Landesarbeitsgericht Nürnberg Urteil, 30. Nov. 2015 - 2 Sa 644/14

bei uns veröffentlicht am30.11.2015

Gründe

LANDESARBEITSGERICHT NÜRNBERG

2 Sa 644/14

Urteil

Datum: 30.11.2015

10 Ca 323/14 (Arbeitsgericht Würzburg)

Titel:

Rechtsvorschriften:

Leitsatz:

1. Auf die Berufungen der Beklagten werden die Urteile des Arbeitsgerichts Würzburg vom 18.11.2014, Az. 10 Ca 323/14, und vom 27.11.2014, Az. 8 Ca 312/14, abgeändert.

2. Die Klagen werden abgewiesen.

3. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens zu gleichen Teilen. Die Kosten der Verfahren vor dem Arbeitsgericht tragen die Kläger jeweils einzeln.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um eine übertarifliche Sonderzahlung aufgrund des allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes.

Die Beklagte betrieb ein Bauunternehmen mit Standorten in K., D. und M. Im Jahre 2012 beschäftigte sie 133 Mitarbeiter.

Der Kläger zu 1 war bei der Beklagten seit 21.04.1992 an deren Standort in K. als Maurer/Vorarbeiter zu einem tariflichen Stundenlohn von zuletzt 18,50 € brutto nebst einer Zulage von 0,77 € brutto, insgesamt also 19,27 € brutto bei einer durchschnittlichen monatlichen Arbeitszeit von 174 Stunden beschäftigt, der Kläger zu 2 seit 01.09.1974 als Werkpolier/Hilfsmeister/Arbeitsstellenleiter zu einem tariflichen Stundenlohn von zuletzt 20,25 € brutto bei einer durchschnittlichen monatlichen Arbeitszeit von ebenfalls 174 Stunden. Die Arbeitsverhältnisse der beiden Kläger endeten im Jahre 2014.

Auf die Arbeitsverhältnisse aller gewerblichen Arbeitnehmer, u. a. der Kläger, wandte die Beklagte die jeweiligen Tarifverträge für die gewerblichen Arbeitnehmer des Baugewerbes an, u. a. den Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe vom 04.07.2002 in der jeweiligen Fassung (künftig: BRTV) und den Tarifvertrag über die Gewährung eines 13. Monatseinkommens im Baugewerbe vom 21.05.1997 in der Fassung vom 26. Mai 1999, 4. Juli 2002 und 29. Oktober 2003 (künftig: TV 13 gewA). Die Kläger sind Gewerkschaftsmitglieder.

Beide Kläger gehörten zuletzt dem Betriebsrat an, der Kläger zu 2 war dessen Vorsitzender.

Die alleinige Gesellschafterin wies mit Beschluss vom 04.07.2013 die Geschäftsführung der Beklagten an, die gesamte operative Geschäftstätigkeit nach Abarbeitung der bestehenden Aufträge unter Berücksichtigung aller vertraglicher Verpflichtungen einschließlich Gewährleistung einzustellen und ab sofort keine neuen Aufträge zu akquirieren (Blatt 234 der Akte). Nach dem Interessenausgleich und Sozialplan vom 24.09.2013 (Blatt 242 ff der Akten) sollte die Betriebsstilllegung bis 31.03.2014 abgeschlossen sein, das operative Geschäft am Standort K. bereits am 31.12.2013.

Der Betrieb ist im Jahre 2014 tatsächlich stillgelegt worden.

Die Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen wurden begleitet von Streiks am 12.08. und vom 21.08. - 02.09.2013. Dies führte zum Abschluss eines Sozialtarifvertrags für alle gewerblichen Arbeitnehmer und drei gewerkschaftlich organisierte Angestellte mit einer Abfindungsquote von knapp einem Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr. Zusätzlich erhielt der Kläger zu 1 aus dem tariflich vereinbarten Härtefonds eine Zahlung von 12.400,- €, der Kläger zu 2 von 7.100,- €. Der Interessenausgleich und Sozialplan vom 24.09.2013 sieht eine Abfindungsquote von 0,6 Monatsgehältern pro Beschäftigungsjahr vor. Die Beklagte zahlte auch den nichtorganisierten Mitarbeitern eine Abfindung in Höhe des Sozialtarifvertrages.

Im Jahre 2013 zahlte die Beklagte an alle gewerblichen Arbeitnehmer ein 13. Monatseinkommen gemäß dem TV 13 gewA. Dieser Tarifvertrag lautet auszugsweise:

§ 2

13. Monatseinkommen

(1) Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis am 30. November des laufenden Kalenderjahres (Stichtag) mindestens zwölf Monate (Bezugszeitraum) ununterbrochen besteht, haben Anspruch auf ein 13. Monatseinkommen in Höhe des 93fachen ihres in der Lohntabelle ausgewiesenen Gesamttarifstundenlohnes.

...

(2) Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis am Stichtag noch nicht zwölf, jedoch mindestens drei Monate ununterbrochen besteht, haben für jeden vollen Beschäftigungsmonat, den sie bis zum Stichtag ununterbrochen im Betrieb zurückgelegt haben, Anspruch auf ein Zwölftel des 13. Monatseinkommens gemäß Abs. 1.

(3) Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis vor dem Stichtag

a) durch ordentliche Kündigung des Arbeitgebers oder

b) durch Fristablauf oder

c) durch Kündigung des Arbeitnehmers nach Eintritt eines Insolvenzereignisses (§ 183 Abs. 1 SGB III) oder um die Voraussetzungen für den Bezug einer Rente aus der gesetzlichen Sozialversicherung zu schaffen oder

d) im gegenseitigen Einvernehmen

beendet wird und zum Zeitpunkt des Ausscheidens mindestens drei Monate bestanden hat, haben für jeden vollen Beschäftigungsmonat, den sie seit dem 1. Dezember des vergangenen Kalenderjahres ununterbrochen im Betrieb zurückgelegt haben, Anspruch auf ein Zwölftel des 13. Monatseinkommens gemäß Abs. 1. ...

...

(7) Der Anspruch auf ein 13. Monatseinkommen gemäß den Absätzen 1 bis 3 mindert sich für die ersten drei krankheitsbedingten Ausfalltage eines Krankheitsfalles und für jeden krankheitsbedingten Ausfalltag mit Anspruch auf Entgeltfortzahlung ab der vierten Woche der Erkrankung, sowie für jeden unentschuldigten Fehltag um je zwei Gesamttarifstundenlöhne gemäß der geltenden Lohntabelle, höchstens jedoch um 28 Gesamttarifstundenlöhne.

...

Wegen des vollständigen Wortlauts des TV 13 gewA wird auf Blatt 282 f der Akten verwiesen.

Das sich aus § 2 Abs. 1 TV 13 gewA für den Kläger zu 1 ergebende 13. Monatseinkommen von 1720,50 € brutto (18,50 € × 93 Stunden) minderte sich im Jahre 2013 gem. § 2 Abs. 7 TV 13 gewA um 111,- € brutto. Der Kläger zu 1 erhielt demgemäß ein 13. Monatseinkommen von 1609,50 € brutto. Der Kläger zu 2 erhielt gem. § 2 Abs. 1 TV 13 gewA ein 13. Monatseinkommen von 1883,25 € brutto (20,25 € × 93 Stunden).

Auf die Arbeitsverhältnisse der Angestellten wandte die Beklagte jedenfalls den Rahmentarifvertrag für die Angestellten und Poliere des Baugewerbes vom 04.07.2002 in der jeweiligen Fassung (künftig RTV Ang) und den Tarifvertrag über die Gewährung eines 13. Monatseinkommens für die Angestellten des Baugewerbes vom 21.05.1997 in der Fassung vom 26.05.1999, 27.02.2002, 04.07.2002 und 29.10.2002 (künftig TV 13 Ang) an. Der TV 13 Ang lautet auszugsweise wie folgt:

§ 2

13. Monatseinkommen

(1) Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis am 30. November des laufenden Kalenderjahres (Stichtag) mindestens zwölf Monate (Bezugszeitraum) ununterbrochen besteht, haben Anspruch auf ein 13. Monatseinkommen in Höhe von 55 v. H. ihres Tarifgehalts. Das 13. Monatseinkommen ist kaufmännisch auf den nächsten vollen Euro-Betrag auf- oder abzurunden.

...

(2) Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis am Stichtag noch nicht zwölf Monate ununterbrochen besteht, haben für jeden vollen Beschäftigungsmonat, den sie bis zum Stichtag ununterbrochen im Betrieb zurückgelegt haben, Anspruch auf ein Zwölftel des 13. Monatseinkommens gemäß Absatz 1, wenn das Beschäftigungsverhältnis am Stichtag mindestens drei Monate ununterbrochen besteht.

(3) Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis vor dem Stichtag endet, haben für jeden vollen Beschäftigungsmonat, den sie seit dem letzten Stichtag ununterbrochen im Betrieb zurückgelegt haben, Anspruch auf ein Zwölftel des 13. Monatseinkommens gemäß Absatz 1, wenn das Beschäftigungsverhältnis im Zeitpunkt des Ausscheidens mindestens drei Monate ununterbrochen bestanden hat. Ein Anspruch besteht nicht, wenn das Arbeitsverhältnis durch außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers beendet wurde oder wenn der Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund ohne Einhaltung der Kündigungsfrist aus dem nicht einvernehmlich aufgehobenen Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist.

...

Eine Kürzungsregelung bei Krankheit sieht der TV 13 Ang nicht vor. Wegen des vollständigen Wortlauts des TV 13 Ang wird auf Blatt 284 f der Akten verwiesen.

Am tariflichen Stichtag, dem 30.11.2013, waren noch 81 Mitarbeiter bei der Beklagten beschäftigt.

Von den am 30.11.2013 noch beschäftigten Angestellten und Polieren erhielten 14 ein 13. Monatseinkommen in Höhe von 55 Prozent des Tarifgehalts gem. den tariflichen Vorgaben, nämlich die Mitarbeiter Dö., H., Ka., Ke., Kn., Mö., T., V., W., F., Fe., J. Fi., S. und Sc. Ob die Mitarbeiterin Mi. einen höheren Betrag erhalten hat, ist strittig. Darüber hinaus erhielten die Mitarbeiter Kn. und T. Prämien von 2.000,- € bzw. 1.500,- € für engagierte Mitarbeit auf den Baustellen A. bzw. P. (Bl. 89 und 90 der Akten).

An folgende am 30.11.2013 noch beschäftigten Angestellten zahlte die Beklagte aus von ihr geltend gemachten unterschiedlichen Gründen dagegen ein volles Monatsgehalt als 13. Monatseinkommen:

Name

Tätigkeit-

Von Beklagter geltend gemachter bestrittener Differenzierungsgrund

Arbeitsvertrag, auf dessen Einzelheiten Bezug genommen wird, Blatt in Akte 2 Sa 644/14

Do.

Projektmanager

Individuelle Vereinbarung, außertariflicher Mitarbeiter

293

Ho.

Oberbauleiter

-

300

G.

Niederlassungsleiter

-

306

Sch.

Kalkulator Schlüsselfertigbau

-

311

R.

Kalkulator

-

317

E.

Technische Leiterin

-

324

St.

Projekt Manager schlüsselfertige Objekte

-

330

Fr.

Kaufmännische Mitarbeiterin

Pauschaler Ausgleich Mehrarbeit im Zuge der Betriebsstilllegung, Loyalität

Ge.

Kaufmännische Mitarbeiterin

-

Ha.

Kaufmännische Mitarbeiterin

-

Schn.

Kaufmännische Mitarbeiterin

-

B.

Personalsachbearbeiterin

-

Kö.

Bauleiter

Pauschaler Ausgleich Mehrarbeit im Zuge des Streiks und der Betriebsstilllegung, gute und zuverlässige Arbeit

Kr.

Bauleiter

-

Re.

Bauleiter

-

Rö.

Bauleiterin

-

Vö.

Bauleiter

-

Gü.

Kauffrau Bürokommunikation

Versehentliche Zahlung, obwohl kein Anspruch

427

R. Fi.

Kalkulator

-

93

Z.

Sachbearbeiter Lohn- und Gehalt

-

96

Pe.

Bauleiterin

-

434

Si.

Bauleiter, schlüsselfertiges Bauen

-

420

Für die gewerblichen Mitarbeiter führte die Beklagte ein Arbeitszeitkonto und bezahlte eventuell angefallene Mehrarbeit gemäß den tariflichen Bestimmungen im BRTV. Für die Angestellten wurde kein Arbeitszeitkonto geführt.

Mit Schreiben vom 18.12.2013 haben insgesamt 31 gewerbliche Arbeitnehmer - u. a. die Kläger - die Zahlung eines vollen Monatseinkommens zur Vermeidung einer Ungleichbehandlung zwischen gewerblichen Arbeitnehmern und Angestellten geltend gemacht (Blatt 5 der Akten).

Mit ihren am 27.02.2014 beim Arbeitsgericht Würzburg eingegangenen Klagen verlangen die Kläger die Differenz zwischen dem aufgrund des TV 13 gewA gezahlten Betrages und einem vollen tariflichen Monatseinkommen (174 Stunden × Tariflohn). Der Kläger zu 1 hatte erstinstanzlich einen Betrag von 1.743,48 € brutto errechnet (19,27 € × 174 Stunden abzüglich des gezahlten Betrages von 1609,50 €). Der Kläger zu 2 hat einen Differenzbetrag von 1.650,25 € (20,25 € × 174 Stunden abzüglich bezahlter 1883,25 €) errechnet.

Hinsichtlich des erstinstanzlich relevanten Vortrags der Parteien wird auf den jeweiligen Tatbestand der Urteile des Arbeitsgerichts vom 18.11.2014 (Az. 10 Ca 323/14) und vom 27.11.2014 (Az. 8 Ca 312/14) verwiesen.

Der Kläger zu 1 hat erstinstanzlich beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, 1743,48 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.12.2013 an den Kläger zu zahlen.

Der Kläger zu 2 hat erstinstanzlich beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, 1.640,24 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.12.2013 an den Kläger zu zahlen.

Das Arbeitsgericht hat den Klagen jeweils stattgegeben.

Die Kläger hätten Anspruch auf die eingeklagten Beträge, da die Beklagte für mindestens 13 Angestellte nach einem generalisierenden Prinzip arbeitsvertraglich ein volles 13. Monatsgehalt vereinbart hatte. Am Stichtag (30.11.2013) seien hiervon noch 7 Angestellte beschäftigt gewesen, an die die Beklagte die Zahlungen auch geleistet habe (Do., Ho., G., Sch., R., E. und St.). Diese Gruppe sei selbst bei einer zugunsten der Beklagten unterstellten Beschäftigtenzahl von 133 groß genug, um einen kollektiven Bezug bejahen zu können. Die Beklagte sei aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz deshalb verpflichtet, auch an die Kläger ein volles 13. Monatsgehalt zu zahlen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe der Ersturteile verwiesen.

Gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Würzburg vom 18.11.2014, Az. 10 Ca 323/14 (Kläger zu 1), der Beklagten zugestellt am 02.12.2014, legte diese mit Schriftsatz vom 18.12.2014, eingegangen beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am 22.12.2014, Berufung ein und begründete diese mit Schriftsatz vom 26.02.2015, eingegangen beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am selben Tage, innerhalb der bis zu diesem Tage verlängerten Berufungsbegründungsfrist.

Gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Würzburg vom 27.11.2014, Az. 8 Ca 312/14 (Kläger zu 2), der Beklagten zugestellt am 27.03.2015, legte diese mit Schriftsatz vom 30.03.2015, eingegangen beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am 31.03.2015, Berufung ein und begründete diese mit Schriftsatz vom 23.06.2015, eingegangen beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am 24.06.2015, innerhalb der bis zu diesem Tage verlängerten Berufungsbegründungsfrist. Dieses Verfahren trug ursprünglich das Az. 3 Sa 119/15.

Die erkennende Kammer hat das den Kläger zu 2 betreffende Verfahren 3 Sa 119/15 nach Anhörung der Parteien mit Beschluss vom 21.05.2015 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zum vorliegenden Verfahren verbunden (Blatt 401 der Akten).

Die Beklagte hält auch in der Berufung an ihrem Klageabweisungsantrag fest unter weiterer Vertiefung des bereits erstinstanzlich gemachten Vortrages.

Insgesamt habe die Beklagte im Jahre 2013 45 Angestellte mit einer Jahressonderleistung von nicht mehr als 55% eines Monatseinkommens, wie es aufgrund der individualrechtlich vereinbarten Geltung der einschlägigen Bautarife vorgesehen gewesen sei, beschäftigt. Von diesen seien 15 noch am Stichtag 30.11.2013 bei der Beklagten beschäftigt gewesen. Auch die Mitarbeiterin Mi. habe keine höhere Jahressonderleistung erhalten. Wegen der einzelnen Namen und des Eintritts-/Austrittsdatums der Mitarbeiter wird insoweit auf II. des Berufungsschriftsatzes verwiesen (Blatt 214-219 der Akten).

Bei den nicht nach Tarif bezahlten Mitarbeitern Do., Ho., G., Sch., R., E. und St. sei im jeweiligen Arbeitsvertrag die Zahlung eines vollen 13. Monatsentgelts vereinbart worden. Dies habe auch für weitere 5 Mitarbeiter gegolten, die aber bereits vor dem 30.11.2013 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden seien. Wegen der einzelnen Namen sowie des jeweiligen Ein- und Austrittsdatums wird auf III. 1. der Berufungsbegründung (Blatt 219 der Akten) verwiesen. Aus den vorgelegten Arbeitsverträgen werde deutlich, dass jeweils die individuelle Vertragssituation berücksichtigt worden sei und unterschiedliche Maßstäbe bei den Vergütungsvereinbarungen angelegt worden seien. Ein kollektiver Bezug sei insoweit nicht gegeben. Schon weil es sich bei diesen Mitarbeitern um außertarifliche Mitarbeiter gehandelt habe, fehle es an einer vergleichbaren Lage mit den Klägern.

Auch hinsichtlich der übrigen Angestellten, auf die sich die Kläger berufen, fehle es an einer vergleichbaren Lage, da auf ihre Arbeitsverträge jeweils andere tarifvertragliche Regelungen Anwendung gefunden hätten. Die Tarifvertragsparteien hätten das 13. Monatseinkommen für Angestellte und gewerbliche Mitarbeiter in 2 gesonderten Tarifverträgen mit unterschiedlichen Regelungen geregelt. So habe der angestellte Mitarbeiter gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 TV 13 Ang im Falle einer fristlosen arbeitgeberseitigen Kündigung oder der Nichteinhaltung der Kündigungsfrist durch den Arbeitnehmer keinen Anspruch auf das 13. Monatseinkommen. Diese Regelung sei im Tarifvertrag für die gewerblichen Mitarbeiter nicht vorhanden. In dem Tarifvertrag für die gewerblichen Mitarbeiter finde sich jedoch eine Regelung zu krankheitsbedingten Kürzungen, die für die angestellten Mitarbeiter nicht vorgesehen sei. Bezüglich der Regelungen zum 13. Monatseinkommen bestehe daher keine vergleichbare Lage zwischen gewerblichen angestellten Mitarbeitern.

An einer vergleichbaren Lage fehle es auch deshalb, da die Kläger aus dem Härtefonds des Sozialtarifvertrages 12.400,- € bzw. 7.100,- € erhalten hätten.

An die Mitarbeiter Gü., R. Fi., Pe., Si. und Z. sei versehentlich mehr als das tariflich geschuldete 13. Monatsentgelt gezahlt worden. Die Beklagte sei zu Unrecht von einer arbeitsvertraglichen Verpflichtung ausgegangen. Der Arbeitsvertrag von R. Fi. enthalte einen ausdrücklichen Freiwilligkeitsvorbehalt. Bei dem tarifbezogenen Arbeitsvertrag des Mitarbeiters Z. sei durch die arbeitsvertragliche Regelung „Weihnachtsgeld = 13. Monatsgehalt“ aus Sicht der Beklagten nur ein solches auf tariflicher Grundlage geschuldet. Auch die Mitarbeiter Si., Gü. und Pe. hätten arbeitsvertraglich nur Anspruch auf das tarifliche 13. Monatsentgelt. Alle 3 Mitarbeiter seien im Jahre 2007 eingetreten. Bei der Umstellung des Abrechnungssystems auf SAP im Jahre 2009 habe keine betriebliche Übung auf Zahlung eines vollen 13. Monatsentgeltes bestanden. Dennoch sei ab diesem Zeitpunkt ein volles 13. Monatsgehalt gezahlt worden, das in der Lohnabrechnung als „freiwillige Einmalzahlung“ gekennzeichnet gewesen sei. Die Beklagte sei daher zu keinem Zeitpunkt verpflichtet gewesen, diese Leistungen dauerhaft und auf Grundlage einer betrieblichen Übung zu gewähren. Dies sei der Beklagten jedoch nicht bewusst gewesen.

Den 5 Bauleitern Kö., Kr., Re., Rö. und Vö. sei im Jahre 2013 über das tariflich geschuldete 13. Monatseinkommen hinaus ein volles 13. Monatseinkommen aus einem sachlichen Differenzierungsgrund heraus bezahlt worden. Die Bauleiter seien in der Zeit des Streiks besonders belastet gewesen, da die gewerblichen Mitarbeiter zur Erledigung der auf den Baustellen anstehenden Arbeiten nicht uneingeschränkt zur Verfügung gestanden hätten. Sie hätten über das normale Maß hinaus organisatorische Fähigkeiten und persönlichen Einsatz erbringen müssen, um Verzögerungen im Baufortschritt zu vermeiden und die möglichen Verzögerungen gegenüber den Bauherrn zu vertreten. Die 5 Bauleiter hätten diese Arbeit, die über ihre normale Tätigkeit hinausgegangen sei, engagiert geleistet trotz psychischer Belastungen unter anderem durch Anfeindungen der gewerblichen Mitarbeiter während der Streikphase, und das obwohl die Bauleiter keinen Nutzen aus dem bestreikten Sozialtarifvertrag hätten ziehen können. Ob und in welchem Maße Überstunden bei den jeweiligen Mitarbeitern angefallen seien, sei für die Beklagte nicht unmittelbar nachvollziehbar, da diese Stunden nicht durch Vorgesetzte, wie beispielsweise bei den gewerblichen Mitarbeitern üblich, dokumentiert worden seien.

Aufgrund der bevorstehenden Betriebsstilllegung seien auf die Bauleiter als zusätzliche Belastungen auch überdurchschnittlich viele Mängelanzeigen und Gewährleistungsanfragen zugekommen, da ein großer Teil aktueller und ehemaliger Kunden nach Mitteilung der Schließung ihre Ansprüche kurzfristig gegen die Beklagte geltend gemacht hätten. Die Bearbeitung dieser Anfragen und Anzeigen sei grundsätzlich aufwändiger als die Bearbeitung eines laufenden Projekts. Dieses Zusammenspiel von streikbedingtem Arbeitsanfall und einer Mehrzahl von außerplanmäßig geltend gemachten Mängel- und Gewährleistungsanzeigen habe zu einer entsprechenden Mehrbelastung der Bauleiter geführt. Die Beklagte habe sich deshalb entschlossen, diesen Mitarbeitern übertariflich ein volles 13. Monatsgehalt zu gewähren, indem sie eine zusätzliche freiwillige Einmalzahlung in Höhe von 45% des Monatsgehalts mit den Bezügen für den Monat November 2013 ausgezahlt habe.

Darüber hinaus hätten in dieser Phase sämtliche Projektunterlagen für das Restabwicklungsteam dokumentiert, archiviert und übergeben werden müssen. Außerdem seien die Vorbereitungen für die Betriebsstilllegung getroffen worden, wie das Packen der Unterlagen für den Umzug, sowie zuletzt auch das Räumen der Räumlichkeiten. Auch dies habe eine Mehrbelastung verursacht. Die Mehrbelastung der Mitarbeiter lasse sich nicht alleine an der zeitlichen Dimension festmachen, da hierzu keine belastbaren Aufzeichnungen vorlägen, sondern auch an dem persönlichen Einsatz, den die Mitarbeiter erbracht hätten.

Die beschriebenen Umstände nach Bekanntgabe der Unternehmensschließung hätten in vergleichbarer Weise auch für die angeführten 5 kaufmännischen Mitarbeiterinnen gegolten. Auch hier sei die überobligatorische Belastung der Mitarbeiterinnen nicht nur im zeitlichen, sondern auch im organisatorischen Bereich gegeben. Frau B. habe als zuständige Sachbearbeiterin im Bereich Personal die nach und nach anstehenden Austritte der über 100 Mitarbeiter zu begleiten und abzuwickeln gehabt. Hinzu seien die Abrechnung der Streikzeiten und die damit verbundenen Abrechnungskorrekturen getreten.

Die übrigen 4 Mitarbeiterinnen seien in der Buchhaltung beschäftigt gewesen. Dort sei ebenfalls durch die bevorstehende Betriebsschließung ein zusätzlicher zeitlicher Druck hinsichtlich der Abrechnung von Projekten entstanden. Auch hätten die Mitarbeiterinnen zusätzlich zu ihrer Arbeit die Prozesse und Unterlagen zur Übergabe an die Konzernholding und das Restabwicklungsteam vorbereiten und erstellen müssen. Insbesondere für die Abrechnung der erbrachten Leistungen sei die Beklagte auf die weiterhin ordnungsgemäße Arbeitsleistung der Mitarbeiterinnen angewiesen gewesen. Aufgrund der bevorstehenden Betriebsschließung seien auch die Zahlungsziele teilweise kürzer gesetzt gewesen, so dass hier Lieferanten und Nachunternehmer schneller zu bedienen gewesen seien. Gleichzeitig seien in dieser Phase auch die Tätigkeiten zur Vorbereitung des Jahresabschlusses durch die Mitarbeiterinnen zu leisten gewesen, obwohl sie vor dem Hintergrund des drohenden Arbeitsplatzverlustes grundsätzlich wenig Grund zur Loyalität gegenüber der Beklagten gehabt hätten. Eine Aufzeichnung möglicher Mehrarbeit durch die Beklagte habe es nicht gegeben. Die Mitarbeiter hätten hierzu nur selbstständige Aufzeichnungen gemacht. Üblicherweise sei geleistete Mehrarbeit von den angestellten Mitarbeitern in Freizeit genommen worden. Diese Stunden habe die Beklagte jedoch nicht gesondert erfasst und auf die Aufrichtigkeit der Mitarbeiter vertraut. Mit Rücksicht auf die bevorstehende Betriebsschließung sei für die Beklagte jedoch deutlich gewesen, dass mögliche Mehrarbeit in zeitlicher Hinsicht nicht mehr in Freizeit habe ausgeglichen werden können.

Die Beklagte habe aus diesen Gründen den 5 Bauleitern und den 5 kaufmännischen Mitarbeitern zusätzlich zum tariflichen 13. Monatseinkommen eine Sonderzahlung in Höhe von 45% ihres Monatsgehalts gewährt. Tatsächlich angefallene Stunden seien hier gerade nicht maßgeblich gewesen.

Die Beklagte habe bezogen auf den Kläger zu 1 ausgehend von einem Gesamtstundentariflohn von 18,50 € und einer Differenz zwischen einem vollen Monatsentgelt für 174 Stunden und einer bereits erbrachten Zahlung für 93 Stunden allenfalls zu einer Zahlung von 1498,50 € brutto verurteilt werden dürfen.

Die Beklagte stellt im Berufungsverfahren folgende Anträge:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Würzburg vom 18.11.2014, Az. 10 Ca 323/14, wird abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Das Urteil des Arbeitsgerichts Würzburg vom 27.11.2014, Az. 8 Ca 312/14, wird abgeändert und die Klage abgewiesen.

Der Kläger zu 1 nahm mit Zustimmung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 30.11.2015 die Klage in Höhe von 244,98 € brutto zurück und verfolgt die Hauptsache noch in Höhe von 1.498,50 € brutto (Blatt 574 der Akten).

Der Kläger zu 1 und 2 beantragen,

die jeweiligen Berufungen zurückzuweisen.

Die Kläger sehen die Anspruchsvoraussetzungen aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zur Zahlung eines vollen 13. tariflichen Monatseinkommens als gegeben an und begründen dies unter weiterer Vertiefung des erstinstanzlichen Vortrages und unter Verweis auf die überzeugenden Ausführungen des Ersturteils folgendermaßen:

Die unterschiedlichen Regelungen in den Tarifverträgen für Angestellte und gewerbliche Arbeitnehmer stünden der Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht entgegen. Zwar bestünden solche aus der Tarifgeschichte herrührende Unterschiede in den Tarifverträgen bezüglich der Berechnungsmethode des 13. Monatsgehalts und den dabei zu berücksichtigenden Faktoren (zum Beispiel bei der Berücksichtigung von Krankheitszeiten). Dies sei allerdings nur bedeutsam für die Frage, wie sich das tarifliche 13. Monatsgehalt zusammensetze und errechne. In beiden Fällen betrage das tarifliche 13. Monatsgehalt 55% eines vollen tariflichen Gehaltes. In den vorliegenden Verfahren gehe es jedoch um die Frage, ob eine Anspruchsberechtigung der Kläger auf ein volles d. h. übertarifliches 13. Monatsgehalt bestehe.

Bei der Feststellung der maßgeblichen Gruppengröße und der Zahlenverhältnisse komme es nur auf diejenigen Arbeitsverhältnisse an, die zum Zeitpunkt des Stichtages für die Auszahlung der Jahressonderzahlung, dem 30.11.2013, noch bestanden hätten und in denen es somit tatsächlich zu einer Zahlung des jeweiligen 13. Monatsentgelts durch die Beklagte an bestimmte angestellte Arbeitnehmer gekommen sei. Das seien unstreitig 81 Arbeitnehmer.

Die Sonderzahlungen der Beklagten seien nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip erfolgt, da die Beklagte an mindestens 7 Angestellte im November 2013 ein über den tariflichen Anspruch hinausgehendes 13. Monatsgehalt in Höhe eines vollen Monatsgehalts aufgrund individueller Vereinbarungen gezahlt habe. Den einzelvertraglichen Abreden liege eben ein solches Prinzip zugrunde, auch wenn sich die entsprechenden Arbeitsverträge in den wortlautmäßigen Formulierungen in Nuancen unterscheiden würden. Es sei nicht entscheidungserheblich, dass es sich bei diesen Angestellten um außertarifliche Angestellte gehandelt habe.

Auf der Grundlage der Entscheidung des BAG vom 13.02.2002 - 5 AZR 713/00 sei die Grenze zu einer kollektiven Regelung bei einer Betroffenheit von mindestens 5% der Beschäftigten überschritten und der Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes eröffnet. Die vom Erstgericht zugrunde gelegte Mindestanzahl von 7 Angestellten, die aufgrund einzelvertraglicher, jedoch generalisierender Zusagen ein volles 13. Monatsentgelt bekommen hätten, sei selbst auf der Grundlage des Sachvortrags der Beklagten erreicht.

Zu beachten sei, dass die angeblich „versehentliche betriebliche Übung“ bei 5 weiteren begünstigten Angestellten erst nach ausdrücklicher erstgerichtlicher Aufforderung zur Stellungnahme durch Beschluss vom 21.07.2014 entdeckt worden sein solle. Es bleibe offen, wie es letztlich zu der Häufung vermeintlich irrtümlicher Zuvielzahlungen des Weihnachtsgeldes gleich bei allen 5 genannten Angestellten gekommen sein soll, obwohl deren Ansprüche in den der Beklagten vorliegenden Arbeitsverträgen eindeutig geregelt gewesen seien, und warum die Aufstockung der tariflichen Sonderzahlung durch „Freiwillige Einmalzahlung“ bei den Mitarbeitern Si., Gü. und Pe. überhaupt in das Lohnabrechnungssystem eingestellt worden sei.

Die behauptete überobligatorische Belastung der Bauleiter im Zusammenhang mit dem Streik und der Betriebsschließung bleibe bestritten. Der gesamte Vortrag der Beklagten beruhe allenfalls auf einem angeblich „gefühlten“ Mehreinsatz der Bauleiter, nicht auf greifbaren Fakten. Die Beklagte gestehe selbst zu, dass für sie nicht nachvollziehbar sei, ob und in welchem Maße bei den genannten Mitarbeitern überhaupt Überstunden angefallen seien. Dabei enthalte § 3 RTV Ang hierzu klare Regelungen. Durch den Beschluss zur Betriebsschließung und der Tatsache, dass bereits ab Anfang Juli 2013 keine neuen Aufträge mehr akquiriert worden seien, habe das Arbeitsvolumen der vorhandenen 5 Bauleiter sukzessive abgenommen. Mit Nichtwissen werde bestritten, dass es in der Schließungsphase zu einer überdurchschnittlich hohen Zahl von Mängelanzeigen und Gewährleistungsansprüchen gekommen sei. Vorsorgliche Gewährleistungsanfragen besorgter Kunden seien mit dem Hinweis auf die abgesicherte weitere Gewährleistung durch die Muttergesellschaft, den Vi.-Baukonzern, einfach zu beantworten gewesen. Die behaupteten Restabwicklungstätigkeiten, wie das Packen der Bürounterlagen und das Räumen der Räumlichkeiten für den Umzug, seien nicht durch die Bauleiter erfolgt, sondern neben einer beauftragten Umzugsfirma durch zwei eigens hierfür abgestellte gewerbliche Mitarbeiter der Beklagten.

Die von der Beklagten genannten zusätzlichen Tätigkeiten der Personalsachbearbeiterin B. und der in der Buchhaltung beschäftigten Mitarbeiterinnen gehörten zu deren regulär geschuldeter Tätigkeit. Durch die Nichtannahme neuer Aufträge und das Auslaufen noch bestehender Bauprojekte hätten in der Schließungsphase auch sukzessive die laufend zu bewältigenden tagesaktuellen Bürotätigkeiten abgenommen, so dass in der regulären Arbeitszeit auch die mit der Schließung bedingten Abwicklungsarbeiten hätten bewältigt werden können. Auch in der Streikphase, in der die Baustellen geruht hätten, seien weniger tagesaktuelle Bürotätigkeiten angefallen. Es bleibe daher bestritten, dass die 5 kaufmännischen Mitarbeiter überobligatorische Mehrarbeit geleistet hätten, die durch die Zahlung eines vollen 13. Monatsgehalts pauschal hätten abgegolten werden sollen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 26.02.2015 (Blatt 212-334 der Akten), vom 22.04.2015 (Blatt 379-389 der Akten), vom 29.05.2015 (Blatt 411-441 der Akten), vom 23.06.2015 (Blatt 447, 448 der Akten), vom 08.09.2015 (Blatt 510-540 der Akten) und vom 23.11.2015 (Blatt 557-560 der Akten) sowie auf die Schriftsätze des Klägervertreters vom 31.03.2015 (Blatt 350-362 der Akten), vom 02.07.2015 (Blatt 457-469 der Akten), vom 08.07.2015 (Blatt 475-477 der Akten) und vom 06.11.2015 (Blatt 547-552 der Akten) verwiesen. Wegen des Vorbringens der Parteien in den mündlichen Verhandlungen wird auf die Sitzungsniederschriften vom 29.04.2015 (Blatt 390-392 der Akten) und vom 30.11.2015 (Blatt 561-575 der Akten) verwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen J., C. und N. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 30.11.2015 (Blatt 561-575 der Akten) verwiesen. Die Kläger haben nach der Vernehmung der genannten Zeugen auf die Vernehmung der von ihnen benannten und geladenen Zeugen Rü., Di.., Fei. und Fi. verzichtet (Blatt 573 der Akten) und hinsichtlich der Sonderzahlung an die Personalsachbearbeiterin Frau B. einen sachlichen Differenzierungsgrund bezüglich der an sie geleisteten Sonderzahlung anerkannt (Blatt 574 der Akten).

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen sind zulässig und begründet. Die Voraussetzungen des im vorliegenden Fall allein als Anspruchsgrundlage in Frage kommenden Gleichbehandlungsgrundsatzes im Arbeitsrecht liegen nicht vor. Davon ist das erkennende Gericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme überzeugt.

A. Die Berufungen der Beklagten sind zulässig.

Sie sind statthaft, § 64 Abs. 1, 2 b ArbGG, und auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO.

B. Die Berufungen sind begründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf eine weitere Sonderzahlung für 2013 in Höhe des 81-fachen Gesamttarifstundenlohns aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Arbeitsrecht. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das erkennende Gericht überzeugt, dass die Kläger und die Angestellten, die am 30.11.2013 noch bei der Beklagten beschäftigt waren und ein volles 13. Monatseinkommen erhalten haben, entweder sich nicht in einer vergleichbaren Situation befunden haben, oder ein Sachgrund für die Zahlung eines vollen 13. Monatseinkommens vorlag oder der kollektive Bezug fehlte.

I. Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Arbeitsrecht gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleich zu behandeln. Er wurzelt in dem überpositiven Ideal der Gerechtigkeit, die es gebietet, Gleiches gleich und Ungleiches entsprechend seiner Eigenart ungleich zu behandeln, und ist seit langem unbestrittener Bestandteil des Arbeitsrechts. Der Gleichbehandlungsgrundsatz beschränkt die Gestaltungsmacht des Arbeitgebers. Wird er verletzt, muss der Arbeitgeber die von ihm gesetzte Regel entsprechend korrigieren. Der benachteiligte Arbeitnehmer hat Anspruch auf die vorenthaltene Leistung (st. Rspr. BAG 27.05.2015 - 5 AZR 724/13 Rn. 14; 03.09.2014 - 5 AZR 6/13 Rn. 18 m. w. N.).

Im Bereich der Arbeitsvergütung ist der Gleichbehandlungsgrundsatz unter Beachtung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit bei individuellen Entgeltvereinbarungen anwendbar, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (st. Rspr. BAG 27.05.2015 - 5 AZR 724/13 Rn. 14; 03.09.2014 - 5 AZR 6/13 Rn. 18 m. w. N.).

II. Der Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist bezogen auf die am 30.11.2013 noch beschäftigten 5 Bauleiter und 5 Angestellten in der Buchhaltung eröffnet. Bezogen auf die 7 außertariflichen Angestellten und die 5 Angestellten, bei denen die Beklagte die Sonderzahlung versehentlich geleistet haben will, ist er nicht eröffnet.

1. Maßgeblicher Stichtag zur Beurteilung ist der 30.11.2013. Mitarbeiter, die vorher bei der Beklagten ausgeschieden sind, erhielten von der Beklagten keine erhöhte Sonderzahlung. Die Kläger stützen ihre Klagen auch ausschließlich darauf, dass sie sich nur mit den Angestellten in einer vergleichbaren Situation befinden, die ebenfalls am 30.11.2013 noch bei der Beklagten beschäftigt waren (Schriftsatz vom 31.03.2015, Seite 6, Blatt 355 der Akten). Am 30.11 2013 waren unstreitig noch 81 Arbeitnehmer bei der Beklagten beschäftigt.

Die Beklagte hat im Jahre 2013 bezüglich der streitgegenständlichen Sonderzahlung eine Gruppenbildung nach gewerblichen Arbeitnehmern und Angestellten nicht vorgenommen. Denn unstreitig haben 14 der am 30.11.2013 beschäftigten Angestellten keine übertarifliche Sonderzahlung erhalten. Hiervon ist auch bezüglich der Mitarbeiterin Mi. auszugehen. Die Beklagte hat unter Beweisantritt bestritten, dass diese Mitarbeiterin eine übertarifliche Sonderzahlung in Höhe eines vollen Monatseinkommens erhalten hat. Dem sind die Kläger nicht mehr entgegengetreten, so dass dieses Vorbringen, für das die Kläger beweisbelastet sind, als zugestanden gilt (§ 138 Abs. 3 ZPO).

2. Nach Vorlage des Arbeitsvertrages des außertariflichen Mitarbeiters C. (Blatt 287 ff der Akten) und der Erklärung, dass es sich bei der arbeitsvertraglichen Vereinbarung von nur 12 und nicht 13 Monatsgehältern keineswegs - wie von den Klägern vermutet - um ein Schreibversehen handelte und er im November 2013 auch kein 13. Monatsgehalt erhalten hat (s. Lohnabrechnung, Blatt 389 der Akten), haben die Kläger nicht mehr an der Behauptung festgehalten, auch Herr C. sei in einer vergleichbaren Situation. Im Übrigen handelt es sich hier um den technischen Leiter.

3. Die Kläger befanden sich mit den 7 außertariflichen Angestellten Do., Ho., G., Sch., R., E. und St. nicht in einer vergleichbaren Lage. Die Beklagte hat mit der Zahlung des vollen 13. Monatseinkommens lediglich ihre Pflichten aus dem zu Beginn des Arbeitsverhältnisses jeweils geschlossenen Arbeitsvertrag erfüllt. Die bloße Vertragserfüllung vermag aber keinen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz im Arbeitsrecht zu begründen (BAG 21.09.2011 - 5 AZR 520/10). Die Beklagte hat bezogen auf diese Arbeitnehmer gerade keine verteilende Entscheidung vorgenommen.

Auch kann die Geltung verschiedener Arbeitsvertragsmodelle dann eine im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes vergleichbare Lage ausschließen, wenn das eine Arbeitsvertragsmodell gekennzeichnet ist durch die dynamische Bezugnahme auf ein Tarifwerk und damit auf arbeitsvertraglicher Ebene kollektive, der Gestaltungsmacht des Arbeitgebers entzogene Regelwerke in ihrer jeweiligen Fassung zur Anwendung kommen, während das andere Arbeitsvertragsmodell der unbeschränkten Gestaltungsmacht des Arbeitgebers entspringt und den Arbeitnehmern gestellt wird (BAG 03.09.2014 - 5 AZR 6/13 Rn. 22).

Das 13. Monatseinkommen ist für diese außertariflichen Arbeitnehmer Teil des individuell vereinbarten Gesamteinkommens. Dies zeigen die nunmehr in der Berufungsinstanz vorgelegten Arbeitsverträge. Diese unterscheiden sich bezogen auf die Entgeltregelungen inhaltlich. Es wurde jeweils ein außertarifliches Monatsgehalt in jeweils unterschiedlicher Höhe vereinbart, dessen Zahlung in 13. Monatsgehältern erfolgte. Zum Teil war darin Urlaubs- und Weihnachtsgeld enthalten (z. B. Do., Blatt 295 der Akten), zum Teil wurde zusätzlich Urlaubsgeld nach Tarifvertrag vereinbart (Sch., Blatt 313 der Akten, R., Blatt 320 der Akten). In einigen Verträgen sind auch Erfolgsprämien (z. B. E., Blatt 325 der Akten) und Zielvereinbarungen (G., Blatt 307 der Akten) erwähnt. Hinzu kommt noch die Privatnutzung für zur Verfügung gestellte teils unterschiedliche Dienstwagen. Bei keinem dieser Arbeitnehmer orientiert sich das monatliche Einkommen an den tariflichen Vorschriften. In einem Vertrag findet sich überhaupt keine Verweisung auf Tarifverträge. In den übrigen Verträgen ist lediglich auf den RTV Ang verwiesen, nicht jedoch auf die Entgelttarifverträge, tarifliche Eingruppierungsregeln oder den TV 13 Ang. Das Arbeitsvertragsmodell für die außertariflichen Angestellten ist deshalb gerade nicht dynamisch ausgestaltet, sondern entspringt der unbeschränkten Gestaltungsmacht der Beklagten.

4. Bezüglich der Mitarbeiter Gü., R. Fi., Pe., Si. und Z. hat die Beklagte ebenfalls keine verteilende Entscheidung vorgenommen. Das Gericht ist nach der Zeugenaussage der Zeugin N. überzeugt, dass die Beklagte an diese Mitarbeiter im Jahre 2013 die Sonderzahlung nur erbracht hat, weil sie meinte hierzu verpflichtet zu sein. Auch wenn es sich hier um immerhin 5 Mitarbeiter handelt, hat die Beklagte insoweit keine Gruppe gebildet. Es fehlt deshalb auch der kollektive Bezug.

Nach der Aussage der Zeugin, der damaligen Personalleiterin der Beklagten, hat diese jedes Jahr im September/Oktober beim damaligen Geschäftsführer nachgefragt, welche Angestellten die Sonderzahlung, d. h. ein volles 13. Monatsgehalt erhalten sollten. Sie habe dafür eine Liste erstellt, auf der vermerkt gewesen sei, wer einen arbeitsvertraglichen Anspruch hatte, und bei wem das tarifliche 13. Monatseinkommen freiwillig erhöht werden konnte. Der Geschäftsführer habe dies dann rückgemeldet (Blatt 570 der Akten). Die o. g. Mitarbeiter seien wie in den Vorjahren auch im Jahre 2013 auf der Liste als Mitarbeiter gekennzeichnet gewesen, die einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf Zahlung eines vollen Monatsgehalts gehabt hätten. Sie hätten das volle 13. Monatsgehalt daher auch ausgezahlt bekommen (Blatt 572 der Akten).

Das Gericht hält die Zeugin für glaubwürdig. Sie hat die Vorgänge um die Sonderzahlung ruhig und sachlich geschildert. Die Aussage wirkte keineswegs auswendig gelernt. Auch die Parteien oder die Parteivertreter äußerten keinerlei Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussage.

Aus der Aussage wird deutlich, dass die Beklagte im Jahre 2013 davon ausging, dass die o. g. Mitarbeiter einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf ein volles 13. Monatsgehalt hatten, und die Beklagte insoweit lediglich den Vertrag erfüllen wollte. Eine bewusst verteilende Entscheidung hat die Beklagte insoweit gerade nicht getroffen. Im Gegenteil habe nach Aussage der Zeugin im Jahre 2013 beim damaligen Geschäftsführer Ra. die Tendenz bestanden, so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig an Sonderzahlungen zu leisten. Es sei in diesem Jahr erstmals diskutiert worden, ob man Sonderzahlungen überhaupt noch leisten solle, da dies den Etat noch mehr belaste (Blatt 571 der Akten).

Aus Sicht des erkennenden Gerichts kommt es insoweit nicht darauf an, ob die o. g. Mitarbeiter tatsächlich einen arbeitsvertraglichen Anspruch im Jahre 2013 erlangt hatten. Wenn allerdings bei den jeweiligen Zahlungen in den Vorjahren kein eindeutiger Vorbehalt erklärt wurde, dass die Sonderzahlung ohne Rechtsanspruch für die Zukunft erfolge, so spricht jedenfalls viel für das Zustandekommen jeweils konkludenter Vereinbarungen (hierzu BAG 13.05.2015 - 10 AZR 266/14). In diesem Falle hätte sich die Beklagte nicht einmal getäuscht.

Im Übrigen ist das erkennende Gericht überzeugt, dass jedenfalls hinsichtlich der Mitarbeiter Si., Gü., Pe. und R. Fi. die Einordnung als Anspruchsberechtigte im Rahmen der Umstellung auf SAP durch die Mitarbeiterin B. versehentlich erfolgte. Die Zeugin N. hat in ihrer Aussage bestätigt, dass im Jahre 2009 eine Prüfung stattgefunden habe, wer einen arbeitsvertraglichen Anspruch bzw. einen Anspruch aus betrieblicher Übung auf Zahlung eines 13. Monatsgehalts gehabt habe und Frau B. als Personalsachbearbeiterin die o. g. Mitarbeiter als Anspruchsberechtigte erfasst habe. Jedenfalls für die im Jahre 2007 eingestellten Mitarbeiter Si., Gü. und Pe. erscheint die Behauptung schlüssig, dass die damalige Erfassung als Anspruchsberechtigte versehentlich erfolgte. Sie hatten weder dreimal die Zahlung erhalten, noch sehen deren Arbeitsverträge einen entsprechenden Anspruch vor.

Dass Frau B. auch den Mitarbeiter R. Fi. versehentlich als Anspruchsberechtigten gekennzeichnet hat, obwohl im Arbeitsvertrag ein speziell auf eine übertarifliche Weihnachtsgratifikation bezogener Freiwilligkeitsvorbehalt („freiwillig ohne Rechtsanspruch“) enthalten ist (Blatt 94 der Akten) erscheint ebenfalls plausibel angesichts des damaligen Standes der Rechtsprechung (BAG 18.03.2009 - 10 AZR 289/08; BAG 30.07.2008 - 10 AZR 606/07).

Vor diesem Hintergrund kommt es nicht darauf an, ob bei der Einordnung des Mitarbeiters Z. („Weihnachtsgeld = 13. Monatsgehalt“, Blatt 100 der Akten) als Anspruchsberechtigtem ein Versehen vorgelegen hat. Denn wird nur ein Mitarbeiter aufgrund einer jedenfalls ansonsten nicht vorkommenden arbeitsvertraglichen Klausel anders behandelt, fehlt jedenfalls der kollektive Bezug.

Es erscheint deshalb auch nicht verwunderlich, dass die Beklagte sich erstmals im Schriftsatz vom 29.08.2014 darauf berufen hat, „versehentlich“ an diese Mitarbeiter ein volles 13. Monatsgehalt gezahlt zu haben. Mit dieser Argumentation hat die Beklagte gerade keinen Sachgrund für eine Gruppenbildung geltend gemacht, sondern umgekehrt vermeintlich geschuldete Vertragserfüllung behauptet. Dass dies erst später bei genauerer Prüfung ersichtlich wurde, erscheint dem Gericht plausibel. Die Beklagte war mit dieser Argumentation nicht präkludiert (vgl. BAG 23.02.2011 - 5 AZR 84/10).

5. Bezogen auf die 5 Bauleiter und die 5 kaufmännischen Mitarbeiter, die im Jahre 2013 ein volles 13. Monatsgehalt erhalten haben, befanden sich die Kläger im Gegensatz zur Ansicht der Beklagten jedoch in einer vergleichbaren Lage. Sie waren am Stichtag bei der Beklagten beschäftigt. Arbeitsvertraglich waren die tariflichen Leistungen geschuldet; sie waren tarifliche Mitarbeiter. Das jeweilige tarifliche 13. Monatseinkommen bewegt sich in der etwa gleichen Höhe (Angestellte: 55%, gewerbliche Mitarbeiter: 93 von 174 Stunden = 53,5%).

a. Der für die gewerkschaftlich organisierten Mitarbeiter - im wesentlichen gewerbliche Mitarbeiter - geschlossene Sozialtarifvertrag mit Abfindungen deutlich über dem für alle Mitarbeiter geltenden Sozialplan beseitigt nicht die Vergleichbarkeit mit den Klägern. Die Abfindungen nach dem Sozialtarifvertrag einschließlich der den Klägern gezahlten Beträge aus dem Härtefonds dienen dem Ausgleich von durch den Arbeitsplatzverlust eintretenden Nachteilen. Die Zahlung eines vollen 13. Monatsgehalts an die genannten Angestellten dient einem völlig anderen Zweck. Sie war jedenfalls auch arbeitsleistungsbezogen. Im Übrigen hat die Beklagte allen Mitarbeitern Abfindungen entsprechend dem Sozialtarifvertrag bezahlt, auch denjenigen, die nicht unter den persönlichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrags fielen.

b. Auch die unterschiedlichen tariflichen Regelungen bezüglich des 13. Monatseinkommens für Angestellte und gewerbliche Mitarbeiter vermögen an der vergleichbaren Lage der Kläger mit den 5 Bauleitern und den 5 kaufmännischen Mitarbeiterinnen nichts zu ändern. Der Beklagten ist zwar zuzugeben, dass die Tarifverträge unterschiedliche Regelungen enthalten etwa im Hinblick auf die Berücksichtigung von Krankheitszeiten. Dies ändert aber nichts daran, dass das tarifliche 13. Monatseinkommen bezogen auf das jeweilige tarifliche Entgelt in etwa gleich hoch ist. Die unterschiedliche Berechnung nach Anzahl der Stunden bzw. Prozentsatz vom Monatsgehalt tritt demgegenüber zurück. Die Tarifgeschichte zeigt, dass bezogen auf die Höhe des 13. Monatseinkommen gewerblichen Arbeitnehmer ähnlich wie die Angestellten behandelt werden sollten. So betrug es nach den ab 01.05.1997 geltenden Tarifverträgen für die Angestellten noch 77% eines Tarifgehalts und für die gewerblichen Mitarbeiter den 130fachen Gesamttarifstundenlohn (= 75% des Tarifentgelts). Mit den ab 01.07.1999 geltenden Tarifverträgen wurde das tarifliche 13. Monatseinkommen auf 55% bzw. den 93fachen Gesamttarifstundenlohn gesenkt. Im Übrigen hat der Kläger zu 1 den unterschiedlichen tariflichen Regelungen dadurch Rechnung getragen, dass er die Klage bezüglich des wegen krankheitsbedingter Fehlzeiten nach § 2 Abs. 7 TV 13 gewA vorgenommenen Abzugs nicht mehr aufrecht erhalten hat.

III. Es lagen sachliche Gründe vor, den 5 Bauleitern und den 5 kaufmännischen Mitarbeiterinnen im Jahre 2013 ein volles Monatsgehalt zu zahlen, nicht jedoch den Klägern. Davon ist das erkennende Gericht nach der Einvernahme der Zeugen J., C. und N. überzeugt. Das Gericht hat keinen Anlass, an den Aussagen zu zweifeln. Sie sind in sich und auch untereinander nicht widersprüchlich. Sie wirkten weder auswendig gelernt noch irgendwie abgesprochen. Jeder Zeuge hat mit eigenen Worten auf die Fragen geantwortet. Auch von den Parteien ist die Glaubwürdigkeit der Zeugen nicht in Zweifel gezogen worden.

1. Die Zahlung eines vollen 13. Monatsgehalts an die 5 Bauleiter ist durch nachvollziehbare sachliche Differenzierungsgründe gerechtfertigt.

a. Die Beklagte war auf die Gruppe der Bauleiter besonders angewiesen. Die Zeugin N. hat ausgeführt, für die Beklagte sei es sehr wichtig gewesen, dass die Bauleiter bis zuletzt ordentlich abrechnen und ihre Projekte zu Ende führen. Wären die Bauleiter abgesprungen, so hätte das „richtig Geld“ gekostet. Es sei auch nicht möglich gewesen Bauleiter „auf die Schnelle“ zu bekommen, da diese auf dem Arbeitsmarkt sehr begehrt gewesen seien. Die Bauleiter, die bis zum Schluss im Boot gewesen seien, hätten Sonderzahlung erhalten sollen, dies seien die 5 Bauleiter gewesen. Diese Aussage ist für das Gericht nachvollziehbar. Die Baustellen mussten noch ordnungsgemäß zu Ende geführt werden. Bauleiter sind die Know-how-Träger bezüglich der einzelnen Baustellen und die jeweiligen Ansprechpartner der Bauherren. Bauleitern obliegt es auch, die Arbeiten zu koordinieren und insbesondere Verzögerungen zu vermeiden. Dazu sind der jeweilige Stand der Bauarbeiten und die vertragliche Gestaltung zu berücksichtigen. Jeder Wechsel in der Bauleitung hätte daher die geplante Stilllegung erschwert. Auch in der Streikphase war die Tätigkeit der Bauleiter besonders wichtig, um einem Ruhen der Baustellen entgegen zu wirken und den Schaden für die Beklagte möglichst gering zu halten. Hinzu kommt, dass die Bauleiter auch die Aufgabe hatten, bei der Archivierung mitzuhelfen und ihre eigenen Akten zu überprüfen (Zeuge J., Blatt 565 der Akten). Die Akten hätten revisionssicher gemacht werden müssen, da sie nunmehr extern verwaltet würden und die Garantie von einem Externen abgewickelt würde (Zeuge J., Blatt 567 der Akten). Dass die Beklagte auf die Kläger in ihrer Funktion als gewerbliche Arbeitnehmer auf der Baustelle (nicht als Betriebsräte) nicht in diesem Maße angewiesen war, erscheint nachvollziehbar.

b. Die Bauleiter waren ab dem Schließungsbeschluss der Beklagten im Juli 2013 auch besonders belastet. Dies gilt insbesondere für die Streikzeiten. Nach Aussage des Zeugen J. sei erst durch den Streik bekannt geworden, dass die Beklagte den Betrieb habe stilllegen wollen. Die Bauleiter seien von den Subunternehmern und Lieferanten unter Druck gesetzt worden. Sie seien erst nach Vorlage von Bürgschaftsurkunden zur Weiterarbeit bereit gewesen. Die Organisation der Baustellen sei während des Streiks gestört gewesen. Stahllieferanten, Betonlieferanten und Subunternehmer hätten neu gesteuert werden müssen. Der Zeuge C., der technische Leiter und unmittelbare Vorgesetzte, sagte aus, dass die Zeit des Streiks für die Bauleiter eine extreme Situation gewesen sei, weil die Auftraggeber die Beklagte aufgefordert hätten, die Arbeiten trotz des Streiks weiter zu führen. Die Betreuung der Nachunternehmen hätten die Bauleiter während des Ausstandes mitübernehmen müssen, eine Arbeit, die normalerweise von den Polieren auf der Baustelle erledigt worden sei. Die Baustellen hätten überwiegend auch nicht geruht (Blatt 569 der Akten). Frau N. sagte aus, dass die Sonderzahlung an die Bauleiter auch durch deren besondere Belastung durch den Streik veranlasst gewesen sei (Blatt 572 der Akten). Sie habe selbst in Gesprächen mit Herrn Kr. und Frau Rö. mitbekommen, dass diese am „Rotieren“ gewesen seien (Blatt 571 der Akten).

c. Das Gericht ist überzeugt, dass die Sonderzahlung an die Bauleiter sowohl als Belohnung für die erhöhte Belastung während des Streiks und der Stilllegung, als auch wegen der Bedeutung der Bauleiter in der Streikphase und für eine reibungslose und geordnete Stilllegung des Betriebes gezahlt wurde. Dies hat insbesondere die Aussagen der Zeugin N. ergeben (Blatt 572 der Akten), die hierüber auch mit dem damaligen Geschäftsführer Ra. gesprochen hatte (vgl. Blatt 571 der Akten). Jeder Differenzierungsgrund hätte nach Ansicht des Gerichts für sich alleine bereits genügt, die Sonderzahlung an die 5 Bauleiter zu rechtfertigen. Jedenfalls gilt dies in der Zusammenschau.

2. Ebenso lagen hinsichtlich der Gruppe der 5 kaufmännischen Angestellten nachvollziehbare sachliche Differenzierungsgründe zur Zahlung eines vollen 13. Monatseinkommens im Jahre 2013 vor.

a. Die besondere Belastung der Personalsachbearbeiterin B. wegen des Streiks und insbesondere wegen der Abwicklung der Personalangelegenheiten im Zuge der Betriebsstilllegung und die dadurch sachlich gerechtfertigte Zahlung eines vollen 13. Monatseinkommens als Sonderzahlung im Jahre 2013 haben die Kläger nach der Einvernahme der Zeugin N. streitlos gestellt (Blatt 574 der Akten).

b. Das Gericht ist nach der Beweisaufnahme auch hinsichtlich der übrigen in der Buchhaltung beschäftigten kaufmännischen Mitarbeiterinnen vom Vorliegen eines sachlichen Differenzierungsgrundes überzeugt.

aa. Dabei ist nicht entscheidend, dass die Beklagte auf deren Mitarbeit in der Buchhaltung gerade im Hinblick auf die Betriebsschließung besonders angewiesen war. Bis Dezember 2013 sei nach Aussage des kaufmännischen Leiters der Beklagten, des Zeugen J., der kaufmännische Bereich unter Volllast gelaufen. Als die Mitarbeiterinnen von den höheren Abfindungen für die Gewerkschaftsangehörigen gehört hätten, habe er Ende August, Anfang September eine Entlohnung dafür versprochen, wenn sie die Arbeit bis zum Jahresende ordnungsgemäß erfüllen und den Jahresabschluss zeitgerecht erstellen (Blatt 566 der Akten). Insbesondere hierfür sei aber eine zusätzliche Prämie im Jahr 2014 bezahlt worden (Blatt 567 der Akten). Das Gericht ist daher nicht überzeugt, dass die streitgegenständliche Sonderzahlung für die zeitgerechte Erstellung des Jahresabschlusses und der fehlenden Krankheitszeiten gezahlt worden sein könnte.

bb. Die Sonderzahlung ist aber wegen der besonders schwierigen Arbeitsbedingungen im September 2013 (Umzug in neues Gebäude, höchste im Jahresverlauf abzurechnende Leistungen) gerechtfertigt. Dies sei, so der Zeuge J., der Grund für die streitgegenständliche Sonderzahlung gewesen (Blatt 568 der Akten). Die Erschwernisse für die kaufmännischen Mitarbeiterinnen während des Umzugs seien insbesondere durch den kompletten Abbau und Neuinstallation der EDV hervorgerufen worden (Blatt 566 der Akten). Andererseits sei im kaufmännischen Bereich die Belastung der Mitarbeiterinnen besonders hoch gewesen, wie sich aus den Kennzahlen des Jahres 2013 ergebe. Deshalb habe er im Oktober den Entschluss zur Zahlung eines vollen 13. Monatsgehaltes an die kaufmännischen Mitarbeiterinnen gefasst (Blatt 566 der Akten), worüber er mit dem Geschäftsführer entschieden habe (Blatt 564 der Akten). Diese Aussage stimmt mit den in Anlage B 31 (Blatt 540 der Akten) gemachten und vom Zeugen J. bestätigten Kennzahlen überein. Danach wurden im September 2013 Leistungen in Höhe von 7,851 Mio € erbracht, mehr als in jedem anderen Monat des Jahres 2013. Dass die Mitarbeiterinnen der Buchhaltung anders als die auf den Baustellen tätigen Kläger in besonderer Weise auf eine funktionierende EDV angewiesen waren, liegt auf der Hand.

Diese besondere Belastung genügt als nachvollziehbarer sachlicher Differenzierungsgrund. Denn die Arbeitsumstände der Kläger als gewerbliche Arbeitnehmer auf den Baustellen sind durch den Umzug der Arbeitsplätze im Verwaltungsgebäude nicht oder jedenfalls nicht in dem Maße beeinträchtigt gewesen.

3. Nach Ansicht des Gerichts kommt es daher nicht darauf an, ob die Bauleiter und die kaufmännischen Angestellten tatsächlich Mehrarbeit im Sinne von Überstunden geleistet haben, die pauschal hätten ausgeglichen werden sollen. Die Beklagte hatte dies behauptet, konnte Überstunden aber mangels Erfassung der Arbeitszeit, die bei den Angestellten generell nicht erfolgte, nicht darlegen. Deshalb war auch die Einvernahme der von den Klägern zur Nichtleistung von Überstunden benannten Zeugen im Hinblick auf die Aussagen der Zeugen J., C. und N. nicht mehr veranlasst. Die Kläger verzichteten deshalb auf die Einvernahme der ihrerseits benannten Zeugen (Blatt 573 der Akten).

IV. Nach alledem hat die Beklagte mit der Zahlung eines vollen Monatsgehalts im Jahre 2013 an bestimmten Gruppen von Angestellten im Hinblick auf die Kläger nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz im Arbeitsrecht verstoßen. Die Beklagte ist daher nicht verpflichtet, an die Kläger den 81fachen Gesamttarifstundenlohn als weitere Sonderzahlung für 2013 zu leisten. Sonstige Anspruchsgrundlagen sind weder ersichtlich noch geltend gemacht.

C. I. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 91 ZPO.

II. Gesetzliche Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (vgl. § 72 Abs. 2 ArbGG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben; auf § 72 a ArbGG wird hingewiesen.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Nürnberg Urteil, 30. Nov. 2015 - 2 Sa 644/14

Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Nürnberg Urteil, 30. Nov. 2015 - 2 Sa 644/14

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona
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Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 183 Qualitätsprüfung


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Bundesarbeitsgericht Urteil, 23. Feb. 2011 - 5 AZR 84/10

bei uns veröffentlicht am 23.02.2011

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 25. August 2009 - 3 Sa 479/08 - aufgehoben.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landesarbeitsgericht Nürnberg Urteil, 30. Nov. 2015 - 2 Sa 644/14.

Landesarbeitsgericht Nürnberg Urteil, 30. Nov. 2015 - 2 Sa 644/14

bei uns veröffentlicht am 30.11.2015

Gründe LANDESARBEITSGERICHT NÜRNBERG 2 Sa 644/14 Urteil Datum: 30.11.2015 10 Ca 323/14 (Arbeitsgericht Würzburg) Titel: Rechtsvorschriften: Leitsatz: 1. Auf die Berufungen der Beklagten werden die U

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Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, 1.743,48 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.12.2013 an den Kläger zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Der Streitwert wird 1.743,48 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten im Wesentlichen um die Zahlung eines vollen und nicht nur eines 55%-igen 13. Monatsgehalts auf der Grundlage des allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes.

Der Kläger war bei der Beklagten an deren Standort C-Stadt seit dem 21.04.1992 als Maurer beschäftigt und gehörte zuletzt dem Betriebsrat an.

Neben dem Standort C-Stadt unterhielt die Beklagte auch noch Standorte in D. und M. Für das Jahr 2012 ergab sich aus dem Internetauftritt der Beklagten eine Gesamtbeschäftigtenzahl von 133 Arbeitnehmern.

Aufgrund der Unternehmerentscheidung vom 04.07.2013 mit nachfolgendem Interessenausgleich und Sozialplan stellte die Beklagte zwischenzeitlich ihren Geschäftsbetrieb vollständig ein. Die Mitarbeiter schieden bei der Beklagten aus.

Für alle Mitarbeiter, sowohl die gewerblichen Arbeitnehmer als auch die Angestellten, galten die Tarifverträge des Baugewerbes zumindest aufgrund jeweiliger einzelvertraglicher Inbezugnahme. Sowohl der Tarifvertrag über die Gewährung eines 13. Monatseinkommens im Baugewerbe für die gewerblichen Mitarbeiter als auch der Tarifvertrag über die Gewährung eines 13. Monatseinkommens für die Angestellten des Baugewerbes sehen im Grundsatz die Zahlung einer Sonderleistung in Höhe von 55% Prozent des jeweiligen Tarifgehaltes jeweils zum Stichtag 30.11. vor.

Für das Kalenderjahr 2013 erhielten sämtliche gewerblichen Arbeitnehmer ein 13. Monatseinkommen in Höhe von (lediglich) 55%, wohingegen von den Angestellten teilweise ein 13. Monatseinkommen in Höhe von einem vollen Tarifgehalt und darüber hinaus bezogen wurde. Die genaue Anzahl der angestellten Mitarbeiter, die von der Beklagten als 13. Monatseinkommen mindestens ein volles Tarifgehalt erhalten haben sowie ob und inwieweit dem jeweils rechtfertigende Gründe zugrunde lagen, ist zwischen den Parteien im Einzelnen streitig.

Unstreitig haben die im Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 29.08.2014 unter III. 1 (Bl. 53 ff. d. A.) namentlich aufgeführten insgesamt 14 Angestellten (4 am Standort D., 5 am Standort C-Stadt und weitere 5 am Standort M.) aufgrund abweichender individual-vertraglicher Vereinbarungen ein volles 13. Entgelt bezogen, wobei der Mitarbeiter A. in C-Stadt ein „Jahresgehalt zahlbar in 14 Monatsgehältern“ erhielt.

Von diesen 14 Angestellten waren jedoch 6 bereits vor dem Stichtag 30.11.2013 ausgeschieden (A: 31.01.2013; P: 30.06.2013; M: 30.09.2013; B: 30.09.2013; P: 30.09.2013, C: 30.09.2013; auf die Auflistung der Austrittsdaten im Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 29.08.2014, S. 8, Bl. 54 f. d. A. wird Bezug genommen).

Unstreitig bezogen 5 weitere im Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 29.08.2014 unter III. 2 (Bl. 54 ff. d. A.) Angestellte der Niederlassung C-Stadt ein volles 13. Jahresgehalt, welches die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit mit der irrtümlichen Annahme einer betrieblichen Übung begründete.

Zudem bezogen unstreitig die im Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 29.08.2014 unter III. 3 (Bl. 57 ff. d. A.) bezeichneten 5 Angestelltenarbeitnehmer der Niederlassung C-Stadt ein volles 13. Monatsgehalt, welches die Beklagte im vorliegenden Verfahren als Abgeltung von freiwillig geleisteten Mehrarbeitsstunden vorträgt.

Schließlich erhielten die im selben Schriftsatz vom 29.08.2014 unter III. 4 (Bl. 58 ff. d. A.) bezeichneten 5 angestellten Bauleiter des Standortes C-Stadt ein volles 13. Monatsgehalt aus dem beklagtenseits im vorliegenden Rechtstreit behaupteten Grund der Abgeltung überobligatorischer Mehrarbeit.

Mit Schreiben der IG B1-A1-U1 vom 18.12.2013 wurde die Klageforderung gegenüber der Beklagten geltend gemacht (Bl. 5 d. A.)

Der Kläger ist der Auffassung,

die Beklagte sei aufgrund des allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verpflichtet, auch ihm als gewerblichen Arbeitnehmer für 2013 ein volles 13. Monatsgehalt zu zahlen und begehrt die über die tatsächlich bezogenen 55% hinausgehenden restlichen 45% seines Tarifgehalts.

Auf der Grundlage des Urteiles des BAG vom 13.02.2002 - 5 AZR 713/00 - ist der Kläger der Auffassung, dass die Grenze zu einer kollektiven Regelung überschritten und der Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes eröffnet sei, wenn mindestens 5% der Belegschaft begünstigt würden. Ausgehend von einer Mitarbeiterzahl von 133 im Jahre 2012 entspräche dies etwa 7 Mitarbeitern.

Ausgehend von den beklagtenseits behaupteten 14 Angestellten mit abweichenden individualvertraglichen Vereinbarungen, den 5 weiteren Angestellten aufgrund „versehentlicher betrieblicher Übung“ und den insgesamt 10 weiteren Angestellten mit einer „Sonderzahlung als Ausgleich für überobligatorische Arbeit“ hätten über 30 Angestellte letztlich ein volles 13. Monatseinkommen im Jahr 2013 erhalten. Die Zahlung eines vollen 13. Monatseinkommens habe bei der Beklagten demnach einen systematischen, kollektiven Charakter, der die Vertragsfreiheit der Beklagten einschränke.

Zudem lägen sachliche Gründe für eine Ungleichbehandlung der Mitarbeiter nicht vor. Eine „versehentliche betriebliche Übung“ hinsichtlich der 5 beklagtenseits bezeichneten Mitarbeiter sei nicht gegeben. Auffallend sei, dass die Beklagte diesen angeblichen „Fehler“ der Personalabteilung erst entdeckt haben wolle, nachdem das Gericht die Beklagte im vorliegenden Rechtstreit zur näheren Stellungnahme aufgefordert habe. Zudem stelle sich die Frage, warum die Beklagte die von ihr aufgelisteten 5 Angestellten jahrelang günstiger behandelt habe als andere Mitarbeiter, wie es also überhaupt zu einer solchen Vermutung einer betrieblichen Übung durch die Personalabteilung habe kommen können.

Zudem bestreitet der Kläger, dass die beklagtenseits geführten 5 Angestellten der Verwaltung „freiwillige Sonderzahlung“ zur Abgeltung von angeblichen Mehrarbeitsstunden anlässlich der Betriebsschließung erhalten haben. Der Sachvortrag der Beklagten beschränke sich auf pauschale Behauptungen. Im Übrigen stellten die behaupteten Mehrarbeitsstunden gemäß § 3 Ziffer 2.1 des Rahmentarifvertrages für die Angestellten und Poliere des Baugewerbes Überstunden dar, hinsichtlich deren Handhabung der Tarifvertrag Regelungen sowohl zur Vergütung als auch zum Freizeitausgleich vorsehe. Die von der Beklagten in diesem Zusammenhang vorgelegten Bestätigungsschreiben betroffener Angestellter seien lediglich formularhaft und ersichtlich vorformulierte Gefälligkeitsbestätigungen.

Ebenso verhalte es sich mit den sogenannten „Sonderzahlungen“ an die angestellten Bauleiter. Auch insoweit stellten die beklagtenseits vorgelegten Bestätigungsschreiben ersichtlich nachträglich „Gefälligkeitsbescheinigungen“ dar.

Weiter ist der Kläger der Auffassung, dass nur auf diejenigen Mitarbeiter abzustellen sei, die zum Stichtag 30.11.2013 noch bei der Beklagten beschäftigt gewesen seien. Überdies hätte der Betriebsrat, wenn es sich bei den Zahlungen an die 2 x 5 Angestellten wegen Abgeltung von Mehrarbeit tatsächlich um einmalige Sonderzahlungen gehandelt haben sollte, ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG gehabt, welches die Beklagte nicht beachtet habe. Insofern hätte die Beklagte zwar mitbestimmungsfrei entscheiden können, ob sie Sonderzahlungen leiste, welche Mittel sie hierfür insgesamt zur Verfügung stelle und wie der begünstigte Personenkreis abstrakt bestimmt werden solle. Wie diese Mittel im Rahmen dieser Vorgaben verteilt werden sollten, hätte jedoch der Mitbestimmung des Betriebsrats unterlegen: Die Entscheidung der Beklagten, an alle diese 10 Angestellten 45% des Monatsgehaltes zu zahlen, enthalte bereits einen Verteilungsplan. Die Frage, ob eine Zulage in gleicher Höhe oder in unterschiedlicher Höhe gezahlt werden solle, sei aber eine Frage der Verteilungsgerechtigkeit, bei der der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht habe. Die Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer sei in diesem Zusammenhang ein wesentliches Indiz für das Vorliegen eines das Mitbestimmungsrecht eröffnenden kollektiven Tatbestandes.

Alles in allem habe die Zahlung eines vollen 13. Monatseinkommens bei der Beklagten einen systematischen, kollektiven Charakter, der die Vertragsfreiheit der Beklagten einschränke. Sachliche Gründe für eine Ungleichbehandlung der gewerblichen Arbeitnehmer lägen nicht vor. Schlussendlich verhalte es sich so, dass ausschließlich Angestellte der Beklagten ein volles 13. Monatseinkommen erhalten hätten, wohingegen kein einziger gewerblicher Mitarbeiter ein volles 13. Monatseinkommen erhalten habe.

Der Kläger beziffert seinen durchschnittlichen tariflichen Monatsarbeitslohn in Höhe von 174 Stunden x 19,27 € = 3.352,98 € brutto. Abzüglich des laut Abrechnung für November 2013 tatsächlich gezahlten tariflichen 13. Monatseinkommens in Höhe von 1.609,50 € ergebe sich die eingeklagte Differenzforderung von 1.743,48 € brutto.

Der Kläger erteilt folgenden Antrag:

Die Beklagte wird verurteilt, 1.743,48 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.12.2013 an den Kläger zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt im Wesentlichen Folgendes vor:

Ein Anspruch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz scheide bereits aus dem Grund aus, weil die Beklagte im Jahr 2013 insgesamt 45 Angestellte mit einer Jahressonderleistung von nicht mehr als 55% eines Monatseinkommens beschäftigt habe. Die Beklagte listet im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 29.08.2013 unter II 1, 2 und 3 (Bl. 50 ff. d. A.) für die Niederlassung D. insgesamt 14 Angestellte, für die Niederlassung C-Stadt insgesamt 28 Angestellte und für die Niederlassung M. insgesamt 3 Angestellte auf, die im Grundsatz lediglich 55% eines Monatsgehalts als zusätzliche Sonderleistung in 2013 erhalten hätten. Von den 14 Angestellten der Niederlassung D. hätten lediglich die Mitarbeiter F., M. und U. neben dem ihnen zustehenden Weihnachtsgeld in Höhe von 55% einer Monatsvergütung eine einmalige Sonderleistung wegen eines besonderen Einsatzes und erbrachter Leistungen auf den jeweils von ihnen betreuten Baustellen Prämien im November 2013 in Höhe von 2.375,- € (Ahac), 2.000,- € (Teltschik) und 1.500,- € (Knoblauch) erhalten.

„Der guten Ordnung halber“ weist die Beklagte noch darauf hin, dass der überwiegende Teil der zum 30.09.2013 und zum 31.10.2013 ausgeschiedenen Mitarbeiter zu einem anderen Konzernunternehmen, der S. GmbH gewechselt seien und die Jahresleistung für das Gesamtjahr im November 2013 von ihrem neuen Arbeitgeber der S. GmbH erhalten hätten.

Bei insgesamt 14 (im Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 29.08.2014 unter III 1, Bl. 53 ff. d. A., namentlich unter Aufzeigung von Eintritts- und Austrittsdatum benannten) Angestellten hätten im Jahr 2013 von den tarifvertraglichen Vorgaben abweichende individualvertragliche Vereinbarungen bestanden, wonach diesen Arbeitnehmern ein volles 13. Gehalt gezahlt worden sei.

Zudem hätten die - im Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 29.08.2014 unter III 2 (Bl. 55 d. A.) aufgeführten - Angestellten über die aufgrund einzelvertraglicher Inbezugnahme geschuldete tarifliche Jahressonderleistung in Höhe von 55% hinaus ein volles 13. Monatsgehalt bezogen, weil die Personalabteilung der Beklagten irrtümlicherweise der Auffassung gewesen sei, gegenüber diesen Mitarbeitern bestünde aufgrund betrieblicher Übung ein Anspruch auf ein volles 13. Jahresgehalt. Hintergrund dieser Zahlungen sei die von der Personalabrechnungsstelle vorgenommene Einschätzung gewesen, dass diesen Mitarbeitern aufgrund wiederholter Zahlungen in der Vergangenheit ein Anspruch auf die Zahlung eines vollen 13. Monatsgehaltes zustehen würde. Im Zuge der nunmehr erfolgten abschließenden Prüfung habe allerdings festgestellt werden müssen, dass ein Anspruch auf Zahlung eines vollen 13. Monatsgehaltes auch über den Gesichtspunkt der betrieblichen Übung nicht bestehe. Dies ergebe sich aus den Einzelarbeitsverträgen, die Freiwilligkeitsvorbehalte enthielten. Die vorgenommenen Zahlungen seien daher aufgrund einer fehlerhaften rechtlichen Einschätzung der Personalabrechnungsstelle erfolgt. Eine Rückforderung dieser Leistungen sei mit Rücksicht auf die individual-vertraglichen tariflichen Ausschlussfristen nach Feststellung des Fehlers der Abrechnungsstelle der Beklagten nicht mehr möglich gewesen. Die Zahlungen seien lediglich in Folge einer fehlerhaften rechtlichen Einschätzung der Personalabrechnungsstelle aufgrund der wegen vorgeblicher betrieblicher Übung gesehenen Verpflichtung der Beklagten erfolgt. Ein Wille der Geschäftsführung der Beklagten zur Zahlung einer freiwilligen übertariflichen Zulage bzw. Sonderzahlung im November 2013 sei in diesen Fällen nicht gegeben gewesen. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass die Mitarbeiterin P. in Folge eines Abrechnungsfehlers eine über ein volles 13. Gehalt hinaus gehende Jahresleistung erhalten habe; auch hierbei handele es sich um einen Abrechnungsfehler.

Die fünf im Beklagtenschriftsatz vom 29.08.2014 unter III 3 (Bl. 57 d. A.) genannten Angestellten der kaufmännischen Verwaltung und der Personalsachbearbeitung seien im Zuge der Abwicklung des Geschäftsbetriebes in 2013 außerordentlich intensiv mehrbelastet gewesen. Sie hätten mit Rücksicht auf den extremen Arbeitsanfall, insbesondere im 3. und 4. Quartal 2013, ohne gesonderte Anforderung seitens des kaufmännischen Leiters, in einem erheblichen Umfang Mehrarbeit geleistet, ohne dass diese Mehrarbeit im Einzelnen erfasst und seitens der Beklagten vergütet worden wäre. Insbesondere da im Verhältnis zu den gewerblichen Mitarbeitern im Rahmen derer Arbeitsverhältnisse eine angeordnete Mehrarbeit erfasst und seitens der Beklagten vergütet würde, habe sich der kaufmännische Leiter der Beklagten entschlossen, diesen kaufmännischen Mitarbeitern aufgrund ihres überobligatorischen Arbeitseinsatzes und zur pauschalen Abgeltung geleisteten Mehrarbeitsstunden eine freiwillige Sonderzahlung im November 2013 in Höhe von 45% eines Bruttomonatsgehaltes zukommen zu lassen.

Dieser Zahlungsgrund ergebe sich auch aus den als Anlagen B 14 im Schriftsatz vom 29.08.2014 (Bl. 102 ff. d. A.) eingereichten Bestätigungsschreiben der betroffenen Mitarbeiter.

Der vergleichbare Sachverhalt habe sich auch hinsichtlich der im selben Schriftsatz unter III 4 bezeichneten fünf Angestelltenmitarbeiter ergeben, die mit der Abwicklung von Bauvorhaben als Bauleiter betraut gewesen seien. Mit Rücksicht auf die Betriebsschließung sei es bei noch abzuwickelnden Bauvorhaben zu einer erheblichen Mehrbelastung der Bauleiter gekommen, die im Einzelfall überobligatorisch Mehrarbeit ohne gesonderte Vergütung geleistet hätten. Zum Ausgleich dieser Mehrarbeit habe sich die Beklagte entschieden, auch diesen Mitarbeitern eine freiwillige einmalige Sonderzahlung im November 2013 in Höhe von 45% des Monatsentgeltes zu zahlen.

Die Ausführungen des Klägers zum Urteil des BAG vom 13.02.2002 führen nach Auffassung der Beklagten nicht dazu, dass der Kläger aus Gründen der Gleichbehandlung ein volles 13. Monatsentgelt als Jahressonderzahlung 2013 beanspruchen könne. Vielmehr habe die Beklagte gerade nicht systematisch kollektiv eine Gruppe von Arbeitnehmern gebildet, die mehr als 5% der Mitarbeiter betreffe und die gleich behandelt worden seien. Vielmehr gebe es bei der Beklagten insgesamt mehrere, uneinheitliche Regelungen, die stark voneinander abwichen und immer auf besonderen Situationen beruhten. Teils handele es sich um Individualvereinbarungen, teils seien Leistungsprämien gezahlt worden, teils sei aufgrund fehlerhafter Annahme eine Verpflichtung gezahlt worden. Ein systematisch kollektiver Tatbestand liege nicht vor.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

A. Die Klage ist zulässig.

Das angerufene Arbeitsgericht Würzburg ist sowohl örtlich (§ 46 Abs. 2 ArbGG, 12, 17, 29 ZPO) als auch vom Rechtsweg her (§ 2 Abs. 1 Ziffer 3 a ArbGG) zuständig.

Der Kläger verfolgt sein Begehren zutreffend im Urteilsverfahren (§ 2 Abs. 5 ArbGG).

B. Die Klage hat in der Sache vollumfänglich Erfolg.

Dem Kläger steht auf der Grundlage des allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ein Anspruch auf ein volles 13. Monatseinkommen für das Kalenderjahr 2013 und mithin auf Zahlung des noch offenen Teiles der Jahressonderleistung in Höhe von 45% des monatlichen Tarifgehaltes zu.

Der Anspruch ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass die Beklagte an zumindest 7 am Stichtag, dem 30.11.2014 noch bei ihr im Arbeitsverhältnis stehende Angestellte aufgrund von Individualzusagen ein volles 13. Monatsgehalt zahlte und dadurch einen ausreichenden kollektiven Bezug begründete, der die gewerblichen Arbeitnehmer einschließlich des Klägers ohne sachlichen Differenzierungsgrund benachteiligte.

I.

1. Der nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung anerkannte allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen seiner Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regel gleich zu behandeln. Er verbietet sowohl die willkürliche, d. h. sachgrundlose Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe als auch eine sachfremde Gruppenbildung. In jedem Fall erfordert die Anwendung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes die Bildung einer Gruppe begünstigter Arbeitnehmer; das Verhalten des Arbeitgebers muss einen kollektiven Bezug haben. Allerdings hat der Grundsatz der Vertragsfreiheit Vorrang, wenn und soweit Vertragsbedingungen mit einzelnen Arbeitnehmern frei ausgehandelt sind. Der Gleichbehandlungsgrundsatz versagt nicht die Besserstellung einzelner Arbeitnehmer. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist erst anwendbar, wenn der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt und dazu bestimmte Voraussetzungen oder einen bestimmten Zweck festlegt (vgl. hierzu ErfK/Preis, 14. Auflage, § 611 BGB, Rn. 572 ff.; § 611 Rn. 535 ff. jeweils mit vielen Hinweisen auf Rechtsprechung und Literatur).

2. Eine Differenzierung zwischen Arbeitern und Angestellten ist prinzipiell nicht zulässig. Nur dann, wenn mit der Anknüpfung an den Statusunterschied gleichzeitig an einen Lebenssachverhalt angeknüpft wird, der geeignet ist, gemessen am Differenzierungsgrund die in der anknüpfenden Regelung vorgesehenen unterschiedlichen Rechtsfolgen zu tragen, kann die Differenzierung gerechtfertigt sein (ErfK/Preis, a. a. O., § 611 BGB Rn. 536 mit Hinweisen auf Rechtsprechung).

II.

1. Vorliegend ist die Beklagte bereits aus dem Grund nach einem generalisierenden Prinzip verfahren, weil sie an mindestens 7 Angestellte im November 2013 ein über die tarifliche Höhe von 55% hinaus gehendes 13. Monatsgehalt in Höhe eines vollen Tarifgehalts gezahlt hat.

Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist nach zutreffender Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes nicht nur dann anwendbar, wenn der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder einen bestimmten Zweck festlegt. Vielmehr ist der Gleichbehandlungsgrundsatz auch dann anzuwenden, wenn der Arbeitgeber - ohne nach einem erkennbaren und generalisierenden Prinzip vorzugehen - im Betrieb mehrere Vergütungssysteme anwendet und dabei nicht nur einzelne Arbeitnehmer besser stellt. Andernfalls wäre derjenige Arbeitgeber im Vorteil, der von vorneherein keine allgemeinen Grundsätze aufstellt, sondern nach Gutdünken verfährt. Das ist ihm im Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes, also wenn es sich nicht um individuelle Vereinbarungen handelt, verwehrt (BAG vom 19.08.1992 - 5 AZR 513/91 - Rn. 30).

2. Vorliegend hat die Beklagte vorgetragen, dass sie an die im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 29.08.2014 unter III 1. aufgeführten insgesamt 14 Angestellten aus dem Grund für 2013 ein volles 13. Entgelt gezahlt habe, weil dies auf - von den tariflichen Vorgaben abweichenden - individual-vertraglichen Vereinbarungen beruht habe.

Mit dem zitierten Urteil des BAG vom 19.08.1992 ist vorliegend der Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht schon von vorneherein aus dem Grund verschlossen, weil die Beklagte einzelne Angestellte unter Anwendung mehrerer Vergütungssysteme besser stellte. Zu dem liegt diesen behaupteten einzelvertraglichen Abreden ohnehin ein erkennbares generalisierendes Prinzip auf Zahlung eines „vollen 13. Entgelts“ zugrunde; ausgenommen hiervon wäre lediglich der unter laufender Nummer 6 aufgeführte Angestellte Andreas Klos („Jahresgehalt zahlbar in 14 Monatsgehältern“) sowie der unter laufender Nr. 5 aufgeführte Angestellte C. („12 Monatsgehälter“). Hinsichtlich der übrigen 12 Angestellten liegt eine inhaltsgleiche Individualvereinbarung zugrunde („volles 13. Entgelt“).

III.

Der Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes steht vorliegend auch nicht das Fehlen eines kollektiven Bezugs entgegen.

1. Allein die Begünstigung einzelner Arbeitnehmer erlaubt noch nicht den Schluss, diese Arbeitnehmer bildeten eine Gruppe. Eine Gruppenbildung liegt nur dann vor, wenn die Besserstellung nach einem oder mehreren Kriterien vorgenommen wird, die bei allen Begünstigten vorliegen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz kommt deshalb nicht zur Anwendung, wenn es sich um individuell vereinbarte Löhne und Gehälter handelt und der Arbeitgeber nur einzelne Arbeitnehmer besser stellt (BAG vom 19.08.1992 5 AZR 513/91 -; BAG vom 13.02.2002 - 5 AZR 713/00).

2. Erfolgt eine Besserstellung unabhängig von abstrakten Differenzierungsmerkmalen in Einzelfällen, können sich andere Arbeitnehmer hierauf zur Begründung gleichartiger Ansprüche nicht berufen (BAG vom 17.02.1998 - 3 AZR 783/96 -). Es fehlt der notwendige kollektive Bezug als Anknüpfungspunkt dafür, einer Ungleichbehandlung entgegenzuwirken. Denn der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet nur die willkürliche Schlechterstellung von Arbeitnehmern aus sachfremden Gründen gegenüber anderen in vergleichbarer Lage befindlichen Arbeitnehmern, er verhindert jedoch nicht die Begünstigung einzelner Arbeitnehmer (so bereits BAG vom 03.04.1957 - 4 AZR 644/54 -).

3. Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet einen Arbeitgeber, der durch ein sachlich nicht gerechtfertigtes Merkmal eine außerordentlich kleine Gruppe der Belegschaft besser gestellt hat, nicht, diesen Vorteil allen Beschäftigten einzuräumen. Das der Pflicht der Gleichbehandlung zugrunde liegende Gebot der Verteilungsgerechtigkeit trägt diese Ausweitung nicht, weil in Fällen dieser Art die Freiheit des Arbeitgebers in der Bestimmung des Dotierungsrahmens freiwilliger Leistungen besonders nachhaltig verletzt werden würde und zu unverhältnismäßig hohen weiteren finanziellen Belastungen des Arbeitgebers führte (BAG vom 13.02.2002 - 5 AZR 713/00 - mit Hinweis auf Münch ArbR/Richardi, 3. Auflage § 14 Rn. 8; ErfK/Preis, a. a. O. § 611 BGB Rn. 836).

Vor diesem Hintergrund hat das F. mit Urteil vom 13.02.2002 - 5 AZR 713/00 - dafür gehalten, dass ein nicht begünstigter Arbeitnehmer aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz dann keinen Anspruch auf Vergütung herleiten könne, wenn die Anzahl der begünstigten Arbeitnehmer im Verhältnis zur Gesamtzahl der betroffenen Arbeitnehmer sehr gering sei, d. h. weniger als 5% der insgesamt betroffenen Arbeitnehmer berühre. Darüber hinausgehend hat das F. mit Urteil vom 08.08.2000 - 9 AZR 517/99 - bei einem Zahlenverhältnis der begünstigten gegenüber den benachteiligten Arbeitnehmern von 4 zu 180 einen ausreichenden kollektiven Tatbestand mit der Begründung angenommen, dass nicht das quantitative Verhältnis der Gruppen zueinander maßgeblich sei, sondern nur der Umstand, ob der Arbeitgeber eine kollektive Regelung treffe.

4. Vorliegend hat die Beklagte nach ihrem eigenen Sachvortrag insgesamt 14 Angestellte oder ohne Herrn K. mindestens 13 Angestellte aufgrund individualvertraglicher Abreden mindestens ein volles 13. Monatsgehalt in 2013 gezahlt. Die Anzahl dieser Gruppe liegt somit weit über der Zahl von 7 Arbeitnehmern, die sich ergibt, wenn man von 5% der von dem Kläger für 2012 behaupteten Gesamtarbeitnehmerzahl von 133 ausgeht (133 x 5% = 6,65).

5. Im Übrigen sind bei der Bildung der diesbezüglichen Gruppe der durch einzelvertragliche Abrede begünstigten Angestellten die in allen 3 Standorten angestellten Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Mit Urteil vom 03.12.2008 - 5 AZR 74/08 - hat das BAG zutreffend dafür gehalten, dass der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz jedenfalls dann unternehmensweit Anwendung findet, wenn die verteilende Entscheidung des Arbeitgebers nicht auf einen einzelnen Betrieb beschränkt ist, sondern sich auf alle oder mehrerer Betriebe des Unternehmens bezieht.

Dies ist vorliegend der Fall.

IV.

Selbst wenn man bei der Feststellung der maßgeblichen Gruppen nur auf diejenigen Arbeitsverhältnisse abstellte, die im Zeitpunkt des maßgeblichen Stichtages für die Jahressonderleistung 2013 - dem 30.11.2013 - noch bestanden, ist die durch einzelvertragliche Zusagen begünstigte Gruppe vorliegend groß genug, um einen ausreichenden kollektiven Bezug herzustellen.

1. Nach Überzeugung des erkennenden Gerichts ist bei der Feststellung der maßgeblichen Gruppengröße und Zahlenverhältnisses nur auf diejenigen Arbeitsverhältnisse abzustellen, die im Zeitpunkt des Stichtages, dem 30.11.2014, noch bestanden und in denen es somit tatsächlich zu einer Zahlung des jeweiligen (anteiligen) 13. Monatsentgeltes durch die Beklagte an bestimmte (begünstigte) Arbeitnehmer kam.

Vorliegend ist allein streitgegenständlich ein Anspruch des Klägers auf das volle 13. Monatsentgelt für das Kalenderjahr 2013, den der Kläger auf die Grundsätze des allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes stützt. Die Anwendung dieses Grundsatzes setzt zuvörderst voraus, dass es tatsächlich zu Leistungen des in Anspruch genommenen Arbeitgebers kommt, die aufgrund ihrer nicht gerechtfertigten Unterschiedlichkeit den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzen. Dies wiederum setzt ein Bestehen des Arbeitsverhältnisses im Zahlungszeitpunkt voraus. Die Leistung durch einen Dritten - sei es ein Folgearbeitgeber aufgrund Rechtsnachfolge oder aufgrund Betriebsüberganges - vermag mangels tatsächlichem benachteiligendem Verhaltens des in Anspruch genommenen Arbeitgebers jedenfalls diesem gegenüber einen Anspruch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu begründen. Nur dann, wenn der Vertragsarbeitgeber eine Gruppe von Arbeitnehmern nach einem erkennbaren und generalisierendem Prinzip ohne Differenzierungsgrund besser behandelt als die Anderen oder eine andere Gruppe von Arbeitnehmern, kann sich zugunsten der benachteiligten Arbeitnehmer ein Leistungsanspruch auf Gleichbehandlung ergeben. Eine benachteiligende Behandlung von Arbeitnehmern, die der in Anspruch genommene Vertragsarbeitgeber nicht vorgenommen hat, kann ihn auch nicht zur Gleichbehandlung verpflichten. Oder einfach ausgedrückt: ohne Handlung keine Gleichbehandlung.

2. Vorliegend war in der letzten mündlichen Verhandlung nicht zu klären, wie groß die Gesamtzahl aller am Stichtag noch bestehenden Arbeitsverhältnisse und somit der Bezugswert für die Ermittlung der 5% Quote war. Zugunsten der Beklagten sei unterstellt, dass am 30.11.2013 immer noch die von der Klägerseite für 2012 behaupteten und von der Beklagten nicht bestrittenen 133 Arbeitsverhältnisse bestanden. Der für die Ermittlung des erforderlichen kollektiven Bezuges erforderliche Mindestanteil von 5% ergibt somit aufgerundet 7 Arbeitnehmer. Diese Mindestanzahl von 7 Angestellten, die aufgrund einzelvertraglicher, jedoch generalisierender Zusagen ein volles 13. Monatsentgelt bekommen haben, ist selbst auf der Grundlage des Sachvortrages der Beklagten im Schriftsatz vom 29.08.2014 unter III 1., Seite 8, Bl. 54 d. A., erreicht. Von den dort insgesamt aufgeführten 14 Angestellten fielen folgende 6 Angestellte wegen Ausscheiden aus den Diensten der Beklagten vor dem 30.11.2013 aus der Gruppenbildung heraus:

A. (lfd. Nr. 6; Austritt: 31.01.2013), P. (lfd. Nr. 8; Austritt: 30.06.2013), M. (lfd. Nr. 9; Austritt: 30.09.2013), B. (lfd. Nr. 11; Austritt: 30.09.2013), P. (lfd. Nr. 13; Austritt: 30.09.2013) und C. (lfd. Nr. 14; Austritt: 30.09.2013). Abzüglich dieser 6 Angestellten blieben noch 8 Angestellte (14-6) deren Arbeitsverhältnis am 30.11.2013 noch bestand und die daher tatsächlich eine Leistung von der Beklagten erhielten.

Unter diesen 8 Arbeitnehmern befindet sich mit der lfd. Nr. 5 Herr C. (Austritt: 31.01.2014), für den eine einzelvertragliche Regelung „12 Monatsgehälter“ angegeben ist. Zwar steht zu vermuten, dass es sich insoweit um einen Schreib- oder Diktatfehler handeln könnte, weil ansonsten hinsichtlich der weiteren 13 aufgeführten Angestellten eine einzelvertragliche, über das 55%-ige Tarifniveau hinausgehende Besserstellung vorgetragen wurde. Dies kann jedoch dahin gestellt bleiben, denn auch ohne Hinblick auf Herrn G. umfasste die Gruppe der durch abweichende individuelle Vereinbarungen begünstigten Angestellten noch mindestens 7 Arbeitnehmer, so dass der ausreichende kollektive Bezug gegeben war.

Nach alledem steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Beklagte bei der Auskehrung der Sonderleistung für 2013 bereits durch die Zahlung von (mindestens) einem vollen 13. Tarifgehalt an (mindestens) 7 Angestellte nach einem erkennbaren und generalisierenden Prinzip verfahren ist. Mangels jedweder Unterscheidungsgründe gegenüber den restlichen Arbeitnehmern im Allgemeinen und den gewerblichen Arbeitnehmern im Besonderen ist die Beklagte verpflichtet, aufgrund des allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes den benachteiligten Kläger nach Maßgabe der gegenüber den bevorzugten Angestellten an den Tag gelegten allgemeinen Regelung zu behandeln. Dem Kläger steht daher ebenfalls ein volles 13. Monatseinkommen zu. Die Beklagte schuldet ihm noch die offene Differenz zwischen dem durchschnittlichen Tarifgehalt des Klägers in Höhe von 3.352,98 € brutto und dem tatsächlich ausgekehrten 13. Monatseinkommen in Höhe von 1.609,50 €, mithin die Zahlung von 1.743,48 € brutto.

V.

Auf den von der Beklagten behaupteten Umstand, sie habe gegenüber 5 Angestellten aufgrund einer irrtümlich angenommenen betrieblichen Übung das volle 13. Monatseinkommen geleistet, kommt es nicht mehr an.

Zwar liegt im bloßen Normenvollzug keine willkürliche Ungleichbehandlung im Sinne des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes. Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber irrtümlich vermeintliche Normen vollzieht; vielmehr bedarf es eines „gestaltenden Verhaltens“ des Arbeitgebers. Dieses liegt nicht vor, wenn der Arbeitgeber durch die Leistung - und sei es auch rechtsirrtümlich - einen Vertrag erfüllt oder zu erfüllen meint (ErfK/Preis, a. a. O., § 611 BGB Rn. 574 m. Hinweisen auf Rechtsprechung und Literatur).

Jedoch besteht vorliegend der ausreichende kollektive Bezug für das nach generalisierenden Prinzipien erfolgende Verhalten der Beklagten zur Leistung eines vollen 13. Monatsgehaltes bereits in der auf einzelvertraglichen Zusagen beruhenden Zahlung eines vollen 13. Monatsgehaltes an mindestens 7 Angestellte ohne weiteren Differenzierungsgrund. Einer Beweisaufnahme zu dem zwischen den Parteien streitigen Umstand, ob und inwieweit die Zahlung eines vollen 13. Monatsgehalts an 5 Angestellte tatsächlich aufgrund eines Rechtsirrtumes der Personalabrechnungsstelle erfolgte, bedarf es daher nicht.

VI.

Gleiches gilt für den von der Beklagten behaupteten und vom Kläger bestrittenen Umstand, die Beklagte habe an 5 angestellte Verwaltungsmitarbeiter sowie an weitere 5 angestellte Bauleiter wegen derer überobligatorischen Leistungen im Zusammenhang mit der Stilllegung des Betriebes der Beklagten als Ausgleich eine Leistung von 45% des Tarifgehalts gezahlt. Auch insoweit bedurfte es einer Einvernahme der Zeugen nicht.

Nach alledem bleibt festzuhalten, dass die Beklagte auf der Basis des nachvollziehbaren klägerischen Rechenwerkes zur Bezifferung der Klagehöhe in die Zahlung der beantragten 1.743,48 € zu verurteilen war.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1 BGB i. V. m. 247 BGB.

Der Klage war daher vollumfänglich stattzugeben.

C. I.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 ZPO.

II.

Der Streitwert bemisst sich gemäß §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 2 ff. ZPO in Höhe der Klagesumme.

(1) Die Agentur für Arbeit kann die Durchführung einer Maßnahme nach § 176 Absatz 2 prüfen und deren Erfolg beobachten. Sie kann insbesondere

1.
von dem Träger der Maßnahme sowie den Teilnehmenden Auskunft über den Verlauf der Maßnahme und den Eingliederungserfolg verlangen und
2.
die Einhaltung der Voraussetzungen für die Zulassung des Trägers und der Maßnahme prüfen, indem sie Einsicht in alle die Maßnahme betreffenden Unterlagen des Trägers nimmt.

(2) Die Agentur für Arbeit ist berechtigt, zum Zweck nach Absatz 1 Grundstücke, Geschäfts- und Unterrichtsräume des Trägers während der Geschäfts- oder Unterrichtszeit zu betreten. Wird die Maßnahme bei einem Dritten durchgeführt, ist die Agentur für Arbeit berechtigt, die Grundstücke, Geschäfts- und Unterrichtsräume des Dritten während dieser Zeit zu betreten. Stellt die Agentur für Arbeit bei der Prüfung der Maßnahme hinreichende Anhaltspunkte für Verstöße gegen datenschutzrechtliche Vorschriften fest, soll sie die zuständige Kontrollbehörde für den Datenschutz hiervon unterrichten.

(3) Die Agentur für Arbeit kann vom Träger die Beseitigung festgestellter Mängel innerhalb einer angemessenen Frist verlangen. Die Agentur für Arbeit kann die Geltung des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins oder des Bildungsgutscheins für einen Träger ausschließen und die Entscheidung über die Förderung aufheben, wenn

1.
der Träger dem Verlangen nach Satz 1 nicht nachkommt,
2.
die Agentur für Arbeit schwerwiegende und kurzfristig nicht zu behebende Mängel festgestellt hat,
3.
die in Absatz 1 genannten Auskünfte nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig erteilt werden oder
4.
die Prüfungen oder das Betreten der Grundstücke, Geschäfts- und Unterrichtsräume durch die Agentur für Arbeit nicht geduldet werden.

(4) Die Agentur für Arbeit teilt der fachkundigen Stelle und der Akkreditierungsstelle die nach den Absätzen 1 bis 3 gewonnenen Erkenntnisse mit.

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, 1.743,48 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.12.2013 an den Kläger zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Der Streitwert wird 1.743,48 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten im Wesentlichen um die Zahlung eines vollen und nicht nur eines 55%-igen 13. Monatsgehalts auf der Grundlage des allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes.

Der Kläger war bei der Beklagten an deren Standort C-Stadt seit dem 21.04.1992 als Maurer beschäftigt und gehörte zuletzt dem Betriebsrat an.

Neben dem Standort C-Stadt unterhielt die Beklagte auch noch Standorte in D. und M. Für das Jahr 2012 ergab sich aus dem Internetauftritt der Beklagten eine Gesamtbeschäftigtenzahl von 133 Arbeitnehmern.

Aufgrund der Unternehmerentscheidung vom 04.07.2013 mit nachfolgendem Interessenausgleich und Sozialplan stellte die Beklagte zwischenzeitlich ihren Geschäftsbetrieb vollständig ein. Die Mitarbeiter schieden bei der Beklagten aus.

Für alle Mitarbeiter, sowohl die gewerblichen Arbeitnehmer als auch die Angestellten, galten die Tarifverträge des Baugewerbes zumindest aufgrund jeweiliger einzelvertraglicher Inbezugnahme. Sowohl der Tarifvertrag über die Gewährung eines 13. Monatseinkommens im Baugewerbe für die gewerblichen Mitarbeiter als auch der Tarifvertrag über die Gewährung eines 13. Monatseinkommens für die Angestellten des Baugewerbes sehen im Grundsatz die Zahlung einer Sonderleistung in Höhe von 55% Prozent des jeweiligen Tarifgehaltes jeweils zum Stichtag 30.11. vor.

Für das Kalenderjahr 2013 erhielten sämtliche gewerblichen Arbeitnehmer ein 13. Monatseinkommen in Höhe von (lediglich) 55%, wohingegen von den Angestellten teilweise ein 13. Monatseinkommen in Höhe von einem vollen Tarifgehalt und darüber hinaus bezogen wurde. Die genaue Anzahl der angestellten Mitarbeiter, die von der Beklagten als 13. Monatseinkommen mindestens ein volles Tarifgehalt erhalten haben sowie ob und inwieweit dem jeweils rechtfertigende Gründe zugrunde lagen, ist zwischen den Parteien im Einzelnen streitig.

Unstreitig haben die im Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 29.08.2014 unter III. 1 (Bl. 53 ff. d. A.) namentlich aufgeführten insgesamt 14 Angestellten (4 am Standort D., 5 am Standort C-Stadt und weitere 5 am Standort M.) aufgrund abweichender individual-vertraglicher Vereinbarungen ein volles 13. Entgelt bezogen, wobei der Mitarbeiter A. in C-Stadt ein „Jahresgehalt zahlbar in 14 Monatsgehältern“ erhielt.

Von diesen 14 Angestellten waren jedoch 6 bereits vor dem Stichtag 30.11.2013 ausgeschieden (A: 31.01.2013; P: 30.06.2013; M: 30.09.2013; B: 30.09.2013; P: 30.09.2013, C: 30.09.2013; auf die Auflistung der Austrittsdaten im Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 29.08.2014, S. 8, Bl. 54 f. d. A. wird Bezug genommen).

Unstreitig bezogen 5 weitere im Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 29.08.2014 unter III. 2 (Bl. 54 ff. d. A.) Angestellte der Niederlassung C-Stadt ein volles 13. Jahresgehalt, welches die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit mit der irrtümlichen Annahme einer betrieblichen Übung begründete.

Zudem bezogen unstreitig die im Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 29.08.2014 unter III. 3 (Bl. 57 ff. d. A.) bezeichneten 5 Angestelltenarbeitnehmer der Niederlassung C-Stadt ein volles 13. Monatsgehalt, welches die Beklagte im vorliegenden Verfahren als Abgeltung von freiwillig geleisteten Mehrarbeitsstunden vorträgt.

Schließlich erhielten die im selben Schriftsatz vom 29.08.2014 unter III. 4 (Bl. 58 ff. d. A.) bezeichneten 5 angestellten Bauleiter des Standortes C-Stadt ein volles 13. Monatsgehalt aus dem beklagtenseits im vorliegenden Rechtstreit behaupteten Grund der Abgeltung überobligatorischer Mehrarbeit.

Mit Schreiben der IG B1-A1-U1 vom 18.12.2013 wurde die Klageforderung gegenüber der Beklagten geltend gemacht (Bl. 5 d. A.)

Der Kläger ist der Auffassung,

die Beklagte sei aufgrund des allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verpflichtet, auch ihm als gewerblichen Arbeitnehmer für 2013 ein volles 13. Monatsgehalt zu zahlen und begehrt die über die tatsächlich bezogenen 55% hinausgehenden restlichen 45% seines Tarifgehalts.

Auf der Grundlage des Urteiles des BAG vom 13.02.2002 - 5 AZR 713/00 - ist der Kläger der Auffassung, dass die Grenze zu einer kollektiven Regelung überschritten und der Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes eröffnet sei, wenn mindestens 5% der Belegschaft begünstigt würden. Ausgehend von einer Mitarbeiterzahl von 133 im Jahre 2012 entspräche dies etwa 7 Mitarbeitern.

Ausgehend von den beklagtenseits behaupteten 14 Angestellten mit abweichenden individualvertraglichen Vereinbarungen, den 5 weiteren Angestellten aufgrund „versehentlicher betrieblicher Übung“ und den insgesamt 10 weiteren Angestellten mit einer „Sonderzahlung als Ausgleich für überobligatorische Arbeit“ hätten über 30 Angestellte letztlich ein volles 13. Monatseinkommen im Jahr 2013 erhalten. Die Zahlung eines vollen 13. Monatseinkommens habe bei der Beklagten demnach einen systematischen, kollektiven Charakter, der die Vertragsfreiheit der Beklagten einschränke.

Zudem lägen sachliche Gründe für eine Ungleichbehandlung der Mitarbeiter nicht vor. Eine „versehentliche betriebliche Übung“ hinsichtlich der 5 beklagtenseits bezeichneten Mitarbeiter sei nicht gegeben. Auffallend sei, dass die Beklagte diesen angeblichen „Fehler“ der Personalabteilung erst entdeckt haben wolle, nachdem das Gericht die Beklagte im vorliegenden Rechtstreit zur näheren Stellungnahme aufgefordert habe. Zudem stelle sich die Frage, warum die Beklagte die von ihr aufgelisteten 5 Angestellten jahrelang günstiger behandelt habe als andere Mitarbeiter, wie es also überhaupt zu einer solchen Vermutung einer betrieblichen Übung durch die Personalabteilung habe kommen können.

Zudem bestreitet der Kläger, dass die beklagtenseits geführten 5 Angestellten der Verwaltung „freiwillige Sonderzahlung“ zur Abgeltung von angeblichen Mehrarbeitsstunden anlässlich der Betriebsschließung erhalten haben. Der Sachvortrag der Beklagten beschränke sich auf pauschale Behauptungen. Im Übrigen stellten die behaupteten Mehrarbeitsstunden gemäß § 3 Ziffer 2.1 des Rahmentarifvertrages für die Angestellten und Poliere des Baugewerbes Überstunden dar, hinsichtlich deren Handhabung der Tarifvertrag Regelungen sowohl zur Vergütung als auch zum Freizeitausgleich vorsehe. Die von der Beklagten in diesem Zusammenhang vorgelegten Bestätigungsschreiben betroffener Angestellter seien lediglich formularhaft und ersichtlich vorformulierte Gefälligkeitsbestätigungen.

Ebenso verhalte es sich mit den sogenannten „Sonderzahlungen“ an die angestellten Bauleiter. Auch insoweit stellten die beklagtenseits vorgelegten Bestätigungsschreiben ersichtlich nachträglich „Gefälligkeitsbescheinigungen“ dar.

Weiter ist der Kläger der Auffassung, dass nur auf diejenigen Mitarbeiter abzustellen sei, die zum Stichtag 30.11.2013 noch bei der Beklagten beschäftigt gewesen seien. Überdies hätte der Betriebsrat, wenn es sich bei den Zahlungen an die 2 x 5 Angestellten wegen Abgeltung von Mehrarbeit tatsächlich um einmalige Sonderzahlungen gehandelt haben sollte, ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG gehabt, welches die Beklagte nicht beachtet habe. Insofern hätte die Beklagte zwar mitbestimmungsfrei entscheiden können, ob sie Sonderzahlungen leiste, welche Mittel sie hierfür insgesamt zur Verfügung stelle und wie der begünstigte Personenkreis abstrakt bestimmt werden solle. Wie diese Mittel im Rahmen dieser Vorgaben verteilt werden sollten, hätte jedoch der Mitbestimmung des Betriebsrats unterlegen: Die Entscheidung der Beklagten, an alle diese 10 Angestellten 45% des Monatsgehaltes zu zahlen, enthalte bereits einen Verteilungsplan. Die Frage, ob eine Zulage in gleicher Höhe oder in unterschiedlicher Höhe gezahlt werden solle, sei aber eine Frage der Verteilungsgerechtigkeit, bei der der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht habe. Die Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer sei in diesem Zusammenhang ein wesentliches Indiz für das Vorliegen eines das Mitbestimmungsrecht eröffnenden kollektiven Tatbestandes.

Alles in allem habe die Zahlung eines vollen 13. Monatseinkommens bei der Beklagten einen systematischen, kollektiven Charakter, der die Vertragsfreiheit der Beklagten einschränke. Sachliche Gründe für eine Ungleichbehandlung der gewerblichen Arbeitnehmer lägen nicht vor. Schlussendlich verhalte es sich so, dass ausschließlich Angestellte der Beklagten ein volles 13. Monatseinkommen erhalten hätten, wohingegen kein einziger gewerblicher Mitarbeiter ein volles 13. Monatseinkommen erhalten habe.

Der Kläger beziffert seinen durchschnittlichen tariflichen Monatsarbeitslohn in Höhe von 174 Stunden x 19,27 € = 3.352,98 € brutto. Abzüglich des laut Abrechnung für November 2013 tatsächlich gezahlten tariflichen 13. Monatseinkommens in Höhe von 1.609,50 € ergebe sich die eingeklagte Differenzforderung von 1.743,48 € brutto.

Der Kläger erteilt folgenden Antrag:

Die Beklagte wird verurteilt, 1.743,48 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.12.2013 an den Kläger zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt im Wesentlichen Folgendes vor:

Ein Anspruch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz scheide bereits aus dem Grund aus, weil die Beklagte im Jahr 2013 insgesamt 45 Angestellte mit einer Jahressonderleistung von nicht mehr als 55% eines Monatseinkommens beschäftigt habe. Die Beklagte listet im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 29.08.2013 unter II 1, 2 und 3 (Bl. 50 ff. d. A.) für die Niederlassung D. insgesamt 14 Angestellte, für die Niederlassung C-Stadt insgesamt 28 Angestellte und für die Niederlassung M. insgesamt 3 Angestellte auf, die im Grundsatz lediglich 55% eines Monatsgehalts als zusätzliche Sonderleistung in 2013 erhalten hätten. Von den 14 Angestellten der Niederlassung D. hätten lediglich die Mitarbeiter F., M. und U. neben dem ihnen zustehenden Weihnachtsgeld in Höhe von 55% einer Monatsvergütung eine einmalige Sonderleistung wegen eines besonderen Einsatzes und erbrachter Leistungen auf den jeweils von ihnen betreuten Baustellen Prämien im November 2013 in Höhe von 2.375,- € (Ahac), 2.000,- € (Teltschik) und 1.500,- € (Knoblauch) erhalten.

„Der guten Ordnung halber“ weist die Beklagte noch darauf hin, dass der überwiegende Teil der zum 30.09.2013 und zum 31.10.2013 ausgeschiedenen Mitarbeiter zu einem anderen Konzernunternehmen, der S. GmbH gewechselt seien und die Jahresleistung für das Gesamtjahr im November 2013 von ihrem neuen Arbeitgeber der S. GmbH erhalten hätten.

Bei insgesamt 14 (im Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 29.08.2014 unter III 1, Bl. 53 ff. d. A., namentlich unter Aufzeigung von Eintritts- und Austrittsdatum benannten) Angestellten hätten im Jahr 2013 von den tarifvertraglichen Vorgaben abweichende individualvertragliche Vereinbarungen bestanden, wonach diesen Arbeitnehmern ein volles 13. Gehalt gezahlt worden sei.

Zudem hätten die - im Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 29.08.2014 unter III 2 (Bl. 55 d. A.) aufgeführten - Angestellten über die aufgrund einzelvertraglicher Inbezugnahme geschuldete tarifliche Jahressonderleistung in Höhe von 55% hinaus ein volles 13. Monatsgehalt bezogen, weil die Personalabteilung der Beklagten irrtümlicherweise der Auffassung gewesen sei, gegenüber diesen Mitarbeitern bestünde aufgrund betrieblicher Übung ein Anspruch auf ein volles 13. Jahresgehalt. Hintergrund dieser Zahlungen sei die von der Personalabrechnungsstelle vorgenommene Einschätzung gewesen, dass diesen Mitarbeitern aufgrund wiederholter Zahlungen in der Vergangenheit ein Anspruch auf die Zahlung eines vollen 13. Monatsgehaltes zustehen würde. Im Zuge der nunmehr erfolgten abschließenden Prüfung habe allerdings festgestellt werden müssen, dass ein Anspruch auf Zahlung eines vollen 13. Monatsgehaltes auch über den Gesichtspunkt der betrieblichen Übung nicht bestehe. Dies ergebe sich aus den Einzelarbeitsverträgen, die Freiwilligkeitsvorbehalte enthielten. Die vorgenommenen Zahlungen seien daher aufgrund einer fehlerhaften rechtlichen Einschätzung der Personalabrechnungsstelle erfolgt. Eine Rückforderung dieser Leistungen sei mit Rücksicht auf die individual-vertraglichen tariflichen Ausschlussfristen nach Feststellung des Fehlers der Abrechnungsstelle der Beklagten nicht mehr möglich gewesen. Die Zahlungen seien lediglich in Folge einer fehlerhaften rechtlichen Einschätzung der Personalabrechnungsstelle aufgrund der wegen vorgeblicher betrieblicher Übung gesehenen Verpflichtung der Beklagten erfolgt. Ein Wille der Geschäftsführung der Beklagten zur Zahlung einer freiwilligen übertariflichen Zulage bzw. Sonderzahlung im November 2013 sei in diesen Fällen nicht gegeben gewesen. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass die Mitarbeiterin P. in Folge eines Abrechnungsfehlers eine über ein volles 13. Gehalt hinaus gehende Jahresleistung erhalten habe; auch hierbei handele es sich um einen Abrechnungsfehler.

Die fünf im Beklagtenschriftsatz vom 29.08.2014 unter III 3 (Bl. 57 d. A.) genannten Angestellten der kaufmännischen Verwaltung und der Personalsachbearbeitung seien im Zuge der Abwicklung des Geschäftsbetriebes in 2013 außerordentlich intensiv mehrbelastet gewesen. Sie hätten mit Rücksicht auf den extremen Arbeitsanfall, insbesondere im 3. und 4. Quartal 2013, ohne gesonderte Anforderung seitens des kaufmännischen Leiters, in einem erheblichen Umfang Mehrarbeit geleistet, ohne dass diese Mehrarbeit im Einzelnen erfasst und seitens der Beklagten vergütet worden wäre. Insbesondere da im Verhältnis zu den gewerblichen Mitarbeitern im Rahmen derer Arbeitsverhältnisse eine angeordnete Mehrarbeit erfasst und seitens der Beklagten vergütet würde, habe sich der kaufmännische Leiter der Beklagten entschlossen, diesen kaufmännischen Mitarbeitern aufgrund ihres überobligatorischen Arbeitseinsatzes und zur pauschalen Abgeltung geleisteten Mehrarbeitsstunden eine freiwillige Sonderzahlung im November 2013 in Höhe von 45% eines Bruttomonatsgehaltes zukommen zu lassen.

Dieser Zahlungsgrund ergebe sich auch aus den als Anlagen B 14 im Schriftsatz vom 29.08.2014 (Bl. 102 ff. d. A.) eingereichten Bestätigungsschreiben der betroffenen Mitarbeiter.

Der vergleichbare Sachverhalt habe sich auch hinsichtlich der im selben Schriftsatz unter III 4 bezeichneten fünf Angestelltenmitarbeiter ergeben, die mit der Abwicklung von Bauvorhaben als Bauleiter betraut gewesen seien. Mit Rücksicht auf die Betriebsschließung sei es bei noch abzuwickelnden Bauvorhaben zu einer erheblichen Mehrbelastung der Bauleiter gekommen, die im Einzelfall überobligatorisch Mehrarbeit ohne gesonderte Vergütung geleistet hätten. Zum Ausgleich dieser Mehrarbeit habe sich die Beklagte entschieden, auch diesen Mitarbeitern eine freiwillige einmalige Sonderzahlung im November 2013 in Höhe von 45% des Monatsentgeltes zu zahlen.

Die Ausführungen des Klägers zum Urteil des BAG vom 13.02.2002 führen nach Auffassung der Beklagten nicht dazu, dass der Kläger aus Gründen der Gleichbehandlung ein volles 13. Monatsentgelt als Jahressonderzahlung 2013 beanspruchen könne. Vielmehr habe die Beklagte gerade nicht systematisch kollektiv eine Gruppe von Arbeitnehmern gebildet, die mehr als 5% der Mitarbeiter betreffe und die gleich behandelt worden seien. Vielmehr gebe es bei der Beklagten insgesamt mehrere, uneinheitliche Regelungen, die stark voneinander abwichen und immer auf besonderen Situationen beruhten. Teils handele es sich um Individualvereinbarungen, teils seien Leistungsprämien gezahlt worden, teils sei aufgrund fehlerhafter Annahme eine Verpflichtung gezahlt worden. Ein systematisch kollektiver Tatbestand liege nicht vor.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

A. Die Klage ist zulässig.

Das angerufene Arbeitsgericht Würzburg ist sowohl örtlich (§ 46 Abs. 2 ArbGG, 12, 17, 29 ZPO) als auch vom Rechtsweg her (§ 2 Abs. 1 Ziffer 3 a ArbGG) zuständig.

Der Kläger verfolgt sein Begehren zutreffend im Urteilsverfahren (§ 2 Abs. 5 ArbGG).

B. Die Klage hat in der Sache vollumfänglich Erfolg.

Dem Kläger steht auf der Grundlage des allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ein Anspruch auf ein volles 13. Monatseinkommen für das Kalenderjahr 2013 und mithin auf Zahlung des noch offenen Teiles der Jahressonderleistung in Höhe von 45% des monatlichen Tarifgehaltes zu.

Der Anspruch ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass die Beklagte an zumindest 7 am Stichtag, dem 30.11.2014 noch bei ihr im Arbeitsverhältnis stehende Angestellte aufgrund von Individualzusagen ein volles 13. Monatsgehalt zahlte und dadurch einen ausreichenden kollektiven Bezug begründete, der die gewerblichen Arbeitnehmer einschließlich des Klägers ohne sachlichen Differenzierungsgrund benachteiligte.

I.

1. Der nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung anerkannte allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen seiner Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regel gleich zu behandeln. Er verbietet sowohl die willkürliche, d. h. sachgrundlose Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe als auch eine sachfremde Gruppenbildung. In jedem Fall erfordert die Anwendung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes die Bildung einer Gruppe begünstigter Arbeitnehmer; das Verhalten des Arbeitgebers muss einen kollektiven Bezug haben. Allerdings hat der Grundsatz der Vertragsfreiheit Vorrang, wenn und soweit Vertragsbedingungen mit einzelnen Arbeitnehmern frei ausgehandelt sind. Der Gleichbehandlungsgrundsatz versagt nicht die Besserstellung einzelner Arbeitnehmer. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist erst anwendbar, wenn der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt und dazu bestimmte Voraussetzungen oder einen bestimmten Zweck festlegt (vgl. hierzu ErfK/Preis, 14. Auflage, § 611 BGB, Rn. 572 ff.; § 611 Rn. 535 ff. jeweils mit vielen Hinweisen auf Rechtsprechung und Literatur).

2. Eine Differenzierung zwischen Arbeitern und Angestellten ist prinzipiell nicht zulässig. Nur dann, wenn mit der Anknüpfung an den Statusunterschied gleichzeitig an einen Lebenssachverhalt angeknüpft wird, der geeignet ist, gemessen am Differenzierungsgrund die in der anknüpfenden Regelung vorgesehenen unterschiedlichen Rechtsfolgen zu tragen, kann die Differenzierung gerechtfertigt sein (ErfK/Preis, a. a. O., § 611 BGB Rn. 536 mit Hinweisen auf Rechtsprechung).

II.

1. Vorliegend ist die Beklagte bereits aus dem Grund nach einem generalisierenden Prinzip verfahren, weil sie an mindestens 7 Angestellte im November 2013 ein über die tarifliche Höhe von 55% hinaus gehendes 13. Monatsgehalt in Höhe eines vollen Tarifgehalts gezahlt hat.

Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist nach zutreffender Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes nicht nur dann anwendbar, wenn der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder einen bestimmten Zweck festlegt. Vielmehr ist der Gleichbehandlungsgrundsatz auch dann anzuwenden, wenn der Arbeitgeber - ohne nach einem erkennbaren und generalisierenden Prinzip vorzugehen - im Betrieb mehrere Vergütungssysteme anwendet und dabei nicht nur einzelne Arbeitnehmer besser stellt. Andernfalls wäre derjenige Arbeitgeber im Vorteil, der von vorneherein keine allgemeinen Grundsätze aufstellt, sondern nach Gutdünken verfährt. Das ist ihm im Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes, also wenn es sich nicht um individuelle Vereinbarungen handelt, verwehrt (BAG vom 19.08.1992 - 5 AZR 513/91 - Rn. 30).

2. Vorliegend hat die Beklagte vorgetragen, dass sie an die im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 29.08.2014 unter III 1. aufgeführten insgesamt 14 Angestellten aus dem Grund für 2013 ein volles 13. Entgelt gezahlt habe, weil dies auf - von den tariflichen Vorgaben abweichenden - individual-vertraglichen Vereinbarungen beruht habe.

Mit dem zitierten Urteil des BAG vom 19.08.1992 ist vorliegend der Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht schon von vorneherein aus dem Grund verschlossen, weil die Beklagte einzelne Angestellte unter Anwendung mehrerer Vergütungssysteme besser stellte. Zu dem liegt diesen behaupteten einzelvertraglichen Abreden ohnehin ein erkennbares generalisierendes Prinzip auf Zahlung eines „vollen 13. Entgelts“ zugrunde; ausgenommen hiervon wäre lediglich der unter laufender Nummer 6 aufgeführte Angestellte Andreas Klos („Jahresgehalt zahlbar in 14 Monatsgehältern“) sowie der unter laufender Nr. 5 aufgeführte Angestellte C. („12 Monatsgehälter“). Hinsichtlich der übrigen 12 Angestellten liegt eine inhaltsgleiche Individualvereinbarung zugrunde („volles 13. Entgelt“).

III.

Der Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes steht vorliegend auch nicht das Fehlen eines kollektiven Bezugs entgegen.

1. Allein die Begünstigung einzelner Arbeitnehmer erlaubt noch nicht den Schluss, diese Arbeitnehmer bildeten eine Gruppe. Eine Gruppenbildung liegt nur dann vor, wenn die Besserstellung nach einem oder mehreren Kriterien vorgenommen wird, die bei allen Begünstigten vorliegen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz kommt deshalb nicht zur Anwendung, wenn es sich um individuell vereinbarte Löhne und Gehälter handelt und der Arbeitgeber nur einzelne Arbeitnehmer besser stellt (BAG vom 19.08.1992 5 AZR 513/91 -; BAG vom 13.02.2002 - 5 AZR 713/00).

2. Erfolgt eine Besserstellung unabhängig von abstrakten Differenzierungsmerkmalen in Einzelfällen, können sich andere Arbeitnehmer hierauf zur Begründung gleichartiger Ansprüche nicht berufen (BAG vom 17.02.1998 - 3 AZR 783/96 -). Es fehlt der notwendige kollektive Bezug als Anknüpfungspunkt dafür, einer Ungleichbehandlung entgegenzuwirken. Denn der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet nur die willkürliche Schlechterstellung von Arbeitnehmern aus sachfremden Gründen gegenüber anderen in vergleichbarer Lage befindlichen Arbeitnehmern, er verhindert jedoch nicht die Begünstigung einzelner Arbeitnehmer (so bereits BAG vom 03.04.1957 - 4 AZR 644/54 -).

3. Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet einen Arbeitgeber, der durch ein sachlich nicht gerechtfertigtes Merkmal eine außerordentlich kleine Gruppe der Belegschaft besser gestellt hat, nicht, diesen Vorteil allen Beschäftigten einzuräumen. Das der Pflicht der Gleichbehandlung zugrunde liegende Gebot der Verteilungsgerechtigkeit trägt diese Ausweitung nicht, weil in Fällen dieser Art die Freiheit des Arbeitgebers in der Bestimmung des Dotierungsrahmens freiwilliger Leistungen besonders nachhaltig verletzt werden würde und zu unverhältnismäßig hohen weiteren finanziellen Belastungen des Arbeitgebers führte (BAG vom 13.02.2002 - 5 AZR 713/00 - mit Hinweis auf Münch ArbR/Richardi, 3. Auflage § 14 Rn. 8; ErfK/Preis, a. a. O. § 611 BGB Rn. 836).

Vor diesem Hintergrund hat das F. mit Urteil vom 13.02.2002 - 5 AZR 713/00 - dafür gehalten, dass ein nicht begünstigter Arbeitnehmer aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz dann keinen Anspruch auf Vergütung herleiten könne, wenn die Anzahl der begünstigten Arbeitnehmer im Verhältnis zur Gesamtzahl der betroffenen Arbeitnehmer sehr gering sei, d. h. weniger als 5% der insgesamt betroffenen Arbeitnehmer berühre. Darüber hinausgehend hat das F. mit Urteil vom 08.08.2000 - 9 AZR 517/99 - bei einem Zahlenverhältnis der begünstigten gegenüber den benachteiligten Arbeitnehmern von 4 zu 180 einen ausreichenden kollektiven Tatbestand mit der Begründung angenommen, dass nicht das quantitative Verhältnis der Gruppen zueinander maßgeblich sei, sondern nur der Umstand, ob der Arbeitgeber eine kollektive Regelung treffe.

4. Vorliegend hat die Beklagte nach ihrem eigenen Sachvortrag insgesamt 14 Angestellte oder ohne Herrn K. mindestens 13 Angestellte aufgrund individualvertraglicher Abreden mindestens ein volles 13. Monatsgehalt in 2013 gezahlt. Die Anzahl dieser Gruppe liegt somit weit über der Zahl von 7 Arbeitnehmern, die sich ergibt, wenn man von 5% der von dem Kläger für 2012 behaupteten Gesamtarbeitnehmerzahl von 133 ausgeht (133 x 5% = 6,65).

5. Im Übrigen sind bei der Bildung der diesbezüglichen Gruppe der durch einzelvertragliche Abrede begünstigten Angestellten die in allen 3 Standorten angestellten Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Mit Urteil vom 03.12.2008 - 5 AZR 74/08 - hat das BAG zutreffend dafür gehalten, dass der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz jedenfalls dann unternehmensweit Anwendung findet, wenn die verteilende Entscheidung des Arbeitgebers nicht auf einen einzelnen Betrieb beschränkt ist, sondern sich auf alle oder mehrerer Betriebe des Unternehmens bezieht.

Dies ist vorliegend der Fall.

IV.

Selbst wenn man bei der Feststellung der maßgeblichen Gruppen nur auf diejenigen Arbeitsverhältnisse abstellte, die im Zeitpunkt des maßgeblichen Stichtages für die Jahressonderleistung 2013 - dem 30.11.2013 - noch bestanden, ist die durch einzelvertragliche Zusagen begünstigte Gruppe vorliegend groß genug, um einen ausreichenden kollektiven Bezug herzustellen.

1. Nach Überzeugung des erkennenden Gerichts ist bei der Feststellung der maßgeblichen Gruppengröße und Zahlenverhältnisses nur auf diejenigen Arbeitsverhältnisse abzustellen, die im Zeitpunkt des Stichtages, dem 30.11.2014, noch bestanden und in denen es somit tatsächlich zu einer Zahlung des jeweiligen (anteiligen) 13. Monatsentgeltes durch die Beklagte an bestimmte (begünstigte) Arbeitnehmer kam.

Vorliegend ist allein streitgegenständlich ein Anspruch des Klägers auf das volle 13. Monatsentgelt für das Kalenderjahr 2013, den der Kläger auf die Grundsätze des allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes stützt. Die Anwendung dieses Grundsatzes setzt zuvörderst voraus, dass es tatsächlich zu Leistungen des in Anspruch genommenen Arbeitgebers kommt, die aufgrund ihrer nicht gerechtfertigten Unterschiedlichkeit den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzen. Dies wiederum setzt ein Bestehen des Arbeitsverhältnisses im Zahlungszeitpunkt voraus. Die Leistung durch einen Dritten - sei es ein Folgearbeitgeber aufgrund Rechtsnachfolge oder aufgrund Betriebsüberganges - vermag mangels tatsächlichem benachteiligendem Verhaltens des in Anspruch genommenen Arbeitgebers jedenfalls diesem gegenüber einen Anspruch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu begründen. Nur dann, wenn der Vertragsarbeitgeber eine Gruppe von Arbeitnehmern nach einem erkennbaren und generalisierendem Prinzip ohne Differenzierungsgrund besser behandelt als die Anderen oder eine andere Gruppe von Arbeitnehmern, kann sich zugunsten der benachteiligten Arbeitnehmer ein Leistungsanspruch auf Gleichbehandlung ergeben. Eine benachteiligende Behandlung von Arbeitnehmern, die der in Anspruch genommene Vertragsarbeitgeber nicht vorgenommen hat, kann ihn auch nicht zur Gleichbehandlung verpflichten. Oder einfach ausgedrückt: ohne Handlung keine Gleichbehandlung.

2. Vorliegend war in der letzten mündlichen Verhandlung nicht zu klären, wie groß die Gesamtzahl aller am Stichtag noch bestehenden Arbeitsverhältnisse und somit der Bezugswert für die Ermittlung der 5% Quote war. Zugunsten der Beklagten sei unterstellt, dass am 30.11.2013 immer noch die von der Klägerseite für 2012 behaupteten und von der Beklagten nicht bestrittenen 133 Arbeitsverhältnisse bestanden. Der für die Ermittlung des erforderlichen kollektiven Bezuges erforderliche Mindestanteil von 5% ergibt somit aufgerundet 7 Arbeitnehmer. Diese Mindestanzahl von 7 Angestellten, die aufgrund einzelvertraglicher, jedoch generalisierender Zusagen ein volles 13. Monatsentgelt bekommen haben, ist selbst auf der Grundlage des Sachvortrages der Beklagten im Schriftsatz vom 29.08.2014 unter III 1., Seite 8, Bl. 54 d. A., erreicht. Von den dort insgesamt aufgeführten 14 Angestellten fielen folgende 6 Angestellte wegen Ausscheiden aus den Diensten der Beklagten vor dem 30.11.2013 aus der Gruppenbildung heraus:

A. (lfd. Nr. 6; Austritt: 31.01.2013), P. (lfd. Nr. 8; Austritt: 30.06.2013), M. (lfd. Nr. 9; Austritt: 30.09.2013), B. (lfd. Nr. 11; Austritt: 30.09.2013), P. (lfd. Nr. 13; Austritt: 30.09.2013) und C. (lfd. Nr. 14; Austritt: 30.09.2013). Abzüglich dieser 6 Angestellten blieben noch 8 Angestellte (14-6) deren Arbeitsverhältnis am 30.11.2013 noch bestand und die daher tatsächlich eine Leistung von der Beklagten erhielten.

Unter diesen 8 Arbeitnehmern befindet sich mit der lfd. Nr. 5 Herr C. (Austritt: 31.01.2014), für den eine einzelvertragliche Regelung „12 Monatsgehälter“ angegeben ist. Zwar steht zu vermuten, dass es sich insoweit um einen Schreib- oder Diktatfehler handeln könnte, weil ansonsten hinsichtlich der weiteren 13 aufgeführten Angestellten eine einzelvertragliche, über das 55%-ige Tarifniveau hinausgehende Besserstellung vorgetragen wurde. Dies kann jedoch dahin gestellt bleiben, denn auch ohne Hinblick auf Herrn G. umfasste die Gruppe der durch abweichende individuelle Vereinbarungen begünstigten Angestellten noch mindestens 7 Arbeitnehmer, so dass der ausreichende kollektive Bezug gegeben war.

Nach alledem steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Beklagte bei der Auskehrung der Sonderleistung für 2013 bereits durch die Zahlung von (mindestens) einem vollen 13. Tarifgehalt an (mindestens) 7 Angestellte nach einem erkennbaren und generalisierenden Prinzip verfahren ist. Mangels jedweder Unterscheidungsgründe gegenüber den restlichen Arbeitnehmern im Allgemeinen und den gewerblichen Arbeitnehmern im Besonderen ist die Beklagte verpflichtet, aufgrund des allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes den benachteiligten Kläger nach Maßgabe der gegenüber den bevorzugten Angestellten an den Tag gelegten allgemeinen Regelung zu behandeln. Dem Kläger steht daher ebenfalls ein volles 13. Monatseinkommen zu. Die Beklagte schuldet ihm noch die offene Differenz zwischen dem durchschnittlichen Tarifgehalt des Klägers in Höhe von 3.352,98 € brutto und dem tatsächlich ausgekehrten 13. Monatseinkommen in Höhe von 1.609,50 €, mithin die Zahlung von 1.743,48 € brutto.

V.

Auf den von der Beklagten behaupteten Umstand, sie habe gegenüber 5 Angestellten aufgrund einer irrtümlich angenommenen betrieblichen Übung das volle 13. Monatseinkommen geleistet, kommt es nicht mehr an.

Zwar liegt im bloßen Normenvollzug keine willkürliche Ungleichbehandlung im Sinne des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes. Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber irrtümlich vermeintliche Normen vollzieht; vielmehr bedarf es eines „gestaltenden Verhaltens“ des Arbeitgebers. Dieses liegt nicht vor, wenn der Arbeitgeber durch die Leistung - und sei es auch rechtsirrtümlich - einen Vertrag erfüllt oder zu erfüllen meint (ErfK/Preis, a. a. O., § 611 BGB Rn. 574 m. Hinweisen auf Rechtsprechung und Literatur).

Jedoch besteht vorliegend der ausreichende kollektive Bezug für das nach generalisierenden Prinzipien erfolgende Verhalten der Beklagten zur Leistung eines vollen 13. Monatsgehaltes bereits in der auf einzelvertraglichen Zusagen beruhenden Zahlung eines vollen 13. Monatsgehaltes an mindestens 7 Angestellte ohne weiteren Differenzierungsgrund. Einer Beweisaufnahme zu dem zwischen den Parteien streitigen Umstand, ob und inwieweit die Zahlung eines vollen 13. Monatsgehalts an 5 Angestellte tatsächlich aufgrund eines Rechtsirrtumes der Personalabrechnungsstelle erfolgte, bedarf es daher nicht.

VI.

Gleiches gilt für den von der Beklagten behaupteten und vom Kläger bestrittenen Umstand, die Beklagte habe an 5 angestellte Verwaltungsmitarbeiter sowie an weitere 5 angestellte Bauleiter wegen derer überobligatorischen Leistungen im Zusammenhang mit der Stilllegung des Betriebes der Beklagten als Ausgleich eine Leistung von 45% des Tarifgehalts gezahlt. Auch insoweit bedurfte es einer Einvernahme der Zeugen nicht.

Nach alledem bleibt festzuhalten, dass die Beklagte auf der Basis des nachvollziehbaren klägerischen Rechenwerkes zur Bezifferung der Klagehöhe in die Zahlung der beantragten 1.743,48 € zu verurteilen war.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1 BGB i. V. m. 247 BGB.

Der Klage war daher vollumfänglich stattzugeben.

C. I.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 ZPO.

II.

Der Streitwert bemisst sich gemäß §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 2 ff. ZPO in Höhe der Klagesumme.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. Februar 2013 - 20 Sa 2514/11 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine übertarifliche Zulage.

2

Der 1957 geborene Kläger steht als Lehrer für Fachpraxis in einem Arbeitsverhältnis zum beklagten Land. Er war nach einer entsprechenden Berufsausbildung als Heizungsmonteur tätig. Im Jahr 1985 bestand er die Meisterprüfung. Nach selbständiger Tätigkeit arbeitete er bis zum 31. März 2009 als Fachausbilder bzw. Projektbetreuer. Zum 1. April 2009 wurde er vom beklagten Land als Lehrer für Fachpraxis angestellt. In einer undatierten Nebenabrede zum Arbeitsvertrag vereinbarten die Parteien, dass dem Kläger der Unterschiedsbetrag zwischen Stufe 1 und Stufe 3 der Entgeltgruppe 9 TV-L als Zulage gezahlt werde.

3

Eine Beamtenlaufbahn für Lehrer für Fachpraxis besteht beim beklagten Land nicht mehr. Die im Jahr 1985 eingeführte Laufbahn wurde 1990 für die Zukunft wieder abgeschafft. Seit 2004 werden alle neu einzustellenden Lehrer nicht mehr in ein Beamtenverhältnis übernommen, sondern als Arbeitnehmer beschäftigt. Bereits in anderen Bundesländern verbeamtete Lehrer werden bei einem Wechsel zum beklagten Land als Beamte weiterbeschäftigt.

4

Am 17. Februar 2009 fasste der Senat von Berlin einen Beschluss über eine Verbesserung der Vergütungssituation für Lehrkräfte und Maßnahmen zur Förderung des Lehrernachwuchses im Land Berlin, in dem es ua. heißt:

        

„Nach ausführlicher Aussprache über die … Neufassung der Besprechungsunterlage der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung vom 13. Februar 2009 … beschließt der Senat:

        

I.    

A. 1. 

Ab dem Schuljahr 2009/2010 werden alle angestellten Lehrkräfte im Wege übertariflicher Vergütung endgültig in Erfahrungsstufe 5 TV-L eingruppiert, sofern sie nicht ohnehin bereits die Erfahrungsstufe 5 bzw. 5 + erreicht haben.

                 

2.    

Vom 1. Februar 2009 bis zum 31. Juli 2009 wird allen ab dem 1. September 2008 eingestellten Lehrkräften im Rahmen einer Zulage eine Vergütung nach Erfahrungsstufe 3 gewährt.

                 

3.    

Die weiteren Details der verbesserten Vergütung ergeben sich aus der Besprechungsunterlage unter Berücksichtigung der unter B. aufgeführten Maßgaben.

                 

4.    

Der Senat beschließt weiterhin die in der Besprechungsunterlage unter 2. Vorbereitungsdienst und 3. Studienplätze für Lehramtsstudenten dargestellten Maßnahmen unter Berücksichtigung der unter B. aufgeführten Maßgaben.“

5

Die im Entwurf zunächst vorgeschlagene Zahlung einer Zulage auch an Lehrkräfte ohne Laufbahnbefähigung wurde vor der Beschlussfassung gestrichen. Aus der Beschlussvorlage ergibt sich, dass das beklagte Land zunehmend Schwierigkeiten ausgesetzt sei, qualifizierte Lehrkräfte einzustellen. Die Nettovergütungsdifferenz der angestellten Lehrkräfte in Berlin zur Beamtenbesoldung anderer Bundesländer betrage bis zu 1.000,00 Euro/mtl. Deshalb sei das beklagte Land nicht mehr wettbewerbsfähig und die Deckung des Lehrerbedarfs zunehmend gefährdet.

6

In Ausführung des Senatsbeschlusses schloss das beklagte Land mit Lehrkräften, die die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für die Übernahme in ein Beamtenverhältnis erfüllten und nach dem 31. August 2008 eingestellt wurden, Nebenabreden über eine Zulage in Höhe der Differenz der tariflichen Erfahrungsstufe zur Stufe 5 der jeweiligen Entgeltgruppe.

7

Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung hat der Kläger mit seiner am 8. Juni 2011 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage die Zahlung einer Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrags zur Erfahrungsstufe 5 der Entgeltgruppe 9 TV-L ab dem 1. April 2011 beansprucht. Er werde ohne Sachgrund benachteiligt. Die Vorweggewährung der Erfahrungsstufe 5 solle Nachteile ausgleichen, die sich das beklagte Land durch seine Entscheidung, Lehrkräfte generell nicht in ein Beamtenverhältnis zu übernehmen, selbst bereitet habe. Angesichts dessen sei die Gruppenbildung nicht sachgerecht. Diese hätte auf die konkrete Personalmangelsituation in den verschiedenen Lehrämtern und Fächern bezogen werden müssen, wie sie auch bei den Lehrern für Fachpraxis bestehe.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 1. April 2011 eine aus betrieblichen Gründen, insbesondere solcher wirtschaftlicher oder haushälterischer Art mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Schuljahres kündbare monatliche übertarifliche Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen der tariflich geschuldeten Erfahrungsstufe und der Erfahrungsstufe 5 gemäß § 16 TV-L zu zahlen,

        

hilfsweise das beklagte Land zu verurteilen, das Angebot des Klägers anzunehmen, mit ihm zu dem im Hauptantrag genannten Bedingungen eine Nebenabrede abzuschließen.

9

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt.

10

Die Lehrer für Fachpraxis bildeten eine Gruppe, die von den Lehrkräften, die grundsätzlich verbeamtet werden könnten, zu unterscheiden sei. Benötigt würden vorrangig pädagogisch voll ausgebildete Lehrkräfte. Es gehe nicht um eine konkrete Personalmangelsituation, weil der Konkurrenzdruck unabhängig von konkreten Lehrämtern/Fächern bestehe. Mit der Zulage solle ua. erreicht werden, dass eine notwendige Anzahl gut qualifizierter Bewerber zur Verfügung stehe, unter denen das Land auswählen könne. Dabei sei die wichtigste und größte Gruppe die der (potentiellen) Laufbahnbewerber. Diese hätten eine universitäre Ausbildung und den Vorbereitungsdienst absolviert. Die Investition des beklagten Landes in deren Ausbildung ginge bei einer Abwanderung verloren. Auch sei die unterschiedliche Einstellungssituation zu beachten, da die „Laufbahnbewerber“ ganz überwiegend unmittelbar nach Ausbildungsabschluss eingestellt würden und zu diesem Zeitpunkt eine erhebliche Konkurrenzsituation mit anderen Bundesländern bestehe. Lehrer für Fachpraxis würden erst - und dann dezentral von den Schulen selbst - nach einer beruflichen Tätigkeit eingestellt und zu einer ganz wesentlich geringeren Zahl. Einen vergleichbaren Bewerberwettlauf gebe es nicht, auch bedingt durch die unterschiedlichen Einstellungsvoraussetzungen der Bundesländer bei den Lehrern für Fachpraxis, die im beklagten Land deutlich niedriger lägen als in anderen Bundesländern.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist mit Haupt- und Hilfsantrag unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf übertarifliche Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen der vertraglich vereinbarten Erfahrungsstufe und der Stufe 5 der Entgeltgruppe 9 des TV-L. Deshalb ist das beklagte Land auch nicht verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Abschluss einer entsprechenden Nebenabrede anzunehmen.

13

I. Das Landesarbeitsgericht hat einen Anspruch gestützt auf den Gleichbehandlungsgrundsatz - ebenso wie auf Basis des Senatsbeschlusses des beklagten Landes vom 17. Februar 2009 und einer entsprechenden Gesamtzusage, beides vom Kläger mit der Revision nicht angegriffen - zu Recht verneint.

14

1. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleich zu behandeln. Er wurzelt in dem überpositiven Ideal der Gerechtigkeit, die es gebietet, Gleiches gleich und Ungleiches entsprechend seiner Eigenart ungleich zu behandeln. Der Gleichbehandlungsgrundsatz beschränkt die Gestaltungsmacht des Arbeitgebers. Wird er verletzt, muss der Arbeitgeber die von ihm gesetzte Regel entsprechend korrigieren. Der benachteiligte Arbeitnehmer hat Anspruch auf die vorenthaltene Leistung (BAG 3. September 2014 - 5 AZR 6/13 - Rn. 18 mwN). Im Bereich der Arbeitsvergütung ist der Gleichbehandlungsgrundsatz unter Beachtung der Vertragsfreiheit anwendbar, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (st. Rspr., BAG 3. September 2014 - 5 AZR 6/13 - Rn. 19).

15

2. Der Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist eröffnet.

16

a) Das beklagte Land hat freiwillig, dh. ohne hierzu arbeits- oder tarifvertraglich verpflichtet zu sein, die Vergütung bestimmter Lehrkräfte um eine Zulage in Höhe der Differenz zur Erfahrungsstufe 5 der jeweiligen Entgeltgruppe kollektiv nach einem generalisierenden Prinzip angehoben. Das beklagte Land hat für diese freiwillige Leistung vorausgesetzt, dass es sich bei dem/der Begünstigten um eine nach dem 31. August 2008 neu eingestellte Lehrkraft handeln muss, die zudem die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für ein Beamtenverhältnis erfüllt.

17

b) Mit der Anknüpfung an die Erfüllung fachlicher und pädagogischer Voraussetzungen für ein Beamtenverhältnis hat das beklagte Land eine Gruppenbildung vorgenommen, denn neben diesen Lehrkräften werden auch Lehrer beschäftigt, für die keine Beamtenlaufbahn mehr besteht.

18

c) Der Kläger und die nach dem 31. August 2008 eingestellten Lehrkräfte mit voller Lehrbefähigung, die nicht verbeamtet werden, befinden sich in „vergleichbarer Lage“. Beiden Gruppen ist beim beklagten Land die Beamtenlaufbahn verschlossen. Trotz dieser vergleichbaren Lage gewährt das beklagte Land nur den Lehrern mit voller Lehrbefähigung eine Zulage, nicht jedoch den Lehrern für Fachpraxis.

19

3. Die Ungleichbehandlung der beiden Arbeitnehmergruppen ist sachlich gerechtfertigt.

20

a) Eine sachfremde Benachteiligung liegt dann nicht vor, wenn sich nach dem Leistungszweck Gründe ergeben, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, einer Gruppe die der anderen gewährte Leistung vorzuenthalten. Die Zweckbestimmung ergibt sich vorrangig aus den tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen, von deren Vorliegen und Erfüllung die Leistung abhängig gemacht wird (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 15). Die Differenzierung zwischen der begünstigten Gruppe und den benachteiligten Arbeitnehmern ist dann sachfremd, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt. Die Gründe müssen auf vernünftigen, einleuchtenden Erwägungen beruhen und dürfen nicht gegen höherrangige Wertentscheidungen verstoßen. Die Gruppenbildung ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Unterscheidung einem legitimen Zweck dient und zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich und angemessen ist. Somit muss die unterschiedliche Leistungsgewährung stets im Sinne materieller Gerechtigkeit sachgerecht sein (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 16).

21

Eine Zulage ist ua. sachlich gerechtfertigt, wenn sie gewährt wird, weil sonst bestimmte Arbeitsplätze nicht besetzt werden können, oder Angehörige einer bestimmten Gruppe überhaupt oder stärker an den Betrieb gebunden werden sollen (BAG 21. März 2001 - 10 AZR 444/00 - Rn. 32; hierzu auch BAG 7. Februar 2007 - 5 AZR 41/06 - Rn. 27).

22

b) Die vom Landesarbeitsgericht festgestellte Zweckbestimmung der streitgegenständlichen Leistung hat der Kläger nicht in Frage gestellt. Sie liegt einerseits in der Schaffung eines finanziellen Anreizes, um bei arbeitsmarktbedingtem Arbeitskräftemangel bzw. einem prognostizierten erhöhten Arbeitskräftebedarf über ausreichend gut qualifizierte Bewerber verfügen zu können, andererseits in dem Bemühen, einer „Abwanderung“ in Berlin ausgebildeter Lehrkräfte in andere Bundesländer entgegenzuwirken. Darüber hinaus verfolgt das beklagte Land den Zweck, sich die Vorteile seiner Investitionen in die Ausbildung dieser Lehrkräfte zu erhalten.

23

c) Dem Kläger ist nicht darin zu folgen, die vom beklagten Land bezweckten Ziele könnten von der Regelung nicht erreicht werden, weil bei Bildung der Gruppen nicht die tatsächliche Beurteilung der konkreten Personalmangel- und Konkurrenzsituation der verschiedenen Lehrämter/Fächer berücksichtigt würden. Das beklagte Land durfte eine Betrachtung der allgemeinen Wettbewerbssituation zugrunde legen ohne Berücksichtigung der konkreten Personalmangelsituation einzelner Lehrämter/Fächer. Denn das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, der prognostizierte Lehrereinstellungsbedarf habe das erwartete Lehrereinstellungsangebot im beklagten Land für alle Lehrämter mindestens bis zum Jahr 2012 überstiegen. Diese Feststellung wurde vom Kläger nicht angegriffen, womit sie für den Senat bindend ist (§ 559 ZPO). Damit war ausgehend von einer Gesamtbetrachtung des Fächerspektrums von einer Personalmangelsituation auszugehen. Darüber hinaus blieb unbestritten, dass sich die Absagequote der Bewerber mit voller Lehrbefähigung nach Beendigung der Verbeamtung von 40 % auf 60 % erhöhte. Dieser Anstieg der Absagequote um die Hälfte zeigt das Ergebnis eines Wettbewerbs der Bundesländer um die Einstellung qualifizierten Lehrernachwuchses in Abhängigkeit auch von den finanziellen Rahmenbedingungen einer Verbeamtung. Dieser Anstieg ist zu hoch, um ihn mit je nach Einstellungstermin schwankenden Faktoren (wie unterschiedlichem Interesse am Ort und familiären Bindungen) erklären zu können.

24

d) Des Weiteren wird die Differenzierung durch das berechtigte Interesse des beklagten Landes sachlich gerechtfertigt, den Vorteil seiner Investitionen in die Hochschulausbildung und den Vorbereitungsdienst der Berufsanfänger im Lehramt mit voller Lehrbefähigung im eigenen Bundesland zu halten. Diese Investitionen erweisen sich wirtschaftlich nur dann als sinnvoll, wenn das beklagte Land auch vom Ergebnis der Ausbildung durch Einstellung und Einsatz als Lehrer im eigenen Schulsystem Nutzen ziehen kann.

25

e) Weiterhin durfte das Landesarbeitsgericht berücksichtigen, dass - ebenfalls vom Kläger mit der Revision nicht angegriffen - Lehrer mit voller Lehrbefähigung zu rund 95 % in einem zentral gesteuerten Einstellungsverfahren mit Bildung eines Pools sämtlicher Bewerber eingestellt werden, während die Einstellung der Lehrer für Fachpraxis den Schulen selbst obliegt. Im Übrigen unterscheidet sich das in den einzelnen Bundesländern an die Lehrer für Fachpraxis gestellte Anforderungsprofil deutlich. Eine gleichartige Konkurrenzsituation zwischen den Bundesländern besteht aus diesem Blickwinkel nicht. Diese Unterschiede werden noch dadurch verstärkt, dass sich die Berufsbiografien der beiden Vergleichsgruppen, jedenfalls bezogen auf das beklagte Land, unterscheiden. Die Lehrer für Fachpraxis unter dem Anforderungsprofil des beklagten Landes (Meisterprüfung, staatlich geprüfter Techniker) stehen in keiner gleichartigen Konkurrenzsituation wie Lehrkräfte mit beamtenrechtlicher Laufbahnbefähigung.

26

f) Auch die Tatsache, dass das beklagte Land diese Wettbewerbssituation durch seine Entscheidung, neu einzustellende Lehrer trotz Erfüllung der Voraussetzungen nicht mehr zu verbeamten, selbst geschaffen hat, gibt dem Kläger keinen Anspruch auf Gleichbehandlung. Dem Landesarbeitsgericht ist darin zuzustimmen, dass keine gesetzliche Verpflichtung zur Verbeamtung von Lehrkräften besteht und diese Entscheidung des beklagten Landes ist im Arbeitsgerichtsprozess nicht überprüfbar.

27

4. Da sich die Situation der Lehrer für Fachpraxis in wesentlichen Punkten anders darstellt als die der Vergleichsgruppe angehörenden Lehrkräfte, war es sachlich gerechtfertigt, die Zulagengewährung auf die Gruppe der Lehrer mit voller Lehrbefähigung zu beschränken. Demzufolge hat der Feststellungsantrag des Klägers keinen Erfolg.

28

II. Das Landesarbeitsgericht hat den zur Entscheidung angefallenen Hilfsantrag zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gibt aus den unter I. dargestellten Gründen dem Kläger keinen Anspruch auf Abschluss eines Änderungsvertrags.

29

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Weber    

        

    Volk    

        

        

        

    Dittrich    

        

    S. Röth-Ehrmann    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 2. Oktober 2012 - 15 Sa 139/11 - in seinen Ziffern I.9. und II. aufgehoben.

2. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 29. November 2012 - 3 Sa 71/12 - aufgehoben.

3. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Entgelterhöhungen unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung.

2

Der 1958 geborene Kläger ist seit 1992 bei der Beklagten beschäftigt. Er ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di. Die Beklagte war bis zum 31. März 2006 ordentliches Mitglied im Verband für Dienstleistung, Groß- und Außenhandel Baden-Württemberg e.V., im Anschluss daran wechselte sie in eine sog. OT-Mitgliedschaft.

3

Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitsvertrag vom 15. Oktober 1991, der auszugsweise lautet:

        

„1. Tätigkeit

        

Der/Die Angestellte wird ab 01.02.92 als PC-Programmierer eingestellt. (…)

        

…       

        

3. Kollektivvereinbarungen

        

Für das Arbeitsverhältnis gelten die für unsere Firma maßgebenden Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen in der jeweiligen Fassung.“

4

Der Kläger erhält ein Bruttomonatsgehalt von 4.034,00 Euro. Dieses setzt sich zusammen aus einem zum Stand 1. Mai 2006 eingefrorenen Tarifgehalt der Gehaltsgruppe G 5 / 12. Berufsjahr der Gehaltstarifverträge für die Beschäftigen des Groß- und Außenhandels in Baden-Württemberg (2.908,00 Euro brutto) und einer übertariflichen Zulage, die nach einer individuellen Erhöhung um 50,00 Euro brutto seit dem 1. August 2007 1.126,00 Euro brutto beträgt. Weitere 30,58 Euro brutto monatlich gewährt die Beklagte dem Kläger unter der Bezeichnung „AVmG PK AG stfr.“.

5

Nach dem Wechsel in die OT-Mitgliedschaft bat die Beklagte zu einem nicht näher festgestellten Zeitpunkt im Frühjahr 2006 ihre Mitarbeiter um eine Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit von (tariflichen) 38,5 Stunden auf 40 Stunden ohne Lohnausgleich. Einen entsprechenden Zusatz zum Arbeitsvertrag akzeptierten 96 % der Belegschaft, der Kläger nicht.

6

Am 25. März 2008 schloss die Beklagte mit dem in ihrem Betrieb errichteten Betriebsrat eine „Betriebsvereinbarung zur Bestimmung und Behandlung des Entgelts und des Entgeltgruppenplans“ (im Folgenden: BV Entgelt), die eine tätigkeitsbezogene Eingruppierung der Mitarbeiter in fünf allgemeine Entgeltgruppen (A1 bis A5) vorsieht. Außerdem heißt es dort:

        

„3 Grundsätze zu den Entgeltgruppen

        

…       

        

Die Festlegung des individuellen Entgelts innerhalb einer Entgeltgruppe, sowie des Basisentgelts der 1. Entgeltgruppe erfolgt durch den Arbeitgeber. Die prozentuale Steigerungsrate zwischen den einzelnen Entgeltgruppen (= Basisentgelt der Entgeltgruppen 2 - 5) ist in der Anlage geregelt.

        

4 Erhöhungen in den Entgeltgruppen

        

Entgelterhöhungen werden durch den Arbeitgeber festgelegt. (…)

        

Für alle Mitarbeiter, die vor dem 1.4.2006 in das Unternehmen eintraten, gilt ein Bestandsschutz. Basisentgelt für diese Mitarbeiter ist deren individuelles Tarifentgelt zum Stichtag 1.5.2006, solange dieses höher ist als das Basisentgelt.“

7

Mit Wirkung zum 1. April 2008 bot die Beklagte allen Arbeitnehmern den Abschluss eines neuen Formulararbeitsvertrags (im Folgenden: Standardarbeitsvertrag 2008) an, der keine Bezugnahme auf Tarifverträge mehr enthält, eine regelmäßige Arbeitszeit von 40 Wochenstunden festschreibt und eine Vergütung nach den Entgeltgruppen der BV Entgelt (beim Kläger: nach Entgeltgruppe A4 iHv. 4.083,00 Euro brutto) nebst einem 13. Bruttomonatsgehalt vorsieht. Des Weiteren enthält der Standardarbeitsvertrag 2008 Verschlechterungen im Vergleich zu den auf die Tarifbestimmungen für den Groß- und Außenhandel in Baden-Württemberg Bezug nehmenden Arbeitsverträgen, so etwa geringere Zuschläge für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit, Wegfall eines Zuschusses zum Krankengeld, weniger Tatbestände, bei denen Anspruch auf bezahlte Freistellung bestehen soll, Reduzierung eines „Sterbegeldes“. Rund 90 % der Beschäftigten nahmen das Angebot an, der Kläger nicht.

8

Die Beklagte erhöhte das Basisentgelt derjenigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in den Standardarbeitsvertrag 2008 gewechselt waren, zum 1. Juni 2008 um 2,6 %. Weitere Entgelterhöhungen erfolgten zum 1. Juli 2009 (2,2 %), zum 1. September 2010 (1,6 %) und zum 1. Juli 2011 (3,3 %).

9

In einem Vorprozess machte der Kläger eine Entgelterhöhung um 2,6 % für den Zeitraum Juni 2008 bis Februar 2009 erfolglos geltend (LAG Baden-Württemberg 15. April 2010 - 15 Sa 43/09 -).

10

Mit den vorliegenden, mehrfach erweiterten und bis in die Revisionsinstanz in getrennten Verfahren geführten Klagen hat der Kläger unter Berufung auf den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz die den begünstigten Arbeitnehmern gewährten Entgelterhöhungen, zuletzt für den Zeitraum Februar 2010 bis Dezember 2011 verlangt und geltend gemacht, ein sachlicher Grund, ihn von den Entgelterhöhungen auszunehmen, liege nicht vor.

11

Der Kläger hat - soweit seine Klagen in die Revisionsinstanz gelangt sind - zuletzt sinngemäß beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.861,22 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach näherer betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung zu zahlen,

        

2.    

die Beklagte weiter zu verurteilen, an den Kläger 2.064,70 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach näherer betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung zu zahlen.

12

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, der Gleichbehandlungsgrundsatz finde aufgrund der unterschiedlichen Arbeitsvertragsmodelle keine Anwendung. Jedenfalls sei die Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt. Mit den Entgelterhöhungen hätten die Nachteile der Beschäftigten, die in den Standardarbeitsvertrag 2008 wechselten, ausgeglichen werden sollen.

13

In dem Rechtsstreit betreffend den Zeitraum Februar 2010 bis April 2011 (= Klageantrag zu 1.) hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte rechtskräftig verurteilt, an den Kläger von September 2010 bis April 2011 monatlich (weitere) 28,34 Euro brutto zu zahlen. Mit der vom Landesarbeitsgericht nur für den Kläger zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen ursprünglichen Klageantrag weiter.

14

In dem Rechtsstreit betreffend den Zeitraum Mai bis Dezember 2011 (= Klageantrag zu 2.) hat das Arbeitsgericht der Klage teilweise, das Landesarbeitsgericht ihr in vollem Umfang stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision (Ausgangsaktenzeichen - 5 AZR 284/13 -) verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

15

Der Senat hat die Rechtsstreite nach Anhörung der Parteien zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem führenden Aktenzeichen - 5 AZR 6/13 - verbunden.

Entscheidungsgründe

16

Die Revisionen des Klägers und der Beklagten sind begründet. Ob der Kläger Anspruch auf die oder eine der den begünstigten Arbeitnehmern gewährten Entgelterhöhungen hat, kann der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen nicht entscheiden. Das führt zur Aufhebung der Berufungsurteile und Zurückverweisung der - nunmehr verbundenen - Sachen an das Landesarbeitsgericht, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

17

I. Der Anwendungsbereich des (allgemeinen) Gleichbehandlungsgrundsatzes ist eröffnet.

18

1. Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Arbeitsrecht (oft auch arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz oder allgemeiner arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz genannt) gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleich zu behandeln (st. Rspr., BAG 21. September 2011 - 5 AZR 520/10 - Rn. 18 mwN, BAGE 139, 190). Er wurzelt in dem überpositiven Ideal der Gerechtigkeit, die es gebietet, Gleiches gleich und Ungleiches entsprechend seiner Eigenart ungleich zu behandeln, und ist seit langem unbestrittener Bestandteil des Arbeitsrechts (vgl. nur ErfK/Preis 14. Aufl. § 611 BGB Rn. 574; HWK/Thüsing 6. Aufl. § 611 BGB Rn. 181, jeweils mwN; siehe auch G. Hueck Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung im Privatrecht S. 61, der schon 1958 festgestellt hat, die Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sei in der Literatur und Judikatur zum Arbeitsrecht ganz allgemein anerkannt). Der Gleichbehandlungsgrundsatz beschränkt die Gestaltungsmacht des Arbeitgebers (BAG 25. Januar 2012 - 4 AZR 147/10 - Rn. 57, BAGE 140, 291). Wird er verletzt, muss der Arbeitgeber die von ihm gesetzte Regel entsprechend korrigieren. Der benachteiligte Arbeitnehmer hat Anspruch auf die vorenthaltene Leistung (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 17; 13. April 2011 - 10 AZR 88/10 - Rn. 14, BAGE 137, 339, jeweils mwN).

19

Im Bereich der Arbeitsvergütung ist der Gleichbehandlungsgrundsatz unter Beachtung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit bei individuellen Entgeltvereinbarungen anwendbar, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (st. Rspr., BAG 21. September 2011 - 5 AZR 520/10 - Rn. 18, BAGE 139, 190; 25. Januar 2012 - 4 AZR 147/10 - Rn. 57, BAGE 140, 291, jeweils mwN).

20

2. Danach ist der Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes eröffnet.

21

a) Die Beklagte hat freiwillig, also ohne hierzu - insbesondere arbeitsvertraglich oder aufgrund der BV Entgelt - rechtlich verpflichtet zu sein (zur Nichtanwendbarkeit des Gleichbehandlungsgrundsatzes bei bloßem Normenvollzug und Vertragserfüllung, vgl. BAG 21. September 2011 - 5 AZR 520/10 - Rn. 21 mwN, BAGE 139, 190), die Arbeitsentgelte zum 1. Juni 2008, 1. Juli 2009, 1. September 2010 und 1. Juli 2011 kollektiv nach einem generalisierenden Prinzip angehoben. Für diese Leistung hat sie den Wechsel in den Standardarbeitsvertrag zur Voraussetzung gemacht. Mit der Anknüpfung an die zunächst durch die Reaktion der Arbeitnehmer auf das Angebot zum Abschluss des Standardarbeitsvertrags 2008 erfolgte Teilung der Belegschaft in Arbeitnehmer mit Standardarbeitsvertrag 2008 und solche mit „Altverträgen“ hat die Beklagte eine Gruppenbildung vorgenommen (vgl. BAG 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - Rn. 23, BAGE 122, 1).

22

b) Der Kläger und die Arbeitnehmer mit Standardarbeitsvertag 2008 befinden sich „in vergleichbarer Lage“. Zwar ist dafür nicht in jedem Falle bereits das gemeinsame Band eines Arbeitsverhältnisses zum selben Arbeitgeber ausreichend. Es ist aber andererseits nicht erforderlich, dass die Arbeitsbedingungen des Gleichbehandlung fordernden Arbeitnehmers mit denjenigen der Begünstigten in Gänze identisch sind (vgl. BAG 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - Rn. 26, BAGE 122, 1). Die Geltung verschiedener Arbeitsvertragsmodelle kann allenfalls dann eine im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes vergleichbare Lage ausschließen, wenn das eine Arbeitsvertragsmodell gekennzeichnet ist durch die dynamische Bezugnahme auf ein Tarifwerk und damit auf arbeitsvertraglicher Ebene kollektive, der Gestaltungsmacht des Arbeitgebers entzogene Regelwerke in ihrer jeweiligen Fassung zur Anwendung kommen, während das andere Arbeitsvertragsmodell der unbeschränkten Gestaltungsmacht des Arbeitgebers entspringt und den Arbeitnehmern gestellt wird. Eingedenk des Primats, (nur) Gleiches gleich und Ungleiches entsprechend seiner Eigenart ungleich zu behandeln, kommt es auch bei verschiedenen Arbeitsvertragsmodellen darauf an, ob sich der auf Gleichbehandlung berufende Arbeitnehmer hinsichtlich der vom Arbeitgeber verteilten Leistung in vergleichbarer Lage zu den begünstigten Arbeitnehmern befindet. Ist das der Fall, sind ansonsten unterschiedliche Arbeitsbedingungen erst für das Vorliegen eines sachlichen Differenzierungsgrundes von Belang.

23

Mit den streitgegenständlichen Entgelterhöhungen hat die Beklagte die statische Vergütungsabrede im Standardarbeitsvertrag 2008 freiwillig dynamisiert. Insoweit befindet sich der Kläger mit den begünstigten Arbeitnehmern „in vergleichbarer Lage“, weil auch sein Arbeitsvertrag eine statisch gewordene Vergütungsabrede enthält. Davon ist auszugehen, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien vor dem 1. Januar 2002 begonnen hat. Die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die „für unsere Firma maßgebenden Tarifverträge (…) in der jeweiligen Fassung“ hat das Landesarbeitsgericht angesichts der vormaligen Tarifgebundenheit der Beklagten kraft Verbandszugehörigkeit zutreffend nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als Gleichstellungsabrede ausgelegt (zu Auslegung und Vertrauensschutz für vor dem 1. Januar 2002 vereinbarte Bezugnahmeklauseln, vgl. BAG 11. Dezember 2013 - 4 AZR 473/12 - Rn. 13 ff. mwN). Die Dynamik der tariflichen Inkorporierung ist deshalb auf die Zeit begrenzt, in der die Beklagte durch ihre Verbandsmitgliedschaft an die Tarifentwicklung gebunden war (vgl. BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 15 ff. mwN, BAGE 136, 184). Danach hat der Kläger ab dem Ende der Nachbindung der Beklagten (§ 3 Abs. 3 TVG)an den zur Zeit ihres Wechsels in eine OT-Mitgliedschaft geltenden Gehaltstarifvertrag, also mit dem Inkrafttreten des (neuen) Gehaltstarifvertrags vom 5. Juli 2007 (zur Dauer der Nachbindung, vgl. BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 34 ff., BAGE 131, 176) weder kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit, noch aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme einen Anspruch auf Tariferhöhungen. Das Entgelt bzw. die Entgeltvereinbarung ist statisch geworden. Für Entgelterhöhungen ist der Kläger wie die Arbeitnehmer mit Standardarbeitsvertrag 2008 - und anders als Arbeitnehmer mit nach dem 1. Januar 2002 abgeschlossenen Altverträgen, deren Bezugnahmeklausel dynamisch wirkt - auf den Gestaltungswillen der Beklagten angewiesen und deren kollektivrechtlich nicht beschränkter Gestaltungsmacht unterworfen.

24

II. Ob die Ungleichbehandlung des Klägers sachlich gerechtfertigt ist, kann der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden.

25

1. Ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung ist der Ausgleich unterschiedlicher Arbeitsbedingungen zwischen verschiedenen Gruppen von Arbeitnehmern, solange ein solcher Ausgleich herbeigeführt wird und keine Überkompensation eintritt (BAG 13. April 2011 - 10 AZR 88/10 - Rn. 23 mwN, BAGE 137, 339; vgl. auch BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 25 f.). Wann bei einer Entgelterhöhung als begünstigender Maßnahme eine Überkompensation anzunehmen ist, musste das Bundesarbeitsgericht bislang nicht im Einzelnen klären.

26

Aus der bisherigen Rechtsprechung kann nicht gefolgert werden, eine Überkompensation liege stets bereits dann vor, wenn zu einem bestimmten Zeitpunkt der Stundenlohn der begünstigten Arbeitnehmer höher ist als der Stundenlohn der von der Leistung ausgenommen Arbeitnehmer (zur Stundenvergütung als Vergleichsmaßstab siehe: BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 23). So ließe ein bloßer Vergleich der Bruttostundenlöhne im Streitfall außer Betracht, dass die begünstigten Arbeitnehmer vor der ersten Entgelterhöhung über längere Zeit eine faktische Lohnkürzung durch die Erhöhung der Arbeitszeit von 38,5 auf 40 Wochenstunden ohne Lohnausgleich hingenommen haben. Geht es um den Ausgleich von Vergütungsunterschieden und sich finanziell auswirkender unterschiedlicher sonstiger Arbeitsbedingungen, tritt eine Überkompensation erst und mit dem Zeitpunkt ein, zu dem die finanziellen Nachteile, die die begünstigten Arbeitnehmer bis zu einer Entgelterhöhung erlitten haben oder danach noch erleiden werden, vollständig ausgeglichen sind.

27

2. Zur Prüfung der Frage, ob eine Entgelterhöhung nachteilige Arbeitsbedingungen der begünstigten Arbeitnehmer nicht nur ausgeglichen, sondern überkompensiert hat, ist ein Gesamtvergleich erforderlich. Dabei ist nicht - wie es das Landesarbeitsgericht unternommen hat - abstrakt auf die verschiedenen Arbeitsvertragsmodelle abzustellen und zu versuchen, deren unterschiedliche Arbeitsbedingungen irgendwie finanziell zu bewerten. Das ist objektiv nicht möglich, soweit - wie im Streitfall - die Nachteile der begünstigten Arbeitnehmer im Vergleichszeitraum variieren können, je nachdem, in welchem Umfang sie etwa zu Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit herangezogen wurden oder bei ihnen Entgeltfortzahlungstatbestände vorlagen. Ob die Differenzierung bei den streitgegenständlichen Entgelterhöhungen im Sinne materieller Gerechtigkeit sachgerecht war (zu diesem Postulat: BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 16 mwN), kann bei unterschiedlichen Arbeitsbedingungen aufgrund verschiedener Arbeitsvertragsmodelle zuverlässig nur am Maßstab des auf Gleichbehandlung klagenden Arbeitnehmers beurteilt werden. Soweit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14. März 2007 (- 5 AZR 420/06 - Rn. 28, BAGE 122, 1) ein anderer Vergleichsmaßstab entnommen werden kann, hält der Senat daran nicht fest.

28

3. Demzufolge muss - ähnlich wie beim Gesamtvergleich zur Ermittlung der Höhe des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt im Bereich der Leiharbeit, in dem der Verleiher gesetzlich zur Gleichbehandlung verpflichtet ist - ein Gesamtvergleich der Entgelte angestellt werden. Dabei zählt zum Arbeitsentgelt jede Vergütung, die aus Anlass des Arbeitsverhältnisses gewährt wird bzw. aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Entgeltfortzahlungstatbestände gewährt werden muss (vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 294/12 - Rn. 34. ff; 23. Oktober 2013 - 5 AZR 135/12 - Rn. 28). Gegenüberzustellen ist das Arbeitsentgelt, das der Kläger im maßgeblichen Zeitraum aufgrund der für ihn geltenden arbeitsvertraglichen Regelungen tatsächlich verdient hat und dasjenige Arbeitsentgelt, das er erhalten hätte, wenn er zu den Konditionen der begünstigten Arbeitnehmer gearbeitet hätte.

29

Dazu ist zunächst das Arbeitsentgelt zu ermitteln, das der Kläger ab dem - vom Landesarbeitsgericht bislang nicht exakt festgestellten - Zeitpunkt im Jahre 2006, an dem sich die Gruppe der Arbeitnehmer mit dem späteren Standardarbeitsvertag 2008 bei ansonsten unveränderten Arbeitsbedingungen mit einer Erhöhung der Arbeitszeit von 38,5 auf 40 Wochenstunden ohne Lohnausgleich einverstanden erklärte, bis zum Ende des Streitzeitraums (hier: Dezember 2011) erhalten hat. Dem gegenübergestellt werden muss das Arbeitsentgelt, das der Kläger im genannten Zeitraum unter Zugrundelegung der für ihn weitergeltenden Arbeitszeit von 38,5 Wochenstunden, aber mit einem entsprechend der Arbeitszeitverlängerung ohne Lohnausgleich verringerten faktischen Stundenlohn, erhalten hätte, wenn er ansonsten zu den für die Vergleichsgruppe geltenden Konditionen gearbeitet hätte. Ergibt sich dabei im Wege eines Gesamtsaldos ab einem bestimmten Zeitpunkt ein Plus, ist von da an eine Überkompensation anzunehmen: Der Kläger hätte mehr verdient, wenn er ins „schlechtere“ Arbeitsvertragsmodell gewechselt wäre. Freizeit ist dabei nicht zusätzlich zu bewerten, sie findet arbeitsrechtlich ihren Niederschlag in Höhe und Umfang der Hauptleistungspflichten einschließlich etwaiger Zuschläge.

30

4. Rechtsfolge einer Überkompensation ist, dass im Umfang der Überkompensation der sachliche Grund des Ausgleichs von Unterschieden nicht trägt (vgl. BAG 13. April 2010 - 10 AZR 88/10 - Rn. 23, BAGE 137, 339; 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 25). Für eine nach Eintritt der Überkompensation erfolgende - weitere - Entgelterhöhung fehlt deshalb der sachliche Grund von vornherein, für eine Entgelterhöhung vor Eintritt der Überkompensation entfällt der sachliche Grund ab diesem Zeitpunkt. Wäre zB im Streitfall eine Überkompensation ab 1. Januar 2011 anzunehmen, könnte der Kläger die zum 1. Juli 2011 erfolgte Entgelterhöhung beanspruchen. Die Entgelterhöhung zum 1. September 2010 stünde ihm in diesem Falle erst ab dem 1. Januar 2011 zu, weil bis dahin der sachliche Grund die Differenzierung gerechtfertigt hat.

31

5. Nach Maßgabe dieser Grundsätze wird das Landesarbeitsgericht im erneuten Berufungsverfahren prüfen müssen, ob und gegebenenfalls wann eine Überkompensation der Nachteile der begünstigten Arbeitnehmer eingetreten ist. Dabei gilt eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Die Beklagte hat eine Gruppe von Arbeitnehmern von den streitgegenständlichen Entgelterhöhungen ausgenommen und muss deshalb die Gründe für die Differenzierung offenlegen und substantiiert dartun (vgl. im Einzelnen: BAG 23. Februar 2011 - 5 AZR 84/10 - Rn. 15 f.). Dem ist sie mit ihrem bisherigen Vorbringen nachgekommen. Nunmehr ist es Sache des sich auf eine Überkompensation berufenden Klägers, anhand eines ihn betreffenden Gesamtvergleichs im Einzelnen darzulegen (und im Streitfalle zu beweisen), dass die Beklagte unstreitig bestehende unterschiedliche Arbeitsbedingungen nicht nur ausgeglichen, sondern ab einem bestimmten Zeitpunkt überkompensiert hat. Dem genügt das Vorbringen des Klägers bislang nicht. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gebietet es aber, dem Kläger in einem erneuten Berufungsverfahren Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag zu geben.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Mandrossa     

        

    E. Bürger    

                 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. Februar 2013 - 20 Sa 2514/11 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine übertarifliche Zulage.

2

Der 1957 geborene Kläger steht als Lehrer für Fachpraxis in einem Arbeitsverhältnis zum beklagten Land. Er war nach einer entsprechenden Berufsausbildung als Heizungsmonteur tätig. Im Jahr 1985 bestand er die Meisterprüfung. Nach selbständiger Tätigkeit arbeitete er bis zum 31. März 2009 als Fachausbilder bzw. Projektbetreuer. Zum 1. April 2009 wurde er vom beklagten Land als Lehrer für Fachpraxis angestellt. In einer undatierten Nebenabrede zum Arbeitsvertrag vereinbarten die Parteien, dass dem Kläger der Unterschiedsbetrag zwischen Stufe 1 und Stufe 3 der Entgeltgruppe 9 TV-L als Zulage gezahlt werde.

3

Eine Beamtenlaufbahn für Lehrer für Fachpraxis besteht beim beklagten Land nicht mehr. Die im Jahr 1985 eingeführte Laufbahn wurde 1990 für die Zukunft wieder abgeschafft. Seit 2004 werden alle neu einzustellenden Lehrer nicht mehr in ein Beamtenverhältnis übernommen, sondern als Arbeitnehmer beschäftigt. Bereits in anderen Bundesländern verbeamtete Lehrer werden bei einem Wechsel zum beklagten Land als Beamte weiterbeschäftigt.

4

Am 17. Februar 2009 fasste der Senat von Berlin einen Beschluss über eine Verbesserung der Vergütungssituation für Lehrkräfte und Maßnahmen zur Förderung des Lehrernachwuchses im Land Berlin, in dem es ua. heißt:

        

„Nach ausführlicher Aussprache über die … Neufassung der Besprechungsunterlage der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung vom 13. Februar 2009 … beschließt der Senat:

        

I.    

A. 1. 

Ab dem Schuljahr 2009/2010 werden alle angestellten Lehrkräfte im Wege übertariflicher Vergütung endgültig in Erfahrungsstufe 5 TV-L eingruppiert, sofern sie nicht ohnehin bereits die Erfahrungsstufe 5 bzw. 5 + erreicht haben.

                 

2.    

Vom 1. Februar 2009 bis zum 31. Juli 2009 wird allen ab dem 1. September 2008 eingestellten Lehrkräften im Rahmen einer Zulage eine Vergütung nach Erfahrungsstufe 3 gewährt.

                 

3.    

Die weiteren Details der verbesserten Vergütung ergeben sich aus der Besprechungsunterlage unter Berücksichtigung der unter B. aufgeführten Maßgaben.

                 

4.    

Der Senat beschließt weiterhin die in der Besprechungsunterlage unter 2. Vorbereitungsdienst und 3. Studienplätze für Lehramtsstudenten dargestellten Maßnahmen unter Berücksichtigung der unter B. aufgeführten Maßgaben.“

5

Die im Entwurf zunächst vorgeschlagene Zahlung einer Zulage auch an Lehrkräfte ohne Laufbahnbefähigung wurde vor der Beschlussfassung gestrichen. Aus der Beschlussvorlage ergibt sich, dass das beklagte Land zunehmend Schwierigkeiten ausgesetzt sei, qualifizierte Lehrkräfte einzustellen. Die Nettovergütungsdifferenz der angestellten Lehrkräfte in Berlin zur Beamtenbesoldung anderer Bundesländer betrage bis zu 1.000,00 Euro/mtl. Deshalb sei das beklagte Land nicht mehr wettbewerbsfähig und die Deckung des Lehrerbedarfs zunehmend gefährdet.

6

In Ausführung des Senatsbeschlusses schloss das beklagte Land mit Lehrkräften, die die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für die Übernahme in ein Beamtenverhältnis erfüllten und nach dem 31. August 2008 eingestellt wurden, Nebenabreden über eine Zulage in Höhe der Differenz der tariflichen Erfahrungsstufe zur Stufe 5 der jeweiligen Entgeltgruppe.

7

Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung hat der Kläger mit seiner am 8. Juni 2011 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage die Zahlung einer Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrags zur Erfahrungsstufe 5 der Entgeltgruppe 9 TV-L ab dem 1. April 2011 beansprucht. Er werde ohne Sachgrund benachteiligt. Die Vorweggewährung der Erfahrungsstufe 5 solle Nachteile ausgleichen, die sich das beklagte Land durch seine Entscheidung, Lehrkräfte generell nicht in ein Beamtenverhältnis zu übernehmen, selbst bereitet habe. Angesichts dessen sei die Gruppenbildung nicht sachgerecht. Diese hätte auf die konkrete Personalmangelsituation in den verschiedenen Lehrämtern und Fächern bezogen werden müssen, wie sie auch bei den Lehrern für Fachpraxis bestehe.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 1. April 2011 eine aus betrieblichen Gründen, insbesondere solcher wirtschaftlicher oder haushälterischer Art mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Schuljahres kündbare monatliche übertarifliche Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen der tariflich geschuldeten Erfahrungsstufe und der Erfahrungsstufe 5 gemäß § 16 TV-L zu zahlen,

        

hilfsweise das beklagte Land zu verurteilen, das Angebot des Klägers anzunehmen, mit ihm zu dem im Hauptantrag genannten Bedingungen eine Nebenabrede abzuschließen.

9

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt.

10

Die Lehrer für Fachpraxis bildeten eine Gruppe, die von den Lehrkräften, die grundsätzlich verbeamtet werden könnten, zu unterscheiden sei. Benötigt würden vorrangig pädagogisch voll ausgebildete Lehrkräfte. Es gehe nicht um eine konkrete Personalmangelsituation, weil der Konkurrenzdruck unabhängig von konkreten Lehrämtern/Fächern bestehe. Mit der Zulage solle ua. erreicht werden, dass eine notwendige Anzahl gut qualifizierter Bewerber zur Verfügung stehe, unter denen das Land auswählen könne. Dabei sei die wichtigste und größte Gruppe die der (potentiellen) Laufbahnbewerber. Diese hätten eine universitäre Ausbildung und den Vorbereitungsdienst absolviert. Die Investition des beklagten Landes in deren Ausbildung ginge bei einer Abwanderung verloren. Auch sei die unterschiedliche Einstellungssituation zu beachten, da die „Laufbahnbewerber“ ganz überwiegend unmittelbar nach Ausbildungsabschluss eingestellt würden und zu diesem Zeitpunkt eine erhebliche Konkurrenzsituation mit anderen Bundesländern bestehe. Lehrer für Fachpraxis würden erst - und dann dezentral von den Schulen selbst - nach einer beruflichen Tätigkeit eingestellt und zu einer ganz wesentlich geringeren Zahl. Einen vergleichbaren Bewerberwettlauf gebe es nicht, auch bedingt durch die unterschiedlichen Einstellungsvoraussetzungen der Bundesländer bei den Lehrern für Fachpraxis, die im beklagten Land deutlich niedriger lägen als in anderen Bundesländern.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist mit Haupt- und Hilfsantrag unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf übertarifliche Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen der vertraglich vereinbarten Erfahrungsstufe und der Stufe 5 der Entgeltgruppe 9 des TV-L. Deshalb ist das beklagte Land auch nicht verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Abschluss einer entsprechenden Nebenabrede anzunehmen.

13

I. Das Landesarbeitsgericht hat einen Anspruch gestützt auf den Gleichbehandlungsgrundsatz - ebenso wie auf Basis des Senatsbeschlusses des beklagten Landes vom 17. Februar 2009 und einer entsprechenden Gesamtzusage, beides vom Kläger mit der Revision nicht angegriffen - zu Recht verneint.

14

1. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleich zu behandeln. Er wurzelt in dem überpositiven Ideal der Gerechtigkeit, die es gebietet, Gleiches gleich und Ungleiches entsprechend seiner Eigenart ungleich zu behandeln. Der Gleichbehandlungsgrundsatz beschränkt die Gestaltungsmacht des Arbeitgebers. Wird er verletzt, muss der Arbeitgeber die von ihm gesetzte Regel entsprechend korrigieren. Der benachteiligte Arbeitnehmer hat Anspruch auf die vorenthaltene Leistung (BAG 3. September 2014 - 5 AZR 6/13 - Rn. 18 mwN). Im Bereich der Arbeitsvergütung ist der Gleichbehandlungsgrundsatz unter Beachtung der Vertragsfreiheit anwendbar, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (st. Rspr., BAG 3. September 2014 - 5 AZR 6/13 - Rn. 19).

15

2. Der Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist eröffnet.

16

a) Das beklagte Land hat freiwillig, dh. ohne hierzu arbeits- oder tarifvertraglich verpflichtet zu sein, die Vergütung bestimmter Lehrkräfte um eine Zulage in Höhe der Differenz zur Erfahrungsstufe 5 der jeweiligen Entgeltgruppe kollektiv nach einem generalisierenden Prinzip angehoben. Das beklagte Land hat für diese freiwillige Leistung vorausgesetzt, dass es sich bei dem/der Begünstigten um eine nach dem 31. August 2008 neu eingestellte Lehrkraft handeln muss, die zudem die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für ein Beamtenverhältnis erfüllt.

17

b) Mit der Anknüpfung an die Erfüllung fachlicher und pädagogischer Voraussetzungen für ein Beamtenverhältnis hat das beklagte Land eine Gruppenbildung vorgenommen, denn neben diesen Lehrkräften werden auch Lehrer beschäftigt, für die keine Beamtenlaufbahn mehr besteht.

18

c) Der Kläger und die nach dem 31. August 2008 eingestellten Lehrkräfte mit voller Lehrbefähigung, die nicht verbeamtet werden, befinden sich in „vergleichbarer Lage“. Beiden Gruppen ist beim beklagten Land die Beamtenlaufbahn verschlossen. Trotz dieser vergleichbaren Lage gewährt das beklagte Land nur den Lehrern mit voller Lehrbefähigung eine Zulage, nicht jedoch den Lehrern für Fachpraxis.

19

3. Die Ungleichbehandlung der beiden Arbeitnehmergruppen ist sachlich gerechtfertigt.

20

a) Eine sachfremde Benachteiligung liegt dann nicht vor, wenn sich nach dem Leistungszweck Gründe ergeben, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, einer Gruppe die der anderen gewährte Leistung vorzuenthalten. Die Zweckbestimmung ergibt sich vorrangig aus den tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen, von deren Vorliegen und Erfüllung die Leistung abhängig gemacht wird (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 15). Die Differenzierung zwischen der begünstigten Gruppe und den benachteiligten Arbeitnehmern ist dann sachfremd, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt. Die Gründe müssen auf vernünftigen, einleuchtenden Erwägungen beruhen und dürfen nicht gegen höherrangige Wertentscheidungen verstoßen. Die Gruppenbildung ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Unterscheidung einem legitimen Zweck dient und zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich und angemessen ist. Somit muss die unterschiedliche Leistungsgewährung stets im Sinne materieller Gerechtigkeit sachgerecht sein (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 16).

21

Eine Zulage ist ua. sachlich gerechtfertigt, wenn sie gewährt wird, weil sonst bestimmte Arbeitsplätze nicht besetzt werden können, oder Angehörige einer bestimmten Gruppe überhaupt oder stärker an den Betrieb gebunden werden sollen (BAG 21. März 2001 - 10 AZR 444/00 - Rn. 32; hierzu auch BAG 7. Februar 2007 - 5 AZR 41/06 - Rn. 27).

22

b) Die vom Landesarbeitsgericht festgestellte Zweckbestimmung der streitgegenständlichen Leistung hat der Kläger nicht in Frage gestellt. Sie liegt einerseits in der Schaffung eines finanziellen Anreizes, um bei arbeitsmarktbedingtem Arbeitskräftemangel bzw. einem prognostizierten erhöhten Arbeitskräftebedarf über ausreichend gut qualifizierte Bewerber verfügen zu können, andererseits in dem Bemühen, einer „Abwanderung“ in Berlin ausgebildeter Lehrkräfte in andere Bundesländer entgegenzuwirken. Darüber hinaus verfolgt das beklagte Land den Zweck, sich die Vorteile seiner Investitionen in die Ausbildung dieser Lehrkräfte zu erhalten.

23

c) Dem Kläger ist nicht darin zu folgen, die vom beklagten Land bezweckten Ziele könnten von der Regelung nicht erreicht werden, weil bei Bildung der Gruppen nicht die tatsächliche Beurteilung der konkreten Personalmangel- und Konkurrenzsituation der verschiedenen Lehrämter/Fächer berücksichtigt würden. Das beklagte Land durfte eine Betrachtung der allgemeinen Wettbewerbssituation zugrunde legen ohne Berücksichtigung der konkreten Personalmangelsituation einzelner Lehrämter/Fächer. Denn das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, der prognostizierte Lehrereinstellungsbedarf habe das erwartete Lehrereinstellungsangebot im beklagten Land für alle Lehrämter mindestens bis zum Jahr 2012 überstiegen. Diese Feststellung wurde vom Kläger nicht angegriffen, womit sie für den Senat bindend ist (§ 559 ZPO). Damit war ausgehend von einer Gesamtbetrachtung des Fächerspektrums von einer Personalmangelsituation auszugehen. Darüber hinaus blieb unbestritten, dass sich die Absagequote der Bewerber mit voller Lehrbefähigung nach Beendigung der Verbeamtung von 40 % auf 60 % erhöhte. Dieser Anstieg der Absagequote um die Hälfte zeigt das Ergebnis eines Wettbewerbs der Bundesländer um die Einstellung qualifizierten Lehrernachwuchses in Abhängigkeit auch von den finanziellen Rahmenbedingungen einer Verbeamtung. Dieser Anstieg ist zu hoch, um ihn mit je nach Einstellungstermin schwankenden Faktoren (wie unterschiedlichem Interesse am Ort und familiären Bindungen) erklären zu können.

24

d) Des Weiteren wird die Differenzierung durch das berechtigte Interesse des beklagten Landes sachlich gerechtfertigt, den Vorteil seiner Investitionen in die Hochschulausbildung und den Vorbereitungsdienst der Berufsanfänger im Lehramt mit voller Lehrbefähigung im eigenen Bundesland zu halten. Diese Investitionen erweisen sich wirtschaftlich nur dann als sinnvoll, wenn das beklagte Land auch vom Ergebnis der Ausbildung durch Einstellung und Einsatz als Lehrer im eigenen Schulsystem Nutzen ziehen kann.

25

e) Weiterhin durfte das Landesarbeitsgericht berücksichtigen, dass - ebenfalls vom Kläger mit der Revision nicht angegriffen - Lehrer mit voller Lehrbefähigung zu rund 95 % in einem zentral gesteuerten Einstellungsverfahren mit Bildung eines Pools sämtlicher Bewerber eingestellt werden, während die Einstellung der Lehrer für Fachpraxis den Schulen selbst obliegt. Im Übrigen unterscheidet sich das in den einzelnen Bundesländern an die Lehrer für Fachpraxis gestellte Anforderungsprofil deutlich. Eine gleichartige Konkurrenzsituation zwischen den Bundesländern besteht aus diesem Blickwinkel nicht. Diese Unterschiede werden noch dadurch verstärkt, dass sich die Berufsbiografien der beiden Vergleichsgruppen, jedenfalls bezogen auf das beklagte Land, unterscheiden. Die Lehrer für Fachpraxis unter dem Anforderungsprofil des beklagten Landes (Meisterprüfung, staatlich geprüfter Techniker) stehen in keiner gleichartigen Konkurrenzsituation wie Lehrkräfte mit beamtenrechtlicher Laufbahnbefähigung.

26

f) Auch die Tatsache, dass das beklagte Land diese Wettbewerbssituation durch seine Entscheidung, neu einzustellende Lehrer trotz Erfüllung der Voraussetzungen nicht mehr zu verbeamten, selbst geschaffen hat, gibt dem Kläger keinen Anspruch auf Gleichbehandlung. Dem Landesarbeitsgericht ist darin zuzustimmen, dass keine gesetzliche Verpflichtung zur Verbeamtung von Lehrkräften besteht und diese Entscheidung des beklagten Landes ist im Arbeitsgerichtsprozess nicht überprüfbar.

27

4. Da sich die Situation der Lehrer für Fachpraxis in wesentlichen Punkten anders darstellt als die der Vergleichsgruppe angehörenden Lehrkräfte, war es sachlich gerechtfertigt, die Zulagengewährung auf die Gruppe der Lehrer mit voller Lehrbefähigung zu beschränken. Demzufolge hat der Feststellungsantrag des Klägers keinen Erfolg.

28

II. Das Landesarbeitsgericht hat den zur Entscheidung angefallenen Hilfsantrag zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gibt aus den unter I. dargestellten Gründen dem Kläger keinen Anspruch auf Abschluss eines Änderungsvertrags.

29

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Weber    

        

    Volk    

        

        

        

    Dittrich    

        

    S. Röth-Ehrmann    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 2. Oktober 2012 - 15 Sa 139/11 - in seinen Ziffern I.9. und II. aufgehoben.

2. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 29. November 2012 - 3 Sa 71/12 - aufgehoben.

3. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Entgelterhöhungen unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung.

2

Der 1958 geborene Kläger ist seit 1992 bei der Beklagten beschäftigt. Er ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di. Die Beklagte war bis zum 31. März 2006 ordentliches Mitglied im Verband für Dienstleistung, Groß- und Außenhandel Baden-Württemberg e.V., im Anschluss daran wechselte sie in eine sog. OT-Mitgliedschaft.

3

Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitsvertrag vom 15. Oktober 1991, der auszugsweise lautet:

        

„1. Tätigkeit

        

Der/Die Angestellte wird ab 01.02.92 als PC-Programmierer eingestellt. (…)

        

…       

        

3. Kollektivvereinbarungen

        

Für das Arbeitsverhältnis gelten die für unsere Firma maßgebenden Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen in der jeweiligen Fassung.“

4

Der Kläger erhält ein Bruttomonatsgehalt von 4.034,00 Euro. Dieses setzt sich zusammen aus einem zum Stand 1. Mai 2006 eingefrorenen Tarifgehalt der Gehaltsgruppe G 5 / 12. Berufsjahr der Gehaltstarifverträge für die Beschäftigen des Groß- und Außenhandels in Baden-Württemberg (2.908,00 Euro brutto) und einer übertariflichen Zulage, die nach einer individuellen Erhöhung um 50,00 Euro brutto seit dem 1. August 2007 1.126,00 Euro brutto beträgt. Weitere 30,58 Euro brutto monatlich gewährt die Beklagte dem Kläger unter der Bezeichnung „AVmG PK AG stfr.“.

5

Nach dem Wechsel in die OT-Mitgliedschaft bat die Beklagte zu einem nicht näher festgestellten Zeitpunkt im Frühjahr 2006 ihre Mitarbeiter um eine Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit von (tariflichen) 38,5 Stunden auf 40 Stunden ohne Lohnausgleich. Einen entsprechenden Zusatz zum Arbeitsvertrag akzeptierten 96 % der Belegschaft, der Kläger nicht.

6

Am 25. März 2008 schloss die Beklagte mit dem in ihrem Betrieb errichteten Betriebsrat eine „Betriebsvereinbarung zur Bestimmung und Behandlung des Entgelts und des Entgeltgruppenplans“ (im Folgenden: BV Entgelt), die eine tätigkeitsbezogene Eingruppierung der Mitarbeiter in fünf allgemeine Entgeltgruppen (A1 bis A5) vorsieht. Außerdem heißt es dort:

        

„3 Grundsätze zu den Entgeltgruppen

        

…       

        

Die Festlegung des individuellen Entgelts innerhalb einer Entgeltgruppe, sowie des Basisentgelts der 1. Entgeltgruppe erfolgt durch den Arbeitgeber. Die prozentuale Steigerungsrate zwischen den einzelnen Entgeltgruppen (= Basisentgelt der Entgeltgruppen 2 - 5) ist in der Anlage geregelt.

        

4 Erhöhungen in den Entgeltgruppen

        

Entgelterhöhungen werden durch den Arbeitgeber festgelegt. (…)

        

Für alle Mitarbeiter, die vor dem 1.4.2006 in das Unternehmen eintraten, gilt ein Bestandsschutz. Basisentgelt für diese Mitarbeiter ist deren individuelles Tarifentgelt zum Stichtag 1.5.2006, solange dieses höher ist als das Basisentgelt.“

7

Mit Wirkung zum 1. April 2008 bot die Beklagte allen Arbeitnehmern den Abschluss eines neuen Formulararbeitsvertrags (im Folgenden: Standardarbeitsvertrag 2008) an, der keine Bezugnahme auf Tarifverträge mehr enthält, eine regelmäßige Arbeitszeit von 40 Wochenstunden festschreibt und eine Vergütung nach den Entgeltgruppen der BV Entgelt (beim Kläger: nach Entgeltgruppe A4 iHv. 4.083,00 Euro brutto) nebst einem 13. Bruttomonatsgehalt vorsieht. Des Weiteren enthält der Standardarbeitsvertrag 2008 Verschlechterungen im Vergleich zu den auf die Tarifbestimmungen für den Groß- und Außenhandel in Baden-Württemberg Bezug nehmenden Arbeitsverträgen, so etwa geringere Zuschläge für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit, Wegfall eines Zuschusses zum Krankengeld, weniger Tatbestände, bei denen Anspruch auf bezahlte Freistellung bestehen soll, Reduzierung eines „Sterbegeldes“. Rund 90 % der Beschäftigten nahmen das Angebot an, der Kläger nicht.

8

Die Beklagte erhöhte das Basisentgelt derjenigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in den Standardarbeitsvertrag 2008 gewechselt waren, zum 1. Juni 2008 um 2,6 %. Weitere Entgelterhöhungen erfolgten zum 1. Juli 2009 (2,2 %), zum 1. September 2010 (1,6 %) und zum 1. Juli 2011 (3,3 %).

9

In einem Vorprozess machte der Kläger eine Entgelterhöhung um 2,6 % für den Zeitraum Juni 2008 bis Februar 2009 erfolglos geltend (LAG Baden-Württemberg 15. April 2010 - 15 Sa 43/09 -).

10

Mit den vorliegenden, mehrfach erweiterten und bis in die Revisionsinstanz in getrennten Verfahren geführten Klagen hat der Kläger unter Berufung auf den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz die den begünstigten Arbeitnehmern gewährten Entgelterhöhungen, zuletzt für den Zeitraum Februar 2010 bis Dezember 2011 verlangt und geltend gemacht, ein sachlicher Grund, ihn von den Entgelterhöhungen auszunehmen, liege nicht vor.

11

Der Kläger hat - soweit seine Klagen in die Revisionsinstanz gelangt sind - zuletzt sinngemäß beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.861,22 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach näherer betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung zu zahlen,

        

2.    

die Beklagte weiter zu verurteilen, an den Kläger 2.064,70 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach näherer betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung zu zahlen.

12

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, der Gleichbehandlungsgrundsatz finde aufgrund der unterschiedlichen Arbeitsvertragsmodelle keine Anwendung. Jedenfalls sei die Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt. Mit den Entgelterhöhungen hätten die Nachteile der Beschäftigten, die in den Standardarbeitsvertrag 2008 wechselten, ausgeglichen werden sollen.

13

In dem Rechtsstreit betreffend den Zeitraum Februar 2010 bis April 2011 (= Klageantrag zu 1.) hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte rechtskräftig verurteilt, an den Kläger von September 2010 bis April 2011 monatlich (weitere) 28,34 Euro brutto zu zahlen. Mit der vom Landesarbeitsgericht nur für den Kläger zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen ursprünglichen Klageantrag weiter.

14

In dem Rechtsstreit betreffend den Zeitraum Mai bis Dezember 2011 (= Klageantrag zu 2.) hat das Arbeitsgericht der Klage teilweise, das Landesarbeitsgericht ihr in vollem Umfang stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision (Ausgangsaktenzeichen - 5 AZR 284/13 -) verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

15

Der Senat hat die Rechtsstreite nach Anhörung der Parteien zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem führenden Aktenzeichen - 5 AZR 6/13 - verbunden.

Entscheidungsgründe

16

Die Revisionen des Klägers und der Beklagten sind begründet. Ob der Kläger Anspruch auf die oder eine der den begünstigten Arbeitnehmern gewährten Entgelterhöhungen hat, kann der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen nicht entscheiden. Das führt zur Aufhebung der Berufungsurteile und Zurückverweisung der - nunmehr verbundenen - Sachen an das Landesarbeitsgericht, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

17

I. Der Anwendungsbereich des (allgemeinen) Gleichbehandlungsgrundsatzes ist eröffnet.

18

1. Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Arbeitsrecht (oft auch arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz oder allgemeiner arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz genannt) gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleich zu behandeln (st. Rspr., BAG 21. September 2011 - 5 AZR 520/10 - Rn. 18 mwN, BAGE 139, 190). Er wurzelt in dem überpositiven Ideal der Gerechtigkeit, die es gebietet, Gleiches gleich und Ungleiches entsprechend seiner Eigenart ungleich zu behandeln, und ist seit langem unbestrittener Bestandteil des Arbeitsrechts (vgl. nur ErfK/Preis 14. Aufl. § 611 BGB Rn. 574; HWK/Thüsing 6. Aufl. § 611 BGB Rn. 181, jeweils mwN; siehe auch G. Hueck Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung im Privatrecht S. 61, der schon 1958 festgestellt hat, die Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sei in der Literatur und Judikatur zum Arbeitsrecht ganz allgemein anerkannt). Der Gleichbehandlungsgrundsatz beschränkt die Gestaltungsmacht des Arbeitgebers (BAG 25. Januar 2012 - 4 AZR 147/10 - Rn. 57, BAGE 140, 291). Wird er verletzt, muss der Arbeitgeber die von ihm gesetzte Regel entsprechend korrigieren. Der benachteiligte Arbeitnehmer hat Anspruch auf die vorenthaltene Leistung (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 17; 13. April 2011 - 10 AZR 88/10 - Rn. 14, BAGE 137, 339, jeweils mwN).

19

Im Bereich der Arbeitsvergütung ist der Gleichbehandlungsgrundsatz unter Beachtung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit bei individuellen Entgeltvereinbarungen anwendbar, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (st. Rspr., BAG 21. September 2011 - 5 AZR 520/10 - Rn. 18, BAGE 139, 190; 25. Januar 2012 - 4 AZR 147/10 - Rn. 57, BAGE 140, 291, jeweils mwN).

20

2. Danach ist der Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes eröffnet.

21

a) Die Beklagte hat freiwillig, also ohne hierzu - insbesondere arbeitsvertraglich oder aufgrund der BV Entgelt - rechtlich verpflichtet zu sein (zur Nichtanwendbarkeit des Gleichbehandlungsgrundsatzes bei bloßem Normenvollzug und Vertragserfüllung, vgl. BAG 21. September 2011 - 5 AZR 520/10 - Rn. 21 mwN, BAGE 139, 190), die Arbeitsentgelte zum 1. Juni 2008, 1. Juli 2009, 1. September 2010 und 1. Juli 2011 kollektiv nach einem generalisierenden Prinzip angehoben. Für diese Leistung hat sie den Wechsel in den Standardarbeitsvertrag zur Voraussetzung gemacht. Mit der Anknüpfung an die zunächst durch die Reaktion der Arbeitnehmer auf das Angebot zum Abschluss des Standardarbeitsvertrags 2008 erfolgte Teilung der Belegschaft in Arbeitnehmer mit Standardarbeitsvertrag 2008 und solche mit „Altverträgen“ hat die Beklagte eine Gruppenbildung vorgenommen (vgl. BAG 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - Rn. 23, BAGE 122, 1).

22

b) Der Kläger und die Arbeitnehmer mit Standardarbeitsvertag 2008 befinden sich „in vergleichbarer Lage“. Zwar ist dafür nicht in jedem Falle bereits das gemeinsame Band eines Arbeitsverhältnisses zum selben Arbeitgeber ausreichend. Es ist aber andererseits nicht erforderlich, dass die Arbeitsbedingungen des Gleichbehandlung fordernden Arbeitnehmers mit denjenigen der Begünstigten in Gänze identisch sind (vgl. BAG 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - Rn. 26, BAGE 122, 1). Die Geltung verschiedener Arbeitsvertragsmodelle kann allenfalls dann eine im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes vergleichbare Lage ausschließen, wenn das eine Arbeitsvertragsmodell gekennzeichnet ist durch die dynamische Bezugnahme auf ein Tarifwerk und damit auf arbeitsvertraglicher Ebene kollektive, der Gestaltungsmacht des Arbeitgebers entzogene Regelwerke in ihrer jeweiligen Fassung zur Anwendung kommen, während das andere Arbeitsvertragsmodell der unbeschränkten Gestaltungsmacht des Arbeitgebers entspringt und den Arbeitnehmern gestellt wird. Eingedenk des Primats, (nur) Gleiches gleich und Ungleiches entsprechend seiner Eigenart ungleich zu behandeln, kommt es auch bei verschiedenen Arbeitsvertragsmodellen darauf an, ob sich der auf Gleichbehandlung berufende Arbeitnehmer hinsichtlich der vom Arbeitgeber verteilten Leistung in vergleichbarer Lage zu den begünstigten Arbeitnehmern befindet. Ist das der Fall, sind ansonsten unterschiedliche Arbeitsbedingungen erst für das Vorliegen eines sachlichen Differenzierungsgrundes von Belang.

23

Mit den streitgegenständlichen Entgelterhöhungen hat die Beklagte die statische Vergütungsabrede im Standardarbeitsvertrag 2008 freiwillig dynamisiert. Insoweit befindet sich der Kläger mit den begünstigten Arbeitnehmern „in vergleichbarer Lage“, weil auch sein Arbeitsvertrag eine statisch gewordene Vergütungsabrede enthält. Davon ist auszugehen, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien vor dem 1. Januar 2002 begonnen hat. Die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die „für unsere Firma maßgebenden Tarifverträge (…) in der jeweiligen Fassung“ hat das Landesarbeitsgericht angesichts der vormaligen Tarifgebundenheit der Beklagten kraft Verbandszugehörigkeit zutreffend nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als Gleichstellungsabrede ausgelegt (zu Auslegung und Vertrauensschutz für vor dem 1. Januar 2002 vereinbarte Bezugnahmeklauseln, vgl. BAG 11. Dezember 2013 - 4 AZR 473/12 - Rn. 13 ff. mwN). Die Dynamik der tariflichen Inkorporierung ist deshalb auf die Zeit begrenzt, in der die Beklagte durch ihre Verbandsmitgliedschaft an die Tarifentwicklung gebunden war (vgl. BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 15 ff. mwN, BAGE 136, 184). Danach hat der Kläger ab dem Ende der Nachbindung der Beklagten (§ 3 Abs. 3 TVG)an den zur Zeit ihres Wechsels in eine OT-Mitgliedschaft geltenden Gehaltstarifvertrag, also mit dem Inkrafttreten des (neuen) Gehaltstarifvertrags vom 5. Juli 2007 (zur Dauer der Nachbindung, vgl. BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 34 ff., BAGE 131, 176) weder kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit, noch aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme einen Anspruch auf Tariferhöhungen. Das Entgelt bzw. die Entgeltvereinbarung ist statisch geworden. Für Entgelterhöhungen ist der Kläger wie die Arbeitnehmer mit Standardarbeitsvertrag 2008 - und anders als Arbeitnehmer mit nach dem 1. Januar 2002 abgeschlossenen Altverträgen, deren Bezugnahmeklausel dynamisch wirkt - auf den Gestaltungswillen der Beklagten angewiesen und deren kollektivrechtlich nicht beschränkter Gestaltungsmacht unterworfen.

24

II. Ob die Ungleichbehandlung des Klägers sachlich gerechtfertigt ist, kann der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden.

25

1. Ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung ist der Ausgleich unterschiedlicher Arbeitsbedingungen zwischen verschiedenen Gruppen von Arbeitnehmern, solange ein solcher Ausgleich herbeigeführt wird und keine Überkompensation eintritt (BAG 13. April 2011 - 10 AZR 88/10 - Rn. 23 mwN, BAGE 137, 339; vgl. auch BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 25 f.). Wann bei einer Entgelterhöhung als begünstigender Maßnahme eine Überkompensation anzunehmen ist, musste das Bundesarbeitsgericht bislang nicht im Einzelnen klären.

26

Aus der bisherigen Rechtsprechung kann nicht gefolgert werden, eine Überkompensation liege stets bereits dann vor, wenn zu einem bestimmten Zeitpunkt der Stundenlohn der begünstigten Arbeitnehmer höher ist als der Stundenlohn der von der Leistung ausgenommen Arbeitnehmer (zur Stundenvergütung als Vergleichsmaßstab siehe: BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 23). So ließe ein bloßer Vergleich der Bruttostundenlöhne im Streitfall außer Betracht, dass die begünstigten Arbeitnehmer vor der ersten Entgelterhöhung über längere Zeit eine faktische Lohnkürzung durch die Erhöhung der Arbeitszeit von 38,5 auf 40 Wochenstunden ohne Lohnausgleich hingenommen haben. Geht es um den Ausgleich von Vergütungsunterschieden und sich finanziell auswirkender unterschiedlicher sonstiger Arbeitsbedingungen, tritt eine Überkompensation erst und mit dem Zeitpunkt ein, zu dem die finanziellen Nachteile, die die begünstigten Arbeitnehmer bis zu einer Entgelterhöhung erlitten haben oder danach noch erleiden werden, vollständig ausgeglichen sind.

27

2. Zur Prüfung der Frage, ob eine Entgelterhöhung nachteilige Arbeitsbedingungen der begünstigten Arbeitnehmer nicht nur ausgeglichen, sondern überkompensiert hat, ist ein Gesamtvergleich erforderlich. Dabei ist nicht - wie es das Landesarbeitsgericht unternommen hat - abstrakt auf die verschiedenen Arbeitsvertragsmodelle abzustellen und zu versuchen, deren unterschiedliche Arbeitsbedingungen irgendwie finanziell zu bewerten. Das ist objektiv nicht möglich, soweit - wie im Streitfall - die Nachteile der begünstigten Arbeitnehmer im Vergleichszeitraum variieren können, je nachdem, in welchem Umfang sie etwa zu Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit herangezogen wurden oder bei ihnen Entgeltfortzahlungstatbestände vorlagen. Ob die Differenzierung bei den streitgegenständlichen Entgelterhöhungen im Sinne materieller Gerechtigkeit sachgerecht war (zu diesem Postulat: BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 16 mwN), kann bei unterschiedlichen Arbeitsbedingungen aufgrund verschiedener Arbeitsvertragsmodelle zuverlässig nur am Maßstab des auf Gleichbehandlung klagenden Arbeitnehmers beurteilt werden. Soweit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14. März 2007 (- 5 AZR 420/06 - Rn. 28, BAGE 122, 1) ein anderer Vergleichsmaßstab entnommen werden kann, hält der Senat daran nicht fest.

28

3. Demzufolge muss - ähnlich wie beim Gesamtvergleich zur Ermittlung der Höhe des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt im Bereich der Leiharbeit, in dem der Verleiher gesetzlich zur Gleichbehandlung verpflichtet ist - ein Gesamtvergleich der Entgelte angestellt werden. Dabei zählt zum Arbeitsentgelt jede Vergütung, die aus Anlass des Arbeitsverhältnisses gewährt wird bzw. aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Entgeltfortzahlungstatbestände gewährt werden muss (vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 294/12 - Rn. 34. ff; 23. Oktober 2013 - 5 AZR 135/12 - Rn. 28). Gegenüberzustellen ist das Arbeitsentgelt, das der Kläger im maßgeblichen Zeitraum aufgrund der für ihn geltenden arbeitsvertraglichen Regelungen tatsächlich verdient hat und dasjenige Arbeitsentgelt, das er erhalten hätte, wenn er zu den Konditionen der begünstigten Arbeitnehmer gearbeitet hätte.

29

Dazu ist zunächst das Arbeitsentgelt zu ermitteln, das der Kläger ab dem - vom Landesarbeitsgericht bislang nicht exakt festgestellten - Zeitpunkt im Jahre 2006, an dem sich die Gruppe der Arbeitnehmer mit dem späteren Standardarbeitsvertag 2008 bei ansonsten unveränderten Arbeitsbedingungen mit einer Erhöhung der Arbeitszeit von 38,5 auf 40 Wochenstunden ohne Lohnausgleich einverstanden erklärte, bis zum Ende des Streitzeitraums (hier: Dezember 2011) erhalten hat. Dem gegenübergestellt werden muss das Arbeitsentgelt, das der Kläger im genannten Zeitraum unter Zugrundelegung der für ihn weitergeltenden Arbeitszeit von 38,5 Wochenstunden, aber mit einem entsprechend der Arbeitszeitverlängerung ohne Lohnausgleich verringerten faktischen Stundenlohn, erhalten hätte, wenn er ansonsten zu den für die Vergleichsgruppe geltenden Konditionen gearbeitet hätte. Ergibt sich dabei im Wege eines Gesamtsaldos ab einem bestimmten Zeitpunkt ein Plus, ist von da an eine Überkompensation anzunehmen: Der Kläger hätte mehr verdient, wenn er ins „schlechtere“ Arbeitsvertragsmodell gewechselt wäre. Freizeit ist dabei nicht zusätzlich zu bewerten, sie findet arbeitsrechtlich ihren Niederschlag in Höhe und Umfang der Hauptleistungspflichten einschließlich etwaiger Zuschläge.

30

4. Rechtsfolge einer Überkompensation ist, dass im Umfang der Überkompensation der sachliche Grund des Ausgleichs von Unterschieden nicht trägt (vgl. BAG 13. April 2010 - 10 AZR 88/10 - Rn. 23, BAGE 137, 339; 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 25). Für eine nach Eintritt der Überkompensation erfolgende - weitere - Entgelterhöhung fehlt deshalb der sachliche Grund von vornherein, für eine Entgelterhöhung vor Eintritt der Überkompensation entfällt der sachliche Grund ab diesem Zeitpunkt. Wäre zB im Streitfall eine Überkompensation ab 1. Januar 2011 anzunehmen, könnte der Kläger die zum 1. Juli 2011 erfolgte Entgelterhöhung beanspruchen. Die Entgelterhöhung zum 1. September 2010 stünde ihm in diesem Falle erst ab dem 1. Januar 2011 zu, weil bis dahin der sachliche Grund die Differenzierung gerechtfertigt hat.

31

5. Nach Maßgabe dieser Grundsätze wird das Landesarbeitsgericht im erneuten Berufungsverfahren prüfen müssen, ob und gegebenenfalls wann eine Überkompensation der Nachteile der begünstigten Arbeitnehmer eingetreten ist. Dabei gilt eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Die Beklagte hat eine Gruppe von Arbeitnehmern von den streitgegenständlichen Entgelterhöhungen ausgenommen und muss deshalb die Gründe für die Differenzierung offenlegen und substantiiert dartun (vgl. im Einzelnen: BAG 23. Februar 2011 - 5 AZR 84/10 - Rn. 15 f.). Dem ist sie mit ihrem bisherigen Vorbringen nachgekommen. Nunmehr ist es Sache des sich auf eine Überkompensation berufenden Klägers, anhand eines ihn betreffenden Gesamtvergleichs im Einzelnen darzulegen (und im Streitfalle zu beweisen), dass die Beklagte unstreitig bestehende unterschiedliche Arbeitsbedingungen nicht nur ausgeglichen, sondern ab einem bestimmten Zeitpunkt überkompensiert hat. Dem genügt das Vorbringen des Klägers bislang nicht. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gebietet es aber, dem Kläger in einem erneuten Berufungsverfahren Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag zu geben.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Mandrossa     

        

    E. Bürger    

                 

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

Tenor

1. Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 9. Juni 2010 - 7 Sa 195/10 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Kläger die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz zu gleichen Teilen zu tragen haben.

2. Die Kläger haben die Kosten der Revision zu gleichen Teilen zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Ansprüche auf Lohnerhöhung und Einmalzahlung.

2

Die Klägerin zu 16. und die Kläger zu 1. bis 15. und 17. bis 21. (im Folgenden: Kläger) sind Mitglieder der Gewerkschaft ver.di und vor dem 1. Januar 2002 bei einer an die Tarifverträge für die Papier und Pappe verarbeitende Industrie gebundenen Rechtsvorgängerin der Beklagten in ein Arbeitsverhältnis getreten. Am 1. Oktober 2007 übernahm die zum damaligen Zeitpunkt nicht tarifgebundene Beklagte den Betrieb in Neuss, in dem ca. 460 Arbeitnehmer beschäftigt sind. Rückwirkend zum 1. Mai 2008 erhöhte sie entsprechend einem Tarifabschluss in der Papier und Pappe verarbeitenden Industrie die Entgelte um 3,9 %. In einem innerbetrieblichen Aushang hierzu heißt es:

        

„…    

        

Da das Werk derzeit ohne Tarifbindung ist, haben Betriebsrat und Werkleitung lange über diese Erhöhung verhandelt. Nach langwierigen Gesprächen hat die Werkleitung die Erhöhung beschlossen und wird sie entsprechend mit der Juni-Abrechnung rückwirkend umsetzen.

        

…       

        

Die Erhöhung der Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen erfolgt freiwillig, wird ohne Anerkennung einer Rechtspflicht gewährt und ist an keinen Tarif gebunden. Auch wiederholte Gewährung frei ausgehandelter Entgelterhöhungen mit dem Betriebsrat begründen keinen Rechtsanspruch für die Zukunft.“

3

Entsprechend einer im Dezember 2008 mit dem Betriebsrat geschlossenen „Anpassungsbetriebsvereinbarung“, in der die Betriebspartner das gemeinsame Ziel bekundeten, eine einheitliche kollektivrechtliche Geltung der Arbeitsbedingungen auf der Grundlage der Tarifverträge für die Arbeitnehmer der papiererzeugenden Industrie herbeizuführen, bot die Beklagte allen Arbeitnehmern Ende Februar/Anfang März 2009 eine Ergänzung ihrer Arbeitsverträge an. Danach sollten mit dem Inkrafttreten eines mit der Gewerkschaft BCE noch abzuschließenden Haustarifvertrags dessen Bestimmungen und mit Wirksamwerden einer von der Beklagten langfristig angestrebten Vollmitgliedschaft im Arbeitgeberverband der rheinisch-westfälischen papiererzeugenden Industrie die Tarifverträge für diese Branche Anwendung finden. Für die Übergangszeit und - falls es aus irgendeinem Grund weder zum Abschluss eines Haustarifvertrags noch zu einer Vollmitgliedschaft der Beklagten im Arbeitgeberverband kommen sollte - ggf. dauerhaft, sah das Änderungsangebot die dynamische Geltung der Tarifverträge für die papiererzeugende Industrie vor, flankiert durch ergänzende Regelungen zur Besitzstandswahrung. Bei Unterzeichnung der Ergänzung des Arbeitsvertrags vor dem 1. April 2009 sollte sich das bisher bezogene Monatsentgelt entsprechend einem Tarifabschluss für die Beschäftigten der papiererzeugenden Industrie im Tarifbezirk Nordrhein rückwirkend ab dem 1. Januar 2009, bei späterer Unterzeichnung ab dem Monat der Unterschrift erhöhen. Allen Arbeitnehmern, die das Änderungsangebot vor dem 1. April 2009 annahmen, gewährte die Beklagte entsprechend dem Tarifabschluss eine prozentuale Entgelterhöhung um 2,1 % und eine Einmalzahlung iHv. 200,00 Euro brutto.

4

Die Kläger nahmen das Änderungsangebot nicht an.

5

Mit ihrer Klage haben sie die ihnen vorenthaltene prozentuale Entgelterhöhung und Einmalzahlung verlangt und geltend gemacht, die Ablehnung des Änderungsangebots dürfe ihnen wegen § 612a BGB nicht zum Nachteil gereichen, sie genüge auch nicht zur Rechtfertigung einer Differenzierung bei der Entgelterhöhung. Die Ergänzungsvereinbarungen seien unwirksam. Sie zielten auf einen unrechtmäßigen Tarifwechsel und verletzten die Arbeitnehmer in ihrer individuellen Koalitionsfreiheit.

6

Die Kläger haben zuletzt in der Revisionsinstanz unter teilweiser Klagerücknahme sinngemäß beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern beginnend ab dem 1. Januar 2009 eine Lohnerhöhung iHv. 2,1 % zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger jeweils eine Einmalzahlung iHv. 200,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. Juli 2009 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, sie habe allen Arbeitnehmern eine Ergänzung des Arbeitsvertrags angeboten und mit der prozentualen Entgelterhöhung sowie der Einmalzahlung nur vertragliche Ansprüche erfüllt.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit dem bei ihm gestellten Leistungsantrag auf Lohnerhöhung und Einmalzahlung stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Ansprüche mit den wiedergegebenen Anträgen weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Kläger ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

10

I. Die Klage ist unzulässig, soweit die Kläger eine prozentuale Lohnerhöhung verlangen.

11

1. Der in den Vorinstanzen auf Zahlung einer Lohnerhöhung von 2,1 % gerichtete Antrag war als Leistungsantrag nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Er war unbeziffert und damit nicht vollstreckungsfähig.

12

2. Auch der zuletzt in der Revisionsinstanz gestellte Feststellungsantrag ist unzulässig.

13

Dabei kann der Senat offen lassen, ob für den auf die Feststellung eines Anspruchs gerichteten Antrag ein Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO besteht(zu dem Feststellungsinteresse bei einer sog. Elementenfeststellungsklage, vgl. BAG 21. April 2010 - 4 AZR 755/08 - Rn. 21 mwN, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 101 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 9; 6. Juli 2011 - 4 AZR 424/09 -). Dem Feststellungsantrag mangelt es schon an der hinreichenden Bestimmtheit.

14

a) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Der Kläger muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung er begehrt. Er hat den Streitgegenstand so genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) keinem Zweifel unterliegt und die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien entschieden werden kann (§ 322 ZPO). Bei einer Feststellungsklage sind grundsätzlich keine geringeren Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen als bei einer Leistungsklage. Auch wenn das Bestehen oder der Umfang eines Rechtsverhältnisses oder eines Anspruchs zur gerichtlichen Entscheidung gestellt wird, muss zuverlässig erkennbar sein, worüber das Gericht eine Sachentscheidung treffen soll (BAG 18. Mai 2011 - 5 AZR 181/10 - Rn. 10, PflR 2011, 403; 11. November 2009 - 7 AZR 387/08 - Rn. 11 mwN, AP ZPO § 253 Nr. 50 = EzA ZPO 2002 § 253 Nr. 3).

15

b) Diesen Anforderungen genügt der Feststellungsantrag nicht. Die Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer Lohnerhöhung iHv. 2,1 % lässt nicht erkennen, worüber die Sachentscheidung konkret ergehen soll. Weder aus dem Antrag noch dem Sachvortrag der Kläger ergibt sich, was unter dem Begriff „Lohn“ zu verstehen sein soll. Es bleibt unerläutert, ob nur der Stundenlohn der Kläger oder auch andere Vergütungsbestandteile wie Zulagen, Zuschläge, Einmalzahlungen, Mehrarbeitsvergütungen und ähnliche Leistungen erfasst werden. Des Weiteren lassen die Kläger den Ausgangswert für die Lohnerhöhung offen und stellen nicht klar, ob Basis der Lohnerhöhung der von ihnen bis zum 31. Dezember 2008 in jeweils welcher Höhe tatsächlich bezogene oder ein nicht näher bestimmter Tariflohn sein soll.

16

II. Die Klage auf Einmalzahlung ist nicht begründet. Es fehlt an einer Anspruchsgrundlage.

17

1. Die Kläger können den Anspruch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz herleiten.

18

a) Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleichzubehandeln. Damit verbietet der Gleichbehandlungsgrundsatz eine sachfremde Gruppenbildung und die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe. Im Bereich der Arbeitsvergütung ist er trotz des Vorrangs der Vertragsfreiheit anwendbar, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem der Arbeitgeber bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 14 mwN, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22).

19

b) Den Anforderungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes hat die Beklagte genügt. Bei der Leistung der streitbefangenen Einmalzahlung hat sie weder eine Gruppenbildung vorgenommen noch eine verteilende Entscheidung getroffen.

20

aa) Die Beklagte hat allen Arbeitnehmern (auch den Klägern), deren arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die Tarifverträge für die Papier und Pappe verarbeitende Industrie infolge des Übergangs ihrer Arbeitsverhältnisse auf die nicht an diese Tarifverträge gebundene Beklagte statisch geworden war (vgl. dazu BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 17 f., BAGE 132, 261; 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 13, BAGE 116, 326), eine Ergänzung ihrer Arbeitsverträge um eine temporäre, ggf. dauerhafte dynamische Bezugnahme auf die Tarifverträge für die papiererzeugende Industrie angeboten. Die Teilung der Belegschaft in eine Gruppe, die das Angebot der Beklagten annahm und in eine solche, die es ablehnte, erfolgte unabhängig vom Willen der Beklagten durch die Entscheidung jedes einzelnen Arbeitnehmers für oder gegen die Ergänzung des Arbeitsvertrags.

21

bb) Der Gewährung der Einmalzahlung nur an die Arbeitnehmer, die das Ergänzungsangebot angenommen hatten, lag keine verteilende Entscheidung der Beklagten zugrunde. Die Beklagte ist lediglich ihren vertraglichen Verpflichtungen aus den geänderten Arbeitsverträgen nachgekommen. Wie der bloße Normenvollzug (vgl. dazu BAG 31. August 2005 - 5 AZR 517/04 - Rn. 17, BAGE 115, 367) enthält auch die bloße Vertragserfüllung keine verteilende Entscheidung des Arbeitgebers. Eine solche trifft der Arbeitgeber erst dann, wenn er freiwillig, dh. ohne rechtliche Verpflichtung über die Vertragserfüllung hinaus Leistungen gewährt (zu einer solchen Fallgestaltung, vgl. zB BAG 23. Februar 2011 - 5 AZR 84/10 - EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 24; 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - BAGE 122, 1 - jeweils mwN).

22

cc) Ob die eine verteilende Entscheidung ausschließende Vertragserfüllung auch dann anzunehmen ist, wenn der Arbeitsvertrag objektiv an Wirksamkeitsmängeln leidet, die Vertragsparteien aber übereinstimmend von seiner Wirksamkeit ausgehen und ihn erfüllen, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Das Vorbringen der Kläger bietet keine Anhaltspunkte für Zweifel an der Wirksamkeit der auch ihnen angebotenen Ergänzungsvereinbarungen.

23

(1) Entgegen der Auffassung der Kläger ist der nicht tarifgebundene Arbeitgeber nicht gehalten, arbeitsvertraglich die Geltung nur solcher Tarifverträge zu vereinbaren, die von der für den Betrieb tarifzuständigen Gewerkschaft abgeschlossen wurden. Für eine derartige Verpflichtung besteht keine Rechtsgrundlage. Arbeitgeber und Arbeitnehmer steht es im Rahmen ihrer privatautonomen Gestaltungsmacht frei, für ihr Arbeitsverhältnis die Geltung jedes beliebigen Tarifvertrags zu vereinbaren. Kommt es fürderhin zur beiderseitigen Tarifgebundenheit, setzt sich der normativ geltende gegenüber dem nur individualvertraglich in Bezug genommenen Tarifvertrag durch, § 4 Abs. 1 TVG, es sei denn, letzterer enthielte für den Arbeitnehmer günstigere Regelungen, § 4 Abs. 3 TVG(vgl. BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 34, BAGE 128, 165; 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 20, BAGE 124, 34 - jeweils mwN).

24

(2) Die Koalitionsfreiheit der Kläger und der weiteren Beschäftigten des Werks N ist durch die angebotenen Ergänzungsvereinbarungen nicht berührt worden. Ihnen ist weder unmittelbar noch mittelbar die Begründung oder Änderung der Gewerkschaftszugehörigkeit angesonnen worden. Die Geltung der Tarifverträge der papiererzeugenden Industrie sollte allein aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung unabhängig von der Gewerkschaftszugehörigkeit der Arbeitnehmer eintreten. Die individualrechtliche Inbezugnahme eines Tarifvertrags führt nicht zu dessen tarifrechtlicher Geltung (BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 34, BAGE 128, 165) und beeinträchtigt damit weder Rechte der für den Betrieb tarifzuständigen Gewerkschaft noch ihrer Mitglieder. Nur wenn es um die von arbeitsvertraglichen Vereinbarungen unabhängige kollektivrechtliche Wirkungsweise von Tarifnormen geht, lässt sich die Verbindlichkeit von Rechten und Pflichten mit der Wahrnehmung von negativer oder positiver Koalitionsfreiheit begründen (vgl. BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 47 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 75 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 47; 10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - Rn. 22, ZTR 2011, 150).

25

dd) Die streitgegenständliche Einmalzahlung ist nicht eine über die bloße Vertragserfüllung hinausgehende zusätzliche freiwillige Leistung der Beklagten, sondern Bestandteil ihrer Verpflichtungen aus den vor dem 1. April 2009 abgeschlossenen Ergänzungsvereinbarungen. Nach dem Tarifabschluss für die Beschäftigten in der papiererzeugenden Industrie war die Einmalzahlung (vgl. zum Begriff etwa, BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 31 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44) eine pauschale Lohnerhöhung für Arbeitnehmer, die sich am 25. November 2008 in einem ungekündigtem Arbeitsverhältnis befanden, und spätestens am 31. Januar 2009 fällig. Die Zusage der Beklagten, bei Annahme des Angebots zur Änderungsvereinbarung vor dem 1. April 2009 die Entgelte rückwirkend zum 1. Januar 2009 entsprechend dem Tarifabschluss zu erhöhen, durften die Arbeitnehmer übereinstimmend mit der Intention der Beklagten als die Einmalzahlung einschließend verstehen. Davon ist auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen.

26

2. Die Beklagte hat unabhängig davon, ob es sich überhaupt um eine Anspruchsgrundlage handelt, das Maßregelungsverbot des § 612a BGB nicht verletzt.

27

a) Gemäß § 612a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Eine Benachteiligung liegt nicht nur vor, wenn der Arbeitnehmer eine Einbuße erleidet, sondern auch dann, wenn ihm Vorteile vorenthalten werden, die der Arbeitgeber Arbeitnehmern gewährt, falls diese Rechte nicht ausüben (BAG 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - Rn. 34 mwN, BAGE 122, 1). Die Tatbestandvoraussetzung „Benachteiligung” ist jedoch nur erfüllt, wenn der Arbeitgeber zwischen verschiedenen Maßnahmen hat wählen können. Hat er sein Verhalten an der Rechtsordnung orientiert, liegt keine Benachteiligung des Arbeitnehmers vor (BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - BAGE 121, 247). Knüpft eine Regelung an das (erlaubte) Verhalten des Arbeitnehmers eine diesem nachteilige Rechtsfolge, ist der Arbeitgeber nicht zum Ausgleich der dem Arbeitnehmer erwachsenden Nachteile verpflichtet (BAG 15. September 2009 - 9 AZR 685/08 - AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 186). Dementsprechend ist der Vollzug einer kollektivrechtlichen Regelung oder einer vertraglichen Vereinbarung keine Benachteiligung iSv. § 612a BGB. Das Maßregelungsverbot setzt darüber hinaus voraus, dass zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Grund, dh. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bildet (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 28 mwN, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22).

28

b) Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot vor. Die von den Klägern als benachteiligend empfundene Maßnahme der Beklagten hatte ihren Grund nicht in der zulässigen Ablehnung einer Ergänzungsvereinbarung durch die Kläger, sondern in der Erfüllung der Arbeitsverträge mit den Arbeitnehmern, die das Änderungsangebot der Beklagten angenommen hatten.

29

III. Die Kläger haben gemäß § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO die Kosten zu gleichen Teilen zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Zorn    

        

    Bürger    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 2. Oktober 2012 - 15 Sa 139/11 - in seinen Ziffern I.9. und II. aufgehoben.

2. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 29. November 2012 - 3 Sa 71/12 - aufgehoben.

3. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Entgelterhöhungen unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung.

2

Der 1958 geborene Kläger ist seit 1992 bei der Beklagten beschäftigt. Er ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di. Die Beklagte war bis zum 31. März 2006 ordentliches Mitglied im Verband für Dienstleistung, Groß- und Außenhandel Baden-Württemberg e.V., im Anschluss daran wechselte sie in eine sog. OT-Mitgliedschaft.

3

Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitsvertrag vom 15. Oktober 1991, der auszugsweise lautet:

        

„1. Tätigkeit

        

Der/Die Angestellte wird ab 01.02.92 als PC-Programmierer eingestellt. (…)

        

…       

        

3. Kollektivvereinbarungen

        

Für das Arbeitsverhältnis gelten die für unsere Firma maßgebenden Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen in der jeweiligen Fassung.“

4

Der Kläger erhält ein Bruttomonatsgehalt von 4.034,00 Euro. Dieses setzt sich zusammen aus einem zum Stand 1. Mai 2006 eingefrorenen Tarifgehalt der Gehaltsgruppe G 5 / 12. Berufsjahr der Gehaltstarifverträge für die Beschäftigen des Groß- und Außenhandels in Baden-Württemberg (2.908,00 Euro brutto) und einer übertariflichen Zulage, die nach einer individuellen Erhöhung um 50,00 Euro brutto seit dem 1. August 2007 1.126,00 Euro brutto beträgt. Weitere 30,58 Euro brutto monatlich gewährt die Beklagte dem Kläger unter der Bezeichnung „AVmG PK AG stfr.“.

5

Nach dem Wechsel in die OT-Mitgliedschaft bat die Beklagte zu einem nicht näher festgestellten Zeitpunkt im Frühjahr 2006 ihre Mitarbeiter um eine Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit von (tariflichen) 38,5 Stunden auf 40 Stunden ohne Lohnausgleich. Einen entsprechenden Zusatz zum Arbeitsvertrag akzeptierten 96 % der Belegschaft, der Kläger nicht.

6

Am 25. März 2008 schloss die Beklagte mit dem in ihrem Betrieb errichteten Betriebsrat eine „Betriebsvereinbarung zur Bestimmung und Behandlung des Entgelts und des Entgeltgruppenplans“ (im Folgenden: BV Entgelt), die eine tätigkeitsbezogene Eingruppierung der Mitarbeiter in fünf allgemeine Entgeltgruppen (A1 bis A5) vorsieht. Außerdem heißt es dort:

        

„3 Grundsätze zu den Entgeltgruppen

        

…       

        

Die Festlegung des individuellen Entgelts innerhalb einer Entgeltgruppe, sowie des Basisentgelts der 1. Entgeltgruppe erfolgt durch den Arbeitgeber. Die prozentuale Steigerungsrate zwischen den einzelnen Entgeltgruppen (= Basisentgelt der Entgeltgruppen 2 - 5) ist in der Anlage geregelt.

        

4 Erhöhungen in den Entgeltgruppen

        

Entgelterhöhungen werden durch den Arbeitgeber festgelegt. (…)

        

Für alle Mitarbeiter, die vor dem 1.4.2006 in das Unternehmen eintraten, gilt ein Bestandsschutz. Basisentgelt für diese Mitarbeiter ist deren individuelles Tarifentgelt zum Stichtag 1.5.2006, solange dieses höher ist als das Basisentgelt.“

7

Mit Wirkung zum 1. April 2008 bot die Beklagte allen Arbeitnehmern den Abschluss eines neuen Formulararbeitsvertrags (im Folgenden: Standardarbeitsvertrag 2008) an, der keine Bezugnahme auf Tarifverträge mehr enthält, eine regelmäßige Arbeitszeit von 40 Wochenstunden festschreibt und eine Vergütung nach den Entgeltgruppen der BV Entgelt (beim Kläger: nach Entgeltgruppe A4 iHv. 4.083,00 Euro brutto) nebst einem 13. Bruttomonatsgehalt vorsieht. Des Weiteren enthält der Standardarbeitsvertrag 2008 Verschlechterungen im Vergleich zu den auf die Tarifbestimmungen für den Groß- und Außenhandel in Baden-Württemberg Bezug nehmenden Arbeitsverträgen, so etwa geringere Zuschläge für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit, Wegfall eines Zuschusses zum Krankengeld, weniger Tatbestände, bei denen Anspruch auf bezahlte Freistellung bestehen soll, Reduzierung eines „Sterbegeldes“. Rund 90 % der Beschäftigten nahmen das Angebot an, der Kläger nicht.

8

Die Beklagte erhöhte das Basisentgelt derjenigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in den Standardarbeitsvertrag 2008 gewechselt waren, zum 1. Juni 2008 um 2,6 %. Weitere Entgelterhöhungen erfolgten zum 1. Juli 2009 (2,2 %), zum 1. September 2010 (1,6 %) und zum 1. Juli 2011 (3,3 %).

9

In einem Vorprozess machte der Kläger eine Entgelterhöhung um 2,6 % für den Zeitraum Juni 2008 bis Februar 2009 erfolglos geltend (LAG Baden-Württemberg 15. April 2010 - 15 Sa 43/09 -).

10

Mit den vorliegenden, mehrfach erweiterten und bis in die Revisionsinstanz in getrennten Verfahren geführten Klagen hat der Kläger unter Berufung auf den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz die den begünstigten Arbeitnehmern gewährten Entgelterhöhungen, zuletzt für den Zeitraum Februar 2010 bis Dezember 2011 verlangt und geltend gemacht, ein sachlicher Grund, ihn von den Entgelterhöhungen auszunehmen, liege nicht vor.

11

Der Kläger hat - soweit seine Klagen in die Revisionsinstanz gelangt sind - zuletzt sinngemäß beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.861,22 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach näherer betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung zu zahlen,

        

2.    

die Beklagte weiter zu verurteilen, an den Kläger 2.064,70 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach näherer betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung zu zahlen.

12

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, der Gleichbehandlungsgrundsatz finde aufgrund der unterschiedlichen Arbeitsvertragsmodelle keine Anwendung. Jedenfalls sei die Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt. Mit den Entgelterhöhungen hätten die Nachteile der Beschäftigten, die in den Standardarbeitsvertrag 2008 wechselten, ausgeglichen werden sollen.

13

In dem Rechtsstreit betreffend den Zeitraum Februar 2010 bis April 2011 (= Klageantrag zu 1.) hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte rechtskräftig verurteilt, an den Kläger von September 2010 bis April 2011 monatlich (weitere) 28,34 Euro brutto zu zahlen. Mit der vom Landesarbeitsgericht nur für den Kläger zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen ursprünglichen Klageantrag weiter.

14

In dem Rechtsstreit betreffend den Zeitraum Mai bis Dezember 2011 (= Klageantrag zu 2.) hat das Arbeitsgericht der Klage teilweise, das Landesarbeitsgericht ihr in vollem Umfang stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision (Ausgangsaktenzeichen - 5 AZR 284/13 -) verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

15

Der Senat hat die Rechtsstreite nach Anhörung der Parteien zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem führenden Aktenzeichen - 5 AZR 6/13 - verbunden.

Entscheidungsgründe

16

Die Revisionen des Klägers und der Beklagten sind begründet. Ob der Kläger Anspruch auf die oder eine der den begünstigten Arbeitnehmern gewährten Entgelterhöhungen hat, kann der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen nicht entscheiden. Das führt zur Aufhebung der Berufungsurteile und Zurückverweisung der - nunmehr verbundenen - Sachen an das Landesarbeitsgericht, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

17

I. Der Anwendungsbereich des (allgemeinen) Gleichbehandlungsgrundsatzes ist eröffnet.

18

1. Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Arbeitsrecht (oft auch arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz oder allgemeiner arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz genannt) gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleich zu behandeln (st. Rspr., BAG 21. September 2011 - 5 AZR 520/10 - Rn. 18 mwN, BAGE 139, 190). Er wurzelt in dem überpositiven Ideal der Gerechtigkeit, die es gebietet, Gleiches gleich und Ungleiches entsprechend seiner Eigenart ungleich zu behandeln, und ist seit langem unbestrittener Bestandteil des Arbeitsrechts (vgl. nur ErfK/Preis 14. Aufl. § 611 BGB Rn. 574; HWK/Thüsing 6. Aufl. § 611 BGB Rn. 181, jeweils mwN; siehe auch G. Hueck Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung im Privatrecht S. 61, der schon 1958 festgestellt hat, die Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sei in der Literatur und Judikatur zum Arbeitsrecht ganz allgemein anerkannt). Der Gleichbehandlungsgrundsatz beschränkt die Gestaltungsmacht des Arbeitgebers (BAG 25. Januar 2012 - 4 AZR 147/10 - Rn. 57, BAGE 140, 291). Wird er verletzt, muss der Arbeitgeber die von ihm gesetzte Regel entsprechend korrigieren. Der benachteiligte Arbeitnehmer hat Anspruch auf die vorenthaltene Leistung (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 17; 13. April 2011 - 10 AZR 88/10 - Rn. 14, BAGE 137, 339, jeweils mwN).

19

Im Bereich der Arbeitsvergütung ist der Gleichbehandlungsgrundsatz unter Beachtung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit bei individuellen Entgeltvereinbarungen anwendbar, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (st. Rspr., BAG 21. September 2011 - 5 AZR 520/10 - Rn. 18, BAGE 139, 190; 25. Januar 2012 - 4 AZR 147/10 - Rn. 57, BAGE 140, 291, jeweils mwN).

20

2. Danach ist der Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes eröffnet.

21

a) Die Beklagte hat freiwillig, also ohne hierzu - insbesondere arbeitsvertraglich oder aufgrund der BV Entgelt - rechtlich verpflichtet zu sein (zur Nichtanwendbarkeit des Gleichbehandlungsgrundsatzes bei bloßem Normenvollzug und Vertragserfüllung, vgl. BAG 21. September 2011 - 5 AZR 520/10 - Rn. 21 mwN, BAGE 139, 190), die Arbeitsentgelte zum 1. Juni 2008, 1. Juli 2009, 1. September 2010 und 1. Juli 2011 kollektiv nach einem generalisierenden Prinzip angehoben. Für diese Leistung hat sie den Wechsel in den Standardarbeitsvertrag zur Voraussetzung gemacht. Mit der Anknüpfung an die zunächst durch die Reaktion der Arbeitnehmer auf das Angebot zum Abschluss des Standardarbeitsvertrags 2008 erfolgte Teilung der Belegschaft in Arbeitnehmer mit Standardarbeitsvertrag 2008 und solche mit „Altverträgen“ hat die Beklagte eine Gruppenbildung vorgenommen (vgl. BAG 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - Rn. 23, BAGE 122, 1).

22

b) Der Kläger und die Arbeitnehmer mit Standardarbeitsvertag 2008 befinden sich „in vergleichbarer Lage“. Zwar ist dafür nicht in jedem Falle bereits das gemeinsame Band eines Arbeitsverhältnisses zum selben Arbeitgeber ausreichend. Es ist aber andererseits nicht erforderlich, dass die Arbeitsbedingungen des Gleichbehandlung fordernden Arbeitnehmers mit denjenigen der Begünstigten in Gänze identisch sind (vgl. BAG 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - Rn. 26, BAGE 122, 1). Die Geltung verschiedener Arbeitsvertragsmodelle kann allenfalls dann eine im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes vergleichbare Lage ausschließen, wenn das eine Arbeitsvertragsmodell gekennzeichnet ist durch die dynamische Bezugnahme auf ein Tarifwerk und damit auf arbeitsvertraglicher Ebene kollektive, der Gestaltungsmacht des Arbeitgebers entzogene Regelwerke in ihrer jeweiligen Fassung zur Anwendung kommen, während das andere Arbeitsvertragsmodell der unbeschränkten Gestaltungsmacht des Arbeitgebers entspringt und den Arbeitnehmern gestellt wird. Eingedenk des Primats, (nur) Gleiches gleich und Ungleiches entsprechend seiner Eigenart ungleich zu behandeln, kommt es auch bei verschiedenen Arbeitsvertragsmodellen darauf an, ob sich der auf Gleichbehandlung berufende Arbeitnehmer hinsichtlich der vom Arbeitgeber verteilten Leistung in vergleichbarer Lage zu den begünstigten Arbeitnehmern befindet. Ist das der Fall, sind ansonsten unterschiedliche Arbeitsbedingungen erst für das Vorliegen eines sachlichen Differenzierungsgrundes von Belang.

23

Mit den streitgegenständlichen Entgelterhöhungen hat die Beklagte die statische Vergütungsabrede im Standardarbeitsvertrag 2008 freiwillig dynamisiert. Insoweit befindet sich der Kläger mit den begünstigten Arbeitnehmern „in vergleichbarer Lage“, weil auch sein Arbeitsvertrag eine statisch gewordene Vergütungsabrede enthält. Davon ist auszugehen, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien vor dem 1. Januar 2002 begonnen hat. Die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die „für unsere Firma maßgebenden Tarifverträge (…) in der jeweiligen Fassung“ hat das Landesarbeitsgericht angesichts der vormaligen Tarifgebundenheit der Beklagten kraft Verbandszugehörigkeit zutreffend nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als Gleichstellungsabrede ausgelegt (zu Auslegung und Vertrauensschutz für vor dem 1. Januar 2002 vereinbarte Bezugnahmeklauseln, vgl. BAG 11. Dezember 2013 - 4 AZR 473/12 - Rn. 13 ff. mwN). Die Dynamik der tariflichen Inkorporierung ist deshalb auf die Zeit begrenzt, in der die Beklagte durch ihre Verbandsmitgliedschaft an die Tarifentwicklung gebunden war (vgl. BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 15 ff. mwN, BAGE 136, 184). Danach hat der Kläger ab dem Ende der Nachbindung der Beklagten (§ 3 Abs. 3 TVG)an den zur Zeit ihres Wechsels in eine OT-Mitgliedschaft geltenden Gehaltstarifvertrag, also mit dem Inkrafttreten des (neuen) Gehaltstarifvertrags vom 5. Juli 2007 (zur Dauer der Nachbindung, vgl. BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 34 ff., BAGE 131, 176) weder kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit, noch aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme einen Anspruch auf Tariferhöhungen. Das Entgelt bzw. die Entgeltvereinbarung ist statisch geworden. Für Entgelterhöhungen ist der Kläger wie die Arbeitnehmer mit Standardarbeitsvertrag 2008 - und anders als Arbeitnehmer mit nach dem 1. Januar 2002 abgeschlossenen Altverträgen, deren Bezugnahmeklausel dynamisch wirkt - auf den Gestaltungswillen der Beklagten angewiesen und deren kollektivrechtlich nicht beschränkter Gestaltungsmacht unterworfen.

24

II. Ob die Ungleichbehandlung des Klägers sachlich gerechtfertigt ist, kann der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden.

25

1. Ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung ist der Ausgleich unterschiedlicher Arbeitsbedingungen zwischen verschiedenen Gruppen von Arbeitnehmern, solange ein solcher Ausgleich herbeigeführt wird und keine Überkompensation eintritt (BAG 13. April 2011 - 10 AZR 88/10 - Rn. 23 mwN, BAGE 137, 339; vgl. auch BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 25 f.). Wann bei einer Entgelterhöhung als begünstigender Maßnahme eine Überkompensation anzunehmen ist, musste das Bundesarbeitsgericht bislang nicht im Einzelnen klären.

26

Aus der bisherigen Rechtsprechung kann nicht gefolgert werden, eine Überkompensation liege stets bereits dann vor, wenn zu einem bestimmten Zeitpunkt der Stundenlohn der begünstigten Arbeitnehmer höher ist als der Stundenlohn der von der Leistung ausgenommen Arbeitnehmer (zur Stundenvergütung als Vergleichsmaßstab siehe: BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 23). So ließe ein bloßer Vergleich der Bruttostundenlöhne im Streitfall außer Betracht, dass die begünstigten Arbeitnehmer vor der ersten Entgelterhöhung über längere Zeit eine faktische Lohnkürzung durch die Erhöhung der Arbeitszeit von 38,5 auf 40 Wochenstunden ohne Lohnausgleich hingenommen haben. Geht es um den Ausgleich von Vergütungsunterschieden und sich finanziell auswirkender unterschiedlicher sonstiger Arbeitsbedingungen, tritt eine Überkompensation erst und mit dem Zeitpunkt ein, zu dem die finanziellen Nachteile, die die begünstigten Arbeitnehmer bis zu einer Entgelterhöhung erlitten haben oder danach noch erleiden werden, vollständig ausgeglichen sind.

27

2. Zur Prüfung der Frage, ob eine Entgelterhöhung nachteilige Arbeitsbedingungen der begünstigten Arbeitnehmer nicht nur ausgeglichen, sondern überkompensiert hat, ist ein Gesamtvergleich erforderlich. Dabei ist nicht - wie es das Landesarbeitsgericht unternommen hat - abstrakt auf die verschiedenen Arbeitsvertragsmodelle abzustellen und zu versuchen, deren unterschiedliche Arbeitsbedingungen irgendwie finanziell zu bewerten. Das ist objektiv nicht möglich, soweit - wie im Streitfall - die Nachteile der begünstigten Arbeitnehmer im Vergleichszeitraum variieren können, je nachdem, in welchem Umfang sie etwa zu Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit herangezogen wurden oder bei ihnen Entgeltfortzahlungstatbestände vorlagen. Ob die Differenzierung bei den streitgegenständlichen Entgelterhöhungen im Sinne materieller Gerechtigkeit sachgerecht war (zu diesem Postulat: BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 16 mwN), kann bei unterschiedlichen Arbeitsbedingungen aufgrund verschiedener Arbeitsvertragsmodelle zuverlässig nur am Maßstab des auf Gleichbehandlung klagenden Arbeitnehmers beurteilt werden. Soweit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14. März 2007 (- 5 AZR 420/06 - Rn. 28, BAGE 122, 1) ein anderer Vergleichsmaßstab entnommen werden kann, hält der Senat daran nicht fest.

28

3. Demzufolge muss - ähnlich wie beim Gesamtvergleich zur Ermittlung der Höhe des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt im Bereich der Leiharbeit, in dem der Verleiher gesetzlich zur Gleichbehandlung verpflichtet ist - ein Gesamtvergleich der Entgelte angestellt werden. Dabei zählt zum Arbeitsentgelt jede Vergütung, die aus Anlass des Arbeitsverhältnisses gewährt wird bzw. aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Entgeltfortzahlungstatbestände gewährt werden muss (vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 294/12 - Rn. 34. ff; 23. Oktober 2013 - 5 AZR 135/12 - Rn. 28). Gegenüberzustellen ist das Arbeitsentgelt, das der Kläger im maßgeblichen Zeitraum aufgrund der für ihn geltenden arbeitsvertraglichen Regelungen tatsächlich verdient hat und dasjenige Arbeitsentgelt, das er erhalten hätte, wenn er zu den Konditionen der begünstigten Arbeitnehmer gearbeitet hätte.

29

Dazu ist zunächst das Arbeitsentgelt zu ermitteln, das der Kläger ab dem - vom Landesarbeitsgericht bislang nicht exakt festgestellten - Zeitpunkt im Jahre 2006, an dem sich die Gruppe der Arbeitnehmer mit dem späteren Standardarbeitsvertag 2008 bei ansonsten unveränderten Arbeitsbedingungen mit einer Erhöhung der Arbeitszeit von 38,5 auf 40 Wochenstunden ohne Lohnausgleich einverstanden erklärte, bis zum Ende des Streitzeitraums (hier: Dezember 2011) erhalten hat. Dem gegenübergestellt werden muss das Arbeitsentgelt, das der Kläger im genannten Zeitraum unter Zugrundelegung der für ihn weitergeltenden Arbeitszeit von 38,5 Wochenstunden, aber mit einem entsprechend der Arbeitszeitverlängerung ohne Lohnausgleich verringerten faktischen Stundenlohn, erhalten hätte, wenn er ansonsten zu den für die Vergleichsgruppe geltenden Konditionen gearbeitet hätte. Ergibt sich dabei im Wege eines Gesamtsaldos ab einem bestimmten Zeitpunkt ein Plus, ist von da an eine Überkompensation anzunehmen: Der Kläger hätte mehr verdient, wenn er ins „schlechtere“ Arbeitsvertragsmodell gewechselt wäre. Freizeit ist dabei nicht zusätzlich zu bewerten, sie findet arbeitsrechtlich ihren Niederschlag in Höhe und Umfang der Hauptleistungspflichten einschließlich etwaiger Zuschläge.

30

4. Rechtsfolge einer Überkompensation ist, dass im Umfang der Überkompensation der sachliche Grund des Ausgleichs von Unterschieden nicht trägt (vgl. BAG 13. April 2010 - 10 AZR 88/10 - Rn. 23, BAGE 137, 339; 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 25). Für eine nach Eintritt der Überkompensation erfolgende - weitere - Entgelterhöhung fehlt deshalb der sachliche Grund von vornherein, für eine Entgelterhöhung vor Eintritt der Überkompensation entfällt der sachliche Grund ab diesem Zeitpunkt. Wäre zB im Streitfall eine Überkompensation ab 1. Januar 2011 anzunehmen, könnte der Kläger die zum 1. Juli 2011 erfolgte Entgelterhöhung beanspruchen. Die Entgelterhöhung zum 1. September 2010 stünde ihm in diesem Falle erst ab dem 1. Januar 2011 zu, weil bis dahin der sachliche Grund die Differenzierung gerechtfertigt hat.

31

5. Nach Maßgabe dieser Grundsätze wird das Landesarbeitsgericht im erneuten Berufungsverfahren prüfen müssen, ob und gegebenenfalls wann eine Überkompensation der Nachteile der begünstigten Arbeitnehmer eingetreten ist. Dabei gilt eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Die Beklagte hat eine Gruppe von Arbeitnehmern von den streitgegenständlichen Entgelterhöhungen ausgenommen und muss deshalb die Gründe für die Differenzierung offenlegen und substantiiert dartun (vgl. im Einzelnen: BAG 23. Februar 2011 - 5 AZR 84/10 - Rn. 15 f.). Dem ist sie mit ihrem bisherigen Vorbringen nachgekommen. Nunmehr ist es Sache des sich auf eine Überkompensation berufenden Klägers, anhand eines ihn betreffenden Gesamtvergleichs im Einzelnen darzulegen (und im Streitfalle zu beweisen), dass die Beklagte unstreitig bestehende unterschiedliche Arbeitsbedingungen nicht nur ausgeglichen, sondern ab einem bestimmten Zeitpunkt überkompensiert hat. Dem genügt das Vorbringen des Klägers bislang nicht. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gebietet es aber, dem Kläger in einem erneuten Berufungsverfahren Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag zu geben.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Mandrossa     

        

    E. Bürger    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 15. Oktober 2013 - 6 Sa 134/12 - aufgehoben, soweit es die Klage in Bezug auf die jährliche Sonderzahlung in Höhe von 12.500,00 Euro abgewiesen hat.

2. Insoweit wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revision noch über eine Sonderzahlung.

2

Der Kläger war vom 1. Mai 1992 bis zum 19. November 2010 bei der Beklagten als Bauleiter gegen eine monatliche Vergütung von zuletzt 5.300,00 Euro brutto beschäftigt. Der Arbeitsvertrag wurde nicht schriftlich niedergelegt. Der Kläger bekam jährlich zusammen mit der Novembervergütung ein Weihnachtsgeld in Höhe eines Monatsgehalts, das in den Jahren 2007 4.800,00 Euro brutto, 2008 5.200,00 Euro brutto und 2009 5.300,00 Euro brutto betrug. Außerdem erhielt der Kläger mit der am 10. Januar des Folgejahres ausgezahlten Vergütung für Dezember einen in den jeweiligen Abrechnungen als „Sonderzahlung“ ausgewiesenen Betrag, der sich im Jahr 2007 auf 10.000,00 Euro brutto und in den Jahren 2008 und 2009 auf jeweils 12.500,00 Euro brutto belief.

3

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe auch für das Jahr 2010 eine Sonderzahlung in Höhe von 12.500,00 Euro brutto zu. Durch die vorbehaltlose Leistung einer Sonderzahlung in drei aufeinanderfolgenden Jahren habe die Beklagte ihm gegenüber konkludent eine entsprechende Zahlungsverpflichtung begründet. Die geringere Höhe der Sonderzahlung im Jahr 2007 stehe dem für das Jahr 2010 geltend gemachten Anspruch ebenso wenig entgegen wie die unterjährige Beendigung seines Arbeitsverhältnisses.

4

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 12.500,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. Januar 2011 zu zahlen.

5

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

6

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Senat auf den Streitgegenstand Sonderzahlung beschränkt zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 ZPO).

8

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, aus dem Sachvortrag des Klägers lasse sich allenfalls ableiten, dass er infolge der mehrmaligen Gewährung einer Sonderzahlung jeweils nach Ablauf des Kalenderjahres konkludent einen Rechtsanspruch gegen die Beklagte auf eine solche Leistung für den Fall erworben habe, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien am Jahresende (Stichtag) noch bestanden habe. Da der Kläger unterjährig ausgeschieden sei, scheide auch eine anteilige Sonderzahlung für das Jahr 2010 aus.

9

II. Dem folgt der Senat nicht. Dabei kann dahinstehen, ob der Senat den Erklärungswert des vom Kläger vorgetragenen Verhaltens der Beklagten in vollem Umfang oder - etwa wegen des Einzelfallcharakters der Zahlungen - nur eingeschränkt daraufhin überprüfen kann, ob das Landesarbeitsgericht bei seiner Auslegung die dafür geltenden gesetzlichen Regeln (§§ 133, 157 BGB) richtig angewandt, allgemeine Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt oder für die Auslegung wesentliche Umstände außer Acht gelassen hat (vgl. BAG 17. April 2013 - 10 AZR 251/12 - Rn. 15). Die Beurteilung des Parteivortrags durch das Landesarbeitsgericht hält bereits einer eingeschränkten Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht ist von unzutreffenden rechtlichen Annahmen ausgegangen und hat nicht alle für die Auslegung wesentlichen Umstände berücksichtigt.

10

1. Für die rechtliche Einordnung des Verhaltens der Beklagten sind nach der Senatsrechtsprechung folgende Grundsätze maßgeblich:

11

a) Gewährt der Arbeitgeber zusätzlich zu dem vereinbarten monatlichen Gehalt eine einmalige Sonderzahlung, ist zunächst durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB)zu ermitteln, ob er sich nur zu der konkreten Leistung oder darüber hinaus auch für die Zukunft verpflichtet hat (vgl. BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 11, BAGE 139, 156). Eine dauerhafte Verpflichtung kann sich insbesondere aus einem Verhalten mit einem Erklärungswert, wie einer betrieblichen Übung, ergeben. Auch wenn keine betriebliche Übung besteht, weil der Arbeitgeber eine Zahlung nur an einen Arbeitnehmer vorgenommen hat und damit das kollektive Element fehlt, kann für diesen durch die Leistungsgewährung ein Anspruch entstanden sein. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer aus einem tatsächlichen Verhalten des Arbeitgebers auf ein Angebot schließen konnte, das er gemäß § 151 BGB durch schlüssiges Verhalten angenommen hat(vgl. BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 12 f. mwN, aaO).

12

b) Die vom Arbeitgeber mit einer Sonderzahlung verfolgten Zwecke sind durch Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen zu ermitteln.

13

aa) Der Vergütungscharakter ist eindeutig, wenn die Sonderzahlung an das Erreichen quantitativer oder qualitativer Ziele geknüpft ist. Macht die Zahlung einen wesentlichen Anteil der Gesamtvergütung des Arbeitnehmers aus, handelt es sich gleichfalls regelmäßig um Arbeitsentgelt, das als Gegenleistung zur erbrachten Arbeitsleistung geschuldet wird (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 15, BAGE 140, 239). Wird die Zahlung erbracht, ohne dass weitere Anspruchsvoraussetzungen vereinbart sind, spricht dies ebenfalls dafür, dass die Sonderzahlung als Gegenleistung für die Arbeitsleistung geschuldet wird (vgl. BAG 3. September 2014 - 5 AZR 1020/12 - Rn. 30). Gleiches gilt, wenn die Höhe der Leistung nach der vom Arbeitgeber getroffenen Zweckbestimmung vom Betriebsergebnis abhängt. Auch in diesem Fall handelt es sich grundsätzlich um eine Gegenleistung des Arbeitgebers für erbrachte Arbeitsleistungen des Arbeitnehmers, da die synallagmatische Verknüpfung dieser Leistungen nicht durch die Abhängigkeit des gezahlten Entgelts von einem Unternehmensergebnis im maßgeblichen Bezugszeitraum in Frage gestellt wird (vgl. BAG 12. April 2011 - 1 AZR 412/09 - Rn. 25, BAGE 137, 300; 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 10, aaO).

14

bb) Will der Arbeitgeber andere Zwecke als die Vergütung der Arbeitsleistung verfolgen, muss sich dies deutlich aus der zugrunde liegenden Vereinbarung ergeben. So können Sonderzahlungen als Treueprämie erwiesene oder als „Halteprämie“ künftige Betriebstreue honorieren; der Arbeitgeber kann aber auch den Zweck verfolgen, sich an den zum Weihnachtsfest typischerweise erhöhten Aufwendungen seiner Arbeitnehmer zu beteiligen. Ist die Honorierung künftiger Betriebstreue bezweckt, wird dies regelmäßig dadurch sichergestellt, dass die Sonderzuwendung nur bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über einen Stichtag hinaus bis zum Ende eines dem Arbeitnehmer noch zumutbaren Bindungszeitraums gezahlt wird oder der Arbeitnehmer diese zurückzuzahlen hat, wenn das Arbeitsverhältnis vor Ablauf zumutbarer Bindungsfristen endet. Ist die Honorierung erwiesener Betriebstreue bezweckt, wird dies regelmäßig dadurch sichergestellt, dass die Zahlung der Sonderzuwendung vom (ungekündigten) Bestand des Arbeitsverhältnisses am Auszahlungstag abhängig gemacht wird. Ein weiteres Merkmal derartiger Zahlungen ist, dass sie nicht von einer bestimmten Arbeitsleistung, sondern regelmäßig nur vom Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängen (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 13, BAGE 140, 239).

15

c) Gewährt der Arbeitgeber auf einseitig vorgegebener vertraglicher Grundlage eine Sonderzahlung, die auch Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung ist, kann die Sonderzahlung nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Eine solche Klausel benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen und ist deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Der Wert der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber hängt von ihrer Qualität und vom Arbeitserfolg ab, regelmäßig jedoch nicht von der reinen Verweildauer des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis. Die Belohnung zunehmender Beschäftigungsdauer als solcher steht nicht in einem Verhältnis zur Qualität und zum Erfolg der Arbeitsleistung. Die einmal erbrachte Arbeitsleistung gewinnt auch regelmäßig nicht durch bloßes Verharren des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis nachträglich an Wert (vgl. BAG 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - Rn. 31, BAGE 146, 284). Dies gilt gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB auch bei sog. „Einmal-Bedingungen“, wenn der Arbeitnehmer aufgrund der Vorformulierung oder einseitigen Vorgabe durch den Arbeitgeber auf deren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte.

16

2. Nach diesen Grundsätzen erweist sich die klageabweisende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts in Bezug auf die vom Kläger verlangte Sonderzahlung als unzutreffend. Die gebotene Auslegung des Vortrags beider Parteien ergibt vielmehr, dass der Kläger aufgrund einer konkludent geschlossenen arbeitsvertraglichen Abrede mit der Beklagten einen Anspruch auf eine anteilige Sonderzahlung für das Kalenderjahr 2010 gegen die Beklagte erworben hat, der mit der Dezembervergütung fällig geworden ist und dessen Höhe die Beklagte nach billigem Ermessen zu bestimmen hatte. Der Senat kann diese Auslegung selbst vornehmen, da der insoweit maßgebliche Sachverhalt feststeht und weiterer Sachvortrag nicht zu erwarten ist (vgl. BAG 17. Juni 2014 - 3 AZR 412/13 - Rn. 55 mwN).

17

a) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, den Zahlungen in den Jahren 2007 bis 2009 sei zu entnehmen, dass die Beklagte allenfalls einen Rechtsanspruch auf die Sonderzahlung für den Fall des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses am Jahresende begründen wollte, berücksichtigt den Vortrag der Parteien nicht genügend und verstößt gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze. Die Beklagte hatte im zweiten Rechtszug behauptet, die Höhe der Zahlung sei vom Betriebsergebnis abhängig gewesen. Weitere Anspruchsvoraussetzungen hat sie nicht näher dargelegt. Nachdem auch der Kläger vorgetragen hat, die Zahlung sei mit keinen weiteren Anforderungen verbunden worden, liegt es fern, allein aus der Auszahlung der Sonderzuwendung mit dem Dezembergehalt den Schluss zu ziehen, weitere Anspruchsvoraussetzung hierfür sei das Bestehen des Arbeitsverhältnisses am Jahresende gewesen. Dies verstößt gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze, denn es ist viel nahe liegender, diesen Auszahlungszeitpunkt als bloßen Fälligkeitstermin zu verstehen, wenn ansonsten hierzu jeglicher Vortrag fehlt.

18

b) Für die gebotene Auslegung der Handlungen der Beklagten ist in tatsächlicher Hinsicht zugrunde zu legen, dass der Kläger nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts in den Jahren 2007 bis 2009 zusätzlich zum Dezembergehalt einen als „Sonderzahlung“ ausgewiesenen Betrag erhalten hat, der sich im Jahr 2007 auf 10.000,00 Euro brutto und in den Jahren 2008 und 2009 gleichbleibend auf 12.500,00 Euro brutto belief. Die Steigerung erfolgte nicht proportional zur Entwicklung der Monatsvergütung des Klägers. Aus der Bezeichnung der Leistung als „Sonderzahlung“ in den jeweiligen Abrechnungen, ihrer dreimaligen vorbehaltlosen Auszahlung jeweils zum Jahresende und ihrer unterschiedlichen Höhe konnte der Kläger verständiger Weise auf ein verbindliches Angebot der Beklagten iSv. § 145 BGB des Inhalts schließen, in jedem Kalenderjahr eine Sonderzahlung zu leisten.

19

Umstände, die dafür sprechen, dass die Beklagte nur in dem jeweiligen Auszahlungsjahr eine Sonderzahlung leisten und keine weitere Bindung eingehen wollte, sind nicht ersichtlich. Einen entsprechenden Vorbehalt hat die Beklagte auch nicht konkludent erklärt. Aus der nicht gleichförmigen Höhe der Sonderzahlung in den Jahren 2007 bis 2009 musste der Kläger nicht den Schluss ziehen, die Beklagte habe sich nicht dem Grunde nach auf Dauer binden wollen. Es ist gerade typisch für eine vom Betriebsergebnis abhängige Sonderzahlung, dass deren Höhe schwanken kann (BAG 21. April 2010 - 10 AZR 163/09 - Rn. 17). Dass die Beklagte dieses Verständnis teilt, belegt nicht zuletzt ihr Vortrag, es sei jährlich neu über die Höhe der Sonderzahlung entschieden worden. Demzufolge ging auch die Beklagte davon aus, die Sonderzahlung werde grundsätzlich geschuldet und lediglich die Festsetzung ihrer Höhe bedürfe einer jährlich neu zu treffenden Entscheidung. Soweit der Senat - allerdings im Zusammenhang mit einer betrieblichen Übung - im Urteil vom 28. Februar 1996 (- 10 AZR 516/95 -) vertreten hat, bei der Leistung einer Zuwendung in jährlich individuell unterschiedlicher Höhe fehle es bereits an einer regelmäßigen gleichförmigen Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen und es komme darin lediglich der Wille des Arbeitgebers zum Ausdruck, in jedem Jahr neu „nach Gutdünken“ über die Zuwendung zu entscheiden, hält er daran nicht fest.

20

c) Entgegen der Auffassung der Revision konnte der Kläger aus dem Verhalten der Beklagten jedoch nicht den Schluss ziehen, die Sonderzahlung betrage 12.500,00 Euro brutto. Dagegen spricht bereits, dass die Sonderzahlung nur in zwei der insgesamt drei aufeinanderfolgenden Jahren gleichbleibend 12.500,00 Euro brutto betragen hat und im Jahr 2009 nicht nochmals angestiegen ist, obwohl das Monatsgehalt des Klägers in jedem der drei Jahre erhöht worden war. Der Kläger musste deshalb das Verhalten der Beklagten so verstehen, dass diese Jahr für Jahr über die Höhe der Sonderzahlung neu entscheidet.

21

d) Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich, dass er das Angebot der Beklagten auf Leistung einer von ihr einseitig festzusetzenden jährlichen Sonderzahlung durch Entgegennahme der drei aufeinanderfolgenden Zahlungen in den Jahren 2007, 2008 und 2009 und damit durch schlüssiges Verhalten (§ 151 BGB) angenommen hat.

22

e) Der Einwand der Beklagten, bei der Sonderzahlung habe es sich um eine freiwillige, jederzeit widerrufliche Leistung gehandelt, steht dieser rechtlichen Bewertung nicht entgegen. Der Begriff „freiwillig“ bringt regelmäßig lediglich zum Ausdruck, dass der Arbeitgeber nicht bereits durch Gesetz, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung zur Zahlung verpflichtet ist. Er genügt für sich genommen nicht, um einen Rechtsanspruch auf die Leistung auszuschließen (BAG 20. Februar 2013 - 10 AZR 177/12 - Rn. 17). Die Beklagte kann sich ebenfalls nicht mit Erfolg darauf berufen, die Sonderzahlung sei jederzeit widerruflich gewesen. Abgesehen davon, dass sie nicht vorgetragen hat, wann und auf welche Weise sie mit dem Kläger einen wirksamen Widerrufsvorbehalt vereinbart habe, hat sie nicht dargelegt, dass sie die vereinbarte Leistung für das Jahr 2010 widerrufen hat. Das bloße Unterlassen einer Zahlung ist für sich betrachtet kein Widerruf. Hinzu kommt, dass eine Leistung nicht - wie von der Beklagten behauptet - zugleich freiwillig und widerruflich sein kann (BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 21 f., BAGE 139, 156).

23

3. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, einem Anspruch des Klägers auf eine Sonderzahlung für das Jahr 2010 stehe entgegen, dass ein solcher Anspruch nach dem Vortrag des Klägers vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember des laufenden Jahres abhängig sei, das Arbeitsverhältnis jedoch bereits am 19. November 2010 geendet habe. Damit hat das Landesarbeitsgericht außer Acht gelassen, dass die Beklagte die Sonderzahlung als zusätzliche Vergütung für die vom Kläger im Kalenderjahr geleistete Arbeit erbracht hat. Dies ergibt sich sowohl aus den Darlegungen des Klägers als auch der Beklagten.

24

a) Nach dem Vortrag des Klägers hat die Beklagte die Zahlung vorbehaltlos und ohne weitere Leistungszweckbestimmungen vorgenommen. Nach dem Vorbringen der Beklagten war die Höhe der Sonderzahlung an das Betriebsergebnis gekoppelt. Die synallagmatische Verbindung zwischen Arbeitsleistung und Sonderzahlung wird jedoch durch deren Anknüpfung an das Betriebsergebnis nicht in Frage gestellt.

25

b) Allein dem Umstand, dass die Sonderzahlung jeweils zum Ende des Kalenderjahres ausgezahlt wurde, lässt sich nicht entnehmen, dass mit ihr ausschließlich die Betriebstreue honoriert werden sollte. Will der Arbeitgeber andere Ziele als die Vergütung der Arbeitsleistung verfolgen, muss dies vielmehr deutlich aus der zugrunde liegenden, ggf. konkludent getroffenen arbeitsvertraglichen Abrede hervorgehen (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 15, BAGE 140, 239). Hierfür fehlen jegliche Anhaltspunkte. Gegen ein solches Verständnis spricht im vorliegenden Fall, dass die Sonderzahlung mit rund 15 % einen nicht unwesentlichen Teil der Gesamtvergütung ausgemacht hat und zusätzlich zu einem Weihnachtsgeld entrichtet wurde. Da die Sonderzahlung somit Gegenleistung für die im laufenden Jahr erbrachte Arbeitsleistung des Klägers war, konnte sie nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember des Jahres abhängig gemacht werden.

26

III. Der Rechtsstreit ist nicht entscheidungsreif. Die vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen reichen nicht aus, um abschließend über die Höhe der dem Kläger anteilig für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 19. November 2010 zustehenden Sonderzahlung befinden zu können.

27

Die Beklagte hatte nach dem bisherigen Prozessverlauf keinen hinreichenden Anlass, nähere Einzelheiten dazu vorzutragen, ob und ggf. welche konkreten Vereinbarungen sie mit dem Kläger über die Bemessung der Sonderzahlung getroffen hat. Sie hat in den Vorinstanzen lediglich pauschal behauptet, die Zahlung sei vom Betriebsergebnis abhängig gewesen. Was sie hierunter konkret versteht, hat sie nicht erläutert. Da der Kläger im Rahmen der insoweit geltenden abgestuften Darlegungs- und Beweislast bereits alle Umstände zur Begründung eines Anspruchs auf die anteilige Sonderzahlung für das Kalenderjahr 2010 schlüssig dargelegt hat, deren Höhe die Beklagte nach billigem Ermessen iSd. § 315 BGB zu bestimmen hat, wird das Landesarbeitsgericht der Beklagten Gelegenheit zu geben haben, darzulegen, ob und ggf. welche konkreten Kriterien sie mit dem Kläger vereinbart hat und in welcher (anteiligen) Höhe sich bei Anwendung dieser Kriterien ein Anspruch des Klägers für die Zeit vom 1. Januar bis zum 19. November 2010 ergibt.

28

Sollte die Beklagte eine Vereinbarung mit dem Kläger über die Bemessung der Höhe der Sonderzahlung nicht darlegen können oder insoweit beweisfällig bleiben, wird das Landesarbeitsgericht der Beklagten Gelegenheit zu geben haben, ergänzend vorzutragen, dass die für das Kalenderjahr 2010 vorgenommene Leistungsbestimmung „auf Null“ billigem Ermessen entsprach (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB). Die Beklagte als diejenige, der das Leistungsbestimmungsrecht zustand, ist dafür darlegungs- und beweispflichtig (BAG 20. März 2013 - 10 AZR 8/12 - Rn. 33). Entspricht die Leistungsbestimmung nicht billigem Ermessen, wird sie das Landesarbeitsgericht gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB selbst vorzunehmen haben.

        

    Linck    

        

    W. Reinfelder    

        

    Brune    

        

        

        

    W. Guthier    

        

    D. Schumann    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 25. August 2009 - 3 Sa 479/08 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz über einen Anspruch des Klägers auf Lohnerhöhung wegen Gleichbehandlung.

2

Der Kläger ist seit Dezember 1999 bei der nicht tarifgebundenen Beklagten bzw. der A, von der die Beklagte Anfang 2003 den Betrieb übernahm, als Schlauchwerker beschäftigt und verdient einschließlich einer 15-prozentigen Leistungszulage 13,26 Euro brutto/Stunde. Seine regelmäßige Arbeitszeit beträgt 37,5 Wochenstunden. Außerdem erhält der Kläger Zuschläge für Mehr-, Spät- und Nachtarbeit.

3

Anfang 2006 verlegte die Beklagte ihren Betriebssitz von G nach W und bot in diesem Zusammenhang den Arbeitnehmern neue Arbeitsverträge an. Diese sahen - ausgehend und hochgerechnet vom bisherigen Bruttostundenlohn nebst der 15-prozentigen Leistungszulage - einen Bruttomonatslohn vor, allerdings mit einer Kürzung um drei Prozent und einer Arbeitszeit von 40 Wochenstunden. Ein Nachtzuschlag sollte dergestalt erfolgen, dass bei Arbeit in vollkontinuierlicher Wechselschicht die Wochenarbeitszeit 37,5 Stunden betrug. Mehrarbeitsstunden sollten mit einem Zuschlag von zehn Prozent ab der dritten Mehrarbeitsstunde vergütet werden.

4

Von den damals 36 Arbeitnehmern der Beklagten nahmen 28 das Angebot zum Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags mit Wirkung zum 1. März 2006 an, acht Arbeitnehmer, darunter der Kläger, lehnten das Angebot ab. Die dreiprozentige Verdienstminderung glich die Beklagte zu einem nicht näher festgestellten Zeitpunkt aus.

5

Unter dem 28. Juni 2007 erfolgte im Betrieb ein vom Geschäftsführer der Beklagten unterschriebener Aushang, der lautet:

        

„Lohnüberprüfung

        

Ihnen habe ich versprochen, daß Ihre Löhne im Sommer 2007 überprüft werden und möglicherweise angepaßt werden.

        

Das ist nicht vergessen worden. Ich warte noch darauf, welches Ergebnis die laufenden Tarifverhandlungen für die Kautschukindustrie erzielen, damit es bei unseren Lohnanpassungen berücksichtigt werden kann.“

6

Ein ebenfalls vom Geschäftsführer der Beklagten unterschriebener Aushang vom 30. Juli 2007 lautet:

        

„Die Tarifverhandlungen in der Kautschukindustrie schlossen mit den folgenden Ergebnissen:

        

Entgelt:

        

ab dem 01.09.2007

3,1 % 

        
        

ab dem 01.06.2008

0,6 % 

        
        

Laufzeit bis zum 31.08.2008.

        

Übergangsregelungen: 225,00 Euro Ausgleichszahlung für die Monate Juni bis August 2007.

        

Im Lauf des Monats August wird die Geschäftsführung mit der Produktionsleitung die bisherigen individuellen Löhne auf Einzelvertragsbasis unter Berücksichtigung des Tarifabschlusses überprüfen. Im Anschluß daran werden die Verträge angepaßt. Es ist vorgesehen, die individuellen Maßnahmen so durchzuführen, daß sich eventuelle Änderungen der Monatslöhne ab dem 01.09.2007 auswirken können.“

7

Zum 1. September 2007 wurden die Löhne der Arbeitnehmer, die im März 2006 neue Arbeitsverträge unterschrieben hatten, in unterschiedlichem Umfang angehoben.

8

Mit seiner Klage hat der Kläger für die Monate September 2007 bis August 2008 - entsprechend der Tariferhöhung in der niedersächsischen Kautschukindustrie - eine Lohnerhöhung von 3,1 % und eine Einmalzahlung von 225,00 Euro geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, die Aushänge vom 28. Juni und 30. Juli 2007 seien als Gesamtzusage zu verstehen. Zumindest könne er eine Lohnerhöhung unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung verlangen. Außerdem habe die Beklagte gegen das Maßregelungsverbot verstoßen, weil es ihr mit der Versagung der Lohnerhöhung ersichtlich darum gegangen sei, einen Teil der Belegschaft dafür abzustrafen, dass diese Arbeitnehmer einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen im März 2006 nicht zugestimmt hätten.

9

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Belang - zuletzt sinngemäß beantragt:

        

1.    

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.131,12 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 90,73 Euro seit 16. Januar 2008, aus 77,04 Euro seit 16. Januar 2008, aus 350,09 Euro seit 23. April 2008, aus 156,82 Euro seit 20. Juni 2008, aus 158,65 Euro seit 10. September 2008, aus 71,35 Euro seit 6. Oktober 2008, aus 225,00 Euro seit 16. Januar 2008 und aus 1,44 Euro seit 16. Januar 2008 zu zahlen.

        

2.    

Hilfsweise: Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskünfte über die Berechnungsgrundlagen und die Höhe der den bei der Beklagten beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmern jeweils im Jahre 2007 gewährten Entgelterhöhungen, einschließlich der Übergangsregelung zu erteilen und die Beklagte im Weiteren zu verurteilen, den Kläger nach Maßgabe dieser Auskunft gleich zu behandeln.

10

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und vorgetragen, es habe keine kollektive Zusage über eine bestimmte Lohnerhöhung gegeben. Es verletze weder Gleichbehandlungsgrundsatz noch Maßregelungsverbot, wenn sie die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen im März 2006 zumindest teilweise ausgleiche. Vergütungserhöhungen im September 2007 hätten dem Ausgleich der Lohnreduzierung aufgrund der Erhöhung der Arbeitszeit auf 40 Wochenstunden gedient. Die individuell vereinbarten Vergütungen seien in unterschiedlicher Art und Weise erhöht worden, und zwar zwischen 0,0 % und 4,8 %. Von 25 Arbeitnehmern mit neuen Arbeitsverträgen hätten nur zwei eine Lohnerhöhung über 3 % erhalten, 14 bekämen noch immer einen niedrigeren Stundenlohn als im Februar 2006. Sie habe auch nicht allen Arbeitnehmern eine Einmalzahlung iHv. 225,00 Euro gewährt.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht dem Hauptantrag stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Beklagten ist begründet. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann der Klage im Hauptantrag nicht stattgegeben werden.

13

I. Das Landesarbeitsgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Lohnerhöhung unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung bejaht und seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, die Beklagte hätte die Differenzierungsgründe für die von ihr vorgenommene Ungleichbehandlung spätestens offenlegen müssen, als der von der Vergünstigung ausgeschlossene Kläger erstmals seine Gleichbehandlung verlangte. Es reiche nicht aus, dass die Beklagte Differenzierungsgründe im Rahmen des Verfahrens „nachgeschoben“ habe.

14

II. Dem folgt der Senat nicht.

15

1. Hebt der Arbeitgeber durch eine betriebliche Einheitsregelung Arbeitsentgelte generell an, schließt aber eine Gruppe von Arbeitnehmern von der Entgelterhöhung aus, hat er nach ständiger Rechtsprechung des Senats die Gründe für die Differenzierung zwischen der begünstigten Gruppe und den benachteiligten Arbeitnehmern offenzulegen und so substantiiert darzutun, dass die Beurteilung möglich ist, ob die Gruppenbildung sachlichen Kriterien entspricht, sie also einem legitimen Zweck dient und zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich und angemessen ist (vgl. zuletzt BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 14 ff. mwN, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22). In keiner seiner neueren Entscheidungen zu einem auf den Gleichbehandlungsgrundsatz gestützten Anspruch auf Entgelterhöhung hat der Senat aber eine materiellrechtliche oder prozessuale Präklusion angenommen. Zwar hatte der Arbeitgeber nach einer früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (insb. zur Ungleichbehandlung bei Gratifikationen) die Gründe für die Ungleichbehandlung - soweit diese nicht ohnehin aus dem Leistungszweck erkennbar waren - spätestens dann offenzulegen, wenn die Arbeitnehmer, die die geltende Besserstellung für sich in Anspruch nehmen, an ihn herantreten. Kam der Arbeitgeber dieser Verpflichtung nicht rechtzeitig nach, war sein Vorbringen insoweit nicht berücksichtigungsfähig (BAG 22. Dezember 1970 - 3 AZR 52/70 - zu III 3 a, b der Gründe, AP BGB § 305 Billigkeitskontrolle Nr. 2; 5. März 1980 - 5 AZR 881/78 - zu II 4 a der Gründe, BAGE 33, 57; 9. September 1981 - 5 AZR 1182/79 - zu B I 3 der Gründe, BAGE 36, 187; 27. Oktober 1998 - 9 AZR 299/97 - zu I 3 c aa der Gründe, BAGE 90, 85). Ob die alsbaldige Offenlegung der Gründe für eine Differenzierung Voraussetzung dafür ist, dass der Arbeitgeber sich auf diese Gründe berufen kann, hat der Zehnte Senat allerdings schon in seinem Urteil vom 8. März 1995 (- 10 AZR 208/94 - zu I 3 der Gründe, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 184 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 131; ebenso 21. Mai 2003 - 10 AZR 524/02 - zu II 3 der Gründe, BAGE 106, 166) in Frage gestellt, in nachfolgenden Entscheidungen hat das Bundesarbeitsgericht diese Rechtssätze nicht mehr aufrechterhalten. Die Zubilligung eines ggf. im Wege der Stufenklage durchsetzbaren Auskunftsanspruchs des Arbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber (BAG 1. Dezember 2004 - 5 AZR 664/03 - zu II 2 der Gründe, BAGE 113, 55) eröffnet einem Arbeitnehmer eine ausreichende Möglichkeit, sich Kenntnis über die Gründe für die Ungleichbehandlung zu verschaffen und die Chancen für die weitere Rechtsverfolgung einzuschätzen (BAG 27. Juli 2010 - 1 AZR 874/08 - Rn. 26, NZA 2010, 1369).

16

2. Eine materiellrechtliche oder prozessuale Präklusion des Arbeitgebers mit Differenzierungsgründen lässt sich - jedenfalls bei einem auf den Gleichbehandlungsgrundsatz gestützten Anspruch auf Entgelterhöhung - nicht begründen. Die unterschiedliche Leistungsgewährung bei der generellen Anhebung von Arbeitsentgelten durch eine betriebliche Einheitsregelung muss stets im Sinne materieller Gerechtigkeit sachgerecht sein (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 16 mwN, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22), der Gleichbehandlungsgrundsatz dient damit der Gewährung materieller Gerechtigkeit. Seine Verletzung hängt nicht davon ab, ob der Arbeitgeber die Gründe der von ihm vorgenommenen Differenzierung dem Arbeitnehmer - vorprozessual - mitgeteilt hat, sondern davon, ob die Ungleichbehandlung in der Sache gerechtfertigt ist (vgl. BAG 21. August 2007 - 3 AZR 269/06 - Rn. 30, BAGE 124, 22). Ob der Arbeitgeber einen „nachgeschobenen“ Differenzierungsgrund nur „vorschiebt“, ist keine Frage der Präklusion (so aber wohl ErfK/Preis 11. Aufl. § 611 BGB Rn. 605), sondern der Tatsachenfeststellung. Die Tatsacheninstanzen haben nach den Grundsätzen des § 286 Abs. 1 ZPO festzustellen, ob der vom Arbeitgeber im Prozess vorgetragene Differenzierungsgrund tatsächlich vorliegt. Eine zeitliche Grenze für die Offenlegung von Differenzierungsgründen bildet nur das Revisionsrecht. Der Arbeitgeber kann seine Ungleichbehandlung nicht auf Gründe stützen, die als neue Tatsachen vom Revisionsgericht nach § 559 ZPO nicht mehr berücksichtigt werden können(BAG 6. Oktober 1993 - 10 AZR 450/92 - zu II 3 c der Gründe, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 107 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 57).

17

III. Ob und ggf. in welchem Umfang die Klage im Hauptantrag begründet ist, kann der Senat auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts nicht entscheiden. Das Landesarbeitsgericht hat weder festgestellt, welche allgemeine Regel der Anhebung der Entgelte zugrunde lag, noch welchen Zweck bzw. welche Zwecke die Beklagte mit der Entgelterhöhung verfolgte. Die Sache war deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

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1. Nach ihrem eigenen Vorbringen hat die Beklagte eine Gruppenbildung zwischen den Arbeitnehmern, die mit Wirkung zum 1. März 2006 neue Arbeitsverträge abgeschlossen und eine Vergütungsminderung hingenommen haben, und denen, die damit nicht einverstanden waren, vorgenommen. Die Vergütung der einen Gruppe hat sie freiwillig, dh. ohne rechtliche Verpflichtung zum 1. September 2007 angehoben, allerdings in unterschiedlicher Höhe. Des Weiteren hat sie einem Teil der Arbeitnehmer innerhalb der begünstigten Gruppe eine Einmalzahlung im Sinne einer pauschalen Lohnerhöhung (zum Begriff der Einmalzahlung vgl. BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 31 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44)für die Monate Juni bis August 2007 gewährt.

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Der Zweck, bestehende Vergütungsunterschiede auszugleichen, kann es, sofern der Arbeitgeber die Nachteile der begünstigten Arbeitnehmergruppe nicht überkompensiert, rechtfertigen, Arbeitnehmern, die sich auf eine Erhöhung ihrer Wochenarbeitszeit und den damit verbundenen finanziellen Nachteilen nicht einließen, die der anderen Arbeitnehmergruppe gewährte Gehaltserhöhung vorzuenthalten. Das Landesarbeitsgericht hat aber keine Feststellungen dazu getroffen, ob der von der Beklagten behauptete, in der Berufungsverhandlung zu Protokoll erklärte Zweck, finanzielle Nachteile aus der verlängerten Arbeitszeit auszugleichen, tatsächlich vorlag und der alleinige Zweck der Entgelterhöhung war (zur Gleichbehandlung bei mehreren Zwecken einer Leistung vgl. BAG 1. April 2009 - 10 AZR 353/08 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 284). Zweifel ergeben sich schon aus dem eigenen Sachvortrag der Beklagten. Danach haben elf von 25 Arbeitnehmern mit neuen Arbeitsverträgen nach der streitgegenständlichen Entgelterhöhung einen höheren Stundenlohn als vor der Entgeltsenkung und Arbeitszeitverlängerung zum 1. März 2006. Außerdem hat die Beklagte bereits vorprozessual und erneut in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgebracht, der Umfang der Entgelterhöhung innerhalb der begünstigten Gruppe habe sich nach der Leistung der einzelnen Arbeitnehmer gerichtet.

20

2. Die Beklagte hat bei einem Teil ihrer Arbeitnehmer zum 1. September 2007 das Entgelt erhöht. Deshalb ist sie im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast verpflichtet, sowohl sämtliche Zwecke für ihre freiwillige Leistung an (nur) eine Gruppe von Arbeitnehmern als auch die Grundsätze für die Verteilung der freiwilligen Leistung innerhalb der begünstigten Gruppe substantiiert offenzulegen. Bezweckte die Entgelterhöhung nicht nur die Kompensation finanzieller Nachteile aus der unterschiedlichen Arbeitsvertragsgestaltung, sondern sollte sie auch bestimmte Leistungen honorieren, muss die Beklagte darüber hinaus die Kriterien hierfür vortragen und darlegen, welche Leistung in ihren Augen eine Lohnerhöhung in welcher Höhe rechtfertigt. Als Einwendung gegen das Gleichbehandlungsverlangen des Klägers hat sie eine entsprechende Leistungsbeurteilung für diesen nachzuholen und substantiiert darzutun, welche Kriterien für eine leistungsabhängige Entgelterhöhung der Kläger aus welchen Gründen nicht erfüllt haben soll.

21

Kommt die Beklagte ihrer Offenlegungspflicht nicht nach, kann der Kläger Gleichbehandlung nach Maßgabe der begünstigten Gruppe verlangen. Sollten - wie von der Beklagten behauptet - die Entgelte innerhalb der begünstigten Gruppe tatsächlich in unterschiedlichem Maße angehoben worden sein, kann der Kläger eine Entgelterhöhung um einen gewichteten Durchschnittswert beanspruchen (vgl. BAG 9. September 1981 - 5 AZR 1182/79 - zu B II 4 der Gründe, BAGE 36, 187).

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3. Trotz seines - knappen - rechtlichen Hinweises vom 23. April 2009 „auf § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG“ hat das Landesarbeitsgericht nicht geprüft, ob sich ein Anspruch des Klägers auf Entgelterhöhung entsprechend den Tariflohnerhöhungen in der niedersächsischen Kautschukindustrie aus im Betrieb der Beklagten(ursprünglich und noch) geltenden Entlohnungsgrundsätzen, die möglicherweise mangels Beteiligung des Betriebsrats nicht wirksam abgeändert wurden, ergeben könnte (vgl. dazu BAG 11. Juni 2002 - 1 AZR 390/01 - BAGE 101, 288). Auch insoweit ist dem Senat eine abschließende Entscheidung mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen verwehrt.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Für den aus dem Amt
ausgeschiedenen ehrenamtlichen
Richter Kessel
Müller-Glöge    

        

    Zoller    

                 

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.