Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 11. Jan. 2018 - 5 Sa 160/15

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2018:0111.5Sa160.15.00
bei uns veröffentlicht am11.01.2018

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 5. Februar 2015, Az. 2 Ca 1286/14, abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anwendbarkeit von Tarifverträgen des Einzelhandels in Rheinland-Pfalz auf ihr Arbeitsverhältnis und daraus folgende Vergütungsansprüche des Klägers.

2

Die Beklagte betreibt mehrere Einzelhandelskaufhäuser. Sie war zu keinem Zeitpunkt Mitglied eines Arbeitgeberverbands. Der Kläger ist bei der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängerinnen - zunächst der M. AG, später der r.,- SB-Warenhaus GmbH - in K. als Verkäufer beschäftigt. In Ziff. 4 des schriftlichen Arbeitsvertrags mit der M. AG vom 30.03.1993 ist folgendes geregelt:

3

"2. Das Arbeitsverhältnis beginnt am 01.04.1993 …

4

4. Der Arbeitnehmer wird in Tarifgruppe ___RG II/4___ eingruppiert. …

5

Er erhält ein monatliches Bruttoentgelt in

6

Höhe von:  DM  __   _3.265,--______, das sich wie folgt zusammensetzt:

7

Tarifentgelt:  DM  ___3.265,--______

8

_     ___ 926,-- übertarifliche Zulage_______

9

Mit dieser Regelung sind sämtliche aus dem jeweils geltenden Tarifvertrag sich ergebenden Entgeltansprüche, insbesondere auch solche aus Tariferhöhungen oder Veränderungen der tariflichen Eingruppierung oder Einstufung abgegolten, soweit die vereinbarten Gesamtbezüge die tariflichen Ansprüche nicht unterschreiten. …"

10

Bereits vor Abschluss des Arbeitsvertrags mit dem Kläger hatte die M. AG mit der seinerzeit zuständigen Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) einen Haustarifvertrag geschlossen. In einem Überleitungstarifvertrag vom 13.12.1993 (ÜTV M.) ist auszugsweise folgendes geregelt worden:

11

"1. Manteltarifvertrag

12

Der Manteltarifvertrag für die ArbeitnehmerInnen der M. AG vom 30. August 1989 tritt am 31.12.1994 ohne Nachwirkung außer Kraft. Ab 01.01.1995 gelten die Branchentarifverträge einschließlich der Protokollnotizen in vollem Umfang.

13

14

8. Vorbehalt

15

Das Inkrafttreten dieser Vereinbarung steht unter dem Vorbehalt, daß der GBR der M. AG beschließt, die in § 6 der Gesamtbetriebsvereinbarung über die Einführung und Anwendung von Scannerkassen vom 30. November 1984 enthaltene Regelung über Erholzeiten an Scanner-Kassen-Arbeitsplätzen bei Weitergeltung dieser Vereinbarung im übrigen außer Kraft zu setzen.

16

17

10. Erklärungsfrist

18

Beide Parteien vereinbaren eine Erklärungsfrist bis zum 14.01.1994, 12:00 Uhr."

19

In einem ersten Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag vom 23.02.1995, gültig ab 01.05.1995, beförderte die M. AG den Kläger zum 1. Verkäufer. In Ziff. 4 des Vertrags wurde geregelt, dass der Kläger in Tarifgruppe RG III/5 eingruppiert wird und ein monatliches Tarifentgelt iHv. DM 3.484,-- erhält. Eine übertarifliche Zulage wurde nicht mehr vereinbart. Der weitere Wortlaut der Ziff. 4 ist mit der Klausel aus dem ersten Vertrag vom 30.03.1993 inhaltsgleich.

20

Mit Datum vom 21.06.2001 schloss der Kläger mit der r.,- SB-Warenhaus GmbH "in Abänderung des Arbeitsvertrags vom 23.02.1995" folgende Vereinbarung:

21

1. Mit Wirkung vom 11.06.2001 wird der Mitarbeiter in die Abteilung Getränke versetzt.

22

2. Unter Berücksichtigung der Arbeitszeit beträgt das Monatsentgelt des/der Mitarbeiter/in von diesem Tage bei unveränderter Eingruppierung, jedoch anteilig brutto monatlich

23

4.527,00 DM

24

und setzt sich wie folgt zusammen:

25

Tarifgehalt:

4.026,00 DM

evtl. übertarifliche Zulagen

  501,00 DM

Gesamt brutto

4.527,00 DM

26

Der über das Tarifentgelt hinausgehende und nicht ausdrücklich als nicht anrechenbar bezeichnete Betrag ist eine freiwillige Leistung von r.,- und kann auf Erhöhungen des Tarifentgeltes angerechnet werden

27
1. Alle übrigen Bestandteile des Arbeitsvertrages einschließlich der vorherigen Änderungen bleiben unberührt."

28

Eine weitere Änderungsvereinbarung vom 11.07.2005 liegt dem Kläger nicht mehr vor. In einem Schreiben der r.,- SB-Warenhaus GmbH vom 11.07.2005 heißt es:

29

"Zulage

..

30

hiermit bestätigen wir Ihnen, dass die in der Änderungsvereinbarung vom 11.07.2005 zum Arbeitsvertrag vom 23.02.1995 ausgewiesene Zulage in Höhe von Euro 195,00 als nicht anrechenbare Zulage behandelt wird und nicht widerrufbar ist.

31

Eine entsprechende Änderung des Änderungsvertrages erfolgt jeweils jährlich nach der Tariferhöhung.

32

…"

33

Am 01.07.2008 ging das Arbeitsverhältnis des Klägers im Wege eines Betriebsübergangs auf die Beklagte über. Obwohl die Beklagte nicht tarifgebunden ist, vergütete sie den Kläger bis einschließlich Juli 2013 nach den jeweiligen Gehaltssätzen der Gehaltsgruppe G III/5. Tätigkeitsjahr der Gehaltstarifverträge für die Angestellten im Einzelhandel in Rheinland-Pfalz. Außerdem gewährte sie dem Kläger eine "freiwillige Zulage" iHv. € 195,00 brutto.

34

In einem Schreiben vom 16.06.2011, das die Beklagte nicht nur an den Kläger, sondern an eine Vielzahl von Arbeitnehmern gerichtet hat, heißt es:

35

"Der Tarifvertrag wird weiter angewendet - Auch Ihr Gehalt soll steigen!

36

Sehr geehrter Herr A.,

37

wie Sie wissen, ist unser G. SB-Warenhaus in K. nicht tarifgebunden. Im August 2009 wurde gemeinsam mit dem Betriebsrat ein Betriebliches Bündnis geschlossen, in dem u.a. die Anwendung des rheinland-pfälzischen Einzelhandelstarifvertrages vereinbart wurde. Das Bündnis endet am 30.06.2011.

38

In diesem Jahr wurde von Seiten der Gewerkschaft ver.di in unserem Haus eine Tarifkommission gebildet, mit dem Ziel, die tariflichen Rahmenbedingungen in unserem Haus ab dem 01.07.2011 zu verhandeln. Diese Verhandlungen wurden am 14.06.2011 ohne Ergebnis beendet.

39

Wie geht es nun weiter?

40

Wenngleich wir in K. nicht tarifgebunden sind und bis dato weder mit ver.di noch mit unserem Betriebsrat eine gemeinsame Lösung zu finden war, geben wir Ihnen hiermit freiwillig folgende Zusicherung:

41

1. Wir werden Sie auch nach dem 30.06.2011 entsprechend den Regelungen des gültigen rheinland-pfälzischen Einzelhandelstarifvertrages vergüten.

42

2. Sobald in 2011 ein neuer Gehalts- und Lohntarifvertrag für den rheinland-pfälzischen Einzelhandel abgeschlossen ist, wird auch dieser neue Tarifvertrag mit den darin enthaltenen Regelungen - insbesondere den Lohn- und Gehaltserhöhungen - Anwendung auf Ihr Arbeitsverhältnis finden.

43

Sollten Sie hierzu Fragen haben, können Sie sich gerne an mich oder an das Personalbüro wenden.

44

Wir sind in unserem Hause auf einem sehr guten Weg. Mit dieser Zusage möchten wir Ihnen auch für Ihre Arbeit und Ihr Engagement danken. Nur gemeinsam können wir diesen Weg weiterhin erfolgreich gestalten. …"

45

Ab dem 01.08.2013 wurden die tariflichen Gehälter um 3 % angehoben, ab dem 01.05.2014 um weitere 2,1 %. Diese Gehaltssteigerungen gab die Beklagte nicht mehr an den Kläger weiter. Mit seiner im Juli 2014 erhobenen und im Februar 2015 erweiterten Klage verlangt der Kläger nach vergeblicher außergerichtlicher Geltendmachung die monatliche Differenz zwischen der tariflichen und der ihm tatsächlich gezahlten Vergütung für die Monate von August 2013 bis Februar 2014, außerdem von April bis Dezember 2014 sowie eine höhere Sonderzahlung für 2013 und 2014 und ein höheres Urlaubsgeld für 2014.

46

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, er besitze zwar keinen schriftlichen Arbeitsvertrag, der eine dynamische Verweisung auf die Gehaltstarifverträge des Einzelhandels in Rheinland-Pfalz enthalte. Sein Anspruch folge aber aus dem ÜTV M. vom 13.12.1993, weil dieser Tarifvertrag Inhalt seines Arbeitsvertrags geworden und zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs auf die Beklagte am 01.07.2008 noch gewesen sei. Der ÜTV M. beinhalte eine dynamische Verweisung auf die Tarifverträge im Einzelhandel in Rheinland-Pfalz, weil er die Formulierung enthalte, dass "die einschlägigen Branchentarifverträge in vollem Umfang gelten" sollen. Hiervon sei die Beklagte selbst ausgegangen, weil sie ihn seit dem Betriebsübergang jahrelang nach Tarif bezahlt habe. Sollte die Formulierung im ÜTV M. unklar sein, ginge dies nach der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten der Beklagten. Die dynamische Verweisung auf die Tarifverträge des rheinland-pfälzischen Einzelhandels sei durch den Betriebsübergang auf die Beklagte nicht statisch gestellt worden. Dies ergebe sich weder aus der "Werhof"- noch aus der "Alemo-Herron"-Entscheidung des EuGH. Im Übrigen seien die Mitarbeiter in dem Unterrichtungsschreiben gem. § 613a Abs. 5 BGB vom 08.05.2008 zum bevorstehenden Betriebsübergang vom Betriebsveräußerer r.,- fehlerhaft darüber informiert worden, dass die Beklagte tarifgebunden sei und die Tarifverträge für den Einzelhandel in Rheinland-Pfalz Anwendung fänden. Diese Information habe die Beklagte nicht richtig gestellt. Die Beklagte habe vor dem Betriebsübergang ua. in Gesprächen mit dem Betriebsrat stets betont, tarifgebunden zu sein; auch gegenüber der Gewerkschaft ver.di sei sie als tarifgebunden aufgetreten. Das Schreiben der Beklagten vom 16.06.2011 sei nur notwendig geworden, weil sie in der Phase des Betriebsübergangs und danach immer behauptet habe, tarifgebunden zu sein. Im Schreiben vom 16.06.2011 habe die Beklagte zugesichert, auch nach dem 30.06.2011 den gültigen rheinland-pfälzischen Einzelhandelstarifvertrag anzuwenden. Darüber hinaus habe sie den in 2011 neu abgeschlossenen Tarifvertrag ebenfalls ohne Einschränkung anwenden wollen.

47

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

48

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 595,63 brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.02.2014 zu zahlen,

49

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 1.025,80 brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten seit Zustellung der Klageerweiterung zu zahlen,

50

3. die Beklagte zu verurteilen, ihn ab Januar 2015 gemäß den Regelungen des Entgelttarifvertrags für den Einzelhandel Rheinland-Pfalz zu vergüten.

51

Die Beklagte hat beantragt,

52

die Klage abzuweisen.

53

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 05.02.2015 den Klageanträgen zu 1) und 2) stattgegeben und den Klageantrag zu 3) abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt, der Kläger könne die Gehaltsdifferenzen seit dem 01.08.2013 in rechnerisch unstreitiger Höhe nach dem Gehaltstarifvertrag für den Einzelhandel in Rheinland-Pfalz beanspruchen, weil er mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der r.,- SB-Warenhaus GmbH, eine entsprechende dynamische Bezugnahme vereinbart habe. Diese dynamische Bezugnahme gelte nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auch nach dem Betriebsübergang ab 01.07.2008 im Verhältnis zwischen den Parteien. Der Klageantrag zu 3) auf wiederkehrende Leistungen sei mangels eines bezifferten Klageantrags unzulässig.

54

Gegen das am 03.03.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 02.04.2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 03.06.2015 verlängerten Frist mit einem am 03.06.2015 eingegangenen Schriftsatz begründet.

55

Sie macht geltend, die Arbeitsverträge, die der Kläger mit ihren Rechtsvorgängerinnen abgeschlossen habe, enthielten keine dynamische Bezugnahmeklausel auf die Tarifverträge des Einzelhandels in Rheinland-Pfalz. Dies gestehe auch der Kläger ein. Selbst wenn die Arbeitsverträge mit der M. AG aus den Jahren 1993 und 1995 eine dynamische Bezugnahmeklausel enthalten sollten, wären sie als bloße Gleichstellungsabreden auszulegen. Die M. AG sei 1993 und 1995 Mitglied im Landesverband Einzelhandel Rheinland-Pfalz e.V. gewesen. Der Kläger behaupte selbst nicht, dass er mit der r.,- SB-Warenhaus GmbH eine dynamische Bezugnahmeklausel - weder ausdrücklich noch konkludent - vereinbart habe. Die gegenteilige Annahme des Arbeitsgerichts sei falsch. Im Übrigen wäre eine derartige Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede auszulegen. Außerdem habe das Arbeitsgericht die Auswirkungen der "Alemo-Herron"-Rechtsprechung des EuGH auf die Statischstellung von Bezugnahmeklauseln nach einem Betriebsübergang verkannt. Der Kläger könne die Klageansprüche nicht auf eine betriebliche Übung stützen. Die bislang weitergegebenen Tariferhöhungen begründeten keinen Anspruch auf dynamische Tarifanwendung in der Zukunft. Auch die entsprechende Angabe der Tarifgruppe auf der Gehaltsabrechnung führe nicht zu einem entsprechenden Anspruch. Der Kläger könne seine Ansprüche auch nicht aus dem ÜTV M. herleiten, denn dieser Tarifvertrag sei nie Bestandteil seines Arbeitsvertrags geworden. Es habe weder eine kongruente Tarifbindung bestanden noch enthalte der Arbeitsvertrag des Klägers eine entsprechende Bezugnahmeklausel. Außerdem stehe der ÜTV M. gem. Ziff. 8 bezüglich des Inkrafttretens unter einer aufschiebenden Bedingung (Aufhebung einer Gesamtbetriebsvereinbarung). Der Kläger habe das Inkrafttreten des ÜTV bzw. den Bedingungseintritt nicht dargelegt; vorsorglich werde dieser bestritten. Weiter sei von den Tarifvertragsparteien des ÜTV M. in Ziff. 10 eine Erklärungsfrist bis zum 14.01.1994 vereinbart worden. Der Kläger habe nicht vorgetragen, ob und in welcher Form diese Erklärung abgegeben worden sei. Im Übrigen enthalte der ÜTV M. selbst keinen Anspruch auf eine dynamische Tarifanwendung. Auch aus ihrem Schreiben vom 16.06.2011 könne der Kläger keinen Anspruch auf dynamische Tarifanwendung herleiten. Sie habe ihm lediglich mitgeteilt, dass sie die (eine) nächste Tariferhöhung weitergegeben werde (Wissensmitteilung). Weiter sei in dem Schreiben betont worden, dass die Weitergabe der Tariferhöhungen "auf freiwilliger Basis" erfolge. Schließlich habe das Arbeitsgericht ihre erstinstanzlichen Ausführungen zur fehlerhaften Berechnung der Klageforderung nicht berücksichtigt.

56

Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich,

57

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 05.02.2015, Az. 2 Ca 1286/14, abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

58

Der Kläger beantragt,

59

die Berufung zurückzuweisen.

60

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

61

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

62

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und auch ordnungsgemäß begründet worden.

II.

63

Die Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Das Urteil des Arbeitsgerichts ist aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung bzw. Weitergabe der nach dem 31.07.2013 in Kraft getretenen Erhöhungen der tariflichen Gehaltssätze für die Angestellten im Einzelhandel in Rheinland-Pfalz.

64

1. Ein Anspruch auf Vergütung nach den jeweils gültigen Gehaltstarifverträgen im Einzelhandel in Rheinland-Pfalz besteht nicht aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit (§§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 Satz 1 TVG), denn die Beklagte ist nicht Mitglied im Arbeitgeberverband. Der Gehaltstarifvertrag vom 17.12.2013, der eine Gehaltserhöhung in zwei Stufen vorsah (ab 01.08.2013 um 3 %, ab 01.05.2014 um 2,1 %), wurde zudem nicht für allgemeinverbindlich erklärt (§ 5 Abs. 4 TVG) (ebenso LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - Rn. 27; 16.12.2015 - 4 Sa 92/15 - Rn. 24; 28.06.2016 - 8 Sa 87/16 - Rn. 55).

65

2.  Ein Anspruch auf Weitergabe der Tariferhöhungen ab 01.08.2013 und ab 01.05.2014 lässt sich nicht aus dem Überleitungstarifvertrag zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der M. AG, und der damals zuständigen Gewerkschaft HBV vom 13.12.1993 (ÜTV M.) herleiten. Der Kläger hat bereits nicht vorgetragen, dass er zum Zeitpunkt des Abschlusses des ÜTV M. Mitglied der Gewerkschaft HBV gewesen ist. Er hat außerdem nicht schlüssig vorgetragen, dass der ÜTV M., der unter einer aufschiebenden Bedingung stand, gem. Ziff. 8 in Kraft getreten, noch dass die in Ziff. 10 vereinbarte Erklärung fristgerecht abgegeben worden ist.

66

Selbst wenn der ÜTV M. in Kraft getreten und seinerzeit infolge beiderseitiger Tarifbindung Ansprüche des Klägers auf tarifliche Vergütung begründet haben sollte, so umfassen diese Ansprüche nicht die erst nach dem Betriebsübergang auf die Beklagte nach dem 01.07.2008 in Kraft getretenen Gehaltstarifverträge. Zwar werden nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB die Normen eines beim ehemaligen Betriebsinhaber angewendeten Tarifvertrags Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer und dem neuen Betriebsinhaber. Die Tarifvertragsnormen gelten jedoch ausschließlich statisch in ihrer im Zeitpunkt des Übergangs geltenden Fassung fort. Verändert sich nach dem Betriebsübergang die Tarifnorm, deren Regelung in das Arbeitsverhältnis übergegangen ist, so nimmt die übergegangene Regelung hieran nicht mehr teil. Verweist die übergegangene Tarifregelung ihrerseits auf andere normative Regelungen, die sich weiterentwickeln, so wird deren Stand zur Zeit des Betriebsübergangs zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses. Lediglich eine in der statisch fortgeltenden Norm selbst angelegte Dynamik bleibt aufrechterhalten. Diese Dynamik umfasst nur solche tarifliche Vergütungserhöhungen, die bereits im Zeitpunkt des Betriebsübergangs vereinbart waren (vgl. BAG 14.11.2007 - 4 AZR 828/06 - Rn. 16, 17), was bei den vorliegend streitgegenständlichen Gehaltssteigerungen ab 01.08.2013 und 01.04.2014 zweifellos nicht der Fall war (so auch LAG Rheinland-Pfalz 28.06.2016 - 8 Sa 87/16 - Rn. 57 mwN).

67

3.  Der Kläger kann sich zur Begründung der streitgegenständlichen Ansprüche auch nicht mit Erfolg auf die Regelungen in seinem Arbeitsvertrag vom 30.03.1993 oder in den Änderungsverträgen vom 23.02.1995 sowie vom 21.06.2001 berufen.

68

a) In diesen Verträgen ist zwar eine dynamische Anwendung von Tarifverträgen vereinbart worden. Bei den vertraglichen Bestimmungen handelt es sich schon nach dem äußeren Erscheinungsbild um Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Berufungskammer folgt, darf der durchschnittliche Arbeitnehmer bei Formulierungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei einer Verknüpfung von einem festen Entgeltbetrag und dessen Bezeichnung als Tarifgehalt idR redlicherweise davon ausgehen, der in der Klausel festgehaltene Betrag werde nicht für die Dauer des Arbeitsverhältnisses statisch sein, sondern solle sich entsprechend den tariflichen Entwicklungen des maßgebenden Tarifvertrags verändern. Ein redlicher Arbeitgeber würde - wenn er die von ihm gestellte Klausel nicht so verstanden wissen wollte - die Bezeichnung als Tarifentgelt unterlassen, um klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen (vgl. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), dass er nicht „nach Tarif“ zahlen will, sondern sich das vereinbarte Entgelt ausschließlich nach den konkret bezifferten Parteivereinbarungen richten soll (vgl. nur BAG 25.01.2017 - 4 AZR 517/15 - Rn. 42 mwN). Auch aus der Formulierung, dass mit dieser Regelung sämtliche aus dem jeweils geltenden Tarifvertrag sich ergebenden Entgeltansprüche, insbesondere auch solche aus Tariferhöhungen oder Veränderungen der tariflichen Eingruppierung oder Einstufung abgegolten sind, soweit die vereinbarten Gesamtbezüge die tariflichen Ansprüche nicht unterschreiten, folgt, dass sich die Rechtsvorgängerin der Beklagten zur Zahlung des jeweiligen Tarifentgelts verpflichten wollte.

69

b) Die Verträge vom 30.03.1993, 23.02.1995 sowie vom 21.06.2001 sind nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Berufungskammer folgt, als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen, weil sie vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 01.01.2002 vereinbart worden sind (vgl. BAG 11.12.2013 - 4 AZR 473/12 - Rn. 15 mwN; LAG Rheinland-Pfalz 28.06.2016 - 8 Sa 87/16 - Rn. 60ff. mwN). Ihre Dynamik endete daher mit dem Betriebsübergang am 01.07.2008.

70

Eine Änderungsvereinbarung vom 11.07.2005, auf die der Geschäftsleiter der r.,- SB Warenhaus GmbH in seinem Schreiben vom 11.07.2005 ausdrücklich Bezug nimmt, liegt dem Kläger nicht mehr vor. Die Beklagte ist der Aufforderung des Berufungsgerichts, sämtliche Arbeitsverträge mit dem Kläger vorzulegen, nicht nachgekommen. Zur Urkundenvorlegung zum Zwecke bloßer Informationsgewinnung war die Beklagte prozessual nicht verpflichtet (vgl. BGH 27.05.2014 - XI ZR 264/13 - Rn. 29 mwN), weil der Kläger zum konkreten Inhalt des Änderungsvertrags vom 11.07.2005 nichts vorgetragen hat.

71

Bei sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, ist die arbeitsvertragliche Verweisung (in Verträgen vor dem 01.01.2002) auf die „jeweils geltenden“ Tarifverträge einschränkend dahin auszulegen, dass die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik nur so weit reicht, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reichen würde. Sie endet, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls seiner Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden ist (vgl. BAG 05.09.2012 - 4 AZR 753/10 - Rn. 25 mwN). Ab diesem Zeitpunkt sind die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch anzuwenden. In Anwendung dieser Grundsätze lässt sich eine Verpflichtung der nicht tarifgebundenen Beklagten als Betriebsübernehmerin zur tariflichen Dynamisierung des Gehalts nach erfolgtem Betriebsübergang ab 01.07.2008 aus den arbeitsvertraglichen Regelungen vor dem 01.01.2002 nicht herleiten (ebenso LAG Rheinland-Pfalz 28.06.2016 - 8 Sa 87/16 - Rn. 60 ff. mwN). Auf die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 27.04.2017 (EuGH C-680/15 - Asklepios-Kliniken) zur Fortgeltung einer dynamischen Verweisungsklausel nach Betriebsübergang kommt es nicht an.

72

4. Eine betriebliche Übung dahingehend, tarifliche Gehaltserhöhungen stets voll zu übernehmen, ist bei der Beklagten nicht entstanden.

73

a) Zwar hat die nicht tarifgebundene Beklagte seit Betriebsübergang ab 01.07.2008 bis zum 31.07.2013 die tariflichen Gehaltserhöhungen an ihre Angestellten weitergegeben. Die bloße langjährige Anpassung der Gehälter entsprechend der jeweiligen tarifvertraglichen Erhöhung nebst Mitteilung hierüber an die Arbeitnehmer reicht nicht aus, um eine Bindung auch für künftige Fälle tariflicher Gehaltserhöhungen zu begründen (vgl. BAG 09.02.2005 - 5 AZR 284/04 - Rn. 18 ff.). Bei einem nichttarifgebundenen Arbeitgeber - wie der Beklagten - kann eine betriebliche Übung der Erhöhung der Löhne und Gehälter entsprechend der Tarifentwicklung in einem bestimmten Tarifgebiet nur angenommen werden, wenn es deutliche Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitgebers dafür gibt, dass er auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariflohnerhöhungen übernehmen will. Denn ein nichttarifgebundener Arbeitgeber will sich grundsätzlich nicht für die Zukunft der Regelungsmacht der Verbände unterwerfen. Dies ist gerade Sinn des nicht erfolgten Beitritts zu einem Arbeitgeberverband (so auch LAG Rheinland-Pfalz 28.06.2016 - 8 Sa 87/16 - Rn. 31).

74

b) Vorliegend fehlt es im Verhalten der Beklagten an deutlichen Anhaltspunkten dafür, die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariflohnerhöhungen auf Dauer übernehmen zu wollen.

75

aa) Keine diesbezüglichen Anhaltspunkte ergeben sich aus dem Unterrichtungsschreiben gem. § 613a Abs. 5 BGB vom 08.05.2008, das der Kläger im Streitfall nicht vorgelegt hat. Dieses Schreiben, das von der r.,- SB Warenhaus GmbH stammen soll, soll die falsche Information enthalten, die Beklagte sei tarifgebunden, so dass die Tarifverträge des Einzelhandels in Rheinland-Pfalz weiter Anwendung fänden. Eine fehlerhafte Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB führt nicht zu der Rechtsfolge, dass die Beklagte Tariferhöhungen an die Arbeitnehmer weitergeben müsste, obwohl sie nicht tarifgebunden ist. Zwar kann eine falsche Information Schadensersatzansprüche gegen den bisherigen oder den neuen Betriebsinhaber auslösen. Ein Arbeitnehmer, der sich auf eine fehlerhafte Unterrichtung beruft, kann verlangen, so gestellt zu werden, wie er gestanden hätte, wenn er richtig informiert worden wäre. Dafür muss er vortragen und beweisen, dass ihm infolge der mangelhaften Unterrichtung der geltend gemachte Schaden entstanden ist (vgl. BAG 20.03.2008 - 8 AZR 1022/06 - Rn. 52 ff. mwN; BAG 09.12.2010 - 8 AZR 592/08 - Rn. 30, 31). Unabhängig davon, dass der Kläger im Streitfall gegen die Beklagte keinen Schadensersatzanspruch geltend macht, mangelt es an jeglichem Vortrag, wie er sich bei einer ordnungsgemäßen Unterrichtung verhalten hätte.

76

bb) Auch der erstinstanzliche Vortrag des Klägers, die Beklagte habe "während der Phase des Betriebsübergangs sowie danach immer behauptet", tarifgebunden zu sein; die Beklagte habe sowohl den Beschäftigten und dem Betriebsrat als auch der Gewerkschaft ver.di eine Tarifbindung "vorgegaukelt", lässt nicht den Rückschluss zu, dass die Beklagte den Willen hatte, jede künftige tarifliche Entgeltsteigerung auf Dauer an den Kläger weiterzugeben.

77

cc) Ebenso wenig ergeben sich aus dem Inhalt des Schreibens der Beklagten vom 16.06.2011 deutliche Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte künftig auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariferhöhungen übernehmen wollte. Die in diesem Schreiben enthaltene Zusicherung einer tariflichen Vergütung bezieht sich auf den seinerzeit gültigen sowie auf den darauffolgenden Gehaltstarifvertrag, wie aufgrund der drucktechnisch hervorgehobenen Formulierungen in Ziff. 1 und Ziff. 2 des Schreibens vom 16.06.2011 unmissverständlich deutlich wird. Auch der Gesamtkontext des Schreibens lässt keine andere Beurteilung zu. Vielmehr weist die Beklagte im ersten und zweiten Absatz des Schreibens gerade auf ihre fehlende Tarifbindung und die Ergebnislosigkeit der Verhandlungen der Tarifkommission hin, was ihren fehlenden Willen, sich - unabhängig von einer Tarifbindung - dauerhaft einer tarifdynamischen Gehaltsentwicklung zu unterwerfen, zusätzlich verdeutlicht. Überdies unterstreicht der im Vorspann zu der in Ziff. 1 und Ziff. 2 des Schreibens getroffenen Zusage enthaltene Hinweis, dass „bis dato“ eine gemeinsame Lösung weder mit ver.di noch mit dem Betriebsrat gefunden worden sei iVm. dem Verweis auf die Freiwilligkeit der Zusage, dass eine dauerhafte Bindung an die tarifliche Entwicklung bislang weder vereinbart worden, noch zukunftsbezogen gewollt ist. Der Inhalt des Schreibens vom 16.06.2011, das die Beklagte nicht nur an den Kläger, sondern an eine Vielzahl von Arbeitnehmern gerichtet hat, ist auch nicht unklar iSv. § 305c Abs. 2 BGB, sondern eindeutig (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 28.06.2016 - 8 Sa 87/16 - Rn. 67 ff. mwN).

III.

78

Der Kläger hat nach § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

79

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 613a Rechte und Pflichten bei Betriebsübergang


(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rec

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305 Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag


(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305c Überraschende und mehrdeutige Klauseln


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 3 Tarifgebundenheit


(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist. (2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, der

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 5 Allgemeinverbindlichkeit


(1) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann einen Tarifvertrag im Einvernehmen mit einem aus je drei Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bestehenden Ausschuss (Tarifausschuss) auf gemeinsamen Antrag de

Referenzen - Urteile

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 11. Jan. 2018 - 5 Sa 160/15 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 11. Jan. 2018 - 5 Sa 160/15 zitiert 6 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

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Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 13. Juli 2015 - 2 Sa 437/15 - insoweit aufgehoben, als es die Berufung der Beklagten gegen das Urt

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 28. Juni 2016 - 8 Sa 87/16

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weitere Fundstellen ... Tenor 1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 14.01.2016 - Az.: 2 Ca 1091/15 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Mai 2014 - XI ZR 264/13

bei uns veröffentlicht am 27.05.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil XI ZR264/13 Verkündet am: 27. Mai 2014 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 810 Fall 2 1

Bundesarbeitsgericht Urteil, 11. Dez. 2013 - 4 AZR 473/12

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Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 14. März 2012 - 4 Sa 12/10 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 05. Sept. 2012 - 4 AZR 753/10

bei uns veröffentlicht am 05.09.2012

Tenor 1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 8. September 2010 - 3 Sa 81/09 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 09. Dez. 2010 - 8 AZR 592/08

bei uns veröffentlicht am 09.12.2010

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 30. April 2008 - 7 Sa 586/07 - aufgehoben.

Referenzen

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.

(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.

(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.

(1) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann einen Tarifvertrag im Einvernehmen mit einem aus je drei Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bestehenden Ausschuss (Tarifausschuss) auf gemeinsamen Antrag der Tarifvertragsparteien für allgemeinverbindlich erklären, wenn die Allgemeinverbindlicherklärung im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Die Allgemeinverbindlicherklärung erscheint in der Regel im öffentlichen Interesse geboten, wenn

1.
der Tarifvertrag in seinem Geltungsbereich für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen überwiegende Bedeutung erlangt hat oder
2.
die Absicherung der Wirksamkeit der tarifvertraglichen Normsetzung gegen die Folgen wirtschaftlicher Fehlentwicklung eine Allgemeinverbindlicherklärung verlangt.

(1a) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann einen Tarifvertrag über eine gemeinsame Einrichtung zur Sicherung ihrer Funktionsfähigkeit im Einvernehmen mit dem Tarifausschuss auf gemeinsamen Antrag der Tarifvertragsparteien für allgemeinverbindlich erklären, wenn der Tarifvertrag die Einziehung von Beiträgen und die Gewährung von Leistungen durch eine gemeinsame Einrichtung mit folgenden Gegenständen regelt:

1.
den Erholungsurlaub, ein Urlaubsgeld oder ein zusätzliches Urlaubsgeld,
2.
eine betriebliche Altersversorgung im Sinne des Betriebsrentengesetzes,
3.
die Vergütung der Auszubildenden oder die Ausbildung in überbetrieblichen Bildungsstätten,
4.
eine zusätzliche betriebliche oder überbetriebliche Vermögensbildung der Arbeitnehmer,
5.
Lohnausgleich bei Arbeitszeitausfall, Arbeitszeitverkürzung oder Arbeitszeitverlängerung.
Der Tarifvertrag kann alle mit dem Beitragseinzug und der Leistungsgewährung in Zusammenhang stehenden Rechte und Pflichten einschließlich der dem Verfahren zugrunde liegenden Ansprüche der Arbeitnehmer und Pflichten der Arbeitgeber regeln. § 7 Absatz 2 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes findet entsprechende Anwendung.

(2) Vor der Entscheidung über den Antrag ist Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die von der Allgemeinverbindlicherklärung betroffen werden würden, den am Ausgang des Verfahrens interessierten Gewerkschaften und Vereinigungen der Arbeitgeber sowie den obersten Arbeitsbehörden der Länder, auf deren Bereich sich der Tarifvertrag erstreckt, Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme sowie zur Äußerung in einer mündlichen und öffentlichen Verhandlung zu geben. In begründeten Fällen kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Teilnahme an der Verhandlung mittels Video- oder Telefonkonferenz vorsehen.

(3) Erhebt die oberste Arbeitsbehörde eines beteiligten Landes Einspruch gegen die beantragte Allgemeinverbindlicherklärung, so kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales dem Antrag nur mit Zustimmung der Bundesregierung stattgeben.

(4) Mit der Allgemeinverbindlicherklärung erfassen die Rechtsnormen des Tarifvertrags in seinem Geltungsbereich auch die bisher nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Ein nach Absatz 1a für allgemeinverbindlich erklärter Tarifvertrag ist vom Arbeitgeber auch dann einzuhalten, wenn er nach § 3 an einen anderen Tarifvertrag gebunden ist.

(5) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann die Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrags im Einvernehmen mit dem in Absatz 1 genannten Ausschuß aufheben, wenn die Aufhebung im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend. Im übrigen endet die Allgemeinverbindlichkeit eines Tarifvertrags mit dessen Ablauf.

(6) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann der obersten Arbeitsbehörde eines Landes für einzelne Fälle das Recht zur Allgemeinverbindlicherklärung sowie zur Aufhebung der Allgemeinverbindlichkeit übertragen.

(7) Die Allgemeinverbindlicherklärung und die Aufhebung der Allgemeinverbindlichkeit bedürfen der öffentlichen Bekanntmachung. Die Bekanntmachung umfasst auch die von der Allgemeinverbindlicherklärung erfassten Rechtsnormen des Tarifvertrages.

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Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 14.01.2016 - Az.: 2 Ca 1091/15 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über von der Klägerin gegenüber der Beklagten geltend gemachte Ansprüche auf Weitergabe einer Tariflohnerhöhung.

2

Der Einkaufsmarkt, in dem die Klägerin beschäftigt ist, wurde ursprünglich von der M. AG, einer der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten, betrieben. Unter dem 13.12.1993 schlossen die M. AG und die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen einen Überleitungsvertrag ab, dem zufolge mit Wirkung ab dem 01.01.1995 nicht mehr der damals im Betrieb geltende Haustarifvertrag, sondern die einschlägigen Branchentarifverträge gelten sollten.

3

Die Klägerin ist bei der Beklagten bzw. einer weiteren Rechtsvorgängerin der Beklagten – der r.,- SB Warenhaus GmbH – seit dem 02.11.2001 als Kassiererin im r.-Einkaufsmarkt (später G.) in A-Stadt beschäftigt. Im mit der tarifgebundenen Firma r.,- SB Warenhaus GmbH abgeschlossenen Arbeitsvertrag der Klägerin vom 02.11.2001 ist in Ziffer 3 geregelt:

4

„Auf das Arbeitsverhältnis finden die jeweils geltenden Tarifverträge des Einzelhandels in der jeweils gültigen Fassung sowie die jeweils geltenden Gesamtbetriebsvereinbarungen bzw. Betriebsvereinbarungen in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.“

5

Wegen des weiteren Inhalts der arbeitsvertraglichen Vereinbarung wird auf den Arbeitsvertrag vom 02.11.2001 (Anlage zur Klageschrift, Bl. 12 f. d. A.) verwiesen.

6

Die nicht tarifgebundene Beklagte vergütete die Klägerin bis einschließlich Juli 2013 nach den jeweiligen Entgeltsätzen der Gehaltsgruppe II/6. Tätigkeitsjahr des Gehaltstarifvertrages für die Beschäftigten des Einzel- und Versandhandels in Rheinland-Pfalz (im Folgenden: Gehalts-TV). Die im August 2013 und im Mai 2014 in Kraft getretenen Tariflohnerhöhungen gab die Beklagte indessen nicht mehr an die Klägerin weiter.

7

Anlässlich des bevorstehenden Betriebsübergangs von r.,- auf die Beklagte informierte r.,- die Arbeitnehmer mit Schreiben vom 08.05.2008 darüber, dass der Betriebserwerber - die Beklagte - tarifgebunden sei und die Tarifverträge für den Einzelhandel in Rheinland-Pfalz Anwendung fänden. Zum 01.07.2008 ging der Betrieb von der Firma r.,- im Wege des Betriebsübergangs auf die Beklagte über.

8

Mit Schreiben vom 16.06.2011 (Anlage zur Klageschrift, Bl. 8 d. A.) wandte sich die Beklagte an die Beschäftigten, unter anderem auch an die Klägerin, und wies darauf hin, dass die Beklagte in A-Stadt nicht tarifgebunden sei. Dieses Schreiben lautet auszugsweise wie folgt:

9

„Der Tarifvertrag wird weiter angewendet – Auch Ihr Gehalt soll steigen!

10

Sehr geehrte Frau A.,
wie Sie wissen, ist unser G. SB-Warenhaus in A-Stadt nicht tarifgebunden. Im August 2009 wurde gemeinsam mit dem Betriebsrat ein Betriebliches Bündnis geschlossen, in dem u.a. die Anwendung des rheinland-pfälzischen Einzelhandelstarifvertrages vereinbart wurde. Das Bündnis endet am 30.06.2011.

11

In diesem Jahr wurde von Seiten der Gewerkschaft ver.di in unserem Haus eine Tarifkommission gebildet, mit dem Ziel, die tariflichen Rahmenbedingungen in unserem Haus ab dem 01.07.2011 zu verhandeln. Diese Verhandlungen wurden am 14.06.2011 ohne Ergebnis beendet.

12

Wie geht es nun weiter?

13

Wenngleich wir in A-Stadt nicht tarifgebunden sind und bis dato weder mit ver.di noch mit unserem Betriebsrat eine gemeinsame Lösung zu finden war, geben wir Ihnen hiermit freiwillig folgende Zusicherung:

14

1. Wir werden Sie auch nach dem 30.06.2011 entsprechend den Regelungen des gültigen rheinland-pfälzischen Einzelhandelstarifvertrages vergüten.

15

2. Sobald in 2011 ein neuer Gehalts- und Lohntarifvertrag für den rheinland-pfälzischen Einzelhandel abgeschlossen ist, wird auch dieser neue Tarifvertrag mit den darin enthaltenen Regelungen – insbesondere den Lohn- und Gehaltserhöhungen – Anwendung auf Ihr Arbeitsverhältnis finden."

16

Mit Schreiben vom 12.09.2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Zusage vom 16.06.2011 auch selbstverständlich für den Manteltarifvertrag des rheinland-pfälzischen Einzelhandels gelte.

17

Ab dem 01.08.2013 wurden die tariflichen Gehälter um 3 % angehoben und ab dem 01.05.2014 um weitere 2,1 %. Diese Gehaltssteigerungen wurden nicht mehr an die Klägerin sowie die anderen in der Betriebsstätte A-Stadt beschäftigten Arbeitnehmer weitergegeben.

18

Die Klägerin hat die Zahlung dieser Tariflohnerhöhungen mit Schreiben vom 07.03.2014 (Anlage zur Klageschrift, Bl. 10 d. A.) gegenüber der Beklagten schriftlich geltend gemacht. Das formularmäßig vorgefertigte Schreiben hat u.a. folgenden Wortlaut:

19

"Geltendmachung des aktuellen Tarifvertrages Einzelhandel Rheinlandpfalz

20

Tariferhöhung Rückwirkend zum 01.08.2013 von 3 % sowie die zu erwartende Erhöhung von 2,1 % ab 01.05.14.

21

Sehr geehrter Herr W.
Ich möchte sie bitten mir die vorgenannte Tariferhöhung mit der nächsten Gehaltsauszahlung auszuzahlen.

22

Meinen Anspruch mache ich geltend auf Basis des von Ihnen an mich gesendeten Schreibens vom 16.06.2011 zum Gehaltstarifvertrag sowie dem Schreiben vom 12.09.11, zum Manteltarifvertrag Einzelhandel Rheinland-Pfalz.

23

Ebenso ergibt sich der Anspruch aus meinem Arbeitsvertrag, der eine dynamische Verweisklausel enthält. Der Gesamtbetrag der Geltendmachung beläuft sich auf 408,55 Euro.

24

Ich bitte sie mir bis zum ________ meinen Anspruch zu bestätigen."

25

Die Beklagte hat die geltend gemachten Ansprüche mit Schreiben vom 18.03.2014 (Anlage zur Klageschrift, Bl. 9 d. A.) zurückgewiesen.

26

Die Klägerin hat vorgetragen:

27

Die Beklagte habe gegenüber dem Betriebsrat vor dem Betriebsübergang mehrfach betont, tarifgebunden zu sein.

28

Sie sei der Auffassung, sie habe Anspruch darauf, auch über den 31.07.2013 hinaus weiterhin nach Maßgabe des für den Einzelhandel Rheinland-Pfalz in seiner jeweiligen Fassung geltenden Tarifvertrags vergütet zu werden. Dies ergebe sich bereits aus dem Arbeitsvertrag, der eine dynamische Bezugnahme auf die Tarifgehaltsbestimmungen enthalte. Zudem habe die Beklagte mit Schreiben vom 16.06.2011 und vom 12.09.2011 ausdrücklich die tarifliche Bezahlung nicht nur für die seinerzeit bevorstehende Lohnrunde 2011, sondern auch für einen etwa nachfolgenden neuen Tarifvertrag bestätigt.

29

Die arbeitsvertraglichen und tariflichen Ausschlussfristen seien durch das Geltendmachungsschreiben vom 07.03.2014 auch zukunftsbezogen gewahrt.

30

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

31

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 408,55 Euro brutto, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 19.03.2014 zu zahlen.

32

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.092,74 Euro brutto, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Klagezustellung zu zahlen.

33

Die Beklagte hat beantragt,

34

die Klage abzuweisen.

35

Die Beklagte hat die Ansicht geäußert, die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel stelle lediglich eine Gleichstellungsabrede dar und führe lediglich zu einer statischen, nicht jedoch zu einer dynamischen Tarifanwendung. Ein Anspruch ergebe sich auch weder aus den bisher weitergegebenen Tariferhöhungen, noch aus dem Schreiben vom 16.06.2011 oder dem Schreiben vom 12.09.2011, da sich hieraus kein Wille ihrerseits herleiten lasse, sich auf Dauer an die Tarifentwicklung binden zu wollen.

36

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat die Klage durch Urteil vom 14.01.2016 – Az. 2 Ca 1091/15 – mit der Begründung abgewiesen, der Klägerin stehe ein Anspruch auf die begehrten Tariflohnerhöhungen nach dem 31.07.2013 nicht zu, da die Beklagte weder tarifgebunden, noch der Tarifvertrag allgemeinverbindlich sei. Ein Anspruch auf Weitergabe von Tariflohnerhöhungen lasse sich auch nicht aus dem Überleitungstarifvertrag zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten und der seinerzeit zuständigen Gewerkschaft HBV vom 13.12.1993 herleiten. Auf das Urteil des Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 14. Oktober 2015 - 4 Sa 478/14 - werde Bezug genommen. Auch auf Ziffer 4 des Arbeitsvertrags könne sich die Klägerin nicht berufen. Insoweit liege eine sogenannte Gleichstellungsabrede vor. Die dynamische Anwendung der tariflichen Entgeltbestimmungen habe aufgrund des Wegfalls der arbeitgeberseitigen Tarifgebundenheit infolge des Betriebsübergangs auf die Beklagte geendet. Auch eine betriebliche Übung liege nicht vor. Aus dem Schreiben der Beklagten vom 16.06.2011 ergäben sich ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariflohnerhöhungen habe übernehmen wollen. Auch insoweit folge die Kammer der Auffassung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz in der zitierten Entscheidung.

37

Die Klägerin hat gegen das ihr am 10.02.2016 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Az. 2 Ca 1091/15 – mit am 09.03.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag Berufung eingelegt und diese mit am Montag, dem 11.04.2016, beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 08.04.2016 begründet.

38

Die Klägerin ist der Auffassung,
das Arbeitsgericht habe verkannt, dass das Schreiben vom 16.06.2011 nur dahingehend verstanden werden könne, dass sie zukünftig dauerhaft an der Tarifentwicklung teilnehmen solle. Eine Einschränkung auf die Tarifrunde 2011 lasse sich der Zusicherung gerade nicht entnehmen. Jedenfalls greife die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB mit der Folge, dass eine arbeitnehmerfreundliche Auslegung zu erfolgen habe, was zu einer dynamischen Anwendbarkeit des Gehaltstarifvertrages führe. Auch sei entgegen der rechtlichen Würdigung durch das Arbeitsgericht durch die jahrelange tatsächliche Weitergabe der Tariflohnerhöhungen, verbunden mit der permanenten Suggestion, dass das Unternehmen tarifgebunden sei, eine betriebliche Übung entstanden. Die Umstände, dass die Beklagte bis 2011 stets den Eindruck erweckt habe, tarifgebunden zu sein, und sich bis zum streitgegenständlichen Zeitraum vollumfänglich an die Tarifverträge gehalten habe, seien weitere Anhaltspunkte dafür, dass die entsprechende Tarifbindung auch weiter gelten müsse.

39

Wegen der weiteren Ausführungen zur Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz vom 08.04.2016 (Bl. 129-135 d. A.) Bezug genommen.

40

Die Klägerin beantragt zuletzt,

41

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 14.01.2016, Aktenzeichen 2 Ca 1091/15

42

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 408,55 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 19.03.1014 zu zahlen.

43

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.092,74 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Klagezustellung zu zahlen.

44

Die Beklagte beantragt,

45

die Berufung zurückzuweisen.

46

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und führt hierzu aus:

47

Die Berufungsbegründung sei ihrer Auffassung nach jedenfalls deswegen unzulässig, da sie sich mit einem anderen Urteil auseinandersetze.

48

Das Arbeitsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin bereits eine Bindung an den Überleitungstarifvertrag nicht substantiiert dargelegt habe. Ob dieser Überleitungstarifvertrag aufgrund der darin geregelten aufschiebenden Bedingungen überhaupt in Kraft getreten ist, sei von der Klägerin nicht vorgetragen worden. Im Übrigen wäre der Überleitungsvertrag durch die nachfolgenden Betriebsübergänge ebenfalls statisch gestellt worden. Da Ziff. 4 des Arbeitsvertrages nach ihrem Verständnis als Gleichstellungsabrede einzuordnen sei und die Tarifbindung der Arbeitgeberin mit dem Betriebsübergang auf ihre Person geendet habe, sei ab diesem Zeitpunkt eine Statischstellung erfolgt. Die Statischstellung ab dem Betriebsübergang auf sie – die Beklagte – ergebe sich überdies aus der Werhof-Entscheidung sowie der Alemo-Herron-Entscheidung des EuGH. Aus dem Schreiben vom 16.06.2011 lasse sich durch die Verwendung der Singularform und die Eingrenzung des Zeitraums eindeutig entnehmen, dass nur eine einzige Tariferhöhung habe weitergegeben werden sollen. Eine Heranziehung des § 305c BGB verbiete sich aufgrund der Eindeutigkeit der im Schreiben vom 16.06.2011 getroffenen Zusage. Durch das Schreiben vom 12.09.2011 sei die Zusicherung der Anwendung des seinerzeit gültigen und des darauf folgenden Gehaltstarifvertrags lediglich auch auf den Manteltarifvertrag erweitert worden. Das Schreiben vom 08.05.2008 könne als reine Wissenserklärung nicht als Anspruchsgrundlage dienen. Eine betriebliche Übung sei mangels deutlicher Anhaltspunkte dafür, dass sie die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariferhöhungen auf Dauer habe übernehmen wollen, nicht entstanden. Hilfsweise berufe sie sich auf die arbeitsvertraglichen und tariflichen Ausschlussfristen, wonach jedenfalls die für August 2013 geltend gemachten Ansprüche verfallen seien. Ebenfalls verfallen seien die Ansprüche März 2014 bis Februar 2015, da diese Ansprüche erstmals mit der Klageerhebung am 04.09.2015 geltend gemacht worden seien.

49

Hinsichtlich des Sachvortrags zur Berufungserwiderung wird ergänzend auf den Schriftsatz vom 13.05.2016 (Bl. 145-154 d. A.) verwiesen.

50

Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

51

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

52

Insbesondere hat sich der Kläger in einer noch den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO genügenden Weise mit den Entscheidungsgründen des streitgegenständlichen Urteils auseinandergesetzt. Zwar ist der Beklagten beizupflichten, dass ein Teil der Ausführungen des Klägers augenscheinlich auf ein Parallelverfahren Bezug nimmt. Jedoch befassen sich wesentliche Elemente der Berufungsbegründung auch mit dem angegriffenen Urteil: So behandelt der Kläger in seinen Ausführungen die, aus dessen Sicht unzutreffende, richterliche Würdigung des Schreibens vom 30.06.2011. Die rechtliche Wertung des Schreibens vom 30.06.2011 ist auch Gegenstand der Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils (s. S. 4 der Entscheidungsgründe). Im Übrigen setzt sich die Berufungsbegründung kritisch mit der gerichtlichen Verneinung der Entstehung einer betrieblichen Übung auseinander. Diese Problematik hat – entgegen den Ausführungen der Beklagten – auf S. 4 des angegriffenen Urteils ebenfalls Erwähnung gefunden.

B.

53

Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage vielmehr zu Recht abgewiesen.

I.

54

Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung bzw. Weitergabe der nach dem 31.07.2013 in Kraft getretenen Erhöhungen der tariflichen Vergütung für die Beschäftigten des Einzelhandels in Rheinland-Pfalz.

55

1. Die Klägerin kann ihr Zahlungsbegehren zunächst nicht unmittelbar und allein auf den maßgeblichen Gehaltstarifvertrag stützen. Dieser ist nicht allgemeinverbindlich und findet wegen der fehlenden Organisationszugehörigkeit der Beklagten auch nicht infolge beiderseitiger Tarifbindung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 – JURIS Rn. 27), was die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung auch zugesteht.

56

2. Ein Anspruch auf Weitergabe von Tariferhöhungen lässt sich auch nicht aus dem Überleitungstarifvertrag zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten und der seinerzeit zuständigen Gewerkschaft HBV vom 13.12.1993 herleiten.

57

Selbst wenn dieser, was die Beklagte bestritten hat, in Kraft getreten ist, und seinerzeit infolge beiderseitiger Tarifbindung Ansprüche der Klägerin auf tarifliche Vergütung begründet hat, so umfassen diese Ansprüche der Klägerin nicht die erst nach dem Betriebsübergang auf die Beklagte in Kraft getretenen Gehaltstarifverträge. Zwar werden nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB die Normen eines beim ehemaligen Betriebsinhaber angewendeten Tarifvertrages Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer und dem neuen Betriebsinhaber. Die Tarifvertragsnormen gelten jedoch ausschließlich statisch in ihrer im Zeitpunkt des Übergangs geltenden Fassung fort. Verändert sich nach dem Betriebsübergang die Tarifnorm, deren Regelung in das Arbeitsverhältnis übergegangen ist, so nimmt die übergegangene Regelung hieran nicht mehr teil. Verweist die übergegangene Tarifregelung ihrerseits auf andere normative Regelungen, die sich weiterentwickeln, so wird deren Stand zur Zeit des Betriebsübergangs zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses. Lediglich eine in der statisch fortgeltenden Norm selbst angelegte Dynamik bleibt aufrechterhalten. Diese Dynamik umfasst nur solche Tarifgehaltserhöhungen, die bereits im Zeitpunkt des Betriebsübergangs vereinbart waren (vgl. BAG v. 14.11.2007 - 4 AZR 828/06 - AP Nr. 334 zu § 613a BGB), was bei den vorliegend streitgegenständlichen Gehaltssteigerungen zweifellos nicht der Fall war (so LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 – JURIS Rn. 28).

58

3. Die Klägerin kann sich zur Begründung der streitgegenständlichen Ansprüche auch nicht mit Erfolg auf die Regelungen in Ziffer 3 oder Ziffer 5 ihres Arbeitsvertrages berufen.

59

a) Zwar enthält der Arbeitsvertrag in Ziff. 3 unzweifelhaft eine zeitdynamische Verweisung auf die jeweils geltenden Tarifverträge des Einzelhandels. Eine tarifdynamische Gehaltszusage ergibt sich überdies aus einer Auslegung der Ziffer 5 des Arbeitsvertrages. Dort hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten als Klauselverwenderin deutlich zum Ausdruck gebracht, sie vergüte die Klägerin entsprechend der einschlägigen tariflichen Entgeltbestimmungen. Der durchschnittliche Arbeitnehmer darf bei einer derartigen Verknüpfung von einem festen Entgeltbetrag und dessen Bezeichnung als Tarifentgelt redlicher Weise davon ausgehen, der in der Klausel festgehaltene Betrag werde nicht für die Dauer des Arbeitsverhältnisses statisch sein, sondern solle sich entsprechend den tariflichen Entwicklungen des maßgebenden Gehaltstarifvertrages entwickeln. Ein redlicher Arbeitgeber würde - wenn er die von ihm gestellte Klausel nicht so verstanden wissen wollte - die Bezeichnung als Tarifentgelt unterlassen, um klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen, dass er nicht "nach Tarif" zahlen will, sondern sich das vereinbarte Entgelt ausschließlich nach den konkret bezifferten Parteivereinbarungen richten soll (vgl. BAG 13.05.2015 - 4 AZR 244/14 - JURIS Rn. 17; LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 28). Bestätigt wird diese Auslegung durch die in Ziff. 5 des Arbeitsvertrages enthaltene Anrechnungsregelung für übertariflicher Entgeltbestandteile, welche nur bei einer dynamischen Inbezugnahme der tariflichen Entgeltbestimmungen einen Anwendungsbereich hat (ebenso BAG 13.05.2015 - 4 AZR 244/14 - JURIS Rn. 18). Diesem Verständnis entspricht auch - jedenfalls bis zur Beendigung der Tarifgebundenheit - die Durchführung des Arbeitsverhältnisses seitens der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten.

60

b) Die dynamische Anwendung der tariflichen Entgeltbestimmungen endete jedoch aufgrund des Wegfalls der arbeitgeberseitigen Tarifgebundenheit infolge des Betriebsübergangs auf die Beklagte, da die vertragliche Bezugnahmeregelung vor Inkrafttreten der Schuldrechtsreform (1. Januar 2002) vereinbart wurde. Die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel ist als "sog. Gleichstellungsabrede" auszulegen (vgl. BAG 13.05.2015 - 4 AZR 244/14 - NZA-RR 2016, JURIS Rn. 19; LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 30):

61

aa) Nach der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts galt die widerlegliche Vermutung, dass es einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum ging, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Das Bundesarbeitsgericht ging davon aus, dass mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden soll, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags zu kommen und damit zu dessen Anwendbarkeit für alle Beschäftigten. Daraus hatte das Bundesarbeitsgericht die Konsequenz gezogen, dass auch ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder in den Begleitumständen bei Vertragsschluss bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeregelungen in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen seien. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, dass die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik nur so weit gereicht hat, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reicht, also dann endet, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden ist. Ab diesem Zeitpunkt sind die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch anzuwenden. Diese Rechtsprechung hat der Senat für vertragliche Bezugnahmeregelungen, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 01.01.2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Er wendet die Auslegungsregel aus Gründen des Vertrauensschutzes jedoch weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 01.01.2002 vereinbart worden sind (s. BAG 11. 12.2013 - 4 AZR 473/12 – JURIS Rn. 14 f.; BAG 13.05.2015 - 4 AZR 244/14 – JURIS Rn. 20).

62

bb) Der Auslegung der Verweisungsklausel als Gleichstellungsabrede stehen die §§ 305 ff. BGB nicht entgegen. Die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist unter Anwendung der seit dem 01.01.2002 in § 305c Abs. 2 BGB normierten, jedoch bereits vorher auch für das Arbeitsrecht anerkannten Unklarheitenregelung davon ausgegangen, dass bei der der Gleichstellung generell zugrunde liegenden soziotypischen Konstellation von als berechtigt anzuerkennenden Zweifeln i. S. v. § 305c Abs. 2 BGB nicht ausgegangen werden kann (s. BAG 19.03.2003 - 4 AZR 331/02 - zu I 2 d bb der Gründe, BAGE 105, 284). Die Auslegung einer arbeitsvertraglichen Verweisung als Gleichstellungsabrede umfasst nicht nur das Verständnis des tarifgebundenen Arbeitgebers bei der Abgabe seines Vertragsangebots, wonach die Verweisung auf einschlägige Tarifregelungen hinsichtlich der Dynamik unter der auflösenden Bedingung des Wegfalls seiner eigenen Tarifgebundenheit steht, sondern auch die vom Bundesarbeitsgericht seinerzeit angenommene Erkennbarkeit dieser Vertragsbedingung für den Arbeitnehmer, dessen Zustimmung zu der vom Arbeitgeber vorformulierten Klausel diese auflösende Bedingung umfasst. Soweit daher aus Vertrauensschutzgründen die frühere Rechtsprechung des Senats weiterhin anzuwenden ist, gilt dies auch für den vom Bundesarbeitsgericht vorausgesetzten Empfängerhorizont des Arbeitnehmers, der davon „ausgehen (muss), dass eine Bezugnahmeklausel, die von der Arbeitgeberseite angeboten wird, als Gleichstellungsabrede gemeint ist“ (so BAG 19.03.2003 - 4 AZR 331/02 - zu I 2 d aa der Gründe, BAGE 105, 284; BAG 11.12.2013 - 4 AZR 473/12 - JURIS Rn. 19; BAG 26.09.2001 - 4 AZR 544/00 - zu II 1 c bb (1) der Gründe, BAGE 99, 120). Auch insoweit hält das Bundesarbeitsgericht für Altverträge aus der Zeit vor dem 01.01.2002 aus Gründen des Vertrauensschutzes an seiner bisherigen Rechtsprechung fest (vgl. BAG 11.12.2013 - 4 AZR 473/12 – JURIS Rn. 19 m. w. N.).

63

cc) Dieser Rechtsprechung schließt sich die Berufungskammer an. In Anwendung dieser Grundsätze lässt sich eine Verpflichtung der Beklagten als Betriebsübernehmerin zur tariflichen Dynamisierung des Gehalts nach erfolgtem Betriebsübergang aus den zitierten, als Gleichstellungsabrede zu verstehenden arbeitsvertraglichen Regelungen nicht herleiten.

64

4. Eine betriebliche Übung dahingehend, tarifliche Gehaltserhöhungen stets voll zu übernehmen, ist bei der Beklagten ebenfalls nicht entstanden.

65

Zwar hat die nicht tarifgebundene Beklagte unstreitig seit Betriebsübergang bis einschließlich Juli 2013 die tariflichen Gehaltserhöhungen an ihre Angestellten weitergegeben. Bei einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber kann eine betriebliche Übung der Erhöhung der Löhne und Gehälter entsprechend der Tarifentwicklung jedoch nur angenommen werden, wenn es deutliche Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitgebers dafür gibt, dass er auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariferhöhungen übernehmen will. Denn ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber will sich grundsätzlich nicht für die Zukunft der Regelungsmacht der Verbände unterwerfen. Dies ist gerade Sinn des nicht erfolgten Beitritts zu einem Arbeitgeberverband. Die fehlende Tarifbindung verdeutlicht den Willen des Arbeitgebers, die Erhöhung der Löhne und Gehälter zukünftig nicht ohne Beitrittsprüfung entsprechend der Tarifentwicklung vorzunehmen (s. BAG 13.03.2002 - 5 AZR 755/00 - EzA § 259 ZPO Nr. 1; LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 31). Erforderlich für die Annahme einer auf die Weitergabe von Tariferhöhungen bezogenen betrieblichen Übung sind daher besondere Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitgebers dafür, dass er sich verpflichten will, auch zukünftig die noch nicht vorhersehbaren Tariferhöhungen an seine Arbeitnehmer weiterzugeben. Solche Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen:

66

a) Keinerlei diesbezügliche Anhaltspunkte ergeben sich aus dem Unterrichtungsschreiben gemäß § 613a Abs. 5 BGB vom 08.05.2008. Zwar enthält dieses Schreiben die Mitteilung, die Beklagte sei tarifgebunden und die Tarifverträge des Einzelhandels Rheinland-Pfalz fänden daher weiter Anwendung. Das Unterrichtungsschreiben ist jedoch nicht von der Beklagten, sondern von der Betriebsveräußerin, der vormaligen Arbeitgeberin der Klägerin, verfasst. Die Mitteilung kann daher nicht der Beklagten zugerechnet werden. Soweit die Klägerin vorgetragen hat, die betreffende Erklärung sei mit der Beklagten abgestimmt und abgesprochen gewesen, so erweist sich dieses Vorbringen in Ermangelung jeglicher Konkretisierung als unsubstantiiert (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 32). Entsprechendes gilt für die – im Berufungsverfahren ohnehin nicht mehr aufgegriffene – Behauptung der Klägerin, im Rahmen von Verhandlungen mit dem Betriebsrat habe man sich zu einer Tarifbindung der Beklagten geäußert. Die Angaben zu den Gesprächsinhalten sind unpräzise und beziehen sich – soweit ersichtlich – zudem nicht auf die konkrete Betriebsstätte in A-Stadt, so dass das insoweit unterbreitete Beweisangebot einen unzulässigen Ausforschungsbeweis darstellt. Auch lässt sich den nur sehr allgemein wiedergegebenen behaupteten Gesprächsinhalten nicht der Wille der Beklagten entnehmen, sämtliche auch in ferner Zukunft liegenden Tariferhöhungen an die Arbeitnehmer weiterzugeben (so. i. E. auch LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 32).

67

b) Ebenso wenig ergeben sich aus dem Inhalt des im Tatbestand wiedergegebenen Schreibens der Beklagten vom 16.06.2011 Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariferhöhungen übernehmen wollte (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 33).

68

Die in diesem Schreiben enthaltene Zusicherung einer tariflichen Vergütung bezieht sich auf den seinerzeit gültigen sowie auf den darauffolgenden Gehalts-TV, wie anhand der drucktechnisch hervorgehobenen Formulierungen in Ziff. 1 und Ziff. 2 des Schreibens vom 16.06.2011 unmissverständlich deutlich wird. Auch der Gesamtkontext des Schreibens lässt keine andere Beurteilung zu. Vielmehr weist die Beklagte im ersten und zweiten Absatz des Schreibens vom 16.06.2011 gerade auf ihre fehlende Tarifbindung und die Ergebnislosigkeit der Verhandlungen der Tarifkommission hin, was ihren fehlenden Willen, sich – unabhängig von einer Tarifbindung – dauerhaft einer tarifdynamischen Gehaltsentwicklung zu unterwerfen, zusätzlich verdeutlicht. Überdies unterstreicht der im Vorspann zu der in Ziff. 1 und 2 des Schreibens getroffenen Zusage enthaltene Hinweis, dass „bis dato“ eine gemeinsame Lösung weder mit ver.di, noch mit dem Betriebsrat gefunden worden sei i. V. m. dem Verweis auf die Freiwilligkeit der Zusage, dass eine dauerhafte Bindung an die tarifliche Entwicklung bislang weder vereinbart worden ist, noch zukunftsbezogen gewollt ist.

69

Die Berufungskammer teilt die Rechtsauffassung der Klägerin, wonach der Inhalt des Schreibens unterschiedliche Interpretationen zulasse, aus den vorgenannten Gründen nicht. Für eine Anwendung der Unklarheitenregelung aus § 305c Abs. 2 BGB bleibt vor diesem Hintergrund kein Raum.

70

c) Diese – auf den seinerzeit aktuellen und den darauffolgenden Gehalts-TV beschränkte – Zusicherung hat die Beklagte mit Schreiben vom 12.09.2011 lediglich auch auf den Manteltarifvertrag erweitert (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 33).

II.

71

Die Berufung der Klägerin war nach alledem mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

72

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

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Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 14.01.2016 - Az.: 2 Ca 1091/15 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über von der Klägerin gegenüber der Beklagten geltend gemachte Ansprüche auf Weitergabe einer Tariflohnerhöhung.

2

Der Einkaufsmarkt, in dem die Klägerin beschäftigt ist, wurde ursprünglich von der M. AG, einer der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten, betrieben. Unter dem 13.12.1993 schlossen die M. AG und die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen einen Überleitungsvertrag ab, dem zufolge mit Wirkung ab dem 01.01.1995 nicht mehr der damals im Betrieb geltende Haustarifvertrag, sondern die einschlägigen Branchentarifverträge gelten sollten.

3

Die Klägerin ist bei der Beklagten bzw. einer weiteren Rechtsvorgängerin der Beklagten – der r.,- SB Warenhaus GmbH – seit dem 02.11.2001 als Kassiererin im r.-Einkaufsmarkt (später G.) in A-Stadt beschäftigt. Im mit der tarifgebundenen Firma r.,- SB Warenhaus GmbH abgeschlossenen Arbeitsvertrag der Klägerin vom 02.11.2001 ist in Ziffer 3 geregelt:

4

„Auf das Arbeitsverhältnis finden die jeweils geltenden Tarifverträge des Einzelhandels in der jeweils gültigen Fassung sowie die jeweils geltenden Gesamtbetriebsvereinbarungen bzw. Betriebsvereinbarungen in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.“

5

Wegen des weiteren Inhalts der arbeitsvertraglichen Vereinbarung wird auf den Arbeitsvertrag vom 02.11.2001 (Anlage zur Klageschrift, Bl. 12 f. d. A.) verwiesen.

6

Die nicht tarifgebundene Beklagte vergütete die Klägerin bis einschließlich Juli 2013 nach den jeweiligen Entgeltsätzen der Gehaltsgruppe II/6. Tätigkeitsjahr des Gehaltstarifvertrages für die Beschäftigten des Einzel- und Versandhandels in Rheinland-Pfalz (im Folgenden: Gehalts-TV). Die im August 2013 und im Mai 2014 in Kraft getretenen Tariflohnerhöhungen gab die Beklagte indessen nicht mehr an die Klägerin weiter.

7

Anlässlich des bevorstehenden Betriebsübergangs von r.,- auf die Beklagte informierte r.,- die Arbeitnehmer mit Schreiben vom 08.05.2008 darüber, dass der Betriebserwerber - die Beklagte - tarifgebunden sei und die Tarifverträge für den Einzelhandel in Rheinland-Pfalz Anwendung fänden. Zum 01.07.2008 ging der Betrieb von der Firma r.,- im Wege des Betriebsübergangs auf die Beklagte über.

8

Mit Schreiben vom 16.06.2011 (Anlage zur Klageschrift, Bl. 8 d. A.) wandte sich die Beklagte an die Beschäftigten, unter anderem auch an die Klägerin, und wies darauf hin, dass die Beklagte in A-Stadt nicht tarifgebunden sei. Dieses Schreiben lautet auszugsweise wie folgt:

9

„Der Tarifvertrag wird weiter angewendet – Auch Ihr Gehalt soll steigen!

10

Sehr geehrte Frau A.,
wie Sie wissen, ist unser G. SB-Warenhaus in A-Stadt nicht tarifgebunden. Im August 2009 wurde gemeinsam mit dem Betriebsrat ein Betriebliches Bündnis geschlossen, in dem u.a. die Anwendung des rheinland-pfälzischen Einzelhandelstarifvertrages vereinbart wurde. Das Bündnis endet am 30.06.2011.

11

In diesem Jahr wurde von Seiten der Gewerkschaft ver.di in unserem Haus eine Tarifkommission gebildet, mit dem Ziel, die tariflichen Rahmenbedingungen in unserem Haus ab dem 01.07.2011 zu verhandeln. Diese Verhandlungen wurden am 14.06.2011 ohne Ergebnis beendet.

12

Wie geht es nun weiter?

13

Wenngleich wir in A-Stadt nicht tarifgebunden sind und bis dato weder mit ver.di noch mit unserem Betriebsrat eine gemeinsame Lösung zu finden war, geben wir Ihnen hiermit freiwillig folgende Zusicherung:

14

1. Wir werden Sie auch nach dem 30.06.2011 entsprechend den Regelungen des gültigen rheinland-pfälzischen Einzelhandelstarifvertrages vergüten.

15

2. Sobald in 2011 ein neuer Gehalts- und Lohntarifvertrag für den rheinland-pfälzischen Einzelhandel abgeschlossen ist, wird auch dieser neue Tarifvertrag mit den darin enthaltenen Regelungen – insbesondere den Lohn- und Gehaltserhöhungen – Anwendung auf Ihr Arbeitsverhältnis finden."

16

Mit Schreiben vom 12.09.2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Zusage vom 16.06.2011 auch selbstverständlich für den Manteltarifvertrag des rheinland-pfälzischen Einzelhandels gelte.

17

Ab dem 01.08.2013 wurden die tariflichen Gehälter um 3 % angehoben und ab dem 01.05.2014 um weitere 2,1 %. Diese Gehaltssteigerungen wurden nicht mehr an die Klägerin sowie die anderen in der Betriebsstätte A-Stadt beschäftigten Arbeitnehmer weitergegeben.

18

Die Klägerin hat die Zahlung dieser Tariflohnerhöhungen mit Schreiben vom 07.03.2014 (Anlage zur Klageschrift, Bl. 10 d. A.) gegenüber der Beklagten schriftlich geltend gemacht. Das formularmäßig vorgefertigte Schreiben hat u.a. folgenden Wortlaut:

19

"Geltendmachung des aktuellen Tarifvertrages Einzelhandel Rheinlandpfalz

20

Tariferhöhung Rückwirkend zum 01.08.2013 von 3 % sowie die zu erwartende Erhöhung von 2,1 % ab 01.05.14.

21

Sehr geehrter Herr W.
Ich möchte sie bitten mir die vorgenannte Tariferhöhung mit der nächsten Gehaltsauszahlung auszuzahlen.

22

Meinen Anspruch mache ich geltend auf Basis des von Ihnen an mich gesendeten Schreibens vom 16.06.2011 zum Gehaltstarifvertrag sowie dem Schreiben vom 12.09.11, zum Manteltarifvertrag Einzelhandel Rheinland-Pfalz.

23

Ebenso ergibt sich der Anspruch aus meinem Arbeitsvertrag, der eine dynamische Verweisklausel enthält. Der Gesamtbetrag der Geltendmachung beläuft sich auf 408,55 Euro.

24

Ich bitte sie mir bis zum ________ meinen Anspruch zu bestätigen."

25

Die Beklagte hat die geltend gemachten Ansprüche mit Schreiben vom 18.03.2014 (Anlage zur Klageschrift, Bl. 9 d. A.) zurückgewiesen.

26

Die Klägerin hat vorgetragen:

27

Die Beklagte habe gegenüber dem Betriebsrat vor dem Betriebsübergang mehrfach betont, tarifgebunden zu sein.

28

Sie sei der Auffassung, sie habe Anspruch darauf, auch über den 31.07.2013 hinaus weiterhin nach Maßgabe des für den Einzelhandel Rheinland-Pfalz in seiner jeweiligen Fassung geltenden Tarifvertrags vergütet zu werden. Dies ergebe sich bereits aus dem Arbeitsvertrag, der eine dynamische Bezugnahme auf die Tarifgehaltsbestimmungen enthalte. Zudem habe die Beklagte mit Schreiben vom 16.06.2011 und vom 12.09.2011 ausdrücklich die tarifliche Bezahlung nicht nur für die seinerzeit bevorstehende Lohnrunde 2011, sondern auch für einen etwa nachfolgenden neuen Tarifvertrag bestätigt.

29

Die arbeitsvertraglichen und tariflichen Ausschlussfristen seien durch das Geltendmachungsschreiben vom 07.03.2014 auch zukunftsbezogen gewahrt.

30

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

31

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 408,55 Euro brutto, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 19.03.2014 zu zahlen.

32

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.092,74 Euro brutto, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Klagezustellung zu zahlen.

33

Die Beklagte hat beantragt,

34

die Klage abzuweisen.

35

Die Beklagte hat die Ansicht geäußert, die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel stelle lediglich eine Gleichstellungsabrede dar und führe lediglich zu einer statischen, nicht jedoch zu einer dynamischen Tarifanwendung. Ein Anspruch ergebe sich auch weder aus den bisher weitergegebenen Tariferhöhungen, noch aus dem Schreiben vom 16.06.2011 oder dem Schreiben vom 12.09.2011, da sich hieraus kein Wille ihrerseits herleiten lasse, sich auf Dauer an die Tarifentwicklung binden zu wollen.

36

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat die Klage durch Urteil vom 14.01.2016 – Az. 2 Ca 1091/15 – mit der Begründung abgewiesen, der Klägerin stehe ein Anspruch auf die begehrten Tariflohnerhöhungen nach dem 31.07.2013 nicht zu, da die Beklagte weder tarifgebunden, noch der Tarifvertrag allgemeinverbindlich sei. Ein Anspruch auf Weitergabe von Tariflohnerhöhungen lasse sich auch nicht aus dem Überleitungstarifvertrag zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten und der seinerzeit zuständigen Gewerkschaft HBV vom 13.12.1993 herleiten. Auf das Urteil des Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 14. Oktober 2015 - 4 Sa 478/14 - werde Bezug genommen. Auch auf Ziffer 4 des Arbeitsvertrags könne sich die Klägerin nicht berufen. Insoweit liege eine sogenannte Gleichstellungsabrede vor. Die dynamische Anwendung der tariflichen Entgeltbestimmungen habe aufgrund des Wegfalls der arbeitgeberseitigen Tarifgebundenheit infolge des Betriebsübergangs auf die Beklagte geendet. Auch eine betriebliche Übung liege nicht vor. Aus dem Schreiben der Beklagten vom 16.06.2011 ergäben sich ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariflohnerhöhungen habe übernehmen wollen. Auch insoweit folge die Kammer der Auffassung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz in der zitierten Entscheidung.

37

Die Klägerin hat gegen das ihr am 10.02.2016 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Az. 2 Ca 1091/15 – mit am 09.03.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag Berufung eingelegt und diese mit am Montag, dem 11.04.2016, beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 08.04.2016 begründet.

38

Die Klägerin ist der Auffassung,
das Arbeitsgericht habe verkannt, dass das Schreiben vom 16.06.2011 nur dahingehend verstanden werden könne, dass sie zukünftig dauerhaft an der Tarifentwicklung teilnehmen solle. Eine Einschränkung auf die Tarifrunde 2011 lasse sich der Zusicherung gerade nicht entnehmen. Jedenfalls greife die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB mit der Folge, dass eine arbeitnehmerfreundliche Auslegung zu erfolgen habe, was zu einer dynamischen Anwendbarkeit des Gehaltstarifvertrages führe. Auch sei entgegen der rechtlichen Würdigung durch das Arbeitsgericht durch die jahrelange tatsächliche Weitergabe der Tariflohnerhöhungen, verbunden mit der permanenten Suggestion, dass das Unternehmen tarifgebunden sei, eine betriebliche Übung entstanden. Die Umstände, dass die Beklagte bis 2011 stets den Eindruck erweckt habe, tarifgebunden zu sein, und sich bis zum streitgegenständlichen Zeitraum vollumfänglich an die Tarifverträge gehalten habe, seien weitere Anhaltspunkte dafür, dass die entsprechende Tarifbindung auch weiter gelten müsse.

39

Wegen der weiteren Ausführungen zur Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz vom 08.04.2016 (Bl. 129-135 d. A.) Bezug genommen.

40

Die Klägerin beantragt zuletzt,

41

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 14.01.2016, Aktenzeichen 2 Ca 1091/15

42

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 408,55 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 19.03.1014 zu zahlen.

43

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.092,74 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Klagezustellung zu zahlen.

44

Die Beklagte beantragt,

45

die Berufung zurückzuweisen.

46

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und führt hierzu aus:

47

Die Berufungsbegründung sei ihrer Auffassung nach jedenfalls deswegen unzulässig, da sie sich mit einem anderen Urteil auseinandersetze.

48

Das Arbeitsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin bereits eine Bindung an den Überleitungstarifvertrag nicht substantiiert dargelegt habe. Ob dieser Überleitungstarifvertrag aufgrund der darin geregelten aufschiebenden Bedingungen überhaupt in Kraft getreten ist, sei von der Klägerin nicht vorgetragen worden. Im Übrigen wäre der Überleitungsvertrag durch die nachfolgenden Betriebsübergänge ebenfalls statisch gestellt worden. Da Ziff. 4 des Arbeitsvertrages nach ihrem Verständnis als Gleichstellungsabrede einzuordnen sei und die Tarifbindung der Arbeitgeberin mit dem Betriebsübergang auf ihre Person geendet habe, sei ab diesem Zeitpunkt eine Statischstellung erfolgt. Die Statischstellung ab dem Betriebsübergang auf sie – die Beklagte – ergebe sich überdies aus der Werhof-Entscheidung sowie der Alemo-Herron-Entscheidung des EuGH. Aus dem Schreiben vom 16.06.2011 lasse sich durch die Verwendung der Singularform und die Eingrenzung des Zeitraums eindeutig entnehmen, dass nur eine einzige Tariferhöhung habe weitergegeben werden sollen. Eine Heranziehung des § 305c BGB verbiete sich aufgrund der Eindeutigkeit der im Schreiben vom 16.06.2011 getroffenen Zusage. Durch das Schreiben vom 12.09.2011 sei die Zusicherung der Anwendung des seinerzeit gültigen und des darauf folgenden Gehaltstarifvertrags lediglich auch auf den Manteltarifvertrag erweitert worden. Das Schreiben vom 08.05.2008 könne als reine Wissenserklärung nicht als Anspruchsgrundlage dienen. Eine betriebliche Übung sei mangels deutlicher Anhaltspunkte dafür, dass sie die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariferhöhungen auf Dauer habe übernehmen wollen, nicht entstanden. Hilfsweise berufe sie sich auf die arbeitsvertraglichen und tariflichen Ausschlussfristen, wonach jedenfalls die für August 2013 geltend gemachten Ansprüche verfallen seien. Ebenfalls verfallen seien die Ansprüche März 2014 bis Februar 2015, da diese Ansprüche erstmals mit der Klageerhebung am 04.09.2015 geltend gemacht worden seien.

49

Hinsichtlich des Sachvortrags zur Berufungserwiderung wird ergänzend auf den Schriftsatz vom 13.05.2016 (Bl. 145-154 d. A.) verwiesen.

50

Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

51

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

52

Insbesondere hat sich der Kläger in einer noch den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO genügenden Weise mit den Entscheidungsgründen des streitgegenständlichen Urteils auseinandergesetzt. Zwar ist der Beklagten beizupflichten, dass ein Teil der Ausführungen des Klägers augenscheinlich auf ein Parallelverfahren Bezug nimmt. Jedoch befassen sich wesentliche Elemente der Berufungsbegründung auch mit dem angegriffenen Urteil: So behandelt der Kläger in seinen Ausführungen die, aus dessen Sicht unzutreffende, richterliche Würdigung des Schreibens vom 30.06.2011. Die rechtliche Wertung des Schreibens vom 30.06.2011 ist auch Gegenstand der Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils (s. S. 4 der Entscheidungsgründe). Im Übrigen setzt sich die Berufungsbegründung kritisch mit der gerichtlichen Verneinung der Entstehung einer betrieblichen Übung auseinander. Diese Problematik hat – entgegen den Ausführungen der Beklagten – auf S. 4 des angegriffenen Urteils ebenfalls Erwähnung gefunden.

B.

53

Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage vielmehr zu Recht abgewiesen.

I.

54

Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung bzw. Weitergabe der nach dem 31.07.2013 in Kraft getretenen Erhöhungen der tariflichen Vergütung für die Beschäftigten des Einzelhandels in Rheinland-Pfalz.

55

1. Die Klägerin kann ihr Zahlungsbegehren zunächst nicht unmittelbar und allein auf den maßgeblichen Gehaltstarifvertrag stützen. Dieser ist nicht allgemeinverbindlich und findet wegen der fehlenden Organisationszugehörigkeit der Beklagten auch nicht infolge beiderseitiger Tarifbindung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 – JURIS Rn. 27), was die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung auch zugesteht.

56

2. Ein Anspruch auf Weitergabe von Tariferhöhungen lässt sich auch nicht aus dem Überleitungstarifvertrag zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten und der seinerzeit zuständigen Gewerkschaft HBV vom 13.12.1993 herleiten.

57

Selbst wenn dieser, was die Beklagte bestritten hat, in Kraft getreten ist, und seinerzeit infolge beiderseitiger Tarifbindung Ansprüche der Klägerin auf tarifliche Vergütung begründet hat, so umfassen diese Ansprüche der Klägerin nicht die erst nach dem Betriebsübergang auf die Beklagte in Kraft getretenen Gehaltstarifverträge. Zwar werden nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB die Normen eines beim ehemaligen Betriebsinhaber angewendeten Tarifvertrages Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer und dem neuen Betriebsinhaber. Die Tarifvertragsnormen gelten jedoch ausschließlich statisch in ihrer im Zeitpunkt des Übergangs geltenden Fassung fort. Verändert sich nach dem Betriebsübergang die Tarifnorm, deren Regelung in das Arbeitsverhältnis übergegangen ist, so nimmt die übergegangene Regelung hieran nicht mehr teil. Verweist die übergegangene Tarifregelung ihrerseits auf andere normative Regelungen, die sich weiterentwickeln, so wird deren Stand zur Zeit des Betriebsübergangs zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses. Lediglich eine in der statisch fortgeltenden Norm selbst angelegte Dynamik bleibt aufrechterhalten. Diese Dynamik umfasst nur solche Tarifgehaltserhöhungen, die bereits im Zeitpunkt des Betriebsübergangs vereinbart waren (vgl. BAG v. 14.11.2007 - 4 AZR 828/06 - AP Nr. 334 zu § 613a BGB), was bei den vorliegend streitgegenständlichen Gehaltssteigerungen zweifellos nicht der Fall war (so LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 – JURIS Rn. 28).

58

3. Die Klägerin kann sich zur Begründung der streitgegenständlichen Ansprüche auch nicht mit Erfolg auf die Regelungen in Ziffer 3 oder Ziffer 5 ihres Arbeitsvertrages berufen.

59

a) Zwar enthält der Arbeitsvertrag in Ziff. 3 unzweifelhaft eine zeitdynamische Verweisung auf die jeweils geltenden Tarifverträge des Einzelhandels. Eine tarifdynamische Gehaltszusage ergibt sich überdies aus einer Auslegung der Ziffer 5 des Arbeitsvertrages. Dort hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten als Klauselverwenderin deutlich zum Ausdruck gebracht, sie vergüte die Klägerin entsprechend der einschlägigen tariflichen Entgeltbestimmungen. Der durchschnittliche Arbeitnehmer darf bei einer derartigen Verknüpfung von einem festen Entgeltbetrag und dessen Bezeichnung als Tarifentgelt redlicher Weise davon ausgehen, der in der Klausel festgehaltene Betrag werde nicht für die Dauer des Arbeitsverhältnisses statisch sein, sondern solle sich entsprechend den tariflichen Entwicklungen des maßgebenden Gehaltstarifvertrages entwickeln. Ein redlicher Arbeitgeber würde - wenn er die von ihm gestellte Klausel nicht so verstanden wissen wollte - die Bezeichnung als Tarifentgelt unterlassen, um klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen, dass er nicht "nach Tarif" zahlen will, sondern sich das vereinbarte Entgelt ausschließlich nach den konkret bezifferten Parteivereinbarungen richten soll (vgl. BAG 13.05.2015 - 4 AZR 244/14 - JURIS Rn. 17; LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 28). Bestätigt wird diese Auslegung durch die in Ziff. 5 des Arbeitsvertrages enthaltene Anrechnungsregelung für übertariflicher Entgeltbestandteile, welche nur bei einer dynamischen Inbezugnahme der tariflichen Entgeltbestimmungen einen Anwendungsbereich hat (ebenso BAG 13.05.2015 - 4 AZR 244/14 - JURIS Rn. 18). Diesem Verständnis entspricht auch - jedenfalls bis zur Beendigung der Tarifgebundenheit - die Durchführung des Arbeitsverhältnisses seitens der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten.

60

b) Die dynamische Anwendung der tariflichen Entgeltbestimmungen endete jedoch aufgrund des Wegfalls der arbeitgeberseitigen Tarifgebundenheit infolge des Betriebsübergangs auf die Beklagte, da die vertragliche Bezugnahmeregelung vor Inkrafttreten der Schuldrechtsreform (1. Januar 2002) vereinbart wurde. Die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel ist als "sog. Gleichstellungsabrede" auszulegen (vgl. BAG 13.05.2015 - 4 AZR 244/14 - NZA-RR 2016, JURIS Rn. 19; LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 30):

61

aa) Nach der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts galt die widerlegliche Vermutung, dass es einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum ging, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Das Bundesarbeitsgericht ging davon aus, dass mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden soll, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags zu kommen und damit zu dessen Anwendbarkeit für alle Beschäftigten. Daraus hatte das Bundesarbeitsgericht die Konsequenz gezogen, dass auch ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder in den Begleitumständen bei Vertragsschluss bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeregelungen in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen seien. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, dass die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik nur so weit gereicht hat, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reicht, also dann endet, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden ist. Ab diesem Zeitpunkt sind die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch anzuwenden. Diese Rechtsprechung hat der Senat für vertragliche Bezugnahmeregelungen, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 01.01.2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Er wendet die Auslegungsregel aus Gründen des Vertrauensschutzes jedoch weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 01.01.2002 vereinbart worden sind (s. BAG 11. 12.2013 - 4 AZR 473/12 – JURIS Rn. 14 f.; BAG 13.05.2015 - 4 AZR 244/14 – JURIS Rn. 20).

62

bb) Der Auslegung der Verweisungsklausel als Gleichstellungsabrede stehen die §§ 305 ff. BGB nicht entgegen. Die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist unter Anwendung der seit dem 01.01.2002 in § 305c Abs. 2 BGB normierten, jedoch bereits vorher auch für das Arbeitsrecht anerkannten Unklarheitenregelung davon ausgegangen, dass bei der der Gleichstellung generell zugrunde liegenden soziotypischen Konstellation von als berechtigt anzuerkennenden Zweifeln i. S. v. § 305c Abs. 2 BGB nicht ausgegangen werden kann (s. BAG 19.03.2003 - 4 AZR 331/02 - zu I 2 d bb der Gründe, BAGE 105, 284). Die Auslegung einer arbeitsvertraglichen Verweisung als Gleichstellungsabrede umfasst nicht nur das Verständnis des tarifgebundenen Arbeitgebers bei der Abgabe seines Vertragsangebots, wonach die Verweisung auf einschlägige Tarifregelungen hinsichtlich der Dynamik unter der auflösenden Bedingung des Wegfalls seiner eigenen Tarifgebundenheit steht, sondern auch die vom Bundesarbeitsgericht seinerzeit angenommene Erkennbarkeit dieser Vertragsbedingung für den Arbeitnehmer, dessen Zustimmung zu der vom Arbeitgeber vorformulierten Klausel diese auflösende Bedingung umfasst. Soweit daher aus Vertrauensschutzgründen die frühere Rechtsprechung des Senats weiterhin anzuwenden ist, gilt dies auch für den vom Bundesarbeitsgericht vorausgesetzten Empfängerhorizont des Arbeitnehmers, der davon „ausgehen (muss), dass eine Bezugnahmeklausel, die von der Arbeitgeberseite angeboten wird, als Gleichstellungsabrede gemeint ist“ (so BAG 19.03.2003 - 4 AZR 331/02 - zu I 2 d aa der Gründe, BAGE 105, 284; BAG 11.12.2013 - 4 AZR 473/12 - JURIS Rn. 19; BAG 26.09.2001 - 4 AZR 544/00 - zu II 1 c bb (1) der Gründe, BAGE 99, 120). Auch insoweit hält das Bundesarbeitsgericht für Altverträge aus der Zeit vor dem 01.01.2002 aus Gründen des Vertrauensschutzes an seiner bisherigen Rechtsprechung fest (vgl. BAG 11.12.2013 - 4 AZR 473/12 – JURIS Rn. 19 m. w. N.).

63

cc) Dieser Rechtsprechung schließt sich die Berufungskammer an. In Anwendung dieser Grundsätze lässt sich eine Verpflichtung der Beklagten als Betriebsübernehmerin zur tariflichen Dynamisierung des Gehalts nach erfolgtem Betriebsübergang aus den zitierten, als Gleichstellungsabrede zu verstehenden arbeitsvertraglichen Regelungen nicht herleiten.

64

4. Eine betriebliche Übung dahingehend, tarifliche Gehaltserhöhungen stets voll zu übernehmen, ist bei der Beklagten ebenfalls nicht entstanden.

65

Zwar hat die nicht tarifgebundene Beklagte unstreitig seit Betriebsübergang bis einschließlich Juli 2013 die tariflichen Gehaltserhöhungen an ihre Angestellten weitergegeben. Bei einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber kann eine betriebliche Übung der Erhöhung der Löhne und Gehälter entsprechend der Tarifentwicklung jedoch nur angenommen werden, wenn es deutliche Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitgebers dafür gibt, dass er auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariferhöhungen übernehmen will. Denn ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber will sich grundsätzlich nicht für die Zukunft der Regelungsmacht der Verbände unterwerfen. Dies ist gerade Sinn des nicht erfolgten Beitritts zu einem Arbeitgeberverband. Die fehlende Tarifbindung verdeutlicht den Willen des Arbeitgebers, die Erhöhung der Löhne und Gehälter zukünftig nicht ohne Beitrittsprüfung entsprechend der Tarifentwicklung vorzunehmen (s. BAG 13.03.2002 - 5 AZR 755/00 - EzA § 259 ZPO Nr. 1; LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 31). Erforderlich für die Annahme einer auf die Weitergabe von Tariferhöhungen bezogenen betrieblichen Übung sind daher besondere Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitgebers dafür, dass er sich verpflichten will, auch zukünftig die noch nicht vorhersehbaren Tariferhöhungen an seine Arbeitnehmer weiterzugeben. Solche Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen:

66

a) Keinerlei diesbezügliche Anhaltspunkte ergeben sich aus dem Unterrichtungsschreiben gemäß § 613a Abs. 5 BGB vom 08.05.2008. Zwar enthält dieses Schreiben die Mitteilung, die Beklagte sei tarifgebunden und die Tarifverträge des Einzelhandels Rheinland-Pfalz fänden daher weiter Anwendung. Das Unterrichtungsschreiben ist jedoch nicht von der Beklagten, sondern von der Betriebsveräußerin, der vormaligen Arbeitgeberin der Klägerin, verfasst. Die Mitteilung kann daher nicht der Beklagten zugerechnet werden. Soweit die Klägerin vorgetragen hat, die betreffende Erklärung sei mit der Beklagten abgestimmt und abgesprochen gewesen, so erweist sich dieses Vorbringen in Ermangelung jeglicher Konkretisierung als unsubstantiiert (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 32). Entsprechendes gilt für die – im Berufungsverfahren ohnehin nicht mehr aufgegriffene – Behauptung der Klägerin, im Rahmen von Verhandlungen mit dem Betriebsrat habe man sich zu einer Tarifbindung der Beklagten geäußert. Die Angaben zu den Gesprächsinhalten sind unpräzise und beziehen sich – soweit ersichtlich – zudem nicht auf die konkrete Betriebsstätte in A-Stadt, so dass das insoweit unterbreitete Beweisangebot einen unzulässigen Ausforschungsbeweis darstellt. Auch lässt sich den nur sehr allgemein wiedergegebenen behaupteten Gesprächsinhalten nicht der Wille der Beklagten entnehmen, sämtliche auch in ferner Zukunft liegenden Tariferhöhungen an die Arbeitnehmer weiterzugeben (so. i. E. auch LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 32).

67

b) Ebenso wenig ergeben sich aus dem Inhalt des im Tatbestand wiedergegebenen Schreibens der Beklagten vom 16.06.2011 Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariferhöhungen übernehmen wollte (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 33).

68

Die in diesem Schreiben enthaltene Zusicherung einer tariflichen Vergütung bezieht sich auf den seinerzeit gültigen sowie auf den darauffolgenden Gehalts-TV, wie anhand der drucktechnisch hervorgehobenen Formulierungen in Ziff. 1 und Ziff. 2 des Schreibens vom 16.06.2011 unmissverständlich deutlich wird. Auch der Gesamtkontext des Schreibens lässt keine andere Beurteilung zu. Vielmehr weist die Beklagte im ersten und zweiten Absatz des Schreibens vom 16.06.2011 gerade auf ihre fehlende Tarifbindung und die Ergebnislosigkeit der Verhandlungen der Tarifkommission hin, was ihren fehlenden Willen, sich – unabhängig von einer Tarifbindung – dauerhaft einer tarifdynamischen Gehaltsentwicklung zu unterwerfen, zusätzlich verdeutlicht. Überdies unterstreicht der im Vorspann zu der in Ziff. 1 und 2 des Schreibens getroffenen Zusage enthaltene Hinweis, dass „bis dato“ eine gemeinsame Lösung weder mit ver.di, noch mit dem Betriebsrat gefunden worden sei i. V. m. dem Verweis auf die Freiwilligkeit der Zusage, dass eine dauerhafte Bindung an die tarifliche Entwicklung bislang weder vereinbart worden ist, noch zukunftsbezogen gewollt ist.

69

Die Berufungskammer teilt die Rechtsauffassung der Klägerin, wonach der Inhalt des Schreibens unterschiedliche Interpretationen zulasse, aus den vorgenannten Gründen nicht. Für eine Anwendung der Unklarheitenregelung aus § 305c Abs. 2 BGB bleibt vor diesem Hintergrund kein Raum.

70

c) Diese – auf den seinerzeit aktuellen und den darauffolgenden Gehalts-TV beschränkte – Zusicherung hat die Beklagte mit Schreiben vom 12.09.2011 lediglich auch auf den Manteltarifvertrag erweitert (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 33).

II.

71

Die Berufung der Klägerin war nach alledem mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

72

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 13. Juli 2015 - 2 Sa 437/15 - insoweit aufgehoben, als es die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 28. November 2014 - 5 Ca 3726/14 - zurückgewiesen hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anwendbarkeit von Tarifverträgen des Einzelhandels Nordrhein-Westfalen auf ihr Arbeitsverhältnis und damit zusammenhängende Vergütungsdifferenzen sowie über die Anrechnung einer Zulage auf Tariflohnerhöhungen.

2

Der Kläger ist seit 1999 bei der Beklagten, die in K ein Einzelhandelskaufhaus betreibt und zu keinem Zeitpunkt Mitglied eines Arbeitgeberverbands war, in Vollzeit beschäftigt und nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts „in die Vergütungsgruppe L 2 b“ eingruppiert.

3

Der Arbeitsvertrag des Klägers enthält auf der ersten Seite auszugsweise folgende Regelungen:

        

„…    

        

Tarifliche Einstufung:

L 2 b 

        

Vergütung:

Tarifentgelt

2.993,00 DM

        
                 

= Gesamtentgelt            

2.993,00 DM “       

        
4

In den an den Arbeitsvertrag angefügten Allgemeinen Vertragsbedingungen ist ua. Folgendes vereinbart:

        

„…    

        

2. Vergütung

        

Die arbeitsvertraglich vorgesehene Eingruppierung des Mitarbeiters erfolgt vorbehaltlich einer späteren Überprüfung. Sollte sich hierbei eine fehlerhafte Eingruppierung herausstellen, erklärt sich der Mitarbeiter damit einverstanden, daß mit Wirkung ab dem auf die Feststellung folgenden Monats eine Neugruppierung herbeigeführt wird. Über-/Unterzahlungen werden mit der nächsten Vergütungsabrechnung verrechnet, wobei auf die sozialen Belange des Mitarbeiters Rücksicht zu nehmen ist und ggf. Überzahlungen auf mehrere Monate zu verteilen sind.

        

...    

        

Freiwillige übertarifliche Zulagen sonstiger Art können bei Änderung der Tarifbezüge, gleich aus welchem Anlaß auf die tariflichen Erhöhungen angerechnet werden.

        

…       

        

13. Schlußbestimmung

        

Ergänzend gelten die gesetzlichen und tarifvertraglichen Regelungen, ebenso wie die im Betrieb geltenden Betriebsvereinbarungen.“

5

Die Vergütungstarifverträge im Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen (Gehaltstarifvertrag/Lohntarifvertrag) waren bis zum 31. März 2000 und der Manteltarifvertrag für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen (MTV) bis zum 31. März 2003 allgemeinverbindlich. Der MTV sah eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Eingruppierung vor. Die Beklagte wandte bei vielen Arbeitnehmern den gleichen Formulararbeitsvertrag an, unabhängig davon, ob zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch die Vergütungstarifverträge und der MTV, nur der MTV oder keiner der Tarifverträge mehr allgemeinverbindlich waren.

6

Unter dem 25. Mai 2002 vereinbarten die Parteien eine pauschale Überstundenabgeltung iHv. 100,00 Euro im Monat als „freiwillige Zulage“.

7

Zum 27. Mai 2004 erhielt der Kläger eine „Gehaltsveränderungsmitteilung“ mit folgendem Inhalt:

        

„Tarifgehalt brutto

€ 1.769,00

        
        

Freiwillige Zulage

€    400,00

        
        

Gesamtentgelt

€ 2.169,00

        
        

Das Gesamtentgelt gilt für das Geschäftsjahr 2004/2005 als fix vereinbart. Zudem kann die freiwillige Zulagen zukünftig bei Änderung der Tarifbezüge, gleich aus welchem Anlass auf die tariflichen Erhöhungen angerechnet werden.“

8

Die Beklagte gab nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auch nach Außerkrafttreten der Allgemeinverbindlichkeit Vergütungserhöhungen aus den Vergütungstarifverträgen des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen vollständig an die Arbeitnehmer weiter. Erst nach einem Tarifabschluss vom 10. Dezember 2013, der rückwirkend ab dem Monat August 2013 eine Tariferhöhung von 3 % und zum 1. Mai 2014 von weiteren 2,1 % vorsah, erhöhte die Beklagte die Vergütung ihrer Arbeitnehmer zum 1. Januar 2014 lediglich um 2 %.

9

An den Kläger zahlte die Beklagte für die Monate August bis Dezember 2013 eine Grundvergütung iHv. jeweils 2.003,00 Euro brutto sowie eine Zulage iHv. jeweils 166,00 Euro brutto. Im November 2013 erhielt der Kläger zudem eine Sonderzahlung iHv. 1.251,88 Euro brutto. Ab Januar 2014 zahlte die Beklagte dem Kläger eine monatliche Grundvergütung iHv. 2.043,06 Euro brutto und eine Zulage iHv. nur noch 150,00 Euro brutto monatlich. Im Juni 2014 erhielt der Kläger von der Beklagten zusätzlich eine Urlaubsvergütung iHv. 1.147,00 Euro brutto. Die Beklagte führte die in diesen Bruttobeträgen enthaltenen Steuern und Sozialversicherungsabgaben ab.

10

Mit seiner der Beklagten am 27. Mai 2014 zugestellten Klage sowie seiner am 11. November 2014 zugestellten Klageerweiterung vom 30. Oktober 2014 hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die jeweils gültigen Entgelttarifverträge des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden und die sich daraus ergebende Vergütung und etwaige Erhöhungen der Vergütung sowie weiterhin die pauschale Überstundenvergütung iHv. 166,00 Euro brutto monatlich an ihn zu zahlen, und für den Zeitraum von August 2013 bis September 2014 Differenzvergütungsansprüche geltend gemacht. Er hat die Ansicht vertreten, er habe einen Anspruch auf das mit dem Tarifabschluss vom 10. Dezember 2013 erhöhte Tarifentgelt, da sein Arbeitsvertrag die Tarifverträge des nordrhein-westfälischen Einzelhandels dynamisch in Bezug nehme. Bei dynamischer Tarifgeltung wären für die Monate August 2013 bis April 2014 - rechnerisch unstreitig - jeweils 2.063,00 Euro brutto geschuldet gewesen. Ab Mai 2014 hätte die monatliche Vergütung 2.106,00 Euro brutto betragen. Das „Weihnachtsgeld“ im November 2013 hätte nach der Rechtsauffassung des Klägers 1.289,38 Euro brutto und die im Juni 2014 gezahlte „Urlaubsvergütung“ 1.157,50 Euro brutto betragen müssen.

11

Der Kläger hat, soweit für die Revision von Bedeutung, beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 833,46 Euro brutto (Vergütungsnachzahlung für die Monate August 2013 bis einschließlich September 2014) nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

                 

aus 337,50 Euro ab dem 1. Januar 2014,

                 

aus jeweils 29,94 Euro ab dem 1. Februar, dem 1. März, dem 1. April und dem 1. Mai 2014,

                 

aus jeweils 72,94 Euro ab dem 1. Juni, dem 1. August, dem 1. September und dem 1. Oktober 2014 sowie

                 

aus 84,44 Euro ab dem 1. Juli 2014 zu zahlen;

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die jeweils gültigen Entgelttarifverträge des Einzelhandels NRW auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sowie weiterhin die pauschale Überstundenvergütung iHv. 166,00 Euro brutto zu zahlen.

12

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags die Auffassung vertreten, der Arbeitsvertrag sei als statische Verweisung auf den bei Arbeitsvertragsschluss anwendbaren Vergütungstarifvertrag auszulegen. Ein Arbeitgeber wolle nie dynamisch an Tarifverträge gebunden sein, wenn er selber nicht Mitglied im Arbeitgeberverband ist. Dies sei so offensichtlich, dass auch Arbeitnehmer dies erkennen müssten. § 305c BGB komme nicht zur Anwendung, da es an einem zweifelhaften Auslegungsergebnis fehle. Bei den Arbeitsverträgen, die während der Allgemeinverbindlichkeit der Vergütungstarifverträge geschlossen wurden, habe sie nur deklaratorisch auf die ohnehin bestehende Verpflichtung zur Zahlung von Tarifvergütung hinweisen wollen. Hinsichtlich der vom Kläger begehrten erhöhten Sonderzahlung für November 2013 hat sie zudem die Ansicht vertreten, diese sei von der später vereinbarten Vergütungserhöhung ausgenommen, da der Stichtag für deren Berechnung der 1. November eines jeden Jahres sei. Die rückwirkende Einigung könne die Sonderzahlung nicht erhöhen.

13

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat das erstinstanzliche Urteil auf die Berufung der Beklagten lediglich im Zinsausspruch abgeändert. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist nicht rechtsfehlerfrei; insbesondere wird die Begründung der Entscheidung von den festgestellten Tatsachen nicht getragen. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO), soweit die Beklagte mit ihrer Berufung unterlegen war, und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 ZPO), da es für eine abschließende Entscheidung an den notwendigen Tatsachenfeststellungen fehlt.

15

A. Die Revision gegen die vom Landesarbeitsgericht getroffene Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Anwendung der jeweils gültigen Entgelttarifverträge (Antrag zu 2., erster Halbs.) ist begründet. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist der Feststellungsantrag derzeit nur teilweise zulässig.

16

I. Die Klage ist hinsichtlich des Feststellungsantrags zu 2. in der zuletzt gestellten Form nicht zulässig, soweit der Kläger die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten begehrt, „die jeweils gültigen Entgelttarifverträge des Einzelhandels NRW auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden“. Insoweit mangelt es an der erforderlichen Bestimmtheit.

17

1. Die allgemeinen und besonderen prozessualen Voraussetzungen eines Feststellungsantrags sind in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen. Bei ungenügender Bestimmtheit eines Feststellungsantrags ist er als unzulässig abzuweisen. Auch ein Feststellungsantrag muss gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt sein. Bei einer dem Antrag entsprechenden Entscheidung darf keine Unklarheit über den Umfang der Rechtskraft bestehen (BAG 23. Januar 2002 - 4 AZR 461/99 - zu I 1 a der Gründe).

18

a) Wird mit der Klage die Feststellung begehrt, dass ein bestimmter Tarifvertrag auf ein Arbeitsverhältnis Anwendung findet (vgl. zur grds. Zulässigkeit solcher Elementenfeststellungsklagen BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 26 ff., BAGE 131, 176; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, BAGE 128, 165), ist dieser Tarifvertrag so im Antrag zu benennen, dass keine Zweifel darüber bestehen, welcher Tarifvertrag gemeint ist (als Bsp. für einen zulässigen Antrag BAG 8. Juli 2015 - 4 AZR 51/14 - Rn. 18), da nur dann zuverlässig erkennbar ist, worüber das Gericht eine Sachentscheidung erlassen soll. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Verbindlichkeit eines Tarifvertrags in der „jeweils gültigen“ Fassung festgestellt werden soll. Es muss zweifelsfrei feststehen, welchem Tarifvertrag welcher Tarifvertragsparteien nach dem in der Vereinbarung einer vertraglichen Verweisungsklausel zum Ausdruck kommenden Willen der Arbeitsvertragsparteien die Arbeitsbedingungen folgen sollen. Diese Zuweisung erfolgt tarifvertragsbezogen und damit bei einer dynamischen Verweisungsklausel auch auf die Folgetarifverträge, die die jeweiligen konkreten Tarifvertragsparteien - und nur diese - vereinbaren. An die Tarifverträge anderer Tarifvertragsparteien wollten die Arbeitsvertragsparteien sich mit einer dynamischen Verweisungsklausel nicht binden, wenn es hierfür nicht besondere Anhaltspunkte gibt (vgl. zB BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 39, BAGE 138, 269).

19

b) Es ist grundsätzlich nicht die Aufgabe des Gerichts, von sich aus zu ermitteln, welche Gewerkschaften und welche Arbeitgeberverbände das Entgelt von Arbeitnehmern - hier: im Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen - regelnde Tarifverträge abgeschlossen haben und welcher der in Betracht kommenden Tarifverträge nach seinem persönlichen Geltungsbereich der für den Kläger einschlägige ist, dh. welchen der Kläger richtigerweise gemeint haben könnte (vgl. BAG 23. Januar 2002 - 4 AZR 461/99 - zu I 1 b der Gründe). Allein der Kläger hat das Recht, aber auch die Pflicht, den Streitgegenstand durch Antrag und Begründung zu bestimmen (vgl. BAG 25. Februar 2009 - 4 AZR 41/08 - Rn. 34, BAGE 129, 355; 6. Juni 2007 - 4 AZR 505/06 - Rn. 17 mwN). Dabei obliegt es ihm, dies so genau zu tun, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) abgesteckt und Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) eindeutig festgelegt sind. Auch wenn das Bestehen oder der Umfang eines Rechtsverhältnisses oder eines Anspruchs zur gerichtlichen Entscheidung gestellt wird, muss zuverlässig erkennbar sein, worüber das Gericht eine Sachentscheidung treffen soll (vgl. BAG 23. März 2016 - 5 AZR 758/13 - Rn. 21 mwN).

20

c) Auch § 293 ZPO verpflichtet das Gericht nicht, die in Frage kommenden Tarifverträge von Amts wegen zu ermitteln. Dies ist nur dann der Fall, wenn es um die normative Wirkung eines Tarifvertrags nach § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 4 TVG geht(BAG 19. November 1996 - 9 AZR 376/95 - zu I 1 b aa der Gründe, BAGE 84, 325), nicht aber wenn - wie hier - die Anwendung eines Tarifvertrags ausschließlich auf einer individualvertraglichen Vereinbarung beruht (BAG 8. Juli 2015 - 4 AZR 51/14 - Rn. 25).

21

2. Gemessen daran fehlt es an der erforderlichen Bestimmtheit des ersten Teils des Feststellungsantrags zu 2.

22

a) Der Kläger hat im Klageantrag lediglich pauschal „die jeweils gültigen Entgelttarifverträge des Einzelhandels NRW“ benannt, deren Anwendbarkeit auf das Arbeitsverhältnis der Parteien festgestellt werden soll. Weder aus dem Antrag noch aus der Klagebegründung und den späteren Ausführungen des Klägers ergibt sich mit der gebotenen Klarheit, welche Tarifverträge damit konkret gemeint sind.

23

b) Der Antrag lässt auch bei gebotener, auf die Ermöglichung einer Sachentscheidung gerichteter Auslegung (vgl. zu den Auslegungsgrundsätzen BAG 23. März 2016 - 5 AZR 758/13 - Rn. 26 mwN, BAGE 154, 337; 6. Juli 2011 - 4 AZR 568/09 - Rn. 25 mwN) den Inhalt der vom Kläger begehrten Entscheidung nicht hinreichend deutlich erkennen.

24

aa) Es ist schon unklar, ob der Kläger tatsächlich - entsprechend dem Antragswortlaut - die Anwendbarkeit mehrerer jeweils gültiger „Entgelttarifverträge“ festgestellt wissen will oder nur des jeweils gültigen und nach seinem - vom Kläger allerdings nicht näher bezeichneten - persönlichen Geltungsbereich für ihn einschlägigen Tarifvertrags. Denn in seinem schriftsätzlichen Vorbringen hat der Kläger zum einen die Begriffe „Entgelttarifvertrag“, „Gehaltstarifvertrag“ und „Lohntarifvertrag“ offenkundig synonym und damit unspezifisch verwendet und zum anderen hat er im Laufe des Rechtsstreits hinsichtlich aller dieser Begriffe uneinheitlich sowohl den Singular als auch den Plural gebraucht.

25

(1) Dabei ist es einerseits möglich, dass die Verwendung des Plurals im Klageantrag nur zusätzlich - wenn auch sprachlich fehlerhaft - zum Ausdruck bringen sollte, dass es nicht nur um die Feststellung der Anwendbarkeit des derzeit geltenden, sondern auch der künftigen Fassungen des einschlägigen Tarifvertrags geht. Es ist jedenfalls nicht erkennbar, dass der Kläger festgestellt wissen will, dass die Beklagte auf sein Arbeitsverhältnis gleichzeitig mehrere die monatliche Vergütung regelnde Tarifverträge, deren Anwendungsbereiche sich gegenseitig ausschließen, anzuwenden und ihn danach zu vergüten hat.

26

(2) Andererseits kann der Verwendung des Plurals auch ein weites Verständnis des Begriffs „Entgelttarifverträge“ zugrunde liegen, weil der Kläger evtl. auch andere Tarifverträge mit Regelungen von Leistungen an die Arbeitnehmer, etwa über Sonderzahlungen, Urlaubsentgelt, Krankengeldzuschuss usw. als „Entgelttarifvertrag“ ansieht.

27

bb) Es fehlen aber vor allem jegliche Angaben zu den Tarifvertragsparteien des „jeweils gültigen Entgelttarifvertrags“ oder der „jeweils gültigen Entgelttarifverträge“, deren Anwendbarkeit der Kläger festgestellt wissen will. Diese Anforderung gilt grundsätzlich ungeachtet einer möglicherweise vorherrschenden oder - regional - besonders bedeutungsvollen Praxis bestimmter Tarifvertragsparteien. Eine solche kann nur dann zur Bestimmung der im Feststellungsantrag nicht ausdrücklich genannten Tarifvertragsparteien herangezogen werden, wenn die praktischen Verhältnisse vom Landesarbeitsgericht tatsächlich festgestellt sind, und wenn diese so gestaltet sind, dass sie die Beteiligung jeder anderen möglichen Tarifvertragspartei nach den Umständen ausschließen. Dies ist mangels klägerischen Vortrags bzw. landesarbeitsgerichtlicher Tatsachenfeststellungen vorliegend nicht gegeben.

28

(1) Soweit der Kläger in den Vorinstanzen gelegentlich die bis zum Jahr 2000 für allgemeinverbindlich erklärten Lohn- und Gehaltstarifverträge des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen erwähnt hat, was auch im Tatbestand des Berufungsurteils aufgegriffen worden ist, ist zwar bekannt, dass diese Tarifverträge vom Einzelhandelsverband Nordrhein-Westfalen e.V. auf der einen und der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen im DGB, Landesbezirksleitung Nordrhein-Westfalen sowie der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft, Landesverband Nordrhein-Westfalen, auf der anderen Seite geschlossen wurden. Für evtl. Folgetarifverträge in der Zeit ab dem Ende der Allgemeinverbindlichkeit im Jahr 2000 fehlt es an tatsächlichen Feststellungen über die Identität der jeweiligen Tarifvertragsparteien im Einzelhandel des Landes Nordrhein-Westfalen. So ist keiner der Folgetarifverträge, die von der dynamischen Verweisungsklausel erfasst sein sollten, durch die Bezeichnung der sie abschließenden Tarifvertragsparteien und - mit einer Ausnahme (dazu unten) - nach Abschlussdatum oder dem Zeitpunkt des Inkrafttretens gekennzeichnet worden.

29

Es soll deshalb nur ergänzend und zur Verdeutlichung darauf hingewiesen werden, dass es im Einzelhandel des Landes Nordrhein-Westfalen auf beiden Seiten der Sozialpartner verschiedene tarifvertragsschließende Parteien gab und gibt. Neben der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, die Rechtsnachfolgerin ua. der Gewerkschaft HBV und der DAG geworden ist (vgl. dazu BAG 4. Juli 2007 - 4 AZR 491/06 - Rn. 48 ff., BAGE 123, 213), dem Deutschen Gewerkschaftsbund als Dachverband angehört und (wohl) regelmäßig auf Arbeitnehmerseite Tarifverträge vereinbart, hat in der Vergangenheit nach der Tarifsammlung des Bundesarbeitsgerichts am 10. Dezember 2013 die „DHV - Die Berufsgewerkschaft e.V.“, die nach dem - nicht rechtskräftigen - Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 4. Mai 2016 (- 5 TaBV 8/15 -; Rechtsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht anhängig) eine tariffähige Gewerkschaft ist, einen Lohntarifvertrag für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen geschlossen, ebenso wie bereits am 25. Juli 2008 einen Manteltarifvertrag. Tarifvertragspartner auf Arbeitgeberseite war ua. dabei der „Handelsverband BAG Nordrhein-Westfalen“, der allerdings auch mit der Gewerkschaft ver.di Tarifverträge vereinbart hat. Ferner ist der Vorgängertarifvertrag zum Manteltarifvertrag der Gewerkschaft ver.di vom 10. Dezember 2013 im Jahre 2008 sowohl vom „Handelsverband BAG Nordrhein-Westfalen - Landesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen e.V.“ als auch vom „Einzelhandelsverband Nordrhein-Westfalen“ geschlossen worden. Ein ausdrücklich hierzu vereinbarter „Ergänzungstarifvertrag“ vom 29. Juni 2011 dagegen wurde auf der Arbeitgeberseite (nur) vom „Handelsverband Nordrhein-Westfalen e.V.“ mit der Gewerkschaft ver.di vereinbart. Die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Parteien noch für allgemeinverbindlich erklärten Lohn- und Gehaltstarifverträge waren 1999 auf Arbeitgeberseite jeweils allein vom „Einzelhandelsverband Nordrhein-Westfalen e.V.“ geschlossen worden. Der bis zum Jahre 2003 allgemeinverbindliche Manteltarifvertrag ist dagegen 1996 auf Arbeitgeberseite vom „Einzelhandelsverband Nordrhein e.V.“ und dem „Landesverband des Westfälisch-Lippischen Einzelhandels e.V.“ vereinbart worden.

30

Damit sind in der Zeit vom Abschluss des Arbeitsvertrags bis zu dem hier maßgebenden Zeitraum allein auf Arbeitnehmerseite mindestens zwei Gewerkschaften und auf Arbeitgeberseite mindestens fünf verschiedene Tarifvertragsparteien im Einzelhandel für das Land Nordrhein-Westfalen aufgetreten. Das begründet nicht, aber verdeutlicht, dass es sich bei den oa. Anforderungen an die Bezeichnung des oder der das Arbeitsverhältnis in der Zukunft bestimmenden Tarifvertrags/Tarifverträge um zwingende Maßgaben handelt.

31

(2) Auch der konkrete Tarifvertrag, an dem sich die Beklagte in der Vergangenheit bei ihrer jeweiligen Entgeltzahlung an den Kläger - wohl - orientiert hat, ist von keiner Partei und von keiner der beiden Vorinstanzen nach Bezeichnung und/oder jeweiligen Tarifvertragsparteien auch nur benannt worden. Erst recht fehlt es an einer Begründung für eine evtl. Einbeziehung des jeweiligen Tarifvertrags aufgrund der Verweisungsklausel.

32

cc) Das Landesarbeitsgericht, das insoweit dem Feststellungsantrag stattgegeben hat, ohne die dazugehörigen Tarifvertragsparteien im Tenor oder in den Entscheidungsgründen zu benennen, hat keinerlei tatsächliche Feststellungen über die vom Kläger im Antrag gemeinten oder über die von ihm selbst als zutreffend angesehenen Tarifvertragsparteien getroffen. Selbst eine - im Streitfall nicht vorliegende - Bezugnahme des Berufungsurteils auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze wäre vorliegend nicht weiterführend, da auch von diesen keine Angaben hierzu gemacht worden sind. Es sind auch keine Tarifverträge oder Auszüge davon zu den Akten gereicht worden.

33

II. Hinsichtlich des zweiten Teils des Feststellungsantrags zu 2. ist die Klage zulässig. Die begehrte Feststellung betrifft ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Der Kläger hat auch ein Feststellungsinteresse. Er beruft sich auf eine vertragliche Zahlungsverpflichtung der Beklagten in der genannten Höhe und zu den genannten Konditionen, also ohne dass es der Beklagten freistehe, diese Zulage nach eigenem Ermessen zu kürzen. Die Beklagte dagegen zahlt die Zulage nicht mehr in der genannten Höhe und vertritt überdies die Auffassung, dass die Gewährung unter einem wirksamen Freiwilligkeitsvorbehalt stehe und zudem auf Entgelterhöhungen anrechenbar sei. Ferner hat sie in Abrede gestellt, dass diese Zulage zur pauschalen Abgeltung von Überstunden gezahlt werde. Diese Streitpunkte können abschließend allein durch eine gerichtliche Entscheidung über die vom Kläger begehrte Feststellung endgültig geklärt und künftige Streitigkeiten vermieden werden.

34

B. Hinsichtlich dieses zulässigen Teils des Feststellungsantrags zu 2. und des als Leistungsantrag ohne weiteres zulässigen Zahlungsantrags zu 1. ist die Revision der Beklagten ebenfalls begründet. Die vom Landesarbeitsgericht bei den Zahlungsansprüchen des Klägers zugrunde gelegten Berechnungsfaktoren der im Zahlungsantrag zusammengefassten monatlichen Bruttoentgeltbeträge halten einer revisionsrechtlichen Kontrolle nicht stand.

35

I. Dies gilt zunächst für den vom Landesarbeitsgericht allen monatsbezogenen Zahlungsanträgen zugrunde gelegten Berechnungsfaktor des Entgeltanspruchs aus dem „Entgelttarifvertrag“. Die Begründung für die Zuerkennung der Zahlungsansprüche ist rechtsfehlerhaft, weil sie von den Tatsachenfeststellungen nicht getragen ist. Eine Anspruchsgrundlage für die zuerkannten Ansprüche auf die monatlichen Bruttoentgelte nach dem „Entgelttarifvertrag“ ist derzeit nicht ersichtlich.

36

1. Das Landesarbeitsgericht legt allen Ansprüchen, die es dem Kläger zuerkennt - mit Ausnahme der monatlichen Zulage -, offenbar aktuelle tarifliche Regelungen über Entgelte zugrunde. Der Anspruch ergebe sich „aus der Differenz zwischen der Tarifvergütung und der bereits gezahlten Bruttovergütung“. Aus welchem Tarifvertrag welcher Tarifvertragsparteien sich aus welchem Grund welches Tarifentgelt für den Kläger ergibt, wird aber nicht ausgeführt.

37

Soweit im Zusammenhang mit den Auswirkungen einer „Tariflohnerhöhung“ auf die Höhe der gleichfalls zugesprochenen Sonderzuwendung die „Regelung des Tarifvertrages vom 10.12.2013“ angesprochen wird, ist auch dies nicht ausreichend. Am 10. Dezember 2013 sind mindestens sieben Tarifverträge für den Bereich des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen geschlossen worden, darunter zwei Lohntarifverträge mit verschiedenen Gewerkschaften.

38

2. Das Landesarbeitsgericht hat aber vor allem nicht begründet, warum es davon ausgeht, der oder die von ihm für anwendbar gehaltene(n) Tarifvertrag/Tarifverträge sei(en) der/diejenige(n), auf den/die der Arbeitsvertrag der Parteien verweise.

39

a) Die Auslegung des Arbeitsvertrags durch das Berufungsgericht befasst sich zunächst gründlich und überzeugend mit der Frage, ob dort eine dynamische Anwendung von Tarifverträgen vereinbart worden ist. Es kommt im Ergebnis zutreffend zu dem Schluss, dass der Arbeitsvertrag des Klägers hinsichtlich der Höhe des vereinbarten monatlichen Arbeitsentgelts zeitdynamisch auf einen nach seinem räumlichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereich für den Kläger einschlägigen, die Höhe des monatlichen Entgelts regelnden Tarifvertrag Bezug nimmt.

40

aa) Bei dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrag handelt es sich um einen Formularvertrag, dessen Auslegung durch das Landesarbeitsgericht vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüft werden kann (st. Rspr., vgl. nur BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15 mwN, BAGE 134, 283).

41

bb) Nach dem vom Landesarbeitsgericht festgestellten Wortlaut der im Arbeitsvertrag getroffenen Vergütungsvereinbarung war für den Kläger bei einer „Tarifliche[n] Einstufung: L 2 b“ als „Vergütung“ ein „Tarifentgelt“ iHv. 2.993,00 DM vorgesehen.

42

(1) Der Senat hat - im Anschluss an die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13. Februar 2013 (- 5 AZR 2/12 -) - hinsichtlich vergleichbarer Formulierungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen entschieden, dass der durchschnittliche Arbeitnehmer bei einer derartigen Verknüpfung von einem festen Entgeltbetrag und dessen Bezeichnung als Tarifgehalt idR redlicherweise davon ausgehen darf, der in der Klausel festgehaltene Betrag werde nicht für die Dauer des Arbeitsverhältnisses statisch sein, sondern solle sich entsprechend den tariflichen Entwicklungen des maßgebenden Tarifvertrags verändern. Ein redlicher Arbeitgeber würde - wenn er die von ihm gestellte Klausel nicht so verstanden wissen wollte - die Bezeichnung als Tarifentgelt unterlassen, um klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen (vgl. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), dass er nicht „nach Tarif“ zahlen will, sondern sich das vereinbarte Entgelt ausschließlich nach den konkret bezifferten Parteivereinbarungen richten soll (vgl. nur BAG 8. Juli 2015 - 4 AZR 51/14 - Rn. 16; 13. Mai 2015 - 4 AZR 244/14 - Rn. 17 ff.).

43

(2) Es bedarf hier keiner abschließenden Klärung, ob das ohne weiteres auch dann gilt, wenn - wie im Streitfall - der Tarifvertrag, dem sich die im Vertrag genannte Entgeltgruppe und Entgelthöhe entnehmen lassen, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nach § 5 TVG für allgemeinverbindlich erklärt war. Denn wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, folgt im Streitfall der Wille der Beklagten zur dynamischen Inbezugnahme der für den Kläger maßgeblichen tariflichen Entgeltregelungen bereits aus Ziff. 2 der Allgemeinen Vertragsbedingungen. Die dortige Anrechnungsregelung - „Freiwillige übertarifliche Zulagen sonstiger Art können bei Änderung der Tarifbezüge, gleich aus welchem Anlaß auf die tariflichen Erhöhungen angerechnet werden“ - darf ein durchschnittlicher Arbeitnehmer so verstehen, dass die Beklagte nicht lediglich auf die aus der Allgemeinverbindlichkeit des Lohntarifvertrags folgenden Pflicht zur Zahlung des Tarifentgelts verweisen, sondern sich auch unabhängig von der Allgemeinverbindlichkeit dieses Tarifvertrags zur Zahlung des jeweiligen Tarifentgelts verpflichten wollte. Zwar hat der Anrechnungsvorbehalt nicht ausschließlich bei einer dynamischen Inbezugnahme der tariflichen Entgeltbestimmungen einen Anwendungsbereich (anders aber bei nicht allgemeinverbindlichen Tarifverträgen BAG 8. Juli 2015 - 4 AZR 51/14 - Rn. 17; 13. Mai 2015 - 4 AZR 244/14 - Rn. 18; 20. April 2012 - 9 AZR 504/10 - Rn. 29), sondern auch dann, wenn künftig Tarifvertragsänderungen für allgemeinverbindlich erklärt werden. Allerdings hat die Beklagte den Anrechnungsvorbehalt nicht auf diese Fallkonstellation beschränkt. Zudem hat sie durch den Zusatz „gleich aus welchem Anlaß“ zum Ausdruck gebracht, dass Anlass für eine Erhöhung des tariflichen Entgelts des Klägers nicht ausschließlich ein künftiger für allgemeinverbindlich erklärter Tarifvertrag sein kann, sondern jede künftige tarifliche Entgeltsteigerung.

44

(3) Schließlich zeigt auch das an den Kläger gerichtete Schreiben der Beklagten vom 27. Mai 2004, in dem ein Teil des Gesamtentgelts als „Tarifgehalt“ bezeichnet wird und in dem sich ebenfalls der Hinweis findet, dass „freiwillige Zulagen zukünftig bei Änderung der Tarifbezüge, gleich aus welchem Anlass auf die tariflichen Erhöhungen angerechnet werden“, dass die Beklagte den Willen hatte, künftige Tariferhöhungen unabhängig von der zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bestehenden Allgemeinverbindlichkeit des Tarifvertrags an den Kläger weiterzugeben. Auf den Rechtscharakter dieser Erklärung kommt es hier im Ergebnis nicht an.

45

b) Das Landesarbeitsgericht hat es aber versäumt, festzustellen, an welche (Entgelt-)Tarifverträge welcher Tarifvertragsparteien diese arbeitsvertragliche Anbindung erfolgt ist. Ohne eine - Zweifel ausschließende - Identität des oder der Tarifvertrags/Tarifverträge zu benennen, an die die Arbeitsvertragsparteien den Inhalt ihres Arbeitsverhältnisses (hier: die Vergütung) dynamisch ankoppeln wollten, und ohne die nach Beendigung des hiervon ursprünglich erfassten Tarifvertrags als gleichfalls von der Verweisungsklausel erfassten „Folgetarifverträge“ zu benennen, ist eine Bestimmung des zu einem Jahre später nach dieser vertraglichen Verweisungsklausel maßgebenden Tarifvertrags nicht möglich. Das Landesarbeitsgericht hat sich darauf beschränkt, die Dynamik der Verweisungsklausel zu begründen; auf welchen Tarifvertrag sie sich aus welchen Gründen mehr als 12 Jahre später beziehen sollte, auf welche Anspruchsgrundlage sich also der Kläger berufen kann, und inwieweit die dort - mutmaßlich - genannten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind, hat das Landesarbeitsgericht nicht angesprochen.

46

aa) Der von den Arbeitsvertragsparteien zum Zeitpunkt der Vereinbarung der dynamischen Anbindung gemeinte „Entgelttarifvertrag“ mag sich beim Kläger noch aus dem Datum des Arbeitsvertragsschlusses ergeben, zu dem im Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen einige Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt worden waren. Dabei handelte es sich - neben dem vom Landesarbeitsgericht ebenfalls nicht thematisierten Manteltarifvertrag vom 20. September 1996 - um den Lohntarifvertrag vom 29. Juni 1998 und den Gehaltstarifvertrag vom gleichen Tage. Dementsprechend begründet das Landesarbeitsgericht, warum aus seiner Sicht mit dem Arbeitsvertrag die dynamische Anwendung der „Vergütungstarifverträge“ - an anderer Stelle „Entgelttarifverträge“ -, worunter wohl der Lohntarifvertrag und der Gehaltstarifvertrag zu verstehen sind, nicht nur für die Dauer der Allgemeinverbindlichkeit, sondern auch über deren Ende hinaus vereinbart worden sind. Dabei kann hier noch dahinstehen, ob die Parteien des Arbeitsvertrags tatsächlich beide Tarifverträge dynamisch vereinbaren wollten. Die im Arbeitsvertrag gewählte Bezeichnung der „tariflichen Einstufung“ mit der Lohngruppenbezeichnung spricht für den Lohntarifvertrag, die in der „Gehaltsveränderungsmitteilung“ vom 27. Mai 2004 gewählten Formulierungen dagegen eher für den Gehaltstarifvertrag.

47

bb) Die Allgemeinverbindlichkeit dieser Tarifverträge endete am 31. März 1999. Die Folgetarifverträge wurden zwischen denselben Tarifvertragsparteien vereinbart und auch für allgemeinverbindlich erklärt. Diese erneute Allgemeinverbindlicherklärung endete am 31. März 2000 und wurde auch nicht ersetzt oder erneuert. Angesichts dessen hätte es für die Bestimmung der Rechtsfolge aus der Verweisungsklausel ab diesem Zeitpunkt zu einem Rückgriff auf die im Arbeitsvertrag vereinbarte Dynamik kommen müssen, anhand derer zu bestimmen gewesen wäre, ob ein anderer und ggf. welcher (Lohn- oder Gehalts-)Tarifvertrag danach zur Anwendung kommen sollte. Dies wäre insbesondere vor dem Hintergrund erforderlich gewesen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag nach seinem Ablauf eine Nachwirkung gem. § 4 Abs. 5 TVG auch in denjenigen Arbeitsverhältnissen entfaltet, die vorher nicht durch Mitgliedschaft gem. § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG, sondern durch Allgemeinverbindlichkeit gem. § 5 Abs. 4 Satz 1 TVG der zwingenden Wirkung unterworfen waren(vgl. nur BAG 11. Februar 2009 - 5 AZR 168/08 - Rn. 16; 17. Januar 2006 - 9 AZR 41/05 - Rn. 22, BAGE 116, 366; ausf. 25. Oktober 2000 - 4 AZR 212/00 - zu 1 der Gründe; ebenso Wiedemann/Wank TVG 7. Aufl. § 5 Rn. 125; Däubler/Bepler TVG 4. Aufl. § 4 Rn. 961; ErfK/Franzen 17. Aufl. TVG § 5 Rn. 26; HWK/Henssler 7. Aufl. TVG § 5 Rn. 37; krit. Sittard Tarifnormerstreckung S. 289; Creutzfeldt FS Bepler S. 45, 48 ff.). Selbst wenn man davon ausginge, dass eine vor dem Ende der Allgemeinverbindlichkeit vereinbarte dynamische Verweisungsklausel eine andere Abmachung iSv. § 4 Abs. 5 TVG wäre, oder dass eine solche individuelle Vereinbarung von vorneherein die Verdrängung einer Nachwirkung zur Folge hätte, wäre es erforderlich gewesen, die Erfassung eines Folgetarifvertrags durch die arbeitsvertragliche Verweisungsklausel - ggf. durch ergänzende Vertragsauslegung - festzustellen und zu begründen (vgl. zur Frage der Anwendung des TVöD oder des TV-Ärzte nach Ende des BAT aufgrund einer auf diesen verweisenden Klausel im Arbeitsvertrag eines Arztes BAG 18. April 2012 - 4 AZR 392/10 - Rn. 13 ff., BAGE 141, 150). Dies hat das Landesarbeitsgericht sowohl für den von ihm offenbar als zutreffend angesehenen, aber nicht benannten Folgetarifvertrag als auch für die danach anzuwendenden „Entgelttarifverträge“ versäumt.

48

cc) Das Landesarbeitsgericht wendet im Ergebnis dann einen nicht näher bezeichneten Lohn- oder Gehaltstarifvertrag an, von dessen Erfassung durch die arbeitsvertragliche Verweisungsklausel es offenbar ausgeht. Auch dies hätte einer Begründung bedurft, insbesondere vor dem Hintergrund, dass sowohl der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltende und der danach vereinbarte Lohn- bzw. Gehaltstarifvertrag, die jeweils allgemeinverbindlich waren, auf Arbeitgeberseite von dem „Einzelhandelsverband Nordrhein-Westfalen e.V.“, die letzten, dem Revisionsgericht vorliegenden Lohn- bzw. Gehaltstarifverträge jedoch vom „Handelsverband Nordrhein-Westfalen e.V.“ geschlossen wurden. In der dazwischen liegenden Zeit haben auch andere Verbände mit den Gewerkschaften Deutsche Angestellten-Gewerkschaft (DAG) und Handel, Banken und Versicherungen (HBV) bzw. der Gewerkschaft ver.di Gehalts- und Lohntarifverträge abgeschlossen. Aber auch die bereits oben genannte „DHV - Die Berufsgewerkschaft e.V.“ ist insoweit tätig geworden, zum Beispiel durch den Abschluss eines Lohntarifvertrags vom 10. Dezember 2013, eines Manteltarifvertrags oder schon im Jahre 2003 durch den Abschluss eines Lohntarifvertrags mit der „Landesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen e.V.“ Auf weitere Unklarheiten ist bereits oben (unter A I 2 b bb) hingewiesen worden.

49

dd) Auf den Umstand, dass zum persönlichen Geltungsbereich des vom Landesarbeitsgericht „angewandten“ Tarifvertrags sowie zur Tätigkeit des Klägers und damit zu der Erfüllung der Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der von ihm geltend gemachten Lohngruppe keinerlei Ausführungen im Berufungsurteil gemacht worden sind, kommt es danach nicht mehr an.

50

II. Auch hinsichtlich des vom Landesarbeitsgericht als gegeben angesehenen Anspruchs des Klägers auf Leistung einer Sonderzahlung für die Abrechnungsmonate November 2013 und Juni 2014 mangelt es an einer Anspruchsgrundlage.

51

1. Der Antrag zu 1. beinhaltet die Geltendmachung einer Sonderzahlung im Abrechnungsmonat November 2013. Diese ist vom Landesarbeitsgericht ohne hinreichende Grundlage als begründet angesehen worden.

52

a) Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass der Anspruch des Klägers dem Grunde nach besteht und hat lediglich die Höhe des Anspruchs begründet. Die „Tariferhöhung“ des Bruttomonatsentgelts wirkte sich danach „ohne weiteres“ (UA S. 18) auch auf die vom Kläger für den Monat November 2013 zu beanspruchende „Sonderzahlung“ aus.

53

b) Dabei ist im Ergebnis unklar geblieben, worauf der Anspruch des Klägers dem Grunde und der Höhe nach beruhen soll.

54

aa) Eine Rechtsgrundlage für den dem Kläger zugesprochenen Betrag ist nicht benannt worden und auch nicht ersichtlich. Sonderzahlungen pflegen tariflich in Manteltarifverträgen oder in gesonderten Tarifverträgen geregelt zu sein. Das Landesarbeitsgericht hat keine Ausführungen dazu gemacht, welcher Manteltarifvertrag oder sonstige Tarifvertrag aufgrund welchen Tatbestands für das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung finden soll. Die an anderer Stelle der getroffenen Berufungsentscheidung genannten „Entgelttarifverträge“ enthalten offenbar weder eine eigene Regelung zu einem Anspruch auf eine Sonderzahlung noch nehmen sie Bezug auf einen Manteltarifvertrag. Jedenfalls hat das Landesarbeitsgericht einen solchen nicht erwähnt.

55

bb) Soweit es sich in seiner Begründung in diesem Zusammenhang darauf beruft, dies ergebe sich „aber auch aus der allgemeinen tarifvertraglichen Regelung“ (UA S. 18), bleibt auch diese ungenannt.

56

(1) Sollte hier Bezug auf einen Manteltarifvertrag genommen worden sein, hätte zumindest auch insoweit seine Verbindlichkeit für das Arbeitsverhältnis aus der arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel hergeleitet werden müssen. Dabei wäre zu beachten gewesen, dass der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Parteien noch allgemeinverbindliche Manteltarifvertrag vom 20. September 1996 seinerseits wieder von bisher nicht behandelten Tarifvertragsparteien auf Arbeitgeberseite vereinbart worden ist, nämlich dem Einzelhandelsverband Nordrhein e.V. und dem Landesverband des Westfälisch-Lippischen Einzelhandels e.V. Soweit das Berufungsgericht, ohne dies näher darzulegen oder zu begründen, von der Anwendung eines Manteltarifvertrags im Streitzeitraum ausgegangen sein sollte, hätte daher eine Begründung dafür erfolgen müssen, ob und welcher Manteltarifvertrag anderer Tarifvertragsparteien von den Arbeitsvertragsparteien als für ihr Arbeitsverhältnis verbindlich vereinbart worden sein soll.

57

(2) Sollte die Bezugnahme dagegen als Hinweis auf einen gesonderten Tarifvertrag über eine Sonderzahlung gemeint gewesen sein, wäre auch hier die Feststellung des Datums des Tarifvertrags, der tarifvertragsschließenden Parteien und der Erfassung durch die arbeitsvertragliche Verweisungsklausel sowie der Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen eines Sonderzahlungsanspruchs hinsichtlich Grund und Höhe erforderlich gewesen.

58

c) Mangels Benennung einer Anspruchsgrundlage kann das Revisionsgericht nicht erkennen, welche Voraussetzungen der Anspruch auf eine Sonderzahlung hat und ob - und in welcher Höhe - diese ggf. vorliegend erfüllt sind.

59

2. Auch für den gleichfalls im Antrag zu 1. enthaltenen und vom Landesarbeitsgericht zuerkannten Anspruch auf eine Sonderzahlung für den Monat Juni 2014, bei der es sich nach seinen tatbestandlichen Feststellungen um eine „Urlaubsvergütung“ handelt, ist eine Anspruchsgrundlage nicht ersichtlich. Dieser Anspruch wird im Berufungsurteil nur zuerkannt, aber in den Entscheidungsgründen nicht erwähnt.

60

III. Die Revision der Beklagten ist auch hinsichtlich des zulässigen Teils des Feststellungsantrags betreffend die Anrechnungsfestigkeit der Zulage und der entsprechenden Anteile der monatlichen Differenzansprüche von 16,00 Euro für die Zeit von Januar bis September 2014 (Klageantrag zu 1.) begründet. Die Begründung des Landesarbeitsgerichts ist nicht von den von ihm festgestellten Tatsachen getragen.

61

1. Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass es im Mai 2002 eine ausdrückliche Vereinbarung der Parteien gegeben habe, wonach der Kläger keine gesonderte Überstundenvergütung mehr erhalten, sondern eine gleichbleibende Pauschale gezahlt werden solle. Soweit diese als „freiwillig“ bezeichnet worden sei, sei dieser Vorbehalt unwirksam. Auch könne eine Anrechnung auf die „geschuldete Tarifdynamik“ nicht erfolgen.

62

2. Mit dieser Begründung durfte das Landesarbeitsgericht dem Feststellungsantrag nicht stattgeben.

63

a) Es fehlt zunächst jegliche Begründung, aufgrund welcher Tatsachen das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen ist, die monatliche Zahlung der Zulage iHv. 166,00 Euro brutto beruhe auf der unter dem Datum des 25. Mai 2002 von den Parteien getroffenen Vereinbarung einer „pauschale[n] Überstundenabgeltung in Höhe von 100,00 Euro als ‚freiwillige Zulage‘“. Diese Behauptung des Klägers ist nach dem Tatbestand des Berufungsurteils gerade streitig und steht dem Vortrag der Beklagten entgegen, die Zahlung der 166,00 Euro monatlich bis zum Ende des Jahres 2013 beruhe auf der Gehaltsveränderungsmitteilung vom 27. Mai 2004, wonach zu diesem Zeitpunkt eine Zulage von 400,00 Euro gezahlt würde, die jedoch auf „tarifliche Erhöhungen“ anrechenbar sei, was nach der Beklagten in den letzten 10 Jahren einvernehmlich so praktiziert worden sei und im Jahre 2013 zu dem Zulagenbetrag von 166,00 Euro geführt habe.

64

b) Zum Zeitpunkt der Vereinbarung vom 25. Mai 2002 war der Manteltarifvertrag für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen noch allgemeinverbindlich, so dass dessen Regelungen jedenfalls insoweit einer individuellen Abrede vorgehen, als diese nicht günstiger ist. Der Manteltarifvertrag vom 20. September 1996 enthielt in § 5 eine Regelung über die Abgeltung von Mehrarbeit und in § 7 eine solche über Zuschläge bei Mehrarbeit. Ein Günstigkeitsvergleich der beiden Regelungen nach § 4 Abs. 3 TVG(zu dessen Kriterien vgl. ausf. BAG 15. April 2015 - 4 AZR 587/13 - Rn. 27 ff., BAGE 151, 221) ist nicht durchgeführt worden. Wenn - wofür einiges spricht - die vertragliche Regelung jedenfalls nicht günstiger ist als die zu der Zeit normativ geltende tarifliche Regelung, hätte es in jedem Fall nach dem Ende der Allgemeinverbindlichkeit am 31. März 2003 einer Neubegründung oder eines „Wiederauflebens“ der Vereinbarung (vgl. dazu zB BAG 12. Dezember 2007 - 4 AZR 998/06 - Rn. 15 und 39 ff., BAGE 125, 179) bedurft, um sie überhaupt zu rechtlicher Wirkung zu bringen. Hiermit hat sich das Landesarbeitsgericht nicht beschäftigt.

65

c) Ausgehend davon lässt sich auch nicht beurteilen, ob eine ggf. vereinbarte Zulage iHv. 166,00 Euro brutto vollständig oder ggf. teilweise „anrechnungsfest“ ist, wie das Landesarbeitsgericht gemeint hat.

66

aa) Ob eine Tarifentgelterhöhung individualrechtlich auf eine übertarifliche Vergütung angerechnet werden kann, hängt von der zugrunde liegenden Vergütungsabrede ab. Haben die Arbeitsvertragsparteien darüber eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen, gilt - sofern wirksam - diese. Sonst ist aus den Umständen zu ermitteln, ob eine Befugnis zur Anrechnung besteht. Die Anrechnung ist grundsätzlich möglich, wenn dem Arbeitnehmer nicht vertraglich ein selbständiger Entgeltbestandteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt zugesagt worden ist (vgl. BAG 19. April 2012 - 6 AZR 691/10 - Rn. 35 mwN, BAGE 141, 207; vgl. auch 3. September 2014 - 5 AZR 109/13 - Rn. 12, BAGE 149, 78). Allein in der tatsächlichen Zahlung liegt allerdings noch keine vertragliche Abrede, die Zulage solle auch nach einer Tarifentgelterhöhung als selbständiger Vergütungsbestandteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt gezahlt werden (BAG 19. April 2012 - 6 AZR 691/10 - aaO mwN). Jedenfalls dann, wenn sich durch eine Anrechnung - anders als beim Widerruf der Zulage - die Gesamtgegenleistung des Arbeitgebers für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung nicht verringert, ist die mit einer Anrechnung verbundene Veränderung der Zulagenhöhe dem Arbeitnehmer regelmäßig zumutbar. Ein darauf gerichteter Anrechnungsvorbehalt hielte einer Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB stand (vgl. BAG 19. April 2012 - 6 AZR 691/10 - aaO; 16. Mai 2012 - 10 AZR 729/10 - Rn. 38; 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 17, BAGE 118, 211).

67

bb) Anhand der tatrichterlichen Feststellungen ist weder erkennbar, auf welcher vertraglichen Grundlage die Zulage gezahlt wurde und - in geminderter Höhe - wird, noch, ob es sich bei der hier in Betracht zu ziehenden Vereinbarung der Parteien vom 25. Mai 2002 bzw. bei der Gehaltsveränderungsmitteilung vom 27. Mai 2004 - sollte es sich hierbei um ein von dem Kläger ggf. konkludent angenommenes Angebot auf eine Vertragsänderung handeln - um eine Individualvereinbarung oder eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSd. § 305 BGB bzw. um eine Einmalklausel iSd. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB handelt. Es ist damit schon nicht ersichtlich, anhand welcher Kriterien diese Vereinbarung(en) auszulegen ist/sind und nach welchen Maßstäben sich ihre Wirksamkeit beurteilt.

68

C. Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, da es noch tatrichterlicher Feststellungen bedarf.

69

I. Der Senat kann über die Zulässigkeit des unter A I 1 behandelten Teils des Feststellungsantrags zu 2. nicht abschließend entscheiden. Der Anspruch der Parteien, insbesondere des Klägers, auf Gewährung rechtlichen Gehörs gebietet die Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung.

70

Das Landesarbeitsgericht hätte die Klage hinsichtlich dieses Antrags nicht ohne vorherigen Hinweis auf die Unzulässigkeit der Klage abweisen dürfen. Die Parteien haben die Anforderungen an die Bestimmtheit des Klageantrags nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erkennbar übersehen oder falsch beurteilt. Das löst nach § 139 Abs. 2 ZPO, der den verfassungsrechtlichen Anspruch der Parteien auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG konkretisiert(BGH 4. Mai 2011 - XII ZR 86/10 - Rn. 12; 15. März 2006 - IV ZR 32/05 - Rn. 4), die richterliche Hinweispflicht aus. Das Gericht ist zwar nicht berechtigt oder verpflichtet, eigene Untersuchungen oder Nachforschungen anzustellen und auf der Grundlage der dadurch gewonnenen Erkenntnisse einem unzulässigen, weil unbestimmten Klageantrag einen zulässigen Inhalt zu geben. Es darf jedoch seine Entscheidung auf diesen Gesichtspunkt nicht stützen, ohne die Gelegenheit zu vorheriger Äußerung dazu zu geben (§ 139 Abs. 2 ZPO). Die betroffene Partei muss Gelegenheit erhalten, ihren Sachantrag den Zulässigkeitsbedenken des erkennenden Gerichts anzupassen (BAG 27. Juli 2016 - 7 ABR 16/14 - Rn. 21; vgl. auch 20. April 2016 - 10 AZR 111/15 - Rn. 16, BAGE 155, 44; BGH 10. März 2016 - VII ZR 47/13 - Rn. 11 mwN). Demgemäß ist es den Parteien zu ermöglichen, zur Frage der Bestimmtheit des genannten Teils des klägerischen Antrags zu 2. ergänzend Stellung zu nehmen.

71

II. Auch über die Zahlungsansprüche kann auf der Grundlage der bisherigen Tatsachenfeststellungen nicht abschließend entschieden werden.

72

1. Wie sich aus den oa. Ausführungen (vgl. unter B II 2) ergibt, bedarf es auch insoweit weiteren Vortrags der Parteien, zu dessen Erbringung ihnen nach Maßgabe des Art. 103 Abs. 1 GG Gelegenheit zu geben ist. Es wird dabei darauf ankommen, den Arbeitsvertrag der Parteien auszulegen und zu überprüfen, hinsichtlich welchen Tarifvertrags welcher Tarifvertragsparteien die Parteien zum Entgelt eine dynamische Vereinbarung getroffen haben und welcher jeweils neue Tarifvertrag nach dem Ende des vorherigen von dieser Verweisungsklausel erfasst war. Hat die Dynamik bis zum Streitzeitraum nicht geendet, wird festzustellen sein, auf welchen konkreten Tarifvertrag sie sich im August 2013 und danach erstreckt hat. Die dort ggf. vorgesehenen Anspruchsgrundlagen sind hinsichtlich der Erfüllung ihrer Tatbestandsmerkmale sodann auf den festgestellten Sachverhalt anzuwenden.

73

2. Sodann wird das Landesarbeitsgericht ggf. zu prüfen haben, in welcher Höhe Ansprüche auf Sonderzahlungen bestehen.

74

a) Es wird daher zunächst Feststellungen zur Anspruchsgrundlage und zu den Anspruchsvoraussetzungen für die Sonderzahlungen zu treffen haben. Soweit in den Vorinstanzen über einen „TV Sonderzahlungen“ gestritten worden ist, ohne dass der hierzu erbrachte Parteivortrag vom Landesarbeitsgericht tatbestandlich in Bezug genommen wurde, wird ggf. zu präzisieren sein, um welchen Tarifvertrag welcher Tarifvertragsparteien es sich dabei handelt und inwieweit er von der vertraglich vereinbarten Verweisungsklausel erfasst ist. Hierbei kann eine Rolle spielen, auf welcher Rechtsgrundlage die von der Beklagten bisher als „Sonderzahlungen“ charakterisierten Leistungen erbracht worden sind. Insoweit kommt eine Nachwirkung des bis zum 31. Januar 2000 allgemeinverbindlichen Tarifvertrags über Sonderzahlungen, vereinbart zwischen dem „Einzelhandelsverband Nordrhein e.V.“ und dem „Landesverband des Westfälisch-Lippischen Einzelhandels e.V.“ auf Arbeitgeberseite und den Gewerkschaften HBV und DAG auf Arbeitnehmerseite, in Betracht. Zwar wird der Kläger seinen Anspruch für die Jahre 2013/2014 derzeit hierauf nicht stützen können, weil er sich ausschließlich auf die vertragliche Verweisungsklausel und nicht auf die normative Wirkung eines Tarifvertrags berufen hat, worin zwei unterschiedliche Streitgegenstände zu sehen sind (vgl. BAG 18. Mai 2011 - 4 AZR 457/09 - Rn. 15; 27. Januar 2010 - 4 AZR 549/08 (A) - Rn. 103 mwN). Für den Fall, dass das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis kommt, ein Tarifvertrag über Sonderzahlungen sei arbeitsvertraglich dynamisch in Bezug genommen worden - was es bisher nicht erörtert hat - stellte sich die Frage nach dem Verhältnis der Wirkung eines solchen arbeitsvertraglich einbezogenen Tarifvertrags zu der Nachwirkung eines allgemeinverbindlichen Tarifvertrags (vgl. dazu unter B I 2 b bb). Von der konkreten Gestaltung einer möglichen Anspruchsgrundlage wird auch abhängen, ob eine rückwirkende tarifliche Vergütungserhöhung auch zu einer rückwirkenden Erhöhung der Sonderzuwendung für November 2013 führt.

75

b) Soweit das Landesarbeitsgericht prüfen wird, ob der Arbeitsvertrag des Klägers einen Tarifvertrag über eine Sonderzahlung oder zumindest die in diesem Tarifvertrag maßgeblichen Regelungen in Bezug nimmt, wird es dabei in Betracht zu ziehen haben, dass Ziff. 13 der Anlage zum Arbeitsvertrag der Parteien ua. eine die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen ergänzende, zeitdynamische Bezugnahme auf die nach ihrem fachlichen, räumlichen und persönlichen Geltungsbereich für den Kläger einschlägigen tarifvertraglichen Regelungen enthält. Danach gelten „ergänzend […] die gesetzlichen und tarifvertraglichen Regelungen, ebenso wie die im Betrieb geltenden Betriebsvereinbarungen“. Diese Vereinbarung ist vom Landesarbeitsgericht bislang nur ergänzend zur Begründung der Annahme einer Dynamik für die in Bezug genommenen „Entgelttarifverträge“ herangezogen worden.

76

Die Frage der Erstreckung der arbeitsvertraglichen Verweisung kann nicht ohne Kenntnis des - hier vom Landesarbeitsgericht nicht festgestellten - vollständigen Inhalts des Arbeitsvertrags der Parteien beurteilt werden. Auch diesbezüglich wird es Feststellungen zu treffen haben. Ziff. 13 der Anlage zum Arbeitsvertrag der Parteien nimmt gerade nur „ergänzend“ auf die nach ihrem fachlichen, räumlichen und persönlichen Geltungsbereich für den Kläger einschlägigen tarifvertraglichen Regelungen Bezug, dh. soweit sich im Arbeitsvertrag keine abweichende Regelung findet.

77

III. Über die Begründetheit des zulässigen Teils des Feststellungsantrags (vgl. unter A I 2 und A II) sowie die davon abhängigen Entgeltdifferenzen iHv. monatlich 16,00 Euro brutto für die Zeit von Januar bis September 2014 kann gleichfalls nicht abschließend entschieden werden. Im Rahmen der neuen Verhandlung und Entscheidung wird das Landesarbeitsgericht die nach den vorstehenden Ausführungen erforderlichen Tatsachenfeststellungen nachzuholen haben.

78

1. Hier wird das Landesarbeitsgericht zunächst festzustellen haben, auf welcher rechtlichen Grundlage bis zum Ende des Jahres 2013 die Beklagte an den Kläger den Betrag von 166,00 Euro gezahlt hat. Sodann wird es festzulegen haben, welche Anrechnungsregelung hier überhaupt zur Anwendung kommen kann und deren Rechtswirksamkeit prüfen. Für den Fall, dass nach der Vereinbarung in Ziff. 2 der Anlage zum Arbeitsvertrag und/oder auf der Grundlage der Gehaltsveränderungsmitteilung vom 27. Mai 2004 eine Anrechnungsbefugnis seitens der Beklagten besteht, wird es zu beachten haben, ob diese Erklärungen so auszulegen sind, dass sie nach ihrem Wortlaut („können“ bzw. „kann“) eine Gestaltungserklärung seitens der Beklagten verlangen, die Zeitpunkt und Höhe des anzurechnenden Betrags festlegt.

79

2. Hinsichtlich des Zeitpunkts der Anrechnung wird das Berufungsgericht ggf. zu beachten haben, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts übertarifliche Vergütungsbestandteile, die unter dem Vorbehalt der Anrechnung stehen, mit einer offenen Tilgungsbestimmung versehen sind, die eine Anrechnung auf rückwirkend zu erbringende Entgelte auch grundsätzlich nachträglich noch zulässt (vgl. BAG 20. Oktober 2010 - 4 AZR 552/08 - Rn. 55; so für den Fall der rückwirkenden Tariflohnerhöhung 27. August 2008 - 5 AZR 820/07 - Rn. 18, 26, BAGE 127, 319).

        

    Creutzfeldt    

        

    Klose    

        

    Rinck    

        

        

        

    Creutzfeldt    

        

    Mayr    

                 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 14. März 2012 - 4 Sa 12/10 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Tarifverträge und sich daraus ergebende Vergütungsansprüche des Klägers.

2

Der Kläger ist bei der Beklagten, die keinem Arbeitgeberverband angehört, seit Oktober 1995 als kaufmännischer Angestellter gegen ein Bruttomonatsentgelt von zuletzt 3.663,91 Euro tätig. Im schriftlichen Arbeitsvertrag aus dem Monat Oktober 1995 ist ua. geregelt:

        

„Als Vergütung für Ihre Tätigkeit erhalten Sie ein am letzten Arbeitstag jeden Monats zahlbares Bruttogehalt nach Tarifgruppe 5/4 in Höhe von DM 5.400.-- …

        

Tarifgehalt

Leistungszulage

Außertarifl. Zulage

Gesamtsumme

        

DM 4848.--

        

552.--

DM 5400.--

        

Die nach 3 Monaten auszuweisende Leistungszulage ist bereits in der AT-Zulage enthalten.

        

Wir sind berechtigt, die Leistungszulage zu kündigen oder bei einer Einstufung in eine andere Tarifgruppe neu festzulegen und die außertarifliche Zulage jederzeit ganz bzw. teilweise zu widerrufen oder bei einer Neufestsetzung Ihrer Bezüge ganz bzw. teilweise aufzurechnen.“

3

In den von den Parteien gleichfalls im Oktober 1995 unterzeichneten „Allgemeinen Vertragsbedingungen“ wird hinsichtlich des Urlaubs und der Kündigungsfristen während der Probezeit auf den „geltenden Tarifvertrag“ verwiesen. Für die Arbeitszeit sind demgegenüber die „nach den gesetzlichen und jeweils geltenden betrieblichen Bestimmungen“ maßgebend und nach Ablauf der Probezeit sollen die „gesetzlichen Kündigungsfristen“ gelten. Die weiteren vertraglichen Bestimmungen enthalten keine Verweisungen auf andere Regelungen.

4

Bereits vor Abschluss des Arbeitsvertrags mit dem Kläger hatte die Beklagte mit der Industriegewerkschaft Metall (IG Metall) einen zum 1. Juli 1995 in Kraft getretenen „Werktarifvertrag (Anerkennungstarifvertrag)“ (nachfolgend: Anerkennungstarifvertrag) geschlossen. In diesem wird auf sieben, im Einzelnen aufgeführte Verbandstarifverträge der bayerischen Metallindustrie, ua. den Manteltarifvertrag für die Angestellten der bayerischen Metallindustrie (idF vom 1. April 1994) verwiesen. Sodann lautet der Anerkennungstarifvertrag wie folgt:

        

„II.   

        

Abweichend von diesen Bestimmungen gilt folgendes:

        

1.    

Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütung

        

1.1.   

Die Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütung von Stand 31.12.94 werden in 1995 wie folgt erhöht:

                 

-       

Bei einem Einkommen bis 5000.-- DM brutto im Monat erfolgt eine Erhöhung von 150.-- DM monatlich ab 01.07.95.

                 

-       

Bei einem Einkommen über 5000.-- DM brutto im Monat erfolgt eine Erhöhung von 150.-- DM monatlich ab 01.10.95.

                 

-       

Die Ausbildungsvergütung beträgt monatlich …

        

1.2.   

Die Lohn-, Gehalts- und Ausbildungstabellen in der Fassung vom 01.11.95, die zwischen IG Metall und dem Verein der Bayer. Metallindustrie am 07.03.95 vereinbart wurden, gelten ab 01.01.96 für die Beschäftigten der Firma Generalelektronik GmbH Magdeburg, Zweigniederlassung Müller und Weigert, Nürnberg.

                 

Beide Parteien vereinbaren eine Laufzeit bis 31.12.96. Sie kann mit einer Frist von einem Monat, erstmals zum 31.12.96 gekündigt werden.

                 

Wenn sich das bereits negativ geplante operative Ergebnis noch um 10 % bis 31.12.95 verschlechtert, verpflichten sich die Parteien über die Löhne und Gehälter für 1996 neu zu verhandeln.

                 

…       

        

2.    

Teil des 13. Monatseinkommens

                 

Für das Jahr 1995 erhalten die Beschäftigten den gleichen Prozentsatz wie 1994.

                 

Ab 1996 gilt die Regelung des Tarifvertrages der Bayer. Metallindustrie.

        

3.    

Die Arbeitszeit aller Beschäftigten wird ab 01.10.96 auf 35 Stunden verkürzt, nach den Regelungen, die für die Bayer. Metallindustrie gelten.

        

III.   

        

Die in diesen Tarifverträgen geltenden Kündigungsfristen und Termine sowie ausgesprochenen Kündigungen gelten auch zwischen den Parteien dieses Anerkennungstarifvertrages.

        

Forderungen, die zu den in Bezug genommenen Tarifverträgen gestellt werden, gelten auch gegenüber der jeweiligen Partei dieses Tarifvertrages als gestellt.

        

Arbeitskampffreiheit und Friedenspflicht regeln sich so, als wäre die Firma Mitglied des Arbeitgeberverbandes, der die in Bezug genommenen Tarifverträge abgeschlossen hat.

        

Zwischen den Parteien finden ebenfalls alle Abmachungen, Abkommen, Zusatzabkommen und Änderungsverträge Anwendung, die zwischen den Parteien der mit diesem Vertrag in Bezug genommenen Tarifverträge abgeschlossen werden.

        

Dies gilt auch hinsichtlich des Inkrafttretens neuer Tarifbestimmungen, die anstelle der in Bezug genommenen Tarifverträge bzw. Tarifbestimmungen treten. Die in Bezug genommenen Tarifverträge bzw. -abkommen oder -vereinbarungen gelten in der jeweils gültigen Fassung und mit dem jeweils gültigen Rechtsstatus.“

5

Mit „Zusatztarifvertrag“ vom 14. Januar 1997 wurde - neben Änderungen der Wochenarbeitszeit und des anteiligen 13. Monatseinkommens - auf den Lohn- und Gehaltstarifvertrag der bayerischen Metallindustrie vom 12. Dezember 1996 verwiesen. In einem weiterem „Zusatztarifvertrag“ (vom 1. Oktober 1998) wird die „kommende Lohn-Gehaltserhöhung 1999“ ungekürzt weitergegeben, aber auf die zu leistende Sonderzahlung, die für dasselbe Jahr um die Hälfte gekürzt wurde, angerechnet. Ab 1. Januar 2000 sollten alle tariflichen Bestimmungen wieder uneingeschränkt gelten.

6

Die Beklagte kündigte im September 2001 sämtliche von ihr mit der IG Metall vereinbarten Tarifverträge fristgerecht zum 31. Dezember 2001. Die in der Folgezeit durch die Verbandstarifverträge der bayerischen Metallindustrie vereinbarten Entgelterhöhungen leistete sie nicht.

7

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Bedeutung - für den Zeitraum ab Februar 2008 die Nachzahlung der Differenz zwischen dem ihm geleisteten Entgelt und dem jeweiligen Tarifentgelt der Tarifgruppe 5, 4. Gruppenjahr nach den Vergütungstabellen der bayerischen Metallindustrie nebst den Leistungszulagen geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, die tariflichen Entgeltregelungen der bayerischen Metallindustrie auch für die Zeit nach dem 1. Januar 2002 dynamisch anzuwenden. Der Arbeitsvertrag enthalte eine konstitutive Abrede, die eine dynamische Anwendung der jeweiligen Entgeltregelungen der bayerischen Metallindustrie zur Folge habe. Der arbeitsvertragliche Verweis auf das jeweilige Tarifgehalt, die Tarifgruppe sowie auf die Leistungszulage, die im Verbandstarifvertrag geregelt sei, belegten den Willen der Parteien, die Tarifverträge der bayerischen Metallindustrie dynamisch anzuwenden. Selbst wenn sich das arbeitsvertraglich in Bezug genommene jeweils „geltende Tarifrecht“ auf die von der Beklagten geschlossenen Haustarifverträge beziehe, die er zudem nicht gekannt habe, gelte dies nur für deren Geltungsdauer, danach seien die jeweiligen Verbandstarifverträge wieder maßgebend. Es liege auch keine sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung des Senats vor. Die Beklagte sei nicht Verbandsmitglied gewesen und habe die Tarifverträge des Verbands nur teilweise in Bezug genommen. Da der Arbeitsvertrag im Übrigen keinen Hinweis auf den Anerkennungstarifvertrag enthalte, sei die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB anzuwenden. Er sei Mitglied der IG Metall und ihm sei es darauf angekommen, nicht schlechter gestellt zu werden als bei seinem bisherigen Arbeitgeber, für den die Verbandstarifverträge aufgrund Mitgliedschaft gegolten hätten.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.531,78 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 7.192,40 Euro seit dem 1. Januar 2009 und aus weiteren 1.339,38 Euro seit dem 1. März 2009 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, sie sei an die Tarifregelungen der bayerischen Metallindustrie nicht mehr gebunden. Bei der arbeitsvertraglichen Verweisung handele es sich allenfalls um eine sog. Gleichstellungsabrede. Mit Beendigung ihrer eigenen Tarifgebundenheit ab dem 1. Januar 2002 habe gleichzeitig die Dynamik der Bezugnahme geendet. Zudem enthalte der Arbeitsvertrag keinen Verweis auf das Tarifrecht des Verbands. Allenfalls könne der mit ihr vereinbarte Anerkennungstarifvertrag erfasst sein. Die Nennung der Tarifgruppe im Arbeitsvertrag habe nur der Zuweisung in das betriebliche Eingruppierungsschema gedient.

10

Das Arbeitsgericht hat der Klage im noch streitigen Umfang stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Für den geltend gemachten Zahlungsanspruch des Klägers gibt es keine rechtliche Grundlage. Die nach dem 31. Dezember 2001 vereinbarten Tarifentgelterhöhungen in den Flächentarifverträgen der bayerischen Metallindustrie finden im Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung.

12

I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die geltend gemachten Entgeltdifferenzen auf Grundlage der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen. Dies gilt auch dann, wenn man zu seinen Gunsten und mit dem Landesarbeitsgericht davon ausgeht, die arbeitsvertraglich vereinbarten Vergütungsregelungen enthielten im Ergebnis eine dynamische Bezugnahme auf die tariflichen Bestimmungen der bayerischen Metallindustrie. Eine Bezugnahmeregelung in den Vergütungsbestimmungen des im Jahre 1995 geschlossenen Arbeitsvertrags ist als sog. Gleichstellungsabrede auszulegen, die keine von der Tarifgebundenheit der Beklagten unabhängige zeitdynamische Verweisung auf genannte Tarifregelungen in der jeweiligen Fassung zum Inhalt hat. Nach der von der Beklagten erklärten Kündigung sämtlicher Haustarifverträge zum Ablauf des Jahres 2001 galten diese nur noch mit dem zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Regelungsbestand - „statisch“ - fort. Spätere Tariflohnerhöhungen in den Verbandstarifverträgen werden von einer Bezugnahmeregelung nicht mehr erfasst.

13

1. Die Auslegungsregel zu einer Verweisungsklausel als Gleichstellungsabrede nach der früheren Rechtsprechung des Senats ist auch dann anzuwenden, wenn die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an Verbandstarifverträge auf einer dynamischen Verweisung in einem Haustarifvertrag beruht. Ihr steht weder die Bezugnahme auf einen einzelnen Tarifvertrag oder Teile hiervon, noch die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB entgegen.

14

a) Nach der früheren Rechtsprechung des Senats galt die - widerlegliche - Vermutung, dass es einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum geht, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Der Senat ging davon aus, dass mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden soll, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags zu kommen und damit zu dessen Geltung für alle Beschäftigten. Daraus hat der Senat die Konsequenz gezogen, dass auch ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder in den Begleitumständen bei Vertragsschluss bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeklauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen seien. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, dass die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik nur so weit reicht, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reicht, also dann endet, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden ist. Ab diesem Zeitpunkt sind die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch anzuwenden (st. Rspr., siehe nur BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 f. mwN).

15

b) Diese Rechtsprechung hat der Senat für vertragliche Bezugnahmeregelungen, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Er wendet die Auslegungsregel aus Gründen des Vertrauensschutzes jedoch weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind (BAG 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 24 ff., BAGE 116, 326; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29 ff., BAGE 122, 74; bestätigt durch BVerfG 26. März 2009 - 1 BvR 3564/08 - und 21. April 2009 - 1 BvR 784/09 -).

16

c) Die zu dieser Rechtsfolge führende Auslegungsregel ist auch dann maßgebend, wenn die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers nicht auf dessen Verbandsmitgliedschaft zurückgeht, sondern auf einen zum Zeitpunkt des Arbeitsvertrags geltenden Anerkennungstarifvertrag (st. Rspr., BAG 21. Oktober 2009 - 4 AZR 477/08 - Rn. 19; siehe weiterhin 15. März 2006 - 4 AZR 132/05 - Rn. 30 ff.).

17

d) Der Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahme als sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung steht - anders als dies der Kläger meint - nicht entgegen, dass nicht auf das ganze Tarifwerk, sondern nur auf einen einzelnen Tarifvertrag oder Teile hiervon verwiesen wird. Eine arbeitsvertragliche Vereinbarung, mit der dynamisch auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk verwiesen wird, dient dem Zweck, die Anwendung der jeweiligen Tarifnormen im Arbeitsverhältnis herbeizuführen, beinhaltet jedoch nicht eine vertragliche Vereinbarung über eine umfassende Behandlung des Arbeitnehmers als Gewerkschaftsmitglied (BAG 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 30, BAGE 130, 43; 9. Mai 2007 - 4 AZR 275/06 - Rn. 28). Die durch die frühere Rechtsprechung des Senats begründete Auslegung einer solchen arbeitsvertraglichen Verweisung als Gleichstellungsabrede setzt ebenso wenig wie die Verweisungsklausel im Allgemeinen besondere Anforderungen an das im Arbeitsvertrag genannte Bezugsobjekt voraus, sondern variiert lediglich die Wirkungsweise der vertraglichen Gestaltung. An die besondere Voraussetzung, dass der Arbeitgeber an den im Arbeitsvertrag genannten Tarifvertrag seinerseits auch normativ gebunden ist, knüpft sie die abweichende und besondere Rechtsfolge des Wegfalls der Dynamik bei Wegfall der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers. Keine notwendige Bedingung dagegen ist es, dass im Arbeitsvertrag auf sämtliche Tarifverträge verwiesen wird, die für den Arbeitgeber und die bei ihm beschäftigten tarifgebundenen Gewerkschaftsmitglieder normativ gelten. Die Bestimmung des Umfangs der vertraglichen Bezugnahme ist allein Sache der Vertragsparteien (etwa ob eine sog. Tarifwechselklausel vorliegt: BAG 29. August 2007 - 4 AZR 765/06 - Rn. 29).

18

Dementsprechend ist der Senat stets davon ausgegangen, dass eine sog. Gleichstellungsabrede auch dann vorliegen kann, wenn arbeitsvertraglich nur einzelne Regelungsbereiche in Bezug genommen wurden oder tarifvertragliche Bestimmungen lediglich „im Übrigen“ anzuwenden sind und/oder „soweit nicht abweichende arbeitsvertragliche Regelungen bestehen“ (vgl. bspw. BAG 23. Januar 2008 - 4 AZR 602/06 -; 1. Dezember 2004 - 4 AZR 50/04 - BAGE 113, 40; 13. November 2002 - 4 AZR 393/01 - BAGE 103, 364; 16. Oktober 2002 - 4 AZR 467/01 - BAGE 103, 141; 26. September 2001 - 4 AZR 544/00 - BAGE 99, 120).

19

e) Entgegen der Auffassung des Klägers stehen der Auslegung der Verweisungsklausel als Gleichstellungsabrede die §§ 305 ff. BGB nicht entgegen. Die bisherige Rechtsprechung des Senats ist unter Anwendung der seit dem 1. Januar 2002 in § 305c Abs. 2 BGB normierten, jedoch bereits vorher auch für das Arbeitsrecht anerkannten Unklarheitenregelung(zB BAG 17. November 1998 - 9 AZR 584/97 -) davon ausgegangen, dass bei der der Gleichstellung generell zugrunde liegenden soziotypischen Konstellation von als berechtigt anzuerkennenden Zweifeln iSv. § 305c Abs. 2 BGB nicht ausgegangen werden kann(BAG 19. März 2003 - 4 AZR 331/02 - zu I 2 d bb der Gründe, BAGE 105, 284). Die Auslegung einer arbeitsvertraglichen Verweisung als Gleichstellungsabrede umfasst nicht nur das Verständnis des tarifgebundenen Arbeitgebers bei der Abgabe seines Vertragsangebots, wonach die Verweisung auf einschlägige Tarifregelungen hinsichtlich der Dynamik unter der auflösenden Bedingung des Wegfalls seiner eigenen Tarifgebundenheit steht, sondern auch die vom Senat seinerzeit angenommene Erkennbarkeit dieser Vertragsbedingung für den Arbeitnehmer, dessen Zustimmung zu der vom Arbeitgeber vorformulierten Klausel diese auflösende Bedingung umfasst. Soweit daher aus Vertrauensschutzgründen die frühere Rechtsprechung des Senats weiterhin anzuwenden ist, gilt dies auch für den vom Senat vorausgesetzten Empfängerhorizont des Arbeitnehmers, der davon „ausgehen (muss), daß eine Bezugnahmeklausel, die von der Arbeitgeberseite angeboten wird, als Gleichstellungsabrede gemeint ist“ (BAG 19. März 2003 - 4 AZR 331/02 - zu I 2 d aa der Gründe, aaO; 26. September 2001 - 4 AZR 544/00 - zu II 1 c bb (1) der Gründe, BAGE 99, 120). Auch insoweit hält der Senat für Altverträge aus der Zeit vor dem 1. Januar 2002 aus Gründen des Vertrauensschutzes an seiner bisherigen Rechtsprechung fest (siehe auch BAG 15. März 2006 - 4 AZR 132/05 - Rn. 28 ff.).

20

2. Bei Anwendung der vorstehenden Grundsätze ist die arbeitsvertragliche Vergütungsvereinbarung der Parteien im Entscheidungsfall als sog. Gleichstellungsabrede zu qualifizieren.

21

a) Die Beklagte war bei Abschluss des Arbeitsvertrags im Oktober 1995 über den Anerkennungstarifvertrag normativ an die dort genannten Tarifverträge der bayerischen Metallindustrie, ua. den Manteltarifvertrag für die Angestellten der bayerischen Metallindustrie (vom 31. Oktober/2. November 1970 idF vom 1. April 1994), gebunden. Dieser Manteltarifvertrag enthält die Zuordnung von Tätigkeiten zu bestimmten Gehaltsgruppen sowie die Bestimmung des einschlägigen Gruppenjahres, die für den Kläger im Arbeitsvertrag mit „Tarifgruppe 5/4“ bezeichnet wurde und auf die er sich zur Begründung seines Anspruchs bezogen hat.

22

b) Entgegen der Auffassung des Klägers kann nicht davon ausgegangen werden, im Arbeitsvertrag sei lediglich eine unmittelbare Bezugnahme auf die Verbandstarifverträge erfolgt, nicht dagegen auf die Haustarifverträge der Beklagten. Dem widerspricht schon das vertraglich vereinbarte „Tarifgehalt“ von 4.848,00 DM, das sich gerade nicht aus der zu diesem Zeitpunkt geltenden Gehaltstabelle des Verbandstarifvertrags ergab. Vielmehr entsprach es in seiner Höhe allein den sich in Anwendung der Ziff. II.1.1. des Anerkennungstarifvertrags ergebenden Bestimmungen.

23

c) Die - zugunsten des Klägers vom Landesarbeitsgericht unterstellte - dynamische Inbezugnahme der Entgeltregelungen der bayerischen Metallindustrie über die Verweisung im Anerkennungstarifvertrag endete mit Ablauf der Tarifgebundenheit der Beklagten durch die Kündigung der Haustarifverträge zum Jahresende 2001. Nach diesem Zeitpunkt erfolgte Änderungen in den Tarifverträgen der bayerischen Metallindustrie waren für die Beklagte nicht mehr verbindlich.

24

II. Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Entgelts nach den jeweiligen Tarifverträgen der bayerischen Metallindustrie ergibt sich für den streitgegenständlichen Zeitraum auch nicht aus der von ihm behaupteten Mitgliedschaft in der IG Metall.

25

Nach Beendigung des Anerkennungstarifvertrags zum Ende des Jahres 2001 wirken seine Rechtsnormen nach § 4 Abs. 5 TVG zwar nach. Eine lediglich nachwirkende Verweisung auf andere Tarifverträge erstreckt sich jedoch nicht auf im Nachwirkungszeitraum vereinbarte Änderungen der in Bezug genommenen Tarifbestimmungen (st. Rspr., BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 8/10 - Rn. 27 mwN; so bereits 17. Mai 2000 - 4 AZR 363/99 - zu I 4 der Gründe, BAGE 94, 367).

26

III. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen, weil er mit seinem Rechtsmittel unterlegen ist (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Eylert    

        

    Winter    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Kiefer    

        

    Bredendiek    

                 

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Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 14.01.2016 - Az.: 2 Ca 1091/15 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über von der Klägerin gegenüber der Beklagten geltend gemachte Ansprüche auf Weitergabe einer Tariflohnerhöhung.

2

Der Einkaufsmarkt, in dem die Klägerin beschäftigt ist, wurde ursprünglich von der M. AG, einer der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten, betrieben. Unter dem 13.12.1993 schlossen die M. AG und die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen einen Überleitungsvertrag ab, dem zufolge mit Wirkung ab dem 01.01.1995 nicht mehr der damals im Betrieb geltende Haustarifvertrag, sondern die einschlägigen Branchentarifverträge gelten sollten.

3

Die Klägerin ist bei der Beklagten bzw. einer weiteren Rechtsvorgängerin der Beklagten – der r.,- SB Warenhaus GmbH – seit dem 02.11.2001 als Kassiererin im r.-Einkaufsmarkt (später G.) in A-Stadt beschäftigt. Im mit der tarifgebundenen Firma r.,- SB Warenhaus GmbH abgeschlossenen Arbeitsvertrag der Klägerin vom 02.11.2001 ist in Ziffer 3 geregelt:

4

„Auf das Arbeitsverhältnis finden die jeweils geltenden Tarifverträge des Einzelhandels in der jeweils gültigen Fassung sowie die jeweils geltenden Gesamtbetriebsvereinbarungen bzw. Betriebsvereinbarungen in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.“

5

Wegen des weiteren Inhalts der arbeitsvertraglichen Vereinbarung wird auf den Arbeitsvertrag vom 02.11.2001 (Anlage zur Klageschrift, Bl. 12 f. d. A.) verwiesen.

6

Die nicht tarifgebundene Beklagte vergütete die Klägerin bis einschließlich Juli 2013 nach den jeweiligen Entgeltsätzen der Gehaltsgruppe II/6. Tätigkeitsjahr des Gehaltstarifvertrages für die Beschäftigten des Einzel- und Versandhandels in Rheinland-Pfalz (im Folgenden: Gehalts-TV). Die im August 2013 und im Mai 2014 in Kraft getretenen Tariflohnerhöhungen gab die Beklagte indessen nicht mehr an die Klägerin weiter.

7

Anlässlich des bevorstehenden Betriebsübergangs von r.,- auf die Beklagte informierte r.,- die Arbeitnehmer mit Schreiben vom 08.05.2008 darüber, dass der Betriebserwerber - die Beklagte - tarifgebunden sei und die Tarifverträge für den Einzelhandel in Rheinland-Pfalz Anwendung fänden. Zum 01.07.2008 ging der Betrieb von der Firma r.,- im Wege des Betriebsübergangs auf die Beklagte über.

8

Mit Schreiben vom 16.06.2011 (Anlage zur Klageschrift, Bl. 8 d. A.) wandte sich die Beklagte an die Beschäftigten, unter anderem auch an die Klägerin, und wies darauf hin, dass die Beklagte in A-Stadt nicht tarifgebunden sei. Dieses Schreiben lautet auszugsweise wie folgt:

9

„Der Tarifvertrag wird weiter angewendet – Auch Ihr Gehalt soll steigen!

10

Sehr geehrte Frau A.,
wie Sie wissen, ist unser G. SB-Warenhaus in A-Stadt nicht tarifgebunden. Im August 2009 wurde gemeinsam mit dem Betriebsrat ein Betriebliches Bündnis geschlossen, in dem u.a. die Anwendung des rheinland-pfälzischen Einzelhandelstarifvertrages vereinbart wurde. Das Bündnis endet am 30.06.2011.

11

In diesem Jahr wurde von Seiten der Gewerkschaft ver.di in unserem Haus eine Tarifkommission gebildet, mit dem Ziel, die tariflichen Rahmenbedingungen in unserem Haus ab dem 01.07.2011 zu verhandeln. Diese Verhandlungen wurden am 14.06.2011 ohne Ergebnis beendet.

12

Wie geht es nun weiter?

13

Wenngleich wir in A-Stadt nicht tarifgebunden sind und bis dato weder mit ver.di noch mit unserem Betriebsrat eine gemeinsame Lösung zu finden war, geben wir Ihnen hiermit freiwillig folgende Zusicherung:

14

1. Wir werden Sie auch nach dem 30.06.2011 entsprechend den Regelungen des gültigen rheinland-pfälzischen Einzelhandelstarifvertrages vergüten.

15

2. Sobald in 2011 ein neuer Gehalts- und Lohntarifvertrag für den rheinland-pfälzischen Einzelhandel abgeschlossen ist, wird auch dieser neue Tarifvertrag mit den darin enthaltenen Regelungen – insbesondere den Lohn- und Gehaltserhöhungen – Anwendung auf Ihr Arbeitsverhältnis finden."

16

Mit Schreiben vom 12.09.2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Zusage vom 16.06.2011 auch selbstverständlich für den Manteltarifvertrag des rheinland-pfälzischen Einzelhandels gelte.

17

Ab dem 01.08.2013 wurden die tariflichen Gehälter um 3 % angehoben und ab dem 01.05.2014 um weitere 2,1 %. Diese Gehaltssteigerungen wurden nicht mehr an die Klägerin sowie die anderen in der Betriebsstätte A-Stadt beschäftigten Arbeitnehmer weitergegeben.

18

Die Klägerin hat die Zahlung dieser Tariflohnerhöhungen mit Schreiben vom 07.03.2014 (Anlage zur Klageschrift, Bl. 10 d. A.) gegenüber der Beklagten schriftlich geltend gemacht. Das formularmäßig vorgefertigte Schreiben hat u.a. folgenden Wortlaut:

19

"Geltendmachung des aktuellen Tarifvertrages Einzelhandel Rheinlandpfalz

20

Tariferhöhung Rückwirkend zum 01.08.2013 von 3 % sowie die zu erwartende Erhöhung von 2,1 % ab 01.05.14.

21

Sehr geehrter Herr W.
Ich möchte sie bitten mir die vorgenannte Tariferhöhung mit der nächsten Gehaltsauszahlung auszuzahlen.

22

Meinen Anspruch mache ich geltend auf Basis des von Ihnen an mich gesendeten Schreibens vom 16.06.2011 zum Gehaltstarifvertrag sowie dem Schreiben vom 12.09.11, zum Manteltarifvertrag Einzelhandel Rheinland-Pfalz.

23

Ebenso ergibt sich der Anspruch aus meinem Arbeitsvertrag, der eine dynamische Verweisklausel enthält. Der Gesamtbetrag der Geltendmachung beläuft sich auf 408,55 Euro.

24

Ich bitte sie mir bis zum ________ meinen Anspruch zu bestätigen."

25

Die Beklagte hat die geltend gemachten Ansprüche mit Schreiben vom 18.03.2014 (Anlage zur Klageschrift, Bl. 9 d. A.) zurückgewiesen.

26

Die Klägerin hat vorgetragen:

27

Die Beklagte habe gegenüber dem Betriebsrat vor dem Betriebsübergang mehrfach betont, tarifgebunden zu sein.

28

Sie sei der Auffassung, sie habe Anspruch darauf, auch über den 31.07.2013 hinaus weiterhin nach Maßgabe des für den Einzelhandel Rheinland-Pfalz in seiner jeweiligen Fassung geltenden Tarifvertrags vergütet zu werden. Dies ergebe sich bereits aus dem Arbeitsvertrag, der eine dynamische Bezugnahme auf die Tarifgehaltsbestimmungen enthalte. Zudem habe die Beklagte mit Schreiben vom 16.06.2011 und vom 12.09.2011 ausdrücklich die tarifliche Bezahlung nicht nur für die seinerzeit bevorstehende Lohnrunde 2011, sondern auch für einen etwa nachfolgenden neuen Tarifvertrag bestätigt.

29

Die arbeitsvertraglichen und tariflichen Ausschlussfristen seien durch das Geltendmachungsschreiben vom 07.03.2014 auch zukunftsbezogen gewahrt.

30

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

31

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 408,55 Euro brutto, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 19.03.2014 zu zahlen.

32

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.092,74 Euro brutto, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Klagezustellung zu zahlen.

33

Die Beklagte hat beantragt,

34

die Klage abzuweisen.

35

Die Beklagte hat die Ansicht geäußert, die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel stelle lediglich eine Gleichstellungsabrede dar und führe lediglich zu einer statischen, nicht jedoch zu einer dynamischen Tarifanwendung. Ein Anspruch ergebe sich auch weder aus den bisher weitergegebenen Tariferhöhungen, noch aus dem Schreiben vom 16.06.2011 oder dem Schreiben vom 12.09.2011, da sich hieraus kein Wille ihrerseits herleiten lasse, sich auf Dauer an die Tarifentwicklung binden zu wollen.

36

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat die Klage durch Urteil vom 14.01.2016 – Az. 2 Ca 1091/15 – mit der Begründung abgewiesen, der Klägerin stehe ein Anspruch auf die begehrten Tariflohnerhöhungen nach dem 31.07.2013 nicht zu, da die Beklagte weder tarifgebunden, noch der Tarifvertrag allgemeinverbindlich sei. Ein Anspruch auf Weitergabe von Tariflohnerhöhungen lasse sich auch nicht aus dem Überleitungstarifvertrag zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten und der seinerzeit zuständigen Gewerkschaft HBV vom 13.12.1993 herleiten. Auf das Urteil des Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 14. Oktober 2015 - 4 Sa 478/14 - werde Bezug genommen. Auch auf Ziffer 4 des Arbeitsvertrags könne sich die Klägerin nicht berufen. Insoweit liege eine sogenannte Gleichstellungsabrede vor. Die dynamische Anwendung der tariflichen Entgeltbestimmungen habe aufgrund des Wegfalls der arbeitgeberseitigen Tarifgebundenheit infolge des Betriebsübergangs auf die Beklagte geendet. Auch eine betriebliche Übung liege nicht vor. Aus dem Schreiben der Beklagten vom 16.06.2011 ergäben sich ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariflohnerhöhungen habe übernehmen wollen. Auch insoweit folge die Kammer der Auffassung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz in der zitierten Entscheidung.

37

Die Klägerin hat gegen das ihr am 10.02.2016 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Az. 2 Ca 1091/15 – mit am 09.03.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag Berufung eingelegt und diese mit am Montag, dem 11.04.2016, beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 08.04.2016 begründet.

38

Die Klägerin ist der Auffassung,
das Arbeitsgericht habe verkannt, dass das Schreiben vom 16.06.2011 nur dahingehend verstanden werden könne, dass sie zukünftig dauerhaft an der Tarifentwicklung teilnehmen solle. Eine Einschränkung auf die Tarifrunde 2011 lasse sich der Zusicherung gerade nicht entnehmen. Jedenfalls greife die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB mit der Folge, dass eine arbeitnehmerfreundliche Auslegung zu erfolgen habe, was zu einer dynamischen Anwendbarkeit des Gehaltstarifvertrages führe. Auch sei entgegen der rechtlichen Würdigung durch das Arbeitsgericht durch die jahrelange tatsächliche Weitergabe der Tariflohnerhöhungen, verbunden mit der permanenten Suggestion, dass das Unternehmen tarifgebunden sei, eine betriebliche Übung entstanden. Die Umstände, dass die Beklagte bis 2011 stets den Eindruck erweckt habe, tarifgebunden zu sein, und sich bis zum streitgegenständlichen Zeitraum vollumfänglich an die Tarifverträge gehalten habe, seien weitere Anhaltspunkte dafür, dass die entsprechende Tarifbindung auch weiter gelten müsse.

39

Wegen der weiteren Ausführungen zur Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz vom 08.04.2016 (Bl. 129-135 d. A.) Bezug genommen.

40

Die Klägerin beantragt zuletzt,

41

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 14.01.2016, Aktenzeichen 2 Ca 1091/15

42

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 408,55 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 19.03.1014 zu zahlen.

43

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.092,74 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Klagezustellung zu zahlen.

44

Die Beklagte beantragt,

45

die Berufung zurückzuweisen.

46

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und führt hierzu aus:

47

Die Berufungsbegründung sei ihrer Auffassung nach jedenfalls deswegen unzulässig, da sie sich mit einem anderen Urteil auseinandersetze.

48

Das Arbeitsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin bereits eine Bindung an den Überleitungstarifvertrag nicht substantiiert dargelegt habe. Ob dieser Überleitungstarifvertrag aufgrund der darin geregelten aufschiebenden Bedingungen überhaupt in Kraft getreten ist, sei von der Klägerin nicht vorgetragen worden. Im Übrigen wäre der Überleitungsvertrag durch die nachfolgenden Betriebsübergänge ebenfalls statisch gestellt worden. Da Ziff. 4 des Arbeitsvertrages nach ihrem Verständnis als Gleichstellungsabrede einzuordnen sei und die Tarifbindung der Arbeitgeberin mit dem Betriebsübergang auf ihre Person geendet habe, sei ab diesem Zeitpunkt eine Statischstellung erfolgt. Die Statischstellung ab dem Betriebsübergang auf sie – die Beklagte – ergebe sich überdies aus der Werhof-Entscheidung sowie der Alemo-Herron-Entscheidung des EuGH. Aus dem Schreiben vom 16.06.2011 lasse sich durch die Verwendung der Singularform und die Eingrenzung des Zeitraums eindeutig entnehmen, dass nur eine einzige Tariferhöhung habe weitergegeben werden sollen. Eine Heranziehung des § 305c BGB verbiete sich aufgrund der Eindeutigkeit der im Schreiben vom 16.06.2011 getroffenen Zusage. Durch das Schreiben vom 12.09.2011 sei die Zusicherung der Anwendung des seinerzeit gültigen und des darauf folgenden Gehaltstarifvertrags lediglich auch auf den Manteltarifvertrag erweitert worden. Das Schreiben vom 08.05.2008 könne als reine Wissenserklärung nicht als Anspruchsgrundlage dienen. Eine betriebliche Übung sei mangels deutlicher Anhaltspunkte dafür, dass sie die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariferhöhungen auf Dauer habe übernehmen wollen, nicht entstanden. Hilfsweise berufe sie sich auf die arbeitsvertraglichen und tariflichen Ausschlussfristen, wonach jedenfalls die für August 2013 geltend gemachten Ansprüche verfallen seien. Ebenfalls verfallen seien die Ansprüche März 2014 bis Februar 2015, da diese Ansprüche erstmals mit der Klageerhebung am 04.09.2015 geltend gemacht worden seien.

49

Hinsichtlich des Sachvortrags zur Berufungserwiderung wird ergänzend auf den Schriftsatz vom 13.05.2016 (Bl. 145-154 d. A.) verwiesen.

50

Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

51

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

52

Insbesondere hat sich der Kläger in einer noch den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO genügenden Weise mit den Entscheidungsgründen des streitgegenständlichen Urteils auseinandergesetzt. Zwar ist der Beklagten beizupflichten, dass ein Teil der Ausführungen des Klägers augenscheinlich auf ein Parallelverfahren Bezug nimmt. Jedoch befassen sich wesentliche Elemente der Berufungsbegründung auch mit dem angegriffenen Urteil: So behandelt der Kläger in seinen Ausführungen die, aus dessen Sicht unzutreffende, richterliche Würdigung des Schreibens vom 30.06.2011. Die rechtliche Wertung des Schreibens vom 30.06.2011 ist auch Gegenstand der Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils (s. S. 4 der Entscheidungsgründe). Im Übrigen setzt sich die Berufungsbegründung kritisch mit der gerichtlichen Verneinung der Entstehung einer betrieblichen Übung auseinander. Diese Problematik hat – entgegen den Ausführungen der Beklagten – auf S. 4 des angegriffenen Urteils ebenfalls Erwähnung gefunden.

B.

53

Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage vielmehr zu Recht abgewiesen.

I.

54

Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung bzw. Weitergabe der nach dem 31.07.2013 in Kraft getretenen Erhöhungen der tariflichen Vergütung für die Beschäftigten des Einzelhandels in Rheinland-Pfalz.

55

1. Die Klägerin kann ihr Zahlungsbegehren zunächst nicht unmittelbar und allein auf den maßgeblichen Gehaltstarifvertrag stützen. Dieser ist nicht allgemeinverbindlich und findet wegen der fehlenden Organisationszugehörigkeit der Beklagten auch nicht infolge beiderseitiger Tarifbindung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 – JURIS Rn. 27), was die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung auch zugesteht.

56

2. Ein Anspruch auf Weitergabe von Tariferhöhungen lässt sich auch nicht aus dem Überleitungstarifvertrag zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten und der seinerzeit zuständigen Gewerkschaft HBV vom 13.12.1993 herleiten.

57

Selbst wenn dieser, was die Beklagte bestritten hat, in Kraft getreten ist, und seinerzeit infolge beiderseitiger Tarifbindung Ansprüche der Klägerin auf tarifliche Vergütung begründet hat, so umfassen diese Ansprüche der Klägerin nicht die erst nach dem Betriebsübergang auf die Beklagte in Kraft getretenen Gehaltstarifverträge. Zwar werden nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB die Normen eines beim ehemaligen Betriebsinhaber angewendeten Tarifvertrages Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer und dem neuen Betriebsinhaber. Die Tarifvertragsnormen gelten jedoch ausschließlich statisch in ihrer im Zeitpunkt des Übergangs geltenden Fassung fort. Verändert sich nach dem Betriebsübergang die Tarifnorm, deren Regelung in das Arbeitsverhältnis übergegangen ist, so nimmt die übergegangene Regelung hieran nicht mehr teil. Verweist die übergegangene Tarifregelung ihrerseits auf andere normative Regelungen, die sich weiterentwickeln, so wird deren Stand zur Zeit des Betriebsübergangs zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses. Lediglich eine in der statisch fortgeltenden Norm selbst angelegte Dynamik bleibt aufrechterhalten. Diese Dynamik umfasst nur solche Tarifgehaltserhöhungen, die bereits im Zeitpunkt des Betriebsübergangs vereinbart waren (vgl. BAG v. 14.11.2007 - 4 AZR 828/06 - AP Nr. 334 zu § 613a BGB), was bei den vorliegend streitgegenständlichen Gehaltssteigerungen zweifellos nicht der Fall war (so LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 – JURIS Rn. 28).

58

3. Die Klägerin kann sich zur Begründung der streitgegenständlichen Ansprüche auch nicht mit Erfolg auf die Regelungen in Ziffer 3 oder Ziffer 5 ihres Arbeitsvertrages berufen.

59

a) Zwar enthält der Arbeitsvertrag in Ziff. 3 unzweifelhaft eine zeitdynamische Verweisung auf die jeweils geltenden Tarifverträge des Einzelhandels. Eine tarifdynamische Gehaltszusage ergibt sich überdies aus einer Auslegung der Ziffer 5 des Arbeitsvertrages. Dort hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten als Klauselverwenderin deutlich zum Ausdruck gebracht, sie vergüte die Klägerin entsprechend der einschlägigen tariflichen Entgeltbestimmungen. Der durchschnittliche Arbeitnehmer darf bei einer derartigen Verknüpfung von einem festen Entgeltbetrag und dessen Bezeichnung als Tarifentgelt redlicher Weise davon ausgehen, der in der Klausel festgehaltene Betrag werde nicht für die Dauer des Arbeitsverhältnisses statisch sein, sondern solle sich entsprechend den tariflichen Entwicklungen des maßgebenden Gehaltstarifvertrages entwickeln. Ein redlicher Arbeitgeber würde - wenn er die von ihm gestellte Klausel nicht so verstanden wissen wollte - die Bezeichnung als Tarifentgelt unterlassen, um klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen, dass er nicht "nach Tarif" zahlen will, sondern sich das vereinbarte Entgelt ausschließlich nach den konkret bezifferten Parteivereinbarungen richten soll (vgl. BAG 13.05.2015 - 4 AZR 244/14 - JURIS Rn. 17; LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 28). Bestätigt wird diese Auslegung durch die in Ziff. 5 des Arbeitsvertrages enthaltene Anrechnungsregelung für übertariflicher Entgeltbestandteile, welche nur bei einer dynamischen Inbezugnahme der tariflichen Entgeltbestimmungen einen Anwendungsbereich hat (ebenso BAG 13.05.2015 - 4 AZR 244/14 - JURIS Rn. 18). Diesem Verständnis entspricht auch - jedenfalls bis zur Beendigung der Tarifgebundenheit - die Durchführung des Arbeitsverhältnisses seitens der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten.

60

b) Die dynamische Anwendung der tariflichen Entgeltbestimmungen endete jedoch aufgrund des Wegfalls der arbeitgeberseitigen Tarifgebundenheit infolge des Betriebsübergangs auf die Beklagte, da die vertragliche Bezugnahmeregelung vor Inkrafttreten der Schuldrechtsreform (1. Januar 2002) vereinbart wurde. Die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel ist als "sog. Gleichstellungsabrede" auszulegen (vgl. BAG 13.05.2015 - 4 AZR 244/14 - NZA-RR 2016, JURIS Rn. 19; LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 30):

61

aa) Nach der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts galt die widerlegliche Vermutung, dass es einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum ging, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Das Bundesarbeitsgericht ging davon aus, dass mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden soll, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags zu kommen und damit zu dessen Anwendbarkeit für alle Beschäftigten. Daraus hatte das Bundesarbeitsgericht die Konsequenz gezogen, dass auch ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder in den Begleitumständen bei Vertragsschluss bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeregelungen in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen seien. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, dass die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik nur so weit gereicht hat, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reicht, also dann endet, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden ist. Ab diesem Zeitpunkt sind die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch anzuwenden. Diese Rechtsprechung hat der Senat für vertragliche Bezugnahmeregelungen, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 01.01.2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Er wendet die Auslegungsregel aus Gründen des Vertrauensschutzes jedoch weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 01.01.2002 vereinbart worden sind (s. BAG 11. 12.2013 - 4 AZR 473/12 – JURIS Rn. 14 f.; BAG 13.05.2015 - 4 AZR 244/14 – JURIS Rn. 20).

62

bb) Der Auslegung der Verweisungsklausel als Gleichstellungsabrede stehen die §§ 305 ff. BGB nicht entgegen. Die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist unter Anwendung der seit dem 01.01.2002 in § 305c Abs. 2 BGB normierten, jedoch bereits vorher auch für das Arbeitsrecht anerkannten Unklarheitenregelung davon ausgegangen, dass bei der der Gleichstellung generell zugrunde liegenden soziotypischen Konstellation von als berechtigt anzuerkennenden Zweifeln i. S. v. § 305c Abs. 2 BGB nicht ausgegangen werden kann (s. BAG 19.03.2003 - 4 AZR 331/02 - zu I 2 d bb der Gründe, BAGE 105, 284). Die Auslegung einer arbeitsvertraglichen Verweisung als Gleichstellungsabrede umfasst nicht nur das Verständnis des tarifgebundenen Arbeitgebers bei der Abgabe seines Vertragsangebots, wonach die Verweisung auf einschlägige Tarifregelungen hinsichtlich der Dynamik unter der auflösenden Bedingung des Wegfalls seiner eigenen Tarifgebundenheit steht, sondern auch die vom Bundesarbeitsgericht seinerzeit angenommene Erkennbarkeit dieser Vertragsbedingung für den Arbeitnehmer, dessen Zustimmung zu der vom Arbeitgeber vorformulierten Klausel diese auflösende Bedingung umfasst. Soweit daher aus Vertrauensschutzgründen die frühere Rechtsprechung des Senats weiterhin anzuwenden ist, gilt dies auch für den vom Bundesarbeitsgericht vorausgesetzten Empfängerhorizont des Arbeitnehmers, der davon „ausgehen (muss), dass eine Bezugnahmeklausel, die von der Arbeitgeberseite angeboten wird, als Gleichstellungsabrede gemeint ist“ (so BAG 19.03.2003 - 4 AZR 331/02 - zu I 2 d aa der Gründe, BAGE 105, 284; BAG 11.12.2013 - 4 AZR 473/12 - JURIS Rn. 19; BAG 26.09.2001 - 4 AZR 544/00 - zu II 1 c bb (1) der Gründe, BAGE 99, 120). Auch insoweit hält das Bundesarbeitsgericht für Altverträge aus der Zeit vor dem 01.01.2002 aus Gründen des Vertrauensschutzes an seiner bisherigen Rechtsprechung fest (vgl. BAG 11.12.2013 - 4 AZR 473/12 – JURIS Rn. 19 m. w. N.).

63

cc) Dieser Rechtsprechung schließt sich die Berufungskammer an. In Anwendung dieser Grundsätze lässt sich eine Verpflichtung der Beklagten als Betriebsübernehmerin zur tariflichen Dynamisierung des Gehalts nach erfolgtem Betriebsübergang aus den zitierten, als Gleichstellungsabrede zu verstehenden arbeitsvertraglichen Regelungen nicht herleiten.

64

4. Eine betriebliche Übung dahingehend, tarifliche Gehaltserhöhungen stets voll zu übernehmen, ist bei der Beklagten ebenfalls nicht entstanden.

65

Zwar hat die nicht tarifgebundene Beklagte unstreitig seit Betriebsübergang bis einschließlich Juli 2013 die tariflichen Gehaltserhöhungen an ihre Angestellten weitergegeben. Bei einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber kann eine betriebliche Übung der Erhöhung der Löhne und Gehälter entsprechend der Tarifentwicklung jedoch nur angenommen werden, wenn es deutliche Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitgebers dafür gibt, dass er auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariferhöhungen übernehmen will. Denn ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber will sich grundsätzlich nicht für die Zukunft der Regelungsmacht der Verbände unterwerfen. Dies ist gerade Sinn des nicht erfolgten Beitritts zu einem Arbeitgeberverband. Die fehlende Tarifbindung verdeutlicht den Willen des Arbeitgebers, die Erhöhung der Löhne und Gehälter zukünftig nicht ohne Beitrittsprüfung entsprechend der Tarifentwicklung vorzunehmen (s. BAG 13.03.2002 - 5 AZR 755/00 - EzA § 259 ZPO Nr. 1; LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 31). Erforderlich für die Annahme einer auf die Weitergabe von Tariferhöhungen bezogenen betrieblichen Übung sind daher besondere Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitgebers dafür, dass er sich verpflichten will, auch zukünftig die noch nicht vorhersehbaren Tariferhöhungen an seine Arbeitnehmer weiterzugeben. Solche Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen:

66

a) Keinerlei diesbezügliche Anhaltspunkte ergeben sich aus dem Unterrichtungsschreiben gemäß § 613a Abs. 5 BGB vom 08.05.2008. Zwar enthält dieses Schreiben die Mitteilung, die Beklagte sei tarifgebunden und die Tarifverträge des Einzelhandels Rheinland-Pfalz fänden daher weiter Anwendung. Das Unterrichtungsschreiben ist jedoch nicht von der Beklagten, sondern von der Betriebsveräußerin, der vormaligen Arbeitgeberin der Klägerin, verfasst. Die Mitteilung kann daher nicht der Beklagten zugerechnet werden. Soweit die Klägerin vorgetragen hat, die betreffende Erklärung sei mit der Beklagten abgestimmt und abgesprochen gewesen, so erweist sich dieses Vorbringen in Ermangelung jeglicher Konkretisierung als unsubstantiiert (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 32). Entsprechendes gilt für die – im Berufungsverfahren ohnehin nicht mehr aufgegriffene – Behauptung der Klägerin, im Rahmen von Verhandlungen mit dem Betriebsrat habe man sich zu einer Tarifbindung der Beklagten geäußert. Die Angaben zu den Gesprächsinhalten sind unpräzise und beziehen sich – soweit ersichtlich – zudem nicht auf die konkrete Betriebsstätte in A-Stadt, so dass das insoweit unterbreitete Beweisangebot einen unzulässigen Ausforschungsbeweis darstellt. Auch lässt sich den nur sehr allgemein wiedergegebenen behaupteten Gesprächsinhalten nicht der Wille der Beklagten entnehmen, sämtliche auch in ferner Zukunft liegenden Tariferhöhungen an die Arbeitnehmer weiterzugeben (so. i. E. auch LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 32).

67

b) Ebenso wenig ergeben sich aus dem Inhalt des im Tatbestand wiedergegebenen Schreibens der Beklagten vom 16.06.2011 Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariferhöhungen übernehmen wollte (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 33).

68

Die in diesem Schreiben enthaltene Zusicherung einer tariflichen Vergütung bezieht sich auf den seinerzeit gültigen sowie auf den darauffolgenden Gehalts-TV, wie anhand der drucktechnisch hervorgehobenen Formulierungen in Ziff. 1 und Ziff. 2 des Schreibens vom 16.06.2011 unmissverständlich deutlich wird. Auch der Gesamtkontext des Schreibens lässt keine andere Beurteilung zu. Vielmehr weist die Beklagte im ersten und zweiten Absatz des Schreibens vom 16.06.2011 gerade auf ihre fehlende Tarifbindung und die Ergebnislosigkeit der Verhandlungen der Tarifkommission hin, was ihren fehlenden Willen, sich – unabhängig von einer Tarifbindung – dauerhaft einer tarifdynamischen Gehaltsentwicklung zu unterwerfen, zusätzlich verdeutlicht. Überdies unterstreicht der im Vorspann zu der in Ziff. 1 und 2 des Schreibens getroffenen Zusage enthaltene Hinweis, dass „bis dato“ eine gemeinsame Lösung weder mit ver.di, noch mit dem Betriebsrat gefunden worden sei i. V. m. dem Verweis auf die Freiwilligkeit der Zusage, dass eine dauerhafte Bindung an die tarifliche Entwicklung bislang weder vereinbart worden ist, noch zukunftsbezogen gewollt ist.

69

Die Berufungskammer teilt die Rechtsauffassung der Klägerin, wonach der Inhalt des Schreibens unterschiedliche Interpretationen zulasse, aus den vorgenannten Gründen nicht. Für eine Anwendung der Unklarheitenregelung aus § 305c Abs. 2 BGB bleibt vor diesem Hintergrund kein Raum.

70

c) Diese – auf den seinerzeit aktuellen und den darauffolgenden Gehalts-TV beschränkte – Zusicherung hat die Beklagte mit Schreiben vom 12.09.2011 lediglich auch auf den Manteltarifvertrag erweitert (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 33).

II.

71

Die Berufung der Klägerin war nach alledem mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

72

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung.

29
Aus diesem Grunde hat auch der erkennende Senat in seinem Beschluss vom 15. Juni 2010 (XI ZR 318/09, WM 2010, 1448 Rn. 25) nochmals betont, dass für eine Anordnung der Vorlegung einer Urkunde anders als im Falle des § 423 ZPO zwar die Bezugnahme der beweispflichtigen Partei auf konkret benannte Urkunden, die sich im Besitz der nicht beweisbelasteten Gegenpartei befinden, ausreicht. Bezeichnet also eine Prozesspartei die von ihr zur Vorlegung begehrte Urkunde so genau, wie in dem dort entschiedenen Fall eine datierte Notiz über die Besichtigung einer konkreten Immobilie, so liegt darin keine prozessordnungswidrige Ausforschung. Auch die Vorschrift des § 142 Abs. 1 ZPO befreit die Partei, die sich auf eine Urkunde bezieht, aber nicht von ihrer Darlegungs- und Substantiierungslast (vgl. BT-Drucks. 14/6036, S. 121; Leipold in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 142 Rn. 9). Dem entsprechend darf das Gericht die Urkundenvorlegung nicht zum Zwecke bloßer Informationsgewinnung , sondern nur bei Vorliegen eines schlüssigen, auf konkrete Tatsachen bezogenen Vortrags anordnen (Senatsurteil vom 26. Juni 2007 - XI ZR 277/05, BGHZ 173, 23 Rn. 18 ff. und Senatsbeschluss vom 15. Juni 2010 - XI ZR 318/09, WM 2010, 1448 Rn. 25).

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 8. September 2010 - 3 Sa 81/09 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe einer Sonderzahlung für das Jahr 2007.

2

Die Klägerin, die seit dem 1. Mai 2010 Mitglied der Gewerkschaft ver.di ist, ist seit 1975 im Städtischen Krankenhaus in W beschäftigt. In § 2 des schriftlichen Änderungsvertrages vom 1. November 1993 heißt es ua.:

        

„Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach den für die Angestellten jeweils geltenden Tarifverträgen, die von der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) für den Bereich des für den Arbeitgeber zuständigen kommunalen Arbeitgeberverbandes und von diesem abgeschlossen worden sind.

        

…“    

3

Das Städtische Krankenhaus W war ein Eigenbetrieb der Hansestadt W, die Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband Mecklenburg-Vorpommern (KAV Mecklenburg-Vorpommern) war, einem Mitgliedsverband der VKA. Das Krankenhaus wurde im Jahr 2005 nach § 168 UmwG aus dem Vermögen der Hansestadt W ausgegliedert und auf die Städtische Krankenhaus W gGmbH i.G., die nicht Mitglied im KAV Mecklenburg-Vorpommern war, übertragen. Mit Schreiben vom 16. November 2005 wurden die Beschäftigten über den Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf den neuen Rechtsträger zum 28. Oktober 2005 informiert. In einer von der Hansestadt W und der Städtische Krankenhaus W gGmbH i.G. geschlossenen Personalüberleitungsvereinbarung vom 2. November 2005 (PÜV) ist ua. ausgeführt, dass der Übergang der Arbeitsverhältnisse der beim Eigenbetrieb beschäftigten Arbeitnehmer erst mit der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister eintreten soll und dass abweichend von § 613a BGB die bisherigen tarifvertraglichen Rechte und Pflichten nach dem Betriebsübergang jedenfalls für einen bestimmten Zeitraum dynamisch weitergeführt werden. Für den Fall einer wirksamen Ablösung tarifvertraglicher Arbeitsbedingungen durch ua. Haustarifverträge waren besondere Regeln vereinbart worden. Die D H AG erwarb in der Folgezeit einen Mehrheitsanteil an der Beklagten, die im Herbst 2006 zunächst in die Klinikum W GmbH umbenannt wurde und seit 2012 unter dem jetzigen Namen firmiert.

4

Die D H AG schloss am 27. März 2007 mit den Gewerkschaften ver.di und NGG den Tarifvertrag über die Gewährung einer jährlichen Sonderzahlung (TV-Sonderzahlung D 2007) ab. Dieser am 1. Januar 2007 in Kraft getretene und bis zum 31. Dezember 2011 befristete Tarifvertrag sah ua. für die Arbeitnehmer der Beklagten eine Sonderzahlung vor, deren Höhe von der Entwicklung des Betriebsergebnisses des Konzerns der D H AG im betreffenden Kalenderjahr, der Dauer der Betriebszugehörigkeit und zudem von der Zugehörigkeit entweder zu der Gewerkschaft ver.di oder der NGG zu einem bestimmten Stichtag abhängig war. Diesen Tarifvertrag hat der Senat mit Urteil vom 18. November 2009 (- 4 AZR 491/08 - BAGE 132, 268) im Verhältnis zu den abhängigen Unternehmen des Konzerns - wie der Beklagten - als unwirksam angesehen, da er von der herrschenden Konzerngesellschaft nicht unter offengelegter Vertretung für die abhängigen Unternehmen geschlossen worden war. Am 2. März 2010 schlossen die D H AG und die Konzerngesellschaften - darunter die Beklagte - einerseits und die Gewerkschaften ver.di und NGG andererseits erneut einen Tarifvertrag über die Gewährung einer jährlichen Sonderzahlung (TV-Sonderzahlung D 2010) mit Wirkung ab dem Jahre 2007 ab, dessen Regelungen weitgehend denen im TV-Sonderzahlung D 2007 entsprachen.

5

Die Klägerin erhielt bis 2006 die jährliche Sonderzahlung nach den Tarifwerken des öffentlichen Dienstes. Für das Jahr 2007 zahlte die Beklagte ihr eine Sonderzahlung nach dem TV-Sonderzahlung D in Höhe von insgesamt 822,63 Euro brutto.

6

Nach erfolgloser Geltendmachung eines darüber hinausgehenden Betrages hat die Klägerin Klage erhoben und die Auffassung vertreten, ihr stehe für das Jahr 2007 entweder eine Sonderzahlung nach § 20 TVöD in Höhe von insgesamt 1.963,67 Euro brutto abzüglich der erhaltenen Beträge oder ansonsten ein Anspruch nach dem TV-Sonderzahlung D 2010 in restlicher Höhe von 1.233,94 Euro brutto zu. Aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel sei auf das Arbeitsverhältnis der BAT-O oder der TVöD in seiner jeweiligen Fassung anzuwenden. Die Vereinbarung sei keine sog. Tarifwechselklausel. Im Übrigen ergebe sich ihr Anspruch auch aus der PÜV. Falls die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel doch auf den TV-Sonderzahlung D 2010 verweisen sollte, stehe ihr hieraus der begehrte Anspruch zu; die in diesem Tarifvertrag vereinbarte unterschiedliche Behandlung von Gewerkschaftsmitgliedern unterschiedlicher Eintrittsdaten sowie auch Unorganisierten sei unzulässig.

7

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.233,94 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 1. Januar 2008 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag der Klägerin erfasse sämtliche für den Betrieb maßgebenden Tarifverträge. Deshalb sei für die Sonderzahlung der TV-Sonderzahlung D 2010 anzuwenden, der keine unzulässige Differenzierungsklausel enthalte. Da die Klägerin im Jahr 2007 nicht Mitglied einer der Gewerkschaften gewesen sei, habe sie keinen Anspruch auf die höhere Sonderzahlung.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das angegriffene Urteil ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen konnte das Landesarbeitsgericht die Klage mit der von ihm gegebenen Begründung nicht abweisen. Die Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Der Senat kann aber mangels ausreichender Feststellungen in der Sache nicht abschließend entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).

11

I. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts wird der TV-Sonderzahlung D 2010 von der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel in § 2 des Änderungsvertrages vom 1. November 1993 nicht erfasst. Deshalb richtet sich der Anspruch auf eine Sonderzahlung für das Jahr 2007 nicht nach diesem Tarifvertrag. Die Frage, ob dieser Tarifvertrag eine Differenzierungsklausel enthält, die in rechtlich unzulässiger Weise zwischen Gewerkschaftsmitgliedern und Unorganisierten unterscheidet, kann hier dahingestellt bleiben.

12

1. Zutreffend haben die Vorinstanzen die Bezugnahmeklausel in § 2 des Änderungsvertrages vom 1. November 1993 als eine sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Senatsrechtsprechung behandelt (ausf. BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 17 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 92). Voraussetzung für die Auslegung einer solchen Vertragsklausel als Gleichstellungsabrede ist die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an den in Bezug genommenen Tarifvertrag bei Vertragsschluss (vgl. nur BAG 17. November 2010 - 4 AZR 127/09 - Rn. 18 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 85). Die Stadt W als Träger des Eigenbetriebs „Städtisches Krankenhaus“ (zur Arbeitgebereigenschaft beim Eigenbetrieb vgl. BAG 26. August 2009 - 4 AZR 285/08 - Rn. 57 mwN, BAGE 132, 10) war bei Abschluss des Änderungsvertrages im Jahre 1993 Mitglied des KAV Mecklenburg-Vorpommern und deshalb an die in Bezug genommenen Tarifverträge gebunden.

13

2. Die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel bezieht die Tarifverträge der D H AG und insbesondere den TV-Sonderzahlung D 2010 nicht mit ein. Das ergibt die Auslegung.

14

a) Bei dem Änderungsvertrag der Parteien handelt es sich um einen Formularvertrag, dessen Bestimmungen nach den Regelungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen, dh. nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen sind, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (näher BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15, BAGE 134, 283; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 12, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44). Die Auslegung durch das Landesarbeitsgericht kann vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüft werden (st. Rspr., vgl. nur BAG 30. August 2000 - 4 AZR 581/99 - zu I 1 b der Gründe mwN, BAGE 95, 296). Dies gilt auch für arbeitsvertragliche Bezugnahmeklauseln (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - aaO, Rn. 15; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 24, BAGE 122, 74).

15

b) Weder aus dem Wortlaut noch aus den weiteren Umständen bei Abschluss des maßgeblichen Änderungsvertrages folgt eine Bezugnahme auf die Tarifverträge der D H AG oder den TV-Sonderzahlung D 2010.

16

aa) Der Wortlaut der Bezugnahmeklausel enthält keine Verweisung auf Haustarifverträge oder gar Konzerntarifverträge des jeweiligen Arbeitgebers. In Bezug genommen worden sind allein die bei Vertragsabschluss für die Arbeitgeberin einschlägigen „von der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) für den Bereich des für den Arbeitgeber zuständigen kommunalen Arbeitgeberverbandes“ geschlossenen Verbandstarifverträge sowie die vom zuständigen kommunalen Arbeitgeberverband - hier der KAV Mecklenburg-Vorpommern - selbst geschlossenen Tarifverträge. Eine weitergehende Bezugnahme auf andere Tarifverträge, die auf Arbeitgeberseite von einer anderen Tarifvertragspartei geschlossen worden sind, haben die Parteien des Arbeitsvertrages erkennbar im Hinblick auf die Einbindung der damaligen öffentlich-rechtlich organisierten Arbeitgeberin in die Kommune „Hansestadt W“ und deren Mitgliedschaft im KAV Mecklenburg-Vorpommern, einem Mitgliedsverband der VKA, ausschließen wollen. Es sind auch keine - für die Klägerin aus damaliger Sicht erkennbaren - Anhaltspunkte oder Umstände ersichtlich, wonach der damalige Arbeitgeber als Partei des Arbeitsvertrages andere, weitergehende und ggf. sogar konkurrierende Haus- oder Konzerntarifverträge einbeziehen wollte.

17

bb) An dieser Rechtslage hat sich durch den Betriebsübergang zur Beklagten nichts geändert. Die sich aus dieser Klausel des Arbeitsvertrages ergebenden Rechte und Pflichten gehören zu denen, in die die ausgegliederte Städtische Krankenhaus W gGmbH und nunmehr unter dem neuen Namen firmierende Beklagte nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB eingetreten ist, als hätte sie sie selbst vereinbart (vgl. dazu im Einzelnen die Rspr. des Senats, bspw. BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 38 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 75 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 47).

18

II. Die klageabweisende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Es steht noch nicht fest, dass die Klägerin keinen über den geleisteten Betrag hinausgehenden Anspruch auf Sonderzahlung für das Jahr 2007 hat. Die Sache ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

19

1. Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich nicht gemäß § 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 TVG.

20

a) Die Klageforderung steht der Klägerin nicht auf der Grundlage beiderseitiger Tarifgebundenheit nach den Tarifwerken des öffentlichen Dienstes zu. Abgesehen davon, dass die Klägerin erst seit Mai 2010 Mitglied der Gewerkschaft ver.di ist, ist die Beklagte nicht normativ (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG) an diese Tarifverträge gebunden.

21

b) Auf der Grundlage beiderseitiger Tarifgebundenheit hat die Klägerin auch keinen Anspruch gemäß dem TV-Sonderzahlung D 2010. Im Anspruchsjahr 2007 war die Klägerin nicht tarifgebunden. Der Neuabschluss im Jahre 2010 diente nur der rückwirkenden Inkraftsetzung des TV-Sonderzahlung D 2007 für die abhängigen Unternehmen des Konzerns wie die Beklagte. Vorbehaltlich einer ausdrücklichen gegenteiligen Regelung der Tarifvertragsparteien führt, soweit abgelaufene Anspruchs- und Bezugszeiträume betroffen sind, eine erst nach deren Ablauf begründete normative Tarifgebundenheit nicht zu nachträglichen Ansprüchen (vgl. auch BAG 22. November 2000 - 4 AZR 688/99 - AP TVG § 3 Verbandszugehörigkeit Nr. 20 = EzA TVG § 3 Nr. 20).

22

2. Ein über die von der Beklagten gezahlte Sonderzahlung hinausgehender Zahlungsanspruch der Klägerin ist aber auf der Basis der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel nicht ausgeschlossen. Als mögliche Anspruchsgrundlagen kommen hier iVm. der Bezugnahmeklausel sowohl der Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte (TV Zuwendung Ang-O) als auch der TVÜ-VKA und ggf. sogar der TVöD in Betracht. Ob und ggf. in welcher Höhe die Klägerin einen weitergehenden Anspruch auf eine Sonderzahlung für 2007 hat, lässt sich auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht abschließend beurteilen. Es steht nicht fest, zu welchem Zeitpunkt es zum Betriebsübergang gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gekommen ist.

23

a) Ungeachtet dessen, dass für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch unterschiedliche Tarifwerke - TVöD/VKA sowie TVÜ-VKA einerseits und BAT-O/TV Zuwendung Ang-O andererseits - in Betracht kommen und die Höhe eines möglichen Anspruchs danach jeweils unterschiedlich zu berechnen wäre, stützt sie sich auf einen einheitlichen Lebenssachverhalt, aus dem sich nach ihrer Auffassung - jeweils abhängig vom Ergebnis der Auslegung der Bezugnahmeklausel ihres Arbeitsvertrages - die Anwendung des einen oder des anderen Tarifvertrages für das Jahr 2007 ergibt.

24

b) Die Bezugnahmeklausel in § 2 des Änderungsvertrages vom 1. November 1993 erfasst grundsätzlich die tariflichen Regelungen des BAT-O und der diesen ergänzenden Tarifverträge, wie den TV Zuwendung Ang-O, und auch im Wege der Auslegung die diese ablösenden Tarifverträge TVöD/VKA und TVÜ-VKA, die auch für den Bereich des KAV Mecklenburg-Vorpommern abgeschlossen worden sind. Ob und ggf. welche der möglichen Anspruchsgrundlagen für einen weitergehenden Sonderzahlungsanspruch der Klägerin gegeben sind, hängt entscheidend davon ab, inwieweit die aus den in Bezug genommenen Tarifverträgen herrührenden individualvertraglichen Rechte und Pflichten Inhalt des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten geworden sind (vgl. BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 36 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 92; 17. November 2010 - 4 AZR 404/09 - Rn. 13 bis 19, 36). Da es sich - wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben - bei der Bezugnahmeklausel in § 2 des Änderungsvertrages vom 1. November 1993 um eine sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Senatsrechtsprechung handelt (vgl. oben unter I 1), ist die arbeitsvertragliche Verweisung auf die „jeweils geltenden“ Tarifverträge einschränkend dahin auszulegen, dass die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik nur so weit reicht, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reichen würde. Sie endet, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls seiner Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden ist (vgl. im Einzelnen BAG 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 28, BAGE 130, 43). Ab diesem Zeitpunkt sind die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch anzuwenden. Damit hängen die arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten der Parteien, wie etwa der Anspruch der Klägerin auf eine Sonderzahlung, davon ab, welche der vertraglich in Bezug genommenen tariflichen Regelungen der VKA zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs normativ galten.

25

c) Es kommt deshalb entscheidend darauf an, wann der Betriebsübergang iSd. § 613a BGB von der an die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes gebundenen Hansestadt W auf die tarifungebundene Städtische Krankenhaus W gGmbH i.G. tatsächlich erfolgte. Das ist derjenige Zeitpunkt, ab dem der neue Inhaber die betreffende Einheit unter Wahrung ihrer Identität weitergeführt hat (vgl. BAG 10. Mai 2012 - 8 AZR 436/11 - Rn. 51; EuGH 26. Mai 2005 - C-478/03 - [Celtec] Rn. 35, Slg. 2005, I-4389 = AP Richtlinie 77/187/EWG Nr. 1). Dies ist anhand der tatsächlichen Verhältnisse festzustellen. So kommt es weder auf das Datum der Eintragung in das Handelsregister (hier: 17. Juli 2006) noch auf ein vereinbartes Datum - beispielsweise im PÜV - an. Auch der Zeitpunkt der Information nach § 613a Abs. 5 BGB ist genauso wenig entscheidend wie das dem Arbeitnehmer mitgeteilte Datum. Ausreichende Feststellungen zum konkreten Zeitpunkt der Übernahme der betrieblichen Leitungsmacht durch die Erwerberin hat das Landesarbeitsgericht nicht getroffen, was schon in Anbetracht des Zeitpunktes des Inkrafttretens der Regelungen zur Jahressonderzahlung des § 20 TVÜ-VKA nicht ohne Bedeutung ist.

26

3. Das Landesarbeitsgericht wird die entsprechenden notwendigen tatsächlichen Feststellungen treffen und die sich daraus jeweils ergebenden möglichen Anspruchsgrundlagen und deren Voraussetzungen prüfen müssen. Den Parteien ist hierzu unter dem Gesichtspunkt der Gewährung rechtlichen Gehörs Gelegenheit zur weiteren Stellungnahme zu geben.

27

Soweit es nach den vom Landesarbeitsgericht zu treffenden Feststellungen zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs noch auf die Wirksamkeit und die Auslegung der PÜV ankommen sollte, wird das Berufungsgericht die Vorgaben der einschlägigen Rechtsprechung des Senats (BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 439/09 - AP BGB § 133 Nr. 60)zu solchen Personalüberleitungsvereinbarungen zu beachten haben.

        

    Eylert    

        

    Treber    

        

    Winter    

        

        

        

    Kiefer    

        

    Görgens    

                 

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Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 14.01.2016 - Az.: 2 Ca 1091/15 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über von der Klägerin gegenüber der Beklagten geltend gemachte Ansprüche auf Weitergabe einer Tariflohnerhöhung.

2

Der Einkaufsmarkt, in dem die Klägerin beschäftigt ist, wurde ursprünglich von der M. AG, einer der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten, betrieben. Unter dem 13.12.1993 schlossen die M. AG und die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen einen Überleitungsvertrag ab, dem zufolge mit Wirkung ab dem 01.01.1995 nicht mehr der damals im Betrieb geltende Haustarifvertrag, sondern die einschlägigen Branchentarifverträge gelten sollten.

3

Die Klägerin ist bei der Beklagten bzw. einer weiteren Rechtsvorgängerin der Beklagten – der r.,- SB Warenhaus GmbH – seit dem 02.11.2001 als Kassiererin im r.-Einkaufsmarkt (später G.) in A-Stadt beschäftigt. Im mit der tarifgebundenen Firma r.,- SB Warenhaus GmbH abgeschlossenen Arbeitsvertrag der Klägerin vom 02.11.2001 ist in Ziffer 3 geregelt:

4

„Auf das Arbeitsverhältnis finden die jeweils geltenden Tarifverträge des Einzelhandels in der jeweils gültigen Fassung sowie die jeweils geltenden Gesamtbetriebsvereinbarungen bzw. Betriebsvereinbarungen in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.“

5

Wegen des weiteren Inhalts der arbeitsvertraglichen Vereinbarung wird auf den Arbeitsvertrag vom 02.11.2001 (Anlage zur Klageschrift, Bl. 12 f. d. A.) verwiesen.

6

Die nicht tarifgebundene Beklagte vergütete die Klägerin bis einschließlich Juli 2013 nach den jeweiligen Entgeltsätzen der Gehaltsgruppe II/6. Tätigkeitsjahr des Gehaltstarifvertrages für die Beschäftigten des Einzel- und Versandhandels in Rheinland-Pfalz (im Folgenden: Gehalts-TV). Die im August 2013 und im Mai 2014 in Kraft getretenen Tariflohnerhöhungen gab die Beklagte indessen nicht mehr an die Klägerin weiter.

7

Anlässlich des bevorstehenden Betriebsübergangs von r.,- auf die Beklagte informierte r.,- die Arbeitnehmer mit Schreiben vom 08.05.2008 darüber, dass der Betriebserwerber - die Beklagte - tarifgebunden sei und die Tarifverträge für den Einzelhandel in Rheinland-Pfalz Anwendung fänden. Zum 01.07.2008 ging der Betrieb von der Firma r.,- im Wege des Betriebsübergangs auf die Beklagte über.

8

Mit Schreiben vom 16.06.2011 (Anlage zur Klageschrift, Bl. 8 d. A.) wandte sich die Beklagte an die Beschäftigten, unter anderem auch an die Klägerin, und wies darauf hin, dass die Beklagte in A-Stadt nicht tarifgebunden sei. Dieses Schreiben lautet auszugsweise wie folgt:

9

„Der Tarifvertrag wird weiter angewendet – Auch Ihr Gehalt soll steigen!

10

Sehr geehrte Frau A.,
wie Sie wissen, ist unser G. SB-Warenhaus in A-Stadt nicht tarifgebunden. Im August 2009 wurde gemeinsam mit dem Betriebsrat ein Betriebliches Bündnis geschlossen, in dem u.a. die Anwendung des rheinland-pfälzischen Einzelhandelstarifvertrages vereinbart wurde. Das Bündnis endet am 30.06.2011.

11

In diesem Jahr wurde von Seiten der Gewerkschaft ver.di in unserem Haus eine Tarifkommission gebildet, mit dem Ziel, die tariflichen Rahmenbedingungen in unserem Haus ab dem 01.07.2011 zu verhandeln. Diese Verhandlungen wurden am 14.06.2011 ohne Ergebnis beendet.

12

Wie geht es nun weiter?

13

Wenngleich wir in A-Stadt nicht tarifgebunden sind und bis dato weder mit ver.di noch mit unserem Betriebsrat eine gemeinsame Lösung zu finden war, geben wir Ihnen hiermit freiwillig folgende Zusicherung:

14

1. Wir werden Sie auch nach dem 30.06.2011 entsprechend den Regelungen des gültigen rheinland-pfälzischen Einzelhandelstarifvertrages vergüten.

15

2. Sobald in 2011 ein neuer Gehalts- und Lohntarifvertrag für den rheinland-pfälzischen Einzelhandel abgeschlossen ist, wird auch dieser neue Tarifvertrag mit den darin enthaltenen Regelungen – insbesondere den Lohn- und Gehaltserhöhungen – Anwendung auf Ihr Arbeitsverhältnis finden."

16

Mit Schreiben vom 12.09.2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Zusage vom 16.06.2011 auch selbstverständlich für den Manteltarifvertrag des rheinland-pfälzischen Einzelhandels gelte.

17

Ab dem 01.08.2013 wurden die tariflichen Gehälter um 3 % angehoben und ab dem 01.05.2014 um weitere 2,1 %. Diese Gehaltssteigerungen wurden nicht mehr an die Klägerin sowie die anderen in der Betriebsstätte A-Stadt beschäftigten Arbeitnehmer weitergegeben.

18

Die Klägerin hat die Zahlung dieser Tariflohnerhöhungen mit Schreiben vom 07.03.2014 (Anlage zur Klageschrift, Bl. 10 d. A.) gegenüber der Beklagten schriftlich geltend gemacht. Das formularmäßig vorgefertigte Schreiben hat u.a. folgenden Wortlaut:

19

"Geltendmachung des aktuellen Tarifvertrages Einzelhandel Rheinlandpfalz

20

Tariferhöhung Rückwirkend zum 01.08.2013 von 3 % sowie die zu erwartende Erhöhung von 2,1 % ab 01.05.14.

21

Sehr geehrter Herr W.
Ich möchte sie bitten mir die vorgenannte Tariferhöhung mit der nächsten Gehaltsauszahlung auszuzahlen.

22

Meinen Anspruch mache ich geltend auf Basis des von Ihnen an mich gesendeten Schreibens vom 16.06.2011 zum Gehaltstarifvertrag sowie dem Schreiben vom 12.09.11, zum Manteltarifvertrag Einzelhandel Rheinland-Pfalz.

23

Ebenso ergibt sich der Anspruch aus meinem Arbeitsvertrag, der eine dynamische Verweisklausel enthält. Der Gesamtbetrag der Geltendmachung beläuft sich auf 408,55 Euro.

24

Ich bitte sie mir bis zum ________ meinen Anspruch zu bestätigen."

25

Die Beklagte hat die geltend gemachten Ansprüche mit Schreiben vom 18.03.2014 (Anlage zur Klageschrift, Bl. 9 d. A.) zurückgewiesen.

26

Die Klägerin hat vorgetragen:

27

Die Beklagte habe gegenüber dem Betriebsrat vor dem Betriebsübergang mehrfach betont, tarifgebunden zu sein.

28

Sie sei der Auffassung, sie habe Anspruch darauf, auch über den 31.07.2013 hinaus weiterhin nach Maßgabe des für den Einzelhandel Rheinland-Pfalz in seiner jeweiligen Fassung geltenden Tarifvertrags vergütet zu werden. Dies ergebe sich bereits aus dem Arbeitsvertrag, der eine dynamische Bezugnahme auf die Tarifgehaltsbestimmungen enthalte. Zudem habe die Beklagte mit Schreiben vom 16.06.2011 und vom 12.09.2011 ausdrücklich die tarifliche Bezahlung nicht nur für die seinerzeit bevorstehende Lohnrunde 2011, sondern auch für einen etwa nachfolgenden neuen Tarifvertrag bestätigt.

29

Die arbeitsvertraglichen und tariflichen Ausschlussfristen seien durch das Geltendmachungsschreiben vom 07.03.2014 auch zukunftsbezogen gewahrt.

30

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

31

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 408,55 Euro brutto, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 19.03.2014 zu zahlen.

32

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.092,74 Euro brutto, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Klagezustellung zu zahlen.

33

Die Beklagte hat beantragt,

34

die Klage abzuweisen.

35

Die Beklagte hat die Ansicht geäußert, die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel stelle lediglich eine Gleichstellungsabrede dar und führe lediglich zu einer statischen, nicht jedoch zu einer dynamischen Tarifanwendung. Ein Anspruch ergebe sich auch weder aus den bisher weitergegebenen Tariferhöhungen, noch aus dem Schreiben vom 16.06.2011 oder dem Schreiben vom 12.09.2011, da sich hieraus kein Wille ihrerseits herleiten lasse, sich auf Dauer an die Tarifentwicklung binden zu wollen.

36

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat die Klage durch Urteil vom 14.01.2016 – Az. 2 Ca 1091/15 – mit der Begründung abgewiesen, der Klägerin stehe ein Anspruch auf die begehrten Tariflohnerhöhungen nach dem 31.07.2013 nicht zu, da die Beklagte weder tarifgebunden, noch der Tarifvertrag allgemeinverbindlich sei. Ein Anspruch auf Weitergabe von Tariflohnerhöhungen lasse sich auch nicht aus dem Überleitungstarifvertrag zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten und der seinerzeit zuständigen Gewerkschaft HBV vom 13.12.1993 herleiten. Auf das Urteil des Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 14. Oktober 2015 - 4 Sa 478/14 - werde Bezug genommen. Auch auf Ziffer 4 des Arbeitsvertrags könne sich die Klägerin nicht berufen. Insoweit liege eine sogenannte Gleichstellungsabrede vor. Die dynamische Anwendung der tariflichen Entgeltbestimmungen habe aufgrund des Wegfalls der arbeitgeberseitigen Tarifgebundenheit infolge des Betriebsübergangs auf die Beklagte geendet. Auch eine betriebliche Übung liege nicht vor. Aus dem Schreiben der Beklagten vom 16.06.2011 ergäben sich ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariflohnerhöhungen habe übernehmen wollen. Auch insoweit folge die Kammer der Auffassung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz in der zitierten Entscheidung.

37

Die Klägerin hat gegen das ihr am 10.02.2016 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Az. 2 Ca 1091/15 – mit am 09.03.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag Berufung eingelegt und diese mit am Montag, dem 11.04.2016, beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 08.04.2016 begründet.

38

Die Klägerin ist der Auffassung,
das Arbeitsgericht habe verkannt, dass das Schreiben vom 16.06.2011 nur dahingehend verstanden werden könne, dass sie zukünftig dauerhaft an der Tarifentwicklung teilnehmen solle. Eine Einschränkung auf die Tarifrunde 2011 lasse sich der Zusicherung gerade nicht entnehmen. Jedenfalls greife die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB mit der Folge, dass eine arbeitnehmerfreundliche Auslegung zu erfolgen habe, was zu einer dynamischen Anwendbarkeit des Gehaltstarifvertrages führe. Auch sei entgegen der rechtlichen Würdigung durch das Arbeitsgericht durch die jahrelange tatsächliche Weitergabe der Tariflohnerhöhungen, verbunden mit der permanenten Suggestion, dass das Unternehmen tarifgebunden sei, eine betriebliche Übung entstanden. Die Umstände, dass die Beklagte bis 2011 stets den Eindruck erweckt habe, tarifgebunden zu sein, und sich bis zum streitgegenständlichen Zeitraum vollumfänglich an die Tarifverträge gehalten habe, seien weitere Anhaltspunkte dafür, dass die entsprechende Tarifbindung auch weiter gelten müsse.

39

Wegen der weiteren Ausführungen zur Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz vom 08.04.2016 (Bl. 129-135 d. A.) Bezug genommen.

40

Die Klägerin beantragt zuletzt,

41

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 14.01.2016, Aktenzeichen 2 Ca 1091/15

42

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 408,55 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 19.03.1014 zu zahlen.

43

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.092,74 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Klagezustellung zu zahlen.

44

Die Beklagte beantragt,

45

die Berufung zurückzuweisen.

46

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und führt hierzu aus:

47

Die Berufungsbegründung sei ihrer Auffassung nach jedenfalls deswegen unzulässig, da sie sich mit einem anderen Urteil auseinandersetze.

48

Das Arbeitsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin bereits eine Bindung an den Überleitungstarifvertrag nicht substantiiert dargelegt habe. Ob dieser Überleitungstarifvertrag aufgrund der darin geregelten aufschiebenden Bedingungen überhaupt in Kraft getreten ist, sei von der Klägerin nicht vorgetragen worden. Im Übrigen wäre der Überleitungsvertrag durch die nachfolgenden Betriebsübergänge ebenfalls statisch gestellt worden. Da Ziff. 4 des Arbeitsvertrages nach ihrem Verständnis als Gleichstellungsabrede einzuordnen sei und die Tarifbindung der Arbeitgeberin mit dem Betriebsübergang auf ihre Person geendet habe, sei ab diesem Zeitpunkt eine Statischstellung erfolgt. Die Statischstellung ab dem Betriebsübergang auf sie – die Beklagte – ergebe sich überdies aus der Werhof-Entscheidung sowie der Alemo-Herron-Entscheidung des EuGH. Aus dem Schreiben vom 16.06.2011 lasse sich durch die Verwendung der Singularform und die Eingrenzung des Zeitraums eindeutig entnehmen, dass nur eine einzige Tariferhöhung habe weitergegeben werden sollen. Eine Heranziehung des § 305c BGB verbiete sich aufgrund der Eindeutigkeit der im Schreiben vom 16.06.2011 getroffenen Zusage. Durch das Schreiben vom 12.09.2011 sei die Zusicherung der Anwendung des seinerzeit gültigen und des darauf folgenden Gehaltstarifvertrags lediglich auch auf den Manteltarifvertrag erweitert worden. Das Schreiben vom 08.05.2008 könne als reine Wissenserklärung nicht als Anspruchsgrundlage dienen. Eine betriebliche Übung sei mangels deutlicher Anhaltspunkte dafür, dass sie die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariferhöhungen auf Dauer habe übernehmen wollen, nicht entstanden. Hilfsweise berufe sie sich auf die arbeitsvertraglichen und tariflichen Ausschlussfristen, wonach jedenfalls die für August 2013 geltend gemachten Ansprüche verfallen seien. Ebenfalls verfallen seien die Ansprüche März 2014 bis Februar 2015, da diese Ansprüche erstmals mit der Klageerhebung am 04.09.2015 geltend gemacht worden seien.

49

Hinsichtlich des Sachvortrags zur Berufungserwiderung wird ergänzend auf den Schriftsatz vom 13.05.2016 (Bl. 145-154 d. A.) verwiesen.

50

Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

51

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

52

Insbesondere hat sich der Kläger in einer noch den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO genügenden Weise mit den Entscheidungsgründen des streitgegenständlichen Urteils auseinandergesetzt. Zwar ist der Beklagten beizupflichten, dass ein Teil der Ausführungen des Klägers augenscheinlich auf ein Parallelverfahren Bezug nimmt. Jedoch befassen sich wesentliche Elemente der Berufungsbegründung auch mit dem angegriffenen Urteil: So behandelt der Kläger in seinen Ausführungen die, aus dessen Sicht unzutreffende, richterliche Würdigung des Schreibens vom 30.06.2011. Die rechtliche Wertung des Schreibens vom 30.06.2011 ist auch Gegenstand der Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils (s. S. 4 der Entscheidungsgründe). Im Übrigen setzt sich die Berufungsbegründung kritisch mit der gerichtlichen Verneinung der Entstehung einer betrieblichen Übung auseinander. Diese Problematik hat – entgegen den Ausführungen der Beklagten – auf S. 4 des angegriffenen Urteils ebenfalls Erwähnung gefunden.

B.

53

Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage vielmehr zu Recht abgewiesen.

I.

54

Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung bzw. Weitergabe der nach dem 31.07.2013 in Kraft getretenen Erhöhungen der tariflichen Vergütung für die Beschäftigten des Einzelhandels in Rheinland-Pfalz.

55

1. Die Klägerin kann ihr Zahlungsbegehren zunächst nicht unmittelbar und allein auf den maßgeblichen Gehaltstarifvertrag stützen. Dieser ist nicht allgemeinverbindlich und findet wegen der fehlenden Organisationszugehörigkeit der Beklagten auch nicht infolge beiderseitiger Tarifbindung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 – JURIS Rn. 27), was die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung auch zugesteht.

56

2. Ein Anspruch auf Weitergabe von Tariferhöhungen lässt sich auch nicht aus dem Überleitungstarifvertrag zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten und der seinerzeit zuständigen Gewerkschaft HBV vom 13.12.1993 herleiten.

57

Selbst wenn dieser, was die Beklagte bestritten hat, in Kraft getreten ist, und seinerzeit infolge beiderseitiger Tarifbindung Ansprüche der Klägerin auf tarifliche Vergütung begründet hat, so umfassen diese Ansprüche der Klägerin nicht die erst nach dem Betriebsübergang auf die Beklagte in Kraft getretenen Gehaltstarifverträge. Zwar werden nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB die Normen eines beim ehemaligen Betriebsinhaber angewendeten Tarifvertrages Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer und dem neuen Betriebsinhaber. Die Tarifvertragsnormen gelten jedoch ausschließlich statisch in ihrer im Zeitpunkt des Übergangs geltenden Fassung fort. Verändert sich nach dem Betriebsübergang die Tarifnorm, deren Regelung in das Arbeitsverhältnis übergegangen ist, so nimmt die übergegangene Regelung hieran nicht mehr teil. Verweist die übergegangene Tarifregelung ihrerseits auf andere normative Regelungen, die sich weiterentwickeln, so wird deren Stand zur Zeit des Betriebsübergangs zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses. Lediglich eine in der statisch fortgeltenden Norm selbst angelegte Dynamik bleibt aufrechterhalten. Diese Dynamik umfasst nur solche Tarifgehaltserhöhungen, die bereits im Zeitpunkt des Betriebsübergangs vereinbart waren (vgl. BAG v. 14.11.2007 - 4 AZR 828/06 - AP Nr. 334 zu § 613a BGB), was bei den vorliegend streitgegenständlichen Gehaltssteigerungen zweifellos nicht der Fall war (so LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 – JURIS Rn. 28).

58

3. Die Klägerin kann sich zur Begründung der streitgegenständlichen Ansprüche auch nicht mit Erfolg auf die Regelungen in Ziffer 3 oder Ziffer 5 ihres Arbeitsvertrages berufen.

59

a) Zwar enthält der Arbeitsvertrag in Ziff. 3 unzweifelhaft eine zeitdynamische Verweisung auf die jeweils geltenden Tarifverträge des Einzelhandels. Eine tarifdynamische Gehaltszusage ergibt sich überdies aus einer Auslegung der Ziffer 5 des Arbeitsvertrages. Dort hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten als Klauselverwenderin deutlich zum Ausdruck gebracht, sie vergüte die Klägerin entsprechend der einschlägigen tariflichen Entgeltbestimmungen. Der durchschnittliche Arbeitnehmer darf bei einer derartigen Verknüpfung von einem festen Entgeltbetrag und dessen Bezeichnung als Tarifentgelt redlicher Weise davon ausgehen, der in der Klausel festgehaltene Betrag werde nicht für die Dauer des Arbeitsverhältnisses statisch sein, sondern solle sich entsprechend den tariflichen Entwicklungen des maßgebenden Gehaltstarifvertrages entwickeln. Ein redlicher Arbeitgeber würde - wenn er die von ihm gestellte Klausel nicht so verstanden wissen wollte - die Bezeichnung als Tarifentgelt unterlassen, um klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen, dass er nicht "nach Tarif" zahlen will, sondern sich das vereinbarte Entgelt ausschließlich nach den konkret bezifferten Parteivereinbarungen richten soll (vgl. BAG 13.05.2015 - 4 AZR 244/14 - JURIS Rn. 17; LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 28). Bestätigt wird diese Auslegung durch die in Ziff. 5 des Arbeitsvertrages enthaltene Anrechnungsregelung für übertariflicher Entgeltbestandteile, welche nur bei einer dynamischen Inbezugnahme der tariflichen Entgeltbestimmungen einen Anwendungsbereich hat (ebenso BAG 13.05.2015 - 4 AZR 244/14 - JURIS Rn. 18). Diesem Verständnis entspricht auch - jedenfalls bis zur Beendigung der Tarifgebundenheit - die Durchführung des Arbeitsverhältnisses seitens der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten.

60

b) Die dynamische Anwendung der tariflichen Entgeltbestimmungen endete jedoch aufgrund des Wegfalls der arbeitgeberseitigen Tarifgebundenheit infolge des Betriebsübergangs auf die Beklagte, da die vertragliche Bezugnahmeregelung vor Inkrafttreten der Schuldrechtsreform (1. Januar 2002) vereinbart wurde. Die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel ist als "sog. Gleichstellungsabrede" auszulegen (vgl. BAG 13.05.2015 - 4 AZR 244/14 - NZA-RR 2016, JURIS Rn. 19; LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 30):

61

aa) Nach der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts galt die widerlegliche Vermutung, dass es einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum ging, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Das Bundesarbeitsgericht ging davon aus, dass mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden soll, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags zu kommen und damit zu dessen Anwendbarkeit für alle Beschäftigten. Daraus hatte das Bundesarbeitsgericht die Konsequenz gezogen, dass auch ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder in den Begleitumständen bei Vertragsschluss bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeregelungen in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen seien. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, dass die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik nur so weit gereicht hat, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reicht, also dann endet, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden ist. Ab diesem Zeitpunkt sind die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch anzuwenden. Diese Rechtsprechung hat der Senat für vertragliche Bezugnahmeregelungen, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 01.01.2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Er wendet die Auslegungsregel aus Gründen des Vertrauensschutzes jedoch weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 01.01.2002 vereinbart worden sind (s. BAG 11. 12.2013 - 4 AZR 473/12 – JURIS Rn. 14 f.; BAG 13.05.2015 - 4 AZR 244/14 – JURIS Rn. 20).

62

bb) Der Auslegung der Verweisungsklausel als Gleichstellungsabrede stehen die §§ 305 ff. BGB nicht entgegen. Die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist unter Anwendung der seit dem 01.01.2002 in § 305c Abs. 2 BGB normierten, jedoch bereits vorher auch für das Arbeitsrecht anerkannten Unklarheitenregelung davon ausgegangen, dass bei der der Gleichstellung generell zugrunde liegenden soziotypischen Konstellation von als berechtigt anzuerkennenden Zweifeln i. S. v. § 305c Abs. 2 BGB nicht ausgegangen werden kann (s. BAG 19.03.2003 - 4 AZR 331/02 - zu I 2 d bb der Gründe, BAGE 105, 284). Die Auslegung einer arbeitsvertraglichen Verweisung als Gleichstellungsabrede umfasst nicht nur das Verständnis des tarifgebundenen Arbeitgebers bei der Abgabe seines Vertragsangebots, wonach die Verweisung auf einschlägige Tarifregelungen hinsichtlich der Dynamik unter der auflösenden Bedingung des Wegfalls seiner eigenen Tarifgebundenheit steht, sondern auch die vom Bundesarbeitsgericht seinerzeit angenommene Erkennbarkeit dieser Vertragsbedingung für den Arbeitnehmer, dessen Zustimmung zu der vom Arbeitgeber vorformulierten Klausel diese auflösende Bedingung umfasst. Soweit daher aus Vertrauensschutzgründen die frühere Rechtsprechung des Senats weiterhin anzuwenden ist, gilt dies auch für den vom Bundesarbeitsgericht vorausgesetzten Empfängerhorizont des Arbeitnehmers, der davon „ausgehen (muss), dass eine Bezugnahmeklausel, die von der Arbeitgeberseite angeboten wird, als Gleichstellungsabrede gemeint ist“ (so BAG 19.03.2003 - 4 AZR 331/02 - zu I 2 d aa der Gründe, BAGE 105, 284; BAG 11.12.2013 - 4 AZR 473/12 - JURIS Rn. 19; BAG 26.09.2001 - 4 AZR 544/00 - zu II 1 c bb (1) der Gründe, BAGE 99, 120). Auch insoweit hält das Bundesarbeitsgericht für Altverträge aus der Zeit vor dem 01.01.2002 aus Gründen des Vertrauensschutzes an seiner bisherigen Rechtsprechung fest (vgl. BAG 11.12.2013 - 4 AZR 473/12 – JURIS Rn. 19 m. w. N.).

63

cc) Dieser Rechtsprechung schließt sich die Berufungskammer an. In Anwendung dieser Grundsätze lässt sich eine Verpflichtung der Beklagten als Betriebsübernehmerin zur tariflichen Dynamisierung des Gehalts nach erfolgtem Betriebsübergang aus den zitierten, als Gleichstellungsabrede zu verstehenden arbeitsvertraglichen Regelungen nicht herleiten.

64

4. Eine betriebliche Übung dahingehend, tarifliche Gehaltserhöhungen stets voll zu übernehmen, ist bei der Beklagten ebenfalls nicht entstanden.

65

Zwar hat die nicht tarifgebundene Beklagte unstreitig seit Betriebsübergang bis einschließlich Juli 2013 die tariflichen Gehaltserhöhungen an ihre Angestellten weitergegeben. Bei einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber kann eine betriebliche Übung der Erhöhung der Löhne und Gehälter entsprechend der Tarifentwicklung jedoch nur angenommen werden, wenn es deutliche Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitgebers dafür gibt, dass er auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariferhöhungen übernehmen will. Denn ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber will sich grundsätzlich nicht für die Zukunft der Regelungsmacht der Verbände unterwerfen. Dies ist gerade Sinn des nicht erfolgten Beitritts zu einem Arbeitgeberverband. Die fehlende Tarifbindung verdeutlicht den Willen des Arbeitgebers, die Erhöhung der Löhne und Gehälter zukünftig nicht ohne Beitrittsprüfung entsprechend der Tarifentwicklung vorzunehmen (s. BAG 13.03.2002 - 5 AZR 755/00 - EzA § 259 ZPO Nr. 1; LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 31). Erforderlich für die Annahme einer auf die Weitergabe von Tariferhöhungen bezogenen betrieblichen Übung sind daher besondere Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitgebers dafür, dass er sich verpflichten will, auch zukünftig die noch nicht vorhersehbaren Tariferhöhungen an seine Arbeitnehmer weiterzugeben. Solche Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen:

66

a) Keinerlei diesbezügliche Anhaltspunkte ergeben sich aus dem Unterrichtungsschreiben gemäß § 613a Abs. 5 BGB vom 08.05.2008. Zwar enthält dieses Schreiben die Mitteilung, die Beklagte sei tarifgebunden und die Tarifverträge des Einzelhandels Rheinland-Pfalz fänden daher weiter Anwendung. Das Unterrichtungsschreiben ist jedoch nicht von der Beklagten, sondern von der Betriebsveräußerin, der vormaligen Arbeitgeberin der Klägerin, verfasst. Die Mitteilung kann daher nicht der Beklagten zugerechnet werden. Soweit die Klägerin vorgetragen hat, die betreffende Erklärung sei mit der Beklagten abgestimmt und abgesprochen gewesen, so erweist sich dieses Vorbringen in Ermangelung jeglicher Konkretisierung als unsubstantiiert (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 32). Entsprechendes gilt für die – im Berufungsverfahren ohnehin nicht mehr aufgegriffene – Behauptung der Klägerin, im Rahmen von Verhandlungen mit dem Betriebsrat habe man sich zu einer Tarifbindung der Beklagten geäußert. Die Angaben zu den Gesprächsinhalten sind unpräzise und beziehen sich – soweit ersichtlich – zudem nicht auf die konkrete Betriebsstätte in A-Stadt, so dass das insoweit unterbreitete Beweisangebot einen unzulässigen Ausforschungsbeweis darstellt. Auch lässt sich den nur sehr allgemein wiedergegebenen behaupteten Gesprächsinhalten nicht der Wille der Beklagten entnehmen, sämtliche auch in ferner Zukunft liegenden Tariferhöhungen an die Arbeitnehmer weiterzugeben (so. i. E. auch LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 32).

67

b) Ebenso wenig ergeben sich aus dem Inhalt des im Tatbestand wiedergegebenen Schreibens der Beklagten vom 16.06.2011 Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariferhöhungen übernehmen wollte (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 33).

68

Die in diesem Schreiben enthaltene Zusicherung einer tariflichen Vergütung bezieht sich auf den seinerzeit gültigen sowie auf den darauffolgenden Gehalts-TV, wie anhand der drucktechnisch hervorgehobenen Formulierungen in Ziff. 1 und Ziff. 2 des Schreibens vom 16.06.2011 unmissverständlich deutlich wird. Auch der Gesamtkontext des Schreibens lässt keine andere Beurteilung zu. Vielmehr weist die Beklagte im ersten und zweiten Absatz des Schreibens vom 16.06.2011 gerade auf ihre fehlende Tarifbindung und die Ergebnislosigkeit der Verhandlungen der Tarifkommission hin, was ihren fehlenden Willen, sich – unabhängig von einer Tarifbindung – dauerhaft einer tarifdynamischen Gehaltsentwicklung zu unterwerfen, zusätzlich verdeutlicht. Überdies unterstreicht der im Vorspann zu der in Ziff. 1 und 2 des Schreibens getroffenen Zusage enthaltene Hinweis, dass „bis dato“ eine gemeinsame Lösung weder mit ver.di, noch mit dem Betriebsrat gefunden worden sei i. V. m. dem Verweis auf die Freiwilligkeit der Zusage, dass eine dauerhafte Bindung an die tarifliche Entwicklung bislang weder vereinbart worden ist, noch zukunftsbezogen gewollt ist.

69

Die Berufungskammer teilt die Rechtsauffassung der Klägerin, wonach der Inhalt des Schreibens unterschiedliche Interpretationen zulasse, aus den vorgenannten Gründen nicht. Für eine Anwendung der Unklarheitenregelung aus § 305c Abs. 2 BGB bleibt vor diesem Hintergrund kein Raum.

70

c) Diese – auf den seinerzeit aktuellen und den darauffolgenden Gehalts-TV beschränkte – Zusicherung hat die Beklagte mit Schreiben vom 12.09.2011 lediglich auch auf den Manteltarifvertrag erweitert (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 33).

II.

71

Die Berufung der Klägerin war nach alledem mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

72

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 30. April 2008 - 7 Sa 586/07 - aufgehoben.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 9. Januar 2007 - 5 Ca 1249/06 lev - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat auch die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht, weil der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses infolge eines Betriebsübergangs widersprochen hat.

2

Der Kläger war ursprünglich bei der Beklagten im Geschäftsbereich C I (CI) beschäftigt und verdiente zuletzt monatlich 3.478,00 Euro brutto.

3

Mit Schreiben vom 22. Oktober 2004 informierte die Beklagte den Kläger über die beabsichtigte Übertragung des Geschäftsbereichs CI auf die A GmbH. Sie teilte ua. mit:

        

„...   

        

die A-G AG plant, den Geschäftsbereich C I (CI) mit Wirkung zum 1. November 2004 auf die A GmbH zu übertragen.

        

Für die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter, die dem Geschäftsbereich CI zugeordnet sind, führt diese Übertragung zu einem automatischen Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse. Dies ist in § 613 a BGB geregelt, dessen Bestimmungen auf den Übergang zwingend anwendbar sind. § 613 a Absatz 5 BGB sieht eine schriftliche Information des von einem solchen Übergang betroffenen Arbeitnehmers vor, der nach § 613 a Absatz 6 BGB dem Übergang auch widersprechen kann.

        

Diese Bestimmungen lauten:

                 

‚Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

                 

1.    

den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,

                 

2.    

den Grund für den Übergang,

                 

3.    

die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und

                 

4.    

die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

        

Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.’

        

Ihr Arbeitsverhältnis ist dem Geschäftsbereich CI zugeordnet und würde deshalb mit dem 1. November 2004 auf A GmbH übergehen.

        

...     

        

1.    

Zum geplanten Zeitpunkt des Übergangs:            

                 

Das Datum des geplanten Übergangs ist der 1. November 2004.

                          
        

2.    

Zum Grund für den Übergang:            

                 

Grund des Übergangs ist die rechtliche Verselbständigung des Geschäftsbereichs CI in der A GmbH und deren anschließende Veräußerung an N GmbH.

                 

A GmbH mit Sitz in L umfasst das gesamte bisherige CI-Geschäft der A-G AG, also die Geschäftsfelder Film, Finishing und Laborgeräte. A GmbH übernimmt das Vermögen von CI. Hierzu gehören insbesondere Produktionsanlagen, Markenzeichen, Patente und technologisches Know-how, Vorräte und Forderungen.

                 

...     

                 

Das Unternehmen wird mit einem guten Eigenkapital ausgestattet und verfügt über hohe Liquidität, um unerwartet auftretende Risiken bewältigen, in neue Geschäfte investieren und Marktchancen besser nutzen zu können.

        

3.    

Zu den rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer:            

                 

Mit dem Übergang des Geschäftsbereichs CI tritt A GmbH in die bestehenden, unveränderten Arbeitsverhältnisse ein. Zur Klärung und Regelung der Einzelheiten haben A-G AG, A GmbH, Gesamtbetriebsrat der A-G AG sowie die örtlichen Betriebsräte am 24. September 2004 eine Überleitungsvereinbarung ‚zur Klärung der rechtlichen Auswirkungen auf die Arbeitsverhältnisse betroffener Arbeitnehmer, auf die kollektiv-rechtlichen Regelungen sowie auf die betriebsverfassungsrechtlichen Strukturen’ abgeschlossen, die davon geprägt ist, so weit wie möglich Kontinuität zu wahren:

                 

-       

Die bei der A-G AG verbrachten und/ oder von ihr anerkannten Dienstjahre werden als Dienstzeit bei A GmbH anerkannt.

                 

-       

Die Zugehörigkeit zu den Arbeitgeberverbänden der Chemischen Industrie wird auch bei A GmbH bestehen, d.h. es bleibt bei den Chemie-Tarifen.

                 

...     

        

…       

        
        

5.    

Zu Ihrer persönlichen Situation:            

                 

Ihr Arbeitsverhältnis wird von dem geplanten Personalabbau gemäß Ziffer 4 betroffen sein. Sie werden daher nach Abschluss des Verfahrens mit dem Betriebsrat eine entsprechende Kündigung des Arbeitsverhältnisses erhalten. Zur Milderung wirtschaftlicher Nachteile stehen Ihnen die in unserem Sozialplan vorgesehenen Leistungen zu.

                 

Die Kündigungsabsicht wirkt sich auf den Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses nicht aus. Ihr Arbeitsverhältnis geht trotzdem über und Sie sind verpflichtet, Ihre Tätigkeit bei A GmbH fortzuführen. Die nachfolgend dargestellten Konsequenzen eines eventuellen Widerspruchs treffen auch in Ihrem Falle zu.

        

6.    

Zum Widerspruchsrecht:            

                 

Sie haben das Recht, dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses auf die A GmbH binnen einer Frist von einem Monat ab Zugang dieses Schreibens schriftlich zu widersprechen. Die Erklärung kann nicht einseitig zurückgenommen oder widerrufen werden. Sie kann auch nicht an eventuelle Bedingungen geknüpft werden.

                 

Sollten Sie dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses widersprechen wollen, müsste das schriftlich mit einer von Ihnen unterschriebenen Erklärung innerhalb dieser Frist erfolgen. Eventuelle Widerspruchsschreiben richten Sie bitte ausschließlich an:

                 

...     

        

7.    

Zu den Folgen eines Widerspruchs:            

                 

Im Falle eines fristgerechten Widerspruchs bleibt Ihr Arbeitsverhältnis bei der A-G AG und geht nicht auf die A GmbH über.

                 

Da nach dem Übergang des vollständigen Geschäftsbereichs CI auf A GmbH Ihr bisheriger Arbeitsplatz bei A-G AG nicht mehr vorhanden sein wird und eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nicht besteht, müssen Sie daher im Falle der Ausübung Ihres Widerspruchsrechts mit der Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses durch A-G AG rechnen.

                 

Wir weisen Sie jedoch ausdrücklich darauf hin, dass nach der eindeutigen Regelung in der mit dem Gesamtbetriebsrat der A-G AG und den örtlichen Betriebsräten vereinbarten Überleitungsvereinbarung in diesem Fall kein Anspruch auf eine Abfindung besteht, weder gegenüber der A-G AG, noch gegenüber A GmbH. Im Falle eines Widerspruchs müssen Sie deshalb damit rechnen, Ihren Arbeitsplatz ohne jede finanzielle Leistung zu verlieren.

                 

Außerdem sind bei einer eventuellen Arbeitslosigkeit nach einem Widerspruch Ihre Ansprüche auf Leistungen der Agentur für Arbeit in Frage gestellt.

                 

Wir empfehlen Ihnen daher dringend, von einem Widerspruch abzusehen.

                 

...“   

4

Sodann wurde mit Wirkung zum 1. November 2004 der Geschäftsbereich CI bei der Beklagten ausgegliedert und auf die neu gegründete A GmbH übertragen. Zunächst widersprach der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die A GmbH nicht. Mit Schreiben vom 7. Dezember 2004, dem Kläger am 13. Dezember 2004 zugegangen, kündigte die A GmbH das Arbeitsverhältnis aus dringenden betrieblichen Erfordernissen zum 30. Juni 2005. Mit einem weiteren Schreiben, ebenfalls vom 7. Dezember 2004, stellte sie darüber hinaus eine Abfindung iHv. 19.458,00 Euro in Aussicht, die im Austrittsmonat gezahlt werden sollte. Der Kläger erhob gegen die Kündigung keine Kündigungsschutzklage.

5

Die A GmbH stellte am 20. Mai 2005 Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, die am 1. August 2005 erfolgte. Der Kläger schied zum 30. Juni 2005 bei der A GmbH aus, die in Aussicht gestellte Abfindung erhielt er nicht. Der Kläger, der zwischenzeitlich ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen ist, ließ mit Anwaltsschreiben vom 20. Juni 2006 gegenüber der Beklagten dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die A GmbH widersprechen. Er hat dies für wirksam gehalten, weil infolge der nicht ausreichenden Unterrichtung durch die Beklagte im Schreiben vom 22. Oktober 2004 die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht in Gang gesetzt worden sei.

6

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht;

hilfsweise hat er beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 20.224,94 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2005 zu zahlen.

Für den Fall des Obsiegens im Hauptantrag hat er weiter beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm ein qualifiziertes Arbeitszwischenzeugnis zu erteilen.

7

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt und dazu die Auffassung vertreten, die Unterrichtung des Klägers genüge den gesetzlichen Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB. Deshalb sei der Widerspruch verspätet, jedenfalls aber habe der Kläger sein Widerspruchsrecht verwirkt.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte vor dem Landesarbeitsgericht Erfolg. Mit der zugelassenen Revision will die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Weil das Arbeitsverhältnis des Klägers am 1. November 2004 auf die A GmbH nach § 613a Abs. 1 BGB übergegangen und sein Widerspruch dagegen vom Juni 2006 unwirksam ist, ist die Klage sowohl im Hauptantrag als auch im hilfsweise geltend gemachten Zahlungsantrag unbegründet.

10

A. Das Landesarbeitsgericht hat sein klagestattgebendes Urteil im Wesentlichen wie folgt begründet:

11

Da die Belehrung des Klägers über den Betriebsübergang gem. § 613a Abs. 5 BGB fehlerhaft gewesen sei, habe die einmonatige Frist zum Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses für den Kläger nicht mit Erhalt des Informationsschreibens vom 22. Oktober 2004 zu laufen begonnen. Das Recht des Klägers zum Widerspruch sei bei seiner Ausübung am 20. Juni 2006 auch nicht verwirkt gewesen. Bereits das Zeitmoment sei nicht erfüllt, sondern beginne frühestens ab dem Zeitpunkt zu wirken, von dem der Arbeitnehmer Kenntnis davon erlangt habe, dass die Unterrichtung fehlerhaft gewesen sei. Das könne vorliegend frühestens nach der Stellung des Insolvenzantrages durch die Erwerberin anzunehmen sein. Selbst wenn man dem nicht folge, fehle es jedenfalls am Umstandsmoment. Ein solches habe der Kläger durch die Nichterhebung einer Kündigungsschutzklage nicht verwirklicht, ebenso nicht durch den Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages mit einer dritten Gesellschaft. Der Kläger habe auch nicht auf die Ausübung seines Widerspruchsrechts verzichtet, § 144 BGB analog.

12

B. Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

13

I. Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung bestehen nicht. Die Zulässigkeit der Berufung ist Prozessvoraussetzung für das gesamte weitere Verfahren nach Einlegung der Berufung. Sie ist deshalb vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen (BAG 17. Januar 2007 - 7 AZR 20/06 - BAGE 121, 18 = AP TzBfG § 14 Nr. 30 = EzA TzBfG § 14 Nr. 37; 27. Juli 2010 - 1 AZR 186/09 - NZA 2010, 1446). Vorliegend hat der Kläger zweimal Berufung eingelegt, nämlich am 20. März 2007 und - „vorsorglich“ - am 31. Oktober 2007. Jedoch können Rechtsmittel wiederholt eingelegt werden. Ein Rechtsmittelführer kann deshalb bestimmen, ob er eine oder mehrere Berufungen gegen ein arbeitsgerichtliches Urteil einlegen will. Fehlt es an einer ausdrücklichen Erklärung, kommt es auf das prozessuale Verhalten des Rechtsmittelführers an (BAG 17. Oktober 1995 - 3 AZR 863/94 - AP ZPO § 518 Nr. 66 = EzA ArbGG 1979 § 66 Nr. 21). Der Kläger hat klargestellt, dass er die zweite Berufung nur einlegt, weil er vorher das erstinstanzliche Urteil nochmals in korrekter Fassung zugestellt bekommen hatte. Er hat sich auf sein bisheriges Berufungsvorbringen bezogen und dadurch deutlich gemacht, dass er in Kenntnis der richtigen Fassung des Arbeitsgerichtsurteils keine neuen Berufungsgründe darlegen muss. Das prozessuale Verhalten des Klägers wirft daher keinerlei Unklarheiten auf, die Zweifel an der von ihm geführten Berufung begründet hätten.

14

II. Der Kläger konnte dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses grundsätzlich noch widersprechen.

15

Wie der Senat bereits in einer Vielzahl von gleich gelagerten Fällen entschieden hat, entspricht die Unterrichtung durch die Beklagte vom 22. Oktober 2004 über den beabsichtigten Betriebsteilübergang nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB. Sie setzt damit die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB für die betroffenen Arbeitnehmer nicht in Lauf(vgl. zB 20. März 2008 - 8 AZR 1016/06 - NZA 2008, 1354 oder 24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347).

16

III. Das Widerspruchsrecht des Klägers ist aber verwirkt.

17

Das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses nach § 613a Abs. 6 BGB kann grundsätzlich verwirken(st. Rspr. des Senats, vgl. zB 24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347).

18

1. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Mit der Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckt haben, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist.

19

Schon nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor dem Inkrafttreten des § 613a Abs. 5 und 6 BGB konnte das Widerspruchsrecht wegen Verwirkung ausgeschlossen sein. An dieser Rechtsprechung hat der Senat im Einklang mit der herrschenden Auffassung im Schrifttum auch nach der neuen Rechtslage festgehalten. Die Tatsache, dass der Gesetzgeber eine Widerspruchsfrist eingeführt hat, schließt eine Anwendung der allgemeinen Grundsätze nicht aus, weil jedes Recht nur unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben ausgeübt werden kann (Senat 15. Februar 2007 - 8 AZR 431/06 - mwN, BAGE 121, 289 = AP BGB § 613a Nr. 320 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 64).

20

2. Der Kläger wurde mit Schreiben vom 22. Oktober 2004 von der Beklagten über den bevorstehenden Betriebsteilübergang unterrichtet. Er hat knapp 20 Monate später am 20. Juni 2006 dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Betriebserwerberin widersprochen. Eine solche Zeitspanne erfüllt das für das Vorliegen der Verwirkung erforderliche Zeitmoment (Senat 24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347; 2. April 2009 - 8 AZR 473/07 -).

21

3. Die widerspruchslose Weiterarbeit des Klägers bei der A GmbH ab 1. November 2004 begründete keine Verwirkung des Widerspruchsrechts des nicht ordnungsgemäß nach § 613a Abs. 5 BGB unterrichteten Klägers(Senat 20. März 2008 - 8 AZR 1016/06 - NZA 2008, 1354). Auch eine akzeptierte Freistellung von der tatsächlichen Arbeitsleistung ist regelmäßig noch keine Disposition über den Vertragsbestand und verwirklicht daher für sich genommen das Umstandsmoment nicht. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Freistellung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter in Ausübung des insolvenzrechtlichen Rechts auf Freistellung erfolgte (ErfK/Müller-Glöge 11. Aufl. InsO Einführung Rn. 38 mwN).

22

4. Das für die Annahme einer Verwirkung erforderliche Umstandsmoment wird dagegen dadurch erfüllt, dass der Arbeitnehmer durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit dem Betriebserwerber über sein Arbeitsverhältnis disponiert (Senat 27. November 2008 - 8 AZR 174/07 - BAGE 128, 328 = AP BGB § 613a Nr. 363 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 106)oder dass er eine vom Betriebserwerber ausgesprochene Kündigung nicht angreift (Senat 24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347).

23

Vorliegend hat der Kläger die unter dem 7. Dezember 2004 von der A GmbH ausgesprochene betriebsbedingte Kündigung nicht mit einer Kündigungsschutzklage angegriffen. Er ist auf ein von der A GmbH vorgeschlagenes Auflösungsmodell eingegangen, demzufolge er zum 30. Juni 2005 ausscheiden, aber ebenfalls im Juni 2005 eine Abfindung iHv. 19.458,00 Euro erhalten sollte. Der Kläger hat jedenfalls am 30. Juni 2005 und somit etwa ein Jahr vor Erklärung des Widerspruchs das Umstandsmoment derart verwirklicht, dass die Beklagte nicht mehr damit rechnen musste, er werde sein Widerspruchsrecht noch ausüben.

24

5. Auf die Verwirkung darf sich die Beklagte berufen, unabhängig davon, ob ihr alle vom Kläger verwirklichten Umstandsmomente bekannt geworden sind. Bei der Verwirkung des Widerspruchsrechts im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang genügt es, dass einer der Verpflichteten von den vertrauensbildenden Umständen Kenntnis hat. Jedenfalls im unmittelbaren Verhältnis zwischen Betriebsveräußerer und Betriebserwerber sieht das Gesetz grundsätzlich eine gemeinsame Verpflichtung und Berechtigung beider aus dem Arbeitsverhältnis vor. Daraus folgt, dass immer dann, wenn sich der Betriebserwerber als neuer Arbeitgeber auf Verwirkungsumstände berufen könnte, diese auch der Betriebsveräußerer als früherer Arbeitgeber für sich in Anspruch nehmen kann.

25

Die Unterrichtungspflicht nach § 613a Abs. 5 BGB trifft als Gesamtschuldner sowohl den bisherigen Arbeitgeber als auch den neuen Inhaber. Der von einem Betriebsübergang betroffene Arbeitnehmer erlangt die Fortdauer seines Widerspruchsrechts sowohl durch Informationsfehler des einen wie des anderen. Wenn das Gesetz in der Frage der Informationspflicht zum Betriebsübergang den alten und neuen Arbeitgeber als Einheit sieht, liegt es nahe, Betriebsveräußerer und Betriebserwerber auch hinsichtlich des Informationsstands zum Arbeitnehmerverhalten einheitlich aufzufassen. Auch Art. 3 Abs. 2 der RL 2001/23/EG fingiert einen gleichen Informationsstand von Veräußerer und Erwerber über die Rechte und Pflichten der übergegangenen Arbeitsverhältnisse. Entscheidend kommt hinzu, dass nach § 613a Abs. 6 Satz 2 BGB der Arbeitnehmer den Widerspruch sowohl gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber(Betriebsveräußerer) als auch gegenüber dem neuen Inhaber (Betriebserwerber) erklären kann. Der Widerspruch kann aber nicht gegenüber dem neuen Arbeitgeber verwirkt sein, weil dieser die eingetretenen „Umstände“ subjektiv kennt, gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber wegen dessen Unkenntnis jedoch nicht. Für das Schuldverhältnis von Betriebsveräußerer und Betriebserwerber als Gesamtschuldner gegenüber dem Arbeitnehmer als Berechtigtem ist in § 613a BGB, insbesondere in dessen Abs. 6 „ein anderes“ normiert(§ 425 Abs. 1 BGB). Neuer und alter Arbeitgeber können sich wechselseitig auf die Kenntnis des anderen vom Arbeitnehmerverhalten berufen. Eine nachgewiesene subjektive Kenntnis des in Anspruch genommenen Verpflichteten von einem bestimmten Arbeitnehmerverhalten ist nicht erforderlich, wenn feststeht, dass dieses Verhalten wenigstens dem anderen Verpflichteten bekannt geworden ist (Senat 27. November 2008 - 8 AZR 174/07 - BAGE 128, 328 = AP BGB § 613a Nr. 363 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 106; so auch Gaul/Niklas DB 2009, 452).

26

IV. Der Kläger hat auch keinen hilfsweise geltend gemachten Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte auf Zahlung einer Abfindung iHv. 20.224,94 Euro brutto gemäß dem bei der Beklagten geltenden Transfer-Sozialplan in Verbindung mit der Gesamtbetriebsvereinbarung.

27

1. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass sich ein Anspruch der Arbeitnehmer gegen die Beklagte als Betriebsveräußerin auf Zahlung einer Abfindung im Zusammenhang mit einer von der Betriebserwerberin ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigung nicht aus den Bestimmungen der geschlossenen Kollektivvereinbarungen ergibt. Dies kann weder dem TransferSozialplan noch der Gesamtbetriebsvereinbarung Sozialplan von 1995, die bei der Beklagten abgeschlossen wurden, entnommen werden (Senat 27. November 2008 - 8 AZR 1023/06 - Rn. 22 bis 36).

28

2. Für Abfindungsforderungen des Klägers gegen die A GmbH haftet die Beklagte auch nicht deshalb, weil sie sich etwa mit ihrem Unterrichtungsschreiben vom 22. Oktober 2004 im Sinne eines Schuldbeitritts oder einer Garantieübernahme gegenüber dem Kläger für solche künftigen Abfindungsforderungen verpflichtet hätte. Auch dies hat der Senat schon mehrfach klargestellt (Senat 24. Juli 2008 - 8 AZR 109/07 -; 27. November 2008 - 8 AZR 1023/06 - Rn. 37 bis 42).

29

3. Schließlich ergibt sich auch nach § 613a Abs. 5 iVm. §§ 280 ff. BGB kein Schadensersatzanspruch des Klägers in Höhe der geltend gemachten Abfindung.

30

a) Nach der Rechtsprechung des Senats handelt es sich bei der Unterrichtungspflicht des § 613a Abs. 5 BGB um eine echte Rechtspflicht, deren Verletzung einen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB auslösen kann(Senat 31. Januar 2008 - 8 AZR 1116/06 - AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 85). Bei der Verletzung der Unterrichtungspflicht wird ein Verschulden gem. § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet. Macht der Arbeitnehmer geltend, nicht oder nicht vollständig über den Betriebsübergang unterrichtet worden zu sein, ist er so zu stellen, wie er gestanden hätte, wenn er richtig und vollständig informiert worden wäre. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer vortragen und beweisen muss, dass ihm infolge der unterbliebenen Unterrichtung der geltend gemachte Schaden entstanden ist. Bei rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Unterrichtung müsste der Arbeitnehmer nach § 613a Abs. 6 BGB dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses rechtzeitig widersprochen haben und der geltend gemachte Schaden dürfte nicht eingetreten sein. Hierfür hat der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast. Bei Verletzungen von Aufklärungspflichten kann zwar eine Vermutung bestehen, dass sich der Geschädigte aufklärungsgerecht verhalten hätte (BGH 5. Juli 1973 - VII ZR 12/73 - BGHZ 61, 118). Dies setzt jedoch voraus, dass nur eine Handlungsmöglichkeit bestanden hat.

31

b) Der Kläger hat nicht schlüssig vorgetragen, dass ihm infolge einer fehlerhaften Unterrichtung der geltend gemachte Schaden entstanden ist. Er beruft sich letztlich nicht darauf, dass ihm der Abfindungsanspruch überhaupt verloren gegangen ist. Vielmehr sieht er seinen Schaden darin, dass ihm infolge einer fehlerhaften Unterrichtung und des dadurch unterbliebenen Widerspruchs gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses als Schuldnerin der Abfindung nunmehr statt der solventen Beklagten die insolvente Betriebserwerberin als Anspruchsgegnerin gegenübersteht. Dieser Schaden ist allerdings nicht durch die falsche Information der Beklagten entstanden. Nach der Rechtsprechung des Senats (13. Juli 2006 - 8 AZR 382/05 - AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 57) bleibt dem Arbeitnehmer bei einer falschen oder fehlerhaften Unterrichtung iSd. § 613a Abs. 5 BGB die Widerspruchsmöglichkeit dadurch erhalten, dass die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht zu laufen beginnt. Der Kläger hätte durch Erklärung des Widerspruchs genau den Erfolg herbeiführen können, dessen Ausbleiben er jetzt zur Begründung seines Schadensersatzanspruchs heranzieht. Wenn der Kläger die Person seines Anspruchsschuldners als Ursache für seinen Schaden benennt, er jedoch durch Ausübung seines noch bestehenden Widerspruchsrechts gerade diesen Schaden in dem von ihm gewünschten Sinne hätte vermeiden können, fehlt es an der Kausalität zwischen der Falschinformation und der Nichtausübung des Widerspruchsrechts und deshalb auch an einer Kausalität zwischen dieser unzulänglichen Information und dem Eintritt des geltend gemachten Schadens (Senat 20. März 2008 - 8 AZR 1022/06 - EzA BGB 2002 § 613a Nr. 91; 24. Juli 2008 - 8 AZR 109/07 -).

32

C. Der Kläger hat nach § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Eimer    

        

    Pauli    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

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Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 14.01.2016 - Az.: 2 Ca 1091/15 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über von der Klägerin gegenüber der Beklagten geltend gemachte Ansprüche auf Weitergabe einer Tariflohnerhöhung.

2

Der Einkaufsmarkt, in dem die Klägerin beschäftigt ist, wurde ursprünglich von der M. AG, einer der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten, betrieben. Unter dem 13.12.1993 schlossen die M. AG und die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen einen Überleitungsvertrag ab, dem zufolge mit Wirkung ab dem 01.01.1995 nicht mehr der damals im Betrieb geltende Haustarifvertrag, sondern die einschlägigen Branchentarifverträge gelten sollten.

3

Die Klägerin ist bei der Beklagten bzw. einer weiteren Rechtsvorgängerin der Beklagten – der r.,- SB Warenhaus GmbH – seit dem 02.11.2001 als Kassiererin im r.-Einkaufsmarkt (später G.) in A-Stadt beschäftigt. Im mit der tarifgebundenen Firma r.,- SB Warenhaus GmbH abgeschlossenen Arbeitsvertrag der Klägerin vom 02.11.2001 ist in Ziffer 3 geregelt:

4

„Auf das Arbeitsverhältnis finden die jeweils geltenden Tarifverträge des Einzelhandels in der jeweils gültigen Fassung sowie die jeweils geltenden Gesamtbetriebsvereinbarungen bzw. Betriebsvereinbarungen in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.“

5

Wegen des weiteren Inhalts der arbeitsvertraglichen Vereinbarung wird auf den Arbeitsvertrag vom 02.11.2001 (Anlage zur Klageschrift, Bl. 12 f. d. A.) verwiesen.

6

Die nicht tarifgebundene Beklagte vergütete die Klägerin bis einschließlich Juli 2013 nach den jeweiligen Entgeltsätzen der Gehaltsgruppe II/6. Tätigkeitsjahr des Gehaltstarifvertrages für die Beschäftigten des Einzel- und Versandhandels in Rheinland-Pfalz (im Folgenden: Gehalts-TV). Die im August 2013 und im Mai 2014 in Kraft getretenen Tariflohnerhöhungen gab die Beklagte indessen nicht mehr an die Klägerin weiter.

7

Anlässlich des bevorstehenden Betriebsübergangs von r.,- auf die Beklagte informierte r.,- die Arbeitnehmer mit Schreiben vom 08.05.2008 darüber, dass der Betriebserwerber - die Beklagte - tarifgebunden sei und die Tarifverträge für den Einzelhandel in Rheinland-Pfalz Anwendung fänden. Zum 01.07.2008 ging der Betrieb von der Firma r.,- im Wege des Betriebsübergangs auf die Beklagte über.

8

Mit Schreiben vom 16.06.2011 (Anlage zur Klageschrift, Bl. 8 d. A.) wandte sich die Beklagte an die Beschäftigten, unter anderem auch an die Klägerin, und wies darauf hin, dass die Beklagte in A-Stadt nicht tarifgebunden sei. Dieses Schreiben lautet auszugsweise wie folgt:

9

„Der Tarifvertrag wird weiter angewendet – Auch Ihr Gehalt soll steigen!

10

Sehr geehrte Frau A.,
wie Sie wissen, ist unser G. SB-Warenhaus in A-Stadt nicht tarifgebunden. Im August 2009 wurde gemeinsam mit dem Betriebsrat ein Betriebliches Bündnis geschlossen, in dem u.a. die Anwendung des rheinland-pfälzischen Einzelhandelstarifvertrages vereinbart wurde. Das Bündnis endet am 30.06.2011.

11

In diesem Jahr wurde von Seiten der Gewerkschaft ver.di in unserem Haus eine Tarifkommission gebildet, mit dem Ziel, die tariflichen Rahmenbedingungen in unserem Haus ab dem 01.07.2011 zu verhandeln. Diese Verhandlungen wurden am 14.06.2011 ohne Ergebnis beendet.

12

Wie geht es nun weiter?

13

Wenngleich wir in A-Stadt nicht tarifgebunden sind und bis dato weder mit ver.di noch mit unserem Betriebsrat eine gemeinsame Lösung zu finden war, geben wir Ihnen hiermit freiwillig folgende Zusicherung:

14

1. Wir werden Sie auch nach dem 30.06.2011 entsprechend den Regelungen des gültigen rheinland-pfälzischen Einzelhandelstarifvertrages vergüten.

15

2. Sobald in 2011 ein neuer Gehalts- und Lohntarifvertrag für den rheinland-pfälzischen Einzelhandel abgeschlossen ist, wird auch dieser neue Tarifvertrag mit den darin enthaltenen Regelungen – insbesondere den Lohn- und Gehaltserhöhungen – Anwendung auf Ihr Arbeitsverhältnis finden."

16

Mit Schreiben vom 12.09.2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Zusage vom 16.06.2011 auch selbstverständlich für den Manteltarifvertrag des rheinland-pfälzischen Einzelhandels gelte.

17

Ab dem 01.08.2013 wurden die tariflichen Gehälter um 3 % angehoben und ab dem 01.05.2014 um weitere 2,1 %. Diese Gehaltssteigerungen wurden nicht mehr an die Klägerin sowie die anderen in der Betriebsstätte A-Stadt beschäftigten Arbeitnehmer weitergegeben.

18

Die Klägerin hat die Zahlung dieser Tariflohnerhöhungen mit Schreiben vom 07.03.2014 (Anlage zur Klageschrift, Bl. 10 d. A.) gegenüber der Beklagten schriftlich geltend gemacht. Das formularmäßig vorgefertigte Schreiben hat u.a. folgenden Wortlaut:

19

"Geltendmachung des aktuellen Tarifvertrages Einzelhandel Rheinlandpfalz

20

Tariferhöhung Rückwirkend zum 01.08.2013 von 3 % sowie die zu erwartende Erhöhung von 2,1 % ab 01.05.14.

21

Sehr geehrter Herr W.
Ich möchte sie bitten mir die vorgenannte Tariferhöhung mit der nächsten Gehaltsauszahlung auszuzahlen.

22

Meinen Anspruch mache ich geltend auf Basis des von Ihnen an mich gesendeten Schreibens vom 16.06.2011 zum Gehaltstarifvertrag sowie dem Schreiben vom 12.09.11, zum Manteltarifvertrag Einzelhandel Rheinland-Pfalz.

23

Ebenso ergibt sich der Anspruch aus meinem Arbeitsvertrag, der eine dynamische Verweisklausel enthält. Der Gesamtbetrag der Geltendmachung beläuft sich auf 408,55 Euro.

24

Ich bitte sie mir bis zum ________ meinen Anspruch zu bestätigen."

25

Die Beklagte hat die geltend gemachten Ansprüche mit Schreiben vom 18.03.2014 (Anlage zur Klageschrift, Bl. 9 d. A.) zurückgewiesen.

26

Die Klägerin hat vorgetragen:

27

Die Beklagte habe gegenüber dem Betriebsrat vor dem Betriebsübergang mehrfach betont, tarifgebunden zu sein.

28

Sie sei der Auffassung, sie habe Anspruch darauf, auch über den 31.07.2013 hinaus weiterhin nach Maßgabe des für den Einzelhandel Rheinland-Pfalz in seiner jeweiligen Fassung geltenden Tarifvertrags vergütet zu werden. Dies ergebe sich bereits aus dem Arbeitsvertrag, der eine dynamische Bezugnahme auf die Tarifgehaltsbestimmungen enthalte. Zudem habe die Beklagte mit Schreiben vom 16.06.2011 und vom 12.09.2011 ausdrücklich die tarifliche Bezahlung nicht nur für die seinerzeit bevorstehende Lohnrunde 2011, sondern auch für einen etwa nachfolgenden neuen Tarifvertrag bestätigt.

29

Die arbeitsvertraglichen und tariflichen Ausschlussfristen seien durch das Geltendmachungsschreiben vom 07.03.2014 auch zukunftsbezogen gewahrt.

30

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

31

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 408,55 Euro brutto, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 19.03.2014 zu zahlen.

32

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.092,74 Euro brutto, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Klagezustellung zu zahlen.

33

Die Beklagte hat beantragt,

34

die Klage abzuweisen.

35

Die Beklagte hat die Ansicht geäußert, die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel stelle lediglich eine Gleichstellungsabrede dar und führe lediglich zu einer statischen, nicht jedoch zu einer dynamischen Tarifanwendung. Ein Anspruch ergebe sich auch weder aus den bisher weitergegebenen Tariferhöhungen, noch aus dem Schreiben vom 16.06.2011 oder dem Schreiben vom 12.09.2011, da sich hieraus kein Wille ihrerseits herleiten lasse, sich auf Dauer an die Tarifentwicklung binden zu wollen.

36

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat die Klage durch Urteil vom 14.01.2016 – Az. 2 Ca 1091/15 – mit der Begründung abgewiesen, der Klägerin stehe ein Anspruch auf die begehrten Tariflohnerhöhungen nach dem 31.07.2013 nicht zu, da die Beklagte weder tarifgebunden, noch der Tarifvertrag allgemeinverbindlich sei. Ein Anspruch auf Weitergabe von Tariflohnerhöhungen lasse sich auch nicht aus dem Überleitungstarifvertrag zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten und der seinerzeit zuständigen Gewerkschaft HBV vom 13.12.1993 herleiten. Auf das Urteil des Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 14. Oktober 2015 - 4 Sa 478/14 - werde Bezug genommen. Auch auf Ziffer 4 des Arbeitsvertrags könne sich die Klägerin nicht berufen. Insoweit liege eine sogenannte Gleichstellungsabrede vor. Die dynamische Anwendung der tariflichen Entgeltbestimmungen habe aufgrund des Wegfalls der arbeitgeberseitigen Tarifgebundenheit infolge des Betriebsübergangs auf die Beklagte geendet. Auch eine betriebliche Übung liege nicht vor. Aus dem Schreiben der Beklagten vom 16.06.2011 ergäben sich ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariflohnerhöhungen habe übernehmen wollen. Auch insoweit folge die Kammer der Auffassung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz in der zitierten Entscheidung.

37

Die Klägerin hat gegen das ihr am 10.02.2016 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Az. 2 Ca 1091/15 – mit am 09.03.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag Berufung eingelegt und diese mit am Montag, dem 11.04.2016, beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 08.04.2016 begründet.

38

Die Klägerin ist der Auffassung,
das Arbeitsgericht habe verkannt, dass das Schreiben vom 16.06.2011 nur dahingehend verstanden werden könne, dass sie zukünftig dauerhaft an der Tarifentwicklung teilnehmen solle. Eine Einschränkung auf die Tarifrunde 2011 lasse sich der Zusicherung gerade nicht entnehmen. Jedenfalls greife die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB mit der Folge, dass eine arbeitnehmerfreundliche Auslegung zu erfolgen habe, was zu einer dynamischen Anwendbarkeit des Gehaltstarifvertrages führe. Auch sei entgegen der rechtlichen Würdigung durch das Arbeitsgericht durch die jahrelange tatsächliche Weitergabe der Tariflohnerhöhungen, verbunden mit der permanenten Suggestion, dass das Unternehmen tarifgebunden sei, eine betriebliche Übung entstanden. Die Umstände, dass die Beklagte bis 2011 stets den Eindruck erweckt habe, tarifgebunden zu sein, und sich bis zum streitgegenständlichen Zeitraum vollumfänglich an die Tarifverträge gehalten habe, seien weitere Anhaltspunkte dafür, dass die entsprechende Tarifbindung auch weiter gelten müsse.

39

Wegen der weiteren Ausführungen zur Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz vom 08.04.2016 (Bl. 129-135 d. A.) Bezug genommen.

40

Die Klägerin beantragt zuletzt,

41

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 14.01.2016, Aktenzeichen 2 Ca 1091/15

42

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 408,55 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 19.03.1014 zu zahlen.

43

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.092,74 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Klagezustellung zu zahlen.

44

Die Beklagte beantragt,

45

die Berufung zurückzuweisen.

46

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und führt hierzu aus:

47

Die Berufungsbegründung sei ihrer Auffassung nach jedenfalls deswegen unzulässig, da sie sich mit einem anderen Urteil auseinandersetze.

48

Das Arbeitsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin bereits eine Bindung an den Überleitungstarifvertrag nicht substantiiert dargelegt habe. Ob dieser Überleitungstarifvertrag aufgrund der darin geregelten aufschiebenden Bedingungen überhaupt in Kraft getreten ist, sei von der Klägerin nicht vorgetragen worden. Im Übrigen wäre der Überleitungsvertrag durch die nachfolgenden Betriebsübergänge ebenfalls statisch gestellt worden. Da Ziff. 4 des Arbeitsvertrages nach ihrem Verständnis als Gleichstellungsabrede einzuordnen sei und die Tarifbindung der Arbeitgeberin mit dem Betriebsübergang auf ihre Person geendet habe, sei ab diesem Zeitpunkt eine Statischstellung erfolgt. Die Statischstellung ab dem Betriebsübergang auf sie – die Beklagte – ergebe sich überdies aus der Werhof-Entscheidung sowie der Alemo-Herron-Entscheidung des EuGH. Aus dem Schreiben vom 16.06.2011 lasse sich durch die Verwendung der Singularform und die Eingrenzung des Zeitraums eindeutig entnehmen, dass nur eine einzige Tariferhöhung habe weitergegeben werden sollen. Eine Heranziehung des § 305c BGB verbiete sich aufgrund der Eindeutigkeit der im Schreiben vom 16.06.2011 getroffenen Zusage. Durch das Schreiben vom 12.09.2011 sei die Zusicherung der Anwendung des seinerzeit gültigen und des darauf folgenden Gehaltstarifvertrags lediglich auch auf den Manteltarifvertrag erweitert worden. Das Schreiben vom 08.05.2008 könne als reine Wissenserklärung nicht als Anspruchsgrundlage dienen. Eine betriebliche Übung sei mangels deutlicher Anhaltspunkte dafür, dass sie die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariferhöhungen auf Dauer habe übernehmen wollen, nicht entstanden. Hilfsweise berufe sie sich auf die arbeitsvertraglichen und tariflichen Ausschlussfristen, wonach jedenfalls die für August 2013 geltend gemachten Ansprüche verfallen seien. Ebenfalls verfallen seien die Ansprüche März 2014 bis Februar 2015, da diese Ansprüche erstmals mit der Klageerhebung am 04.09.2015 geltend gemacht worden seien.

49

Hinsichtlich des Sachvortrags zur Berufungserwiderung wird ergänzend auf den Schriftsatz vom 13.05.2016 (Bl. 145-154 d. A.) verwiesen.

50

Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

51

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

52

Insbesondere hat sich der Kläger in einer noch den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO genügenden Weise mit den Entscheidungsgründen des streitgegenständlichen Urteils auseinandergesetzt. Zwar ist der Beklagten beizupflichten, dass ein Teil der Ausführungen des Klägers augenscheinlich auf ein Parallelverfahren Bezug nimmt. Jedoch befassen sich wesentliche Elemente der Berufungsbegründung auch mit dem angegriffenen Urteil: So behandelt der Kläger in seinen Ausführungen die, aus dessen Sicht unzutreffende, richterliche Würdigung des Schreibens vom 30.06.2011. Die rechtliche Wertung des Schreibens vom 30.06.2011 ist auch Gegenstand der Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils (s. S. 4 der Entscheidungsgründe). Im Übrigen setzt sich die Berufungsbegründung kritisch mit der gerichtlichen Verneinung der Entstehung einer betrieblichen Übung auseinander. Diese Problematik hat – entgegen den Ausführungen der Beklagten – auf S. 4 des angegriffenen Urteils ebenfalls Erwähnung gefunden.

B.

53

Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage vielmehr zu Recht abgewiesen.

I.

54

Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung bzw. Weitergabe der nach dem 31.07.2013 in Kraft getretenen Erhöhungen der tariflichen Vergütung für die Beschäftigten des Einzelhandels in Rheinland-Pfalz.

55

1. Die Klägerin kann ihr Zahlungsbegehren zunächst nicht unmittelbar und allein auf den maßgeblichen Gehaltstarifvertrag stützen. Dieser ist nicht allgemeinverbindlich und findet wegen der fehlenden Organisationszugehörigkeit der Beklagten auch nicht infolge beiderseitiger Tarifbindung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 – JURIS Rn. 27), was die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung auch zugesteht.

56

2. Ein Anspruch auf Weitergabe von Tariferhöhungen lässt sich auch nicht aus dem Überleitungstarifvertrag zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten und der seinerzeit zuständigen Gewerkschaft HBV vom 13.12.1993 herleiten.

57

Selbst wenn dieser, was die Beklagte bestritten hat, in Kraft getreten ist, und seinerzeit infolge beiderseitiger Tarifbindung Ansprüche der Klägerin auf tarifliche Vergütung begründet hat, so umfassen diese Ansprüche der Klägerin nicht die erst nach dem Betriebsübergang auf die Beklagte in Kraft getretenen Gehaltstarifverträge. Zwar werden nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB die Normen eines beim ehemaligen Betriebsinhaber angewendeten Tarifvertrages Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer und dem neuen Betriebsinhaber. Die Tarifvertragsnormen gelten jedoch ausschließlich statisch in ihrer im Zeitpunkt des Übergangs geltenden Fassung fort. Verändert sich nach dem Betriebsübergang die Tarifnorm, deren Regelung in das Arbeitsverhältnis übergegangen ist, so nimmt die übergegangene Regelung hieran nicht mehr teil. Verweist die übergegangene Tarifregelung ihrerseits auf andere normative Regelungen, die sich weiterentwickeln, so wird deren Stand zur Zeit des Betriebsübergangs zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses. Lediglich eine in der statisch fortgeltenden Norm selbst angelegte Dynamik bleibt aufrechterhalten. Diese Dynamik umfasst nur solche Tarifgehaltserhöhungen, die bereits im Zeitpunkt des Betriebsübergangs vereinbart waren (vgl. BAG v. 14.11.2007 - 4 AZR 828/06 - AP Nr. 334 zu § 613a BGB), was bei den vorliegend streitgegenständlichen Gehaltssteigerungen zweifellos nicht der Fall war (so LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 – JURIS Rn. 28).

58

3. Die Klägerin kann sich zur Begründung der streitgegenständlichen Ansprüche auch nicht mit Erfolg auf die Regelungen in Ziffer 3 oder Ziffer 5 ihres Arbeitsvertrages berufen.

59

a) Zwar enthält der Arbeitsvertrag in Ziff. 3 unzweifelhaft eine zeitdynamische Verweisung auf die jeweils geltenden Tarifverträge des Einzelhandels. Eine tarifdynamische Gehaltszusage ergibt sich überdies aus einer Auslegung der Ziffer 5 des Arbeitsvertrages. Dort hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten als Klauselverwenderin deutlich zum Ausdruck gebracht, sie vergüte die Klägerin entsprechend der einschlägigen tariflichen Entgeltbestimmungen. Der durchschnittliche Arbeitnehmer darf bei einer derartigen Verknüpfung von einem festen Entgeltbetrag und dessen Bezeichnung als Tarifentgelt redlicher Weise davon ausgehen, der in der Klausel festgehaltene Betrag werde nicht für die Dauer des Arbeitsverhältnisses statisch sein, sondern solle sich entsprechend den tariflichen Entwicklungen des maßgebenden Gehaltstarifvertrages entwickeln. Ein redlicher Arbeitgeber würde - wenn er die von ihm gestellte Klausel nicht so verstanden wissen wollte - die Bezeichnung als Tarifentgelt unterlassen, um klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen, dass er nicht "nach Tarif" zahlen will, sondern sich das vereinbarte Entgelt ausschließlich nach den konkret bezifferten Parteivereinbarungen richten soll (vgl. BAG 13.05.2015 - 4 AZR 244/14 - JURIS Rn. 17; LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 28). Bestätigt wird diese Auslegung durch die in Ziff. 5 des Arbeitsvertrages enthaltene Anrechnungsregelung für übertariflicher Entgeltbestandteile, welche nur bei einer dynamischen Inbezugnahme der tariflichen Entgeltbestimmungen einen Anwendungsbereich hat (ebenso BAG 13.05.2015 - 4 AZR 244/14 - JURIS Rn. 18). Diesem Verständnis entspricht auch - jedenfalls bis zur Beendigung der Tarifgebundenheit - die Durchführung des Arbeitsverhältnisses seitens der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten.

60

b) Die dynamische Anwendung der tariflichen Entgeltbestimmungen endete jedoch aufgrund des Wegfalls der arbeitgeberseitigen Tarifgebundenheit infolge des Betriebsübergangs auf die Beklagte, da die vertragliche Bezugnahmeregelung vor Inkrafttreten der Schuldrechtsreform (1. Januar 2002) vereinbart wurde. Die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel ist als "sog. Gleichstellungsabrede" auszulegen (vgl. BAG 13.05.2015 - 4 AZR 244/14 - NZA-RR 2016, JURIS Rn. 19; LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 30):

61

aa) Nach der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts galt die widerlegliche Vermutung, dass es einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum ging, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Das Bundesarbeitsgericht ging davon aus, dass mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden soll, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags zu kommen und damit zu dessen Anwendbarkeit für alle Beschäftigten. Daraus hatte das Bundesarbeitsgericht die Konsequenz gezogen, dass auch ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder in den Begleitumständen bei Vertragsschluss bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeregelungen in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen seien. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, dass die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik nur so weit gereicht hat, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reicht, also dann endet, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden ist. Ab diesem Zeitpunkt sind die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch anzuwenden. Diese Rechtsprechung hat der Senat für vertragliche Bezugnahmeregelungen, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 01.01.2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Er wendet die Auslegungsregel aus Gründen des Vertrauensschutzes jedoch weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 01.01.2002 vereinbart worden sind (s. BAG 11. 12.2013 - 4 AZR 473/12 – JURIS Rn. 14 f.; BAG 13.05.2015 - 4 AZR 244/14 – JURIS Rn. 20).

62

bb) Der Auslegung der Verweisungsklausel als Gleichstellungsabrede stehen die §§ 305 ff. BGB nicht entgegen. Die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist unter Anwendung der seit dem 01.01.2002 in § 305c Abs. 2 BGB normierten, jedoch bereits vorher auch für das Arbeitsrecht anerkannten Unklarheitenregelung davon ausgegangen, dass bei der der Gleichstellung generell zugrunde liegenden soziotypischen Konstellation von als berechtigt anzuerkennenden Zweifeln i. S. v. § 305c Abs. 2 BGB nicht ausgegangen werden kann (s. BAG 19.03.2003 - 4 AZR 331/02 - zu I 2 d bb der Gründe, BAGE 105, 284). Die Auslegung einer arbeitsvertraglichen Verweisung als Gleichstellungsabrede umfasst nicht nur das Verständnis des tarifgebundenen Arbeitgebers bei der Abgabe seines Vertragsangebots, wonach die Verweisung auf einschlägige Tarifregelungen hinsichtlich der Dynamik unter der auflösenden Bedingung des Wegfalls seiner eigenen Tarifgebundenheit steht, sondern auch die vom Bundesarbeitsgericht seinerzeit angenommene Erkennbarkeit dieser Vertragsbedingung für den Arbeitnehmer, dessen Zustimmung zu der vom Arbeitgeber vorformulierten Klausel diese auflösende Bedingung umfasst. Soweit daher aus Vertrauensschutzgründen die frühere Rechtsprechung des Senats weiterhin anzuwenden ist, gilt dies auch für den vom Bundesarbeitsgericht vorausgesetzten Empfängerhorizont des Arbeitnehmers, der davon „ausgehen (muss), dass eine Bezugnahmeklausel, die von der Arbeitgeberseite angeboten wird, als Gleichstellungsabrede gemeint ist“ (so BAG 19.03.2003 - 4 AZR 331/02 - zu I 2 d aa der Gründe, BAGE 105, 284; BAG 11.12.2013 - 4 AZR 473/12 - JURIS Rn. 19; BAG 26.09.2001 - 4 AZR 544/00 - zu II 1 c bb (1) der Gründe, BAGE 99, 120). Auch insoweit hält das Bundesarbeitsgericht für Altverträge aus der Zeit vor dem 01.01.2002 aus Gründen des Vertrauensschutzes an seiner bisherigen Rechtsprechung fest (vgl. BAG 11.12.2013 - 4 AZR 473/12 – JURIS Rn. 19 m. w. N.).

63

cc) Dieser Rechtsprechung schließt sich die Berufungskammer an. In Anwendung dieser Grundsätze lässt sich eine Verpflichtung der Beklagten als Betriebsübernehmerin zur tariflichen Dynamisierung des Gehalts nach erfolgtem Betriebsübergang aus den zitierten, als Gleichstellungsabrede zu verstehenden arbeitsvertraglichen Regelungen nicht herleiten.

64

4. Eine betriebliche Übung dahingehend, tarifliche Gehaltserhöhungen stets voll zu übernehmen, ist bei der Beklagten ebenfalls nicht entstanden.

65

Zwar hat die nicht tarifgebundene Beklagte unstreitig seit Betriebsübergang bis einschließlich Juli 2013 die tariflichen Gehaltserhöhungen an ihre Angestellten weitergegeben. Bei einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber kann eine betriebliche Übung der Erhöhung der Löhne und Gehälter entsprechend der Tarifentwicklung jedoch nur angenommen werden, wenn es deutliche Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitgebers dafür gibt, dass er auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariferhöhungen übernehmen will. Denn ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber will sich grundsätzlich nicht für die Zukunft der Regelungsmacht der Verbände unterwerfen. Dies ist gerade Sinn des nicht erfolgten Beitritts zu einem Arbeitgeberverband. Die fehlende Tarifbindung verdeutlicht den Willen des Arbeitgebers, die Erhöhung der Löhne und Gehälter zukünftig nicht ohne Beitrittsprüfung entsprechend der Tarifentwicklung vorzunehmen (s. BAG 13.03.2002 - 5 AZR 755/00 - EzA § 259 ZPO Nr. 1; LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 31). Erforderlich für die Annahme einer auf die Weitergabe von Tariferhöhungen bezogenen betrieblichen Übung sind daher besondere Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitgebers dafür, dass er sich verpflichten will, auch zukünftig die noch nicht vorhersehbaren Tariferhöhungen an seine Arbeitnehmer weiterzugeben. Solche Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen:

66

a) Keinerlei diesbezügliche Anhaltspunkte ergeben sich aus dem Unterrichtungsschreiben gemäß § 613a Abs. 5 BGB vom 08.05.2008. Zwar enthält dieses Schreiben die Mitteilung, die Beklagte sei tarifgebunden und die Tarifverträge des Einzelhandels Rheinland-Pfalz fänden daher weiter Anwendung. Das Unterrichtungsschreiben ist jedoch nicht von der Beklagten, sondern von der Betriebsveräußerin, der vormaligen Arbeitgeberin der Klägerin, verfasst. Die Mitteilung kann daher nicht der Beklagten zugerechnet werden. Soweit die Klägerin vorgetragen hat, die betreffende Erklärung sei mit der Beklagten abgestimmt und abgesprochen gewesen, so erweist sich dieses Vorbringen in Ermangelung jeglicher Konkretisierung als unsubstantiiert (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 32). Entsprechendes gilt für die – im Berufungsverfahren ohnehin nicht mehr aufgegriffene – Behauptung der Klägerin, im Rahmen von Verhandlungen mit dem Betriebsrat habe man sich zu einer Tarifbindung der Beklagten geäußert. Die Angaben zu den Gesprächsinhalten sind unpräzise und beziehen sich – soweit ersichtlich – zudem nicht auf die konkrete Betriebsstätte in A-Stadt, so dass das insoweit unterbreitete Beweisangebot einen unzulässigen Ausforschungsbeweis darstellt. Auch lässt sich den nur sehr allgemein wiedergegebenen behaupteten Gesprächsinhalten nicht der Wille der Beklagten entnehmen, sämtliche auch in ferner Zukunft liegenden Tariferhöhungen an die Arbeitnehmer weiterzugeben (so. i. E. auch LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 32).

67

b) Ebenso wenig ergeben sich aus dem Inhalt des im Tatbestand wiedergegebenen Schreibens der Beklagten vom 16.06.2011 Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariferhöhungen übernehmen wollte (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 33).

68

Die in diesem Schreiben enthaltene Zusicherung einer tariflichen Vergütung bezieht sich auf den seinerzeit gültigen sowie auf den darauffolgenden Gehalts-TV, wie anhand der drucktechnisch hervorgehobenen Formulierungen in Ziff. 1 und Ziff. 2 des Schreibens vom 16.06.2011 unmissverständlich deutlich wird. Auch der Gesamtkontext des Schreibens lässt keine andere Beurteilung zu. Vielmehr weist die Beklagte im ersten und zweiten Absatz des Schreibens vom 16.06.2011 gerade auf ihre fehlende Tarifbindung und die Ergebnislosigkeit der Verhandlungen der Tarifkommission hin, was ihren fehlenden Willen, sich – unabhängig von einer Tarifbindung – dauerhaft einer tarifdynamischen Gehaltsentwicklung zu unterwerfen, zusätzlich verdeutlicht. Überdies unterstreicht der im Vorspann zu der in Ziff. 1 und 2 des Schreibens getroffenen Zusage enthaltene Hinweis, dass „bis dato“ eine gemeinsame Lösung weder mit ver.di, noch mit dem Betriebsrat gefunden worden sei i. V. m. dem Verweis auf die Freiwilligkeit der Zusage, dass eine dauerhafte Bindung an die tarifliche Entwicklung bislang weder vereinbart worden ist, noch zukunftsbezogen gewollt ist.

69

Die Berufungskammer teilt die Rechtsauffassung der Klägerin, wonach der Inhalt des Schreibens unterschiedliche Interpretationen zulasse, aus den vorgenannten Gründen nicht. Für eine Anwendung der Unklarheitenregelung aus § 305c Abs. 2 BGB bleibt vor diesem Hintergrund kein Raum.

70

c) Diese – auf den seinerzeit aktuellen und den darauffolgenden Gehalts-TV beschränkte – Zusicherung hat die Beklagte mit Schreiben vom 12.09.2011 lediglich auch auf den Manteltarifvertrag erweitert (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 14.10.2015 - 4 Sa 478/14 - JURIS Rn. 33).

II.

71

Die Berufung der Klägerin war nach alledem mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

72

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.