Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 03. Juli 2014 - 5 Sa 120/14

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2014:0703.5SA120.14.0A
bei uns veröffentlicht am03.07.2014

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 29. Januar 2014, Az. 4 Ca 2301/13, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Umfang des Direktionsrechts der Beklagten.

2

Die 1959 geborene Klägerin ist seit 01.10.1979 im Krankenhaus der Beklagten in A-Stadt angestellt. Sie wurde als Krankenschwester eingestellt, mit Wirkung ab 01.10.1992 zur Gruppenschwester und ab 01.04.2001 zur Stationsschwester befördert. Ihr Bruttomonatsgehalt beträgt einschließlich Stationsleitungszulage € 3.390,12. Die Beklagte beschäftigt in drei Betriebsstätten in C-Stadt und A-Stadt etwa 1.800 Arbeitnehmer. Es besteht eine Mitarbeitervertretung. Kraft einzelvertraglicher Vereinbarung gelten für das Arbeitsverhältnis die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) in ihrer jeweils geltenden Fassung.

3

Die Klägerin war vom 16.11.2011 bis 18.04.2013 ununterbrochen arbeitsunfähig erkrankt. Im Anschluss nahm sie ihren Resturlaub bis 21.05.2013. Seit 22.05.2013 wird sie von der Beklagten wieder in A-Stadt beschäftigt. Zwischen den Parteien fanden vor Arbeitsantritt mehrere Gespräche über den Einsatz der Klägerin nach ihrer Genesung statt. Ein Einvernehmen konnte nicht erzielt werden. Am 30.04.2013 sandte die Pflegedienstleiterin der Klägerin folgende E-Mail:

4

"Liebe Schwester ,
hiermit möchten wie Ihnen mitteilen, wo wir uns Ihren Einsatz nach der Krankheitsphase vorstellen können.
Wir werden Ihnen die Möglichkeit geben, auf der Station 1 einzusteigen. Dabei räumen wir Ihnen dieselben Konditionen ein, wie in dem Angebot in C-Stadt als Wiedereinstieg.
Für die Dauer von drei Monaten würde Ihr Frühdienst um 7.00 Uhr beginnen und der Spätdienst um 19.00 Uhr enden. In dieser Zeit haben Sie Gelegenheit, sich in das Fachgebiet einzuarbeiten und wieder in Ihrem Beruf Fuß zu fassen. Anschließend werden Sie gemeinsam mit Schwester W. über Aufgabenteilung im Leitungsbereich beraten. Dies ist so auch mit Schwester W. besprochen.
Alternativ planen wir einen Patientenservice für den Wahlleistungsbereich. Hier geht es um besonderen Service (Hotelleitung) für Wahlleistungspatienten. Wenn Sie daran Interesse haben, lassen Sie es uns wissen. Es ist dann kein spezifischer Arbeitsbereich in der Pflege.
Bitte geben Sie uns eine Rückmeldung zu diesen Optionen."

5

Mit Anwaltschreiben vom 16.05.2013 forderte die Klägerin die Beklagte auf, ihr nach Rückkehr aus dem Erholungsurlaub den arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Die Beklagte sei verpflichtet, sie auf ihre alte Stelle zurückkehren zu lassen. Die Beklagte antwortete mit Anwaltschreiben vom 21.05.2013, sie habe der Klägerin die Tätigkeit als Stationsleitung ab 22.05.2013 zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen auf Station 1 angeboten. Alle übrigen Angebote habe die Klägerin abgelehnt. Eine Vertragsänderung beinhalte die Tätigkeit als Stationsleitung auf Station 1 nicht.

6

Die Klägerin wurde ab 22.05.2013 auf Station 1 beschäftigt. Sie legte der Beklagten ein ärztliches Attest vom 06.06.2013 vor, wonach sie nicht mehr im Schichtdienst eingesetzt werden könne. Laut fachärztlichem Attest eines Psychiaters vom 02.08.2013 kann die Klägerin ausschließlich im Tagesschichtbetrieb arbeiten. In einer psychotherapeutische Stellungnahme vom 03.08.2013, die die Klägerin der Beklagten ebenfalls vorgelegt hat, heißt es ua.:

7

"… Frau A. ist seit November 2011 bei mir in psychotherapeutischer Behandlung. Sie hatte eine mittelgradige Erschöpfungsdepression mit erhöhter Angstsymptomatik entwickelt, die im Wesentlichen auf die berufliche Überforderungssituation zurückführbar war. Durch ständige Arbeitsverdichtung, Unklarheit der Strukturen und Zuständigkeiten usw. hatten berufliche Konflikte zugenommen.

8

Aus der medizinischen Reha-Behandlung an den M. H.-Kliniken B. C. (05.12.12-31.01.13) wurde Frau A. arbeitsunfähig entlassen: „… konnte keine psychische Stabilisierung der Pat. erreicht werden. Zusätzlich ist bei Rückkehr in das durch Mobbing belastete Umfeld des letzten Arbeitsplatzes von einer erneuten psychischen Dekompensation auszugehen … .
…"

9

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 29.01.2014 Bezug genommen.

10

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

11

die Beklagte zu verurteilen, sie zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Stationsleitung auf den Stationen 4B, 5A und 5B im B. Krankenhaus A-Stadt zu beschäftigen,
festzustellen, dass die sich am Schreiben vom 30.04.2013 orientierende Versetzung vom 22.05.2013 unwirksam ist.

12

Die Beklagte hat beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 29.01.2014 teilweise stattgegeben und - unter Abweisung der Klage im Übrigen -
die Beklagte verurteilt, die Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Stationsleitung zu beschäftigen.

15

Zur Begründung dieser Entscheidung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt, der Beschäftigungsantrag zu 1) sei zulässig, denn er nenne die Art der begehrten Beschäftigung und die erstrebten Einsatzorte. Der Antrag sei teilweise begründet, denn die Klägerin habe einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf Beschäftigung als Stationsleitung. Die Beklagte sei verpflichtet, die Klägerin mit allen Aufgaben und Befugnissen einer Stationsleiterin zu versehen. Hierzu gehöre auch die übliche Information über anstehende Leitungstreffen und die Übertragung der Dienstplangestaltung. Der weitergehende Beschäftigungsantrag sei unbegründet, weil die Klägerin keinen Anspruch darauf habe, ausschließlich auf den Stationen 4B,5A und 5B beschäftigt zu werden. Der Klageantrag zu 2) sei zulässig, jedoch unbegründet. Es sei nicht zu beanstanden, dass die Klägerin nicht die alleinige Stationsleiterin der Station 1 sei, sondern sich die Aufgaben mit Schwester W. teilen solle. Mit Blick auf das Krankheitsbild der Klägerin (vgl. die psychotherapeutische Stellungnahme vom 03.08.2013) sei die organisatorische Maßnahme nicht unbillig. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf Seite 9 bis 18 des erstinstanzlichen Urteils vom 29.01.2014 Bezug genommen.

16

Gegen das am 10.02.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit am 10.03.2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 07.04.2014 eingegangenem Schriftsatz begründet.

17

Die Klägerin macht zur Begründung der Berufung im Wesentlichen geltend, sie habe einen vertraglichen Anspruch darauf, als Stationsleitung auf den Stationen 4B,5A und 5B beschäftigt zu werden. Zumindest für die Station 5A folge der Anspruch aus dem Schreiben vom 22.07.1992 iVm. dem Schreiben vom 24.07.1992. Bei der "Gruppe 10" handele sich um die heutige Station 5A. Im Übrigen habe sich ihr Anspruch durch langjährige unveränderte Beschäftigung auf den genannten Stationen konkretisiert. Sie habe neben dem Zeitmoment Umstände vorgetragen, aus denen sich ableiten lasse, dass die Beklagte auf ihren Einsatz auf anderen Stationen für alle Zukunft verzichten wolle. Sie habe auf den bisher geleiteten Stationen langjährige Fachkenntnisse erworben, die sie auf Station 1 nicht habe und auch nicht ohne weiteres erwerben könne. Gerade in der Position einer Stationsleitung sei es unabdingbar, auf dem Fachgebiet der entsprechenden Station besondere Kenntnisse zu haben.

18

Die Zuweisung der Tätigkeit als eine von zwei Stationsleiterinnen auf Station 1 sei unbillig. Die Beklagte habe ihre Belange bei der Ermessensausübung nicht berücksichtigt. Besonders pikant sei, dass ihre Gesundheit zunächst durch einzelne Maßnahmen geschädigt worden sei und anschließend das Krankheitsbild zur Rechtfertigung der Versetzung herangezogen werde. Die Beklagte habe ihr bislang nicht die Aufgaben und Kompetenzen einer Stationsleitung übertragen. Deshalb habe sie zwischenzeitlich ein Zwangsvollstreckungsverfahren eingeleitet. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Klägerin vom 07.04.2014 und vom 20.06.2014 Bezug genommen.

19

Die Klägerin beantragt zweitinstanzlich,

20

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 29.01.2014, Az. 4 Ca 2301/13, teilweise abzuändern und in Gänze nach den Schlussanträgen erster Instanz zu erkennen.

21

Die Beklagte beantragt,

22

die Berufung zurückzuweisen.

23

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 12.05.2014 auf die Bezug genommen wird, als zutreffend. Die Berufung sei bereits unzulässig, jedenfalls unbegründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf ausschließliche Beschäftigung auf den Stationen 4B, 5A und 5 B. Sie habe zu keinem Zeitpunkt zum Ausdruck gebracht, dass sie auf den Einsatz der Klägerin auf anderen Stationen für alle Zukunft verzichten wolle. Die Klägerin werde seit Mai 2013 auf der Station 1 als Stationsleitung beschäftigt. Sie habe im Vorfeld der hier streitgegenständlichen Weisung vom 30.04.2013 die Belange der Klägerin umfassend und angemessen berücksichtigt. Eine weitere Beschäftigung der Klägerin auf den Stationen 4B, 5A und 5B sei schon aus rein tatsächlichen Gründen nicht mehr möglich, weil diese Stationen nicht mehr in der Form wie vor der Erkrankung der Klägerin bestünden (Neubau der Station 4A, Veränderung des Fachabteilungsspektrums). Eine Weiterbeschäftigung der Klägerin auf Station 5 sei auch deshalb nicht möglich, weil sich sowohl die Mitarbeiter der Station als auch der Vorsitzende der Mitarbeitervertretung gegen eine Weiterbeschäftigung der Klägerin auf dieser Station ausgesprochen haben.

24

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

25

Die gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und ausreichend begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO).

II.

26

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Der Antrag zu 1) ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, als Stationsleiterin auf den Stationen 4B, 5A und 5B des Krankenhauses in A-Stadt beschäftigt zu werden. Der Antrag zu 2), der darauf gerichtet ist, festzustellen, dass die sich am Schreiben vom 30.04.2013 orientierende Versetzung vom 22.05.2013 unwirksam ist, ist unzulässig.

27

1. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Klägerin keinen Anspruch darauf hat, von der Beklagten ausschließlich als Stationsleiterin auf den Stationen 4B, 5A und 5B des Krankenhauses in A-Stadt beschäftigt zu werden.

28

a) Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, der Klägerin nach Maßgabe des § 106 GewO eine andere Krankenhausstation als die bisherige zuzuweisen.

29

Der schriftliche Arbeitsvertrag zwischen den Parteien vom 24.07.1979 enthält keine Festlegung, dass die Klägerin nur auf bestimmten Stationen des Krankenhauses in A-Stadt beschäftigt werden darf. Auch aus den Nachträgen Nr. 2 und Nr. 3 zum Arbeitsvertrag vom 24.07.1992 und vom 08.03.2001 lässt sich eine derartige Festlegung nicht herleiten. In diesen Nachträgen wurde unter ausdrücklicher Beibehaltung aller übrigen vertraglichen Verpflichtungen vereinbart, dass die Klägerin ab 01.10.1992 als Gruppenschwester und ab 01.04.2001 als Stationsschwester beschäftigt wird. Bestimmte Stationen des Krankenhauses sind nicht genannt.

30

Entgegen der Ansicht der Berufung lässt sich dem Schreiben der Beklagten vom 22.07.1992 kein vertraglicher Anspruch der Klägerin auf ausschließliche Beschäftigung auf den Stationen 4B, 5A und 5B entnehmen. Die Beklagte hat der Klägerin mit diesem Schreiben lediglich mitgeteilt, dass sie aus der Anzahl von Bewerbern zur "Gruppenleitung auf Gruppe 10" ausgewählt worden sei. Ein darüber hinaus gehender Erklärungswille der Beklagten ist nicht erkennbar.

31

Die Arbeitspflicht der Klägerin hat sich nicht dadurch auf die Stationen 4B, 5A und 5B konkretisiert, dass sie seit 01.04.2001 nur dort tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

32

Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren. Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 28.08.2013 - 10 AZR 537/12 - Rn. 34, Juris mwN.).

33

Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass derartige besondere Umstände im Streitfall nicht vorliegen. Allein der langjährige Einsatz der Klägerin auf den Krankenhausstationen 4B, 5A und 5B rechtfertigt nicht das Vertrauen darauf, dass sie "für alle Zukunft" nur noch auf diesen Stationen eingesetzt werden darf. Auch der Hinweis der Berufung auf die langjährigen Fachkenntnisse, die die Klägerin auf den genannten Stationen erworben habe, verfängt nicht. Der Erwerb besonderer Fachkenntnisse ist eine Folge der langjährigen Tätigkeit und begründet, ohne dass weitere Umstände hinzutreten, keine Konkretisierung des Arbeitseinsatzes auf bestimmte Stationen.

34

b) Die Beklagte hat die Grenzen billigen Ermessens gewahrt. Es entspricht billigem Ermessen, dass die Beklagte die Klägerin seit dem 22.05.2013 auf Station 1 des Krankenhauses in A-Stadt einsetzt. Auch dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

35

Nach § 106 Satz 1 GewO hat der Arbeitgeber sein Weisungsrecht nach billigem Ermessen auszuüben. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Ob die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind, unterliegt der gerichtlichen Kontrolle, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB (vgl. näher ua.: BAG 15.05.2013 - 10 AZR 679/12 - Rn. 34 f. mwN).

36

Diesen Maßgaben wird die von der Beklagten vorgenommene Leistungsbestimmung, die Klägerin ab 22.05.2013 auf der Station 1 einzusetzen, gerecht. In der psychotherapeutischen Stellungnahme vom 03.08.2013, die die Klägerin der Beklagten vorgelegt hat, ist ausgeführt, dass sie eine mittelgradige Erschöpfungsdepression mit erhöhter Angstsymptomatik entwickelt habe, die im Wesentlichen auf die "berufliche Überforderungssituation" zurückführbar sei. Sie sei am 31.01.2013 arbeitsunfähig aus der Reha-Behandlung entlassen worden, weil keine psychische Stabilisierung habe erreicht werden. Bei Rückkehr in das durch Mobbing belastete "Umfeld des letzten Arbeitsplatzes" sei von einer erneuten psychischen Dekompensation auszugehen.

37

Wenn sich die Beklagte unter diesen Umständen - ausweislich des Wortlauts der E-Mail der Pflegedienstleiterin vom 30.04.2013 - dazu entschließt, die Klägerin nach ihrer Rückkehr aus der langandauernden Krankheitsphase auf der Station 1 einzusetzen, überschreitet sie die Grenzen billigen Ermessens nicht. Die Klägerin übersieht, dass es Sache des Arbeitgebers ist, zu entscheiden, wie er auf Konfliktlagen reagieren will, wie sie hier vorliegen (so ausdrücklich: BAG 24.04.1996 - 5 AZR 1031/94 - AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 48). Es ist unstreitig, dass es vor der Erkrankung der Klägerin zu "erheblichen Komplikationen auf den Stationen 4 und 5" gekommen ist.

38

c) Das Arbeitsgericht hat ebenfalls zutreffend erkannt, dass keine Zustimmung der Mitarbeitervertretung zum Einsatz der Klägerin ab 22.05.2013 erforderlich war, weil kein mitbestimmungspflichtiger Tatbestand vorliegt.

39

Nach § 39 MAVO ist nur die Übertragung einer niedriger zu bewertenden Tätigkeit, die Versetzung an eine andere Einrichtung oder die mit einem Ortswechsel verbundene Versetzung in derselben Einrichtung zustimmungspflichtig. Darum handelt es sich hier nicht. Entgegen der Ansicht der Berufung liegt keine niedriger zu bewertende Tätigkeit vor. An der Wertigkeit der Tätigkeit der Klägerin und ihrer Eingruppierung nach den AVR des Deutschen Caritasverbandes hat sich nichts geändert.

40

2. Der Feststellungsantrag zu 2) ist unzulässig. Die Klägerin will festgestellt haben, dass die sich am Schreiben (genauer: am Inhalt der E-Mail der Pflegedienstleiterin) vom 30.04.2013 orientierende Versetzung vom 22.05.2013 unwirksam ist. Die Klägerin hat für diesen Antrag kein besonderes Feststellungsinteresse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO.

41

Bei einem Streit über die Berechtigung einer Versetzung bestehen für Arbeitnehmer zwei Möglichkeiten. Sie können die Berechtigung der Versetzung im Rahmen einer Feststellungsklage klären lassen. Darüber hinaus haben sie die Möglichkeit, den Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung im Rahmen einer Klage auf künftige Leistung gem. § 259 ZPO durchzusetzen (BAG 25.08.2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 12, AP GewO § 106 Nr. 11). Wie sich aus dem Wort "kann" in § 259 ZPO ergibt, steht den Klägern ein Wahlrecht zu (BAG 29.10.1997 - 5 AZR 573/96 - AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 51). Dies hat die Klägerin im vorliegenden Fall zugunsten der Leistungsklage ausgeübt.

42

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte im Urteil vom 29.01.2014 - insoweit rechtskräftig - verurteilt, die Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Stationsleitung zu beschäftigen. Mit dem Feststellungsantrag 2) kann die Klägerin nichts Anderes oder Weitergehendes klären. Ein gesondertes Interesse an der mit dem Antrag zu 2) begehrten Feststellung ist weder vorgetragen noch erkennbar.

43

Auch als Zwischenfeststellungsklage iSv. § 256 Abs. 2 ZPO wäre der Feststellungsantrag zu 2) unzulässig, denn er zeitigt vorliegend keine weitergehenden Folgen als die mit dem Leistungsantrag zu 1) geltend gemachte Verpflichtung, die Klägerin zu "unveränderten Arbeitsbedingungen als Stationsleitung" zu beschäftigen. Darauf, ob das arbeitsgerichtliche Urteil - soweit es der Klage stattgeben hat - bestimmt genug ist, weil der Streit der Parteien darüber, ob die Beklagte im Einzelfall ihr Weisungsrecht nach § 106 GewO ordnungsgemäß ausgeübt hat, nicht ins Zwangsvollstreckungsverfahren gehört, kommt es hier nicht an.

III.

44

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

45

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 03. Juli 2014 - 5 Sa 120/14

Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 03. Juli 2014 - 5 Sa 120/14

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 03. Juli 2014 - 5 Sa 120/14 zitiert 14 §§.

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(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

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(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

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(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist. (2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil. (3) Sol

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(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 3. Mai 2012 - 15 Sa 1188/11 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin hat die Unwirksamkeit einer Versetzung geltend gemacht.

2

Die Beklagte ist ein Luftverkehrsunternehmen mit Sitz in Düsseldorf, das neben Flugkapitänen und Copiloten ca. 100 Flugbegleiter beschäftigt.

3

Die 1960 geborene Klägerin steht als Flugbegleiterin in den Diensten der Beklagten. Sie war zuletzt bei einem monatlichen Bruttogehalt von rund 2.700,00 Euro von Nürnberg aus tätig.

4

In dem Arbeitsvertrag der Klägerin vom 11. Januar 1988 heißt es ua.:

        

„§ 1 TÄTIGKEITSBERICHT

        

… Dem NFD steht es frei, nach den jeweiligen betrieblichen Erfordernissen den Einsatz des Mitarbeiters festzulegen. Hierbei kann der regelmäßige Einsatzort auch außerhalb des Hauptsitzes des NFD liegen, auch im Ausland.“

5

In § 17 des Vertrags ist als „erster Einsatzort … Nürnberg“ bestimmt.

6

Die Betriebsvereinbarung Nr. 1 für das Bordpersonal der Eurowings vom 15. September 1993 (im Folgenden: BV Nr. 1) ist seinerzeit von der Arbeitgeberin und einer informell eingerichteten „Bordvertretung“ geschlossen worden. § 3 Abs. 8 der BV Nr. 1 lautet:

        

„Der Mitarbeiter kann unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten je nach betrieblichen Erfordernissen an einen anderen dienstlichen Wohnsitz versetzt werden und mit anderen im Rahmen der Geschäftstätigkeit des Flugbetriebes der Eurowings liegenden Aufgaben im In- und Ausland betraut werden. Dies gilt auch bei vorübergehendem oder aushilfsweisem Einsatz in Zusammenhang mit dem Flug- und Verkehrsbetrieb.“

7

Im Jahr 1993 erklärte sich die Klägerin mit der Geltung des BV Nr. 1 einverstanden.

8

Der Manteltarifvertrag Nr. 2 für die Beschäftigten des Kabinenpersonals der Eurowings Luftverkehrs AG vom 15. März 2006 (im Folgenden: MTV Nr. 2), den die Beklagte anwendet, enthält in § 4 Abs. 6 ua. die nachfolgenden Regelungen:

        

„a)     

Der Beschäftigte kann unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten, je nach den betrieblichen Erfordernissen, an einen anderen Einsatzort versetzt werden und mit anderen im Rahmen der Geschäftstätigkeit des Flugbetriebes der Eurowings liegenden Aufgaben im In- und Ausland betraut werden. Bei Schwangerschaft ist EW berechtigt, die Beschäftigte für eine Diensttätigkeit am Boden einzusetzen, sofern auch die Zustimmung des örtlich zuständigen Bodenbetriebsrates vorliegt. Hierbei sind die Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes zu beachten.

        

b)    

Alle Beschäftigten, die zum 01.04.2004 an einen neuen dienstlichen Einsatzort versetzt worden sind, erhalten auf Antrag die Möglichkeit, auf eigene Kosten zu ihrem ehemaligen dienstlichen Einsatzort oder an eine 4-Base-Station zurückzukehren. Für diese einmalige Rückkehrmöglichkeit gilt eine Ausschlussfrist bis zum 30.06.2006. Der Rückkehrantrag muss innerhalb dieser Ausschlussfrist schriftlich bei der EW-Personalleitung eingegangen sein. EW wird eine Vorlaufzeit zur Umsetzung des Rückkehrantrages von 3 Monaten nach Antragstellung eingeräumt, und zwar zum Monatsersten des nach Ablauf dieses 3-Monatszeitraums folgenden Kalendermonats.

                 

Die Rückkehrmöglichkeit gemäß b) Satz 1 gilt nicht für die Beschäftigten, denen ein unbefristeter Arbeitsvertrag an einem 4-Base-Standort angeboten wurde.“

9

Unter dem 24. Januar 2011 schlossen die Arbeitgeberin und die bei ihr auf der Basis des Tarifvertrags Personalvertretung Nr. 1 vom 19. März/7. April 2008 gebildete Personalvertretung für die Kabinenmitarbeiter (im Folgenden: PV Kabine) einen Interessenausgleich sowie einen Sozialplan. Aus Ziff. 2 des Interessenausgleichs ergibt sich, dass von den dienstlichen Einsatzorten Köln, Dortmund, Münster/Osnabrück, Hannover, München, Nürnberg, Paderborn, Stuttgart und Berlin aus keine Einsätze von Mitarbeitern mehr erfolgen und daher die diesen Einsatzorten zugeordneten Arbeitsplätze gestrichen werden. Nach Ziff. 1 des Interessenausgleichs wird der Einsatz der Mitarbeiter ausschließlich ab Düsseldorf oder Hamburg erfolgen. Die Versetzungen sollen zum 1. Juni bzw. 1. August 2011 durchgeführt werden. In Härtefällen können Arbeitnehmer bis zum 31. März 2014 an ihren bisherigen Einsatzorten bleiben (Ziff. 3 Buchst. e des Interessenausgleichs). Im Sozialplan vom 24. Januar 2011 sind unter bestimmten Voraussetzungen verschiedene Kompensationszahlungen an von Versetzungen betroffene Arbeitnehmer vorgesehen.

10

Am 24. März 2011 übergab die Beklagte der PV Kabine das Unterrichtungsschreiben vom 23. März 2011 und bat um Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung der Klägerin von ihrem bisherigen Einsatzort nach Düsseldorf.

11

Mit Schreiben vom 1. April 2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie zum 1. Juni 2011 von ihrem bisherigen dienstlichen Einsatzort an den neuen dienstlichen Einsatzort Düsseldorf versetzt werde. Gegen diese arbeitgeberseitige Maßnahme wehrt sich die Klägerin mit ihrer Klage.

12

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die arbeitgeberseitige Maßnahme vom 1. April 2011 sei unwirksam. Es fehle bereits an einer rechtlichen Versetzungsgrundlage. Der Dienstort sei vertraglich vereinbart und könne nicht einseitig geändert werden. Die Versetzung entspreche zudem nicht billigem Ermessen. Sie sei nicht durch betriebliche Erfordernisse gerechtfertigt und treffe die Klägerin in ihren persönlichen Belangen übermäßig hart. Die Personalvertretung sei nicht ordnungsgemäß über die Versetzung unterrichtet worden.

13

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass die Versetzung der Beklagten vom 1. April 2011 unwirksam ist.

14

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Versetzung sei nicht bereits nach dem Arbeitsvertrag ausgeschlossen. Der Vertrag lege den Arbeitsort nicht fest. Die Versetzung entspreche billigem Ermessen. Ihr liege die durch den Interessenausgleich festgeschriebene unternehmerische Entscheidung zugrunde, in Zukunft die Flugbegleiter nur noch von Düsseldorf und Hamburg aus einzusetzen, wo die Umläufe hauptsächlich begönnen. Ohne Versetzung müssten die nicht in Düsseldorf oder Hamburg stationierten Flugbegleiter - wie bisher schon in erheblichem Umfang - zu den Abflugorten gebracht werden, was unproduktive Kosten verursache. Diese Flugbegleiter stünden dann aufgrund der tarifvertraglichen Regelungen über die Flugdienstzeit nur noch mit geringeren Stundenzahlen zum Einsatz zur Verfügung. Durch die Verlagerung könne deshalb das Arbeitszeitpotenzial der Flugbegleiter besser genutzt werden. Die Versetzung halte einer Interessenabwägung stand, zumal die Klägerin mit anderen betroffenen Flugbegleiterinnen gemeinsam eine Wohnung am neuen Einsatzort anmieten und die sie treffenden Nachteile steuerlich geltend machen könne. Auch sehe der Sozialplan einen gewissen Ausgleich vor.

15

Das Arbeitsgericht hat nach dem Klageantrag erkannt. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

17

A. Ob die Klage begründet ist, steht noch nicht fest. Die Beklagte war nach dem Arbeitsvertrag nicht daran gehindert, der Klägerin einen anderen als den ursprünglichen Arbeitsort zuzuweisen (zu I). Ob die Versetzung der auch im Streitfall erforderlichen Ausübungskontrolle standhält und nach Abwägung der beiderseitigen Interessen billigem Ermessen (§ 106 GewO) entspricht, steht noch nicht fest. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, einer Abwägung der Belange des Arbeitnehmers mit denen des Arbeitgebers bedürfe es bei Vorliegen einer nicht missbräuchlichen Unternehmerentscheidung nicht, ist mit § 106 GewO nicht vereinbar(zu II). Die - vom Standpunkt des Landesarbeitsgerichts allerdings folgerichtig - unterlassene Ausübungskontrolle kann der Senat mangels entsprechender Feststellungen nicht selbst vornehmen. Sie wird vom Landesarbeitsgericht nachzuholen sein. Deshalb musste der Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen werden (zu III). Die Versetzung ist nicht wegen fehlerhafter Beteiligung der PV Kabine nach § 117 Abs. 2, § 99 BetrVG unwirksam(zu IV).

18

I. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, der Klägerin nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen(vgl. für einen gleich gelagerten Fall: BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 -).

19

1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 16; 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12).

20

a) Die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen verhindert regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 18; 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

21

b) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB(BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 19).

22

2. Die Auslegung des Arbeitsvertrags der Klägerin ergibt, dass ihr Einsatzort nicht vertraglich festgelegt ist.

23

a) Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass es sich bei dem Arbeitsvertrag der Parteien um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, auf die die Vorschriften des § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Parteien sind dieser angesichts des Erscheinungsbildes des Arbeitsvertrags sich aufdrängenden Annahme nicht entgegengetreten. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

24

b) Der Arbeitsvertrag enthält keine Festlegung des Arbeitsorts. Geregelt ist unter § 17 des Arbeitsvertrags als Sonderabrede, dass „erster Einsatzort … Nürnberg“ ist. Andererseits steht es dem Arbeitgeber nach § 1 Satz 2 des Arbeitsvertrags frei, den Einsatzort „nach den jeweiligen betrieblichen Erfordernissen festzulegen“. Jedenfalls in der Zusammenschau beider Regelungen ist hinreichend klargestellt, dass die Bestimmung des Einsatzorts im Vertrag lediglich die damalige (erstmalige) Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort darstellt. Daran konnte für die Beteiligten kein Zweifel bestehen.

25

aa) Die Regelung in § 3 Abs. 8 BV Nr. 1, nach der der Mitarbeiter unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten an einen anderen dienstlichen Wohnsitz versetzt werden kann, beschreibt den Umfang des Weisungsrechts, der ausdrücklich auch die Arbeitsleistung an anderen Orten einschließt.

26

(1) Die BV Nr. 1 ist unstreitig keine Betriebsvereinbarung iSd. Betriebsverfassungsgesetzes. Sie gilt demnach nicht aufgrund von § 77 Abs. 4 BetrVG.

27

(2) Bei der BV Nr. 1 handelt es sich um vom Arbeitgeber ohne kollektivrechtliche Grundlage mit Vertretern der Belegschaft verabredete Allgemeine Arbeitsbedingungen. Sie gelten nur dann, wenn die Parteien des Arbeitsvertrags ihre Geltung wirksam vereinbart haben.

28

(3) Letzteres ist hier der Fall. Im Jahr 1993 haben die Parteien die Geltung der BV Nr. 1 ausdrücklich vereinbart.

29

(4) Die damit gegebene Bezugnahme auf die Allgemeinen Arbeitsbedingungen (BV Nr. 1) als solche ist nicht nach § 305 ff. BGB zu beanstanden.

30

(5) Die in Bezug genommene Klausel ist hinreichend eindeutig, transparent und angemessen. Sie knüpft die Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort an betriebliche Erfordernisse und enthält damit jedenfalls nicht weniger strenge Voraussetzungen als das Gesetz.

31

bb) Zusätzlich ist die Versetzungsbefugnis durch § 4 Abs. 6 Buchst. a MTV Nr. 2, der ebenfalls eine Versetzungsmöglichkeit bei betrieblichen Erfordernissen vorsieht, gegeben. Der Wortlaut der Regelung ist nahezu identisch mit § 3 Abs. 8 BV Nr. 1.

32

c) Etwas anderes ergibt sich nicht aus den im Bereich der Luftfahrt geltenden Regelungen über Flug-, Dienst- und Ruhezeiten. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät(2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III Abschn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertraglich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskündigung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts die Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzungsmitglied neu benennt.

33

d) Die Arbeitspflicht der Klägerin hat sich nicht dadurch auf den bisherigen Einsatzort räumlich konkretisiert, dass die Klägerin seit Vertragsbeginn im Wesentlichen von dort aus tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

34

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO).

35

bb) Derartige besondere Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Sie sind auch ansonsten nicht ersichtlich. Allein die lange Verweildauer am bisherigen Einsatzort lässt keinen Rückschluss darauf zu, die Parteien hätten - in Abänderung ihres Vertrags - nunmehr den bisherigen Ort zum vertraglich vereinbarten Arbeitsort bestimmt. Zu Recht weist das Landesarbeitsgericht darauf hin, dass sich Gegenteiliges nicht aus § 4 Abs. 6 MTV Nr. 2 ergibt. Das Rückkehrrecht nach dessen Buchst. b sagt nichts darüber aus, ob die vorangegangene Bestimmung des Einsatzorts auf einer Vertragsänderung oder der Ausübung des Weisungsrechts beruhte.

36

e) Die Auffassung, es handele sich bei der Maßnahme der Beklagten deshalb um eine nur durch Änderungskündigung durchsetzbare Vertragsänderung, weil die Versetzung mit einem beträchtlichen Eingriff in das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung sowie in weitere maßgebliche Interessen der Klägerin verbunden sei, greift nicht durch.

37

aa) Mit der Versetzung greift die Beklagte nicht in das vom Vertrag festgelegte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung ein. Die Dauer der Arbeitszeit hat sich ebenso wenig geändert wie die Höhe der für die Arbeit zu leistenden Vergütung. Geändert hat sich zu einem gewissen Teil die von der Klägerin während der Arbeitszeit zu erbringende Tätigkeit. Sie besteht im Wesentlichen nur noch aus der an Bord verbrachten Zeit. Einen Anspruch, die Arbeitszeit nicht mit der Arbeit an Bord zu verbringen, hat die Klägerin nicht. Sie muss jetzt erheblich höhere Reisekosten für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsort tragen. Dies erhöht die mit der Berufsausübung verbundenen Belastungen, verringert jedoch nicht die vertraglich vereinbarte Arbeitsvergütung.

38

bb) Auch die weiteren Beeinträchtigungen des persönlichen Lebens der Klägerin führen nicht dazu, dass die Ausübung des Weisungsrechts allein um deswillen die rechtliche Qualität einer Vertragsänderung aufwiese. Diese Umstände sind vielmehr, ebenso wie die Erhöhung der finanziellen Belastungen, bei der Ausübungskontrolle im Rahmen der Prüfung, ob die Beklagte bei der Versetzung billiges Ermessen gewahrt hat, zu berücksichtigen.

39

II. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, es habe bei der hier gegebenen Sachlage einer umfassenden Ausübungskontrolle nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB in Bezug auf die Versetzung nicht bedurft, ist unzutreffend. Sie steht mit dem Gesetz nicht im Einklang.

40

1. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 106 GewO, § 315 Abs. 1 BGB verbleibt auch im Falle der Versetzung für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein - hier freilich auf betriebliche Gründe beschränkter - nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

41

2. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267).

42

a) Beruht die Weisung auf einer unternehmerischen Entscheidung, so kommt dieser besonderes Gewicht zu. Eine unternehmerische Entscheidung führt aber nicht dazu, dass die Abwägung mit Interessen des Arbeitnehmers von vornherein ausgeschlossen wäre und sich die Belange des Arbeitnehmers nur in dem vom Arbeitgeber durch die unternehmerische Entscheidung gesetzten Rahmen durchsetzen könnten. Das unternehmerische Konzept ist zwar nicht auf seine Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen. Die Arbeitsgerichte können vom Arbeitgeber nicht verlangen, von ihm nicht gewollte Organisationsentscheidungen zu treffen. Wohl aber kann die Abwägung mit den Belangen des Arbeitnehmers ergeben, dass ein Konzept auch unter Verzicht auf die Versetzung durchsetzbar war.

43

b) Die gegenteilige Auffassung des Landesarbeitsgerichts findet im Gesetz keine Stütze; § 106 GewO verlangt eine umfassende und offene Abwägung aller in Betracht kommenden Belange(BAG 17. August 2011- 10 AZR 202/10 - Rn. 28 ff.). Die unternehmerische Entscheidung ist dabei ein wichtiger, aber nicht der alleinige, sondern regelmäßig nur einer unter mehreren Abwägungsgesichtspunkten. Im Einzelfall können besonders schwerwiegende, zB auch verfassungsrechtlich geschützte Interessen des Arbeitnehmers entgegenstehen (vgl. BeckOK ArbR/Tillmanns Stand 1. März 2013 GewO § 106 Rn. 52 mit zahlreichen Nachweisen). Es kommt darauf an, ob das Interesse des Arbeitgebers an der Durchsetzung seiner Organisationsentscheidung auch im Einzelfall die Weisung rechtfertigt (BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 31). Das ist der Fall, wenn die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 412/11 - Rn. 37).

44

3. Eine soziale Auswahl wie im Fall des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25).

45

III. Bei Anwendung dieser Maßgaben steht noch nicht fest, ob die Versetzung der Klägerin billigem Ermessen entspricht.

46

1. Zutreffend ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dass auf Seiten der Beklagten die unternehmerische Entscheidung zur Neuordnung der Stationierung der Flugbegleiter zu berücksichtigen ist. Die Zweckmäßigkeit dieser Neuordnung war auch keiner Kontrolle zu unterziehen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, die Neuordnung sei etwa nur vorgeschoben, um lästig gewordene Vertragspflichten abzuschütteln. Anzeichen für Missbräuchlichkeit der Reorganisation als solcher sind nicht erkennbar. Angesichts des Umstands, dass die Beklagte seit dem Juni 2010 ihre Flugumläufe nahezu ausschließlich von Düsseldorf und Hamburg beginnen ließ, ist die Entscheidung, dort auch die Flugbegleiter zu stationieren, naheliegend. Auch die von der Beklagten vorgelegten Aufstellungen über die Auslastung des Personals mit Flugarbeitszeit zeigen, dass die getroffenen Entscheidungen einleuchtend sind. Das gilt selbst dann, wenn die Beklagte nicht aus jeder einzelnen Versetzung finanziellen Nutzen zieht. Einer durch viele Einzelmaßnahmen umgesetzten Neuordnung kann die Plausibilität nicht mit der Begründung abgesprochen werden, einer oder mehrere Teilakte seien für sich genommen nicht gewinnbringend. Für die Beurteilung der unternehmerischen Entscheidung ist vielmehr ihr Gesamtkonzept maßgeblich. Die Entscheidung ist ersichtlich nicht etwa nur für einen kurzen Zeitraum oder unter dem Vorbehalt alsbaldiger Änderung getroffen worden. Vielmehr zeugen die umfangreichen Reorganisationen der Beklagten von dem anhaltend, ernsthaft und nachdrücklich verfolgten Bestreben, ihre Tätigkeit auf die beiden Orte Hamburg und Düsseldorf zu konzentrieren. Auch der Abschluss von Interessenausgleich und Sozialplan sowie insbesondere die Zusage, bis zum Jahr 2015 keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen, zeigen, dass die Entscheidung der Beklagten auf langfristigen Überlegungen und Berechnungen beruht.

47

2. Das Landesarbeitsgericht hat es aber - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - unterlassen, die von der Beklagten ins Feld geführten betrieblichen Interessen mit den von der Klägerin benannten Belangen abzuwägen. Die Klägerin hat eine durch die Versetzung ausgelöste Belastung mit Reise- und Unterkunftskosten von monatlich 500,00 Euro bei einem Nettogehalt von 1.600,00 Euro geltend gemacht. Sie hat ferner angeführt, die von der Beklagten durch die Versetzung erzielte Ersparnis sei äußerst gering, weil die Kosten des Proceedings nicht ins Gewicht fielen. Sie hat ferner dargelegt, die Beklagte könne durch entsprechende Gestaltung der Dienstpläne die Anzahl der „Sollblockstunden“ der Klägerin denen einer in Düsseldorf angesiedelten Flugbegleiterin angleichen, also ohne Versetzung eine vergleichbare Arbeitseffektivität erreichen. Schließlich hat die Klägerin auf persönliche Belange hingewiesen; sie wohne in einer Eigentumswohnung und versorge ihre Eltern.

48

3. Ob die von der Klägerin vorgebrachten Belange das betriebliche Interesse der Beklagten überwiegen, kann der Senat nicht entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).

49

a) Zwar ist eine abschließende Entscheidung des Revisionsgerichts dann geboten, wenn die maßgeblichen Tatsachen feststehen und nur eine bestimmte Entscheidung dem Maßstab der Billigkeit entspricht (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 39; 15. September 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 29 mwN). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall.

50

b) Das Landesarbeitsgericht hat keine Feststellungen zu den von der Klägerin benannten Belastungen getroffen. Das Gesetz verlangt, wie ausgeführt, eine umfassende und offene Abwägung der wechselseitigen Interessen im Einzelfall. Die Durchsetzung des unternehmerischen Konzepts hat dabei erhebliche Bedeutung. Ins Gewicht fallen wird auch, dass dem Beruf einer Flugbegleiterin eine gewisse Volatilität von vornherein innewohnt und die Erwartung der sozialen und finanziellen Vorzüge eines gleichbleibenden, wohnungsnahen Arbeitsorts und unveränderter Arbeitszeiten vom Vertragszweck nicht gedeckt ist. Auch dieser Gesichtspunkt steht jedoch nicht für sich allein, sondern ist mit entgegenstehenden Belangen der Klägerin offen abzuwägen. Jedenfalls nicht ausgeschlossen ist, dass die Beklagte an dem unternehmerischen Konzept festhalten könnte und doch ohne merkbaren finanziellen oder organisatorischen Aufwand einen Einsatz der Klägerin von ihrem bisherigen Einsatzort aus beibehalten könnte. Dies zeigt ua. die Härtefallregelung im Sozialplan.

51

IV. Die Versetzung ist nicht nach § 117 Abs. 2, § 99 BetrVG unwirksam. Die Beklagte hat die PV Kabine mit Schreiben vom 23. März 2011 unterrichtet. Inwiefern die Unterrichtung nicht ausreichend gewesen sein soll, ist nicht erkennbar. Der angegebene Versetzungsgrund war die Reduzierung der Einsatzorte auf zwei. Damit war nicht ausgeschlossen, dass übergangsweise noch einzelne Umläufe von anderen Einsatzorten aus stattfanden. Insbesondere sieht die im Interessenausgleich vorgesehene Härtefallregelung eine zeitliche Übergangsphase für die Versetzungen ausdrücklich vor. All dies ändert nichts an der für die Versetzung maßgeblichen Grundentscheidung. Dass die Beklagte ihr bekannte und wesentliche Umstände gegenüber der PV Kabine verschwiegen hätte, ist nicht ersichtlich. Die Personalvertretung hat auch keine Nachfragen angebracht. Nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG gilt ihre Zustimmung als erteilt.

52

B. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

        

    Mikosch    

        

    Mestwerdt    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Schürmann    

        

    R. Bicknase    

                 

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 8. Februar 2012 - 10 Sa 210/11 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 15. Dezember 2010 - 38 Ca 3536/10 - abgeändert, soweit es die Beklagte zur Zahlung von 15.000,00 Euro nebst Zinsen verurteilt hat. Die Klage wird auch insoweit abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Bonuszahlung für das Jahr 2008.

2

Die Beklagte ist Mitte 2009 aus dem Zusammenschluss der H Bank AG und der D AG entstanden. Sie gehört zur H-Group (H-Gruppe). Diese besteht aus der H Holding AG, der Beklagten, der DE BANK plc, Dublin (Irland) sowie deren Tochtergesellschaften.

3

Der Kläger trat am 1. November 2002 in die Dienste der Rechtsvorgängerin der Beklagten und war bis zu seinem Ausscheiden Ende Oktober 2009 als Kundenbetreuer beschäftigt.

4

Rechtsgrundlage des Arbeitsverhältnisses war zuletzt ein zwischen den Parteien im April 2005 geschlossener Dienstvertrag, in dem es ua. wie folgt heißt:

        

„II.   

        

Vergütung

        

Sie erhalten ein jährliches Gesamtgehalt, das sich aus Grundgehalt, Sonderzahlung und Leistungsbonus zusammensetzt.

        

…       

        

Leistungsbonus

        

Sie erhalten darüber hinaus einen Leistungsbonus. Dieser richtet sich nach der individuellen Zielerreichung, dem Teamverhalten sowie dem Erfolg der Bank. Er wird jedes Jahr neu für das abgelaufene Jahr festgesetzt. Der Leistungsbonus wird derzeit mit dem Maigehalt eines Jahres für das zurückliegende Kalenderjahr gezahlt. Er kann zwischen 0 - 200 % des Basiswertes betragen, der zurzeit bei EUR 5.400,00 brutto liegt.

        

…       

        

V.    

        

…       

        

Betriebsvereinbarungen

        

Es gelten die Arbeitsordnung und die übrigen Betriebsvereinbarungen der Bank in den jeweils gültigen Fassungen.“

5

In der zuletzt geltenden einschlägigen Betriebsvereinbarung vom 13. Oktober 2005 (BV 2005) ist ua. Folgendes bestimmt:

        

„B. Flexible Vergütung

        

I. Die zwei Vergütungskomponenten

        

Die Mitarbeiter erhalten ein Festgehalt und einen (Leistungs-)Bonus (im Folgenden Bonus genannt).

        

II. Die Vergütung der einzelnen Mitarbeitergruppen

        

1. Tarifmitarbeiter

        

…       

        

2. Außertariflich vergütete Mitarbeiter

        

Das Festgehalt außertariflich vergüteter Mitarbeiter besteht ebenfalls aus zwölf Monatsgehältern und einer Sonderzahlung in Höhe eines Monatsgehalts. Die Sonderzahlung wird jeweils zusammen mit dem Dezembergehalt ausgezahlt.

        

Der Basiswert des Bonus wird dem Mitarbeiter jeweils einzelvertraglich zugesagt. Der Anteil am Gesamtjahresgehalt richtet sich insbesondere nach der Funktion und dem Verantwortungsbereich des Mitarbeiters.

        

Bei unterjährigem Eintreten oder Ausscheiden werden Sonderzahlung und Bonus zeitanteilig vergütet. …

        

C. Mitarbeitergespräch

        

…       

        

IV. Zielerreichung/Gesamtbewertung

        

Hier wird die Leistung des Mitarbeiters insgesamt beurteilt. Hierbei sind alle Ergebnisse, nicht nur die individuellen fachlichen Arbeitsziele (Punkt 1), sondern auch die Ziele zu persönlichen Kompetenzen (Punkt 2) und sonstige Ergebnisse zu berücksichtigen.

        

…       

        

V. Festlegung der individuellen Höhe des Bonus

        

Die Höhe des individuellen Bonus hängt zum einen von der Höhe des jährlichen Bonustopfes ab. Dieser wird wiederum grundsätzlich vom Gesamtbankerfolg bestimmt.

        

Darüber hinaus honoriert der Bonus auch die Zielerreichung des Mitarbeiters. Die konkrete Höhe des individuellen Bonus ist damit - neben der Abhängigkeit vom Erfolg der Bank - auch abhängig von der durch die Führungskraft im Mitarbeitergespräch durchgeführten Gesamtbewertung.“

6

Der Kläger erhielt für das Jahr 2005 einen Bonus iHv. 8.000,00 Euro, für das Jahr 2006 iHv. 10.000,00 Euro und für das Jahr 2007 iHv. 20.000,00 Euro.

7

Der Bonusbasiswert wurde letztmals für das Geschäftsjahr 2008 auf 15.000,00 Euro festgesetzt. Für dieses Jahr fand am 22. Januar 2009 ein Mitarbeitergespräch mit dem Kläger statt, das zu der Gesamtbewertung „Ziele weit übertroffen“ führte.

8

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten geriet im Zusammenhang mit der weltweiten Bankenkrise in eine finanzielle Schieflage. Im Geschäftsjahr 2008 kam es zu einem Jahresfehlbetrag iHv. 2,824 Mrd. Euro; die gesamte H-Gruppe wies einen Fehlbetrag iHv. 5,461 Mrd. Euro aus. Eine Insolvenz wurde nur durch staatliche Unterstützungszahlungen und Garantien in Milliardenhöhe abgewendet. Der H-Gruppe wurden in den Jahren 2008 und 2009 kurz- und mittelfristig Liquiditätshilfen iHv. insgesamt 102 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt, davon 87 Mrd. Euro durch Garantien der Bundesrepublik Deutschland. Zum 31. Dezember 2008 betrug das Volumen der von der Rechtsvorgängerin der Beklagten unmittelbar in Anspruch genommenen Liquiditätshilfen 6,37 Mrd. Euro.

9

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten zahlte bis einschließlich September 2008 an ausscheidende Mitarbeiter anteilige Boni. Ab 29. September 2008 stellte sie diese Praxis ein. Am 12. März 2009 teilte der Vorstand der Bank in einem Mitarbeiterbrief im Intranet mit, für das Geschäftsjahr 2008 werde keine diskretionäre variable Vergütung gezahlt.

10

Der Kläger hat vorgetragen, ihm stehe auch für das Jahr 2008 ein Anspruch auf Bezahlung einer variablen Vergütung zu. Er habe im Jahr 2008 die vereinbarten Ziele weit übertroffen, wie sich aus dem Mitarbeitergesprächsprotokoll vom 22. Januar 2009 ergebe. Bei einem festgesetzten Basiswert iHv. 15.000,00 Euro und angesichts der Übererfüllung der vereinbarten Ziele ergebe sich daraus eine Bewertung von 200 % und damit ein Anspruch iHv. 30.000,00 Euro brutto. Der Anspruch folge aus II des Dienstvertrags von April 2005. Soweit der Dienstvertrag von den Regelungen der Betriebsvereinbarung abweiche, gehe er vor. Die Zurverfügungstellung eines Bonustopfs sei hier nicht erforderlich. Aber auch nach der Betriebsvereinbarung selbst ergebe sich ein Anspruch des Klägers, weil auch diese nicht allein auf den Erfolg der Bank abstelle. Für die Bonuszahlung genüge allein die Erreichung der Ziele. Mit der Festsetzung des Bonus auf „Null“ habe die Beklagte ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Allein wegen der schlechten wirtschaftlichen Situation sei auch nicht die Geschäftsgrundlage weggefallen. Schließlich folge ein Anspruch des Klägers aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, nachdem im Jahr 2008 ausscheidende Arbeitnehmer eine Bonuszahlung erhalten hätten.

11

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 30.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2009 zu zahlen.

12

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, dem Kläger stehe für das Jahr 2008 keine Bonuszahlung zu. Nachdem sich gezeigt habe, dass ein Überleben ohne massive staatliche Hilfe nicht möglich gewesen sei, sei der Vorstand berechtigt gewesen, im März 2009 zu beschließen, dass es keine Bonuszahlung geben werde. Auch die Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes führe nicht zu einem Anspruch des Klägers. Wenn im Jahr 2008 ausgeschiedenen Mitarbeitern noch anteilig Bonusansprüche gezahlt worden seien, so liege dies daran, dass seinerzeit die finanzielle Schieflage noch nicht absehbar gewesen sei.

13

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 15.000,00 Euro brutto für das Jahr 2008 verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die allein von der Beklagten eingelegte Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision hat Erfolg. Die Klage ist unbegründet.

15

I. Der Kläger hat keinen Anspruch aus II des Dienstvertrags von April 2005 iVm. § 315 Abs. 1 BGB.

16

1. Nach II des Dienstvertrags erhält der Kläger einen Leistungsbonus, der sich nach der individuellen Zielerreichung, dem Teamverhalten sowie dem Erfolg der Bank richtet und der jährlich für das abgelaufene Jahr festgesetzt wird.

17

2. Dieser Anspruch ist auf Bestimmung der Leistung nach billigem Ermessen gemäß § 315 Abs. 1 BGB gerichtet. Das beinhaltet die Möglichkeit, nicht nur bei kumulativer Nichterreichung aller Ziele, sondern - im Ausnahmefall - auch bei Nichterreichung eines Teils der Ziele keinen Leistungsbonus zu zahlen.

18

a) Der Dienstvertrag von April 2005 enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 ff. BGB. Das steht zwischen den Parteien nicht im Streit.

19

b) Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (st. Rspr., zB BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15, BAGE 136, 294). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., zB BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 19).

20

c) Nach II des Dienstvertrags erhält („Sie erhalten …“) der Mitarbeiter einen Leistungsbonus. Grundsätzlich besteht damit ein Anspruch, dieser ist der Höhe nach aber nicht bestimmt. Vereinbart sind die Kriterien für die Bemessung des Bonus, die inhaltlich nicht konkretisiert sind und deren Verhältnis zueinander nicht festgeschrieben ist. Die Auffassung, bei Erfüllung eines der drei Kriterien müsse in jedem Fall ein Mindestbetrag gezahlt werden, steht mit den vertraglichen Vorgaben nicht im Einklang. Sie lassen die Festsetzung auf 0 % ausdrücklich zu, ohne dafür besondere Voraussetzungen zu nennen. Der Vertrag setzt demnach voraus, dass die Ausübung „billigen Ermessens“ auch die Bestimmung des Bonus mit dem Wert „Null“ ermöglichen kann. Für einen verständigen Vertragspartner folgt daraus, dass der Verwender sich ein Leistungsbestimmungsrecht sowohl in Bezug auf die Höhe des Anspruchs als auch in Bezug auf die Gewichtung der Kriterien vorbehalten hat und die Festlegung des jeweiligen Bonus nach billigem Ermessen erfolgen muss.

21

d) Die im Vertrag enthaltene Beschreibung der Kriterien für die Bonuszahlung ist allerdings nicht bedeutungslos. Vielmehr setzt sie Maßstäbe für die Ausübung des billigen Ermessens durch den Arbeitgeber. Die im Vertrag genannten Gesichtspunkte sollen bei der Ausübung des Ermessens jedenfalls erwogen werden. Denn nach II des Dienstvertrags „richtet“ sich der Leistungsbonus nach den Bemessungskriterien. An diese Vorgaben ist die Beklagte gebunden. Haben die Vertragsparteien - zB durch eine Zielvereinbarung - die Voraussetzungen für die Zahlung einer zusätzlichen Vergütung abschließend vereinbart, so kann sich der Arbeitgeber von der Zahlungspflicht nicht mehr einseitig durch anderweitige Leistungsbestimmung befreien ( BAG 17. Oktober 2012 - 10 AZR 620/11 - Rn. 22). Nach dem Dienstvertrag der Parteien entspricht die Leistungsbestimmung regelmäßig nur dann billigem Ermessen, wenn vereinbarte und erreichte persönliche Ziele ihren angemessenen Ausdruck in dem festgelegten Leistungsbonus finden. Eine Leistungsbestimmung auf „Null“ kann also nur dann billiges Ermessen wahren, wenn für eine vom Regelfall abweichende Gewichtung vereinbarter Kriterien ausnahmsweise besonders wichtige Gründe sprechen.

22

3. Mit diesem Inhalt hält II des Dienstvertrags einer Inhaltskontrolle nach § 307 ff. BGB stand.

23

a) Die Regelung verstößt nicht gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).

24

aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Das Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Danach müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen (BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 14, BAGE 135, 250). Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB(st. Rspr., zB BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 206/10 - Rn. 29, BAGE 138, 80).

25

bb) Diese Gefahr besteht nicht. Der Dienstvertrag bestimmt eindeutig, dass nach billigem Ermessen über den Leistungsbonus zu entscheiden ist und welche Faktoren in seine Bemessung einfließen. Dass sich die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin die Bestimmung der Leistung vorbehalten hat, macht die Vereinbarung nicht unklar. Der Kläger hat einen Anspruch auf Ausübung des billigen Ermessens, den er gerichtlich durchsetzen kann (§ 315 Abs. 3 BGB).

26

b) II des Dienstvertrags enthält keinen unzulässigen Änderungsvorbehalt iSv. § 308 Nr. 4 BGB.

27

aa) Gemäß § 308 Nr. 4 BGB ist die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist. Einseitige Leistungsbestimmungsrechte nach § 315 ff. BGB fallen aber nicht unter § 308 Nr. 4 BGB, wenn sie darauf beschränkt sind, dem Verwender die erstmalige Festlegung seiner Leistung zu ermöglichen(BAG 29. August 2012 - 10 AZR 385/11 - Rn. 32; BGH 17. Februar 2004 - XI ZR 140/03 - zu II 2 b aa der Gründe, BGHZ 158, 149).

28

bb) So ist es hier. Der Anspruch ist auf Festlegung des Leistungsbonus nach billigem Ermessen unter Beachtung vertraglich vereinbarter Vorgaben gerichtet. Ein Recht zur Änderung bereits zugesagter Leistungen ist nicht vereinbart.

29

c) II des Dienstvertrags enthält keine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB.

30

aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, besonderer Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten sind gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB angemessen zu berücksichtigen(BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 33; 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 39 f.; 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 33 f., BAGE 118, 22). Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.

31

bb) Die Beklagte hat sich zur Zahlung eines Leistungsbonus nach billigem Ermessen verpflichtet und nicht das Recht vorbehalten, Vergütungschancen zu entziehen. Es ist zwar möglich, dass sich das Verhältnis zwischen festen und variablen Bezügen zugunsten der Festbezüge verschiebt, wenn der variable Teil aufgrund schlechter individueller Leistung und/oder schlechter wirtschaftlicher Situation niedrig festgesetzt wird. Auch in diesem Fall ist die Beklagte aber verpflichtet, den Leistungsbonus nach billigem Ermessen festzusetzen, und unterliegt die Leistungsbestimmung der vollen gerichtlichen Kontrolle (st. Rspr., zB BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 46).

32

cc) Die vertragliche Regelung weicht nicht vom Gesetz ab, § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB. Das Gesetz sieht die vertragliche Einräumung einseitiger Leistungsbestimmungsrechte vor (§ 315 BGB). Es geht davon aus, dass dies einem rechtlichen Bedürfnis des Wirtschaftslebens entsprechen kann und deshalb nicht von vornherein unangemessen ist. § 315 BGB ordnet ausdrücklich an, dass die Bestimmung mangels abweichender Vereinbarung nach billigem Ermessen zu geschehen hat, dass der Gläubiger die Entscheidung des Schuldners gerichtlich überprüfen und sie gegebenenfalls durch Urteil ersetzen lassen kann. Damit sind gegenüber einer Gefährdung des Gläubigers Vorkehrungen getroffen (BAG 17. Oktober 2012 - 10 AZR 620/11 - Rn. 43). Hinzu kommt, dass das einseitige Leistungsbestimmungsrecht nur einen Teil der vereinbarten Vergütung betrifft. Das in monatlichen Teilbeträgen auszukehrende Grundgehalt und eine weitere Sonderzahlung in Höhe eines Monatsgehalts sind im Dienstvertrag fest vereinbart. Der Kernbereich des Austauschverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung wird damit durch die Leistungsbestimmung nach § 315 BGB nicht berührt.

33

4. Der Anspruch des Klägers auf Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen ist erloschen (§ 362 BGB). Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat den Leistungsbonus für das Jahr 2008 ermessensfehlerfrei auf „Null“ festgesetzt und damit den Anspruch des Klägers erfüllt. Die getroffene Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen (§ 315 Abs. 1 und Abs. 3 BGB).

34

a) Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind (vgl. BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 26; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 31, BAGE 135, 239; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40; 23. September 2004 - 6 AZR 567/03 - zu IV 2 a der Gründe, BAGE 112, 80). Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (vgl. BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 294/04 - zu B II 3 b aa der Gründe). Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, hat der Bestimmungsberechtigte zu tragen (vgl. BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 90; BGH 5. Juli 2005 - X ZR 60/04 - zu II 2 c aa der Gründe mwN, BGHZ 163, 321). Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

35

b) Ob die Entscheidung der Billigkeit entspricht, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB(vgl. BAG 23. Januar 2007 - 9 AZR 624/06 - Rn. 29). Diese Sachentscheidung ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten (BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 294/04 - zu B IV 1 der Gründe; zur Kontroverse über den Umfang der revisionsrechtlichen Überprüfung: GMP/Müller-Glöge 7. Aufl. § 73 Rn. 10).

36

c) Diesen Maßgaben wird die von der Rechtsvorgängerin der Beklagten vorgenommene Leistungsbestimmung für den Leistungsbonus für das Jahr 2008 gerecht.

37

aa) Die Leistungsbestimmung war über die Vorgaben des Dienstvertrags hinaus an die Regelungen der BV 2005 gebunden. Vorgaben für die Ausübung des billigen Ermessens iSv. § 315 BGB können sich aus vertraglichen(vgl. BAG 29. August 2012 - 10 AZR 385/11 - Rn. 21) oder aus kollektivrechtlichen Vereinbarungen ergeben, vorliegend aus der BV 2005. Die vorher geltende Betriebsvereinbarung ist durch die BV 2005 abgelöst worden und hat im Streitzeitraum keine Rechtswirkungen mehr entfaltet (sog. Ablösungsprinzip; st. Rspr., vgl. BAG 18. September 2012 - 3 AZR 431/10 - Rn. 34; 29. Oktober 2002 - 1 AZR 573/01 - zu I 2 a der Gründe mwN, BAGE 103, 187). Die BV 2005 begründet keinen Anspruch auf Zahlung eines bestimmten Leistungsbonus, sie bestimmt vielmehr das Verfahren zur Festlegung der individuellen Höhe eines Leistungsbonus auf der Grundlage eines im Arbeitsvertrag zugesagten Basiswerts. Nach C V Abs. 1 der BV 2005 hängt die Höhe des individuellen Bonus von der Höhe des jährlichen Bonustopfs ab, der vom Gesamtbankerfolg bestimmt wird. Auch nach der BV 2005 können deshalb die Kriterien zur Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen gewichtet werden und besteht kein unbedingter Anspruch bei Teilerreichung von Zielen.

38

bb) Die Leistungsbestimmung der Rechtsvorgängerin der Beklagten entspricht den vertraglichen Vorgaben des Dienstvertrags und den kollektivrechtlichen Vorgaben der BV 2005, auch wenn am 22. Januar 2009 ein Mitarbeitergespräch stattfand, das zu der Gesamtbewertung „Ziele weit übertroffen" führte. Die Festsetzung des Leistungsbonus auf „Null“ trotz Erreichung vereinbarter persönlicher Ziele könnte bei einem negativen Ergebnis der Bank im Rahmen „normaler“ Schwankungsbreiten zwar billigem Ermessen iSv. § 315 Abs. 1 BGB widersprechen; für das Geschäftsjahr 2008 haben aber besonders gewichtige, außergewöhnliche Umstände vorgelegen, die ausnahmsweise die Festsetzung des Leistungsbonus auf „Null“ gerechtfertigt haben. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat im Geschäftsjahr 2008 einen Jahresfehlbetrag iHv. 2,824 Mrd. Euro, die H-Gruppe sogar einen solchen iHv. 5,461 Mrd. Euro ausgewiesen. Die H-Gruppe ist nur durch Liquiditätshilfen in den Jahren 2008 bis 2009 iHv. 102 Mrd. Euro gerettet worden; allein das Volumen der von der Rechtsvorgängerin der Beklagten selbst in Anspruch genommenen Liquiditätshilfen betrug zum 31. Dezember 2008 6,37 Mrd. Euro. Dies zeigt, dass sich im Geschäftsjahr 2008 nicht die im Dienstvertrag vorausgesetzten und vom Arbeitgeber gegebenenfalls selbst zu tragenden Risiken einer „normalen“ negativen Geschäftsentwicklung verwirklicht haben. Die Risiken übertrafen auch bei Weitem die typischerweise mit einer Insolvenz einhergehenden Gefährdungen, weil sie nicht nur Gläubiger der Bank betrafen, sondern das gesamte Bankensystem. Die Rettung von Banken diente nicht der Sicherung von Vergütungsansprüchen ihrer Arbeitnehmer, sondern ausschließlich dem öffentlichen Interesse an der Abwehr schwerer Gefahren für die Volkswirtschaft (vgl. BAG 29. August 2012 - 10 AZR 385/11 - Rn. 50). Es bestand deshalb eine Ausnahmesituation, die es auch unter Berücksichtigung der guten Leistungen des Klägers nicht unangemessen erscheinen lässt, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten den Leistungsbonus auf „Null“ festgesetzt hat.

39

II. Der Kläger hat keinen Anspruch wegen der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, obwohl an Mitarbeiter, die im Geschäftsjahr 2008 ausgeschieden sind, bis Anfang September anteilige Boni ausgekehrt wurden.

40

1. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleich zu behandeln. Er verbietet nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. Trotz des Vorrangs der Vertragsfreiheit ist der Gleichbehandlungsgrundsatz auch bei der Zahlung der Arbeitsvergütung anwendbar, wenn diese durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben wird oder der Arbeitgeber die Leistung nach einem erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (st. Rspr., vgl. BAG 13. April 2011 - 10 AZR 88/10 - Rn. 12, BAGE 137, 339; 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 14). Die Begünstigung einzelner Arbeitnehmer erlaubt aber noch nicht den Schluss, diese bildeten eine Gruppe. Eine Gruppenbildung liegt erst dann vor, wenn die Besserstellung nach bestimmten Kriterien vorgenommen wird, die bei allen Begünstigten vorliegen (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 242/11 - Rn. 79).

41

2. Die Voraussetzungen eines Anspruchs wegen der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sind nicht dargelegt. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sind Zahlungen an ausscheidende Mitarbeiter, die nach B II 2 Abs. 3 der BV 2005 dem Grunde nach auch vorgesehen sind, durch Anweisung der Personalleiterin mit E-Mail vom 29. September 2008 zu dem Zeitpunkt eingestellt worden, in dem die Krise erkennbar wurde. Bei der Entscheidung über einen Anspruch des Klägers und der anderen nicht ausgeschiedenen Mitarbeiter stellte sich die wirtschaftliche Situation grundlegend anders dar; die Besserstellung der ausscheidenden Mitarbeiter beruhte ausschließlich auf der zum Zeitpunkt des Ausscheidens fehlenden Absehbarkeit der späteren desaströsen Lage und damit auf einer anderen Tatsachengrundlage. Eine sachfremde Gruppenbildung liegt danach nicht vor.

42

3. Unerheblich ist, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten bei der Entscheidung über einen Bonus aufgrund der Staatshilfen wieder zahlungsfähig war. An der maßgeblichen wirtschaftlichen Lage der H-Gruppe hat sich dadurch nichts geändert.

43

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Mestwerdt    

        

    W. Reinfelder    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Thiel    

        

    Petri    

                 

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Klage auf künftige Leistung kann außer den Fällen der §§ 257, 258 erhoben werden, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 26. Januar 2009 - 3 Sa 483/08 - aufgehoben, soweit es die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen und über die Kosten entschieden hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung und die Verpflichtung zur Erstattung von Aufwendungen.

2

Der Kläger ist seit 1986 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin, bundesweit tätigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, beschäftigt. Er ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater und hat den Status eines Partners. Sein Jahresgehalt betrug ohne Sonderleistungen zuletzt 176.000,00 Euro brutto. Der Kläger war seit dem 1. Juli 1990 in der Niederlassung Leipzig tätig. Am 1./14. Juli 1994 wurde ein neuer Arbeitsvertrag abgeschlossen, der unter anderem folgende Regelungen enthält:

        

㤠1

        

Mit Wirkung vom 1. Oktober 1993 ist Herr H zum Bereichsleiter (Partner Stufe III) der Zweigniederlassung Leipzig ernannt worden. Die C behält sich vor, Herrn H - sofern Geschäftsnotwendigkeiten dies erfordern - anderweitig einzusetzen und zu versetzen.

        

….    

                 
        

§ 7

        

Im Verhältnis zur C gilt als Wohnsitz von Herrn H Leipzig. Die jeweils geltende Reisekostenordnung der C findet Anwendung.“

3

Bei Dienstreisen erstattet die Beklagte ihren Mitarbeitern Aufwendungen nach den Bestimmungen der Gesamtbetriebsvereinbarung Reisekosten (Reisekostenordnung) vom 29. Juni 2004, die auf das Arbeitsverhältnis des Klägers Anwendung findet. Der Begriff Dienstreise wird dort wie folgt definiert:

        

„Eine Dienstreise ist ein Ortswechsel einschließlich der Hin- und Rückfahrt aus Anlass einer vorübergehenden Auswärtstätigkeit. Eine Auswärtstätigkeit liegt vor, wenn der Mitarbeiter außerhalb seiner Wohnung und seiner regelmäßigen Arbeitsstätte beruflich tätig wird. Eine Auswärtstätigkeit ist vorübergehend, wenn der Mitarbeiter voraussichtlich an die regelmäßige Arbeitsstätte zurückkehren und dort seine berufliche Tätigkeit fortsetzen wird.“

4

Der Kläger war zuletzt als „Bereichsleiter Tax“ der Niederlassung Leipzig tätig. Zwischen den Parteien kam es zum Streit über die Fähigkeiten des Klägers zur Führung der ihm unterstellten Mitarbeiter und zur Betreuung der Kunden. Angebote der Beklagten zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags lehnte der Kläger in den Monaten Februar und März 2007 ab. Mit Schreiben vom 2. Mai 2007 sprach die Beklagte eine Versetzung des Klägers „mit Wirkung zum 21. Mai 2007 zur Niederlassung Frankfurt in den Bereich Tax & Legal PS Mitte“ aus. Dort soll der Kläger als „verantwortlicher Sales-Partner“ eingesetzt werden und überwiegend Vertriebstätigkeiten ausüben. Zudem soll er den Bereich „Education/Social Security“ aufbauen und seine bereits zuvor im Bereich Controlling PS (Public Service) übernommenen Aufgaben sollen bundesweit ausgeweitet werden. Die neue Tätigkeit umfasst keine Personalverantwortung. Im Zeitraum vom 1. Juli 2007 bis zum 22. Oktober 2007 war der Kläger mit Ausnahme einer urlaubsbedingten Unterbrechung in Frankfurt am Main tätig. Seitdem wird er aufgrund entsprechender arbeitsgerichtlicher Entscheidungen wieder in der Niederlassung Leipzig eingesetzt.

5

Der Kläger hat geltend gemacht, er sei aufgrund der vertraglich vereinbarten Tätigkeit als Bereichsleiter der Niederlassung Leipzig zu beschäftigen. Die Zuweisung einer anderweitigen Tätigkeit und/oder eines anderen Tätigkeitsorts sei unzulässig. Der Versetzungsvorbehalt sei gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Darüber hinaus sei die Tätigkeit eines „verantwortlichen Sales-Partners“ hierarchisch nicht mit der Tätigkeit eines „Bereichsleiters“ gleichzusetzen. Unabhängig hiervon entspreche die Versetzung wegen der weiten Entfernung vom bisherigen Arbeitsort nicht billigem Ermessen.

6

Die vorübergehende Tätigkeit in Frankfurt am Main sei als Dienstreise zu behandeln. Für den Zeitraum vom 1. Juli 2007 bis zum 17. August 2007 und vom 3. September 2007 bis zum 22. Oktober 2007 ergebe sich ein Aufwendungsersatzanspruch nach der Reisekostenordnung in Höhe von insgesamt 7.803,35 Euro.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, den Kläger als Bereichsleiter Tax der Niederlassung Leipzig am Standort Leipzig zu beschäftigen,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 7.803,35 Euro zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter zeitlicher Staffelung zu zahlen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, dass eine Beschränkung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung auf die Tätigkeit eines Bereichsleiters der Niederlassung Leipzig nicht stattgefunden habe. Der Versetzungsvorbehalt sei wirksam, da die Interessen des Klägers in ausreichendem Maße dadurch gewahrt würden, dass die Versetzung nur im Falle einer „Geschäftsnotwendigkeit“ erfolgen dürfe. In seinem bisherigen Einsatzfeld als zuständiger Partner „PS Ost“ sei der Kläger nicht länger einsetzbar. Die wichtigen Mandanten würden den Kläger, der überwiegend Controlling-Tätigkeiten ausgeübt habe, nicht als Ansprechpartner akzeptieren. Früher habe die Betreuung dieser Mandanten durch einen weiteren in Leipzig beschäftigten Partner stattgefunden, der zum 30. Juni 2007 pensioniert worden sei. Der Umgang des Klägers mit den Mitarbeitern sei ebenfalls nicht akzeptabel, diese würden sich zunehmend verärgert zeigen. Der Kläger stehe als fachlicher Ansprechpartner nicht zur Verfügung. Sein mangelnder Arbeitseinsatz sei für alle erkennbar. Die dem Kläger zugewiesenen neuen Aufgaben seien mit seinen bisherigen Aufgaben vergleichbar; die Position befinde sich auf gleicher hierarchischer Ebene. Die Betreuung der Mandate der Region Mitte sei nur von Frankfurt am Main aus möglich, da die Mandanten eine regionale Präsenz des Partners erwarteten.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist zulässig und begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Berufung nicht zurückgewiesen werden. Der Senat kann in der Sache mangels ausreichender Feststellungen nicht abschließend entscheiden. Die Revision führt daher zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

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I. Die auf vertragsgemäße Beschäftigung gerichtete Leistungsklage ist zulässig.

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1. Bei einem Streit über die Berechtigung einer Versetzung bestehen für den Arbeitnehmer zwei Möglichkeiten. Er kann die Berechtigung der Versetzung im Rahmen einer Feststellungsklage klären lassen (st. Rspr., zuletzt zB BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 -). Darüber hinaus hat er die Möglichkeit, den Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung im Rahmen einer Klage auf künftige Leistung gem. § 259 ZPO durchzusetzen(vgl. BAG 29. Oktober 1997 - 5 AZR 573/96 - zu I der Gründe, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 51 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 19). Bei der Prüfung des Beschäftigungsanspruchs ist die Wirksamkeit der Versetzung als Vorfrage zu beurteilen. Voraussetzung für eine derartige Klage ist die Besorgnis, dass der Schuldner sich andernfalls der rechtzeitigen Leistung entziehen werde.

13

2. Der Antrag des Klägers ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. In Verbindung mit der Klagebegründung ist erkennbar, welche konkrete Beschäftigung er anstrebt. Die Voraussetzungen des § 259 ZPO liegen vor, obwohl der Kläger zurzeit auf seinem bisherigen Arbeitsplatz eingesetzt wird. Die derzeitige Beschäftigung erfolgt ausschließlich aufgrund der vorläufig vollstreckbaren Entscheidungen der Vorinstanzen.

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II. Ob die Klage begründet ist, kann der Senat nicht abschließend beurteilen.

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1. Erweist sich eine vom Arbeitgeber vorgenommene Versetzung als unwirksam, so hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Beschäftigung in seiner bisherigen Tätigkeit am bisherigen Ort (vgl. BAG 17. Februar 1998 - 9 AZR 130/97 - zu III 3 a der Gründe, AP BGB § 618 Nr. 27 = EzA BGB § 615 Nr. 89; 26. Januar 1988 - 1 AZR 531/86 - zu II 5 der Gründe, BAGE 57, 242; 14. Juli 1965 - 4 AZR 347/63 - BAGE 17, 241). Bei einer Versetzung handelt es sich um eine einheitliche Maßnahme, die nicht in den Entzug der bisherigen Tätigkeit und die Zuweisung einer neuen Tätigkeit aufgespalten werden kann (vgl. BAG 30. September 1993 - 2 AZR 283/93 - zu B I 3 e ff der Gründe, BAGE 74, 291). Dies gilt auch dann, wenn Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung im Arbeitsvertrag nicht abschließend festgelegt sind, sondern dem Weisungsrecht des Arbeitgebers (§ 106 GewO) unterliegen. Solange dieser nicht rechtswirksam von seinem Weisungsrecht erneut Gebrauch gemacht oder eine wirksame Freistellung von der Arbeit ausgesprochen hat, bleibt es bei der bisher zugewiesenen Arbeitsaufgabe am bisherigen Ort und der Arbeitnehmer hat einen dementsprechenden Beschäftigungsanspruch. Die gegenteilige Auffassung (LAG Hamm 8. März 2005 - 19 Sa 2128/04 - zu II 3 der Gründe, NZA-RR 2005, 462 unter Berufung auf LAG Nürnberg 10. September 2002 - 6 (4) Sa 66/01 - LAGE BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 29) übersieht, dass eine ausgeübte Weisung nicht durch eine unwirksame Versetzung beseitigt werden kann. Sie lässt sich auch nicht auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24. Januar 2001 (- 5 AZR 411/99 -) stützen, da dort der Entzug bestimmter Tätigkeiten noch im Rahmen des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts erfolgte. Im Übrigen beschränkt sie unangemessen die Möglichkeit einer effektiven Durchsetzung des Beschäftigungsanspruchs für den Zeitraum bis zu einer neuen Ausübung des Weisungsrechts durch den Arbeitgeber.

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Wird der Arbeitgeber nach einer Versetzung zur tatsächlichen Beschäftigung zu den vorherigen Bedingungen verurteilt, ist damit die Vorfrage der Wirksamkeit der Versetzung beantwortet. Eine Entscheidung darüber, ob und ggf. in welchem Umfang der Arbeitgeber zukünftig von seinem Weisungsrecht rechtswirksam Gebrauch machen kann, ist hingegen nicht getroffen. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger seinen Beschäftigungsanspruch unter anderem damit begründet hat, er sei „auf Dauer“ als Bereichsleiter Tax der Niederlassung Leipzig am Standort Leipzig zu beschäftigen und die Zuweisung einer anderen Tätigkeit an einem anderen Arbeitsort komme nicht in Betracht, da sie nicht von dem arbeitsvertraglichen Direktionsrecht der Beklagten umfasst sei. Dabei handelt es sich um bloße Elemente der Klagebegründung, die im Falle des Obsiegens mit dem Leistungsantrag nicht gem. § 322 ZPO in materielle Rechtskraft erwachsen. Will ein Arbeitnehmer eine weitergehende Entscheidung zum Umfang des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts erreichen, so muss er bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 256 ZPO von der Möglichkeit eines gesonderten Feststellungsantrags Gebrauch machen.

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2. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gem. §§ 305 ff. BGB beruht, ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:

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a) In einem ersten Schritt ist durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Dabei ist insbesondere festzustellen, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein ggf. vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat. In Betracht kommt, dass eine wie ein Versetzungsvorbehalt erscheinende Klausel tatsächlich lediglich den Umfang der vertraglich geschuldeten Leistung bestimmen soll, insbesondere wenn alternative Tätigkeiten oder Tätigkeitsorte konkret benannt sind. Ungewöhnliche, insbesondere überraschende Klauseln iSv. § 305c Abs. 1 BGB(zB „versteckte“ Versetzungsvorbehalte) werden allerdings nicht Vertragsbestandteil.

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Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (zB Senat 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 36, NZA 2010, 877; 21. Oktober 2009 - 4 AZR 880/07 - Rn. 18).

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Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gem. § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB setzt voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (zB Senat 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Der die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendende Arbeitgeber muss bei Unklarheiten die ihm ungünstigste Auslegungsmöglichkeit gegen sich gelten lassen (BAG 12. Dezember 2006 - 3 AZR 388/05 - Rn. 30, AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 67 = EzA BetrAVG § 1 Zusatzversorgung Nr. 18; st. Rspr. BGH, vgl. zB zuletzt 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08 - Rn. 41, MDR 2010, 1096; 9. Juni 2010 - VIII ZR 294/09 - Rn. 16, NJW 2010, 2877).

21

b) Ergibt die Auslegung, dass der Vertrag eine nähere Festlegung hinsichtlich Art und/oder Ort der Tätigkeit enthält, so unterliegt diese keiner Angemessenheitskontrolle iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Vielmehr handelt es sich um die Bestimmung des Inhalts der Hauptpflicht (vgl. BAG 13. Juni 2007 - 5 AZR 564/06 - Rn. 30, BAGE 123, 98; Kleinebrink ArbRB 2007, 57, 58). Dabei ist unerheblich, wie eng oder weit die Leistungsbestimmung gefasst ist. § 308 Nr. 4 BGB ist ebenfalls nicht anwendbar, da diese Vorschrift nur einseitige Bestimmungsrechte hinsichtlich der Leistung des Verwenders erfasst(BAG 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 31, BAGE 118, 22). Vorzunehmen ist lediglich eine Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

22

Soweit es an einer Festlegung des Inhalts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag fehlt, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Je allgemeiner die vom Arbeitnehmer zu leistenden Dienste im Arbeitsvertrag festgelegt sind, desto weiter geht die Befugnis des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer unterschiedliche Aufgaben im Wege des Direktionsrechts zuzuweisen (vgl. zB BAG 2. März 2006 - 2 AZR 23/05 - Rn. 16, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 81 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 67). Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es insoweit nicht an. Bei einer engen Bestimmung der Tätigkeit wird das Direktionsrecht hingegen eingeschränkt. Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer nur die betreffenden Aufgaben zuweisen. Eine Veränderung des Tätigkeitsbereichs kann er nur einvernehmlich oder durch eine Änderungskündigung herbeiführen.

23

c) Enthält der Arbeitsvertrag neben einer Festlegung von Art und/oder Ort der Tätigkeit einen sog. Versetzungsvorbehalt, so ist zu differenzieren:

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aa) Ergibt die Vertragsauslegung, dass der Versetzungsvorbehalt materiell (nur) dem Inhalt der gesetzlichen Regelung des § 106 GewO entspricht oder zugunsten des Arbeitnehmers davon abweicht, unterliegt diese Klausel keiner Angemessenheitskontrolle iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, sondern allein einer Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB(BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 24 ff.). Der Arbeitgeber, der sich lediglich die Konkretisierung des vertraglich vereinbarten Tätigkeitsinhalts, nicht aber eine Änderung des Vertragsinhalts vorbehält, weicht nicht zulasten des Arbeitnehmers von Rechtsvorschriften ab (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB).

25

Die Vertragsklausel muss dabei die Beschränkung auf den materiellen Gehalt des § 106 GewO unter Berücksichtigung der oben dargestellten Auslegungsgrundsätze aus sich heraus erkennen lassen. Insbesondere muss sich aus dem Inhalt der Klausel oder aus dem Zusammenhang der Regelung deutlich ergeben, dass sich der Arbeitgeber nicht die Zuweisung geringerwertiger Tätigkeiten - ggf. noch unter Verringerung der Vergütung - vorbehält. Dagegen erfordert auch die Verpflichtung zur transparenten Vertragsgestaltung gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht, dass die Klausel Hinweise auf den Anlass der Ausübung des Weisungsrechts enthält(vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 44 ff., AP BGB § 307 Nr. 26).

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bb) Ergibt die Vertragsauslegung, dass sich der Arbeitgeber mit dem Versetzungsvorbehalt über § 106 GewO hinaus ein Recht zur Vertragsänderung vorbehält, so unterliegt die Regelung der Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

27

(1) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, besonderer Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten sind gem. § 310 Abs. 4 Satz 2 angemessen zu berücksichtigen(BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 39 f., AP BGB § 307 Nr. 26; 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 33 f., BAGE 118, 22).

28

Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Dies wird regelmäßig der Fall sein, wenn sich der Arbeitgeber vorbehält, ohne den Ausspruch einer Änderungskündigung einseitig die vertraglich vereinbarte Tätigkeit unter Einbeziehung geringerwertiger Tätigkeiten zulasten des Arbeitnehmers ändern zu können (BAG 9. Mai 2006 - 9 AZR 424/05 - Rn. 20 ff., BAGE 118, 184; HWK/Gotthardt 4. Aufl. Anh. §§ 305 - 310 BGB Rn. 26; HWK/Lembke § 106 GewO Rn. 57; Hunold NZA 2007, 19, 21; Küttner/Reinecke Personalbuch 2010 Versetzung Rn. 5; Preis/Genenger NZA 2008, 969, 975; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 13. Aufl. § 32 Rn. 80).

29

(2) Handelt es sich um eine teilbare Klausel, ist die Inhaltskontrolle jeweils für die verschiedenen, nur formal verbundenen Bestimmungen vorzunehmen (BAG 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 32, BAGE 118, 36). Maßgeblich ist, ob die Klausel mehrere sachliche Regelungen enthält und der unzulässige Teil sprachlich eindeutig abtrennbar ist. Ist die verbleibende Regelung weiterhin verständlich, bleibt sie bestehen. Die Teilbarkeit einer Klausel ist mittels des sog. Blue-pencil-Tests durch Streichung des unwirksamen Teils zu ermitteln (vgl. Senat 6. Mai 2009 - 10 AZR 443/08 - Rn. 11, AP BGB § 307 Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 44).

30

(3) Führt die Angemessenheitskontrolle zur Unwirksamkeit eines Versetzungsvorbehalts, so richtet sich der Inhalt des Vertrags gem. § 306 Abs. 2 BGB nach den gesetzlichen Vorschriften. Eine geltungserhaltende Reduktion auf das angemessene Maß findet nicht statt (vgl. BAG 13. April 2010 - 9 AZR 113/09 - Rn. 42, NZA-RR 2010, 457; Senat 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - Rn. 33, EzA BGB 2002 § 308 Nr. 9). Maßgeblich ist in diesem Fall § 106 GewO. Diese Vorschrift überlässt dem Arbeitgeber das Weisungsrecht aber nur insoweit, als nicht durch den Arbeitsvertrag der Leistungsinhalt festgelegt ist. Ergibt die Auslegung des Vertrags, dass ein bestimmter Leistungsinhalt vereinbart wurde, so ist der Arbeitgeber an diesen gebunden, wenn ein zusätzlich vereinbarter Versetzungsvorbehalt der Angemessenheitskontrolle nicht standhält.

31

d) Übt der Arbeitgeber im Einzelfall das Weisungsrecht aus, so unterliegt dies der Kontrolle gem. § 106 GewO. Die Ausübung eines wirksam vereinbarten Versetzungsvorbehalts unterliegt der Kontrolle gem. § 315 BGB. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind (vgl. BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40; 23. September 2004 - 6 AZR 567/03 - zu IV 2 a der Gründe, BAGE 112, 80).

32

3. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft keine hinreichende Auslegung des § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags vorgenommen. Damit steht nicht fest, ob die Tätigkeit als Bereichsleiter in der Niederlassung Leipzig aufgrund dieser vertraglichen Regelung als abschließende Festlegung des Inhalts der Arbeitspflicht anzusehen ist.

33

a) Bei den streitgegenständlichen Regelungen des Arbeitsvertrags dürfte es sich - auch wenn das Landesarbeitsgericht hierzu keine ausdrücklichen Feststellungen getroffen hat - um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB handeln. Ggf. findet auch § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB Anwendung. Für die Annahme Allgemeiner Geschäftsbedingungen spricht bereits das äußere Erscheinungsbild (vgl. Senat 6. Mai 2009 - 10 AZR 390/08 - Rn. 20, AP BGB § 307 Nr. 44 = EzA BGB 2002 § 310 Nr. 8). Davon gehen offenbar auch die Parteien übereinstimmend aus.

34

b) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (Senat 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

35

Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dass die Parteien sowohl den Ort wie den Inhalt der Arbeitsleistung festgelegt haben. Dem Kläger sei die Funktion eines Bereichsleiters der Zweigniederlassung Leipzig übertragen worden, womit notwendigerweise die Vereinbarung des Arbeitsorts Leipzig verbunden gewesen sei.

36

Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Begründung lässt nicht erkennen, dass das Landesarbeitsgericht § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags überhaupt ausgelegt hat. Es fehlt schon an einer Auseinandersetzung mit dem Wortlaut der arbeitsvertraglichen Regelung. Dieser ist, worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat, keineswegs eindeutig. § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags nimmt lediglich auf eine bereits zuvor, nämlich zum 1. Oktober 1993, erfolgte Ernennung des Klägers zum Bereichsleiter der Niederlassung Leipzig Bezug. Ernannt bedeutet, dass jemand für ein Amt bzw. einen Posten bestimmt worden ist. Danach könnte hierunter auch die einseitige Zuweisung einer Position zu verstehen sein. Allerdings wird durch eine Ernennung auch die Position in der Hierarchieebene des jeweiligen Unternehmens (Status) zum Ausdruck gebracht. Für ein derartiges Verständnis könnte sprechen, dass die Vertragsparteien die Ernennung zum Anlass für den Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags genommen haben. Zu prüfen wäre in diesem Zusammenhang, welche Bedeutung dem Klammerzusatz „Partner Stufe III“, dem Versetzungsvorbehalt in § 1 Satz 2 und der Regelung in § 7 des Arbeitsvertrags zukommt. Völlig außer Acht gelassen hat das Landesarbeitsgericht die Frage, wie der Vertragstext aus Sicht der an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise (hier: Partner einer bundesweit tätigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft) typischerweise zu verstehen ist. Ebenso wenig sind Feststellungen zu möglichen Regelungszwecken und erkennbaren Interessenlagen beider Parteien getroffen worden.

37

Der Senat sieht sich deshalb gehindert, selbst eine abschließende Auslegung des § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags vorzunehmen. Diese wird das Landesarbeitsgericht nachzuholen haben. Ergibt sich danach, dass durch § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags keine nähere Festlegung des Tätigkeitsinhalts in inhaltlicher und/oder örtlicher Hinsicht erfolgt ist, kommt es auf die Wirksamkeit des Versetzungsvorbehalts(§ 1 Satz 2 Arbeitsvertrag) nicht an. Die streitgegenständliche Maßnahme wäre dann allerdings noch daraufhin zu überprüfen, ob sie billigem Ermessen entspricht. Ergibt die Auslegung des § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags hingegen, dass die bisher ausgeübte Tätigkeit und/oder der Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind, kommt es auf die Wirksamkeit des in § 1 Satz 2 des Arbeitsvertrags vereinbarten Versetzungsvorbehalts an. Führt die Prüfung nach den oben genannten Grundsätzen zur Annahme der Unwirksamkeit des Versetzungsvorbehalts, bleibt es bei den vertraglichen Festlegungen.

38

III. Ob und ggf. in welchem Umfang ein Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen des Klägers nach den Regelungen der Gesamtbetriebsvereinbarung Reisekosten besteht, hängt im Wesentlichen von der Wirksamkeit der Versetzung ab und kann daher vom Senat ebenfalls nicht abschließend beurteilt werden.

39

Allerdings wird das Landesarbeitsgericht zu berücksichtigen haben, dass sich auch im Fall der Wirksamkeit der Versetzung ein Anspruch für die ersten sechs Wochen der Versetzung aus dem Schreiben vom 2. Mai 2007 ergeben kann. Da es sich wegen des Einzelfallcharakters um eine nichttypische Erklärung handelt, bleibt deren Auslegung aber zunächst dem Landesarbeitsgericht vorbehalten. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass ein Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen gem. § 291 BGB erst ab Rechtshängigkeit zu verzinsen ist. Der Zinsanspruch bestünde dabei jeweils ab dem auf die Zustellung folgenden Kalendertag. Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung lässt sich die Zeit für die Leistung nicht nach dem Kalender bestimmen (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Gegen eine derartige Auslegung der Gesamtbetriebsvereinbarung spricht bereits der Umstand, dass der Anspruch auf die Erstattung von Aufwendungen für eine Dienstreise regelmäßig eine Reisekostenabrechnung des Arbeitnehmers voraussetzt. Eine vor Rechtshängigkeit erfolgte Mahnung iSv. § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB ist vom Kläger nicht dargelegt worden.

        

    Mikosch    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Alex    

        

    Frese    

        

        

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Klage auf künftige Leistung kann außer den Fällen der §§ 257, 258 erhoben werden, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.