Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 06. Dez. 2011 - 3 Sa 354/11

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2011:1206.3SA354.11.0A
bei uns veröffentlicht am06.12.2011

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 18. März 2011 - 2 Ca 33/10 - abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.796,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus

378,00 € seit 01.08.2008,
459,00 € seit 01.09.2008,
108,00 € seit 01.10.2008,
378,00 € seit 01.11.2008,
378,00 € seit 01.12.2008,
135,00 € seit 01.01.2009,
216,00 € seit 01.02.2009,
324,00 € seit 01.03.2009,
243,00 € seit 01.04.2009,
189,00 € seit 01.05.2009,
243,00 € seit 01.06.2009,
297,00 € seit 01.07.2009,
324,00 € seit 01.08.2009,
131,00 € seit 01.09.2009,
208,00 € seit 01.10.2009,
593,00 € seit 01.11.2009,
747,00 € seit 01.12.2009,
516,00 € seit 01.01.2010,
978,00 € seit 01.02.2010,
54,00 € seit 01.03.2010,
747,00 € seit 01.04.2010,
593,00 € seit 01.05.2010,
285,00 € seit 01.06.2010,
670,00 € seit 01.07.2010,
593,00 € seit 01.08.2010,
362,00 € seit 01.09.2010,
593,00 € seit 01.11.2010 und
54,00 € seit 01.12.2010 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für jede von ihm gefahrene Doppel- und Außerkreistour 77,00 € pro Tour zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits (erster und zweiter Instanz) trägt die Beklagte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Zahlung von Zulagen für sog. Doppel- und Außerkreistouren.

2

Der Kläger ist im Betrieb der Beklagten seit 8. November 1993 als Kraftfahrer beschäftigt. Ihm wurde - ebenso wie allen anderen Fahrern - seit seiner Einstellung bis zum 30. Juni 2008 für sog. Doppel- und Außerkreistouren eine Zulage in Höhe von zunächst 150,00 DM brutto und dann - nach der Euro-Einführung - in Höhe von 77,00 € brutto pro Tour gezahlt. Eine Doppeltour liegt vor, wenn an einem Tag zwei Touren gefahren werden. Eine Außerkreistour ist anzunehmen, wenn die einfache Fahrtstrecke mehr als 250 km beträgt.

3

Ab dem 01. Juli 2008 nahm die Beklagte eine Kürzung der Zulagen vor. Hierzu teilte die Beklagte ihren Fahrern mit Schreiben vom 27. Juni 2008 folgendes mit:

4

"Hallo meine Herren Fahrer!!!
Nachdem mehrere Gespräche in der Angelegenheit Umgestaltung der Spesen mit nahezu allen Fahrern geführt wurden, möchten wir Ihnen nachfolgend die Änderungen zum 01.07.2008 zusammengefasst mitteilen:
Die Zulage für eine Doppeltour beträgt 50,00 Euro
Die bisherigen Außer-Kreisfahrten werden komplett gestrichen. Als Ersatz gibt es eine neue Kundenliste (siehe Kopie im Anhang), für die eine Vergütung von 50,00 Euro pro Tour gezahlt wird.
Die Spesen werden nur noch steuerfrei in der jeweiligen Abwesenheitszeit gezahlt, d.h. keine zu versteuernden Spesen mehr.

5

Für wirtschaftliches Fahrverhalten (Sommer 31ltr./Winter 32ltr.) wird pro Fahrer und Monat eine Vergütung von 50,00 Euro gezahlt.
Für die Rückführung von guten IBC`s (PackOne), die den Annahmebedingungen entsprechen, wird eine Vergütung von 1,00 Euro pro Stück gezahlt. Diese Vergütungen werden komplett gesammelt und am Ende des Monats durch die Anzahl der Fahrer geteilt.
Für Rückführungen, die nicht den Annahmebedingungen entsprechen, wird der verschuldende Fahrer mit 5,00 Euro pro Stück belastet.
Für unfallfreies Fahren wird am Jahresende (Gehalt Januar 2009) eine Prämie von Euro 150,00 ausgezahlt.
Die oben erwähnten Zulagen und Prämien gelten als zu versteuerndes Einkommen.
Die LKW-Waschstraße ist bei der Firma R., M. (Industriegebiet) an der A48 einmal pro Woche anzufahren. Hier haben wir einen Probevertrag bis zum 31.07.2008 abgeschlossen.
Das Telefonieren unter den Kollegen wird durch einen neuen Vertrag mit der Telekom gebührenfrei möglich sein."

6

Ab dem 01. August 2009 wurden die Zulagen für Doppel- und Außerkreistouren von der Beklagten ersatzlos gestrichen. Diesbezüglich erhielt der Kläger folgendes Schreiben der Beklagten vom 30. Juli 2009:

7

"(…)
wie Sie wissen, befindet sich Deutschland und nahezu die ganze Welt nach wie vor in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage. Leider ist auch kurzfristig keine deutliche Verbesserung erkennbar.
Diese gesamtwirtschaftliche Situation hat natürlich auch Einfluss auf die geschäftliche Lage von p. C-Stadt. Bisher konnten wir zwar Entlassungen von fest angestellten Mitarbeitern abwenden, wir sind jedoch weiterhin gezwungen, Maßnahmen hinsichtlich Kosteneinsparungen zu treffen.
Aus diesem Grund müssen wir leider die bisherigen, freiwillig gezahlten Zulagen für Doppeltouren und Außerkreistouren ersatzlos streichen. Diese Maßnahme erfolgt mit Wirkung zum 1. August 2009.
Wie bisher erhalten Sie nach wie vor Prämien für Treibstoffsparende Fahrweise, unfallfreies Fahren, sowie für die Übernahme von wieder verwendbaren IBCs.
Auch hat sich die Geschäftsleitung dazu entschlossen, in Ihrem Fall das Festgehalt um € 100,00 pro Monat zu erhöhen. Diese Erhöhung des Festgehaltes soll Ausdruck unserer Zufriedenheit mit Ihrer Leistung sein und auch einen Ausgleich zum Verlust der Zulage darstellen.
Abschließend hoffen wir auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage in naher Zukunft und freuen uns auf weiterhin gute Zusammenarbeit mit Ihnen."

8

Mit anwaltlichem Schreiben vom 06. Oktober 2009 forderte der Kläger die Beklagte zur Nachzahlung der bis dahin fälligen Zulagen auf.

9

Mit seiner beim Arbeitsgericht Koblenz erhobenen Klage begehrt der Kläger für die Zeit ab dem 01. Juli 2008 die zuvor in Höhe von 77,00 € brutto gezahlten Zulagen für jede von ihm gefahrene Doppel- und Außerkreistour und macht die sich hiernach ergebenden (Differenz-)Beträge für die von ihm aufgeführten Tage (unter Anrechnung des als Ausgleich für den Verlust der Zulagen erhaltenen Betrags in Höhe von 100,00 € brutto pro Monat ab 01. August 2009) geltend.

10

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, die einseitige Kürzung bzw. Einstellung der aufgrund betrieblicher Übung gewährten Zulagen sei unwirksam. Entgegen dem Vortrag der Beklagten sei keine Vertragsänderung durchgeführt worden. Es liege bereits kein annahmefähiges Angebot auf Änderung oder Einstellung der betrieblichen Übung vor. Die Beklagte habe die im Schreiben vom 27. Juni 2008 angekündigte Kürzung der Zulagen einseitig vorgenommen, worüber die Fahrer ihren Unmut auch deutlich zum Ausdruck gebracht hätten. Er habe sich auch nicht konkludent mit der Kürzung einverstanden erklärt. Entgegen der Darstellung der Beklagten habe er lediglich bei Auszahlung eines Teils der Spesen in bar den Erhalt des Barbetrages mit seiner Unterschrift quittiert. Die vorgegebenen Änderungen seien lediglich von der Beklagten und nicht von beiden Vertragsparteien praktiziert worden. Die vereinbarte Zulagenregelung sei nicht wegen Verstoßes gegen § 3 FPersG unwirksam, weil hierdurch die Sicherheit des Straßenverkehrs nicht beeinträchtigt sei. Die Zulage sei allein davon abhängig, ob den Fahrern vom Disponenten eine sog. Doppel- oder Außerkreistour übertragen werde. Die Fahrer könnten durch ihr Fahrverhalten keinerlei Einfluss darauf nehmen, wann diese Zulage anfalle. Entgegen der Darstellung der Beklagten seien auch keinerlei Ziele der Zulagen in irgendeiner Besprechung bekundet worden. In Bezug auf die von der Beklagten angeführte Besprechung vom 13. Dezember 2008 sei dies schon deshalb unglaubhaft, weil die Entlohnung von Doppel- und Außerkreistouren auch bereits zuvor bestanden habe und nicht ersichtlich sei, weshalb anlässlich einer Kürzung die Ziele der Zulagen erläutert werden sollten. Unabhängig davon könne sich die Beklagte gemäß § 242 BGB ohnehin nicht auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung berufen.

11

Der Kläger hat beantragt,

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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.351,00 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 378,00 EUR brutto seit dem 01.08.2008, aus einem weiteren Betrag in Höhe von 459,00 EUR brutto seit dem 01.09.2008, aus einem weiteren Betrag in Höhe von 108,00 EUR seit dem 01.10.2008, aus einem weiteren Betrag in Höhe von 378,00 EUR brutto seit dem 01.11.2008, aus einem weiteren Betrag in Höhe von 378,00 EUR brutto seit dem 01.12.2008, aus einem weiteren Betrag in Höhe von 135,00 EUR brutto seit dem 01.01.2009, aus einem weiteren Betrag in Höhe von 216,00 EUR brutto seit dem 01.02.2009, aus einem weiteren Betrag in Höhe von 324,00 EUR brutto seit dem 01.03.2009, aus einem weiteren Betrag in Höhe von 243,00 EUR brutto seit dem 01.04.2009, aus einem weiteren Betrag in Höhe von 189,00 EUR brutto seit dem 01.05.2009, aus einem weiteren Betrag in Höhe von 243,00 EUR brutto seit dem 01.06.2009, aus einem weiteren Betrag in Höhe von 297,00 EUR brutto seit dem 01.07.2009, aus einem weiteren Betrag in Höhe von 324,00 EUR brutto seit dem 01.08.2009, aus einem weiteren Betrag in Höhe von 131,00 EUR brutto seit dem 01.09.2009, aus einem weiteren Betrag in Höhe von 208,00 EUR brutto seit dem 01.10.2009, aus einem weiteren Betrag in Höhe von 593,00 EUR brutto seit dem 01.11.2009 und aus einem weiteren Betrag in Höhe von 747,00 EUR brutto seit dem 01.12.2009 zu zahlen,
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm für jede von ihm gefahrene Doppel- und Außerkreistour 77,00 EUR pro Tour zu zahlen,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.843,00 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 516,00 EUR brutto seit dem 01.01.2010, aus einem weiteren Betrag in Höhe von 978,00 EUR brutto seit dem 01.02.2010, aus einem weiteren Betrag in Höhe von 54,00 EUR brutto seit dem 01.03.2010, aus einem weiteren Betrag in Höhe von 747,00 EUR brutto seit dem 01.04.2010, aus einem weiteren Betrag in Höhe von 593,00 EUR brutto seit dem 01.05.2010, aus einem weiteren Betrag in Höhe von 285,00 EUR brutto seit dem 01.06.2010 und aus einem weiteren Betrag in Höhe von 670,00 EUR brutto seit dem 01.07.2010 zu zahlen,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.602,00 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 593,00 EUR brutto seit dem 01.08.2010, aus einem weiteren Betrag in Höhe von 362,00 EUR brutto seit dem 01.09.2010, aus einem weiteren Betrag in Höhe von 593,00 EUR brutto seit dem 01.11.2010 und aus einem weiteren Betrag in Höhe von 54,00 EUR brutto seit dem 01.12.2010 zu zahlen.

13

Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

15

Sie hat erwidert, die Parteien hätten hinsichtlich der Zulagenregelung eine Vertragsänderung durchgeführt. Bereits ab dem Frühjahr 2008 habe ihr zuständiger Vertriebsleiter verschiedene Gespräche mit den betroffenen Fahrern geführt, um deutlich zu machen, dass angesichts zurückgehender Erträge in ihrem Geschäft Sparmaßnahmen unvermeidlich seien. Die vorbesprochenen Änderungen, die nach den geführten Gesprächen in dem Schreiben ihrer Geschäftsleitung vom 27. Juni 2008 zusammengefasst seien, hätten alle Fahrer akzeptiert. In der Folgezeit hätten die Fahrer jeweils nach dem neuen Abrechnungssystem die monatlichen Abrechnungsbögen erstellt sowie zur Auszahlung vorgelegt und die empfangenen Spesen jeweils quittiert. In der Besprechung vom 13. Dezember 2008 sei u.a. auch die geänderte Zulagenregelung ab dem 01. Juli 2008 besprochen worden, ohne dass die Fahrer der geänderten Regelung etwa widersprochen hätten. Die ab dem 01. Juli 2008 praktizierte Zulagenregelung sei in das Vertragsverhältnis der Parteien eingeflossen. Unabhängig davon fehle es schon an einer wirksamen Anspruchsgrundlage, weil die vom Kläger reklamierte Zulagenregelung wegen Verstoßes gegen § 3 FPersG nichtig sei. Entgegen der Darstellung des Klägers könne keine Rede davon sein, dass die Zulagen das Fahrverhalten nicht beeinflussen würden. Tatsächlich sei die Zulagenregelung nämlich ausschließlich deshalb eingeführt worden, um die Fahrer anzuhalten, auch bei Doppeltouren und Außerkreisfahrten regelmäßig täglich mit dem LKW wieder zur Plattform nach C-Stadt zurückzukehren, um den nahtlosen Umschlag für den nächsten Tag zu gewährleisten. Dass dieses Ziel tatsächlich im Vordergrund gestanden habe, sei von ihr in der Besprechung vom 13. Dezember 2008 ausdrücklich hervorgehoben worden.

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Mit Urteil vom 18. März 2011 hat das Arbeitsgericht Koblenz die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die aufgrund betrieblicher Übung zwischen den Parteien bestehende Vereinbarung über die Zahlung von Zulagen für Doppel- und Außerkreistouren wegen Verstoßes gegen § 3 FPersG nach § 134 BGB nichtig sei. Denn es handele sich um Zuschläge für zurückgelegte Fahrstrecken. Bei derartigen Zahlungen von Zulagen für Doppel- und Außerkreistouren könne nicht ausgeschlossen werden, dass Fahrer versuchten, schneller als erlaubt zu fahren, um die problemlose und schnelle Durchführung von Doppel- und Außerkreistouren zu ermöglichen, um dann auch am nächsten Tag wieder die Zuweisung von Doppel- bzw. Außerkreistouren zu erlangen. Derartige Zahlungen seien grundsätzlich geeignet, das Fahrverhalten der Fahrer zu beeinflussen, wodurch auch die Sicherheit im Straßenverkehr beeinträchtigt werden könnte. Im Ergebnis seien jedenfalls keine hinreichenden Anhaltspunkte dargetan oder bewiesen, dass derartige Zulagen wirklich nicht geeignet wären, die Sicherheit im Straßenverkehr zu beeinträchtigen. Im Ergebnis sei bei den betreffenden Zulagen davon auszugehen, dass es sich um verbotene Zulagen im Sinne des § 3 FPersG handele, so dass die konkludente Vereinbarung derartiger Zahlungen nichtig sei.

17

Das Urteil des Arbeitsgerichts ist dem Kläger am 24. Mai 2011 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 22. Juni 2011, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, hat der Kläger Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten für die von ihm beabsichtigte Berufung beantragt. Mit Beschluss vom 28. Juli 2011, der dem Kläger am 3. August 2011 zugestellt worden ist, ist ihm die beantragte Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Mit Schriftsatz vom 12. August 2011, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, hat der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und Berufung mit gleichzeitiger Begründung eingelegt.

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Der Kläger trägt vor, die gezahlten Zulagen seien entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht geeignet, die Sicherheit des Straßenverkehrs zu beeinträchtigen. Weder die Gewährung der Zulagen für die bereits vor Antritt feststehenden Touren noch deren Höhe könne durch das Fahrverhalten beeinflusst werden. Entgegen der unzutreffenden Darstellung der Beklagten würden die Zulagen für die sog. Doppel- oder Außerkreistour unabhängig davon gezahlt, ob die Fahrer noch am selben Tag wieder zur Betriebsstätte zurückkehrten. Selbst wenn inneres Motiv der Beklagten gewesen sein sollte, Mitarbeiter zur arbeitstäglichen Rückkehr an den Standort zu bewegen, sei dies weder zum Inhalt der vertraglichen Abreden gemacht noch in irgendeiner Weise verlautbart worden. Mit zeitlichen Vorgaben habe nie ein entgeltwirksamer Zusammenhang bestanden. Erkennbarer Zweck der gezahlten Zulagen sei vielmehr die pauschale Abgeltung der höheren Arbeitsbelastung, mit der Doppeltouren wegen doppelter Be- und Entladevorgänge und Außerkreistouren wegen höherer Fahrstrecken- und Verkehrsbelastung verbunden seien. Es handele sich nicht um Leistungslöhne, sondern um Erschwerniszulagen, die ebenso wie die Regelvergütung keinen Anreiz für "schnelleres Fahren" oder sonstige Gefährdungen schaffen würden

19

Der Kläger beantragt,

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1. ihm wegen der Versäumung der Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren,
2. das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 18. März 2011 - 2 Ca 33/10 - abzuändern und nach den Schlussanträgen erster Instanz zu erkennen.

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Die Beklagte beantragt,

22

die Berufung zurückzuweisen.

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Sie erwidert, das Arbeitsgericht habe zu Recht die Klage bereits deshalb abgewiesen, weil die vom Kläger erstrebten Zulagen gegen das gesetzliche Verbot des § 3 FPersG verstoßen würden. Der Hintergrund für die Gewährung der Zulagen habe ausschließlich darin gelegen, die Fahrer zu ermuntern, auch die weiter gelegten Ziele zügig anzufahren, so dass sowohl bei einer Außerkreistour als auch bei einer Doppeltour die Rückkehr des Fahrzeugs für den Abend des gleichen Tages an der Betriebsstätte möglich gewesen sei, damit sodann direkt für den nächsten Tag habe umgebrückt werden können. Abgesehen von Ausnahmefällen sei es unrichtig, dass die Zulage auch gezahlt würde, wenn die Fahrer nach der Doppel- oder Außerkreistour nicht zur Betriebsstätte zurückkehren würden. Natürlich komme es unter diesen Umständen darauf an, dass die Fahraufträge zügig durchgeführt würden, um das angestrebte Ziel zu erreichen. Soweit der Kläger darauf verwiesen habe, dass die Doppel- und Außerkreistouren regelmäßig nicht in der üblichen Stundenarbeitszeit zu absolvieren seien, spreche dies gerade für ihre Argumentation. Selbstverständlich sei der Anreiz, die Außerkreisfahrten und Doppeltouren mit einer Zulage zu versehen, auch vor dem Hintergrund erfolgt, teure zusätzliche Überstundenvergütungen abzuwenden. Gerade hierdurch werde jedoch der Ansatz, wonach die einzuhaltende Geschwindigkeit für die Zulagengewährung eine wesentliche Rolle spiele, direkt sichtbar. Die Zulage sei für die vermehrte Fahrtstrecke geleistet worden, was das FPersG gerade verhindern wolle. Die Zulagenregelung verstoße mithin gegen das gesetzliche Verbot des § 3 FPersG und sei deshalb nach § 134 BGB nichtig.

24

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

25

Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet.

26

A. Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b ArbGG statthafte Berufung ist zulässig.

27

Zwar hat der Kläger die Berufungsfrist und die Berufungsbegründungsfrist versäumt. Er war jedoch ohne sein Verschulden verhindert, diese Fristen einzuhalten, so dass ihm auf seinen form- und fristgerecht gestellten Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Das durch Bedürftigkeit begründete Unvermögen einer Partei, einen Rechtsanwalt mit der notwendigen Vertretung zur Vornahme von fristwahrenden Prozesshandlungen zu beauftragen, stellt anerkanntermaßen einen Wiedereinsetzungsgrund im Sinne des § 233 ZPO dar, wenn die Partei - wie hier - ein vollständiges Gesuch um Prozesskostenhilfe innerhalb der Rechtsmittelfrist beim zuständigen Gericht anbringt (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 13. Januar 2011 - 10 Sa 445/10 - [juris]; Zöller ZPO 28. Aufl. § 233 Rn. 23 "Prozesskostenhilfe" m.w.N.). Nach der erfolgten Bewilligung der Prozesskostenhilfe hat der Kläger gemäß § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO die versäumten Prozesshandlungen innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist (§ 234 ZPO) nachgeholt.

28

B. Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Die zulässige Klage ist begründet.

29

I. Die Klage ist insgesamt zulässig.

30

Der Feststellungsantrag ist als Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO zulässig. Ein besonderes Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO ist nicht erforderlich (BAG 25. November 2009 - 10 AZR 779/08 - Rn. 19, NZA 2010, 283).

31

II. Die Klage ist auch begründet.

32

1. Der Kläger hat aufgrund betrieblicher Übung einen vertraglichen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung der mit dem Leistungsantrag für den streitgegenständlichen Zeitraum geltend gemachten Zulagen für die aufgeführten Doppel- und Außerkreistouren in der begehrten Höhe. Für die Zeit danach ist aufgrund des begründeten Feststellungsantrags festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für jede von ihm gefahrene Doppel- und Außerkreistour 77,00 € brutto zu zahlen.

33

a) Der Anspruch beruht auf einer betrieblichen Übung, die die Beklagte durch die regelmäßige vorbehaltlose Zahlung der Zulagen für Doppel- und Außerkreistouren begründet hat.

34

aa) Unter einer betrieblichen Übung wird die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers verstanden, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. Aus dem Verhalten des Arbeitgebers wird konkludent auf eine Willenserklärung geschlossen, die vom Arbeitnehmer gemäß § 151 BGB angenommen werden kann. Dadurch wird ein vertragliches Schuldverhältnis geschaffen, aus dem bei Eintritt der vereinbarten Anspruchsvoraussetzungen ein einklagbarer Anspruch auf die üblich gewordene Vergünstigung erwächst (zur betrieblichen Übung vgl. BAG 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 35 und 36, NZA 2006, 1174).

35

bb) Die Beklagte hat dem Kläger ebenso wie allen anderen Fahrern seit seiner Einstellung vorbehaltlos bis zum 30. Juni 2008 unstreitig für jede von ihm gefahrene Doppel- und Außerkreistour eine Zulage gezahlt, die sich seit der Euro-Einführung auf 77,00 € brutto pro Tour belaufen hat. Die Zulage für eine Doppeltour wurde gezahlt, wenn an einem Tag zwei Touren gefahren werden. Für eine Außerkreistour wurde die Zulage gezahlt, wenn die einfache Fahrtstrecke mehr als 250 km beträgt. Durch die jahrelange vorbehaltlose Gewährung dieser Zulagen an den Kläger und die anderen Fahrer hat die Beklagte eine betriebliche Übung begründet, aus der vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen entstanden sind. Der Anspruch auf Zahlung einer Zulage für Doppel- und Außerkreistouren ist mithin zum Inhalt des Arbeitsvertrags des Klägers geworden, so dass er auf individualrechtlichem Wege nach den allgemeinen Regeln des Vertragsrechts nur durch eine entsprechende Vereinbarung mit dem Kläger bzw. durch Ausspruch einer Änderungskündigung verschlechtert oder beseitigt werden konnte.

36

b) Der aus betrieblicher Übung entstandene Rechtsanspruch des Klägers ist weder verschlechtert noch beseitigt worden.

37

aa) Eine sog. gegenläufige betriebliche Übung kommt nicht in Betracht.

38

Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 18. März 2009 (- 10 AZR 281/08 - NZA 2009, 601) seine Rechtsprechung zur gegenläufigen betrieblichen Übung aufgegeben. Danach können die zuvor aufgestellten Grundsätze zur Verschlechterung oder Beseitigung vertraglicher Ansprüche von Arbeitnehmern aufgrund einer gegenläufigen betrieblichen Übung spätestens seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts am 01. Januar 2002 nicht mehr aufrechterhalten bleiben. Durch eine betriebliche Übung erwerben Arbeitnehmer vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Der so entstandene Rechtsanspruch ist kein vertraglicher Anspruch minderer Rechtsbeständigkeit. Der Arbeitgeber kann ihn daher genauso wenig wie einen durch ausdrückliche arbeitsvertragliche Abrede begründeten Anspruch des Arbeitnehmers unter erleichterten Voraussetzungen zu Fall bringen (BAG 25. November 2009 - 10 AZR 779/08 - NZA 2010, 283).

39

bb) Der durch die betriebliche Übung gestaltete Inhalt des Arbeitsvertrags ist nicht vertraglich abgeändert worden.

40

Die Schreiben der Beklagten vom 27. Juni 2008 und 30. Juli 2009 stellen kein Vertragsangebot i.S.v. § 145 BGB an die Arbeitnehmer zur Änderung bzw. Beseitigung ihrer vertraglichen Ansprüche dar. Dementsprechend kann in einer - zunächst - widerspruchslosen Weiterarbeit der Arbeitnehmer auch keine Annahme eines Änderungsangebots gesehen werden (vgl. hierzu BAG 14. August 1996 - 10 AZR 69/96 - NZA 1996 1323; 14. Februar 2007 - 10 AZR 35/06 - Rn. 12, NZA 2007, 690).

41

Mit ihrem Schreiben vom 27. Juni 2008 hat die Beklagte ihren Fahrern lediglich die von ihr - einseitig - beschlossenen "Änderungen zum 01.07.2008" mitgeteilt. Daran ändert auch der Umstand nichts, das dem Schreiben vom 27. Juni 2008 nach dem Vortrag der Beklagten verschiedene Gespräche mit den Fahrern vorausgegangen sein sollen, um deutlich zu machen, dass angesichts zurückgehender Erträge Sparmaßnahmen unvermeidlich seien. Die Beklagte konnte aufgrund der von ihr angeführten Gespräche allenfalls darauf hoffen, dass ihre Fahrer Verständnis für die von ihr dargestellten Sparzwänge zeigen und die deshalb vorgenommenen Kürzungen hinnehmen würden (vgl. hierzu BAG 14. August 1996 - 10 AZR 69/96 - Rn. 29, NZA 1996, 1323). Die einseitige Ankündigung einer aus wirtschaftlichen Gründen für notwendig erachteten Einschränkung oder Einstellung der gezahlten Zulagen stellt kein Vertragsangebot der Beklagten an ihre Fahrer dar. Die Beklagte hat auch selbst nicht behauptet, dass sie die in ihrem Schreiben vom 27. Juni 2008 und 30. Juli 2009 mitgeteilte Kürzung bzw. Streichung der bisherigen Zulagen von einer Zustimmung ihrer Fahrer abhängig gemacht hat. Vielmehr ist die Beklagte davon ausgegangen, dass sie ohne eine darauf gerichtete Vereinbarung mit ihren Fahrern berechtigt ist, die Zulagen aus den von ihr angeführten wirtschaftlichen Gründen zu kürzen bzw. ganz zu streichen. Das ergibt sich auch aus ihrem Schreiben vom 30. Juli 2009, in dem sie ihren Fahrern unter Verweis auf die angeführte schwierige wirtschaftliche Lage mitgeteilt hat, dass sie "leider die bisherigen, freiwillig gezahlten Zulagen für Doppeltouren und Außerkreistouren ersatzlos streichen" müsse.

42

Mit ihren Schreiben vom 27. Juni 2008 und 30. Juli 2009 hat die Beklagte weder ausdrücklich noch konkludent ein annahmefähiges Angebot abgegeben. Sie hat vielmehr die Zulagen einseitig ab 01. Juli 2008 gekürzt sowie ab 01. August 2009 ganz gestrichen und dies damit begründet, dass aufgrund der wirtschaftlichen Lage Sparmaßnahmen notwendig seien. Erfüllt der Arbeitgeber bestimmte Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis aus wirtschaftlichen Gründen nicht, gibt er damit noch keine rechtsgeschäftliche Erklärung ab, er wolle das Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen fortsetzen. Ein solches Verhalten müssen die Arbeitnehmer nicht als Vertragsangebot verstehen (BAG 25. November 2009 - 10 AZR 779/08 - Rn. 24, NZA 2010, 283). Dementsprechend kann in einer - zunächst - widerspruchslosen Weiterarbeit der Arbeitnehmer auch keine Annahme eines Änderungsangebotes gesehen werden. Insbesondere ist unerheblich, dass sich die Fahrer nach dem - bestrittenen - Vortrag der Beklagten ab dem 01. Juli 2008 entsprechend der von ihr vorgegebenen Änderung der Abrechnung von Doppel- und Außerkreistouren verhalten haben sollen und der jeweilige Abrechnungsbogen handschriftlich quittiert worden sein soll. In Anbetracht der einseitigen Vorgehensweise der Beklagten liegt in einer weisungsgemäß erfolgten Umsetzung der von der Beklagten einseitig vorgegebenen Änderungen durch die Fahrer kein rechtsgeschäftliches Verhalten, das sich als Annahme eines verschlechternden Vertragsangebots qualifizieren lässt. Im Hinblick darauf, dass es bereits an einem annahmefähigen Angebot einer verschlechternden Vertragsänderung fehlt, kann dahingestellt bleiben, ob im Falle der Abgabe eines Angebots auf Verschlechterung der Zulagenregelung eine widerspruchslose Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses durch die betroffenen Fahrer überhaupt als konkludente Annahme eines solchen Angebots gewertet werden kann oder dies nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes im Hinblick auf § 308 Nr. 5 BGB ausgeschlossen ist (vgl. hierzu BAG 25. November 2009 - 10 AZR 779/08 - NZA 2010, 283; 18. März 2009 - 10 AZR 281/08 - NZA 2009, 601).

43

Auf die Mitteilung des Schuldners, er werde einen Anspruch teilweise oder ganz nicht erfüllen, muss der Gläubiger nicht ablehnend reagieren. Er kann seinen Anspruch jederzeit geltend machen, solange diesem nicht Ausschluss- oder Verjährungsfristen entgegenstehen. Tut er das nicht, kann der Schuldner daraus nicht herleiten, der Gläubiger habe auf seinen Anspruch verzichtet (BAG 14. August 1996 - 10 AZR 69/96 - Rn. 31, NZA 1996, 1323).

44

Im Streitfall kann dahingestellt bleiben, ob etwas anderes daraus hätte folgen können, dass die Beklagte dem Kläger mit dem Schreiben vom 30. Juli 2009 auch eine Gehaltserhöhung um 100,00 € pro Monat gewährt hat, die nach dem Schreiben u.a. einen "Ausgleich zum Verlust der Zulage" darstellen soll. Der Kläger hat den von der Beklagten einseitig vorgegebenen Änderungen zum 01. August 2009 unstreitig mit anwaltlichem Schreiben vom 06. Oktober 2009 ausdrücklich widersprochen und die ab 01. August 2009 erfolgte monatliche Zahlung der Beklagten in Höhe von 100,00 € von den für den betreffenden Monat begehrten Zulagen jeweils in Abzug gebracht.

45

2. Entgegen der Ansicht der Beklagten verstößt der durch die betriebliche Übung entstandene Vertragsinhalt nicht gegen § 3 Abs. 1 FPersG.

46

a) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 FPersG dürfen Mitglieder des Fahrpersonals als Arbeitnehmer nicht nach den zurückgelegten Fahrstrecken oder der Menge der beförderten Güter entlohnt werden, auch nicht in Form von Prämien oder Zuschlägen für diese Fahrstrecken oder Gütermengen. Ausgenommen sind nach § 3 Abs. 1 Satz 2 FPersG Vergütungen, die nicht geeignet sind, die Sicherheit im Straßenverkehr zu beeinträchtigen. Gemäß der Überschrift handelt es sich um ein "Verbot bestimmter Akkordlöhne, Prämien und Zuschläge", das ausweislich der in § 3 Abs. 1 Satz 2 FPersG enthaltenen Regelung aus Gründen der Verkehrssicherheit besteht. Würden Akkordlöhne, Prämien oder Zuschläge erlaubt sein, wäre dies für die Fahrer bei den begrenzten Lenkzeiten mit dem nicht hinnehmbaren Anreiz verbunden, höchstzulässige Geschwindigkeiten zu überschreiten, um so die Kilometerleistung zu erhöhen, oder das Fahrzeug zu überladen (Erbs/Kohlhaas Strafrechtliche Nebengesetze § 3 FPersG Rn. 1 [Stand: Januar 2011]). In Anbetracht der begrenzten Lenkzeiten stellen Lohn- und Prämienregelungen, die sich an der Zahl der gefahrenen Kilometer und/oder an der Menge beförderter Güter orientieren, um auf diesem Weg die Kilometerleistung bei den Beförderungen zu erhöhen, eine Gefahr für die Sicherheit im Straßenverkehr dar, weil sie den Fahrer zwingen oder ihm zumindest den Anreiz schaffen, durch erhöhte Fahrgeschwindigkeiten seine Arbeitsleistung zu erbringen und dadurch erhöhte Unfallgefahr zu schaffen (Andresen/Winkler Fahrpersonalgesetz § 3 Ziff. 1).

47

b) Die aufgrund betrieblicher Übung gewährten Zulagen für Doppel- und Außerkreistouren fallen nicht unter das Verbot des § 3 Abs. 1 FPersG. Die Fahrer werden hiermit nicht in Abhängigkeit von der zurückgelegten Strecke und/oder der Menge der beförderten Güter entlohnt. Die Zulagen sind nicht geeignet, die Sicherheit im Straßenverkehr zu beeinträchtigen.

48

aa) Entgegen der Ansicht der Beklagten ist unerheblich, dass sie nach ihrem - bestrittenen - Vortrag die Zulagenregelung angeblich deshalb eingeführt haben will, um die Fahrer anzuhalten, auch bei Doppel- und Außerkreistouren täglich mit dem LKW wieder zur Plattform nach C-Stadt zurückzukehren, um den nahtlosen Umschlag für den nächsten Tag zu gewährleisten. Selbst wenn dies inneres Motiv der Beklagten für die Zahlung der Zulagen gewesen sein sollte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich, auf welche Weise ein solches Ziel zum Inhalt der betrieblichen Übung und Voraussetzung des hierdurch begründeten Anspruchs gemacht worden sein soll. Die Beklagte hat dafür, dass dieses "Ziel" tatsächlich "im Vordergrund" gestanden habe, lediglich angeführt, dass Herr St. dies in der Fahrerbesprechung vom 13. Dezember 2008 ausdrücklich hervorgehoben habe. Im Hinblick darauf, dass das die betriebliche Übung zu diesem Zeitpunkt bereits seit Jahren bestand, ist unerheblich, dass ein Vertreter der Beklagten - nach der unzulässigen Änderung der Zulagenregelung zum Nachteil der Fahrer ab 01. Juli 2008 - in einer Besprechung im Dezember 2008 bestimmte Ziele der einseitig geänderten Zulagenregelung hervorgehoben haben soll. Die Beklagte hat auch keinen einzigen Fall geschildert, in dem eine der Zulagen in der Vergangenheit nicht gezahlt worden sein soll, weil ein Fahrer nicht mehr am selben Tag zur Plattform zurückgekehrt ist. Soweit die Beklagte bestritten hat, dass die Zulage auch gezahlt würde, wenn die Fahrer nach der Tour nicht zur Betriebsstätte zurückkehren würden, hat sie ihr Bestreiten mit der Formulierung "von Ausnahmefällen abgesehen" selbst wieder eingeschränkt und relativiert. Damit hat auch die Beklagte offenbar nicht behaupten wollen, dass sie die Zulagen für Doppel- und Außerkreistouren nicht gewährt hat, wenn ein Fahrer aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht mehr am selben Tag zur Betriebsstätte zurückgekehrt ist. Konkrete Anhaltspunkte dafür, aufgrund derer die Fahrer unter Zugrundelegung des für die Auslegung maßgeblichen Empfängerhorizonts (§§ 133, 157 BGB) bei Entstehen der betrieblichen Übung hätten erkennen können und müssen, dass die Gewährung der Zulagen von bestimmten Vorgaben hinsichtlich des Zeitpunkts ihrer Rückkehr abhängig sein soll, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

49

bb) Bei den streitigen Zulagen handelt es sich vielmehr um Erschwerniszulagen, die die erhöhten Belastungen finanziell abgelten sollen, die für die Fahrer mit den ihnen zugewiesenen Doppel- und Außerkreistouren verbunden sind. Dies ergibt sich aus dem Zweck der Zulagen, der sich aus ihren Anspruchsvoraussetzungen entnehmen lässt.

50

Bei der Außerkreistour wird die Zulage entsprechend der festgelegten Entfernungsgrenze (einfache Fahrstrecke von mehr als 250 km) für den Fernverkehr gezahlt, der im Vergleich zu Fahrten innerhalb dieses Radius von 250 km typischerweise mit einer höheren Beanspruchung für den Fahrer verbunden ist. Bei der Doppeltour wird die Zulage dafür gezahlt, dass dem Fahrer an einem Tag nicht nur eine, sondern zwei Touren mit entsprechend mehr Be- und Entladevorgängen zugewiesen werden. Selbst wenn man davon ausgeht, dass diese Touren regelmäßig auch mit einer Überschreitung der üblichen täglichen Arbeitszeit verbunden sind, ändert dies nichts an dem Charakter einer Erschwerniszulage, die einen Ausgleich für die mit der Mehrarbeit verbundenen Belastungen gewährt.

51

cc) Die von der Beklagten aufgrund betrieblicher Übung gewährten Zulagen für Doppel- und Außerkreistouren werden nach ihren Anspruchsvoraussetzungen und dem sich daraus ergebenden Leistungszweck nicht in Abhängigkeit von den tatsächlich zurückgelegten Fahrstrecken oder den beförderten Gütermengen gezahlt. Diese Leistungen sind nicht geeignet, die Sicherheit im Straßenverkehr zu beeinträchtigen.

52

Die Fahrer sind aufgrund ihres Arbeitsvertrags verpflichtet, die jeweils im Voraus festgelegten Doppel- und Außerkreistouren, auf deren Zuteilung sie keinen Einfluss haben, durchzuführen. Welche Fahrstrecken sie auf diesen Touren zurücklegen und welche Gütermengen sie dabei befördern, ist für ihre Entlohnung unerheblich. Durch ihre Fahrweise können sie ihre Entlohnung in keiner Weise beeinflussen, und zwar weder unmittelbar noch mittelbar. Auch wenn man davon ausgeht, dass über die Fälle, in denen Lohn, Prämien oder Zuschläge ausdrücklich für die Anzahl gefahrener Kilometer oder die Menge beförderter Güter gewährt werden, hinaus auch Vergütungsarten unzulässig sind, bei denen Kilometerleistung und Gütermenge mittelbar eine Bezugsgröße sind (z. B. Prämien für die Unterschreitung pauschal festgelegter Fahrzeiten für bestimmte Fahrstrecken; Prämien für die Anzahl der Be- oder Entladestellen, wenn sie einen Anreiz zur Erhöhung der Beförderungsleistungen bedeuten; vgl. hierzu Andresen/Winkler FPersG § 3 Ziff. 3), fällt die vorliegende Zulagenregelung nicht unter das Verbot, weil sie keinerlei Anreiz für die Fahrer schafft, auf den ihnen zugewiesenen Doppel- und Außerkreistouren ihre Beförderungs- und/oder Fahrleistungen zu erhöhen. Die Sicherheit im Straßenverkehr wird im Falle einer Zuweisung von Doppel- und Außerkreistouren nicht weniger beeinträchtigt, wenn die Fahrer hierfür keine Zulagen mehr erhalten. Die Frage, ob derartige Touren mit oder ohne Zulagen gefahren werden, hat keinen Einfluss auf die Verkehrssicherheit. Im Hinblick darauf, dass den Zulagen eine Ausgleichsfunktion im Hinblick auf die mit den zugewiesenen Außerkreis- und Doppeltouren verbundenen Erschwernisse zukommt und hiermit keine Anreize für die Fahrer geschaffen werden, durch ihr Fahrverhalten Einfluss auf die Höhe ihrer Vergütung zu nehmen, sind diese objektiv-abstrakt nicht geeignet, die Verkehrssicherheit zu beeinträchtigen. Allein das allgemeine Interesse der Fahrer, ggf. früher Feierabend machen zu können, besteht bei Außerkreis- und Doppeltouren unabhängig von den dafür gezahlten Zulagen. Im Übrigen ist auch eine pauschalierte Überstundenvergütung bei Kraftfahrern grundsätzlich zulässig und fällt nicht unter § 3 Abs. 1 FPersG, soweit weder die Kilometerleistung noch die Beförderungsmenge unmittelbar oder mittelbar eine Bezugsgröße ist. Ein Verstoß gegen § 3 Abs. 1 FPersG liegt daher im Streitfall selbst bei einer weiten Auslegung des Verbots nicht vor.

53

3. Die Klageforderung ist auch nicht (teilweise) verwirkt, weil der Kläger erstmals mit Schreiben vom 6. Oktober 2009 seine Ansprüche geltend gemacht hat.

54

a) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Sie hat nicht den Zweck, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen. Es müssen vielmehr zu dem Zeitmoment besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Der Berechtigte muss unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Durch die Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Die Verwirkung dient dem Vertrauensschutz (BAG 14. Februar 2007 - 10 AZR 35/06 - Rn. 20, NZA 2007, 690).

55

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Klageforderung nicht (teilweise) verwirkt, weil es jedenfalls an dem erforderlichen Umstandsmoment fehlt.

56

Ein Gläubiger ist grundsätzlich nicht verpflichtet, den Schuldner darauf aufmerksam zu machen, dass er sich vorbehält, ihn künftig gerichtlich zu belangen (BAG 14. Februar 2007 - 10 AZR 35/06 - Rn. 22, NZA 2007, 690). Die Beklagte konnte auch nicht deshalb darauf vertrauen, dass der Kläger seinen Anspruch auf die Zulagen nicht (mehr) geltend machen werde, weil er auf ihr Schreiben vom 27. Juni 2008 nicht ablehnend reagierte (vgl. BAG 14. Februar 2007 - 10 AZR 35/06 - Rn. 23, NZA 2007, 690). Untätigkeit eines Anspruchsberechtigten führt für sich genommen nicht zur Verwirkung. Auch das Ausbleiben von Mahnungen begründet noch keine Vertrauensposition des Schuldners. Ein Arbeitnehmer ist grundsätzlich nicht verpflichtet, seinen Arbeitgeber auf dessen möglicherweise fehlerhafte rechtliche Auffassung aufmerksam zu machen. Etwas anderes könnte allenfalls dann anzunehmen sein, wenn sich die Beklagte auf für den Kläger ersichtlich fehlerhafte tatsächliche Annahmen gestützt hätte, von denen der Anspruch abhing und deren Aufklärung dem Kläger ein Leichtes gewesen wäre (vgl. BAG 14. Februar 2007 - 10 AZR 35/06 - Rn. 24, NZA 2007, 690), was hier nicht der Fall war. Es ist Sache der Beklagten, durch Abschluss eines Änderungsvertrags oder durch Ausspruch einer Änderungskündigung die rechtlichen Voraussetzungen für eine Kürzung oder Beseitigung der durch betriebliche Übung begründeten Ansprüche ihrer Mitarbeiter zu schaffen, wenn sie aus wirtschaftlichen Gründen keine Zulagen mehr zahlen kann oder will. Der Kläger war in Anbetracht der einseitigen Vorgehensweise der Beklagten nicht verpflichtet, diese auf ihre möglicherweise fehlerhafte rechtliche Auffassung aufmerksam zu machen.

57

4. Die vom Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum im Einzelnen aufgeführten Doppel- und Außerkreistouren hat die Beklagte nicht bestritten. Gemäß der zutreffenden Berechnung des Klägers ergibt sich danach der mit dem Leistungsantrag geltend gemachte Zahlungsanspruch.

58

Der Zinsanspruch beruht auf §§ 286 Abs. 1 und 2 Nr. 1, 288 Abs. 1, 247 BGB.

59

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

60

Eine Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 06. Dez. 2011 - 3 Sa 354/11

Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 06. Dez. 2011 - 3 Sa 354/11

Referenzen - Gesetze

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 06. Dez. 2011 - 3 Sa 354/11 zitiert 17 §§.

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(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 134 Gesetzliches Verbot


Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 233 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder

Zivilprozessordnung - ZPO | § 234 Wiedereinsetzungsfrist


(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschw

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 308 Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit


In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam1.(Annahme- und Leistungsfrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots oder

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 145 Bindung an den Antrag


Wer einem anderen die Schließung eines Vertrags anträgt, ist an den Antrag gebunden, es sei denn, dass er die Gebundenheit ausgeschlossen hat.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 151 Annahme ohne Erklärung gegenüber dem Antragenden


Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. D

Fahrpersonalgesetz - FahrpersStG | § 3 Verbot bestimmter Akkordlöhne, Prämien und Zuschläge


Mitglieder des Fahrpersonals dürfen als Arbeitnehmer nicht nach den zurückgelegten Fahrstrecken oder der Menge der beförderten Güter entlohnt werden, auch nicht in Form von Prämien oder Zuschlägen für diese Fahrstrecken oder Gütermengen. Ausgenommen

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weitere Fundstellen ... Tenor Die Berufung der Klägerin und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 6. Juli 2010, Az.: 2 Ca 420/10, werden zurückgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits
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Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 14. Juli 2015 - 6 Sa 22/15

bei uns veröffentlicht am 14.07.2015

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 20. November 2014 - 10 Ca 350/14 - teilweise wie folgt abgeändert: 1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 20. Jan

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War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

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Tenor

Die Berufung der Klägerin und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 6. Juli 2010, Az.: 2 Ca 420/10, werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 2/3 und die Beklagte 1/3 zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung der Beklagten vom 27.02.2010, die das Arbeitsgericht in eine ordentliche Kündigung zum 31.03.2010 umgedeutet hat.

2

Die Klägerin (geb. am … 1988, ledig) war seit dem 03.08.2009 bei der Beklagten als Friseurin zu einem Bruttomonatsentgelt von € 1.350,00 zzgl. einer Umsatzbeteiligung beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis war bis zum 02.08.2010 befristet, der Arbeitsvertrag sah eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit vor. Die Beklagte beschäftigt in ihren drei Filialen insgesamt 18 Arbeitnehmer in Voll- und Teilzeit. Die Bundesagentur für Arbeit gewährte ihr in der Zeit vom 03.08.2009 bis zum 02.12.2009 einen Zuschuss gemäß § 217 SGB III zur Eingliederung von Arbeitnehmern mit Vermittlungshemmnissen.

3

Nach dem Vortrag der Beklagten erschien die Klägerin, deren Arbeit im Friseursalon um 9.00 Uhr begann, wie folgt verspätet:

4
        

Datum 

Minuten

1.)     

21.10.2009

08

2.)     

26.10.2009

12

3.)     

17.11.2009

17

4.)     

09.12.2009

15

5.)     

14.12.2009

14

6.)     

29.12.2009

13

7.)     

20.01.2010

09

8.)     

23.01.2010

60

9.)     

25.01.2010

16

5

Die Beklagte erteilte der Klägerin am 24.01.2010 eine erste und am 26.01.2010 eine zweite schriftliche Abmahnung. Am 25.02.2010 soll die Klägerin nach dem Vortrag der Beklagten mit einer Verspätung von 2 Minuten und 37 Sekunden im Salon erschienen sein. Daraufhin kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 27.02.2009 fristlos. Gegen diese Kündigung wendet sich die Klägerin mit ihrer am 05.03.2010 erhobenen Klage.

6

Von einer wiederholenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 06.07.2010 (dort Seite 2-4 = Bl. 66-68 d. A.) Bezug genommen.

7

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

8

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die mit Schreiben der Beklagten vom 27.02.2010 ausgesprochene Kündigung nicht aufgelöst wurde,

9

für den Fall, dass das Gericht nach dem vorstehenden Antrag Ziffer 1 erkennt, die Beklagte zu verurteilen, sie bis zur rechtskräftigen Beendigung dieses Rechtstreits zu den bisherigen Arbeits- und Vertragsbedingungen als Friseurin weiter zu beschäftigen.

10

Die Beklagte hat beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 06.07.2010 festgestellt, dass die fristlose Kündigung der Beklagten vom 27.02.2010 unwirksam ist. Es hat die fristlose Kündig jedoch von Amts wegen in eine wirksame ordentliche Kündigung zum 31.03.2010 umgedeutet. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Verspätung der Klägerin am 25.02.2010 mache es der Beklagten nicht unzumutbar, die ordentliche Kündigungsfrist einzuhalten. Die Klägerin habe am 25.02.2010 gegen ihre arbeitsvertragliche Verpflichtung verstoßen, weil sie -trotz zweimaliger vorheriger Abmahnung - erneut verspätet zur Arbeit erschienen sei. Dabei spiele es keine Rolle, ob sie - nach ihrem Vortrag - Punkt 09:00 Uhr den Salon betreten habe oder erst - so die Beklagte - um 09:02:37 Uhr. Die Klägerin müsse zum Arbeitsbeginn um 09.00 Uhr arbeitsbereit an ihrem Arbeitsplatz sein. Wenn sie den Salon erst um diese Uhrzeit betrete, müsse sie sich erst arbeitsbereit machen, und z.B. zunächst ihre Handtasche verstauen. Die fristlose Kündigung sei trotz des Fehlverhaltens der Klägerin unter Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsteile nicht berechtigt. Gegen die Klägerin spreche zwar ihre Uneinsichtigkeit hinsichtlich der Einhaltung ihrer Pflicht zur Pünktlichkeit. Zu ihren Gunsten sei aber zu werten, dass die zur Kündigung führende Verspätung nur ganz gering gewesen sei. Die Klägerin sei bereits in der Vergangenheit öfter unpünktlich gewesen. Die Beklagte hätte ihr aus diesem Grund in der bis zum 03.02.2010 laufenden Probezeit mit abgekürzter Kündigungsfrist kündigen können. Dennoch habe sie die Probezeit verstreichen lassen und erst kurz danach die fristlose Kündigung ausgesprochen. Das sei nicht interessengerecht. Die unwirksame fristlose Kündigung sei aber gemäß § 140 BGB in eine wirksame ordentliche Kündigung zum 31.03.2010 umzudeuten. Die Klägerin sei in dem nur sechs Monate bestehenden Arbeitsverhältnis mehrfach zu spät zur Arbeit erschienen. Deshalb sei sie zweimal abgemahnt worden. Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, dass die Abmahnungen zu unbestimmt seien.

13

Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 4 bis 9 des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 06.07.2010 (= Bl. 68-73 d.A.) Bezug genommen.

14

Das genannte Urteil ist beiden Parteien am 26.07.2010 zugestellt worden. Die Beklagte hat mit am 23.08.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 08.10.2010 verlängerten Begründungsfrist am 08.10.2010 begründet. Die Klägerin hat mit einem am 24.08.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihre Prozessbevollmächtigten auch für die zweite Instanz beantragt und gleichzeitig den Entwurf einer Berufungsbegründung vorgelegt. Mit Beschluss vom 14.10.2010 wurde ihr Prozesskostenhilfe bewilligt. Mit Schriftsatz vom 18.10.2010 beantragte sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und legte Berufung mit gleichzeitiger Begründung ein.

15

Die Klägerin ist der Ansicht, ein kündigungsrelevantes Fehlverhalten liege weder für eine fristlose noch für eine ordentliche Kündigung vor. Das Arbeitsverhältnis habe deshalb bis zum vereinbarten Befristungsende am 02.08.2010 fortbestanden. Sie habe den Friseursalon am 25.02.2010 zu Beginn ihrer Arbeitszeit um Punkt 9.00 Uhr betreten. Sie habe ihre Werkzeuge genommen und sofort angefangen, Kunden zu bedienen. Selbst wenn sie sich geringfügig verspätet haben sollte, hätte die Beklagte noch keine Kündigung aussprechen dürfen. Die Abmahnungen vom 24.01.2010 und vom 26.01.2010 seien nicht geeignet, eine verhaltensbedingte Kündigung vorzubereiten. Die erste Abmahnung sei zu unbestimmt. Im Übrigen sei sie aufgefordert worden, „deutlich vor Arbeitsbeginn“ zu erscheinen, wozu sie nicht verpflichtet sei. Auch die zweite Abmahnung sei zu unbestimmt. Der Vorwurf, sie habe sich uneinsichtig gezeigt, treffe nicht zu. Sie habe lediglich zu Recht einige Vorwürfe der Beklagten bestritten. Die Mitarbeiterinnen müssten abends regelmäßig länger als 19.00 Uhr arbeiten. Der Arbeitgeber könne nicht verlangen, dass abends regelmäßig länger gearbeitet werde, ohne dass dies in irgendeiner Form berücksichtigt werde und gleichzeitig eine Anwesenheit deutlich vor Arbeitsbeginn erwarten. Dies sei zumindest im Rahmen der Interessenabwägung zu ihren Gunsten zu berücksichtigen.

16

Sie berufe sich im Übrigen nach wie vor darauf, dass der zweite Gesellschafter der Beklagten die Kündigung nicht unterschrieben habe.

17

Die Kündigung sei aber auch unwirksam, weil die Beklagte am 27.02.2010 zeitgleich mit der Kündigung noch eine Abmahnung (Bl. 128 d.A.) ausgesprochen habe. Darin werde ihr vorgeworfen, sich am 26.02.2010 gegen 16:00 Uhr gegenüber ihren Kolleginnen laut darüber moniert zu habe, dass noch eine Kundin angenommen worden sei. Die Kundin sei erst gegen 16:30 Uhr im Salon erschienen, um sich Strähnchen färben zu lassen. Dies sei bei realistischer Betrachtung angesichts der bereits wartenden Kunden und einer Arbeitsdauer von ca. 3 bis 3,5 Stunden nicht mehr bis 19:00 Uhr möglich gewesen.

18

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin wird auf die Schriftsätze vom 18.10.2010 (Bl. 119-127 d. A.) und vom 06.01.2011 (Bl. 154-156 d.A.) Bezug genommen.

19

Die Klägerin beantragt zweitinstanzlich,

20

ihr wegen Versäumung der Berufungsfrist und der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren,

21

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 06.07.2010, Az.: 2 Ca 420/10, teilweise abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 27.02.2010 zum 31.03.2010 aufgelöst worden ist, sondern bis zum vereinbarten Befristungs- ende am 02.08.2010 fortbestanden hat,

22

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

23

Die Beklagte beantragt,

24

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 06.07.2010, Az.: 2 Ca 420/10, teilweise abzuändern und die Klage vollständig abzuweisen,

25

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

26

Sie ist der Ansicht, ihre fristlose Kündigung vom 27.02.2010 sei berechtigt. Die Interessenabwägung des Arbeitsgerichts sei fehlerhaft. Es müsse dem Arbeitgeber überlassen bleiben, zu welchem Zeitpunkt und aus welchen Gründen er eine Kündigung ausspreche. Dies könne nicht davon abhängen, wann die Probezeit ende. Wegen der Einzelheiten ihres zweitinstanzlichen Vorbringens wird auf die Schriftsätze vom 08.10.2010 (Bl. 114-115d.A.) und vom 13.12.2010 (Bl. 145-150 d.A.) Bezug genommen.

27

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

28

Die nach § 64 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist somit zulässig.

29

Auch die Berufung der Klägerin ist zulässig. Der Zulässigkeit der Berufung steht eine Versäumung der Berufungsfrist und der Berufungsbegründungsfrist nach § 66 Abs. 1 ArbGG nicht entgegen, denn der Klägerin ist gemäß § 233 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das durch Bedürftigkeit begründete Unvermögen einer Partei, einen Rechtsanwalt mit der notwendigen Vertretung zur Vornahme von fristwahrenden Prozesshandlungen zu beauftragen, begründet eine unverschuldete Versäumung von Rechtsmittelfristen, wenn die Partei alles in ihren Kräften stehende und ihr Zumutbare getan hat, um die Frist zu wahren. Demgemäß besteht ein Wiedereinsetzungsgrund dann, wenn die Partei ein vollständiges Gesuch um Prozesskostenhilfe innerhalb der Rechtsmittelfrist beim zuständigen Gericht anbringt (vgl. etwa LAG Rheinland-Pfalz Urteil vom 22.01.2010 - 9 Sa 568/09; Zöller/Greger, 28. Aufl., § 233, Rn. 23 "Prozesskostenhilfe"; m.w.N). Die Klägerin hat mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 24.08.2010 Prozesskostenhilfe beantragt und eine erneute Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt. Die mit Schriftsatz vom 18.10.2010 erfolgte Berufungseinlegung mit gleichzeitiger Begründung erfolgte nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 14.10.2010. Auch im Übrigen ist die Berufung zulässig.

II.

30

In der Sache haben beide Berufungen keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 27.02.2010 mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden ist. Es hat aufgrund dieser Kündigung aber mit Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 31.03.2010 geendet. Die weitergehende Klage auf Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses bis zum vereinbarten Befristungsende am 02.08.2010 war deshalb abzuweisen.

31

Die Berufungskammer folgt zunächst der ausführlichen und sorgfältigen Begründung des Arbeitsgerichts und stellt dies hiermit gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens sind lediglich folgende Ausführungen veranlasst:

32

1. Die außerordentliche Kündigung vom 27.02.2010 ist unwirksam. Es fehlt an einem wichtigen Grund zur Kündigung im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn mildere Mittel als Reaktion auf die eingetretene Vertragsstörung ausscheiden. Mildere Mittel sind insbesondere die Abmahnung und die ordentliche Kündigung. Im Hinblick darauf ist die ausgesprochene außerordentliche Kündigung der Beklagten unverhältnismäßig. Die Berufungskammer teilt die Ansicht des Arbeitsgerichts, dass der Beklagten unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles und der gebotenen Abwägung der Interessen beider Vertragsteile zumutbar war, das Arbeitsverhältnisses noch bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 31.03.2010 fortzusetzen.

33

Zwar spricht zu Lasten der Klägerin, dass das kurze Arbeitsverhältnis insgesamt nicht beanstandungsfrei verlaufen ist, weil sie wiederholt unpünktlich zur Arbeit erschienen ist (vgl. dazu die Ausführungen weiter unten). Nachdem die Beklagte in der kündigungsschutzlosen Zeit einen erheblichen Langmut hat walten lassen -nach ihrem Vortrag verspätete sich die Klägerin insgesamt neunmal zwischen 8 und über 60 Minuten, war ihr die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar. Die Parteien hatten im Arbeitsvertrag eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart, die am 02.02.2010 abgelaufen ist. Obwohl sich die Klägerin aus Sicht der Beklagten nicht bewährt hat, wie sich nicht zuletzt aus den drastischen Ausführungen im Schriftsatz vom 13.12.2010 ergibt (z.B. „bei formaler Pünktlichkeit enorme morgendliche Anlaufschwierigkeiten“; „Kaffeepause vor Arbeitsaufnahme, um einen brauchbaren Arbeitszustand herzustellen“; „Lesen dicker Liebesromane während der Arbeitszeit“, „Fotografieren mit dem Handy, um die Fotos bei Wer-kennt-wen.de einzustellen“ etc.), hat sie das Arbeitsverhältnis in der gesetzlichen Wartezeit bzw. der vereinbarten Probezeit nicht gekündigt. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn das Arbeitsgericht angenommen hat, der Beklagten sei im Kündigungszeitpunkt am 27.02.2010 die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zuzumuten gewesen.

34

2. Mit Recht hat das Arbeitsgericht angenommen, dass die Kündigung vom 27.02.2010 als ordentliche Kündigung sozial gerechtfertigt im Sinne von § 1 Abs. 1, Abs. 2 KSchG und damit wirksam ist.

35

Eine nach § 626 Abs. 1 BGB unwirksame außerordentliche Kündigung kann in eine ordentliche Kündigung nach § 140 BGB umgedeutet werden, wenn dies dem mutmaßlichen Willen des Kündigenden entspricht und dieser Wille dem Kündigungsempfänger im Zeitpunkt des Kündigungszugangs erkennbar ist (BAG Urteil vom 12.05.2010 - 2 AZR 845/08 - NZA 2010, 1348; m.w.N.).

36

Wie das Arbeitsgericht bereits zutreffend angenommen hat, ließ der Inhalt des Kündigungsschreibens vom 27.02.2010, mit dem die Beklagte das Arbeitsverhältnis „fristlos“ gekündigt hat, für die Klägerin den unbedingten Beendigungswillen der Beklagten erkennen. Der Klägerin war auch klar, dass es der Beklagten darauf ankam, sich - wenn nicht sofort, zumindest möglichst bald - von ihr zu trennen. Besondere Umstände, die den Schluss zuließen, die Beklagte habe mit der Kündigung vom 27.02.2010 ausschließlich die außerordentliche fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses herbeiführen wollen, und die deshalb einer Umdeutung entgegenstünden, hat die Berufung nicht aufgezeigt.

37

Insbesondere kann die Klägerin aus der zeitgleich mit der fristlosen Kündigung vom 27.02.2010 ausgehändigten (dritten) Abmahnung vom 27.02.2010, die sie erst im Berufungsverfahren vorgelegt hat, nicht schließen, die Beklagte hätte sich nicht von ihr trennen wollen. Der Klägerin ist zuzugeben, dass der Arbeitgeber durch eine Abmahnung regelmäßig zu erkennen gibt, dass er das Arbeitsverhältnis noch nicht als so gestört ansieht, als dass er es nicht mehr fortsetzen könnte (BAG Urteil vom 26.11.2009 - 2 AZR 751/08 - NZA 2010, 823; m.w.N.). Ein Verzicht auf eine Kündigung kann jedoch nur angenommen werden, wenn die Abmahnung als Vertragsrüge deutlich und unzweifelhaft zu erkennen gibt, dass der Arbeitgeber den vertraglichen Pflichtverstoß hiermit als ausreichend sanktioniert und die Sache als "erledigt" ansieht (BAG Urteil vom 06.03.2003 - 2 AZR 128/02 - NZA 2003, 1388; m.w.N.).

38

Daran fehlt es hier. Die Beklagte hat der Klägerin zeitgleich mit dem Kündigungsschreiben wegen häufiger Unpünktlichkeit ein Abmahnungsschreiben wegen einer anderen Pflichtverletzung ausgehändigt. Die Beklagte wirft der Klägerin in der Abmahnung vom 27.02.2010 vor, sie habe sich ca. drei Stunden vor Ladenschluss bei ihren Kolleginnen laut darüber beschwert, dass noch einer Kundin Strähnchen gefärbt werden sollten. Die Klägerin habe für die Kundin hörbar „frech und patzig“ erklärt, dass sie auf jeden Fall um 19:00 Uhr gehen werde. Der Inhalt dieser Abmahnung lässt, unabhängig davon, ob der Vorwurf zutrifft oder nicht, an keiner Stelle erkennen, dass die Beklagte darin eine in irgendeiner Weise abschließende Sanktion auf die Unpünktlichkeit der Klägerin sah. Die Beklagte hat sich mit dieser Abmahnung mithin nicht des Rechts begeben, die zeitgleich erklärte Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen häufiger Unpünktlichkeit zu rechtfertigen.

39

3. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die umgedeutete ordentliche Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen gemäß § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt ist.

40

Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass wiederholte Verspätungen des Arbeitnehmers nach vorheriger Abmahnung an sich geeignet sind, eine ordentliche Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen sozial zu rechtfertigen. Durch das unpünktliche Erscheinen am Arbeitsplatz verletzt der Arbeitnehmer schuldhaft seine arbeitsvertragliche Verpflichtung, die Arbeit mit Beginn der betrieblichen Arbeitszeit aufzunehmen, wenn dies auf einem vorwerfbaren Verhalten des Arbeitnehmers beruht, dieser also die Verspätung zu vertreten hat (vgl. unter vielen: BAG Urteil vom 15.11.2001 - 2 AZR 609/00 - NZA 2002, 968, m.w.N.). Die Klägerin bezweifelt dies im Grundsatz nicht. Sie verkennt jedoch, dass auch eine nur geringfügige Verspätung geeignet ist, einen Kündigungsgrund im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG darzustellen, sofern der Arbeitnehmer zuvor zahlreiche Male unpünktlich zum Dienst erschienen und auch bereits einschlägig abgemahnt worden ist.

41

Hieran gemessen rechtfertigt auch die Verspätung der Klägerin am 25.02.2010 eine ordentliche Kündigung. Die Berufungskammer teilt die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass es dahinstehen kann, ob die Klägerin den Friseursalon um Punkt 09:00:00 Uhr oder um 09:02:37 Uhr betreten hat. Die Klägerin hatte den Salon nicht sozusagen auf die letzte Sekunde um 09:00 Uhr zu betreten, sondern die Arbeit aufzunehmen. Darauf hat bereits das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen.

42

Die Klägerin, die die Verspätungen im vorgetragenen Umfang bestreitet, jedoch einräumt, sich am 23.01.2010 über eine Stunde verspätet zu haben, und an einigen Tagen „vielleicht zwei- bis dreimal ein bis zwei Minuten“ sowie am 25.01.2010 „einige Minuten“, war durch die Abmahnungen vom 24.01.2010 und vom 26.01.2010 hinreichend gewarnt. Die Beklagte hat in der Abmahnung vom 24.01.2010 ausgeführt, die Klägerin sei zum wiederholten Male nicht pünktlich zur Arbeit erschienen. Zuletzt habe sie am 23.01.2010 verschlafen und sei erst mit mehr als einer Stunde Verspätung erschienen. Die Klägerin wurde aufgefordert, künftig deutlich vor Arbeitsbeginn zu erscheinen, damit sie pünktlich mit der Arbeit beginnen könne. In der zweiten Abmahnung vom 26.01.2010 hat ihr die Beklagte vorgeworfen, dass sie am 25.01.2010 erneut nicht pünktlich zur Arbeit erschienen sei. Sie habe ihre Arbeit nicht wie vereinbart um 09:00 Uhr angetreten. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Klägerin meint, die zwei Abmahnungen seien zu unbestimmt. Die Klägerin konnte deutlich erkennen, was sie nach Meinung der Beklagten „tun und lassen“ sollte. Sie musste Konsequenzen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses befürchten, wenn sie nicht so frühzeitig im Salon erscheint, dass sie nicht um 09:00 Uhr mit der Arbeit beginnen kann.

43

Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg auf eine fehlerhafte Interessenabwägung berufen. Die 21-jährige Klägerin war im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung zwar sechs, aber noch keine sieben Monate bei der Beklagten beschäftigt. Der Beklagten war nicht zumutbar, bis zum vereinbarten Befristungsende am 02.08.2010 die Verspätungen der Klägerin zu entschuldigen und letztlich hinzunehmen. Pünktlichkeit ist Voraussetzung für einen reibungslosen Betriebsablauf sowie den Betriebsfrieden innerhalb eines Teams. Es ist auf Dauer nicht tolerabel, dass die Kolleginnen der Klägerin die Kunden bedienen müssen, die pünktlich um 9:00 Uhr zum Friseurbesuch erscheinen. Die Klägerin ist auch nicht deshalb schutzwürdig, weil eine Sperrzeit verhängt worden ist. Dies hätte sie durch vertragsgerechtes Verhalten abwenden können. In ihrer Häufigkeit und Dauer konnten die Verspätungen der Klägerin nicht mehr, wie sie es darzustellen versucht, als Lappalien abgetan werden. Die Beklagte musste im Kündigungszeitpunkt davon ausgehen, dass die Klägerin nicht bereit bzw. in der Lage war, ihre Arbeit pünktlich zu beginnen.

44

4. Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Kündigung vom 27.02.2010 die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform des § 623 BGB wahrt.

45

Zwar ist das Kündigungsschreiben nur von einem der beiden Gesellschafter der Beklagten unterzeichnet worden. Unterschreibt für eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts - wie hier - nur ein Gesellschafter und fügt er der Unterschrift keinen Vertretungszusatz hinzu, ist zu prüfen, ob die Urkunde erkennen lässt, dass die Unterschrift des handelnden Gesellschafters auch die Erklärung des nicht unterzeichnenden Gesellschafters decken soll, also auch in dessen Namen erfolgt ist (BAG Urteil vom 28.11.2007 - 6 AZR 1108/06 - NZA 2008, 348, m.w.N.).

46

Das Arbeitsgericht ist mit überzeugender Begründung davon ausgegangen, dass dem Inhalt des Kündigungsschreibens vom 27.02.2010 zu entnehmen ist, dass der Gesellschafter die Beklagte mit seiner Unterschrift allein vertreten wollte. Im Text heißt es im Plural: „kündigen wir“. Diese Formulierung bringt im Zusammenhang mit dem Briefkopf, der die Rechtsform der Beklagten „A.“ bezeichnet, hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass der Gesellschafter für die Arbeitgeberin und damit in Vertretung des zweiten Gesellschafters der Beklagten gehandelt hat. Im Übrigen war der zweite Gesellschafter der Beklagten X. W. bei der Übergabe des Kündigungsschreibens persönlich zugegen. Für die Klägerin war daher eindeutig erkennbar, dass die Kündigung auch in seinem Namen erfolgt ist.

III.

47

Nach alledem sind beide Berufungen mit der Kostenfolge aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

48

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, bestimmt sich nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden.

Wer einem anderen die Schließung eines Vertrags anträgt, ist an den Antrag gebunden, es sei denn, dass er die Gebundenheit ausgeschlossen hat.

In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam

1.
(Annahme- und Leistungsfrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots oder die Erbringung einer Leistung vorbehält; ausgenommen hiervon ist der Vorbehalt, erst nach Ablauf der Widerrufsfrist nach § 355 Absatz 1 und 2 zu leisten;
1a.
(Zahlungsfrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender eine unangemessen lange Zeit für die Erfüllung einer Entgeltforderung des Vertragspartners vorbehält; ist der Verwender kein Verbraucher, ist im Zweifel anzunehmen, dass eine Zeit von mehr als 30 Tagen nach Empfang der Gegenleistung oder, wenn dem Schuldner nach Empfang der Gegenleistung eine Rechnung oder gleichwertige Zahlungsaufstellung zugeht, von mehr als 30 Tagen nach Zugang dieser Rechnung oder Zahlungsaufstellung unangemessen lang ist;
1b.
(Überprüfungs- und Abnahmefrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender vorbehält, eine Entgeltforderung des Vertragspartners erst nach unangemessen langer Zeit für die Überprüfung oder Abnahme der Gegenleistung zu erfüllen; ist der Verwender kein Verbraucher, ist im Zweifel anzunehmen, dass eine Zeit von mehr als 15 Tagen nach Empfang der Gegenleistung unangemessen lang ist;
2.
(Nachfrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender für die von ihm zu bewirkende Leistung abweichend von Rechtsvorschriften eine unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Nachfrist vorbehält;
3.
(Rücktrittsvorbehalt)die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, sich ohne sachlich gerechtfertigten und im Vertrag angegebenen Grund von seiner Leistungspflicht zu lösen; dies gilt nicht für Dauerschuldverhältnisse;
4.
(Änderungsvorbehalt)die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist;
5.
(Fingierte Erklärungen)eine Bestimmung, wonach eine Erklärung des Vertragspartners des Verwenders bei Vornahme oder Unterlassung einer bestimmten Handlung als von ihm abgegeben oder nicht abgegeben gilt, es sei denn, dass
a)
dem Vertragspartner eine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eingeräumt ist und
b)
der Verwender sich verpflichtet, den Vertragspartner bei Beginn der Frist auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens besonders hinzuweisen;
6.
(Fiktion des Zugangs)eine Bestimmung, die vorsieht, dass eine Erklärung des Verwenders von besonderer Bedeutung dem anderen Vertragsteil als zugegangen gilt;
7.
(Abwicklung von Verträgen)eine Bestimmung, nach der der Verwender für den Fall, dass eine Vertragspartei vom Vertrag zurücktritt oder den Vertrag kündigt,
a)
eine unangemessen hohe Vergütung für die Nutzung oder den Gebrauch einer Sache oder eines Rechts oder für erbrachte Leistungen oder
b)
einen unangemessen hohen Ersatz von Aufwendungen verlangen kann;
8.
(Nichtverfügbarkeit der Leistung)die nach Nummer 3 zulässige Vereinbarung eines Vorbehalts des Verwenders, sich von der Verpflichtung zur Erfüllung des Vertrags bei Nichtverfügbarkeit der Leistung zu lösen, wenn sich der Verwender nicht verpflichtet,
a)
den Vertragspartner unverzüglich über die Nichtverfügbarkeit zu informieren und
b)
Gegenleistungen des Vertragspartners unverzüglich zu erstatten;
9.
(Abtretungsausschluss)eine Bestimmung, durch die die Abtretbarkeit ausgeschlossen wird
a)
für einen auf Geld gerichteten Anspruch des Vertragspartners gegen den Verwender oder
b)
für ein anderes Recht, das der Vertragspartner gegen den Verwender hat, wenn
aa)
beim Verwender ein schützenswertes Interesse an dem Abtretungsausschluss nicht besteht oder
bb)
berechtigte Belange des Vertragspartners an der Abtretbarkeit des Rechts das schützenswerte Interesse des Verwenders an dem Abtretungsausschluss überwiegen;
Buchstabe a gilt nicht für Ansprüche aus Zahlungsdiensterahmenverträgen und die Buchstaben a und b gelten nicht für Ansprüche auf Versorgungsleistungen im Sinne des Betriebsrentengesetzes.

Mitglieder des Fahrpersonals dürfen als Arbeitnehmer nicht nach den zurückgelegten Fahrstrecken oder der Menge der beförderten Güter entlohnt werden, auch nicht in Form von Prämien oder Zuschlägen für diese Fahrstrecken oder Gütermengen. Ausgenommen sind Vergütungen, die nicht geeignet sind, die Sicherheit im Straßenverkehr zu beeinträchtigen.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.