Reduzierung eines „Sterbegeldes“. Rund 90 % der Beschäftigten nahmen das Angebot an, der Kläger nicht.

8

Die Beklagte erhöhte das Basisentgelt derjenigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in den Standardarbeitsvertrag 2008 gewechselt waren, zum 1. Juni 2008 um 2,6 %. Weitere Entgelterhöhungen erfolgten zum 1. Juli 2009 (2,2 %), zum 1. September 2010 (1,6 %) und zum 1. Juli 2011 (3,3 %).

9

In einem Vorprozess machte der Kläger eine Entgelterhöhung um 2,6 % für den Zeitraum Juni 2008 bis Februar 2009 erfolglos geltend (LAG Baden-Württemberg 15. April 2010 - 15 Sa 43/09 -).

10

Mit den vorliegenden, mehrfach erweiterten und bis in die Revisionsinstanz in getrennten Verfahren geführten Klagen hat der Kläger unter Berufung auf den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz die den begünstigten Arbeitnehmern gewährten Entgelterhöhungen, zuletzt für den Zeitraum Februar 2010 bis Dezember 2011 verlangt und geltend gemacht, ein sachlicher Grund, ihn von den Entgelterhöhungen auszunehmen, liege nicht vor.

11

Der Kläger hat - soweit seine Klagen in die Revisionsinstanz gelangt sind - zuletzt sinngemäß beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.861,22 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach näherer betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung zu zahlen,

        

2.    

die Beklagte weiter zu verurteilen, an den Kläger 2.064,70 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach näherer betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung zu zahlen.

12

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, der Gleichbehandlungsgrundsatz finde aufgrund der unterschiedlichen Arbeitsvertragsmodelle keine Anwendung. Jedenfalls sei die Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt. Mit den Entgelterhöhungen hätten die Nachteile der Beschäftigten, die in den Standardarbeitsvertrag 2008 wechselten, ausgeglichen werden sollen.

13

In dem Rechtsstreit betreffend den Zeitraum Februar 2010 bis April 2011 (= Klageantrag zu 1.) hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte rechtskräftig verurteilt, an den Kläger von September 2010 bis April 2011 monatlich (weitere) 28,34 Euro brutto zu zahlen. Mit der vom Landesarbeitsgericht nur für den Kläger zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen ursprünglichen Klageantrag weiter.

14

In dem Rechtsstreit betreffend den Zeitraum Mai bis Dezember 2011 (= Klageantrag zu 2.) hat das Arbeitsgericht der Klage teilweise, das Landesarbeitsgericht ihr in vollem Umfang stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision (Ausgangsaktenzeichen - 5 AZR 284/13 -) verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

15

Der Senat hat die Rechtsstreite nach Anhörung der Parteien zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem führenden Aktenzeichen - 5 AZR 6/13 - verbunden.

Entscheidungsgründe

16

Die Revisionen des Klägers und der Beklagten sind begründet. Ob der Kläger Anspruch auf die oder eine der den begünstigten Arbeitnehmern gewährten Entgelterhöhungen hat, kann der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen nicht entscheiden. Das führt zur Aufhebung der Berufungsurteile und Zurückverweisung der - nunmehr verbundenen - Sachen an das Landesarbeitsgericht, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

17

I. Der Anwendungsbereich des (allgemeinen) Gleichbehandlungsgrundsatzes ist eröffnet.

18

1. Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Arbeitsrecht (oft auch arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz oder allgemeiner arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz genannt) gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleich zu behandeln (st. Rspr., BAG 21. September 2011 - 5 AZR 520/10 - Rn. 18 mwN, BAGE 139, 190). Er wurzelt in dem überpositiven Ideal der Gerechtigkeit, die es gebietet, Gleiches gleich und Ungleiches entsprechend seiner Eigenart ungleich zu behandeln, und ist seit langem unbestrittener Bestandteil des Arbeitsrechts (vgl. nur ErfK/Preis 14. Aufl. § 611 BGB Rn. 574; HWK/Thüsing 6. Aufl. § 611 BGB Rn. 181, jeweils mwN; siehe auch G. Hueck Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung im Privatrecht S. 61, der schon 1958 festgestellt hat, die Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sei in der Literatur und Judikatur zum Arbeitsrecht ganz allgemein anerkannt). Der Gleichbehandlungsgrundsatz beschränkt die Gestaltungsmacht des Arbeitgebers (BAG 25. Januar 2012 - 4 AZR 147/10 - Rn. 57, BAGE 140, 291). Wird er verletzt, muss der Arbeitgeber die von ihm gesetzte Regel entsprechend korrigieren. Der benachteiligte Arbeitnehmer hat Anspruch auf die vorenthaltene Leistung (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 17; 13. April 2011 - 10 AZR 88/10 - Rn. 14, BAGE 137, 339, jeweils mwN).

19

Im Bereich der Arbeitsvergütung ist der Gleichbehandlungsgrundsatz unter Beachtung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit bei individuellen Entgeltvereinbarungen anwendbar, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (st. Rspr., BAG 21. September 2011 - 5 AZR 520/10 - Rn. 18, BAGE 139, 190; 25. Januar 2012 - 4 AZR 147/10 - Rn. 57, BAGE 140, 291, jeweils mwN).

20

2. Danach ist der Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes eröffnet.

21

a) Die Beklagte hat freiwillig, also ohne hierzu - insbesondere arbeitsvertraglich oder aufgrund der BV Entgelt - rechtlich verpflichtet zu sein (zur Nichtanwendbarkeit des Gleichbehandlungsgrundsatzes bei bloßem Normenvollzug und Vertragserfüllung, vgl. BAG 21. September 2011 - 5 AZR 520/10 - Rn. 21 mwN, BAGE 139, 190), die Arbeitsentgelte zum 1. Juni 2008, 1. Juli 2009, 1. September 2010 und 1. Juli 2011 kollektiv nach einem generalisierenden Prinzip angehoben. Für diese Leistung hat sie den Wechsel in den Standardarbeitsvertrag zur Voraussetzung gemacht. Mit der Anknüpfung an die zunächst durch die Reaktion der Arbeitnehmer auf das Angebot zum Abschluss des Standardarbeitsvertrags 2008 erfolgte Teilung der Belegschaft in Arbeitnehmer mit Standardarbeitsvertrag 2008 und solche mit „Altverträgen“ hat die Beklagte eine Gruppenbildung vorgenommen (vgl. BAG 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - Rn. 23, BAGE 122, 1).

22

b) Der Kläger und die Arbeitnehmer mit Standardarbeitsvertag 2008 befinden sich „in vergleichbarer Lage“. Zwar ist dafür nicht in jedem Falle bereits das gemeinsame Band eines Arbeitsverhältnisses zum selben Arbeitgeber ausreichend. Es ist aber andererseits nicht erforderlich, dass die Arbeitsbedingungen des Gleichbehandlung fordernden Arbeitnehmers mit denjenigen der Begünstigten in Gänze identisch sind (vgl. BAG 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - Rn. 26, BAGE 122, 1). Die Geltung verschiedener Arbeitsvertragsmodelle kann allenfalls dann eine im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes vergleichbare Lage ausschließen, wenn das eine Arbeitsvertragsmodell gekennzeichnet ist durch die dynamische Bezugnahme auf ein Tarifwerk und damit auf arbeitsvertraglicher Ebene kollektive, der Gestaltungsmacht des Arbeitgebers entzogene Regelwerke in ihrer jeweiligen Fassung zur Anwendung kommen, während das andere Arbeitsvertragsmodell der unbeschränkten Gestaltungsmacht des Arbeitgebers entspringt und den Arbeitnehmern gestellt wird. Eingedenk des Primats, (nur) Gleiches gleich und Ungleiches entsprechend seiner Eigenart ungleich zu behandeln, kommt es auch bei verschiedenen Arbeitsvertragsmodellen darauf an, ob sich der auf Gleichbehandlung berufende Arbeitnehmer hinsichtlich der vom Arbeitgeber verteilten Leistung in vergleichbarer Lage zu den begünstigten Arbeitnehmern befindet. Ist das der Fall, sind ansonsten unterschiedliche Arbeitsbedingungen erst für das Vorliegen eines sachlichen Differenzierungsgrundes von Belang.

23

Mit den streitgegenständlichen Entgelterhöhungen hat die Beklagte die statische Vergütungsabrede im Standardarbeitsvertrag 2008 freiwillig dynamisiert. Insoweit befindet sich der Kläger mit den begünstigten Arbeitnehmern „in vergleichbarer Lage“, weil auch sein Arbeitsvertrag eine statisch gewordene Vergütungsabrede enthält. Davon ist auszugehen, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien vor dem 1. Januar 2002 begonnen hat. Die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die „für unsere Firma maßgebenden Tarifverträge (…) in der jeweiligen Fassung“ hat das Landesarbeitsgericht angesichts der vormaligen Tarifgebundenheit der Beklagten kraft Verbandszugehörigkeit zutreffend nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als Gleichstellungsabrede ausgelegt (zu Auslegung und Vertrauensschutz für vor dem 1. Januar 2002 vereinbarte Bezugnahmeklauseln, vgl. BAG 11. Dezember 2013 - 4 AZR 473/12 - Rn. 13 ff. mwN). Die Dynamik der tariflichen Inkorporierung ist deshalb auf die Zeit begrenzt, in der die Beklagte durch ihre Verbandsmitgliedschaft an die Tarifentwicklung gebunden war (vgl. BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 15 ff. mwN, BAGE 136, 184). Danach hat der Kläger ab dem Ende der Nachbindung der Beklagten (§ 3 Abs. 3 TVG)an den zur Zeit ihres Wechsels in eine OT-Mitgliedschaft geltenden Gehaltstarifvertrag, also mit dem Inkrafttreten des (neuen) Gehaltstarifvertrags vom 5. Juli 2007 (zur Dauer der Nachbindung, vgl. BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 34 ff., BAGE 131, 176) weder kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit, noch aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme einen Anspruch auf Tariferhöhungen. Das Entgelt bzw. die Entgeltvereinbarung ist statisch geworden. Für Entgelterhöhungen ist der Kläger wie die Arbeitnehmer mit Standardarbeitsvertrag 2008 - und anders als Arbeitnehmer mit nach dem 1. Januar 2002 abgeschlossenen Altverträgen, deren Bezugnahmeklausel dynamisch wirkt - auf den Gestaltungswillen der Beklagten angewiesen und deren kollektivrechtlich nicht beschränkter Gestaltungsmacht unterworfen.

24

II. Ob die Ungleichbehandlung des Klägers sachlich gerechtfertigt ist, kann der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden.

25

1. Ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung ist der Ausgleich unterschiedlicher Arbeitsbedingungen zwischen verschiedenen Gruppen von Arbeitnehmern, solange ein solcher Ausgleich herbeigeführt wird und keine Überkompensation eintritt (BAG 13. April 2011 - 10 AZR 88/10 - Rn. 23 mwN, BAGE 137, 339; vgl. auch BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 25 f.). Wann bei einer Entgelterhöhung als begünstigender Maßnahme eine Überkompensation anzunehmen ist, musste das Bundesarbeitsgericht bislang nicht im Einzelnen klären.

26

Aus der bisherigen Rechtsprechung kann nicht gefolgert werden, eine Überkompensation liege stets bereits dann vor, wenn zu einem bestimmten Zeitpunkt der Stundenlohn der begünstigten Arbeitnehmer höher ist als der Stundenlohn der von der Leistung ausgenommen Arbeitnehmer (zur Stundenvergütung als Vergleichsmaßstab siehe: BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 23). So ließe ein bloßer Vergleich der Bruttostundenlöhne im Streitfall außer Betracht, dass die begünstigten Arbeitnehmer vor der ersten Entgelterhöhung über längere Zeit eine faktische Lohnkürzung durch die Erhöhung der Arbeitszeit von 38,5 auf 40 Wochenstunden ohne Lohnausgleich hingenommen haben. Geht es um den Ausgleich von Vergütungsunterschieden und sich finanziell auswirkender unterschiedlicher sonstiger Arbeitsbedingungen, tritt eine Überkompensation erst und mit dem Zeitpunkt ein, zu dem die finanziellen Nachteile, die die begünstigten Arbeitnehmer bis zu einer Entgelterhöhung erlitten haben oder danach noch erleiden werden, vollständig ausgeglichen sind.

27

2. Zur Prüfung der Frage, ob eine Entgelterhöhung nachteilige Arbeitsbedingungen der begünstigten Arbeitnehmer nicht nur ausgeglichen, sondern überkompensiert hat, ist ein Gesamtvergleich erforderlich. Dabei ist nicht - wie es das Landesarbeitsgericht unternommen hat - abstrakt auf die verschiedenen Arbeitsvertragsmodelle abzustellen und zu versuchen, deren unterschiedliche Arbeitsbedingungen irgendwie finanziell zu bewerten. Das ist objektiv nicht möglich, soweit - wie im Streitfall - die Nachteile der begünstigten Arbeitnehmer im Vergleichszeitraum variieren können, je nachdem, in welchem Umfang sie etwa zu Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit herangezogen wurden oder bei ihnen Entgeltfortzahlungstatbestände vorlagen. Ob die Differenzierung bei den streitgegenständlichen Entgelterhöhungen im Sinne materieller Gerechtigkeit sachgerecht war (zu diesem Postulat: BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 16 mwN), kann bei unterschiedlichen Arbeitsbedingungen aufgrund verschiedener Arbeitsvertragsmodelle zuverlässig nur am Maßstab des auf Gleichbehandlung klagenden Arbeitnehmers beurteilt werden. Soweit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14. März 2007 (- 5 AZR 420/06 - Rn. 28, BAGE 122, 1) ein anderer Vergleichsmaßstab entnommen werden kann, hält der Senat daran nicht fest.

28

3. Demzufolge muss - ähnlich wie beim Gesamtvergleich zur Ermittlung der Höhe des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt im Bereich der Leiharbeit, in dem der Verleiher gesetzlich zur Gleichbehandlung verpflichtet ist - ein Gesamtvergleich der Entgelte angestellt werden. Dabei zählt zum Arbeitsentgelt jede Vergütung, die aus Anlass des Arbeitsverhältnisses gewährt wird bzw. aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Entgeltfortzahlungstatbestände gewährt werden muss (vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 294/12 - Rn. 34. ff; 23. Oktober 2013 - 5 AZR 135/12 - Rn. 28). Gegenüberzustellen ist das Arbeitsentgelt, das der Kläger im maßgeblichen Zeitraum aufgrund der für ihn geltenden arbeitsvertraglichen Regelungen tatsächlich verdient hat und dasjenige Arbeitsentgelt, das er erhalten hätte, wenn er zu den Konditionen der begünstigten Arbeitnehmer gearbeitet hätte.

29

Dazu ist zunächst das Arbeitsentgelt zu ermitteln, das der Kläger ab dem - vom Landesarbeitsgericht bislang nicht exakt festgestellten - Zeitpunkt im Jahre 2006, an dem sich die Gruppe der Arbeitnehmer mit dem späteren Standardarbeitsvertag 2008 bei ansonsten unveränderten Arbeitsbedingungen mit einer Erhöhung der Arbeitszeit von 38,5 auf 40 Wochenstunden ohne Lohnausgleich einverstanden erklärte, bis zum Ende des Streitzeitraums (hier: Dezember 2011) erhalten hat. Dem gegenübergestellt werden muss das Arbeitsentgelt, das der Kläger im genannten Zeitraum unter Zugrundelegung der für ihn weitergeltenden Arbeitszeit von 38,5 Wochenstunden, aber mit einem entsprechend der Arbeitszeitverlängerung ohne Lohnausgleich verringerten faktischen Stundenlohn, erhalten hätte, wenn er ansonsten zu den für die Vergleichsgruppe geltenden Konditionen gearbeitet hätte. Ergibt sich dabei im Wege eines Gesamtsaldos ab einem bestimmten Zeitpunkt ein Plus, ist von da an eine Überkompensation anzunehmen: Der Kläger hätte mehr verdient, wenn er ins „schlechtere“ Arbeitsvertragsmodell gewechselt wäre. Freizeit ist dabei nicht zusätzlich zu bewerten, sie findet arbeitsrechtlich ihren Niederschlag in Höhe und Umfang der Hauptleistungspflichten einschließlich etwaiger Zuschläge.

30

4. Rechtsfolge einer Überkompensation ist, dass im Umfang der Überkompensation der sachliche Grund des Ausgleichs von Unterschieden nicht trägt (vgl. BAG 13. April 2010 - 10 AZR 88/10 - Rn. 23, BAGE 137, 339; 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 25). Für eine nach Eintritt der Überkompensation erfolgende - weitere - Entgelterhöhung fehlt deshalb der sachliche Grund von vornherein, für eine Entgelterhöhung vor Eintritt der Überkompensation entfällt der sachliche Grund ab diesem Zeitpunkt. Wäre zB im Streitfall eine Überkompensation ab 1. Januar 2011 anzunehmen, könnte der Kläger die zum 1. Juli 2011 erfolgte Entgelterhöhung beanspruchen. Die Entgelterhöhung zum 1. September 2010 stünde ihm in diesem Falle erst ab dem 1. Januar 2011 zu, weil bis dahin der sachliche Grund die Differenzierung gerechtfertigt hat.

31

5. Nach Maßgabe dieser Grundsätze wird das Landesarbeitsgericht im erneuten Berufungsverfahren prüfen müssen, ob und gegebenenfalls wann eine Überkompensation der Nachteile der begünstigten Arbeitnehmer eingetreten ist. Dabei gilt eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Die Beklagte hat eine Gruppe von Arbeitnehmern von den streitgegenständlichen Entgelterhöhungen ausgenommen und muss deshalb die Gründe für die Differenzierung offenlegen und substantiiert dartun (vgl. im Einzelnen: BAG 23. Februar 2011 - 5 AZR 84/10 - Rn. 15 f.). Dem ist sie mit ihrem bisherigen Vorbringen nachgekommen. Nunmehr ist es Sache des sich auf eine Überkompensation berufenden Klägers, anhand eines ihn betreffenden Gesamtvergleichs im Einzelnen darzulegen (und im Streitfalle zu beweisen), dass die Beklagte unstreitig bestehende unterschiedliche Arbeitsbedingungen nicht nur ausgeglichen, sondern ab einem bestimmten Zeitpunkt überkompensiert hat. Dem genügt das Vorbringen des Klägers bislang nicht. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gebietet es aber, dem Kläger in einem erneuten Berufungsverfahren Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag zu geben.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Mandrossa     

        

    E. Bürger    

                 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 19. November 2012 - 17 Sa 285/12 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Zahlung einer Erholungsbeihilfe.

2

Der Kläger ist bei der Beklagten in deren Betrieb in Rüsselsheim beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft vertraglicher Bezugnahme die zwischen dem Verband der Metall- und Elektro-Unternehmen Hessen e.V. und der Industriegewerkschaft Metall (im Folgenden: IG Metall), Bezirksleitung Frankfurt, geschlossenen Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie für das Land Hessen Anwendung. Die Beklagte ist Mitglied des tarifschließenden Arbeitgeberverbands; der Kläger ist nicht Mitglied der IG Metall.

3

Am 31. Mai 2010 schlossen die Adam Opel GmbH (im Folgenden: AOG), aus der die Beklagte durch formwechselnde Umwandlung entstanden ist, sowie weitere auf die Beklagte als übernehmende Rechtsträgerin verschmolzene Gesellschaften, der Verband der Metall- und Elektro-Unternehmen Hessen e.V., der Verband der Metall- und Elektro-Industrie NRW e.V., der Verband der Pfälzischen Metall- und Elektro-Industrie e.V., der Verband der Metall- und Elektro-Industrie Thüringen e.V., die Betriebsräte der verschiedenen Standorte der AOG sowie die Bezirksleitungen der IG Metall Frankfurt und Nordrhein-Westfalen eine als „Master Agreement“ bezeichnete Vereinbarung, die auszugsweise folgenden Wortlaut hat:

        

„Präambel

        

Zwischen allen Beteiligten besteht Einigkeit darüber, dass Management, Betriebsräte und IG Metall zusammenarbeiten, um einen nachhaltigen wirtschaftlichen Business Plan für Opel sozial verantwortlich umzusetzen und damit die Grundlage für zukünftige Profitabilität und Wachstum von Opel sowie die Sicherheit der Arbeitsplätze zu schaffen.

        

...     

        

Abschnitt I

        

Arbeitnehmerbeiträge und Beschäftigungssicherung

        

Den Parteien ist bewusst, dass Personalreduzierungen notwendig sind. Über den standortspezifischen Umfang, des von der Geschäftsleitung als erforderlich angesehenen Personalabbaus, wurden die Betriebsräte informiert. …

        

Nach Umsetzung dieser Personalreduzierungen wird die Adam Opel GmbH bis zum 1.1.2015 keine betriebsbedingten Kündigungen aussprechen.

        

Die Parteien legen dabei eine Personalkostenreduzierung in Höhe von durchschnittlich 176,8 Mio. € p.a. in Deutschland (265 Mio. € in Europa) zugrunde und verpflichten sich dazu. …

        

Den Zugeständnissen der Arbeitnehmerseite zur Kostenreduzierung stehen Zusagen der Arbeitgeberseite zu Investitionen, Produktinnovationen, zur Beschäftigungssicherung, Regelung zur Unternehmensmitbestimmung und der zu ändernden Rechtsform der AOG gegenüber. Die Kernpunkte einer solchen zukünftigen Übereinkunft sind in dieser Vereinbarung geregelt.

        

Abschnitt II

        

Aufschiebende Bedingung

        

Sämtliche unter Abschnitt IV A und B genannten Zusagen aller Parteien stehen unter der aufschiebenden Bedingung, dass die Parteien Vereinbarungen zu den Punkten

        

-       

Gewinnbeteiligung

        

-       

Sicherheiten

        

-       

Tarifvertrag Engineering

        

bis zum 1.9.2010 abschließen.

        

Um trotz der dargestellten zeitlichen Dimension die Kostenreduzierungen gemäß Abschnitt IV B zu ermöglichen werden die Tarifvertragsparteien eine Verschiebung der Fälligkeit der tariflichen Einmalzahlung 2010 und des derzeitigen Urlaubsgeld Anspruches für 2010 in Höhe von 50% bis zum 30.09.2010 vereinbaren. Diese Zahlungen entfallen anschließend im Falle des Eintritts der Bedingungen.

        

...     

        

Abschnitt IV

        

Gewinnbeteiligung und Sicherheiten

        

...     

        

B.)     

Personalkostenreduzierungen

        

Die jeweils zuständigen Parteien werden bis zum 01.09.2010 eine Betriebsvereinbarung/ Betriebsvereinbarungen und einen Tarifvertrag/ Tarifverträge mit dem nachfolgend beschriebenen Inhalt abschließen:

        

1.    

Einmalzahlungen

                 

Die für den Zeitraum vom 1. Mai 2010 bis zum 31. März 2011 vorgesehene tarifliche Einmalzahlung i.H.v. insgesamt 320,- € brutto für Arbeitnehmer sowie i.H.v. insgesamt 120,- € brutto für Auszubildende entfällt.

        

2.    

Nichtweitergabe der Tariferhöhung bis zum 31.01.2012

                 

Die durch die Tarifabschlüsse für die Metall- und Elektroindustrie im Februar 2010 vorgesehene Erhöhung der Tarifentgelte ab dem 1. April 2011 in Höhe von 2,7 % entfällt bis zum 31.01.2012. Die Tarifentgelte werden erst mit Wirkung ab dem 01.02.2012 um 2,7 % in Anwendung des ERA-Entgeltabkommen vom 18.02.2010 erhöht.

        

3.    

Reduzierung des Urlaubsgelds und Weihnachtsgelds

                 

Das Urlaubsgeld sowie die Weihnachtsgratifikation für die Jahre 2010 und 2011 wird auf 50 % der derzeit bestehenden Regelung reduziert. Bei Mitarbeitergruppen, die ein verstetigtes Urlaubs- oder Weihnachtsgeld in Anspruch genommen haben, wird eine entsprechende Kürzung erfolgen.

        

4.    

Die AOG verpflichtet sich, einen entsprechenden Einsparungsbeitrag des Managements einzubringen.

        

...“   

4

Ebenfalls am 31. Mai 2010 schloss die Beklagte mit den Bezirksleitungen Frankfurt und Nordrhein-Westfalen der IG Metall eine als „Side Letter zum Master Agreement vom 27.05.2010 - Regelung für IG-Metall-Mitglieder“ bezeichnete Vereinbarung (im Folgenden: Side Letter), die wie folgt lautet:

        

„Ergänzend zu der in der Präambel aufgenommenen Regelung zur aufschiebenden Bedingung regeln die Parteien folgendes:

        

Die von der IG-Metall unter B genannte Zusage zur Einmalzahlung steht unter der aufschiebenden Bedingung, dass die IG-Metall und das Management eine Vereinbarung zum Punkt ‚Besserstellung für IG-Metall Mitglieder’ bis zum 1.9.2010 abschließen.“

5

Zum 1. September 2010 wurden die im „Master Agreement“ angesprochenen Sanierungsvereinbarungen ua. zwischen der Beklagten und der IG Metall geschlossen. Bereits am 25./26. August 2010 hatte die Beklagte mit dem Verein zur Förderung von Gesundheit und Erholung der saarländischen Arbeitnehmer e.V. (im Folgenden: Saarverein) ihren Beitritt zum Verein vereinbart. Die Beitrittsvereinbarung hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

        

„1. Die AOG beantragt die Mitgliedschaft im Verein. Die Satzung liegt dieser Vereinbarung als Anlage bei.

        

2. Der Verein nimmt diesen Antrag an.

        

3. Die Parteien vereinbaren in Abweichung zu § 7, Ziffer (3.2) der Satzung vom 26.06.1998, dass die Adam Opel GmbH sich zu einem einmaligen Mitgliedsbeitrag in Höhe von insgesamt mindestens 8 Mio. € (…) und höchstens insgesamt 8,5 Mio. € (…) verpflichtet. Die genaue Höhe des Gesamt-Mitgliedsbeitrags werden die Parteien rechtzeitig und einvernehmlich bestimmen.

        

Der noch näher zu bestimmende Mitgliedsbeitrag wird in zwei Raten fällig: Am 15.12.2010 wird die Adam Opel GmbH einen Betrag i.H.v. 4,25 Mio. € auf das angegebene Konto des Vereins zahlen. Am 15.12.2011 wird die Adam Opel GmbH einen weiteren Betrag zahlen, der mindestens 3,75 Mio. € und höchstens 4,25 Mio. € beträgt. Wie bereits oben beschrieben, werden die Parteien rechtzeitig einvernehmlich die Höhe des gesamten Mitgliedsbeitrags und damit auch die Höhe der zweiten Rate bestimmen.

        

4. Der Verein verwendet den Mitgliedsbeitrag satzungsgemäß mit der Maßgabe, dass Erholungsbeihilfen aus dem Mitgliedsbeitrag ausschließlich an Beschäftigte der Adam Opel GmbH und ihrer Tochtergesellschaft gewährt wird. Der Verein sagt der Adam Opel GmbH zu, dass die Erholungsbeihilfe maximal 250,-- € pro Bezugsberechtigten und Jahr beträgt. Er wird der Adam Opel GmbH jeweils am 01.02.11 und am 01.02.12 versichern, dass ausschließlich an ihre Beschäftigte und an Beschäftigte der Tochtergesellschaft Erholungsbeihilfen geleistet wurden. ...

        

5. Der Verein versichert, dass sich an diese Vereinbarung keine steuerrechtlichen Auswirkungen für die Adam Opel GmbH knüpfen; insbesondere der Mitgliedsbeitrag und die Gewährung der Erholungsbeihilfen nicht lohn-/einkommenssteuerpflichtig sind. Die Adam Opel GmbH hat für die Erholungsbeihilfen keine Lohn-/Einkommensteuer einzubehalten, sondern der Verein nimmt eine pauschale Versteuerung vor.

        

6. Diese Vereinbarung steht unter der aufschiebenden Bedingung des Wirksamwerdens des Tarifvertrages ‚Zukunft Adam Opel GmbH‘ sowie der Betriebsvereinbarung ‚Zukunft Adam Opel GmbH‘.“

6

Der Beitrittsvereinbarung mit dem Saarverein war die in Nr. 1 in Bezug genommene Satzung vom 26. Juni 1998 beigefügt, die ua. Folgendes regelt:

        

§ 2 

        

Zweck 

        

(1) Zweck des Vereins ist es, den tarifgebundenen Arbeitnehmern Mittel zur Verfügung zu stellen und Maßnahmen zu fördern, die ausschließlich und unmittelbar zur Erhaltung der Arbeitskraft sowie zur Förderung von Gesundheit und Erholung dienen.

        

...     

        

§ 5     

        

Mitgliedschaft

        

(1) Die Mitgliedschaft ist freiwillig.

        

(2) Mitglieder des Vereins können sein:

        

(2.1) Vertreter der Industriegewerkschaft Metall

        

(2.2) Vertreter des Vereins der saarländischen Textil- und Lederindustrie

        

(2.3) Privatpersonen, Unternehmen, Unternehmenszusammenschlüsse und andere Organisationen der gewerblichen Wirtschaft, die bereit sind die Ziele des Vereins zu unterstützen.

        

...     

        

§ 7   

        

Rechte und Pflichten der Mitglieder

        

(1) ...

        

(2) Die den Mitgliedern angeschlossenen Arbeitnehmer haben das Recht auf Nutzung der Leistung und auf Teilnahme an Veranstaltungen sowie an Einrichtungen des Vereins.“

7

In einem von der Beklagten vorgelegten Informationsblatt des Saarvereins ist ua. ausgeführt:

        

Leistungen

        

Erholungsbeihilfen

        

Erholungsbeihilfen für in der IG Metall organisierte Arbeitnehmer deren Arbeitgeber Mitglied im Verein sind.

        

Erholungsmaßnahmen

        

Durchführung von Gesundheitswochen für in der IG Metall organisierte Arbeitnehmer deren Arbeitgeber Mitglied im Verein sind.

        

Definition von Begriffen im internen und externen Sprachgebrauch

        

Erholungsbeihilfen

        

Erholungsbeihilfen sind Leistungen des Vereins an, in der IG Metall organisierte Arbeitnehmer und deren Familie. Ein Rechtsanspruch auf Zahlung einer Erholungsbeihilfe besteht nicht. Der Arbeitgeber des Leistungsempfängers ist in der Regel Mitglied des Vereins und zahlt satzungsgemäße Beiträge.

        

…       

        

Leistungsberechtigte / Leistungsempfänger

        

Leistungsberechtigte bzw. Leistungsempfänger sind in der IG Metall organisierte Arbeitnehmer. Der jeweilige Arbeitgeber ist in der Regel Verbandsmitglied bzw. unterstützt die Ziele und Ideen des Vereins als Förderer.

        

Die Leistungsberechtigten bzw. Leistungsempfänger selbst sind keine Mitglieder des Vereins.

        

Falsch ist, daß alle Arbeitnehmer einen automatischen Anspruch auf Leistungen des Vereins haben, sobald der Arbeitgeber Mitglied oder Förderer des Vereins ist.

        

…“    

8

Nachdem die Beklagte vom Steuerberater des Saarvereins die „Anrufungsauskunft gem. § 42e EStG“ des Finanzamts Saarbrücken erhalten hatte, wonach Erholungsbeihilfen „im Rahmen der Freigrenzen des § 40 (2) Nr. 3 EStG mit 25 % LSt (zzgl. SolZ und KiSt) pauschal versteuert“ werden können, zahlte sie am 2. Februar 2011 an den Saarverein die erste Rate des Mitgliedsbeitrags.

9

Im Februar 2011 verbreitete die IG Metall, Bezirk Frankfurt, das Flugblatt „metallnachrichten - Information für Opel-Beschäftigte“, das auszugsweise folgenden Wortlaut hat:

        

„Alle bei Opel beschäftigten IG Metall-Mitglieder haben ab sofort Anspruch auf Erholungsbeihilfen für die Jahre 2011 und 2012. Dies regelt der im letzten Jahr abgeschlossene Tarifvertrag zwischen IG Metall und Adam Opel AG, nach dem die Firma Opel nun auch Mitglied im Saarverein ist. …

        

Die sogenannten Erholungsbeihilfen werden ohne besonderen Antrag gewährleistet und stehen ausschließlich IG Metall-Mitgliedern zu. Sie sind steuerfrei, da die Versteuerung durch den Verein vorgenommen wird. Ziel der Verwendung (Verwendungszweck) sind höhere Fitness und Gesunderhaltung der Arbeitskraft, zum Beispiel durch:

         ·       

professionelle Zahnreinigung

         ·       

medizinische Massagen

         ·       

Beiträge für Sportvereine oder Fitnessstudios

         ·       

Rückenschule

         ·       

Ernährungskurse

         ·       

Zuzahlungen für Medikamente, Kuren oder Physiotherapie

         ·       

Beiträge für Zusatzversicherungen oder Krankenhausaufenthalte

         ·       

Auslandskrankenversicherung“

10

Im Flugblatt ist weiter ausgeführt, dass die Erholungsbeihilfe gestaffelt nach dem Eintrittsdatum in die IG Metall in einer Höhe von 100,00 bis 200,00 Euro gezahlt werde. In der Folgezeit erhielten Arbeitnehmer der Beklagten, die Mitglied der IG Metall sind, Erholungsbeihilfen durch den Saarverein.

11

Als die Beklagte die Angaben des Flugblatts und insbesondere die angekündigte Abhängigkeit der Höhe der Erholungsbeihilfen von der Dauer der Mitgliedschaft der Arbeitnehmer in der IG Metall zur Kenntnis genommen hatte, sah sie darin einen Verstoß gegen die Beitrittsvereinbarung. Sie forderte die Vertreter der IG Metall und die Vorsitzende des Saarvereins auf, entweder die Erholungsbeihilfen entsprechend den gesetzlichen Vorgaben auszubezahlen oder der Beklagten zumindest die lohnsteuerrelevanten Daten der Begünstigten zum Zwecke einer individuellen Versteuerung zur Verfügung zu stellen. Nachdem dies erfolglos geblieben war, schätzte sie auf der Basis einer Plausibilitätsstatistik die Steuern und Sozialabgaben, korrigierte ihre Angaben gegenüber der Finanzverwaltung und den Sozialversicherungsträgern und entrichtete die ausstehenden Beträge nachträglich.

12

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ein Anspruch auf Erholungsbeihilfe in Höhe von 200,00 Euro netto, hilfsweise brutto, gegen die Beklagte unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten zu. Die Beklagte habe über den Saarverein ausschließlich - nach Dauer der Mitgliedschaft - gestaffelte Zahlungen an IG Metall-Mitglieder erbracht und dabei nicht oder anders gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer zu Unrecht von dieser Leistung ausgeschlossen. Es liege ein Umgehungstatbestand vor. Mit der Leistung über den Saarverein sollte eine Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verhindert werden, die nicht schon deshalb ausgeschlossen sei, weil die Erholungsbeihilfe aufgrund einer Vereinbarung mit der IG Metall gewährt worden sei. Die für die Erholungsbeihilfe von der Beklagten vorgenommene Gruppenbildung sei sachfremd. Die nicht in der IG Metall organisierten Arbeitnehmer hätten genauso wie diese durch die Streichung ihrer Sonderzahlungen zum Sanierungserfolg beigetragen. Es habe Zahlungen in Höhe von 200,00 Euro netto gegeben. Der geltend gemachte Betrag sei deshalb auch der Höhe nach gerechtfertigt. Für eine andere Berechnung sei die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig.

13

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 200,00 Euro netto, hilfsweise brutto, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 18. Juli 2011 zu zahlen.

14

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, sie sei schon nicht passiv legitimiert. Sie habe keine Leistungen an die IG Metall-Mitglieder ihres Unternehmens erbracht, Zahlungen habe lediglich der Saarverein geleistet. Die Dotierung der Erholungsbeihilfen sei auch nicht freiwillig erfolgt, sondern zur Erfüllung der mit der IG Metall im „Side Letter“ vereinbarten Bedingung für deren Zustimmung zu den Sanierungsvereinbarungen. Nach dem im „Master Agreement“ vereinbarten Sanierungsplan seien für die Jahre 2010 und 2011 bei den Arbeitskosten Einsparungen in Höhe von 265 Millionen Euro jährlich erforderlich gewesen, um das Unternehmen zu sanieren und eine absehbare Entlassung von vielen Mitarbeitern des Unternehmens zu verhindern. Dabei sei sie zwingend auf die Mitwirkung der IG Metall angewiesen gewesen. Allein deren Zustimmung zum Sanierungstarifvertrag sei Zweck der Beitrittsvereinbarung und der damit verbundenen Leistungen gewesen. Dass diese Vereinbarung nicht mittels eines - formellen - Tarifvertrags erfolgt sei, ändere nichts daran, dass es sich um eine Vereinbarung zwischen Tarifvertragsparteien handele. Dass der Saarverein die Höhe der Erholungsbeihilfen an die Dauer der Mitgliedschaft in der IG Metall geknüpft habe, sei ihr nicht zuzurechnen. Vereinbart worden seien lediglich die Zahlungen von Erholungsbeihilfen im steuerrechtlichen Sinn.

15

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

17

Für einen Anspruch des Klägers auf Zahlung der begehrten Erholungsbeihilfe gibt es keine rechtliche Grundlage, selbst wenn man zu seinen Gunsten unterstellt, die Beklagte habe in zurechenbarer Weise den bei ihr beschäftigten Mitgliedern der IG Metall durch den Abschluss der Beitrittsvereinbarung zum Saarverein in der Form eines Vertrages zugunsten Dritter (§ 328 BGB)einen Rechtsanspruch auf die Leistung von Erholungsbeihilfen zugewandt. Ein solcher Anspruch des Klägers ergibt sich nicht in Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes, auf den allein er sich bezieht. Dessen Anwendungsbereich ist nicht eröffnet. Die Beitrittsvereinbarung unterliegt als ein Bestandteil der Sanierungsvereinbarungen zwischen tariffähigen Vertragspartnern, der Beklagten und der IG Metall, nicht der Kontrolle anhand des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes.

18

I. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz allein kann dem Kläger - wie jedem Arbeitnehmer - keinen unmittelbaren Anspruch auf eine Leistung des Arbeitgebers gewähren. Wendet ein Arbeitgeber einer nach bestimmten Kriterien definierten Gruppe von Arbeitnehmern privatautonom eine Leistung zu, nimmt damit andere Arbeitnehmer hiervon aus und verstößt er bei der Festlegung der zugrunde liegenden Anspruchsvoraussetzungen gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, kann dies dazu führen, dass er verpflichtet ist, dem ausgeschlossenen Anspruchsteller gleichwohl die der Gruppe versprochene Leistung zu gewähren.

19

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gebietet der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz dem Arbeitgeber, der Teilen seiner Arbeitnehmer freiwillig nach einem bestimmten erkennbaren generalisierenden Prinzip Leistungen gewährt, Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in gleicher oder vergleichbarer Lage befinden, gleich zu behandeln. Untersagt ist ihm danach sowohl eine willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe als auch eine sachfremde Gruppenbildung (s. nur BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 596/09 - Rn. 23 mwN, BAGE 138, 253). Dabei gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz bei Fragen der Vergütung nur eingeschränkt; insoweit hat der Grundsatz der Vertragsfreiheit für individuell ausgehandelte Gehälter Vorrang. Erfolgt die Vergütung jedoch nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip, indem er bestimmte Voraussetzungen oder bestimmte Zwecke festlegt, greift der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz auch im Bereich der Entgeltzahlung (BAG 25. Januar 2012 - 4 AZR 147/10 - Rn. 57, BAGE 140, 291).

20

a) Voraussetzung für die Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ist, dass der Arbeitgeber durch ein eigenes gestaltendes Verhalten ein eigenes Regelwerk oder eine eigene Ordnung geschaffen hat. Danach knüpft die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Gleichbehandlung seiner Arbeitnehmer nicht unmittelbar an die Leistung selbst an, sondern vielmehr an das von ihm zugrunde gelegte, selbstbestimmte generalisierende Prinzip. Es handelt sich dabei um eine privatautonome Verteilungsentscheidung, die ihren Ausdruck in einer vom Arbeitgeber freiwillig gesetzten Anspruchsgrundlage für die jeweilige Leistung findet. Der Leistung selbst geht jeweils die „Schaffung eines eigenen Regelwerks … durch eigenes gestaltendes Verhalten“ (zB BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 76; ebenso 12. Oktober 2011 - 10 AZR 510/10 - Rn. 13; 6. Juli 2011 - 4 AZR 596/09 - Rn. 28, BAGE 138, 253) voraus, in der das generalisierende Prinzip festgelegt wird. Bei der Bestimmung der für den Leistungsanspruch maßgebenden Kriterien und der Konkretisierung des „generalisierenden Prinzips“ ist der Arbeitgeber allerdings an den Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden. Bei bloßem - auch vermeintlichem - Normvollzug gilt dieser dagegen nicht. Es fehlt insoweit an einer eigenen Verteilungsentscheidung des Arbeitgebers, wenn er subjektiv keine eigenen Anspruchsvoraussetzungen bildet, sondern sich - wenn auch irrtümlicherweise - verpflichtet sieht, eine aus seiner Sicht wirksame Regelung nur vollziehen zu müssen. Anders verhält es sich, wenn der Arbeitgeber nach Kenntnis von seinem Irrtum die bis dahin ohne Rechtsgrund erbrachten Leistungen weitergewährt und rechtlich mögliche Rückforderungsansprüche nicht geltend macht. Ab diesem Zeitpunkt erbringt er bewusst zusätzliche freiwillige Leistungen aufgrund eigener Entscheidung, die ihrerseits dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz genügen muss (st. Rspr., vgl. nur BAG 25. Januar 2012 - 4 AZR 148/10 - Rn. 57; 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - aaO; 27. Juni 2012 - 5 AZR 317/11 - Rn. 17; 27. August 2008 - 4 AZR 484/07  - Rn. 40, BAGE 127, 305 ; 26. April 2005 -  1 AZR 76/04  - zu II 1 der Gründe, BAGE 114, 286 ).

21

aa) Die Kriterien, nach denen die notwendig abstrakten Anspruchsvoraussetzungen durch den Arbeitgeber bestimmt werden, kennzeichnen zugleich die Abgrenzung der begünstigten Gruppe von den sonstigen Arbeitnehmern, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen. Dabei werden die Kriterien entweder ausdrücklich formuliert oder - wie es häufig der Fall ist - dadurch konkludent bestimmt, dass sich die Anspruchsvoraussetzungen aus einer Gesamtschau der begünstigten Arbeitnehmer und deren Gemeinsamkeiten ohne Weiteres ergeben. Insofern geht die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts davon aus, dass sich aus den tatsächlich gewährten Leistungen mit hinreichender Sicherheit ein „erkennbares“ allgemeines Prinzip - unabhängig von der einzelnen Person des begünstigten Arbeitnehmers - ergibt und ergeben muss (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 242/11 - Rn. 79 mwN). Es bedarf daher eines kollektiven Bezugs, da bloße Einzelmaßnahmen des Arbeitgebers nicht dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz unterliegen (BAG 16. Mai 2012 - 4 AZR 372/10 - Rn. 20; 24. Januar 2012 - 9 AZR 131/11 - Rn. 25; 21. Oktober 2009 - 10 AZR 664/08 - Rn. 29; ähnlich zur betrieblichen Übung BAG 21. April 2010 - 10 AZR 163/09 - Rn. 11, 13; zum erforderlichen kollektiven Bezug bei der Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nach § 75 Abs. 1 BetrVG ausf. BAG 10. Oktober 2006 - 1 ABR 68/05 - Rn. 28 ff., BAGE 119, 356). Steht eine unterschiedliche Ausgestaltung von Leistungen nach Gruppen von Arbeitnehmern fest, ohne dass das der Leistung zugrunde liegende Prinzip offensichtlich wird, muss ein Arbeitgeber die von ihm bei der Verteilungsentscheidung umgesetzte und vorher bestimmte Regel nach Zweck der Leistung und Differenzierungsgesichtspunkten bei den Begünstigten offenlegen (BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 510/10 - Rn. 14 mwN; 16. Juni 2010 - 4 AZR 928/08 - Rn. 39).

22

bb) Liegen danach der Leistung bestimmte, vom Arbeitgeber formulierte oder formulierbare Voraussetzungen zugrunde, muss die vom Arbeitgeber damit selbst geschaffene Gruppenbildung gemessen am Zweck der Leistung sachlich gerechtfertigt sein (vgl. nur BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 808/07 - Rn. 35 mwN). Dies ist nach der Rechtsprechung der Fall, wenn die Differenzierungsgründe unter Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweiligen Leistung auf vernünftigen, einleuchtenden Erwägungen beruhen und nicht gegen verfassungsrechtliche Wertentscheidungen oder gesetzliche Verbote verstoßen (vgl. nur BAG 16. Juni 2010 - 4 AZR 928/08 - Rn. 39; 22. Dezember 2009 - 3 AZR 136/08 - Rn. 45 mwN). Damit wird die Bestimmung der vom Arbeitgeber autonom festgesetzten „Tatbestandsmerkmale“ für die festgesetzte Leistung einer Rechtfertigungsprüfung am Maßstab des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes unterzogen. Lässt sich die mit der arbeitgeberseitigen Festlegung der Anspruchsvoraussetzungen bei der „Normaufstellung“ (Raab FS Kreutz 2010 S. 317, 341) verbundene Ausgrenzung anderer Arbeitnehmer, die diese Anforderungen nicht erfüllen, gemessen am Zweck der Leistung nicht sachlich rechtfertigen, ist hinsichtlich der Arbeitnehmer, die dadurch in nicht gerechtfertigter Weise von der Leistung ausgeschlossen werden, der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt.

23

b) Rechtsfolge einer Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ist die „Korrektur“ der arbeitgeberseitig bestimmten gleichbehandlungswidrigen Voraussetzung. Die sachlich nicht gerechtfertigte Gruppenbildung führt im Ergebnis zu einer Anpassung dieses Merkmals durch ein gleichbehandlungskonformes. Der Arbeitnehmer, der ohne sachliche Rechtfertigung ungleich behandelt wurde, kann die Leistung, von der er nach der Regelbildung des Arbeitgebers wegen Nichterfüllung des gleichbehandlungswidrigen Tatbestandsmerkmals ausgeschlossen war, von diesem verlangen, wenn es keine weiteren Voraussetzungen gibt oder wenn etwaige weitere Voraussetzungen von ihm erfüllt werden (s. etwa zur Anwendung eines bestimmten Tarifwerks BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 596/09 - Rn. 24 ff., 51, BAGE 138, 253).

24

2. Der Arbeitgeber ist nicht nur dann an den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden, wenn er einseitig allgemeine Anspruchsvoraussetzungen für eine Leistung bestimmt hat, sondern auch, wenn arbeitsvertragliche Vereinbarungen vorliegen. Dann begrenzt der Grundsatz um den Schutz des Arbeitnehmers willen die Gestaltungsmacht des Arbeitgebers (vgl. dazu BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 596/09 - Rn. 23 mwN, BAGE 138, 253).

25

a) Privatrechtliche Vereinbarungen beruhen auf dem Prinzip der Privatautonomie. Dieses setzt als Grundlage für eine freie Vereinbarung voraus, dass die Bedingungen der Selbstbestimmung des Einzelnen tatsächlich gegeben sind (vgl. BVerfG 7. September 2010 - 1 BvR 2160/09 , 1 BvR 851/10  - Rn. 34, BVerfGK 18, 14 ; 7. Februar 1990 - 1 BvR 26/84 - zu C I 3 der Gründe, BVerfGE 81, 242). Die Vermutung der Angemessenheit eines in einen Vertrag mündenden Verhandlungsergebnisses beruht auf der prinzipiellen Annahme eines strukturellen Gleichgewichts zwischen den beiden Verhandlungspartnern (BAG 7. Juni 2006 - 4 AZR 316/05 - Rn. 29, BAGE 118, 232).

26

b) Diese Voraussetzung ist im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses aufgrund der bestehenden Disparität der Vertragspartner zulasten des Arbeitnehmers grundsätzlich nicht gegeben. Dass der einzelne Arbeitnehmer sich beim Abschluss von Arbeitsverträgen typischerweise in einer Situation struktureller Unterlegenheit befindet, ist auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannt (BVerfG 23. November 2006 - 1 BvR 1909/06 - zu II 2 b aa (2) der Gründe mwN der st. Rspr.; BAG 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 22, BAGE 122, 182). Die von Verfassungs wegen zu berücksichtigende strukturelle Unterlegenheit des Arbeitnehmers besteht nicht nur bei der Begründung, sondern auch im bestehenden Arbeitsverhältnis (BAG 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - aaO). Es ist Aufgabe des Rechts, auf die Wahrung der Grundrechtspositionen beider Vertragspartner hinzuwirken, um zu verhindern, dass sich für einen Vertragsteil die Selbstbestimmung in eine Fremdbestimmung verkehrt (BVerfG 6. Februar 2001 - 1 BvR 12/92 - zu B I 1 a und b der Gründe, BVerfGE 103, 89). Dies geschieht ua. durch eine Inhaltskontrolle einzelvertraglicher Vereinbarungen (allg. etwa BAG 7. Juni 2006 - 4 AZR 316/05 - Rn. 29 f., BAGE 118, 232), etwa anhand der §§ 305 ff. BGB, wenn Allgemeine Geschäftsbedingungen vorliegen. Räumt der Arbeitsvertrag dem Arbeitgeber bei der Durchführung eine einseitige Gestaltungsmacht ein, unterliegt deren Ausübung der richterlichen Ermessenskontrolle nach §§ 315 ff. BGB. Wenn dabei ein kollektiver Bezug vorliegt, kommt insoweit der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zur Anwendung (zur Begründung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes bereits BAG 21. Dezember 1970 - 3 AZR 510/69 - zu II der Gründe, BAGE 23, 160; zum Schutzcharakter des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes BAG 23. Oktober 2012 - 4 AZR 48/11 - Rn. 14).

27

c) Die Begrenzung privatautonomen Handelns anhand des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes greift nach den vorstehenden Maßstäben deshalb auch ein, wenn der Arbeitgeber mit einzelnen Arbeitnehmern vertragliche Vereinbarungen über eine Leistung schließt und der Auswahl der Arbeitnehmer ein abstraktes, generalisierendes Prinzip zugrunde liegt. Ist der kollektive Bezug hinreichend gewährleistet, ist der Arbeitgeber verpflichtet, vergleichbare Arbeitnehmer nur aus sachlich gerechtfertigten Gesichtspunkten von dem Angebot auszuschließen (zu einer solchen Konstellation BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 155/09 - BAGE 134, 223; 25. Februar 2010 - 6 AZR 911/08 - Rn. 47 ff., BAGE 133, 265). Ein zu Unrecht benachteiligter Arbeitnehmer kann danach verlangen, dass auch mit ihm ein entsprechender Vertrag geschlossen wird. Lehnt allerdings ein Arbeitnehmer das an alle Arbeitnehmer gemachte Angebot des Arbeitgebers auf Abschluss eines (Änderungs-)Vertrags ab, scheidet eine Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes aus, weil die sich aus der Weigerung nunmehr ergebende Gruppenbildung hinsichtlich der in den Änderungsverträgen vorgesehenen Leistung nicht auf einer vom Arbeitgeber selbst aufgestellten Regel beruht (BAG 21. September 2011 - 5 AZR 520/10 - Rn. 20, BAGE 139, 190; vgl. auch BAG 14. Dezember 2011 - 5 AZR 675/10 - Rn. 17 f.).

28

3. Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Beachtung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes besteht allerdings nicht bei jeder Form privatautonomen Handelns. Werden Rechte und Pflichten für ein Arbeitsverhältnis zwar privatautonom, aber unter den Bedingungen eines strukturellen Gleichgewichts vereinbart, bleibt der Anwendungsbereich des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verschlossen. In der Folge sind nicht nur tarifvertragliche, sondern auch schuldrechtliche Vereinbarungen zwischen tariffähigen Parteien von einer Kontrolle anhand des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ausgeschlossen.

29

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts findet der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz keine Anwendung bei einem bloßen Normenvollzug (s. nur BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 596/09 - Rn. 23 mwN, BAGE 138, 253). Soweit dies in der Rechtsprechung auf Tarifverträge angewandt wird, kann dies nicht darauf zurückgeführt werden, dass die Vereinbarung und Erfüllung zwingender Tarifregelungen eine - dem Gesetz vergleichbare - Fremdbestimmung enthält, der der Arbeitgeber bloß unterlegen ist. Der Abschluss von Tarifverträgen ist als Wahrnehmung der Tarifautonomie dem privatautonomen Handeln der Beteiligten zuzuordnen, was sich bei Firmentarifverträgen von selbst ergibt, aber auch für Verbandstarifverträge gilt. Die Geltung von Tarifregelungen nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG ist sowohl rechtlich als auch legitimatorisch auf den privatautonomen Willen der Arbeitsvertragsparteien zurückzuführen. Die Erfüllung von mitgliedschaftlich legitimierten tariflich geregelten Verpflichtungen ist mit dem Vollzug einer gesetzlichen Anordnung nicht vergleichbar. Ihre Herausnahme aus dem Anwendungsbereich des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes hat ihren Grund vielmehr darin, dass bei Tarifverträgen die bei Individualarbeitsverträgen typischerweise zu verneinende Verhandlungsparität von Verfassungs wegen vorausgesetzt wird (st. Rspr. vgl. nur BAG 7. Juni 2006 - 4 AZR 316/05 - Rn. 30 mwN, BAGE 118, 232). Der Inhaltskontrolle des privatautonomen Handelns des Arbeitgebers bedarf es hier nicht, weil es an einem strukturellen Ungleichgewicht des Verhandlungspartners fehlt. Die Möglichkeit, dass Tarifvertragsparteien Mindestarbeitsbedingungen aushandeln, stellt ein verfassungsrechtlich und gesetzlich vorgesehenes Korrektiv zur strukturellen Ungleichgewichtigkeit der Vertragspartner einzelner Arbeitsverhältnisse dar. Die Tarifautonomie ist gerade darauf angelegt, die strukturelle Unterlegenheit der einzelnen Arbeitnehmer beim Abschluss von Arbeitsverträgen durch kollektives Handeln auszugleichen und damit ein annähernd gleichgewichtiges Aushandeln der Vergütungen und Arbeitsbedingungen zu ermöglichen (BVerfG 26. Juni 1991 - 1 BvR 779/85 - zu C I 3 b aa der Gründe, BVerfGE 84, 212; 4. Juli 1995 - 1 BvF 2/86 ua. - zu C I 1 c der Gründe, BVerfGE 92, 365). Hierdurch wird regelmäßig wieder die - allgemein vorausgesetzte - Gleichwertigkeit der Verhandlungsmacht hergestellt (vgl. BAG 19. Juni 2007 - 1 AZR 396/06 - Rn. 20, BAGE 123, 134; 4. Juni 2008 - 4 AZR 419/07 - BAGE 127, 27; BVerfG 4. Juli 1995 - 1 BvF 2/86 ua. - aaO). Daher haben die Ergebnisse kollektiv ausgehandelter Tarifvereinbarungen die Vermutung der Angemessenheit für sich (s. nur BAG 7. Juni 2006 - 4 AZR 316/05 - aaO). Den so ausgehandelten Tarifverträgen legt das Gesetz eine unmittelbare und zwingende Wirkung bei (§ 4 Abs. 1 TVG). Deshalb ist die in §§ 305 ff. BGB vorgesehene Angemessenheitskontrolle bei Tarifverträgen nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB auch ausgeschlossen. Eine Beschränkung kann sich hier nur aus einem unmittelbaren Verstoß gegen höherrangiges Recht ergeben. Für die Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ist dagegen bei Vereinbarungen von tariffähigen Vertragspartnern kein Raum (so bereits ausdrücklich BAG 26. April 2000 - 4 AZR 177/99 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 94, 273).

30

b) Diese Grundsätze gelten nicht nur für nach § 4 Abs. 1 TVG unmittelbar und zwingend geltende Tarifverträge, sondern auch für schuldrechtliche Vereinbarungen zwischen tariffähigen Vertragsparteien.

31

aa) Tarifvertragsparteien sind nicht gehalten, Arbeitsbedingungen durch Tarifverträge zu vereinbaren. Sie können im Rahmen der verfassungsrechtlich gewährleisteten Koalitionsbetätigungsfreiheit (s. nur JKOS/Krause Tarifvertragsrecht 2. Aufl. § 4 Rn. 159 mwN) auch schuldrechtliche (Koalitions-)Verträge schließen (etwa BAG 26. Januar 2011 - 4 AZR 159/09 - Rn. 18, BAGE 137, 45; 3. April 2007 - 9 AZR 283/06 - Rn. 60, BAGE 122, 33; 14. April 2004 - 4 AZR 232/03 - zu II 1 b der Gründe, BAGE 110, 164). Für die Tarifvertragsparteien gilt die allgemeine Vertragsfreiheit. Im Grundsatz ist ihre schuldrechtliche Vereinbarungsmacht unbegrenzt (Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 1 Rn. 1169). So kann sich ein Arbeitgeber durch eine schuldrechtliche Vereinbarung mit einer Gewerkschaft  bspw. verpflichten, bei einer „Outsourcing-Maßnahme“ deren Zustimmung einzuholen (vgl. BAG 26. Januar 2011 - 4 AZR 159/09 - Rn. 20, aaO).

32

bb) Solche schuldrechtlichen Vereinbarungen zwischen Tarifvertragsparteien können auch als Verträge zugunsten Dritter begünstigten Arbeitnehmern unmittelbar, wenn auch abdingbar (BAG 14. April 2004 - 4 AZR 232/03 - zu II 1 c aa der Gründe, BAGE 110, 164), Rechte einräumen (zB BAG 5. November 1997 - 4 AZR 872/95 - zu II 1.2 der Gründe mwN, BAGE 87, 45).

33

cc) Die Angemessenheitsvermutung gilt auch für schuldrechtliche Vereinbarungen tariffähiger Parteien. Der Grund, warum Tarifvereinbarungen einer Kontrolle durch den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz entzogen werden, ist nicht deren zwingende, unmittelbare Geltung, sondern die grundsätzliche Angemessenheitsvermutung (oben unter I 3 a), die nicht nur für Tarifverträge, sondern auch für andere Vereinbarungen zwischen Tarifvertragsparteien in gleicher Weise gilt. Insoweit kommt es nicht auf die normative Wirkung von Tarifverträgen an. Welche Rechtswirkung Tarifvertragsparteien ihren Verträgen beilegen, ändert daran nichts (s. nur Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 1 Rn. 1185, zur Nichtanwendung der AGB-Kontrolle bei schuldrechtlichen Vereinbarungen über Inhalte, die auch tarifvertraglich regelbar wären; ebenso JKOS/Krause Tarifvertragsrecht 2. Aufl. § 4 Rn. 162).

34

dd) Daher unterliegt ein Koalitionsvertrag zwischen einem Arbeitgeber und einer Gewerkschaft, in dem zugunsten Dritter, zB der Gewerkschaftsmitglieder, ein Leistungsanspruch begründet wird, nicht dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (ebenso Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 1 Rn. 1193).

35

II. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze ist ein auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gestützter Anspruch des Klägers nicht gegeben. Dabei kann zu dessen Gunsten unterstellt werden, dass die von ihm als begünstigte Gruppe angesehenen Mitglieder der IG Metall einen Rechtsanspruch auf die von ihm begehrte Leistung haben; ohne einen solchen wäre seine Klage schon deshalb unbegründet. Selbst wenn die in der IG Metall organisierten Arbeitnehmer der Beklagten einen Anspruch auf Zahlung der begehrten Erholungsbeihilfe iSd. § 40 Abs. 2 Nr. 3 EStG nach Maßgabe der Beitrittsvereinbarung auch gegen die Beklagte hätten, weil diese mit dem Saarverein durch die Beitrittsvereinbarung einen Vertrag zu ihren Gunsten iSd. §§ 328 ff. BGB geschlossen haben sollte, ergibt sich für den Kläger hieraus kein Zahlungsanspruch. Die Beitrittsvereinbarung unterliegt als Teil einer umfassenden zwischen tariffähigen Vertragspartnern geschlossenen (Sanierungs-)Vereinbarung nicht dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Dabei spielt es auch keine Rolle, dass die erforderlichen Gelder für die Erholungsbeihilfe nicht direkt an die Gewerkschaft oder deren Mitglieder, sondern an eine andere Zahlstelle geleistet wurden, die dann ihrerseits die Erholungsbeihilfen an Gewerkschaftsmitglieder ausgekehrt hat. Der Gleichbehandlungsgrundsatz findet auch insoweit keinen Anknüpfungspunkt (Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 1 Rn. 1194).

36

1. Als Anspruchsgrundlage für die bei der Beklagten beschäftigten Mitglieder der IG Metall kommt ausschließlich die Beitrittsvereinbarung zum Saarverein in Betracht. Davon geht auch der Kläger aus, der eine andere Rechtsgrundlage nicht nennt.

37

2. Die schuldrechtliche Beitrittsvereinbarung ist Teil der zwischen der Beklagten und der IG Metall geschlossenen Sanierungsvereinbarungen. Sie diente der rechtlich verbindlichen Umsetzung der im „Master Agreement“ und im „Side Letter“ vorgesehenen Maßnahmen, um den angestrebten Sanierungserfolg im Unternehmen der Beklagten herbeizuführen.

38

a) Das „Master Agreement“ sah eine Reihe von Maßnahmen vor, die ua. zu erheblichen Einsparungen von Personalkosten führen sollten. Dieses Ziel war nur zu erreichen, wenn im Rahmen einer „konzertierten Aktion“ alle daran Beteiligten, vorrangig die Beklagte und die IG Metall, sich auf koordinierte Maßnahmen verständigen würden. Hierzu gehörte ua., dass die tariflich vorgesehenen Einmalzahlungen für den Zeitraum vom 1. Mai 2010 bis zum 31. März 2011 entfallen sollten (Abschnitt IV B 1 „Master Agreement“).

39

b) Dabei stand die bereits im „Master Agreement“ enthaltene allgemeine Zusage der IG Metall (wie alle weiteren Zusagen im Abschnitt IV A und B „Master Agreement“) unter der „aufschiebenden Bedingung, dass die Parteien Vereinbarungen zu den Punkten - Gewinnbeteiligung - Sicherheiten - Tarifvertrag Engineering - bis zum 1.9.2010 abschließen“ (Abschnitt II „Master Agreement“). Zudem hatten die IG Metall und die Beklagte in dem „Side Letter“, die „unter B genannte Zusage zur Einmalzahlung … unter die aufschiebende Bedingung“ gestellt, dass „die IG-Metall und das Management eine Vereinbarung zum Punkt ‚Besserstellung für IG-Metall Mitglieder‘ bis zum 1.9.2010 abschließen.“

40

c) Die Beitrittsvereinbarung der Beklagten mit dem Saarverein diente der „Erfüllung und Konkretisierung“ der im „Side Letter“ vereinbarten „Besserstellung der IG-Metall Mitglieder“. Sie ist eine Umsetzungsmaßnahme der tariflichen und schuldrechtlichen Gesamtvereinbarung zur Sanierung der Beklagten und Bestandteil der von der Beklagten zugesicherten „Gegenleistung“ für die Zustimmung der IG Metall zu den erforderlichen Tarifverträgen. Davon ist das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgegangen. Auch zwischen den Parteien besteht hierüber dem Grunde nach kein Streit.

41

aa) Aus dem „Side Letter“ ergibt sich, dass die IG Metall auf einer vor dem Abschluss der Sanierungstarifverträge geregelten „Besserstellung“ ihrer Mitglieder bestanden hat. Die Beitrittsvereinbarung als unmittelbare konkretisierende Regelung einer solchen „Besserstellung“ steht demgemäß in einem kausalen Zusammenhang mit der Bereitschaft der IG Metall zum Abschluss der erforderlichen Sanierungsvereinbarungen.

42

bb) Durch die Aufnahme der aufschiebenden Bedingung in Nr. 6 der Beitrittsvereinbarung, nach der diese erst mit dem Wirksamwerden der Sanierungsvereinbarungen in Kraft treten sollte, ist auch eine unmittelbare rechtliche Verbindung mit dem Abschluss der Sanierungstarifverträge und damit der Umsetzung des „Master Agreements“ hergestellt. Die Beitrittsvereinbarung ist damit erst nach Abschluss der Sanierungsvereinbarungen mit der IG Metall am 1. September 2010 wirksam geworden.

43

cc) Die IG Metall hat den Abschluss der Beitrittsvereinbarung auch erkennbar als rechtliche Konkretisierung und „Erfüllung“ der Forderung nach einer Besserstellung ihrer Mitglieder akzeptiert und dann ohne weitere Vorbehalte dem Sanierungspaket nachfolgend am 1. September 2010 zugestimmt.

44

dd) Selbst der Kläger hat sich auf diesen Zusammenhang berufen. Er hat darauf verwiesen, die IG Metall habe ihre Mitwirkung bei der Vereinbarung eines Sanierungstarifvertrags mit der Zahlung des Vereinsbeitrags für Erholungszwecke ihrer Mitglieder verknüpft. Den weiteren hierzu erbrachten detaillierteren Vortrag der Beklagten, wonach die Beitrittsvereinbarung zwischen ihr und den Vertretern der IG Metall verhandelt worden sei, hat der Kläger nicht bestritten.

45

d) Aufgrund dieser tatsächlichen und rechtlichen Verknüpfung handelt es sich bei der Beitrittsvereinbarung um eine Umsetzung der tariflichen und anderen schuldrechtlichen Vereinbarungen des im „Master Agreement“ ua. zwischen der Beklagten und der IG Metall vereinbarten „Gesamtsanierungspakets“. Dabei ist unbeachtlich, dass die weitere Durchführung, wie etwa die Einhaltung der darin geregelten Verpflichtungen durch den Saarverein, ohne rechtlich notwendige Beteiligung der IG Metall als Organisation erfolgt ist.

46

3. Die Beitrittsvereinbarung als solche ist nicht unwirksam. Sie verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.

47

a) Soweit sich eine Partei in einem Vertrag zu einem verbotswidrigen Verhalten verpflichtet, ist die Vereinbarung nichtig. Dies gilt zB für eine Verpflichtung des Arbeitgebers, Vereinbarungen mit seinen Arbeitnehmern abzuschließen, die ihrerseits nichtig oder unwirksam wären, weil sie auf eine Straftat abzielen, bspw. eine Steuerhinterziehung oder eine Vorenthaltung von Sozialversicherungsbeiträgen (Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 1 Rn. 1174).

48

b) Die Beitrittsvereinbarung ist nicht darauf gerichtet, einen „unerlaubten“ Erfolg herbeizuführen. Die Gewährung von Erholungsbeihilfen iSd. § 40 Abs. 2 Nr. 3 EStG einschließlich ihrer steuerrechtlichen Behandlung ist gesetzlich geregelt. Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, es handele sich um eine Konstruktion zur Steuerhinterziehung, gibt es hierfür keine Anhaltspunkte. Es ist deshalb unerheblich, dass ihm dies zudem auch nicht zu dem begehrten Anspruch verhelfen würde.

49

c) Mögliche Abweichungen von der dem Grunde nach in der Beitrittsvereinbarung iVm. § 40 Abs. 2 EStG vorgesehenen Staffelung der Beträge nach Familienstand und Kinderzahl bei der konkreten Umsetzung durch den Saarverein, führen nicht zu deren Unwirksamkeit. Sie stellen allenfalls eine abredewidrige Verwendung der Gelder durch den Saarverein dar, lassen sich aber nicht auf die Beitrittsvereinbarung selbst und damit auf eine Willenserklärung der Beklagten zurückführen.

50

d) Die Tatsache, dass die Gewerkschaft IG Metall für den Abschluss der Sanierungstarifverträge eine „Besserstellung“ ihrer Mitglieder an anderer Stelle verlangt hat, ist nicht zu beanstanden. Die IG Metall kann als Tarifvertragspartei frei entscheiden, zu welchen Bedingungen sie Tarifverträge abschließt (vgl. dazu BAG 25. September 2013 - 4 AZR 173/12 - Rn. 23; 9. Dezember 2009 - 4 AZR 190/08 - Rn. 51). Dies bezieht sich sowohl auf die im Tarifvertrag selbst getroffenen Regelungen als auch auf damit in Zusammenhang stehende weitere Vereinbarungen. All dies ist grundrechtlich geschützt, insbesondere durch die verfassungsrechtlich garantierte Koalitionsfreiheit (vgl. dazu nur Franzen RdA 2006, 1, 8). Die Vereinbarung von Arbeitsbedingungen für die Mitglieder einer Koalition ist auch ohne Weiteres möglich, wenn sie einen weiteren Umsetzungsakt durch Vereinbarung mit einem Dritten voraussetzt (zB im Bereich der betrieblichen Altersversorgung) und nicht unmittelbar und zwingend iSv. § 4 Abs. 1 TVG für die Mitglieder der Koalition gelten (s. oben zu I 3 b bb).

51

4. Weitere Unwirksamkeitsgründe, insbesondere solche, die zugleich im Wege der Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ggf. zu einem „Verschaffungsanspruch“ des Klägers gegen die Beklagte hinsichtlich der Gewährung von Erholungsbeihilfen führen würden, sind nicht ersichtlich. Insbesondere die Rüge der Revision, bei der Vereinbarung zwischen der IG Metall und der Beklagten über die Beitrittsvereinbarung (s. oben) sei die erforderliche Schriftform nicht eingehalten, ist unerheblich. Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, die Abrede zwischen der Beklagten und der IG Metall, wonach durch die Beitrittsvereinbarung die geforderte „Besserstellung“ umgesetzt werde, unterliege dem Schriftformzwang des § 1 Abs. 2 TVG und dieser sei nicht gewahrt, ergibt sich daraus noch kein Anspruch des Klägers. Der Gleichbehandlungsgrundsatz findet vorliegend auch dann keine Anwendung, wenn die Beklagte den Beitritt zum Saarverein und die Erfüllung der darin vereinbarten Leistung auf der Grundlage einer lediglich vermeintlich wirksamen Abrede im Rahmen eines „Sanierungspakets“ mit der IG Metall erbracht hätte. Dass die Beklagte insoweit in positiver Kenntnis einer möglichen (Form-)Unwirksamkeit der entsprechenden Einigung die Beitrittsvereinbarung geschlossen und die Leistung erbracht hat, behauptet selbst der Kläger nicht. Die Beklagte hat sich demgegenüber stets darauf berufen, dass sie die im „Side Letter“ formulierte „Besserstellung“ von IG Metall-Mitgliedern erbringen wollte, um die existenziell notwendige Gesamtsanierung des Unternehmens durchführen zu können. Diese Auffassung findet ihren Ausdruck auch in der von der Beklagten selbst herbeigeführten unmittelbaren rechtlichen Abhängigkeit der Beitrittsvereinbarung von dem Abschluss des gesamten „Sanierungspakets“ durch die in Nr. 6 der Beitrittsvereinbarung geregelte aufschiebende Bedingung. Erst durch die Unterzeichnung der entsprechenden Vereinbarungen am 1. September 2010 wurde die Beitrittsvereinbarung überhaupt wirksam.

52

III. Die Kosten seiner erfolglosen Revision hat der Kläger zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Eylert    

        

    Treber    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    H. Klotz    

        

    Edda Redeker    

                 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 15. Dezember 2008 - 9 Sa 467/08 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Gehaltserhöhung unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung.

2

Die 1950 geborene Klägerin, Mitglied der Gewerkschaft ver.di, war vom 1. Oktober 1990 bis zum 31. Januar 2008 bei der Beklagten, die ein Einzelhandelsunternehmen betreibt, in der Filiale H im Verkauf beschäftigt. Die Beklagte war bis zum 31. Januar 2003 kraft Verbandsmitgliedschaft tarifgebunden und vergütete die Klägerin bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses nach der VergGr. G II/7 des im Jahre 2003 geltenden Entgelttarifvertrags. Die Klägerin arbeitete in Teilzeit 18 Wochenstunden und erhielt - unter Zugrundelegung einer wöchentlichen Arbeitszeit von 37,5 Stunden bei Vollzeitbeschäftigten - ein Grundgehalt von 916,38 Euro brutto. Das entspricht bei 78 Monatsstunden einer Stundenvergütung von 11,75 Euro brutto. Ferner erhielt die Klägerin entsprechend der tariflichen Regelung Spätöffnungszuschläge.

3

Mit Mitarbeitern, die nach dem Verbandsaustritt eingestellt wurden, vereinbarte die Beklagte eine Arbeitszeit von 40 Wochenstunden und eine Vergütung, die geringer war als diejenige, die vor dem Verbandsaustritt eingestellte Mitarbeiter erhielten.

4

Im Jahre 2003 forderte die Beklagte ihre vor dem Verbandsaustritt eingestellten Mitarbeiter auf, einer einvernehmlichen Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit von 37,5 auf 38,5 Stunden bzw. bei Teilzeitbeschäftigung einer entsprechenden Verlängerung ohne Lohnausgleich zuzustimmen. Bei der Klägerin hätte das eine Aufstockung der monatlichen Arbeitszeit von 78 auf 79,91 Stunden bei gleichbleibender Vergütung bedeutet. Auf entsprechende Schreiben der Beklagten vom 13. August und 5. November 2003 sowie 8. Juli 2004 reagierte die Klägerin nicht.

5

Im Jahre 2006 bat die Beklagte diejenigen Mitarbeiter, die einer Verlängerung der Arbeitszeit von 37,5 auf 38,5 Wochenstunden zugestimmt hatten, um Einverständnis mit einer weiteren Verlängerung der Arbeitszeit auf 40 Wochenstunden. Die Verlängerung von 38,5 auf 40 Wochenstunden war mit einem entsprechenden Lohnausgleich verbunden, allerdings verzichteten diese Arbeitnehmer auf die tariflichen Spätöffnungszuschläge.

6

Ab 1. September 2006 erhielten die Mitarbeiter, die arbeitsvertraglich eine Arbeitszeit von 40 Wochenstunden vereinbart hatten, einen Personalrabatt auch auf reduzierte Ware. Im Januar 2007 gewährte die Beklagte Mitarbeitern mit einem Arbeitsvertrag auf der Basis einer 40-Stunden-Woche einen zusätzlichen Personalkauf bis zu einer maximalen Verkaufswert von 400,00 Euro für Vollzeitbeschäftigte und anteilig für Teilzeitbeschäftigte.

7

Mit Wirkung vom 1. Juli 2007 erhöhte die Beklagte die Grundgehälter der Beschäftigten mit Arbeitsverträgen auf der Basis einer 40-Stunden-Woche ohne Anspruch auf Spätöffnungszuschläge um 3 %.

8

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin eine Gehaltserhöhung von 3 % für den Zeitraum Juli 2007 bis Januar 2008 iHv. insgesamt 192,43 Euro brutto. Sie hat geltend gemacht, die Beklagte verstoße gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und nehme eine unzulässige Maßregelung vor. Die Gruppenbildung der Beklagten sei fehlerhaft, zumindest unter Einbeziehung der Personalrabatte seien Mitarbeiter mit einer 40-Stunden-Woche bessergestellt, ihre „Nachteile“ würden überkompensiert.

9

Die Klägerin hat, soweit für die Revision noch von Interesse, beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 192,43 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus je 27,49 Euro seit dem 1. August, 1. September, 1. Oktober, 1. November und 1. Dezember 2007 und 1. Januar und 1. Februar 2008 zu zahlen.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Gehaltserhöhung und der erweiterte Personalrabatt hätten dazu gedient, die entstandenen Vergütungsunterschiede auszugleichen.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Ein Anspruch auf Gehaltserhöhung besteht nicht.

13

I. Die Klägerin kann den Anspruch nicht aus dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz herleiten.

14

1. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleich zu behandeln. Damit verbietet der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb der Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. Im Bereich der Arbeitsvergütung ist er trotz des Vorrangs der Vertragsfreiheit anwendbar, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (Senat 15. Juli 2009 - 5 AZR 486/08 - Rn. 11, EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 20; 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - Rn. 19, BAGE 122, 1; 31. August 2005 - 5 AZR 517/04 - BAGE 115, 367).

15

Dem Arbeitgeber ist es verwehrt, einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von ihnen aus unsachlichen Gründen von einer Erhöhung der Arbeitsentgelte auszuschließen. Eine sachfremde Benachteiligung liegt nicht vor, wenn sich nach dem Leistungszweck Gründe ergeben, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, diesen Arbeitnehmern die den anderen gewährte Leistung vorzuenthalten. Die Zweckbestimmung ergibt sich vorrangig aus den tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen, von deren Vorliegen und Erfüllung die Leistung abhängig gemacht wird (Senat 15. Juli 2009 - 5 AZR 486/08 - Rn. 12, EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 20; BAG 1. April 2009 - 10 AZR 353/08 - Rn. 14, DB 2009, 2494; 28. März 2007 - 10 AZR 261/06 - Rn. 14, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 265 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 21).

16

Die Differenzierung zwischen der begünstigten Gruppe und den benachteiligten Arbeitnehmern ist dann sachfremd, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt. Die Gründe müssen auf vernünftigen, einleuchtenden Erwägungen beruhen und dürfen nicht gegen höherrangige Wertentscheidungen verstoßen. Die Gruppenbildung ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Unterscheidung einem legitimen Zweck dient und zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich und angemessen ist. Die unterschiedliche Leistungsgewährung muss stets im Sinne materieller Gerechtigkeit sachgerecht sein (Senat 15. Juli 2009 - 5 AZR 486/08 - Rn. 13, EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 20; 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - Rn. 26, BAGE 122, 1).

17

Steht eine Gruppenbildung fest, hat der Arbeitgeber die Gründe für die Differenzierung offenzulegen und so substantiiert darzutun, dass die Beurteilung möglich ist, ob die Gruppenbildung sachlichen Kriterien entspricht. Liegt ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Regel auf alle Arbeitnehmer anzuwenden und diese entsprechend zu begünstigen. Der benachteiligte Arbeitnehmer hat Anspruch auf die vorenthaltene Leistung (Senat 15. Juli 2009 - 5 AZR 486/08 - Rn. 14, EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 20; BAG 14. August 2007 - 9 AZR 943/06 - BAGE 123, 358).

18

2. Die Anwendung dieser Grundsätze ergibt, dass die Beklagte den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt hat.

19

a) Die Beklagte hat die arbeitsvertragliche Vergütung nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip angehoben. Die Zahlungen erfolgten freiwillig in Form einer prozentualen Erhöhung der Monatsgrundvergütungen. Voraussetzung der Gewährung war, dass die Arbeitnehmer auf der Basis einer 40-Stunden-Woche tätig waren, sei es, dass sie in der Vergangenheit einer Erhöhung ihrer Arbeitszeit von 37,5 auf zunächst 38,5 und dann 40 Wochenstunden zugestimmt hatten oder bereits auf der Basis einer 40-Stunden-Woche eingestellt worden waren. Damit hat die Beklagte eine Gruppenbildung vorgenommen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist anwendbar.

20

Soweit die Revision in diesem Zusammenhang rügt, die Beklagte habe drei Gruppen gebildet, ist das nicht entscheidungserheblich. Denn diejenigen Arbeitnehmer, die einer Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit von 37,5 auf 38,5 Stunden zustimmten, eine weitere Erhöhung auf 40 Wochenstunden aber ablehnten, haben nach der nicht angegriffenen Feststellung des Landesarbeitsgerichts die Gehaltserhöhung nicht erhalten.

21

b) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass Gründe bestehen, die es nach dem Zweck der Leistung unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, einer Arbeitnehmergruppe die der anderen Arbeitnehmergruppe gewährte Gehaltserhöhung vorzuenthalten.

22

Die Klägerin stellt den von der Beklagten vorgetragenen Zweck der Gehaltserhöhung, nämlich den Ausgleich bestehender Vergütungsunterschiede, nicht in Abrede, meint jedoch, die Beklagte habe die Nachteile der begünstigten Arbeitnehmergruppe - zumindest in Kombination mit dem erweiterten Personalrabatt - überkompensiert. Das ist nicht der Fall.

23

aa) Nach der nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellung des Landesarbeitsgerichts erhielt die Klägerin unstreitig auch nach der ihr versagten Gehaltserhöhung eine höhere Stundenvergütung (11,75 Euro brutto) als diejenigen Mitarbeiter, die auf der Basis einer 40-Stunden-Woche (11,38 Euro brutto) bzw. einer 38,5-Stunden-Woche (11,46 Euro brutto) tätig waren. Entgegen der Auffassung der Revision ist der Vergleich der Stundenvergütung der (einzig) richtige Maßstab, weil ein Abstellen auf das Jahres-, Monats- oder Wochenentgelt unberücksichtigt lässt, dass Mitarbeiter mit einer Arbeitszeit von 40 Wochenstunden im Vergleich zur Klägerin zwar ein höheres Jahres-, Monats- oder Wochenentgelt erzielen, aber nur deshalb, weil sie statt 37,5 Stunden 40 Stunden wöchentlich arbeiten (müssen).

24

Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend macht, weil die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nach dessen Hinweisbeschluss vom 25. September 2008 und dem nachfolgenden Sachvortrag der Beklagten sie überrascht habe, kann dahingestellt bleiben, ob das Landesarbeitsgericht auf den von ihm in seiner Entscheidung zugrunde gelegten Vergleichsmaßstab hätte hinweisen müssen. Denn das Landesarbeitsgericht hat die Revision zugelassen und damit der Klägerin die Möglichkeit gegeben, zu der Rechtsfrage des Vergleichsmaßstabs Stellung zu nehmen (vgl. § 72 Abs. 2 Nr. 3 ArbGG).

25

bb) Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht den zusätzlichen Personalrabatt beim Vergleich der Arbeitsentgelte der Arbeitnehmergruppe, die die Gehaltserhöhung erhielt und derjenigen, der sie vorenthalten wurde, außer Betracht gelassen. Begehrt ein Arbeitnehmer eine Gehaltserhöhung mit der Begründung, andere Arbeitnehmer hätten eine solche bekommen und beruft sich der Arbeitgeber für seine Differenzierung darauf, die begünstigten Arbeitnehmer hätten in der Vergangenheit eine Gehaltsminderung hingenommen, kann eine Ungleichbehandlung nur dann vorliegen, wenn entweder vor der Gehaltserhöhung Gehaltsunterschiede nicht bestanden oder nach der Gehaltserhöhung zuvor bestehende Unterschiede nicht nur ausgeglichen, sondern dergestalt überkompensiert wurden, dass die zunächst weniger Verdienenden eine höhere Vergütung erhalten als die von der Gehaltserhöhung ausgenommenen Arbeitnehmer.

26

Gewährt der Arbeitgeber neben der Gehaltserhöhung als weitere Leistung einen geldwerten Vorteil, der nicht im Zusammenhang mit unterschiedlichen Vergütungssystemen im Betrieb steht (vgl. zum Erfordernis eines Gesamtvergleichs bei unterschiedlichen Vergütungssystemen Senat 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - Rn. 28, BAGE 122, 1) mit der Folge, dass ein in der Vergangenheit hingenommener Gehaltsverzicht erst durch die weitere Leistung überkompensiert wird, haben die Arbeitnehmer der Gruppe, denen die weitere Leistung vorenthalten wird, ggf. Anspruch auf die weitere Leistung, nicht jedoch auf die Gehaltserhöhung. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Einräumung eines zusätzlichen Personalrabatts überhaupt geeignet ist, eine Gehaltseinbuße objektiv messbar auszugleichen. Denn ein Personalrabatt nutzt nur demjenigen Arbeitnehmer, der bereit ist, unter Einsatz eigener finanzieller Mittel Waren gerade bei seinem Arbeitgeber zu kaufen, und nur in der Höhe, in der jeder einzelne Arbeitnehmer von der Möglichkeit eines verbilligten Einkaufs bei seinem Arbeitgeber Gebrauch macht.

27

II. Die Beklagte hat unabhängig davon, ob es sich überhaupt um eine Anspruchsgrundlage handelt, das Maßregelungsverbot des § 612a BGB nicht verletzt.

28

1. Gemäß § 612a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Benachteiligung nicht nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer eine Einbuße erleidet, sondern auch dann, wenn ihm Vorteile vorenthalten werden, die der Arbeitgeber Arbeitnehmern gewährt, falls diese Rechte nicht ausüben (Senat 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - Rn. 34, BAGE 122, 1; BAG 18. September 2007 - 3 AZR 639/06 - Rn. 27, BAGE 124, 71). Das Maßregelungsverbot ist aber nur dann verletzt, wenn zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Grund, dh. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bietet (Senat 15. Juli 2009 - 5 AZR 486/08 - Rn. 22, EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 20; 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - Rn. 34 mwN, aaO).

29

2. Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot vor. Die benachteiligende Maßnahme der Beklagten hatte ihren Grund nicht in der zulässigen Ablehnung einer Änderung des Arbeitsvertrags durch die Klägerin, sondern im unterschiedlichen Gehaltsniveau der Klägerin und der Arbeitnehmer mit einer Arbeitszeit auf der Basis der 40-Stunden-Woche.

30

III. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Reinders    

        

    Dombrowsky    

                 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. Februar 2013 - 20 Sa 2514/11 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine übertarifliche Zulage.

2

Der 1957 geborene Kläger steht als Lehrer für Fachpraxis in einem Arbeitsverhältnis zum beklagten Land. Er war nach einer entsprechenden Berufsausbildung als Heizungsmonteur tätig. Im Jahr 1985 bestand er die Meisterprüfung. Nach selbständiger Tätigkeit arbeitete er bis zum 31. März 2009 als Fachausbilder bzw. Projektbetreuer. Zum 1. April 2009 wurde er vom beklagten Land als Lehrer für Fachpraxis angestellt. In einer undatierten Nebenabrede zum Arbeitsvertrag vereinbarten die Parteien, dass dem Kläger der Unterschiedsbetrag zwischen Stufe 1 und Stufe 3 der Entgeltgruppe 9 TV-L als Zulage gezahlt werde.

3

Eine Beamtenlaufbahn für Lehrer für Fachpraxis besteht beim beklagten Land nicht mehr. Die im Jahr 1985 eingeführte Laufbahn wurde 1990 für die Zukunft wieder abgeschafft. Seit 2004 werden alle neu einzustellenden Lehrer nicht mehr in ein Beamtenverhältnis übernommen, sondern als Arbeitnehmer beschäftigt. Bereits in anderen Bundesländern verbeamtete Lehrer werden bei einem Wechsel zum beklagten Land als Beamte weiterbeschäftigt.

4

Am 17. Februar 2009 fasste der Senat von Berlin einen Beschluss über eine Verbesserung der Vergütungssituation für Lehrkräfte und Maßnahmen zur Förderung des Lehrernachwuchses im Land Berlin, in dem es ua. heißt:

        

„Nach ausführlicher Aussprache über die … Neufassung der Besprechungsunterlage der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung vom 13. Februar 2009 … beschließt der Senat:

        

I.    

A. 1. 

Ab dem Schuljahr 2009/2010 werden alle angestellten Lehrkräfte im Wege übertariflicher Vergütung endgültig in Erfahrungsstufe 5 TV-L eingruppiert, sofern sie nicht ohnehin bereits die Erfahrungsstufe 5 bzw. 5 + erreicht haben.

                 

2.    

Vom 1. Februar 2009 bis zum 31. Juli 2009 wird allen ab dem 1. September 2008 eingestellten Lehrkräften im Rahmen einer Zulage eine Vergütung nach Erfahrungsstufe 3 gewährt.

                 

3.    

Die weiteren Details der verbesserten Vergütung ergeben sich aus der Besprechungsunterlage unter Berücksichtigung der unter B. aufgeführten Maßgaben.

                 

4.    

Der Senat beschließt weiterhin die in der Besprechungsunterlage unter 2. Vorbereitungsdienst und 3. Studienplätze für Lehramtsstudenten dargestellten Maßnahmen unter Berücksichtigung der unter B. aufgeführten Maßgaben.“

5

Die im Entwurf zunächst vorgeschlagene Zahlung einer Zulage auch an Lehrkräfte ohne Laufbahnbefähigung wurde vor der Beschlussfassung gestrichen. Aus der Beschlussvorlage ergibt sich, dass das beklagte Land zunehmend Schwierigkeiten ausgesetzt sei, qualifizierte Lehrkräfte einzustellen. Die Nettovergütungsdifferenz der angestellten Lehrkräfte in Berlin zur Beamtenbesoldung anderer Bundesländer betrage bis zu 1.000,00 Euro/mtl. Deshalb sei das beklagte Land nicht mehr wettbewerbsfähig und die Deckung des Lehrerbedarfs zunehmend gefährdet.

6

In Ausführung des Senatsbeschlusses schloss das beklagte Land mit Lehrkräften, die die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für die Übernahme in ein Beamtenverhältnis erfüllten und nach dem 31. August 2008 eingestellt wurden, Nebenabreden über eine Zulage in Höhe der Differenz der tariflichen Erfahrungsstufe zur Stufe 5 der jeweiligen Entgeltgruppe.

7

Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung hat der Kläger mit seiner am 8. Juni 2011 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage die Zahlung einer Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrags zur Erfahrungsstufe 5 der Entgeltgruppe 9 TV-L ab dem 1. April 2011 beansprucht. Er werde ohne Sachgrund benachteiligt. Die Vorweggewährung der Erfahrungsstufe 5 solle Nachteile ausgleichen, die sich das beklagte Land durch seine Entscheidung, Lehrkräfte generell nicht in ein Beamtenverhältnis zu übernehmen, selbst bereitet habe. Angesichts dessen sei die Gruppenbildung nicht sachgerecht. Diese hätte auf die konkrete Personalmangelsituation in den verschiedenen Lehrämtern und Fächern bezogen werden müssen, wie sie auch bei den Lehrern für Fachpraxis bestehe.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 1. April 2011 eine aus betrieblichen Gründen, insbesondere solcher wirtschaftlicher oder haushälterischer Art mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Schuljahres kündbare monatliche übertarifliche Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen der tariflich geschuldeten Erfahrungsstufe und der Erfahrungsstufe 5 gemäß § 16 TV-L zu zahlen,

        

hilfsweise das beklagte Land zu verurteilen, das Angebot des Klägers anzunehmen, mit ihm zu dem im Hauptantrag genannten Bedingungen eine Nebenabrede abzuschließen.

9

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt.

10

Die Lehrer für Fachpraxis bildeten eine Gruppe, die von den Lehrkräften, die grundsätzlich verbeamtet werden könnten, zu unterscheiden sei. Benötigt würden vorrangig pädagogisch voll ausgebildete Lehrkräfte. Es gehe nicht um eine konkrete Personalmangelsituation, weil der Konkurrenzdruck unabhängig von konkreten Lehrämtern/Fächern bestehe. Mit der Zulage solle ua. erreicht werden, dass eine notwendige Anzahl gut qualifizierter Bewerber zur Verfügung stehe, unter denen das Land auswählen könne. Dabei sei die wichtigste und größte Gruppe die der (potentiellen) Laufbahnbewerber. Diese hätten eine universitäre Ausbildung und den Vorbereitungsdienst absolviert. Die Investition des beklagten Landes in deren Ausbildung ginge bei einer Abwanderung verloren. Auch sei die unterschiedliche Einstellungssituation zu beachten, da die „Laufbahnbewerber“ ganz überwiegend unmittelbar nach Ausbildungsabschluss eingestellt würden und zu diesem Zeitpunkt eine erhebliche Konkurrenzsituation mit anderen Bundesländern bestehe. Lehrer für Fachpraxis würden erst - und dann dezentral von den Schulen selbst - nach einer beruflichen Tätigkeit eingestellt und zu einer ganz wesentlich geringeren Zahl. Einen vergleichbaren Bewerberwettlauf gebe es nicht, auch bedingt durch die unterschiedlichen Einstellungsvoraussetzungen der Bundesländer bei den Lehrern für Fachpraxis, die im beklagten Land deutlich niedriger lägen als in anderen Bundesländern.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist mit Haupt- und Hilfsantrag unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf übertarifliche Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen der vertraglich vereinbarten Erfahrungsstufe und der Stufe 5 der Entgeltgruppe 9 des TV-L. Deshalb ist das beklagte Land auch nicht verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Abschluss einer entsprechenden Nebenabrede anzunehmen.

13

I. Das Landesarbeitsgericht hat einen Anspruch gestützt auf den Gleichbehandlungsgrundsatz - ebenso wie auf Basis des Senatsbeschlusses des beklagten Landes vom 17. Februar 2009 und einer entsprechenden Gesamtzusage, beides vom Kläger mit der Revision nicht angegriffen - zu Recht verneint.

14

1. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleich zu behandeln. Er wurzelt in dem überpositiven Ideal der Gerechtigkeit, die es gebietet, Gleiches gleich und Ungleiches entsprechend seiner Eigenart ungleich zu behandeln. Der Gleichbehandlungsgrundsatz beschränkt die Gestaltungsmacht des Arbeitgebers. Wird er verletzt, muss der Arbeitgeber die von ihm gesetzte Regel entsprechend korrigieren. Der benachteiligte Arbeitnehmer hat Anspruch auf die vorenthaltene Leistung (BAG 3. September 2014 - 5 AZR 6/13 - Rn. 18 mwN). Im Bereich der Arbeitsvergütung ist der Gleichbehandlungsgrundsatz unter Beachtung der Vertragsfreiheit anwendbar, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (st. Rspr., BAG 3. September 2014 - 5 AZR 6/13 - Rn. 19).

15

2. Der Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist eröffnet.

16

a) Das beklagte Land hat freiwillig, dh. ohne hierzu arbeits- oder tarifvertraglich verpflichtet zu sein, die Vergütung bestimmter Lehrkräfte um eine Zulage in Höhe der Differenz zur Erfahrungsstufe 5 der jeweiligen Entgeltgruppe kollektiv nach einem generalisierenden Prinzip angehoben. Das beklagte Land hat für diese freiwillige Leistung vorausgesetzt, dass es sich bei dem/der Begünstigten um eine nach dem 31. August 2008 neu eingestellte Lehrkraft handeln muss, die zudem die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für ein Beamtenverhältnis erfüllt.

17

b) Mit der Anknüpfung an die Erfüllung fachlicher und pädagogischer Voraussetzungen für ein Beamtenverhältnis hat das beklagte Land eine Gruppenbildung vorgenommen, denn neben diesen Lehrkräften werden auch Lehrer beschäftigt, für die keine Beamtenlaufbahn mehr besteht.

18

c) Der Kläger und die nach dem 31. August 2008 eingestellten Lehrkräfte mit voller Lehrbefähigung, die nicht verbeamtet werden, befinden sich in „vergleichbarer Lage“. Beiden Gruppen ist beim beklagten Land die Beamtenlaufbahn verschlossen. Trotz dieser vergleichbaren Lage gewährt das beklagte Land nur den Lehrern mit voller Lehrbefähigung eine Zulage, nicht jedoch den Lehrern für Fachpraxis.

19

3. Die Ungleichbehandlung der beiden Arbeitnehmergruppen ist sachlich gerechtfertigt.

20

a) Eine sachfremde Benachteiligung liegt dann nicht vor, wenn sich nach dem Leistungszweck Gründe ergeben, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, einer Gruppe die der anderen gewährte Leistung vorzuenthalten. Die Zweckbestimmung ergibt sich vorrangig aus den tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen, von deren Vorliegen und Erfüllung die Leistung abhängig gemacht wird (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 15). Die Differenzierung zwischen der begünstigten Gruppe und den benachteiligten Arbeitnehmern ist dann sachfremd, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt. Die Gründe müssen auf vernünftigen, einleuchtenden Erwägungen beruhen und dürfen nicht gegen höherrangige Wertentscheidungen verstoßen. Die Gruppenbildung ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Unterscheidung einem legitimen Zweck dient und zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich und angemessen ist. Somit muss die unterschiedliche Leistungsgewährung stets im Sinne materieller Gerechtigkeit sachgerecht sein (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 16).

21

Eine Zulage ist ua. sachlich gerechtfertigt, wenn sie gewährt wird, weil sonst bestimmte Arbeitsplätze nicht besetzt werden können, oder Angehörige einer bestimmten Gruppe überhaupt oder stärker an den Betrieb gebunden werden sollen (BAG 21. März 2001 - 10 AZR 444/00 - Rn. 32; hierzu auch BAG 7. Februar 2007 - 5 AZR 41/06 - Rn. 27).

22

b) Die vom Landesarbeitsgericht festgestellte Zweckbestimmung der streitgegenständlichen Leistung hat der Kläger nicht in Frage gestellt. Sie liegt einerseits in der Schaffung eines finanziellen Anreizes, um bei arbeitsmarktbedingtem Arbeitskräftemangel bzw. einem prognostizierten erhöhten Arbeitskräftebedarf über ausreichend gut qualifizierte Bewerber verfügen zu können, andererseits in dem Bemühen, einer „Abwanderung“ in Berlin ausgebildeter Lehrkräfte in andere Bundesländer entgegenzuwirken. Darüber hinaus verfolgt das beklagte Land den Zweck, sich die Vorteile seiner Investitionen in die Ausbildung dieser Lehrkräfte zu erhalten.

23

c) Dem Kläger ist nicht darin zu folgen, die vom beklagten Land bezweckten Ziele könnten von der Regelung nicht erreicht werden, weil bei Bildung der Gruppen nicht die tatsächliche Beurteilung der konkreten Personalmangel- und Konkurrenzsituation der verschiedenen Lehrämter/Fächer berücksichtigt würden. Das beklagte Land durfte eine Betrachtung der allgemeinen Wettbewerbssituation zugrunde legen ohne Berücksichtigung der konkreten Personalmangelsituation einzelner Lehrämter/Fächer. Denn das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, der prognostizierte Lehrereinstellungsbedarf habe das erwartete Lehrereinstellungsangebot im beklagten Land für alle Lehrämter mindestens bis zum Jahr 2012 überstiegen. Diese Feststellung wurde vom Kläger nicht angegriffen, womit sie für den Senat bindend ist (§ 559 ZPO). Damit war ausgehend von einer Gesamtbetrachtung des Fächerspektrums von einer Personalmangelsituation auszugehen. Darüber hinaus blieb unbestritten, dass sich die Absagequote der Bewerber mit voller Lehrbefähigung nach Beendigung der Verbeamtung von 40 % auf 60 % erhöhte. Dieser Anstieg der Absagequote um die Hälfte zeigt das Ergebnis eines Wettbewerbs der Bundesländer um die Einstellung qualifizierten Lehrernachwuchses in Abhängigkeit auch von den finanziellen Rahmenbedingungen einer Verbeamtung. Dieser Anstieg ist zu hoch, um ihn mit je nach Einstellungstermin schwankenden Faktoren (wie unterschiedlichem Interesse am Ort und familiären Bindungen) erklären zu können.

24

d) Des Weiteren wird die Differenzierung durch das berechtigte Interesse des beklagten Landes sachlich gerechtfertigt, den Vorteil seiner Investitionen in die Hochschulausbildung und den Vorbereitungsdienst der Berufsanfänger im Lehramt mit voller Lehrbefähigung im eigenen Bundesland zu halten. Diese Investitionen erweisen sich wirtschaftlich nur dann als sinnvoll, wenn das beklagte Land auch vom Ergebnis der Ausbildung durch Einstellung und Einsatz als Lehrer im eigenen Schulsystem Nutzen ziehen kann.

25

e) Weiterhin durfte das Landesarbeitsgericht berücksichtigen, dass - ebenfalls vom Kläger mit der Revision nicht angegriffen - Lehrer mit voller Lehrbefähigung zu rund 95 % in einem zentral gesteuerten Einstellungsverfahren mit Bildung eines Pools sämtlicher Bewerber eingestellt werden, während die Einstellung der Lehrer für Fachpraxis den Schulen selbst obliegt. Im Übrigen unterscheidet sich das in den einzelnen Bundesländern an die Lehrer für Fachpraxis gestellte Anforderungsprofil deutlich. Eine gleichartige Konkurrenzsituation zwischen den Bundesländern besteht aus diesem Blickwinkel nicht. Diese Unterschiede werden noch dadurch verstärkt, dass sich die Berufsbiografien der beiden Vergleichsgruppen, jedenfalls bezogen auf das beklagte Land, unterscheiden. Die Lehrer für Fachpraxis unter dem Anforderungsprofil des beklagten Landes (Meisterprüfung, staatlich geprüfter Techniker) stehen in keiner gleichartigen Konkurrenzsituation wie Lehrkräfte mit beamtenrechtlicher Laufbahnbefähigung.

26

f) Auch die Tatsache, dass das beklagte Land diese Wettbewerbssituation durch seine Entscheidung, neu einzustellende Lehrer trotz Erfüllung der Voraussetzungen nicht mehr zu verbeamten, selbst geschaffen hat, gibt dem Kläger keinen Anspruch auf Gleichbehandlung. Dem Landesarbeitsgericht ist darin zuzustimmen, dass keine gesetzliche Verpflichtung zur Verbeamtung von Lehrkräften besteht und diese Entscheidung des beklagten Landes ist im Arbeitsgerichtsprozess nicht überprüfbar.

27

4. Da sich die Situation der Lehrer für Fachpraxis in wesentlichen Punkten anders darstellt als die der Vergleichsgruppe angehörenden Lehrkräfte, war es sachlich gerechtfertigt, die Zulagengewährung auf die Gruppe der Lehrer mit voller Lehrbefähigung zu beschränken. Demzufolge hat der Feststellungsantrag des Klägers keinen Erfolg.

28

II. Das Landesarbeitsgericht hat den zur Entscheidung angefallenen Hilfsantrag zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gibt aus den unter I. dargestellten Gründen dem Kläger keinen Anspruch auf Abschluss eines Änderungsvertrags.

29

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Weber    

        

    Volk    

        

        

        

    Dittrich    

        

    S. Röth-Ehrmann    

                 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 15. Dezember 2008 - 9 Sa 467/08 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Gehaltserhöhung unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung.

2

Die 1950 geborene Klägerin, Mitglied der Gewerkschaft ver.di, war vom 1. Oktober 1990 bis zum 31. Januar 2008 bei der Beklagten, die ein Einzelhandelsunternehmen betreibt, in der Filiale H im Verkauf beschäftigt. Die Beklagte war bis zum 31. Januar 2003 kraft Verbandsmitgliedschaft tarifgebunden und vergütete die Klägerin bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses nach der VergGr. G II/7 des im Jahre 2003 geltenden Entgelttarifvertrags. Die Klägerin arbeitete in Teilzeit 18 Wochenstunden und erhielt - unter Zugrundelegung einer wöchentlichen Arbeitszeit von 37,5 Stunden bei Vollzeitbeschäftigten - ein Grundgehalt von 916,38 Euro brutto. Das entspricht bei 78 Monatsstunden einer Stundenvergütung von 11,75 Euro brutto. Ferner erhielt die Klägerin entsprechend der tariflichen Regelung Spätöffnungszuschläge.

3

Mit Mitarbeitern, die nach dem Verbandsaustritt eingestellt wurden, vereinbarte die Beklagte eine Arbeitszeit von 40 Wochenstunden und eine Vergütung, die geringer war als diejenige, die vor dem Verbandsaustritt eingestellte Mitarbeiter erhielten.

4

Im Jahre 2003 forderte die Beklagte ihre vor dem Verbandsaustritt eingestellten Mitarbeiter auf, einer einvernehmlichen Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit von 37,5 auf 38,5 Stunden bzw. bei Teilzeitbeschäftigung einer entsprechenden Verlängerung ohne Lohnausgleich zuzustimmen. Bei der Klägerin hätte das eine Aufstockung der monatlichen Arbeitszeit von 78 auf 79,91 Stunden bei gleichbleibender Vergütung bedeutet. Auf entsprechende Schreiben der Beklagten vom 13. August und 5. November 2003 sowie 8. Juli 2004 reagierte die Klägerin nicht.

5

Im Jahre 2006 bat die Beklagte diejenigen Mitarbeiter, die einer Verlängerung der Arbeitszeit von 37,5 auf 38,5 Wochenstunden zugestimmt hatten, um Einverständnis mit einer weiteren Verlängerung der Arbeitszeit auf 40 Wochenstunden. Die Verlängerung von 38,5 auf 40 Wochenstunden war mit einem entsprechenden Lohnausgleich verbunden, allerdings verzichteten diese Arbeitnehmer auf die tariflichen Spätöffnungszuschläge.

6

Ab 1. September 2006 erhielten die Mitarbeiter, die arbeitsvertraglich eine Arbeitszeit von 40 Wochenstunden vereinbart hatten, einen Personalrabatt auch auf reduzierte Ware. Im Januar 2007 gewährte die Beklagte Mitarbeitern mit einem Arbeitsvertrag auf der Basis einer 40-Stunden-Woche einen zusätzlichen Personalkauf bis zu einer maximalen Verkaufswert von 400,00 Euro für Vollzeitbeschäftigte und anteilig für Teilzeitbeschäftigte.

7

Mit Wirkung vom 1. Juli 2007 erhöhte die Beklagte die Grundgehälter der Beschäftigten mit Arbeitsverträgen auf der Basis einer 40-Stunden-Woche ohne Anspruch auf Spätöffnungszuschläge um 3 %.

8

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin eine Gehaltserhöhung von 3 % für den Zeitraum Juli 2007 bis Januar 2008 iHv. insgesamt 192,43 Euro brutto. Sie hat geltend gemacht, die Beklagte verstoße gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und nehme eine unzulässige Maßregelung vor. Die Gruppenbildung der Beklagten sei fehlerhaft, zumindest unter Einbeziehung der Personalrabatte seien Mitarbeiter mit einer 40-Stunden-Woche bessergestellt, ihre „Nachteile“ würden überkompensiert.

9

Die Klägerin hat, soweit für die Revision noch von Interesse, beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 192,43 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus je 27,49 Euro seit dem 1. August, 1. September, 1. Oktober, 1. November und 1. Dezember 2007 und 1. Januar und 1. Februar 2008 zu zahlen.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Gehaltserhöhung und der erweiterte Personalrabatt hätten dazu gedient, die entstandenen Vergütungsunterschiede auszugleichen.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Ein Anspruch auf Gehaltserhöhung besteht nicht.

13

I. Die Klägerin kann den Anspruch nicht aus dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz herleiten.

14

1. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleich zu behandeln. Damit verbietet der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb der Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. Im Bereich der Arbeitsvergütung ist er trotz des Vorrangs der Vertragsfreiheit anwendbar, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (Senat 15. Juli 2009 - 5 AZR 486/08 - Rn. 11, EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 20; 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - Rn. 19, BAGE 122, 1; 31. August 2005 - 5 AZR 517/04 - BAGE 115, 367).

15

Dem Arbeitgeber ist es verwehrt, einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von ihnen aus unsachlichen Gründen von einer Erhöhung der Arbeitsentgelte auszuschließen. Eine sachfremde Benachteiligung liegt nicht vor, wenn sich nach dem Leistungszweck Gründe ergeben, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, diesen Arbeitnehmern die den anderen gewährte Leistung vorzuenthalten. Die Zweckbestimmung ergibt sich vorrangig aus den tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen, von deren Vorliegen und Erfüllung die Leistung abhängig gemacht wird (Senat 15. Juli 2009 - 5 AZR 486/08 - Rn. 12, EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 20; BAG 1. April 2009 - 10 AZR 353/08 - Rn. 14, DB 2009, 2494; 28. März 2007 - 10 AZR 261/06 - Rn. 14, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 265 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 21).

16

Die Differenzierung zwischen der begünstigten Gruppe und den benachteiligten Arbeitnehmern ist dann sachfremd, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt. Die Gründe müssen auf vernünftigen, einleuchtenden Erwägungen beruhen und dürfen nicht gegen höherrangige Wertentscheidungen verstoßen. Die Gruppenbildung ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Unterscheidung einem legitimen Zweck dient und zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich und angemessen ist. Die unterschiedliche Leistungsgewährung muss stets im Sinne materieller Gerechtigkeit sachgerecht sein (Senat 15. Juli 2009 - 5 AZR 486/08 - Rn. 13, EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 20; 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - Rn. 26, BAGE 122, 1).

17

Steht eine Gruppenbildung fest, hat der Arbeitgeber die Gründe für die Differenzierung offenzulegen und so substantiiert darzutun, dass die Beurteilung möglich ist, ob die Gruppenbildung sachlichen Kriterien entspricht. Liegt ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Regel auf alle Arbeitnehmer anzuwenden und diese entsprechend zu begünstigen. Der benachteiligte Arbeitnehmer hat Anspruch auf die vorenthaltene Leistung (Senat 15. Juli 2009 - 5 AZR 486/08 - Rn. 14, EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 20; BAG 14. August 2007 - 9 AZR 943/06 - BAGE 123, 358).

18

2. Die Anwendung dieser Grundsätze ergibt, dass die Beklagte den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt hat.

19

a) Die Beklagte hat die arbeitsvertragliche Vergütung nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip angehoben. Die Zahlungen erfolgten freiwillig in Form einer prozentualen Erhöhung der Monatsgrundvergütungen. Voraussetzung der Gewährung war, dass die Arbeitnehmer auf der Basis einer 40-Stunden-Woche tätig waren, sei es, dass sie in der Vergangenheit einer Erhöhung ihrer Arbeitszeit von 37,5 auf zunächst 38,5 und dann 40 Wochenstunden zugestimmt hatten oder bereits auf der Basis einer 40-Stunden-Woche eingestellt worden waren. Damit hat die Beklagte eine Gruppenbildung vorgenommen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist anwendbar.

20

Soweit die Revision in diesem Zusammenhang rügt, die Beklagte habe drei Gruppen gebildet, ist das nicht entscheidungserheblich. Denn diejenigen Arbeitnehmer, die einer Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit von 37,5 auf 38,5 Stunden zustimmten, eine weitere Erhöhung auf 40 Wochenstunden aber ablehnten, haben nach der nicht angegriffenen Feststellung des Landesarbeitsgerichts die Gehaltserhöhung nicht erhalten.

21

b) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass Gründe bestehen, die es nach dem Zweck der Leistung unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, einer Arbeitnehmergruppe die der anderen Arbeitnehmergruppe gewährte Gehaltserhöhung vorzuenthalten.

22

Die Klägerin stellt den von der Beklagten vorgetragenen Zweck der Gehaltserhöhung, nämlich den Ausgleich bestehender Vergütungsunterschiede, nicht in Abrede, meint jedoch, die Beklagte habe die Nachteile der begünstigten Arbeitnehmergruppe - zumindest in Kombination mit dem erweiterten Personalrabatt - überkompensiert. Das ist nicht der Fall.

23

aa) Nach der nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellung des Landesarbeitsgerichts erhielt die Klägerin unstreitig auch nach der ihr versagten Gehaltserhöhung eine höhere Stundenvergütung (11,75 Euro brutto) als diejenigen Mitarbeiter, die auf der Basis einer 40-Stunden-Woche (11,38 Euro brutto) bzw. einer 38,5-Stunden-Woche (11,46 Euro brutto) tätig waren. Entgegen der Auffassung der Revision ist der Vergleich der Stundenvergütung der (einzig) richtige Maßstab, weil ein Abstellen auf das Jahres-, Monats- oder Wochenentgelt unberücksichtigt lässt, dass Mitarbeiter mit einer Arbeitszeit von 40 Wochenstunden im Vergleich zur Klägerin zwar ein höheres Jahres-, Monats- oder Wochenentgelt erzielen, aber nur deshalb, weil sie statt 37,5 Stunden 40 Stunden wöchentlich arbeiten (müssen).

24

Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend macht, weil die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nach dessen Hinweisbeschluss vom 25. September 2008 und dem nachfolgenden Sachvortrag der Beklagten sie überrascht habe, kann dahingestellt bleiben, ob das Landesarbeitsgericht auf den von ihm in seiner Entscheidung zugrunde gelegten Vergleichsmaßstab hätte hinweisen müssen. Denn das Landesarbeitsgericht hat die Revision zugelassen und damit der Klägerin die Möglichkeit gegeben, zu der Rechtsfrage des Vergleichsmaßstabs Stellung zu nehmen (vgl. § 72 Abs. 2 Nr. 3 ArbGG).

25

bb) Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht den zusätzlichen Personalrabatt beim Vergleich der Arbeitsentgelte der Arbeitnehmergruppe, die die Gehaltserhöhung erhielt und derjenigen, der sie vorenthalten wurde, außer Betracht gelassen. Begehrt ein Arbeitnehmer eine Gehaltserhöhung mit der Begründung, andere Arbeitnehmer hätten eine solche bekommen und beruft sich der Arbeitgeber für seine Differenzierung darauf, die begünstigten Arbeitnehmer hätten in der Vergangenheit eine Gehaltsminderung hingenommen, kann eine Ungleichbehandlung nur dann vorliegen, wenn entweder vor der Gehaltserhöhung Gehaltsunterschiede nicht bestanden oder nach der Gehaltserhöhung zuvor bestehende Unterschiede nicht nur ausgeglichen, sondern dergestalt überkompensiert wurden, dass die zunächst weniger Verdienenden eine höhere Vergütung erhalten als die von der Gehaltserhöhung ausgenommenen Arbeitnehmer.

26

Gewährt der Arbeitgeber neben der Gehaltserhöhung als weitere Leistung einen geldwerten Vorteil, der nicht im Zusammenhang mit unterschiedlichen Vergütungssystemen im Betrieb steht (vgl. zum Erfordernis eines Gesamtvergleichs bei unterschiedlichen Vergütungssystemen Senat 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - Rn. 28, BAGE 122, 1) mit der Folge, dass ein in der Vergangenheit hingenommener Gehaltsverzicht erst durch die weitere Leistung überkompensiert wird, haben die Arbeitnehmer der Gruppe, denen die weitere Leistung vorenthalten wird, ggf. Anspruch auf die weitere Leistung, nicht jedoch auf die Gehaltserhöhung. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Einräumung eines zusätzlichen Personalrabatts überhaupt geeignet ist, eine Gehaltseinbuße objektiv messbar auszugleichen. Denn ein Personalrabatt nutzt nur demjenigen Arbeitnehmer, der bereit ist, unter Einsatz eigener finanzieller Mittel Waren gerade bei seinem Arbeitgeber zu kaufen, und nur in der Höhe, in der jeder einzelne Arbeitnehmer von der Möglichkeit eines verbilligten Einkaufs bei seinem Arbeitgeber Gebrauch macht.

27

II. Die Beklagte hat unabhängig davon, ob es sich überhaupt um eine Anspruchsgrundlage handelt, das Maßregelungsverbot des § 612a BGB nicht verletzt.

28

1. Gemäß § 612a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Benachteiligung nicht nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer eine Einbuße erleidet, sondern auch dann, wenn ihm Vorteile vorenthalten werden, die der Arbeitgeber Arbeitnehmern gewährt, falls diese Rechte nicht ausüben (Senat 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - Rn. 34, BAGE 122, 1; BAG 18. September 2007 - 3 AZR 639/06 - Rn. 27, BAGE 124, 71). Das Maßregelungsverbot ist aber nur dann verletzt, wenn zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Grund, dh. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bietet (Senat 15. Juli 2009 - 5 AZR 486/08 - Rn. 22, EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 20; 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - Rn. 34 mwN, aaO).

29

2. Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot vor. Die benachteiligende Maßnahme der Beklagten hatte ihren Grund nicht in der zulässigen Ablehnung einer Änderung des Arbeitsvertrags durch die Klägerin, sondern im unterschiedlichen Gehaltsniveau der Klägerin und der Arbeitnehmer mit einer Arbeitszeit auf der Basis der 40-Stunden-Woche.

30

III. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Reinders    

        

    Dombrowsky    

                 

Tenor

I. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 19. April 2012 - 7 Sa 1232/11 - aufgehoben, soweit es die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 6. Juli 2011 - 2 Ca 7935/10 - hinsichtlich des Antrags zu 1. zurückgewiesen hat.

II. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 6. Juli 2011 - 2 Ca 7935/11 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.299,50 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2010 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen. Die Kosten der ersten und der zweiten Instanz hat die Beklagte jeweils zu 2/5 und der Kläger jeweils zu 3/5 zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Sonderzahlung für das Jahr 2010.

2

Der Kläger war nach seiner bei der Beklagten absolvierten Berufsausbildung ab Januar 2006 als Controller auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrags von Dezember 2005 beschäftigt.

3

Der Arbeitsvertrag enthielt unter § 3(Bezüge) ua. folgende Regelung:

„2. Die Zahlung von Gratifikationen und sonstigen Leistungen liegt im freien Ermessen des Verlages und begründet keinen Rechtsanspruch, auch wenn die Zahlung wiederholt ohne ausdrücklichen Vorbehalt der Freiwilligkeit erfolgte. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Zahlung durch gültigen Tarifvertrag geregelt ist.“

4

Gemäß § 11 des Arbeitsvertrags fanden die Tarifverträge für den Groß- und Außenhandel in Hessen auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Der Manteltarifvertrag für den Groß- und Außenhandel Hessen vom 4. Juli 1997 (MTV) ist ausweislich des vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) veröffentlichten Verzeichnisses der für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge (Stand 1. Oktober 2013) ab dem 1. Januar 1997 allgemeinverbindlich mit einer hier nicht interessierenden Einschränkung.

5

Im MTV findet sich unter § 14(Sonderzahlungen) folgende Regelung:

        

„1.     

Arbeitnehmer und Auszubildende, die am 1.12. eines Kalenderjahres dem Betrieb/Unternehmen/Konzern ununterbrochen mindestens 12 Monate angehören, haben kalenderjährlich einen Anspruch auf eine Sonderzahlung in folgender Höhe:

                 

1997   

1998   

1999   

2000   

                 

1115,-

1130,-

1145,-

1160,- [DM]

                 

…       

                          
        

3.    

Wird das Arbeitsverhältnis aufgrund grob treuwidrigen Verhaltens oder Vertragsbruches des Arbeitnehmers beendet, so entfällt der Anspruch auf die tarifliche Sonderzahlung. Gegebenenfalls für das laufende Kalenderjahr gewährte Sonderzahlungen sind als Vorschuss zurückzuzahlen.

        

4.    

Die im laufenden Kalenderjahr erbrachten Sonderzahlungen des Arbeitgebers, wie Jahresabschlussvergütungen, Weihnachtsgeld, Gratifikationen, Jahresergebnisbeteiligungen, Jahresprämien und ähnliches, gelten als Sonderzahlungen im Sinne dieser Vereinbarung und erfüllen den tariflichen Anspruch, soweit sie zusammengerechnet die Höhe der tariflich zu erbringenden Leistungen erreichen.

                 

…       

        

5.    

Wenn dem Anspruchsberechtigten in dem Kalenderjahr keine Ansprüche auf Entgelt oder Zuschüsse zum Krankengeld gemäß § 15 Ziffer 2 - 4 oder zum Mutterschaftsgeld gemäß § 14 Mutterschutzgesetz zustehen, entfällt der Anspruch auf die nach Ziffer 1 garantierte Sonderzahlung. Wenn nur für einen Teil des Kalenderjahres derartige Ansprüche bestehen, ermäßigt sich der Anspruch auf die Sonderzahlung für jeden Kalendermonat ohne derartige Ansprüche um ein Zwölftel.

        

6.    

Arbeitnehmer, die vor dem Stichtag 1.12. wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit oder Erreichung der Altersgrenze aus dem Betrieb ausscheiden, erhalten eine anteilige Leistung.

        

…“    

        
6

Der Kläger erhielt jährlich mit dem Novembergehalt eine jeweils als Gratifikation, ab dem Jahr 2007 zusätzlich auch als Weihnachtsgratifikation bezeichnete Sonderzahlung in Höhe des jeweiligen Novemberentgelts. Hierzu übersandte die Beklagte jeweils im Herbst ein Schreiben an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, in dem sie „Richtlinien“ für die Auszahlung der Gratifikation aufführte, die im Wesentlichen unverändert blieben.

7

Im Schreiben vom 30. September 2010 hieß es ua.:

        

„Als Dank für Ihren bisherigen persönlichen Einsatz in diesem Jahr und zugleich als ein Stück Motivation für eine weiterhin loyale und wirkungsvolle Zusammenarbeit zahlen wir Ihnen eine Weihnachtsgratifikation aus, deren Höhe im Vergleich zum letzten Jahr unverändert bleibt. Sie wird mit dem November-Gehalt 2010 abgerechnet und auf die Konten überwiesen.

        

Die Gratifikation wird nach folgenden Richtlinien ermittelt:

        

1.    

Die Zahlung erfolgt an Verlagsangehörige, die sich am 31.12.2010 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden.

        

2.    

Die Gratifikation beträgt 100 % des November-Bruttogehaltes/-lohnes bzw. der Ausbildungsvergütung, wenn das Arbeitsverhältnis seit 01.01.2010 besteht und keine unbezahlten Arbeitsbefreiungen zu verzeichnen sind. Bei Arbeitszeitveränderungen im Laufe des Jahres errechnet sich die Gratifikation anteilig.

        

3.    

Verlagsangehörige, die nach dem 01.01.2010 eingetreten sind oder eine unbezahlte Arbeitsbefreiung aufweisen, erhalten für jeden Kalendermonat des bestehenden Arbeitsverhältnisses bzw. der bezahlten Arbeitsleistung 1/12 des Bruttomonatsgehaltes/-lohnes.

                 

Dabei wird ein angefangener Monat als voller Monat gerechnet, wenn die Betriebszugehörigkeit/bezahlte Arbeitsleistung 15 Kalendertage übersteigt. Auszubildende erhalten in jedem Fall 100 % der Ausbildungsvergütung.

        

4.    

Tariflich zu zahlende Jahresleistungen werden auf diese Zahlungen angerechnet.

        

Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass die Zahlung der Weihnachtsgratifikation eine freiwillige, jederzeit widerrufliche Leistung des Verlages ist. Auf diese besteht für die Zukunft auch durch wiederholte Zahlung kein Rechtsanspruch.“

8

Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete aufgrund einer vom Kläger ausgesprochenen Kündigung am 30. September 2010.

9

Mit der Klage hat der Kläger - soweit noch von Interesse - unter Berufung auf die Richtlinien Zahlung der anteiligen (9/12 eines Monatsgehalts) Sonderzahlung für das Jahr 2010 verlangt. Er hat gemeint, sein Anspruch ergebe sich aus der Gesamtzusage vom 30. September 2010. Diese stelle gegenüber § 14 MTV eine eigene Rechtsgrundlage für seinen Anspruch dar. Die Stichtagsregelung in der Zusage sei unwirksam. Es handele sich um eine die Kündigung der Arbeitnehmer erschwerende Bedingung. Die Regelung sei sowohl in sich als auch gegenüber der tarifvertraglichen Stichtagsregelung widersprüchlich.

10

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.299,50 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2010 zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger habe das Schreiben vom 30. September 2010 nicht erhalten. Im Übrigen erfülle er wegen seines Ausscheidens zum 30. September 2010 weder die Voraussetzungen der tarifvertraglichen Regelung noch die der Richtlinien. Die dort geregelte Anforderung, dass am 31. Dezember 2010 noch ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis bestanden haben müsse, sei wirksam.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision hat Erfolg. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat Anspruch auf die von ihm begehrte Zahlung in Höhe von 9/12 eines Monatsgehalts (zu I). Grundlage des Anspruchs ist die von der Beklagten in Gestalt der Richtlinien erteilte Gesamtzusage für das Jahr 2010 (zu I 1). Bei der in den Richtlinien vorgesehenen Leistung handelt es sich um eine Sonderzahlung, die sowohl Gegenleistung für erbrachte Arbeit ist als auch Anreiz zu künftiger Betriebstreue des Arbeitnehmers sein soll („Mischcharakter“, zu I 2). Die in den Richtlinien vorgesehene Klausel, nach der am 31. Dezember des Bezugsjahres ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis bestehen muss, ist unwirksam. Sie kann nicht in dem Sinne teilweise aufrechterhalten werden, dass sie lediglich den Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember verlangt (zu I 3). Im Übrigen kann eine Sonderzahlung, die jedenfalls auch Gegenleistung für laufend erbrachte Arbeitsleistung darstellt, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen regelmäßig nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde (zu I 4). Der im Arbeitsvertrag enthaltene Freiwilligkeitsvorbehalt steht dem Anspruch nicht entgegen (zu I 5).

14

I. Die Klage ist begründet. Dem Kläger steht der von ihm erhobene und der Höhe nach außer Streit stehende Anspruch zu.

15

1. Rechtsgrundlage des Anspruchs ist die von der Beklagten am 30. September 2010 erteilte Gesamtzusage.

16

a) Eine Gesamtzusage liegt vor, wenn ein Arbeitgeber einseitig bekannt gibt, dass er jedem Arbeitnehmer, der die von ihm abstrakt festgelegten Voraussetzungen erfüllt, eine bestimmte Leistung gewährt. Der Arbeitnehmer erwirbt einen einzelvertraglichen Anspruch auf diese Leistung, wenn er die vom Arbeitgeber genannten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, ohne dass es einer gesonderten Erklärung der Annahme des in der Zusage enthaltenen Angebots bedarf. Gesamtzusagen werden bereits dann wirksam, wenn sie gegenüber den Arbeitnehmern in einer Form verlautbart werden, die den einzelnen Arbeitnehmer typischerweise in die Lage versetzt, von der Erklärung Kenntnis zu nehmen (BAG 13. Dezember 2011 - 3 AZR 852/09 - Rn. 17).

17

b) Diesen Anforderungen entsprachen die Richtlinien der Beklagten. Davon ist das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgegangen. Die Richtlinien richteten sich an alle Arbeitnehmer der Beklagten und legten die rechtlichen Regeln fest, nach denen Zahlungsansprüche der Arbeitnehmer gegen die Beklagte begründet werden sollten. Auf die Frage, wie die Richtlinien dem Kläger im Jahr 2010 zugegangen sind, kommt es nicht an, weil das Zustandekommen eines vertraglichen Anspruchs aufgrund einer Gesamtzusage nicht vom konkret nachgewiesenen Zugang der Zusage an den einzelnen Arbeitnehmer abhängig ist (BAG 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 31, BAGE 118, 360).

18

2. Nach den Richtlinien dient die Sonderzahlung einerseits der Vergütung erbrachter Arbeitsleistung, andererseits auch dem Anreiz zur Betriebstreue. Anspruchsvoraussetzung soll der ungekündigte Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember 2010 sein. Dies ergibt die Auslegung der Richtlinien, die ein an eine Vielzahl von Arbeitnehmern gerichtetes Vertragsangebot iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB darstellen(vgl. BAG 29. September 2010 - 3 AZR 557/08 - Rn. 24 ff., BAGE 135, 334) und den für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Regeln unterliegen.

19

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., zB BAG 20. März 2013 - 10 AZR 636/11 - Rn. 20).

20

b) Die Richtlinien gewähren dem Arbeitnehmer die Sonderzahlung einerseits als Gegenleistung für erbrachte Arbeit. Es handelt sich nicht um eine reine Gratifikation, deren Zweck allein in der Zuwendung von Geld aus Anlass des Weihnachtsfestes läge. Zwar könnte die in den Richtlinien verwendete Bezeichnung „Weihnachtsgratifikation“ in diese Richtung weisen. Jedoch soll die Zahlung ausdrücklich auch „Dank für ... persönlichen Einsatz“ sein. Außerdem zeigen die Anspruchsvoraussetzungen in Ziff. 2 und Ziff. 3, dass die Zahlung jedenfalls auch eine Gegenleistung für erbrachte Arbeit darstellt. Die Zahlung knüpft nicht an das bloße Bestehen des Arbeitsverhältnisses im Bezugsjahr an. Sie ist abhängig davon, dass entweder Arbeitsleistung erbracht wurde oder doch keine unbezahlten Arbeitsbefreiungen vorlagen. Wie aus Ziff. 3 hervorgeht, erhalten unterjährig eintretende Mitarbeiter und solche mit einer unbezahlten Arbeitsbefreiung eine anteilige Sonderzahlung, und zwar entsprechend der Anzahl der Monate, in denen sie gearbeitet haben.

21

c) Andererseits verlangen die Richtlinien Betriebstreue über das Bezugsjahr hinaus. Die Stichtagsklausel benennt zwar den letzten Tag des Bezugsjahres als den Tag, an dem das Arbeitsverhältnis noch bestehen muss. Damit liegt der Stichtag für den Bestand des Arbeitsverhältnisses aber nur scheinbar innerhalb des Jahres, in dem die Arbeitsleistung, die mit der Sonderzahlung entgolten wird, erbracht wird. In Wahrheit macht die Klausel entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts den Anspruch auf die Sonderzahlung in aller Regel vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über das Jahr 2010 hinaus abhängig. Dies wird dadurch bewirkt, dass nach der Klausel das Arbeitsverhältnis am 31. Dezember „ungekündigt“ bestehen muss. Ein Arbeitnehmer, der sich den Anspruch erhalten will, darf demnach frühestens am 1. Januar des Folgejahres kündigen. Jede Kündigung vor dem 1. Januar 2011 soll dem Anspruch entgegenstehen. Dies kann den Arbeitnehmer, je nach Dauer der Kündigungsfrist, zum Verbleib im Arbeitsverhältnis bis weit in das Folgejahr hinaus zwingen. Entsprechendes gilt für Arbeitgeberkündigungen. Keine über das Jahr 2010 hinausgehende Bindung wurde als Anspruchsvoraussetzung nur für die Fälle einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses am oder zum 31. Dezember 2010 ohne Ausspruch einer Kündigung verlangt, was insbesondere bei Befristung, Aufhebungsvertrag oder Betriebsübergang in Betracht kommt.

22

3. Mit diesem Inhalt hält die Stichtagsregelung der Inhaltskontrolle nicht stand. Sie ist insgesamt unwirksam mit der Folge, dass die Richtlinien ohne die Stichtagsklausel gelten (§ 306 Abs. 1 BGB).

23

a) Eine Sonderzahlung, die jedenfalls auch Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Eine derartige Klausel benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen iSd. § 307 Abs. 1 BGB(vgl. ausführlich BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - BAGE 140, 231). Wie ausgeführt, erstreckt sich die hier durch die Stichtagsklausel vermittelte Bindung des Arbeitnehmers auf einen Zeitraum außerhalb des Bezugsjahres. Daran ändern auch die erwähnten, in der Klausel aber nicht genannten Fallgestaltungen einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung nichts.

24

b) Die Klausel kann nicht mit dem Inhalt aufrechterhalten werden, dass die Entstehung des Anspruchs auf die Sonderzahlung lediglich den - sei es auch gekündigten - Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember voraussetzt. Die Klausel ist nicht teilbar.

25

aa) Handelt es sich um eine teilbare Klausel, ist die Inhaltskontrolle jeweils für die verschiedenen, nur formal verbundenen Bestimmungen vorzunehmen (BAG 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 32, BAGE 118, 36). Maßgeblich ist, ob die Klausel mehrere sachliche Regelungen enthält und der unzulässige Teil sprachlich eindeutig abtrennbar ist. Ist die verbleibende Regelung weiterhin verständlich, bleibt sie bestehen. Die Teilbarkeit einer Klausel ist durch Streichung des unwirksamen Teils zu ermitteln (vgl. BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 27, BAGE 139, 156).

26

bb) Der Senat hat für eine ähnlich lautende Klausel die Teilbarkeit bejaht (BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 443/08 - Rn. 11). Er hat angenommen, eine derartige Klausel sei sprachlich abtrennbar; bei Streichung des Wortes „unkündbar“ bleibe als verständliche Regelung immer noch die Bestimmung eines Stichtags übrig (kritisch ErfK/Preis 14. Aufl. §§ 305 - 310 BGB Rn. 103a; wohl zweifelnd Lüders GwR 2009, 206; differenzierend Salamon NZA 2010, 314 ff., 317).

27

cc) Daran hält der Senat nicht fest. Die sprachliche Teilbarkeit einer Klausel ist nur ein Indiz für die - entscheidende - inhaltliche Teilbarkeit (ErfK/Preis §§ 305 - 310 BGB Rn. 103). Die hier fragliche Regelung verfolgt mit dem Zusammenspiel von Bestand und besonderer Qualität („ungekündigt“) des Arbeitsverhältnisses als Anspruchsvoraussetzung ein Zielbündel von Betriebstreue und Motivation des Arbeitnehmers, das sich nicht sinnvoll aufspalten lässt. Es geht nicht um mehrere unterschiedliche sachliche Regelungen der Beklagten, die unabhängig voneinander beurteilt werden könnten. Vielmehr verlangt die Klausel das Bestehen des Arbeitsverhältnisses am Ende des Bezugszeitraums gerade mit der Besonderheit, es dürfe weder der Arbeitnehmer noch der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis gekündigt haben; damit geht eine Erweiterung der Bestandsvoraussetzung einher, die sich im Einzelfall unterschiedlich auswirkt. Für den Arbeitnehmer stellt sie sich als Obliegenheit dar, auf eine Eigenkündigung zu verzichten, was als Einforderung einer weiteren Betriebstreue verstanden werden kann; im Fall der Arbeitgeberkündigung geht es eher um das Interesse des Arbeitgebers, einem Arbeitnehmer, der in absehbarer Zeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, keine auch der Motivation für die künftige Arbeit dienende Sonderzahlung mehr leisten zu wollen. Diese durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen bestimmten Anspruchsvoraussetzungen hängen so eng miteinander zusammen, dass es auf eine im Rahmen von § 306 BGB unzulässige Neubestimmung des Vertragsinhalts hinauslaufen würde, wollte man aus Ziff. 1 der Richtlinien das Wort „ungekündigt“ herausstreichen.

28

4. Im Übrigen kann eine Sonderzahlung, die (auch) Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen regelmäßig nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Die Klausel benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen und ist deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unzulässig.

29

a) Der Senat hat die Unzulässigkeit eines Stichtags außerhalb des Bezugszeitraums damit begründet, dass die Stichtagsklausel im Widerspruch zum Grundgedanken des § 611 Abs. 1 BGB stehe, indem sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeiteten Lohn entziehe. Ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer Lohn für geleistete Arbeit gegebenenfalls vorenthalten zu können, sei nicht ersichtlich (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - BAGE 140, 231; zustimmend ErfK/Preis § 611 BGB Rn. 534a - 534f; Bartholomä BB 2012, 2250; Schmitt-Rolfes AuA 2012, 455; Reinecke BB 2013, 437; Beitz SAE 2013, 17; ablehnend: jurisPK-BGB/Lapp/Salamon 6. Aufl. § 310 Rn. 104; vgl. auch Salamon NZA 2011, 1328). Diese Überlegungen gelten auch dann, wenn der Stichtag innerhalb des Bezugsjahres liegt und die Sonderzahlung - auch - Arbeitsleistung abgelten soll, die in dem Zeitraum vor dem Stichtag erbracht wurde.

30

b) Auch in diesem Fall ist die Sonderzahlung zum Teil Gegenleistung für erbrachte Arbeit. Ein im Austausch von Arbeit und Vergütung liegender Grund für die Kürzung der Vergütung besteht nicht. Die Kürzung erfolgt vielmehr aufgrund einer aus Sicht des Arbeitgebers nicht hinreichend erwiesenen Betriebstreue. Dieser Gesichtspunkt ändert aber nichts daran, dass der Arbeitnehmer die nach dem Vertrag geschuldete Leistung erbracht hat. Irgendeine Störung des Austauschverhältnisses ist nicht gegeben.

31

c) Auch ein Stichtag innerhalb des Bezugsjahres erschwert dem Arbeitnehmer die Ausübung des Kündigungsrechts, obwohl er seine Arbeitsleistung jedenfalls teilweise erbracht hat. Er erleidet einen ungerechtfertigten Nachteil. Der Wert der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber hängt von ihrer Qualität und vom Arbeitserfolg ab, regelmäßig jedoch nicht von der reinen Verweildauer des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis. Die Belohnung zunehmender Beschäftigungsdauer als solcher steht nicht in einem Verhältnis zur Qualität und zum Erfolg der Arbeitsleistung. Die einmal erbrachte Arbeitsleistung gewinnt auch regelmäßig nicht durch bloßes Verharren des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis nachträglich an Wert (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 25, BAGE 140, 231).

32

d) Anders mag es liegen, wenn die Arbeitsleistung gerade in einem bestimmten Zeitraum vor dem Stichtag besonderen Wert hat. Das kann bei Saisonbetrieben der Fall sein, aber auch auf anderen branchen- oder betriebsbezogenen Besonderheiten beruhen. Möglich ist auch, dass eine Sonderzahlung an bis zu bestimmten Zeitpunkten eintretende Unternehmenserfolge anknüpft; in diesen Fällen ist eine zu bestimmten Stichtagen erfolgende Betrachtung oftmals zweckmäßig und nicht zu beanstanden (BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 443/08 - Rn. 15). Für solche besonderen Einflüsse ist hier jedoch nichts ersichtlich. Im Gegenteil spricht die Zuwendung von - bezogen auf die zurückgelegten Beschäftigungsmonate - anteiligen Sonderzahlungen an unterjährig eintretende Arbeitnehmer dafür, dass den Richtlinien die Vorstellung zugrunde liegt, die Sonderzahlung werde gleichmäßig im Lauf des Jahres als zusätzliches Entgelt für die laufende Arbeitsleistung verdient.

33

e) Diesen Überlegungen entspricht die insolvenzrechtliche Einordnung von leistungsbezogenen Sonderzahlungen durch den Senat. Der Anspruch auf eine solche Sonderzuwendung entsteht danach regelmäßig während des Bezugszeitraums entsprechend der zurückgelegten Dauer („pro rata temporis“) und wird nur zu einem anderen Zeitpunkt insgesamt fällig. Insolvenzrechtlich sind arbeitsleistungsbezogene Sonderzuwendungen dem Zeitraum zuzuordnen, für den sie als Gegenleistung geschuldet sind: Soweit mit ihnen Arbeitsleistungen vergütet werden, die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht wurden, handelt es sich um Masseforderungen. Soweit durch sie vor Verfahrenseröffnung erbrachte Arbeitsleistungen honoriert werden, liegen Insolvenzforderungen vor (BAG 14. November 2012 - 10 AZR 793/11 - Rn. 14, 20).

34

f) An diesem Ergebnis ändert auch der Umstand nichts, dass § 14 MTV für die dort geregelten Ansprüche auf Sonderzahlung zulässigerweise einen unterjährigen Stichtag vorsieht, nämlich den 1. Dezember des Bezugsjahres.

35

aa) Die Tarifvertragsparteien überschreiten den ihnen zustehenden Gestaltungsspielraum nicht, wenn sie Sonderzahlungen, die sowohl eine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung darstellen als auch der Honorierung von Betriebstreue dienen, vom Bestand des Arbeitsverhältnisses an einem bestimmten Stichtag im Bezugszeitraum abhängig machen (vgl. zum TV Zuwendung: BAG 18. August 1999 - 10 AZR 424/98 - BAGE 92, 218). Ihr Gestaltungsspielraum ist dabei sowohl gegenüber den Betriebsparteien (vgl. zu Stichtagsregelungen außerhalb des Bezugszeitraums in Betriebsvereinbarungen: BAG 12. April 2011 - 1 AZR 412/09 - BAGE 137, 300; 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 -; 5. Juli 2011 - 1 AZR 94/10 -) als auch gegenüber den einseitigen Gestaltungsmöglichkeiten des Arbeitgebers in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (vgl. dazu BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - BAGE 140, 231) erweitert (BAG 12. Dezember 2012 - 10 AZR 718/11 - Rn. 39 - 41).

36

bb) Tarifvertragliche Regelungen sind zwar kein Maßstab für die Inhaltskontrolle (MüKoBGB/Basedow 6. Aufl. § 310 Rn. 104; Lingemann NZA 2002, 181, 188; Thüsing BB 2002, 2666, 2674; aA Däubler NZA 2001, 1329, 1334). Allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen der Inhaltskontrolle nach § 307 ff. BGB jedoch nicht, soweit sie keine von den Tarifverträgen, Betriebs- und Dienstvereinbarungen abweichenden Regelungen oder diese Kollektivverträge lediglich ergänzende Regelungen vereinbaren (§ 310 Abs. 4 Satz 3 iVm. § 307 Abs. 3 BGB; vgl. BeckOK BGB/Becker Stand 1. November 2013 § 310 BGB Rn. 42). Im Streitfall weichen die Richtlinien zulasten der Arbeitnehmer von den Regelungen des Tarifvertrags ab und unterliegen deshalb als eigenständige Allgemeine Geschäftsbedingungen der uneingeschränkten Inhaltskontrolle. Während nach den Richtlinien eine Bindung ggf. bis weit in das auf das Bezugsjahr folgende Jahr vorgesehen ist, bindet der Tarifvertrag den Arbeitnehmer nur bis zum 1. Dezember des laufenden Jahres. Andererseits gewährt der Tarifvertrag einen Anspruch lediglich bei mindestens einjährigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses am 1. Dezember eines Jahres. Das Arbeitsverhältnis muss also spätestens am 1. Dezember des Vorjahres begonnen haben. Einen anteiligen Zahlungsanspruch bei unterjährigem Eintritt ins Arbeitsverhältnis gewährt der Tarifvertrag nicht, er sieht aber Ausnahmen von der Stichtagsregelung bei Verrentung vor. Der Tarifvertrag betont insgesamt wesentlich stärker den Gesichtspunkt der Betriebstreue, als es die Richtlinien tun: Während nach den Richtlinien ein Arbeitnehmer, der am 1. Dezember eintritt, einen Anspruch auf 1/12 des Novembergehaltes für das laufende Jahr erwirbt, besteht nach dem Tarifvertrag für einen solchen Arbeitnehmer selbst dann kein Anspruch, wenn er ein Jahr arbeitet und dann am 30. November des Folgejahres ausscheidet.

37

5. Der Anspruch ist nicht durch den arbeitsvertraglichen Freiwilligkeitsvorbehalt ausgeschlossen. Dieser Vorbehalt ist unwirksam.

38

a) Nach § 3 Ziff. 2 des Arbeitsvertrags, der als Allgemeine Geschäftsbedingung anzusehen ist, bezieht sich der Freiwilligkeitsvorbehalt nicht nur auf Gratifikationen, sondern auf alle Leistungen, die nicht im Arbeitsvertrag oder durch „gültigen Tarifvertrag“ geregelt sind. Die Entstehung von Rechtsansprüchen soll generell ausgeschlossen sein. „Freies Ermessen“ bedeutet, dass der es Ausübende lediglich die - stets geltenden - allgemeinen Schranken der Rechtsausübung, insbesondere den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, die Willkür- und Maßregelungsverbote sowie den Grundsatz von Treu und Glauben zu beachten hat. Die Entscheidung muss sich nicht am Maßstab der Billigkeit ausrichten (vgl. BAG 4. Januar 2009 - 5 AZR 75/08 - Rn. 14, 17).

39

b) Mit diesem Inhalt hält die Vertragsklausel der Inhaltskontrolle nicht stand. Ein Freiwilligkeitsvorbehalt, der alle zukünftigen Leistungen unabhängig von ihrer Art und ihrem Entstehungsgrund erfasst, benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB und ist deshalb unwirksam. Ein solcher Freiwilligkeitsvorbehalt bezieht unzulässigerweise laufende Leistungen ein und verstößt sowohl gegen den in § 305b BGB bestimmten Vorrang der Individualabrede als auch gegen den allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass vertragliche Regelungen einzuhalten sind(BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 36 - 41, BAGE 139, 156; 16. Januar 2013 - 10 AZR 26/12 - Rn. 22; zustimmend Worzalla SAE 2012, 92; Preis/Sagan NZA 2012, 1077; kritisch Bauer/von Medem NZA 2012, 894; Niebling NJW 2013, 3011).

40

c) Soweit die Gratifikation in der Gesamtzusage vom 30. September 2010 als „freiwillige, jederzeit widerrufliche Leistung“ bezeichnet wird, ändert das ebenfalls nichts an der Verpflichtung der Beklagten.

41

II. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 iVm. § 288 Abs. 1 BGB.

42

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 ZPO.

        

    Mikosch    

        

    Mestwerdt    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    R. Baschnagel    

        

    Petri    

                 

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)