Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 13. Jan. 2011 - 10 Sa 445/10

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2011:0113.10SA445.10.0A
bei uns veröffentlicht am13.01.2011

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Tenor

Die Berufung der Klägerin und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 6. Juli 2010, Az.: 2 Ca 420/10, werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 2/3 und die Beklagte 1/3 zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung der Beklagten vom 27.02.2010, die das Arbeitsgericht in eine ordentliche Kündigung zum 31.03.2010 umgedeutet hat.

2

Die Klägerin (geb. am … 1988, ledig) war seit dem 03.08.2009 bei der Beklagten als Friseurin zu einem Bruttomonatsentgelt von € 1.350,00 zzgl. einer Umsatzbeteiligung beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis war bis zum 02.08.2010 befristet, der Arbeitsvertrag sah eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit vor. Die Beklagte beschäftigt in ihren drei Filialen insgesamt 18 Arbeitnehmer in Voll- und Teilzeit. Die Bundesagentur für Arbeit gewährte ihr in der Zeit vom 03.08.2009 bis zum 02.12.2009 einen Zuschuss gemäß § 217 SGB III zur Eingliederung von Arbeitnehmern mit Vermittlungshemmnissen.

3

Nach dem Vortrag der Beklagten erschien die Klägerin, deren Arbeit im Friseursalon um 9.00 Uhr begann, wie folgt verspätet:

4
        

Datum 

Minuten

1.)     

21.10.2009

08

2.)     

26.10.2009

12

3.)     

17.11.2009

17

4.)     

09.12.2009

15

5.)     

14.12.2009

14

6.)     

29.12.2009

13

7.)     

20.01.2010

09

8.)     

23.01.2010

60

9.)     

25.01.2010

16

5

Die Beklagte erteilte der Klägerin am 24.01.2010 eine erste und am 26.01.2010 eine zweite schriftliche Abmahnung. Am 25.02.2010 soll die Klägerin nach dem Vortrag der Beklagten mit einer Verspätung von 2 Minuten und 37 Sekunden im Salon erschienen sein. Daraufhin kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 27.02.2009 fristlos. Gegen diese Kündigung wendet sich die Klägerin mit ihrer am 05.03.2010 erhobenen Klage.

6

Von einer wiederholenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 06.07.2010 (dort Seite 2-4 = Bl. 66-68 d. A.) Bezug genommen.

7

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

8

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die mit Schreiben der Beklagten vom 27.02.2010 ausgesprochene Kündigung nicht aufgelöst wurde,

9

für den Fall, dass das Gericht nach dem vorstehenden Antrag Ziffer 1 erkennt, die Beklagte zu verurteilen, sie bis zur rechtskräftigen Beendigung dieses Rechtstreits zu den bisherigen Arbeits- und Vertragsbedingungen als Friseurin weiter zu beschäftigen.

10

Die Beklagte hat beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 06.07.2010 festgestellt, dass die fristlose Kündigung der Beklagten vom 27.02.2010 unwirksam ist. Es hat die fristlose Kündig jedoch von Amts wegen in eine wirksame ordentliche Kündigung zum 31.03.2010 umgedeutet. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Verspätung der Klägerin am 25.02.2010 mache es der Beklagten nicht unzumutbar, die ordentliche Kündigungsfrist einzuhalten. Die Klägerin habe am 25.02.2010 gegen ihre arbeitsvertragliche Verpflichtung verstoßen, weil sie -trotz zweimaliger vorheriger Abmahnung - erneut verspätet zur Arbeit erschienen sei. Dabei spiele es keine Rolle, ob sie - nach ihrem Vortrag - Punkt 09:00 Uhr den Salon betreten habe oder erst - so die Beklagte - um 09:02:37 Uhr. Die Klägerin müsse zum Arbeitsbeginn um 09.00 Uhr arbeitsbereit an ihrem Arbeitsplatz sein. Wenn sie den Salon erst um diese Uhrzeit betrete, müsse sie sich erst arbeitsbereit machen, und z.B. zunächst ihre Handtasche verstauen. Die fristlose Kündigung sei trotz des Fehlverhaltens der Klägerin unter Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsteile nicht berechtigt. Gegen die Klägerin spreche zwar ihre Uneinsichtigkeit hinsichtlich der Einhaltung ihrer Pflicht zur Pünktlichkeit. Zu ihren Gunsten sei aber zu werten, dass die zur Kündigung führende Verspätung nur ganz gering gewesen sei. Die Klägerin sei bereits in der Vergangenheit öfter unpünktlich gewesen. Die Beklagte hätte ihr aus diesem Grund in der bis zum 03.02.2010 laufenden Probezeit mit abgekürzter Kündigungsfrist kündigen können. Dennoch habe sie die Probezeit verstreichen lassen und erst kurz danach die fristlose Kündigung ausgesprochen. Das sei nicht interessengerecht. Die unwirksame fristlose Kündigung sei aber gemäß § 140 BGB in eine wirksame ordentliche Kündigung zum 31.03.2010 umzudeuten. Die Klägerin sei in dem nur sechs Monate bestehenden Arbeitsverhältnis mehrfach zu spät zur Arbeit erschienen. Deshalb sei sie zweimal abgemahnt worden. Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, dass die Abmahnungen zu unbestimmt seien.

13

Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 4 bis 9 des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 06.07.2010 (= Bl. 68-73 d.A.) Bezug genommen.

14

Das genannte Urteil ist beiden Parteien am 26.07.2010 zugestellt worden. Die Beklagte hat mit am 23.08.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 08.10.2010 verlängerten Begründungsfrist am 08.10.2010 begründet. Die Klägerin hat mit einem am 24.08.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihre Prozessbevollmächtigten auch für die zweite Instanz beantragt und gleichzeitig den Entwurf einer Berufungsbegründung vorgelegt. Mit Beschluss vom 14.10.2010 wurde ihr Prozesskostenhilfe bewilligt. Mit Schriftsatz vom 18.10.2010 beantragte sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und legte Berufung mit gleichzeitiger Begründung ein.

15

Die Klägerin ist der Ansicht, ein kündigungsrelevantes Fehlverhalten liege weder für eine fristlose noch für eine ordentliche Kündigung vor. Das Arbeitsverhältnis habe deshalb bis zum vereinbarten Befristungsende am 02.08.2010 fortbestanden. Sie habe den Friseursalon am 25.02.2010 zu Beginn ihrer Arbeitszeit um Punkt 9.00 Uhr betreten. Sie habe ihre Werkzeuge genommen und sofort angefangen, Kunden zu bedienen. Selbst wenn sie sich geringfügig verspätet haben sollte, hätte die Beklagte noch keine Kündigung aussprechen dürfen. Die Abmahnungen vom 24.01.2010 und vom 26.01.2010 seien nicht geeignet, eine verhaltensbedingte Kündigung vorzubereiten. Die erste Abmahnung sei zu unbestimmt. Im Übrigen sei sie aufgefordert worden, „deutlich vor Arbeitsbeginn“ zu erscheinen, wozu sie nicht verpflichtet sei. Auch die zweite Abmahnung sei zu unbestimmt. Der Vorwurf, sie habe sich uneinsichtig gezeigt, treffe nicht zu. Sie habe lediglich zu Recht einige Vorwürfe der Beklagten bestritten. Die Mitarbeiterinnen müssten abends regelmäßig länger als 19.00 Uhr arbeiten. Der Arbeitgeber könne nicht verlangen, dass abends regelmäßig länger gearbeitet werde, ohne dass dies in irgendeiner Form berücksichtigt werde und gleichzeitig eine Anwesenheit deutlich vor Arbeitsbeginn erwarten. Dies sei zumindest im Rahmen der Interessenabwägung zu ihren Gunsten zu berücksichtigen.

16

Sie berufe sich im Übrigen nach wie vor darauf, dass der zweite Gesellschafter der Beklagten die Kündigung nicht unterschrieben habe.

17

Die Kündigung sei aber auch unwirksam, weil die Beklagte am 27.02.2010 zeitgleich mit der Kündigung noch eine Abmahnung (Bl. 128 d.A.) ausgesprochen habe. Darin werde ihr vorgeworfen, sich am 26.02.2010 gegen 16:00 Uhr gegenüber ihren Kolleginnen laut darüber moniert zu habe, dass noch eine Kundin angenommen worden sei. Die Kundin sei erst gegen 16:30 Uhr im Salon erschienen, um sich Strähnchen färben zu lassen. Dies sei bei realistischer Betrachtung angesichts der bereits wartenden Kunden und einer Arbeitsdauer von ca. 3 bis 3,5 Stunden nicht mehr bis 19:00 Uhr möglich gewesen.

18

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin wird auf die Schriftsätze vom 18.10.2010 (Bl. 119-127 d. A.) und vom 06.01.2011 (Bl. 154-156 d.A.) Bezug genommen.

19

Die Klägerin beantragt zweitinstanzlich,

20

ihr wegen Versäumung der Berufungsfrist und der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren,

21

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 06.07.2010, Az.: 2 Ca 420/10, teilweise abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 27.02.2010 zum 31.03.2010 aufgelöst worden ist, sondern bis zum vereinbarten Befristungs- ende am 02.08.2010 fortbestanden hat,

22

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

23

Die Beklagte beantragt,

24

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 06.07.2010, Az.: 2 Ca 420/10, teilweise abzuändern und die Klage vollständig abzuweisen,

25

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

26

Sie ist der Ansicht, ihre fristlose Kündigung vom 27.02.2010 sei berechtigt. Die Interessenabwägung des Arbeitsgerichts sei fehlerhaft. Es müsse dem Arbeitgeber überlassen bleiben, zu welchem Zeitpunkt und aus welchen Gründen er eine Kündigung ausspreche. Dies könne nicht davon abhängen, wann die Probezeit ende. Wegen der Einzelheiten ihres zweitinstanzlichen Vorbringens wird auf die Schriftsätze vom 08.10.2010 (Bl. 114-115d.A.) und vom 13.12.2010 (Bl. 145-150 d.A.) Bezug genommen.

27

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

28

Die nach § 64 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist somit zulässig.

29

Auch die Berufung der Klägerin ist zulässig. Der Zulässigkeit der Berufung steht eine Versäumung der Berufungsfrist und der Berufungsbegründungsfrist nach § 66 Abs. 1 ArbGG nicht entgegen, denn der Klägerin ist gemäß § 233 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das durch Bedürftigkeit begründete Unvermögen einer Partei, einen Rechtsanwalt mit der notwendigen Vertretung zur Vornahme von fristwahrenden Prozesshandlungen zu beauftragen, begründet eine unverschuldete Versäumung von Rechtsmittelfristen, wenn die Partei alles in ihren Kräften stehende und ihr Zumutbare getan hat, um die Frist zu wahren. Demgemäß besteht ein Wiedereinsetzungsgrund dann, wenn die Partei ein vollständiges Gesuch um Prozesskostenhilfe innerhalb der Rechtsmittelfrist beim zuständigen Gericht anbringt (vgl. etwa LAG Rheinland-Pfalz Urteil vom 22.01.2010 - 9 Sa 568/09; Zöller/Greger, 28. Aufl., § 233, Rn. 23 "Prozesskostenhilfe"; m.w.N). Die Klägerin hat mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 24.08.2010 Prozesskostenhilfe beantragt und eine erneute Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt. Die mit Schriftsatz vom 18.10.2010 erfolgte Berufungseinlegung mit gleichzeitiger Begründung erfolgte nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 14.10.2010. Auch im Übrigen ist die Berufung zulässig.

II.

30

In der Sache haben beide Berufungen keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 27.02.2010 mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden ist. Es hat aufgrund dieser Kündigung aber mit Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 31.03.2010 geendet. Die weitergehende Klage auf Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses bis zum vereinbarten Befristungsende am 02.08.2010 war deshalb abzuweisen.

31

Die Berufungskammer folgt zunächst der ausführlichen und sorgfältigen Begründung des Arbeitsgerichts und stellt dies hiermit gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens sind lediglich folgende Ausführungen veranlasst:

32

1. Die außerordentliche Kündigung vom 27.02.2010 ist unwirksam. Es fehlt an einem wichtigen Grund zur Kündigung im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn mildere Mittel als Reaktion auf die eingetretene Vertragsstörung ausscheiden. Mildere Mittel sind insbesondere die Abmahnung und die ordentliche Kündigung. Im Hinblick darauf ist die ausgesprochene außerordentliche Kündigung der Beklagten unverhältnismäßig. Die Berufungskammer teilt die Ansicht des Arbeitsgerichts, dass der Beklagten unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles und der gebotenen Abwägung der Interessen beider Vertragsteile zumutbar war, das Arbeitsverhältnisses noch bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 31.03.2010 fortzusetzen.

33

Zwar spricht zu Lasten der Klägerin, dass das kurze Arbeitsverhältnis insgesamt nicht beanstandungsfrei verlaufen ist, weil sie wiederholt unpünktlich zur Arbeit erschienen ist (vgl. dazu die Ausführungen weiter unten). Nachdem die Beklagte in der kündigungsschutzlosen Zeit einen erheblichen Langmut hat walten lassen -nach ihrem Vortrag verspätete sich die Klägerin insgesamt neunmal zwischen 8 und über 60 Minuten, war ihr die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar. Die Parteien hatten im Arbeitsvertrag eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart, die am 02.02.2010 abgelaufen ist. Obwohl sich die Klägerin aus Sicht der Beklagten nicht bewährt hat, wie sich nicht zuletzt aus den drastischen Ausführungen im Schriftsatz vom 13.12.2010 ergibt (z.B. „bei formaler Pünktlichkeit enorme morgendliche Anlaufschwierigkeiten“; „Kaffeepause vor Arbeitsaufnahme, um einen brauchbaren Arbeitszustand herzustellen“; „Lesen dicker Liebesromane während der Arbeitszeit“, „Fotografieren mit dem Handy, um die Fotos bei Wer-kennt-wen.de einzustellen“ etc.), hat sie das Arbeitsverhältnis in der gesetzlichen Wartezeit bzw. der vereinbarten Probezeit nicht gekündigt. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn das Arbeitsgericht angenommen hat, der Beklagten sei im Kündigungszeitpunkt am 27.02.2010 die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zuzumuten gewesen.

34

2. Mit Recht hat das Arbeitsgericht angenommen, dass die Kündigung vom 27.02.2010 als ordentliche Kündigung sozial gerechtfertigt im Sinne von § 1 Abs. 1, Abs. 2 KSchG und damit wirksam ist.

35

Eine nach § 626 Abs. 1 BGB unwirksame außerordentliche Kündigung kann in eine ordentliche Kündigung nach § 140 BGB umgedeutet werden, wenn dies dem mutmaßlichen Willen des Kündigenden entspricht und dieser Wille dem Kündigungsempfänger im Zeitpunkt des Kündigungszugangs erkennbar ist (BAG Urteil vom 12.05.2010 - 2 AZR 845/08 - NZA 2010, 1348; m.w.N.).

36

Wie das Arbeitsgericht bereits zutreffend angenommen hat, ließ der Inhalt des Kündigungsschreibens vom 27.02.2010, mit dem die Beklagte das Arbeitsverhältnis „fristlos“ gekündigt hat, für die Klägerin den unbedingten Beendigungswillen der Beklagten erkennen. Der Klägerin war auch klar, dass es der Beklagten darauf ankam, sich - wenn nicht sofort, zumindest möglichst bald - von ihr zu trennen. Besondere Umstände, die den Schluss zuließen, die Beklagte habe mit der Kündigung vom 27.02.2010 ausschließlich die außerordentliche fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses herbeiführen wollen, und die deshalb einer Umdeutung entgegenstünden, hat die Berufung nicht aufgezeigt.

37

Insbesondere kann die Klägerin aus der zeitgleich mit der fristlosen Kündigung vom 27.02.2010 ausgehändigten (dritten) Abmahnung vom 27.02.2010, die sie erst im Berufungsverfahren vorgelegt hat, nicht schließen, die Beklagte hätte sich nicht von ihr trennen wollen. Der Klägerin ist zuzugeben, dass der Arbeitgeber durch eine Abmahnung regelmäßig zu erkennen gibt, dass er das Arbeitsverhältnis noch nicht als so gestört ansieht, als dass er es nicht mehr fortsetzen könnte (BAG Urteil vom 26.11.2009 - 2 AZR 751/08 - NZA 2010, 823; m.w.N.). Ein Verzicht auf eine Kündigung kann jedoch nur angenommen werden, wenn die Abmahnung als Vertragsrüge deutlich und unzweifelhaft zu erkennen gibt, dass der Arbeitgeber den vertraglichen Pflichtverstoß hiermit als ausreichend sanktioniert und die Sache als "erledigt" ansieht (BAG Urteil vom 06.03.2003 - 2 AZR 128/02 - NZA 2003, 1388; m.w.N.).

38

Daran fehlt es hier. Die Beklagte hat der Klägerin zeitgleich mit dem Kündigungsschreiben wegen häufiger Unpünktlichkeit ein Abmahnungsschreiben wegen einer anderen Pflichtverletzung ausgehändigt. Die Beklagte wirft der Klägerin in der Abmahnung vom 27.02.2010 vor, sie habe sich ca. drei Stunden vor Ladenschluss bei ihren Kolleginnen laut darüber beschwert, dass noch einer Kundin Strähnchen gefärbt werden sollten. Die Klägerin habe für die Kundin hörbar „frech und patzig“ erklärt, dass sie auf jeden Fall um 19:00 Uhr gehen werde. Der Inhalt dieser Abmahnung lässt, unabhängig davon, ob der Vorwurf zutrifft oder nicht, an keiner Stelle erkennen, dass die Beklagte darin eine in irgendeiner Weise abschließende Sanktion auf die Unpünktlichkeit der Klägerin sah. Die Beklagte hat sich mit dieser Abmahnung mithin nicht des Rechts begeben, die zeitgleich erklärte Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen häufiger Unpünktlichkeit zu rechtfertigen.

39

3. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die umgedeutete ordentliche Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen gemäß § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt ist.

40

Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass wiederholte Verspätungen des Arbeitnehmers nach vorheriger Abmahnung an sich geeignet sind, eine ordentliche Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen sozial zu rechtfertigen. Durch das unpünktliche Erscheinen am Arbeitsplatz verletzt der Arbeitnehmer schuldhaft seine arbeitsvertragliche Verpflichtung, die Arbeit mit Beginn der betrieblichen Arbeitszeit aufzunehmen, wenn dies auf einem vorwerfbaren Verhalten des Arbeitnehmers beruht, dieser also die Verspätung zu vertreten hat (vgl. unter vielen: BAG Urteil vom 15.11.2001 - 2 AZR 609/00 - NZA 2002, 968, m.w.N.). Die Klägerin bezweifelt dies im Grundsatz nicht. Sie verkennt jedoch, dass auch eine nur geringfügige Verspätung geeignet ist, einen Kündigungsgrund im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG darzustellen, sofern der Arbeitnehmer zuvor zahlreiche Male unpünktlich zum Dienst erschienen und auch bereits einschlägig abgemahnt worden ist.

41

Hieran gemessen rechtfertigt auch die Verspätung der Klägerin am 25.02.2010 eine ordentliche Kündigung. Die Berufungskammer teilt die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass es dahinstehen kann, ob die Klägerin den Friseursalon um Punkt 09:00:00 Uhr oder um 09:02:37 Uhr betreten hat. Die Klägerin hatte den Salon nicht sozusagen auf die letzte Sekunde um 09:00 Uhr zu betreten, sondern die Arbeit aufzunehmen. Darauf hat bereits das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen.

42

Die Klägerin, die die Verspätungen im vorgetragenen Umfang bestreitet, jedoch einräumt, sich am 23.01.2010 über eine Stunde verspätet zu haben, und an einigen Tagen „vielleicht zwei- bis dreimal ein bis zwei Minuten“ sowie am 25.01.2010 „einige Minuten“, war durch die Abmahnungen vom 24.01.2010 und vom 26.01.2010 hinreichend gewarnt. Die Beklagte hat in der Abmahnung vom 24.01.2010 ausgeführt, die Klägerin sei zum wiederholten Male nicht pünktlich zur Arbeit erschienen. Zuletzt habe sie am 23.01.2010 verschlafen und sei erst mit mehr als einer Stunde Verspätung erschienen. Die Klägerin wurde aufgefordert, künftig deutlich vor Arbeitsbeginn zu erscheinen, damit sie pünktlich mit der Arbeit beginnen könne. In der zweiten Abmahnung vom 26.01.2010 hat ihr die Beklagte vorgeworfen, dass sie am 25.01.2010 erneut nicht pünktlich zur Arbeit erschienen sei. Sie habe ihre Arbeit nicht wie vereinbart um 09:00 Uhr angetreten. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Klägerin meint, die zwei Abmahnungen seien zu unbestimmt. Die Klägerin konnte deutlich erkennen, was sie nach Meinung der Beklagten „tun und lassen“ sollte. Sie musste Konsequenzen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses befürchten, wenn sie nicht so frühzeitig im Salon erscheint, dass sie nicht um 09:00 Uhr mit der Arbeit beginnen kann.

43

Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg auf eine fehlerhafte Interessenabwägung berufen. Die 21-jährige Klägerin war im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung zwar sechs, aber noch keine sieben Monate bei der Beklagten beschäftigt. Der Beklagten war nicht zumutbar, bis zum vereinbarten Befristungsende am 02.08.2010 die Verspätungen der Klägerin zu entschuldigen und letztlich hinzunehmen. Pünktlichkeit ist Voraussetzung für einen reibungslosen Betriebsablauf sowie den Betriebsfrieden innerhalb eines Teams. Es ist auf Dauer nicht tolerabel, dass die Kolleginnen der Klägerin die Kunden bedienen müssen, die pünktlich um 9:00 Uhr zum Friseurbesuch erscheinen. Die Klägerin ist auch nicht deshalb schutzwürdig, weil eine Sperrzeit verhängt worden ist. Dies hätte sie durch vertragsgerechtes Verhalten abwenden können. In ihrer Häufigkeit und Dauer konnten die Verspätungen der Klägerin nicht mehr, wie sie es darzustellen versucht, als Lappalien abgetan werden. Die Beklagte musste im Kündigungszeitpunkt davon ausgehen, dass die Klägerin nicht bereit bzw. in der Lage war, ihre Arbeit pünktlich zu beginnen.

44

4. Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Kündigung vom 27.02.2010 die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform des § 623 BGB wahrt.

45

Zwar ist das Kündigungsschreiben nur von einem der beiden Gesellschafter der Beklagten unterzeichnet worden. Unterschreibt für eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts - wie hier - nur ein Gesellschafter und fügt er der Unterschrift keinen Vertretungszusatz hinzu, ist zu prüfen, ob die Urkunde erkennen lässt, dass die Unterschrift des handelnden Gesellschafters auch die Erklärung des nicht unterzeichnenden Gesellschafters decken soll, also auch in dessen Namen erfolgt ist (BAG Urteil vom 28.11.2007 - 6 AZR 1108/06 - NZA 2008, 348, m.w.N.).

46

Das Arbeitsgericht ist mit überzeugender Begründung davon ausgegangen, dass dem Inhalt des Kündigungsschreibens vom 27.02.2010 zu entnehmen ist, dass der Gesellschafter die Beklagte mit seiner Unterschrift allein vertreten wollte. Im Text heißt es im Plural: „kündigen wir“. Diese Formulierung bringt im Zusammenhang mit dem Briefkopf, der die Rechtsform der Beklagten „A.“ bezeichnet, hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass der Gesellschafter für die Arbeitgeberin und damit in Vertretung des zweiten Gesellschafters der Beklagten gehandelt hat. Im Übrigen war der zweite Gesellschafter der Beklagten X. W. bei der Übergabe des Kündigungsschreibens persönlich zugegen. Für die Klägerin war daher eindeutig erkennbar, dass die Kündigung auch in seinem Namen erfolgt ist.

III.

47

Nach alledem sind beide Berufungen mit der Kostenfolge aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

48

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 13. Jan. 2011 - 10 Sa 445/10

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 140 Umdeutung


Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 623 Schriftform der Kündigung


Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen.

Referenzen - Urteile

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 13. Jan. 2011 - 10 Sa 445/10 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 13. Jan. 2011 - 10 Sa 445/10 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 12. Mai 2010 - 2 AZR 845/08

bei uns veröffentlicht am 12.05.2010

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 14. Mai 2008 - 4 Sa 508/07 - teilweise aufgehoben.
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 13. Jan. 2011 - 10 Sa 445/10.

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 14. Juli 2015 - 6 Sa 22/15

bei uns veröffentlicht am 14.07.2015

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 20. November 2014 - 10 Ca 350/14 - teilweise wie folgt abgeändert: 1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 20. Jan

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 06. Dez. 2011 - 3 Sa 354/11

bei uns veröffentlicht am 06.12.2011

Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 18. März 2011 - 2 Ca 33/10 - abgeändert: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.796,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basis

Referenzen

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 14. Mai 2008 - 4 Sa 508/07 - teilweise aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 6. August 2007 - 2 Ca 295/07 - teilweise abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 23. Februar 2007 nicht mit sofortiger Wirkung, sondern erst mit Ablauf des 30. April 2007 beendet worden ist.

3. Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 2/3 und der Beklagte zu 1/3 zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen und einer während der Kündigungsfrist erklärten fristlosen Kündigung.

2

Der 1957 geborene Kläger ist verheiratet und einem Kind zum Unterhalt verpflichtet. Seit August 2001 war er bei dem Beklagten als Oberstufenlehrer für Kunst und Kunstgeschichte tätig.

3

Der Beklagte ist Träger einer Waldorfschule, einer genehmigten Ersatzschule im Sinne des Thüringer Gesetzes über Schulen in freier Trägerschaft idF der Bekanntmachung vom 30. April 2003 (GVBl. 2003, S. 150). Er beschäftigt etwa 60 Arbeitnehmer. Seine Selbstverwaltung erfolgt über Konferenzen - Klassenkonferenzen, Mentorenkonferenzen, Oberstufenkonferenzen und Schulführungskonferenzen -, wobei der jeweils „ranghöheren“ Konferenz das Recht zusteht, einen zu regelnden Sachverhalt an sich zu ziehen.

4

Im Arbeitsvertrag der Parteien heißt es auszugsweise:

        

„4. … 

        

Zur Tätigkeit eines Lehrers an einer Waldorfschule gehören auch die Teilnahme an den Aufgaben der Selbstverwaltung der Schule (Konferenzen) sowie die Elternarbeit und die Belange des Bundes der Freien Waldorfschulen. …

        

5. Es gilt eine beidseitige Kündigungsfrist von 6 Monaten zum 31. Juli.

        

Verändert sich die gesetzliche Kündigungsfrist eines Partners, so gilt dasselbe auch für den anderen Partner.

        

…       

        

Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses insbesondere dann nicht mehr möglich ist, wenn es kein Vertrauen mehr in die Erziehungsarbeit oder in die Mitwirkung bei der Selbstverwaltung gibt. Das Vertragsverhältnis ist dann entsprechend den gesetzlichen Kündigungsfristen kündbar.

        

Bei etwaigen, die hier vereinbarte Zusammenarbeit betreffenden Streitigkeiten verpflichten sich die Beteiligten, zunächst das interne Schlichtungsverfahren einzuleiten und rechtliche Schritte nur im Hinblick auf notwendige Fristeinhaltungen vorzunehmen.“

5

Schüler des Beklagten haben in der zwölften Klassenstufe eine sog. Jahresarbeit anzufertigen, mit der sie regelmäßig bereits in der elften Klasse beginnen. Die Arbeit wird durch eine Lehrkraft als Mentor betreut. Nach Fertigstellung sind mindestens zwei Ausfertigungen der Arbeit in der Schule abzugeben. Ein Exemplar ist als Korrekturexemplar für den Mentor bestimmt. Das weitere - gebundene - Exemplar erhält die Schule. Etwa 14 Tage später findet eine öffentliche Präsentation/Verteidigung der Arbeit vor der interessierten Schulöffentlichkeit und Elternschaft statt. Außerdem sind bei der Veranstaltung neben dem Mentor der zuständige Klassenbetreuer und ein Elternvertreter anwesend, die in das Bewertungsverfahren eingebunden sind. Anschließend folgt ein Auswertungsgespräch unter Beteiligung aller drei vorgenannten Personen in Anwesenheit des Schülers. Nach diesem Gespräch verbleibt das Schulexemplar in der Schulbibliothek zur öffentlichen Einsicht. Der Mentor hat dann die Aufgabe, die Jahresarbeit unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Auswertungsgesprächs zu bewerten. Bei bestehenden Differenzen ist die Mentorenkonferenz einzuschalten.

6

Seit dem Jahr 2004 kam es zu Auseinandersetzungen der Parteien über die Verpflichtung des Klägers, an der schulischen Selbstverwaltung teilzunehmen. In diesem Zusammenhang erteilte der Beklagte dem Kläger am 2. Juli 2004 zwei schriftliche Abmahnungen.

7

Beginnend mit dem Jahr 2006 betreute der Kläger als Mentor die Jahresarbeit des Schülers S. zum Thema: „Homepageprogrammierung auf HTML-Basis“. Im Januar 2007 gab S. zwei Exemplare seiner Arbeit in der Schule ab. Die Präsentation folgte am 27. Januar 2007. Im Auswertungsgespräch vom 30. Januar 2007 vertrat die zuständige Klassenbetreuerin - anders als der Kläger - die Auffassung, die Arbeit sei wegen inhaltlicher Mängel nicht anerkennungsfähig. Nach dem Gespräch nahm der Kläger - ohne Rücksprache - das Schulexemplar mit nach Hause, das Mentorenexemplar in Form einer Loseblattsammlung hatte er bereits.

8

Am 31. Januar 2007 wurde der Kläger zu einer für diesen Tag anberaumten Sonderkonferenz geladen. Er sagte, ua. wegen der Kurzfristigkeit der Ladung, seine Teilnahme ab; zugleich bat er, ihm „den Antrag auf die Aberkennung der Jahresarbeit“ von S. „bald schriftlich mitzuteilen“.

9

Mit Schreiben vom 31. Januar 2007 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis daraufhin ordentlich zum 31. Juli 2007. Am 1. Februar 2007 beurlaubte er den Kläger bis zu einem für den 5. Februar 2007 vereinbarten Schlichtungsgespräch. Zugleich erteilte er ihm Hausverbot. Während des Schlichtungsgesprächs forderte er den Kläger auf, der Schulführungskonferenz das (Schul-)Exemplar der Jahresarbeit zur Verfügung zu stellen. Mit Schreiben vom 7. Februar 2007 wiederholte er sein Verlangen unter Fristsetzung bis 9. Februar 2007. Darauf teilte der Kläger schriftlich mit: „Im Hinblick auf die Jahresarbeit können Sie sich an Frau G. wenden, die für das Schulexemplar zuständig ist.“. Auf erneutes, nunmehr anwaltliches Herausgabeverlangen des Beklagten gab er das Schulexemplar am 15. Februar 2007 zurück, nachdem er zuvor aus der Arbeit die Seite 17 entfernt hatte.

10

Am 19. Februar 2007 führten die Parteien ein weiteres Schlichtungsgespräch. Mit Schreiben vom 23. Februar 2007 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos.

11

Der Kläger hat gegen beide Kündigungen Kündigungsschutzklage erhoben und geltend gemacht, er habe seine Vertragspflichten allenfalls unwesentlich verletzt. Das Schulexemplar der Jahresarbeit von S. sei ihm anlässlich des Auswertungsgesprächs durch den Elternvertreter zur Aufbewahrung übergeben worden. Die Rückgabe der Arbeit sei für ihn deshalb „ein Problem“ gewesen, weil sich die Klassenbetreuerin im Auswertungsgespräch zur Qualität der Arbeit geäußert habe, ohne deren Inhalt genau zu kennen. Er habe verhindern wollen, dass seine Kollegin nachträglich Gelegenheit erhalte, die Arbeit zu lesen und dadurch ihr „voreingenommenes und negatives Urteil abzusichern“. Als zuständiger Mentor sei er bis zur abschließenden Bewertung berechtigt gewesen, die - inhaltlich im Übrigen bedeutungslose - Seite 17 zu entfernen. Sein Vorgehen sei, nachdem auf dieser Seite aufgeführte Zitate zu Beanstandungen durch Kollegen geführt hätten, zweckmäßig und mit dem Schüler abgestimmt gewesen. Die Kündigungen seien unverhältnismäßig. Im Übrigen fehle es an der ordnungsgemäßen Durchführung des vorgesehenen Schlichtungsverfahrens.

12

Der Kläger hat - soweit noch von Bedeutung - beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 31. Januar 2007 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 23. Februar 2007 weder fristlos noch ordentlich aufgelöst worden ist.

13

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, schon die fristlose Kündigung sei gerechtfertigt. Der Kläger habe das Schulexemplar der Jahresarbeit von S. unbefugt entwendet, rechtswidrig zurückgehalten und gefälscht. Dies wiege angesichts bestehender Differenzen über die Bewertung der Arbeit besonders schwer. Außerdem habe sich der Kläger über das erteilte Hausverbot hinweggesetzt und die gesetzlichen Vorschriften für Abiturprüfungen für Waldorfschulen missachtet. Die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB sei gewahrt. Jedenfalls habe das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Kündigungsfrist geendet. Einer Abmahnung habe es nicht bedurft. Die Durchführung des in der Schulordnung vorgesehenen Schlichtungsverfahrens sei keine Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Kündigung. Die Ausübung des Kündigungsrechts sei kein „Konfliktfall“ im Sinne der dortigen Regelungen. Außerdem sei das Verfahren auch durchgeführt worden, es sei nur gescheitert.

14

Das Arbeitsgericht hat die fristlose Kündigung für gerechtfertigt erachtet und die Klage insgesamt abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision des Klägers ist teilweise begründet. Das Arbeitsverhältnis ist durch die Kündigung vom 23. Februar 2007 nicht mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden. Es hat aufgrund dieser Kündigung aber nach Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist von zwei Monaten zum Monatsende am 30. April 2007 geendet. Auf die Wirksamkeit der zum 31. Juli 2007 erklärten ordentlichen Kündigung vom 31. Januar 2007 kommt es nicht an.

16

I. Die außerordentliche Kündigung vom 23. Februar 2007 ist unwirksam. Es fehlt an einem wichtigen Grund zur Kündigung iSv. § 626 Abs. 1 BGB. Ob die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt ist, kann dahinstehen.

17

1. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

18

2. Das Berufungsurteil hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht in jeder Hinsicht stand. Zwar liegt eine erhebliche Vertragspflichtverletzung des Klägers und damit „an sich“ ein wichtiger Grund zur Kündigung vor. Auch geht das Berufungsgericht zutreffend davon aus, dass es vor Ausspruch der Kündigung keiner Abmahnung bedurfte. Dennoch erweist sich die fristlose Kündigung als unverhältnismäßig. Aufgrund der besonderen, vom Landesarbeitsgericht nicht hinreichend beachteten Umstände des Einzelfalls war es dem Beklagten zumutbar, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen.

19

a) Ein wichtiger Grund zur Kündigung kann nicht nur in einer erheblichen Verletzung der vertraglichen Hauptleistungspflichten liegen. Auch die schuldhafte Verletzung von Nebenpflichten kann ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung sein (Senat 2. März 2006 - 2 AZR 53/05 - Rn. 21, AP BGB § 626 Krankheit Nr. 14 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 16; BAG 15. Januar 1986 - 7 AZR 128/83 - zu 2 b der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 93 = EzA BGB § 626 nF Nr. 100). Da die ordentliche Kündigung die übliche und grundsätzlich ausreichende Reaktion auf die Verletzung einer Nebenpflicht ist, kommt eine außerordentliche Kündigung nur in Betracht, wenn das Gewicht dieser Pflichtverletzung durch erschwerende Umstände verstärkt wird (BAG 15. Januar 1986 - 7 AZR 128/83 - aaO; SPV/Preis 10. Aufl. Rn. 603; KR/Fischermeier 9. Aufl. § 626 BGB Rn. 146).

20

b) Als Vertragspflichtverletzung, die grundsätzlich eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen vermag, ist ein nachhaltiger Verstoß des Arbeitnehmers gegen berechtigte Weisungen des Arbeitgebers anzusehen (KR/Fischermeier 9. Aufl. § 626 BGB Rn. 459 mwN). Ebenso kann die erhebliche Verletzung der den Arbeitnehmer gemäß § 241 Abs. 2 BGB treffenden Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers einen wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB bilden. Der konkrete Inhalt dieser Pflicht ergibt sich aus dem jeweiligen Arbeitsverhältnis und seinen spezifischen Anforderungen (st. Rspr., bspw. Senat 26. März 2009 - 2 AZR 953/07 - Rn. 24, AP BGB § 626 Nr. 220 mwN). Einer besonderen Vereinbarung bedarf es insoweit nicht.

21

c) Im Streitfall kann offenbleiben, ob der Kläger seine Vertragspflichten bereits dadurch erheblich verletzt hat, dass er das Schulexemplar der Jahresarbeit nach dem Auswertungsgespräch ohne Einverständnis des Beklagten in seine Wohnung verbrachte und dem Zugriff des Beklagten entzog. Eine erhebliche Pflichtverletzung des Klägers liegt, wie die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben, jedenfalls darin, dass er das Schulexemplar entgegen wiederholter, ausdrücklicher Weisung des Beklagten nicht termingerecht, sondern erst nach anwaltlicher Aufforderung zurückgab und außerdem zuvor die Seite 17 der Jahresarbeit entfernt hatte.

22

aa) Der Beklagte war berechtigt, die sofortige Rückgabe des Schulexemplars zu verlangen. Ein Besitzrecht des Klägers bestand nicht. Die eingeräumte Herausgabefrist war ausreichend, um der Aufforderung nachzukommen. Der rechtmäßigen Weisung des Beklagten hat sich der Kläger auch nach seinem eigenen Vorbringen zumindest zeitweise vorsätzlich und nachhaltig widersetzt. Zudem hat er mit dem Schreiben vom 7. Februar 2007 gegenüber dem Beklagten bewusst den Eindruck erwecken wollen, gar nicht im Besitz des Schulexemplars zu sein. Anders lässt sich seine Erklärung, der Beklagte möge sich wegen des Schulexemplars an Frau G. wenden, nicht verstehen. Darüber hinaus war sein Verhalten, wie er selbst einräumt, darauf angelegt, die Bewertung der Arbeit durch die mitbeurteilende Klassenbetreuerin zu erschweren und vorübergehend unmöglich zu machen. Ein solches Vorgehen ist geeignet, das Vertrauen des Beklagten in die zuverlässige und pflichtgemäße Erfüllung der Arbeitsaufgaben des Klägers erheblich zu erschüttern.

23

bb) Eine weitere erhebliche Pflichtverletzung des Klägers liegt darin, dass er eine Seite aus der Jahresarbeit entfernte und diese damit verfälschte.

24

(1) Die schriftliche Arbeit eines Schülers ist nach ihrer förmlichen Abgabe zur Bewertung grundsätzlich keiner inhaltlichen Änderung mehr zugänglich. Das zeigt auch das beim Beklagten praktizierte Beurteilungsverfahren. Grundlage der mündlichen Verteidigung der Arbeit, des Auswertungsgesprächs und der abschließenden Beurteilung durch den Mentor kann nur ein und dieselbe Leistung des Schülers sein, zumal die Präsentation der Arbeit, die auf der schriftlichen Ausarbeitung beruht, in die abschließende Bewertung einzufließen hat. Dementsprechend dient die Vorgabe, der Schule neben dem für den Mentor bestimmten Korrekturexemplar mindestens ein weiteres - gebundenes - Exemplar der Arbeit zu übergeben, erkennbar auch dazu, die Vollständigkeit der Arbeit zu gewährleisten und nachträgliche Veränderungen auszuschließen. Unterdrückt ein Lehrer in Kenntnis dieser Umstände Teile des Schulexemplars, verletzt er seine arbeitsvertraglichen Pflichten erheblich. Ein solches Fehlverhalten betrifft den Kernbereich seiner Arbeitsaufgaben und berührt unmittelbar das Vertrauen in deren zuverlässige Ausführung.

25

(2) Sein Fehlverhalten ist dem Kläger vorwerfbar. Seine Einlassung, er sei davon ausgegangen, die Jahresarbeit in Absprache mit dem Schüler auch noch nach ihrer Abgabe inhaltlich verändern zu dürfen, hat das Landesarbeitsgericht - unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts - als Schutzbehauptung gewertet. Dies hält sich im Bewertungsspielraum der Tatsacheninstanz. Ein Verbotsirrtum des Klägers wäre jedenfalls vermeidbar gewesen. Es kommt nicht darauf an, ob die entfernte Seite für das behandelte Thema inhaltlich von Bedeutung war oder nicht. Der Schüler hatte die dort enthaltenen „Gedächtnisprotokolle zu Kommentaren der Lehrer“ zum Gegenstand der Arbeit gemacht und im Inhaltsverzeichnis ausdrücklich erwähnt. Hinzu kommt, dass die aufgeführten Zitate bereits Anstoß bei Lehrkräften erregt hatten. Für den Kläger war erkennbar, dass mit der Herausnahme der Seite auch die Nachprüfung einer Berechtigung dieser Beanstandungen wesentlich erschwert würde.

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(3) Darauf, ob das Verhalten des Klägers strafrechtlich als Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1 StGB) und/oder Urkundenunterdrückung (§ 274 Abs. 1 Nr. 1 StGB) zu bewerten ist, kommt es, wie die Vorinstanzen richtig gesehen haben, nicht an. Für die kündigungsrechtliche Bewertung ist nicht die strafrechtliche Beurteilung maßgeblich, sondern die Schwere der Vertragspflichtverletzung (st. Rspr., bspw. Senat 24. November 2005 - 2 AZR 39/05 - Rn. 18, AP BGB § 626 Nr. 197 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 12; 12. August 1999 - 2 AZR 832/98 - zu II 3 der Gründe, AP BGB § 123 Nr. 51 = EzA BGB § 123 Nr. 53).

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d) Liegt - wie hier - ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung „an sich“ vor, bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und der Abwägung der Interessen beider Vertragsteile jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist oder nicht. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn mildere Mittel als Reaktion auf die eingetretene Vertragsstörung ausscheiden (st. Rspr., bspw. Senat 19. April 2007 - 2 AZR 180/06 - Rn. 45, AP BGB § 174 Nr. 20). Mildere Mittel sind insbesondere die Abmahnung und die ordentliche Kündigung. Im Hinblick darauf ist die ausgesprochene außerordentliche Kündigung unverhältnismäßig.

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aa) Dies ist sie nicht deshalb, weil es vorrangig einer Abmahnung bedurft hätte.

29

(1) Zwar gilt das durch § 314 Abs. 2 BGB konkretisierte Erfordernis einer Abmahnung grundsätzlich auch bei Störungen im Vertrauensbereich(vgl. Senat 19. April 2007 - 2 AZR 180/06 - Rn. 48 mwN, AP BGB § 174 Nr. 20). Die Abmahnung ist aber, wie § 314 Abs. 2 Satz 2 BGB iVm. § 323 Abs. 2 BGB zeigt, unter besonderen Umständen entbehrlich. Das ist der Fall, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft trotz Abmahnung nicht erwartet werden kann oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass die Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich - für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist (Senat 23. Juni 2009 - 2 AZR 103/08 - Rn. 32, 33 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 59; 19. April 2007 - 2 AZR 180/06 - aaO; 15. November 2001 - 2 AZR 605/00 - zu II 4 der Gründe, BAGE 99, 331).

30

(2) Danach war eine Abmahnung entbehrlich. Der Kläger hat seine Arbeitsaufgaben im Kernbereich seiner Tätigkeit als Lehrkraft vorsätzlich und nachhaltig verletzt. Das gilt auch in Anbetracht der vorausgegangenen Auseinandersetzungen mit der Klassenbetreuerin über die Anerkennungsfähigkeit der Arbeit und der Bedenken von Kollegen gegen den Inhalt der entfernten Seite. Diese Umstände sind nicht geeignet, den mit der Pflichtverletzung verbundenen Vertrauensverlust abzuschwächen. Im Gegenteil: Gerade wegen dieser Konflikte musste der Kläger dem Beklagten möglichst zügig eine eigene Beurteilung der Arbeit und der umstrittenen Zitate ermöglichen. Stattdessen zeigt sein Bestreben, durch ein Zurückhalten der Arbeit die Klassenbetreuerin als nicht kompetent darzustellen, dass es ihm nicht um ein objektives und gerechtes Urteil über die Qualität der Arbeit ging, sondern um die Verfolgung sachfremder Motive. Dies zeigt ein Verständnis vom Inhalt seiner Arbeitsaufgaben und der eigenen Kompetenzen, das durch den Ausspruch einer Abmahnung den gesamten Umständen nach nicht zu beeinflussen ist. Eine Verhaltensänderung des Klägers stand deshalb auch nach einer Abmahnung nicht zu erwarten.

31

(3) Dennoch erweist sich die fristlose Kündigung als unwirksam. Dem Beklagten war es unter Beachtung der Besonderheiten des Einzelfalls und der gebotenen Abwägung der Interessen beider Vertragsteile zuzumuten, das Arbeitsverhältnis noch bis zum Ablauf der maßgebenden Kündigungsfrist fortzusetzen. Die gegenteilige Auffassung des Landesarbeitsgerichts, das sich die Erwägungen des Arbeitsgerichts zur Interessenabwägung nach § 69 Abs. 2 ArbGG zu eigen gemacht hat, berücksichtigt nicht alle wesentlichen Gesichtspunkte.

32

(a) Zwar spricht zulasten des Klägers der Umstand, dass das Arbeitsverhältnis auch aus anderen Gründen nicht beanstandungsfrei verlaufen ist. Das Arbeitsgericht hat auf Pflichtwidrigkeiten bezüglich der Teilnahme an Konferenzen hingewiesen. Dies wird, zumal der Kläger ein Fehlverhalten insoweit teilweise eingeräumt hatte, von der Revision nicht angegriffen. Auch konnte im Rahmen der Abwägung nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger im Schlichtungsgespräch vom 19. Februar 2007 keine Einsicht in die Vertragswidrigkeit seines Verhaltens gezeigt hat. Dies muss als Indiz für eine Wiederholungsgefahr angesehen werden.

33

(b) Zum einen ist jedoch zu bedenken, dass die zur außerordentlichen Kündigung führende Pflichtwidrigkeit im Zusammenhang mit schriftlichen Prüfungsleistungen der Schüler stand, die in den Monaten nach Kündigungsanspruch nicht mehr anfielen. Zum anderen ist das Landesarbeitsgericht von einer unzutreffenden Frist ausgegangen, die der Beklagte bei Ausspruch einer ordentlichen Kündigung einzuhalten hätte. Dies ist nicht die Frist von sechs Monaten jeweils zum 31. Juli des Jahres nach Nr. 5 Satz 1 des Arbeitsvertrages, sondern die gesetzliche Frist von zwei Monaten zum Monatsende nach Nr. 5 Satz 6 des Vertrags. Zumindest für die Dauer dieses Zeitraums war dem Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zuzumuten.

34

(aa) Das Landesarbeitsgericht hat die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen zu den Kündigungsfristen nicht ausgelegt. Es hat auch nicht festgestellt, ob es sich dabei um typische oder untypische Klauseln handelt. Selbst wenn unterstellt wird, dass sie untypisch sind, kann der Senat sie eigenständig auslegen. Es geht um die Auslegung von Urkunden, ohne dass besondere Umstände des Einzelfalls, die der Auslegung eine bestimmte, der Beurteilung des Revisionsgerichts entzogene Richtung geben könnten, vorlägen (vgl. dazu BAG 5. Februar 2009 - 6 AZR 151/08 - Rn. 33, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 69 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 87; 28. Februar 1990 - 7 AZR 143/89 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 64, 220).

35

(bb) Der Arbeitsvertrag differenziert in Nr. 5 zwischen einer regulären Kündigungsfrist von sechs Monaten zum 31. Juli (Nr. 5 Satz 1) und einer für den Fall mangelnden Vertrauens in die Erziehungsarbeit oder in die Mitwirkung bei der Selbstverwaltung vorgesehenen „Kündbarkeit entsprechend den gesetzlichen Kündigungsfristen“ (Nr. 5 Satz 6). Dabei ist davon auszugehen, dass die beiden Regelungen jeweils abschließend und vollständig sind. So ist das Arbeitsverhältnis im Fall von Nr. 5 Satz 6 nicht nur zum 31. Juli kündbar. Die Festlegung dieses Termins in Nr. 5 Satz 1 beruht, ebenso wie die - lange - Dauer der dort bestimmten Kündigungsfrist von sechs Monaten erkennbar auf dem Bedürfnis nach personeller Kontinuität in der Lehrerschaft während eines laufenden Schuljahrs. Soweit es in den Fällen von Nr. 5 Satz 6 des Vertrags stattdessen bei den gesetzlichen Kündigungsfristen verbleiben soll, betrifft dies Sachverhalte, die das pädagogische Selbstverständnis und die Tendenz des Beklagten als freier Schulträger berühren. Der offensichtliche Zweck der Regelung, Pflichtverletzungen in diesem Bereich mit einer möglichst kurzfristigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses begegnen zu können, liefe weitgehend leer, wäre eine Kündigung auch dann - wenn auch mit kürzerer Frist - nur zum 31. Juli möglich.

36

(cc) Die in Rede stehende Pflichtverletzung ist aufgrund ihres Bezugs zur Erziehungsarbeit ein Anwendungsfall von Nr. 5 Satz 6 des Vertrags. Bei einer Betriebszugehörigkeit des Klägers von etwas mehr als fünf Jahren gilt für ihn gemäß § 622 Abs. 2 Nr. 2 BGB eine Kündigungsfrist von zwei Monaten zum Monatsende.

37

3. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Der Beklagte hat sich allerdings zur Rechtfertigung der außerordentlichen Kündigung ergänzend auf Verstöße gegen ein dem Kläger am 1. Februar 2007 erteiltes Hausverbot vom 7. Februar und 19. Februar 2007 sowie eine Missachtung der gesetzlichen Vorschriften für Abiturprüfungen an Waldorfschulen berufen. Insoweit fehlt es aber schon nach seinem eigenen Vorbringen an einem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB. Das Hausverbot war zunächst - unstreitig - bis 5. Februar 2007 ausgesprochen worden. Zwar hat der Beklagte behauptet, im Schlichtungsgespräch von diesem Tag sei vereinbart worden, dass es bis auf Weiteres bei den „Festlegungen vom 1. Februar 2007“ verbleiben solle. Es ist jedoch gut vorstellbar, dass der Kläger dies lediglich auf die ebenfalls am 1. Februar 2007 angeordnete Beurlaubung, nicht aber das Hausverbot bezogen hat, so dass eine Abmahnung schon zum Ausschluss eines nahe liegenden Irrtums des Klägers erforderlich war. Ähnliche Erwägungen gelten für die behauptete Nichtbeachtung gesetzlicher Vorschriften im Hinblick auf die Vorbereitung der Schüler auf Abiturprüfungen. Soweit in dem Verhalten des Klägers überhaupt eine Pflichtverletzung liegt, erreicht diese nicht das für einen Kündigungsgrund iSv. § 626 Abs. 1 BGB erforderliche Gewicht.

38

II. Ist das Arbeitsverhältnis aufgrund der Kündigung vom 23. Februar 2007 nicht mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden, kommt es darauf an, ob es - wie vom Beklagten geltend gemacht - durch ordentliche Kündigung beendet worden ist. Hierüber kann der Senat selbst entscheiden. Die Kündigung vom 23. Februar 2007 ist als ordentliche Kündigung sozial gerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 1, Abs. 2 KSchG und damit wirksam.

39

1. Eine nach § 626 Abs. 1 BGB unwirksame außerordentliche Kündigung kann in eine ordentliche Kündigung nach § 140 BGB umgedeutet werden, wenn dies dem mutmaßlichen Willen des Kündigenden entspricht und dieser Wille dem Kündigungsempfänger im Zeitpunkt des Kündigungszugangs erkennbar ist(Senat 23. Oktober 2008 - 2 AZR 388/07 - Rn. 33 mwN, AP BGB § 626 Nr. 217 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 23; 15. November 2001 - 2 AZR 310/00 - zu B I 1 a der Gründe, AP BGB § 140 Nr. 13 = EzA BGB § 140 Nr. 24).

40

2. Die Prüfung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, obliegt zwar grundsätzlich der Tatsacheninstanz (vgl. BGH 24. September 1980 - VIII ZR 299/79 - zu II 2 b der Gründe, NJW 1981, 43). Sie kann bei feststehendem Sachverhalt aber auch in der Revisionsinstanz erfolgen. Im Streitfall ist von einer derartigen Sachlage auszugehen. Auch hat sich der Beklagte ausdrücklich auf eine Umdeutung der fristlosen in eine ordentliche Kündigung berufen.

41

a) Der Inhalt des Kündigungsschreibens vom 23. Februar 2007, mit dem der Beklagte das Arbeitsverhältnis „fristlos“ gekündigt hat, ließ für den Kläger den unbedingten Beendigungswillen des Beklagten erkennen. Hinzu kommt, dass der Beklagte das Arbeitsverhältnis bereits zuvor ordentlich gekündigt hatte. Der Kläger musste davon ausgehen, dass es dem Beklagten darauf ankam, sich möglichst bald von ihm zu trennen.

42

b) Besondere Umstände, die den Schluss zuließen, der Beklagte habe mit der Kündigung vom 23. Februar 2007 ausschließlich die außerordentliche fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses herbeiführen wollen, und die deshalb einer Umdeutung entgegenstünden (Senat 15. November 2001 - 2 AZR 310/00 - zu B I 2 c der Gründe mwN, AP BGB § 140 Nr. 13 = EzA BGB § 140 Nr. 24), hat der Kläger nicht aufgezeigt.

43

3. Die Pflichtverletzung des Klägers im Zusammenhang mit der Jahresarbeit von S. rechtfertigt aus den angeführten Gründen die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG. Eine Abmahnung war, wie ausgeführt, entbehrlich. Besondere Umstände des Einzelfalls, die ein anderes Ergebnis rechtfertigten, sind nicht ersichtlich.

44

4. Sonstige Unwirksamkeitsgründe liegen nicht vor. Die Kündigung ist nicht deshalb unwirksam, weil das interne Schlichtungsverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden wäre. Dabei kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass nach der Regelung in Nr. 5 des Arbeitsvertrags das Schlichtungsverfahren zumindest bei einer beabsichtigten ordentlichen Kündigung eingreifen soll. Der Arbeitsvertrag verlangt im Fall der „die Zusammenarbeit betreffenden Streitigkeiten“ lediglich die „Einleitung“ des Verfahrens und nicht dessen Durchführung mit sämtlichen in der Schulordnung vorgesehenen Schritten. Das steht im Einklang mit der für das Schlichtungsverfahren getroffenen Regelung, wonach „jeder der angeführten Punkte zum Abbruch des Verfahrens führen kann“ und es somit an einer zwingenden Ausgestaltung des Verfahrens fehlt. Die Einleitung des Verfahrens war vor Ausspruch der - außerordentlichen - Kündigung unstreitig erfolgt. Das Schlichtungsgespräch vom 19. Februar 2007, in das auch die Vorfälle um die Jahresarbeit einbezogen wurden, war erfolglos geblieben.

45

III. Hat das Arbeitsverhältnis aufgrund der Kündigung vom 23. Februar 2007 mit Ablauf des 30. April 2007 geendet, kommt es auf die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung vom 31. Januar 2007 nicht mehr an.

        

    Kreft    

        

    Eylert    

        

    Berger    

        

        

    zugleich für ehrenamtlichen Richter Dr. Bartel,
der an einer Unterzeichnung wegen des Endes
seiner Amtszeit verhindert ist    

        

        

    Jan Eulen    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.