Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 12. Apr. 2018 - 5 Sa 295/17

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2018:0412.5Sa295.17.00
bei uns veröffentlicht am12.04.2018

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 6. April 2017, Az. 5 Ca 811/16, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 01.11.2016 Grundvergütung nach der Entgeltgruppe 14
Stufe 6 BAT-KF in der jeweils gültigen Fassung zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 10.937,82 brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils € 1.242,10 seit dem 17.02., 17.03., 17.04., 17.05., 17.06.2016 und jeweils € 1.181,83 seit dem 17.07., 17.08., 17.09., 17.10.2016 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu zahlen.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Wesentlichen darüber, ob und ggf. mit welchen Modalitäten nach einem Betriebsübergang einzelvertraglich in Bezug genommene kirchliche Regelungen (BAT-KF) dynamisch fortgelten.

2

Der 1963 geborene Kläger ist seit dem 07.01.1991 als Diplom-Sportlehrer in der Klinik V. in A-Stadt beschäftigt. Trägerin des V. war zunächst eine namensgleiche Stiftung; bis Ende 2007 gehörte die Klinik dem Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche im Rheinland an. Die Beklagte, eine Anstalt des öffentlichen Rechts, übernahm die Klinik mit damals ca. 100 Arbeitnehmern gem. § 613a BGB zum 01.07.2016. Der Kläger ist seit 2015 Mitglied der Gewerkschaft ver.di; den Personalüberleitungstarifvertrag (PÜTV) verhandelte er als Mitglied der Tarifkommission mit. Der Kläger war Vorsitzender des Betriebsrats.

3

Der schriftliche Arbeitsvertrag des Klägers mit dem V. vom 26.10.1990 lautet auszugsweise:

4

"Die Diakonie ist eine Wesens- und Lebensäußerung der Evangelischen Kirche. Alle in ihren Anstalten und Einrichtungen tätigen Mitarbeiter dienen dem Gesamtwerk christlicher Nächstenliebe. Sie leisten auch ihre berufliche Arbeit in dieser Zielsetzung und bilden ohne Rücksicht auf ihre arbeitsrechtliche Stellung eine Dienstgemeinschaft.

5

Auf dieser Grundlage wird der nachstehende Vertrag geschlossen:

6

§ 2

7

Für das Arbeitsverhältnis gilt die Kirchliche Arbeitsvertragsordnung für Angestellte - BAT/AngKAVO (Bundes-Angestelltentarifvertrag vom 23. Februar 1961) in der jeweils im Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland geltenden Fassung.

8

Ergänzende tarifliche und außertarifliche Regelungen finden ebenfalls Anwendung, sofern sie von der Evangelischen Kirche im Rheinland beschlossen worden sind."

9

Zum 31.12.2007 trat das V. aus dem Diakonischen Werk aus; es trat ab 01.01.2008 dem Landesverband der Privatkliniken in Hessen und Rheinland-Pfalz eV. (VdPK) bei. In einem Rahmentarifvertrag zur Beschäftigungssicherung zwischen dem VdPK und der "DHV-Die Berufsgewerkschaft" und der "medsonet. Die Gesundheitsgewerkschaft" vom März/April 2011 ist auszugsweise folgendes geregelt:

10

"Teil A - Allgemeine Bestimmungen

11

§ 1 Geltungsbereich

12

13

(3) Dieser Tarifvertrag gilt persönlich für Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis zu einem ordentlichen oder besonderen Mitglied eines vertragsschließenden Landesverbandes des VdPK stehen und Mitglied einer vertragschließenden Gewerkschaft sind.

14

15

§ 2 Grundsätze, Begriffsbestimmungen

16

(1) In Betrieben, in denen eine besondere betriebliche Notlage vorliegt, kann zur Beschäftigungssicherung zwischen Arbeitgeber und einer vertragschließenden Gewerkschaft oder auf betrieblicher Ebene zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat eine Vereinbarung geschlossen werden, die Abweichungen von den übrigen Tarifverträgen eines vertragschließenden Landesverbandes zulässt.

17

(2) Eine besondere betriebliche Notlage liegt vor,

18

a) wenn eine Insolvenz des Betriebes oder des Trägers droht, die vom zuständigen Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater schriftlich bestätigt wurde,

19

b) wenn gravierende Verluste das Eigenkapital soweit aufgezehrt haben, dass die Existenzfähigkeit … gefährdet ist …,

20

c) wenn der Betriebsrat schriftlich bestätigt, dass eine sonstige existenzgefährdende Notlage … vorliegt.

21

Protokollnotiz zu § 2:

22

Die Vertragsschließenden sind sich darüber einig, dass bei den nachfolgenden Regelungen jeweils der Betriebsrat sinngemäß an die Stelle der Gewerkschaft tritt, wenn zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat eine Vereinbarung nach Abs. 1 geschlossen wurde. In diesem Fall erhalten die vertragschließenden Gewerkschaften je eine Abschrift der Vereinbarung

23

Teil B - Sanierungs- und Notlagentarifverträge

24

§ 3 Abweichungen von anderen Tarifverträgen

25

(1) Bei Vorliegen einer betrieblichen Notlage können insbesondere vereinbart werden

26

a) Beschränkung der Tabellenvergütung bis zu 3 Jahren um bis zu 15 %;

27

b) Einfrieren der Tabellenvergütung bis max. 3 Jahre; in dieser Zeit sind die Arbeitnehmer von tariflichen Verbesserungen ausgeschlossen;

28

c) Wegfall oder Kürzung von Sonderzahlungen (insbesondere Zuwendungen gem. § 6 des Vergütungstarifvertrages, Leistungen an Zusatzversorgungskassen, tarifliche und freiwillige Zulage) bis zu max. 3 Jahren.

29

…"

30

Das Amtsgericht Bad Kreuznach hat am 01.08.2012 über das Vermögen des V. das Insolvenzverfahren eröffnet und Eigenverwaltung angeordnet. Am 15.10.2012 wurde ein Insolvenzplan bestätigt und in der Folge rechtskräftig. Am 06.12.2012 wurde das Insolvenzverfahren aufgehoben.

31

Am 30.07.2012 schlossen der Vorstand des V. und der Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung, die ua. wie folgt lautet.

32

"Aufgrund § 2 Abs. 1 iVm. der Protokollnotiz zu § 2 des Rahmentarifvertrages zur Beschäftigungssicherung in der Fassung vom 9. März/10. März/ 5. April 2011 und in Ergänzung hierzu mit Zustimmung der Gewerkschaft DHV wird … folgende Betriebsvereinbarung geschlossen:

33

"§ 1 Betriebliche Notlage

34

(1) Die Wirtschaftsprüfer des V. haben bestätigt, dass beim V. eine besondere betriebliche Notlage gemäß § 2 Abs. 2a und b des Rahmentarifvertrages zur Beschäftigungssicherung vorliegt und ohne den Abschluss einer Betriebsvereinbarung nach § 2 Abs. 1 dieses Tarifvertrages die Existenzfähigkeit des V. gefährdet ist. V. hat am 16. Mai 2012 beim Amtsgericht Bad Kreuznach einen Insolvenzantrag gestellt.

35

(2) …

36

(3) Zur Fortführung des V. erbringen die Mitarbeiter über den Personalabbau hinaus mit dieser Vereinbarung hinsichtlich der Reduzierung des Tabellenentgelts und der Reduzierung der AT-Zulage einen Beitrag von insgesamt 592.505 EUR pro Jahr. Nach Erstellung des Jahresabschlusses 2014 werden sich die Betriebsparteien zusammensetzen und unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage über die Höhe der Entgelte ab August 2015 sprechen. Unabhängig hiervon ist der Fall einer wirtschaftlichen Besserung für die Mitarbeiter in Form eines jährlichen Besserungsscheins geregelt.

37

Dies vorausgeschickt, werden für die Zeit ab 1. August 2012 die nachfolgenden Regelungen getroffen:

38

§ 2 Abweichungen von den gültigen Tarifverträgen

39

(1) Ab einschließlich dem Jahr 2012 entfällt die Jahressonderzahlung nach § 6 des Vergütungstarifvertrages.

40

(2) Die Tabellenvergütungen gemäß Anlage 1 zum Vergütungstarifvertrag nach dem Stande vom 1. Januar 2012 werden ab dem 1. August 2012 um 8,5 % reduziert. Tarifliche Lohnsteigerungen werden bis Ende Juli 2015 nicht weitergegeben. Die Klinik wird unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Situation jährlich die Möglichkeit von Gehaltserhöhungen überprüfen. Nach Erstellung des Jahresabschlusses für das Jahr 2014 werden sich die Betriebsparteien zusammensetzen und unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage über die Höhe der Entgelte ab August 2015 sprechen. Hiervon unberührt bleiben die nachfolgenden Regelungen zum Besserungsschein.

41

(3) Der Betriebsrat ist mit den Absenkungen der AT-Zulagen um 37,8 % in dem in der Anlage 1 beschriebenen Umfang einverstanden.

42

43

§ 3 Besserungsschein/Zustimmungserfordernis/weitere Regelungen

44

45

(2) Die Betriebsvereinbarung gilt für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die unter den Rahmentarifvertrag zur Beschäftigungssicherung fallen. Der Arbeitgeber verpflichtet sich, mit denjenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die nicht vom Geltungsbereich des Rahmentarifvertrages erfasst werden, im Wege von Einzelgesprächen darauf hinzuwirken, dass auch diese Mitarbeiter die Regelungen der Betriebsvereinbarung anerkennen.

46

(3) …

47

(4) Zwischen den Betriebsparteien besteht Einigkeit, dass der Arbeitgeber bis 31. Dezember 2014 betriebsbedingte Kündigungen nur nach vorheriger Zustimmung des Betriebsrats iSd. § 102 Abs. 6 BetrVG aussprechen kann. …

48

49

§ 4 - Schlussvorschriften

50

(1) Die Betriebsvereinbarung tritt zum 01.08.2012 in Kraft. Eine Nachwirkung wird ausdrücklich vereinbart.

51

(2) Diese Vereinbarung steht unter der auflösenden Bedingung der Nichtbestätigung des geplanten Insolvenzplanes bzw. der Nichtaufhebung des Insolvenzverfahrens bis zum 31.10.2012.

52

…"

53

Der Kläger schloss am 09.07.2012 mit dem Vorstand der Klinik folgende Vereinbarung:

54

"Zwischen … einerseits und dem … andererseits

55

wird auf Basis der Betriebsvereinbarung vom 9. Juli [richtiges Datum 30. Juli 2012] folgende

56

Sondervereinbarung zum gültigen Arbeitsvertrag

57

geschlossen:

58

Dieser Änderungsvertrag ist hinfällig bzw. tritt rückwirkend zum 1. August 2012 außer Kraft, wenn bis zum 31. Oktober 2012 kein rechtskräftiger Insolvenzplan über das V. bestätigt wird und das Insolvenzverfahren bis zum 31. Oktober 2012 nicht aufgehoben wird.

59

§ 1 - Abweichungen vom bisherigen Arbeitsvertrag

60

(1) Ab 1. August 2012 wird Ihr monatliches Grundgehalt nach dem Arbeitsvertrag um 8,5% des Tabellengrundlohns gemindert, den der Arbeitnehmer erhalten hätte, wenn er nach dem Vergütungstarifvertrag des Verbandes der privaten Krankenanstalten Rheinland-Pfalz (VdPK) vom 01.01.2012 eingruppiert wäre. Damit vermindert sich das Monatsgehalt um 341,36 €. Tarifliche Lohnsteigerungen werden nicht weitergegeben. Die Klinik wird unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Situation jährlich die Möglichkeit von Gehaltserhöhungen überprüfen. Tarifliche Stufenaufstiege für die Kalenderjahre 2012 und 2013 werden hiervon nicht berührt. Stufenaufstiege nach der Probezeit von Vergütungsstufe 0 auf Vergütungsstufe 1 werden hiervon nicht berührt. Nach Erstellung des Jahresabschlusses für das Jahr 2013 wird der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage die Möglichkeit von Stufenaufstiegen für 2014 überprüfen und ggf. vornehmen.

61

Nach Erstellung des Jahresabschlusses für das Jahr 2014 wird der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage die Möglichkeit von Stufenaufstiegen ab August 2015 überprüfen und ggf. vornehmen.

62

Die Parteien sind sich einig, dass der Mitarbeiter ab dem 1. August 2012 darüber hinaus einen weiteren Entgeltverzicht akzeptiert. Dieser errechnet sich wie folgt: Unterstellt, der Mitarbeiter würde ab dem 1. August 2012 unter die Tarifverträge des VdPK fallen, würde die Differenz zwischen dem Tabellenentgelt und der BAT-Vergütung als "AT-Zulage" ausgewiesen werden. Insoweit ergäbe sich bei dem Mitarbeiter eine rechnerischen AT-Zulage in Höhe von 1.214,30 €. Aufgrund des Verzichts von 37,8 % in Bezug auf diese rechnerische AT-Zulage ergibt sich damit ein weiterer Verzicht in Höhe von 459,01 €.

63

Der Mitarbeiter verzichtet demnach künftig auf monatlich insgesamt 800,36 € brutto.

64

(2) Die Höhe des Verzichts verändert sich entsprechend der vertraglich vereinbarten Erhöhung oder Reduzierung der Wochenarbeitszeit.

65

(3) Ab einschließlich dem Jahr 2012 wird die arbeitsvertragliche Jahres-Sondervergütung nicht mehr gezahlt.

66

(4) Ein Anspruch auf einen Arbeitgeberbeitrag zur betrieblichen Altersversorgung besteht nicht, dem Mitarbeiter ist bekannt, dass V. die Mitgliedschaft in der KZVK gekündigt hat.

67

§ 2 - Schlussvorschriften

68

(1) Die Zusatzvereinbarung tritt am 1. August 2012 in Kraft. Nach Erstellung des Jahresabschlusses für das Jahr 2014 wird der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage die Höhe des Entgelts ab August 2015 überprüfen und ggf. erhöhen.

69

…"

70

In der Berechnung zur Sondervereinbarung vom 09.07.2012 heißt es ua.:

71

"Vergleich BAT 2012 / TV Verband 2012

72

Dienstjahre 2012

21    

Vergütung ab 06/12 = BAT

14/6
5.230,25 €

Tabelle 2012

8/6
4.015,95 €

AT-Zulage

1.214,30 €

73

Berechnung Verzicht ab August 2012

74

8,5 % von Tabellenvergütung 2012

341,35 €

37,8 von AT-Zulage

459,01 €

Verzicht ab 08/2012

800,36 €

75

Vergütung ab 01.08.2012

76

Grundvergütung

5.230,25 €

Verzicht

- 800,36 €

Kinderzulagen

196,40 €

Sonstiges

        

Gesamtbrutto

4.626,29 €

77

Die für den Monat April 2016 erstellte Gehaltsabrechnung des Klägers lautet ua. wie folgt:

78

Bezeichnung

Betrag

Grundvergütung 14 /06 06

5.230,25 €

Besitzstand Kind

196,40 €

Abzug lt. BV 2012-alt-

- 800,36 €

AG-Anteil VWL

6,65 €

Gesamt-Brutto

4.632,94 €

79

Die Beklagte schloss vor dem Betriebsübergang am 11.05.2016 mit der Gewerkschaft ver.di einen Personalüberleitungstarifvertrag (PÜTV), der ua. folgenden Wortlaut hat:

80

"§ 4 Tarifverträge

81

(1) Für die Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnisse im Wege eines Betriebsübergangs gem. § 613a BGB übergehen und die diesem Tarifvertrag unterfallen, gelten ab dem 1. Juli 2016 die auf das Landeskrankenhaus infolge des Anerkennungstarifvertrages anwendbaren Tarifverträge für den öffentlichen Dienst (TV-L) in der jeweils geltenden Fassung, allerdings nach Maßgabe der nachfolgenden Regelungen. Es wird klargestellt, dass die nachfolgenden Regelungen dem TV-L für die Laufzeit und den persönlichen und räumlichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages vorgehen.

82

(2) Bezüglich des Arbeitsentgelts erfolgt eine Eingruppierung der Beschäftigten in die Entgeltgruppen des TV-L gem. § 12 Abs. 1 TV-L, die sich nach den Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltordnung (Anlage A) zum TV-L bestimmt. Hinsichtlich der Vergütung gilt abweichend vom TV-L und seinen Anlagen die Regelung in den nachstehenden Absätzen dieses Tarifvertrages.

83

Für den Zeitraum vom 1. Juli 2016 bis Ablauf des 31. Dezember 2019 erhalten die Beschäftigten nicht das Arbeitsentgelt, welches in den jeweiligen Entgelttabellen zum TV-L angeführt ist. Stattdessen bestimmt sich das Arbeitsentgelt der Beschäftigten bis zum Ablauf des 31. Dezember 2019 unter voller Wahrung des Besitzstandes bei der Vergütung ausschließlich nach folgenden Grundsätzen:

84

Das Landeskrankenhaus bestimmt für jeden Beschäftigten … das Jahres-Bruttogehalt zum Ablauf des 30. Juni 2016 (nachfolgend Ist-Gehalt).

85

Die Zuordnung der Beschäftigten zu den Entgeltstufen der jeweiligen Entgeltgruppe zum 1. Juli 2016 erfolgt abweichend von § 16 TV-L dahingehend, dass eine fiktive Zuordnung der Beschäftigten ausschließlich in die Entgeltstufe 1 der jeweiligen Entgeltgruppe erfolgt. Auf dieser Grundlage bestimmt das Landeskrankenhaus das Jahres-Bruttogehalt unter Einbeziehung der Jahressonderzahlung gemäß der jeweiligen gültigen Entgelttabelle zum TV-L zum 1. Januar 2020 (nachfolgend Ziel-Gehalt).

86

Die Stufenlaufzeit gemäß TV-L beginnt ab 1. Januar 2020 mit der jeweiligen Entgeltstufe 1 bzw. Eingangsstufe.

87

Das Ist-Gehalt 2016 ist das Arbeitsentgelt, welches ab dem 1. Juli 2016 gezahlt wird.

88

Die Differenz zwischen Ziel-Gehalt und Ist-Gehalt wird sodann für jeden Beschäftigten ermittelt und in drei gleiche Teile geteilt, von denen der erste Teil in 2018 und der zweite Teil in 2019 zum jeweiligen 1. Januar das neue Bruttogehalt des Beschäftigten darstellt.

89

Zum 1. Januar 2020 wird dann die Bruttovergütung nach TV-L unter Einbeziehung der tatsächlichen Tariferhöhungen, die ab dem 1. Januar 2020 gelten, anstelle des dritten Teils an die Beschäftigten gezahlt.

90

Die zuvor beschriebene Vergütung tritt für den Zeitraum vom Betriebsübergang bis zum 31.12.2019 vollständig an die Stelle der bisher an die Beschäftigten gezahlten Vergütungen und ersetzt diese vollumfänglich.

91

92

(5) Die am Stichtag des Betriebsüberganges im V. in Vollzeit Beschäftigten und in den Geltungsbereich dieses Tarifvertrages fallenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhalten mit dem Stichtag eine Einmalzahlung in Höhe von 500,00 EUR brutto, die mit dem Juligehalt 2016 ausgezahlt wird.

93

§ 5 Betriebliche Altersversorgung

94

Von den Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnisse auf das Landeskrankenhaus übergegangen sind, hat zurzeit keiner Ansprüche auf eine betriebliche Altersversorgung …

95

Das Landeskrankenhaus wird für diese Beschäftigten mit Wirkung zum 1. Januar 2024 eine betriebliche Altersversorgung … erteilen und durchführen. …[Es wird die Beschäftigten] zum 1. Januar 2014 bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) melden. …

96

…"

97

Der Interessenausgleich zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat lautet auszugsweise wie folgt:

98

"§ 3 Übergang der Arbeitsverhältnisse

99

(1) Für die vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitsverhältnisse gilt der Personalüberleitungstarifvertrag.

100

(2) Nach § 4 Abs. 2 des Personalüberleitungstarifvertrages hat für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine Eingruppierung zu erfolgen. Die Rechte des Betriebsrates bei dieser Eingruppierung nach § 99 BetrVG/§ 78 LPersVG Rheinland-Pfalz sind gewahrt. Dem Betriebsrat wurden die Unterlagen vorgelegt und die Gründe die Eingruppierung vorgetragen. Der Betriebsrat hat die vom Landeskrankenhaus vorgenommenen Eingruppierungen geprüft und ist bei vier Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern anderer Auffassung. Diese vier Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind in der Anlage 1a konkret aufgeführt. Ihren Eingruppierungen stimmt der Betriebsrat nicht zu. Im Übrigen stimmt der Betriebsrat der Eingruppierung nach Maßgabe von Anlage 2 hiermit zu. Insoweit stellen die Parteien jedoch klar, dass die Entlohnung der in Anlage 1 genannten Mitarbeiter vorerst, bis zu einer abschließenden gerichtlichen oder außergerichtlichen Regelung der konkreten Eingruppierung, auf Grundlage des Personalüberleitungstarifvertrages und der Anlage 2 erfolgt.

101

…"

102

Der Kläger gehört neben drei weiteren Beschäftigten (Parallelverfahren 5 Sa 296/17, 5 Sa 358/17 und 5 Sa 388/17) zum Kreis der vier Arbeitnehmer, deren Eingruppierung in die Entgeltgruppen des TV-L der Betriebsrat im Interessenausgleich nicht zugestimmt hat. Der Kläger hat dem Betriebsübergang nicht widersprochen und die in § 4 Abs. 5 PÜTV geregelte Einmalzahlung iHv. € 500,00 brutto erhalten.

103

Die Beklagte ist der Ansicht, der Kläger sei bereits auf der Basis des BAT-KF von ihrer Rechtsvorgängerin zu hoch vergütet worden. Seine Tätigkeit als Sportlehrer in der Bewegungstherapie rechtfertige nach der Entgeltordnung zum TV-L eine Eingruppierung in Entgeltgruppe 8 ("Physiotherapeut mit schwierigen Aufgaben"). Da sie jedoch das langjährig angesammelte Erfahrungswissen des Klägers honorieren wolle, habe sie ihn außertariflich in Entgeltgruppe 13 TV-L eingruppiert. Nach Maßgabe des § 4 PÜTV sei er nach Entgeltgruppe 13 Stufe 1 TV-L zu vergüten. Wegen der Bestandschutzregelung im PÜTV zahle sie ihm jedoch das zuletzt bezogene Monatsgehalt iHv. € 4.626,26 brutto fort.

104

Nach vergeblicher außergerichtlicher Geltendmachung mit Anwaltschreiben vom 06.07.2016 macht der Kläger mit seiner am 11.10.2016 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage die Zahlung von Entgeltdifferenzen für zehn Monate vom 01.01. bis 31.10.2016 in einer Gesamthöhe von € 12.180,32 brutto nebst Zinsen geltend. Für die Zeit ab 01.11.2016 beantragt er die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm Vergütung nach Entgeltgruppe 14 Stufe 6 BAT-KF in der jeweils gültigen Fassung zu zahlen. Auf den Hinweis des Arbeitsgerichts, dass die Geschäftsgrundlage für die Sondervereinbarung vom 09.07.2012 weggefallen sei, so dass die Parteien zunächst über eine Anpassung nach § 313 BGB verhandeln müssten, unterbreitete der Kläger der Beklagten am 28.02.2017 zur Durchführung der Anpassung ein Angebot, das die Beklagte ablehnte.

105

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

106

1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab dem 01.11.2016 Grundvergütung nach der Entgeltgruppe 14 Stufe 6 BAT-KF in der jeweils gültigen Fassung zu zahlen,

107

2. die Beklagte zu verurteilen, ihm € 12.180,32 brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils € 1.242,10 seit dem 17.01., 17.02., 17.03., 17.04., 17.05., 17.06.2016 sowie jeweils aus € 1.181,93 seit dem 17.07., 17.08., 17.09., 17.10.2016 zu zahlen,

108

3. hilfsweise, für den Fall, dass die Klage in Ziff. 1 unbegründet ist,

109

die Beklagte zu verurteilen, seinem Angebot vom 28.02.2017, gerichtet auf Änderung des Arbeitsvertrages dahingehend, dass er nach dem Betriebsübergang vom 01.07.2016 mit der Maßgabe in die Entgeltgruppe 14 Stufe 6 BAT-KF eingruppiert wird, dass das Grundgehalt

110
· bis zum 31.12.2017 € 4.429,39,
111
· in der Zeit vom 01.01.2018 bis 31.12.2018 € 4.889,30,
112
· in der Zeit vom 01.01.2019 bis 31.12.2019 € 5.348,71 beträgt,
113
· ab dem 01.01.2020 nach der zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen Entgelttabelle des BAT-KF für die Entgeltgruppe 14 Stufe 6 richtet, zuzustimmen,
114

4. hilfsweise, für den Fall, dass die Klage in Ziff. 1 sowie der vorherige Hilfsantrag unbegründet ist,

115

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn ab dem 01.07.2016 in die Entgeltgruppe 14 Stufe 6 BAT-KF einzugruppieren, wobei sie berechtigt ist, bis zum 31.12.2019 von dem jeweiligen Tabellenentgelt Abschläge vorzunehmen, die nach Zeiträumen und Höhe in das Ermessen des erkennenden Gerichts gestellt werden.

116

Die Beklagte hat beantragt,

117

die Klage abzuweisen.

118

Von einer weiteren Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils vom 06.04.2017 Bezug genommen.

119

Das Arbeitsgericht Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - hat der Klage mit Urteil vom 06.04.2017 teilweise stattgegeben und unter Klageabweisung im Übrigen festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem 01.07.2016 in die Entgeltgruppe 14 Stufe 1 BAT-KF einzugruppieren mit der Maßgabe, dass die Stufenlaufzeit gemäß BAT-KF ab dem 01.01.2020 mit der Entgeltstufe 1 beginnt und die Auszahlung etwaiger Tariferhöhungen sich nach § 4 Abs. 4 PÜTV richtet, wobei die monatliche Vergütung € 4.626,29 brutto nicht unterschreiten darf. Das Arbeitsgericht hat zur Begründung der Entscheidung zusammengefasst ausgeführt, der Kläger könne kraft einzelvertraglicher dynamischer Bezugnahme eine Vergütung nach Entgeltgruppe 14 BAT-KF in der jeweils geltenden Fassung beanspruchen. Die Beklagte sei nicht berechtigt, die Eingruppierung ihrer Rechtsvorgängerin mit einer “korrigierenden Rückgruppierung” zu verschlechtern, sondern nur im Wege der Änderungskündigung. Allerdings sei der Vergütungsanspruch des Klägers durch die Sondervereinbarung vom 09.07.2012 modifiziert worden. Durch den vom PÜTV flankierten Betriebsübergang sei die Geschäftsgrundlage der Sondervereinbarung gem. § 313 Abs. 1 BGB zum 01.07.2016 weggefallen. Da zwischen den Parteien keine Einigung erzielt worden sei, komme eine gerichtliche Vertragsanpassung in Betracht, die auf der Grundlage des § 4 Abs. 2 PÜTV erfolge. Unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen sei der Kläger nach Entgeltgruppe 14 Stufe 1 zu vergüten, wobei ihm mindestens das aktuelle Gehalt iHv. € 4.626,29 zu zahlen sei. Die Stufenlaufzeit beginne am 01.01.2020 mit der Stufe 1. Wegen der weiteren Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

120

Gegen das am 24.05.2017 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 13.06.2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 24.08.2017 verlängerten Begründungsfrist mit einem am 15.08.2017 eingegangenen Schriftsatz begründet. Die Beklagte hat gegen das ihr ebenfalls am 24.05.2017 zugestellte Urteil mit einem am 23.06.2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 24.08.2017 verlängerten Begründungsfrist mit einem am 24.08.2017 eingegangenen Schriftsatz begründet.

121

Der Kläger macht geltend, er habe einen einzelvertraglichen Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe 14 Stufe 6 BAT-KF. Der in der Sondervereinbarung vom 09.07.2012 geregelte Entgeltverzicht wegen betrieblicher Notlage sei bis zum 31.07.2015 befristet gewesen; eine Nachwirkung liege nicht vor. Er sei damals bereit gewesen, einen Sanierungsbeitrag zu leisten, um damit einen Neuanfang nach der Insolvenz zu ermöglichen. Die betriebliche Notlage habe bereits in den Jahren 2014 und 2015 nicht mehr bestanden; sie sei spätestens im Zeitpunkt des Betriebsübergangs auf die nicht insolvenzfähige Beklagte am 01.07.2016 entfallen. Durch das Ende der Sondervereinbarung lebe sein ursprünglicher Arbeitsvertrag wieder auf. Die Sondervereinbarung habe diesen nicht abgelöst, sondern nur temporär modifiziert. Die Voraussetzungen einer Vertragsanpassung nach § 313 BGB lägen nicht vor. Der PÜTV finde auf sein Arbeitsverhältnis keine Anwendung, denn er konzipiere eine Vergütungsystematik für Arbeitnehmer, die bis zum Betriebsübergang auf der Grundlage der VdPK-Tarifverträge vergütet worden seien. Selbst wenn man einen Wegfall der Geschäftsgrundlage annehmen wollte, so sei die vom Arbeitsgericht vorgenommene Vertragsanpassung fehlerhaft. Sie führe zu einem Entzug verfassungsrechtlich geschützter Besitzstände. Lediglich hilfsweise schlage er eine andere Vertragsanpassung vor.

122

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich,

123

I. das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 06.04.2017, Az. 5 Ca 811/16,teilweise abzuändern und

124

1. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet ist, ihm ab dem 01.11.2016 Grundvergütung nach der Entgeltgruppe 14 Stufe 6 BAT-KF in der jeweils gültigen Fassung zu zahlen,

125

2. die Beklagte zu verurteilen, ihm € 12.180,32 brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils € 1.242,10 seit dem 17.01., 17.02., 17.03., 17.04., 17.05., 17.06.2016 und aus jeweils € 1.181,93 seit dem 17.07., 17.08., 17.09., 17.10.2016 zu zahlen,

126

3. hilfsweise für den Fall, dass das Gericht den Antrag zu Ziff. 1 für unbegründet erachtet,

127

die Beklagte zu verurteilen, seinem Angebot vom 28.02.2017, gerichtet auf Änderung des Arbeitsvertrags dahingehend, dass er nach dem Betriebsübergang vom 01.07.2016 mit der Maßgabe in die Entgeltgruppe 14 Stufe 6 BAT-KF eingruppiert wird, dass das Grundgehalt

128
· bis zum 31.12.2017 € 4.429,39,
129
· in der Zeit vom 01.01. bis 31.12.2018 € 4.889,30,
130
· in der Zeit vom 01.01. bis 31.12.2019 € 5.348,71 beträgt,
131
· sich ab dem 01.01.2020 nach der zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen Entgelttabelle des BAT-KF für die Entgeltgruppe 14 Stufe 6 richtet, zuzustimmen.
132

4. hilfsweise, für den Fall, dass das Gericht den Antrag zu Ziff. 1 sowie den vorigen Hilfsantrag für unbegründet erachtet,

133

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn ab dem 01.07.2016 in die Entgeltgruppe 14 Stufe 6 BAT-KF einzugruppieren, wobei sie berechtigt ist, bis zum 31.12.2019 von dem jeweiligen Tabellenentgelt Abschläge vorzunehmen, die nach Zeiträumen und Höhe in das Ermessen des erkennenden Gerichts gestellt werden,

134

II. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

135

Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich,

136

I. die Berufung des Klägers zurückzuweisen,

137

II. das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 06.04.2017, Az. 5 Ca 811/16, teilweise abzuändern und die Klage vollumfänglich abzuweisen.

138

Sie macht geltend, die Verweisungsklausel im Arbeitsvertrag sei als Gleichstellungsabrede auszulegen. Nach dem Austritt des V. aus dem Diakonischen Werk zum 31.12.2007 habe der BAT-KF nur noch statisch gegolten. Im Übrigen ergebe sich aus dem Wortlaut der Sondervereinbarung vom 09.07.2012, dass sich die Arbeitsvergütung in Abweichung vom bisherigen Arbeitsvertrag ab dem 01.08.2012 auf der Basis einer fiktiven Eingruppierung nach den VdPK-Tarifverträgen berechnen soll. Jedenfalls sei durch die Sondervereinbarung keine erneute konstitutive Einbeziehung des BAT-KF erfolgt. Im Verhältnis zwischen dem einzelvertraglich in Bezug genommenen BAT-KF und dem PÜTV, der kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit für das Arbeitsverhältnis der Parteien normativ Anwendung finde, gelte das Günstigkeitsprinzip (§ 4 Abs. 3 TVG). Der PÜTV enthalte gegenüber den - zeitlich unbefristeten - Regelungen in der Sondervereinbarung vom 09.07.2012 günstigere Regelungen, denn in den Günstigkeitsvergleich sei nicht nur der Tabellengrundlohn einzustellen. Weder in der Sondervereinbarung noch in der Betriebsvereinbarung vom 30.07.2012 sei eine zeitliche Befristung geregelt. Die dreijährige Befristung, die der Rahmentarifvertrag vom März/April 2011 für Lohnkürzungen regle, greife nicht ein. Schließlich sei im Rahmen eines Betriebsübergangs eine korrigierende Rückgruppierung durch den neuen Arbeitgeber möglich. Hinzu komme, dass sie als Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes gehalten sei, mit Haushaltsmitteln sparsam umzugehen.

139

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

140

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthaften Berufungen des Klägers und der Beklagten sind gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO zulässig. Beide Berufungen sind form- und fristgerecht eingelegt und auch ordnungsgemäß begründet worden.

II.

141

In der Sache hat die Berufung des Klägers überwiegend Erfolg. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestimmt sich kraft der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel auch nach dem Betriebsübergang weiter nach dem BAT-KF. Danach kann der Kläger die geltend gemachten Vergütungsdifferenzen - mit Ausnahme des Monats Januar 2016 - aus dem Arbeitsvertrag iVm. § 611 Abs. 1 BGB beanspruchen. Für den Zeitraum vom 01.02. bis 31.10.2016 stehen ihm € 10.937,82 brutto nebst Zinsen zu. Auch der Feststellungsantrag ist begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger ab 01.11.2016 Vergütung nach Entgeltgruppe 14 Stufe 6 BAT-KF in der jeweils gültigen Fassung zu zahlen.

142

1.Die Klage ist zulässig.

143

a)Der Feststellungsantrag zu Ziff. 1) für die Zeit ab 01.11.2016 ist gem. § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Berufungskammer folgt, muss sich die Feststellungsklage nicht notwendigerweise auf das Rechtsverhältnis in seiner Gesamtheit beziehen, sondern kann sich auf einzelne Aspekte des Rechtsverhältnisses beschränken, zB auf die Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrages auf das Arbeitsverhältnis. Zwar handelt es sich bei dem BAT-KF nicht um einen Tarifvertrag iSd. Tarifvertragsgesetzes. Dieser Unterschied ist indessen für das Feststellungsinteresse unerheblich. Ähnlich wie Tarifverträge enthält der BAT-KF abstrakte Regelungen für alle Arbeitsverhältnisse, für die die Anwendbarkeit dieses Regelungswerks vereinbart worden ist. Streiten die Parteien - wie hier - darüber, ob dieses Regelungswerk für ihr Arbeitsverhältnis maßgeblich ist, so stellt dies den Streit über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 Abs. 1 ZPO dar (vgl. BAG 20.03.2002 - 4 AZR 101/01 - Rn. 28). Auch das gem. § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung ist gegeben, weil durch die Klärung der zwischen den Parteien strittigen Frage über die weitere Anwendbarkeit des BAT-KF eine Vielzahl von einzelnen Streitigkeiten über den Vollzug des Arbeitsverhältnisses vermieden werden kann.

144

b)Die konkret bezifferte Zahlungsklage zu Ziff. 2) auf Vergütungsdifferenzen für zehn Monate vom 01.01. bis 31.10.2016 ist ohne weiteres zulässig.

145

2.Die Feststellungsklage ist begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger ab dem 01.11.2016 Vergütung nach Entgeltgruppe 14 Stufe 6 BAT-KF in der jeweils gültigen Fassung zu zahlen.

146

a)Die Vergütung des Klägers richtet sich gem. § 2 des Arbeitsvertrags vom 26.10.1990 in dynamisierter Weise nach der Kirchlichen Arbeitsvertragsordnung für Angestellte im Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland (BAT-KF). Dieser Vertragsinhalt blieb sowohl durch den Austritt der Rechtsvorgängerin der Beklagten aus dem Diakonischen Werk zum 31.12.2007 als auch durch den Betriebsübergang auf die Beklagte zum 01.07.2016 gem. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB unverändert. Eine Anpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage ist nicht vorzunehmen.

147

aa)Der Arbeitsvertrag vom 26.10.1990 sieht die dynamische Geltung des BAT-KF vor. Die Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Diakonischen Werk ist hierfür keine Voraussetzung. Es ist deshalb unerheblich, dass das V. zum 31.12.2017 aus dem Diakonischen Werk ausgetreten und ab 01.01.2008 dem Landesverband der Privatkliniken in Hessen und Rheinland-Pfalz e.V. (VdPK) beigetreten ist.

148

(1)Bei den Regelungen des Arbeitsvertrags vom 26.10.1990 handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Darauf lässt schon das äußere Erscheinungsbild der formularmäßigen Vertragsgestaltung schließen (vgl. BAG 25.06.2015 - 6 AZR 383/14 - Rn. 23). Der Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu ermitteln. Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut (vgl. etwa BAG 23.08.2017 - 10 AZR 97/17 - Rn. 17 mwN).

149

Diese Grundsätze finden auch auf die Auslegung von Bezugnahmeklauseln auf kirchliche Regelungswerke wie den BAT-KF Anwendung. Bei der Auslegung einer solchen Bezugnahmeklausel ist von der allgemeinen Funktion von Verweisungsklauseln im kirchlichen Arbeitsverhältnis auszugehen. Mangels normativer Geltung der Arbeitsvertragsordnung in privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen kann ihnen nur über Bezugnahmeklauseln Wirkung verschafft werden. Diese sind grundsätzlich dahin auszulegen, dass sie dem kirchlichen Arbeitsrecht im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis umfassend Geltung verschaffen. Typischerweise liegt es im Interesse beider Vertragsparteien, dass das kirchliche Arbeitsrecht durch eine dynamische Bezugnahmeklausel in seiner jeweiligen Fassung zur Anwendung gebracht wird (vgl. zuletzt BAG 23.11.2017 - 6 AZR 683/16 - Rn. 12 mwN, zu den AVR-Diakonisches Werk; 23.11.2017 - 6 AZR 739/15 - Rn. 18 mwN, zu den AVR-Caritas).

150

(2)Eine solche Bezugnahme ist hier erfolgt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 26.10.1990 ist der BAT-KF in seiner jeweils gültigen Fassung Bestandteil des Arbeitsverhältnisses. Diese dynamische Bezugnahmeklausel wurde zu einem wirksamen Vertragsbestandteil (vgl. BAG 23.11.2017 - 6 AZR 683/16 - Rn. 13 mwN; 23.11.2017 - 6 AZR 739/15 - Rn. 19 mwN).

151

(3)Die dynamische Geltung des BAT-KF setzt entgegen der Ansicht der Beklagten nicht voraus, dass die Arbeitgeberin dem Diakonischen Werk angehört. Dies lässt sich den arbeitsvertraglichen Regelungen nicht entnehmen. Die Bezugnahme steht nicht unter der auflösenden Bedingung der Kirchenzugehörigkeit der Arbeitgeberseite. Aus § 2 des Arbeitsvertrags vom 26.10.1990 kann auch in Verbindung mit der Präambel nicht geschlossen werden, dass der BAT-KF bei Entfall der Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Diakonischen Werk nicht mehr oder nur noch statisch zur Anwendung kommen soll.

152

Die Präambel des Arbeitsvertrags vom 26.10.1990 stellt klar, dass das V. als damaliger Vertragspartnerin des Klägers dem Diakonischen Werk angeschlossen war und die Einrichtung der Verwirklichung des gemeinsamen Werkes christlicher Nächstenliebe dient. Der Arbeitsvertrag wurde auf der Grundlage dieser Zielsetzung geschlossen. Der Beklagten ist zuzugestehen, dass diese spezifisch kirchliche Grundlage des Arbeitsverhältnisses von einer Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Diakonischen Werk ausgeht. Die folgende Inbezugnahme des BAT-KF in § 2 des Arbeitsvertrags entsprach der Verpflichtung der Rechtsvorgängerin der Beklagten aus dem Arbeitsrechtsregelungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (ARRG-EKD) vom 10.11.1988.

153

Eine Beendigung der dynamischen Inbezugnahme des BAT-KF für den Fall, dass die Arbeitgeberin nicht mehr dem Diakonischen Werk angehört, ist jedoch weder der Präambel noch § 2 des Arbeitsvertrags vom 26.10.1990 zu entnehmen. Beide Vertragsbestandteile gehen vielmehr von unveränderten Verhältnissen aus und befassen sich nicht mit dem Entfall der arbeitgeberseitigen Kirchenzugehörigkeit, zum Bespiel in der Konstellation eines Betriebsübergangs auf einen nichtkirchlichen Arbeitgeber. Eine nur statische Geltung des BAT-KF ist vertraglich ebenso wenig vorgesehen wie die Bezugnahme eines anderen Regelungssystems bei Entfall der Kirchenzugehörigkeit der Arbeitgeberseite. Folglich gilt die vereinbarte Inbezugnahme des BAT-KF als grundlegende Regelung des Vertragsinhalts auch bei einer Veränderung der Verhältnisse auf Arbeitgeberseite. Die Auffassung, wonach ein Wegfall der kirchlichen Trägerschaft ein Ende der dynamischen Geltung der AVR nach sich ziehen müsse, weil der Geltungsgrund für die Dynamik die Qualität des Arbeitgebers als kirchlicher Arbeitgeber sei, dem der sog. „Dritte Weg“ als Instrument für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen eröffnet sei, ist mit dem Wortlaut der hier zu beurteilenden Vertragsregelungen daher nicht vereinbar (vgl. BAG 23.11.2017 - 6 AZR 683/16 - Rn. 18 mwN; 23.11.2017 - 6 AZR 739/15 - Rn. 24 mwN).

154

(4)§ 2 des Arbeitsvertrags vom 26.10.1990 ist auch keine zur Beendigung der Dynamik führende Gleichstellungsabrede. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

155

Nach der früheren Rechtsprechung galt die - widerlegbare - Vermutung, es gehe einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten Beschäftigten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Die Rechtsprechung ging davon aus, mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel sollte lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags für alle Beschäftigten zu kommen. Daraus wurde die Konsequenz gezogen, ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder aus den Begleitumständen bei Vertragsschluss seien im Fall der normativen Gebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeklauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik gehe nur so weit, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reiche, sie ende also dann, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden sei (vgl. BAG 24.02.2016 - 4 AZR 990/13 - Rn. 29; 23.02.2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 f. mwN).

156

Diese Rechtsprechung wurde für vertragliche Bezugnahmeklauseln, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 01.01.2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Eine individualvertragliche Klausel, die ihrem Wortlaut nach ohne Einschränkung auf einen bestimmten Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung verweist, ist im Regelfall nunmehr dahingehend auszulegen, dass dieser Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung gelten soll und dass diese Geltung nicht von Faktoren abhängt, die nicht im Vertrag genannt oder sonst für beide Parteien ersichtlich zur Voraussetzung gemacht worden sind (vgl. BAG 05.07.2017 - 4 AZR 867/16 - Rn. 22 f.; 18.04.2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29). Die Auslegungsregel wird lediglich aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln angewendet, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform vereinbart worden sind (vgl. BAG 07.12.2016 - 4 AZR 414/14 - Rn. 31 mwN).

157

Die hier auszulegende Bezugnahmeklausel wurde zwar am 26.10.1990 und somit weit vor dem 01.01.2002 vereinbart. Die vertragliche Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen kann jedoch generell nicht als Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung verstanden werden. Da der BAT-KF immer nur anwendbar sind, wenn dies in dem betreffenden Arbeitsverhältnis vereinbart ist, kann dessen vertragliche Inbezugnahme nie den eine derartige Auslegung erklärenden Grund einer Gleichbehandlung von organisierten und nicht organisierten Arbeitnehmern haben. Es gibt keine Gewerkschaftsmitgliedschaft, die zu einer normativen Wirkung des BAT-KF gemäß § 4 Abs. 1 TVG führen könnte und somit auch kein Gleichstellungsbedürfnis im dargestellten Sinne. Auf den vom BAT-KF für sich selbst definierten Geltungsbereich kommt es folglich nicht an. Die Geltung des BAT-KF gründet sich allein auf die dargestellte vertragliche Inbezugnahme (vgl. BAG 23.11.2017 - 6 AZR 683/16 - Rn. 22, 23 mwN; 23.11.2017 - 6 AZR 739/15 - Rn. 28, 29 mwN).

158

bb)Die dynamische Inbezugnahme des BAT-KF blieb durch den Betriebsübergang auf die Beklagte zum 01.07.2016 unberührt. Weder das nationale Recht noch die Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12.03.2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer bei Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen privilegieren den Erwerb eines Betriebs- bzw. Betriebsteils von einem kirchlichen Träger (vgl. BAG 23.11.2017 - 6 AZR 683/16 - Rn. 24 ff mwN; 23.11.2017 - 6 AZR 739/15 - Rn. 30 ff mwN).

159

(1)Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Die aus in Bezug genommenen Tarifverträgen herrührenden individualvertraglichen Rechte und Pflichten gehören zum Inhalt des nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übergehenden Arbeitsverhältnisses (vgl. BAG 20.06.2012 - 4 AZR 656/10 - Rn. 22). Im Fall eines Betriebsübergangs wird der Erwerber so gestellt, als hätte er die dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegenden privatautonomen Willenserklärungen des Veräußerers gegenüber dem Arbeitnehmer selbst abgegeben und die Vereinbarungen in eigener Person, dh. mit der Verweisung auf ein bestimmtes Tarifwerk oder Teile davon in der jeweiligen Fassung abgeschlossen und zum Inhalt des Arbeitsvertrags gemacht. Dabei bleibt der individualvertragliche Charakter der in Bezug genommenen Kollektivregelungen erhalten (vgl. BAG 17.06.2015 - 4 AZR 61/14 (A) - Rn. 15).

160

(2)Davon zu unterscheiden ist die statische Aufrechterhaltung kollektivrechtlich geregelter Arbeitsbedingungen durch die sog. Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB. Diese bezieht sich nur auf vor dem Betriebsübergang normativ geltende Regelungen. Vertragliche Rechtspositionen, auch wenn sie in einer privatautonomen Einbeziehung von Tarifrecht ihren Grund haben, gehen ohne weiteres und uneingeschränkt nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB über. Sie werden auch nicht nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB durch einen beim Betriebserwerber geltenden Tarifvertrag abgelöst, weil sich diese Vorschrift nur auf § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB bezieht (vgl. BAG 23.11.2017 - 6 AZR 683/16 - Rn. 26 mwN; 23.11.2017 - 6 AZR 739/15 - Rn. 32 mwN).

161

(3)Die mit einem kirchlichen Arbeitgeber vereinbarte Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen behält im Fall eines Betriebsübergangs als vertragliche Regelung gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber dem Betriebserwerber ihre Wirkung. Dies gilt auch dann, wenn der Betriebserwerber - wie hier - nicht mehr der Kirche zuzuordnen ist. Das Regelungssystem des § 613a Abs. 1 Satz 2 bis Satz 4 BGB ist weder direkt noch analog auf vertraglich in Bezug genommene kirchliche Arbeitsrechtsregelungen anwendbar, da diese vor dem Betriebsübergang keine normative Wirkung hatten. Es besteht auch kein Anlass, Betriebserwerber, die an die Dynamik einzelvertraglich vereinbarter kirchlicher Regelungen gem. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gebunden sind, durch das „Einfrieren“ dieser Regelungen auf den zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs vorliegenden Stand im Ergebnis so zu stellen, als sei eine Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB erfolgt. Dies lässt sich auch nicht aus der Funktion kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen, welche einheitliche Arbeitsbedingungen bezwecken, ableiten. Der Betriebsübergang kann hier nicht dazu führen, dass zuvor einheitlich behandelte Arbeitnehmer nunmehr unterschiedlichen Regelungen unterfallen, je nachdem, ob eine dynamische Inbezugnahme als Vertragsrecht weiter gilt oder eine statische Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB eingreift. Eine Differenzierung zwischen tarifgebundenen und nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern, wie sie eine Gleichstellungsabrede verhindern will, erfolgt aus den genannten Gründen nicht. Auch nach einem Betriebsübergang auf einen sog. weltlichen Betriebserwerber bestehen die ursprünglich mit dem kirchlichen Arbeitgeber vereinbarten einheitlichen Arbeitsbedingungen (vgl. BAG 23.11.2017 - 6 AZR 683/16 - Rn. 27 mwN; 23.11.2017 - 6 AZR 739/15 - Rn. 33 mwN).

162

(4)Der Betriebserwerber ist deshalb jedenfalls bezogen auf die Entgeltansprüche der übernommenen Arbeitnehmer auch an eine vereinbarte Dynamik der Inbezugnahme gebunden. Der nichtkirchliche Betriebserwerber wird durch die Bindung an die dynamische Bezugnahmeklausel nicht unter Verstoß gegen unionsrechtliche Vorgaben in seiner unternehmerischen Freiheit beeinträchtigt (vgl. hierzu EuGH 11.09.2014 - C-328/13 - Rn. 29; 18.07.2013 - C-426/11 - Rn. 33 ff.). Mit Urteil vom 27.04.2017 (C-680/15 und C-681/15 - Rn. 22 f.) hat der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden, dass Art. 3 der Richtlinie 2001/23/EG in Verbindung mit Art. 16 GRC der dynamischen Fortgeltung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel im Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber nicht entgegensteht, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsieht. Solche Möglichkeiten bietet die deutsche Rechtsordnung in Form der einvernehmlichen Vertragsänderung und der Änderungskündigung nach § 2 KSchG (vgl. BAG 23.11.2017 - 6 AZR 683/16 - Rn. 28 mwN; 23.11.2017 - 6 AZR 739/15 - Rn. 34 mwN; 30.08.2017 - 4 AZR 95/14 - Rn. 55). Unter welchen Voraussetzungen eine Änderungskündigung zum Zwecke der „Entdynamisierung“ einer Bezugnahmeklausel sozial gerechtfertigt ist, bedarf im vorliegenden Fall schon mangels Erklärung einer Änderungskündigung keiner Entscheidung.

163

(5)Eine Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB kann die Beklagte nur im Wege der Änderungskündigung geltend machen. §§ 1, 2 KSchG sind gegenüber einer Anpassung nach § 313 BGB lex specialis. Sachverhalte, die zu einer Störung oder dem Wegfall der Geschäftsgrundlage geführt haben, sind dabei allerdings im Rahmen der §§ 2, 1 Abs. 2 KSchG zu würdigen (vgl. BAG 23.11.2017 - 6 AZR 683/16 - Rn. 30 mwN).

164

Mangels Änderungskündigung besteht kein Anlass, sich näher mit der Frage zu befassen, ob und unter welchen Umständen die Fortgeltung der dynamischen Inbezugnahme des BAT-KF nach einem Betriebsübergang auf einen weltlichen - hier öffentlich-rechtlichen - Erwerber zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage führen würde und wie ein solcher Umstand bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Änderungskündigung zu würdigen wäre. Jedenfalls ist kein rechtlich begründeter Anlass dafür ersichtlich, einen Betriebsübernehmer hinsichtlich seiner Bindung an Arbeitsverträge im Vergleich zu anderen Arbeitgebern zu privilegieren. Einem Betriebsübernehmer steht es frei, den Inhalt der einzelvertraglichen Abreden der von ihm zu übernehmenden Arbeitnehmer - ebenso wie weitere vertragliche Bindungen des Veräußerers - zu prüfen und beim Aushandeln seiner Gegenleistung angemessen zu berücksichtigen. Das rechtliche Instrument der Änderungskündigung dient dabei nicht der nachträglichen Korrektur einer unzureichenden Prüfung. Ließe man eine solche Korrektur ohne die Maßgabe der dafür nach § 2 KSchG vorgesehenen materiell-rechtlichen Kriterien zu, wäre es dem Erwerber eines Betriebs möglich, sich von bestimmten, von ihm für nachteilig gehaltenen vertraglichen Vereinbarungen nach anderen Kriterien zu lösen als sonstigen Arbeitgebern in einem laufenden Arbeitsverhältnis (vgl. BAG 30.08.2017 - 4 AZR 95/14 - Rn. 58).

165

b)Die im Arbeitsvertrag vom 26.10.1990 vereinbarte dynamische Geltung des BAT-KF ist nicht durch die "Sondervereinbarung zum gültigen Arbeitsvertrag" vom 09.07.2012, die kurz vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Rechtsvorgängerin der Beklagten geschlossen worden ist, noch durch Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen beendet worden.

166

aa)Bei der "Sondervereinbarung zum gültigen Arbeitsvertrag" vom 09.07.2012 handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 BGB.

167

(1)Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt. Im vorliegenden Fall hat das V., auf deren Initiative die Vereinbarung wegen einer "besonderen betrieblichen Notlage" nach Insolvenzantragstellung (16.05.2012) zustande kam, die Vertragsbedingungen gestellt. Die Vereinbarung war auch für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert. Das ist der Fall, wenn der Text in mindestens drei Fällen zur Grundlage von Vertragsbedingungen gemacht wird (vgl. BAG 24.01.2013 - 8 AZR 965/11 - Rn. 21 mwN; 15.09.2009 - 3 AZR 173/08 18.05.2010 - Rn. 30 mwN). Vorliegend wurde die Sondervereinbarung vom 09.07.2012 mindestens für vier Vertragsabschlüsse formuliert, nämlich für die Verträge mit den vier Klägern der Berufungsverfahren 5 Sa 295/17, 5 Sa 296/17, 5 Sa 358/17 und 5 Sa 388/17.

168

(2)Die Sondervereinbarung ist deshalb nach den für Allgemeine Geschäftsbedingungen maßgebenden Grundsätzen auszulegen (siehe oben unter Ziff. 2 a aa (1); BAG 23.08.2017 - 10 AZR 97/17 - Rn. 17 mwN). Entgegen der Ansicht der Beklagten kann nicht angenommen werden, dass die Sondervereinbarung, die ua. einen Gehaltsverzicht um 15 % (hier monatlich € 800,36 brutto) beinhaltet, zeitlich unbegrenzt gelten sollte. Mit der Sondervereinbarung wurde auch nicht die im Arbeitsvertrag geregelte Bezugnahme auf den BAT-KF abgelöst.

169

Die Sondervereinbarung zum "gültigen Arbeitsvertrag" wurde, wie sich aus ihrem Wortlaut und dem zeitlichen Zusammenhang ergibt, im Zuge des Insolvenzverfahrens abgeschlossen, das am 01.08.2012 über das Vermögen des V. eröffnet wurde. In Abweichung vom bisherigen Arbeitsvertrag erklärte sich der Kläger wegen einer besonderen betrieblichen Notlage bereit, ab 01.08.2012 auf Arbeitsentgelt zu verzichten, um einen Beitrag zur Sanierung des V. zu leisten. Zwar ist keine ausdrückliche Befristung des Entgeltverzichts niedergelegt worden. Die zeitliche Befristung folgt jedoch daraus, dass die Sondervereinbarung in ein Gesamtkonzept eingebettet war, das der Belegschaft Sanierungsbeiträge zur Überwindung der besonderen betrieblichen Notlage des V.s abverlangte. Die Sondervereinbarung wurde "auf Basis der Betriebsvereinbarung" vom 09.07.2012 (richtiges Datum 30.07.2012) geschlossen.

170

Der Gesamtzusammenhang zwischen einzelvertraglicher Sondervereinbarung, Betriebsvereinbarung und Rahmentarifvertrag lässt erkennen, dass die Sondervereinbarung für maximal drei Jahre abgeschlossen worden ist. So erlaubt § 2 Abs. 1 des "Rahmentarifvertrags" zur Beschäftigungssicherung zwischen dem VdPK und der "DHV-Die Berufsgewerkschaft" und der "medsonet. Die Gesundheitsgewerkschaft" vom März/April 2011, das bei Vorliegen einer betrieblichen Notlage jeweils "bis zu maximal 3 Jahren" eine Beschränkung der Tabellenvergütung um bis zu 15 %, das "Einfrieren" der Tabellenvergütung und der Wegfall oder die Kürzung von Sonderzahlungen vereinbart werden können. Längere Laufzeiten sind für Sanierungs- und Notlagentarifverträge nicht vorgesehen.

171

Auch wenn der "Rahmentarifvertrag" von keiner tariffähigen Arbeitnehmerkoalition abgeschlossen worden und deshalb von Anfang an unwirksam sein könnte, weil nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Arbeitnehmervereinigung "medsonet. Die Gesundheitsgewerkschaft e.V." (vgl. BAG 11.06.2013 - 1 ABR 33/12) zu keinem Zeitpunkt tariffähig war und die seit langem umstrittene Frage der Tariffähigkeit der "DHV-Die Berufsgewerkschaft e.V." Gegenstand eines beim Bundesarbeitsgericht anhängigen Rechtsbeschwerdeverfahrens ist (vgl. BAG - 1 ABR 37/16 - anstehender Termin 26.06.2018), kann bei der Auslegung der vorformulierten Sondervereinbarung nicht unberücksichtigt bleiben, dass die individualvertraglich vereinbarte Vergütung des Klägers nicht länger reduziert werden sollte, als dies der Rahmentarifvertrag erlaubt. Die Betriebsvereinbarung vom 30.07.2012, auf deren Basis die Sondervereinbarung geschlossen worden ist, nimmt ausdrücklich auf den Rahmentarifvertrag und die darin (§ 2 Abs. 1, Protokollnotiz zu § 2) eröffnete Möglichkeit einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat Bezug. Zwar kann eine individualvertraglich vereinbarte Vergütung durch eine Betriebsvereinbarung nicht zu Lasten des Arbeitnehmers abgeändert werden (zuletzt BAG 11.04.2018 - 4 AZR 119/17 - Pressmitteilung Nr. 18/18), so dass hier eine individualvertragliche "Sondervereinbarungen zum gültigen Arbeitsvertrag" abgeschlossen worden ist. Es kann jedoch nicht angenommen werden, dass durch die Sondervereinbarung ein dauerhafter Gehaltsverzicht gewollt war. Hinzu kommt, dass ein dauerhafter Gehaltsverzicht - auch nach Beseitigung der wirtschaftlichen Notlage - wegen unangemessener Benachteiligung gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam sein könnte (vgl. BAG 20.06.2017 - 3 AZR 179/16 - Rn. 78; 26.04.2017 - 5 AZR 962/13 - Rn. 13). Vorliegend hat sich der Kläger im Jahr 2012 durch die Sondervereinbarung bereit erklärt, einen Sanierungsbeitrag zu leisten. Es gibt jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass er aus Rücksicht auf die finanzielle Lage des Arbeitgebers nach Überwindung der Notlage dauerhafte Gehaltskürzungen hinnehmen wollte. Entgegen der Ansicht der Beklagten kann auch daraus, dass sich ihre Rechtsvorgängerin in § 2 der Sondervereinbarung verpflichtet hat, "unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage die Höhe des Entgelts ab August 2015 [zu] überprüfen und ggf. anzupassen" nicht geschlossen werden, dass der Kläger ab 01.08.2012 bis zum sprichwörtlichen Sankt-Nimmerleins-Tag erhebliche Gehaltseinbußen akzeptiert hat. Im Übrigen gingen Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Verwenders (§ 305c Abs. 2 BGB).

172

bb)Die im Arbeitsvertrag vereinbarte Vergütung nach dem BAT-KF ist nicht durch den Personalüberleitungsvertrag (PÜTV) zu Lasten des Klägers abgeändert worden.

173

Der PÜTV findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit Anwendung. Nicht nur die Beklagte ist an den TV-L und den PÜTV tarifgebunden, sondern auch der Kläger, der seit 2015 Mitglied der Gewerkschaft ver.di ist. Eine Kollision zwischen den für das Arbeitsverhältnis der Parteien normativ geltenden und den aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme anwendbaren Vorschriften des BAT-KF ist nach dem Günstigkeitsprinzip (§ 4 Abs. 3 TVG) zu lösen (vgl. nur BAG 15.04.2015 - 4 AZR 587/13 - Rn. 27 mwN). Hiernach treten unmittelbar und zwingend geltende Tarifbestimmungen hinter einzelvertraglichen Vereinbarungen mit für den Arbeitnehmer günstigeren Bedingungen zurück. Ob ein Arbeitsvertrag abweichende günstigere Regelungen gegenüber dem Tarifvertrag enthält, ergibt ein Vergleich zwischen der tarifvertraglichen und der arbeitsvertraglichen Regelung (sog. Günstigkeitsvergleich). Der Günstigkeitsvergleich ist erstmals in dem Zeitpunkt durchzuführen, in dem die normativ geltende tarifvertragliche Regelung mit der abweichenden vertraglichen Regelung kollidiert (vgl. BAG 15.04.2015 - 4 AZR 587/13 - Rn. 28 ff mwN); dh. hier zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs am 01.07.2016.

174

Soweit die Beklagte meint, dass die Regelungen des PÜTV günstiger seien, weil der Überleitungstarifvertrag eine Arbeitsplatzsicherung bis 31.12.2019 und eine Altersversorgung mit Wirkung ab 01.01.2024 regelt, verkennt sie, dass bei einem Günstigkeitsvergleich nur die Regelungen miteinander verglichen werden, die in einem sachlichen Zusammenhang stehen. Arbeitsentgelt einerseits und eine Beschäftigungsgarantie andererseits sind unterschiedlich geartete Regelungsgegenstände, für deren Bewertung es keinen gemeinsamen, einen wertenden Vergleich ermöglichenden Maßstab gibt. Eine Beschäftigungssicherung durch den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen ist daher nicht geeignet, Verschlechterungen bei der Arbeitszeit oder dem Arbeitsentgelt zu rechtfertigen (st. Rspr., siehe nur BAG 21.04.2010 - 4 AZR 768/08 - Rn. 39 mwN). Auch die Verschlechterung beim Arbeitsentgelt ab 01.07.2016 lässt sich mit einer Anmeldung bei der Zusatzversorgungskasse VBL mit Wirkung ab 01.01.2024, um den Beschäftigten des V. eine betriebliche Altersversorgung zu verschaffen, mangels sachlichem Zusammenhang nicht vergleichen. Selbst wenn die Regelungen in einem sachlichen Zusammenhang stünden, hinge es von den Umständen des Einzelfalls (wegen der unterschiedlichen Altersfaktoren insbesondere vom Lebensalter) ab, ob die Zusatzversorgung günstiger ist oder nicht. Bei einer sog. ambivalenten Regelung ist keine „Günstigkeit“ iSv. § 4 Abs. 3 TVG gegeben (vgl. BAG 20.09.2017 - 6 AZR 474/16 - Rn. 49).

175

cc)Der Kläger hat einen Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe 14 Stufe 6 BAT-KF. Er ist von der Rechtsvorgängerin der Beklagten dieser Entgeltgruppe und Stufe zugeordnet worden. Infolge des Betriebsübergangs ist die Beklagte gem. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in die arbeitsvertraglich begründeten Rechte und Pflichten eingetreten. Für eine korrigierende Rückgruppierung ist kein Raum. Die von der Beklagten zitierte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 20.03.2013 - 4 AZR 521/11) steht dem nicht entgegen, denn die Voraussetzungen für eine Anwendung der für die korrigierende Rückgruppierung entwickelten Grundsätze sind im Streitfall nicht gegeben. Ein arbeitsvertraglich in Bezug genommener Tarifvertrag oder - wie hier - eine kirchliche Arbeitsvertragsordnung gilt zwischen den Vertragsparteien als Vertragsrecht. An dessen Inhalt ist der neue Betriebsinhaber nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gebunden. Es ist deshalb unerheblich, wie die Tätigkeit des Klägers nach Maßgabe der Eingruppierungsregelungen des § 12 TV-L iVm. der Entgeltordnung tariflich zu bewerten ist. Eine Änderung arbeitsvertraglich vereinbarter Arbeitsbedingungen ist ohne Änderungsvertrag oder Änderungskündigung nicht möglich.

176

3. Die Zahlungsklage zu Ziff. 2) ist überwiegend begründet. Die Beklagte ist für neun Monate vom 01.02. bis zum 31.10.2016 verpflichtet, an den Kläger Vergütungsdifferenzen in einer Gesamthöhe von € 10.937,82 brutto zu zahlen.

177

Der Kläger kann auch für diesen Zeitraum Vergütung nach Entgeltgruppe 14 Stufe 6 BAT-KF verlangen. Da die Ansprüche auf eine Vergütung nach Entgeltgruppe 14 Stufe 6 BAT-KF für die Zeit ab 01.11.2016 inhaltlich identisch sind, wird zu den Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach auf die vorstehenden Ausführungen zum Feststellungsantrag (oben unter Ziff. 2) verwiesen. Die Beklagte haftet gem. § 613a Abs. 1 BGB für alle Verbindlichkeiten aus dem Arbeitsverhältnis, auch soweit sie vor dem Übergang am 01.07.2016 entstanden sind.

178

Der Höhe nach beläuft sich der Anspruch auf Entgeltdifferenzen für die Monate Februar bis Juni 2016 auf jeweils € 1.242,10 brutto (für fünf Monate € 6.210,50) und für die Monate Juli bis Oktober auf jeweils € 1.181,93 brutto (für vier Monate € 4.727,32), so dass der Zahlungsklage iHv. insgesamt € 10.937,82 brutto stattzugeben war. Das Tabellenentgelt nach Entgeltgruppe 14 Stufe 6 BAT-KF betrug bis Mai 2016 monatlich € 5.671,99 brutto, ab Juni 2016 monatlich € 5.808,12 brutto. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten zahlte dem Kläger von Februar bis Juni 2016 (ohne die Lohnart "Besitzstand Kind" iHv. € 196,40) monatlich jeweils € 4.429,89 brutto; die Beklagte zahlte ihm ab 01.07.2016 monatlich € 4.626,20 brutto, so dass sich die entsprechenden Differenzen errechnen. Da der Kläger für Juni 2016 lediglich € 1.242,10 verlangt, ist ihm nicht mehr zuzusprechen (§ 308 Abs. 1 ZPO). Die erstinstanzlich angekündigte Klageerweiterung auf € 1.378,23 für den Monat Juni 2016 ist nicht erfolgt. Der geltend gemachte Anspruch für den Monat Januar 2016 iHv. € 1.242,10 brutto ist gem. § 36 BAT-KF verfallen, weil er nicht rechtzeitig innerhalb der Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit geltend gemacht worden ist.

179

Der Kläger kann nach §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB Verzugszinsen für die einzelnen monatlichen Differenzvergütungsbeträge jeweils ab dem 17. eines jeden Monats verlangen. Verzugszinsen sind nach § 187 Abs. 1 BGB ab dem Tag nach dem im BAT-KF bestimmten Zahltag zu entrichten. Die Bezüge sind gem. § 20 Abs. 1 BAT-KF am 16. eines jeden Monats (Zahltag) für den laufenden Monat fällig.

180

4. Die Hilfsanträge zu Ziff. 3) und 4) fallen aufgrund des Erfolgs des Klägers mit dem Hauptantrag zu Ziff. 1) nicht zur Entscheidung an.

III.

181

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Der Kläger ist zu weniger als 10 % unterlegen. Seine Zuvielforderung war damit verhältnismäßig geringfügig iSd. § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO (vgl. BAG 23.09.2010 - 6 AZR 174/09 - Rn. 26). Höhere Kosten sind wegen der Deckelung des Streitwerts durch § 42 Abs. 2 Satz 2 iVm. § 42 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 GKG nicht angefallen.

182

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 12. Apr. 2018 - 5 Sa 295/17

Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 12. Apr. 2018 - 5 Sa 295/17

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 12. Apr. 2018 - 5 Sa 295/17 zitiert 25 §§.

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

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(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

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(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

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(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen

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(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 313 Störung der Geschäftsgrundlage


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Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 99 Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen


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(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. (2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kün

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Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt a

Referenzen - Urteile

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 12. Apr. 2018 - 5 Sa 295/17 zitiert oder wird zitiert von 18 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 12. Apr. 2018 - 5 Sa 295/17 zitiert 18 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 11. Apr. 2018 - 4 AZR 119/17

bei uns veröffentlicht am 11.04.2018

Tenor I. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 25. Oktober 2016 - 8 Sa 500/16 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 23. Nov. 2017 - 6 AZR 739/15

bei uns veröffentlicht am 23.11.2017

Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 23. Juli 2015 - 8 Sa 542/15 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 23. Nov. 2017 - 6 AZR 683/16

bei uns veröffentlicht am 23.11.2017

Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 17. März 2016 - 6 Sa 631/15 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 20. Sept. 2017 - 6 AZR 474/16

bei uns veröffentlicht am 20.09.2017

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 10. Mai 2016 - 7 Sa 202/14 - aufgehoben, soweit es der Klage stattgegeben hat.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 30. Aug. 2017 - 4 AZR 95/14

bei uns veröffentlicht am 30.08.2017

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 10. Dezember 2013 - 8 Sa 512/13 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 23. Aug. 2017 - 10 AZR 97/17

bei uns veröffentlicht am 23.08.2017

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 12. Dezember 2016 - 8 Sa 43/15 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 05. Juli 2017 - 4 AZR 867/16

bei uns veröffentlicht am 05.07.2017

Tenor 1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 11. November 2016 - 6 Sa 110/16 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 20. Juni 2017 - 3 AZR 179/16

bei uns veröffentlicht am 20.06.2017

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 24. September 2015 - 4 Sa 485/15 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 26. Apr. 2017 - 5 AZR 962/13

bei uns veröffentlicht am 26.04.2017

Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 25. September 2013 - 2 Sa 253/12 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 07. Dez. 2016 - 4 AZR 414/14

bei uns veröffentlicht am 07.12.2016

Tenor 1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 30. Juli 2013 - 6 Sa 237/13 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 24. Feb. 2016 - 4 AZR 990/13

bei uns veröffentlicht am 24.02.2016

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 20. September 2013 - 9 Sa 57/13 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 25. Juni 2015 - 6 AZR 383/14

bei uns veröffentlicht am 25.06.2015

Tenor 1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 21. März 2014 - 10 Sa 44/14 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 15. Apr. 2015 - 4 AZR 587/13

bei uns veröffentlicht am 15.04.2015

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 12. April 2013 - 6 Sa 2000/12 - hinsichtlich der Ziff. 3. und Ziff. 4. aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Beschluss, 11. Juni 2013 - 1 ABR 33/12

bei uns veröffentlicht am 11.06.2013

Tenor Die Rechtsbeschwerde von ver.di gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 21. März 2012 - 3 TaBV 7/11 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 24. Jan. 2013 - 8 AZR 965/11

bei uns veröffentlicht am 24.01.2013

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 19. Oktober 2011 - 7 Sa 452/11 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 20. Juni 2012 - 4 AZR 656/10

bei uns veröffentlicht am 20.06.2012

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 9. Juni 2010 - 9 Sa 1218/09 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 23. Sept. 2010 - 6 AZR 174/09

bei uns veröffentlicht am 23.09.2010

Tenor 1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 16. Januar 2009 - 7 Sa 75/08 - teilweise aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 21. Apr. 2010 - 4 AZR 768/08

bei uns veröffentlicht am 21.04.2010

Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 28. Mai 2008 - 6 Sa 1690/07 - wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 21. März 2014 - 10 Sa 44/14 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 27. November 2013 - 2 Ca 2787/13 - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet ist, an die Klägerin ab dem 30. August 2013 bis zum In-Kraft-Treten der neuen Entgeltordnung Vergütung nach der Entgeltgruppe 11 TV-L zu zahlen und die Differenzbeträge zur Entgeltgruppe 10 TV-L mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Oktober 2013 zu verzinsen.

3. Das beklagte Land hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Eingruppierung der Klägerin als Lehrerin für herkunftssprachlichen Unterricht.

2

Die 1971 in der Türkei geborene Klägerin zog 1992 nach Deutschland. Sie besitzt die Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen und den entsprechenden Jahrgangsstufen der Gesamtschulen in den Fächern „Deutsch“ und „Sozialwissenschaften“. Nach einer Unterbrechung aufgrund von Elternzeit, die vom 1. Februar 2005 bis zum 16. August 2009 dauerte, schloss sie den Vorbereitungsdienst im März 2012 mit der Zweiten Staatsprüfung für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen und den entsprechenden Jahrgangsstufen der Gesamtschulen ab. Mit Bescheid vom 11. Oktober 2013 erkannte die Bezirksregierung D ein vierjähriges Studium der „Internationalen Beziehungen“ der Klägerin in der Türkei, das ua. das Studium der türkischen Sprache eingeschlossen hatte, als Lehrbefähigung in dem Unterrichtsfach „Türkisch“ als weiteres Fach (Erweiterung) zu der bereits erworbenen Lehramtsbefähigung an.

3

Die Klägerin bewarb sich 2013 erfolgreich auf eine vom Schulamt für die Stadt M ausgeschriebene Stelle für den herkunftssprachlichen Unterricht in türkischer Sprache. Die nach der Stellenausschreibung bei Vorlage der entsprechenden Voraussetzungen vorgesehene Verbeamtung lehnte das beklagte Land ab, weil die Klägerin bereits die Höchsteinstellungsgrenze von 40 Jahren überschritten hatte. Über die Klage der Klägerin auf Verbeamtung ist von den Verwaltungsgerichten noch nicht rechtskräftig entschieden. Die vom zuständigen Sachbearbeiter des Schulamts angeregte Eingruppierung der Klägerin in die Entgeltgruppe 11 TV-L unter Zuweisung der Tätigkeit im herkunftssprachlichen Unterricht und mindestens sechs Wochenstunden in einem anderen, ausbildungskonformen wissenschaftlichen Fach, wie es bei einer Verbeamtung der Klägerin der Fall gewesen wäre, lehnte die Bezirksregierung ab, weil ein solcher „Vertragsmix“ nicht statthaft sei.

4

Am 12. August 2013 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag, nach dessen § 1 die Klägerin ab 30. August 2013 auf unbestimmte Zeit als vollzeitbeschäftigte Lehrkraft für den herkunftssprachlichen Unterricht in türkischer Sprache eingestellt ist. In § 4 des Arbeitsvertrags heißt es:

        

„Das Entgelt der Lehrkraft erfolgt vorbehaltlich einer von den Tarifvertragsparteien des TV-L noch zu vereinbarenden Entgeltordnung nach der Entgeltgruppe 10 TV-L, die sich auf der Grundlage der Nr. 1.15 in Verbindung mit Nr. 8.5 des Runderlasses des Kultusministeriums NRW vom 20. November 1981 (BASS 21-21 Nr. 53) in der jeweils gültigen Fassung ergibt. Anpassungen der Eingruppierung/Einreihung aufgrund des In-Kraft-Tretens der neuen Entgeltordnung können auch entgeltgruppenübergreifend erfolgen. Bis zum In-Kraft-Treten der neuen Entgeltordnung ist die in Satz 1 vereinbarte Eingruppierung vorläufig und begründet keinen Vertrauensschutz und keinen Besitzstand.“

5

Gemäß § 6 des Vertrags ist die Klägerin der Schulaufsicht Grundschulen in M zugewiesen und hat gemäß § 7 des Vertrags 28 Pflichtstunden zu leisten.

6

Die Eingruppierung der im Tarifbeschäftigungsverhältnis beim beklagten Land tätigen Lehrer ist in zwei Erlassen geregelt. Der Runderlass des Kultusministeriums des beklagten Landes über die Eingruppierung der im Tarifbeschäftigungsverhältnis beschäftigten Lehrerinnen und Lehrer an allgemeinbildenden Schulen und Berufskollegs mit den fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen zur Übernahme in das Beamtenverhältnis (künftig Erfüller-Erlass) vom 16. November 1981 (GABl. NW. 1982 S. 5) sieht in der Fassung des Runderlasses vom 19. April 2013 (ABl. NRW. S. 236) für Lehrkräfte an Grundschulen folgende Eingruppierungsregelung vor:

        

„…    

        

EntgeltGr.

                          

des TV-L

        

1.1     

Lehrkräfte

        
                 

mit der Befähigung für das Lehramt an der Grundschule und Hauptschule, der Primarstufe oder an Grund-, Haupt- und Realschulen und den entsprechenden Jahrgangsstufen der Gesamtschulen

11    

        

…“    

                 
7

Der Runderlass des Kultusministeriums des beklagten Landes über die Eingruppierung der im Tarifbeschäftigungsverhältnis beschäftigten Lehrerinnen und Lehrer an allgemeinbildenden Schulen und Berufskollegs ohne die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen zur Übernahme in das Beamtenverhältnis (künftig Nichterfüller-Erlass) vom 20. November 1981 (GABl. NW. 1982 S. 7) regelt in der Fassung des Runderlasses vom 19. April 2013 (ABl. NRW. S. 236) die Eingruppierung der Lehrer an Grundschulen oder Hauptschulen wie folgt:

        

„…    

        

TV-L- 

                          

EntgeltGr.

                                   
        

1.1     

Lehrer in der Tätigkeit von Lehrern der Primarstufe oder der Sekundarstufe I mit abgeschlossenem Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule

        
                 

(Staatsprüfung für ein Lehramt), die damit aufgrund ihres Studiums die Fähigkeit zum Unterrichten in mindestens zwei Fächern haben und die überwiegend Unterricht in mindestens einem ihrem Studium entsprechenden Fach erteilen

11    

        

…       

                 
        

1.15   

Lehrer ausländischer Herkunft

        
                 

mit abgeschlossener Ausbildung an einer wissenschaftlichen Hochschule und voller Lehrbefähigung ihres Heimatlandes sowie zusätzlich mindestens Erster Staatsprüfung für ein Lehramt nach nordrhein-westfälischem Recht, die Schülerinnen und Schülern Unterricht in der Herkunftssprache erteilen

11    

        

1.16   

Lehrer ausländischer Herkunft

        
                 

mit abgeschlossener Ausbildung an einer wissenschaftlichen Hochschule und voller Lehrbefähigung ihres Heimatlandes, die Schülerinnen und Schülern Unterricht in der Herkunftssprache erteilen

10    

        

1.17   

Lehrer ausländischer Herkunft

        
                 

ohne Ausbildung nach einer der Fallgruppen 1.15 oder 1.16 mit sonstiger Lehrerausbildung und voller Lehrbefähigung ihres Heimatlandes, die Schülerinnen und Schülern Unterricht in der Herkunftssprache erteilen

9       

        

…“    

                 
8

Unter 8. Gemeinsame Bestimmungen heißt es in diesem Erlass:

        

„…    

        
        

8.5     

Werden die einer Tätigkeit zugeordneten Ausbildungskriterien einer Fallgruppe (Vor- oder Ausbildung, sonstige fachliche Voraussetzungen) im Einzelfalle nicht nachgewiesen und wird der Tarifbeschäftigte von einer anderen Fallgruppe seiner Lehrergruppe (z.B. Religionslehrer, Kunsterzieher, Musikerzieher) nicht erfasst, erfolgt die Eingruppierung in die nächstniedrigere Entgeltgruppe seiner Lehrergruppe.

        

8.6     

Sollen Lehrer in Funktionen verwendet werden, für die dieser Runderlass kein Eingruppierungsmerkmal vorsieht, ist bezüglich der Eingruppierung die Entscheidung des Ministeriums für Schule und Weiterbildung einzuholen.“

9

Die Klägerin hat die Lehrbefähigung der Türkei nicht nachgewiesen, verfügt ausweislich ihrer Bewerbung aber über eine Sprachqualifikation der Stufe C 1.

10

Der Unterricht in der Herkunftssprache ist gemäß Ziff. 5 des Runderlasses des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des beklagten Landes über den Unterricht für Schülerinnen und Schüler mit Zuwanderungsgeschichte, insbesondere im Bereich der Sprachen (künftig HSU-Erlass) vom 21. Dezember 2009 (ABl. NRW. 2010 S. 93) idF des Runderlasses vom 8. Juni 2011 (ABl. NRW. S. 373) ein zusätzliches Angebot für die am meisten in Nordrhein-Westfalen gesprochenen Herkunftssprachen. Es ergänzt mit in der Regel fünf Wochenstunden den Unterricht in den Regelklassen und Vorbereitungsklassen der Primarstufe und soll auf der Grundlage des gültigen Lehrplans die herkunftssprachlichen Fähigkeiten in Wort und Schrift erhalten, erweitern und wichtige interkulturelle Kompetenzen vermitteln. Über die Teilnahme am herkunftssprachlichen Unterricht wird eine Bescheinigung ausgestellt. Die Leistungsbewertung wird im Zeugnis vermerkt. Erst in der Sekundarstufe I, in der der Unterricht in der Herkunftssprache gemäß der Vorbemerkung des HSU-Erlasses anstelle einer zweiten oder dritten Pflichtfremdsprache angeboten werden kann, erfolgt eine Sprachprüfung, die gemäß Ziff. 6.3 des HSU-Erlasses bei einer mindestens guten Leistung eine mangelhafte Leistung in einer Fremdsprache ausgleichen kann.

11

Zur Auswahl der im herkunftssprachlichen Unterricht eingesetzten Lehrkräfte bestimmt der HSU-Erlass:

        

„…    

        
        

7. Lehrkräfte

        

7.1     

Den herkunftssprachlichen Unterricht … erteilen grundsätzlich Lehrkräfte, die die entsprechende Befähigung für ein Lehramt nach deutschem Recht in dem Fach des herkunftssprachlichen Unterrichts besitzen.

        

7.2     

Es können auch Lehrkräfte mit einer Befähigung für ein Lehramt nach deutschem Recht herkunftssprachlichen Unterricht erteilen, die statt der Lehrbefähigung für das ausgeschriebene Fach des herkunftssprachlichen Unterrichts die geforderte Sprachqualifikation gemäß der Kompetenzstufe C 1 nach dem Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen „Lernen, lehren, beurteilen“ des Europarates … nachweisen … Die Lehrkräfte werden entsprechend ihrer Lehramtsbefähigung im regulären Unterricht und im herkunftssprachlichen Unterricht eingesetzt.

        

7.3     

Sofern keine Lehrkräfte nach Nr. 7.1 und 7.2 zur Verfügung stehen, können ausnahmsweise auch Lehrerinnen und Lehrer zugelassen werden, die

                 

a)    

über eine ausländische Lehramtsprüfung für das Fach des herkunftssprachlichen Unterrichts verfügen oder

                 

b)    

über einen deutschen oder ausländischen Hochschulabschluss im Fach des herkunftssprachlichen Unterrichts verfügen,

                 

c)    

über eine ausländische Lehramtsprüfung verfügen oder einen ausländischen Hochschulabschluss eines Landes der Herkunftssprache in einem anerkannten Lehrfach nachweisen. …“

12

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, sie habe Anspruch auf eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 11 TV-L. Dies ergebe sich aus Ziff. 1.1 des Erfüller-Erlasses. Bei Erfüllern wie ihr sei belanglos, welche Tätigkeit sie verrichteten. Jedenfalls erfülle sie die Voraussetzungen nach Ziff. 1.15 des Nichterfüller-Erlasses. Den erforderlichen Nachweis der vollen Lehrbefähigung ihres Heimatlandes habe sie mit dem Bescheid der Bezirksregierung D geführt. Schließlich verletze das beklagte Land den Grundsatz der Gleichbehandlung, wenn es der Klägerin eine geringere Vergütung zahle als Lehrkräften, die die Voraussetzungen der Ziff. 1.15 des Nichterfüller-Erlasses erfüllten, obwohl sie höherqualifiziert sei.

13

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, an sie ab dem 30. August 2013 Vergütung nach der Entgeltgruppe 11 TV-L zu zahlen, wobei die Differenzbeträge zur Entgeltgruppe 10 TV-L mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verzinsen sind.

14

Das beklagte Land hat zur Begründung seines Antrags auf Klageabweisung angeführt, die Qualifikation der Klägerin in Verbindung mit der von ihr vertraglich geschuldeten Tätigkeit sei in den einschlägigen Erlassen nicht abgebildet. Die Lehramtsbefähigung nach dem Recht des beklagten Landes sei als eingruppierungsrelevante Qualifikation im Nichterfüller-Erlass nicht vorgesehen, weil sie an sich Zugang zur Eingruppierung nach dem Erfüller-Erlass eröffne. Auf diese Qualifikation komme es bei der von der Klägerin vertraglich geschuldeten Tätigkeit aber nicht an, so dass bei ihr die Voraussetzungen der Ziff. 1.1 des Erfüller-Erlasses nicht vorlägen. Auch ein Anspruch nach Ziff. 1.15 des Nichterfüller-Erlasses bestehe nicht. Der Bescheid der Bezirksregierung D stelle keinen ausreichenden Nachweis der Lehrbefähigung nach türkischem Recht dar. Er untermauere lediglich die Entscheidung des beklagten Landes, die Klägerin nach Ziff. 7.1 bzw. Ziff. 7.2 des HSU-Erlasses bei der Einstellung zu berücksichtigen. Die Klägerin sei damit überqualifiziert, was nach den einschlägigen Erlassen aber nicht zu einer höheren Vergütung führe. Auch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes liege nicht vor. Die Unterschiede der von Ziff. 1.1 des Erfüller-Erlasses und Ziff. 1.15 des Nichterfüller-Erlasses erfassten Tätigkeiten rechtfertigten eine unterschiedliche Vergütung.

15

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts und in Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts zu der mit der Klage beantragten Feststellung.

17

A. Die Klage ist zulässig.

18

I. Der Antrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Zwar ist darin nur die Entgeltgruppe, nicht aber die Stufe bezeichnet, der die Klägerin ihrer Auffassung nach darin zuzuordnen ist. Die Stufe kann bei Obsiegen der Klägerin jedoch ohne weiteres anhand der tariflichen Vorgaben des § 17 Abs. 4 TV-L ermittelt werden(vgl. BAG 20. Juni 2012 - 4 AZR 304/10 - Rn. 14). Aus demselben Grund ist auch der Zinsantrag hinreichend bestimmt.

19

II. Die Klage ist als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässig (st. Rspr., zuletzt BAG 16. April 2015 - 6 AZR 352/14 - Rn. 22 mwN). Dem steht die nach wie vor in der Verwaltungsgerichtsbarkeit rechtshängige Klage, mit der die Klägerin ihre Verbeamtung begehrt, nicht entgegen. Der vorliegende Rechtsstreit ist für die Höhe des Entgelts der Klägerin bis zu ihrer etwaigen Ernennung zur Beamtin maßgeblich. Ihre rückwirkende Ernennung zur Beamtin ist nicht möglich (vgl. BVerwG 25. Februar 2010 - 2 C 22.09 - Rn. 19, BVerwGE 136, 140). Dies begründet das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Zugleich folgt daraus, dass die Klage vor den Verwaltungsgerichten für den vorliegenden Rechtsstreit nicht vorgreiflich ist und auch keine doppelte Rechtshängigkeit iSv. § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO besteht.

20

B. Die Klage ist begründet. Die Klägerin ist seit dem 30. August 2013 in die Entgeltgruppe 11 TV-L eingruppiert. Das ergibt sich bereits aus einer ergänzenden Auslegung der lückenhaften Entgeltregelung in § 4 des Arbeitsvertrags vom 12. August 2013. Darüber hinaus hat die Klägerin aufgrund einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Arbeitsrecht Anspruch auf die begehrte Eingruppierung.

21

I. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin ungeachtet von der in § 4 des Arbeitsvertrags getroffenen Vereinbarung der Parteien die Feststellung ihrer Eingruppierung in die Entgeltgruppe 11 TV-L unabhängig von den Festlegungen einer künftigen Entgeltordnung begehrt, bestehen nicht. Der Antrag ist daher dahin zu verstehen, dass die begehrte Eingruppierung nicht mehr Bestand haben soll, wenn in einer Entgeltordnung eine abweichende Eingruppierung vereinbart wird.

22

II. Die Bezugnahme in § 4 des Arbeitsvertrags vom 12. August 2013 auf Ziff. 1.15 iVm. Ziff. 8.5 des Nichterfüller-Erlasses ist lückenhaft. Die Kombination aus Tätigkeit und der bei der Einstellung verlangten Qualifikation der Klägerin wird von den Tatbestandsmerkmalen dieses Erlasses nicht erfasst. Die Verweisung im Arbeitsvertrag geht insoweit ins Leere. Die Klägerin erfüllt auch die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Eingruppierung nach Ziff. 1.1 des Erfüller-Erlasses nicht. Eine Eingruppierung der Klägerin in die Entgeltgruppe 10 TV-L schließt die bestehende Regelungslücke nicht interessengerecht. Dazu ist die Vereinbarung einer Eingruppierung in die Entgeltgruppe 11 TV-L erforderlich.

23

1. Die Bezugnahmeklausel in § 4 des Arbeitsvertrags der Parteien ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung. Dafür begründet das äußere Erscheinungsbild des Vertrags eine tatsächliche Vermutung (st. Rspr., zuletzt BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 17). Auch wenn die Entgeltregelung auf einer gemäß Ziff. 8.6 des Nichterfüller-Erlasses eingeholten Genehmigung des zuständigen Ministeriums beruhen sollte, wäre § 4 des Arbeitsvertrags als Einmalbedingung iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB eine Allgemeine Geschäftsbedingung, die vom Senat als typische Erklärung selbst ausgelegt werden kann.

24

2. Die Parteien haben in § 4 des Arbeitsvertrags die Entgeltgruppe 10 TV-L nicht konstitutiv und abschließend als das vertraglich geschuldete Entgelt festgelegt, sondern die für die Lehrereingruppierung des beklagten Landes maßgeblichen Erlasse insgesamt als Entgeltgrundlage vereinbart. Das ergibt die Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel.

25

a) Der Inhalt von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu ermitteln. Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen (st. Rspr., zuletzt BAG 16. April 2015 - 6 AZR 352/14 - Rn. 25).

26

b) Die Entgeltvereinbarung in § 4 des Arbeitsvertrags der Parteien vom 12. August 2013 beschränkt sich nicht auf die bloße Festlegung einer Eingruppierung in die Entgeltgruppe 10 TV-L.

27

aa) Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der vorformulierten Erklärung. Der Zusatz „die sich auf der Grundlage der Nr. 1.15 in Verbindung mit Nr. 8.5 des Nichterfüller-Erlasses ergibt“ macht deutlich, dass das der Klägerin geschuldete Entgelt nicht individuell und abschließend festgelegt werden sollte, sondern dass sich die Eingruppierung aus diesem für angestellte Lehrer des beklagten Landes geltenden Erlass ergeben sollte. Dafür sollten nach Einschätzung des beklagten Landes als Verwender die in § 4 des Arbeitsvertrags genannten Bestimmungen maßgeblich sein.

28

bb) Diese Auslegung entspricht dem Verständnis verständiger und redlicher Vertragspartner unter Berücksichtigung des mit einer Bezugnahmeklausel wie der in § 4 des Arbeitsvertrags der Parteien typischerweise verfolgten Zwecks. Die Regelungen zur Lehrereingruppierung sollen eine einheitliche Bezahlung der angestellten Lehrkräfte des jeweiligen Hoheitsträgers gewährleisten, um so die von einem öffentlichen Arbeitgeber als Hoheitsträger in besonderer Weise sicherzustellende Gleichbehandlung unter Einhaltung eines bestimmten Gerechtigkeitsstandards zu wahren (BAG 5. Juli 2006 - 4 AZR 555/05 - Rn. 33). Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die nicht normativ geltenden Eingruppierungsregelungen des jeweiligen Hoheitsträgers arbeitsvertraglich in Bezug genommen werden. Der verständige durchschnittliche Lehrer als Vertragspartner kann eine Klausel wie die in § 4 des Arbeitsvertrags der Parteien vom beklagten Land gestellte vor diesem Hintergrund nur so verstehen, dass dem darin genannten Erlass umfassend Geltung verschafft werden soll und der Erlass insgesamt angewendet werden soll(vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 29, BAGE 141, 16 für das kirchliche Arbeitsrecht).

29

cc) Aus der Rechtsprechung des Vierten Senats des Bundesarbeitsgerichts zur konstitutiven Bedeutung der Nennung einer Entgeltgruppe im Arbeitsvertrag bei fehlender oder lückenhafter Regelung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit in dem in Bezug genommenen Regelwerk (BAG 21. August 2013 - 4 AZR 656/11 - Rn. 15 f., 22, BAGE 146, 29) folgt nichts anderes. In § 4 des Arbeitsvertrags der Parteien ist nicht allein die Entgeltgruppe genannt. Darin wird vielmehr konkret auf Bestimmungen des Nichterfüller-Erlasses verwiesen. Dies konnte, wie ausgeführt, von einem verständigen und redlichen Vertragspartner des beklagten Landes nur so verstanden werden, dass für die Eingruppierung nicht (allein) die genannte Entgeltgruppe, sondern das in Bezug genommene Regelwerk als solches maßgeblich sein sollte. Hätte das beklagte Land mit § 4 des Arbeitsvertrags eine konstitutive Entgeltregelung treffen wollen, hätte es dies deutlich machen müssen(vgl. BAG 21. August 2013 - 4 AZR 656/11 - Rn. 22, aaO). Dies ist nicht geschehen. Tatsächlich haben beide Parteien die von ihnen getroffene Entgeltvereinbarung als deklaratorisch verstanden. Sie haben während des gesamten Prozesses lediglich unterschiedliche Auffassungen dazu vertreten, ob auf die Klägerin die Merkmale von Ziff. 1.1 des Erfüller-Erlasses bzw. Ziff. 1.15 iVm. Ziff. 8.5 des Nichterfüller-Erlasses zutreffen (vgl. BAG 21. Juli 1993 - 4 AZR 489/92 - zu B I 1 b der Gründe). Dementsprechend macht das beklagte Land nicht geltend, die Klage sei bereits aufgrund einer konstitutiven Vereinbarung der Entgeltgruppe 10 TV-L abzuweisen. Auch das Landesarbeitsgericht hat § 4 des Arbeitsvertrags in vorstehendem Sinn interpretiert und die Eingruppierung der Klägerin anhand der Merkmale des Erfüller- und des Nichterfüller-Erlasses geprüft, ohne dass das beklagte Land insoweit Gegenrügen erhoben hat.

30

c) Ist - wie vorliegend - die Eingruppierung von sog. „Erfüllern“ und „Nichterfüllern“ getrennt geregelt und soll damit ein sich ergänzendes, umfassendes Regelwerk für die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrer des Normgebers geschaffen werden, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass mit der arbeitsvertraglichen Verweisung auf einen der beiden Erlasse die für die Lehrereingruppierung des Normgebers insgesamt maßgeblichen Eingruppierungserlasse zum Vertragsinhalt gemacht werden sollen (vgl. BAG 7. Mai 2008 - 4 AZR 299/07 - Rn. 15).

31

3. Der Nichterfüller-Erlass regelt den Fall der Klägerin nicht, so dass die vertragliche Verweisung auf diesen Erlass nicht zu der in § 4 des Arbeitsvertrags genannten Eingruppierung in die Entgeltgruppe 10 TV-L führt.

32

a) Die vom beklagten Land im Nichterfüller-Erlass einseitig festgelegten Entgeltregelungen sind ihrerseits Allgemeine Geschäftsbedingungen (BAG 16. April 2015 - 6 AZR 352/14 - Rn. 25) und können darum als typische Vertragsbedingungen vom Senat selbst ausgelegt werden.

33

b) Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen einer Eingruppierung für Lehrer ausländischer Herkunft nach Ziff. 1.15 bis Ziff. 1.17 des Nichterfüller-Erlasses nicht.

34

aa) Die Lehramtsbefähigung des beklagten Landes ist nach dem objektiven Inhalt und dem typischen Sinn der speziellen Eingruppierungsmerkmale des Nichterfüller-Erlasses für Lehrer, die herkunftssprachlichen Unterricht erteilen, ohne Bedeutung (vgl. BAG 7. Mai 2008 - 4 AZR 299/07 - Rn. 13).

35

bb) Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass sie die nach Ziff. 1.15 bis Ziff. 1.17 des Nichterfüller-Erlasses erforderliche volle Lehrbefähigung der Türkei besitzt. Der von der Bezirksregierung D unter dem 11. Oktober 2013 erlassene Bescheid genügt dafür nicht. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin aufgrund dieses Bescheides lediglich das Unterrichtsfach „Türkisch“ nach dem Recht des beklagten Landes als Fremdsprache erteilen kann. Die Ansicht der Revision, die von der Bezirksregierung D anerkannte Lehrbefähigung müsse „mindestens genauso hoch eingestuft werden“ wie die türkische Lehrbefähigung, berücksichtigt die gänzlich andere rechtliche Qualität der durch den Bescheid vom 11. Oktober 2013 erfolgten Anerkennung gegenüber dem von Ziff. 1.15 bis Ziff. 1.17 des Nichterfüller-Erlasses geforderten Nachweis nicht.

36

c) Ziff. 8.5 des Nichterfüller-Erlasses erfasst den Fall der Klägerin nicht. Er regelt den hier vorliegenden Fall der Überqualifikation nicht.

37

4. Die Klägerin wird auch vom Erfüller-Erlass nicht erfasst. Sie missversteht die grundsätzliche, diesem Erlass zugrunde liegende Systematik, wenn sie allein darauf abstellt, dass sie die Voraussetzungen für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis - unstreitig - erfüllt und ihren konkreten unterrichtlichen Einsatz als unerheblich ansieht. Für die - ausschließliche - Tätigkeit der Klägerin im herkunftssprachlichen Unterricht enthält der Erfüller-Erlass kein Tätigkeitsmerkmal. Die Klägerin ist darum ungeachtet ihrer Lehramtsbefähigung nach dem Recht des beklagten Landes und unabhängig davon, dass sie diese Qualifikation bereits bei ihrer Einstellung besaß, keine Lehrkraft iSv. Ziff. 1.1 des Erfüller-Erlasses, sondern ist insoweit als „Nichterfüllerin“ anzusehen (vgl. BAG 7. Mai 2008 - 4 AZR 299/07 - Rn. 18).

38

5. Das arbeitsvertraglich in Bezug genommene Regelungswerk des beklagten Landes für den Entgeltanspruch der Klägerin bildet damit deren Qualifikation nicht ab. Der Vertrag der Parteien weist deshalb unter Zugrundelegung ihres Regelungskonzepts eine Regelungslücke auf. Diese kann der Senat aufgrund der Besonderheiten des Falls schließen, um den Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen. Eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 10 TV-L ist als Ausgleich des nicht nur im Fall der Klägerin, sondern für alle vergleichbaren angestellten Lehrkräfte auftretenden Interessengegensatzes bei der Schließung der vom beklagten Land erkannten Regelungslücke nicht angemessen und reicht darum zur Lückenschließung nicht aus. Angemessen ist allein die Eingruppierung der Klägerin in die Entgeltgruppe 11 TV-L.

39

a) Weist ein vorformulierter Vertrag unter Zugrundelegung des Regelungskonzepts der Parteien eine Lücke auf, die geschlossen werden muss, um den Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen, und beruht eine solche Lücke - wie hier - nicht auf AGB-rechtlichen Einbeziehungs- oder Inhaltskontrollschranken, ist nach allgemeiner Meinung eine ergänzende Vertragsauslegung zulässig (BGH 18. Juli 2007 - VIII ZR 227/06 - Rn. 34 f.; 22. Dezember 2003 - VIII ZR 90/02 - zu II 2 a der Gründe). Die ergänzende Auslegung hat unter Zugrundelegung eines objektiv-generalisierenden Maßstabs zu erfolgen, der nicht am Willen und den Interessen der konkret beteiligten Parteien, sondern der typischerweise beteiligten Verkehrskreise ausgerichtet sein muss. Die Vertragsergänzung muss für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Maßgeblich ist, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Parteien vereinbart hätten (st. Rspr. seit BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 22). Lassen sich nach diesen Kriterien hinreichende Anhaltspunkte für einen hypothetischen Parteiwillen nicht finden, etwa weil mehrere gleichwertige Möglichkeiten der Lückenschließung in Betracht kommen, scheidet eine ergänzende Vertragsauslegung grundsätzlich aus. So sind die Vertragsparteien vor einer mit dem Grundsatz der Privatautonomie nicht zu vereinbarenden Auswahl der Möglichkeit der Lückenschließung durch das Gericht nach dessen eigenen Kriterien geschützt (BAG 20. Mai 2014 - 3 AZR 852/12 - Rn. 13).

40

b) Auf Seiten einer Lehrkraft, die - wie die Klägerin - die Qualifikation nach Ziff. 7.1 oder Ziff. 7.2 des HSU-Erlasses besitzt, besteht das Interesse, ein dieser vom beklagten Land für den herkunftssprachlichen Unterricht (vorrangig) geforderten Qualifikation entsprechendes Entgelt zu erhalten. Das beklagte Land verfolgt mit den Eingruppierungserlassen das Interesse, bei der Vergütung der angestellten Lehrkräfte unter Beachtung haushaltsrechtlicher Erwägungen die erforderliche Gleichbehandlung und damit einen bestimmten Gerechtigkeitsstandard zu gewährleisten (vgl. BAG 5. Juli 2006 - 4 AZR 555/05 - Rn. 33). Dieser sich stets wiederholende Interessengegensatz wird nur dadurch angemessen ausgeglichen, dass der Klägerin ein Entgelt der Entgeltgruppe 11 TV-L gezahlt wird. Allein ein solches Entgelt trägt dem Regelungsplan der Parteien, die Qualifikation der Klägerin interessengerecht zu bewerten, hinreichend Rechnung. Die Regelungslücke ist daher unter Beachtung des hypothetischen Regelungswillens der Parteien dahin zu schließen, dass die Klägerin in die Entgeltgruppe 11 TV-L eingruppiert ist.

41

aa) Das beklagte Land stellt bei der Einstellung und Tätigkeit der Lehrkräfte für den herkunftssprachlichen Unterricht gerade auf eine von ihm hinsichtlich der Höhe des Entgelts nicht honorierte Qualifikation dieser Lehrkräfte ab. Gemäß Ziff. 7.1 und Ziff. 7.2 des HSU-Erlasses sind für den Unterricht in der Herkunftssprache bevorzugt Lehrkräfte einzustellen, die die Befähigung für ein Lehramt nach deutschem Recht in dem zu unterrichtenden Fach (hier Türkisch) besitzen oder die die Lehrbefähigung nach deutschem Recht und zusätzlich eine nachgewiesene Sprachkompetenz in dem zu unterrichtenden Fach aufweisen. Das beklagte Land macht sich also nicht nur eine bei einer bereits beschäftigten Lehrkraft vorhandene Qualifikation bei deren unterrichtlichem Einsatz zunutze, sondern erhebt die in Ziff. 7.1 und Ziff. 7.2 des HSU-Erlasses genannten Qualifikationen zum maßgeblichen Einstellungserfordernis. Nur dann, wenn derartige Lehrkräfte nicht angeworben werden können, können gemäß Ziff. 7.3 des HSU-Erlasses „ausnahmsweise“ auch die Lehrkräfte eingestellt werden, deren Qualifikation der Nichterfüller-Erlass in Ziff. 1.16 und Ziff. 1.17 jedenfalls teilweise abbildet. Damit hat das beklagte Land deutlich gemacht, dass seiner Einschätzung nach auch für den herkunftssprachlichen Unterricht eine Lehrbefähigung nach deutschem Recht von besonderer Bedeutung ist. Mit der sich aus Ziff. 7.1 bis Ziff. 7.3 des HSU-Erlasses ergebenden Auswahlrangfolge hat es darüber hinaus dokumentiert, dass es für diesen Unterricht Lehrer mit der Lehrbefähigung nach deutschem Recht grundsätzlich als geeigneter ansieht als selbst Lehrer, die die im Nichterfüller-Erlass vorgesehene höchste Qualifikation für eine Tätigkeit im herkunftssprachlichen Unterricht aufweisen.

42

bb) Diese vom beklagten Land bei der Auswahl der für den herkunftssprachlichen Unterricht einzustellenden Lehrkräfte zum Ausdruck gebrachte Wertigkeit der geforderten Qualifikation findet jedoch weder in den Eingruppierungserlassen, die diese nicht abbilden, noch in einer Vergütung aus der Entgeltgruppe 10 TV-L (hinreichend) Niederschlag. Alle Lehrkräfte mit einer den Anforderungen in Ziff. 7.1 oder Ziff. 7.2 des HSU-Erlasses vergleichbaren Qualifikation sind in die Entgeltgruppe 11 TV-L eingruppiert.

43

(1) Das beklagte Land zahlt den sog. „Erfüllern“, die Pflicht- und Wahlfachunterricht in einer ihrer Lehrbefähigung entsprechenden Schule bzw. Stufe erteilen, ein Entgelt der Entgeltgruppe 11 TV-L (Ziff. 1.1 des Erfüller-Erlasses).

44

(2) Ein solches Entgelt zahlt es auch Lehrern in der Tätigkeit von Lehrern der Primarstufe oder der Sekundarstufe I mit einer Staatsprüfung für ein Lehramt, sofern sie überwiegend Unterricht in mindestens einem ihrem Studium entsprechenden Fach erteilen (Ziff. 1.1 des Nichterfüller-Erlasses). Damit trägt der Hinweis des beklagten Landes auf die Vergleichbarkeit der Tätigkeit der Klägerin mit Fachlehrern nicht (mehr). Auch diese sind, sofern sie die dafür im Nichterfüller-Erlass vorgesehene höchste Qualifikation aufweisen, - anders als nach früheren Fassungen des Nichterfüller-Erlasses (vgl. BAG 7. Mai 2008 - 4 AZR 299/07 - Rn. 28) - in die Entgeltgruppe 11 TV-L eingruppiert.

45

(3) Schließlich zahlt das beklagte Land gemäß Ziff. 1.15 des Nichterfüller-Erlasses auch Lehrern ausländischer Herkunft, die die Erste Staatsprüfung für ein Lehramt nach nordrhein-westfälischem Recht sowie eine abgeschlossene Ausbildung an einer wissenschaftlichen Hochschule und eine volle Lehrbefähigung ihres Heimatlandes aufweisen, ein Entgelt der Entgeltgruppe 11 TV-L. Im Vergleich zur früheren Fassung des Nichterfüller-Erlasses ist damit die Eingruppierung für Lehrer mit dieser Qualifikation verbessert worden. Sie erhalten jetzt von Beginn an und nicht erst nach einer sechsjährigen Bewährung dasselbe Entgelt wie Lehrer iSv. Ziff. 1.1 des Erfüller-Erlasses. Im Gegensatz zur früheren von ihm geschaffenen Rechtslage hält das beklagte Land offensichtlich eine Differenzierung bei der Eingruppierung von Erfüllern iSv. Ziff. 1.1 des Erfüller-Erlasses und Nichterfüllern iSv. Ziff. 1.15 des Nichterfüller-Erlasses nicht mehr für angemessen (vgl. zu den früheren Unterschieden hinsichtlich der Funktion und Bedeutung des herkunftssprachlichen Unterrichts sowie der persönlichen und ausbildungsbezogenen Voraussetzungen für die Erteilung dieses Unterrichts und der dadurch gegebenen Rechtfertigung der früheren unterschiedlichen Vergütung BAG 7. Mai 2008 - 4 AZR 299/07 - Rn. 27 f.).

46

III. Darüber hinaus ist die Ausgrenzung von Lehrkräften wie der Klägerin, die die Voraussetzungen von Ziff. 7.1 oder Ziff. 7.2 des HSU-Erlasses erfüllen, aus dem Entgeltanspruch nach Entgeltgruppe 11 TV-L, wie ihn Lehrkräfte haben, die die Voraussetzungen einer Eingruppierung nach Ziff. 1.1 des Erfüller-Erlasses bzw. Ziff. 1.15 des Nichterfüller-Erlasses erfüllen, gemessen am Zweck dieser Regelungen nicht gerechtfertigt. Dies führt zu einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Arbeitsrecht. Darum hat die Klägerin auch unter diesem Gesichtspunkt Anspruch auf eine Vergütung aus der Entgeltgruppe 11 TV-L. Die Revision rügt zu Recht, dass das Landesarbeitsgericht dem nicht hinreichend Rechnung getragen hat.

47

1. Die Eingruppierungserlasse des beklagten Landes haben als einseitig von ihm gestelltes Regelungswerk keine Vermutung der Angemessenheit für sich und unterliegen einer Prüfung anhand des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Arbeitsrecht (BAG 19. November 2014 - 4 AZR 845/12 - Rn. 27).

48

2. Dieser Grundsatz begrenzt die Gestaltungsmacht des Arbeitgebers. Er gebietet ihm, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbstgesetzten Regel gleich zu behandeln (BAG 3. September 2014 - 5 AZR 6/13 - Rn. 18, auch zur Herleitung dieses Grundsatzes). Dies gilt trotz des Grundsatzes der Vertragsfreiheit auch im Bereich der Entgeltzahlung, sofern die Vergütung wie vorliegend aufgrund eines bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzips erfolgt. Bei der Festlegung der Anspruchsvoraussetzungen durch den Arbeitgeber ist ihm eine Gruppenbildung untersagt, für die sich kein vernünftiger, aus dem Zweck der Leistung ergebender oder sonstiger sachlich einleuchtender Grund finden lässt (vgl. BAG 21. Mai 2014 - 4 AZR 50/13 - Rn. 22).

49

3. Die Zurücksetzung der angestellten Lehrkräfte, die die Voraussetzungen von Ziff. 7.1 oder Ziff. 7.2 des HSU-Erlasses erfüllen, gegenüber den angestellten Lehrkräften des beklagten Landes, bei denen die Voraussetzungen für eine Eingruppierung gemäß Ziff. 1.1 des Erfüller-Erlasses bzw. Ziff. 1.15 des Nichterfüller-Erlasses vorliegen, im Regelwerk des beklagten Landes zur Eingruppierung der bei ihm beschäftigten angestellten Lehrer ist nicht gerechtfertigt.

50

a) Ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes, der vergütungsrechtliche Bestimmungen nach einem generalisierenden Prinzip in Erlassen oder Eingruppierungsrichtlinien regelt, kann zwar die Höhe der Vergütung von einer bestimmten Tätigkeit oder vom Vorliegen bestimmter subjektiver, in der Person des Angestellten liegender Voraussetzungen abhängig machen. Unterschiede in der Lehrbefähigung sind grundsätzlich geeignet, eine Differenzierung hinsichtlich der Vergütung sachlich zu rechtfertigen (st. Rspr., zuletzt BAG 19. November 2014 - 4 AZR 845/12 - Rn. 29). Umgekehrt darf jedoch der Arbeitgeber bei der Vergütung dieser Lehrkräfte in den von ihm geschaffenen Eingruppierungsrichtlinien nicht differenzieren, wenn dafür keine Unterschiede bei den subjektiven, für die eingruppierungsrechtliche Bewertung der Unterrichtstätigkeit von angestellten Lehrkräften maßgeblichen Voraussetzungen erkennbar sind.

51

b) Unterschiede, die eine Differenzierung bei der Eingruppierung zwischen Lehrkräften, die ausschließlich herkunftssprachlichen Unterricht erteilen und bei denen die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen zur Übernahme in das Beamtenverhältnis grundsätzlich erfüllt sind, gegenüber Lehrkräften, die die Voraussetzungen nach Ziff. 1.1 des Erfüller-Erlasses erfüllen, rechtfertigen können, liegen nicht vor. Vielmehr verbietet sich eine solche Differenzierung aufgrund der Anforderungen, die das beklagte Land in Ziff. 7.1 und Ziff. 7.2 des HSU-Erlasses bei der Einstellung dieser Lehrkräfte stellt (s. dazu Rn. 41). Das beklagte Land macht mit diesen Anforderungen deutlich, dass es ihm auch im herkunftssprachlichen Unterricht gerade auf die Lehramtsbefähigung nach deutschem Recht ankommt. Den sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Höhe des Entgelts der so ausgewählten Lehrkräfte kann sich das beklagte Land aber nicht dadurch entziehen, dass es die verlangte Qualifikation in dem von ihm selbst geschaffenen Nichterfüller-Erlass nicht abbildet, diese Lehrkräfte auch dann, wenn sie „Erfüller“ sind, - im Übrigen entgegen der ebenfalls selbst gesetzten Vorgabe in Ziff. 7.2 des HSU-Erlasses - ausschließlich für den herkunftssprachlichen Unterricht einstellt und sich dann darauf beruft, dass sein Regelwerk für diese Lehrkräfte keine angemessene Vergütung vorsehe, insbesondere ein „Vertragsmix“, also ein Einsatz mit Tätigkeiten, die teils vom Erfüller-Erlass und teils vom Nichterfüller-Erlass erfasst werden, darin nicht vorgesehen sei.

52

c) Auch für eine geringere Vergütung der Lehrkräfte mit der von Ziff. 7.1 oder Ziff. 7.2 des HSU-Erlasses verlangten Qualifikation gegenüber Lehrkräften, die die Voraussetzungen nach Ziff. 1.15 des Nichterfüller-Erlasses erfüllen, gibt es keine Rechtfertigung mehr. Das beklagte Land zeigt durch die Einstellungsanforderungen für den herkunftssprachlichen Unterricht, dass es eine nach deutschem Recht erworbene Lehramtsbefähigung höher bewertet als eine nach dem Recht des Herkunftsstaats erworbene volle Lehrbefähigung. Der Annahme, bei der Erteilung dieses Unterrichts sei die Qualifikation eines Lehrers nach Ziff. 1.15 des Nichterfüller-Erlasses eher höher zu bewerten als die Lehrbefähigung nach deutschem Recht (vgl. BAG 21. Juli 1993 - 4 AZR 483/92 - zu III 3 c der Gründe), ist damit nach eigener Einschätzung des beklagten Landes die Grundlage entzogen. Es ist inkonsistent, wenn es dieser Einschätzung ohne erkennbaren rechtfertigenden Grund nur bei den Einstellungsvoraussetzungen, nicht aber auch bei der vergütungsrechtlichen Bewertung der Tätigkeit im herkunftssprachlichen Unterricht Rechnung trägt.

53

4. Als Rechtsfolge einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Arbeitsrecht ist die vom Arbeitgeber gesetzte Regel entsprechend zu korrigieren. Der rechtswidrig benachteiligte Arbeitnehmer hat darum den Anspruch, von dem ihn der Arbeitgeber aufgrund eines gleichbehandlungswidrigen Tatbestandsmerkmals ausgeschlossen hat, wenn es wie hier keine weiteren, rechtskonformen Anspruchsvoraussetzungen gibt oder der Arbeitnehmer auch diese erfüllt (vgl. BAG 3. September 2014 - 5 AZR 6/13 - Rn. 18; 21. Mai 2014 - 4 AZR 50/13 - Rn. 23). Die Klägerin kann ebenso wie die von Ziff. 1.1 des Erfüller-Erlasses bzw. Ziff. 1.15 des Nichterfüller-Erlasses erfassten angestellten Lehrkräfte ihre Eingruppierung in die Entgeltgruppe 11 TV-L verlangen. Dieser Anspruch beschränkt sich aufgrund der in § 4 des Arbeitsvertrags getroffenen Vereinbarung allerdings auf die Zeit bis zum In-Kraft-Treten einer Entgeltordnung, sofern das beklagte Land - falls in der Entgeltordnung für Lehrer im herkunftssprachlichen Unterricht eine niedrigere Entgeltgruppe festgelegt wird - von einer eröffneten Herabgruppierungsmöglichkeit bei den betroffenen Lehrkräften Gebrauch macht.

54

IV. Der Klägerin stehen Prozesszinsen in der begehrten Höhe zu (§§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB).

55

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    K. Jerchel    

        

    Kammann    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 17. März 2016 - 6 Sa 631/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch darüber, ob einzelvertraglich in Bezug genommene Arbeitsvertragsrichtlinien nach dem Betriebsübergang auf einen nichtkirchlichen Erwerber statisch oder dynamisch fortgelten.

2

Der Kläger ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger, dem Johanniter-Unfall-Hilfe e.V., seit 1991 im Rettungsdienst beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 14. August 1991 heißt es auszugsweise:

        

„Diakonie ist Wesens- und Lebensäußerung der Evangelischen Kirche. Die Evangelische Kirche nimmt ihre diakonischen Aufgaben durch das Diakonische Werk wahr. Die oben genannte Einrichtung ist dem Diakonischen Werk angeschlossen. Sie dient der Verwirklichung des gemeinsamen Werkes christlicher Nächstenliebe. Alle Mitarbeiter dieser Einrichtung … bilden ohne Rücksicht auf ihre Tätigkeit und Stellung eine Dienstgemeinschaft.

        

Auf dieser Grundlage wird der nachstehende Vertrag geschlossen:

        

…       

        

§ 2

        

Für das Dienstverhältnis gelten die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR) in der jeweils gültigen Fassung. …“

3

Das Arbeitsverhältnis ging zum 1. Januar 2014 auf die Beklagte über. Diese ist eine als gemeinnützige GmbH geführte Gliederung des Deutschen Roten Kreuzes, die in einem sächsischen Landkreis den bodengebundenen Rettungsdienst betreibt. Am 10. Juli 2014 sowie am 8. Dezember 2014 beschloss die Arbeitsrechtliche Kommission der Diakonie Deutschland die Erhöhung der Grundentgelte gemäß Anlage 2, der Sonderstufenentgelte gemäß Anlage 5 und der Stundenentgelte gemäß Anlage 9 zu den AVR rückwirkend zum 1. Juli 2014 für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgenommen Ärztinnen und Ärzte sowie Zahnärztinnen und Zahnärzte um 1,9 % bzw. ab dem 1. März 2015 die Erhöhung der Tabellenwerte der Anlagen 2, 5, 9 und 10a zu den AVR um 2,7 %. Die daraus folgenden Entgelterhöhungen gab die Beklagte nicht an den Kläger weiter.

4

Der Kläger begehrt zuletzt noch die Zahlung der Differenz zwischen der ihm gezahlten Vergütung und der ihm unter Berücksichtigung der Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission vom 10. Juli 2014 bzw. 8. Dezember 2014 zustehenden Vergütung in rechnerisch unstreitiger Höhe für die Zeit von Juli 2014 bis Mai 2015. Er begehrt ferner die Feststellung, dass die am 10. Juli 2014 und 8. Dezember 2014 beschlossenen Entgelterhöhungen auch künftig an ihn weiterzugeben sind.

5

Der Kläger hat - soweit für die Revision noch von Bedeutung - zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 757,91 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in im Einzelnen genannter, gestaffelter Höhe zu zahlen;

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die von der Arbeitsrechtlichen Kommission der Diakonie Deutschland mit Beschluss vom 10. Juli 2014 beschlossene Erhöhung der Entgelte ab 1. Juli 2014 in Höhe von 1,9 % sowie mit Beschluss vom 8. Dezember 2014 beschlossene Erhöhung der Entgelte ab 1. März 2015 in Höhe von 2,7 % dem Kläger auch in Zukunft zu zahlen.

6

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags vorgetragen, die AVR gölten seit dem Betriebsübergang auf sie nur noch statisch. Sie sei nicht Mitglied des Diakonischen Werkes und könne das auch nicht werden. Auf die Verhandlungsergebnisse der Arbeitsrechtlichen Kommission habe sie keinen Einfluss, so dass sie an die von dieser nach dem Betriebsübergang gefassten Beschlüsse nicht gebunden sein könne. Die AVR würden durch die Arbeitsrechtliche Kommission als Dritte vereinbart und seien deshalb mit kollektivvertraglichen Regelungen wie Tarifverträgen vergleichbar. Darum müssten die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Gleichstellungsabrede und die danach geltende statische Weitergeltung der Bezugnahme in vor dem Jahr 2002 abgeschlossenen Arbeitsverträgen Anwendung finden. Das Angebot, die Anwendung des für sie geltenden Tarifvertrags zu vereinbaren, habe der Kläger - unstreitig - abgelehnt. Sie sei nicht verpflichtet, die Unwägbarkeiten, die mit einer Änderungskündigung verbunden seien, auf sich zu nehmen. Es müsse ihr freistehen, den rechtlich sicheren Weg zu wählen und die AVR statisch anzuwenden. Anderenfalls werde ihre unternehmerische Freiheit beeinträchtigt.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage, soweit der Rechtsstreit in die Revisionsinstanz gelangt ist, stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die insoweit gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat durch Beschluss vom 22. September 2016 (- 6 AZN 370/16 -) zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren der Klageabweisung unter Vertiefung ihrer rechtlichen Argumentation weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen.

9

I. Die Klage ist begründet. Der Kläger kann die geltend gemachte Vergütung in zuletzt unstreitiger Höhe gemäß § 611 Abs. 1 BGB beanspruchen. Seine Vergütung richtet sich gemäß § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 in dynamisierter Weise nach den Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland, die am 23. Januar 2014 in die Arbeitsvertragsrichtlinien der Diakonie Deutschland (AVR-DD, im Folgenden nur AVR) umbenannt worden sind. Dieser Vertragsinhalt blieb durch den Betriebsübergang auf die Beklagte gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB unverändert. Die von der Arbeitsrechtlichen Kommission am 10. Juli 2014 bzw. 8. Dezember 2014 wirksam beschlossenen Entgelterhöhungen stehen dem Kläger darum auch über den von der Leistungsklage abgedeckten Zeitraum hinaus weiter zu. Eine Anpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage ist nicht vorzunehmen.

10

1. Der Arbeitsvertrag vom 14. August 1991 sieht die dynamische Geltung der AVR vor. Die Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Diakonischen Werk ist hierfür keine Voraussetzung.

11

a) Bei den Regelungen des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Darauf lässt schon das äußere Erscheinungsbild der formularmäßigen Vertragsgestaltung schließen (vgl. BAG 25. Juni 2015 - 6 AZR 383/14 - Rn. 23, BAGE 152, 82).

12

b) Der Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu ermitteln. Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen (BAG 23. März 2017 - 6 AZR 705/15 - Rn. 14). Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Diese Grundsätze finden auch auf die Auslegung von Bezugnahmeklauseln auf kirchliche Regelungswerke wie die AVR Anwendung (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07  - Rn. 12 , BAGE 135, 163; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 17, BAGE 129, 1). Bei der Auslegung einer solchen Bezugnahmeklausel ist von der allgemeinen Funktion von Verweisungsklauseln im kirchlichen Arbeitsverhältnis auszugehen. Mangels normativer Geltung der AVR in privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen kann ihnen nur über Bezugnahmeklauseln Wirkung verschafft werden (vgl. BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 107, BAGE 143, 354; 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 18). Diese sind grundsätzlich dahin auszulegen, dass sie dem kirchlichen Arbeitsrecht im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis umfassend Geltung verschaffen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 29 mwN, BAGE 141, 16). Typischerweise liegt es im Interesse beider Vertragsparteien, dass das kirchliche Arbeitsrecht durch eine dynamische Bezugnahmeklausel in seiner jeweiligen Fassung zur Anwendung gebracht wird (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 44 ff., BAGE 142, 247).

13

c) Eine solche Bezugnahme ist hier erfolgt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 sind die AVR in ihrer jeweils gültigen Fassung Bestandteil des Arbeitsverhältnisses. Diese dynamische Bezugnahmeklausel wurde zu einem wirksamen Vertragsbestandteil (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 38 ff., BAGE 142, 247).

14

d) Die dynamische Geltung der AVR setzt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht voraus, dass die Arbeitgeberin dem Diakonischen Werk angehört.

15

aa) Dies lässt sich den arbeitsvertraglichen Regelungen nicht entnehmen.

16

(1) Die Bezugnahme steht nicht unter der auflösenden Bedingung der Kirchenzugehörigkeit der Arbeitgeberseite. Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt nach § 158 Abs. 2 BGB mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein. Aus § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 kann auch in Verbindung mit der Präambel nicht geschlossen werden, dass die AVR bei Entfall des Anschlusses der Arbeitgeberin an das Diakonische Werk nicht mehr oder nur noch statisch zur Anwendung kommen sollen.

17

(a) Die Präambel des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 stellt klar, dass der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. als damaliger Vertragspartner dem Diakonischen Werk angeschlossen war und dessen Einrichtung der Verwirklichung des gemeinsamen Werkes christlicher Nächstenliebe dient. Der Arbeitsvertrag wurde auf der Grundlage dieser Zielsetzung geschlossen. Der Beklagten ist zuzugestehen, dass diese spezifisch kirchliche Grundlage des Arbeitsverhältnisses von einer Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Diakonischen Werk ausgeht. Die folgende Inbezugnahme der AVR in § 2 des Arbeitsvertrags entsprach der Verpflichtung des Rechtsvorgängers der Beklagten aus dem Arbeitsrechtsregelungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (ARRG-EKD) vom 10. November 1988 (ABl. EKD S. 366; vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 29, BAGE 141, 16).

18

(b) Eine Beendigung der dynamischen Inbezugnahme der AVR für den Fall, dass die Arbeitgeberin nicht mehr dem Diakonischen Werk angehört, ist jedoch weder der Präambel noch § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 zu entnehmen. Beide Vertragsbestandteile gehen vielmehr von unveränderten Verhältnissen aus und befassen sich nicht mit dem Entfall der arbeitgeberseitigen Kirchenzugehörigkeit, zum Bespiel in der Konstellation eines Betriebsübergangs auf einen nichtkirchlichen Arbeitgeber. Gegen die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung iSd. § 158 Abs. 2 BGB spricht auch, dass es keinen vertraglich vereinbarten früheren Rechtszustand gäbe, welcher ex nunc wieder eintreten könnte(vgl. demgegenüber zur nach § 3 Abs. 3 TVG gesetzlich angeordneten Nachbindung an einen Tarifvertrag BAG 5. Juli 2017 - 4 AZR 867/16 - Rn. 31). Eine nur statische Geltung der AVR ist vertraglich ebenso wenig vorgesehen wie die Bezugnahme eines anderen Regelungssystems bei Entfall der Kirchenzugehörigkeit der Arbeitgeberseite. Folglich gilt die vereinbarte Inbezugnahme der AVR als grundlegende Regelung des Vertragsinhalts auch bei einer Veränderung der Verhältnisse auf Arbeitgeberseite (vgl. zur Weitergeltung einer Inbezugnahme der AVR bei Gesellschafterwechsel BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 20 ff.). Die in der Literatur (Seel FA 2017, 66, 68) vertretene Auffassung, wonach ein Wegfall der kirchlichen Trägerschaft ein Ende der dynamischen Geltung der AVR nach sich ziehen müsse, weil der Geltungsgrund für die Dynamik die Qualität des Arbeitgebers als kirchlicher Arbeitgeber sei, dem der sog. „Dritte Weg“ als Instrument für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen eröffnet sei, ist mit dem Wortlaut der hier zu beurteilenden Vertragsregelungen daher nicht vereinbar.

19

(2) § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 ist auch keine zur Beendigung der Dynamik führende Gleichstellungsabrede. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

20

(a) Nach der früheren Rechtsprechung galt die - widerlegbare - Vermutung, es gehe einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten Beschäftigten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Die Rechtsprechung ging davon aus, mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel sollte lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags für alle Beschäftigten zu kommen. Daraus wurde die Konsequenz gezogen, ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder aus den Begleitumständen bei Vertragsschluss seien im Fall der normativen Gebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeklauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik gehe nur so weit, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reiche, sie ende also dann, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden sei (vgl. BAG 24. Februar 2016 - 4 AZR 990/13 - Rn. 29; 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 f. mwN).

21

(b) Diese Rechtsprechung wurde für vertragliche Bezugnahmeklauseln, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Eine individualvertragliche Klausel, die ihrem Wortlaut nach ohne Einschränkung auf einen bestimmten Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung verweist, ist im Regelfall nunmehr dahingehend auszulegen, dass dieser Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung gelten soll und dass diese Geltung nicht von Faktoren abhängt, die nicht im Vertrag genannt oder sonst für beide Parteien ersichtlich zur Voraussetzung gemacht worden sind (vgl. BAG 5. Juli 2017 - 4 AZR 867/16 - Rn. 22 f.; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29, BAGE 122, 74). Die Auslegungsregel wird lediglich aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln angewendet, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform vereinbart worden sind (vgl. BAG 7. Dezember 2016 - 4 AZR 414/14 - Rn. 31 mwN).

22

(c) Die hier auszulegende Bezugnahmeklausel wurde zwar am 14. August 1991 und somit weit vor dem 1. Januar 2002 vereinbart. Die vertragliche Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen wie der AVR kann jedoch generell nicht als Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung verstanden werden. Da die AVR immer nur anwendbar sind, wenn dies in dem betreffenden Arbeitsverhältnis vereinbart ist, kann deren vertragliche Inbezugnahme nie den eine derartige Auslegung erklärenden Grund einer Gleichbehandlung von organisierten und nicht organisierten Arbeitnehmern haben (so Bepler ZAT 2016, 145, 148; im Ergebnis ebenso LAG Berlin-Brandenburg 24. Februar 2012 - 6 Sa 1943/11 - zu 2.1.2 der Gründe; Klein jurisPR-ArbR 45/2016 Anm. 1; Klumpp ZMV 2017, 239, 242; von Tiling ZTR 2017, 11, 13). Es gibt keine Gewerkschaftsmitgliedschaft, die zu einer normativen Wirkung der AVR gemäß § 4 Abs. 1 TVG führen könnte und somit auch kein Gleichstellungsbedürfnis im dargestellten Sinne. Die von der Revision angeführte „kollektivvertraglichen Regelungen vergleichbare Situation“ des vormaligen kirchlichen Arbeitgebers, der durch seine Mitgliedschaft im Diakonischen Werk an die AVR gebunden gewesen sei, ist daher ohne Belang.

23

bb) Auf den von den AVR für sich selbst definierten Geltungsbereich kommt es folglich nicht an. Die Geltung der AVR gründet sich allein auf die dargestellte vertragliche Inbezugnahme (vgl. Bepler ZAT 2016, 145, 149; Klein jurisPR-ArbR 45/2016 Anm. 1; Klumpp ZMV 2017, 239, 241).

24

2. Die dynamische Inbezugnahme der AVR blieb durch den Betriebsübergang auf die Beklagte zum 1. Januar 2014 unberührt. Weder das nationale Recht noch die Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer bei Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen privilegieren den Erwerb eines Betriebs- bzw. Betriebsteils von einem kirchlichen Träger.

25

a) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Die aus in Bezug genommenen Tarifverträgen herrührenden individualvertraglichen Rechte und Pflichten gehören zum Inhalt des nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übergehenden Arbeitsverhältnisses(vgl. BAG 20. Juni 2012 - 4 AZR 656/10 - Rn. 22). Im Fall eines Betriebsübergangs wird der Erwerber so gestellt, als hätte er die dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegenden privatautonomen Willenserklärungen des Veräußerers gegenüber dem Arbeitnehmer selbst abgegeben und die Vereinbarungen in eigener Person, dh. mit der Verweisung auf ein bestimmtes Tarifwerk oder Teile davon in der jeweiligen Fassung abgeschlossen und zum Inhalt des Arbeitsvertrags gemacht. Dabei bleibt der individualvertragliche Charakter der in Bezug genommenen Kollektivregelungen erhalten (BAG 17. Juni 2015 - 4 AZR 61/14 (A) - Rn. 15, BAGE 152, 12).

26

b) Davon zu unterscheiden ist die statische Aufrechterhaltung kollektivrechtlich geregelter Arbeitsbedingungen durch die sog. Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB(zur statischen Fortgeltung vgl. AR/Bayreuther 8. Aufl. § 613a BGB Rn. 63; ErfK/Preis 17. Aufl. § 613a BGB Rn. 117; HWK/Willemsen/Müller-Bonanni 7. Aufl. § 613a BGB Rn. 265). Diese bezieht sich nur auf vor dem Betriebsübergang normativ geltende Regelungen (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 24; 16. Mai 2012 - 4 AZR 320/10 - Rn. 21 mwN). Vertragliche Rechtspositionen, auch wenn sie in einer privatautonomen Einbeziehung von Tarifrecht ihren Grund haben, gehen ohne Weiteres und uneingeschränkt nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB über. Sie werden auch nicht nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB durch einen beim Betriebserwerber geltenden Tarifvertrag abgelöst, weil sich diese Vorschrift nur auf § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB bezieht(vgl. BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 23, BAGE 136, 184). Dies gilt auch für § 613a Abs. 1 Satz 4 BGB(vgl. BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 70 ff., BAGE 130, 237).

27

c) Die mit einem kirchlichen Arbeitgeber vereinbarte Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen behält im Fall eines Betriebsübergangs als vertragliche Regelung gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber dem Betriebserwerber ihre Wirkung(vgl. bereits BAG 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - zu III 3 b der Gründe, BAGE 101, 9). Dies gilt auch dann, wenn ein kirchlicher Betriebserwerber nicht mehr ein Anstellungsträger im Sinne der in Bezug genommenen Dienstvertragsordnung ist (BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 31, BAGE 141, 16) oder der Betriebserwerber nicht mehr der Kirche zuzuordnen ist (vgl. Bepler jurisPR-ArbR 34/2016 Anm. 2; Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 7. Aufl. § 5 Rn. 31; Krings Der Betriebsübergang gem. § 613a BGB im kirchlichen Arbeitsrecht S. 118). Das Regelungssystem des § 613a Abs. 1 Satz 2 bis Satz 4 BGB ist weder direkt noch analog auf vertraglich in Bezug genommene kirchliche Arbeitsrechtsregelungen anwendbar, da diese vor dem Betriebsübergang keine normative Wirkung hatten(vgl. BAG 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - aaO). Es besteht auch kein Anlass, Betriebserwerber, die an die Dynamik einzelvertraglich vereinbarter AVR gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gebunden sind, durch das „Einfrieren“ dieser Regelungen auf den zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs vorliegenden Stand im Ergebnis so zu stellen, als sei eine Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB erfolgt. Dies lässt sich auch nicht aus der Funktion kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen, welche einheitliche Arbeitsbedingungen bezwecken (BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 27, BAGE 135, 163), ableiten. Der Betriebsübergang kann hier nicht dazu führen, dass zuvor einheitlich behandelte Arbeitnehmer nunmehr unterschiedlichen Regelungen unterfallen, je nachdem, ob eine dynamische Inbezugnahme als Vertragsrecht weiter gilt oder eine statische Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB eingreift. Eine Differenzierung zwischen tarifgebundenen und nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern, wie sie eine Gleichstellungsabrede verhindern will, erfolgt aus den genannten Gründen nicht. Auch nach einem Betriebsübergang auf einen sog. weltlichen Betriebserwerber bestehen die ursprünglich mit dem kirchlichen Arbeitgeber vereinbarten einheitlichen Arbeitsbedingungen.

28

d) Der Betriebserwerber ist deshalb jedenfalls bezogen auf die Entgeltansprüche der übernommenen Arbeitnehmer auch an eine vereinbarte Dynamik der Inbezugnahme gebunden. Der nichtkirchliche Betriebserwerber wird durch die Bindung an die dynamische Bezugnahmeklausel nicht unter Verstoß gegen unionsrechtliche Vorgaben in seiner unternehmerischen Freiheit beeinträchtigt (vgl. hierzu EuGH 11. September 2014 - C-328/13  - [Österreichischer Gewerkschaftsbund] Rn. 29; 18. Juli 2013 -  C-426/11  - [Alemo-Herron ua.] Rn33 ff.). Mit Urteil vom 27. April 2017 (- C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 22 f.) hat der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden, dass Art. 3 der Richtlinie 2001/23/EG in Verbindung mit Art. 16 GRC der dynamischen Fortgeltung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel im Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber nicht entgegensteht, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsieht. Solche Möglichkeiten bietet die deutsche Rechtsordnung in Form der einvernehmlichen Vertragsänderung und der Änderungskündigung nach § 2 KSchG(vgl. BAG 30. August 2017 - 4 AZR 95/14 - Pressemitteilung Nr. 35/17).

29

3. Entgegen der Ansicht der Beklagten entbindet sie der Umstand, dass der Kläger ihr Angebot abgelehnt hat, künftig den für sie geltenden Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwenden, nicht davon, eine Änderungskündigung zu erklären, wenn sie ihre dynamische Bindung an die vertraglich in Bezug genommenen AVR beenden will. Die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB, auf die die Beklagte sich im Ergebnis beruft, kann sie nur im Wege der Änderungskündigung geltend machen.

30

a) §§ 1, 2 KSchG sind gegenüber einer Anpassung nach § 313 BGB lex specialis. Sachverhalte, die zu einer Störung oder dem Wegfall der Geschäftsgrundlage geführt haben, sind dabei allerdings im Rahmen der §§ 2, 1 Abs. 2 KSchG zu würdigen(BAG 5. Juni 2014 - 2 AZR 615/13 - Rn. 23, BAGE 148, 227).

31

b) Unter welchen Voraussetzungen eine Änderungskündigung zum Zwecke der „Entdynamisierung“ einer Bezugnahmeklausel sozial gerechtfertigt ist, bedarf im vorliegenden Fall schon mangels Erklärung einer Änderungskündigung keiner Entscheidung (vgl. zu dieser Problematik: Bayreuther NJW 2017, 2158, 2159; Busch/Gerlach BB 2017, 2356, 2360; Eylert/Schinz RdA 2017, 140, 145; Hartmann EuZA 2017, 521, 532; Wißmann/Niklas NZA 2017, 697, 701). Darum besteht auch kein Anlass, sich näher mit der Frage zu befassen, ob und unter welchen Umständen die Fortgeltung der dynamischen Inbezugnahme der AVR nach einem Betriebsübergang auf einen weltlichen Erwerber zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage führen würde und wie ein solcher Umstand bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Änderungskündigung zu würdigen wäre. Jedenfalls machen die Kostensteigerungen, die durch die dynamische Weitergeltung der AVR eintreten und die die Beklagte nach ihrem Vortrag bei den Kostenträgern nicht refinanzieren kann, der Beklagten das unveränderte Festhalten an dem Arbeitsvertrag, in dessen Inhalt sie nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB eingetreten ist, vorliegend nicht unzumutbar. Das folgt bereits daraus, dass sie nicht geltend macht, sie habe vergeblich versucht, unter Hinweis auf die Rechtslage bei dem Kostenträger eine Änderung zu erwirken. Es kann daher dahinstehen, ob und unter welchen Umständen Kostensteigerungen, die der Erwerber bei seiner Entscheidung, einen Betrieb zu übernehmen, nicht einkalkuliert hat, zu einer Störung der Geschäftsgrundlage führen können oder Teil des von ihm zu tragenden unternehmerischen Risikos bleiben. Insbesondere kann dahinstehen, ob es für eine Störung der Geschäftsgrundlage ausreicht, wenn in einem auf unbegrenzte Zeit eingegangenen Dauerschuldverhältnis wie dem Arbeitsverhältnis das geschuldete Arbeitsentgelt zu einer dauerhaften Verlustsituation führt (zum Vorliegen einer zur Vertragsanpassung führenden Äquivalenzstörung im Dauerschuldverhältnis nur bei einer dauerhaften, auf billigerweise nicht vorauszusehenden Umständen beruhenden Verlustsituation BGH 19. April 1978 - VIII ZR 182/76 - zu II 2 b der Gründe).

32

4. Der Fall bietet auch keine Veranlassung zu klären, welchen Inhalt das Arbeitsverhältnis der Parteien in Bezug auf die in § 2 und § 3 AVR enthaltenen allgemeinen und besonderen Dienstpflichten hat. Insbesondere kann offenbleiben, welchen Inhalt die Loyalitätspflichten nach dem Betriebsübergang aufweisen (vgl. zu den kirchlichen Loyalitätsanforderungen: BAG 28. Juli 2016 - 2 AZR 746/14 (A) - Rn. 14 ff., BAGE 156, 23; KR/Fischermeier 11. Aufl. Kirchl. ArbN Rn. 2 ff.) und ob die negative Religionsfreiheit eines Betriebserwerbers (Art. 4 GG) durch spezifisch kirchliche Regelungen verletzt sein kann (vgl. Klumpp ZMV 2017, 239, 240). Gegenstand des Rechtsstreits sind nur Vergütungsansprüche.

33

5. Die Revision rügt ohne Erfolg, dass das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft die Unbilligkeit der von der Arbeitsrechtlichen Kommission vorgenommenen Leistungsbestimmung nach § 319 Abs. 1 BGB verneint habe. Das Landesarbeitsgericht hat allerdings insoweit den Prüfungsmaßstab verkannt. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (seit BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 30 ff., BAGE 135, 163) unterliegen Arbeitsvertragsrichtlinien, die auf dem Dritten Weg gemäß den einschlägigen Organisations- und Verfahrensvorschriften entstanden sind, wie Tarifverträge nur einer Rechtskontrolle am Maßstab höherrangigen Rechts sowie der Kontrolle auf einen Verstoß gegen die guten Sitten, wenn sie von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen worden sind und deshalb nicht der Dienstgeberseite zugeordnet werden können. Dieser Rechtsfehler führt jedoch nicht zum Erfolg der Revision. Die Beklagte zeigt nicht auf, inwieweit die Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission vom 10. Juli 2014 und vom 8. Dezember 2014 höherrangiges Recht verletzen oder gegen die guten Sitten verstoßen könnten. Dafür ist auch keinerlei Anhaltspunkt ersichtlich. Das Landesarbeitsgericht hat darum im Ergebnis zutreffend erkannt, dass diese Beschlüsse wirksam sind.

34

6. Dem Kläger steht das eingeklagte Differenzentgelt auf das ihm gezahlte Grundentgelt und die Zuschläge nach der Anlage 9 zu den AVR (Zeitzuschlag für Überstunden, Überstundenentgelt, Zeitzuschlag für Sonntagsarbeit und Arbeiten an Wochenfeiertagen, die auf einen Sonntag fallen, sowie für Nachtarbeit) zu. Die Beklagte hat keine Einwendungen gegen die Richtigkeit der der Berechnung des Klägers zugrunde liegenden zuschlagspflichtigen Stunden erhoben.

35

7. Der Kläger kann nach § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB Verzugszinsen für die einzelnen monatlichen Differenzvergütungsbeträge jeweils ab dem 16. eines jeden Monats verlangen. Verzugszinsen sind nach § 187 Abs. 1 BGB ab dem Tag nach dem in den AVR bestimmten Zahltag zu entrichten(vgl. zu tariflichen Ansprüchen BAG 27. April 2017 - 6 AZR 459/16 - Rn. 37). Die Bezüge sind gemäß § 21a AVR am 15. eines jeden Monats (Zahltag) fällig.

36

II. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    C. Klar    

        

    Lauth    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 23. Juli 2015 - 8 Sa 542/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütungsansprüche für die Zeit von Oktober 2013 bis einschließlich Juni 2014.

2

Die Klägerin war ursprünglich seit dem 1. Februar 1981 bei der katholischen Kirchengemeinde S als Rechtsträgerin des S-Hospitals in H beschäftigt. Der Arbeitsvertrag vom 1. Februar 1981 lautet auszugsweise wie folgt:

        

„Caritas ist eine der Lebens- und Wesensäußerungen der Katholischen Kirche. Der obengenannte Rechtsträger [gemeint: katholische Kirchengemeinde S] ist dem Deutschen Caritasverband angeschlossen. Seine Einrichtung dient der Verwirklichung des gemeinsamen Werkes christlicher Nächstenliebe. Alle Mitarbeiter dieser Einrichtung leisten deshalb ihren Dienst in Anerkennung dieser Zielsetzung und bilden ohne Rücksicht auf ihre Tätigkeit und Stellung eine Dienstgemeinschaft.

        

Auf dieser Grundlage wird der folgende Vertrag geschlossen.

        

§ 1

        

… M wird ab 1. Febr. 1981 als Masseurin und med. Bademeisterin eingestellt.

        

…       

        

§ 2

        

Für das Dienstverhältnis gelten die ‚Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes‘ (AVR) in der zur Zeit des Vertragsabschlusses in der ‚Caritas-Korrespondenz‘ veröffentlichten und im Amtsblatt des Ortsbistums in Kraft gesetzten Fassung.

        

Die AVR sind Bestandteil des Dienstvertrages und haben dem Mitarbeiter zur Kenntnisnahme zur Verfügung gestanden.

        

Bei Änderungen der AVR gilt jeweils die in der ‚Caritas-Korrespondenz‘ veröffentlichte und im Amtsblatt des Ortsbistums in Kraft gesetzte Fassung, ohne daß es einer weiteren Vereinbarung bedarf. Auch insoweit ist dem Mitarbeiter Gelegenheit zur Kenntnisnahme gegeben.

        

…       

        

§ 4

        

a)    

Der Mitarbeiter wird in die Vergütungsgruppe 6, Ziffer b, Stufe 3 eingestuft. …“

3

Seit dem 1. August 1986 wurde die Klägerin wegen ihrer Bestellung zur Leiterin der Physikalischen Therapie nach Vergütungsgruppe 4a Ziff. 6 AVR bezahlt.

4

Zum 1. Juli 2006 ging das Arbeitsverhältnis im Rahmen eines Betriebsteilübergangs auf die M H GmbH & Co. KG über, welche den Funktionsbereich Physikalische Therapie übernommen hatte. Die Betriebserwerberin bot der Klägerin eine Änderung des Arbeitsvertrags an. Mit dieser sollte die bisherige Bezugnahme auf die AVR entfallen. Die Klägerin lehnte eine solche Vertragsänderung ab. Der Arbeitsvertrag blieb auch im Übrigen unverändert. Die Klägerin arbeitete nach dem Betriebsteilübergang weiterhin bei einer Wochenarbeitszeit von regelmäßig 38,5 Stunden für eine Bruttomonatsvergütung iHv. 3.623,82 Euro. Zum 1. Oktober 2013 ging der Betrieb der M H GmbH & Co. KG auf die Beklagte über.

5

Mit Schreiben vom 31. März 2014 hat die Klägerin für die Zeit ab Oktober 2013 eine monatliche Differenz von 373,60 Euro brutto zwischen dem geleisteten Entgelt von 3.623,82 Euro brutto und einer Vergütung nach Vergütungsgruppe 4a Stufe 10 AVR iHv. 3.997,42 Euro brutto verlangt. Die Beklagte hat diese Forderung abgelehnt. Die dynamische Inbezugnahme der AVR sei bereits mit dem ersten Betriebsübergang zum 1. Juli 2006 entfallen.

6

Die Klägerin hat mit ihrer Klage demgegenüber die Auffassung vertreten, die im Arbeitsvertrag vom 1. Februar 1981 vereinbarte dynamische Geltung der AVR sei durch die beiden Betriebsübergänge unberührt geblieben. Es handle sich um den durch § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB geschützten Vertragsinhalt. Dabei sei unbeachtlich, dass weder die M H GmbH & Co. KG noch die Beklagte dem Caritasverband angehörten. Eine solche Zugehörigkeit sei in der vertraglichen Regelung nicht zur Voraussetzung für die Geltung der AVR gemacht worden. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach die Inbezugnahme von Tarifverträgen in vor dem 1. Januar 2002 mit tarifgebundenen Arbeitgebern abgeschlossenen Arbeitsverträgen dahingehend zu verstehen sei, dass lediglich eine Gleichstellung von tarifgebundenen und tarifungebundenen Arbeitnehmern bezweckt gewesen sei und deshalb die Dynamik der Inbezugnahme mit Wegfall der Tarifbindung des Arbeitgebers ende, sei auf die hier vorliegende Inbezugnahme der AVR nicht übertragbar. Ein Bedürfnis für eine Gleichstellung von tarifgebundenen Gewerkschaftsmitgliedern und tarifungebundenen Arbeitnehmern sei schon deshalb nicht gegeben gewesen, weil es sich bei den AVR nicht um Tarifverträge handle, sondern um ein Regelwerk, welches nur aufgrund vertraglicher Vereinbarung zur Anwendung gebracht werden könne.

7

Die geltend gemachten Differenzvergütungsansprüche seien auch nicht deshalb verwirkt, weil sie erstmals mit Schreiben vom 31. März 2014 geltend gemacht wurden. Die bloße Nichterhebung einer Forderung bewirke keine Vertragsänderung. Zudem habe schon die M H GmbH & Co. KG nicht darauf vertrauen dürfen, dass dynamisierte Vergütungsansprüche nach dem Betriebsteilübergang am 1. Juli 2006 nicht geltend gemacht würden. Sie (die Klägerin) habe die angetragene Vertragsänderung, das heißt den Wegfall der Bezugnahme auf die AVR, nicht akzeptiert. Damit sei deutlich geworden, dass sie unverändert von einer dynamischen Geltung der AVR ausgehe. Eine Begrenzung des entsprechenden Forderungsrechts folge nur aus der in § 23 AVR enthaltenen Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit. Diese sei in dem Schreiben vom 31. März 2014 schon berücksichtigt worden, da nur Differenzvergütungsansprüche für die Zeit ab Oktober 2013 gefordert worden seien.

8

Bei einem monatlichen Differenzbetrag von 373,60 Euro ergebe sich für die Zeit bis einschließlich Juni 2014 ein Gesamtbetrag von 3.362,40 Euro brutto.

9

Die Klägerin hat daher beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.362,40 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

        

1.    

aus 373,60 Euro seit dem 1. November 2013,

        

2.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Dezember 2013,

        

3.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Januar 2014,

        

4.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Februar 2014,

        

5.      

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. März 2014,

        

6.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. April 2014,

        

7.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Mai 2014,

        

8.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Juni 2014 und

        

9.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Juli 2014

        

zu zahlen.

10

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass die AVR seit dem 1. Juli 2006 nur noch statisch zur Anwendung kommen könnten. Die Verweisungsklausel in § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 setze ersichtlich eine Zugehörigkeit des Arbeitgebers zum Caritasverband voraus. Diese sei bereits mit dem ersten Betriebsübergang am 1. Juli 2006 entfallen. Das Arbeitsverhältnis sei schon damals auf eine nichtkirchliche Arbeitgeberin übergegangen. Damit sei keine Grundlage mehr für eine dynamische Fortgeltung der AVR gegeben gewesen. Die vertragliche Inbezugnahme der AVR habe gleiche Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten erreichen sollen und sei deshalb einer Gleichstellungsabrede vergleichbar. Bei den AVR handle es sich zwar nicht um einen Tarifvertrag. Die Bindung der ursprünglich kirchlichen Arbeitgeberin an den Deutschen Caritasverband bei Abschluss des Arbeitsvertrags im Jahr 1981 entspreche aber einer Tarifbindung („tarifähnliche Bindung“). Dementsprechend sei der Übergang des Arbeitsverhältnisses auf eine nicht der Caritas zugehörige Arbeitgeberin der Privatwirtschaft vergleichbar mit dem Wegfall einer Tarifbindung auf Arbeitgeberseite. Dies bewirke - wie bei einer Gleichstellungsabrede - den Wegfall der Dynamisierung.

11

Eine zeitlich unbegrenzte Fortgeltung der dynamischen Inbezugnahme der AVR würde zudem gegen unionsrechtliche Vorgaben verstoßen. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) habe in der Rechtssache Alemo-Herron ua. (- C-426/11 -) am 18. Juli 2013 entschieden, dass die dynamische Inbezugnahme eines Tarifvertrags einen Betriebserwerber nicht binde, der keine Möglichkeit habe, an den künftigen Tarifvertragsverhandlungen teilzunehmen. Dies gelte auch bei einer dynamischen Verweisung auf die AVR im Fall eines Betriebsübergangs auf einen nichtkirchlichen Arbeitgeber. Ein solcher Arbeitgeber habe keine Möglichkeit, die Entwicklung der AVR zu beeinflussen.

12

Zudem wäre der geltend gemachte Anspruch verwirkt. Die Klägerin habe die Forderung nach einer dynamisierten AVR-Vergütung zwischen 2006 und der Einreichung der Klage im Jahr 2014 nicht erhoben. Schon die M H GmbH & Co. KG habe darauf vertrauen dürfen, dass eine solche Forderung auch künftig nicht geltend gemacht werde. Sie (die Beklagte) könne sich als weitere Betriebserwerberin hierauf berufen, da das Arbeitsverhältnis mit diesem Inhalt auf sie übergegangen sei.

13

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen.

15

I. Die Klage ist begründet. Die Klägerin kann die geltend gemachte Vergütung in zuletzt unstreitiger Höhe gemäß § 611 Abs. 1 BGB beanspruchen. Ihre Vergütung richtet sich gemäß § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 in dynamisierter Weise nach den AVR. Dieser Vertragsinhalt blieb durch die beiden Betriebsübergänge gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB unverändert. Die Geltendmachung der sich daraus ergebenden Ansprüche verstößt nicht gegen die Grundsätze von Treu und Glauben.

16

1. Der Arbeitsvertrag vom 1. Februar 1981 sieht die dynamische Geltung der AVR vor. Die Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Caritasverband ist hierfür keine Voraussetzung.

17

a) Bei den Regelungen des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Darauf lässt schon das äußere Erscheinungsbild der formularmäßigen Vertragsgestaltung schließen (vgl. BAG 25. Juni 2015 - 6 AZR 383/14 - Rn. 23, BAGE 152, 82).

18

b) Der Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu ermitteln. Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen (BAG 23. März 2017 - 6 AZR 705/15 - Rn. 14). Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Diese Grundsätze finden auch auf die Auslegung von Bezugnahmeklauseln auf kirchliche Regelungswerke wie die AVR Anwendung (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07  - Rn. 12 , BAGE 135, 163; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 17, BAGE 129, 1). Bei der Auslegung einer solchen Bezugnahmeklausel ist von der allgemeinen Funktion von Verweisungsklauseln im kirchlichen Arbeitsverhältnis auszugehen. Mangels normativer Geltung der AVR in privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen kann ihnen nur über Bezugnahmeklauseln Wirkung verschafft werden (vgl. BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 107, BAGE 143, 354; 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 18). Diese sind grundsätzlich dahin auszulegen, dass sie dem kirchlichen Arbeitsrecht im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis umfassend Geltung verschaffen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 29 mwN, BAGE 141, 16). Typischerweise liegt es im Interesse beider Vertragsparteien, dass das kirchliche Arbeitsrecht durch eine dynamische Bezugnahmeklausel in seiner jeweiligen Fassung zur Anwendung gebracht wird (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 44 ff., BAGE 142, 247).

19

c) Eine solche Bezugnahme ist hier erfolgt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 sind die AVR in ihrer jeweiligen Fassung Bestandteil des Arbeitsverhältnisses. Bei Änderungen gilt die aktuelle Fassung nach ihrer Veröffentlichung „ohne dass es einer weiteren Vereinbarung bedarf“. Diese dynamische Bezugnahmeklausel wurde zu einem wirksamen Vertragsbestandteil (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 38 ff., BAGE 142, 247).

20

d) Die dynamische Geltung der AVR setzt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht voraus, dass die Arbeitgeberin dem Caritasverband angehört.

21

aa) Dies lässt sich den arbeitsvertraglichen Regelungen nicht entnehmen.

22

(1) Die Bezugnahme steht nicht unter der auflösenden Bedingung der Kirchenzugehörigkeit der Arbeitgeberseite. Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt nach § 158 Abs. 2 BGB mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein. Aus § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 kann auch in Verbindung mit der Präambel nicht geschlossen werden, dass die AVR bei Entfall der Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Caritasverband nicht mehr oder nur noch statisch zur Anwendung kommen sollen.

23

(a) Die Präambel des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 stellt klar, dass die katholische Kirchengemeinde als damalige Vertragspartnerin dem Deutschen Caritasverband angeschlossen war und dessen Einrichtung der Verwirklichung des gemeinsamen Werks christlicher Nächstenliebe dient. Der Arbeitsvertrag wurde auf der Grundlage dieser Zielsetzung geschlossen. Der Beklagten ist zuzugestehen, dass diese spezifisch kirchliche Grundlage des Arbeitsverhältnisses von einer Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Caritasverband ausgeht. Die folgende Inbezugnahme der AVR in § 2 des Arbeitsvertrags entspricht der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse(vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 34, BAGE 142, 247).

24

(b) Eine Beendigung der dynamischen Inbezugnahme der AVR für den Fall, dass die Arbeitgeberin nicht mehr dem Caritasverband angehört, ist jedoch weder der Präambel noch § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 zu entnehmen. Beide Vertragsbestandteile gehen vielmehr von unveränderten Verhältnissen aus und befassen sich nicht mit dem Entfall der arbeitgeberseitigen Kirchenzugehörigkeit, zB in der Konstellation eines Betriebsübergangs auf einen nichtkirchlichen Arbeitgeber. Gegen die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung iSd. § 158 Abs. 2 BGB spricht auch, dass es keinen vertraglich vereinbarten früheren Rechtszustand gäbe, welcher ex nunc wieder eintreten könnte(vgl. demgegenüber zur nach § 3 Abs. 3 TVG gesetzlich angeordneten Nachbindung an einen Tarifvertrag BAG 5. Juli 2017 - 4 AZR 867/16 - Rn. 31). Eine nur statische Geltung der AVR ist vertraglich ebenso wenig vorgesehen wie die Bezugnahme eines anderen Regelungssystems bei Entfall der Kirchenzugehörigkeit der Arbeitgeberseite. Folglich gilt die vereinbarte Inbezugnahme der AVR als grundlegende Regelung des Vertragsinhalts auch bei einer Veränderung der Verhältnisse auf Arbeitgeberseite (vgl. zur Weitergeltung einer Inbezugnahme der AVR bei Gesellschafterwechsel BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 20 ff.). Die in der Literatur (Seel FA 2017, 66, 68) vertretene Auffassung, wonach ein Wegfall der kirchlichen Trägerschaft ein Ende der dynamischen Geltung der AVR nach sich ziehen müsse, weil der Geltungsgrund für die Dynamik die Qualität des Arbeitgebers als kirchlicher Arbeitgeber sei, dem der sog. „Dritte Weg“ als Instrument für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen eröffnet sei, ist mit dem Wortlaut der hier zu beurteilenden Vertragsregelungen nicht vereinbar.

25

(2) § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 ist auch keine zur Beendigung der Dynamik führende Gleichstellungsabrede. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

26

(a) Nach der früheren Rechtsprechung galt die - widerlegbare - Vermutung, es gehe einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten Beschäftigten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Die Rechtsprechung ging davon aus, mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel sollte lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags für alle Beschäftigten zu kommen. Daraus wurde die Konsequenz gezogen, ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder aus den Begleitumständen bei Vertragsschluss seien im Fall der normativen Gebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeklauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik gehe nur so weit, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reiche, sie ende also dann, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden sei (vgl. BAG 24. Februar 2016 - 4 AZR 990/13 - Rn. 29; 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 f. mwN).

27

(b) Diese Rechtsprechung wurde für vertragliche Bezugnahmeklauseln, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Eine individualvertragliche Klausel, die ihrem Wortlaut nach ohne Einschränkung auf einen bestimmten Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung verweist, ist im Regelfall nunmehr dahingehend auszulegen, dass dieser Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung gelten soll und dass diese Geltung nicht von Faktoren abhängt, die nicht im Vertrag genannt oder sonst für beide Parteien ersichtlich zur Voraussetzung gemacht worden sind (vgl. BAG 5. Juli 2017 - 4 AZR 867/16 - Rn. 22 f.; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29, BAGE 122, 74). Die Auslegungsregel wird lediglich aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln angewendet, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform vereinbart worden sind (vgl. BAG 7. Dezember 2016 - 4 AZR 414/14 - Rn. 31 mwN).

28

(c) Die hier auszulegende Bezugnahmeklausel wurde zwar am 1. Februar 1981 und somit weit vor dem 1. Januar 2002 vereinbart. Die vertragliche Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen wie der AVR kann jedoch generell nicht als Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung verstanden werden. Da die AVR immer nur anwendbar sind, wenn dies in dem betreffenden Arbeitsverhältnis vereinbart ist, kann deren vertragliche Inbezugnahme nie den eine derartige Auslegung erklärenden Grund einer Gleichbehandlung von organisierten und nicht organisierten Arbeitnehmern haben (so Bepler ZAT 2016, 145, 148; im Ergebnis ebenso LAG Berlin-Brandenburg 24. Februar 2012 - 6 Sa 1943/11 - zu 2.1.2 der Gründe; Klein jurisPR-ArbR 45/2016 Anm. 1; Klumpp ZMV 2017, 239, 242; von Tiling ZTR 2017, 11, 13). Es gibt keine Gewerkschaftsmitgliedschaft, die zu einer normativen Wirkung der AVR gemäß § 4 Abs. 1 TVG führen könnte und somit auch kein Gleichstellungsbedürfnis im dargestellten Sinne. Die von der Revision angeführte „tarifähnliche Bindung“ der vormaligen kirchlichen Arbeitgeberin ist daher ohne Belang.

29

bb) Auf den von den AVR für sich selbst definierten Geltungsbereich kommt es folglich nicht an. Die Geltung der AVR gründet sich allein auf die dargestellte vertragliche Inbezugnahme (vgl. Bepler ZAT 2016, 145, 149; Klein jurisPR-ArbR 45/2016 Anm. 1; Klumpp ZMV 2017, 239, 241).

30

2. Die dynamische Inbezugnahme der AVR blieb durch die beiden Betriebsübergänge zum 1. Juli 2006 und 1. Oktober 2013 unberührt. Weder das nationale Recht noch die Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen privilegieren den Erwerb eines Betriebs bzw. eines Betriebsteils von einem kirchlichen Träger.

31

a) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Die aus in Bezug genommenen Tarifverträgen herrührenden individualvertraglichen Rechte und Pflichten gehören zum Inhalt des nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übergehenden Arbeitsverhältnisses(vgl. BAG 20. Juni 2012 - 4 AZR 656/10 - Rn. 22). Im Fall eines Betriebsübergangs wird der Erwerber so gestellt, als hätte er die dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegenden privatautonomen Willenserklärungen des Veräußerers gegenüber dem Arbeitnehmer selbst abgegeben und die Vereinbarungen in eigener Person, dh. mit der Verweisung auf ein bestimmtes Tarifwerk oder Teile davon in der jeweiligen Fassung abgeschlossen und zum Inhalt des Arbeitsvertrags gemacht. Dabei bleibt der individualvertragliche Charakter der in Bezug genommenen Kollektivregelungen erhalten (BAG 17. Juni 2015 - 4 AZR 61/14 (A) - Rn. 15, BAGE 152, 12).

32

b) Davon zu unterscheiden ist die statische Aufrechterhaltung kollektivrechtlich geregelter Arbeitsbedingungen durch die sog. Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB(zur statischen Fortgeltung vgl. AR/Bayreuther 8. Aufl. § 613a BGB Rn. 63; ErfK/Preis 17. Aufl. § 613a BGB Rn. 117; HWK/Willemsen/Müller-Bonanni 7. Aufl. § 613a BGB Rn. 265). Diese bezieht sich nur auf vor dem Betriebsübergang normativ geltende Regelungen (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 24; 16. Mai 2012 - 4 AZR 320/10 - Rn. 21 mwN). Vertragliche Rechtspositionen, auch wenn sie in einer privatautonomen Einbeziehung von Tarifrecht ihren Grund haben, gehen ohne Weiteres und uneingeschränkt nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB über. Sie werden auch nicht nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB durch einen beim Betriebserwerber geltenden Tarifvertrag abgelöst, weil sich diese Vorschrift nur auf § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB bezieht(vgl. BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 23, BAGE 136, 184). Dies gilt auch für § 613a Abs. 1 Satz 4 BGB(vgl. BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 70 ff., BAGE 130, 237).

33

c) Die mit einem kirchlichen Arbeitgeber vereinbarte Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen behält im Fall eines Betriebsübergangs als vertragliche Regelung gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber dem Betriebserwerber ihre Wirkung(vgl. bereits BAG 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - zu III 3 b der Gründe, BAGE 101, 9). Dies gilt auch dann, wenn ein kirchlicher Betriebserwerber nicht mehr ein Anstellungsträger im Sinne der in Bezug genommenen Dienstvertragsordnung ist (BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 31, BAGE 141, 16) oder der Betriebserwerber nicht mehr der Kirche zuzuordnen ist (vgl. Bepler jurisPR-ArbR 34/2016 Anm. 2; Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 7. Aufl. § 5 Rn. 31; Krings Der Betriebsübergang gem. § 613a BGB im kirchlichen Arbeitsrecht S. 118). Das Regelungssystem des § 613a Abs. 1 Satz 2 bis Satz 4 BGB ist weder direkt noch analog auf vertraglich in Bezug genommene kirchliche Arbeitsrechtsregelungen anwendbar, da diese vor dem Betriebsübergang keine normative Wirkung hatten(vgl. BAG 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - aaO). Es besteht kein Anlass, Betriebserwerber, die an die Dynamik einzelvertraglich vereinbarter AVR gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gebunden sind, durch das „Einfrieren“ dieser Regelungen auf den zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs vorliegenden Stand im Ergebnis so zu stellen, als sei eine Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB erfolgt. Dies lässt sich auch nicht aus der Funktion kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen, welche einheitliche Arbeitsbedingungen bezwecken (BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 27, BAGE 135, 163), ableiten. Der Betriebsübergang kann hier nicht dazu führen, dass zuvor einheitlich behandelte Arbeitnehmer nunmehr unterschiedlichen Regelungen unterfallen, je nachdem, ob eine dynamische Inbezugnahme als Vertragsrecht weiter gilt oder eine statische Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB eingreift. Eine Differenzierung zwischen tarifgebundenen und nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern, wie sie eine Gleichstellungsabrede verhindern will, erfolgt aus den genannten Gründen nicht. Auch nach einem Betriebsübergang auf einen sog. weltlichen Betriebserwerber bestehen die ursprünglich mit dem kirchlichen Arbeitgeber vereinbarten einheitlichen Arbeitsbedingungen.

34

d) Der Betriebserwerber ist deshalb jedenfalls bezogen auf die Entgeltansprüche der übernommenen Arbeitnehmer auch an eine vereinbarte Dynamik der Inbezugnahme gebunden. Der nichtkirchliche Betriebserwerber wird durch die Bindung an die dynamische Bezugnahmeklausel nicht unter Verstoß gegen unionsrechtliche Vorgaben in seiner unternehmerischen Freiheit beeinträchtigt (vgl. hierzu EuGH 11. September 2014 - C-328/13  - [Österreichischer Gewerkschaftsbund] Rn. 29; 18. Juli 2013 -  C-426/11  - [Alemo-Herron ua.] Rn. 33  ff.). Mit Urteil vom 27. April 2017 (- C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 22 f.) hat der EuGH entschieden, dass Art. 3 der Richtlinie 2001/23/EG in Verbindung mit Art. 16 GRC der dynamischen Fortgeltung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel im Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber nicht entgegensteht, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsieht. Solche Möglichkeiten bietet die deutsche Rechtsordnung in Form der einvernehmlichen Vertragsänderung und der Änderungskündigung nach § 2 KSchG(vgl. BAG 30. August 2017 - 4 AZR 95/14 - Pressemitteilung Nr. 35/17). Unter welchen Voraussetzungen eine Änderungskündigung zum Zwecke der „Entdynamisierung“ einer Bezugnahmeklausel sozial gerechtfertigt ist, bedarf im vorliegenden Fall schon mangels Erklärung einer Änderungskündigung keiner Entscheidung (vgl. zu dieser Problematik: Bayreuther NJW 2017, 2158, 2159; Busch/Gerlach BB 2017, 2356, 2360; Eylert/Schinz RdA 2017, 140, 145; Hartmann EuZA 2017, 521, 532; Wißmann/Niklas NZA 2017, 697, 701).

35

e) Es besteht hier auch keine Veranlassung zu klären, welchen Inhalt das Arbeitsverhältnis der Parteien in Bezug auf die in § 4 und § 5 AVR enthaltenen allgemeinen und besonderen Dienstpflichten hat. Insbesondere kann offenbleiben, welchen Inhalt die Loyalitätspflichten nach dem Betriebsübergang aufweisen (vgl. zu den kirchlichen Loyalitätsanforderungen: BAG 28. Juli 2016 - 2 AZR 746/14 (A) - Rn. 14 ff., BAGE 156, 23; KR/Fischermeier 11. Aufl. Kirchl. ArbN Rn. 2 ff.) und ob die negative Religionsfreiheit eines Betriebserwerbers (Art. 4 GG) durch spezifisch kirchliche Regelungen verletzt sein kann (vgl. Klumpp ZMV 2017, 239, 240). Gegenstand des Rechtsstreits sind nur Vergütungsansprüche.

36

3. Der streitgegenständliche Entgeltdifferenzanspruch der Klägerin ist auch nicht verwirkt.

37

a) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Sie hat nicht den Zweck, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen (Zeitmoment). Es müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Der Berechtigte muss unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (vgl. BAG 26. Oktober 2016 - 5 AZR 168/16 - Rn. 41, BAGE 157, 116).

38

b) Jedenfalls ein solches Umstandsmoment liegt hier nicht vor.

39

aa) Die Klägerin war weder verpflichtet, die dynamisierte Vergütung nach AVR von der M H GmbH & Co. KG oder der Beklagten zu fordern, noch ergibt sich aus der insoweit widerspruchslosen Durchführung des Arbeitsverhältnisses seitens des Klägerin eine vertrauensbegründende Verhaltensweise (vgl. BAG 21. Oktober 2015 - 4 AZR 649/14 - Rn. 45). Im Gegenteil hat die Klägerin gegenüber der M H GmbH & Co. KG eine Änderung ihres Arbeitsvertrags abgelehnt und damit deutlich gemacht, dass sie an der dynamischen Inbezugnahme der AVR und den sich daraus ergebenden Ansprüchen festhalten will.

40

bb) Eine Verwirkung scheidet zudem aus, weil von der Beklagten keine Umstände vorgebracht wurden, welche die Annahme rechtfertigten, der Beklagten sei es aufgrund eigener Dispositionen unzumutbar geworden, die Ansprüche der Klägerin zu erfüllen (vgl. BAG 22. März 2017 - 5 AZR 424/16 - Rn. 24). Die statische Anwendung der AVR wird bereits langjährig praktiziert und ist offensichtlich auch ohne Kirchenzugehörigkeit durchführbar. Letztlich wendet sich die Beklagte nur gegen die mit der Dynamisierung verbundene Kostensteigerung. Sie belegt aber nicht, dass diese Belastung ein nicht mehr tragbares Ausmaß angenommen hat. Der bloße Umstand, dass wegen der Nichtinbezugnahme der AVR in Arbeitsverträgen anderer Beschäftigter zwei Vergütungssysteme im Betrieb bestehen, führt nicht zur Unzumutbarkeit der Fortgeltung der fraglichen Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag der Klägerin. Diese Aufspaltung ist die Folge des Bestandschutzes nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB.

41

4. Folglich hat die Klägerin gemäß § 611 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf die geltend gemachte Differenzvergütung in unstreitiger Höhe. Sie kann nach § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB Verzugszinsen für die einzelnen monatlichen Differenzvergütungsbeträge jeweils ab dem ersten Tag des Folgemonats verlangen. Verzugszinsen sind nach § 187 Abs. 1 BGB ab dem Tag nach dem in den AVR bestimmten Zahltag zu entrichten(vgl. zu tariflichen Ansprüchen BAG 27. April 2017 - 6 AZR 459/16 - Rn. 37). Nach Abschnitt X Unterabschnitt (a) Satz 1 der Anlage 1 zu den AVR (Vergütungsordnung) sind die Bezüge, die in Monatsbeträgen festgelegt sind, für den Kalendermonat zu berechnen und dem Mitarbeiter so rechtzeitig zu zahlen, dass er am letzten Werktag des Kalendermonats über sie verfügen kann. Ausgehend von einer Einordnung des Samstags als Werktag führt dies bezogen auf alle streitgegenständlichen Monate zu einem Beginn des Zinslaufs am ersten Tag des Folgemonats.

42

II. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel     

        

        

        

    Lauth    

        

    C. Klar     

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 17. März 2016 - 6 Sa 631/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch darüber, ob einzelvertraglich in Bezug genommene Arbeitsvertragsrichtlinien nach dem Betriebsübergang auf einen nichtkirchlichen Erwerber statisch oder dynamisch fortgelten.

2

Der Kläger ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger, dem Johanniter-Unfall-Hilfe e.V., seit 1991 im Rettungsdienst beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 14. August 1991 heißt es auszugsweise:

        

„Diakonie ist Wesens- und Lebensäußerung der Evangelischen Kirche. Die Evangelische Kirche nimmt ihre diakonischen Aufgaben durch das Diakonische Werk wahr. Die oben genannte Einrichtung ist dem Diakonischen Werk angeschlossen. Sie dient der Verwirklichung des gemeinsamen Werkes christlicher Nächstenliebe. Alle Mitarbeiter dieser Einrichtung … bilden ohne Rücksicht auf ihre Tätigkeit und Stellung eine Dienstgemeinschaft.

        

Auf dieser Grundlage wird der nachstehende Vertrag geschlossen:

        

…       

        

§ 2

        

Für das Dienstverhältnis gelten die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR) in der jeweils gültigen Fassung. …“

3

Das Arbeitsverhältnis ging zum 1. Januar 2014 auf die Beklagte über. Diese ist eine als gemeinnützige GmbH geführte Gliederung des Deutschen Roten Kreuzes, die in einem sächsischen Landkreis den bodengebundenen Rettungsdienst betreibt. Am 10. Juli 2014 sowie am 8. Dezember 2014 beschloss die Arbeitsrechtliche Kommission der Diakonie Deutschland die Erhöhung der Grundentgelte gemäß Anlage 2, der Sonderstufenentgelte gemäß Anlage 5 und der Stundenentgelte gemäß Anlage 9 zu den AVR rückwirkend zum 1. Juli 2014 für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgenommen Ärztinnen und Ärzte sowie Zahnärztinnen und Zahnärzte um 1,9 % bzw. ab dem 1. März 2015 die Erhöhung der Tabellenwerte der Anlagen 2, 5, 9 und 10a zu den AVR um 2,7 %. Die daraus folgenden Entgelterhöhungen gab die Beklagte nicht an den Kläger weiter.

4

Der Kläger begehrt zuletzt noch die Zahlung der Differenz zwischen der ihm gezahlten Vergütung und der ihm unter Berücksichtigung der Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission vom 10. Juli 2014 bzw. 8. Dezember 2014 zustehenden Vergütung in rechnerisch unstreitiger Höhe für die Zeit von Juli 2014 bis Mai 2015. Er begehrt ferner die Feststellung, dass die am 10. Juli 2014 und 8. Dezember 2014 beschlossenen Entgelterhöhungen auch künftig an ihn weiterzugeben sind.

5

Der Kläger hat - soweit für die Revision noch von Bedeutung - zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 757,91 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in im Einzelnen genannter, gestaffelter Höhe zu zahlen;

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die von der Arbeitsrechtlichen Kommission der Diakonie Deutschland mit Beschluss vom 10. Juli 2014 beschlossene Erhöhung der Entgelte ab 1. Juli 2014 in Höhe von 1,9 % sowie mit Beschluss vom 8. Dezember 2014 beschlossene Erhöhung der Entgelte ab 1. März 2015 in Höhe von 2,7 % dem Kläger auch in Zukunft zu zahlen.

6

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags vorgetragen, die AVR gölten seit dem Betriebsübergang auf sie nur noch statisch. Sie sei nicht Mitglied des Diakonischen Werkes und könne das auch nicht werden. Auf die Verhandlungsergebnisse der Arbeitsrechtlichen Kommission habe sie keinen Einfluss, so dass sie an die von dieser nach dem Betriebsübergang gefassten Beschlüsse nicht gebunden sein könne. Die AVR würden durch die Arbeitsrechtliche Kommission als Dritte vereinbart und seien deshalb mit kollektivvertraglichen Regelungen wie Tarifverträgen vergleichbar. Darum müssten die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Gleichstellungsabrede und die danach geltende statische Weitergeltung der Bezugnahme in vor dem Jahr 2002 abgeschlossenen Arbeitsverträgen Anwendung finden. Das Angebot, die Anwendung des für sie geltenden Tarifvertrags zu vereinbaren, habe der Kläger - unstreitig - abgelehnt. Sie sei nicht verpflichtet, die Unwägbarkeiten, die mit einer Änderungskündigung verbunden seien, auf sich zu nehmen. Es müsse ihr freistehen, den rechtlich sicheren Weg zu wählen und die AVR statisch anzuwenden. Anderenfalls werde ihre unternehmerische Freiheit beeinträchtigt.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage, soweit der Rechtsstreit in die Revisionsinstanz gelangt ist, stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die insoweit gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat durch Beschluss vom 22. September 2016 (- 6 AZN 370/16 -) zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren der Klageabweisung unter Vertiefung ihrer rechtlichen Argumentation weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen.

9

I. Die Klage ist begründet. Der Kläger kann die geltend gemachte Vergütung in zuletzt unstreitiger Höhe gemäß § 611 Abs. 1 BGB beanspruchen. Seine Vergütung richtet sich gemäß § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 in dynamisierter Weise nach den Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland, die am 23. Januar 2014 in die Arbeitsvertragsrichtlinien der Diakonie Deutschland (AVR-DD, im Folgenden nur AVR) umbenannt worden sind. Dieser Vertragsinhalt blieb durch den Betriebsübergang auf die Beklagte gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB unverändert. Die von der Arbeitsrechtlichen Kommission am 10. Juli 2014 bzw. 8. Dezember 2014 wirksam beschlossenen Entgelterhöhungen stehen dem Kläger darum auch über den von der Leistungsklage abgedeckten Zeitraum hinaus weiter zu. Eine Anpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage ist nicht vorzunehmen.

10

1. Der Arbeitsvertrag vom 14. August 1991 sieht die dynamische Geltung der AVR vor. Die Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Diakonischen Werk ist hierfür keine Voraussetzung.

11

a) Bei den Regelungen des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Darauf lässt schon das äußere Erscheinungsbild der formularmäßigen Vertragsgestaltung schließen (vgl. BAG 25. Juni 2015 - 6 AZR 383/14 - Rn. 23, BAGE 152, 82).

12

b) Der Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu ermitteln. Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen (BAG 23. März 2017 - 6 AZR 705/15 - Rn. 14). Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Diese Grundsätze finden auch auf die Auslegung von Bezugnahmeklauseln auf kirchliche Regelungswerke wie die AVR Anwendung (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07  - Rn. 12 , BAGE 135, 163; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 17, BAGE 129, 1). Bei der Auslegung einer solchen Bezugnahmeklausel ist von der allgemeinen Funktion von Verweisungsklauseln im kirchlichen Arbeitsverhältnis auszugehen. Mangels normativer Geltung der AVR in privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen kann ihnen nur über Bezugnahmeklauseln Wirkung verschafft werden (vgl. BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 107, BAGE 143, 354; 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 18). Diese sind grundsätzlich dahin auszulegen, dass sie dem kirchlichen Arbeitsrecht im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis umfassend Geltung verschaffen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 29 mwN, BAGE 141, 16). Typischerweise liegt es im Interesse beider Vertragsparteien, dass das kirchliche Arbeitsrecht durch eine dynamische Bezugnahmeklausel in seiner jeweiligen Fassung zur Anwendung gebracht wird (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 44 ff., BAGE 142, 247).

13

c) Eine solche Bezugnahme ist hier erfolgt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 sind die AVR in ihrer jeweils gültigen Fassung Bestandteil des Arbeitsverhältnisses. Diese dynamische Bezugnahmeklausel wurde zu einem wirksamen Vertragsbestandteil (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 38 ff., BAGE 142, 247).

14

d) Die dynamische Geltung der AVR setzt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht voraus, dass die Arbeitgeberin dem Diakonischen Werk angehört.

15

aa) Dies lässt sich den arbeitsvertraglichen Regelungen nicht entnehmen.

16

(1) Die Bezugnahme steht nicht unter der auflösenden Bedingung der Kirchenzugehörigkeit der Arbeitgeberseite. Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt nach § 158 Abs. 2 BGB mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein. Aus § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 kann auch in Verbindung mit der Präambel nicht geschlossen werden, dass die AVR bei Entfall des Anschlusses der Arbeitgeberin an das Diakonische Werk nicht mehr oder nur noch statisch zur Anwendung kommen sollen.

17

(a) Die Präambel des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 stellt klar, dass der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. als damaliger Vertragspartner dem Diakonischen Werk angeschlossen war und dessen Einrichtung der Verwirklichung des gemeinsamen Werkes christlicher Nächstenliebe dient. Der Arbeitsvertrag wurde auf der Grundlage dieser Zielsetzung geschlossen. Der Beklagten ist zuzugestehen, dass diese spezifisch kirchliche Grundlage des Arbeitsverhältnisses von einer Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Diakonischen Werk ausgeht. Die folgende Inbezugnahme der AVR in § 2 des Arbeitsvertrags entsprach der Verpflichtung des Rechtsvorgängers der Beklagten aus dem Arbeitsrechtsregelungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (ARRG-EKD) vom 10. November 1988 (ABl. EKD S. 366; vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 29, BAGE 141, 16).

18

(b) Eine Beendigung der dynamischen Inbezugnahme der AVR für den Fall, dass die Arbeitgeberin nicht mehr dem Diakonischen Werk angehört, ist jedoch weder der Präambel noch § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 zu entnehmen. Beide Vertragsbestandteile gehen vielmehr von unveränderten Verhältnissen aus und befassen sich nicht mit dem Entfall der arbeitgeberseitigen Kirchenzugehörigkeit, zum Bespiel in der Konstellation eines Betriebsübergangs auf einen nichtkirchlichen Arbeitgeber. Gegen die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung iSd. § 158 Abs. 2 BGB spricht auch, dass es keinen vertraglich vereinbarten früheren Rechtszustand gäbe, welcher ex nunc wieder eintreten könnte(vgl. demgegenüber zur nach § 3 Abs. 3 TVG gesetzlich angeordneten Nachbindung an einen Tarifvertrag BAG 5. Juli 2017 - 4 AZR 867/16 - Rn. 31). Eine nur statische Geltung der AVR ist vertraglich ebenso wenig vorgesehen wie die Bezugnahme eines anderen Regelungssystems bei Entfall der Kirchenzugehörigkeit der Arbeitgeberseite. Folglich gilt die vereinbarte Inbezugnahme der AVR als grundlegende Regelung des Vertragsinhalts auch bei einer Veränderung der Verhältnisse auf Arbeitgeberseite (vgl. zur Weitergeltung einer Inbezugnahme der AVR bei Gesellschafterwechsel BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 20 ff.). Die in der Literatur (Seel FA 2017, 66, 68) vertretene Auffassung, wonach ein Wegfall der kirchlichen Trägerschaft ein Ende der dynamischen Geltung der AVR nach sich ziehen müsse, weil der Geltungsgrund für die Dynamik die Qualität des Arbeitgebers als kirchlicher Arbeitgeber sei, dem der sog. „Dritte Weg“ als Instrument für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen eröffnet sei, ist mit dem Wortlaut der hier zu beurteilenden Vertragsregelungen daher nicht vereinbar.

19

(2) § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 ist auch keine zur Beendigung der Dynamik führende Gleichstellungsabrede. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

20

(a) Nach der früheren Rechtsprechung galt die - widerlegbare - Vermutung, es gehe einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten Beschäftigten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Die Rechtsprechung ging davon aus, mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel sollte lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags für alle Beschäftigten zu kommen. Daraus wurde die Konsequenz gezogen, ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder aus den Begleitumständen bei Vertragsschluss seien im Fall der normativen Gebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeklauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik gehe nur so weit, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reiche, sie ende also dann, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden sei (vgl. BAG 24. Februar 2016 - 4 AZR 990/13 - Rn. 29; 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 f. mwN).

21

(b) Diese Rechtsprechung wurde für vertragliche Bezugnahmeklauseln, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Eine individualvertragliche Klausel, die ihrem Wortlaut nach ohne Einschränkung auf einen bestimmten Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung verweist, ist im Regelfall nunmehr dahingehend auszulegen, dass dieser Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung gelten soll und dass diese Geltung nicht von Faktoren abhängt, die nicht im Vertrag genannt oder sonst für beide Parteien ersichtlich zur Voraussetzung gemacht worden sind (vgl. BAG 5. Juli 2017 - 4 AZR 867/16 - Rn. 22 f.; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29, BAGE 122, 74). Die Auslegungsregel wird lediglich aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln angewendet, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform vereinbart worden sind (vgl. BAG 7. Dezember 2016 - 4 AZR 414/14 - Rn. 31 mwN).

22

(c) Die hier auszulegende Bezugnahmeklausel wurde zwar am 14. August 1991 und somit weit vor dem 1. Januar 2002 vereinbart. Die vertragliche Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen wie der AVR kann jedoch generell nicht als Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung verstanden werden. Da die AVR immer nur anwendbar sind, wenn dies in dem betreffenden Arbeitsverhältnis vereinbart ist, kann deren vertragliche Inbezugnahme nie den eine derartige Auslegung erklärenden Grund einer Gleichbehandlung von organisierten und nicht organisierten Arbeitnehmern haben (so Bepler ZAT 2016, 145, 148; im Ergebnis ebenso LAG Berlin-Brandenburg 24. Februar 2012 - 6 Sa 1943/11 - zu 2.1.2 der Gründe; Klein jurisPR-ArbR 45/2016 Anm. 1; Klumpp ZMV 2017, 239, 242; von Tiling ZTR 2017, 11, 13). Es gibt keine Gewerkschaftsmitgliedschaft, die zu einer normativen Wirkung der AVR gemäß § 4 Abs. 1 TVG führen könnte und somit auch kein Gleichstellungsbedürfnis im dargestellten Sinne. Die von der Revision angeführte „kollektivvertraglichen Regelungen vergleichbare Situation“ des vormaligen kirchlichen Arbeitgebers, der durch seine Mitgliedschaft im Diakonischen Werk an die AVR gebunden gewesen sei, ist daher ohne Belang.

23

bb) Auf den von den AVR für sich selbst definierten Geltungsbereich kommt es folglich nicht an. Die Geltung der AVR gründet sich allein auf die dargestellte vertragliche Inbezugnahme (vgl. Bepler ZAT 2016, 145, 149; Klein jurisPR-ArbR 45/2016 Anm. 1; Klumpp ZMV 2017, 239, 241).

24

2. Die dynamische Inbezugnahme der AVR blieb durch den Betriebsübergang auf die Beklagte zum 1. Januar 2014 unberührt. Weder das nationale Recht noch die Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer bei Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen privilegieren den Erwerb eines Betriebs- bzw. Betriebsteils von einem kirchlichen Träger.

25

a) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Die aus in Bezug genommenen Tarifverträgen herrührenden individualvertraglichen Rechte und Pflichten gehören zum Inhalt des nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übergehenden Arbeitsverhältnisses(vgl. BAG 20. Juni 2012 - 4 AZR 656/10 - Rn. 22). Im Fall eines Betriebsübergangs wird der Erwerber so gestellt, als hätte er die dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegenden privatautonomen Willenserklärungen des Veräußerers gegenüber dem Arbeitnehmer selbst abgegeben und die Vereinbarungen in eigener Person, dh. mit der Verweisung auf ein bestimmtes Tarifwerk oder Teile davon in der jeweiligen Fassung abgeschlossen und zum Inhalt des Arbeitsvertrags gemacht. Dabei bleibt der individualvertragliche Charakter der in Bezug genommenen Kollektivregelungen erhalten (BAG 17. Juni 2015 - 4 AZR 61/14 (A) - Rn. 15, BAGE 152, 12).

26

b) Davon zu unterscheiden ist die statische Aufrechterhaltung kollektivrechtlich geregelter Arbeitsbedingungen durch die sog. Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB(zur statischen Fortgeltung vgl. AR/Bayreuther 8. Aufl. § 613a BGB Rn. 63; ErfK/Preis 17. Aufl. § 613a BGB Rn. 117; HWK/Willemsen/Müller-Bonanni 7. Aufl. § 613a BGB Rn. 265). Diese bezieht sich nur auf vor dem Betriebsübergang normativ geltende Regelungen (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 24; 16. Mai 2012 - 4 AZR 320/10 - Rn. 21 mwN). Vertragliche Rechtspositionen, auch wenn sie in einer privatautonomen Einbeziehung von Tarifrecht ihren Grund haben, gehen ohne Weiteres und uneingeschränkt nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB über. Sie werden auch nicht nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB durch einen beim Betriebserwerber geltenden Tarifvertrag abgelöst, weil sich diese Vorschrift nur auf § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB bezieht(vgl. BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 23, BAGE 136, 184). Dies gilt auch für § 613a Abs. 1 Satz 4 BGB(vgl. BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 70 ff., BAGE 130, 237).

27

c) Die mit einem kirchlichen Arbeitgeber vereinbarte Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen behält im Fall eines Betriebsübergangs als vertragliche Regelung gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber dem Betriebserwerber ihre Wirkung(vgl. bereits BAG 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - zu III 3 b der Gründe, BAGE 101, 9). Dies gilt auch dann, wenn ein kirchlicher Betriebserwerber nicht mehr ein Anstellungsträger im Sinne der in Bezug genommenen Dienstvertragsordnung ist (BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 31, BAGE 141, 16) oder der Betriebserwerber nicht mehr der Kirche zuzuordnen ist (vgl. Bepler jurisPR-ArbR 34/2016 Anm. 2; Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 7. Aufl. § 5 Rn. 31; Krings Der Betriebsübergang gem. § 613a BGB im kirchlichen Arbeitsrecht S. 118). Das Regelungssystem des § 613a Abs. 1 Satz 2 bis Satz 4 BGB ist weder direkt noch analog auf vertraglich in Bezug genommene kirchliche Arbeitsrechtsregelungen anwendbar, da diese vor dem Betriebsübergang keine normative Wirkung hatten(vgl. BAG 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - aaO). Es besteht auch kein Anlass, Betriebserwerber, die an die Dynamik einzelvertraglich vereinbarter AVR gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gebunden sind, durch das „Einfrieren“ dieser Regelungen auf den zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs vorliegenden Stand im Ergebnis so zu stellen, als sei eine Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB erfolgt. Dies lässt sich auch nicht aus der Funktion kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen, welche einheitliche Arbeitsbedingungen bezwecken (BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 27, BAGE 135, 163), ableiten. Der Betriebsübergang kann hier nicht dazu führen, dass zuvor einheitlich behandelte Arbeitnehmer nunmehr unterschiedlichen Regelungen unterfallen, je nachdem, ob eine dynamische Inbezugnahme als Vertragsrecht weiter gilt oder eine statische Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB eingreift. Eine Differenzierung zwischen tarifgebundenen und nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern, wie sie eine Gleichstellungsabrede verhindern will, erfolgt aus den genannten Gründen nicht. Auch nach einem Betriebsübergang auf einen sog. weltlichen Betriebserwerber bestehen die ursprünglich mit dem kirchlichen Arbeitgeber vereinbarten einheitlichen Arbeitsbedingungen.

28

d) Der Betriebserwerber ist deshalb jedenfalls bezogen auf die Entgeltansprüche der übernommenen Arbeitnehmer auch an eine vereinbarte Dynamik der Inbezugnahme gebunden. Der nichtkirchliche Betriebserwerber wird durch die Bindung an die dynamische Bezugnahmeklausel nicht unter Verstoß gegen unionsrechtliche Vorgaben in seiner unternehmerischen Freiheit beeinträchtigt (vgl. hierzu EuGH 11. September 2014 - C-328/13  - [Österreichischer Gewerkschaftsbund] Rn. 29; 18. Juli 2013 -  C-426/11  - [Alemo-Herron ua.] Rn33 ff.). Mit Urteil vom 27. April 2017 (- C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 22 f.) hat der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden, dass Art. 3 der Richtlinie 2001/23/EG in Verbindung mit Art. 16 GRC der dynamischen Fortgeltung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel im Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber nicht entgegensteht, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsieht. Solche Möglichkeiten bietet die deutsche Rechtsordnung in Form der einvernehmlichen Vertragsänderung und der Änderungskündigung nach § 2 KSchG(vgl. BAG 30. August 2017 - 4 AZR 95/14 - Pressemitteilung Nr. 35/17).

29

3. Entgegen der Ansicht der Beklagten entbindet sie der Umstand, dass der Kläger ihr Angebot abgelehnt hat, künftig den für sie geltenden Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwenden, nicht davon, eine Änderungskündigung zu erklären, wenn sie ihre dynamische Bindung an die vertraglich in Bezug genommenen AVR beenden will. Die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB, auf die die Beklagte sich im Ergebnis beruft, kann sie nur im Wege der Änderungskündigung geltend machen.

30

a) §§ 1, 2 KSchG sind gegenüber einer Anpassung nach § 313 BGB lex specialis. Sachverhalte, die zu einer Störung oder dem Wegfall der Geschäftsgrundlage geführt haben, sind dabei allerdings im Rahmen der §§ 2, 1 Abs. 2 KSchG zu würdigen(BAG 5. Juni 2014 - 2 AZR 615/13 - Rn. 23, BAGE 148, 227).

31

b) Unter welchen Voraussetzungen eine Änderungskündigung zum Zwecke der „Entdynamisierung“ einer Bezugnahmeklausel sozial gerechtfertigt ist, bedarf im vorliegenden Fall schon mangels Erklärung einer Änderungskündigung keiner Entscheidung (vgl. zu dieser Problematik: Bayreuther NJW 2017, 2158, 2159; Busch/Gerlach BB 2017, 2356, 2360; Eylert/Schinz RdA 2017, 140, 145; Hartmann EuZA 2017, 521, 532; Wißmann/Niklas NZA 2017, 697, 701). Darum besteht auch kein Anlass, sich näher mit der Frage zu befassen, ob und unter welchen Umständen die Fortgeltung der dynamischen Inbezugnahme der AVR nach einem Betriebsübergang auf einen weltlichen Erwerber zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage führen würde und wie ein solcher Umstand bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Änderungskündigung zu würdigen wäre. Jedenfalls machen die Kostensteigerungen, die durch die dynamische Weitergeltung der AVR eintreten und die die Beklagte nach ihrem Vortrag bei den Kostenträgern nicht refinanzieren kann, der Beklagten das unveränderte Festhalten an dem Arbeitsvertrag, in dessen Inhalt sie nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB eingetreten ist, vorliegend nicht unzumutbar. Das folgt bereits daraus, dass sie nicht geltend macht, sie habe vergeblich versucht, unter Hinweis auf die Rechtslage bei dem Kostenträger eine Änderung zu erwirken. Es kann daher dahinstehen, ob und unter welchen Umständen Kostensteigerungen, die der Erwerber bei seiner Entscheidung, einen Betrieb zu übernehmen, nicht einkalkuliert hat, zu einer Störung der Geschäftsgrundlage führen können oder Teil des von ihm zu tragenden unternehmerischen Risikos bleiben. Insbesondere kann dahinstehen, ob es für eine Störung der Geschäftsgrundlage ausreicht, wenn in einem auf unbegrenzte Zeit eingegangenen Dauerschuldverhältnis wie dem Arbeitsverhältnis das geschuldete Arbeitsentgelt zu einer dauerhaften Verlustsituation führt (zum Vorliegen einer zur Vertragsanpassung führenden Äquivalenzstörung im Dauerschuldverhältnis nur bei einer dauerhaften, auf billigerweise nicht vorauszusehenden Umständen beruhenden Verlustsituation BGH 19. April 1978 - VIII ZR 182/76 - zu II 2 b der Gründe).

32

4. Der Fall bietet auch keine Veranlassung zu klären, welchen Inhalt das Arbeitsverhältnis der Parteien in Bezug auf die in § 2 und § 3 AVR enthaltenen allgemeinen und besonderen Dienstpflichten hat. Insbesondere kann offenbleiben, welchen Inhalt die Loyalitätspflichten nach dem Betriebsübergang aufweisen (vgl. zu den kirchlichen Loyalitätsanforderungen: BAG 28. Juli 2016 - 2 AZR 746/14 (A) - Rn. 14 ff., BAGE 156, 23; KR/Fischermeier 11. Aufl. Kirchl. ArbN Rn. 2 ff.) und ob die negative Religionsfreiheit eines Betriebserwerbers (Art. 4 GG) durch spezifisch kirchliche Regelungen verletzt sein kann (vgl. Klumpp ZMV 2017, 239, 240). Gegenstand des Rechtsstreits sind nur Vergütungsansprüche.

33

5. Die Revision rügt ohne Erfolg, dass das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft die Unbilligkeit der von der Arbeitsrechtlichen Kommission vorgenommenen Leistungsbestimmung nach § 319 Abs. 1 BGB verneint habe. Das Landesarbeitsgericht hat allerdings insoweit den Prüfungsmaßstab verkannt. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (seit BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 30 ff., BAGE 135, 163) unterliegen Arbeitsvertragsrichtlinien, die auf dem Dritten Weg gemäß den einschlägigen Organisations- und Verfahrensvorschriften entstanden sind, wie Tarifverträge nur einer Rechtskontrolle am Maßstab höherrangigen Rechts sowie der Kontrolle auf einen Verstoß gegen die guten Sitten, wenn sie von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen worden sind und deshalb nicht der Dienstgeberseite zugeordnet werden können. Dieser Rechtsfehler führt jedoch nicht zum Erfolg der Revision. Die Beklagte zeigt nicht auf, inwieweit die Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission vom 10. Juli 2014 und vom 8. Dezember 2014 höherrangiges Recht verletzen oder gegen die guten Sitten verstoßen könnten. Dafür ist auch keinerlei Anhaltspunkt ersichtlich. Das Landesarbeitsgericht hat darum im Ergebnis zutreffend erkannt, dass diese Beschlüsse wirksam sind.

34

6. Dem Kläger steht das eingeklagte Differenzentgelt auf das ihm gezahlte Grundentgelt und die Zuschläge nach der Anlage 9 zu den AVR (Zeitzuschlag für Überstunden, Überstundenentgelt, Zeitzuschlag für Sonntagsarbeit und Arbeiten an Wochenfeiertagen, die auf einen Sonntag fallen, sowie für Nachtarbeit) zu. Die Beklagte hat keine Einwendungen gegen die Richtigkeit der der Berechnung des Klägers zugrunde liegenden zuschlagspflichtigen Stunden erhoben.

35

7. Der Kläger kann nach § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB Verzugszinsen für die einzelnen monatlichen Differenzvergütungsbeträge jeweils ab dem 16. eines jeden Monats verlangen. Verzugszinsen sind nach § 187 Abs. 1 BGB ab dem Tag nach dem in den AVR bestimmten Zahltag zu entrichten(vgl. zu tariflichen Ansprüchen BAG 27. April 2017 - 6 AZR 459/16 - Rn. 37). Die Bezüge sind gemäß § 21a AVR am 15. eines jeden Monats (Zahltag) fällig.

36

II. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    C. Klar    

        

    Lauth    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 23. Juli 2015 - 8 Sa 542/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütungsansprüche für die Zeit von Oktober 2013 bis einschließlich Juni 2014.

2

Die Klägerin war ursprünglich seit dem 1. Februar 1981 bei der katholischen Kirchengemeinde S als Rechtsträgerin des S-Hospitals in H beschäftigt. Der Arbeitsvertrag vom 1. Februar 1981 lautet auszugsweise wie folgt:

        

„Caritas ist eine der Lebens- und Wesensäußerungen der Katholischen Kirche. Der obengenannte Rechtsträger [gemeint: katholische Kirchengemeinde S] ist dem Deutschen Caritasverband angeschlossen. Seine Einrichtung dient der Verwirklichung des gemeinsamen Werkes christlicher Nächstenliebe. Alle Mitarbeiter dieser Einrichtung leisten deshalb ihren Dienst in Anerkennung dieser Zielsetzung und bilden ohne Rücksicht auf ihre Tätigkeit und Stellung eine Dienstgemeinschaft.

        

Auf dieser Grundlage wird der folgende Vertrag geschlossen.

        

§ 1

        

… M wird ab 1. Febr. 1981 als Masseurin und med. Bademeisterin eingestellt.

        

…       

        

§ 2

        

Für das Dienstverhältnis gelten die ‚Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes‘ (AVR) in der zur Zeit des Vertragsabschlusses in der ‚Caritas-Korrespondenz‘ veröffentlichten und im Amtsblatt des Ortsbistums in Kraft gesetzten Fassung.

        

Die AVR sind Bestandteil des Dienstvertrages und haben dem Mitarbeiter zur Kenntnisnahme zur Verfügung gestanden.

        

Bei Änderungen der AVR gilt jeweils die in der ‚Caritas-Korrespondenz‘ veröffentlichte und im Amtsblatt des Ortsbistums in Kraft gesetzte Fassung, ohne daß es einer weiteren Vereinbarung bedarf. Auch insoweit ist dem Mitarbeiter Gelegenheit zur Kenntnisnahme gegeben.

        

…       

        

§ 4

        

a)    

Der Mitarbeiter wird in die Vergütungsgruppe 6, Ziffer b, Stufe 3 eingestuft. …“

3

Seit dem 1. August 1986 wurde die Klägerin wegen ihrer Bestellung zur Leiterin der Physikalischen Therapie nach Vergütungsgruppe 4a Ziff. 6 AVR bezahlt.

4

Zum 1. Juli 2006 ging das Arbeitsverhältnis im Rahmen eines Betriebsteilübergangs auf die M H GmbH & Co. KG über, welche den Funktionsbereich Physikalische Therapie übernommen hatte. Die Betriebserwerberin bot der Klägerin eine Änderung des Arbeitsvertrags an. Mit dieser sollte die bisherige Bezugnahme auf die AVR entfallen. Die Klägerin lehnte eine solche Vertragsänderung ab. Der Arbeitsvertrag blieb auch im Übrigen unverändert. Die Klägerin arbeitete nach dem Betriebsteilübergang weiterhin bei einer Wochenarbeitszeit von regelmäßig 38,5 Stunden für eine Bruttomonatsvergütung iHv. 3.623,82 Euro. Zum 1. Oktober 2013 ging der Betrieb der M H GmbH & Co. KG auf die Beklagte über.

5

Mit Schreiben vom 31. März 2014 hat die Klägerin für die Zeit ab Oktober 2013 eine monatliche Differenz von 373,60 Euro brutto zwischen dem geleisteten Entgelt von 3.623,82 Euro brutto und einer Vergütung nach Vergütungsgruppe 4a Stufe 10 AVR iHv. 3.997,42 Euro brutto verlangt. Die Beklagte hat diese Forderung abgelehnt. Die dynamische Inbezugnahme der AVR sei bereits mit dem ersten Betriebsübergang zum 1. Juli 2006 entfallen.

6

Die Klägerin hat mit ihrer Klage demgegenüber die Auffassung vertreten, die im Arbeitsvertrag vom 1. Februar 1981 vereinbarte dynamische Geltung der AVR sei durch die beiden Betriebsübergänge unberührt geblieben. Es handle sich um den durch § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB geschützten Vertragsinhalt. Dabei sei unbeachtlich, dass weder die M H GmbH & Co. KG noch die Beklagte dem Caritasverband angehörten. Eine solche Zugehörigkeit sei in der vertraglichen Regelung nicht zur Voraussetzung für die Geltung der AVR gemacht worden. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach die Inbezugnahme von Tarifverträgen in vor dem 1. Januar 2002 mit tarifgebundenen Arbeitgebern abgeschlossenen Arbeitsverträgen dahingehend zu verstehen sei, dass lediglich eine Gleichstellung von tarifgebundenen und tarifungebundenen Arbeitnehmern bezweckt gewesen sei und deshalb die Dynamik der Inbezugnahme mit Wegfall der Tarifbindung des Arbeitgebers ende, sei auf die hier vorliegende Inbezugnahme der AVR nicht übertragbar. Ein Bedürfnis für eine Gleichstellung von tarifgebundenen Gewerkschaftsmitgliedern und tarifungebundenen Arbeitnehmern sei schon deshalb nicht gegeben gewesen, weil es sich bei den AVR nicht um Tarifverträge handle, sondern um ein Regelwerk, welches nur aufgrund vertraglicher Vereinbarung zur Anwendung gebracht werden könne.

7

Die geltend gemachten Differenzvergütungsansprüche seien auch nicht deshalb verwirkt, weil sie erstmals mit Schreiben vom 31. März 2014 geltend gemacht wurden. Die bloße Nichterhebung einer Forderung bewirke keine Vertragsänderung. Zudem habe schon die M H GmbH & Co. KG nicht darauf vertrauen dürfen, dass dynamisierte Vergütungsansprüche nach dem Betriebsteilübergang am 1. Juli 2006 nicht geltend gemacht würden. Sie (die Klägerin) habe die angetragene Vertragsänderung, das heißt den Wegfall der Bezugnahme auf die AVR, nicht akzeptiert. Damit sei deutlich geworden, dass sie unverändert von einer dynamischen Geltung der AVR ausgehe. Eine Begrenzung des entsprechenden Forderungsrechts folge nur aus der in § 23 AVR enthaltenen Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit. Diese sei in dem Schreiben vom 31. März 2014 schon berücksichtigt worden, da nur Differenzvergütungsansprüche für die Zeit ab Oktober 2013 gefordert worden seien.

8

Bei einem monatlichen Differenzbetrag von 373,60 Euro ergebe sich für die Zeit bis einschließlich Juni 2014 ein Gesamtbetrag von 3.362,40 Euro brutto.

9

Die Klägerin hat daher beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.362,40 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

        

1.    

aus 373,60 Euro seit dem 1. November 2013,

        

2.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Dezember 2013,

        

3.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Januar 2014,

        

4.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Februar 2014,

        

5.      

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. März 2014,

        

6.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. April 2014,

        

7.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Mai 2014,

        

8.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Juni 2014 und

        

9.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Juli 2014

        

zu zahlen.

10

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass die AVR seit dem 1. Juli 2006 nur noch statisch zur Anwendung kommen könnten. Die Verweisungsklausel in § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 setze ersichtlich eine Zugehörigkeit des Arbeitgebers zum Caritasverband voraus. Diese sei bereits mit dem ersten Betriebsübergang am 1. Juli 2006 entfallen. Das Arbeitsverhältnis sei schon damals auf eine nichtkirchliche Arbeitgeberin übergegangen. Damit sei keine Grundlage mehr für eine dynamische Fortgeltung der AVR gegeben gewesen. Die vertragliche Inbezugnahme der AVR habe gleiche Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten erreichen sollen und sei deshalb einer Gleichstellungsabrede vergleichbar. Bei den AVR handle es sich zwar nicht um einen Tarifvertrag. Die Bindung der ursprünglich kirchlichen Arbeitgeberin an den Deutschen Caritasverband bei Abschluss des Arbeitsvertrags im Jahr 1981 entspreche aber einer Tarifbindung („tarifähnliche Bindung“). Dementsprechend sei der Übergang des Arbeitsverhältnisses auf eine nicht der Caritas zugehörige Arbeitgeberin der Privatwirtschaft vergleichbar mit dem Wegfall einer Tarifbindung auf Arbeitgeberseite. Dies bewirke - wie bei einer Gleichstellungsabrede - den Wegfall der Dynamisierung.

11

Eine zeitlich unbegrenzte Fortgeltung der dynamischen Inbezugnahme der AVR würde zudem gegen unionsrechtliche Vorgaben verstoßen. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) habe in der Rechtssache Alemo-Herron ua. (- C-426/11 -) am 18. Juli 2013 entschieden, dass die dynamische Inbezugnahme eines Tarifvertrags einen Betriebserwerber nicht binde, der keine Möglichkeit habe, an den künftigen Tarifvertragsverhandlungen teilzunehmen. Dies gelte auch bei einer dynamischen Verweisung auf die AVR im Fall eines Betriebsübergangs auf einen nichtkirchlichen Arbeitgeber. Ein solcher Arbeitgeber habe keine Möglichkeit, die Entwicklung der AVR zu beeinflussen.

12

Zudem wäre der geltend gemachte Anspruch verwirkt. Die Klägerin habe die Forderung nach einer dynamisierten AVR-Vergütung zwischen 2006 und der Einreichung der Klage im Jahr 2014 nicht erhoben. Schon die M H GmbH & Co. KG habe darauf vertrauen dürfen, dass eine solche Forderung auch künftig nicht geltend gemacht werde. Sie (die Beklagte) könne sich als weitere Betriebserwerberin hierauf berufen, da das Arbeitsverhältnis mit diesem Inhalt auf sie übergegangen sei.

13

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen.

15

I. Die Klage ist begründet. Die Klägerin kann die geltend gemachte Vergütung in zuletzt unstreitiger Höhe gemäß § 611 Abs. 1 BGB beanspruchen. Ihre Vergütung richtet sich gemäß § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 in dynamisierter Weise nach den AVR. Dieser Vertragsinhalt blieb durch die beiden Betriebsübergänge gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB unverändert. Die Geltendmachung der sich daraus ergebenden Ansprüche verstößt nicht gegen die Grundsätze von Treu und Glauben.

16

1. Der Arbeitsvertrag vom 1. Februar 1981 sieht die dynamische Geltung der AVR vor. Die Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Caritasverband ist hierfür keine Voraussetzung.

17

a) Bei den Regelungen des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Darauf lässt schon das äußere Erscheinungsbild der formularmäßigen Vertragsgestaltung schließen (vgl. BAG 25. Juni 2015 - 6 AZR 383/14 - Rn. 23, BAGE 152, 82).

18

b) Der Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu ermitteln. Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen (BAG 23. März 2017 - 6 AZR 705/15 - Rn. 14). Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Diese Grundsätze finden auch auf die Auslegung von Bezugnahmeklauseln auf kirchliche Regelungswerke wie die AVR Anwendung (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07  - Rn. 12 , BAGE 135, 163; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 17, BAGE 129, 1). Bei der Auslegung einer solchen Bezugnahmeklausel ist von der allgemeinen Funktion von Verweisungsklauseln im kirchlichen Arbeitsverhältnis auszugehen. Mangels normativer Geltung der AVR in privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen kann ihnen nur über Bezugnahmeklauseln Wirkung verschafft werden (vgl. BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 107, BAGE 143, 354; 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 18). Diese sind grundsätzlich dahin auszulegen, dass sie dem kirchlichen Arbeitsrecht im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis umfassend Geltung verschaffen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 29 mwN, BAGE 141, 16). Typischerweise liegt es im Interesse beider Vertragsparteien, dass das kirchliche Arbeitsrecht durch eine dynamische Bezugnahmeklausel in seiner jeweiligen Fassung zur Anwendung gebracht wird (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 44 ff., BAGE 142, 247).

19

c) Eine solche Bezugnahme ist hier erfolgt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 sind die AVR in ihrer jeweiligen Fassung Bestandteil des Arbeitsverhältnisses. Bei Änderungen gilt die aktuelle Fassung nach ihrer Veröffentlichung „ohne dass es einer weiteren Vereinbarung bedarf“. Diese dynamische Bezugnahmeklausel wurde zu einem wirksamen Vertragsbestandteil (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 38 ff., BAGE 142, 247).

20

d) Die dynamische Geltung der AVR setzt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht voraus, dass die Arbeitgeberin dem Caritasverband angehört.

21

aa) Dies lässt sich den arbeitsvertraglichen Regelungen nicht entnehmen.

22

(1) Die Bezugnahme steht nicht unter der auflösenden Bedingung der Kirchenzugehörigkeit der Arbeitgeberseite. Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt nach § 158 Abs. 2 BGB mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein. Aus § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 kann auch in Verbindung mit der Präambel nicht geschlossen werden, dass die AVR bei Entfall der Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Caritasverband nicht mehr oder nur noch statisch zur Anwendung kommen sollen.

23

(a) Die Präambel des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 stellt klar, dass die katholische Kirchengemeinde als damalige Vertragspartnerin dem Deutschen Caritasverband angeschlossen war und dessen Einrichtung der Verwirklichung des gemeinsamen Werks christlicher Nächstenliebe dient. Der Arbeitsvertrag wurde auf der Grundlage dieser Zielsetzung geschlossen. Der Beklagten ist zuzugestehen, dass diese spezifisch kirchliche Grundlage des Arbeitsverhältnisses von einer Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Caritasverband ausgeht. Die folgende Inbezugnahme der AVR in § 2 des Arbeitsvertrags entspricht der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse(vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 34, BAGE 142, 247).

24

(b) Eine Beendigung der dynamischen Inbezugnahme der AVR für den Fall, dass die Arbeitgeberin nicht mehr dem Caritasverband angehört, ist jedoch weder der Präambel noch § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 zu entnehmen. Beide Vertragsbestandteile gehen vielmehr von unveränderten Verhältnissen aus und befassen sich nicht mit dem Entfall der arbeitgeberseitigen Kirchenzugehörigkeit, zB in der Konstellation eines Betriebsübergangs auf einen nichtkirchlichen Arbeitgeber. Gegen die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung iSd. § 158 Abs. 2 BGB spricht auch, dass es keinen vertraglich vereinbarten früheren Rechtszustand gäbe, welcher ex nunc wieder eintreten könnte(vgl. demgegenüber zur nach § 3 Abs. 3 TVG gesetzlich angeordneten Nachbindung an einen Tarifvertrag BAG 5. Juli 2017 - 4 AZR 867/16 - Rn. 31). Eine nur statische Geltung der AVR ist vertraglich ebenso wenig vorgesehen wie die Bezugnahme eines anderen Regelungssystems bei Entfall der Kirchenzugehörigkeit der Arbeitgeberseite. Folglich gilt die vereinbarte Inbezugnahme der AVR als grundlegende Regelung des Vertragsinhalts auch bei einer Veränderung der Verhältnisse auf Arbeitgeberseite (vgl. zur Weitergeltung einer Inbezugnahme der AVR bei Gesellschafterwechsel BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 20 ff.). Die in der Literatur (Seel FA 2017, 66, 68) vertretene Auffassung, wonach ein Wegfall der kirchlichen Trägerschaft ein Ende der dynamischen Geltung der AVR nach sich ziehen müsse, weil der Geltungsgrund für die Dynamik die Qualität des Arbeitgebers als kirchlicher Arbeitgeber sei, dem der sog. „Dritte Weg“ als Instrument für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen eröffnet sei, ist mit dem Wortlaut der hier zu beurteilenden Vertragsregelungen nicht vereinbar.

25

(2) § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 ist auch keine zur Beendigung der Dynamik führende Gleichstellungsabrede. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

26

(a) Nach der früheren Rechtsprechung galt die - widerlegbare - Vermutung, es gehe einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten Beschäftigten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Die Rechtsprechung ging davon aus, mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel sollte lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags für alle Beschäftigten zu kommen. Daraus wurde die Konsequenz gezogen, ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder aus den Begleitumständen bei Vertragsschluss seien im Fall der normativen Gebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeklauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik gehe nur so weit, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reiche, sie ende also dann, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden sei (vgl. BAG 24. Februar 2016 - 4 AZR 990/13 - Rn. 29; 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 f. mwN).

27

(b) Diese Rechtsprechung wurde für vertragliche Bezugnahmeklauseln, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Eine individualvertragliche Klausel, die ihrem Wortlaut nach ohne Einschränkung auf einen bestimmten Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung verweist, ist im Regelfall nunmehr dahingehend auszulegen, dass dieser Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung gelten soll und dass diese Geltung nicht von Faktoren abhängt, die nicht im Vertrag genannt oder sonst für beide Parteien ersichtlich zur Voraussetzung gemacht worden sind (vgl. BAG 5. Juli 2017 - 4 AZR 867/16 - Rn. 22 f.; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29, BAGE 122, 74). Die Auslegungsregel wird lediglich aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln angewendet, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform vereinbart worden sind (vgl. BAG 7. Dezember 2016 - 4 AZR 414/14 - Rn. 31 mwN).

28

(c) Die hier auszulegende Bezugnahmeklausel wurde zwar am 1. Februar 1981 und somit weit vor dem 1. Januar 2002 vereinbart. Die vertragliche Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen wie der AVR kann jedoch generell nicht als Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung verstanden werden. Da die AVR immer nur anwendbar sind, wenn dies in dem betreffenden Arbeitsverhältnis vereinbart ist, kann deren vertragliche Inbezugnahme nie den eine derartige Auslegung erklärenden Grund einer Gleichbehandlung von organisierten und nicht organisierten Arbeitnehmern haben (so Bepler ZAT 2016, 145, 148; im Ergebnis ebenso LAG Berlin-Brandenburg 24. Februar 2012 - 6 Sa 1943/11 - zu 2.1.2 der Gründe; Klein jurisPR-ArbR 45/2016 Anm. 1; Klumpp ZMV 2017, 239, 242; von Tiling ZTR 2017, 11, 13). Es gibt keine Gewerkschaftsmitgliedschaft, die zu einer normativen Wirkung der AVR gemäß § 4 Abs. 1 TVG führen könnte und somit auch kein Gleichstellungsbedürfnis im dargestellten Sinne. Die von der Revision angeführte „tarifähnliche Bindung“ der vormaligen kirchlichen Arbeitgeberin ist daher ohne Belang.

29

bb) Auf den von den AVR für sich selbst definierten Geltungsbereich kommt es folglich nicht an. Die Geltung der AVR gründet sich allein auf die dargestellte vertragliche Inbezugnahme (vgl. Bepler ZAT 2016, 145, 149; Klein jurisPR-ArbR 45/2016 Anm. 1; Klumpp ZMV 2017, 239, 241).

30

2. Die dynamische Inbezugnahme der AVR blieb durch die beiden Betriebsübergänge zum 1. Juli 2006 und 1. Oktober 2013 unberührt. Weder das nationale Recht noch die Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen privilegieren den Erwerb eines Betriebs bzw. eines Betriebsteils von einem kirchlichen Träger.

31

a) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Die aus in Bezug genommenen Tarifverträgen herrührenden individualvertraglichen Rechte und Pflichten gehören zum Inhalt des nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übergehenden Arbeitsverhältnisses(vgl. BAG 20. Juni 2012 - 4 AZR 656/10 - Rn. 22). Im Fall eines Betriebsübergangs wird der Erwerber so gestellt, als hätte er die dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegenden privatautonomen Willenserklärungen des Veräußerers gegenüber dem Arbeitnehmer selbst abgegeben und die Vereinbarungen in eigener Person, dh. mit der Verweisung auf ein bestimmtes Tarifwerk oder Teile davon in der jeweiligen Fassung abgeschlossen und zum Inhalt des Arbeitsvertrags gemacht. Dabei bleibt der individualvertragliche Charakter der in Bezug genommenen Kollektivregelungen erhalten (BAG 17. Juni 2015 - 4 AZR 61/14 (A) - Rn. 15, BAGE 152, 12).

32

b) Davon zu unterscheiden ist die statische Aufrechterhaltung kollektivrechtlich geregelter Arbeitsbedingungen durch die sog. Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB(zur statischen Fortgeltung vgl. AR/Bayreuther 8. Aufl. § 613a BGB Rn. 63; ErfK/Preis 17. Aufl. § 613a BGB Rn. 117; HWK/Willemsen/Müller-Bonanni 7. Aufl. § 613a BGB Rn. 265). Diese bezieht sich nur auf vor dem Betriebsübergang normativ geltende Regelungen (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 24; 16. Mai 2012 - 4 AZR 320/10 - Rn. 21 mwN). Vertragliche Rechtspositionen, auch wenn sie in einer privatautonomen Einbeziehung von Tarifrecht ihren Grund haben, gehen ohne Weiteres und uneingeschränkt nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB über. Sie werden auch nicht nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB durch einen beim Betriebserwerber geltenden Tarifvertrag abgelöst, weil sich diese Vorschrift nur auf § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB bezieht(vgl. BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 23, BAGE 136, 184). Dies gilt auch für § 613a Abs. 1 Satz 4 BGB(vgl. BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 70 ff., BAGE 130, 237).

33

c) Die mit einem kirchlichen Arbeitgeber vereinbarte Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen behält im Fall eines Betriebsübergangs als vertragliche Regelung gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber dem Betriebserwerber ihre Wirkung(vgl. bereits BAG 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - zu III 3 b der Gründe, BAGE 101, 9). Dies gilt auch dann, wenn ein kirchlicher Betriebserwerber nicht mehr ein Anstellungsträger im Sinne der in Bezug genommenen Dienstvertragsordnung ist (BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 31, BAGE 141, 16) oder der Betriebserwerber nicht mehr der Kirche zuzuordnen ist (vgl. Bepler jurisPR-ArbR 34/2016 Anm. 2; Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 7. Aufl. § 5 Rn. 31; Krings Der Betriebsübergang gem. § 613a BGB im kirchlichen Arbeitsrecht S. 118). Das Regelungssystem des § 613a Abs. 1 Satz 2 bis Satz 4 BGB ist weder direkt noch analog auf vertraglich in Bezug genommene kirchliche Arbeitsrechtsregelungen anwendbar, da diese vor dem Betriebsübergang keine normative Wirkung hatten(vgl. BAG 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - aaO). Es besteht kein Anlass, Betriebserwerber, die an die Dynamik einzelvertraglich vereinbarter AVR gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gebunden sind, durch das „Einfrieren“ dieser Regelungen auf den zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs vorliegenden Stand im Ergebnis so zu stellen, als sei eine Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB erfolgt. Dies lässt sich auch nicht aus der Funktion kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen, welche einheitliche Arbeitsbedingungen bezwecken (BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 27, BAGE 135, 163), ableiten. Der Betriebsübergang kann hier nicht dazu führen, dass zuvor einheitlich behandelte Arbeitnehmer nunmehr unterschiedlichen Regelungen unterfallen, je nachdem, ob eine dynamische Inbezugnahme als Vertragsrecht weiter gilt oder eine statische Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB eingreift. Eine Differenzierung zwischen tarifgebundenen und nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern, wie sie eine Gleichstellungsabrede verhindern will, erfolgt aus den genannten Gründen nicht. Auch nach einem Betriebsübergang auf einen sog. weltlichen Betriebserwerber bestehen die ursprünglich mit dem kirchlichen Arbeitgeber vereinbarten einheitlichen Arbeitsbedingungen.

34

d) Der Betriebserwerber ist deshalb jedenfalls bezogen auf die Entgeltansprüche der übernommenen Arbeitnehmer auch an eine vereinbarte Dynamik der Inbezugnahme gebunden. Der nichtkirchliche Betriebserwerber wird durch die Bindung an die dynamische Bezugnahmeklausel nicht unter Verstoß gegen unionsrechtliche Vorgaben in seiner unternehmerischen Freiheit beeinträchtigt (vgl. hierzu EuGH 11. September 2014 - C-328/13  - [Österreichischer Gewerkschaftsbund] Rn. 29; 18. Juli 2013 -  C-426/11  - [Alemo-Herron ua.] Rn. 33  ff.). Mit Urteil vom 27. April 2017 (- C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 22 f.) hat der EuGH entschieden, dass Art. 3 der Richtlinie 2001/23/EG in Verbindung mit Art. 16 GRC der dynamischen Fortgeltung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel im Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber nicht entgegensteht, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsieht. Solche Möglichkeiten bietet die deutsche Rechtsordnung in Form der einvernehmlichen Vertragsänderung und der Änderungskündigung nach § 2 KSchG(vgl. BAG 30. August 2017 - 4 AZR 95/14 - Pressemitteilung Nr. 35/17). Unter welchen Voraussetzungen eine Änderungskündigung zum Zwecke der „Entdynamisierung“ einer Bezugnahmeklausel sozial gerechtfertigt ist, bedarf im vorliegenden Fall schon mangels Erklärung einer Änderungskündigung keiner Entscheidung (vgl. zu dieser Problematik: Bayreuther NJW 2017, 2158, 2159; Busch/Gerlach BB 2017, 2356, 2360; Eylert/Schinz RdA 2017, 140, 145; Hartmann EuZA 2017, 521, 532; Wißmann/Niklas NZA 2017, 697, 701).

35

e) Es besteht hier auch keine Veranlassung zu klären, welchen Inhalt das Arbeitsverhältnis der Parteien in Bezug auf die in § 4 und § 5 AVR enthaltenen allgemeinen und besonderen Dienstpflichten hat. Insbesondere kann offenbleiben, welchen Inhalt die Loyalitätspflichten nach dem Betriebsübergang aufweisen (vgl. zu den kirchlichen Loyalitätsanforderungen: BAG 28. Juli 2016 - 2 AZR 746/14 (A) - Rn. 14 ff., BAGE 156, 23; KR/Fischermeier 11. Aufl. Kirchl. ArbN Rn. 2 ff.) und ob die negative Religionsfreiheit eines Betriebserwerbers (Art. 4 GG) durch spezifisch kirchliche Regelungen verletzt sein kann (vgl. Klumpp ZMV 2017, 239, 240). Gegenstand des Rechtsstreits sind nur Vergütungsansprüche.

36

3. Der streitgegenständliche Entgeltdifferenzanspruch der Klägerin ist auch nicht verwirkt.

37

a) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Sie hat nicht den Zweck, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen (Zeitmoment). Es müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Der Berechtigte muss unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (vgl. BAG 26. Oktober 2016 - 5 AZR 168/16 - Rn. 41, BAGE 157, 116).

38

b) Jedenfalls ein solches Umstandsmoment liegt hier nicht vor.

39

aa) Die Klägerin war weder verpflichtet, die dynamisierte Vergütung nach AVR von der M H GmbH & Co. KG oder der Beklagten zu fordern, noch ergibt sich aus der insoweit widerspruchslosen Durchführung des Arbeitsverhältnisses seitens des Klägerin eine vertrauensbegründende Verhaltensweise (vgl. BAG 21. Oktober 2015 - 4 AZR 649/14 - Rn. 45). Im Gegenteil hat die Klägerin gegenüber der M H GmbH & Co. KG eine Änderung ihres Arbeitsvertrags abgelehnt und damit deutlich gemacht, dass sie an der dynamischen Inbezugnahme der AVR und den sich daraus ergebenden Ansprüchen festhalten will.

40

bb) Eine Verwirkung scheidet zudem aus, weil von der Beklagten keine Umstände vorgebracht wurden, welche die Annahme rechtfertigten, der Beklagten sei es aufgrund eigener Dispositionen unzumutbar geworden, die Ansprüche der Klägerin zu erfüllen (vgl. BAG 22. März 2017 - 5 AZR 424/16 - Rn. 24). Die statische Anwendung der AVR wird bereits langjährig praktiziert und ist offensichtlich auch ohne Kirchenzugehörigkeit durchführbar. Letztlich wendet sich die Beklagte nur gegen die mit der Dynamisierung verbundene Kostensteigerung. Sie belegt aber nicht, dass diese Belastung ein nicht mehr tragbares Ausmaß angenommen hat. Der bloße Umstand, dass wegen der Nichtinbezugnahme der AVR in Arbeitsverträgen anderer Beschäftigter zwei Vergütungssysteme im Betrieb bestehen, führt nicht zur Unzumutbarkeit der Fortgeltung der fraglichen Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag der Klägerin. Diese Aufspaltung ist die Folge des Bestandschutzes nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB.

41

4. Folglich hat die Klägerin gemäß § 611 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf die geltend gemachte Differenzvergütung in unstreitiger Höhe. Sie kann nach § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB Verzugszinsen für die einzelnen monatlichen Differenzvergütungsbeträge jeweils ab dem ersten Tag des Folgemonats verlangen. Verzugszinsen sind nach § 187 Abs. 1 BGB ab dem Tag nach dem in den AVR bestimmten Zahltag zu entrichten(vgl. zu tariflichen Ansprüchen BAG 27. April 2017 - 6 AZR 459/16 - Rn. 37). Nach Abschnitt X Unterabschnitt (a) Satz 1 der Anlage 1 zu den AVR (Vergütungsordnung) sind die Bezüge, die in Monatsbeträgen festgelegt sind, für den Kalendermonat zu berechnen und dem Mitarbeiter so rechtzeitig zu zahlen, dass er am letzten Werktag des Kalendermonats über sie verfügen kann. Ausgehend von einer Einordnung des Samstags als Werktag führt dies bezogen auf alle streitgegenständlichen Monate zu einem Beginn des Zinslaufs am ersten Tag des Folgemonats.

42

II. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel     

        

        

        

    Lauth    

        

    C. Klar     

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 17. März 2016 - 6 Sa 631/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch darüber, ob einzelvertraglich in Bezug genommene Arbeitsvertragsrichtlinien nach dem Betriebsübergang auf einen nichtkirchlichen Erwerber statisch oder dynamisch fortgelten.

2

Der Kläger ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger, dem Johanniter-Unfall-Hilfe e.V., seit 1991 im Rettungsdienst beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 14. August 1991 heißt es auszugsweise:

        

„Diakonie ist Wesens- und Lebensäußerung der Evangelischen Kirche. Die Evangelische Kirche nimmt ihre diakonischen Aufgaben durch das Diakonische Werk wahr. Die oben genannte Einrichtung ist dem Diakonischen Werk angeschlossen. Sie dient der Verwirklichung des gemeinsamen Werkes christlicher Nächstenliebe. Alle Mitarbeiter dieser Einrichtung … bilden ohne Rücksicht auf ihre Tätigkeit und Stellung eine Dienstgemeinschaft.

        

Auf dieser Grundlage wird der nachstehende Vertrag geschlossen:

        

…       

        

§ 2

        

Für das Dienstverhältnis gelten die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR) in der jeweils gültigen Fassung. …“

3

Das Arbeitsverhältnis ging zum 1. Januar 2014 auf die Beklagte über. Diese ist eine als gemeinnützige GmbH geführte Gliederung des Deutschen Roten Kreuzes, die in einem sächsischen Landkreis den bodengebundenen Rettungsdienst betreibt. Am 10. Juli 2014 sowie am 8. Dezember 2014 beschloss die Arbeitsrechtliche Kommission der Diakonie Deutschland die Erhöhung der Grundentgelte gemäß Anlage 2, der Sonderstufenentgelte gemäß Anlage 5 und der Stundenentgelte gemäß Anlage 9 zu den AVR rückwirkend zum 1. Juli 2014 für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgenommen Ärztinnen und Ärzte sowie Zahnärztinnen und Zahnärzte um 1,9 % bzw. ab dem 1. März 2015 die Erhöhung der Tabellenwerte der Anlagen 2, 5, 9 und 10a zu den AVR um 2,7 %. Die daraus folgenden Entgelterhöhungen gab die Beklagte nicht an den Kläger weiter.

4

Der Kläger begehrt zuletzt noch die Zahlung der Differenz zwischen der ihm gezahlten Vergütung und der ihm unter Berücksichtigung der Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission vom 10. Juli 2014 bzw. 8. Dezember 2014 zustehenden Vergütung in rechnerisch unstreitiger Höhe für die Zeit von Juli 2014 bis Mai 2015. Er begehrt ferner die Feststellung, dass die am 10. Juli 2014 und 8. Dezember 2014 beschlossenen Entgelterhöhungen auch künftig an ihn weiterzugeben sind.

5

Der Kläger hat - soweit für die Revision noch von Bedeutung - zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 757,91 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in im Einzelnen genannter, gestaffelter Höhe zu zahlen;

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die von der Arbeitsrechtlichen Kommission der Diakonie Deutschland mit Beschluss vom 10. Juli 2014 beschlossene Erhöhung der Entgelte ab 1. Juli 2014 in Höhe von 1,9 % sowie mit Beschluss vom 8. Dezember 2014 beschlossene Erhöhung der Entgelte ab 1. März 2015 in Höhe von 2,7 % dem Kläger auch in Zukunft zu zahlen.

6

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags vorgetragen, die AVR gölten seit dem Betriebsübergang auf sie nur noch statisch. Sie sei nicht Mitglied des Diakonischen Werkes und könne das auch nicht werden. Auf die Verhandlungsergebnisse der Arbeitsrechtlichen Kommission habe sie keinen Einfluss, so dass sie an die von dieser nach dem Betriebsübergang gefassten Beschlüsse nicht gebunden sein könne. Die AVR würden durch die Arbeitsrechtliche Kommission als Dritte vereinbart und seien deshalb mit kollektivvertraglichen Regelungen wie Tarifverträgen vergleichbar. Darum müssten die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Gleichstellungsabrede und die danach geltende statische Weitergeltung der Bezugnahme in vor dem Jahr 2002 abgeschlossenen Arbeitsverträgen Anwendung finden. Das Angebot, die Anwendung des für sie geltenden Tarifvertrags zu vereinbaren, habe der Kläger - unstreitig - abgelehnt. Sie sei nicht verpflichtet, die Unwägbarkeiten, die mit einer Änderungskündigung verbunden seien, auf sich zu nehmen. Es müsse ihr freistehen, den rechtlich sicheren Weg zu wählen und die AVR statisch anzuwenden. Anderenfalls werde ihre unternehmerische Freiheit beeinträchtigt.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage, soweit der Rechtsstreit in die Revisionsinstanz gelangt ist, stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die insoweit gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat durch Beschluss vom 22. September 2016 (- 6 AZN 370/16 -) zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren der Klageabweisung unter Vertiefung ihrer rechtlichen Argumentation weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen.

9

I. Die Klage ist begründet. Der Kläger kann die geltend gemachte Vergütung in zuletzt unstreitiger Höhe gemäß § 611 Abs. 1 BGB beanspruchen. Seine Vergütung richtet sich gemäß § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 in dynamisierter Weise nach den Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland, die am 23. Januar 2014 in die Arbeitsvertragsrichtlinien der Diakonie Deutschland (AVR-DD, im Folgenden nur AVR) umbenannt worden sind. Dieser Vertragsinhalt blieb durch den Betriebsübergang auf die Beklagte gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB unverändert. Die von der Arbeitsrechtlichen Kommission am 10. Juli 2014 bzw. 8. Dezember 2014 wirksam beschlossenen Entgelterhöhungen stehen dem Kläger darum auch über den von der Leistungsklage abgedeckten Zeitraum hinaus weiter zu. Eine Anpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage ist nicht vorzunehmen.

10

1. Der Arbeitsvertrag vom 14. August 1991 sieht die dynamische Geltung der AVR vor. Die Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Diakonischen Werk ist hierfür keine Voraussetzung.

11

a) Bei den Regelungen des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Darauf lässt schon das äußere Erscheinungsbild der formularmäßigen Vertragsgestaltung schließen (vgl. BAG 25. Juni 2015 - 6 AZR 383/14 - Rn. 23, BAGE 152, 82).

12

b) Der Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu ermitteln. Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen (BAG 23. März 2017 - 6 AZR 705/15 - Rn. 14). Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Diese Grundsätze finden auch auf die Auslegung von Bezugnahmeklauseln auf kirchliche Regelungswerke wie die AVR Anwendung (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07  - Rn. 12 , BAGE 135, 163; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 17, BAGE 129, 1). Bei der Auslegung einer solchen Bezugnahmeklausel ist von der allgemeinen Funktion von Verweisungsklauseln im kirchlichen Arbeitsverhältnis auszugehen. Mangels normativer Geltung der AVR in privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen kann ihnen nur über Bezugnahmeklauseln Wirkung verschafft werden (vgl. BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 107, BAGE 143, 354; 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 18). Diese sind grundsätzlich dahin auszulegen, dass sie dem kirchlichen Arbeitsrecht im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis umfassend Geltung verschaffen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 29 mwN, BAGE 141, 16). Typischerweise liegt es im Interesse beider Vertragsparteien, dass das kirchliche Arbeitsrecht durch eine dynamische Bezugnahmeklausel in seiner jeweiligen Fassung zur Anwendung gebracht wird (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 44 ff., BAGE 142, 247).

13

c) Eine solche Bezugnahme ist hier erfolgt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 sind die AVR in ihrer jeweils gültigen Fassung Bestandteil des Arbeitsverhältnisses. Diese dynamische Bezugnahmeklausel wurde zu einem wirksamen Vertragsbestandteil (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 38 ff., BAGE 142, 247).

14

d) Die dynamische Geltung der AVR setzt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht voraus, dass die Arbeitgeberin dem Diakonischen Werk angehört.

15

aa) Dies lässt sich den arbeitsvertraglichen Regelungen nicht entnehmen.

16

(1) Die Bezugnahme steht nicht unter der auflösenden Bedingung der Kirchenzugehörigkeit der Arbeitgeberseite. Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt nach § 158 Abs. 2 BGB mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein. Aus § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 kann auch in Verbindung mit der Präambel nicht geschlossen werden, dass die AVR bei Entfall des Anschlusses der Arbeitgeberin an das Diakonische Werk nicht mehr oder nur noch statisch zur Anwendung kommen sollen.

17

(a) Die Präambel des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 stellt klar, dass der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. als damaliger Vertragspartner dem Diakonischen Werk angeschlossen war und dessen Einrichtung der Verwirklichung des gemeinsamen Werkes christlicher Nächstenliebe dient. Der Arbeitsvertrag wurde auf der Grundlage dieser Zielsetzung geschlossen. Der Beklagten ist zuzugestehen, dass diese spezifisch kirchliche Grundlage des Arbeitsverhältnisses von einer Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Diakonischen Werk ausgeht. Die folgende Inbezugnahme der AVR in § 2 des Arbeitsvertrags entsprach der Verpflichtung des Rechtsvorgängers der Beklagten aus dem Arbeitsrechtsregelungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (ARRG-EKD) vom 10. November 1988 (ABl. EKD S. 366; vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 29, BAGE 141, 16).

18

(b) Eine Beendigung der dynamischen Inbezugnahme der AVR für den Fall, dass die Arbeitgeberin nicht mehr dem Diakonischen Werk angehört, ist jedoch weder der Präambel noch § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 zu entnehmen. Beide Vertragsbestandteile gehen vielmehr von unveränderten Verhältnissen aus und befassen sich nicht mit dem Entfall der arbeitgeberseitigen Kirchenzugehörigkeit, zum Bespiel in der Konstellation eines Betriebsübergangs auf einen nichtkirchlichen Arbeitgeber. Gegen die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung iSd. § 158 Abs. 2 BGB spricht auch, dass es keinen vertraglich vereinbarten früheren Rechtszustand gäbe, welcher ex nunc wieder eintreten könnte(vgl. demgegenüber zur nach § 3 Abs. 3 TVG gesetzlich angeordneten Nachbindung an einen Tarifvertrag BAG 5. Juli 2017 - 4 AZR 867/16 - Rn. 31). Eine nur statische Geltung der AVR ist vertraglich ebenso wenig vorgesehen wie die Bezugnahme eines anderen Regelungssystems bei Entfall der Kirchenzugehörigkeit der Arbeitgeberseite. Folglich gilt die vereinbarte Inbezugnahme der AVR als grundlegende Regelung des Vertragsinhalts auch bei einer Veränderung der Verhältnisse auf Arbeitgeberseite (vgl. zur Weitergeltung einer Inbezugnahme der AVR bei Gesellschafterwechsel BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 20 ff.). Die in der Literatur (Seel FA 2017, 66, 68) vertretene Auffassung, wonach ein Wegfall der kirchlichen Trägerschaft ein Ende der dynamischen Geltung der AVR nach sich ziehen müsse, weil der Geltungsgrund für die Dynamik die Qualität des Arbeitgebers als kirchlicher Arbeitgeber sei, dem der sog. „Dritte Weg“ als Instrument für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen eröffnet sei, ist mit dem Wortlaut der hier zu beurteilenden Vertragsregelungen daher nicht vereinbar.

19

(2) § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 ist auch keine zur Beendigung der Dynamik führende Gleichstellungsabrede. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

20

(a) Nach der früheren Rechtsprechung galt die - widerlegbare - Vermutung, es gehe einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten Beschäftigten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Die Rechtsprechung ging davon aus, mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel sollte lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags für alle Beschäftigten zu kommen. Daraus wurde die Konsequenz gezogen, ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder aus den Begleitumständen bei Vertragsschluss seien im Fall der normativen Gebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeklauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik gehe nur so weit, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reiche, sie ende also dann, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden sei (vgl. BAG 24. Februar 2016 - 4 AZR 990/13 - Rn. 29; 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 f. mwN).

21

(b) Diese Rechtsprechung wurde für vertragliche Bezugnahmeklauseln, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Eine individualvertragliche Klausel, die ihrem Wortlaut nach ohne Einschränkung auf einen bestimmten Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung verweist, ist im Regelfall nunmehr dahingehend auszulegen, dass dieser Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung gelten soll und dass diese Geltung nicht von Faktoren abhängt, die nicht im Vertrag genannt oder sonst für beide Parteien ersichtlich zur Voraussetzung gemacht worden sind (vgl. BAG 5. Juli 2017 - 4 AZR 867/16 - Rn. 22 f.; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29, BAGE 122, 74). Die Auslegungsregel wird lediglich aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln angewendet, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform vereinbart worden sind (vgl. BAG 7. Dezember 2016 - 4 AZR 414/14 - Rn. 31 mwN).

22

(c) Die hier auszulegende Bezugnahmeklausel wurde zwar am 14. August 1991 und somit weit vor dem 1. Januar 2002 vereinbart. Die vertragliche Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen wie der AVR kann jedoch generell nicht als Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung verstanden werden. Da die AVR immer nur anwendbar sind, wenn dies in dem betreffenden Arbeitsverhältnis vereinbart ist, kann deren vertragliche Inbezugnahme nie den eine derartige Auslegung erklärenden Grund einer Gleichbehandlung von organisierten und nicht organisierten Arbeitnehmern haben (so Bepler ZAT 2016, 145, 148; im Ergebnis ebenso LAG Berlin-Brandenburg 24. Februar 2012 - 6 Sa 1943/11 - zu 2.1.2 der Gründe; Klein jurisPR-ArbR 45/2016 Anm. 1; Klumpp ZMV 2017, 239, 242; von Tiling ZTR 2017, 11, 13). Es gibt keine Gewerkschaftsmitgliedschaft, die zu einer normativen Wirkung der AVR gemäß § 4 Abs. 1 TVG führen könnte und somit auch kein Gleichstellungsbedürfnis im dargestellten Sinne. Die von der Revision angeführte „kollektivvertraglichen Regelungen vergleichbare Situation“ des vormaligen kirchlichen Arbeitgebers, der durch seine Mitgliedschaft im Diakonischen Werk an die AVR gebunden gewesen sei, ist daher ohne Belang.

23

bb) Auf den von den AVR für sich selbst definierten Geltungsbereich kommt es folglich nicht an. Die Geltung der AVR gründet sich allein auf die dargestellte vertragliche Inbezugnahme (vgl. Bepler ZAT 2016, 145, 149; Klein jurisPR-ArbR 45/2016 Anm. 1; Klumpp ZMV 2017, 239, 241).

24

2. Die dynamische Inbezugnahme der AVR blieb durch den Betriebsübergang auf die Beklagte zum 1. Januar 2014 unberührt. Weder das nationale Recht noch die Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer bei Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen privilegieren den Erwerb eines Betriebs- bzw. Betriebsteils von einem kirchlichen Träger.

25

a) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Die aus in Bezug genommenen Tarifverträgen herrührenden individualvertraglichen Rechte und Pflichten gehören zum Inhalt des nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übergehenden Arbeitsverhältnisses(vgl. BAG 20. Juni 2012 - 4 AZR 656/10 - Rn. 22). Im Fall eines Betriebsübergangs wird der Erwerber so gestellt, als hätte er die dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegenden privatautonomen Willenserklärungen des Veräußerers gegenüber dem Arbeitnehmer selbst abgegeben und die Vereinbarungen in eigener Person, dh. mit der Verweisung auf ein bestimmtes Tarifwerk oder Teile davon in der jeweiligen Fassung abgeschlossen und zum Inhalt des Arbeitsvertrags gemacht. Dabei bleibt der individualvertragliche Charakter der in Bezug genommenen Kollektivregelungen erhalten (BAG 17. Juni 2015 - 4 AZR 61/14 (A) - Rn. 15, BAGE 152, 12).

26

b) Davon zu unterscheiden ist die statische Aufrechterhaltung kollektivrechtlich geregelter Arbeitsbedingungen durch die sog. Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB(zur statischen Fortgeltung vgl. AR/Bayreuther 8. Aufl. § 613a BGB Rn. 63; ErfK/Preis 17. Aufl. § 613a BGB Rn. 117; HWK/Willemsen/Müller-Bonanni 7. Aufl. § 613a BGB Rn. 265). Diese bezieht sich nur auf vor dem Betriebsübergang normativ geltende Regelungen (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 24; 16. Mai 2012 - 4 AZR 320/10 - Rn. 21 mwN). Vertragliche Rechtspositionen, auch wenn sie in einer privatautonomen Einbeziehung von Tarifrecht ihren Grund haben, gehen ohne Weiteres und uneingeschränkt nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB über. Sie werden auch nicht nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB durch einen beim Betriebserwerber geltenden Tarifvertrag abgelöst, weil sich diese Vorschrift nur auf § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB bezieht(vgl. BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 23, BAGE 136, 184). Dies gilt auch für § 613a Abs. 1 Satz 4 BGB(vgl. BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 70 ff., BAGE 130, 237).

27

c) Die mit einem kirchlichen Arbeitgeber vereinbarte Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen behält im Fall eines Betriebsübergangs als vertragliche Regelung gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber dem Betriebserwerber ihre Wirkung(vgl. bereits BAG 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - zu III 3 b der Gründe, BAGE 101, 9). Dies gilt auch dann, wenn ein kirchlicher Betriebserwerber nicht mehr ein Anstellungsträger im Sinne der in Bezug genommenen Dienstvertragsordnung ist (BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 31, BAGE 141, 16) oder der Betriebserwerber nicht mehr der Kirche zuzuordnen ist (vgl. Bepler jurisPR-ArbR 34/2016 Anm. 2; Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 7. Aufl. § 5 Rn. 31; Krings Der Betriebsübergang gem. § 613a BGB im kirchlichen Arbeitsrecht S. 118). Das Regelungssystem des § 613a Abs. 1 Satz 2 bis Satz 4 BGB ist weder direkt noch analog auf vertraglich in Bezug genommene kirchliche Arbeitsrechtsregelungen anwendbar, da diese vor dem Betriebsübergang keine normative Wirkung hatten(vgl. BAG 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - aaO). Es besteht auch kein Anlass, Betriebserwerber, die an die Dynamik einzelvertraglich vereinbarter AVR gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gebunden sind, durch das „Einfrieren“ dieser Regelungen auf den zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs vorliegenden Stand im Ergebnis so zu stellen, als sei eine Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB erfolgt. Dies lässt sich auch nicht aus der Funktion kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen, welche einheitliche Arbeitsbedingungen bezwecken (BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 27, BAGE 135, 163), ableiten. Der Betriebsübergang kann hier nicht dazu führen, dass zuvor einheitlich behandelte Arbeitnehmer nunmehr unterschiedlichen Regelungen unterfallen, je nachdem, ob eine dynamische Inbezugnahme als Vertragsrecht weiter gilt oder eine statische Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB eingreift. Eine Differenzierung zwischen tarifgebundenen und nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern, wie sie eine Gleichstellungsabrede verhindern will, erfolgt aus den genannten Gründen nicht. Auch nach einem Betriebsübergang auf einen sog. weltlichen Betriebserwerber bestehen die ursprünglich mit dem kirchlichen Arbeitgeber vereinbarten einheitlichen Arbeitsbedingungen.

28

d) Der Betriebserwerber ist deshalb jedenfalls bezogen auf die Entgeltansprüche der übernommenen Arbeitnehmer auch an eine vereinbarte Dynamik der Inbezugnahme gebunden. Der nichtkirchliche Betriebserwerber wird durch die Bindung an die dynamische Bezugnahmeklausel nicht unter Verstoß gegen unionsrechtliche Vorgaben in seiner unternehmerischen Freiheit beeinträchtigt (vgl. hierzu EuGH 11. September 2014 - C-328/13  - [Österreichischer Gewerkschaftsbund] Rn. 29; 18. Juli 2013 -  C-426/11  - [Alemo-Herron ua.] Rn33 ff.). Mit Urteil vom 27. April 2017 (- C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 22 f.) hat der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden, dass Art. 3 der Richtlinie 2001/23/EG in Verbindung mit Art. 16 GRC der dynamischen Fortgeltung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel im Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber nicht entgegensteht, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsieht. Solche Möglichkeiten bietet die deutsche Rechtsordnung in Form der einvernehmlichen Vertragsänderung und der Änderungskündigung nach § 2 KSchG(vgl. BAG 30. August 2017 - 4 AZR 95/14 - Pressemitteilung Nr. 35/17).

29

3. Entgegen der Ansicht der Beklagten entbindet sie der Umstand, dass der Kläger ihr Angebot abgelehnt hat, künftig den für sie geltenden Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwenden, nicht davon, eine Änderungskündigung zu erklären, wenn sie ihre dynamische Bindung an die vertraglich in Bezug genommenen AVR beenden will. Die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB, auf die die Beklagte sich im Ergebnis beruft, kann sie nur im Wege der Änderungskündigung geltend machen.

30

a) §§ 1, 2 KSchG sind gegenüber einer Anpassung nach § 313 BGB lex specialis. Sachverhalte, die zu einer Störung oder dem Wegfall der Geschäftsgrundlage geführt haben, sind dabei allerdings im Rahmen der §§ 2, 1 Abs. 2 KSchG zu würdigen(BAG 5. Juni 2014 - 2 AZR 615/13 - Rn. 23, BAGE 148, 227).

31

b) Unter welchen Voraussetzungen eine Änderungskündigung zum Zwecke der „Entdynamisierung“ einer Bezugnahmeklausel sozial gerechtfertigt ist, bedarf im vorliegenden Fall schon mangels Erklärung einer Änderungskündigung keiner Entscheidung (vgl. zu dieser Problematik: Bayreuther NJW 2017, 2158, 2159; Busch/Gerlach BB 2017, 2356, 2360; Eylert/Schinz RdA 2017, 140, 145; Hartmann EuZA 2017, 521, 532; Wißmann/Niklas NZA 2017, 697, 701). Darum besteht auch kein Anlass, sich näher mit der Frage zu befassen, ob und unter welchen Umständen die Fortgeltung der dynamischen Inbezugnahme der AVR nach einem Betriebsübergang auf einen weltlichen Erwerber zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage führen würde und wie ein solcher Umstand bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Änderungskündigung zu würdigen wäre. Jedenfalls machen die Kostensteigerungen, die durch die dynamische Weitergeltung der AVR eintreten und die die Beklagte nach ihrem Vortrag bei den Kostenträgern nicht refinanzieren kann, der Beklagten das unveränderte Festhalten an dem Arbeitsvertrag, in dessen Inhalt sie nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB eingetreten ist, vorliegend nicht unzumutbar. Das folgt bereits daraus, dass sie nicht geltend macht, sie habe vergeblich versucht, unter Hinweis auf die Rechtslage bei dem Kostenträger eine Änderung zu erwirken. Es kann daher dahinstehen, ob und unter welchen Umständen Kostensteigerungen, die der Erwerber bei seiner Entscheidung, einen Betrieb zu übernehmen, nicht einkalkuliert hat, zu einer Störung der Geschäftsgrundlage führen können oder Teil des von ihm zu tragenden unternehmerischen Risikos bleiben. Insbesondere kann dahinstehen, ob es für eine Störung der Geschäftsgrundlage ausreicht, wenn in einem auf unbegrenzte Zeit eingegangenen Dauerschuldverhältnis wie dem Arbeitsverhältnis das geschuldete Arbeitsentgelt zu einer dauerhaften Verlustsituation führt (zum Vorliegen einer zur Vertragsanpassung führenden Äquivalenzstörung im Dauerschuldverhältnis nur bei einer dauerhaften, auf billigerweise nicht vorauszusehenden Umständen beruhenden Verlustsituation BGH 19. April 1978 - VIII ZR 182/76 - zu II 2 b der Gründe).

32

4. Der Fall bietet auch keine Veranlassung zu klären, welchen Inhalt das Arbeitsverhältnis der Parteien in Bezug auf die in § 2 und § 3 AVR enthaltenen allgemeinen und besonderen Dienstpflichten hat. Insbesondere kann offenbleiben, welchen Inhalt die Loyalitätspflichten nach dem Betriebsübergang aufweisen (vgl. zu den kirchlichen Loyalitätsanforderungen: BAG 28. Juli 2016 - 2 AZR 746/14 (A) - Rn. 14 ff., BAGE 156, 23; KR/Fischermeier 11. Aufl. Kirchl. ArbN Rn. 2 ff.) und ob die negative Religionsfreiheit eines Betriebserwerbers (Art. 4 GG) durch spezifisch kirchliche Regelungen verletzt sein kann (vgl. Klumpp ZMV 2017, 239, 240). Gegenstand des Rechtsstreits sind nur Vergütungsansprüche.

33

5. Die Revision rügt ohne Erfolg, dass das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft die Unbilligkeit der von der Arbeitsrechtlichen Kommission vorgenommenen Leistungsbestimmung nach § 319 Abs. 1 BGB verneint habe. Das Landesarbeitsgericht hat allerdings insoweit den Prüfungsmaßstab verkannt. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (seit BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 30 ff., BAGE 135, 163) unterliegen Arbeitsvertragsrichtlinien, die auf dem Dritten Weg gemäß den einschlägigen Organisations- und Verfahrensvorschriften entstanden sind, wie Tarifverträge nur einer Rechtskontrolle am Maßstab höherrangigen Rechts sowie der Kontrolle auf einen Verstoß gegen die guten Sitten, wenn sie von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen worden sind und deshalb nicht der Dienstgeberseite zugeordnet werden können. Dieser Rechtsfehler führt jedoch nicht zum Erfolg der Revision. Die Beklagte zeigt nicht auf, inwieweit die Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission vom 10. Juli 2014 und vom 8. Dezember 2014 höherrangiges Recht verletzen oder gegen die guten Sitten verstoßen könnten. Dafür ist auch keinerlei Anhaltspunkt ersichtlich. Das Landesarbeitsgericht hat darum im Ergebnis zutreffend erkannt, dass diese Beschlüsse wirksam sind.

34

6. Dem Kläger steht das eingeklagte Differenzentgelt auf das ihm gezahlte Grundentgelt und die Zuschläge nach der Anlage 9 zu den AVR (Zeitzuschlag für Überstunden, Überstundenentgelt, Zeitzuschlag für Sonntagsarbeit und Arbeiten an Wochenfeiertagen, die auf einen Sonntag fallen, sowie für Nachtarbeit) zu. Die Beklagte hat keine Einwendungen gegen die Richtigkeit der der Berechnung des Klägers zugrunde liegenden zuschlagspflichtigen Stunden erhoben.

35

7. Der Kläger kann nach § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB Verzugszinsen für die einzelnen monatlichen Differenzvergütungsbeträge jeweils ab dem 16. eines jeden Monats verlangen. Verzugszinsen sind nach § 187 Abs. 1 BGB ab dem Tag nach dem in den AVR bestimmten Zahltag zu entrichten(vgl. zu tariflichen Ansprüchen BAG 27. April 2017 - 6 AZR 459/16 - Rn. 37). Die Bezüge sind gemäß § 21a AVR am 15. eines jeden Monats (Zahltag) fällig.

36

II. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    C. Klar    

        

    Lauth    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 20. September 2013 - 9 Sa 57/13 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 13. November 2012 - 6 Ca 517/12 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) in seiner jeweils geltenden Fassung sowie hieraus resultierende Zahlungsansprüche für die Zeit von März bis September 2012.

2

Die Klägerin ist seit 1995 in den von der Beklagten betriebenen Kliniken für Rheumatologie als Krankenpflegerin beschäftigt. In ihrem Arbeitsvertrag vom 31. März 1995 heißt es:

        

§ 2   

        

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestellten-Tarifvertrag (BAT) sowie den jeweils ergänzenden, ändernden, ersetzenden und sonstigen für die Art der Tätigkeit des Beschäftigten einschlägigen Tarifvereinbarungen.“

3

Die Klägerin war zuletzt in VergGr. Kr. IV, Stufe 9 BAT eingruppiert. Seit März 2004 erhält sie eine monatliche Vergütung in Höhe von insgesamt 2.358,04 Euro brutto.

4

Die Beklagte war zunächst mehrheitlich im Besitz öffentlicher Anteilseigner, namentlich der Stadt B und des Landes Rheinland-Pfalz. Mit Wirkung zum 1. Januar 1999 erwarb die S Kliniken GmbH insgesamt 75,09 vH der Aktien.

5

In § 5 II Nr. 5 des zwischen der S Kliniken GmbH auf der einen und der Stadt B sowie dem Land Rheinland-Pfalz auf der anderen Seite geschlossenen Aktienkaufvertrags heißt es:

        

„Die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorhandenen Mitarbeiter werden weiterhin nach BAT-BMT-G entlohnt und deren Zusatzversorgung nach dem einschlägigen Tarifvertrag gewährleistet.“

6

Die Beklagte war zunächst Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband Rheinland-Pfalz. Mit Ablauf des 31. März 1999 wurde sie aufgrund der neuen Eigentumsverhältnisse aus dem Verband ausgeschlossen, da die satzungsmäßigen Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft nicht mehr gegeben waren.

7

Die Beklagte gab die zum 1. April 1999, 1. August 2000, 1. September 2001, 1. März 2003 und 1. März 2004 für den öffentlichen Dienst vereinbarten tariflichen Entgelterhöhungen an ihre Arbeitnehmer weiter.

8

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, sie nach der Entgeltgruppe 4a, Stufe 5 TVöD für den Dienstleistungsbereich Krankenhäuser im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-K) zu vergüten. Der Anspruch ergebe sich aus § 2 des Arbeitsvertrags. Zudem enthalte § 5 II Nr. 5 des Aktienkaufvertrags einen echten Vertrag zugunsten Dritter. Die mehrfache Weitergabe der Tarifentgelterhöhungen in den Jahren 1999 bis 2004 habe schließlich in Ansehung der genannten Erklärung im Aktienkaufvertrag zu einer Vertragsänderung geführt, jedenfalls aber eine betriebliche Übung begründet.

9

Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie 840,21 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 120,03 Euro brutto seit dem 1. Mai 2012, 1. Juni 2012, 1. Juli 2012, 1. August 2012, 1. September 2012 und 1. Oktober 2012 zu zahlen;

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie ab Oktober 2012 nach der Entgeltgruppe 4a, Stufe 5 TVöD-K zu vergüten.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, bei der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel handele es sich um eine Gleichstellungsabrede im Sinne der ehemaligen Senatsrechtsprechung. Nach ihrem Ausscheiden aus dem Arbeitgeberverband wirkten die in Bezug genommenen Tarifverträge deshalb nur noch statisch fort. Aus dem Aktienkaufvertrag folge nichts anderes. Dieser Vertrag binde sie nicht. Sie sei nicht Vertragspartei, sondern vielmehr nur Gegenstand des Vertrags gewesen. § 5 II Nr. 5 des Aktienkaufvertrags enthalte keine Pflicht zur Gewährung künftiger Tarifentgelterhöhungen an Dritte. Allein die mehrmalige Weitergabe von Tarifentgelterhöhungen führe überdies nicht zu einer betrieblichen Übung und damit einer entsprechenden Verpflichtung für die Zukunft.

11

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist zulässig und begründet. Das Landesarbeitsgericht durfte der Klage nicht mit der von ihm gegebenen Begründung stattgeben. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Das führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Klageabweisung (§ 563 Abs. 3 ZPO).

13

I. Die Revision ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden. Die Beschwer der Beklagten ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht durch die Zahlung der titulierten Entgeltforderung (teilweise) entfallen.

14

1. Die Beschwer einer zur Zahlung verurteilten Partei entfällt, wenn sie den titulierten Betrag nicht nur zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil zahlt, sondern den Klageanspruch aus freien Stücken ohne Vorbehalt (endgültig) erfüllen will. Ob das eine oder andere anzunehmen ist, richtet sich nach den dem Zahlungsempfänger erkennbaren Umständen des Einzelfalls (BAG 21. März 2012 - 5 AZR 320/11 - Rn. 12).

15

2. Im Streitfall war die Beklagte von der Klägerin nach Bestätigung der erstinstanzlichen Entscheidung durch das Landesarbeitsgericht unter Fristsetzung zur Zahlung der vom Arbeitsgericht titulierten Forderung aufgefordert worden. Das der Klage stattgebende, vom Berufungsgericht bestätigte erstinstanzliche Urteil war auch vorläufig vollstreckbar (§ 62 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Die Beklagte konnte daher das Schreiben der Klägerin nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) auch ohne ausdrücklichen Hinweis als Inaussichtstellung der Zwangsvollstreckung verstehen. Anders als in der von der Klägerin herangezogenen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts hat die Beklagte nicht im Zusammenhang mit der Zahlung zum Ausdruck gebracht, die Klägerin könne das Geld unabhängig vom Ausgang eines Revisionsverfahrens behalten (vgl. BAG 21. März 2012 - 5 AZR 320/11 - Rn. 14).

16

II. Die Revision der Beklagten ist begründet. Die geltend gemachten Ansprüche stehen der Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 4a, Stufe 5 TVöD-K und die Zahlung der entsprechenden Vergütungsdifferenzen für den Zeitraum von März bis September 2012.

17

1. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, durch die Weitergabe der Tarifentgelterhöhungen in den Jahren 1999 bis 2004 sei eine - die Beklagte für die Zukunft bindende - betriebliche Übung entstanden.

18

a) Die Beurteilung, ob die vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachen die Annahme einer betrieblichen Übung hinsichtlich der Gewährung von Leistungen rechtfertigen oder nicht, unterliegt der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung (vgl. nur BAG 19. August 2015 - 5 AZR 450/14 - Rn. 20; 5. Mai 2015 - 1 AZR 806/13 - Rn. 26; 31. Juli 2007 - 3 AZR 189/06 - Rn. 17; 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 45; grundlegend 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 39 mwN, BAGE 118, 360).

19

b) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist unter einer betrieblichen Übung die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden (BAG 23. März 2011 - 4 AZR 268/09 - Rn. 59).

20

aa) Aus einem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs ist, wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste und durfte. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber mit einem entsprechenden Verpflichtungswillen gehandelt hat. Die Wirkung einer Willenserklärung im Rechtsverkehr setzt ein, wenn aus der Sicht des Erklärungsempfängers der Erklärende einen auf eine bestimmte Rechtswirkung gerichteten Willen geäußert hat (sh. nur BAG 23. März 2011 - 4 AZR 268/09 - Rn. 60; 17. März 2010 - 5 AZR 317/09 - Rn. 20, BAGE 133, 337).

21

bb) Gewährt ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern wiederholt eine Erhöhung der Löhne und Gehälter entsprechend der Tarifentwicklung in einem bestimmten Tarifgebiet, kann eine betriebliche Übung dann entstehen, wenn deutliche Anhaltspunkte in seinem Verhalten dafür sprechen, dass er die Erhöhungen - auch ohne das Bestehen einer tarifvertraglichen Verpflichtung - künftig, dh. auf Dauer übernehmen will (BAG 19. Oktober 2011 - 5 AZR 359/10 - Rn. 14; 23. März 2011 - 4 AZR 268/09 - Rn. 61 mwN).

22

(1) Ist der Arbeitgeber nicht tarifgebunden, entsteht regelmäßig lediglich ein Anspruch der Arbeitnehmer auf Fortzahlung dieses erhöhten Entgelts, nicht aber zugleich eine Verpflichtung des Arbeitgebers, auch künftige Tarifentgelterhöhungen weiterzugeben (BAG 20. Juni 2001 - 4 AZR 290/00 - zu A II 4 c bb der Gründe). Ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber will sich grundsätzlich nicht für die Zukunft der Regelungsmacht der Verbände unterwerfen. Dies ist gerade Sinn des nicht erfolgten Beitritts zu einem Arbeitgeberverband. Die fehlende Tarifgebundenheit verdeutlicht - für die Arbeitnehmer erkennbar - den Willen des Arbeitgebers, die Erhöhung der Löhne und Gehälter zukünftig nicht ohne Beitrittsprüfung entsprechend der Tarifentwicklung vorzunehmen (BAG 19. Oktober 2011 - 5 AZR 359/10 - Rn. 15; 23. März 2011 - 4 AZR 268/09 - Rn. 61 mwN).

23

(2) Auch ein tarifgebundener Arbeitgeber, der die Tarifentgelterhöhungen - ungeachtet der Tarifgebundenheit des einzelnen Arbeitnehmers - an alle Arbeitnehmer weitergibt, will sich - auch insoweit für die Arbeitnehmer erkennbar - im Regelfall nicht über die Zeit seiner Tarifgebundenheit hinaus ohne die Möglichkeit einer Kündigung des Tarifvertrags oder eines Verbandsaustritts dauerhaft (vertraglich) binden (vgl. BAG 19. Oktober 2011 - 5 AZR 359/10 - Rn. 16 mwN).

24

c) Danach hat die Beklagte mit der Weitergabe der Tarifentgelterhöhungen in den Jahren 1999 bis 2004 keine betriebliche Übung begründet, auf die die Klägerin ihren Klageanspruch stützen könnte. Es fehlt an den erforderlichen - über die bloße Weitergabe der Tarifentgelterhöhungen hinausgehenden - deutlichen Anhaltspunkten im Verhalten der Beklagten, aus denen sich für die Klägerin erkennbar der Wille ergäbe, sie wolle auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien jeweils ausgehandelten Erhöhungen ohne Weiteres übernehmen. Dabei kann dahinstehen, ob § 5 II Nr. 5 des Aktienkaufvertrags zugunsten der im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bei der Beklagten beschäftigten Mitarbeiter eine dynamische Bindung an die künftigen Tarifentwicklungen vorgeben wollte. Dafür könnte der Wortlaut („weiterhin“; „dem einschlägigen Tarifvertrag“) sprechen. Die Vertragsklausel beruht jedoch weder auf einem Verhalten der Beklagten noch enthält sie eine an die Arbeitnehmer gerichtete Erklärung (vgl. dazu BAG 23. März 2011 - 4 AZR 268/09 - Rn. 66).

25

aa) Die Beklagte war nicht Partei, sondern vielmehr Gegenstand des Aktienkaufvertrags. Es fehlt bereits an einem eigenen Verhalten der Arbeitgeberin, das ein Vertrauen der Klägerin begründen könnte, die - bloße - Weitergabe der Tarifentgelterhöhungen erfolge mit Rechtsbindungswillen auch hinsichtlich künftiger Erhöhungen. Allein aus der Zahlung der erhöhten Tariflöhne ergeben sich noch keine deutlichen Anhaltspunkte dafür, die Beklagte habe einer von der Erwerberin der Aktien möglicherweise übernommenen schuldrechtlichen Verpflichtung nachkommen wollen.

26

bb) Die Vertragsklausel war überdies nicht an die Arbeitnehmer der Beklagten gerichtet. Sie entfaltete lediglich schuldrechtliche Wirkung zwischen den Parteien des Aktienkaufvertrags. Selbst wenn die Arbeitnehmer - möglicherweise sogar trotz einer in demselben Vertrag enthaltenen Verschwiegenheitspflicht - von der Klausel Kenntnis gehabt haben sollten, wäre diese aus Sicht eines objektiven Empfängers auch aus diesem Grund nicht geeignet gewesen, dem Verhalten der Beklagten einen über die Weitergabe der jeweiligen Entgelterhöhung hinausgehenden vertraglichen Erklärungsgehalt beizumessen.

27

2. Die Entscheidung erweist sich auch nicht aus einem anderen Grund als richtig (§ 561 ZPO).

28

a) Ein Anspruch auf die Weitergabe der Tarifentgelterhöhungen folgt nicht aus § 2 des Arbeitsvertrags. Die dort enthaltene Bezugnahmeregelung ist als sog. Gleichstellungsabrede auszulegen. Ihre Dynamik endete daher mit dem Verbandsausschluss der Beklagten zum 31. März 1999.

29

aa) Nach der früheren Rechtsprechung des Senats galt die - widerlegbare - Vermutung, es gehe einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten Beschäftigten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Der Senat ging davon aus, mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel sollte lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags für alle Beschäftigten zu kommen. Daraus hat der Senat die Konsequenz gezogen, ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder aus den Begleitumständen bei Vertragsschluss seien im Falle der normativen Gebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeklauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik gehe nur so weit, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reiche, sie ende also dann, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden sei (st. Rspr., sh. nur BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 f. mwN).

30

bb) Diese Rechtsprechung hat der Senat für vertragliche Bezugnahmeklauseln, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Er wendet die Auslegungsregel lediglich aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind (BAG 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 24 ff., BAGE 116, 326; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29 ff., BAGE 122, 74; bestätigt durch BVerfG 26. März 2009 - 1 BvR 3564/08 - und 21. April 2009 - 1 BvR 784/09 -).

31

cc) In Anwendung dieser Grundsätze verweist § 2 des Arbeitsvertrags lediglich statisch auf den am 31. März 1999 geltenden BAT.

32

(1) Die Beklagte war bei Abschluss des Arbeitsvertrags im März 1995 nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG aufgrund ihrer Verbandsmitgliedschaft im Kommunalen Arbeitgeberverband an den BAT gebunden. Ihre Tarifgebundenheit endete durch den Verbandsausschluss zum 31. März 1999. Die nach diesem Zeitpunkt vorgenommenen Tarifänderungen einschließlich der in den Jahren 2005 und 2006 erfolgten Ablösung des BAT durch den TVöD und den TV-L werden von der Bezugnahmeklausel nicht mehr erfasst.

33

(2) Aus der Bezugnahmeklausel oder den Begleitumständen ergeben sich im Entscheidungsfall keine Anhaltspunkte für ein abweichendes Verständnis der vertraglichen Regelung. Insbesondere rechtfertigt die - bloße - Weitergabe mehrerer Tarifentgelterhöhungen nicht die Annahme, die Beklagte habe eine unbedingte dynamische Bezugnahme vertraglich vereinbaren wollen (so allerdings LAG Rheinland-Pfalz 9. September 2011 - 9 Sa 147/11 - zu B II 1 c der Gründe). Zwar kann die tatsächliche Praxis des Vollzugs einer vertraglichen Regelung durch die Arbeitsvertragsparteien Anhaltspunkte für deren tatsächlichen Willen enthalten und somit für die Auslegung von Bedeutung sein. Der bei Vertragsschluss zum Ausdruck gebrachte objektive Gehalt der wechselseitigen Willenserklärungen kann aber durch die spätere tatsächliche Handhabung nicht mehr beeinflusst werden (BAG 7. Juni 2006 - 4 AZR 272/05 - Rn. 43).

34

(3) Die Arbeitsvertragsparteien haben nach dem 31. Dezember 2001 keinen „Neuvertrag“ abgeschlossen.

35

(a) Der von der Rechtsprechung gewährte Vertrauensschutz für „Altverträge“ entfällt, wenn die Bezugnahmeklausel nach dem 31. Dezember 2001 erneut vereinbart wird. Bei der Änderung eines von einem Arbeitgeber geschlossenen „Altvertrags“ ist dies der Fall, wenn die vertragliche Bezugnahmeregelung in der nachfolgenden Vertragsänderung zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der beteiligten Vertragsparteien gemacht worden ist (BAG 8. Juli 2015 - 4 AZR 51/14 - Rn. 26; 13. Mai 2015 - 4 AZR 244/14 - Rn. 26; 24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 25 mwN).

36

(b) Eine ausdrückliche Vertragsänderung nach dem 31. Dezember 2001, in der die Parteien § 2 des Arbeitsvertrags erneut zum Gegenstand ihrer rechtsgeschäftlichen Willensbildung gemacht hätten, ist nicht ersichtlich. Anhaltspunkte für eine konkludente Vertragsänderung sind ebenfalls nicht gegeben. Allein die Weitergabe der Tarifentgelterhöhungen lässt nicht auf einen entsprechenden vertraglichen Erklärungswillen schließen.

37

b) Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht - wie von ihr geltend gemacht - aus § 5 II Nr. 5 des Aktienkaufvertrags iVm. §§ 328 ff. BGB. Die Vertragserklärung stellt keinen (echten) Vertrag zugunsten Dritter dar. Schon der Wortlaut der Regelung bietet keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Auslegung, es handele sich um einen Vertrag iSv. § 328 BGB, der unmittelbare Rechte zugunsten der Klägerin und der anderen Arbeitnehmer begründe. In § 5 II Nr. 5 des Aktienkaufvertrags heißt es lediglich, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorhandenen Mitarbeiter würden weiterhin nach BAT-BMT-G entlohnt. Daraus ergibt sich allenfalls die Verpflichtung der Anteilskäuferin gegenüber den Verkäuferinnen, die Beschäftigten trotz des Übergangs der Kliniken weiterhin nach dem BAT oder dem BMT-G zu vergüten. Darüber hinausgehende Verpflichtungen der Beklagten gegenüber den Arbeitnehmern, die innerhalb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden sollten, enthält dieser Passus nicht (ebenso hinsichtlich derselben Klausel BAG 29. November 2007 - 2 AZR 789/06 - Rn. 21).

38

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Eylert    

        

    Treber    

        

    Rinck     

        

        

        

    Drechsler    

        

    Th. Hess     

                 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 11. November 2016 - 6 Sa 110/16 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anwendbarkeit von Tarifverträgen auf ihr Arbeitsverhältnis und daraus folgende Vergütungsansprüche der Klägerin.

2

Die Beklagte betreibt Duty-Free-Shops an Flughäfen. Die Klägerin ist bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin, der Firma H, in Nordrhein-Westfalen beschäftigt. In dem Anstellungsvertrag vom 26. Mai 1992 finden sich ua. die folgenden Regelungen:

        

„1.     

Der Mitarbeiter wird ab dem 01.05.1992 für H als

                 

Verkäuferin/Kassiererin

                 

tätig.

        

…       

        

3.    

Es gelten die Bestimmungen der für den Einsatzort einschlägigen Tarifverträge für die Beschäftigten im Einzelhandel - soweit sie für H verbindlich sind - sowie etwaige Betriebsvereinbarungen/-ordnungen in ihrer jeweils geltenden Fassung.

        

…       

        
        

6.    

Der Mitarbeiter wird in die Gehaltsgruppe II, Stufe 3-5 des geltenden Gehaltstarifvertrages eingestuft (Tarifgehalt derzeit DM 2.706.--). Die Vergütung (nachfolgend kurz: Gehalt) wird monatlich nachträglich auf ein vom Mitarbeiter einzurichtendes Konto gezahlt.

        

…“    

        
3

Der nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bei Vertragsbeginn noch geltende Gehaltstarifvertrag ua. zwischen dem Einzelhandelsverband Nordrhein e.V. und der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen im DGB sowie der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft vom 21. Juni 1991 (im Folgenden GTV 1992) enthielt in § 3 (Beschäftigungsgruppen) unter Buchst. B folgende Regelungen:

        

Gehaltsgruppe I

        

Angestellte mit einfacher kaufmännischer Tätigkeit

        

Beispiele:

        

VerkäuferIn

        

KassiererIn mit einfacher Tätigkeit

        

…       

        

Gehaltsgruppe II

        

Angestellte mit einer Tätigkeit, die erweiterte Fachkenntnisse und eine größere Verantwortung erfordern.

        

Beispiele:

        

Erster VerkäuferIn

        

…       

        

KassiererIn mit gehobener Tätigkeit

        

…       

                 
        

3. bis 5. Jahr der Tätigkeit

DM 2.706,00

        

…“    

4

Unter dem Datum des 7. Januar 2002 trafen die Parteien unter der Überschrift „Ergänzung des Arbeitsvertrages vom 26. Mai 1992“ die folgenden Vereinbarungen:

        

„1.     

In der Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 31. März 2002 reduzieren wir Ihre monatliche Arbeitszeit von derzeit 163,0 Stunden auf 120,0 Stunden. Rechtzeitig vor Ablauf der drei Monate werden wir in einem gemeinsamen Gespräch darüber entscheiden, ob Sie für einen weiteren Monat 120 Stunden arbeiten werden

        
        

2.    

Analog zu Ihrer neuen monatlichen Arbeitszeit kürzen sich Ihre monatlichen Bezüge wie folgt:

        
                 

Tarifgehalt G II nach dem 5. Tätigkeitsjahr

€    1.610,80

                 

Essengeld brutto

€         15,83

                 

Mankogeld

€         11,78

                 

gesamt

€    1.638,41

        

3.    

Entsprechend Ihrer monatlichen Arbeitszeit kürzen wir das Urlaubs- sowie Weihnachtsgeld und Ihren Urlaubsanspruch.

        
        

4.    

Alle übrigen Punkte behalten weiterhin ihre Gültigkeit.“

        
5

Für die Zeit vom 1. Mai bis zum 31. Oktober 2006 schlossen die Parteien am 19. Mai 2006 erneut eine entsprechend formulierte Vereinbarung über die Kürzung der Arbeitszeit.

6

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten trat mit Ablauf des 31. Dezember 2011 aus dem Arbeitgeberverband „Rheinischer Einzelhandels- und Dienstleistungsverband“ aus. Die zum 1. Juli 2012 im Gehaltstarifvertrag zwischen dem Handelsverband Nordrhein-Westfalen und der Gewerkschaft ver.di vom 29. Juni 2011 (im Folgenden GTV 2011) vorgesehene Erhöhung der Vergütung in der Gehaltsgruppe II nach dem 5. Tätigkeitsjahr von monatlich 2.589,00 Euro brutto auf monatlich 2.641,00 Euro brutto gab sie an die Klägerin weiter.

7

Am 1. Januar 2013 ging das Arbeitsverhältnis der Klägerin im Wege eines Betriebsübergangs auf die Beklagte über, die nicht tarifgebundenes Mitglied eines Arbeitgeberverbandes ist.

8

Der zwischen dem Handelsverband Nordrhein-Westfalen und der Gewerkschaft ver.di vereinbarte Tarifvertrag vom 10. Dezember 2013 (im Folgenden TV 2013) sah zum 1. August 2013 eine 3-prozentige Entgelterhöhung in der Gehaltsgruppe II auf monatlich 2.720,00 Euro brutto und zum 1. Mai 2014 eine 2,1-prozentige Erhöhung der Vergütung auf monatlich 2.777,00 Euro brutto vor. Eine weitere 2,5-prozentige Tariferhöhung erfolgte ab dem 1. August 2015 auf monatlich 2.848,00 Euro brutto. Die Beklagte zahlte der Klägerin unverändert ein monatliches Entgelt iHv. 2.641,00 Euro zuzüglich einer Reinigungspauschale, vermögenswirksamen Leistungen, Essens- sowie Mankogeld.

9

Die Klägerin wies außergerichtlich mit Schreiben vom 10. Februar 2014 auf die letzten beiden Tariflohnerhöhungen sowie darauf hin, dass die Erhöhungen in ihrer Gehaltsabrechnung von Januar 2014 nicht berücksichtigt worden seien. Mit anwaltlichem Schreiben vom 8. Juni 2015 machte sie erfolglos die Weitergabe von Tariflohnerhöhungen geltend.

10

Mit ihrer der Beklagten am 24. Juli 2015 zugestellten Klage hat die Klägerin zuletzt noch die monatliche Differenz zwischen dem ihr gezahlten Gehalt iHv. 2.641,00 Euro und dem Entgelt der Gehaltsgruppe II (ab dem 5. Tätigkeitsjahr) des jeweils aktuellen Gehaltstarifvertrags für die Zeit vom Februar 2014 bis November 2015 eingeklagt. Sie hat die Ansicht vertreten, arbeitsvertraglich sei eine Bezugnahme auf den jeweils gültigen Tarifvertrag vereinbart worden und nicht lediglich eine Gleichstellung mit tarifgebundenen Arbeitnehmern beabsichtigt gewesen, was die Regelung zur Eingruppierung verdeutliche. Durch die Vereinbarungen in den Jahren 2002 und 2006 sei die Bezugnahmeregelung im Übrigen erneut zum Gegenstand der Willensbildung der Parteien gemacht worden, weshalb keine Vermutung gelte, dass bei Verbandsaustritt des Arbeitgebers zukünftige Tarifverträge nicht mehr zur Anwendung kommen sollten.

11

Nach einer teilweisen Klagerücknahme hat die Klägerin zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.097,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in näher bestimmter Höhe und zeitlicher Staffelung zu zahlen;

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr ab 1. Dezember 2015 ein Entgelt nach der Gehaltsgruppe G II (nach 5 Jahren der Tätigkeit) gemäß den zum Fälligkeitszeitpunkt geltenden Regelungen der zwischen dem Handelsverband Nordrhein-Westfalen und der Gewerkschaft ver.di abgeschlossenen Tarifverträge für die Beschäftigten des Einzelhandels Nordrhein-Westfalen zu zahlen.

12

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags die Auffassung vertreten, der Arbeitsvertrag aus dem Jahr 1992 enthalte zur Anwendung der Tarifverträge für den Einzelhandel eine Gleichstellungsklausel. Der Gleichstellungszweck ergebe sich bereits hinreichend deutlich aus dem Wortlaut der Klausel. Diese rechtliche Einordnung habe sich durch die Vereinbarungen in den Jahren 2002 und 2006 nicht verändert. Aufgrund des Austritts der Rechtsvorgängerin aus dem Arbeitgeberverband habe auch die Geltung der Bezugnahmeklausel ihr Ende gefunden. Jedenfalls habe die Dynamik mit dem Betriebsübergang geendet.

13

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht abgeändert und die Klage abgewiesen.

15

I. Die Klageanträge sind zulässig. Insbesondere ist der Feststellungsantrag zu 2. in der zuletzt gestellten Fassung hinreichend bestimmt.

16

1. Wird mit der Klage die Feststellung begehrt, dass ein bestimmter Tarifvertrag auf ein Arbeitsverhältnis Anwendung findet (vgl. zur grds. Zulässigkeit solcher Elementenfeststellungsklagen BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, BAGE 128, 165), ist dieser Tarifvertrag so im Antrag zu benennen, dass keine Zweifel darüber bestehen, welcher Tarifvertrag gemeint ist. Nur dann ist zuverlässig erkennbar, worüber das Gericht eine Sachentscheidung erlassen soll. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Verbindlichkeit eines Tarifvertrags in der „jeweils gültigen“ Fassung - oder wie hier in der „zum Fälligkeitszeitpunkt geltenden“ Fassung - festgestellt werden soll. Es muss zweifelsfrei feststehen, welchem Tarifvertrag welcher Tarifvertragsparteien nach dem in der Vereinbarung einer vertraglichen Verweisungsklausel zum Ausdruck kommenden Willen der Arbeitsvertragsparteien die Arbeitsbedingungen folgen sollen (BAG 25. Januar 2017 - 4 AZR 517/15 -). Diese Zuweisung erfolgt tarifvertragsbezogen und damit bei einer dynamischen Verweisungsklausel auch auf die Folgetarifverträge, die die jeweiligen konkreten Tarifvertragsparteien - und nur diese - vereinbaren. An die Tarifverträge anderer Tarifvertragsparteien wollten die Arbeitsvertragsparteien sich mit einer dynamischen Verweisungsklausel nicht binden, wenn es hierfür nicht besondere Anhaltspunkte gibt (vgl. zB BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 39, BAGE 138, 269).

17

2. Die Klägerin hat klargestellt, dass sich ihr Antrag nur auf die Anwendbarkeit der zwischen dem Handelsverband Nordrhein-Westfalen und der Gewerkschaft ver.di abgeschlossenen Tarifverträge für die Beschäftigten des Einzelhandels NRW bezieht. Im Einklang hiermit hatte sie den zwischen diesen Tarifvertragsparteien unter dem 10. Dezember 2013 abgeschlossenen Tarifvertrag bereits mit der Klageschrift als Anlage zur Gerichtsakte gereicht und den bezifferten Klageantrag zu 1. auf dessen Grundlage berechnet.

18

II. Die Klageanträge sind jedoch unbegründet. Die Beklagte ist nach den zwischen ihrer Rechtsvorgängerin und der Klägerin getroffenen vertraglichen Vereinbarungen, die gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf das Arbeitsverhältnis der Parteien unverändert übergegangen sind, nicht verpflichtet, eine Vergütung gemäß der Gehaltsgruppe II (nach dem 5. Tätigkeitsjahr) der zwischen dem Handelsverband Nordrhein-Westfalen und der Gewerkschaft ver.di geschlossenen und nach dem 1. Juli 2012 in Kraft getretenen Gehaltstarifverträge zu zahlen. Die Beklagte hat die streitigen Entgeltansprüche der Klägerin für den Zeitraum vom Februar 2014 bis November 2015 daher bereits vollständig erfüllt (§ 362 BGB).

19

1. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass es keines Rückgriffs auf die - widerlegbare - Vermutungsregel zu Gleichstellungsabreden bei sogenannten Altverträgen (vgl. BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 f. mwN) bedarf. Es kann deshalb im Ergebnis offenbleiben, ob es sich bei dem Arbeitsvertrag, der dem Arbeitsverhältnis der Parteien zugrunde liegt, aufgrund der Änderungsvereinbarungen vom 7. Januar 2002 und vom 19. Mai 2006 um einen sog. Neuvertrag im Sinne der jüngeren Rechtsprechung des Senats (vgl. BAG 7. Dezember 2016 - 4 AZR 414/14 - Rn. 29 ff. mwN) handelt. Auch die Anwendung der Auslegungsgrundsätze bei Neuverträgen führt nicht zu einer Anwendbarkeit der Entgelttarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung.

20

Die Parteien haben in ihrem Arbeitsvertrag eine ausdrückliche Gleichstellungsabrede vereinbart. Die Auslegung des schriftlichen Arbeitsvertrags der Parteien vom 26. Mai 1992, dessen Wortlaut in den Ziffern 3 und 6 durch die Änderungsvereinbarungen in den Jahren 2002 und 2006 unverändert geblieben ist, ergibt, dass die einschlägigen Tarifverträge für die Beschäftigten im Einzelhandel nur dann in ihrer jeweils geltenden Fassung zur Anwendung kommen sollen, wenn die Arbeitgeberin ihrerseits an diese Tarifverträge iSd. TVG gebunden ist. Es handelt sich um eine nur bedingte zeitdynamische Verweisung.

21

a) Bei dem Arbeitsvertrag der Parteien handelt es sich um einen Formularvertrag, dessen Bestimmungen nach den Regelungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen auszulegen sind (zu den Maßstäben sh. nur BAG 14. Dezember 2011 - 4 AZR 28/10 - Rn. 29 mwN). Die Auslegung von typischen Vertragsklauseln ist der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht zugänglich (st. Rspr. vgl. BAG 7. Dezember 2016 - 4 AZR 414/14 - Rn. 21 mwN). Das gilt auch für dynamische Verweisungsklauseln (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 24, BAGE 122, 74).

22

b) Eine Gleichstellungsabrede im Sinne einer nur bedingten zeitdynamischen Verweisung auf Tarifverträge setzt voraus, dass die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers in einer für den Arbeitnehmer erkennbaren Weise zur auflösenden Bedingung der Vereinbarung gemacht worden ist. Dies ist - auch bei nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 abgeschlossenen Neuverträgen - jedenfalls dann anzunehmen, wenn bereits im Wortlaut der Klausel mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck kommt, dass die Anwendung der Tarifverträge von der Tarifbindung des Arbeitgebers abhängig ist (vgl. BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 26, 28, BAGE 122, 74; 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 22, BAGE 132, 261; vgl. auch JKOS/Oetker 2. Aufl. § 6 Rn. 202).

23

c) Dies ist vorliegend der Fall.

24

aa) Im Wortlaut kommt der Gleichstellungszweck jedenfalls dann ausreichend zum Ausdruck, wenn die einschlägigen Gesetzesvorschriften in die Bezugnahmeklausel aufgenommen werden (vgl. BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - Rn. 38, BAGE 132, 169; 21. Oktober 2010 - 4 AZR 396/08 - Rn. 52, jew. unter Hinweis auf die Formulierungsvorschläge von Jacobs FS Birk S. 243, 261 ff. und Olbertz BB 2007, 2737, 2740, sh. auch Jacobs BB 2011, 2037, 2041). Die Aufnahme der Normen des TVG zur Tarifbindung ist jedoch für die Vereinbarung einer Gleichstellungsabrede nicht zwingend erforderlich. Entscheidend ist, ob der Arbeitgeber, der die Klausel vorformuliert, den Zweck und die Folgen der Regelung ausreichend zum Ausdruck bringt (vgl. die Formulierungsvorschläge bei Giesen NZA 2006, 625, 630; Lingemann in Bauer/Lingemann/Diller/Haußmann Anwalts-Formularbuch Arbeitsrecht 6. Aufl. Kap. 2 M 2.2 Nr. 5; Thüsing/Braun/Reufels Tarifrecht 2. Aufl. 8. Kap. Klausel 2 zu Rn. 52; sh. auch bereits Hanau/Kania FS Schaub S. 239, 261; Thüsing/Lambrich NZA 2002, 1361, 1368).

25

bb) Mit dem Vorbehalt in Ziffer 3 des Anstellungsvertrags „soweit sie für H verbindlich sind“ hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten ihre Tarifgebundenheit an den in Bezug genommenen Tarifvertrag in hinreichend erkennbarer Weise zur auflösenden Bedingung der Vereinbarung gemacht, auch wenn die Folgen der Beendigung der Tarifbindung in der Klausel nicht ausdrücklich beschrieben werden. Die Auslegung durch das Landesarbeitsgericht lässt insofern keinen Rechtsfehler erkennen.

26

(1) Das Wort „soweit“ schränkt die im vorangegangenen Satzteil aufgestellte Aussage ausdrücklich ein. Erkennbar soll die Geltung der Bestimmungen der für den Einsatzort einschlägigen Tarifverträge im Einzelhandel unter eine Bedingung gestellt werden. Sind die Voraussetzungen der Bedingung nicht erfüllt, sollen die Tarifverträge nicht „gelten“. Insofern ist es unschädlich, dass die Rechtsfolgen des Wegfalls der Bedingung nicht noch einmal ausdrücklich formuliert sind.

27

(2) Auch die Bedingung selbst ist inhaltlich hinreichend klar formuliert. Zwar wird nicht der Begriff „tarifgebunden“ verwandt. Durch das Wort „verbindlich“ wird aber zum Ausdruck gebracht, dass eine Tarifgebundenheit der Arbeitgeberin iSd. TVG Voraussetzung für die Anwendung der Tarifverträge sein soll. Das Wort „verbindlich“ wird synonym gebraucht zu „bindend“ oder „verpflichtend“ (vgl. Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl.). Voraussetzung ist mithin eine unabhängig vom Arbeitsvertrag bestehende Bindung der Arbeitgeberin an den fraglichen Tarifvertrag. Die Tarifgebundenheit ist gesetzlich in § 3 TVG geregelt, danach sind tarifgebunden die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist. Zudem erfassen nach § 5 Abs. 4 TVG mit ihrer Allgemeinverbindlicherklärung die Rechtsnormen des Tarifvertrags in seinem Geltungsbereich auch die bisher nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

28

(3) Entgegen der Ansicht der Klägerin sind die vertraglichen Bezugnahmeregelungen auch nicht widersprüchlich oder intransparent. Insbesondere besteht kein Widerspruch zwischen den Ziffern 3 und 6 des Arbeitsvertrags. Durch die Formulierung „geltenden“ Gehaltstarifvertrags nimmt der Arbeitsvertrag in Ziffer 6 auf die gesamte Regelung in Ziffer 3 Bezug. Ziffer 6 enthält erkennbar keine eigene konstitutive Bezugnahme auf die Tarifverträge des Einzelhandels. Die Klausel regelt vielmehr ausdrücklich nur die Einstufung in den Tarifvertrag, wenn er nach Ziffer 3 gilt.

29

(4) Schließlich kann auch in dem Inhalt der Lohnabrechnungen kein Indiz für eine unbedingte zeitdynamische Verweisung gesehen werden. Eine Lohnabrechnung stellt regelmäßig nur eine Wissens- und keine rechtsgestaltende Willenserklärung dar (vgl. BAG 10. März 1987 - 8 AZR 610/84 - zu I 4 b aa der Gründe, BAGE 54, 242; AR-Kolbe 8. Aufl. § 108 GewO Rn. 2). Im Übrigen handelte es sich bei dem abgerechneten Entgelt auch der Höhe nach um das Tarifentgelt. Wodurch mit der Entgeltabrechnung bei der Klägerin die Erwartung geweckt worden sein soll, auch zukünftige Erhöhungen des Tarifentgelts zu erhalten, erklärt die Revisionsbegründung nicht.

30

(5) Vor diesem Hintergrund hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen, dass für die Anwendung der Zweifelsfallregelung in § 305c Abs. 2 BGB kein Raum ist. Die Unklarheitenregelung setzt voraus, dass die Auslegung nach den einschlägigen Auslegungsregeln zu nicht behebbaren Zweifeln führt (BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 812/06 - Rn. 23; JKOS/Oetker 2. Aufl. § 6 Rn. 232). Dies ist hier auch deshalb nicht der Fall, weil es an einer ernsthaft in Betracht kommenden anderen Bedeutung der Klausel fehlt. Insbesondere kann - entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts - nicht angenommen werden, es solle auch auf die vertragliche Bindung an die Tarifverträge im ersten Halbsatz ankommen. Durch die Einleitung mit dem Wort „soweit“ wird deutlich gemacht, dass es sich gerade um eine Ausnahme zur Regelung im ersten Halbsatz handeln soll.

31

2. Die hinsichtlich der Dynamik der Verweisung vereinbarte auflösende Bedingung ist eingetreten. Die Tarifgebundenheit der Rechtsvorgängerin der Beklagten endete aufgrund ihres Austritts aus dem Arbeitgeberverband zum 31. Dezember 2011. Insoweit bestand lediglich noch eine Nachbindung gem. § 3 Abs. 3 TVG an die zu diesem Zeitpunkt geltenden Tarifverträge, nicht jedoch eine Tarifgebundenheit an die nach diesem Zeitpunkt vereinbarten Tarifverträge. Die nach dem 31. Dezember 2011 vereinbarten Gehaltstarifverträge für den Einzelhandel in NRW, auf die die Klägerin ihre Ansprüche stützt, kamen im Arbeitsverhältnis nach § 3 des Arbeitsvertrags damit nicht zur Anwendung.

32

3. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten nach ihrem Austritt aus dem Arbeitgeberverband noch eine tarifliche Gehaltserhöhung an die Klägerin weitergegeben hat. Hierin liegt nicht das konkludente Angebot, abweichend von § 3 des Anstellungsvertrags unabhängig von ihrer Tarifbindung zukünftig alle Tariflohnerhöhungen weiterzugeben(sh. zu den Voraussetzungen des Entstehens einer entsprechenden betrieblichen Übung BAG 9. Februar 2005 - 5 AZR 284/04 - Rn. 20 f. mwN). Dies behauptet die Klägerin selbst nicht.

33

4. Auch nachdem das Arbeitsverhältnis der Klägerin am 1. Januar 2013 auf die Beklagte übergegangen und die Bezugnahmeklausel nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien geworden war, kamen diese Tarifverträge nicht zur Anwendung. Die Beklagte ist nach den übereinstimmenden Erklärungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat OT-Mitglied im Arbeitgeberverband Rheinischer Einzelhandels- und Dienstleistungsverband. Damit ist sie an die Gehaltstarifverträge, auf die die Klägerin ihren Anspruch stützt, nicht gebunden iSd. § 3 TVG(vgl. BAG 21. Januar 2015 - 4 AZR 797/13 - Rn. 16 ff. mwN, BAGE 150, 304). Die Tarifverträge sind auch nicht nach § 5 TVG für allgemeinverbindlich erklärt.

34

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Eylert    

        

    Creutzfeldt    

        

    Klose    

        

        

        

    Redeker    

        

    Bredendiek    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 30. Juli 2013 - 6 Sa 237/13 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Bamberg, Kammer Coburg, vom 18. April 2013 - 4 Ca 548/12 - wird zurückgewiesen.

3. Der Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Begründetheit einer zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderung.

2

Die Klägerin ist bei der Schuldnerin und ihrer Rechtsvorgängerin als Krankenschwester beschäftigt. Sie erhielt bei einer monatlichen Arbeitszeit von zuletzt 120 Stunden ein Entgelt iHv. 1.851,15 Euro brutto.

3

Im Arbeitsvertrag vom 30. September 1992 heißt es ua.:

        

㤠2

        

Anwendung von Tarifverträgen

        

Auf das Arbeitsverhältnis finden in der jeweils gültigen Fassung Anwendung:

        

a) der Bundesmanteltarifvertrag zwischen dem Bundesverband Deutscher Privatkrankenanstalten e. V. (BDPK) einerseits und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr sowie der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft andererseits,

        

b) der Vergütungs- und Lohntarifvertrag zwischen dem Verband der Privatkrankenanstalten (Landesverband der BDPK) einerseits und der Bezirksverwaltung ………. der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr sowie dem Landesverband ………. der Deutschen Angestellten Gewerkschaft andererseits.

        

…       

        

§ 6

        

Vergütung

        

1.    

Fr. M... wird in die Vergütungsgruppe KR IV (§ 4/Anlage 4 des Vergütungstarifvertrages) eingereiht. …“

4

Die Schuldnerin wechselte zum 1. Januar 1994 von einer tarifgebundenen in eine außerordentliche Mitgliedschaft (ohne Tarifbindung) im Verband der Privatkrankenanstalten in Bayern e. V. (VPKA), welcher seinerseits Mitglied im BDPK (jetzt Bundesverband Deutscher Privatkliniken e. V.) ist. Seit dem Wechsel in die außerordentliche Mitgliedschaft vergütet die Schuldnerin neu eingetretene Arbeitnehmer nach einem eigenen Regelwerk.

5

Im Laufe des Arbeitsverhältnisses wurde die vertragliche Arbeitszeit der Klägerin mehrfach geändert. In der Änderungsvereinbarung vom 9. Dezember 2003 heißt es ua.:

        

„Die Vertragsparteien stimmen überein, dass der § 7 - Beschäftigungszeit - des am 30.09.1992 geschlossenen Arbeitsvertrages gegenstandslos ist und durch den folgenden ersetzt wird.

        

§ 7

        

Beschäftigungszeit

        

(1) Die Beschäftigungszeit (§ 9 des Bundesmanteltarifvertrages) beginnt am 01.09.2003.

        

Frau B wird auf Ihren eigenen Wunsch mit 100 Stunden monatlich beschäftigt.

        

Weitere Paragraphen des Arbeitsvertrages vom 30.09.1992 bleiben unberührt.“

6

Die mit Schreiben vom 3. Januar 2012 geltend gemachten weiter gehenden Zahlungsansprüche auf der Grundlage der „aktuellen Entgelttabelle“ wies die Schuldnerin zurück.

7

Mit ihrer am 3. Juli 2012 erhobenen Klage hat die Klägerin zunächst die Zahlung tariflicher Vergütungsdifferenzen für den Zeitraum von Juli 2011 bis Juni 2012 begehrt. Nachdem das Amtsgericht Coburg am 30. Juli 2012 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und den Beklagten zum Insolvenzverwalter bestellt hatte, hat die Klägerin den Rechtsstreit gegen den Beklagten wieder aufgenommen und ihre Klage nunmehr auf Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle umgestellt.

8

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr ursprünglicher Arbeitsvertrag verweise auf die im Tarifbezirk Bayern geltenden Vergütungs- bzw. Entgelttarifverträge. Ihre in § 6 des Arbeitsvertrags aufgeführte Bruttovergütung habe dem Betrag entsprochen, der ihr nach dem damaligen Vergütungstarifvertrag zugestanden hätte. Auch seien auf ihr Arbeitsverhältnis tatsächlich die für das Tarifgebiet Bayern maßgebenden Tarifverträge im Übrigen angewandt worden. Die Bezugnahmeklausel sei nicht mehr als Gleichstellungsabrede zu verstehen, sondern enthalte nach der Änderungsvereinbarung vom 9. Dezember 2003 eine unbedingte zeitdynamische Verweisung auf den zwischen der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), Landesbezirk Bayern, und dem VPKA abgeschlossenen Entgelttarifvertrag Nr. 3 (ETV Nr. 3 VPKA).

9

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass ihr im Insolvenzverfahren über das Vermögen der D GmbH zur Insolvenztabelle laufende Nr. 194 eine Insolvenzforderung iHv. 7.304,54 Euro brutto zusteht.

10

Der Beklagte hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags ausgeführt, die Änderungsvereinbarung vom 9. Dezember 2003 sei nur auf Wunsch der Klägerin an die wöchentliche Arbeitszeit angepasst worden. § 2 des ursprünglichen Arbeitsvertrags sei nicht Gegenstand der Vertragsänderung gewesen. Der Satz, nach dem weitere Paragrafen des Arbeitsvertrags unberührt bleiben sollten, sei lediglich floskelhaft aufgenommen worden. Der Klägerin sei bekannt gewesen, dass nach dem 1. Januar 1994 nur Arbeitsverträge ohne Bezugnahmeklauseln abgeschlossen worden seien.

11

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, den Wert des Streitgegenstands auf 547,84 Euro festgesetzt und die Berufung nicht zugelassen. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts auf die - von ihm für zulässig gehaltene - Berufung des Beklagten abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts war deshalb aufzuheben und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 3 ZPO).

13

I. Die Revision ist nicht schon deshalb begründet, weil die Berufung des Beklagten unzulässig gewesen wäre.

14

1. Gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG iVm. § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist die Berufung nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 Euro übersteigt. Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen (§ 64 Abs. 5 Halbs. 1 ArbGG).

15

Das Arbeitsgericht ist unter Zugrundelegung einer geschätzten Quote von 7,5 vH von einem Wert des Streitgegenstands von 547,84 Euro ausgegangen und hat die Berufung nicht zugelassen. Der Beklagte hat hingegen glaubhaft gemacht, dass der Wert des Beschwerdegegenstands 3.652,27 Euro beträgt.

16

a) Der Wert einer Klage auf Feststellung von Forderungen zur Insolvenztabelle richtet sich nach § 182 InsO. Danach ist der Betrag maßgebend, der bei der Verteilung der Insolvenzmasse für die Forderung zu erwarten ist. Dieser ist nach gerichtlichem Ermessen zu schätzen (vgl. nur Hessisches LAG 5. August 2013 - 1 Ta 217/13 -; LAG Baden-Württemberg 3. Mai 2012 - 5 Ta 3/12 -; LAG Rheinland-Pfalz 1. März 2010 - 1 Ta 16/10 -). Maßgebend ist dabei die Sicht des über die Statthaftigkeit des Rechtsmittels entscheidenden Berufungsgerichts (vgl. BAG 16. Mai 2007 - 2 AZB 53/06 - Rn. 7; 13. Februar 1984 - 7 AZB 22/83 -).

17

b) Der Beklagte hat in der Berufungsschrift vorgetragen, laut Bericht des Insolvenzverwalters habe die zu erwartende Quote - anders als vom Arbeitsgericht geschätzt - mindestens 50 vH betragen. Diese Angabe hat die Klägerin nicht bestritten.

18

2. Der Statthaftigkeit der Berufung steht die Streitwertfestsetzung durch das Arbeitsgericht nicht entgegen (zur Bindungswirkung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung vgl. BAG 4. Juni 2008 - 3 AZB 37/08 -; 16. Mai 2007 - 2 AZB 53/06 - Rn. 6 mwN; grundlegend 2. März 1983 - 5 AZR 594/82 - BAGE 44, 13; kritisch BCF/Friedrich ArbGG 5. Aufl. § 64 Rn. 9; GK-ArbGG/Vossen Stand November 2016 § 64 Rn. 32 ff.). Die Schätzung des Arbeitsgerichts war offensichtlich unzutreffend. Das Arbeitsgericht hat die zu erwartende Quote mangels tatsächlicher Anhaltspunkte unter Heranziehung allgemeiner Erfahrungswerte geschätzt. Das Landesarbeitsgericht durfte der Streitwertbemessung demgegenüber die in der Berufungsinstanz von dem Beklagten - erstmals - vorgetragene und von der Klägerin nicht bestrittene Quote von 50 vH zugrunde legen. Der danach zutreffende Wert übersteigt 600,00 Euro.

19

II. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage in der Sache zu Unrecht abgewiesen. Die Klage ist begründet. Der Klägerin steht eine Arbeitsvergütung nach § 611 BGB iVm. §§ 2 und 6 des Arbeitsvertrags vom 30. September 1992 sowie § 2 ETV Nr. 3 VPKA als Insolvenzforderung iSv. §§ 174 ff. InsO iHv. 7.304,54 Euro zu.

20

1. Nach § 6 iVm. § 2 des Arbeitsvertrags vom 30. September 1992 hat die Klägerin einen Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 Anlage 1 zu § 2 ETV Nr. 3 VPKA in Höhe des aktuellen Tarifentgelts. Die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel enthält eine unbedingte zeitdynamische Verweisung auf den ETV Nr. 3 VPKA. Das ergibt deren Auslegung.

21

a) Der Arbeitsvertrag vom 30. September 1992 ist - ebenso wie die Änderungsvereinbarung vom 9. Dezember 2003 - ein Formularvertrag, dessen Bestimmungen nach den Regelungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen auszulegen sind (zu den Maßstäben sh. nur BAG 14. Dezember 2011 - 4 AZR 28/10 - Rn. 29 mwN). Die Auslegung von typischen Vertragsklauseln ist der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht zugänglich (st. Rspr. des BAG, zB 19. März 2003 - 4 AZR 331/02 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 105, 284; 19. Oktober 2004 - 9 AZR 647/03 - zu III der Gründe, BAGE 112, 214). Das gilt auch für dynamische Verweisungsklauseln (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 24, BAGE 122, 74).

22

b) In Anwendung dieser Grundsätze ist der ETV Nr. 3 VPKA von der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel erfasst.

23

aa) Dessen wirksamer Inbezugnahme steht nicht entgegen, dass der Landesverband Bayern (VPKA) sowie die entsprechende Bezirksverwaltung bzw. der entsprechende Landesverband der Gewerkschaften nicht ausdrücklich in der Bezugnahmeklausel genannt werden. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt. Die Parteien haben in der Revision insoweit auch keine Rüge erhoben.

24

bb) Die Bezugnahmeklausel umfasst über ihren Wortlaut hinaus auch die Tarifverträge, die der VPKA mit der Gewerkschaft ver.di, Landesbezirk Bayern, abgeschlossen hat.

25

(1) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts handelt es sich bei einer Bezugnahmeklausel, die - wie hier - auf bestimmte Tarifverträge „in der jeweils gültigen Fassung“ verweist, regelmäßig um eine sog. kleine dynamische Verweisungsklausel, die sich zumindest auch auf die in Bezug genommenen ändernden Tarifverträge bezieht (vgl. nur BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 19; 7. Juli 2011 - 4 AZR 501/09 - Rn. 24).

26

(2) Der ETV Nr. 3 VPKA ist ein den ursprünglich in Bezug genommenen Vergütungstarifvertrag ändernder Tarifvertrag. Einer ergänzenden Vertragsauslegung bedarf es deshalb nicht.

27

(a) Dem steht nicht entgegen, dass nunmehr die Gewerkschaft ver.di Tarifvertragspartei ist. Am 1. Juli 2001 verschmolzen fünf Gewerkschaften, darunter die ÖTV und die DAG, zur Gewerkschaft ver.di. Diese ist dadurch als Tarifvertragspartei an die Stelle der Gründungsgewerkschaften getreten, deren vor der Verschmelzung abgeschlossene Tarifverträge nach § 95 der Satzung für ver.di als Rechtsnachfolger unverändert fortgalten (vgl. dazu BAG 11. Mai 2005 - 4 AZR 315/04 - zu I 2 c der Gründe, BAGE 114, 332). Die nunmehr von der Gewerkschaft ver.di abgeschlossenen Tarifverträge sind danach die ursprünglichen Tarifverträge ändernde Tarifverträge und damit von der Bezugnahmeklausel umfasst.

28

(b) Der ETV Nr. 3 VPKA ist auch nicht deshalb ein gänzlich anderes Tarifwerk, weil die Bezugnahmeklausel auf den „Vergütungs- und Lohntarifvertrag“ verweist. Bei den Entgelttarifverträgen handelt es sich lediglich um eine - sprachliche und inhaltliche - Zusammenfassung der Vergütungs- und Lohntarifverträge. Eine weiter gehende - grundsätzliche - Änderung des bisherigen Tarifsystems und der bisherigen Tarifwerke ist mit der Neufassung nicht verbunden gewesen.

29

c) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts handelt es sich bei der Bezugnahmeklausel nicht um eine sog. Gleichstellungsabrede, die eine unbedingte zeitdynamische Verweisung ausschließen könnte.

30

aa) Nach der früheren Rechtsprechung des Senats galt die - widerlegbare - Vermutung, es gehe einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten Beschäftigten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Der Senat ging davon aus, mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel sollte lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags für alle Beschäftigten zu kommen. Daraus hat der Senat die Konsequenz gezogen, ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder aus den Begleitumständen bei Vertragsschluss seien im Falle der normativen Gebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeklauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik gehe nur so weit, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reiche, sie ende also dann, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden sei (st. Rspr., sh. nur BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 f. mwN).

31

bb) Diese Rechtsprechung hat der Senat für vertragliche Bezugnahmeklauseln, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Er wendet die Auslegungsregel lediglich aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform vereinbart worden sind (BAG 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 24 ff., BAGE 116, 326; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29 ff., BAGE 122, 74; bestätigt durch BVerfG 26. März 2009 - 1 BvR 3564/08 - und 21. April 2009 - 1 BvR 784/09 -). Bei Arbeitsverträgen, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 abgeschlossen worden sind („Altverträge“), kommt die Anwendung der früheren Auslegungsregel jedoch dann nicht - mehr - zum Tragen, wenn sie nach dem 31. Dezember 2001 geändert worden sind. Dabei kommt es für die Beurteilung, ob es sich hinsichtlich der Auslegung dieser Klausel um einen Neu- oder Altvertrag handelt, maßgebend darauf an, ob die Klausel zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien gemacht worden ist. Nur wenn dies der Fall ist, wird die jeweilige Klausel von der Vertragsänderung erfasst (BAG 8. Juli 2015 - 4 AZR 51/14 - Rn. 26; 24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 25 mwN). Ein deutlicher Ausdruck dafür, dass eine zuvor bestehende Verweisungsklausel erneut zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien gemacht worden ist und die Parteien trotz der geänderten Gesetzeslage auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts am 1. Januar 2002 ausdrücklich an den zuvor getroffenen Abreden festhalten, liegt beispielsweise in der ausdrücklichen Erklärung, dass „alle anderen Vereinbarungen aus dem Anstellungsvertrag unberührt bleiben“ (vgl. BAG 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 49). Eine solche Regelung hindert die Annahme eines „Altvertrags“ und eine Rechtsfolgenkorrektur unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes (BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 25, BAGE 132, 261).

32

cc) Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe handelt es sich im Streitfall um einen sog. Neuvertrag.

33

(1) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts haben die Arbeitsvertragsparteien mit dem Änderungsvertrag vom 9. Dezember 2003 nicht lediglich die Arbeitszeit verändert. Mit der weiteren Formulierung „Weitere Paragraphen des Arbeitsvertrages vom 30.09.1992 bleiben unberührt“ haben sie vielmehr deutlich gemacht, dass sie sämtliche vorherigen Vereinbarungen und damit auch die bisherige Bezugnahmeklausel in ihre rechtsgeschäftliche Willensbildung einbezogen haben.

34

(2) Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Schuldnerin ihre tarifgebundene Mitgliedschaft im VPKA bereits neun Jahre vor der Vertragsänderung beendet hatte. Selbst wenn sich die tatsächlichen Arbeitsbedingungen in diesem Zeitraum geändert haben sollten, haben die Arbeitsvertragsparteien ausdrücklich die ursprüngliche Vertragsklausel und gerade nicht die tatsächlichen Arbeitsbedingungen zum Gegenstand ihrer Willensbildung gemacht (anders im Sachverhalt in BAG 19. Oktober 2011 - 4 AZR 811/09 -).

35

(3) Ein abweichendes Verständnis der Vertragsklausel im Änderungsvertrag vom 9. Dezember 2003 ist auch nicht deshalb geboten, weil die Schuldnerin mit den Arbeitnehmern, die nach ihrem Wechsel in eine außerordentliche Verbandsmitgliedschaft in das Unternehmen eingetreten sind, andere Arbeitsvertragsbedingungen vereinbart hat. Selbst wenn die Klägerin hiervon Kenntnis gehabt haben sollte, musste sie die angebotene Vertragsänderung nach dem objektiven Empfängerhorizont nicht dahin gehend verstehen, dass die Bezugnahmeklausel entgegen dem Wortlaut des Vertragstextes nicht novelliert werden sollte. Vereinbarungen, die der Arbeitgeber mit neu eingetretenen Arbeitnehmern trifft, lassen nicht ohne Weiteres den Schluss zu, die Arbeitgeberin wolle auch im Verhältnis zu den bisherigen Arbeitnehmern nicht an den vertraglichen Abreden festhalten. Dies gilt umso mehr, wenn sie - wie hier - in einem Zeitpunkt, zu dem sie ihre tarifgebundene Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband bereits beendet hatte, einen Änderungsvertrag unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die bisherigen vertraglichen Regelungen schließt und die Gelegenheit gerade nicht dazu nutzt, die Bezugnahmeklausel an die geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen anzupassen.

36

2. Die Entgeltdifferenzansprüche stehen der Klägerin unter Zugrundelegung der Entgelttabelle des ETV Nr. 3 VPKA auch der Höhe nach zu. Insoweit hat der Beklagte keine Einwände erhoben. Weiter gehende Ansprüche, die sich für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2012 aus dem am 12. Dezember 2011 abgeschlossenen ETV Nr. 4 VPKA ergeben könnten, hat die Klägerin nicht geltend gemacht.

37

III. Der Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

        

    Eylert    

        

    Klose    

        

    Rinck    

        

        

        

    Lippok    

        

    Krüger    

                 

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 17. März 2016 - 6 Sa 631/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch darüber, ob einzelvertraglich in Bezug genommene Arbeitsvertragsrichtlinien nach dem Betriebsübergang auf einen nichtkirchlichen Erwerber statisch oder dynamisch fortgelten.

2

Der Kläger ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger, dem Johanniter-Unfall-Hilfe e.V., seit 1991 im Rettungsdienst beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 14. August 1991 heißt es auszugsweise:

        

„Diakonie ist Wesens- und Lebensäußerung der Evangelischen Kirche. Die Evangelische Kirche nimmt ihre diakonischen Aufgaben durch das Diakonische Werk wahr. Die oben genannte Einrichtung ist dem Diakonischen Werk angeschlossen. Sie dient der Verwirklichung des gemeinsamen Werkes christlicher Nächstenliebe. Alle Mitarbeiter dieser Einrichtung … bilden ohne Rücksicht auf ihre Tätigkeit und Stellung eine Dienstgemeinschaft.

        

Auf dieser Grundlage wird der nachstehende Vertrag geschlossen:

        

…       

        

§ 2

        

Für das Dienstverhältnis gelten die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR) in der jeweils gültigen Fassung. …“

3

Das Arbeitsverhältnis ging zum 1. Januar 2014 auf die Beklagte über. Diese ist eine als gemeinnützige GmbH geführte Gliederung des Deutschen Roten Kreuzes, die in einem sächsischen Landkreis den bodengebundenen Rettungsdienst betreibt. Am 10. Juli 2014 sowie am 8. Dezember 2014 beschloss die Arbeitsrechtliche Kommission der Diakonie Deutschland die Erhöhung der Grundentgelte gemäß Anlage 2, der Sonderstufenentgelte gemäß Anlage 5 und der Stundenentgelte gemäß Anlage 9 zu den AVR rückwirkend zum 1. Juli 2014 für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgenommen Ärztinnen und Ärzte sowie Zahnärztinnen und Zahnärzte um 1,9 % bzw. ab dem 1. März 2015 die Erhöhung der Tabellenwerte der Anlagen 2, 5, 9 und 10a zu den AVR um 2,7 %. Die daraus folgenden Entgelterhöhungen gab die Beklagte nicht an den Kläger weiter.

4

Der Kläger begehrt zuletzt noch die Zahlung der Differenz zwischen der ihm gezahlten Vergütung und der ihm unter Berücksichtigung der Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission vom 10. Juli 2014 bzw. 8. Dezember 2014 zustehenden Vergütung in rechnerisch unstreitiger Höhe für die Zeit von Juli 2014 bis Mai 2015. Er begehrt ferner die Feststellung, dass die am 10. Juli 2014 und 8. Dezember 2014 beschlossenen Entgelterhöhungen auch künftig an ihn weiterzugeben sind.

5

Der Kläger hat - soweit für die Revision noch von Bedeutung - zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 757,91 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in im Einzelnen genannter, gestaffelter Höhe zu zahlen;

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die von der Arbeitsrechtlichen Kommission der Diakonie Deutschland mit Beschluss vom 10. Juli 2014 beschlossene Erhöhung der Entgelte ab 1. Juli 2014 in Höhe von 1,9 % sowie mit Beschluss vom 8. Dezember 2014 beschlossene Erhöhung der Entgelte ab 1. März 2015 in Höhe von 2,7 % dem Kläger auch in Zukunft zu zahlen.

6

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags vorgetragen, die AVR gölten seit dem Betriebsübergang auf sie nur noch statisch. Sie sei nicht Mitglied des Diakonischen Werkes und könne das auch nicht werden. Auf die Verhandlungsergebnisse der Arbeitsrechtlichen Kommission habe sie keinen Einfluss, so dass sie an die von dieser nach dem Betriebsübergang gefassten Beschlüsse nicht gebunden sein könne. Die AVR würden durch die Arbeitsrechtliche Kommission als Dritte vereinbart und seien deshalb mit kollektivvertraglichen Regelungen wie Tarifverträgen vergleichbar. Darum müssten die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Gleichstellungsabrede und die danach geltende statische Weitergeltung der Bezugnahme in vor dem Jahr 2002 abgeschlossenen Arbeitsverträgen Anwendung finden. Das Angebot, die Anwendung des für sie geltenden Tarifvertrags zu vereinbaren, habe der Kläger - unstreitig - abgelehnt. Sie sei nicht verpflichtet, die Unwägbarkeiten, die mit einer Änderungskündigung verbunden seien, auf sich zu nehmen. Es müsse ihr freistehen, den rechtlich sicheren Weg zu wählen und die AVR statisch anzuwenden. Anderenfalls werde ihre unternehmerische Freiheit beeinträchtigt.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage, soweit der Rechtsstreit in die Revisionsinstanz gelangt ist, stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die insoweit gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat durch Beschluss vom 22. September 2016 (- 6 AZN 370/16 -) zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren der Klageabweisung unter Vertiefung ihrer rechtlichen Argumentation weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen.

9

I. Die Klage ist begründet. Der Kläger kann die geltend gemachte Vergütung in zuletzt unstreitiger Höhe gemäß § 611 Abs. 1 BGB beanspruchen. Seine Vergütung richtet sich gemäß § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 in dynamisierter Weise nach den Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland, die am 23. Januar 2014 in die Arbeitsvertragsrichtlinien der Diakonie Deutschland (AVR-DD, im Folgenden nur AVR) umbenannt worden sind. Dieser Vertragsinhalt blieb durch den Betriebsübergang auf die Beklagte gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB unverändert. Die von der Arbeitsrechtlichen Kommission am 10. Juli 2014 bzw. 8. Dezember 2014 wirksam beschlossenen Entgelterhöhungen stehen dem Kläger darum auch über den von der Leistungsklage abgedeckten Zeitraum hinaus weiter zu. Eine Anpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage ist nicht vorzunehmen.

10

1. Der Arbeitsvertrag vom 14. August 1991 sieht die dynamische Geltung der AVR vor. Die Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Diakonischen Werk ist hierfür keine Voraussetzung.

11

a) Bei den Regelungen des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Darauf lässt schon das äußere Erscheinungsbild der formularmäßigen Vertragsgestaltung schließen (vgl. BAG 25. Juni 2015 - 6 AZR 383/14 - Rn. 23, BAGE 152, 82).

12

b) Der Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu ermitteln. Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen (BAG 23. März 2017 - 6 AZR 705/15 - Rn. 14). Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Diese Grundsätze finden auch auf die Auslegung von Bezugnahmeklauseln auf kirchliche Regelungswerke wie die AVR Anwendung (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07  - Rn. 12 , BAGE 135, 163; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 17, BAGE 129, 1). Bei der Auslegung einer solchen Bezugnahmeklausel ist von der allgemeinen Funktion von Verweisungsklauseln im kirchlichen Arbeitsverhältnis auszugehen. Mangels normativer Geltung der AVR in privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen kann ihnen nur über Bezugnahmeklauseln Wirkung verschafft werden (vgl. BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 107, BAGE 143, 354; 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 18). Diese sind grundsätzlich dahin auszulegen, dass sie dem kirchlichen Arbeitsrecht im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis umfassend Geltung verschaffen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 29 mwN, BAGE 141, 16). Typischerweise liegt es im Interesse beider Vertragsparteien, dass das kirchliche Arbeitsrecht durch eine dynamische Bezugnahmeklausel in seiner jeweiligen Fassung zur Anwendung gebracht wird (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 44 ff., BAGE 142, 247).

13

c) Eine solche Bezugnahme ist hier erfolgt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 sind die AVR in ihrer jeweils gültigen Fassung Bestandteil des Arbeitsverhältnisses. Diese dynamische Bezugnahmeklausel wurde zu einem wirksamen Vertragsbestandteil (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 38 ff., BAGE 142, 247).

14

d) Die dynamische Geltung der AVR setzt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht voraus, dass die Arbeitgeberin dem Diakonischen Werk angehört.

15

aa) Dies lässt sich den arbeitsvertraglichen Regelungen nicht entnehmen.

16

(1) Die Bezugnahme steht nicht unter der auflösenden Bedingung der Kirchenzugehörigkeit der Arbeitgeberseite. Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt nach § 158 Abs. 2 BGB mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein. Aus § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 kann auch in Verbindung mit der Präambel nicht geschlossen werden, dass die AVR bei Entfall des Anschlusses der Arbeitgeberin an das Diakonische Werk nicht mehr oder nur noch statisch zur Anwendung kommen sollen.

17

(a) Die Präambel des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 stellt klar, dass der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. als damaliger Vertragspartner dem Diakonischen Werk angeschlossen war und dessen Einrichtung der Verwirklichung des gemeinsamen Werkes christlicher Nächstenliebe dient. Der Arbeitsvertrag wurde auf der Grundlage dieser Zielsetzung geschlossen. Der Beklagten ist zuzugestehen, dass diese spezifisch kirchliche Grundlage des Arbeitsverhältnisses von einer Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Diakonischen Werk ausgeht. Die folgende Inbezugnahme der AVR in § 2 des Arbeitsvertrags entsprach der Verpflichtung des Rechtsvorgängers der Beklagten aus dem Arbeitsrechtsregelungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (ARRG-EKD) vom 10. November 1988 (ABl. EKD S. 366; vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 29, BAGE 141, 16).

18

(b) Eine Beendigung der dynamischen Inbezugnahme der AVR für den Fall, dass die Arbeitgeberin nicht mehr dem Diakonischen Werk angehört, ist jedoch weder der Präambel noch § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 zu entnehmen. Beide Vertragsbestandteile gehen vielmehr von unveränderten Verhältnissen aus und befassen sich nicht mit dem Entfall der arbeitgeberseitigen Kirchenzugehörigkeit, zum Bespiel in der Konstellation eines Betriebsübergangs auf einen nichtkirchlichen Arbeitgeber. Gegen die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung iSd. § 158 Abs. 2 BGB spricht auch, dass es keinen vertraglich vereinbarten früheren Rechtszustand gäbe, welcher ex nunc wieder eintreten könnte(vgl. demgegenüber zur nach § 3 Abs. 3 TVG gesetzlich angeordneten Nachbindung an einen Tarifvertrag BAG 5. Juli 2017 - 4 AZR 867/16 - Rn. 31). Eine nur statische Geltung der AVR ist vertraglich ebenso wenig vorgesehen wie die Bezugnahme eines anderen Regelungssystems bei Entfall der Kirchenzugehörigkeit der Arbeitgeberseite. Folglich gilt die vereinbarte Inbezugnahme der AVR als grundlegende Regelung des Vertragsinhalts auch bei einer Veränderung der Verhältnisse auf Arbeitgeberseite (vgl. zur Weitergeltung einer Inbezugnahme der AVR bei Gesellschafterwechsel BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 20 ff.). Die in der Literatur (Seel FA 2017, 66, 68) vertretene Auffassung, wonach ein Wegfall der kirchlichen Trägerschaft ein Ende der dynamischen Geltung der AVR nach sich ziehen müsse, weil der Geltungsgrund für die Dynamik die Qualität des Arbeitgebers als kirchlicher Arbeitgeber sei, dem der sog. „Dritte Weg“ als Instrument für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen eröffnet sei, ist mit dem Wortlaut der hier zu beurteilenden Vertragsregelungen daher nicht vereinbar.

19

(2) § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 ist auch keine zur Beendigung der Dynamik führende Gleichstellungsabrede. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

20

(a) Nach der früheren Rechtsprechung galt die - widerlegbare - Vermutung, es gehe einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten Beschäftigten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Die Rechtsprechung ging davon aus, mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel sollte lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags für alle Beschäftigten zu kommen. Daraus wurde die Konsequenz gezogen, ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder aus den Begleitumständen bei Vertragsschluss seien im Fall der normativen Gebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeklauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik gehe nur so weit, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reiche, sie ende also dann, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden sei (vgl. BAG 24. Februar 2016 - 4 AZR 990/13 - Rn. 29; 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 f. mwN).

21

(b) Diese Rechtsprechung wurde für vertragliche Bezugnahmeklauseln, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Eine individualvertragliche Klausel, die ihrem Wortlaut nach ohne Einschränkung auf einen bestimmten Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung verweist, ist im Regelfall nunmehr dahingehend auszulegen, dass dieser Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung gelten soll und dass diese Geltung nicht von Faktoren abhängt, die nicht im Vertrag genannt oder sonst für beide Parteien ersichtlich zur Voraussetzung gemacht worden sind (vgl. BAG 5. Juli 2017 - 4 AZR 867/16 - Rn. 22 f.; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29, BAGE 122, 74). Die Auslegungsregel wird lediglich aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln angewendet, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform vereinbart worden sind (vgl. BAG 7. Dezember 2016 - 4 AZR 414/14 - Rn. 31 mwN).

22

(c) Die hier auszulegende Bezugnahmeklausel wurde zwar am 14. August 1991 und somit weit vor dem 1. Januar 2002 vereinbart. Die vertragliche Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen wie der AVR kann jedoch generell nicht als Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung verstanden werden. Da die AVR immer nur anwendbar sind, wenn dies in dem betreffenden Arbeitsverhältnis vereinbart ist, kann deren vertragliche Inbezugnahme nie den eine derartige Auslegung erklärenden Grund einer Gleichbehandlung von organisierten und nicht organisierten Arbeitnehmern haben (so Bepler ZAT 2016, 145, 148; im Ergebnis ebenso LAG Berlin-Brandenburg 24. Februar 2012 - 6 Sa 1943/11 - zu 2.1.2 der Gründe; Klein jurisPR-ArbR 45/2016 Anm. 1; Klumpp ZMV 2017, 239, 242; von Tiling ZTR 2017, 11, 13). Es gibt keine Gewerkschaftsmitgliedschaft, die zu einer normativen Wirkung der AVR gemäß § 4 Abs. 1 TVG führen könnte und somit auch kein Gleichstellungsbedürfnis im dargestellten Sinne. Die von der Revision angeführte „kollektivvertraglichen Regelungen vergleichbare Situation“ des vormaligen kirchlichen Arbeitgebers, der durch seine Mitgliedschaft im Diakonischen Werk an die AVR gebunden gewesen sei, ist daher ohne Belang.

23

bb) Auf den von den AVR für sich selbst definierten Geltungsbereich kommt es folglich nicht an. Die Geltung der AVR gründet sich allein auf die dargestellte vertragliche Inbezugnahme (vgl. Bepler ZAT 2016, 145, 149; Klein jurisPR-ArbR 45/2016 Anm. 1; Klumpp ZMV 2017, 239, 241).

24

2. Die dynamische Inbezugnahme der AVR blieb durch den Betriebsübergang auf die Beklagte zum 1. Januar 2014 unberührt. Weder das nationale Recht noch die Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer bei Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen privilegieren den Erwerb eines Betriebs- bzw. Betriebsteils von einem kirchlichen Träger.

25

a) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Die aus in Bezug genommenen Tarifverträgen herrührenden individualvertraglichen Rechte und Pflichten gehören zum Inhalt des nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übergehenden Arbeitsverhältnisses(vgl. BAG 20. Juni 2012 - 4 AZR 656/10 - Rn. 22). Im Fall eines Betriebsübergangs wird der Erwerber so gestellt, als hätte er die dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegenden privatautonomen Willenserklärungen des Veräußerers gegenüber dem Arbeitnehmer selbst abgegeben und die Vereinbarungen in eigener Person, dh. mit der Verweisung auf ein bestimmtes Tarifwerk oder Teile davon in der jeweiligen Fassung abgeschlossen und zum Inhalt des Arbeitsvertrags gemacht. Dabei bleibt der individualvertragliche Charakter der in Bezug genommenen Kollektivregelungen erhalten (BAG 17. Juni 2015 - 4 AZR 61/14 (A) - Rn. 15, BAGE 152, 12).

26

b) Davon zu unterscheiden ist die statische Aufrechterhaltung kollektivrechtlich geregelter Arbeitsbedingungen durch die sog. Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB(zur statischen Fortgeltung vgl. AR/Bayreuther 8. Aufl. § 613a BGB Rn. 63; ErfK/Preis 17. Aufl. § 613a BGB Rn. 117; HWK/Willemsen/Müller-Bonanni 7. Aufl. § 613a BGB Rn. 265). Diese bezieht sich nur auf vor dem Betriebsübergang normativ geltende Regelungen (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 24; 16. Mai 2012 - 4 AZR 320/10 - Rn. 21 mwN). Vertragliche Rechtspositionen, auch wenn sie in einer privatautonomen Einbeziehung von Tarifrecht ihren Grund haben, gehen ohne Weiteres und uneingeschränkt nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB über. Sie werden auch nicht nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB durch einen beim Betriebserwerber geltenden Tarifvertrag abgelöst, weil sich diese Vorschrift nur auf § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB bezieht(vgl. BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 23, BAGE 136, 184). Dies gilt auch für § 613a Abs. 1 Satz 4 BGB(vgl. BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 70 ff., BAGE 130, 237).

27

c) Die mit einem kirchlichen Arbeitgeber vereinbarte Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen behält im Fall eines Betriebsübergangs als vertragliche Regelung gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber dem Betriebserwerber ihre Wirkung(vgl. bereits BAG 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - zu III 3 b der Gründe, BAGE 101, 9). Dies gilt auch dann, wenn ein kirchlicher Betriebserwerber nicht mehr ein Anstellungsträger im Sinne der in Bezug genommenen Dienstvertragsordnung ist (BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 31, BAGE 141, 16) oder der Betriebserwerber nicht mehr der Kirche zuzuordnen ist (vgl. Bepler jurisPR-ArbR 34/2016 Anm. 2; Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 7. Aufl. § 5 Rn. 31; Krings Der Betriebsübergang gem. § 613a BGB im kirchlichen Arbeitsrecht S. 118). Das Regelungssystem des § 613a Abs. 1 Satz 2 bis Satz 4 BGB ist weder direkt noch analog auf vertraglich in Bezug genommene kirchliche Arbeitsrechtsregelungen anwendbar, da diese vor dem Betriebsübergang keine normative Wirkung hatten(vgl. BAG 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - aaO). Es besteht auch kein Anlass, Betriebserwerber, die an die Dynamik einzelvertraglich vereinbarter AVR gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gebunden sind, durch das „Einfrieren“ dieser Regelungen auf den zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs vorliegenden Stand im Ergebnis so zu stellen, als sei eine Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB erfolgt. Dies lässt sich auch nicht aus der Funktion kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen, welche einheitliche Arbeitsbedingungen bezwecken (BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 27, BAGE 135, 163), ableiten. Der Betriebsübergang kann hier nicht dazu führen, dass zuvor einheitlich behandelte Arbeitnehmer nunmehr unterschiedlichen Regelungen unterfallen, je nachdem, ob eine dynamische Inbezugnahme als Vertragsrecht weiter gilt oder eine statische Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB eingreift. Eine Differenzierung zwischen tarifgebundenen und nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern, wie sie eine Gleichstellungsabrede verhindern will, erfolgt aus den genannten Gründen nicht. Auch nach einem Betriebsübergang auf einen sog. weltlichen Betriebserwerber bestehen die ursprünglich mit dem kirchlichen Arbeitgeber vereinbarten einheitlichen Arbeitsbedingungen.

28

d) Der Betriebserwerber ist deshalb jedenfalls bezogen auf die Entgeltansprüche der übernommenen Arbeitnehmer auch an eine vereinbarte Dynamik der Inbezugnahme gebunden. Der nichtkirchliche Betriebserwerber wird durch die Bindung an die dynamische Bezugnahmeklausel nicht unter Verstoß gegen unionsrechtliche Vorgaben in seiner unternehmerischen Freiheit beeinträchtigt (vgl. hierzu EuGH 11. September 2014 - C-328/13  - [Österreichischer Gewerkschaftsbund] Rn. 29; 18. Juli 2013 -  C-426/11  - [Alemo-Herron ua.] Rn33 ff.). Mit Urteil vom 27. April 2017 (- C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 22 f.) hat der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden, dass Art. 3 der Richtlinie 2001/23/EG in Verbindung mit Art. 16 GRC der dynamischen Fortgeltung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel im Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber nicht entgegensteht, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsieht. Solche Möglichkeiten bietet die deutsche Rechtsordnung in Form der einvernehmlichen Vertragsänderung und der Änderungskündigung nach § 2 KSchG(vgl. BAG 30. August 2017 - 4 AZR 95/14 - Pressemitteilung Nr. 35/17).

29

3. Entgegen der Ansicht der Beklagten entbindet sie der Umstand, dass der Kläger ihr Angebot abgelehnt hat, künftig den für sie geltenden Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwenden, nicht davon, eine Änderungskündigung zu erklären, wenn sie ihre dynamische Bindung an die vertraglich in Bezug genommenen AVR beenden will. Die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB, auf die die Beklagte sich im Ergebnis beruft, kann sie nur im Wege der Änderungskündigung geltend machen.

30

a) §§ 1, 2 KSchG sind gegenüber einer Anpassung nach § 313 BGB lex specialis. Sachverhalte, die zu einer Störung oder dem Wegfall der Geschäftsgrundlage geführt haben, sind dabei allerdings im Rahmen der §§ 2, 1 Abs. 2 KSchG zu würdigen(BAG 5. Juni 2014 - 2 AZR 615/13 - Rn. 23, BAGE 148, 227).

31

b) Unter welchen Voraussetzungen eine Änderungskündigung zum Zwecke der „Entdynamisierung“ einer Bezugnahmeklausel sozial gerechtfertigt ist, bedarf im vorliegenden Fall schon mangels Erklärung einer Änderungskündigung keiner Entscheidung (vgl. zu dieser Problematik: Bayreuther NJW 2017, 2158, 2159; Busch/Gerlach BB 2017, 2356, 2360; Eylert/Schinz RdA 2017, 140, 145; Hartmann EuZA 2017, 521, 532; Wißmann/Niklas NZA 2017, 697, 701). Darum besteht auch kein Anlass, sich näher mit der Frage zu befassen, ob und unter welchen Umständen die Fortgeltung der dynamischen Inbezugnahme der AVR nach einem Betriebsübergang auf einen weltlichen Erwerber zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage führen würde und wie ein solcher Umstand bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Änderungskündigung zu würdigen wäre. Jedenfalls machen die Kostensteigerungen, die durch die dynamische Weitergeltung der AVR eintreten und die die Beklagte nach ihrem Vortrag bei den Kostenträgern nicht refinanzieren kann, der Beklagten das unveränderte Festhalten an dem Arbeitsvertrag, in dessen Inhalt sie nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB eingetreten ist, vorliegend nicht unzumutbar. Das folgt bereits daraus, dass sie nicht geltend macht, sie habe vergeblich versucht, unter Hinweis auf die Rechtslage bei dem Kostenträger eine Änderung zu erwirken. Es kann daher dahinstehen, ob und unter welchen Umständen Kostensteigerungen, die der Erwerber bei seiner Entscheidung, einen Betrieb zu übernehmen, nicht einkalkuliert hat, zu einer Störung der Geschäftsgrundlage führen können oder Teil des von ihm zu tragenden unternehmerischen Risikos bleiben. Insbesondere kann dahinstehen, ob es für eine Störung der Geschäftsgrundlage ausreicht, wenn in einem auf unbegrenzte Zeit eingegangenen Dauerschuldverhältnis wie dem Arbeitsverhältnis das geschuldete Arbeitsentgelt zu einer dauerhaften Verlustsituation führt (zum Vorliegen einer zur Vertragsanpassung führenden Äquivalenzstörung im Dauerschuldverhältnis nur bei einer dauerhaften, auf billigerweise nicht vorauszusehenden Umständen beruhenden Verlustsituation BGH 19. April 1978 - VIII ZR 182/76 - zu II 2 b der Gründe).

32

4. Der Fall bietet auch keine Veranlassung zu klären, welchen Inhalt das Arbeitsverhältnis der Parteien in Bezug auf die in § 2 und § 3 AVR enthaltenen allgemeinen und besonderen Dienstpflichten hat. Insbesondere kann offenbleiben, welchen Inhalt die Loyalitätspflichten nach dem Betriebsübergang aufweisen (vgl. zu den kirchlichen Loyalitätsanforderungen: BAG 28. Juli 2016 - 2 AZR 746/14 (A) - Rn. 14 ff., BAGE 156, 23; KR/Fischermeier 11. Aufl. Kirchl. ArbN Rn. 2 ff.) und ob die negative Religionsfreiheit eines Betriebserwerbers (Art. 4 GG) durch spezifisch kirchliche Regelungen verletzt sein kann (vgl. Klumpp ZMV 2017, 239, 240). Gegenstand des Rechtsstreits sind nur Vergütungsansprüche.

33

5. Die Revision rügt ohne Erfolg, dass das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft die Unbilligkeit der von der Arbeitsrechtlichen Kommission vorgenommenen Leistungsbestimmung nach § 319 Abs. 1 BGB verneint habe. Das Landesarbeitsgericht hat allerdings insoweit den Prüfungsmaßstab verkannt. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (seit BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 30 ff., BAGE 135, 163) unterliegen Arbeitsvertragsrichtlinien, die auf dem Dritten Weg gemäß den einschlägigen Organisations- und Verfahrensvorschriften entstanden sind, wie Tarifverträge nur einer Rechtskontrolle am Maßstab höherrangigen Rechts sowie der Kontrolle auf einen Verstoß gegen die guten Sitten, wenn sie von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen worden sind und deshalb nicht der Dienstgeberseite zugeordnet werden können. Dieser Rechtsfehler führt jedoch nicht zum Erfolg der Revision. Die Beklagte zeigt nicht auf, inwieweit die Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission vom 10. Juli 2014 und vom 8. Dezember 2014 höherrangiges Recht verletzen oder gegen die guten Sitten verstoßen könnten. Dafür ist auch keinerlei Anhaltspunkt ersichtlich. Das Landesarbeitsgericht hat darum im Ergebnis zutreffend erkannt, dass diese Beschlüsse wirksam sind.

34

6. Dem Kläger steht das eingeklagte Differenzentgelt auf das ihm gezahlte Grundentgelt und die Zuschläge nach der Anlage 9 zu den AVR (Zeitzuschlag für Überstunden, Überstundenentgelt, Zeitzuschlag für Sonntagsarbeit und Arbeiten an Wochenfeiertagen, die auf einen Sonntag fallen, sowie für Nachtarbeit) zu. Die Beklagte hat keine Einwendungen gegen die Richtigkeit der der Berechnung des Klägers zugrunde liegenden zuschlagspflichtigen Stunden erhoben.

35

7. Der Kläger kann nach § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB Verzugszinsen für die einzelnen monatlichen Differenzvergütungsbeträge jeweils ab dem 16. eines jeden Monats verlangen. Verzugszinsen sind nach § 187 Abs. 1 BGB ab dem Tag nach dem in den AVR bestimmten Zahltag zu entrichten(vgl. zu tariflichen Ansprüchen BAG 27. April 2017 - 6 AZR 459/16 - Rn. 37). Die Bezüge sind gemäß § 21a AVR am 15. eines jeden Monats (Zahltag) fällig.

36

II. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    C. Klar    

        

    Lauth    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 23. Juli 2015 - 8 Sa 542/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütungsansprüche für die Zeit von Oktober 2013 bis einschließlich Juni 2014.

2

Die Klägerin war ursprünglich seit dem 1. Februar 1981 bei der katholischen Kirchengemeinde S als Rechtsträgerin des S-Hospitals in H beschäftigt. Der Arbeitsvertrag vom 1. Februar 1981 lautet auszugsweise wie folgt:

        

„Caritas ist eine der Lebens- und Wesensäußerungen der Katholischen Kirche. Der obengenannte Rechtsträger [gemeint: katholische Kirchengemeinde S] ist dem Deutschen Caritasverband angeschlossen. Seine Einrichtung dient der Verwirklichung des gemeinsamen Werkes christlicher Nächstenliebe. Alle Mitarbeiter dieser Einrichtung leisten deshalb ihren Dienst in Anerkennung dieser Zielsetzung und bilden ohne Rücksicht auf ihre Tätigkeit und Stellung eine Dienstgemeinschaft.

        

Auf dieser Grundlage wird der folgende Vertrag geschlossen.

        

§ 1

        

… M wird ab 1. Febr. 1981 als Masseurin und med. Bademeisterin eingestellt.

        

…       

        

§ 2

        

Für das Dienstverhältnis gelten die ‚Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes‘ (AVR) in der zur Zeit des Vertragsabschlusses in der ‚Caritas-Korrespondenz‘ veröffentlichten und im Amtsblatt des Ortsbistums in Kraft gesetzten Fassung.

        

Die AVR sind Bestandteil des Dienstvertrages und haben dem Mitarbeiter zur Kenntnisnahme zur Verfügung gestanden.

        

Bei Änderungen der AVR gilt jeweils die in der ‚Caritas-Korrespondenz‘ veröffentlichte und im Amtsblatt des Ortsbistums in Kraft gesetzte Fassung, ohne daß es einer weiteren Vereinbarung bedarf. Auch insoweit ist dem Mitarbeiter Gelegenheit zur Kenntnisnahme gegeben.

        

…       

        

§ 4

        

a)    

Der Mitarbeiter wird in die Vergütungsgruppe 6, Ziffer b, Stufe 3 eingestuft. …“

3

Seit dem 1. August 1986 wurde die Klägerin wegen ihrer Bestellung zur Leiterin der Physikalischen Therapie nach Vergütungsgruppe 4a Ziff. 6 AVR bezahlt.

4

Zum 1. Juli 2006 ging das Arbeitsverhältnis im Rahmen eines Betriebsteilübergangs auf die M H GmbH & Co. KG über, welche den Funktionsbereich Physikalische Therapie übernommen hatte. Die Betriebserwerberin bot der Klägerin eine Änderung des Arbeitsvertrags an. Mit dieser sollte die bisherige Bezugnahme auf die AVR entfallen. Die Klägerin lehnte eine solche Vertragsänderung ab. Der Arbeitsvertrag blieb auch im Übrigen unverändert. Die Klägerin arbeitete nach dem Betriebsteilübergang weiterhin bei einer Wochenarbeitszeit von regelmäßig 38,5 Stunden für eine Bruttomonatsvergütung iHv. 3.623,82 Euro. Zum 1. Oktober 2013 ging der Betrieb der M H GmbH & Co. KG auf die Beklagte über.

5

Mit Schreiben vom 31. März 2014 hat die Klägerin für die Zeit ab Oktober 2013 eine monatliche Differenz von 373,60 Euro brutto zwischen dem geleisteten Entgelt von 3.623,82 Euro brutto und einer Vergütung nach Vergütungsgruppe 4a Stufe 10 AVR iHv. 3.997,42 Euro brutto verlangt. Die Beklagte hat diese Forderung abgelehnt. Die dynamische Inbezugnahme der AVR sei bereits mit dem ersten Betriebsübergang zum 1. Juli 2006 entfallen.

6

Die Klägerin hat mit ihrer Klage demgegenüber die Auffassung vertreten, die im Arbeitsvertrag vom 1. Februar 1981 vereinbarte dynamische Geltung der AVR sei durch die beiden Betriebsübergänge unberührt geblieben. Es handle sich um den durch § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB geschützten Vertragsinhalt. Dabei sei unbeachtlich, dass weder die M H GmbH & Co. KG noch die Beklagte dem Caritasverband angehörten. Eine solche Zugehörigkeit sei in der vertraglichen Regelung nicht zur Voraussetzung für die Geltung der AVR gemacht worden. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach die Inbezugnahme von Tarifverträgen in vor dem 1. Januar 2002 mit tarifgebundenen Arbeitgebern abgeschlossenen Arbeitsverträgen dahingehend zu verstehen sei, dass lediglich eine Gleichstellung von tarifgebundenen und tarifungebundenen Arbeitnehmern bezweckt gewesen sei und deshalb die Dynamik der Inbezugnahme mit Wegfall der Tarifbindung des Arbeitgebers ende, sei auf die hier vorliegende Inbezugnahme der AVR nicht übertragbar. Ein Bedürfnis für eine Gleichstellung von tarifgebundenen Gewerkschaftsmitgliedern und tarifungebundenen Arbeitnehmern sei schon deshalb nicht gegeben gewesen, weil es sich bei den AVR nicht um Tarifverträge handle, sondern um ein Regelwerk, welches nur aufgrund vertraglicher Vereinbarung zur Anwendung gebracht werden könne.

7

Die geltend gemachten Differenzvergütungsansprüche seien auch nicht deshalb verwirkt, weil sie erstmals mit Schreiben vom 31. März 2014 geltend gemacht wurden. Die bloße Nichterhebung einer Forderung bewirke keine Vertragsänderung. Zudem habe schon die M H GmbH & Co. KG nicht darauf vertrauen dürfen, dass dynamisierte Vergütungsansprüche nach dem Betriebsteilübergang am 1. Juli 2006 nicht geltend gemacht würden. Sie (die Klägerin) habe die angetragene Vertragsänderung, das heißt den Wegfall der Bezugnahme auf die AVR, nicht akzeptiert. Damit sei deutlich geworden, dass sie unverändert von einer dynamischen Geltung der AVR ausgehe. Eine Begrenzung des entsprechenden Forderungsrechts folge nur aus der in § 23 AVR enthaltenen Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit. Diese sei in dem Schreiben vom 31. März 2014 schon berücksichtigt worden, da nur Differenzvergütungsansprüche für die Zeit ab Oktober 2013 gefordert worden seien.

8

Bei einem monatlichen Differenzbetrag von 373,60 Euro ergebe sich für die Zeit bis einschließlich Juni 2014 ein Gesamtbetrag von 3.362,40 Euro brutto.

9

Die Klägerin hat daher beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.362,40 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

        

1.    

aus 373,60 Euro seit dem 1. November 2013,

        

2.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Dezember 2013,

        

3.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Januar 2014,

        

4.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Februar 2014,

        

5.      

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. März 2014,

        

6.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. April 2014,

        

7.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Mai 2014,

        

8.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Juni 2014 und

        

9.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Juli 2014

        

zu zahlen.

10

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass die AVR seit dem 1. Juli 2006 nur noch statisch zur Anwendung kommen könnten. Die Verweisungsklausel in § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 setze ersichtlich eine Zugehörigkeit des Arbeitgebers zum Caritasverband voraus. Diese sei bereits mit dem ersten Betriebsübergang am 1. Juli 2006 entfallen. Das Arbeitsverhältnis sei schon damals auf eine nichtkirchliche Arbeitgeberin übergegangen. Damit sei keine Grundlage mehr für eine dynamische Fortgeltung der AVR gegeben gewesen. Die vertragliche Inbezugnahme der AVR habe gleiche Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten erreichen sollen und sei deshalb einer Gleichstellungsabrede vergleichbar. Bei den AVR handle es sich zwar nicht um einen Tarifvertrag. Die Bindung der ursprünglich kirchlichen Arbeitgeberin an den Deutschen Caritasverband bei Abschluss des Arbeitsvertrags im Jahr 1981 entspreche aber einer Tarifbindung („tarifähnliche Bindung“). Dementsprechend sei der Übergang des Arbeitsverhältnisses auf eine nicht der Caritas zugehörige Arbeitgeberin der Privatwirtschaft vergleichbar mit dem Wegfall einer Tarifbindung auf Arbeitgeberseite. Dies bewirke - wie bei einer Gleichstellungsabrede - den Wegfall der Dynamisierung.

11

Eine zeitlich unbegrenzte Fortgeltung der dynamischen Inbezugnahme der AVR würde zudem gegen unionsrechtliche Vorgaben verstoßen. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) habe in der Rechtssache Alemo-Herron ua. (- C-426/11 -) am 18. Juli 2013 entschieden, dass die dynamische Inbezugnahme eines Tarifvertrags einen Betriebserwerber nicht binde, der keine Möglichkeit habe, an den künftigen Tarifvertragsverhandlungen teilzunehmen. Dies gelte auch bei einer dynamischen Verweisung auf die AVR im Fall eines Betriebsübergangs auf einen nichtkirchlichen Arbeitgeber. Ein solcher Arbeitgeber habe keine Möglichkeit, die Entwicklung der AVR zu beeinflussen.

12

Zudem wäre der geltend gemachte Anspruch verwirkt. Die Klägerin habe die Forderung nach einer dynamisierten AVR-Vergütung zwischen 2006 und der Einreichung der Klage im Jahr 2014 nicht erhoben. Schon die M H GmbH & Co. KG habe darauf vertrauen dürfen, dass eine solche Forderung auch künftig nicht geltend gemacht werde. Sie (die Beklagte) könne sich als weitere Betriebserwerberin hierauf berufen, da das Arbeitsverhältnis mit diesem Inhalt auf sie übergegangen sei.

13

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen.

15

I. Die Klage ist begründet. Die Klägerin kann die geltend gemachte Vergütung in zuletzt unstreitiger Höhe gemäß § 611 Abs. 1 BGB beanspruchen. Ihre Vergütung richtet sich gemäß § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 in dynamisierter Weise nach den AVR. Dieser Vertragsinhalt blieb durch die beiden Betriebsübergänge gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB unverändert. Die Geltendmachung der sich daraus ergebenden Ansprüche verstößt nicht gegen die Grundsätze von Treu und Glauben.

16

1. Der Arbeitsvertrag vom 1. Februar 1981 sieht die dynamische Geltung der AVR vor. Die Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Caritasverband ist hierfür keine Voraussetzung.

17

a) Bei den Regelungen des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Darauf lässt schon das äußere Erscheinungsbild der formularmäßigen Vertragsgestaltung schließen (vgl. BAG 25. Juni 2015 - 6 AZR 383/14 - Rn. 23, BAGE 152, 82).

18

b) Der Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu ermitteln. Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen (BAG 23. März 2017 - 6 AZR 705/15 - Rn. 14). Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Diese Grundsätze finden auch auf die Auslegung von Bezugnahmeklauseln auf kirchliche Regelungswerke wie die AVR Anwendung (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07  - Rn. 12 , BAGE 135, 163; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 17, BAGE 129, 1). Bei der Auslegung einer solchen Bezugnahmeklausel ist von der allgemeinen Funktion von Verweisungsklauseln im kirchlichen Arbeitsverhältnis auszugehen. Mangels normativer Geltung der AVR in privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen kann ihnen nur über Bezugnahmeklauseln Wirkung verschafft werden (vgl. BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 107, BAGE 143, 354; 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 18). Diese sind grundsätzlich dahin auszulegen, dass sie dem kirchlichen Arbeitsrecht im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis umfassend Geltung verschaffen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 29 mwN, BAGE 141, 16). Typischerweise liegt es im Interesse beider Vertragsparteien, dass das kirchliche Arbeitsrecht durch eine dynamische Bezugnahmeklausel in seiner jeweiligen Fassung zur Anwendung gebracht wird (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 44 ff., BAGE 142, 247).

19

c) Eine solche Bezugnahme ist hier erfolgt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 sind die AVR in ihrer jeweiligen Fassung Bestandteil des Arbeitsverhältnisses. Bei Änderungen gilt die aktuelle Fassung nach ihrer Veröffentlichung „ohne dass es einer weiteren Vereinbarung bedarf“. Diese dynamische Bezugnahmeklausel wurde zu einem wirksamen Vertragsbestandteil (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 38 ff., BAGE 142, 247).

20

d) Die dynamische Geltung der AVR setzt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht voraus, dass die Arbeitgeberin dem Caritasverband angehört.

21

aa) Dies lässt sich den arbeitsvertraglichen Regelungen nicht entnehmen.

22

(1) Die Bezugnahme steht nicht unter der auflösenden Bedingung der Kirchenzugehörigkeit der Arbeitgeberseite. Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt nach § 158 Abs. 2 BGB mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein. Aus § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 kann auch in Verbindung mit der Präambel nicht geschlossen werden, dass die AVR bei Entfall der Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Caritasverband nicht mehr oder nur noch statisch zur Anwendung kommen sollen.

23

(a) Die Präambel des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 stellt klar, dass die katholische Kirchengemeinde als damalige Vertragspartnerin dem Deutschen Caritasverband angeschlossen war und dessen Einrichtung der Verwirklichung des gemeinsamen Werks christlicher Nächstenliebe dient. Der Arbeitsvertrag wurde auf der Grundlage dieser Zielsetzung geschlossen. Der Beklagten ist zuzugestehen, dass diese spezifisch kirchliche Grundlage des Arbeitsverhältnisses von einer Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Caritasverband ausgeht. Die folgende Inbezugnahme der AVR in § 2 des Arbeitsvertrags entspricht der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse(vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 34, BAGE 142, 247).

24

(b) Eine Beendigung der dynamischen Inbezugnahme der AVR für den Fall, dass die Arbeitgeberin nicht mehr dem Caritasverband angehört, ist jedoch weder der Präambel noch § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 zu entnehmen. Beide Vertragsbestandteile gehen vielmehr von unveränderten Verhältnissen aus und befassen sich nicht mit dem Entfall der arbeitgeberseitigen Kirchenzugehörigkeit, zB in der Konstellation eines Betriebsübergangs auf einen nichtkirchlichen Arbeitgeber. Gegen die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung iSd. § 158 Abs. 2 BGB spricht auch, dass es keinen vertraglich vereinbarten früheren Rechtszustand gäbe, welcher ex nunc wieder eintreten könnte(vgl. demgegenüber zur nach § 3 Abs. 3 TVG gesetzlich angeordneten Nachbindung an einen Tarifvertrag BAG 5. Juli 2017 - 4 AZR 867/16 - Rn. 31). Eine nur statische Geltung der AVR ist vertraglich ebenso wenig vorgesehen wie die Bezugnahme eines anderen Regelungssystems bei Entfall der Kirchenzugehörigkeit der Arbeitgeberseite. Folglich gilt die vereinbarte Inbezugnahme der AVR als grundlegende Regelung des Vertragsinhalts auch bei einer Veränderung der Verhältnisse auf Arbeitgeberseite (vgl. zur Weitergeltung einer Inbezugnahme der AVR bei Gesellschafterwechsel BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 20 ff.). Die in der Literatur (Seel FA 2017, 66, 68) vertretene Auffassung, wonach ein Wegfall der kirchlichen Trägerschaft ein Ende der dynamischen Geltung der AVR nach sich ziehen müsse, weil der Geltungsgrund für die Dynamik die Qualität des Arbeitgebers als kirchlicher Arbeitgeber sei, dem der sog. „Dritte Weg“ als Instrument für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen eröffnet sei, ist mit dem Wortlaut der hier zu beurteilenden Vertragsregelungen nicht vereinbar.

25

(2) § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 ist auch keine zur Beendigung der Dynamik führende Gleichstellungsabrede. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

26

(a) Nach der früheren Rechtsprechung galt die - widerlegbare - Vermutung, es gehe einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten Beschäftigten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Die Rechtsprechung ging davon aus, mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel sollte lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags für alle Beschäftigten zu kommen. Daraus wurde die Konsequenz gezogen, ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder aus den Begleitumständen bei Vertragsschluss seien im Fall der normativen Gebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeklauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik gehe nur so weit, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reiche, sie ende also dann, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden sei (vgl. BAG 24. Februar 2016 - 4 AZR 990/13 - Rn. 29; 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 f. mwN).

27

(b) Diese Rechtsprechung wurde für vertragliche Bezugnahmeklauseln, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Eine individualvertragliche Klausel, die ihrem Wortlaut nach ohne Einschränkung auf einen bestimmten Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung verweist, ist im Regelfall nunmehr dahingehend auszulegen, dass dieser Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung gelten soll und dass diese Geltung nicht von Faktoren abhängt, die nicht im Vertrag genannt oder sonst für beide Parteien ersichtlich zur Voraussetzung gemacht worden sind (vgl. BAG 5. Juli 2017 - 4 AZR 867/16 - Rn. 22 f.; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29, BAGE 122, 74). Die Auslegungsregel wird lediglich aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln angewendet, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform vereinbart worden sind (vgl. BAG 7. Dezember 2016 - 4 AZR 414/14 - Rn. 31 mwN).

28

(c) Die hier auszulegende Bezugnahmeklausel wurde zwar am 1. Februar 1981 und somit weit vor dem 1. Januar 2002 vereinbart. Die vertragliche Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen wie der AVR kann jedoch generell nicht als Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung verstanden werden. Da die AVR immer nur anwendbar sind, wenn dies in dem betreffenden Arbeitsverhältnis vereinbart ist, kann deren vertragliche Inbezugnahme nie den eine derartige Auslegung erklärenden Grund einer Gleichbehandlung von organisierten und nicht organisierten Arbeitnehmern haben (so Bepler ZAT 2016, 145, 148; im Ergebnis ebenso LAG Berlin-Brandenburg 24. Februar 2012 - 6 Sa 1943/11 - zu 2.1.2 der Gründe; Klein jurisPR-ArbR 45/2016 Anm. 1; Klumpp ZMV 2017, 239, 242; von Tiling ZTR 2017, 11, 13). Es gibt keine Gewerkschaftsmitgliedschaft, die zu einer normativen Wirkung der AVR gemäß § 4 Abs. 1 TVG führen könnte und somit auch kein Gleichstellungsbedürfnis im dargestellten Sinne. Die von der Revision angeführte „tarifähnliche Bindung“ der vormaligen kirchlichen Arbeitgeberin ist daher ohne Belang.

29

bb) Auf den von den AVR für sich selbst definierten Geltungsbereich kommt es folglich nicht an. Die Geltung der AVR gründet sich allein auf die dargestellte vertragliche Inbezugnahme (vgl. Bepler ZAT 2016, 145, 149; Klein jurisPR-ArbR 45/2016 Anm. 1; Klumpp ZMV 2017, 239, 241).

30

2. Die dynamische Inbezugnahme der AVR blieb durch die beiden Betriebsübergänge zum 1. Juli 2006 und 1. Oktober 2013 unberührt. Weder das nationale Recht noch die Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen privilegieren den Erwerb eines Betriebs bzw. eines Betriebsteils von einem kirchlichen Träger.

31

a) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Die aus in Bezug genommenen Tarifverträgen herrührenden individualvertraglichen Rechte und Pflichten gehören zum Inhalt des nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übergehenden Arbeitsverhältnisses(vgl. BAG 20. Juni 2012 - 4 AZR 656/10 - Rn. 22). Im Fall eines Betriebsübergangs wird der Erwerber so gestellt, als hätte er die dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegenden privatautonomen Willenserklärungen des Veräußerers gegenüber dem Arbeitnehmer selbst abgegeben und die Vereinbarungen in eigener Person, dh. mit der Verweisung auf ein bestimmtes Tarifwerk oder Teile davon in der jeweiligen Fassung abgeschlossen und zum Inhalt des Arbeitsvertrags gemacht. Dabei bleibt der individualvertragliche Charakter der in Bezug genommenen Kollektivregelungen erhalten (BAG 17. Juni 2015 - 4 AZR 61/14 (A) - Rn. 15, BAGE 152, 12).

32

b) Davon zu unterscheiden ist die statische Aufrechterhaltung kollektivrechtlich geregelter Arbeitsbedingungen durch die sog. Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB(zur statischen Fortgeltung vgl. AR/Bayreuther 8. Aufl. § 613a BGB Rn. 63; ErfK/Preis 17. Aufl. § 613a BGB Rn. 117; HWK/Willemsen/Müller-Bonanni 7. Aufl. § 613a BGB Rn. 265). Diese bezieht sich nur auf vor dem Betriebsübergang normativ geltende Regelungen (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 24; 16. Mai 2012 - 4 AZR 320/10 - Rn. 21 mwN). Vertragliche Rechtspositionen, auch wenn sie in einer privatautonomen Einbeziehung von Tarifrecht ihren Grund haben, gehen ohne Weiteres und uneingeschränkt nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB über. Sie werden auch nicht nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB durch einen beim Betriebserwerber geltenden Tarifvertrag abgelöst, weil sich diese Vorschrift nur auf § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB bezieht(vgl. BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 23, BAGE 136, 184). Dies gilt auch für § 613a Abs. 1 Satz 4 BGB(vgl. BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 70 ff., BAGE 130, 237).

33

c) Die mit einem kirchlichen Arbeitgeber vereinbarte Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen behält im Fall eines Betriebsübergangs als vertragliche Regelung gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber dem Betriebserwerber ihre Wirkung(vgl. bereits BAG 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - zu III 3 b der Gründe, BAGE 101, 9). Dies gilt auch dann, wenn ein kirchlicher Betriebserwerber nicht mehr ein Anstellungsträger im Sinne der in Bezug genommenen Dienstvertragsordnung ist (BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 31, BAGE 141, 16) oder der Betriebserwerber nicht mehr der Kirche zuzuordnen ist (vgl. Bepler jurisPR-ArbR 34/2016 Anm. 2; Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 7. Aufl. § 5 Rn. 31; Krings Der Betriebsübergang gem. § 613a BGB im kirchlichen Arbeitsrecht S. 118). Das Regelungssystem des § 613a Abs. 1 Satz 2 bis Satz 4 BGB ist weder direkt noch analog auf vertraglich in Bezug genommene kirchliche Arbeitsrechtsregelungen anwendbar, da diese vor dem Betriebsübergang keine normative Wirkung hatten(vgl. BAG 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - aaO). Es besteht kein Anlass, Betriebserwerber, die an die Dynamik einzelvertraglich vereinbarter AVR gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gebunden sind, durch das „Einfrieren“ dieser Regelungen auf den zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs vorliegenden Stand im Ergebnis so zu stellen, als sei eine Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB erfolgt. Dies lässt sich auch nicht aus der Funktion kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen, welche einheitliche Arbeitsbedingungen bezwecken (BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 27, BAGE 135, 163), ableiten. Der Betriebsübergang kann hier nicht dazu führen, dass zuvor einheitlich behandelte Arbeitnehmer nunmehr unterschiedlichen Regelungen unterfallen, je nachdem, ob eine dynamische Inbezugnahme als Vertragsrecht weiter gilt oder eine statische Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB eingreift. Eine Differenzierung zwischen tarifgebundenen und nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern, wie sie eine Gleichstellungsabrede verhindern will, erfolgt aus den genannten Gründen nicht. Auch nach einem Betriebsübergang auf einen sog. weltlichen Betriebserwerber bestehen die ursprünglich mit dem kirchlichen Arbeitgeber vereinbarten einheitlichen Arbeitsbedingungen.

34

d) Der Betriebserwerber ist deshalb jedenfalls bezogen auf die Entgeltansprüche der übernommenen Arbeitnehmer auch an eine vereinbarte Dynamik der Inbezugnahme gebunden. Der nichtkirchliche Betriebserwerber wird durch die Bindung an die dynamische Bezugnahmeklausel nicht unter Verstoß gegen unionsrechtliche Vorgaben in seiner unternehmerischen Freiheit beeinträchtigt (vgl. hierzu EuGH 11. September 2014 - C-328/13  - [Österreichischer Gewerkschaftsbund] Rn. 29; 18. Juli 2013 -  C-426/11  - [Alemo-Herron ua.] Rn. 33  ff.). Mit Urteil vom 27. April 2017 (- C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 22 f.) hat der EuGH entschieden, dass Art. 3 der Richtlinie 2001/23/EG in Verbindung mit Art. 16 GRC der dynamischen Fortgeltung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel im Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber nicht entgegensteht, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsieht. Solche Möglichkeiten bietet die deutsche Rechtsordnung in Form der einvernehmlichen Vertragsänderung und der Änderungskündigung nach § 2 KSchG(vgl. BAG 30. August 2017 - 4 AZR 95/14 - Pressemitteilung Nr. 35/17). Unter welchen Voraussetzungen eine Änderungskündigung zum Zwecke der „Entdynamisierung“ einer Bezugnahmeklausel sozial gerechtfertigt ist, bedarf im vorliegenden Fall schon mangels Erklärung einer Änderungskündigung keiner Entscheidung (vgl. zu dieser Problematik: Bayreuther NJW 2017, 2158, 2159; Busch/Gerlach BB 2017, 2356, 2360; Eylert/Schinz RdA 2017, 140, 145; Hartmann EuZA 2017, 521, 532; Wißmann/Niklas NZA 2017, 697, 701).

35

e) Es besteht hier auch keine Veranlassung zu klären, welchen Inhalt das Arbeitsverhältnis der Parteien in Bezug auf die in § 4 und § 5 AVR enthaltenen allgemeinen und besonderen Dienstpflichten hat. Insbesondere kann offenbleiben, welchen Inhalt die Loyalitätspflichten nach dem Betriebsübergang aufweisen (vgl. zu den kirchlichen Loyalitätsanforderungen: BAG 28. Juli 2016 - 2 AZR 746/14 (A) - Rn. 14 ff., BAGE 156, 23; KR/Fischermeier 11. Aufl. Kirchl. ArbN Rn. 2 ff.) und ob die negative Religionsfreiheit eines Betriebserwerbers (Art. 4 GG) durch spezifisch kirchliche Regelungen verletzt sein kann (vgl. Klumpp ZMV 2017, 239, 240). Gegenstand des Rechtsstreits sind nur Vergütungsansprüche.

36

3. Der streitgegenständliche Entgeltdifferenzanspruch der Klägerin ist auch nicht verwirkt.

37

a) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Sie hat nicht den Zweck, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen (Zeitmoment). Es müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Der Berechtigte muss unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (vgl. BAG 26. Oktober 2016 - 5 AZR 168/16 - Rn. 41, BAGE 157, 116).

38

b) Jedenfalls ein solches Umstandsmoment liegt hier nicht vor.

39

aa) Die Klägerin war weder verpflichtet, die dynamisierte Vergütung nach AVR von der M H GmbH & Co. KG oder der Beklagten zu fordern, noch ergibt sich aus der insoweit widerspruchslosen Durchführung des Arbeitsverhältnisses seitens des Klägerin eine vertrauensbegründende Verhaltensweise (vgl. BAG 21. Oktober 2015 - 4 AZR 649/14 - Rn. 45). Im Gegenteil hat die Klägerin gegenüber der M H GmbH & Co. KG eine Änderung ihres Arbeitsvertrags abgelehnt und damit deutlich gemacht, dass sie an der dynamischen Inbezugnahme der AVR und den sich daraus ergebenden Ansprüchen festhalten will.

40

bb) Eine Verwirkung scheidet zudem aus, weil von der Beklagten keine Umstände vorgebracht wurden, welche die Annahme rechtfertigten, der Beklagten sei es aufgrund eigener Dispositionen unzumutbar geworden, die Ansprüche der Klägerin zu erfüllen (vgl. BAG 22. März 2017 - 5 AZR 424/16 - Rn. 24). Die statische Anwendung der AVR wird bereits langjährig praktiziert und ist offensichtlich auch ohne Kirchenzugehörigkeit durchführbar. Letztlich wendet sich die Beklagte nur gegen die mit der Dynamisierung verbundene Kostensteigerung. Sie belegt aber nicht, dass diese Belastung ein nicht mehr tragbares Ausmaß angenommen hat. Der bloße Umstand, dass wegen der Nichtinbezugnahme der AVR in Arbeitsverträgen anderer Beschäftigter zwei Vergütungssysteme im Betrieb bestehen, führt nicht zur Unzumutbarkeit der Fortgeltung der fraglichen Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag der Klägerin. Diese Aufspaltung ist die Folge des Bestandschutzes nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB.

41

4. Folglich hat die Klägerin gemäß § 611 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf die geltend gemachte Differenzvergütung in unstreitiger Höhe. Sie kann nach § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB Verzugszinsen für die einzelnen monatlichen Differenzvergütungsbeträge jeweils ab dem ersten Tag des Folgemonats verlangen. Verzugszinsen sind nach § 187 Abs. 1 BGB ab dem Tag nach dem in den AVR bestimmten Zahltag zu entrichten(vgl. zu tariflichen Ansprüchen BAG 27. April 2017 - 6 AZR 459/16 - Rn. 37). Nach Abschnitt X Unterabschnitt (a) Satz 1 der Anlage 1 zu den AVR (Vergütungsordnung) sind die Bezüge, die in Monatsbeträgen festgelegt sind, für den Kalendermonat zu berechnen und dem Mitarbeiter so rechtzeitig zu zahlen, dass er am letzten Werktag des Kalendermonats über sie verfügen kann. Ausgehend von einer Einordnung des Samstags als Werktag führt dies bezogen auf alle streitgegenständlichen Monate zu einem Beginn des Zinslaufs am ersten Tag des Folgemonats.

42

II. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel     

        

        

        

    Lauth    

        

    C. Klar     

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 17. März 2016 - 6 Sa 631/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch darüber, ob einzelvertraglich in Bezug genommene Arbeitsvertragsrichtlinien nach dem Betriebsübergang auf einen nichtkirchlichen Erwerber statisch oder dynamisch fortgelten.

2

Der Kläger ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger, dem Johanniter-Unfall-Hilfe e.V., seit 1991 im Rettungsdienst beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 14. August 1991 heißt es auszugsweise:

        

„Diakonie ist Wesens- und Lebensäußerung der Evangelischen Kirche. Die Evangelische Kirche nimmt ihre diakonischen Aufgaben durch das Diakonische Werk wahr. Die oben genannte Einrichtung ist dem Diakonischen Werk angeschlossen. Sie dient der Verwirklichung des gemeinsamen Werkes christlicher Nächstenliebe. Alle Mitarbeiter dieser Einrichtung … bilden ohne Rücksicht auf ihre Tätigkeit und Stellung eine Dienstgemeinschaft.

        

Auf dieser Grundlage wird der nachstehende Vertrag geschlossen:

        

…       

        

§ 2

        

Für das Dienstverhältnis gelten die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR) in der jeweils gültigen Fassung. …“

3

Das Arbeitsverhältnis ging zum 1. Januar 2014 auf die Beklagte über. Diese ist eine als gemeinnützige GmbH geführte Gliederung des Deutschen Roten Kreuzes, die in einem sächsischen Landkreis den bodengebundenen Rettungsdienst betreibt. Am 10. Juli 2014 sowie am 8. Dezember 2014 beschloss die Arbeitsrechtliche Kommission der Diakonie Deutschland die Erhöhung der Grundentgelte gemäß Anlage 2, der Sonderstufenentgelte gemäß Anlage 5 und der Stundenentgelte gemäß Anlage 9 zu den AVR rückwirkend zum 1. Juli 2014 für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgenommen Ärztinnen und Ärzte sowie Zahnärztinnen und Zahnärzte um 1,9 % bzw. ab dem 1. März 2015 die Erhöhung der Tabellenwerte der Anlagen 2, 5, 9 und 10a zu den AVR um 2,7 %. Die daraus folgenden Entgelterhöhungen gab die Beklagte nicht an den Kläger weiter.

4

Der Kläger begehrt zuletzt noch die Zahlung der Differenz zwischen der ihm gezahlten Vergütung und der ihm unter Berücksichtigung der Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission vom 10. Juli 2014 bzw. 8. Dezember 2014 zustehenden Vergütung in rechnerisch unstreitiger Höhe für die Zeit von Juli 2014 bis Mai 2015. Er begehrt ferner die Feststellung, dass die am 10. Juli 2014 und 8. Dezember 2014 beschlossenen Entgelterhöhungen auch künftig an ihn weiterzugeben sind.

5

Der Kläger hat - soweit für die Revision noch von Bedeutung - zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 757,91 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in im Einzelnen genannter, gestaffelter Höhe zu zahlen;

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die von der Arbeitsrechtlichen Kommission der Diakonie Deutschland mit Beschluss vom 10. Juli 2014 beschlossene Erhöhung der Entgelte ab 1. Juli 2014 in Höhe von 1,9 % sowie mit Beschluss vom 8. Dezember 2014 beschlossene Erhöhung der Entgelte ab 1. März 2015 in Höhe von 2,7 % dem Kläger auch in Zukunft zu zahlen.

6

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags vorgetragen, die AVR gölten seit dem Betriebsübergang auf sie nur noch statisch. Sie sei nicht Mitglied des Diakonischen Werkes und könne das auch nicht werden. Auf die Verhandlungsergebnisse der Arbeitsrechtlichen Kommission habe sie keinen Einfluss, so dass sie an die von dieser nach dem Betriebsübergang gefassten Beschlüsse nicht gebunden sein könne. Die AVR würden durch die Arbeitsrechtliche Kommission als Dritte vereinbart und seien deshalb mit kollektivvertraglichen Regelungen wie Tarifverträgen vergleichbar. Darum müssten die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Gleichstellungsabrede und die danach geltende statische Weitergeltung der Bezugnahme in vor dem Jahr 2002 abgeschlossenen Arbeitsverträgen Anwendung finden. Das Angebot, die Anwendung des für sie geltenden Tarifvertrags zu vereinbaren, habe der Kläger - unstreitig - abgelehnt. Sie sei nicht verpflichtet, die Unwägbarkeiten, die mit einer Änderungskündigung verbunden seien, auf sich zu nehmen. Es müsse ihr freistehen, den rechtlich sicheren Weg zu wählen und die AVR statisch anzuwenden. Anderenfalls werde ihre unternehmerische Freiheit beeinträchtigt.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage, soweit der Rechtsstreit in die Revisionsinstanz gelangt ist, stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die insoweit gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat durch Beschluss vom 22. September 2016 (- 6 AZN 370/16 -) zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren der Klageabweisung unter Vertiefung ihrer rechtlichen Argumentation weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen.

9

I. Die Klage ist begründet. Der Kläger kann die geltend gemachte Vergütung in zuletzt unstreitiger Höhe gemäß § 611 Abs. 1 BGB beanspruchen. Seine Vergütung richtet sich gemäß § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 in dynamisierter Weise nach den Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland, die am 23. Januar 2014 in die Arbeitsvertragsrichtlinien der Diakonie Deutschland (AVR-DD, im Folgenden nur AVR) umbenannt worden sind. Dieser Vertragsinhalt blieb durch den Betriebsübergang auf die Beklagte gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB unverändert. Die von der Arbeitsrechtlichen Kommission am 10. Juli 2014 bzw. 8. Dezember 2014 wirksam beschlossenen Entgelterhöhungen stehen dem Kläger darum auch über den von der Leistungsklage abgedeckten Zeitraum hinaus weiter zu. Eine Anpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage ist nicht vorzunehmen.

10

1. Der Arbeitsvertrag vom 14. August 1991 sieht die dynamische Geltung der AVR vor. Die Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Diakonischen Werk ist hierfür keine Voraussetzung.

11

a) Bei den Regelungen des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Darauf lässt schon das äußere Erscheinungsbild der formularmäßigen Vertragsgestaltung schließen (vgl. BAG 25. Juni 2015 - 6 AZR 383/14 - Rn. 23, BAGE 152, 82).

12

b) Der Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu ermitteln. Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen (BAG 23. März 2017 - 6 AZR 705/15 - Rn. 14). Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Diese Grundsätze finden auch auf die Auslegung von Bezugnahmeklauseln auf kirchliche Regelungswerke wie die AVR Anwendung (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07  - Rn. 12 , BAGE 135, 163; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 17, BAGE 129, 1). Bei der Auslegung einer solchen Bezugnahmeklausel ist von der allgemeinen Funktion von Verweisungsklauseln im kirchlichen Arbeitsverhältnis auszugehen. Mangels normativer Geltung der AVR in privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen kann ihnen nur über Bezugnahmeklauseln Wirkung verschafft werden (vgl. BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 107, BAGE 143, 354; 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 18). Diese sind grundsätzlich dahin auszulegen, dass sie dem kirchlichen Arbeitsrecht im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis umfassend Geltung verschaffen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 29 mwN, BAGE 141, 16). Typischerweise liegt es im Interesse beider Vertragsparteien, dass das kirchliche Arbeitsrecht durch eine dynamische Bezugnahmeklausel in seiner jeweiligen Fassung zur Anwendung gebracht wird (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 44 ff., BAGE 142, 247).

13

c) Eine solche Bezugnahme ist hier erfolgt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 sind die AVR in ihrer jeweils gültigen Fassung Bestandteil des Arbeitsverhältnisses. Diese dynamische Bezugnahmeklausel wurde zu einem wirksamen Vertragsbestandteil (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 38 ff., BAGE 142, 247).

14

d) Die dynamische Geltung der AVR setzt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht voraus, dass die Arbeitgeberin dem Diakonischen Werk angehört.

15

aa) Dies lässt sich den arbeitsvertraglichen Regelungen nicht entnehmen.

16

(1) Die Bezugnahme steht nicht unter der auflösenden Bedingung der Kirchenzugehörigkeit der Arbeitgeberseite. Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt nach § 158 Abs. 2 BGB mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein. Aus § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 kann auch in Verbindung mit der Präambel nicht geschlossen werden, dass die AVR bei Entfall des Anschlusses der Arbeitgeberin an das Diakonische Werk nicht mehr oder nur noch statisch zur Anwendung kommen sollen.

17

(a) Die Präambel des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 stellt klar, dass der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. als damaliger Vertragspartner dem Diakonischen Werk angeschlossen war und dessen Einrichtung der Verwirklichung des gemeinsamen Werkes christlicher Nächstenliebe dient. Der Arbeitsvertrag wurde auf der Grundlage dieser Zielsetzung geschlossen. Der Beklagten ist zuzugestehen, dass diese spezifisch kirchliche Grundlage des Arbeitsverhältnisses von einer Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Diakonischen Werk ausgeht. Die folgende Inbezugnahme der AVR in § 2 des Arbeitsvertrags entsprach der Verpflichtung des Rechtsvorgängers der Beklagten aus dem Arbeitsrechtsregelungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (ARRG-EKD) vom 10. November 1988 (ABl. EKD S. 366; vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 29, BAGE 141, 16).

18

(b) Eine Beendigung der dynamischen Inbezugnahme der AVR für den Fall, dass die Arbeitgeberin nicht mehr dem Diakonischen Werk angehört, ist jedoch weder der Präambel noch § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 zu entnehmen. Beide Vertragsbestandteile gehen vielmehr von unveränderten Verhältnissen aus und befassen sich nicht mit dem Entfall der arbeitgeberseitigen Kirchenzugehörigkeit, zum Bespiel in der Konstellation eines Betriebsübergangs auf einen nichtkirchlichen Arbeitgeber. Gegen die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung iSd. § 158 Abs. 2 BGB spricht auch, dass es keinen vertraglich vereinbarten früheren Rechtszustand gäbe, welcher ex nunc wieder eintreten könnte(vgl. demgegenüber zur nach § 3 Abs. 3 TVG gesetzlich angeordneten Nachbindung an einen Tarifvertrag BAG 5. Juli 2017 - 4 AZR 867/16 - Rn. 31). Eine nur statische Geltung der AVR ist vertraglich ebenso wenig vorgesehen wie die Bezugnahme eines anderen Regelungssystems bei Entfall der Kirchenzugehörigkeit der Arbeitgeberseite. Folglich gilt die vereinbarte Inbezugnahme der AVR als grundlegende Regelung des Vertragsinhalts auch bei einer Veränderung der Verhältnisse auf Arbeitgeberseite (vgl. zur Weitergeltung einer Inbezugnahme der AVR bei Gesellschafterwechsel BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 20 ff.). Die in der Literatur (Seel FA 2017, 66, 68) vertretene Auffassung, wonach ein Wegfall der kirchlichen Trägerschaft ein Ende der dynamischen Geltung der AVR nach sich ziehen müsse, weil der Geltungsgrund für die Dynamik die Qualität des Arbeitgebers als kirchlicher Arbeitgeber sei, dem der sog. „Dritte Weg“ als Instrument für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen eröffnet sei, ist mit dem Wortlaut der hier zu beurteilenden Vertragsregelungen daher nicht vereinbar.

19

(2) § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 ist auch keine zur Beendigung der Dynamik führende Gleichstellungsabrede. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

20

(a) Nach der früheren Rechtsprechung galt die - widerlegbare - Vermutung, es gehe einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten Beschäftigten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Die Rechtsprechung ging davon aus, mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel sollte lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags für alle Beschäftigten zu kommen. Daraus wurde die Konsequenz gezogen, ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder aus den Begleitumständen bei Vertragsschluss seien im Fall der normativen Gebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeklauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik gehe nur so weit, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reiche, sie ende also dann, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden sei (vgl. BAG 24. Februar 2016 - 4 AZR 990/13 - Rn. 29; 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 f. mwN).

21

(b) Diese Rechtsprechung wurde für vertragliche Bezugnahmeklauseln, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Eine individualvertragliche Klausel, die ihrem Wortlaut nach ohne Einschränkung auf einen bestimmten Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung verweist, ist im Regelfall nunmehr dahingehend auszulegen, dass dieser Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung gelten soll und dass diese Geltung nicht von Faktoren abhängt, die nicht im Vertrag genannt oder sonst für beide Parteien ersichtlich zur Voraussetzung gemacht worden sind (vgl. BAG 5. Juli 2017 - 4 AZR 867/16 - Rn. 22 f.; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29, BAGE 122, 74). Die Auslegungsregel wird lediglich aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln angewendet, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform vereinbart worden sind (vgl. BAG 7. Dezember 2016 - 4 AZR 414/14 - Rn. 31 mwN).

22

(c) Die hier auszulegende Bezugnahmeklausel wurde zwar am 14. August 1991 und somit weit vor dem 1. Januar 2002 vereinbart. Die vertragliche Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen wie der AVR kann jedoch generell nicht als Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung verstanden werden. Da die AVR immer nur anwendbar sind, wenn dies in dem betreffenden Arbeitsverhältnis vereinbart ist, kann deren vertragliche Inbezugnahme nie den eine derartige Auslegung erklärenden Grund einer Gleichbehandlung von organisierten und nicht organisierten Arbeitnehmern haben (so Bepler ZAT 2016, 145, 148; im Ergebnis ebenso LAG Berlin-Brandenburg 24. Februar 2012 - 6 Sa 1943/11 - zu 2.1.2 der Gründe; Klein jurisPR-ArbR 45/2016 Anm. 1; Klumpp ZMV 2017, 239, 242; von Tiling ZTR 2017, 11, 13). Es gibt keine Gewerkschaftsmitgliedschaft, die zu einer normativen Wirkung der AVR gemäß § 4 Abs. 1 TVG führen könnte und somit auch kein Gleichstellungsbedürfnis im dargestellten Sinne. Die von der Revision angeführte „kollektivvertraglichen Regelungen vergleichbare Situation“ des vormaligen kirchlichen Arbeitgebers, der durch seine Mitgliedschaft im Diakonischen Werk an die AVR gebunden gewesen sei, ist daher ohne Belang.

23

bb) Auf den von den AVR für sich selbst definierten Geltungsbereich kommt es folglich nicht an. Die Geltung der AVR gründet sich allein auf die dargestellte vertragliche Inbezugnahme (vgl. Bepler ZAT 2016, 145, 149; Klein jurisPR-ArbR 45/2016 Anm. 1; Klumpp ZMV 2017, 239, 241).

24

2. Die dynamische Inbezugnahme der AVR blieb durch den Betriebsübergang auf die Beklagte zum 1. Januar 2014 unberührt. Weder das nationale Recht noch die Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer bei Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen privilegieren den Erwerb eines Betriebs- bzw. Betriebsteils von einem kirchlichen Träger.

25

a) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Die aus in Bezug genommenen Tarifverträgen herrührenden individualvertraglichen Rechte und Pflichten gehören zum Inhalt des nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übergehenden Arbeitsverhältnisses(vgl. BAG 20. Juni 2012 - 4 AZR 656/10 - Rn. 22). Im Fall eines Betriebsübergangs wird der Erwerber so gestellt, als hätte er die dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegenden privatautonomen Willenserklärungen des Veräußerers gegenüber dem Arbeitnehmer selbst abgegeben und die Vereinbarungen in eigener Person, dh. mit der Verweisung auf ein bestimmtes Tarifwerk oder Teile davon in der jeweiligen Fassung abgeschlossen und zum Inhalt des Arbeitsvertrags gemacht. Dabei bleibt der individualvertragliche Charakter der in Bezug genommenen Kollektivregelungen erhalten (BAG 17. Juni 2015 - 4 AZR 61/14 (A) - Rn. 15, BAGE 152, 12).

26

b) Davon zu unterscheiden ist die statische Aufrechterhaltung kollektivrechtlich geregelter Arbeitsbedingungen durch die sog. Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB(zur statischen Fortgeltung vgl. AR/Bayreuther 8. Aufl. § 613a BGB Rn. 63; ErfK/Preis 17. Aufl. § 613a BGB Rn. 117; HWK/Willemsen/Müller-Bonanni 7. Aufl. § 613a BGB Rn. 265). Diese bezieht sich nur auf vor dem Betriebsübergang normativ geltende Regelungen (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 24; 16. Mai 2012 - 4 AZR 320/10 - Rn. 21 mwN). Vertragliche Rechtspositionen, auch wenn sie in einer privatautonomen Einbeziehung von Tarifrecht ihren Grund haben, gehen ohne Weiteres und uneingeschränkt nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB über. Sie werden auch nicht nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB durch einen beim Betriebserwerber geltenden Tarifvertrag abgelöst, weil sich diese Vorschrift nur auf § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB bezieht(vgl. BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 23, BAGE 136, 184). Dies gilt auch für § 613a Abs. 1 Satz 4 BGB(vgl. BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 70 ff., BAGE 130, 237).

27

c) Die mit einem kirchlichen Arbeitgeber vereinbarte Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen behält im Fall eines Betriebsübergangs als vertragliche Regelung gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber dem Betriebserwerber ihre Wirkung(vgl. bereits BAG 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - zu III 3 b der Gründe, BAGE 101, 9). Dies gilt auch dann, wenn ein kirchlicher Betriebserwerber nicht mehr ein Anstellungsträger im Sinne der in Bezug genommenen Dienstvertragsordnung ist (BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 31, BAGE 141, 16) oder der Betriebserwerber nicht mehr der Kirche zuzuordnen ist (vgl. Bepler jurisPR-ArbR 34/2016 Anm. 2; Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 7. Aufl. § 5 Rn. 31; Krings Der Betriebsübergang gem. § 613a BGB im kirchlichen Arbeitsrecht S. 118). Das Regelungssystem des § 613a Abs. 1 Satz 2 bis Satz 4 BGB ist weder direkt noch analog auf vertraglich in Bezug genommene kirchliche Arbeitsrechtsregelungen anwendbar, da diese vor dem Betriebsübergang keine normative Wirkung hatten(vgl. BAG 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - aaO). Es besteht auch kein Anlass, Betriebserwerber, die an die Dynamik einzelvertraglich vereinbarter AVR gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gebunden sind, durch das „Einfrieren“ dieser Regelungen auf den zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs vorliegenden Stand im Ergebnis so zu stellen, als sei eine Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB erfolgt. Dies lässt sich auch nicht aus der Funktion kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen, welche einheitliche Arbeitsbedingungen bezwecken (BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 27, BAGE 135, 163), ableiten. Der Betriebsübergang kann hier nicht dazu führen, dass zuvor einheitlich behandelte Arbeitnehmer nunmehr unterschiedlichen Regelungen unterfallen, je nachdem, ob eine dynamische Inbezugnahme als Vertragsrecht weiter gilt oder eine statische Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB eingreift. Eine Differenzierung zwischen tarifgebundenen und nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern, wie sie eine Gleichstellungsabrede verhindern will, erfolgt aus den genannten Gründen nicht. Auch nach einem Betriebsübergang auf einen sog. weltlichen Betriebserwerber bestehen die ursprünglich mit dem kirchlichen Arbeitgeber vereinbarten einheitlichen Arbeitsbedingungen.

28

d) Der Betriebserwerber ist deshalb jedenfalls bezogen auf die Entgeltansprüche der übernommenen Arbeitnehmer auch an eine vereinbarte Dynamik der Inbezugnahme gebunden. Der nichtkirchliche Betriebserwerber wird durch die Bindung an die dynamische Bezugnahmeklausel nicht unter Verstoß gegen unionsrechtliche Vorgaben in seiner unternehmerischen Freiheit beeinträchtigt (vgl. hierzu EuGH 11. September 2014 - C-328/13  - [Österreichischer Gewerkschaftsbund] Rn. 29; 18. Juli 2013 -  C-426/11  - [Alemo-Herron ua.] Rn33 ff.). Mit Urteil vom 27. April 2017 (- C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 22 f.) hat der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden, dass Art. 3 der Richtlinie 2001/23/EG in Verbindung mit Art. 16 GRC der dynamischen Fortgeltung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel im Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber nicht entgegensteht, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsieht. Solche Möglichkeiten bietet die deutsche Rechtsordnung in Form der einvernehmlichen Vertragsänderung und der Änderungskündigung nach § 2 KSchG(vgl. BAG 30. August 2017 - 4 AZR 95/14 - Pressemitteilung Nr. 35/17).

29

3. Entgegen der Ansicht der Beklagten entbindet sie der Umstand, dass der Kläger ihr Angebot abgelehnt hat, künftig den für sie geltenden Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwenden, nicht davon, eine Änderungskündigung zu erklären, wenn sie ihre dynamische Bindung an die vertraglich in Bezug genommenen AVR beenden will. Die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB, auf die die Beklagte sich im Ergebnis beruft, kann sie nur im Wege der Änderungskündigung geltend machen.

30

a) §§ 1, 2 KSchG sind gegenüber einer Anpassung nach § 313 BGB lex specialis. Sachverhalte, die zu einer Störung oder dem Wegfall der Geschäftsgrundlage geführt haben, sind dabei allerdings im Rahmen der §§ 2, 1 Abs. 2 KSchG zu würdigen(BAG 5. Juni 2014 - 2 AZR 615/13 - Rn. 23, BAGE 148, 227).

31

b) Unter welchen Voraussetzungen eine Änderungskündigung zum Zwecke der „Entdynamisierung“ einer Bezugnahmeklausel sozial gerechtfertigt ist, bedarf im vorliegenden Fall schon mangels Erklärung einer Änderungskündigung keiner Entscheidung (vgl. zu dieser Problematik: Bayreuther NJW 2017, 2158, 2159; Busch/Gerlach BB 2017, 2356, 2360; Eylert/Schinz RdA 2017, 140, 145; Hartmann EuZA 2017, 521, 532; Wißmann/Niklas NZA 2017, 697, 701). Darum besteht auch kein Anlass, sich näher mit der Frage zu befassen, ob und unter welchen Umständen die Fortgeltung der dynamischen Inbezugnahme der AVR nach einem Betriebsübergang auf einen weltlichen Erwerber zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage führen würde und wie ein solcher Umstand bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Änderungskündigung zu würdigen wäre. Jedenfalls machen die Kostensteigerungen, die durch die dynamische Weitergeltung der AVR eintreten und die die Beklagte nach ihrem Vortrag bei den Kostenträgern nicht refinanzieren kann, der Beklagten das unveränderte Festhalten an dem Arbeitsvertrag, in dessen Inhalt sie nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB eingetreten ist, vorliegend nicht unzumutbar. Das folgt bereits daraus, dass sie nicht geltend macht, sie habe vergeblich versucht, unter Hinweis auf die Rechtslage bei dem Kostenträger eine Änderung zu erwirken. Es kann daher dahinstehen, ob und unter welchen Umständen Kostensteigerungen, die der Erwerber bei seiner Entscheidung, einen Betrieb zu übernehmen, nicht einkalkuliert hat, zu einer Störung der Geschäftsgrundlage führen können oder Teil des von ihm zu tragenden unternehmerischen Risikos bleiben. Insbesondere kann dahinstehen, ob es für eine Störung der Geschäftsgrundlage ausreicht, wenn in einem auf unbegrenzte Zeit eingegangenen Dauerschuldverhältnis wie dem Arbeitsverhältnis das geschuldete Arbeitsentgelt zu einer dauerhaften Verlustsituation führt (zum Vorliegen einer zur Vertragsanpassung führenden Äquivalenzstörung im Dauerschuldverhältnis nur bei einer dauerhaften, auf billigerweise nicht vorauszusehenden Umständen beruhenden Verlustsituation BGH 19. April 1978 - VIII ZR 182/76 - zu II 2 b der Gründe).

32

4. Der Fall bietet auch keine Veranlassung zu klären, welchen Inhalt das Arbeitsverhältnis der Parteien in Bezug auf die in § 2 und § 3 AVR enthaltenen allgemeinen und besonderen Dienstpflichten hat. Insbesondere kann offenbleiben, welchen Inhalt die Loyalitätspflichten nach dem Betriebsübergang aufweisen (vgl. zu den kirchlichen Loyalitätsanforderungen: BAG 28. Juli 2016 - 2 AZR 746/14 (A) - Rn. 14 ff., BAGE 156, 23; KR/Fischermeier 11. Aufl. Kirchl. ArbN Rn. 2 ff.) und ob die negative Religionsfreiheit eines Betriebserwerbers (Art. 4 GG) durch spezifisch kirchliche Regelungen verletzt sein kann (vgl. Klumpp ZMV 2017, 239, 240). Gegenstand des Rechtsstreits sind nur Vergütungsansprüche.

33

5. Die Revision rügt ohne Erfolg, dass das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft die Unbilligkeit der von der Arbeitsrechtlichen Kommission vorgenommenen Leistungsbestimmung nach § 319 Abs. 1 BGB verneint habe. Das Landesarbeitsgericht hat allerdings insoweit den Prüfungsmaßstab verkannt. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (seit BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 30 ff., BAGE 135, 163) unterliegen Arbeitsvertragsrichtlinien, die auf dem Dritten Weg gemäß den einschlägigen Organisations- und Verfahrensvorschriften entstanden sind, wie Tarifverträge nur einer Rechtskontrolle am Maßstab höherrangigen Rechts sowie der Kontrolle auf einen Verstoß gegen die guten Sitten, wenn sie von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen worden sind und deshalb nicht der Dienstgeberseite zugeordnet werden können. Dieser Rechtsfehler führt jedoch nicht zum Erfolg der Revision. Die Beklagte zeigt nicht auf, inwieweit die Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission vom 10. Juli 2014 und vom 8. Dezember 2014 höherrangiges Recht verletzen oder gegen die guten Sitten verstoßen könnten. Dafür ist auch keinerlei Anhaltspunkt ersichtlich. Das Landesarbeitsgericht hat darum im Ergebnis zutreffend erkannt, dass diese Beschlüsse wirksam sind.

34

6. Dem Kläger steht das eingeklagte Differenzentgelt auf das ihm gezahlte Grundentgelt und die Zuschläge nach der Anlage 9 zu den AVR (Zeitzuschlag für Überstunden, Überstundenentgelt, Zeitzuschlag für Sonntagsarbeit und Arbeiten an Wochenfeiertagen, die auf einen Sonntag fallen, sowie für Nachtarbeit) zu. Die Beklagte hat keine Einwendungen gegen die Richtigkeit der der Berechnung des Klägers zugrunde liegenden zuschlagspflichtigen Stunden erhoben.

35

7. Der Kläger kann nach § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB Verzugszinsen für die einzelnen monatlichen Differenzvergütungsbeträge jeweils ab dem 16. eines jeden Monats verlangen. Verzugszinsen sind nach § 187 Abs. 1 BGB ab dem Tag nach dem in den AVR bestimmten Zahltag zu entrichten(vgl. zu tariflichen Ansprüchen BAG 27. April 2017 - 6 AZR 459/16 - Rn. 37). Die Bezüge sind gemäß § 21a AVR am 15. eines jeden Monats (Zahltag) fällig.

36

II. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    C. Klar    

        

    Lauth    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 23. Juli 2015 - 8 Sa 542/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütungsansprüche für die Zeit von Oktober 2013 bis einschließlich Juni 2014.

2

Die Klägerin war ursprünglich seit dem 1. Februar 1981 bei der katholischen Kirchengemeinde S als Rechtsträgerin des S-Hospitals in H beschäftigt. Der Arbeitsvertrag vom 1. Februar 1981 lautet auszugsweise wie folgt:

        

„Caritas ist eine der Lebens- und Wesensäußerungen der Katholischen Kirche. Der obengenannte Rechtsträger [gemeint: katholische Kirchengemeinde S] ist dem Deutschen Caritasverband angeschlossen. Seine Einrichtung dient der Verwirklichung des gemeinsamen Werkes christlicher Nächstenliebe. Alle Mitarbeiter dieser Einrichtung leisten deshalb ihren Dienst in Anerkennung dieser Zielsetzung und bilden ohne Rücksicht auf ihre Tätigkeit und Stellung eine Dienstgemeinschaft.

        

Auf dieser Grundlage wird der folgende Vertrag geschlossen.

        

§ 1

        

… M wird ab 1. Febr. 1981 als Masseurin und med. Bademeisterin eingestellt.

        

…       

        

§ 2

        

Für das Dienstverhältnis gelten die ‚Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes‘ (AVR) in der zur Zeit des Vertragsabschlusses in der ‚Caritas-Korrespondenz‘ veröffentlichten und im Amtsblatt des Ortsbistums in Kraft gesetzten Fassung.

        

Die AVR sind Bestandteil des Dienstvertrages und haben dem Mitarbeiter zur Kenntnisnahme zur Verfügung gestanden.

        

Bei Änderungen der AVR gilt jeweils die in der ‚Caritas-Korrespondenz‘ veröffentlichte und im Amtsblatt des Ortsbistums in Kraft gesetzte Fassung, ohne daß es einer weiteren Vereinbarung bedarf. Auch insoweit ist dem Mitarbeiter Gelegenheit zur Kenntnisnahme gegeben.

        

…       

        

§ 4

        

a)    

Der Mitarbeiter wird in die Vergütungsgruppe 6, Ziffer b, Stufe 3 eingestuft. …“

3

Seit dem 1. August 1986 wurde die Klägerin wegen ihrer Bestellung zur Leiterin der Physikalischen Therapie nach Vergütungsgruppe 4a Ziff. 6 AVR bezahlt.

4

Zum 1. Juli 2006 ging das Arbeitsverhältnis im Rahmen eines Betriebsteilübergangs auf die M H GmbH & Co. KG über, welche den Funktionsbereich Physikalische Therapie übernommen hatte. Die Betriebserwerberin bot der Klägerin eine Änderung des Arbeitsvertrags an. Mit dieser sollte die bisherige Bezugnahme auf die AVR entfallen. Die Klägerin lehnte eine solche Vertragsänderung ab. Der Arbeitsvertrag blieb auch im Übrigen unverändert. Die Klägerin arbeitete nach dem Betriebsteilübergang weiterhin bei einer Wochenarbeitszeit von regelmäßig 38,5 Stunden für eine Bruttomonatsvergütung iHv. 3.623,82 Euro. Zum 1. Oktober 2013 ging der Betrieb der M H GmbH & Co. KG auf die Beklagte über.

5

Mit Schreiben vom 31. März 2014 hat die Klägerin für die Zeit ab Oktober 2013 eine monatliche Differenz von 373,60 Euro brutto zwischen dem geleisteten Entgelt von 3.623,82 Euro brutto und einer Vergütung nach Vergütungsgruppe 4a Stufe 10 AVR iHv. 3.997,42 Euro brutto verlangt. Die Beklagte hat diese Forderung abgelehnt. Die dynamische Inbezugnahme der AVR sei bereits mit dem ersten Betriebsübergang zum 1. Juli 2006 entfallen.

6

Die Klägerin hat mit ihrer Klage demgegenüber die Auffassung vertreten, die im Arbeitsvertrag vom 1. Februar 1981 vereinbarte dynamische Geltung der AVR sei durch die beiden Betriebsübergänge unberührt geblieben. Es handle sich um den durch § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB geschützten Vertragsinhalt. Dabei sei unbeachtlich, dass weder die M H GmbH & Co. KG noch die Beklagte dem Caritasverband angehörten. Eine solche Zugehörigkeit sei in der vertraglichen Regelung nicht zur Voraussetzung für die Geltung der AVR gemacht worden. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach die Inbezugnahme von Tarifverträgen in vor dem 1. Januar 2002 mit tarifgebundenen Arbeitgebern abgeschlossenen Arbeitsverträgen dahingehend zu verstehen sei, dass lediglich eine Gleichstellung von tarifgebundenen und tarifungebundenen Arbeitnehmern bezweckt gewesen sei und deshalb die Dynamik der Inbezugnahme mit Wegfall der Tarifbindung des Arbeitgebers ende, sei auf die hier vorliegende Inbezugnahme der AVR nicht übertragbar. Ein Bedürfnis für eine Gleichstellung von tarifgebundenen Gewerkschaftsmitgliedern und tarifungebundenen Arbeitnehmern sei schon deshalb nicht gegeben gewesen, weil es sich bei den AVR nicht um Tarifverträge handle, sondern um ein Regelwerk, welches nur aufgrund vertraglicher Vereinbarung zur Anwendung gebracht werden könne.

7

Die geltend gemachten Differenzvergütungsansprüche seien auch nicht deshalb verwirkt, weil sie erstmals mit Schreiben vom 31. März 2014 geltend gemacht wurden. Die bloße Nichterhebung einer Forderung bewirke keine Vertragsänderung. Zudem habe schon die M H GmbH & Co. KG nicht darauf vertrauen dürfen, dass dynamisierte Vergütungsansprüche nach dem Betriebsteilübergang am 1. Juli 2006 nicht geltend gemacht würden. Sie (die Klägerin) habe die angetragene Vertragsänderung, das heißt den Wegfall der Bezugnahme auf die AVR, nicht akzeptiert. Damit sei deutlich geworden, dass sie unverändert von einer dynamischen Geltung der AVR ausgehe. Eine Begrenzung des entsprechenden Forderungsrechts folge nur aus der in § 23 AVR enthaltenen Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit. Diese sei in dem Schreiben vom 31. März 2014 schon berücksichtigt worden, da nur Differenzvergütungsansprüche für die Zeit ab Oktober 2013 gefordert worden seien.

8

Bei einem monatlichen Differenzbetrag von 373,60 Euro ergebe sich für die Zeit bis einschließlich Juni 2014 ein Gesamtbetrag von 3.362,40 Euro brutto.

9

Die Klägerin hat daher beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.362,40 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

        

1.    

aus 373,60 Euro seit dem 1. November 2013,

        

2.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Dezember 2013,

        

3.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Januar 2014,

        

4.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Februar 2014,

        

5.      

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. März 2014,

        

6.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. April 2014,

        

7.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Mai 2014,

        

8.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Juni 2014 und

        

9.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Juli 2014

        

zu zahlen.

10

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass die AVR seit dem 1. Juli 2006 nur noch statisch zur Anwendung kommen könnten. Die Verweisungsklausel in § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 setze ersichtlich eine Zugehörigkeit des Arbeitgebers zum Caritasverband voraus. Diese sei bereits mit dem ersten Betriebsübergang am 1. Juli 2006 entfallen. Das Arbeitsverhältnis sei schon damals auf eine nichtkirchliche Arbeitgeberin übergegangen. Damit sei keine Grundlage mehr für eine dynamische Fortgeltung der AVR gegeben gewesen. Die vertragliche Inbezugnahme der AVR habe gleiche Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten erreichen sollen und sei deshalb einer Gleichstellungsabrede vergleichbar. Bei den AVR handle es sich zwar nicht um einen Tarifvertrag. Die Bindung der ursprünglich kirchlichen Arbeitgeberin an den Deutschen Caritasverband bei Abschluss des Arbeitsvertrags im Jahr 1981 entspreche aber einer Tarifbindung („tarifähnliche Bindung“). Dementsprechend sei der Übergang des Arbeitsverhältnisses auf eine nicht der Caritas zugehörige Arbeitgeberin der Privatwirtschaft vergleichbar mit dem Wegfall einer Tarifbindung auf Arbeitgeberseite. Dies bewirke - wie bei einer Gleichstellungsabrede - den Wegfall der Dynamisierung.

11

Eine zeitlich unbegrenzte Fortgeltung der dynamischen Inbezugnahme der AVR würde zudem gegen unionsrechtliche Vorgaben verstoßen. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) habe in der Rechtssache Alemo-Herron ua. (- C-426/11 -) am 18. Juli 2013 entschieden, dass die dynamische Inbezugnahme eines Tarifvertrags einen Betriebserwerber nicht binde, der keine Möglichkeit habe, an den künftigen Tarifvertragsverhandlungen teilzunehmen. Dies gelte auch bei einer dynamischen Verweisung auf die AVR im Fall eines Betriebsübergangs auf einen nichtkirchlichen Arbeitgeber. Ein solcher Arbeitgeber habe keine Möglichkeit, die Entwicklung der AVR zu beeinflussen.

12

Zudem wäre der geltend gemachte Anspruch verwirkt. Die Klägerin habe die Forderung nach einer dynamisierten AVR-Vergütung zwischen 2006 und der Einreichung der Klage im Jahr 2014 nicht erhoben. Schon die M H GmbH & Co. KG habe darauf vertrauen dürfen, dass eine solche Forderung auch künftig nicht geltend gemacht werde. Sie (die Beklagte) könne sich als weitere Betriebserwerberin hierauf berufen, da das Arbeitsverhältnis mit diesem Inhalt auf sie übergegangen sei.

13

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen.

15

I. Die Klage ist begründet. Die Klägerin kann die geltend gemachte Vergütung in zuletzt unstreitiger Höhe gemäß § 611 Abs. 1 BGB beanspruchen. Ihre Vergütung richtet sich gemäß § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 in dynamisierter Weise nach den AVR. Dieser Vertragsinhalt blieb durch die beiden Betriebsübergänge gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB unverändert. Die Geltendmachung der sich daraus ergebenden Ansprüche verstößt nicht gegen die Grundsätze von Treu und Glauben.

16

1. Der Arbeitsvertrag vom 1. Februar 1981 sieht die dynamische Geltung der AVR vor. Die Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Caritasverband ist hierfür keine Voraussetzung.

17

a) Bei den Regelungen des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Darauf lässt schon das äußere Erscheinungsbild der formularmäßigen Vertragsgestaltung schließen (vgl. BAG 25. Juni 2015 - 6 AZR 383/14 - Rn. 23, BAGE 152, 82).

18

b) Der Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu ermitteln. Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen (BAG 23. März 2017 - 6 AZR 705/15 - Rn. 14). Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Diese Grundsätze finden auch auf die Auslegung von Bezugnahmeklauseln auf kirchliche Regelungswerke wie die AVR Anwendung (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07  - Rn. 12 , BAGE 135, 163; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 17, BAGE 129, 1). Bei der Auslegung einer solchen Bezugnahmeklausel ist von der allgemeinen Funktion von Verweisungsklauseln im kirchlichen Arbeitsverhältnis auszugehen. Mangels normativer Geltung der AVR in privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen kann ihnen nur über Bezugnahmeklauseln Wirkung verschafft werden (vgl. BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 107, BAGE 143, 354; 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 18). Diese sind grundsätzlich dahin auszulegen, dass sie dem kirchlichen Arbeitsrecht im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis umfassend Geltung verschaffen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 29 mwN, BAGE 141, 16). Typischerweise liegt es im Interesse beider Vertragsparteien, dass das kirchliche Arbeitsrecht durch eine dynamische Bezugnahmeklausel in seiner jeweiligen Fassung zur Anwendung gebracht wird (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 44 ff., BAGE 142, 247).

19

c) Eine solche Bezugnahme ist hier erfolgt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 sind die AVR in ihrer jeweiligen Fassung Bestandteil des Arbeitsverhältnisses. Bei Änderungen gilt die aktuelle Fassung nach ihrer Veröffentlichung „ohne dass es einer weiteren Vereinbarung bedarf“. Diese dynamische Bezugnahmeklausel wurde zu einem wirksamen Vertragsbestandteil (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 38 ff., BAGE 142, 247).

20

d) Die dynamische Geltung der AVR setzt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht voraus, dass die Arbeitgeberin dem Caritasverband angehört.

21

aa) Dies lässt sich den arbeitsvertraglichen Regelungen nicht entnehmen.

22

(1) Die Bezugnahme steht nicht unter der auflösenden Bedingung der Kirchenzugehörigkeit der Arbeitgeberseite. Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt nach § 158 Abs. 2 BGB mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein. Aus § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 kann auch in Verbindung mit der Präambel nicht geschlossen werden, dass die AVR bei Entfall der Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Caritasverband nicht mehr oder nur noch statisch zur Anwendung kommen sollen.

23

(a) Die Präambel des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 stellt klar, dass die katholische Kirchengemeinde als damalige Vertragspartnerin dem Deutschen Caritasverband angeschlossen war und dessen Einrichtung der Verwirklichung des gemeinsamen Werks christlicher Nächstenliebe dient. Der Arbeitsvertrag wurde auf der Grundlage dieser Zielsetzung geschlossen. Der Beklagten ist zuzugestehen, dass diese spezifisch kirchliche Grundlage des Arbeitsverhältnisses von einer Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Caritasverband ausgeht. Die folgende Inbezugnahme der AVR in § 2 des Arbeitsvertrags entspricht der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse(vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 34, BAGE 142, 247).

24

(b) Eine Beendigung der dynamischen Inbezugnahme der AVR für den Fall, dass die Arbeitgeberin nicht mehr dem Caritasverband angehört, ist jedoch weder der Präambel noch § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 zu entnehmen. Beide Vertragsbestandteile gehen vielmehr von unveränderten Verhältnissen aus und befassen sich nicht mit dem Entfall der arbeitgeberseitigen Kirchenzugehörigkeit, zB in der Konstellation eines Betriebsübergangs auf einen nichtkirchlichen Arbeitgeber. Gegen die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung iSd. § 158 Abs. 2 BGB spricht auch, dass es keinen vertraglich vereinbarten früheren Rechtszustand gäbe, welcher ex nunc wieder eintreten könnte(vgl. demgegenüber zur nach § 3 Abs. 3 TVG gesetzlich angeordneten Nachbindung an einen Tarifvertrag BAG 5. Juli 2017 - 4 AZR 867/16 - Rn. 31). Eine nur statische Geltung der AVR ist vertraglich ebenso wenig vorgesehen wie die Bezugnahme eines anderen Regelungssystems bei Entfall der Kirchenzugehörigkeit der Arbeitgeberseite. Folglich gilt die vereinbarte Inbezugnahme der AVR als grundlegende Regelung des Vertragsinhalts auch bei einer Veränderung der Verhältnisse auf Arbeitgeberseite (vgl. zur Weitergeltung einer Inbezugnahme der AVR bei Gesellschafterwechsel BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 20 ff.). Die in der Literatur (Seel FA 2017, 66, 68) vertretene Auffassung, wonach ein Wegfall der kirchlichen Trägerschaft ein Ende der dynamischen Geltung der AVR nach sich ziehen müsse, weil der Geltungsgrund für die Dynamik die Qualität des Arbeitgebers als kirchlicher Arbeitgeber sei, dem der sog. „Dritte Weg“ als Instrument für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen eröffnet sei, ist mit dem Wortlaut der hier zu beurteilenden Vertragsregelungen nicht vereinbar.

25

(2) § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 ist auch keine zur Beendigung der Dynamik führende Gleichstellungsabrede. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

26

(a) Nach der früheren Rechtsprechung galt die - widerlegbare - Vermutung, es gehe einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten Beschäftigten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Die Rechtsprechung ging davon aus, mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel sollte lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags für alle Beschäftigten zu kommen. Daraus wurde die Konsequenz gezogen, ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder aus den Begleitumständen bei Vertragsschluss seien im Fall der normativen Gebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeklauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik gehe nur so weit, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reiche, sie ende also dann, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden sei (vgl. BAG 24. Februar 2016 - 4 AZR 990/13 - Rn. 29; 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 f. mwN).

27

(b) Diese Rechtsprechung wurde für vertragliche Bezugnahmeklauseln, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Eine individualvertragliche Klausel, die ihrem Wortlaut nach ohne Einschränkung auf einen bestimmten Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung verweist, ist im Regelfall nunmehr dahingehend auszulegen, dass dieser Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung gelten soll und dass diese Geltung nicht von Faktoren abhängt, die nicht im Vertrag genannt oder sonst für beide Parteien ersichtlich zur Voraussetzung gemacht worden sind (vgl. BAG 5. Juli 2017 - 4 AZR 867/16 - Rn. 22 f.; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29, BAGE 122, 74). Die Auslegungsregel wird lediglich aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln angewendet, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform vereinbart worden sind (vgl. BAG 7. Dezember 2016 - 4 AZR 414/14 - Rn. 31 mwN).

28

(c) Die hier auszulegende Bezugnahmeklausel wurde zwar am 1. Februar 1981 und somit weit vor dem 1. Januar 2002 vereinbart. Die vertragliche Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen wie der AVR kann jedoch generell nicht als Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung verstanden werden. Da die AVR immer nur anwendbar sind, wenn dies in dem betreffenden Arbeitsverhältnis vereinbart ist, kann deren vertragliche Inbezugnahme nie den eine derartige Auslegung erklärenden Grund einer Gleichbehandlung von organisierten und nicht organisierten Arbeitnehmern haben (so Bepler ZAT 2016, 145, 148; im Ergebnis ebenso LAG Berlin-Brandenburg 24. Februar 2012 - 6 Sa 1943/11 - zu 2.1.2 der Gründe; Klein jurisPR-ArbR 45/2016 Anm. 1; Klumpp ZMV 2017, 239, 242; von Tiling ZTR 2017, 11, 13). Es gibt keine Gewerkschaftsmitgliedschaft, die zu einer normativen Wirkung der AVR gemäß § 4 Abs. 1 TVG führen könnte und somit auch kein Gleichstellungsbedürfnis im dargestellten Sinne. Die von der Revision angeführte „tarifähnliche Bindung“ der vormaligen kirchlichen Arbeitgeberin ist daher ohne Belang.

29

bb) Auf den von den AVR für sich selbst definierten Geltungsbereich kommt es folglich nicht an. Die Geltung der AVR gründet sich allein auf die dargestellte vertragliche Inbezugnahme (vgl. Bepler ZAT 2016, 145, 149; Klein jurisPR-ArbR 45/2016 Anm. 1; Klumpp ZMV 2017, 239, 241).

30

2. Die dynamische Inbezugnahme der AVR blieb durch die beiden Betriebsübergänge zum 1. Juli 2006 und 1. Oktober 2013 unberührt. Weder das nationale Recht noch die Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen privilegieren den Erwerb eines Betriebs bzw. eines Betriebsteils von einem kirchlichen Träger.

31

a) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Die aus in Bezug genommenen Tarifverträgen herrührenden individualvertraglichen Rechte und Pflichten gehören zum Inhalt des nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übergehenden Arbeitsverhältnisses(vgl. BAG 20. Juni 2012 - 4 AZR 656/10 - Rn. 22). Im Fall eines Betriebsübergangs wird der Erwerber so gestellt, als hätte er die dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegenden privatautonomen Willenserklärungen des Veräußerers gegenüber dem Arbeitnehmer selbst abgegeben und die Vereinbarungen in eigener Person, dh. mit der Verweisung auf ein bestimmtes Tarifwerk oder Teile davon in der jeweiligen Fassung abgeschlossen und zum Inhalt des Arbeitsvertrags gemacht. Dabei bleibt der individualvertragliche Charakter der in Bezug genommenen Kollektivregelungen erhalten (BAG 17. Juni 2015 - 4 AZR 61/14 (A) - Rn. 15, BAGE 152, 12).

32

b) Davon zu unterscheiden ist die statische Aufrechterhaltung kollektivrechtlich geregelter Arbeitsbedingungen durch die sog. Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB(zur statischen Fortgeltung vgl. AR/Bayreuther 8. Aufl. § 613a BGB Rn. 63; ErfK/Preis 17. Aufl. § 613a BGB Rn. 117; HWK/Willemsen/Müller-Bonanni 7. Aufl. § 613a BGB Rn. 265). Diese bezieht sich nur auf vor dem Betriebsübergang normativ geltende Regelungen (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 24; 16. Mai 2012 - 4 AZR 320/10 - Rn. 21 mwN). Vertragliche Rechtspositionen, auch wenn sie in einer privatautonomen Einbeziehung von Tarifrecht ihren Grund haben, gehen ohne Weiteres und uneingeschränkt nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB über. Sie werden auch nicht nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB durch einen beim Betriebserwerber geltenden Tarifvertrag abgelöst, weil sich diese Vorschrift nur auf § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB bezieht(vgl. BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 23, BAGE 136, 184). Dies gilt auch für § 613a Abs. 1 Satz 4 BGB(vgl. BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 70 ff., BAGE 130, 237).

33

c) Die mit einem kirchlichen Arbeitgeber vereinbarte Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen behält im Fall eines Betriebsübergangs als vertragliche Regelung gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber dem Betriebserwerber ihre Wirkung(vgl. bereits BAG 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - zu III 3 b der Gründe, BAGE 101, 9). Dies gilt auch dann, wenn ein kirchlicher Betriebserwerber nicht mehr ein Anstellungsträger im Sinne der in Bezug genommenen Dienstvertragsordnung ist (BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 31, BAGE 141, 16) oder der Betriebserwerber nicht mehr der Kirche zuzuordnen ist (vgl. Bepler jurisPR-ArbR 34/2016 Anm. 2; Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 7. Aufl. § 5 Rn. 31; Krings Der Betriebsübergang gem. § 613a BGB im kirchlichen Arbeitsrecht S. 118). Das Regelungssystem des § 613a Abs. 1 Satz 2 bis Satz 4 BGB ist weder direkt noch analog auf vertraglich in Bezug genommene kirchliche Arbeitsrechtsregelungen anwendbar, da diese vor dem Betriebsübergang keine normative Wirkung hatten(vgl. BAG 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - aaO). Es besteht kein Anlass, Betriebserwerber, die an die Dynamik einzelvertraglich vereinbarter AVR gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gebunden sind, durch das „Einfrieren“ dieser Regelungen auf den zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs vorliegenden Stand im Ergebnis so zu stellen, als sei eine Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB erfolgt. Dies lässt sich auch nicht aus der Funktion kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen, welche einheitliche Arbeitsbedingungen bezwecken (BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 27, BAGE 135, 163), ableiten. Der Betriebsübergang kann hier nicht dazu führen, dass zuvor einheitlich behandelte Arbeitnehmer nunmehr unterschiedlichen Regelungen unterfallen, je nachdem, ob eine dynamische Inbezugnahme als Vertragsrecht weiter gilt oder eine statische Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB eingreift. Eine Differenzierung zwischen tarifgebundenen und nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern, wie sie eine Gleichstellungsabrede verhindern will, erfolgt aus den genannten Gründen nicht. Auch nach einem Betriebsübergang auf einen sog. weltlichen Betriebserwerber bestehen die ursprünglich mit dem kirchlichen Arbeitgeber vereinbarten einheitlichen Arbeitsbedingungen.

34

d) Der Betriebserwerber ist deshalb jedenfalls bezogen auf die Entgeltansprüche der übernommenen Arbeitnehmer auch an eine vereinbarte Dynamik der Inbezugnahme gebunden. Der nichtkirchliche Betriebserwerber wird durch die Bindung an die dynamische Bezugnahmeklausel nicht unter Verstoß gegen unionsrechtliche Vorgaben in seiner unternehmerischen Freiheit beeinträchtigt (vgl. hierzu EuGH 11. September 2014 - C-328/13  - [Österreichischer Gewerkschaftsbund] Rn. 29; 18. Juli 2013 -  C-426/11  - [Alemo-Herron ua.] Rn. 33  ff.). Mit Urteil vom 27. April 2017 (- C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 22 f.) hat der EuGH entschieden, dass Art. 3 der Richtlinie 2001/23/EG in Verbindung mit Art. 16 GRC der dynamischen Fortgeltung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel im Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber nicht entgegensteht, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsieht. Solche Möglichkeiten bietet die deutsche Rechtsordnung in Form der einvernehmlichen Vertragsänderung und der Änderungskündigung nach § 2 KSchG(vgl. BAG 30. August 2017 - 4 AZR 95/14 - Pressemitteilung Nr. 35/17). Unter welchen Voraussetzungen eine Änderungskündigung zum Zwecke der „Entdynamisierung“ einer Bezugnahmeklausel sozial gerechtfertigt ist, bedarf im vorliegenden Fall schon mangels Erklärung einer Änderungskündigung keiner Entscheidung (vgl. zu dieser Problematik: Bayreuther NJW 2017, 2158, 2159; Busch/Gerlach BB 2017, 2356, 2360; Eylert/Schinz RdA 2017, 140, 145; Hartmann EuZA 2017, 521, 532; Wißmann/Niklas NZA 2017, 697, 701).

35

e) Es besteht hier auch keine Veranlassung zu klären, welchen Inhalt das Arbeitsverhältnis der Parteien in Bezug auf die in § 4 und § 5 AVR enthaltenen allgemeinen und besonderen Dienstpflichten hat. Insbesondere kann offenbleiben, welchen Inhalt die Loyalitätspflichten nach dem Betriebsübergang aufweisen (vgl. zu den kirchlichen Loyalitätsanforderungen: BAG 28. Juli 2016 - 2 AZR 746/14 (A) - Rn. 14 ff., BAGE 156, 23; KR/Fischermeier 11. Aufl. Kirchl. ArbN Rn. 2 ff.) und ob die negative Religionsfreiheit eines Betriebserwerbers (Art. 4 GG) durch spezifisch kirchliche Regelungen verletzt sein kann (vgl. Klumpp ZMV 2017, 239, 240). Gegenstand des Rechtsstreits sind nur Vergütungsansprüche.

36

3. Der streitgegenständliche Entgeltdifferenzanspruch der Klägerin ist auch nicht verwirkt.

37

a) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Sie hat nicht den Zweck, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen (Zeitmoment). Es müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Der Berechtigte muss unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (vgl. BAG 26. Oktober 2016 - 5 AZR 168/16 - Rn. 41, BAGE 157, 116).

38

b) Jedenfalls ein solches Umstandsmoment liegt hier nicht vor.

39

aa) Die Klägerin war weder verpflichtet, die dynamisierte Vergütung nach AVR von der M H GmbH & Co. KG oder der Beklagten zu fordern, noch ergibt sich aus der insoweit widerspruchslosen Durchführung des Arbeitsverhältnisses seitens des Klägerin eine vertrauensbegründende Verhaltensweise (vgl. BAG 21. Oktober 2015 - 4 AZR 649/14 - Rn. 45). Im Gegenteil hat die Klägerin gegenüber der M H GmbH & Co. KG eine Änderung ihres Arbeitsvertrags abgelehnt und damit deutlich gemacht, dass sie an der dynamischen Inbezugnahme der AVR und den sich daraus ergebenden Ansprüchen festhalten will.

40

bb) Eine Verwirkung scheidet zudem aus, weil von der Beklagten keine Umstände vorgebracht wurden, welche die Annahme rechtfertigten, der Beklagten sei es aufgrund eigener Dispositionen unzumutbar geworden, die Ansprüche der Klägerin zu erfüllen (vgl. BAG 22. März 2017 - 5 AZR 424/16 - Rn. 24). Die statische Anwendung der AVR wird bereits langjährig praktiziert und ist offensichtlich auch ohne Kirchenzugehörigkeit durchführbar. Letztlich wendet sich die Beklagte nur gegen die mit der Dynamisierung verbundene Kostensteigerung. Sie belegt aber nicht, dass diese Belastung ein nicht mehr tragbares Ausmaß angenommen hat. Der bloße Umstand, dass wegen der Nichtinbezugnahme der AVR in Arbeitsverträgen anderer Beschäftigter zwei Vergütungssysteme im Betrieb bestehen, führt nicht zur Unzumutbarkeit der Fortgeltung der fraglichen Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag der Klägerin. Diese Aufspaltung ist die Folge des Bestandschutzes nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB.

41

4. Folglich hat die Klägerin gemäß § 611 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf die geltend gemachte Differenzvergütung in unstreitiger Höhe. Sie kann nach § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB Verzugszinsen für die einzelnen monatlichen Differenzvergütungsbeträge jeweils ab dem ersten Tag des Folgemonats verlangen. Verzugszinsen sind nach § 187 Abs. 1 BGB ab dem Tag nach dem in den AVR bestimmten Zahltag zu entrichten(vgl. zu tariflichen Ansprüchen BAG 27. April 2017 - 6 AZR 459/16 - Rn. 37). Nach Abschnitt X Unterabschnitt (a) Satz 1 der Anlage 1 zu den AVR (Vergütungsordnung) sind die Bezüge, die in Monatsbeträgen festgelegt sind, für den Kalendermonat zu berechnen und dem Mitarbeiter so rechtzeitig zu zahlen, dass er am letzten Werktag des Kalendermonats über sie verfügen kann. Ausgehend von einer Einordnung des Samstags als Werktag führt dies bezogen auf alle streitgegenständlichen Monate zu einem Beginn des Zinslaufs am ersten Tag des Folgemonats.

42

II. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel     

        

        

        

    Lauth    

        

    C. Klar     

                 

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 9. Juni 2010 - 9 Sa 1218/09 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 20. August 2009 - 3 Ca 1204/09 - abgeändert.

Es wird festgestellt, dass auf das Arbeitsverhältnis des Klägers die Tarifverträge der Deutschen Telekom AG (Tarifstand: 30. November 2008) Anwendung finden.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, welche tariflichen Regelungen aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf ihr Arbeitsverhältnis anzuwenden sind.

2

Der Kläger ist seit 1975 bei der Beklagten und ihren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag mit der Deutschen Bundespost vom 25. September 1975 heißt es ua.:

        

„Die Bestimmungen des Tarifvertrages für die Arbeiter der Deutschen Bundespost gelten in ihrer jeweiligen Fassung als unmittelbar zwischen den Vertragsparteien vereinbart.“

3

Im Zuge der sog. Postreform II wurden die Geschäftsbereiche der Deutschen Bundespost durch das Gesetz zur Umwandlung der Unternehmen der Deutschen Bundespost in die Rechtsform der Aktiengesellschaft (vom 14. September 1994, BGBl. I S. 2325, 2339 - Postumwandlungsgesetz - PostUmwG) privatisiert. Aus dem Geschäftsbereich, in dem der Kläger tätig gewesen war, entstand kraft Gesetzes die Deutsche Telekom AG (nachfolgend DT AG). Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde zum 1. Januar 1995 auf die DT AG übergeleitet.

4

Die DT AG vereinbarte in der Folgezeit mit der Deutschen Postgewerkschaft (DPG) Tarifverträge, die ua. die zuvor zwischen der Deutschen Bundespost und der DPG geschlossenen Tarifverträge für die Arbeiter und Angestellten der Deutschen Bundespost in Ost und West für den Bereich der DT AG abänderten. Eine weitgehende Ablösung der vormals mit der Deutschen Bundespost geschlossenen und nachfolgend geänderten Tarifverträge erfolgte anlässlich der Einführung des „Neuen Bewertungs- und Bezahlungssystems - NBBS“ zum 1. Juli 2001 in einem gesonderten Übergangstarifvertrag, dem Tarifvertrag zur Umstellung auf das NBBS. Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers wurden in dieser Zeit übereinstimmend die jeweiligen für ihn einschlägigen Tarifverträge der Deutschen Bundespost Telekom und später die der DT AG angewendet.

5

Am 25. November 2008 einigten sich die Gewerkschaft ver.di und die DT AG sowie die Beklagte, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der DT AG, über Regelungen zur Überführung der Technikzentren von der DT AG auf die Beklagte. Die Einigung hat ua. folgenden Wortlaut:

        

„Tarifeinigung

        

zur Überführung der Technik-Zentren

        

(Zentrum Technik Netzmanagement, Zentrum Technik Planung, Zentrum Technik Einführung und Zentrum Technik Qualität und Abnahme)

        

…       

        

Die Deutsche Telekom AG und die DTNP einerseits und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di andererseits vereinbaren - vorbehaltlich der Zustimmung der Gremien - folgende tarifvertragliche Regelungen:

        

Abschnitt 1

        

Für die von der Deutschen Telekom AG auf die Deutsche Netzproduktion GmbH übergehenden Arbeitnehmer finden die Tarifverträge der Deutschen Telekom Netzproduktion GmbH Anwendung, soweit die Arbeitnehmer von dem jeweiligen Geltungsbereich der entsprechenden Tarifverträge erfasst sind und im Folgenden nichts Abweichendes festgelegt wurde.

                 
        

Abschnitt 2

        

Für die übergehenden Arbeitnehmer wird ein Tarifvertrag Sonderregelungen (im Folgenden: TV SR II) abgeschlossen, der sich an dem bei der Deutschen Telekom Netzproduktion GmbH bereits bestehenden TV SR vom 25. Juni 2007 (im Folgenden: TV SR) orientiert und folgende Regelungen enthält:

        

…       

        

-       

Geltungsbereich

                 

Dieser Tarifvertrag gilt für die bei der Deutschen Telekom Netzproduktion GmbH (DTNP) beschäftigten Arbeitnehmer, die

                 

(a)     

am 30. November 2008 bei der Deutschen Telekom AG (DTAG) in einem Arbeitsverhältnis standen und

                 

(b)     

ab dem 1. Dezember 2008 aufgrund von Maßnahmen zur Überführung der Technik-Zentren der DTAG in der DT NP vom Geltungsbereich des § 1 MTV erfasst werden,

                 

…       

        

-       

Der TV SR II tritt zum 1. Dezember 2008 in Kraft.

                 
        

Abschnitt 3

        

Bezogen auf die übergehenden Arbeitnehmer bzw. die übergehenden Betriebe werden folgende Regelungen vereinbart:

        

…“    

        
6

Das in der Einleitung zur „Tarifeinigung“ aufgeführte Zentrum, in dem der Kläger bislang tätig war, wurde von der Beklagten im Wege des Betriebsübergangs mit Wirkung ab dem 1. Dezember 2008 übernommen. Der Kläger widersprach dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht. In der Folgezeit wendete die Beklagte auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die von ihr mit der Gewerkschaft ver.di bereits vor dem Betriebsübergang geschlossenen Haustarifverträge, darunter den Manteltarifvertrag Deutsche Telekom Netzproduktion GmbH (MTV DTNP) und den Entgeltrahmentarifvertrag Deutsche Telekom Netzproduktion GmbH (ERTV DTNP), an.

7

Mit seiner Klage begehrt der nicht tarifgebundene Kläger die Feststellung, dass aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Tarifverträge der DT AG mit dem Regelungsbestand vom 30. November 2008 anzuwenden sind. Eine Tarifwechselklausel sei arbeitsvertraglich nicht vereinbart worden, die Bezugnahmeklausel umfasse daher die „Tarifeinigung“ vom November 2008 nicht. Diese sei im Übrigen auch erst ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs wirksam geworden.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis des Klägers die Tarifverträge der Deutschen Telekom AG (Tarifstand: 30. November 2008) Anwendung finden.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Mit der Unterzeichnung der „Tarifeinigung“ sei vor dem Betriebsübergang mit der Gewerkschaft ver.di ein neuer spartenbezogener Tarifvertrag für den zu überführenden Bereich wirksam zustande gekommen, der das bisher anzuwendende Tarifrecht noch während des Bestands des Arbeitsverhältnisses mit der DT AG abgelöst habe. Im Übrigen erfasse die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel auch die von ihr selbst vereinbarten Tarifverträge.

10

Das Arbeitsgericht hat die Feststellungsklage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Feststellungsantrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision ist begründet. Die zulässige Feststellungsklage ist begründet. Die Tarifverträge der DT AG mit dem Regelungsbestand 30. November 2008 finden aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel weiter Anwendung. Die „Tarifeinigung“ vom 25. November 2008 ändert daran nichts.

12

I. Die Feststellungsklage ist zulässig.

13

1. Der Feststellungsantrag bedarf der Auslegung. Zwar ist er nach seinem Wortlaut nur gegenwartsbezogen formuliert. Er ist jedoch dahingehend zu verstehen, dass der Kläger die Anwendbarkeit der im Antrag genannten Tarifverträge ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs auf die Beklagte festgestellt wissen will. Das ergibt sich eindeutig aus dem Vorbringen des Klägers. Er hat sich stets dagegen gewendet, dass mit dem 1. Dezember 2008 die mit der Beklagten geschlossenen Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung finden. Er hat dies auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat noch einmal klargestellt.

14

2. Die Feststellungsklage ist als sog. Elementenfeststellungsklage zulässig. Sie ist hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Das erforderliche Rechtsschutzinteresse liegt vor (vgl. ausf. ua. BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 501/09 - Rn. 15 f. mwN).

15

II. Die Revision ist begründet. Die Tarifverträge der DT AG finden kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis der Parteien mit dem tariflichen Regelungsbestand vom 30. November 2008 Anwendung. Die weiterhin geltende Bezugnahmeklausel aus dem Arbeitsvertrag vom September 1975 erfasst nicht die von der Beklagten geschlossenen Haustarifverträge und die „Tarifeinigung“ vom 25. November 2008.

16

1. Bei der Bezugnahmeregelung des Arbeitsvertrages handelt es sich um eine sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung des Senats (ausf. BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 17 ff., NZA 2012, 100). Sie verweist auf die fachlich einschlägigen Tarifverträge, an die die damalige Arbeitgeberin, die Deutsche Bundespost, tarifgebunden war. Auf diese Weise sind deren Regelungen mit der sich aus dem Charakter als Gleichstellungsabrede ergebenden Maßgabe Inhalt des Arbeitsvertrages des Klägers geworden.

17

2. Die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel, deren Auslegung vom Senat ohne Einschränkung überprüft werden kann (zum Maßstab BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 21 mwN, NZA 2012, 100), enthält nur eine zeitdynamische Bezugnahme auf die Bestimmungen des Tarifvertrages für die Arbeiter der Deutschen Bundespost in ihrer jeweiligen Fassung. Sie erfasst nach ihrem Wortlaut hingegen nicht die ersetzenden Tarifverträge der DT AG im Zuge der Vereinbarung der Tarifverträge des NBBS. Diese sind keine „jeweilige Fassung“ des Tarifvertrages für die Arbeiter der Deutschen Bundespost. Der Arbeitsvertrag ist hinsichtlich der Bezugnahme nur zeitdynamisch auf den Tarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Bundespost, nicht aber inhaltsdynamisch auf die Tarifverträge der DT AG ausgestaltet (ausf. BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 22 ff. mwN, aaO).

18

3. Die Anwendbarkeit der Tarifverträge der DT AG folgt jedoch aus einer ergänzenden Auslegung der im Arbeitsvertrag enthaltenen Bezugnahmeklausel.

19

a) Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält aufgrund des Übergangs der Deutschen Bundespost Telekom im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge auf die DT AG zum 1. Januar 1995 und durch die Ablösung der fortgeschriebenen Regelungen des Tarifvertrages für die Arbeiter der Deutschen Bundespost und der sonstigen Tarifverträge durch die Einführung des NBBS und der in diesem Zusammenhang geschlossenen Tarifverträge jedenfalls spätestens seit dem 1. Juli 2001 eine nachträglich eingetretene Regelungslücke. Diese ist im Wege einer zulässigen ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Danach waren zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs auf die Beklagte kraft vertraglicher Vereinbarung die Tarifverträge der DT AG mit dem Stand vom 30. November 2008 anzuwenden. Dies hat der Senat in vergleichbaren Fällen bereits mehrfach entschieden und ausführlich begründet (BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 25 ff. mwN, NZA 2012, 100; weiterhin 6. Juli 2011 - 4 AZR 494/09 - Rn. 34 ff. mwN; 16. November 2011 - 4 AZR 822/09 - Rn. 21 ff.; 14. Dezember 2011 - 4 AZR 179/10 - Rn. 28 ff.). Da im Streitfall keine Besonderheiten erkennbar sind, verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Begründungen in den genannten Entscheidungen.

20

b) Die von der Beklagten geschlossenen Haustarifverträge werden von der Bezugnahmeklausel nicht erfasst. Sie kann weder als eine sog. Tarifwechselklausel noch als eine solche verstanden werden, die auch auf die im Konzern der DT AG für die einzelnen Konzernunternehmen jeweils geschlossenen Tarifverträge verweist. Auch dies hat der Senat in vergleichbaren Fällen bereits mehrfach entschieden und ausführlich begründet (BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 36 ff. mwN, NZA 2012, 100; weiterhin 6. Juli 2011 - 4 AZR 494/09 - Rn. 45 ff. mwN; 16. November 2011 - 4 AZR 822/09 - Rn. 21, 42 ff.; 14. Dezember 2011 - 4 AZR 179/10 - Rn. 38 ff.).

21

c) Die „Tarifeinigung“ vom 25. November 2008 ändert an dieser Rechtslage nichts. Die sich aus ihr ergebenden Regelungen gehörten zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs nicht zum Bestand des übergehenden Arbeitsverhältnisses des Klägers iSd. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB.

22

aa) Die aus den in Bezug genommenen Tarifverträgen herrührenden individualvertraglichen Rechte und Pflichten gehören zum Inhalt des nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Beklagte übergegangenen Arbeitsverhältnisses des Klägers(vgl. BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 19, BAGE 136, 184). Nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB kommt es dabei auf den bei dem bisherigen Arbeitgeber anzuwendenden Regelungsbestand „im Zeitpunkt“ des Betriebsübergangs an.

23

bb) Die Regelungen der „Tarifeinigung“ vom 25. November 2008 gehören nicht dazu. Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Tarifverträge der DT AG im Arbeitsverhältnis des Klägers bis zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs nicht abgelöst worden (zum Ablösungsprinzip vgl. ua. BAG 14. März 2012 - 10 AZR 172/11 - Rn. 31 mwN, NZA-RR 2012, 480; 14. September 2011 - 10 AZR 358/10 - Rn. 17 mwN, NZA 2011, 1358). Die erst angesichts des Betriebsübergangs wirksam werdende „Tarifeinigung“ wird von der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel nicht erfasst. Das ergibt die Auslegung.

24

(1) Zwar sieht Abschnitt 1 der „Tarifeinigung“ nicht ausdrücklich das Inkrafttreten der Tarifverträge der Beklagten - die „Tarifverträge der Deutschen Telekom Netzproduktion GmbH“ - mit dem Betriebsübergang zum 1. Dezember 2008 vor. Die „Tarifeinigung“ bezieht sich jedoch nach dem Wortlaut des Abschnitts 1 auf die „von der Deutschen Telekom AG auf die Deutsche Netzproduktion GmbH übergehenden Arbeitnehmer“. Selbst wenn die „Tarifeinigung“ sofort am 25. November 2008 in Kraft getreten wäre, hätte sie gleichwohl erst ab dem Betriebsübergang Wirkung entfalten können. Denn der Wortlaut der Tarifnorm („übergehend“) nimmt nicht auf ein sofortiges, sondern auf ein zukünftiges Ereignis Bezug. Weiter sieht der Abschnitt 1 der „Tarifeinigung“ vor, dass die dort genannten Tarifverträge der Beklagten - und nicht die des bisherigen Arbeitgebers DT AG -, nur dann Anwendung finden sollen, „soweit die Arbeitnehmer von dem jeweiligen Geltungsbereich der entsprechenden Tarifverträge erfasst sind“. Davon erfasst werden können die betroffenen Arbeitsverhältnisse jedoch erst nach dem Betriebsübergang. Es ist nicht ersichtlich, dass der - zeitliche und betriebliche - Geltungsbereich der Tarifverträge der Beklagten die Arbeitnehmer der DT AG schon im Zeitraum vom 25. November bis einschließlich 30. November 2008 erfassen konnte und sollte, in dem sie noch Arbeitnehmer ihres bisherigen Arbeitgebers waren.

25

Weiter spricht für die „zukunftsbezogene“ Anwendung der „Tarifeinigung“ erst nach einem Betriebsübergang der Gesamtzusammenhang der tariflichen Regelungen, beispielsweise soweit in ihr Regelungen in Abschnitt 2 und Abschnitt 3 ausdrücklich auf „die übergehenden Arbeitnehmer“ und auf „die übergehenden Betriebe“ bezogen sind. Geregelt werden keine Rechte und Pflichten des bisherigen Arbeitgebers, der DT AG, sondern allein zukünftige Rechte und Pflichten der Beklagten, wie beispielsweise unter der Überschrift „Organisationsvertrag“ die Zusicherung eines zeitweiligen Erhalts bestimmter Organisationsstrukturen.

26

(2) Hinzu kommt, dass die als sog. Gleichstellungsabrede vereinbarte Bezugnahme auf die Tarifbedingungen der Arbeitnehmer der Deutschen Bundespost bzw. der DT AG keinen Tarifvertrag erfasst, der nach seiner Geltungsbereichsbestimmung gerade nicht für diese Arbeitnehmer gelten soll, sondern ausschließlich für die bei einem anderen Unternehmen Beschäftigten, wie dies bei der „Tarifeinigung“ der Fall ist.

27

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Eylert    

        

    Creutzfeldt    

        

    Winter    

        

        

        

    Dierßen    

        

    Fritz    

                 

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 17. März 2016 - 6 Sa 631/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch darüber, ob einzelvertraglich in Bezug genommene Arbeitsvertragsrichtlinien nach dem Betriebsübergang auf einen nichtkirchlichen Erwerber statisch oder dynamisch fortgelten.

2

Der Kläger ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger, dem Johanniter-Unfall-Hilfe e.V., seit 1991 im Rettungsdienst beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 14. August 1991 heißt es auszugsweise:

        

„Diakonie ist Wesens- und Lebensäußerung der Evangelischen Kirche. Die Evangelische Kirche nimmt ihre diakonischen Aufgaben durch das Diakonische Werk wahr. Die oben genannte Einrichtung ist dem Diakonischen Werk angeschlossen. Sie dient der Verwirklichung des gemeinsamen Werkes christlicher Nächstenliebe. Alle Mitarbeiter dieser Einrichtung … bilden ohne Rücksicht auf ihre Tätigkeit und Stellung eine Dienstgemeinschaft.

        

Auf dieser Grundlage wird der nachstehende Vertrag geschlossen:

        

…       

        

§ 2

        

Für das Dienstverhältnis gelten die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR) in der jeweils gültigen Fassung. …“

3

Das Arbeitsverhältnis ging zum 1. Januar 2014 auf die Beklagte über. Diese ist eine als gemeinnützige GmbH geführte Gliederung des Deutschen Roten Kreuzes, die in einem sächsischen Landkreis den bodengebundenen Rettungsdienst betreibt. Am 10. Juli 2014 sowie am 8. Dezember 2014 beschloss die Arbeitsrechtliche Kommission der Diakonie Deutschland die Erhöhung der Grundentgelte gemäß Anlage 2, der Sonderstufenentgelte gemäß Anlage 5 und der Stundenentgelte gemäß Anlage 9 zu den AVR rückwirkend zum 1. Juli 2014 für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgenommen Ärztinnen und Ärzte sowie Zahnärztinnen und Zahnärzte um 1,9 % bzw. ab dem 1. März 2015 die Erhöhung der Tabellenwerte der Anlagen 2, 5, 9 und 10a zu den AVR um 2,7 %. Die daraus folgenden Entgelterhöhungen gab die Beklagte nicht an den Kläger weiter.

4

Der Kläger begehrt zuletzt noch die Zahlung der Differenz zwischen der ihm gezahlten Vergütung und der ihm unter Berücksichtigung der Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission vom 10. Juli 2014 bzw. 8. Dezember 2014 zustehenden Vergütung in rechnerisch unstreitiger Höhe für die Zeit von Juli 2014 bis Mai 2015. Er begehrt ferner die Feststellung, dass die am 10. Juli 2014 und 8. Dezember 2014 beschlossenen Entgelterhöhungen auch künftig an ihn weiterzugeben sind.

5

Der Kläger hat - soweit für die Revision noch von Bedeutung - zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 757,91 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in im Einzelnen genannter, gestaffelter Höhe zu zahlen;

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die von der Arbeitsrechtlichen Kommission der Diakonie Deutschland mit Beschluss vom 10. Juli 2014 beschlossene Erhöhung der Entgelte ab 1. Juli 2014 in Höhe von 1,9 % sowie mit Beschluss vom 8. Dezember 2014 beschlossene Erhöhung der Entgelte ab 1. März 2015 in Höhe von 2,7 % dem Kläger auch in Zukunft zu zahlen.

6

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags vorgetragen, die AVR gölten seit dem Betriebsübergang auf sie nur noch statisch. Sie sei nicht Mitglied des Diakonischen Werkes und könne das auch nicht werden. Auf die Verhandlungsergebnisse der Arbeitsrechtlichen Kommission habe sie keinen Einfluss, so dass sie an die von dieser nach dem Betriebsübergang gefassten Beschlüsse nicht gebunden sein könne. Die AVR würden durch die Arbeitsrechtliche Kommission als Dritte vereinbart und seien deshalb mit kollektivvertraglichen Regelungen wie Tarifverträgen vergleichbar. Darum müssten die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Gleichstellungsabrede und die danach geltende statische Weitergeltung der Bezugnahme in vor dem Jahr 2002 abgeschlossenen Arbeitsverträgen Anwendung finden. Das Angebot, die Anwendung des für sie geltenden Tarifvertrags zu vereinbaren, habe der Kläger - unstreitig - abgelehnt. Sie sei nicht verpflichtet, die Unwägbarkeiten, die mit einer Änderungskündigung verbunden seien, auf sich zu nehmen. Es müsse ihr freistehen, den rechtlich sicheren Weg zu wählen und die AVR statisch anzuwenden. Anderenfalls werde ihre unternehmerische Freiheit beeinträchtigt.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage, soweit der Rechtsstreit in die Revisionsinstanz gelangt ist, stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die insoweit gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat durch Beschluss vom 22. September 2016 (- 6 AZN 370/16 -) zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren der Klageabweisung unter Vertiefung ihrer rechtlichen Argumentation weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen.

9

I. Die Klage ist begründet. Der Kläger kann die geltend gemachte Vergütung in zuletzt unstreitiger Höhe gemäß § 611 Abs. 1 BGB beanspruchen. Seine Vergütung richtet sich gemäß § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 in dynamisierter Weise nach den Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland, die am 23. Januar 2014 in die Arbeitsvertragsrichtlinien der Diakonie Deutschland (AVR-DD, im Folgenden nur AVR) umbenannt worden sind. Dieser Vertragsinhalt blieb durch den Betriebsübergang auf die Beklagte gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB unverändert. Die von der Arbeitsrechtlichen Kommission am 10. Juli 2014 bzw. 8. Dezember 2014 wirksam beschlossenen Entgelterhöhungen stehen dem Kläger darum auch über den von der Leistungsklage abgedeckten Zeitraum hinaus weiter zu. Eine Anpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage ist nicht vorzunehmen.

10

1. Der Arbeitsvertrag vom 14. August 1991 sieht die dynamische Geltung der AVR vor. Die Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Diakonischen Werk ist hierfür keine Voraussetzung.

11

a) Bei den Regelungen des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Darauf lässt schon das äußere Erscheinungsbild der formularmäßigen Vertragsgestaltung schließen (vgl. BAG 25. Juni 2015 - 6 AZR 383/14 - Rn. 23, BAGE 152, 82).

12

b) Der Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu ermitteln. Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen (BAG 23. März 2017 - 6 AZR 705/15 - Rn. 14). Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Diese Grundsätze finden auch auf die Auslegung von Bezugnahmeklauseln auf kirchliche Regelungswerke wie die AVR Anwendung (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07  - Rn. 12 , BAGE 135, 163; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 17, BAGE 129, 1). Bei der Auslegung einer solchen Bezugnahmeklausel ist von der allgemeinen Funktion von Verweisungsklauseln im kirchlichen Arbeitsverhältnis auszugehen. Mangels normativer Geltung der AVR in privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen kann ihnen nur über Bezugnahmeklauseln Wirkung verschafft werden (vgl. BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 107, BAGE 143, 354; 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 18). Diese sind grundsätzlich dahin auszulegen, dass sie dem kirchlichen Arbeitsrecht im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis umfassend Geltung verschaffen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 29 mwN, BAGE 141, 16). Typischerweise liegt es im Interesse beider Vertragsparteien, dass das kirchliche Arbeitsrecht durch eine dynamische Bezugnahmeklausel in seiner jeweiligen Fassung zur Anwendung gebracht wird (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 44 ff., BAGE 142, 247).

13

c) Eine solche Bezugnahme ist hier erfolgt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 sind die AVR in ihrer jeweils gültigen Fassung Bestandteil des Arbeitsverhältnisses. Diese dynamische Bezugnahmeklausel wurde zu einem wirksamen Vertragsbestandteil (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 38 ff., BAGE 142, 247).

14

d) Die dynamische Geltung der AVR setzt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht voraus, dass die Arbeitgeberin dem Diakonischen Werk angehört.

15

aa) Dies lässt sich den arbeitsvertraglichen Regelungen nicht entnehmen.

16

(1) Die Bezugnahme steht nicht unter der auflösenden Bedingung der Kirchenzugehörigkeit der Arbeitgeberseite. Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt nach § 158 Abs. 2 BGB mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein. Aus § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 kann auch in Verbindung mit der Präambel nicht geschlossen werden, dass die AVR bei Entfall des Anschlusses der Arbeitgeberin an das Diakonische Werk nicht mehr oder nur noch statisch zur Anwendung kommen sollen.

17

(a) Die Präambel des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 stellt klar, dass der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. als damaliger Vertragspartner dem Diakonischen Werk angeschlossen war und dessen Einrichtung der Verwirklichung des gemeinsamen Werkes christlicher Nächstenliebe dient. Der Arbeitsvertrag wurde auf der Grundlage dieser Zielsetzung geschlossen. Der Beklagten ist zuzugestehen, dass diese spezifisch kirchliche Grundlage des Arbeitsverhältnisses von einer Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Diakonischen Werk ausgeht. Die folgende Inbezugnahme der AVR in § 2 des Arbeitsvertrags entsprach der Verpflichtung des Rechtsvorgängers der Beklagten aus dem Arbeitsrechtsregelungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (ARRG-EKD) vom 10. November 1988 (ABl. EKD S. 366; vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 29, BAGE 141, 16).

18

(b) Eine Beendigung der dynamischen Inbezugnahme der AVR für den Fall, dass die Arbeitgeberin nicht mehr dem Diakonischen Werk angehört, ist jedoch weder der Präambel noch § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 zu entnehmen. Beide Vertragsbestandteile gehen vielmehr von unveränderten Verhältnissen aus und befassen sich nicht mit dem Entfall der arbeitgeberseitigen Kirchenzugehörigkeit, zum Bespiel in der Konstellation eines Betriebsübergangs auf einen nichtkirchlichen Arbeitgeber. Gegen die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung iSd. § 158 Abs. 2 BGB spricht auch, dass es keinen vertraglich vereinbarten früheren Rechtszustand gäbe, welcher ex nunc wieder eintreten könnte(vgl. demgegenüber zur nach § 3 Abs. 3 TVG gesetzlich angeordneten Nachbindung an einen Tarifvertrag BAG 5. Juli 2017 - 4 AZR 867/16 - Rn. 31). Eine nur statische Geltung der AVR ist vertraglich ebenso wenig vorgesehen wie die Bezugnahme eines anderen Regelungssystems bei Entfall der Kirchenzugehörigkeit der Arbeitgeberseite. Folglich gilt die vereinbarte Inbezugnahme der AVR als grundlegende Regelung des Vertragsinhalts auch bei einer Veränderung der Verhältnisse auf Arbeitgeberseite (vgl. zur Weitergeltung einer Inbezugnahme der AVR bei Gesellschafterwechsel BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 20 ff.). Die in der Literatur (Seel FA 2017, 66, 68) vertretene Auffassung, wonach ein Wegfall der kirchlichen Trägerschaft ein Ende der dynamischen Geltung der AVR nach sich ziehen müsse, weil der Geltungsgrund für die Dynamik die Qualität des Arbeitgebers als kirchlicher Arbeitgeber sei, dem der sog. „Dritte Weg“ als Instrument für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen eröffnet sei, ist mit dem Wortlaut der hier zu beurteilenden Vertragsregelungen daher nicht vereinbar.

19

(2) § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 ist auch keine zur Beendigung der Dynamik führende Gleichstellungsabrede. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

20

(a) Nach der früheren Rechtsprechung galt die - widerlegbare - Vermutung, es gehe einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten Beschäftigten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Die Rechtsprechung ging davon aus, mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel sollte lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags für alle Beschäftigten zu kommen. Daraus wurde die Konsequenz gezogen, ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder aus den Begleitumständen bei Vertragsschluss seien im Fall der normativen Gebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeklauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik gehe nur so weit, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reiche, sie ende also dann, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden sei (vgl. BAG 24. Februar 2016 - 4 AZR 990/13 - Rn. 29; 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 f. mwN).

21

(b) Diese Rechtsprechung wurde für vertragliche Bezugnahmeklauseln, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Eine individualvertragliche Klausel, die ihrem Wortlaut nach ohne Einschränkung auf einen bestimmten Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung verweist, ist im Regelfall nunmehr dahingehend auszulegen, dass dieser Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung gelten soll und dass diese Geltung nicht von Faktoren abhängt, die nicht im Vertrag genannt oder sonst für beide Parteien ersichtlich zur Voraussetzung gemacht worden sind (vgl. BAG 5. Juli 2017 - 4 AZR 867/16 - Rn. 22 f.; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29, BAGE 122, 74). Die Auslegungsregel wird lediglich aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln angewendet, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform vereinbart worden sind (vgl. BAG 7. Dezember 2016 - 4 AZR 414/14 - Rn. 31 mwN).

22

(c) Die hier auszulegende Bezugnahmeklausel wurde zwar am 14. August 1991 und somit weit vor dem 1. Januar 2002 vereinbart. Die vertragliche Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen wie der AVR kann jedoch generell nicht als Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung verstanden werden. Da die AVR immer nur anwendbar sind, wenn dies in dem betreffenden Arbeitsverhältnis vereinbart ist, kann deren vertragliche Inbezugnahme nie den eine derartige Auslegung erklärenden Grund einer Gleichbehandlung von organisierten und nicht organisierten Arbeitnehmern haben (so Bepler ZAT 2016, 145, 148; im Ergebnis ebenso LAG Berlin-Brandenburg 24. Februar 2012 - 6 Sa 1943/11 - zu 2.1.2 der Gründe; Klein jurisPR-ArbR 45/2016 Anm. 1; Klumpp ZMV 2017, 239, 242; von Tiling ZTR 2017, 11, 13). Es gibt keine Gewerkschaftsmitgliedschaft, die zu einer normativen Wirkung der AVR gemäß § 4 Abs. 1 TVG führen könnte und somit auch kein Gleichstellungsbedürfnis im dargestellten Sinne. Die von der Revision angeführte „kollektivvertraglichen Regelungen vergleichbare Situation“ des vormaligen kirchlichen Arbeitgebers, der durch seine Mitgliedschaft im Diakonischen Werk an die AVR gebunden gewesen sei, ist daher ohne Belang.

23

bb) Auf den von den AVR für sich selbst definierten Geltungsbereich kommt es folglich nicht an. Die Geltung der AVR gründet sich allein auf die dargestellte vertragliche Inbezugnahme (vgl. Bepler ZAT 2016, 145, 149; Klein jurisPR-ArbR 45/2016 Anm. 1; Klumpp ZMV 2017, 239, 241).

24

2. Die dynamische Inbezugnahme der AVR blieb durch den Betriebsübergang auf die Beklagte zum 1. Januar 2014 unberührt. Weder das nationale Recht noch die Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer bei Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen privilegieren den Erwerb eines Betriebs- bzw. Betriebsteils von einem kirchlichen Träger.

25

a) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Die aus in Bezug genommenen Tarifverträgen herrührenden individualvertraglichen Rechte und Pflichten gehören zum Inhalt des nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übergehenden Arbeitsverhältnisses(vgl. BAG 20. Juni 2012 - 4 AZR 656/10 - Rn. 22). Im Fall eines Betriebsübergangs wird der Erwerber so gestellt, als hätte er die dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegenden privatautonomen Willenserklärungen des Veräußerers gegenüber dem Arbeitnehmer selbst abgegeben und die Vereinbarungen in eigener Person, dh. mit der Verweisung auf ein bestimmtes Tarifwerk oder Teile davon in der jeweiligen Fassung abgeschlossen und zum Inhalt des Arbeitsvertrags gemacht. Dabei bleibt der individualvertragliche Charakter der in Bezug genommenen Kollektivregelungen erhalten (BAG 17. Juni 2015 - 4 AZR 61/14 (A) - Rn. 15, BAGE 152, 12).

26

b) Davon zu unterscheiden ist die statische Aufrechterhaltung kollektivrechtlich geregelter Arbeitsbedingungen durch die sog. Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB(zur statischen Fortgeltung vgl. AR/Bayreuther 8. Aufl. § 613a BGB Rn. 63; ErfK/Preis 17. Aufl. § 613a BGB Rn. 117; HWK/Willemsen/Müller-Bonanni 7. Aufl. § 613a BGB Rn. 265). Diese bezieht sich nur auf vor dem Betriebsübergang normativ geltende Regelungen (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 24; 16. Mai 2012 - 4 AZR 320/10 - Rn. 21 mwN). Vertragliche Rechtspositionen, auch wenn sie in einer privatautonomen Einbeziehung von Tarifrecht ihren Grund haben, gehen ohne Weiteres und uneingeschränkt nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB über. Sie werden auch nicht nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB durch einen beim Betriebserwerber geltenden Tarifvertrag abgelöst, weil sich diese Vorschrift nur auf § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB bezieht(vgl. BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 23, BAGE 136, 184). Dies gilt auch für § 613a Abs. 1 Satz 4 BGB(vgl. BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 70 ff., BAGE 130, 237).

27

c) Die mit einem kirchlichen Arbeitgeber vereinbarte Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen behält im Fall eines Betriebsübergangs als vertragliche Regelung gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber dem Betriebserwerber ihre Wirkung(vgl. bereits BAG 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - zu III 3 b der Gründe, BAGE 101, 9). Dies gilt auch dann, wenn ein kirchlicher Betriebserwerber nicht mehr ein Anstellungsträger im Sinne der in Bezug genommenen Dienstvertragsordnung ist (BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 31, BAGE 141, 16) oder der Betriebserwerber nicht mehr der Kirche zuzuordnen ist (vgl. Bepler jurisPR-ArbR 34/2016 Anm. 2; Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 7. Aufl. § 5 Rn. 31; Krings Der Betriebsübergang gem. § 613a BGB im kirchlichen Arbeitsrecht S. 118). Das Regelungssystem des § 613a Abs. 1 Satz 2 bis Satz 4 BGB ist weder direkt noch analog auf vertraglich in Bezug genommene kirchliche Arbeitsrechtsregelungen anwendbar, da diese vor dem Betriebsübergang keine normative Wirkung hatten(vgl. BAG 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - aaO). Es besteht auch kein Anlass, Betriebserwerber, die an die Dynamik einzelvertraglich vereinbarter AVR gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gebunden sind, durch das „Einfrieren“ dieser Regelungen auf den zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs vorliegenden Stand im Ergebnis so zu stellen, als sei eine Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB erfolgt. Dies lässt sich auch nicht aus der Funktion kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen, welche einheitliche Arbeitsbedingungen bezwecken (BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 27, BAGE 135, 163), ableiten. Der Betriebsübergang kann hier nicht dazu führen, dass zuvor einheitlich behandelte Arbeitnehmer nunmehr unterschiedlichen Regelungen unterfallen, je nachdem, ob eine dynamische Inbezugnahme als Vertragsrecht weiter gilt oder eine statische Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB eingreift. Eine Differenzierung zwischen tarifgebundenen und nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern, wie sie eine Gleichstellungsabrede verhindern will, erfolgt aus den genannten Gründen nicht. Auch nach einem Betriebsübergang auf einen sog. weltlichen Betriebserwerber bestehen die ursprünglich mit dem kirchlichen Arbeitgeber vereinbarten einheitlichen Arbeitsbedingungen.

28

d) Der Betriebserwerber ist deshalb jedenfalls bezogen auf die Entgeltansprüche der übernommenen Arbeitnehmer auch an eine vereinbarte Dynamik der Inbezugnahme gebunden. Der nichtkirchliche Betriebserwerber wird durch die Bindung an die dynamische Bezugnahmeklausel nicht unter Verstoß gegen unionsrechtliche Vorgaben in seiner unternehmerischen Freiheit beeinträchtigt (vgl. hierzu EuGH 11. September 2014 - C-328/13  - [Österreichischer Gewerkschaftsbund] Rn. 29; 18. Juli 2013 -  C-426/11  - [Alemo-Herron ua.] Rn33 ff.). Mit Urteil vom 27. April 2017 (- C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 22 f.) hat der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden, dass Art. 3 der Richtlinie 2001/23/EG in Verbindung mit Art. 16 GRC der dynamischen Fortgeltung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel im Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber nicht entgegensteht, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsieht. Solche Möglichkeiten bietet die deutsche Rechtsordnung in Form der einvernehmlichen Vertragsänderung und der Änderungskündigung nach § 2 KSchG(vgl. BAG 30. August 2017 - 4 AZR 95/14 - Pressemitteilung Nr. 35/17).

29

3. Entgegen der Ansicht der Beklagten entbindet sie der Umstand, dass der Kläger ihr Angebot abgelehnt hat, künftig den für sie geltenden Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwenden, nicht davon, eine Änderungskündigung zu erklären, wenn sie ihre dynamische Bindung an die vertraglich in Bezug genommenen AVR beenden will. Die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB, auf die die Beklagte sich im Ergebnis beruft, kann sie nur im Wege der Änderungskündigung geltend machen.

30

a) §§ 1, 2 KSchG sind gegenüber einer Anpassung nach § 313 BGB lex specialis. Sachverhalte, die zu einer Störung oder dem Wegfall der Geschäftsgrundlage geführt haben, sind dabei allerdings im Rahmen der §§ 2, 1 Abs. 2 KSchG zu würdigen(BAG 5. Juni 2014 - 2 AZR 615/13 - Rn. 23, BAGE 148, 227).

31

b) Unter welchen Voraussetzungen eine Änderungskündigung zum Zwecke der „Entdynamisierung“ einer Bezugnahmeklausel sozial gerechtfertigt ist, bedarf im vorliegenden Fall schon mangels Erklärung einer Änderungskündigung keiner Entscheidung (vgl. zu dieser Problematik: Bayreuther NJW 2017, 2158, 2159; Busch/Gerlach BB 2017, 2356, 2360; Eylert/Schinz RdA 2017, 140, 145; Hartmann EuZA 2017, 521, 532; Wißmann/Niklas NZA 2017, 697, 701). Darum besteht auch kein Anlass, sich näher mit der Frage zu befassen, ob und unter welchen Umständen die Fortgeltung der dynamischen Inbezugnahme der AVR nach einem Betriebsübergang auf einen weltlichen Erwerber zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage führen würde und wie ein solcher Umstand bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Änderungskündigung zu würdigen wäre. Jedenfalls machen die Kostensteigerungen, die durch die dynamische Weitergeltung der AVR eintreten und die die Beklagte nach ihrem Vortrag bei den Kostenträgern nicht refinanzieren kann, der Beklagten das unveränderte Festhalten an dem Arbeitsvertrag, in dessen Inhalt sie nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB eingetreten ist, vorliegend nicht unzumutbar. Das folgt bereits daraus, dass sie nicht geltend macht, sie habe vergeblich versucht, unter Hinweis auf die Rechtslage bei dem Kostenträger eine Änderung zu erwirken. Es kann daher dahinstehen, ob und unter welchen Umständen Kostensteigerungen, die der Erwerber bei seiner Entscheidung, einen Betrieb zu übernehmen, nicht einkalkuliert hat, zu einer Störung der Geschäftsgrundlage führen können oder Teil des von ihm zu tragenden unternehmerischen Risikos bleiben. Insbesondere kann dahinstehen, ob es für eine Störung der Geschäftsgrundlage ausreicht, wenn in einem auf unbegrenzte Zeit eingegangenen Dauerschuldverhältnis wie dem Arbeitsverhältnis das geschuldete Arbeitsentgelt zu einer dauerhaften Verlustsituation führt (zum Vorliegen einer zur Vertragsanpassung führenden Äquivalenzstörung im Dauerschuldverhältnis nur bei einer dauerhaften, auf billigerweise nicht vorauszusehenden Umständen beruhenden Verlustsituation BGH 19. April 1978 - VIII ZR 182/76 - zu II 2 b der Gründe).

32

4. Der Fall bietet auch keine Veranlassung zu klären, welchen Inhalt das Arbeitsverhältnis der Parteien in Bezug auf die in § 2 und § 3 AVR enthaltenen allgemeinen und besonderen Dienstpflichten hat. Insbesondere kann offenbleiben, welchen Inhalt die Loyalitätspflichten nach dem Betriebsübergang aufweisen (vgl. zu den kirchlichen Loyalitätsanforderungen: BAG 28. Juli 2016 - 2 AZR 746/14 (A) - Rn. 14 ff., BAGE 156, 23; KR/Fischermeier 11. Aufl. Kirchl. ArbN Rn. 2 ff.) und ob die negative Religionsfreiheit eines Betriebserwerbers (Art. 4 GG) durch spezifisch kirchliche Regelungen verletzt sein kann (vgl. Klumpp ZMV 2017, 239, 240). Gegenstand des Rechtsstreits sind nur Vergütungsansprüche.

33

5. Die Revision rügt ohne Erfolg, dass das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft die Unbilligkeit der von der Arbeitsrechtlichen Kommission vorgenommenen Leistungsbestimmung nach § 319 Abs. 1 BGB verneint habe. Das Landesarbeitsgericht hat allerdings insoweit den Prüfungsmaßstab verkannt. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (seit BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 30 ff., BAGE 135, 163) unterliegen Arbeitsvertragsrichtlinien, die auf dem Dritten Weg gemäß den einschlägigen Organisations- und Verfahrensvorschriften entstanden sind, wie Tarifverträge nur einer Rechtskontrolle am Maßstab höherrangigen Rechts sowie der Kontrolle auf einen Verstoß gegen die guten Sitten, wenn sie von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen worden sind und deshalb nicht der Dienstgeberseite zugeordnet werden können. Dieser Rechtsfehler führt jedoch nicht zum Erfolg der Revision. Die Beklagte zeigt nicht auf, inwieweit die Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission vom 10. Juli 2014 und vom 8. Dezember 2014 höherrangiges Recht verletzen oder gegen die guten Sitten verstoßen könnten. Dafür ist auch keinerlei Anhaltspunkt ersichtlich. Das Landesarbeitsgericht hat darum im Ergebnis zutreffend erkannt, dass diese Beschlüsse wirksam sind.

34

6. Dem Kläger steht das eingeklagte Differenzentgelt auf das ihm gezahlte Grundentgelt und die Zuschläge nach der Anlage 9 zu den AVR (Zeitzuschlag für Überstunden, Überstundenentgelt, Zeitzuschlag für Sonntagsarbeit und Arbeiten an Wochenfeiertagen, die auf einen Sonntag fallen, sowie für Nachtarbeit) zu. Die Beklagte hat keine Einwendungen gegen die Richtigkeit der der Berechnung des Klägers zugrunde liegenden zuschlagspflichtigen Stunden erhoben.

35

7. Der Kläger kann nach § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB Verzugszinsen für die einzelnen monatlichen Differenzvergütungsbeträge jeweils ab dem 16. eines jeden Monats verlangen. Verzugszinsen sind nach § 187 Abs. 1 BGB ab dem Tag nach dem in den AVR bestimmten Zahltag zu entrichten(vgl. zu tariflichen Ansprüchen BAG 27. April 2017 - 6 AZR 459/16 - Rn. 37). Die Bezüge sind gemäß § 21a AVR am 15. eines jeden Monats (Zahltag) fällig.

36

II. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    C. Klar    

        

    Lauth    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 23. Juli 2015 - 8 Sa 542/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütungsansprüche für die Zeit von Oktober 2013 bis einschließlich Juni 2014.

2

Die Klägerin war ursprünglich seit dem 1. Februar 1981 bei der katholischen Kirchengemeinde S als Rechtsträgerin des S-Hospitals in H beschäftigt. Der Arbeitsvertrag vom 1. Februar 1981 lautet auszugsweise wie folgt:

        

„Caritas ist eine der Lebens- und Wesensäußerungen der Katholischen Kirche. Der obengenannte Rechtsträger [gemeint: katholische Kirchengemeinde S] ist dem Deutschen Caritasverband angeschlossen. Seine Einrichtung dient der Verwirklichung des gemeinsamen Werkes christlicher Nächstenliebe. Alle Mitarbeiter dieser Einrichtung leisten deshalb ihren Dienst in Anerkennung dieser Zielsetzung und bilden ohne Rücksicht auf ihre Tätigkeit und Stellung eine Dienstgemeinschaft.

        

Auf dieser Grundlage wird der folgende Vertrag geschlossen.

        

§ 1

        

… M wird ab 1. Febr. 1981 als Masseurin und med. Bademeisterin eingestellt.

        

…       

        

§ 2

        

Für das Dienstverhältnis gelten die ‚Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes‘ (AVR) in der zur Zeit des Vertragsabschlusses in der ‚Caritas-Korrespondenz‘ veröffentlichten und im Amtsblatt des Ortsbistums in Kraft gesetzten Fassung.

        

Die AVR sind Bestandteil des Dienstvertrages und haben dem Mitarbeiter zur Kenntnisnahme zur Verfügung gestanden.

        

Bei Änderungen der AVR gilt jeweils die in der ‚Caritas-Korrespondenz‘ veröffentlichte und im Amtsblatt des Ortsbistums in Kraft gesetzte Fassung, ohne daß es einer weiteren Vereinbarung bedarf. Auch insoweit ist dem Mitarbeiter Gelegenheit zur Kenntnisnahme gegeben.

        

…       

        

§ 4

        

a)    

Der Mitarbeiter wird in die Vergütungsgruppe 6, Ziffer b, Stufe 3 eingestuft. …“

3

Seit dem 1. August 1986 wurde die Klägerin wegen ihrer Bestellung zur Leiterin der Physikalischen Therapie nach Vergütungsgruppe 4a Ziff. 6 AVR bezahlt.

4

Zum 1. Juli 2006 ging das Arbeitsverhältnis im Rahmen eines Betriebsteilübergangs auf die M H GmbH & Co. KG über, welche den Funktionsbereich Physikalische Therapie übernommen hatte. Die Betriebserwerberin bot der Klägerin eine Änderung des Arbeitsvertrags an. Mit dieser sollte die bisherige Bezugnahme auf die AVR entfallen. Die Klägerin lehnte eine solche Vertragsänderung ab. Der Arbeitsvertrag blieb auch im Übrigen unverändert. Die Klägerin arbeitete nach dem Betriebsteilübergang weiterhin bei einer Wochenarbeitszeit von regelmäßig 38,5 Stunden für eine Bruttomonatsvergütung iHv. 3.623,82 Euro. Zum 1. Oktober 2013 ging der Betrieb der M H GmbH & Co. KG auf die Beklagte über.

5

Mit Schreiben vom 31. März 2014 hat die Klägerin für die Zeit ab Oktober 2013 eine monatliche Differenz von 373,60 Euro brutto zwischen dem geleisteten Entgelt von 3.623,82 Euro brutto und einer Vergütung nach Vergütungsgruppe 4a Stufe 10 AVR iHv. 3.997,42 Euro brutto verlangt. Die Beklagte hat diese Forderung abgelehnt. Die dynamische Inbezugnahme der AVR sei bereits mit dem ersten Betriebsübergang zum 1. Juli 2006 entfallen.

6

Die Klägerin hat mit ihrer Klage demgegenüber die Auffassung vertreten, die im Arbeitsvertrag vom 1. Februar 1981 vereinbarte dynamische Geltung der AVR sei durch die beiden Betriebsübergänge unberührt geblieben. Es handle sich um den durch § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB geschützten Vertragsinhalt. Dabei sei unbeachtlich, dass weder die M H GmbH & Co. KG noch die Beklagte dem Caritasverband angehörten. Eine solche Zugehörigkeit sei in der vertraglichen Regelung nicht zur Voraussetzung für die Geltung der AVR gemacht worden. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach die Inbezugnahme von Tarifverträgen in vor dem 1. Januar 2002 mit tarifgebundenen Arbeitgebern abgeschlossenen Arbeitsverträgen dahingehend zu verstehen sei, dass lediglich eine Gleichstellung von tarifgebundenen und tarifungebundenen Arbeitnehmern bezweckt gewesen sei und deshalb die Dynamik der Inbezugnahme mit Wegfall der Tarifbindung des Arbeitgebers ende, sei auf die hier vorliegende Inbezugnahme der AVR nicht übertragbar. Ein Bedürfnis für eine Gleichstellung von tarifgebundenen Gewerkschaftsmitgliedern und tarifungebundenen Arbeitnehmern sei schon deshalb nicht gegeben gewesen, weil es sich bei den AVR nicht um Tarifverträge handle, sondern um ein Regelwerk, welches nur aufgrund vertraglicher Vereinbarung zur Anwendung gebracht werden könne.

7

Die geltend gemachten Differenzvergütungsansprüche seien auch nicht deshalb verwirkt, weil sie erstmals mit Schreiben vom 31. März 2014 geltend gemacht wurden. Die bloße Nichterhebung einer Forderung bewirke keine Vertragsänderung. Zudem habe schon die M H GmbH & Co. KG nicht darauf vertrauen dürfen, dass dynamisierte Vergütungsansprüche nach dem Betriebsteilübergang am 1. Juli 2006 nicht geltend gemacht würden. Sie (die Klägerin) habe die angetragene Vertragsänderung, das heißt den Wegfall der Bezugnahme auf die AVR, nicht akzeptiert. Damit sei deutlich geworden, dass sie unverändert von einer dynamischen Geltung der AVR ausgehe. Eine Begrenzung des entsprechenden Forderungsrechts folge nur aus der in § 23 AVR enthaltenen Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit. Diese sei in dem Schreiben vom 31. März 2014 schon berücksichtigt worden, da nur Differenzvergütungsansprüche für die Zeit ab Oktober 2013 gefordert worden seien.

8

Bei einem monatlichen Differenzbetrag von 373,60 Euro ergebe sich für die Zeit bis einschließlich Juni 2014 ein Gesamtbetrag von 3.362,40 Euro brutto.

9

Die Klägerin hat daher beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.362,40 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

        

1.    

aus 373,60 Euro seit dem 1. November 2013,

        

2.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Dezember 2013,

        

3.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Januar 2014,

        

4.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Februar 2014,

        

5.      

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. März 2014,

        

6.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. April 2014,

        

7.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Mai 2014,

        

8.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Juni 2014 und

        

9.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Juli 2014

        

zu zahlen.

10

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass die AVR seit dem 1. Juli 2006 nur noch statisch zur Anwendung kommen könnten. Die Verweisungsklausel in § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 setze ersichtlich eine Zugehörigkeit des Arbeitgebers zum Caritasverband voraus. Diese sei bereits mit dem ersten Betriebsübergang am 1. Juli 2006 entfallen. Das Arbeitsverhältnis sei schon damals auf eine nichtkirchliche Arbeitgeberin übergegangen. Damit sei keine Grundlage mehr für eine dynamische Fortgeltung der AVR gegeben gewesen. Die vertragliche Inbezugnahme der AVR habe gleiche Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten erreichen sollen und sei deshalb einer Gleichstellungsabrede vergleichbar. Bei den AVR handle es sich zwar nicht um einen Tarifvertrag. Die Bindung der ursprünglich kirchlichen Arbeitgeberin an den Deutschen Caritasverband bei Abschluss des Arbeitsvertrags im Jahr 1981 entspreche aber einer Tarifbindung („tarifähnliche Bindung“). Dementsprechend sei der Übergang des Arbeitsverhältnisses auf eine nicht der Caritas zugehörige Arbeitgeberin der Privatwirtschaft vergleichbar mit dem Wegfall einer Tarifbindung auf Arbeitgeberseite. Dies bewirke - wie bei einer Gleichstellungsabrede - den Wegfall der Dynamisierung.

11

Eine zeitlich unbegrenzte Fortgeltung der dynamischen Inbezugnahme der AVR würde zudem gegen unionsrechtliche Vorgaben verstoßen. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) habe in der Rechtssache Alemo-Herron ua. (- C-426/11 -) am 18. Juli 2013 entschieden, dass die dynamische Inbezugnahme eines Tarifvertrags einen Betriebserwerber nicht binde, der keine Möglichkeit habe, an den künftigen Tarifvertragsverhandlungen teilzunehmen. Dies gelte auch bei einer dynamischen Verweisung auf die AVR im Fall eines Betriebsübergangs auf einen nichtkirchlichen Arbeitgeber. Ein solcher Arbeitgeber habe keine Möglichkeit, die Entwicklung der AVR zu beeinflussen.

12

Zudem wäre der geltend gemachte Anspruch verwirkt. Die Klägerin habe die Forderung nach einer dynamisierten AVR-Vergütung zwischen 2006 und der Einreichung der Klage im Jahr 2014 nicht erhoben. Schon die M H GmbH & Co. KG habe darauf vertrauen dürfen, dass eine solche Forderung auch künftig nicht geltend gemacht werde. Sie (die Beklagte) könne sich als weitere Betriebserwerberin hierauf berufen, da das Arbeitsverhältnis mit diesem Inhalt auf sie übergegangen sei.

13

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen.

15

I. Die Klage ist begründet. Die Klägerin kann die geltend gemachte Vergütung in zuletzt unstreitiger Höhe gemäß § 611 Abs. 1 BGB beanspruchen. Ihre Vergütung richtet sich gemäß § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 in dynamisierter Weise nach den AVR. Dieser Vertragsinhalt blieb durch die beiden Betriebsübergänge gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB unverändert. Die Geltendmachung der sich daraus ergebenden Ansprüche verstößt nicht gegen die Grundsätze von Treu und Glauben.

16

1. Der Arbeitsvertrag vom 1. Februar 1981 sieht die dynamische Geltung der AVR vor. Die Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Caritasverband ist hierfür keine Voraussetzung.

17

a) Bei den Regelungen des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Darauf lässt schon das äußere Erscheinungsbild der formularmäßigen Vertragsgestaltung schließen (vgl. BAG 25. Juni 2015 - 6 AZR 383/14 - Rn. 23, BAGE 152, 82).

18

b) Der Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu ermitteln. Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen (BAG 23. März 2017 - 6 AZR 705/15 - Rn. 14). Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Diese Grundsätze finden auch auf die Auslegung von Bezugnahmeklauseln auf kirchliche Regelungswerke wie die AVR Anwendung (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07  - Rn. 12 , BAGE 135, 163; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 17, BAGE 129, 1). Bei der Auslegung einer solchen Bezugnahmeklausel ist von der allgemeinen Funktion von Verweisungsklauseln im kirchlichen Arbeitsverhältnis auszugehen. Mangels normativer Geltung der AVR in privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen kann ihnen nur über Bezugnahmeklauseln Wirkung verschafft werden (vgl. BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 107, BAGE 143, 354; 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 18). Diese sind grundsätzlich dahin auszulegen, dass sie dem kirchlichen Arbeitsrecht im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis umfassend Geltung verschaffen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 29 mwN, BAGE 141, 16). Typischerweise liegt es im Interesse beider Vertragsparteien, dass das kirchliche Arbeitsrecht durch eine dynamische Bezugnahmeklausel in seiner jeweiligen Fassung zur Anwendung gebracht wird (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 44 ff., BAGE 142, 247).

19

c) Eine solche Bezugnahme ist hier erfolgt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 sind die AVR in ihrer jeweiligen Fassung Bestandteil des Arbeitsverhältnisses. Bei Änderungen gilt die aktuelle Fassung nach ihrer Veröffentlichung „ohne dass es einer weiteren Vereinbarung bedarf“. Diese dynamische Bezugnahmeklausel wurde zu einem wirksamen Vertragsbestandteil (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 38 ff., BAGE 142, 247).

20

d) Die dynamische Geltung der AVR setzt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht voraus, dass die Arbeitgeberin dem Caritasverband angehört.

21

aa) Dies lässt sich den arbeitsvertraglichen Regelungen nicht entnehmen.

22

(1) Die Bezugnahme steht nicht unter der auflösenden Bedingung der Kirchenzugehörigkeit der Arbeitgeberseite. Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt nach § 158 Abs. 2 BGB mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein. Aus § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 kann auch in Verbindung mit der Präambel nicht geschlossen werden, dass die AVR bei Entfall der Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Caritasverband nicht mehr oder nur noch statisch zur Anwendung kommen sollen.

23

(a) Die Präambel des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 stellt klar, dass die katholische Kirchengemeinde als damalige Vertragspartnerin dem Deutschen Caritasverband angeschlossen war und dessen Einrichtung der Verwirklichung des gemeinsamen Werks christlicher Nächstenliebe dient. Der Arbeitsvertrag wurde auf der Grundlage dieser Zielsetzung geschlossen. Der Beklagten ist zuzugestehen, dass diese spezifisch kirchliche Grundlage des Arbeitsverhältnisses von einer Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Caritasverband ausgeht. Die folgende Inbezugnahme der AVR in § 2 des Arbeitsvertrags entspricht der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse(vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 34, BAGE 142, 247).

24

(b) Eine Beendigung der dynamischen Inbezugnahme der AVR für den Fall, dass die Arbeitgeberin nicht mehr dem Caritasverband angehört, ist jedoch weder der Präambel noch § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 zu entnehmen. Beide Vertragsbestandteile gehen vielmehr von unveränderten Verhältnissen aus und befassen sich nicht mit dem Entfall der arbeitgeberseitigen Kirchenzugehörigkeit, zB in der Konstellation eines Betriebsübergangs auf einen nichtkirchlichen Arbeitgeber. Gegen die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung iSd. § 158 Abs. 2 BGB spricht auch, dass es keinen vertraglich vereinbarten früheren Rechtszustand gäbe, welcher ex nunc wieder eintreten könnte(vgl. demgegenüber zur nach § 3 Abs. 3 TVG gesetzlich angeordneten Nachbindung an einen Tarifvertrag BAG 5. Juli 2017 - 4 AZR 867/16 - Rn. 31). Eine nur statische Geltung der AVR ist vertraglich ebenso wenig vorgesehen wie die Bezugnahme eines anderen Regelungssystems bei Entfall der Kirchenzugehörigkeit der Arbeitgeberseite. Folglich gilt die vereinbarte Inbezugnahme der AVR als grundlegende Regelung des Vertragsinhalts auch bei einer Veränderung der Verhältnisse auf Arbeitgeberseite (vgl. zur Weitergeltung einer Inbezugnahme der AVR bei Gesellschafterwechsel BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 20 ff.). Die in der Literatur (Seel FA 2017, 66, 68) vertretene Auffassung, wonach ein Wegfall der kirchlichen Trägerschaft ein Ende der dynamischen Geltung der AVR nach sich ziehen müsse, weil der Geltungsgrund für die Dynamik die Qualität des Arbeitgebers als kirchlicher Arbeitgeber sei, dem der sog. „Dritte Weg“ als Instrument für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen eröffnet sei, ist mit dem Wortlaut der hier zu beurteilenden Vertragsregelungen nicht vereinbar.

25

(2) § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 ist auch keine zur Beendigung der Dynamik führende Gleichstellungsabrede. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

26

(a) Nach der früheren Rechtsprechung galt die - widerlegbare - Vermutung, es gehe einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten Beschäftigten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Die Rechtsprechung ging davon aus, mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel sollte lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags für alle Beschäftigten zu kommen. Daraus wurde die Konsequenz gezogen, ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder aus den Begleitumständen bei Vertragsschluss seien im Fall der normativen Gebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeklauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik gehe nur so weit, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reiche, sie ende also dann, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden sei (vgl. BAG 24. Februar 2016 - 4 AZR 990/13 - Rn. 29; 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 f. mwN).

27

(b) Diese Rechtsprechung wurde für vertragliche Bezugnahmeklauseln, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Eine individualvertragliche Klausel, die ihrem Wortlaut nach ohne Einschränkung auf einen bestimmten Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung verweist, ist im Regelfall nunmehr dahingehend auszulegen, dass dieser Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung gelten soll und dass diese Geltung nicht von Faktoren abhängt, die nicht im Vertrag genannt oder sonst für beide Parteien ersichtlich zur Voraussetzung gemacht worden sind (vgl. BAG 5. Juli 2017 - 4 AZR 867/16 - Rn. 22 f.; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29, BAGE 122, 74). Die Auslegungsregel wird lediglich aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln angewendet, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform vereinbart worden sind (vgl. BAG 7. Dezember 2016 - 4 AZR 414/14 - Rn. 31 mwN).

28

(c) Die hier auszulegende Bezugnahmeklausel wurde zwar am 1. Februar 1981 und somit weit vor dem 1. Januar 2002 vereinbart. Die vertragliche Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen wie der AVR kann jedoch generell nicht als Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung verstanden werden. Da die AVR immer nur anwendbar sind, wenn dies in dem betreffenden Arbeitsverhältnis vereinbart ist, kann deren vertragliche Inbezugnahme nie den eine derartige Auslegung erklärenden Grund einer Gleichbehandlung von organisierten und nicht organisierten Arbeitnehmern haben (so Bepler ZAT 2016, 145, 148; im Ergebnis ebenso LAG Berlin-Brandenburg 24. Februar 2012 - 6 Sa 1943/11 - zu 2.1.2 der Gründe; Klein jurisPR-ArbR 45/2016 Anm. 1; Klumpp ZMV 2017, 239, 242; von Tiling ZTR 2017, 11, 13). Es gibt keine Gewerkschaftsmitgliedschaft, die zu einer normativen Wirkung der AVR gemäß § 4 Abs. 1 TVG führen könnte und somit auch kein Gleichstellungsbedürfnis im dargestellten Sinne. Die von der Revision angeführte „tarifähnliche Bindung“ der vormaligen kirchlichen Arbeitgeberin ist daher ohne Belang.

29

bb) Auf den von den AVR für sich selbst definierten Geltungsbereich kommt es folglich nicht an. Die Geltung der AVR gründet sich allein auf die dargestellte vertragliche Inbezugnahme (vgl. Bepler ZAT 2016, 145, 149; Klein jurisPR-ArbR 45/2016 Anm. 1; Klumpp ZMV 2017, 239, 241).

30

2. Die dynamische Inbezugnahme der AVR blieb durch die beiden Betriebsübergänge zum 1. Juli 2006 und 1. Oktober 2013 unberührt. Weder das nationale Recht noch die Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen privilegieren den Erwerb eines Betriebs bzw. eines Betriebsteils von einem kirchlichen Träger.

31

a) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Die aus in Bezug genommenen Tarifverträgen herrührenden individualvertraglichen Rechte und Pflichten gehören zum Inhalt des nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übergehenden Arbeitsverhältnisses(vgl. BAG 20. Juni 2012 - 4 AZR 656/10 - Rn. 22). Im Fall eines Betriebsübergangs wird der Erwerber so gestellt, als hätte er die dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegenden privatautonomen Willenserklärungen des Veräußerers gegenüber dem Arbeitnehmer selbst abgegeben und die Vereinbarungen in eigener Person, dh. mit der Verweisung auf ein bestimmtes Tarifwerk oder Teile davon in der jeweiligen Fassung abgeschlossen und zum Inhalt des Arbeitsvertrags gemacht. Dabei bleibt der individualvertragliche Charakter der in Bezug genommenen Kollektivregelungen erhalten (BAG 17. Juni 2015 - 4 AZR 61/14 (A) - Rn. 15, BAGE 152, 12).

32

b) Davon zu unterscheiden ist die statische Aufrechterhaltung kollektivrechtlich geregelter Arbeitsbedingungen durch die sog. Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB(zur statischen Fortgeltung vgl. AR/Bayreuther 8. Aufl. § 613a BGB Rn. 63; ErfK/Preis 17. Aufl. § 613a BGB Rn. 117; HWK/Willemsen/Müller-Bonanni 7. Aufl. § 613a BGB Rn. 265). Diese bezieht sich nur auf vor dem Betriebsübergang normativ geltende Regelungen (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 24; 16. Mai 2012 - 4 AZR 320/10 - Rn. 21 mwN). Vertragliche Rechtspositionen, auch wenn sie in einer privatautonomen Einbeziehung von Tarifrecht ihren Grund haben, gehen ohne Weiteres und uneingeschränkt nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB über. Sie werden auch nicht nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB durch einen beim Betriebserwerber geltenden Tarifvertrag abgelöst, weil sich diese Vorschrift nur auf § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB bezieht(vgl. BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 23, BAGE 136, 184). Dies gilt auch für § 613a Abs. 1 Satz 4 BGB(vgl. BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 70 ff., BAGE 130, 237).

33

c) Die mit einem kirchlichen Arbeitgeber vereinbarte Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen behält im Fall eines Betriebsübergangs als vertragliche Regelung gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber dem Betriebserwerber ihre Wirkung(vgl. bereits BAG 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - zu III 3 b der Gründe, BAGE 101, 9). Dies gilt auch dann, wenn ein kirchlicher Betriebserwerber nicht mehr ein Anstellungsträger im Sinne der in Bezug genommenen Dienstvertragsordnung ist (BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 31, BAGE 141, 16) oder der Betriebserwerber nicht mehr der Kirche zuzuordnen ist (vgl. Bepler jurisPR-ArbR 34/2016 Anm. 2; Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 7. Aufl. § 5 Rn. 31; Krings Der Betriebsübergang gem. § 613a BGB im kirchlichen Arbeitsrecht S. 118). Das Regelungssystem des § 613a Abs. 1 Satz 2 bis Satz 4 BGB ist weder direkt noch analog auf vertraglich in Bezug genommene kirchliche Arbeitsrechtsregelungen anwendbar, da diese vor dem Betriebsübergang keine normative Wirkung hatten(vgl. BAG 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - aaO). Es besteht kein Anlass, Betriebserwerber, die an die Dynamik einzelvertraglich vereinbarter AVR gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gebunden sind, durch das „Einfrieren“ dieser Regelungen auf den zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs vorliegenden Stand im Ergebnis so zu stellen, als sei eine Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB erfolgt. Dies lässt sich auch nicht aus der Funktion kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen, welche einheitliche Arbeitsbedingungen bezwecken (BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 27, BAGE 135, 163), ableiten. Der Betriebsübergang kann hier nicht dazu führen, dass zuvor einheitlich behandelte Arbeitnehmer nunmehr unterschiedlichen Regelungen unterfallen, je nachdem, ob eine dynamische Inbezugnahme als Vertragsrecht weiter gilt oder eine statische Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB eingreift. Eine Differenzierung zwischen tarifgebundenen und nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern, wie sie eine Gleichstellungsabrede verhindern will, erfolgt aus den genannten Gründen nicht. Auch nach einem Betriebsübergang auf einen sog. weltlichen Betriebserwerber bestehen die ursprünglich mit dem kirchlichen Arbeitgeber vereinbarten einheitlichen Arbeitsbedingungen.

34

d) Der Betriebserwerber ist deshalb jedenfalls bezogen auf die Entgeltansprüche der übernommenen Arbeitnehmer auch an eine vereinbarte Dynamik der Inbezugnahme gebunden. Der nichtkirchliche Betriebserwerber wird durch die Bindung an die dynamische Bezugnahmeklausel nicht unter Verstoß gegen unionsrechtliche Vorgaben in seiner unternehmerischen Freiheit beeinträchtigt (vgl. hierzu EuGH 11. September 2014 - C-328/13  - [Österreichischer Gewerkschaftsbund] Rn. 29; 18. Juli 2013 -  C-426/11  - [Alemo-Herron ua.] Rn. 33  ff.). Mit Urteil vom 27. April 2017 (- C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 22 f.) hat der EuGH entschieden, dass Art. 3 der Richtlinie 2001/23/EG in Verbindung mit Art. 16 GRC der dynamischen Fortgeltung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel im Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber nicht entgegensteht, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsieht. Solche Möglichkeiten bietet die deutsche Rechtsordnung in Form der einvernehmlichen Vertragsänderung und der Änderungskündigung nach § 2 KSchG(vgl. BAG 30. August 2017 - 4 AZR 95/14 - Pressemitteilung Nr. 35/17). Unter welchen Voraussetzungen eine Änderungskündigung zum Zwecke der „Entdynamisierung“ einer Bezugnahmeklausel sozial gerechtfertigt ist, bedarf im vorliegenden Fall schon mangels Erklärung einer Änderungskündigung keiner Entscheidung (vgl. zu dieser Problematik: Bayreuther NJW 2017, 2158, 2159; Busch/Gerlach BB 2017, 2356, 2360; Eylert/Schinz RdA 2017, 140, 145; Hartmann EuZA 2017, 521, 532; Wißmann/Niklas NZA 2017, 697, 701).

35

e) Es besteht hier auch keine Veranlassung zu klären, welchen Inhalt das Arbeitsverhältnis der Parteien in Bezug auf die in § 4 und § 5 AVR enthaltenen allgemeinen und besonderen Dienstpflichten hat. Insbesondere kann offenbleiben, welchen Inhalt die Loyalitätspflichten nach dem Betriebsübergang aufweisen (vgl. zu den kirchlichen Loyalitätsanforderungen: BAG 28. Juli 2016 - 2 AZR 746/14 (A) - Rn. 14 ff., BAGE 156, 23; KR/Fischermeier 11. Aufl. Kirchl. ArbN Rn. 2 ff.) und ob die negative Religionsfreiheit eines Betriebserwerbers (Art. 4 GG) durch spezifisch kirchliche Regelungen verletzt sein kann (vgl. Klumpp ZMV 2017, 239, 240). Gegenstand des Rechtsstreits sind nur Vergütungsansprüche.

36

3. Der streitgegenständliche Entgeltdifferenzanspruch der Klägerin ist auch nicht verwirkt.

37

a) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Sie hat nicht den Zweck, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen (Zeitmoment). Es müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Der Berechtigte muss unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (vgl. BAG 26. Oktober 2016 - 5 AZR 168/16 - Rn. 41, BAGE 157, 116).

38

b) Jedenfalls ein solches Umstandsmoment liegt hier nicht vor.

39

aa) Die Klägerin war weder verpflichtet, die dynamisierte Vergütung nach AVR von der M H GmbH & Co. KG oder der Beklagten zu fordern, noch ergibt sich aus der insoweit widerspruchslosen Durchführung des Arbeitsverhältnisses seitens des Klägerin eine vertrauensbegründende Verhaltensweise (vgl. BAG 21. Oktober 2015 - 4 AZR 649/14 - Rn. 45). Im Gegenteil hat die Klägerin gegenüber der M H GmbH & Co. KG eine Änderung ihres Arbeitsvertrags abgelehnt und damit deutlich gemacht, dass sie an der dynamischen Inbezugnahme der AVR und den sich daraus ergebenden Ansprüchen festhalten will.

40

bb) Eine Verwirkung scheidet zudem aus, weil von der Beklagten keine Umstände vorgebracht wurden, welche die Annahme rechtfertigten, der Beklagten sei es aufgrund eigener Dispositionen unzumutbar geworden, die Ansprüche der Klägerin zu erfüllen (vgl. BAG 22. März 2017 - 5 AZR 424/16 - Rn. 24). Die statische Anwendung der AVR wird bereits langjährig praktiziert und ist offensichtlich auch ohne Kirchenzugehörigkeit durchführbar. Letztlich wendet sich die Beklagte nur gegen die mit der Dynamisierung verbundene Kostensteigerung. Sie belegt aber nicht, dass diese Belastung ein nicht mehr tragbares Ausmaß angenommen hat. Der bloße Umstand, dass wegen der Nichtinbezugnahme der AVR in Arbeitsverträgen anderer Beschäftigter zwei Vergütungssysteme im Betrieb bestehen, führt nicht zur Unzumutbarkeit der Fortgeltung der fraglichen Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag der Klägerin. Diese Aufspaltung ist die Folge des Bestandschutzes nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB.

41

4. Folglich hat die Klägerin gemäß § 611 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf die geltend gemachte Differenzvergütung in unstreitiger Höhe. Sie kann nach § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB Verzugszinsen für die einzelnen monatlichen Differenzvergütungsbeträge jeweils ab dem ersten Tag des Folgemonats verlangen. Verzugszinsen sind nach § 187 Abs. 1 BGB ab dem Tag nach dem in den AVR bestimmten Zahltag zu entrichten(vgl. zu tariflichen Ansprüchen BAG 27. April 2017 - 6 AZR 459/16 - Rn. 37). Nach Abschnitt X Unterabschnitt (a) Satz 1 der Anlage 1 zu den AVR (Vergütungsordnung) sind die Bezüge, die in Monatsbeträgen festgelegt sind, für den Kalendermonat zu berechnen und dem Mitarbeiter so rechtzeitig zu zahlen, dass er am letzten Werktag des Kalendermonats über sie verfügen kann. Ausgehend von einer Einordnung des Samstags als Werktag führt dies bezogen auf alle streitgegenständlichen Monate zu einem Beginn des Zinslaufs am ersten Tag des Folgemonats.

42

II. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel     

        

        

        

    Lauth    

        

    C. Klar     

                 

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 17. März 2016 - 6 Sa 631/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch darüber, ob einzelvertraglich in Bezug genommene Arbeitsvertragsrichtlinien nach dem Betriebsübergang auf einen nichtkirchlichen Erwerber statisch oder dynamisch fortgelten.

2

Der Kläger ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger, dem Johanniter-Unfall-Hilfe e.V., seit 1991 im Rettungsdienst beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 14. August 1991 heißt es auszugsweise:

        

„Diakonie ist Wesens- und Lebensäußerung der Evangelischen Kirche. Die Evangelische Kirche nimmt ihre diakonischen Aufgaben durch das Diakonische Werk wahr. Die oben genannte Einrichtung ist dem Diakonischen Werk angeschlossen. Sie dient der Verwirklichung des gemeinsamen Werkes christlicher Nächstenliebe. Alle Mitarbeiter dieser Einrichtung … bilden ohne Rücksicht auf ihre Tätigkeit und Stellung eine Dienstgemeinschaft.

        

Auf dieser Grundlage wird der nachstehende Vertrag geschlossen:

        

…       

        

§ 2

        

Für das Dienstverhältnis gelten die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR) in der jeweils gültigen Fassung. …“

3

Das Arbeitsverhältnis ging zum 1. Januar 2014 auf die Beklagte über. Diese ist eine als gemeinnützige GmbH geführte Gliederung des Deutschen Roten Kreuzes, die in einem sächsischen Landkreis den bodengebundenen Rettungsdienst betreibt. Am 10. Juli 2014 sowie am 8. Dezember 2014 beschloss die Arbeitsrechtliche Kommission der Diakonie Deutschland die Erhöhung der Grundentgelte gemäß Anlage 2, der Sonderstufenentgelte gemäß Anlage 5 und der Stundenentgelte gemäß Anlage 9 zu den AVR rückwirkend zum 1. Juli 2014 für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgenommen Ärztinnen und Ärzte sowie Zahnärztinnen und Zahnärzte um 1,9 % bzw. ab dem 1. März 2015 die Erhöhung der Tabellenwerte der Anlagen 2, 5, 9 und 10a zu den AVR um 2,7 %. Die daraus folgenden Entgelterhöhungen gab die Beklagte nicht an den Kläger weiter.

4

Der Kläger begehrt zuletzt noch die Zahlung der Differenz zwischen der ihm gezahlten Vergütung und der ihm unter Berücksichtigung der Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission vom 10. Juli 2014 bzw. 8. Dezember 2014 zustehenden Vergütung in rechnerisch unstreitiger Höhe für die Zeit von Juli 2014 bis Mai 2015. Er begehrt ferner die Feststellung, dass die am 10. Juli 2014 und 8. Dezember 2014 beschlossenen Entgelterhöhungen auch künftig an ihn weiterzugeben sind.

5

Der Kläger hat - soweit für die Revision noch von Bedeutung - zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 757,91 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in im Einzelnen genannter, gestaffelter Höhe zu zahlen;

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die von der Arbeitsrechtlichen Kommission der Diakonie Deutschland mit Beschluss vom 10. Juli 2014 beschlossene Erhöhung der Entgelte ab 1. Juli 2014 in Höhe von 1,9 % sowie mit Beschluss vom 8. Dezember 2014 beschlossene Erhöhung der Entgelte ab 1. März 2015 in Höhe von 2,7 % dem Kläger auch in Zukunft zu zahlen.

6

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags vorgetragen, die AVR gölten seit dem Betriebsübergang auf sie nur noch statisch. Sie sei nicht Mitglied des Diakonischen Werkes und könne das auch nicht werden. Auf die Verhandlungsergebnisse der Arbeitsrechtlichen Kommission habe sie keinen Einfluss, so dass sie an die von dieser nach dem Betriebsübergang gefassten Beschlüsse nicht gebunden sein könne. Die AVR würden durch die Arbeitsrechtliche Kommission als Dritte vereinbart und seien deshalb mit kollektivvertraglichen Regelungen wie Tarifverträgen vergleichbar. Darum müssten die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Gleichstellungsabrede und die danach geltende statische Weitergeltung der Bezugnahme in vor dem Jahr 2002 abgeschlossenen Arbeitsverträgen Anwendung finden. Das Angebot, die Anwendung des für sie geltenden Tarifvertrags zu vereinbaren, habe der Kläger - unstreitig - abgelehnt. Sie sei nicht verpflichtet, die Unwägbarkeiten, die mit einer Änderungskündigung verbunden seien, auf sich zu nehmen. Es müsse ihr freistehen, den rechtlich sicheren Weg zu wählen und die AVR statisch anzuwenden. Anderenfalls werde ihre unternehmerische Freiheit beeinträchtigt.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage, soweit der Rechtsstreit in die Revisionsinstanz gelangt ist, stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die insoweit gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat durch Beschluss vom 22. September 2016 (- 6 AZN 370/16 -) zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren der Klageabweisung unter Vertiefung ihrer rechtlichen Argumentation weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen.

9

I. Die Klage ist begründet. Der Kläger kann die geltend gemachte Vergütung in zuletzt unstreitiger Höhe gemäß § 611 Abs. 1 BGB beanspruchen. Seine Vergütung richtet sich gemäß § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 in dynamisierter Weise nach den Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland, die am 23. Januar 2014 in die Arbeitsvertragsrichtlinien der Diakonie Deutschland (AVR-DD, im Folgenden nur AVR) umbenannt worden sind. Dieser Vertragsinhalt blieb durch den Betriebsübergang auf die Beklagte gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB unverändert. Die von der Arbeitsrechtlichen Kommission am 10. Juli 2014 bzw. 8. Dezember 2014 wirksam beschlossenen Entgelterhöhungen stehen dem Kläger darum auch über den von der Leistungsklage abgedeckten Zeitraum hinaus weiter zu. Eine Anpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage ist nicht vorzunehmen.

10

1. Der Arbeitsvertrag vom 14. August 1991 sieht die dynamische Geltung der AVR vor. Die Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Diakonischen Werk ist hierfür keine Voraussetzung.

11

a) Bei den Regelungen des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Darauf lässt schon das äußere Erscheinungsbild der formularmäßigen Vertragsgestaltung schließen (vgl. BAG 25. Juni 2015 - 6 AZR 383/14 - Rn. 23, BAGE 152, 82).

12

b) Der Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu ermitteln. Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen (BAG 23. März 2017 - 6 AZR 705/15 - Rn. 14). Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Diese Grundsätze finden auch auf die Auslegung von Bezugnahmeklauseln auf kirchliche Regelungswerke wie die AVR Anwendung (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07  - Rn. 12 , BAGE 135, 163; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 17, BAGE 129, 1). Bei der Auslegung einer solchen Bezugnahmeklausel ist von der allgemeinen Funktion von Verweisungsklauseln im kirchlichen Arbeitsverhältnis auszugehen. Mangels normativer Geltung der AVR in privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen kann ihnen nur über Bezugnahmeklauseln Wirkung verschafft werden (vgl. BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 107, BAGE 143, 354; 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 18). Diese sind grundsätzlich dahin auszulegen, dass sie dem kirchlichen Arbeitsrecht im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis umfassend Geltung verschaffen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 29 mwN, BAGE 141, 16). Typischerweise liegt es im Interesse beider Vertragsparteien, dass das kirchliche Arbeitsrecht durch eine dynamische Bezugnahmeklausel in seiner jeweiligen Fassung zur Anwendung gebracht wird (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 44 ff., BAGE 142, 247).

13

c) Eine solche Bezugnahme ist hier erfolgt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 sind die AVR in ihrer jeweils gültigen Fassung Bestandteil des Arbeitsverhältnisses. Diese dynamische Bezugnahmeklausel wurde zu einem wirksamen Vertragsbestandteil (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 38 ff., BAGE 142, 247).

14

d) Die dynamische Geltung der AVR setzt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht voraus, dass die Arbeitgeberin dem Diakonischen Werk angehört.

15

aa) Dies lässt sich den arbeitsvertraglichen Regelungen nicht entnehmen.

16

(1) Die Bezugnahme steht nicht unter der auflösenden Bedingung der Kirchenzugehörigkeit der Arbeitgeberseite. Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt nach § 158 Abs. 2 BGB mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein. Aus § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 kann auch in Verbindung mit der Präambel nicht geschlossen werden, dass die AVR bei Entfall des Anschlusses der Arbeitgeberin an das Diakonische Werk nicht mehr oder nur noch statisch zur Anwendung kommen sollen.

17

(a) Die Präambel des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 stellt klar, dass der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. als damaliger Vertragspartner dem Diakonischen Werk angeschlossen war und dessen Einrichtung der Verwirklichung des gemeinsamen Werkes christlicher Nächstenliebe dient. Der Arbeitsvertrag wurde auf der Grundlage dieser Zielsetzung geschlossen. Der Beklagten ist zuzugestehen, dass diese spezifisch kirchliche Grundlage des Arbeitsverhältnisses von einer Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Diakonischen Werk ausgeht. Die folgende Inbezugnahme der AVR in § 2 des Arbeitsvertrags entsprach der Verpflichtung des Rechtsvorgängers der Beklagten aus dem Arbeitsrechtsregelungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (ARRG-EKD) vom 10. November 1988 (ABl. EKD S. 366; vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 29, BAGE 141, 16).

18

(b) Eine Beendigung der dynamischen Inbezugnahme der AVR für den Fall, dass die Arbeitgeberin nicht mehr dem Diakonischen Werk angehört, ist jedoch weder der Präambel noch § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 zu entnehmen. Beide Vertragsbestandteile gehen vielmehr von unveränderten Verhältnissen aus und befassen sich nicht mit dem Entfall der arbeitgeberseitigen Kirchenzugehörigkeit, zum Bespiel in der Konstellation eines Betriebsübergangs auf einen nichtkirchlichen Arbeitgeber. Gegen die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung iSd. § 158 Abs. 2 BGB spricht auch, dass es keinen vertraglich vereinbarten früheren Rechtszustand gäbe, welcher ex nunc wieder eintreten könnte(vgl. demgegenüber zur nach § 3 Abs. 3 TVG gesetzlich angeordneten Nachbindung an einen Tarifvertrag BAG 5. Juli 2017 - 4 AZR 867/16 - Rn. 31). Eine nur statische Geltung der AVR ist vertraglich ebenso wenig vorgesehen wie die Bezugnahme eines anderen Regelungssystems bei Entfall der Kirchenzugehörigkeit der Arbeitgeberseite. Folglich gilt die vereinbarte Inbezugnahme der AVR als grundlegende Regelung des Vertragsinhalts auch bei einer Veränderung der Verhältnisse auf Arbeitgeberseite (vgl. zur Weitergeltung einer Inbezugnahme der AVR bei Gesellschafterwechsel BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 20 ff.). Die in der Literatur (Seel FA 2017, 66, 68) vertretene Auffassung, wonach ein Wegfall der kirchlichen Trägerschaft ein Ende der dynamischen Geltung der AVR nach sich ziehen müsse, weil der Geltungsgrund für die Dynamik die Qualität des Arbeitgebers als kirchlicher Arbeitgeber sei, dem der sog. „Dritte Weg“ als Instrument für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen eröffnet sei, ist mit dem Wortlaut der hier zu beurteilenden Vertragsregelungen daher nicht vereinbar.

19

(2) § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 ist auch keine zur Beendigung der Dynamik führende Gleichstellungsabrede. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

20

(a) Nach der früheren Rechtsprechung galt die - widerlegbare - Vermutung, es gehe einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten Beschäftigten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Die Rechtsprechung ging davon aus, mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel sollte lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags für alle Beschäftigten zu kommen. Daraus wurde die Konsequenz gezogen, ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder aus den Begleitumständen bei Vertragsschluss seien im Fall der normativen Gebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeklauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik gehe nur so weit, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reiche, sie ende also dann, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden sei (vgl. BAG 24. Februar 2016 - 4 AZR 990/13 - Rn. 29; 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 f. mwN).

21

(b) Diese Rechtsprechung wurde für vertragliche Bezugnahmeklauseln, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Eine individualvertragliche Klausel, die ihrem Wortlaut nach ohne Einschränkung auf einen bestimmten Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung verweist, ist im Regelfall nunmehr dahingehend auszulegen, dass dieser Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung gelten soll und dass diese Geltung nicht von Faktoren abhängt, die nicht im Vertrag genannt oder sonst für beide Parteien ersichtlich zur Voraussetzung gemacht worden sind (vgl. BAG 5. Juli 2017 - 4 AZR 867/16 - Rn. 22 f.; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29, BAGE 122, 74). Die Auslegungsregel wird lediglich aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln angewendet, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform vereinbart worden sind (vgl. BAG 7. Dezember 2016 - 4 AZR 414/14 - Rn. 31 mwN).

22

(c) Die hier auszulegende Bezugnahmeklausel wurde zwar am 14. August 1991 und somit weit vor dem 1. Januar 2002 vereinbart. Die vertragliche Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen wie der AVR kann jedoch generell nicht als Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung verstanden werden. Da die AVR immer nur anwendbar sind, wenn dies in dem betreffenden Arbeitsverhältnis vereinbart ist, kann deren vertragliche Inbezugnahme nie den eine derartige Auslegung erklärenden Grund einer Gleichbehandlung von organisierten und nicht organisierten Arbeitnehmern haben (so Bepler ZAT 2016, 145, 148; im Ergebnis ebenso LAG Berlin-Brandenburg 24. Februar 2012 - 6 Sa 1943/11 - zu 2.1.2 der Gründe; Klein jurisPR-ArbR 45/2016 Anm. 1; Klumpp ZMV 2017, 239, 242; von Tiling ZTR 2017, 11, 13). Es gibt keine Gewerkschaftsmitgliedschaft, die zu einer normativen Wirkung der AVR gemäß § 4 Abs. 1 TVG führen könnte und somit auch kein Gleichstellungsbedürfnis im dargestellten Sinne. Die von der Revision angeführte „kollektivvertraglichen Regelungen vergleichbare Situation“ des vormaligen kirchlichen Arbeitgebers, der durch seine Mitgliedschaft im Diakonischen Werk an die AVR gebunden gewesen sei, ist daher ohne Belang.

23

bb) Auf den von den AVR für sich selbst definierten Geltungsbereich kommt es folglich nicht an. Die Geltung der AVR gründet sich allein auf die dargestellte vertragliche Inbezugnahme (vgl. Bepler ZAT 2016, 145, 149; Klein jurisPR-ArbR 45/2016 Anm. 1; Klumpp ZMV 2017, 239, 241).

24

2. Die dynamische Inbezugnahme der AVR blieb durch den Betriebsübergang auf die Beklagte zum 1. Januar 2014 unberührt. Weder das nationale Recht noch die Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer bei Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen privilegieren den Erwerb eines Betriebs- bzw. Betriebsteils von einem kirchlichen Träger.

25

a) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Die aus in Bezug genommenen Tarifverträgen herrührenden individualvertraglichen Rechte und Pflichten gehören zum Inhalt des nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übergehenden Arbeitsverhältnisses(vgl. BAG 20. Juni 2012 - 4 AZR 656/10 - Rn. 22). Im Fall eines Betriebsübergangs wird der Erwerber so gestellt, als hätte er die dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegenden privatautonomen Willenserklärungen des Veräußerers gegenüber dem Arbeitnehmer selbst abgegeben und die Vereinbarungen in eigener Person, dh. mit der Verweisung auf ein bestimmtes Tarifwerk oder Teile davon in der jeweiligen Fassung abgeschlossen und zum Inhalt des Arbeitsvertrags gemacht. Dabei bleibt der individualvertragliche Charakter der in Bezug genommenen Kollektivregelungen erhalten (BAG 17. Juni 2015 - 4 AZR 61/14 (A) - Rn. 15, BAGE 152, 12).

26

b) Davon zu unterscheiden ist die statische Aufrechterhaltung kollektivrechtlich geregelter Arbeitsbedingungen durch die sog. Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB(zur statischen Fortgeltung vgl. AR/Bayreuther 8. Aufl. § 613a BGB Rn. 63; ErfK/Preis 17. Aufl. § 613a BGB Rn. 117; HWK/Willemsen/Müller-Bonanni 7. Aufl. § 613a BGB Rn. 265). Diese bezieht sich nur auf vor dem Betriebsübergang normativ geltende Regelungen (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 24; 16. Mai 2012 - 4 AZR 320/10 - Rn. 21 mwN). Vertragliche Rechtspositionen, auch wenn sie in einer privatautonomen Einbeziehung von Tarifrecht ihren Grund haben, gehen ohne Weiteres und uneingeschränkt nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB über. Sie werden auch nicht nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB durch einen beim Betriebserwerber geltenden Tarifvertrag abgelöst, weil sich diese Vorschrift nur auf § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB bezieht(vgl. BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 23, BAGE 136, 184). Dies gilt auch für § 613a Abs. 1 Satz 4 BGB(vgl. BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 70 ff., BAGE 130, 237).

27

c) Die mit einem kirchlichen Arbeitgeber vereinbarte Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen behält im Fall eines Betriebsübergangs als vertragliche Regelung gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber dem Betriebserwerber ihre Wirkung(vgl. bereits BAG 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - zu III 3 b der Gründe, BAGE 101, 9). Dies gilt auch dann, wenn ein kirchlicher Betriebserwerber nicht mehr ein Anstellungsträger im Sinne der in Bezug genommenen Dienstvertragsordnung ist (BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 31, BAGE 141, 16) oder der Betriebserwerber nicht mehr der Kirche zuzuordnen ist (vgl. Bepler jurisPR-ArbR 34/2016 Anm. 2; Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 7. Aufl. § 5 Rn. 31; Krings Der Betriebsübergang gem. § 613a BGB im kirchlichen Arbeitsrecht S. 118). Das Regelungssystem des § 613a Abs. 1 Satz 2 bis Satz 4 BGB ist weder direkt noch analog auf vertraglich in Bezug genommene kirchliche Arbeitsrechtsregelungen anwendbar, da diese vor dem Betriebsübergang keine normative Wirkung hatten(vgl. BAG 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - aaO). Es besteht auch kein Anlass, Betriebserwerber, die an die Dynamik einzelvertraglich vereinbarter AVR gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gebunden sind, durch das „Einfrieren“ dieser Regelungen auf den zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs vorliegenden Stand im Ergebnis so zu stellen, als sei eine Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB erfolgt. Dies lässt sich auch nicht aus der Funktion kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen, welche einheitliche Arbeitsbedingungen bezwecken (BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 27, BAGE 135, 163), ableiten. Der Betriebsübergang kann hier nicht dazu führen, dass zuvor einheitlich behandelte Arbeitnehmer nunmehr unterschiedlichen Regelungen unterfallen, je nachdem, ob eine dynamische Inbezugnahme als Vertragsrecht weiter gilt oder eine statische Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB eingreift. Eine Differenzierung zwischen tarifgebundenen und nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern, wie sie eine Gleichstellungsabrede verhindern will, erfolgt aus den genannten Gründen nicht. Auch nach einem Betriebsübergang auf einen sog. weltlichen Betriebserwerber bestehen die ursprünglich mit dem kirchlichen Arbeitgeber vereinbarten einheitlichen Arbeitsbedingungen.

28

d) Der Betriebserwerber ist deshalb jedenfalls bezogen auf die Entgeltansprüche der übernommenen Arbeitnehmer auch an eine vereinbarte Dynamik der Inbezugnahme gebunden. Der nichtkirchliche Betriebserwerber wird durch die Bindung an die dynamische Bezugnahmeklausel nicht unter Verstoß gegen unionsrechtliche Vorgaben in seiner unternehmerischen Freiheit beeinträchtigt (vgl. hierzu EuGH 11. September 2014 - C-328/13  - [Österreichischer Gewerkschaftsbund] Rn. 29; 18. Juli 2013 -  C-426/11  - [Alemo-Herron ua.] Rn33 ff.). Mit Urteil vom 27. April 2017 (- C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 22 f.) hat der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden, dass Art. 3 der Richtlinie 2001/23/EG in Verbindung mit Art. 16 GRC der dynamischen Fortgeltung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel im Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber nicht entgegensteht, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsieht. Solche Möglichkeiten bietet die deutsche Rechtsordnung in Form der einvernehmlichen Vertragsänderung und der Änderungskündigung nach § 2 KSchG(vgl. BAG 30. August 2017 - 4 AZR 95/14 - Pressemitteilung Nr. 35/17).

29

3. Entgegen der Ansicht der Beklagten entbindet sie der Umstand, dass der Kläger ihr Angebot abgelehnt hat, künftig den für sie geltenden Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwenden, nicht davon, eine Änderungskündigung zu erklären, wenn sie ihre dynamische Bindung an die vertraglich in Bezug genommenen AVR beenden will. Die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB, auf die die Beklagte sich im Ergebnis beruft, kann sie nur im Wege der Änderungskündigung geltend machen.

30

a) §§ 1, 2 KSchG sind gegenüber einer Anpassung nach § 313 BGB lex specialis. Sachverhalte, die zu einer Störung oder dem Wegfall der Geschäftsgrundlage geführt haben, sind dabei allerdings im Rahmen der §§ 2, 1 Abs. 2 KSchG zu würdigen(BAG 5. Juni 2014 - 2 AZR 615/13 - Rn. 23, BAGE 148, 227).

31

b) Unter welchen Voraussetzungen eine Änderungskündigung zum Zwecke der „Entdynamisierung“ einer Bezugnahmeklausel sozial gerechtfertigt ist, bedarf im vorliegenden Fall schon mangels Erklärung einer Änderungskündigung keiner Entscheidung (vgl. zu dieser Problematik: Bayreuther NJW 2017, 2158, 2159; Busch/Gerlach BB 2017, 2356, 2360; Eylert/Schinz RdA 2017, 140, 145; Hartmann EuZA 2017, 521, 532; Wißmann/Niklas NZA 2017, 697, 701). Darum besteht auch kein Anlass, sich näher mit der Frage zu befassen, ob und unter welchen Umständen die Fortgeltung der dynamischen Inbezugnahme der AVR nach einem Betriebsübergang auf einen weltlichen Erwerber zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage führen würde und wie ein solcher Umstand bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Änderungskündigung zu würdigen wäre. Jedenfalls machen die Kostensteigerungen, die durch die dynamische Weitergeltung der AVR eintreten und die die Beklagte nach ihrem Vortrag bei den Kostenträgern nicht refinanzieren kann, der Beklagten das unveränderte Festhalten an dem Arbeitsvertrag, in dessen Inhalt sie nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB eingetreten ist, vorliegend nicht unzumutbar. Das folgt bereits daraus, dass sie nicht geltend macht, sie habe vergeblich versucht, unter Hinweis auf die Rechtslage bei dem Kostenträger eine Änderung zu erwirken. Es kann daher dahinstehen, ob und unter welchen Umständen Kostensteigerungen, die der Erwerber bei seiner Entscheidung, einen Betrieb zu übernehmen, nicht einkalkuliert hat, zu einer Störung der Geschäftsgrundlage führen können oder Teil des von ihm zu tragenden unternehmerischen Risikos bleiben. Insbesondere kann dahinstehen, ob es für eine Störung der Geschäftsgrundlage ausreicht, wenn in einem auf unbegrenzte Zeit eingegangenen Dauerschuldverhältnis wie dem Arbeitsverhältnis das geschuldete Arbeitsentgelt zu einer dauerhaften Verlustsituation führt (zum Vorliegen einer zur Vertragsanpassung führenden Äquivalenzstörung im Dauerschuldverhältnis nur bei einer dauerhaften, auf billigerweise nicht vorauszusehenden Umständen beruhenden Verlustsituation BGH 19. April 1978 - VIII ZR 182/76 - zu II 2 b der Gründe).

32

4. Der Fall bietet auch keine Veranlassung zu klären, welchen Inhalt das Arbeitsverhältnis der Parteien in Bezug auf die in § 2 und § 3 AVR enthaltenen allgemeinen und besonderen Dienstpflichten hat. Insbesondere kann offenbleiben, welchen Inhalt die Loyalitätspflichten nach dem Betriebsübergang aufweisen (vgl. zu den kirchlichen Loyalitätsanforderungen: BAG 28. Juli 2016 - 2 AZR 746/14 (A) - Rn. 14 ff., BAGE 156, 23; KR/Fischermeier 11. Aufl. Kirchl. ArbN Rn. 2 ff.) und ob die negative Religionsfreiheit eines Betriebserwerbers (Art. 4 GG) durch spezifisch kirchliche Regelungen verletzt sein kann (vgl. Klumpp ZMV 2017, 239, 240). Gegenstand des Rechtsstreits sind nur Vergütungsansprüche.

33

5. Die Revision rügt ohne Erfolg, dass das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft die Unbilligkeit der von der Arbeitsrechtlichen Kommission vorgenommenen Leistungsbestimmung nach § 319 Abs. 1 BGB verneint habe. Das Landesarbeitsgericht hat allerdings insoweit den Prüfungsmaßstab verkannt. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (seit BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 30 ff., BAGE 135, 163) unterliegen Arbeitsvertragsrichtlinien, die auf dem Dritten Weg gemäß den einschlägigen Organisations- und Verfahrensvorschriften entstanden sind, wie Tarifverträge nur einer Rechtskontrolle am Maßstab höherrangigen Rechts sowie der Kontrolle auf einen Verstoß gegen die guten Sitten, wenn sie von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen worden sind und deshalb nicht der Dienstgeberseite zugeordnet werden können. Dieser Rechtsfehler führt jedoch nicht zum Erfolg der Revision. Die Beklagte zeigt nicht auf, inwieweit die Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission vom 10. Juli 2014 und vom 8. Dezember 2014 höherrangiges Recht verletzen oder gegen die guten Sitten verstoßen könnten. Dafür ist auch keinerlei Anhaltspunkt ersichtlich. Das Landesarbeitsgericht hat darum im Ergebnis zutreffend erkannt, dass diese Beschlüsse wirksam sind.

34

6. Dem Kläger steht das eingeklagte Differenzentgelt auf das ihm gezahlte Grundentgelt und die Zuschläge nach der Anlage 9 zu den AVR (Zeitzuschlag für Überstunden, Überstundenentgelt, Zeitzuschlag für Sonntagsarbeit und Arbeiten an Wochenfeiertagen, die auf einen Sonntag fallen, sowie für Nachtarbeit) zu. Die Beklagte hat keine Einwendungen gegen die Richtigkeit der der Berechnung des Klägers zugrunde liegenden zuschlagspflichtigen Stunden erhoben.

35

7. Der Kläger kann nach § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB Verzugszinsen für die einzelnen monatlichen Differenzvergütungsbeträge jeweils ab dem 16. eines jeden Monats verlangen. Verzugszinsen sind nach § 187 Abs. 1 BGB ab dem Tag nach dem in den AVR bestimmten Zahltag zu entrichten(vgl. zu tariflichen Ansprüchen BAG 27. April 2017 - 6 AZR 459/16 - Rn. 37). Die Bezüge sind gemäß § 21a AVR am 15. eines jeden Monats (Zahltag) fällig.

36

II. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    C. Klar    

        

    Lauth    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 23. Juli 2015 - 8 Sa 542/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütungsansprüche für die Zeit von Oktober 2013 bis einschließlich Juni 2014.

2

Die Klägerin war ursprünglich seit dem 1. Februar 1981 bei der katholischen Kirchengemeinde S als Rechtsträgerin des S-Hospitals in H beschäftigt. Der Arbeitsvertrag vom 1. Februar 1981 lautet auszugsweise wie folgt:

        

„Caritas ist eine der Lebens- und Wesensäußerungen der Katholischen Kirche. Der obengenannte Rechtsträger [gemeint: katholische Kirchengemeinde S] ist dem Deutschen Caritasverband angeschlossen. Seine Einrichtung dient der Verwirklichung des gemeinsamen Werkes christlicher Nächstenliebe. Alle Mitarbeiter dieser Einrichtung leisten deshalb ihren Dienst in Anerkennung dieser Zielsetzung und bilden ohne Rücksicht auf ihre Tätigkeit und Stellung eine Dienstgemeinschaft.

        

Auf dieser Grundlage wird der folgende Vertrag geschlossen.

        

§ 1

        

… M wird ab 1. Febr. 1981 als Masseurin und med. Bademeisterin eingestellt.

        

…       

        

§ 2

        

Für das Dienstverhältnis gelten die ‚Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes‘ (AVR) in der zur Zeit des Vertragsabschlusses in der ‚Caritas-Korrespondenz‘ veröffentlichten und im Amtsblatt des Ortsbistums in Kraft gesetzten Fassung.

        

Die AVR sind Bestandteil des Dienstvertrages und haben dem Mitarbeiter zur Kenntnisnahme zur Verfügung gestanden.

        

Bei Änderungen der AVR gilt jeweils die in der ‚Caritas-Korrespondenz‘ veröffentlichte und im Amtsblatt des Ortsbistums in Kraft gesetzte Fassung, ohne daß es einer weiteren Vereinbarung bedarf. Auch insoweit ist dem Mitarbeiter Gelegenheit zur Kenntnisnahme gegeben.

        

…       

        

§ 4

        

a)    

Der Mitarbeiter wird in die Vergütungsgruppe 6, Ziffer b, Stufe 3 eingestuft. …“

3

Seit dem 1. August 1986 wurde die Klägerin wegen ihrer Bestellung zur Leiterin der Physikalischen Therapie nach Vergütungsgruppe 4a Ziff. 6 AVR bezahlt.

4

Zum 1. Juli 2006 ging das Arbeitsverhältnis im Rahmen eines Betriebsteilübergangs auf die M H GmbH & Co. KG über, welche den Funktionsbereich Physikalische Therapie übernommen hatte. Die Betriebserwerberin bot der Klägerin eine Änderung des Arbeitsvertrags an. Mit dieser sollte die bisherige Bezugnahme auf die AVR entfallen. Die Klägerin lehnte eine solche Vertragsänderung ab. Der Arbeitsvertrag blieb auch im Übrigen unverändert. Die Klägerin arbeitete nach dem Betriebsteilübergang weiterhin bei einer Wochenarbeitszeit von regelmäßig 38,5 Stunden für eine Bruttomonatsvergütung iHv. 3.623,82 Euro. Zum 1. Oktober 2013 ging der Betrieb der M H GmbH & Co. KG auf die Beklagte über.

5

Mit Schreiben vom 31. März 2014 hat die Klägerin für die Zeit ab Oktober 2013 eine monatliche Differenz von 373,60 Euro brutto zwischen dem geleisteten Entgelt von 3.623,82 Euro brutto und einer Vergütung nach Vergütungsgruppe 4a Stufe 10 AVR iHv. 3.997,42 Euro brutto verlangt. Die Beklagte hat diese Forderung abgelehnt. Die dynamische Inbezugnahme der AVR sei bereits mit dem ersten Betriebsübergang zum 1. Juli 2006 entfallen.

6

Die Klägerin hat mit ihrer Klage demgegenüber die Auffassung vertreten, die im Arbeitsvertrag vom 1. Februar 1981 vereinbarte dynamische Geltung der AVR sei durch die beiden Betriebsübergänge unberührt geblieben. Es handle sich um den durch § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB geschützten Vertragsinhalt. Dabei sei unbeachtlich, dass weder die M H GmbH & Co. KG noch die Beklagte dem Caritasverband angehörten. Eine solche Zugehörigkeit sei in der vertraglichen Regelung nicht zur Voraussetzung für die Geltung der AVR gemacht worden. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach die Inbezugnahme von Tarifverträgen in vor dem 1. Januar 2002 mit tarifgebundenen Arbeitgebern abgeschlossenen Arbeitsverträgen dahingehend zu verstehen sei, dass lediglich eine Gleichstellung von tarifgebundenen und tarifungebundenen Arbeitnehmern bezweckt gewesen sei und deshalb die Dynamik der Inbezugnahme mit Wegfall der Tarifbindung des Arbeitgebers ende, sei auf die hier vorliegende Inbezugnahme der AVR nicht übertragbar. Ein Bedürfnis für eine Gleichstellung von tarifgebundenen Gewerkschaftsmitgliedern und tarifungebundenen Arbeitnehmern sei schon deshalb nicht gegeben gewesen, weil es sich bei den AVR nicht um Tarifverträge handle, sondern um ein Regelwerk, welches nur aufgrund vertraglicher Vereinbarung zur Anwendung gebracht werden könne.

7

Die geltend gemachten Differenzvergütungsansprüche seien auch nicht deshalb verwirkt, weil sie erstmals mit Schreiben vom 31. März 2014 geltend gemacht wurden. Die bloße Nichterhebung einer Forderung bewirke keine Vertragsänderung. Zudem habe schon die M H GmbH & Co. KG nicht darauf vertrauen dürfen, dass dynamisierte Vergütungsansprüche nach dem Betriebsteilübergang am 1. Juli 2006 nicht geltend gemacht würden. Sie (die Klägerin) habe die angetragene Vertragsänderung, das heißt den Wegfall der Bezugnahme auf die AVR, nicht akzeptiert. Damit sei deutlich geworden, dass sie unverändert von einer dynamischen Geltung der AVR ausgehe. Eine Begrenzung des entsprechenden Forderungsrechts folge nur aus der in § 23 AVR enthaltenen Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit. Diese sei in dem Schreiben vom 31. März 2014 schon berücksichtigt worden, da nur Differenzvergütungsansprüche für die Zeit ab Oktober 2013 gefordert worden seien.

8

Bei einem monatlichen Differenzbetrag von 373,60 Euro ergebe sich für die Zeit bis einschließlich Juni 2014 ein Gesamtbetrag von 3.362,40 Euro brutto.

9

Die Klägerin hat daher beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.362,40 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

        

1.    

aus 373,60 Euro seit dem 1. November 2013,

        

2.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Dezember 2013,

        

3.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Januar 2014,

        

4.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Februar 2014,

        

5.      

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. März 2014,

        

6.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. April 2014,

        

7.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Mai 2014,

        

8.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Juni 2014 und

        

9.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Juli 2014

        

zu zahlen.

10

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass die AVR seit dem 1. Juli 2006 nur noch statisch zur Anwendung kommen könnten. Die Verweisungsklausel in § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 setze ersichtlich eine Zugehörigkeit des Arbeitgebers zum Caritasverband voraus. Diese sei bereits mit dem ersten Betriebsübergang am 1. Juli 2006 entfallen. Das Arbeitsverhältnis sei schon damals auf eine nichtkirchliche Arbeitgeberin übergegangen. Damit sei keine Grundlage mehr für eine dynamische Fortgeltung der AVR gegeben gewesen. Die vertragliche Inbezugnahme der AVR habe gleiche Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten erreichen sollen und sei deshalb einer Gleichstellungsabrede vergleichbar. Bei den AVR handle es sich zwar nicht um einen Tarifvertrag. Die Bindung der ursprünglich kirchlichen Arbeitgeberin an den Deutschen Caritasverband bei Abschluss des Arbeitsvertrags im Jahr 1981 entspreche aber einer Tarifbindung („tarifähnliche Bindung“). Dementsprechend sei der Übergang des Arbeitsverhältnisses auf eine nicht der Caritas zugehörige Arbeitgeberin der Privatwirtschaft vergleichbar mit dem Wegfall einer Tarifbindung auf Arbeitgeberseite. Dies bewirke - wie bei einer Gleichstellungsabrede - den Wegfall der Dynamisierung.

11

Eine zeitlich unbegrenzte Fortgeltung der dynamischen Inbezugnahme der AVR würde zudem gegen unionsrechtliche Vorgaben verstoßen. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) habe in der Rechtssache Alemo-Herron ua. (- C-426/11 -) am 18. Juli 2013 entschieden, dass die dynamische Inbezugnahme eines Tarifvertrags einen Betriebserwerber nicht binde, der keine Möglichkeit habe, an den künftigen Tarifvertragsverhandlungen teilzunehmen. Dies gelte auch bei einer dynamischen Verweisung auf die AVR im Fall eines Betriebsübergangs auf einen nichtkirchlichen Arbeitgeber. Ein solcher Arbeitgeber habe keine Möglichkeit, die Entwicklung der AVR zu beeinflussen.

12

Zudem wäre der geltend gemachte Anspruch verwirkt. Die Klägerin habe die Forderung nach einer dynamisierten AVR-Vergütung zwischen 2006 und der Einreichung der Klage im Jahr 2014 nicht erhoben. Schon die M H GmbH & Co. KG habe darauf vertrauen dürfen, dass eine solche Forderung auch künftig nicht geltend gemacht werde. Sie (die Beklagte) könne sich als weitere Betriebserwerberin hierauf berufen, da das Arbeitsverhältnis mit diesem Inhalt auf sie übergegangen sei.

13

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen.

15

I. Die Klage ist begründet. Die Klägerin kann die geltend gemachte Vergütung in zuletzt unstreitiger Höhe gemäß § 611 Abs. 1 BGB beanspruchen. Ihre Vergütung richtet sich gemäß § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 in dynamisierter Weise nach den AVR. Dieser Vertragsinhalt blieb durch die beiden Betriebsübergänge gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB unverändert. Die Geltendmachung der sich daraus ergebenden Ansprüche verstößt nicht gegen die Grundsätze von Treu und Glauben.

16

1. Der Arbeitsvertrag vom 1. Februar 1981 sieht die dynamische Geltung der AVR vor. Die Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Caritasverband ist hierfür keine Voraussetzung.

17

a) Bei den Regelungen des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Darauf lässt schon das äußere Erscheinungsbild der formularmäßigen Vertragsgestaltung schließen (vgl. BAG 25. Juni 2015 - 6 AZR 383/14 - Rn. 23, BAGE 152, 82).

18

b) Der Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu ermitteln. Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen (BAG 23. März 2017 - 6 AZR 705/15 - Rn. 14). Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Diese Grundsätze finden auch auf die Auslegung von Bezugnahmeklauseln auf kirchliche Regelungswerke wie die AVR Anwendung (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07  - Rn. 12 , BAGE 135, 163; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 17, BAGE 129, 1). Bei der Auslegung einer solchen Bezugnahmeklausel ist von der allgemeinen Funktion von Verweisungsklauseln im kirchlichen Arbeitsverhältnis auszugehen. Mangels normativer Geltung der AVR in privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen kann ihnen nur über Bezugnahmeklauseln Wirkung verschafft werden (vgl. BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 107, BAGE 143, 354; 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 18). Diese sind grundsätzlich dahin auszulegen, dass sie dem kirchlichen Arbeitsrecht im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis umfassend Geltung verschaffen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 29 mwN, BAGE 141, 16). Typischerweise liegt es im Interesse beider Vertragsparteien, dass das kirchliche Arbeitsrecht durch eine dynamische Bezugnahmeklausel in seiner jeweiligen Fassung zur Anwendung gebracht wird (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 44 ff., BAGE 142, 247).

19

c) Eine solche Bezugnahme ist hier erfolgt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 sind die AVR in ihrer jeweiligen Fassung Bestandteil des Arbeitsverhältnisses. Bei Änderungen gilt die aktuelle Fassung nach ihrer Veröffentlichung „ohne dass es einer weiteren Vereinbarung bedarf“. Diese dynamische Bezugnahmeklausel wurde zu einem wirksamen Vertragsbestandteil (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 38 ff., BAGE 142, 247).

20

d) Die dynamische Geltung der AVR setzt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht voraus, dass die Arbeitgeberin dem Caritasverband angehört.

21

aa) Dies lässt sich den arbeitsvertraglichen Regelungen nicht entnehmen.

22

(1) Die Bezugnahme steht nicht unter der auflösenden Bedingung der Kirchenzugehörigkeit der Arbeitgeberseite. Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt nach § 158 Abs. 2 BGB mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein. Aus § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 kann auch in Verbindung mit der Präambel nicht geschlossen werden, dass die AVR bei Entfall der Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Caritasverband nicht mehr oder nur noch statisch zur Anwendung kommen sollen.

23

(a) Die Präambel des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 stellt klar, dass die katholische Kirchengemeinde als damalige Vertragspartnerin dem Deutschen Caritasverband angeschlossen war und dessen Einrichtung der Verwirklichung des gemeinsamen Werks christlicher Nächstenliebe dient. Der Arbeitsvertrag wurde auf der Grundlage dieser Zielsetzung geschlossen. Der Beklagten ist zuzugestehen, dass diese spezifisch kirchliche Grundlage des Arbeitsverhältnisses von einer Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Caritasverband ausgeht. Die folgende Inbezugnahme der AVR in § 2 des Arbeitsvertrags entspricht der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse(vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 34, BAGE 142, 247).

24

(b) Eine Beendigung der dynamischen Inbezugnahme der AVR für den Fall, dass die Arbeitgeberin nicht mehr dem Caritasverband angehört, ist jedoch weder der Präambel noch § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 zu entnehmen. Beide Vertragsbestandteile gehen vielmehr von unveränderten Verhältnissen aus und befassen sich nicht mit dem Entfall der arbeitgeberseitigen Kirchenzugehörigkeit, zB in der Konstellation eines Betriebsübergangs auf einen nichtkirchlichen Arbeitgeber. Gegen die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung iSd. § 158 Abs. 2 BGB spricht auch, dass es keinen vertraglich vereinbarten früheren Rechtszustand gäbe, welcher ex nunc wieder eintreten könnte(vgl. demgegenüber zur nach § 3 Abs. 3 TVG gesetzlich angeordneten Nachbindung an einen Tarifvertrag BAG 5. Juli 2017 - 4 AZR 867/16 - Rn. 31). Eine nur statische Geltung der AVR ist vertraglich ebenso wenig vorgesehen wie die Bezugnahme eines anderen Regelungssystems bei Entfall der Kirchenzugehörigkeit der Arbeitgeberseite. Folglich gilt die vereinbarte Inbezugnahme der AVR als grundlegende Regelung des Vertragsinhalts auch bei einer Veränderung der Verhältnisse auf Arbeitgeberseite (vgl. zur Weitergeltung einer Inbezugnahme der AVR bei Gesellschafterwechsel BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 20 ff.). Die in der Literatur (Seel FA 2017, 66, 68) vertretene Auffassung, wonach ein Wegfall der kirchlichen Trägerschaft ein Ende der dynamischen Geltung der AVR nach sich ziehen müsse, weil der Geltungsgrund für die Dynamik die Qualität des Arbeitgebers als kirchlicher Arbeitgeber sei, dem der sog. „Dritte Weg“ als Instrument für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen eröffnet sei, ist mit dem Wortlaut der hier zu beurteilenden Vertragsregelungen nicht vereinbar.

25

(2) § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 ist auch keine zur Beendigung der Dynamik führende Gleichstellungsabrede. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

26

(a) Nach der früheren Rechtsprechung galt die - widerlegbare - Vermutung, es gehe einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten Beschäftigten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Die Rechtsprechung ging davon aus, mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel sollte lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags für alle Beschäftigten zu kommen. Daraus wurde die Konsequenz gezogen, ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder aus den Begleitumständen bei Vertragsschluss seien im Fall der normativen Gebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeklauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik gehe nur so weit, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reiche, sie ende also dann, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden sei (vgl. BAG 24. Februar 2016 - 4 AZR 990/13 - Rn. 29; 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 f. mwN).

27

(b) Diese Rechtsprechung wurde für vertragliche Bezugnahmeklauseln, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Eine individualvertragliche Klausel, die ihrem Wortlaut nach ohne Einschränkung auf einen bestimmten Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung verweist, ist im Regelfall nunmehr dahingehend auszulegen, dass dieser Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung gelten soll und dass diese Geltung nicht von Faktoren abhängt, die nicht im Vertrag genannt oder sonst für beide Parteien ersichtlich zur Voraussetzung gemacht worden sind (vgl. BAG 5. Juli 2017 - 4 AZR 867/16 - Rn. 22 f.; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29, BAGE 122, 74). Die Auslegungsregel wird lediglich aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln angewendet, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform vereinbart worden sind (vgl. BAG 7. Dezember 2016 - 4 AZR 414/14 - Rn. 31 mwN).

28

(c) Die hier auszulegende Bezugnahmeklausel wurde zwar am 1. Februar 1981 und somit weit vor dem 1. Januar 2002 vereinbart. Die vertragliche Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen wie der AVR kann jedoch generell nicht als Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung verstanden werden. Da die AVR immer nur anwendbar sind, wenn dies in dem betreffenden Arbeitsverhältnis vereinbart ist, kann deren vertragliche Inbezugnahme nie den eine derartige Auslegung erklärenden Grund einer Gleichbehandlung von organisierten und nicht organisierten Arbeitnehmern haben (so Bepler ZAT 2016, 145, 148; im Ergebnis ebenso LAG Berlin-Brandenburg 24. Februar 2012 - 6 Sa 1943/11 - zu 2.1.2 der Gründe; Klein jurisPR-ArbR 45/2016 Anm. 1; Klumpp ZMV 2017, 239, 242; von Tiling ZTR 2017, 11, 13). Es gibt keine Gewerkschaftsmitgliedschaft, die zu einer normativen Wirkung der AVR gemäß § 4 Abs. 1 TVG führen könnte und somit auch kein Gleichstellungsbedürfnis im dargestellten Sinne. Die von der Revision angeführte „tarifähnliche Bindung“ der vormaligen kirchlichen Arbeitgeberin ist daher ohne Belang.

29

bb) Auf den von den AVR für sich selbst definierten Geltungsbereich kommt es folglich nicht an. Die Geltung der AVR gründet sich allein auf die dargestellte vertragliche Inbezugnahme (vgl. Bepler ZAT 2016, 145, 149; Klein jurisPR-ArbR 45/2016 Anm. 1; Klumpp ZMV 2017, 239, 241).

30

2. Die dynamische Inbezugnahme der AVR blieb durch die beiden Betriebsübergänge zum 1. Juli 2006 und 1. Oktober 2013 unberührt. Weder das nationale Recht noch die Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen privilegieren den Erwerb eines Betriebs bzw. eines Betriebsteils von einem kirchlichen Träger.

31

a) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Die aus in Bezug genommenen Tarifverträgen herrührenden individualvertraglichen Rechte und Pflichten gehören zum Inhalt des nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übergehenden Arbeitsverhältnisses(vgl. BAG 20. Juni 2012 - 4 AZR 656/10 - Rn. 22). Im Fall eines Betriebsübergangs wird der Erwerber so gestellt, als hätte er die dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegenden privatautonomen Willenserklärungen des Veräußerers gegenüber dem Arbeitnehmer selbst abgegeben und die Vereinbarungen in eigener Person, dh. mit der Verweisung auf ein bestimmtes Tarifwerk oder Teile davon in der jeweiligen Fassung abgeschlossen und zum Inhalt des Arbeitsvertrags gemacht. Dabei bleibt der individualvertragliche Charakter der in Bezug genommenen Kollektivregelungen erhalten (BAG 17. Juni 2015 - 4 AZR 61/14 (A) - Rn. 15, BAGE 152, 12).

32

b) Davon zu unterscheiden ist die statische Aufrechterhaltung kollektivrechtlich geregelter Arbeitsbedingungen durch die sog. Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB(zur statischen Fortgeltung vgl. AR/Bayreuther 8. Aufl. § 613a BGB Rn. 63; ErfK/Preis 17. Aufl. § 613a BGB Rn. 117; HWK/Willemsen/Müller-Bonanni 7. Aufl. § 613a BGB Rn. 265). Diese bezieht sich nur auf vor dem Betriebsübergang normativ geltende Regelungen (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 24; 16. Mai 2012 - 4 AZR 320/10 - Rn. 21 mwN). Vertragliche Rechtspositionen, auch wenn sie in einer privatautonomen Einbeziehung von Tarifrecht ihren Grund haben, gehen ohne Weiteres und uneingeschränkt nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB über. Sie werden auch nicht nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB durch einen beim Betriebserwerber geltenden Tarifvertrag abgelöst, weil sich diese Vorschrift nur auf § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB bezieht(vgl. BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 23, BAGE 136, 184). Dies gilt auch für § 613a Abs. 1 Satz 4 BGB(vgl. BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 70 ff., BAGE 130, 237).

33

c) Die mit einem kirchlichen Arbeitgeber vereinbarte Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen behält im Fall eines Betriebsübergangs als vertragliche Regelung gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber dem Betriebserwerber ihre Wirkung(vgl. bereits BAG 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - zu III 3 b der Gründe, BAGE 101, 9). Dies gilt auch dann, wenn ein kirchlicher Betriebserwerber nicht mehr ein Anstellungsträger im Sinne der in Bezug genommenen Dienstvertragsordnung ist (BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 31, BAGE 141, 16) oder der Betriebserwerber nicht mehr der Kirche zuzuordnen ist (vgl. Bepler jurisPR-ArbR 34/2016 Anm. 2; Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 7. Aufl. § 5 Rn. 31; Krings Der Betriebsübergang gem. § 613a BGB im kirchlichen Arbeitsrecht S. 118). Das Regelungssystem des § 613a Abs. 1 Satz 2 bis Satz 4 BGB ist weder direkt noch analog auf vertraglich in Bezug genommene kirchliche Arbeitsrechtsregelungen anwendbar, da diese vor dem Betriebsübergang keine normative Wirkung hatten(vgl. BAG 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - aaO). Es besteht kein Anlass, Betriebserwerber, die an die Dynamik einzelvertraglich vereinbarter AVR gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gebunden sind, durch das „Einfrieren“ dieser Regelungen auf den zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs vorliegenden Stand im Ergebnis so zu stellen, als sei eine Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB erfolgt. Dies lässt sich auch nicht aus der Funktion kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen, welche einheitliche Arbeitsbedingungen bezwecken (BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 27, BAGE 135, 163), ableiten. Der Betriebsübergang kann hier nicht dazu führen, dass zuvor einheitlich behandelte Arbeitnehmer nunmehr unterschiedlichen Regelungen unterfallen, je nachdem, ob eine dynamische Inbezugnahme als Vertragsrecht weiter gilt oder eine statische Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB eingreift. Eine Differenzierung zwischen tarifgebundenen und nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern, wie sie eine Gleichstellungsabrede verhindern will, erfolgt aus den genannten Gründen nicht. Auch nach einem Betriebsübergang auf einen sog. weltlichen Betriebserwerber bestehen die ursprünglich mit dem kirchlichen Arbeitgeber vereinbarten einheitlichen Arbeitsbedingungen.

34

d) Der Betriebserwerber ist deshalb jedenfalls bezogen auf die Entgeltansprüche der übernommenen Arbeitnehmer auch an eine vereinbarte Dynamik der Inbezugnahme gebunden. Der nichtkirchliche Betriebserwerber wird durch die Bindung an die dynamische Bezugnahmeklausel nicht unter Verstoß gegen unionsrechtliche Vorgaben in seiner unternehmerischen Freiheit beeinträchtigt (vgl. hierzu EuGH 11. September 2014 - C-328/13  - [Österreichischer Gewerkschaftsbund] Rn. 29; 18. Juli 2013 -  C-426/11  - [Alemo-Herron ua.] Rn. 33  ff.). Mit Urteil vom 27. April 2017 (- C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 22 f.) hat der EuGH entschieden, dass Art. 3 der Richtlinie 2001/23/EG in Verbindung mit Art. 16 GRC der dynamischen Fortgeltung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel im Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber nicht entgegensteht, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsieht. Solche Möglichkeiten bietet die deutsche Rechtsordnung in Form der einvernehmlichen Vertragsänderung und der Änderungskündigung nach § 2 KSchG(vgl. BAG 30. August 2017 - 4 AZR 95/14 - Pressemitteilung Nr. 35/17). Unter welchen Voraussetzungen eine Änderungskündigung zum Zwecke der „Entdynamisierung“ einer Bezugnahmeklausel sozial gerechtfertigt ist, bedarf im vorliegenden Fall schon mangels Erklärung einer Änderungskündigung keiner Entscheidung (vgl. zu dieser Problematik: Bayreuther NJW 2017, 2158, 2159; Busch/Gerlach BB 2017, 2356, 2360; Eylert/Schinz RdA 2017, 140, 145; Hartmann EuZA 2017, 521, 532; Wißmann/Niklas NZA 2017, 697, 701).

35

e) Es besteht hier auch keine Veranlassung zu klären, welchen Inhalt das Arbeitsverhältnis der Parteien in Bezug auf die in § 4 und § 5 AVR enthaltenen allgemeinen und besonderen Dienstpflichten hat. Insbesondere kann offenbleiben, welchen Inhalt die Loyalitätspflichten nach dem Betriebsübergang aufweisen (vgl. zu den kirchlichen Loyalitätsanforderungen: BAG 28. Juli 2016 - 2 AZR 746/14 (A) - Rn. 14 ff., BAGE 156, 23; KR/Fischermeier 11. Aufl. Kirchl. ArbN Rn. 2 ff.) und ob die negative Religionsfreiheit eines Betriebserwerbers (Art. 4 GG) durch spezifisch kirchliche Regelungen verletzt sein kann (vgl. Klumpp ZMV 2017, 239, 240). Gegenstand des Rechtsstreits sind nur Vergütungsansprüche.

36

3. Der streitgegenständliche Entgeltdifferenzanspruch der Klägerin ist auch nicht verwirkt.

37

a) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Sie hat nicht den Zweck, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen (Zeitmoment). Es müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Der Berechtigte muss unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (vgl. BAG 26. Oktober 2016 - 5 AZR 168/16 - Rn. 41, BAGE 157, 116).

38

b) Jedenfalls ein solches Umstandsmoment liegt hier nicht vor.

39

aa) Die Klägerin war weder verpflichtet, die dynamisierte Vergütung nach AVR von der M H GmbH & Co. KG oder der Beklagten zu fordern, noch ergibt sich aus der insoweit widerspruchslosen Durchführung des Arbeitsverhältnisses seitens des Klägerin eine vertrauensbegründende Verhaltensweise (vgl. BAG 21. Oktober 2015 - 4 AZR 649/14 - Rn. 45). Im Gegenteil hat die Klägerin gegenüber der M H GmbH & Co. KG eine Änderung ihres Arbeitsvertrags abgelehnt und damit deutlich gemacht, dass sie an der dynamischen Inbezugnahme der AVR und den sich daraus ergebenden Ansprüchen festhalten will.

40

bb) Eine Verwirkung scheidet zudem aus, weil von der Beklagten keine Umstände vorgebracht wurden, welche die Annahme rechtfertigten, der Beklagten sei es aufgrund eigener Dispositionen unzumutbar geworden, die Ansprüche der Klägerin zu erfüllen (vgl. BAG 22. März 2017 - 5 AZR 424/16 - Rn. 24). Die statische Anwendung der AVR wird bereits langjährig praktiziert und ist offensichtlich auch ohne Kirchenzugehörigkeit durchführbar. Letztlich wendet sich die Beklagte nur gegen die mit der Dynamisierung verbundene Kostensteigerung. Sie belegt aber nicht, dass diese Belastung ein nicht mehr tragbares Ausmaß angenommen hat. Der bloße Umstand, dass wegen der Nichtinbezugnahme der AVR in Arbeitsverträgen anderer Beschäftigter zwei Vergütungssysteme im Betrieb bestehen, führt nicht zur Unzumutbarkeit der Fortgeltung der fraglichen Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag der Klägerin. Diese Aufspaltung ist die Folge des Bestandschutzes nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB.

41

4. Folglich hat die Klägerin gemäß § 611 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf die geltend gemachte Differenzvergütung in unstreitiger Höhe. Sie kann nach § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB Verzugszinsen für die einzelnen monatlichen Differenzvergütungsbeträge jeweils ab dem ersten Tag des Folgemonats verlangen. Verzugszinsen sind nach § 187 Abs. 1 BGB ab dem Tag nach dem in den AVR bestimmten Zahltag zu entrichten(vgl. zu tariflichen Ansprüchen BAG 27. April 2017 - 6 AZR 459/16 - Rn. 37). Nach Abschnitt X Unterabschnitt (a) Satz 1 der Anlage 1 zu den AVR (Vergütungsordnung) sind die Bezüge, die in Monatsbeträgen festgelegt sind, für den Kalendermonat zu berechnen und dem Mitarbeiter so rechtzeitig zu zahlen, dass er am letzten Werktag des Kalendermonats über sie verfügen kann. Ausgehend von einer Einordnung des Samstags als Werktag führt dies bezogen auf alle streitgegenständlichen Monate zu einem Beginn des Zinslaufs am ersten Tag des Folgemonats.

42

II. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel     

        

        

        

    Lauth    

        

    C. Klar     

                 

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 17. März 2016 - 6 Sa 631/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch darüber, ob einzelvertraglich in Bezug genommene Arbeitsvertragsrichtlinien nach dem Betriebsübergang auf einen nichtkirchlichen Erwerber statisch oder dynamisch fortgelten.

2

Der Kläger ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger, dem Johanniter-Unfall-Hilfe e.V., seit 1991 im Rettungsdienst beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 14. August 1991 heißt es auszugsweise:

        

„Diakonie ist Wesens- und Lebensäußerung der Evangelischen Kirche. Die Evangelische Kirche nimmt ihre diakonischen Aufgaben durch das Diakonische Werk wahr. Die oben genannte Einrichtung ist dem Diakonischen Werk angeschlossen. Sie dient der Verwirklichung des gemeinsamen Werkes christlicher Nächstenliebe. Alle Mitarbeiter dieser Einrichtung … bilden ohne Rücksicht auf ihre Tätigkeit und Stellung eine Dienstgemeinschaft.

        

Auf dieser Grundlage wird der nachstehende Vertrag geschlossen:

        

…       

        

§ 2

        

Für das Dienstverhältnis gelten die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR) in der jeweils gültigen Fassung. …“

3

Das Arbeitsverhältnis ging zum 1. Januar 2014 auf die Beklagte über. Diese ist eine als gemeinnützige GmbH geführte Gliederung des Deutschen Roten Kreuzes, die in einem sächsischen Landkreis den bodengebundenen Rettungsdienst betreibt. Am 10. Juli 2014 sowie am 8. Dezember 2014 beschloss die Arbeitsrechtliche Kommission der Diakonie Deutschland die Erhöhung der Grundentgelte gemäß Anlage 2, der Sonderstufenentgelte gemäß Anlage 5 und der Stundenentgelte gemäß Anlage 9 zu den AVR rückwirkend zum 1. Juli 2014 für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgenommen Ärztinnen und Ärzte sowie Zahnärztinnen und Zahnärzte um 1,9 % bzw. ab dem 1. März 2015 die Erhöhung der Tabellenwerte der Anlagen 2, 5, 9 und 10a zu den AVR um 2,7 %. Die daraus folgenden Entgelterhöhungen gab die Beklagte nicht an den Kläger weiter.

4

Der Kläger begehrt zuletzt noch die Zahlung der Differenz zwischen der ihm gezahlten Vergütung und der ihm unter Berücksichtigung der Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission vom 10. Juli 2014 bzw. 8. Dezember 2014 zustehenden Vergütung in rechnerisch unstreitiger Höhe für die Zeit von Juli 2014 bis Mai 2015. Er begehrt ferner die Feststellung, dass die am 10. Juli 2014 und 8. Dezember 2014 beschlossenen Entgelterhöhungen auch künftig an ihn weiterzugeben sind.

5

Der Kläger hat - soweit für die Revision noch von Bedeutung - zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 757,91 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in im Einzelnen genannter, gestaffelter Höhe zu zahlen;

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die von der Arbeitsrechtlichen Kommission der Diakonie Deutschland mit Beschluss vom 10. Juli 2014 beschlossene Erhöhung der Entgelte ab 1. Juli 2014 in Höhe von 1,9 % sowie mit Beschluss vom 8. Dezember 2014 beschlossene Erhöhung der Entgelte ab 1. März 2015 in Höhe von 2,7 % dem Kläger auch in Zukunft zu zahlen.

6

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags vorgetragen, die AVR gölten seit dem Betriebsübergang auf sie nur noch statisch. Sie sei nicht Mitglied des Diakonischen Werkes und könne das auch nicht werden. Auf die Verhandlungsergebnisse der Arbeitsrechtlichen Kommission habe sie keinen Einfluss, so dass sie an die von dieser nach dem Betriebsübergang gefassten Beschlüsse nicht gebunden sein könne. Die AVR würden durch die Arbeitsrechtliche Kommission als Dritte vereinbart und seien deshalb mit kollektivvertraglichen Regelungen wie Tarifverträgen vergleichbar. Darum müssten die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Gleichstellungsabrede und die danach geltende statische Weitergeltung der Bezugnahme in vor dem Jahr 2002 abgeschlossenen Arbeitsverträgen Anwendung finden. Das Angebot, die Anwendung des für sie geltenden Tarifvertrags zu vereinbaren, habe der Kläger - unstreitig - abgelehnt. Sie sei nicht verpflichtet, die Unwägbarkeiten, die mit einer Änderungskündigung verbunden seien, auf sich zu nehmen. Es müsse ihr freistehen, den rechtlich sicheren Weg zu wählen und die AVR statisch anzuwenden. Anderenfalls werde ihre unternehmerische Freiheit beeinträchtigt.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage, soweit der Rechtsstreit in die Revisionsinstanz gelangt ist, stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die insoweit gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat durch Beschluss vom 22. September 2016 (- 6 AZN 370/16 -) zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren der Klageabweisung unter Vertiefung ihrer rechtlichen Argumentation weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen.

9

I. Die Klage ist begründet. Der Kläger kann die geltend gemachte Vergütung in zuletzt unstreitiger Höhe gemäß § 611 Abs. 1 BGB beanspruchen. Seine Vergütung richtet sich gemäß § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 in dynamisierter Weise nach den Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland, die am 23. Januar 2014 in die Arbeitsvertragsrichtlinien der Diakonie Deutschland (AVR-DD, im Folgenden nur AVR) umbenannt worden sind. Dieser Vertragsinhalt blieb durch den Betriebsübergang auf die Beklagte gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB unverändert. Die von der Arbeitsrechtlichen Kommission am 10. Juli 2014 bzw. 8. Dezember 2014 wirksam beschlossenen Entgelterhöhungen stehen dem Kläger darum auch über den von der Leistungsklage abgedeckten Zeitraum hinaus weiter zu. Eine Anpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage ist nicht vorzunehmen.

10

1. Der Arbeitsvertrag vom 14. August 1991 sieht die dynamische Geltung der AVR vor. Die Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Diakonischen Werk ist hierfür keine Voraussetzung.

11

a) Bei den Regelungen des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Darauf lässt schon das äußere Erscheinungsbild der formularmäßigen Vertragsgestaltung schließen (vgl. BAG 25. Juni 2015 - 6 AZR 383/14 - Rn. 23, BAGE 152, 82).

12

b) Der Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu ermitteln. Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen (BAG 23. März 2017 - 6 AZR 705/15 - Rn. 14). Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Diese Grundsätze finden auch auf die Auslegung von Bezugnahmeklauseln auf kirchliche Regelungswerke wie die AVR Anwendung (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07  - Rn. 12 , BAGE 135, 163; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 17, BAGE 129, 1). Bei der Auslegung einer solchen Bezugnahmeklausel ist von der allgemeinen Funktion von Verweisungsklauseln im kirchlichen Arbeitsverhältnis auszugehen. Mangels normativer Geltung der AVR in privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen kann ihnen nur über Bezugnahmeklauseln Wirkung verschafft werden (vgl. BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 107, BAGE 143, 354; 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 18). Diese sind grundsätzlich dahin auszulegen, dass sie dem kirchlichen Arbeitsrecht im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis umfassend Geltung verschaffen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 29 mwN, BAGE 141, 16). Typischerweise liegt es im Interesse beider Vertragsparteien, dass das kirchliche Arbeitsrecht durch eine dynamische Bezugnahmeklausel in seiner jeweiligen Fassung zur Anwendung gebracht wird (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 44 ff., BAGE 142, 247).

13

c) Eine solche Bezugnahme ist hier erfolgt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 sind die AVR in ihrer jeweils gültigen Fassung Bestandteil des Arbeitsverhältnisses. Diese dynamische Bezugnahmeklausel wurde zu einem wirksamen Vertragsbestandteil (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 38 ff., BAGE 142, 247).

14

d) Die dynamische Geltung der AVR setzt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht voraus, dass die Arbeitgeberin dem Diakonischen Werk angehört.

15

aa) Dies lässt sich den arbeitsvertraglichen Regelungen nicht entnehmen.

16

(1) Die Bezugnahme steht nicht unter der auflösenden Bedingung der Kirchenzugehörigkeit der Arbeitgeberseite. Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt nach § 158 Abs. 2 BGB mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein. Aus § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 kann auch in Verbindung mit der Präambel nicht geschlossen werden, dass die AVR bei Entfall des Anschlusses der Arbeitgeberin an das Diakonische Werk nicht mehr oder nur noch statisch zur Anwendung kommen sollen.

17

(a) Die Präambel des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 stellt klar, dass der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. als damaliger Vertragspartner dem Diakonischen Werk angeschlossen war und dessen Einrichtung der Verwirklichung des gemeinsamen Werkes christlicher Nächstenliebe dient. Der Arbeitsvertrag wurde auf der Grundlage dieser Zielsetzung geschlossen. Der Beklagten ist zuzugestehen, dass diese spezifisch kirchliche Grundlage des Arbeitsverhältnisses von einer Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Diakonischen Werk ausgeht. Die folgende Inbezugnahme der AVR in § 2 des Arbeitsvertrags entsprach der Verpflichtung des Rechtsvorgängers der Beklagten aus dem Arbeitsrechtsregelungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (ARRG-EKD) vom 10. November 1988 (ABl. EKD S. 366; vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 29, BAGE 141, 16).

18

(b) Eine Beendigung der dynamischen Inbezugnahme der AVR für den Fall, dass die Arbeitgeberin nicht mehr dem Diakonischen Werk angehört, ist jedoch weder der Präambel noch § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 zu entnehmen. Beide Vertragsbestandteile gehen vielmehr von unveränderten Verhältnissen aus und befassen sich nicht mit dem Entfall der arbeitgeberseitigen Kirchenzugehörigkeit, zum Bespiel in der Konstellation eines Betriebsübergangs auf einen nichtkirchlichen Arbeitgeber. Gegen die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung iSd. § 158 Abs. 2 BGB spricht auch, dass es keinen vertraglich vereinbarten früheren Rechtszustand gäbe, welcher ex nunc wieder eintreten könnte(vgl. demgegenüber zur nach § 3 Abs. 3 TVG gesetzlich angeordneten Nachbindung an einen Tarifvertrag BAG 5. Juli 2017 - 4 AZR 867/16 - Rn. 31). Eine nur statische Geltung der AVR ist vertraglich ebenso wenig vorgesehen wie die Bezugnahme eines anderen Regelungssystems bei Entfall der Kirchenzugehörigkeit der Arbeitgeberseite. Folglich gilt die vereinbarte Inbezugnahme der AVR als grundlegende Regelung des Vertragsinhalts auch bei einer Veränderung der Verhältnisse auf Arbeitgeberseite (vgl. zur Weitergeltung einer Inbezugnahme der AVR bei Gesellschafterwechsel BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 20 ff.). Die in der Literatur (Seel FA 2017, 66, 68) vertretene Auffassung, wonach ein Wegfall der kirchlichen Trägerschaft ein Ende der dynamischen Geltung der AVR nach sich ziehen müsse, weil der Geltungsgrund für die Dynamik die Qualität des Arbeitgebers als kirchlicher Arbeitgeber sei, dem der sog. „Dritte Weg“ als Instrument für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen eröffnet sei, ist mit dem Wortlaut der hier zu beurteilenden Vertragsregelungen daher nicht vereinbar.

19

(2) § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 ist auch keine zur Beendigung der Dynamik führende Gleichstellungsabrede. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

20

(a) Nach der früheren Rechtsprechung galt die - widerlegbare - Vermutung, es gehe einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten Beschäftigten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Die Rechtsprechung ging davon aus, mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel sollte lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags für alle Beschäftigten zu kommen. Daraus wurde die Konsequenz gezogen, ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder aus den Begleitumständen bei Vertragsschluss seien im Fall der normativen Gebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeklauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik gehe nur so weit, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reiche, sie ende also dann, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden sei (vgl. BAG 24. Februar 2016 - 4 AZR 990/13 - Rn. 29; 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 f. mwN).

21

(b) Diese Rechtsprechung wurde für vertragliche Bezugnahmeklauseln, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Eine individualvertragliche Klausel, die ihrem Wortlaut nach ohne Einschränkung auf einen bestimmten Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung verweist, ist im Regelfall nunmehr dahingehend auszulegen, dass dieser Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung gelten soll und dass diese Geltung nicht von Faktoren abhängt, die nicht im Vertrag genannt oder sonst für beide Parteien ersichtlich zur Voraussetzung gemacht worden sind (vgl. BAG 5. Juli 2017 - 4 AZR 867/16 - Rn. 22 f.; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29, BAGE 122, 74). Die Auslegungsregel wird lediglich aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln angewendet, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform vereinbart worden sind (vgl. BAG 7. Dezember 2016 - 4 AZR 414/14 - Rn. 31 mwN).

22

(c) Die hier auszulegende Bezugnahmeklausel wurde zwar am 14. August 1991 und somit weit vor dem 1. Januar 2002 vereinbart. Die vertragliche Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen wie der AVR kann jedoch generell nicht als Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung verstanden werden. Da die AVR immer nur anwendbar sind, wenn dies in dem betreffenden Arbeitsverhältnis vereinbart ist, kann deren vertragliche Inbezugnahme nie den eine derartige Auslegung erklärenden Grund einer Gleichbehandlung von organisierten und nicht organisierten Arbeitnehmern haben (so Bepler ZAT 2016, 145, 148; im Ergebnis ebenso LAG Berlin-Brandenburg 24. Februar 2012 - 6 Sa 1943/11 - zu 2.1.2 der Gründe; Klein jurisPR-ArbR 45/2016 Anm. 1; Klumpp ZMV 2017, 239, 242; von Tiling ZTR 2017, 11, 13). Es gibt keine Gewerkschaftsmitgliedschaft, die zu einer normativen Wirkung der AVR gemäß § 4 Abs. 1 TVG führen könnte und somit auch kein Gleichstellungsbedürfnis im dargestellten Sinne. Die von der Revision angeführte „kollektivvertraglichen Regelungen vergleichbare Situation“ des vormaligen kirchlichen Arbeitgebers, der durch seine Mitgliedschaft im Diakonischen Werk an die AVR gebunden gewesen sei, ist daher ohne Belang.

23

bb) Auf den von den AVR für sich selbst definierten Geltungsbereich kommt es folglich nicht an. Die Geltung der AVR gründet sich allein auf die dargestellte vertragliche Inbezugnahme (vgl. Bepler ZAT 2016, 145, 149; Klein jurisPR-ArbR 45/2016 Anm. 1; Klumpp ZMV 2017, 239, 241).

24

2. Die dynamische Inbezugnahme der AVR blieb durch den Betriebsübergang auf die Beklagte zum 1. Januar 2014 unberührt. Weder das nationale Recht noch die Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer bei Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen privilegieren den Erwerb eines Betriebs- bzw. Betriebsteils von einem kirchlichen Träger.

25

a) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Die aus in Bezug genommenen Tarifverträgen herrührenden individualvertraglichen Rechte und Pflichten gehören zum Inhalt des nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übergehenden Arbeitsverhältnisses(vgl. BAG 20. Juni 2012 - 4 AZR 656/10 - Rn. 22). Im Fall eines Betriebsübergangs wird der Erwerber so gestellt, als hätte er die dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegenden privatautonomen Willenserklärungen des Veräußerers gegenüber dem Arbeitnehmer selbst abgegeben und die Vereinbarungen in eigener Person, dh. mit der Verweisung auf ein bestimmtes Tarifwerk oder Teile davon in der jeweiligen Fassung abgeschlossen und zum Inhalt des Arbeitsvertrags gemacht. Dabei bleibt der individualvertragliche Charakter der in Bezug genommenen Kollektivregelungen erhalten (BAG 17. Juni 2015 - 4 AZR 61/14 (A) - Rn. 15, BAGE 152, 12).

26

b) Davon zu unterscheiden ist die statische Aufrechterhaltung kollektivrechtlich geregelter Arbeitsbedingungen durch die sog. Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB(zur statischen Fortgeltung vgl. AR/Bayreuther 8. Aufl. § 613a BGB Rn. 63; ErfK/Preis 17. Aufl. § 613a BGB Rn. 117; HWK/Willemsen/Müller-Bonanni 7. Aufl. § 613a BGB Rn. 265). Diese bezieht sich nur auf vor dem Betriebsübergang normativ geltende Regelungen (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 24; 16. Mai 2012 - 4 AZR 320/10 - Rn. 21 mwN). Vertragliche Rechtspositionen, auch wenn sie in einer privatautonomen Einbeziehung von Tarifrecht ihren Grund haben, gehen ohne Weiteres und uneingeschränkt nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB über. Sie werden auch nicht nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB durch einen beim Betriebserwerber geltenden Tarifvertrag abgelöst, weil sich diese Vorschrift nur auf § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB bezieht(vgl. BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 23, BAGE 136, 184). Dies gilt auch für § 613a Abs. 1 Satz 4 BGB(vgl. BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 70 ff., BAGE 130, 237).

27

c) Die mit einem kirchlichen Arbeitgeber vereinbarte Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen behält im Fall eines Betriebsübergangs als vertragliche Regelung gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber dem Betriebserwerber ihre Wirkung(vgl. bereits BAG 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - zu III 3 b der Gründe, BAGE 101, 9). Dies gilt auch dann, wenn ein kirchlicher Betriebserwerber nicht mehr ein Anstellungsträger im Sinne der in Bezug genommenen Dienstvertragsordnung ist (BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 31, BAGE 141, 16) oder der Betriebserwerber nicht mehr der Kirche zuzuordnen ist (vgl. Bepler jurisPR-ArbR 34/2016 Anm. 2; Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 7. Aufl. § 5 Rn. 31; Krings Der Betriebsübergang gem. § 613a BGB im kirchlichen Arbeitsrecht S. 118). Das Regelungssystem des § 613a Abs. 1 Satz 2 bis Satz 4 BGB ist weder direkt noch analog auf vertraglich in Bezug genommene kirchliche Arbeitsrechtsregelungen anwendbar, da diese vor dem Betriebsübergang keine normative Wirkung hatten(vgl. BAG 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - aaO). Es besteht auch kein Anlass, Betriebserwerber, die an die Dynamik einzelvertraglich vereinbarter AVR gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gebunden sind, durch das „Einfrieren“ dieser Regelungen auf den zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs vorliegenden Stand im Ergebnis so zu stellen, als sei eine Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB erfolgt. Dies lässt sich auch nicht aus der Funktion kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen, welche einheitliche Arbeitsbedingungen bezwecken (BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 27, BAGE 135, 163), ableiten. Der Betriebsübergang kann hier nicht dazu führen, dass zuvor einheitlich behandelte Arbeitnehmer nunmehr unterschiedlichen Regelungen unterfallen, je nachdem, ob eine dynamische Inbezugnahme als Vertragsrecht weiter gilt oder eine statische Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB eingreift. Eine Differenzierung zwischen tarifgebundenen und nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern, wie sie eine Gleichstellungsabrede verhindern will, erfolgt aus den genannten Gründen nicht. Auch nach einem Betriebsübergang auf einen sog. weltlichen Betriebserwerber bestehen die ursprünglich mit dem kirchlichen Arbeitgeber vereinbarten einheitlichen Arbeitsbedingungen.

28

d) Der Betriebserwerber ist deshalb jedenfalls bezogen auf die Entgeltansprüche der übernommenen Arbeitnehmer auch an eine vereinbarte Dynamik der Inbezugnahme gebunden. Der nichtkirchliche Betriebserwerber wird durch die Bindung an die dynamische Bezugnahmeklausel nicht unter Verstoß gegen unionsrechtliche Vorgaben in seiner unternehmerischen Freiheit beeinträchtigt (vgl. hierzu EuGH 11. September 2014 - C-328/13  - [Österreichischer Gewerkschaftsbund] Rn. 29; 18. Juli 2013 -  C-426/11  - [Alemo-Herron ua.] Rn33 ff.). Mit Urteil vom 27. April 2017 (- C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 22 f.) hat der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden, dass Art. 3 der Richtlinie 2001/23/EG in Verbindung mit Art. 16 GRC der dynamischen Fortgeltung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel im Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber nicht entgegensteht, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsieht. Solche Möglichkeiten bietet die deutsche Rechtsordnung in Form der einvernehmlichen Vertragsänderung und der Änderungskündigung nach § 2 KSchG(vgl. BAG 30. August 2017 - 4 AZR 95/14 - Pressemitteilung Nr. 35/17).

29

3. Entgegen der Ansicht der Beklagten entbindet sie der Umstand, dass der Kläger ihr Angebot abgelehnt hat, künftig den für sie geltenden Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwenden, nicht davon, eine Änderungskündigung zu erklären, wenn sie ihre dynamische Bindung an die vertraglich in Bezug genommenen AVR beenden will. Die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB, auf die die Beklagte sich im Ergebnis beruft, kann sie nur im Wege der Änderungskündigung geltend machen.

30

a) §§ 1, 2 KSchG sind gegenüber einer Anpassung nach § 313 BGB lex specialis. Sachverhalte, die zu einer Störung oder dem Wegfall der Geschäftsgrundlage geführt haben, sind dabei allerdings im Rahmen der §§ 2, 1 Abs. 2 KSchG zu würdigen(BAG 5. Juni 2014 - 2 AZR 615/13 - Rn. 23, BAGE 148, 227).

31

b) Unter welchen Voraussetzungen eine Änderungskündigung zum Zwecke der „Entdynamisierung“ einer Bezugnahmeklausel sozial gerechtfertigt ist, bedarf im vorliegenden Fall schon mangels Erklärung einer Änderungskündigung keiner Entscheidung (vgl. zu dieser Problematik: Bayreuther NJW 2017, 2158, 2159; Busch/Gerlach BB 2017, 2356, 2360; Eylert/Schinz RdA 2017, 140, 145; Hartmann EuZA 2017, 521, 532; Wißmann/Niklas NZA 2017, 697, 701). Darum besteht auch kein Anlass, sich näher mit der Frage zu befassen, ob und unter welchen Umständen die Fortgeltung der dynamischen Inbezugnahme der AVR nach einem Betriebsübergang auf einen weltlichen Erwerber zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage führen würde und wie ein solcher Umstand bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Änderungskündigung zu würdigen wäre. Jedenfalls machen die Kostensteigerungen, die durch die dynamische Weitergeltung der AVR eintreten und die die Beklagte nach ihrem Vortrag bei den Kostenträgern nicht refinanzieren kann, der Beklagten das unveränderte Festhalten an dem Arbeitsvertrag, in dessen Inhalt sie nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB eingetreten ist, vorliegend nicht unzumutbar. Das folgt bereits daraus, dass sie nicht geltend macht, sie habe vergeblich versucht, unter Hinweis auf die Rechtslage bei dem Kostenträger eine Änderung zu erwirken. Es kann daher dahinstehen, ob und unter welchen Umständen Kostensteigerungen, die der Erwerber bei seiner Entscheidung, einen Betrieb zu übernehmen, nicht einkalkuliert hat, zu einer Störung der Geschäftsgrundlage führen können oder Teil des von ihm zu tragenden unternehmerischen Risikos bleiben. Insbesondere kann dahinstehen, ob es für eine Störung der Geschäftsgrundlage ausreicht, wenn in einem auf unbegrenzte Zeit eingegangenen Dauerschuldverhältnis wie dem Arbeitsverhältnis das geschuldete Arbeitsentgelt zu einer dauerhaften Verlustsituation führt (zum Vorliegen einer zur Vertragsanpassung führenden Äquivalenzstörung im Dauerschuldverhältnis nur bei einer dauerhaften, auf billigerweise nicht vorauszusehenden Umständen beruhenden Verlustsituation BGH 19. April 1978 - VIII ZR 182/76 - zu II 2 b der Gründe).

32

4. Der Fall bietet auch keine Veranlassung zu klären, welchen Inhalt das Arbeitsverhältnis der Parteien in Bezug auf die in § 2 und § 3 AVR enthaltenen allgemeinen und besonderen Dienstpflichten hat. Insbesondere kann offenbleiben, welchen Inhalt die Loyalitätspflichten nach dem Betriebsübergang aufweisen (vgl. zu den kirchlichen Loyalitätsanforderungen: BAG 28. Juli 2016 - 2 AZR 746/14 (A) - Rn. 14 ff., BAGE 156, 23; KR/Fischermeier 11. Aufl. Kirchl. ArbN Rn. 2 ff.) und ob die negative Religionsfreiheit eines Betriebserwerbers (Art. 4 GG) durch spezifisch kirchliche Regelungen verletzt sein kann (vgl. Klumpp ZMV 2017, 239, 240). Gegenstand des Rechtsstreits sind nur Vergütungsansprüche.

33

5. Die Revision rügt ohne Erfolg, dass das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft die Unbilligkeit der von der Arbeitsrechtlichen Kommission vorgenommenen Leistungsbestimmung nach § 319 Abs. 1 BGB verneint habe. Das Landesarbeitsgericht hat allerdings insoweit den Prüfungsmaßstab verkannt. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (seit BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 30 ff., BAGE 135, 163) unterliegen Arbeitsvertragsrichtlinien, die auf dem Dritten Weg gemäß den einschlägigen Organisations- und Verfahrensvorschriften entstanden sind, wie Tarifverträge nur einer Rechtskontrolle am Maßstab höherrangigen Rechts sowie der Kontrolle auf einen Verstoß gegen die guten Sitten, wenn sie von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen worden sind und deshalb nicht der Dienstgeberseite zugeordnet werden können. Dieser Rechtsfehler führt jedoch nicht zum Erfolg der Revision. Die Beklagte zeigt nicht auf, inwieweit die Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission vom 10. Juli 2014 und vom 8. Dezember 2014 höherrangiges Recht verletzen oder gegen die guten Sitten verstoßen könnten. Dafür ist auch keinerlei Anhaltspunkt ersichtlich. Das Landesarbeitsgericht hat darum im Ergebnis zutreffend erkannt, dass diese Beschlüsse wirksam sind.

34

6. Dem Kläger steht das eingeklagte Differenzentgelt auf das ihm gezahlte Grundentgelt und die Zuschläge nach der Anlage 9 zu den AVR (Zeitzuschlag für Überstunden, Überstundenentgelt, Zeitzuschlag für Sonntagsarbeit und Arbeiten an Wochenfeiertagen, die auf einen Sonntag fallen, sowie für Nachtarbeit) zu. Die Beklagte hat keine Einwendungen gegen die Richtigkeit der der Berechnung des Klägers zugrunde liegenden zuschlagspflichtigen Stunden erhoben.

35

7. Der Kläger kann nach § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB Verzugszinsen für die einzelnen monatlichen Differenzvergütungsbeträge jeweils ab dem 16. eines jeden Monats verlangen. Verzugszinsen sind nach § 187 Abs. 1 BGB ab dem Tag nach dem in den AVR bestimmten Zahltag zu entrichten(vgl. zu tariflichen Ansprüchen BAG 27. April 2017 - 6 AZR 459/16 - Rn. 37). Die Bezüge sind gemäß § 21a AVR am 15. eines jeden Monats (Zahltag) fällig.

36

II. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    C. Klar    

        

    Lauth    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 23. Juli 2015 - 8 Sa 542/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütungsansprüche für die Zeit von Oktober 2013 bis einschließlich Juni 2014.

2

Die Klägerin war ursprünglich seit dem 1. Februar 1981 bei der katholischen Kirchengemeinde S als Rechtsträgerin des S-Hospitals in H beschäftigt. Der Arbeitsvertrag vom 1. Februar 1981 lautet auszugsweise wie folgt:

        

„Caritas ist eine der Lebens- und Wesensäußerungen der Katholischen Kirche. Der obengenannte Rechtsträger [gemeint: katholische Kirchengemeinde S] ist dem Deutschen Caritasverband angeschlossen. Seine Einrichtung dient der Verwirklichung des gemeinsamen Werkes christlicher Nächstenliebe. Alle Mitarbeiter dieser Einrichtung leisten deshalb ihren Dienst in Anerkennung dieser Zielsetzung und bilden ohne Rücksicht auf ihre Tätigkeit und Stellung eine Dienstgemeinschaft.

        

Auf dieser Grundlage wird der folgende Vertrag geschlossen.

        

§ 1

        

… M wird ab 1. Febr. 1981 als Masseurin und med. Bademeisterin eingestellt.

        

…       

        

§ 2

        

Für das Dienstverhältnis gelten die ‚Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes‘ (AVR) in der zur Zeit des Vertragsabschlusses in der ‚Caritas-Korrespondenz‘ veröffentlichten und im Amtsblatt des Ortsbistums in Kraft gesetzten Fassung.

        

Die AVR sind Bestandteil des Dienstvertrages und haben dem Mitarbeiter zur Kenntnisnahme zur Verfügung gestanden.

        

Bei Änderungen der AVR gilt jeweils die in der ‚Caritas-Korrespondenz‘ veröffentlichte und im Amtsblatt des Ortsbistums in Kraft gesetzte Fassung, ohne daß es einer weiteren Vereinbarung bedarf. Auch insoweit ist dem Mitarbeiter Gelegenheit zur Kenntnisnahme gegeben.

        

…       

        

§ 4

        

a)    

Der Mitarbeiter wird in die Vergütungsgruppe 6, Ziffer b, Stufe 3 eingestuft. …“

3

Seit dem 1. August 1986 wurde die Klägerin wegen ihrer Bestellung zur Leiterin der Physikalischen Therapie nach Vergütungsgruppe 4a Ziff. 6 AVR bezahlt.

4

Zum 1. Juli 2006 ging das Arbeitsverhältnis im Rahmen eines Betriebsteilübergangs auf die M H GmbH & Co. KG über, welche den Funktionsbereich Physikalische Therapie übernommen hatte. Die Betriebserwerberin bot der Klägerin eine Änderung des Arbeitsvertrags an. Mit dieser sollte die bisherige Bezugnahme auf die AVR entfallen. Die Klägerin lehnte eine solche Vertragsänderung ab. Der Arbeitsvertrag blieb auch im Übrigen unverändert. Die Klägerin arbeitete nach dem Betriebsteilübergang weiterhin bei einer Wochenarbeitszeit von regelmäßig 38,5 Stunden für eine Bruttomonatsvergütung iHv. 3.623,82 Euro. Zum 1. Oktober 2013 ging der Betrieb der M H GmbH & Co. KG auf die Beklagte über.

5

Mit Schreiben vom 31. März 2014 hat die Klägerin für die Zeit ab Oktober 2013 eine monatliche Differenz von 373,60 Euro brutto zwischen dem geleisteten Entgelt von 3.623,82 Euro brutto und einer Vergütung nach Vergütungsgruppe 4a Stufe 10 AVR iHv. 3.997,42 Euro brutto verlangt. Die Beklagte hat diese Forderung abgelehnt. Die dynamische Inbezugnahme der AVR sei bereits mit dem ersten Betriebsübergang zum 1. Juli 2006 entfallen.

6

Die Klägerin hat mit ihrer Klage demgegenüber die Auffassung vertreten, die im Arbeitsvertrag vom 1. Februar 1981 vereinbarte dynamische Geltung der AVR sei durch die beiden Betriebsübergänge unberührt geblieben. Es handle sich um den durch § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB geschützten Vertragsinhalt. Dabei sei unbeachtlich, dass weder die M H GmbH & Co. KG noch die Beklagte dem Caritasverband angehörten. Eine solche Zugehörigkeit sei in der vertraglichen Regelung nicht zur Voraussetzung für die Geltung der AVR gemacht worden. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach die Inbezugnahme von Tarifverträgen in vor dem 1. Januar 2002 mit tarifgebundenen Arbeitgebern abgeschlossenen Arbeitsverträgen dahingehend zu verstehen sei, dass lediglich eine Gleichstellung von tarifgebundenen und tarifungebundenen Arbeitnehmern bezweckt gewesen sei und deshalb die Dynamik der Inbezugnahme mit Wegfall der Tarifbindung des Arbeitgebers ende, sei auf die hier vorliegende Inbezugnahme der AVR nicht übertragbar. Ein Bedürfnis für eine Gleichstellung von tarifgebundenen Gewerkschaftsmitgliedern und tarifungebundenen Arbeitnehmern sei schon deshalb nicht gegeben gewesen, weil es sich bei den AVR nicht um Tarifverträge handle, sondern um ein Regelwerk, welches nur aufgrund vertraglicher Vereinbarung zur Anwendung gebracht werden könne.

7

Die geltend gemachten Differenzvergütungsansprüche seien auch nicht deshalb verwirkt, weil sie erstmals mit Schreiben vom 31. März 2014 geltend gemacht wurden. Die bloße Nichterhebung einer Forderung bewirke keine Vertragsänderung. Zudem habe schon die M H GmbH & Co. KG nicht darauf vertrauen dürfen, dass dynamisierte Vergütungsansprüche nach dem Betriebsteilübergang am 1. Juli 2006 nicht geltend gemacht würden. Sie (die Klägerin) habe die angetragene Vertragsänderung, das heißt den Wegfall der Bezugnahme auf die AVR, nicht akzeptiert. Damit sei deutlich geworden, dass sie unverändert von einer dynamischen Geltung der AVR ausgehe. Eine Begrenzung des entsprechenden Forderungsrechts folge nur aus der in § 23 AVR enthaltenen Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit. Diese sei in dem Schreiben vom 31. März 2014 schon berücksichtigt worden, da nur Differenzvergütungsansprüche für die Zeit ab Oktober 2013 gefordert worden seien.

8

Bei einem monatlichen Differenzbetrag von 373,60 Euro ergebe sich für die Zeit bis einschließlich Juni 2014 ein Gesamtbetrag von 3.362,40 Euro brutto.

9

Die Klägerin hat daher beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.362,40 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

        

1.    

aus 373,60 Euro seit dem 1. November 2013,

        

2.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Dezember 2013,

        

3.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Januar 2014,

        

4.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Februar 2014,

        

5.      

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. März 2014,

        

6.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. April 2014,

        

7.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Mai 2014,

        

8.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Juni 2014 und

        

9.    

aus weiteren 373,60 Euro seit dem 1. Juli 2014

        

zu zahlen.

10

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass die AVR seit dem 1. Juli 2006 nur noch statisch zur Anwendung kommen könnten. Die Verweisungsklausel in § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 setze ersichtlich eine Zugehörigkeit des Arbeitgebers zum Caritasverband voraus. Diese sei bereits mit dem ersten Betriebsübergang am 1. Juli 2006 entfallen. Das Arbeitsverhältnis sei schon damals auf eine nichtkirchliche Arbeitgeberin übergegangen. Damit sei keine Grundlage mehr für eine dynamische Fortgeltung der AVR gegeben gewesen. Die vertragliche Inbezugnahme der AVR habe gleiche Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten erreichen sollen und sei deshalb einer Gleichstellungsabrede vergleichbar. Bei den AVR handle es sich zwar nicht um einen Tarifvertrag. Die Bindung der ursprünglich kirchlichen Arbeitgeberin an den Deutschen Caritasverband bei Abschluss des Arbeitsvertrags im Jahr 1981 entspreche aber einer Tarifbindung („tarifähnliche Bindung“). Dementsprechend sei der Übergang des Arbeitsverhältnisses auf eine nicht der Caritas zugehörige Arbeitgeberin der Privatwirtschaft vergleichbar mit dem Wegfall einer Tarifbindung auf Arbeitgeberseite. Dies bewirke - wie bei einer Gleichstellungsabrede - den Wegfall der Dynamisierung.

11

Eine zeitlich unbegrenzte Fortgeltung der dynamischen Inbezugnahme der AVR würde zudem gegen unionsrechtliche Vorgaben verstoßen. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) habe in der Rechtssache Alemo-Herron ua. (- C-426/11 -) am 18. Juli 2013 entschieden, dass die dynamische Inbezugnahme eines Tarifvertrags einen Betriebserwerber nicht binde, der keine Möglichkeit habe, an den künftigen Tarifvertragsverhandlungen teilzunehmen. Dies gelte auch bei einer dynamischen Verweisung auf die AVR im Fall eines Betriebsübergangs auf einen nichtkirchlichen Arbeitgeber. Ein solcher Arbeitgeber habe keine Möglichkeit, die Entwicklung der AVR zu beeinflussen.

12

Zudem wäre der geltend gemachte Anspruch verwirkt. Die Klägerin habe die Forderung nach einer dynamisierten AVR-Vergütung zwischen 2006 und der Einreichung der Klage im Jahr 2014 nicht erhoben. Schon die M H GmbH & Co. KG habe darauf vertrauen dürfen, dass eine solche Forderung auch künftig nicht geltend gemacht werde. Sie (die Beklagte) könne sich als weitere Betriebserwerberin hierauf berufen, da das Arbeitsverhältnis mit diesem Inhalt auf sie übergegangen sei.

13

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen.

15

I. Die Klage ist begründet. Die Klägerin kann die geltend gemachte Vergütung in zuletzt unstreitiger Höhe gemäß § 611 Abs. 1 BGB beanspruchen. Ihre Vergütung richtet sich gemäß § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 in dynamisierter Weise nach den AVR. Dieser Vertragsinhalt blieb durch die beiden Betriebsübergänge gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB unverändert. Die Geltendmachung der sich daraus ergebenden Ansprüche verstößt nicht gegen die Grundsätze von Treu und Glauben.

16

1. Der Arbeitsvertrag vom 1. Februar 1981 sieht die dynamische Geltung der AVR vor. Die Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Caritasverband ist hierfür keine Voraussetzung.

17

a) Bei den Regelungen des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Darauf lässt schon das äußere Erscheinungsbild der formularmäßigen Vertragsgestaltung schließen (vgl. BAG 25. Juni 2015 - 6 AZR 383/14 - Rn. 23, BAGE 152, 82).

18

b) Der Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu ermitteln. Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen (BAG 23. März 2017 - 6 AZR 705/15 - Rn. 14). Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Diese Grundsätze finden auch auf die Auslegung von Bezugnahmeklauseln auf kirchliche Regelungswerke wie die AVR Anwendung (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07  - Rn. 12 , BAGE 135, 163; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 17, BAGE 129, 1). Bei der Auslegung einer solchen Bezugnahmeklausel ist von der allgemeinen Funktion von Verweisungsklauseln im kirchlichen Arbeitsverhältnis auszugehen. Mangels normativer Geltung der AVR in privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen kann ihnen nur über Bezugnahmeklauseln Wirkung verschafft werden (vgl. BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 107, BAGE 143, 354; 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 18). Diese sind grundsätzlich dahin auszulegen, dass sie dem kirchlichen Arbeitsrecht im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis umfassend Geltung verschaffen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 29 mwN, BAGE 141, 16). Typischerweise liegt es im Interesse beider Vertragsparteien, dass das kirchliche Arbeitsrecht durch eine dynamische Bezugnahmeklausel in seiner jeweiligen Fassung zur Anwendung gebracht wird (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 44 ff., BAGE 142, 247).

19

c) Eine solche Bezugnahme ist hier erfolgt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 sind die AVR in ihrer jeweiligen Fassung Bestandteil des Arbeitsverhältnisses. Bei Änderungen gilt die aktuelle Fassung nach ihrer Veröffentlichung „ohne dass es einer weiteren Vereinbarung bedarf“. Diese dynamische Bezugnahmeklausel wurde zu einem wirksamen Vertragsbestandteil (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 38 ff., BAGE 142, 247).

20

d) Die dynamische Geltung der AVR setzt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht voraus, dass die Arbeitgeberin dem Caritasverband angehört.

21

aa) Dies lässt sich den arbeitsvertraglichen Regelungen nicht entnehmen.

22

(1) Die Bezugnahme steht nicht unter der auflösenden Bedingung der Kirchenzugehörigkeit der Arbeitgeberseite. Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt nach § 158 Abs. 2 BGB mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein. Aus § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 kann auch in Verbindung mit der Präambel nicht geschlossen werden, dass die AVR bei Entfall der Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Caritasverband nicht mehr oder nur noch statisch zur Anwendung kommen sollen.

23

(a) Die Präambel des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 stellt klar, dass die katholische Kirchengemeinde als damalige Vertragspartnerin dem Deutschen Caritasverband angeschlossen war und dessen Einrichtung der Verwirklichung des gemeinsamen Werks christlicher Nächstenliebe dient. Der Arbeitsvertrag wurde auf der Grundlage dieser Zielsetzung geschlossen. Der Beklagten ist zuzugestehen, dass diese spezifisch kirchliche Grundlage des Arbeitsverhältnisses von einer Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Caritasverband ausgeht. Die folgende Inbezugnahme der AVR in § 2 des Arbeitsvertrags entspricht der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse(vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 34, BAGE 142, 247).

24

(b) Eine Beendigung der dynamischen Inbezugnahme der AVR für den Fall, dass die Arbeitgeberin nicht mehr dem Caritasverband angehört, ist jedoch weder der Präambel noch § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 zu entnehmen. Beide Vertragsbestandteile gehen vielmehr von unveränderten Verhältnissen aus und befassen sich nicht mit dem Entfall der arbeitgeberseitigen Kirchenzugehörigkeit, zB in der Konstellation eines Betriebsübergangs auf einen nichtkirchlichen Arbeitgeber. Gegen die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung iSd. § 158 Abs. 2 BGB spricht auch, dass es keinen vertraglich vereinbarten früheren Rechtszustand gäbe, welcher ex nunc wieder eintreten könnte(vgl. demgegenüber zur nach § 3 Abs. 3 TVG gesetzlich angeordneten Nachbindung an einen Tarifvertrag BAG 5. Juli 2017 - 4 AZR 867/16 - Rn. 31). Eine nur statische Geltung der AVR ist vertraglich ebenso wenig vorgesehen wie die Bezugnahme eines anderen Regelungssystems bei Entfall der Kirchenzugehörigkeit der Arbeitgeberseite. Folglich gilt die vereinbarte Inbezugnahme der AVR als grundlegende Regelung des Vertragsinhalts auch bei einer Veränderung der Verhältnisse auf Arbeitgeberseite (vgl. zur Weitergeltung einer Inbezugnahme der AVR bei Gesellschafterwechsel BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 20 ff.). Die in der Literatur (Seel FA 2017, 66, 68) vertretene Auffassung, wonach ein Wegfall der kirchlichen Trägerschaft ein Ende der dynamischen Geltung der AVR nach sich ziehen müsse, weil der Geltungsgrund für die Dynamik die Qualität des Arbeitgebers als kirchlicher Arbeitgeber sei, dem der sog. „Dritte Weg“ als Instrument für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen eröffnet sei, ist mit dem Wortlaut der hier zu beurteilenden Vertragsregelungen nicht vereinbar.

25

(2) § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 1981 ist auch keine zur Beendigung der Dynamik führende Gleichstellungsabrede. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

26

(a) Nach der früheren Rechtsprechung galt die - widerlegbare - Vermutung, es gehe einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten Beschäftigten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Die Rechtsprechung ging davon aus, mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel sollte lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags für alle Beschäftigten zu kommen. Daraus wurde die Konsequenz gezogen, ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder aus den Begleitumständen bei Vertragsschluss seien im Fall der normativen Gebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeklauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik gehe nur so weit, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reiche, sie ende also dann, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden sei (vgl. BAG 24. Februar 2016 - 4 AZR 990/13 - Rn. 29; 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 f. mwN).

27

(b) Diese Rechtsprechung wurde für vertragliche Bezugnahmeklauseln, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Eine individualvertragliche Klausel, die ihrem Wortlaut nach ohne Einschränkung auf einen bestimmten Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung verweist, ist im Regelfall nunmehr dahingehend auszulegen, dass dieser Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung gelten soll und dass diese Geltung nicht von Faktoren abhängt, die nicht im Vertrag genannt oder sonst für beide Parteien ersichtlich zur Voraussetzung gemacht worden sind (vgl. BAG 5. Juli 2017 - 4 AZR 867/16 - Rn. 22 f.; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29, BAGE 122, 74). Die Auslegungsregel wird lediglich aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln angewendet, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform vereinbart worden sind (vgl. BAG 7. Dezember 2016 - 4 AZR 414/14 - Rn. 31 mwN).

28

(c) Die hier auszulegende Bezugnahmeklausel wurde zwar am 1. Februar 1981 und somit weit vor dem 1. Januar 2002 vereinbart. Die vertragliche Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen wie der AVR kann jedoch generell nicht als Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung verstanden werden. Da die AVR immer nur anwendbar sind, wenn dies in dem betreffenden Arbeitsverhältnis vereinbart ist, kann deren vertragliche Inbezugnahme nie den eine derartige Auslegung erklärenden Grund einer Gleichbehandlung von organisierten und nicht organisierten Arbeitnehmern haben (so Bepler ZAT 2016, 145, 148; im Ergebnis ebenso LAG Berlin-Brandenburg 24. Februar 2012 - 6 Sa 1943/11 - zu 2.1.2 der Gründe; Klein jurisPR-ArbR 45/2016 Anm. 1; Klumpp ZMV 2017, 239, 242; von Tiling ZTR 2017, 11, 13). Es gibt keine Gewerkschaftsmitgliedschaft, die zu einer normativen Wirkung der AVR gemäß § 4 Abs. 1 TVG führen könnte und somit auch kein Gleichstellungsbedürfnis im dargestellten Sinne. Die von der Revision angeführte „tarifähnliche Bindung“ der vormaligen kirchlichen Arbeitgeberin ist daher ohne Belang.

29

bb) Auf den von den AVR für sich selbst definierten Geltungsbereich kommt es folglich nicht an. Die Geltung der AVR gründet sich allein auf die dargestellte vertragliche Inbezugnahme (vgl. Bepler ZAT 2016, 145, 149; Klein jurisPR-ArbR 45/2016 Anm. 1; Klumpp ZMV 2017, 239, 241).

30

2. Die dynamische Inbezugnahme der AVR blieb durch die beiden Betriebsübergänge zum 1. Juli 2006 und 1. Oktober 2013 unberührt. Weder das nationale Recht noch die Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen privilegieren den Erwerb eines Betriebs bzw. eines Betriebsteils von einem kirchlichen Träger.

31

a) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Die aus in Bezug genommenen Tarifverträgen herrührenden individualvertraglichen Rechte und Pflichten gehören zum Inhalt des nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übergehenden Arbeitsverhältnisses(vgl. BAG 20. Juni 2012 - 4 AZR 656/10 - Rn. 22). Im Fall eines Betriebsübergangs wird der Erwerber so gestellt, als hätte er die dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegenden privatautonomen Willenserklärungen des Veräußerers gegenüber dem Arbeitnehmer selbst abgegeben und die Vereinbarungen in eigener Person, dh. mit der Verweisung auf ein bestimmtes Tarifwerk oder Teile davon in der jeweiligen Fassung abgeschlossen und zum Inhalt des Arbeitsvertrags gemacht. Dabei bleibt der individualvertragliche Charakter der in Bezug genommenen Kollektivregelungen erhalten (BAG 17. Juni 2015 - 4 AZR 61/14 (A) - Rn. 15, BAGE 152, 12).

32

b) Davon zu unterscheiden ist die statische Aufrechterhaltung kollektivrechtlich geregelter Arbeitsbedingungen durch die sog. Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB(zur statischen Fortgeltung vgl. AR/Bayreuther 8. Aufl. § 613a BGB Rn. 63; ErfK/Preis 17. Aufl. § 613a BGB Rn. 117; HWK/Willemsen/Müller-Bonanni 7. Aufl. § 613a BGB Rn. 265). Diese bezieht sich nur auf vor dem Betriebsübergang normativ geltende Regelungen (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 24; 16. Mai 2012 - 4 AZR 320/10 - Rn. 21 mwN). Vertragliche Rechtspositionen, auch wenn sie in einer privatautonomen Einbeziehung von Tarifrecht ihren Grund haben, gehen ohne Weiteres und uneingeschränkt nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB über. Sie werden auch nicht nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB durch einen beim Betriebserwerber geltenden Tarifvertrag abgelöst, weil sich diese Vorschrift nur auf § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB bezieht(vgl. BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 23, BAGE 136, 184). Dies gilt auch für § 613a Abs. 1 Satz 4 BGB(vgl. BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 70 ff., BAGE 130, 237).

33

c) Die mit einem kirchlichen Arbeitgeber vereinbarte Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen behält im Fall eines Betriebsübergangs als vertragliche Regelung gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber dem Betriebserwerber ihre Wirkung(vgl. bereits BAG 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - zu III 3 b der Gründe, BAGE 101, 9). Dies gilt auch dann, wenn ein kirchlicher Betriebserwerber nicht mehr ein Anstellungsträger im Sinne der in Bezug genommenen Dienstvertragsordnung ist (BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 31, BAGE 141, 16) oder der Betriebserwerber nicht mehr der Kirche zuzuordnen ist (vgl. Bepler jurisPR-ArbR 34/2016 Anm. 2; Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 7. Aufl. § 5 Rn. 31; Krings Der Betriebsübergang gem. § 613a BGB im kirchlichen Arbeitsrecht S. 118). Das Regelungssystem des § 613a Abs. 1 Satz 2 bis Satz 4 BGB ist weder direkt noch analog auf vertraglich in Bezug genommene kirchliche Arbeitsrechtsregelungen anwendbar, da diese vor dem Betriebsübergang keine normative Wirkung hatten(vgl. BAG 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - aaO). Es besteht kein Anlass, Betriebserwerber, die an die Dynamik einzelvertraglich vereinbarter AVR gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gebunden sind, durch das „Einfrieren“ dieser Regelungen auf den zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs vorliegenden Stand im Ergebnis so zu stellen, als sei eine Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB erfolgt. Dies lässt sich auch nicht aus der Funktion kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen, welche einheitliche Arbeitsbedingungen bezwecken (BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 27, BAGE 135, 163), ableiten. Der Betriebsübergang kann hier nicht dazu führen, dass zuvor einheitlich behandelte Arbeitnehmer nunmehr unterschiedlichen Regelungen unterfallen, je nachdem, ob eine dynamische Inbezugnahme als Vertragsrecht weiter gilt oder eine statische Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB eingreift. Eine Differenzierung zwischen tarifgebundenen und nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern, wie sie eine Gleichstellungsabrede verhindern will, erfolgt aus den genannten Gründen nicht. Auch nach einem Betriebsübergang auf einen sog. weltlichen Betriebserwerber bestehen die ursprünglich mit dem kirchlichen Arbeitgeber vereinbarten einheitlichen Arbeitsbedingungen.

34

d) Der Betriebserwerber ist deshalb jedenfalls bezogen auf die Entgeltansprüche der übernommenen Arbeitnehmer auch an eine vereinbarte Dynamik der Inbezugnahme gebunden. Der nichtkirchliche Betriebserwerber wird durch die Bindung an die dynamische Bezugnahmeklausel nicht unter Verstoß gegen unionsrechtliche Vorgaben in seiner unternehmerischen Freiheit beeinträchtigt (vgl. hierzu EuGH 11. September 2014 - C-328/13  - [Österreichischer Gewerkschaftsbund] Rn. 29; 18. Juli 2013 -  C-426/11  - [Alemo-Herron ua.] Rn. 33  ff.). Mit Urteil vom 27. April 2017 (- C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 22 f.) hat der EuGH entschieden, dass Art. 3 der Richtlinie 2001/23/EG in Verbindung mit Art. 16 GRC der dynamischen Fortgeltung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel im Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber nicht entgegensteht, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsieht. Solche Möglichkeiten bietet die deutsche Rechtsordnung in Form der einvernehmlichen Vertragsänderung und der Änderungskündigung nach § 2 KSchG(vgl. BAG 30. August 2017 - 4 AZR 95/14 - Pressemitteilung Nr. 35/17). Unter welchen Voraussetzungen eine Änderungskündigung zum Zwecke der „Entdynamisierung“ einer Bezugnahmeklausel sozial gerechtfertigt ist, bedarf im vorliegenden Fall schon mangels Erklärung einer Änderungskündigung keiner Entscheidung (vgl. zu dieser Problematik: Bayreuther NJW 2017, 2158, 2159; Busch/Gerlach BB 2017, 2356, 2360; Eylert/Schinz RdA 2017, 140, 145; Hartmann EuZA 2017, 521, 532; Wißmann/Niklas NZA 2017, 697, 701).

35

e) Es besteht hier auch keine Veranlassung zu klären, welchen Inhalt das Arbeitsverhältnis der Parteien in Bezug auf die in § 4 und § 5 AVR enthaltenen allgemeinen und besonderen Dienstpflichten hat. Insbesondere kann offenbleiben, welchen Inhalt die Loyalitätspflichten nach dem Betriebsübergang aufweisen (vgl. zu den kirchlichen Loyalitätsanforderungen: BAG 28. Juli 2016 - 2 AZR 746/14 (A) - Rn. 14 ff., BAGE 156, 23; KR/Fischermeier 11. Aufl. Kirchl. ArbN Rn. 2 ff.) und ob die negative Religionsfreiheit eines Betriebserwerbers (Art. 4 GG) durch spezifisch kirchliche Regelungen verletzt sein kann (vgl. Klumpp ZMV 2017, 239, 240). Gegenstand des Rechtsstreits sind nur Vergütungsansprüche.

36

3. Der streitgegenständliche Entgeltdifferenzanspruch der Klägerin ist auch nicht verwirkt.

37

a) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Sie hat nicht den Zweck, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen (Zeitmoment). Es müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Der Berechtigte muss unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (vgl. BAG 26. Oktober 2016 - 5 AZR 168/16 - Rn. 41, BAGE 157, 116).

38

b) Jedenfalls ein solches Umstandsmoment liegt hier nicht vor.

39

aa) Die Klägerin war weder verpflichtet, die dynamisierte Vergütung nach AVR von der M H GmbH & Co. KG oder der Beklagten zu fordern, noch ergibt sich aus der insoweit widerspruchslosen Durchführung des Arbeitsverhältnisses seitens des Klägerin eine vertrauensbegründende Verhaltensweise (vgl. BAG 21. Oktober 2015 - 4 AZR 649/14 - Rn. 45). Im Gegenteil hat die Klägerin gegenüber der M H GmbH & Co. KG eine Änderung ihres Arbeitsvertrags abgelehnt und damit deutlich gemacht, dass sie an der dynamischen Inbezugnahme der AVR und den sich daraus ergebenden Ansprüchen festhalten will.

40

bb) Eine Verwirkung scheidet zudem aus, weil von der Beklagten keine Umstände vorgebracht wurden, welche die Annahme rechtfertigten, der Beklagten sei es aufgrund eigener Dispositionen unzumutbar geworden, die Ansprüche der Klägerin zu erfüllen (vgl. BAG 22. März 2017 - 5 AZR 424/16 - Rn. 24). Die statische Anwendung der AVR wird bereits langjährig praktiziert und ist offensichtlich auch ohne Kirchenzugehörigkeit durchführbar. Letztlich wendet sich die Beklagte nur gegen die mit der Dynamisierung verbundene Kostensteigerung. Sie belegt aber nicht, dass diese Belastung ein nicht mehr tragbares Ausmaß angenommen hat. Der bloße Umstand, dass wegen der Nichtinbezugnahme der AVR in Arbeitsverträgen anderer Beschäftigter zwei Vergütungssysteme im Betrieb bestehen, führt nicht zur Unzumutbarkeit der Fortgeltung der fraglichen Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag der Klägerin. Diese Aufspaltung ist die Folge des Bestandschutzes nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB.

41

4. Folglich hat die Klägerin gemäß § 611 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf die geltend gemachte Differenzvergütung in unstreitiger Höhe. Sie kann nach § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB Verzugszinsen für die einzelnen monatlichen Differenzvergütungsbeträge jeweils ab dem ersten Tag des Folgemonats verlangen. Verzugszinsen sind nach § 187 Abs. 1 BGB ab dem Tag nach dem in den AVR bestimmten Zahltag zu entrichten(vgl. zu tariflichen Ansprüchen BAG 27. April 2017 - 6 AZR 459/16 - Rn. 37). Nach Abschnitt X Unterabschnitt (a) Satz 1 der Anlage 1 zu den AVR (Vergütungsordnung) sind die Bezüge, die in Monatsbeträgen festgelegt sind, für den Kalendermonat zu berechnen und dem Mitarbeiter so rechtzeitig zu zahlen, dass er am letzten Werktag des Kalendermonats über sie verfügen kann. Ausgehend von einer Einordnung des Samstags als Werktag führt dies bezogen auf alle streitgegenständlichen Monate zu einem Beginn des Zinslaufs am ersten Tag des Folgemonats.

42

II. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel     

        

        

        

    Lauth    

        

    C. Klar     

                 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 10. Dezember 2013 - 8 Sa 512/13 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anwendbarkeit des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (im Folgenden TVöD) und des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (im Folgenden TVÜ-VKA) auf ihr Arbeitsverhältnis.

2

Die Klägerin, die Mitglied der Gewerkschaft ver.di ist, wurde zum 7. April 1986 vom Kreis O, der Träger des Dkrankenhauses in L und Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbands war, als Stationshilfe für dieses Krankenhaus eingestellt. In § 2 des Arbeitsvertrags vom 19. März 1986 heißt es:

        

„Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Vorschriften des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-GII) vom 31.01.1962 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen. Außerdem finden die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung, sofern beiderseitige Tarifbindung vorliegt.“

3

Ende 1995 wurden das Dkrankenhaus und das gleichfalls vom Kreis O betriebene Kreiskrankenhaus S nach §§ 168 ff. UmwG auf die Kreiskliniken L-S GmbH (im Folgenden KLS GmbH) ausgegliedert, die gleichfalls Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband war.

4

Die KLS GmbH übertrug ihren Wirtschafts- und Versorgungsdienst mit Wirkung zum 31. Dezember 1997 auf die Kreiskliniken L-S Service-GmbH i.G. (im Folgenden KLS Service-GmbH i.G.). Beide Gesellschaften sowie der Betriebsrat der KLS GmbH schlossen am 4. November 1997 einen Personalüberleitungsvertrag (im Folgenden PÜV 1997), der auszugsweise wie folgt lautete:

        

Präambel

        

…       

        

Zur Absicherung des Besitzstandes der von der Ausgliederung betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sämtlich von der Service-GmbH übernommen werden, wird folgender

        

PERSONALÜBERLEITUNGSVERTRAG

        

vereinbart:

                 
        

§ 1     

        

Ausgliederung

        

1.    

Die Bereiche von KLS, in denen bislang Aufgaben des Wirtschafts- und Versorgungsdienstes wahrgenommen worden sind und die sich im einzelnen aus Anlage 1 ergeben, werden am Stichtag in die Service-GmbH ausgegliedert.

        

2.    

Die Arbeitsverhältnisse sämtlicher betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in Anlage 2 namentlich aufgelistet sind, gehen am Stichtag gemäß § 613a BGB im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf die Service-GmbH über.

        

…       

        

§ 2     

        

Arbeitsverhältnisse und Besitzstand

        

1.    

Die Service-GmbH tritt in die am Stichtag bestehenden Arbeitsverhältnisse einschließlich allen daraus erworbenen Rechten und Pflichten mit den in der Anlage 2 aufgeführten betroffenen KLS-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die auf die Service-GmbH übergehen, ein.

        

2.    

Für die Angestellten gilt weiterhin der Bundes-Angestellten-Tarifvertrag (‚BAT‘) vom 23.02.1961 in seiner jeweils geltenden Fassung einschließlich der den BAT ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge.

        

3.    

Für die Arbeiter/Arbeiterinnen gilt weiterhin der Bundesmanteltarifvertrag (‚BMT-G II‘) für Arbeiter/Arbeiterinnen gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe vom 31.01.1962 in der jeweils geltenden Fassung einschließlich der den BMT-G II ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge.

        

…       

        

7.    

Zuschläge, insbesondere für Erschwernis und Schichtarbeit, werden entsprechend den Vorschriften des BAT und des BMT-G II in ihrer jeweils gültigen Fassung für die in der Anlage 2 aufgeführten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiter gewährt, sofern die tatsächlichen Voraussetzungen der tariflichen Bestimmungen für diese Zuschläge jeweils erfüllt sind.

        

...     

        

§ 10   

        

Bekanntgabe des Personalüberleitungsvertrages

        

1.    

Jeder betroffenen Mitarbeiterin und jedem betroffenen Mitarbeiter wird ein Exemplar dieses Vertrages rechtzeitig zum Stichtag ausgehändigt.

        

2.    

Ein weiteres Exemplar dieses Vertrages wird zur Personalakte genommen und wird bei Zustimmung der Mitarbeiterin/des Mitarbeiters hinsichtlich der auf sie/ihn jeweils zutreffenden Vorschriften Bestandteil des jeweiligen Arbeitsvertrages.“

5

Das Arbeitsverhältnis der Klägerin, die dem Bereich Wäscheversorgung (Anlage 1 zum PÜV 1997) angehörte und in der Anlage 2 des PÜV 1997 namentlich aufgeführt war, ging am 31. Dezember 1997 auf die KLS Service-GmbH i.G. über. Der Personalüberleitungsvertrag wurde ihr übergeben. Die später in KLS F M GmbH (im Folgenden KLS FM GmbH) umfirmierte Arbeitgeberin, die zu keinem Zeitpunkt Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbands war, erbrachte bis zum Jahr 2003 alle tariflichen Leistungen nach dem BMT-G II und gab insbesondere die jeweiligen tariflichen Lohnerhöhungen an die Klägerin weiter. Die tariflichen Entgeltsteigerungen zum 1. Januar und 1. Mai 2004 gab sie nicht weiter, wandte jedoch nach wie vor die Regelungen des BMT-G II an. Hieran änderte sich auch durch das Inkrafttreten des TVöD am 1. Oktober 2005 nichts.

6

Mit Blick auf eine weitere geplante Umstrukturierung des Unternehmens schlossen die KLS FM GmbH, der bei ihr gebildete Betriebsrat, die A Klinik S GmbH (im Folgenden AKS) und die Beklagte am 18. Juni 2008 einen Interessenausgleich, wonach die KLS FM GmbH das Unternehmen aufspalten und bestimmte Betriebsteile in andere Gesellschaften innerhalb des A Konzerns ausgliedern werde. Die Klägerin ist in der Anlage zum Interessenausgleich als hiervon betroffene Arbeitnehmerin namentlich aufgeführt.

7

Dieselben Vertragsparteien schlossen am 18./20./23. Juni 2008 einen Personalüberleitungsvertrag (im Folgenden PÜV 2008), in dem die Beklagte als „ADG“ und die KLS FM GmbH als „FMG“ bezeichnet ist. Dort heißt es:

        

Präambel

        

…       

        

Zur Absicherung des Besitzstands der von der Ausgliederung betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die von der AKS bzw. der ADG übernommen werden, wird in Ergänzung zu dem betreffenden Interessenausgleich folgender

        

Personalüberleitungsvertrag

        

vereinbart.

        

§ 1     

        

Ausgliederung

        

1.    

        

Der Bereich ‚Reinigung Klinikum L‘ wird im Wege des Teilbetriebsübergangs in die ADG verlagert.

        

2.    

        

Die Bereiche ‚Reinigung Klinikum S und ‚Technik S‘ sowie ‚Technik L‘ inklusive Gärtner werden im Wege des Teilbetriebsübergangs in die AKS verlagert.

        

Die Arbeitsverhältnisse sämtlicher betroffener Arbeitnehmer, die in der Anlage zum Interessenausgleich namentlich aufgelistet sind, gehen am Stichtag gemäß § 613 a BGB im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf die AKS bzw. ADG über.

        

3.    

        

Die betroffenen Arbeitnehmer wechseln mit allen arbeitsvertraglichen Rechten und Pflichten aus dem zum Zeitpunkt des Teilbetriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnis in die jeweils übernehmende Gesellschaft. Damit gehen einzelvertragliche Regelungen, Gesamtzusagen und betriebliche Übungen über.

        

4.    

        

Zuschläge, insbesondere für Erschwernis und Schichtarbeit, werden entsprechend den Vorschriften des BAT und des BMT-G II in ihrer jeweils gültigen Fassung für die Mitarbeiter der Bereiche ‚Technik‘, die in die AKS wechseln, weiter gewährt, sofern die tatsächlichen Voraussetzungen der tariflichen Bestimmungen für die Zuschläge jeweils erfüllt sind.

        

…       

        

6.    

        

Betriebsvereinbarungen der FMG werden von ADG vollumfänglich anerkannt und angewandt. Dazu gehört auch der Personalüberleitungsvertrag von den Kreiskliniken L-S an die FMG.

        

…       

        

§ 3     

        

Bekanntgabe des Personalüberleitungsvertrags/ Schlussbestimmungen

        

Jedem betroffenen Arbeitnehmer wird ein Exemplar dieses Vertrags vor Betriebsübergang rechtzeitig ausgehändigt. Ein weiteres Exemplar dieses Vertrags wird zur Personalakte genommen und wird bei Zustimmung des Arbeitnehmers hinsichtlich der auf sie/ihn jeweils zutreffenden Vorschriften Bestandteil des jeweiligen Arbeitsvertrags.“

8

Mit Wirkung zum 1. Juli 2008 ging der Bereich „Reinigung Klinikum L“, dem auch die Klägerin namentlich zugeordnet war, auf die Beklagte über.

9

Die Beklagte wandte auf das nunmehr mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis weiterhin die Vorschriften des BMT-G II an.

10

In den Jahren 2007 bis 2009 fanden Tarifverhandlungen über den Abschluss eines Konzerntarifvertrags statt. Die Gewerkschaft ver.di forderte im Ergebnis erfolglos den Abschluss eines Tarifvertrags auf Basis des TVöD, der für alle A Kliniken gelten sollte.

11

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, auf ihr Arbeitsverhältnis seien der TVöD und der TVÜ-VKA in der jeweiligen Fassung anwendbar. Der PÜV 1997 habe den Arbeitnehmern die Wahlmöglichkeit zwischen der statischen und der dynamischen Weitergeltung des BMT-G II eingeräumt. Durch Aufnahme ihrer Tätigkeit bei der KLS FM GmbH habe sie die dynamische Fortgeltung gewählt. Sie habe ihr Recht, sich auf die Anwendbarkeit des TVöD und des TVÜ-VKA zu berufen, nicht verwirkt. Ihre Untätigkeit in den Jahren 2007 bis 2009 sei darauf zurückzuführen, dass sie das Ergebnis der Tarifvertragsverhandlungen abgewartet habe.

12

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass auf ihr Arbeitsverhältnis seit dem 1. Juli 2008 die Vorschriften des TVöD und der diesen ergänzenden Tarifverträge sowie des TVÜ-VKA in ihren jeweils gültigen Fassungen Anwendung finden.

13

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel sei als Gleichstellungsabrede auszulegen. Folglich komme nach Wegfall der Tarifgebundenheit durch den Übergang von der KLS GmbH auf die KLS FM GmbH im Jahre 1997 nur der BMT-G II zur Anwendung. Der PÜV 1997 habe lediglich den Besitzstand der Gleichstellungsabrede wahren sollen. Eine dynamische Tarifanwendung hätten die Arbeitsvertragsparteien nicht - auch nicht konkludent - vereinbart. Ein etwaiges Wahlrecht habe die Klägerin nicht, jedenfalls nicht rechtzeitig, ausgeübt. Der PÜV 1997 stelle damit einen Vertrag zu Lasten Dritter dar und verstoße überdies gegen das Gebot der Rechtsquellenklarheit. Die vorübergehende Weitergabe der Tariflohnerhöhungen bis zum Jahr 2003 sei nicht als Angebot auf eine dauerhafte dynamische Tarifanwendung zu verstehen. Die Annahme der Leistungen sei allenfalls als Einverständnis mit der jeweiligen Gehaltserhöhung zu verstehen gewesen. Ferner verstoße die Annahme eines Übergangs einer dynamischen Verweisungsklausel gegen Unionsrecht, namentlich Art. 3 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (RL 2001/23/EG) iVm. Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC). Vorsorglich hat sie sich auf die tariflichen Ausschlussfristen, Verjährung und Verwirkung berufen.

14

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision hat die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt. Der Senat hat dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mit Beschluss vom 17. Juni 2015 - 4 AZR 95/14 (A) - sinngemäß die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob Art. 3 RL 2001/23/EG iVm. Art. 16 GRC der dynamischen Anwendung von Tarifverträgen aufgrund einer - dynamischen - Bezugnahmeklausel nach einem Betriebsübergang entgegensteht, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsieht. Der EuGH hat diese Frage mit Urteil vom 27. April 2017 - C-680/15 und C-681/15 - verneint.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist zulässig und begründet.

16

A. Die Klage ist als sog. Elementenfeststellungsklage (sh. nur BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 26 ff., BAGE 131, 176; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, BAGE 128, 165) zulässig. Insbesondere besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Durch die gerichtliche Entscheidung kann der Streit der Parteien über die - dynamische - Anwendbarkeit des TVöD und der diesen ergänzenden Tarifverträge sowie des TVÜ-VKA auf ihr Arbeitsverhältnis insgesamt beseitigt und das Rechtsverhältnis der Parteien im Umfang des gestellten Antrags geklärt werden (zu diesem Erfordernis BAG 21. April 2010 - 4 AZR 755/08 - Rn. 21 mwN).

17

B. Die Klage ist auch begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der TVöD und der TVÜ-VKA in ihrer jeweiligen Fassung Anwendung finden.

18

I. Bereits vor dem Betriebs(teil)übergang auf die Beklagte am 1. Juli 2008 fanden auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme der TVöD nebst den diesen ergänzenden Tarifverträgen sowie der TVÜ-VKA in ihren jeweils gültigen Fassungen Anwendung.

19

1. Nach dem Arbeitsvertrag vom 19. März 1986 richtete sich das Arbeitsverhältnis der damaligen Vertragsparteien nach den Vorschriften des BMT-G II „und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen“. Bei dieser Bezugnahmeregelung handelt es sich um eine Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.

20

a) Nach dieser Rechtsprechung waren bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an den in einer arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel bezeichneten Tarifvertrag - anders als bei nicht tarifgebundenen Arbeitgebern - diese Klauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen, auch ohne dass dies im Wortlaut der Vereinbarung irgendeinen Niederschlag hätte finden müssen. Dies beruhte auf der Vorstellung, dass mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden soll, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags zu kommen und damit - bei deren genereller Verwendung - zu dessen Verbindlichkeit für die Arbeitsverhältnisse aller Beschäftigten (vgl. nur BAG 1. Dezember 2004 - 4 AZR 50/04 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 113, 40; 25. September 2002 - 4 AZR 294/01 - zu II 2 f bb der Gründe, BAGE 103, 9). Danach reichte die vereinbarte Dynamik des Tarifvertrags nur so weit wie die normative Geltung im Arbeitsverhältnis eines tarifgebundenen Arbeitnehmers. Sie endete daher dann, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden war. Gleiches galt für den Fall eines Übergangs des Arbeitsverhältnisses auf einen nicht tarifgebundenen Erwerber. Ab diesem Zeitpunkt waren die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch anzuwenden (st. Rspr., sh. nur BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 f. mwN).

21

Diese Auslegungsregel hält der Senat seit 2007 nicht mehr aufrecht. Er wendet sie aus Gründen des Vertrauensschutzes aber weiterhin auf die Verweisungsklauseln in Arbeitsverträgen an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 abgeschlossen worden sind (st. Rspr., vgl. nur BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 18, BAGE 138, 269; 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 18 und 22 jeweils mwN, BAGE 132, 261; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 45 ff., BAGE 122, 74).

22

b) Da die im Arbeitsvertrag der Klägerin enthaltene Verweisungsklausel im Jahr 1986 vereinbart worden ist und die damalige Arbeitgeberin tarifgebunden war, kam für dessen Auslegung weiterhin die frühere Senatsrechtsprechung zum Tragen. Danach handelte es sich bei der Bezugnahmeklausel - ursprünglich - um eine Gleichstellungsabrede. Sie verwies auf die fachlich einschlägigen Tarifverträge, die für die damalige Arbeitgeberin normativ galten. Die - dynamische - Bezugnahme stand damit unter der auflösenden Bedingung ihrer fortbestehenden Tarifgebundenheit.

23

2. Anlässlich der Ausgliederung des Wirtschafts- und Versorgungsbereichs der Klinik auf die - später als KLS FM GmbH firmierende - Rechtsvorgängerin der Beklagten zum 31. Dezember 1997 hat diese mit der Klägerin vereinbart, dass der BMT-G II einschließlich der ihn ersetzenden Tarifverträge auf ihr Arbeitsverhältnis weiterhin dynamisch anwendbar sein sollte.

24

a) In der Übergabe des Personalüberleitungsvertrags im Zusammenhang mit dem Übergang des Arbeitsverhältnisses der Klägerin auf die - spätere - KLS FM GmbH liegt das Angebot der Betriebsübernehmerin, die in diesem Schriftstück enthaltenen Regelungen über die auch künftige dynamische Anwendbarkeit des BMT-G II zum Gegenstand des Arbeitsverhältnisses zu machen.

25

aa) Der Zweck des PÜV 1997 war ausweislich der Präambel die „Absicherung des Besitzstandes“ für die Arbeitnehmer der übergehenden Arbeitsverhältnisse. Dieser Regelungsgehalt wurde durch § 2 Abs. 3 PÜV 1997 für die Arbeiter und Arbeiterinnen dahingehend spezifiziert, dass für sie - wie im bisherigen Arbeitsverhältnis - weiterhin der BMT-G II dynamisch anwendbar sein sollte.

26

bb) Die Klägerin durfte insoweit auch von einem auf eine konstitutive einzelvertragliche Vereinbarung gerichteten Rechtsbindungswillen der KLS FM GmbH ausgehen.

27

(1) § 2 Abs. 3 PÜV 1997 enthält eine Verpflichtung der KLS FM GmbH, auf die Arbeitsverhältnisse der Arbeiterinnen und Arbeiter auch weiterhin die Regelungen des BMT-G II in der jeweils geltenden Fassung einschließlich der diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge anzuwenden. Nach § 10 Abs. 1 PÜV 1997 war jedem betroffenen Mitarbeiter ein Exemplar des Vertrags rechtzeitig zum Stichtag, dh. mit Übergang des Arbeitsverhältnisses auszuhändigen. Gem. § 10 Abs. 2 PÜV 1997 sollten die jeweils auf den Mitarbeiter zutreffenden Vorschriften, dh. insbesondere die Verweisung auf den BMT-G II oder auf den BAT, unter dem Vorbehalt seiner Zustimmung Bestandteil des Arbeitsvertrags werden.

28

Damit ergibt sich bereits aus dem Wortlaut, dass die von der KLS FM GmbH eingegangene Verpflichtung zur weiteren Anwendung der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes nicht nur gegenüber den anderen Parteien des PÜV 1997, sondern auch und gerade unmittelbar gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern einzelvertraglich wirksam werden sollte, sofern diese zustimmen. Auch die Beklagte selbst hat dies letztlich in beiden Instanzen eingeräumt, indem sie es beispielsweise in der Berufungsbegründung als unstreitig bezeichnete, „dass die Aushändigung des Personalüberleitungsvertrages 1997 als Angebot zur Weiterführung des BAT/BMT-GII“ zu werten war und entsprechend auch praktisch durchgeführt wurde, wobei sich nach ihrer Auffassung die Dynamik jedoch nicht auf den TVöD und den TVÜ-VKA erstrecken sollte.

29

Auf die Frage, welche Rechtsqualität dem PÜV 1997 beizumessen (zB Vertrag zu Gunsten Dritter) und ob dieser wirksam zustande gekommen ist (insbes. betr. die hinreichende „Rechtsquellenklarheit“), kommt es daher nicht an. Er dient insoweit lediglich der Dokumentation des Inhalts der Willenserklärung und des hierauf bezogenen Rechtsbindungswillens der KLS FM GmbH gegenüber der Klägerin.

30

(2) Der in der Übergabe des PÜV 1997 im Zusammenhang mit seinen einzelnen Regelungen zum Ausdruck kommende Rechtsbindungswille der KLS FM GmbH bestand auch gegenüber der Klägerin. Diese war vom Anwendungsbereich des PÜV 1997 erfasst. Sie gehörte zum Bereich der Wäscheversorgung und war in der Anlage 2 zum PÜV 1997 namentlich aufgeführt.

31

cc) Der Antrag der KLS FM GmbH an die Klägerin erfolgte ohne die auflösende Bedingung ihrer eigenen Tarifgebundenheit im Sinne einer Gleichstellungsabrede. Der Antrag ist deshalb schon nach der alten Rechtsprechung des Senats zur Gleichstellungsabrede wie bei jedem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber auch schon vor dem 1. Januar 2002 nach seinem Wortlaut und dem Empfängerverständnis als „unbedingte“ dynamische Verweisung auszulegen.

32

Demgegenüber ist die Erwägung, der PÜV 1997 habe lediglich - statische - bestandsschützende Wirkung entfalten sollen, nicht durchgreifend. Zum einen hätte der PÜV 1997 - ungeachtet seiner Rechtsqualität - dann insoweit keinerlei eigenständige Bedeutung gehabt, da er sich bei dieser Auslegung auf die bloße Beschreibung der Rechtswirkungen des § 613a Abs. 1 BGB iVm. § 324 UmwG beschränkt hätte. Zum andern war die KLS FM GmbH zu keinem Zeitpunkt tarifgebunden. Wollte man die von der Revision vertretene Auslegung des Antrags zugrunde legen, hätte man eine ausdrückliche Vereinbarung unter eine auflösende Bedingung gestellt, die gar nicht erst zum Entstehen der Vereinbarung geführt hätte und - bildlich - schon vor dem Antrag „eingetreten“ war.

33

b) Die Klägerin hat den so verstandenen Antrag angenommen.

34

aa) Die Annahme eines Antrags ist eine einseitige Willenserklärung, die unter den Voraussetzungen des § 151 BGB nicht empfangsbedürftig ist. Nach § 151 BGB kommt der Vertrag durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder wenn der Antragende auf sie verzichtet hat. Im Streitfall hat die KLS FM GmbH auf die Erklärung der Annahme durch die Arbeitnehmer - so auch der Klägerin - verzichtet. Sie hat insbesondere weder eine Unterzeichnung der neuen Vertragsbedingungen verlangt noch hat sie ersichtlich in anderer Weise zum Ausdruck gebracht, sämtliche Arbeitnehmer müssten die nach § 10 Abs. 2 PÜV 1997 erforderliche Zustimmung ausdrücklich oder gar schriftlich erteilen.

35

bb) Das Landesarbeitsgericht ist ohne revisiblen Rechtsfehler zu der Auffassung gelangt, die Klägerin habe das Angebot einer unbedingten dynamischen Bezugnahme auf den BMT-G II konkludent angenommen.

36

(1) Allerdings liegt die Annahmehandlung entgegen der Auffassung der Klägerin nicht bereits in dem unterbliebenen Widerspruch gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses. Darin kommt lediglich zum Ausdruck, das Arbeitsverhältnis als solches mit der KLS FM GmbH fortsetzen zu wollen. Über die Vertragsbedingungen, zu denen das Arbeitsverhältnis fortgeführt werden soll, sagt dieses Verhalten nichts aus.

37

(2) Das Landesarbeitsgericht hat jedoch angenommen, durch die widerspruchslose Entgegennahme der durch die KLS FM GmbH bis zum Jahr 2003 weitergegebenen Tariferhöhungen habe die Klägerin das Angebot konkludent angenommen. Ein revisibler Rechtsfehler ist insoweit nicht zu erkennen (zu der eingeschränkten Überprüfbarkeit der Auslegung atypischer Willenserklärungen vgl. nur BAG 17. Mai 2011 - 9 AZR 189/10 - Rn. 26 mwN, BAGE 138, 48). Das Landesarbeitsgericht hat die Rechtsvorschriften über die Auslegung von Willenserklärungen (§§ 133, 157 BGB) richtig angewandt, Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet und den Tatsachenstoff vollständig verwertet. In dem Verhalten der Klägerin lag nicht nur ein - als Annahmeerklärung regelmäßig nicht ausreichendes - Schweigen auf den Antrag, sondern die tatsächliche Durchführung der geänderten Vertragsbedingungen (vgl. BAG 25. November 2009 - 10 AZR 779/08 - Rn. 27). Angesichts der von der KLS FM GmbH ausdrücklich unterbreiteten Offerte einer dynamischen Verweisung auf einen für sie normativ nicht geltenden Tarifvertrag liegt in der praktischen Umsetzung sowohl der zu dieser Zeit geltenden Tarifbestimmungen als auch gerade ihrer dynamischen Änderungen „in der Zeit“ nicht nur die Entgegennahme der einzelnen konkreten Tariferhöhung, sondern gleichzeitig die Annahme der angetragenen - dynamischen - Verweisungsklausel durch die Klägerin. Das Verhalten der Arbeitgeberin musste sich ihr gerade als Erfüllung der hieraus erwachsenen und schriftlich dokumentierten vertraglichen Verpflichtungen darstellen. Dies hat im Streitfall überdies deshalb eine besondere Bedeutung, weil die erste der nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts von der Arbeitgeberin weitergegebenen Tarifänderungen nach dem Betriebsübergang vom 31. Dezember 1997 bereits mit Wirkung zum 1. Januar 1998 eintrat. Zu diesem Zeitpunkt trat eine Erhöhung der Monatstabellenlöhne durch den den BMT-G II ergänzenden Monatslohntarifvertrag Nr. 25 vom 5. Mai 1998 rückwirkend in Kraft.

38

(3) Die Annahme durch die Klägerin ist auch rechtzeitig erfolgt. Nach § 151 Satz 2 BGB bestimmt sich der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden. Im Streitfall ergeben sich weder aus dem PÜV 1997 noch aus dem erkennbaren Verhalten der KLS FM GmbH Anhaltspunkte für eine Annahmefrist. Aus den Umständen folgt, dass der Antrag jedenfalls so lange aufrechterhalten bleiben sollte, bis die Vertragsänderung praktische Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis haben würde. Mit der tatsächlichen Durchführung hat die Klägerin den Antrag rechtzeitig konkludent angenommen.

39

c) Diese Arbeitsbedingungen sind entgegen der Revision vor dem weiteren Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte im Jahr 2008 nicht etwa konkludent dahingehend abgeändert worden, dass der BMT-G II nur noch mit seinem Stand vom Jahr 2003 anwendbar sein sollte. Vor dem Hintergrund des ausdrücklichen Angebots der Arbeitgeberin in § 2 Abs. 3 PÜV 1997 zur Vereinbarung einer dynamischen Bezugnahmeklausel und dessen Annahme durch die Klägerin konnte diese die bloße unterbliebene Weitergabe der Dynamik ab 2004, dh. ein lediglich faktisches Verhalten mangels abweichender Anhaltspunkte nur als nicht vertragsgemäße Erfüllung der arbeitgeberseitigen Leistungspflicht, nicht hingegen als Antrag auf Vertragsänderung verstehen. Dies gilt umso mehr, als die - geleistete - Entgelterhöhung im Jahr 2003 auf demselben Entgelttarifvertrag beruhte wie die - nicht geleisteten - Entgelterhöhungen des Jahres 2004. In § 4 des Monatslohntarifvertrags Nr. 28 zum BMT-G vom 31. Januar 2003 (MLT Nr. 28) sind stufenweise drei Lohnerhöhungen vorgesehen, die ab 1. Januar 2003, ab 1. Januar 2004 und ab 1. Mai 2004 erfolgen sollten. Die Umsetzung der ersten Stufe durch die KLS FM GmbH reihte sich aus verständiger Arbeitnehmersicht in die auch bislang erfolgten Entgeltanpassungen an die Tarifentwicklung ein und stellte damit eine weitere Erfüllung der dynamischen Verpflichtungen der Arbeitgeberin dar. Dass die auf derselben Tarifregelung beruhenden weiteren Entgelterhöhungen zum 1. Januar und 1. Mai 2004 von der Arbeitgeberin nicht mehr weitergegeben worden sind, konnte unter diesen Umständen nicht als eigenständiges Vertragsangebot gewertet werden, sondern lediglich als „Abbruch“ der bereits teilweise erfüllten Verpflichtung aus dem MLT Nr. 28 und damit als schlichte Nichterfüllung.

40

d) Die zwischen der Klägerin und der KLS FM GmbH vereinbarte dynamische Verweisungsklausel erfasst auch den TVöD und den TVÜ-VKA. Bei dem TVöD handelt es sich um einen den BMT-G II ersetzenden Tarifvertrag iSd. vertraglichen Bezugnahmeklausel. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Spiegelstrich 4 TVÜ-VKA ersetzt der TVöD/VKA den BMT-G II(vgl. zur entsprechenden Ersetzung des BAT ausf. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 22, BAGE 130, 286). Dabei bedarf es keines Rückgriffs auf die - hier tatsächlich fehlende - Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien für eine zwingende Auslegung der Verweisungsklausel. Diese steht einer solchen Auslegung, die im Einzelfall häufig naheliegen wird und auch im Streitfall zutreffend ist, allerdings auch nicht entgegen. Für eine ergänzende Vertragsauslegung fehlt es deshalb bereits an der Voraussetzung einer Regelungslücke, so dass nicht entschieden werden muss, ob nicht auch hier dasselbe Auslegungsergebnis einträte.

41

II. Die damit zwischen der KLS FM GmbH und der Klägerin arbeitsvertraglich vereinbarte dynamische Verweisungsklausel ist durch die Ausgliederung und Übertragung des Bereichs „Reinigung Klinikum L“ zum 1. Juli 2008 unverändert auf die Beklagte übergegangen.

42

1. Gem. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gehen die Rechte und Pflichten des Veräußerers aus einem zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis auf den Erwerber über. Der Erwerber wird so gestellt, als hätte er die dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegenden Willenserklärungen, also auch die, ein bestimmtes Tarifwerk in seiner jeweiligen Fassung zum Inhalt des Arbeitsvertrags zu machen, selbst gegenüber dem übernommenen Arbeitnehmer abgegeben (st. Rspr., vgl. nur BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - Rn. 23, BAGE 132, 169; 7. November 2007 - 5 AZR 1007/06 - Rn. 15, BAGE 124, 345). Nach § 324 UmwG bleibt § 613a BGB durch die Wirkung einer Spaltung unberührt. Dass im Streitfall die Tatbestandsvoraussetzungen von § 613a Abs. 1 BGB vorliegen, wird von den Vorinstanzen und den Parteien zu Recht nicht angezweifelt.

43

2. Damit ist auch die zwischen der KLS FM GmbH und der Klägerin vertraglich vereinbarte dynamische Verweisung auf den BMT-G II bzw. den TVöD und den TVÜ-VKA Bestandteil des ab dem 1. Juli 2008 zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses geworden. Eine dynamische Bezugnahmeklausel geht als vertragliche Vereinbarung zwischen dem Veräußerer und dem Arbeitnehmer regelmäßig auf das nach dem Betriebsübergang bestehende Arbeitsverhältnis mit dem Erwerber nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB unter Aufrechterhaltung der Dynamik über(st. Rspr., ausf. BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - Rn. 14 ff., BAGE 132, 169).

44

3. Diesem Ergebnis steht Unionsrecht nicht entgegen. Die Bindung des Erwerbers eines Betriebs an die von dessen Veräußerer mit dem Arbeitnehmer individualrechtlich vereinbarte dynamische Bezugnahme auf einen Tarifvertrag verstößt nicht gegen unionsrechtliche Regelungen, namentlich Art. 3 RL 2001/23/EG iVm. Art. 16 GRC.

45

a) Mit Urteil vom 27. April 2017 (- C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt]) hat der EuGH auf Vorlage des erkennenden Senats (BAG 17. Juni 2015 - 4 AZR 95/14 (A) -) entschieden, dass die RL 2001/23/EG iVm. Art. 16 GRC der dynamischen Fortgeltung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel im Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber nicht entgegensteht, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsieht.

46

b) Solche sowohl einvernehmlichen als auch einseitigen Anpassungsmöglichkeiten sieht die deutsche Rechtsordnung vor.

47

aa) Eine einvernehmliche Änderung der Arbeitsvertragsbedingungen ist - wie in jedem Arbeitsverhältnis - grundsätzlich auch nach einem Betriebsübergang möglich.

48

(1) § 613a BGB hindert Arbeitnehmer und Betriebsübernehmer nicht, nach einem Betriebsübergang die vertraglichen Arbeitsbedingungen einvernehmlich abzuändern. So kann auch einzelvertraglich die mit dem Betriebsveräußerer vereinbarte Dynamik der Bezugnahmeklausel abbedungen werden. Insbesondere bedarf eine nach dem Betriebsübergang getroffene Vergütungsvereinbarung nicht wegen möglicher Umgehung des § 613a BGB eines sie rechtfertigenden Sachgrundes(st. Rspr. seit BAG 7. November 2007 - 5 AZR 1007/06 - Rn. 12, BAGE 124, 345). Soweit das Gesetz in § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB eine Sperrfrist von einem Jahr für die - auch einvernehmliche - Verschlechterung der Arbeitsbedingungen vorsieht, gilt dies ausschließlich für diejenigen Rechte und Pflichten, die vor dem Betriebsübergang zwischen Veräußerer und Arbeitnehmer aufgrund eines normativ geltenden Tarifvertrags oder einer Betriebsvereinbarung verbindlich waren.

49

(2) Die Möglichkeit einer einvernehmlichen Vertragsänderung hat entgegen der Auffassung der Revision auch nicht nur theoretische Bedeutung. In der Praxis nimmt nicht selten ein Großteil der Arbeitnehmer einen aus deren Sicht nachvollziehbar begründeten - kollektiven - Antrag auf Vertragsänderung an. So haben etwa in dem der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 26. Juni 2008 (- 2 AZR 139/07 -) zugrunde liegenden Fall 439 der 447 betroffenen Arbeitnehmer und damit 97 vH der Belegschaft das vom Arbeitgeber unterbreitete Änderungsangebot mit dem Ziel der Realisierung eines Sanierungskonzepts angenommen (ähnlich bei BAG 1. April 2009 - 10 AZR 353/08 -: 96 vH der Arbeitnehmer für die Anhebung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 auf 40 Stunden ohne Entgeltausgleich). Auch in dem der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 7. Juni 2017 (- 1 ABR 32/15 -) zugrunde liegenden Sachverhalt hatten 96 vH der Arbeitnehmer einer Änderungsvereinbarung ua. mit einem Verzicht auf Leistungsentgeltanteile und Sonderzahlungen sowie einer Reduzierung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich gegen einen befristeten Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen zugestimmt.

50

bb) Auch die vom EuGH weiter geforderte Möglichkeit einer einseitigen Arbeitsvertragsänderung ist gesetzlich vorgesehen. Der Arbeitgeber kann gem. § 2 KSchG einzelne Arbeitsbedingungen durch die Erklärung einer Änderungskündigung abändern. Dass eine solche im Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes sozial gerechtfertigt sein muss (§ 1 Abs. 2 KSchG), ist mit der vom EuGH in den Rechtssachen Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt und Alemo-Herron ua. (EuGH 27. April 2017 - C-680/15 und C-681/15 - und 18. Juli 2013 - C-426/11 -) vorgenommenen Auslegung der RL 2001/23/EG vereinbar.

51

(1) Der EuGH verlangt, der Erwerber müsse in der Lage sein, die für die Fortsetzung seiner Tätigkeit „erforderlichen“ Anpassungen vorzunehmen (EuGH 18. Juli 2013 - C-426/11 - [Alemo-Herron ua.] Rn. 25; 27. April 2017 - C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 22). Damit unterliegen die vom Erwerber angestrebten Änderungen jedenfalls nicht seiner einseitigen freien Entscheidung, sondern müssen dem Kriterium der Erforderlichkeit genügen (so auch Bayreuther NJW 2017, 2158, 2159; Klein jurisPR-ArbR 20/2017 Anm. 1, D II). Hierzu hat der EuGH dem Unionsrecht keine bestimmten materiell-rechtlichen Kriterien entnommen, denen die Anpassungsmöglichkeit nach nationalem Recht genügen müsse. Für den Streitfall hat der Gerichtshof zudem ausdrücklich angenommen, die vom vorlegenden Senat dargestellte einseitige Änderungsmöglichkeit entspreche den durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs gesetzten Anforderungen (EuGH 27. April 2017 - C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 25). Es sei nicht seine Sache, über das Vorliegen oder die Wirksamkeit der betreffenden Anpassungsmöglichkeiten zu entscheiden. Für die Würdigung des Sachverhalts und die Auslegung des nationalen Rechts sei das nationale Gericht allein zuständig (EuGH 27. April 2017 - C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 27 f.).

52

(2) Die gesetzlichen Vorgaben für die Änderungskündigung genügen diesen Anforderungen.

53

(a) Die Änderungskündigung iSv. § 2 KSchG ist eine einseitige Anpassungsmöglichkeit. Daran ändert der Umstand nichts, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nur dadurch zustande kommen kann, dass der Arbeitnehmer das Änderungsangebot des Arbeitgebers annimmt (vgl. dazu Sagan ZESAR 2016, 116, 120). Gleichwohl ist das Änderungsangebot stets mit der einseitigen Willenserklärung einer Beendigungskündigung verbunden. Unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot ablehnt oder unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung annimmt (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 576/09 - Rn. 30; 15. Januar 2009 - 2 AZR 641/07 - Rn. 14 mwN), haben die Gerichte für Arbeitssachen lediglich zu prüfen, ob sich die angebotenen Änderungen nicht weiter vom Inhalt des bisherigen Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies zur Erreichung des angestrebten Ziels „erforderlich“ ist (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 576/09 - aaO; 26. März 2009 - 2 AZR 879/07 - Rn. 51 ff. mwN). Danach kann sich der Arbeitgeber - sofern die angestrebten Änderungen sozial gerechtfertigt sind - auch einseitig von den nicht gewünschten Arbeitsbedingungen lösen. Dass es dem Arbeitnehmer nach dem nationalen Recht unbenommen ist, das Arbeitsverhältnis für den Fall der sozialen Rechtfertigung der vom Arbeitgeber angebotenen Änderung gar nicht fortsetzen zu wollen, ist unerheblich. Ein schützenswertes Interesse des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer nur unter den von ihm gewünschten geänderten Bedingungen fortzusetzen, besteht nicht. Der Arbeitnehmer könnte für den Fall, dass ihm die geänderten Arbeitsbedingungen nicht (mehr) zusagen, jederzeit seinerseits eine Eigenkündigung erklären.

54

(b) Der Umstand, dass die Anpassungsmöglichkeit der Änderungskündigung nach dem nationalen Recht - sofern das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist - an die gesetzlich normierte Voraussetzung der sozialen Rechtfertigung geknüpft ist, steht den Vorgaben des EuGH ebenso wenig entgegen.

55

(aa) § 2 iVm. § 1 Abs. 2 KSchG ermöglicht eine Anpassung von Arbeitsbedingungen durch eine einseitige Willenserklärung des Arbeitgebers. Deren Wirksamkeit ist jedoch an bestimmte tatbestandliche Voraussetzungen geknüpft, insbesondere das Vorliegen von Umständen, die die angestrebte Änderung der Arbeitsbedingungen als „sozial gerechtfertigt“ erscheinen lassen. In der hierzu bisher ergangenen Rechtsprechung insbesondere des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts ist insoweit darauf abgestellt worden, ob sich das Änderungsangebot auf die für die Fortsetzung der Tätigkeit des Arbeitgebers „erforderlichen“ Anpassungen beschränkt (vgl. BAG 10. September 2009 - 2 AZR 822/07 - BAGE 132, 78).

56

(bb) Auch der EuGH verlangt für einen Betriebserwerber keine voraussetzungsfreien Änderungsmöglichkeiten, sondern lediglich die Möglichkeit von „erforderlichen“ Anpassungen (EuGH 27. April 2017 - C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 22; 18. Juli 2013 - C-426/11 - [Alemo-Herron ua.] Rn. 25; so auch Bayreuther NJW 2017, 2158, 2159). Ob und inwieweit sich diese beiden, zumindest im Wortlaut gleichlautenden Tatbestandsvoraussetzungen decken oder hier ggf. eine unterschiedliche Beurteilung angezeigt ist, muss der Senat nicht entscheiden. Es genügt insoweit die Feststellung, dass für die Berücksichtigung des Merkmals der „Erforderlichkeit“ bei der Beurteilung einer Änderungskündigung im Rahmen eines Änderungskündigungsschutzverfahrens ausreichend Raum besteht.

57

(cc) Soweit teilweise eingewandt wird, eine Änderungskündigung zum Zwecke der Beseitigung der Dynamik sei aussichtslos bzw. nur „theoretisch“ möglich, wie sich an der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Entgeltabsenkung durch Änderungskündigung zeige (vgl. zB Naber/Krois BB 2015, 1600; dies. ZESAR 2014, 121, 127; Latzel RdA 2014, 110, 116; Willemsen/Grau NJW 2014, 12, 15; Sagan ZESAR 2016, 116, 120; Haußmann ArbRAktuell 2017, 242), greift dieser Einwand schon deshalb nicht durch, weil es bei der Entdynamisierung der Verweisungsklausel nicht um eine Entgeltabsenkung geht, sondern - abgesehen von sonstigen Tarifinhalten - um die Aufrechterhaltung des bisherigen Entgeltniveaus. Die oa. Literaturauffassung übersieht darüber hinaus, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts selbst eine Entgeltabsenkung im Wege der Änderungskündigung möglich ist (sh. nur BAG 26. Juni 2008 - 2 AZR 139/07 - Rn. 18 ff.; 29. November 2007 - 2 AZR 789/06 - Rn. 13 ff.), an deren Wirksamkeit lediglich höhere Anforderungen gestellt werden, da sie einen nachhaltigen Eingriff in das arbeitsvertraglich vereinbarte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung bedeutet (BAG 26. Januar 1995 - 2 AZR 371/94 - BAGE 79, 159; 1. Juli 1999 - 2 AZR 826/98 -).

58

(3) Es ist auch ansonsten kein rechtlich begründeter Anlass dafür ersichtlich, einen Betriebsübernehmer hinsichtlich seiner Bindung an Arbeitsverträge im Vergleich zu anderen Arbeitgebern zu privilegieren. Einem Betriebsübernehmer steht es frei, den Inhalt der einzelvertraglichen Abreden der von ihm zu übernehmenden Arbeitnehmer - ebenso wie weitere vertragliche Bindungen des Veräußerers, zB Leasing-Verträge, Kundenverträge, Lieferantenbedingungen usw. - zu prüfen und bei dem Aushandeln seiner Gegenleistung angemessen zu berücksichtigen. Das rechtliche Instrument der Änderungskündigung dient dabei nicht der nachträglichen Korrektur einer unzureichenden Prüfung. Ließe man eine solche Korrektur ohne die Maßgabe der dafür nach § 2 KSchG vorgesehenen materiell-rechtlichen Kriterien zu, wäre es dem Erwerber eines Betriebs möglich, sich von bestimmten, von ihm für nachteilig gehaltenen vertraglichen Vereinbarungen nach anderen Kriterien zu lösen als sonstigen Arbeitgebern in einem laufenden Arbeitsverhältnis. Ob - ungeachtet des Verweises des EuGH auf die alleinige Kompetenz der nationalen Gerichte zur Auslegung des nationalen Rechts - und ggf. welche Kriterien bei der rechtlichen Beurteilung einer Änderungskündigung im Rahmen des Maßstabs der sozialen Rechtfertigung nach § 2 KSchG aus dem Unionsrecht zu berücksichtigen sein könnten(vgl. dazu etwa Jacobs/Frieling EuZW 2013, 737, 740 mwN), war vorliegend nicht zu beurteilen. Die Beklagte hat keine Änderungskündigung erklärt. Schon aus diesem Grund kommt entgegen der Revision eine Vorlage an den Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts nach § 45 Abs. 3 ArbGG nicht in Betracht.

59

(4) Der gelegentlich vorgebrachte und von der Revision aufgenommene Hinweis auf ein mögliches Vereinheitlichungsinteresse des Betriebserwerbers (vgl. etwa Willemsen/Grau NJW 2014, 12, 15) ist schon deshalb unbeachtlich, weil es im Entscheidungsfall nicht um die Anwendbarkeit eines eigenen Tarifvertrags des Erwerbers, sondern lediglich um die Frage der Dynamik des vereinbarten Tarifvertrags geht. Dass der TVöD und der TVÜ-VKA als solche den Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien bestimmen, ist unter unionsrechtlichen Gesichtspunkten zwischen den Parteien nicht im Streit. Auch in den von der Revision angeführten Urteilen des EuGH (EuGH 18. Juli 2013 - C-426/11 - [Alemo-Herron ua.] Rn. 27; 9. März 2006 - C-499/04 - [Werhof]) war weder eine absenkende Angleichung der Entgelthöhe noch die Anwendbarkeit eines anderen Tarifvertrags Gegenstand der Entscheidung; in beiden Fällen blieb es - bei „Obsiegen“ des Arbeitgebers - im Ergebnis bei der statischen Anwendung des „unternehmensfremden“ Tarifvertrags.

60

4. Die Annahme des Übergangs einer dynamischen Verweisungsklausel verletzt die Beklagte entgegen der Auffassung der Revision auch nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 9 Abs. 3 GG. Wie der Senat bereits wiederholt ausgeführt hat, berühren die Auslegung und die Wirksamkeit der individualrechtlichen Bezugnahme auf Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung als Ausdruck privatautonomer Gestaltungsmacht weder die negative Koalitionsfreiheit dessen, der das Arbeitsverhältnis vertraglich der einschlägigen tarifvertraglichen Ordnung unterstellen wollte und dies auch durch die Zustimmung des Arbeitnehmers erreicht hat, noch diejenige der Personen, die aufgrund privatautonomer Entschließung in diese Rechtsposition eingetreten sind. Die negative Koalitionsfreiheit kann schon begrifflich nicht durch einen Arbeitsvertrag berührt sein (BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - Rn. 21, BAGE 132, 169; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 17 ff., BAGE 128, 185). Dies hat das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt.

61

III. Die Parteien des Rechtsstreits haben auch keine von dieser Bezugnahmeregelung abweichende oder diese abändernde Vereinbarung getroffen.

62

1. Der PÜV 2008, der auch das Arbeitsverhältnis der Parteien erfasste, sieht in § 1 Abs. 3 vor, dass die betroffenen Arbeitnehmer mit allen arbeitsvertraglichen Rechten und Pflichten, insbesondere aus einzelvertraglichen Regelungen, Gesamtzusagen und betrieblichen Übungen auf die übernehmende Gesellschaft übergehen. Darin liegt keine abweichende Vereinbarung der Rechte und Pflichten, sondern lediglich eine Bestätigung der ohnehin geltenden gesetzlichen Regelung des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB.

63

2. Umgekehrt sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass - abweichend von der bislang bestehenden und nunmehr in gleicher Weise auf die Beklagte übergegangene Vereinbarung - ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs nur eine (statische) Bezugnahme auf den BMT-G II gewollt war. Soweit die Revision sich für die gegenteilige Annahme auf § 1 Abs. 4 PÜV 2008 beruft, bleibt sie erfolglos. Die Klägerin konnte diese Regelung nicht als gesonderten Antrag der Beklagten iSv. §§ 145 ff. BGB auffassen, erst recht nicht auf einvernehmliche Änderung des Bezugsobjekts ihrer vereinbarten und gelebten dynamischen Verweisungsklausel. Das ergibt sich schon daraus, dass die Klägerin nicht zu den dort allein angesprochenen Mitarbeitern der Bereiche „Technik“ gehört.

64

IV. Das Recht der Klägerin, sich auf die Anwendbarkeit des TVöD sowie des TVÜ-VKA zu berufen, ist weder verfallen noch verjährt oder verwirkt.

65

1. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass die Anwendbarkeit von Tarifverträgen auf ein Arbeitsverhältnis als solche weder den tarifvertraglichen Ausschlussfristen noch der gesetzlichen Verjährung unterliegt. Die Anwendbarkeit des Tarifvertrags ist ein „Stammrecht“, welches als solches an keinen Fälligkeitszeitpunkt geknüpft ist (vgl. BAG 15. September 2004 - 4 AZR 416/03 - zu II 1 der Gründe). Die Revision hat insoweit auch keine Rügen erhoben.

66

2. Das Recht der Klägerin ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht verwirkt.

67

a) Mit der Verwirkung als Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) wird eine illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, er wolle sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment) (st. Rspr., sh. nur BAG 7. November 2001 - 4 AZR 724/00 - zu I 3 a der Gründe, BAGE 99, 295). Hierbei muss das Vertrauen des Verpflichteten, nicht in Anspruch genommen zu werden, das Interesse des Berechtigten an Anspruchserfüllung derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist.

68

b) Ob und unter welchen Umständen die Geltendmachung eines bestimmten Inhalts eines Arbeitsverhältnisses als solche überhaupt der Verwirkung unterliegen kann - was wegen der rechtsgeschäftlichen Möglichkeit einer auch konkludenten Änderung des Vertragsinhalts fraglich erscheint -, kann hier dahinstehen. Die Beklagte hat lediglich auf den verstrichenen Zeitraum - sieben Jahre zwischen dem Inkrafttreten des TVöD und einer Geltendmachung der Klägerin - verwiesen. Ob damit das erforderliche Zeitmoment für eine Verwirkung schon erfüllt ist, kann gleichfalls offenbleiben. Der bloße Zeitablauf allein führt nicht zu einer Verwirkung. Für das Vorliegen des notwendigen Umstandsmoments hat die Beklagte über den bloßen Zeitablauf hinaus nichts vorgetragen. Entsprechende Umstände sind auch nicht ersichtlich.

69

C. Die Kosten der Revision sind von der Beklagten zu tragen, weil ihr Rechtsmittel erfolglos bleibt (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Eylert    

        

    Klose    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Gey-Rommel    

        

    Krüger    

                 

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 17. März 2016 - 6 Sa 631/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch darüber, ob einzelvertraglich in Bezug genommene Arbeitsvertragsrichtlinien nach dem Betriebsübergang auf einen nichtkirchlichen Erwerber statisch oder dynamisch fortgelten.

2

Der Kläger ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger, dem Johanniter-Unfall-Hilfe e.V., seit 1991 im Rettungsdienst beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 14. August 1991 heißt es auszugsweise:

        

„Diakonie ist Wesens- und Lebensäußerung der Evangelischen Kirche. Die Evangelische Kirche nimmt ihre diakonischen Aufgaben durch das Diakonische Werk wahr. Die oben genannte Einrichtung ist dem Diakonischen Werk angeschlossen. Sie dient der Verwirklichung des gemeinsamen Werkes christlicher Nächstenliebe. Alle Mitarbeiter dieser Einrichtung … bilden ohne Rücksicht auf ihre Tätigkeit und Stellung eine Dienstgemeinschaft.

        

Auf dieser Grundlage wird der nachstehende Vertrag geschlossen:

        

…       

        

§ 2

        

Für das Dienstverhältnis gelten die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR) in der jeweils gültigen Fassung. …“

3

Das Arbeitsverhältnis ging zum 1. Januar 2014 auf die Beklagte über. Diese ist eine als gemeinnützige GmbH geführte Gliederung des Deutschen Roten Kreuzes, die in einem sächsischen Landkreis den bodengebundenen Rettungsdienst betreibt. Am 10. Juli 2014 sowie am 8. Dezember 2014 beschloss die Arbeitsrechtliche Kommission der Diakonie Deutschland die Erhöhung der Grundentgelte gemäß Anlage 2, der Sonderstufenentgelte gemäß Anlage 5 und der Stundenentgelte gemäß Anlage 9 zu den AVR rückwirkend zum 1. Juli 2014 für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgenommen Ärztinnen und Ärzte sowie Zahnärztinnen und Zahnärzte um 1,9 % bzw. ab dem 1. März 2015 die Erhöhung der Tabellenwerte der Anlagen 2, 5, 9 und 10a zu den AVR um 2,7 %. Die daraus folgenden Entgelterhöhungen gab die Beklagte nicht an den Kläger weiter.

4

Der Kläger begehrt zuletzt noch die Zahlung der Differenz zwischen der ihm gezahlten Vergütung und der ihm unter Berücksichtigung der Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission vom 10. Juli 2014 bzw. 8. Dezember 2014 zustehenden Vergütung in rechnerisch unstreitiger Höhe für die Zeit von Juli 2014 bis Mai 2015. Er begehrt ferner die Feststellung, dass die am 10. Juli 2014 und 8. Dezember 2014 beschlossenen Entgelterhöhungen auch künftig an ihn weiterzugeben sind.

5

Der Kläger hat - soweit für die Revision noch von Bedeutung - zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 757,91 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in im Einzelnen genannter, gestaffelter Höhe zu zahlen;

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die von der Arbeitsrechtlichen Kommission der Diakonie Deutschland mit Beschluss vom 10. Juli 2014 beschlossene Erhöhung der Entgelte ab 1. Juli 2014 in Höhe von 1,9 % sowie mit Beschluss vom 8. Dezember 2014 beschlossene Erhöhung der Entgelte ab 1. März 2015 in Höhe von 2,7 % dem Kläger auch in Zukunft zu zahlen.

6

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags vorgetragen, die AVR gölten seit dem Betriebsübergang auf sie nur noch statisch. Sie sei nicht Mitglied des Diakonischen Werkes und könne das auch nicht werden. Auf die Verhandlungsergebnisse der Arbeitsrechtlichen Kommission habe sie keinen Einfluss, so dass sie an die von dieser nach dem Betriebsübergang gefassten Beschlüsse nicht gebunden sein könne. Die AVR würden durch die Arbeitsrechtliche Kommission als Dritte vereinbart und seien deshalb mit kollektivvertraglichen Regelungen wie Tarifverträgen vergleichbar. Darum müssten die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Gleichstellungsabrede und die danach geltende statische Weitergeltung der Bezugnahme in vor dem Jahr 2002 abgeschlossenen Arbeitsverträgen Anwendung finden. Das Angebot, die Anwendung des für sie geltenden Tarifvertrags zu vereinbaren, habe der Kläger - unstreitig - abgelehnt. Sie sei nicht verpflichtet, die Unwägbarkeiten, die mit einer Änderungskündigung verbunden seien, auf sich zu nehmen. Es müsse ihr freistehen, den rechtlich sicheren Weg zu wählen und die AVR statisch anzuwenden. Anderenfalls werde ihre unternehmerische Freiheit beeinträchtigt.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage, soweit der Rechtsstreit in die Revisionsinstanz gelangt ist, stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die insoweit gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat durch Beschluss vom 22. September 2016 (- 6 AZN 370/16 -) zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren der Klageabweisung unter Vertiefung ihrer rechtlichen Argumentation weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen.

9

I. Die Klage ist begründet. Der Kläger kann die geltend gemachte Vergütung in zuletzt unstreitiger Höhe gemäß § 611 Abs. 1 BGB beanspruchen. Seine Vergütung richtet sich gemäß § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 in dynamisierter Weise nach den Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland, die am 23. Januar 2014 in die Arbeitsvertragsrichtlinien der Diakonie Deutschland (AVR-DD, im Folgenden nur AVR) umbenannt worden sind. Dieser Vertragsinhalt blieb durch den Betriebsübergang auf die Beklagte gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB unverändert. Die von der Arbeitsrechtlichen Kommission am 10. Juli 2014 bzw. 8. Dezember 2014 wirksam beschlossenen Entgelterhöhungen stehen dem Kläger darum auch über den von der Leistungsklage abgedeckten Zeitraum hinaus weiter zu. Eine Anpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage ist nicht vorzunehmen.

10

1. Der Arbeitsvertrag vom 14. August 1991 sieht die dynamische Geltung der AVR vor. Die Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Diakonischen Werk ist hierfür keine Voraussetzung.

11

a) Bei den Regelungen des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Darauf lässt schon das äußere Erscheinungsbild der formularmäßigen Vertragsgestaltung schließen (vgl. BAG 25. Juni 2015 - 6 AZR 383/14 - Rn. 23, BAGE 152, 82).

12

b) Der Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu ermitteln. Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen (BAG 23. März 2017 - 6 AZR 705/15 - Rn. 14). Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Diese Grundsätze finden auch auf die Auslegung von Bezugnahmeklauseln auf kirchliche Regelungswerke wie die AVR Anwendung (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07  - Rn. 12 , BAGE 135, 163; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 17, BAGE 129, 1). Bei der Auslegung einer solchen Bezugnahmeklausel ist von der allgemeinen Funktion von Verweisungsklauseln im kirchlichen Arbeitsverhältnis auszugehen. Mangels normativer Geltung der AVR in privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen kann ihnen nur über Bezugnahmeklauseln Wirkung verschafft werden (vgl. BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 107, BAGE 143, 354; 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 18). Diese sind grundsätzlich dahin auszulegen, dass sie dem kirchlichen Arbeitsrecht im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis umfassend Geltung verschaffen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 29 mwN, BAGE 141, 16). Typischerweise liegt es im Interesse beider Vertragsparteien, dass das kirchliche Arbeitsrecht durch eine dynamische Bezugnahmeklausel in seiner jeweiligen Fassung zur Anwendung gebracht wird (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 44 ff., BAGE 142, 247).

13

c) Eine solche Bezugnahme ist hier erfolgt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 sind die AVR in ihrer jeweils gültigen Fassung Bestandteil des Arbeitsverhältnisses. Diese dynamische Bezugnahmeklausel wurde zu einem wirksamen Vertragsbestandteil (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 38 ff., BAGE 142, 247).

14

d) Die dynamische Geltung der AVR setzt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht voraus, dass die Arbeitgeberin dem Diakonischen Werk angehört.

15

aa) Dies lässt sich den arbeitsvertraglichen Regelungen nicht entnehmen.

16

(1) Die Bezugnahme steht nicht unter der auflösenden Bedingung der Kirchenzugehörigkeit der Arbeitgeberseite. Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt nach § 158 Abs. 2 BGB mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein. Aus § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 kann auch in Verbindung mit der Präambel nicht geschlossen werden, dass die AVR bei Entfall des Anschlusses der Arbeitgeberin an das Diakonische Werk nicht mehr oder nur noch statisch zur Anwendung kommen sollen.

17

(a) Die Präambel des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 stellt klar, dass der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. als damaliger Vertragspartner dem Diakonischen Werk angeschlossen war und dessen Einrichtung der Verwirklichung des gemeinsamen Werkes christlicher Nächstenliebe dient. Der Arbeitsvertrag wurde auf der Grundlage dieser Zielsetzung geschlossen. Der Beklagten ist zuzugestehen, dass diese spezifisch kirchliche Grundlage des Arbeitsverhältnisses von einer Zugehörigkeit der Arbeitgeberin zum Diakonischen Werk ausgeht. Die folgende Inbezugnahme der AVR in § 2 des Arbeitsvertrags entsprach der Verpflichtung des Rechtsvorgängers der Beklagten aus dem Arbeitsrechtsregelungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (ARRG-EKD) vom 10. November 1988 (ABl. EKD S. 366; vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 29, BAGE 141, 16).

18

(b) Eine Beendigung der dynamischen Inbezugnahme der AVR für den Fall, dass die Arbeitgeberin nicht mehr dem Diakonischen Werk angehört, ist jedoch weder der Präambel noch § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 zu entnehmen. Beide Vertragsbestandteile gehen vielmehr von unveränderten Verhältnissen aus und befassen sich nicht mit dem Entfall der arbeitgeberseitigen Kirchenzugehörigkeit, zum Bespiel in der Konstellation eines Betriebsübergangs auf einen nichtkirchlichen Arbeitgeber. Gegen die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung iSd. § 158 Abs. 2 BGB spricht auch, dass es keinen vertraglich vereinbarten früheren Rechtszustand gäbe, welcher ex nunc wieder eintreten könnte(vgl. demgegenüber zur nach § 3 Abs. 3 TVG gesetzlich angeordneten Nachbindung an einen Tarifvertrag BAG 5. Juli 2017 - 4 AZR 867/16 - Rn. 31). Eine nur statische Geltung der AVR ist vertraglich ebenso wenig vorgesehen wie die Bezugnahme eines anderen Regelungssystems bei Entfall der Kirchenzugehörigkeit der Arbeitgeberseite. Folglich gilt die vereinbarte Inbezugnahme der AVR als grundlegende Regelung des Vertragsinhalts auch bei einer Veränderung der Verhältnisse auf Arbeitgeberseite (vgl. zur Weitergeltung einer Inbezugnahme der AVR bei Gesellschafterwechsel BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 20 ff.). Die in der Literatur (Seel FA 2017, 66, 68) vertretene Auffassung, wonach ein Wegfall der kirchlichen Trägerschaft ein Ende der dynamischen Geltung der AVR nach sich ziehen müsse, weil der Geltungsgrund für die Dynamik die Qualität des Arbeitgebers als kirchlicher Arbeitgeber sei, dem der sog. „Dritte Weg“ als Instrument für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen eröffnet sei, ist mit dem Wortlaut der hier zu beurteilenden Vertragsregelungen daher nicht vereinbar.

19

(2) § 2 des Arbeitsvertrags vom 14. August 1991 ist auch keine zur Beendigung der Dynamik führende Gleichstellungsabrede. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

20

(a) Nach der früheren Rechtsprechung galt die - widerlegbare - Vermutung, es gehe einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten Beschäftigten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Die Rechtsprechung ging davon aus, mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel sollte lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags für alle Beschäftigten zu kommen. Daraus wurde die Konsequenz gezogen, ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder aus den Begleitumständen bei Vertragsschluss seien im Fall der normativen Gebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeklauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik gehe nur so weit, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reiche, sie ende also dann, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden sei (vgl. BAG 24. Februar 2016 - 4 AZR 990/13 - Rn. 29; 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 f. mwN).

21

(b) Diese Rechtsprechung wurde für vertragliche Bezugnahmeklauseln, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Eine individualvertragliche Klausel, die ihrem Wortlaut nach ohne Einschränkung auf einen bestimmten Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung verweist, ist im Regelfall nunmehr dahingehend auszulegen, dass dieser Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung gelten soll und dass diese Geltung nicht von Faktoren abhängt, die nicht im Vertrag genannt oder sonst für beide Parteien ersichtlich zur Voraussetzung gemacht worden sind (vgl. BAG 5. Juli 2017 - 4 AZR 867/16 - Rn. 22 f.; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29, BAGE 122, 74). Die Auslegungsregel wird lediglich aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln angewendet, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform vereinbart worden sind (vgl. BAG 7. Dezember 2016 - 4 AZR 414/14 - Rn. 31 mwN).

22

(c) Die hier auszulegende Bezugnahmeklausel wurde zwar am 14. August 1991 und somit weit vor dem 1. Januar 2002 vereinbart. Die vertragliche Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen wie der AVR kann jedoch generell nicht als Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung verstanden werden. Da die AVR immer nur anwendbar sind, wenn dies in dem betreffenden Arbeitsverhältnis vereinbart ist, kann deren vertragliche Inbezugnahme nie den eine derartige Auslegung erklärenden Grund einer Gleichbehandlung von organisierten und nicht organisierten Arbeitnehmern haben (so Bepler ZAT 2016, 145, 148; im Ergebnis ebenso LAG Berlin-Brandenburg 24. Februar 2012 - 6 Sa 1943/11 - zu 2.1.2 der Gründe; Klein jurisPR-ArbR 45/2016 Anm. 1; Klumpp ZMV 2017, 239, 242; von Tiling ZTR 2017, 11, 13). Es gibt keine Gewerkschaftsmitgliedschaft, die zu einer normativen Wirkung der AVR gemäß § 4 Abs. 1 TVG führen könnte und somit auch kein Gleichstellungsbedürfnis im dargestellten Sinne. Die von der Revision angeführte „kollektivvertraglichen Regelungen vergleichbare Situation“ des vormaligen kirchlichen Arbeitgebers, der durch seine Mitgliedschaft im Diakonischen Werk an die AVR gebunden gewesen sei, ist daher ohne Belang.

23

bb) Auf den von den AVR für sich selbst definierten Geltungsbereich kommt es folglich nicht an. Die Geltung der AVR gründet sich allein auf die dargestellte vertragliche Inbezugnahme (vgl. Bepler ZAT 2016, 145, 149; Klein jurisPR-ArbR 45/2016 Anm. 1; Klumpp ZMV 2017, 239, 241).

24

2. Die dynamische Inbezugnahme der AVR blieb durch den Betriebsübergang auf die Beklagte zum 1. Januar 2014 unberührt. Weder das nationale Recht noch die Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer bei Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen privilegieren den Erwerb eines Betriebs- bzw. Betriebsteils von einem kirchlichen Träger.

25

a) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Die aus in Bezug genommenen Tarifverträgen herrührenden individualvertraglichen Rechte und Pflichten gehören zum Inhalt des nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übergehenden Arbeitsverhältnisses(vgl. BAG 20. Juni 2012 - 4 AZR 656/10 - Rn. 22). Im Fall eines Betriebsübergangs wird der Erwerber so gestellt, als hätte er die dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegenden privatautonomen Willenserklärungen des Veräußerers gegenüber dem Arbeitnehmer selbst abgegeben und die Vereinbarungen in eigener Person, dh. mit der Verweisung auf ein bestimmtes Tarifwerk oder Teile davon in der jeweiligen Fassung abgeschlossen und zum Inhalt des Arbeitsvertrags gemacht. Dabei bleibt der individualvertragliche Charakter der in Bezug genommenen Kollektivregelungen erhalten (BAG 17. Juni 2015 - 4 AZR 61/14 (A) - Rn. 15, BAGE 152, 12).

26

b) Davon zu unterscheiden ist die statische Aufrechterhaltung kollektivrechtlich geregelter Arbeitsbedingungen durch die sog. Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB(zur statischen Fortgeltung vgl. AR/Bayreuther 8. Aufl. § 613a BGB Rn. 63; ErfK/Preis 17. Aufl. § 613a BGB Rn. 117; HWK/Willemsen/Müller-Bonanni 7. Aufl. § 613a BGB Rn. 265). Diese bezieht sich nur auf vor dem Betriebsübergang normativ geltende Regelungen (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 24; 16. Mai 2012 - 4 AZR 320/10 - Rn. 21 mwN). Vertragliche Rechtspositionen, auch wenn sie in einer privatautonomen Einbeziehung von Tarifrecht ihren Grund haben, gehen ohne Weiteres und uneingeschränkt nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB über. Sie werden auch nicht nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB durch einen beim Betriebserwerber geltenden Tarifvertrag abgelöst, weil sich diese Vorschrift nur auf § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB bezieht(vgl. BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 23, BAGE 136, 184). Dies gilt auch für § 613a Abs. 1 Satz 4 BGB(vgl. BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 70 ff., BAGE 130, 237).

27

c) Die mit einem kirchlichen Arbeitgeber vereinbarte Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen behält im Fall eines Betriebsübergangs als vertragliche Regelung gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber dem Betriebserwerber ihre Wirkung(vgl. bereits BAG 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - zu III 3 b der Gründe, BAGE 101, 9). Dies gilt auch dann, wenn ein kirchlicher Betriebserwerber nicht mehr ein Anstellungsträger im Sinne der in Bezug genommenen Dienstvertragsordnung ist (BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 31, BAGE 141, 16) oder der Betriebserwerber nicht mehr der Kirche zuzuordnen ist (vgl. Bepler jurisPR-ArbR 34/2016 Anm. 2; Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 7. Aufl. § 5 Rn. 31; Krings Der Betriebsübergang gem. § 613a BGB im kirchlichen Arbeitsrecht S. 118). Das Regelungssystem des § 613a Abs. 1 Satz 2 bis Satz 4 BGB ist weder direkt noch analog auf vertraglich in Bezug genommene kirchliche Arbeitsrechtsregelungen anwendbar, da diese vor dem Betriebsübergang keine normative Wirkung hatten(vgl. BAG 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - aaO). Es besteht auch kein Anlass, Betriebserwerber, die an die Dynamik einzelvertraglich vereinbarter AVR gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gebunden sind, durch das „Einfrieren“ dieser Regelungen auf den zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs vorliegenden Stand im Ergebnis so zu stellen, als sei eine Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB erfolgt. Dies lässt sich auch nicht aus der Funktion kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen, welche einheitliche Arbeitsbedingungen bezwecken (BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 27, BAGE 135, 163), ableiten. Der Betriebsübergang kann hier nicht dazu führen, dass zuvor einheitlich behandelte Arbeitnehmer nunmehr unterschiedlichen Regelungen unterfallen, je nachdem, ob eine dynamische Inbezugnahme als Vertragsrecht weiter gilt oder eine statische Transformation nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB eingreift. Eine Differenzierung zwischen tarifgebundenen und nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern, wie sie eine Gleichstellungsabrede verhindern will, erfolgt aus den genannten Gründen nicht. Auch nach einem Betriebsübergang auf einen sog. weltlichen Betriebserwerber bestehen die ursprünglich mit dem kirchlichen Arbeitgeber vereinbarten einheitlichen Arbeitsbedingungen.

28

d) Der Betriebserwerber ist deshalb jedenfalls bezogen auf die Entgeltansprüche der übernommenen Arbeitnehmer auch an eine vereinbarte Dynamik der Inbezugnahme gebunden. Der nichtkirchliche Betriebserwerber wird durch die Bindung an die dynamische Bezugnahmeklausel nicht unter Verstoß gegen unionsrechtliche Vorgaben in seiner unternehmerischen Freiheit beeinträchtigt (vgl. hierzu EuGH 11. September 2014 - C-328/13  - [Österreichischer Gewerkschaftsbund] Rn. 29; 18. Juli 2013 -  C-426/11  - [Alemo-Herron ua.] Rn33 ff.). Mit Urteil vom 27. April 2017 (- C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 22 f.) hat der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden, dass Art. 3 der Richtlinie 2001/23/EG in Verbindung mit Art. 16 GRC der dynamischen Fortgeltung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel im Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber nicht entgegensteht, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsieht. Solche Möglichkeiten bietet die deutsche Rechtsordnung in Form der einvernehmlichen Vertragsänderung und der Änderungskündigung nach § 2 KSchG(vgl. BAG 30. August 2017 - 4 AZR 95/14 - Pressemitteilung Nr. 35/17).

29

3. Entgegen der Ansicht der Beklagten entbindet sie der Umstand, dass der Kläger ihr Angebot abgelehnt hat, künftig den für sie geltenden Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwenden, nicht davon, eine Änderungskündigung zu erklären, wenn sie ihre dynamische Bindung an die vertraglich in Bezug genommenen AVR beenden will. Die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB, auf die die Beklagte sich im Ergebnis beruft, kann sie nur im Wege der Änderungskündigung geltend machen.

30

a) §§ 1, 2 KSchG sind gegenüber einer Anpassung nach § 313 BGB lex specialis. Sachverhalte, die zu einer Störung oder dem Wegfall der Geschäftsgrundlage geführt haben, sind dabei allerdings im Rahmen der §§ 2, 1 Abs. 2 KSchG zu würdigen(BAG 5. Juni 2014 - 2 AZR 615/13 - Rn. 23, BAGE 148, 227).

31

b) Unter welchen Voraussetzungen eine Änderungskündigung zum Zwecke der „Entdynamisierung“ einer Bezugnahmeklausel sozial gerechtfertigt ist, bedarf im vorliegenden Fall schon mangels Erklärung einer Änderungskündigung keiner Entscheidung (vgl. zu dieser Problematik: Bayreuther NJW 2017, 2158, 2159; Busch/Gerlach BB 2017, 2356, 2360; Eylert/Schinz RdA 2017, 140, 145; Hartmann EuZA 2017, 521, 532; Wißmann/Niklas NZA 2017, 697, 701). Darum besteht auch kein Anlass, sich näher mit der Frage zu befassen, ob und unter welchen Umständen die Fortgeltung der dynamischen Inbezugnahme der AVR nach einem Betriebsübergang auf einen weltlichen Erwerber zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage führen würde und wie ein solcher Umstand bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Änderungskündigung zu würdigen wäre. Jedenfalls machen die Kostensteigerungen, die durch die dynamische Weitergeltung der AVR eintreten und die die Beklagte nach ihrem Vortrag bei den Kostenträgern nicht refinanzieren kann, der Beklagten das unveränderte Festhalten an dem Arbeitsvertrag, in dessen Inhalt sie nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB eingetreten ist, vorliegend nicht unzumutbar. Das folgt bereits daraus, dass sie nicht geltend macht, sie habe vergeblich versucht, unter Hinweis auf die Rechtslage bei dem Kostenträger eine Änderung zu erwirken. Es kann daher dahinstehen, ob und unter welchen Umständen Kostensteigerungen, die der Erwerber bei seiner Entscheidung, einen Betrieb zu übernehmen, nicht einkalkuliert hat, zu einer Störung der Geschäftsgrundlage führen können oder Teil des von ihm zu tragenden unternehmerischen Risikos bleiben. Insbesondere kann dahinstehen, ob es für eine Störung der Geschäftsgrundlage ausreicht, wenn in einem auf unbegrenzte Zeit eingegangenen Dauerschuldverhältnis wie dem Arbeitsverhältnis das geschuldete Arbeitsentgelt zu einer dauerhaften Verlustsituation führt (zum Vorliegen einer zur Vertragsanpassung führenden Äquivalenzstörung im Dauerschuldverhältnis nur bei einer dauerhaften, auf billigerweise nicht vorauszusehenden Umständen beruhenden Verlustsituation BGH 19. April 1978 - VIII ZR 182/76 - zu II 2 b der Gründe).

32

4. Der Fall bietet auch keine Veranlassung zu klären, welchen Inhalt das Arbeitsverhältnis der Parteien in Bezug auf die in § 2 und § 3 AVR enthaltenen allgemeinen und besonderen Dienstpflichten hat. Insbesondere kann offenbleiben, welchen Inhalt die Loyalitätspflichten nach dem Betriebsübergang aufweisen (vgl. zu den kirchlichen Loyalitätsanforderungen: BAG 28. Juli 2016 - 2 AZR 746/14 (A) - Rn. 14 ff., BAGE 156, 23; KR/Fischermeier 11. Aufl. Kirchl. ArbN Rn. 2 ff.) und ob die negative Religionsfreiheit eines Betriebserwerbers (Art. 4 GG) durch spezifisch kirchliche Regelungen verletzt sein kann (vgl. Klumpp ZMV 2017, 239, 240). Gegenstand des Rechtsstreits sind nur Vergütungsansprüche.

33

5. Die Revision rügt ohne Erfolg, dass das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft die Unbilligkeit der von der Arbeitsrechtlichen Kommission vorgenommenen Leistungsbestimmung nach § 319 Abs. 1 BGB verneint habe. Das Landesarbeitsgericht hat allerdings insoweit den Prüfungsmaßstab verkannt. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (seit BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 30 ff., BAGE 135, 163) unterliegen Arbeitsvertragsrichtlinien, die auf dem Dritten Weg gemäß den einschlägigen Organisations- und Verfahrensvorschriften entstanden sind, wie Tarifverträge nur einer Rechtskontrolle am Maßstab höherrangigen Rechts sowie der Kontrolle auf einen Verstoß gegen die guten Sitten, wenn sie von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen worden sind und deshalb nicht der Dienstgeberseite zugeordnet werden können. Dieser Rechtsfehler führt jedoch nicht zum Erfolg der Revision. Die Beklagte zeigt nicht auf, inwieweit die Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission vom 10. Juli 2014 und vom 8. Dezember 2014 höherrangiges Recht verletzen oder gegen die guten Sitten verstoßen könnten. Dafür ist auch keinerlei Anhaltspunkt ersichtlich. Das Landesarbeitsgericht hat darum im Ergebnis zutreffend erkannt, dass diese Beschlüsse wirksam sind.

34

6. Dem Kläger steht das eingeklagte Differenzentgelt auf das ihm gezahlte Grundentgelt und die Zuschläge nach der Anlage 9 zu den AVR (Zeitzuschlag für Überstunden, Überstundenentgelt, Zeitzuschlag für Sonntagsarbeit und Arbeiten an Wochenfeiertagen, die auf einen Sonntag fallen, sowie für Nachtarbeit) zu. Die Beklagte hat keine Einwendungen gegen die Richtigkeit der der Berechnung des Klägers zugrunde liegenden zuschlagspflichtigen Stunden erhoben.

35

7. Der Kläger kann nach § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB Verzugszinsen für die einzelnen monatlichen Differenzvergütungsbeträge jeweils ab dem 16. eines jeden Monats verlangen. Verzugszinsen sind nach § 187 Abs. 1 BGB ab dem Tag nach dem in den AVR bestimmten Zahltag zu entrichten(vgl. zu tariflichen Ansprüchen BAG 27. April 2017 - 6 AZR 459/16 - Rn. 37). Die Bezüge sind gemäß § 21a AVR am 15. eines jeden Monats (Zahltag) fällig.

36

II. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    C. Klar    

        

    Lauth    

                 

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 10. Dezember 2013 - 8 Sa 512/13 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anwendbarkeit des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (im Folgenden TVöD) und des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (im Folgenden TVÜ-VKA) auf ihr Arbeitsverhältnis.

2

Die Klägerin, die Mitglied der Gewerkschaft ver.di ist, wurde zum 7. April 1986 vom Kreis O, der Träger des Dkrankenhauses in L und Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbands war, als Stationshilfe für dieses Krankenhaus eingestellt. In § 2 des Arbeitsvertrags vom 19. März 1986 heißt es:

        

„Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Vorschriften des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-GII) vom 31.01.1962 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen. Außerdem finden die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung, sofern beiderseitige Tarifbindung vorliegt.“

3

Ende 1995 wurden das Dkrankenhaus und das gleichfalls vom Kreis O betriebene Kreiskrankenhaus S nach §§ 168 ff. UmwG auf die Kreiskliniken L-S GmbH (im Folgenden KLS GmbH) ausgegliedert, die gleichfalls Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband war.

4

Die KLS GmbH übertrug ihren Wirtschafts- und Versorgungsdienst mit Wirkung zum 31. Dezember 1997 auf die Kreiskliniken L-S Service-GmbH i.G. (im Folgenden KLS Service-GmbH i.G.). Beide Gesellschaften sowie der Betriebsrat der KLS GmbH schlossen am 4. November 1997 einen Personalüberleitungsvertrag (im Folgenden PÜV 1997), der auszugsweise wie folgt lautete:

        

Präambel

        

…       

        

Zur Absicherung des Besitzstandes der von der Ausgliederung betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sämtlich von der Service-GmbH übernommen werden, wird folgender

        

PERSONALÜBERLEITUNGSVERTRAG

        

vereinbart:

                 
        

§ 1     

        

Ausgliederung

        

1.    

Die Bereiche von KLS, in denen bislang Aufgaben des Wirtschafts- und Versorgungsdienstes wahrgenommen worden sind und die sich im einzelnen aus Anlage 1 ergeben, werden am Stichtag in die Service-GmbH ausgegliedert.

        

2.    

Die Arbeitsverhältnisse sämtlicher betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in Anlage 2 namentlich aufgelistet sind, gehen am Stichtag gemäß § 613a BGB im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf die Service-GmbH über.

        

…       

        

§ 2     

        

Arbeitsverhältnisse und Besitzstand

        

1.    

Die Service-GmbH tritt in die am Stichtag bestehenden Arbeitsverhältnisse einschließlich allen daraus erworbenen Rechten und Pflichten mit den in der Anlage 2 aufgeführten betroffenen KLS-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die auf die Service-GmbH übergehen, ein.

        

2.    

Für die Angestellten gilt weiterhin der Bundes-Angestellten-Tarifvertrag (‚BAT‘) vom 23.02.1961 in seiner jeweils geltenden Fassung einschließlich der den BAT ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge.

        

3.    

Für die Arbeiter/Arbeiterinnen gilt weiterhin der Bundesmanteltarifvertrag (‚BMT-G II‘) für Arbeiter/Arbeiterinnen gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe vom 31.01.1962 in der jeweils geltenden Fassung einschließlich der den BMT-G II ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge.

        

…       

        

7.    

Zuschläge, insbesondere für Erschwernis und Schichtarbeit, werden entsprechend den Vorschriften des BAT und des BMT-G II in ihrer jeweils gültigen Fassung für die in der Anlage 2 aufgeführten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiter gewährt, sofern die tatsächlichen Voraussetzungen der tariflichen Bestimmungen für diese Zuschläge jeweils erfüllt sind.

        

...     

        

§ 10   

        

Bekanntgabe des Personalüberleitungsvertrages

        

1.    

Jeder betroffenen Mitarbeiterin und jedem betroffenen Mitarbeiter wird ein Exemplar dieses Vertrages rechtzeitig zum Stichtag ausgehändigt.

        

2.    

Ein weiteres Exemplar dieses Vertrages wird zur Personalakte genommen und wird bei Zustimmung der Mitarbeiterin/des Mitarbeiters hinsichtlich der auf sie/ihn jeweils zutreffenden Vorschriften Bestandteil des jeweiligen Arbeitsvertrages.“

5

Das Arbeitsverhältnis der Klägerin, die dem Bereich Wäscheversorgung (Anlage 1 zum PÜV 1997) angehörte und in der Anlage 2 des PÜV 1997 namentlich aufgeführt war, ging am 31. Dezember 1997 auf die KLS Service-GmbH i.G. über. Der Personalüberleitungsvertrag wurde ihr übergeben. Die später in KLS F M GmbH (im Folgenden KLS FM GmbH) umfirmierte Arbeitgeberin, die zu keinem Zeitpunkt Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbands war, erbrachte bis zum Jahr 2003 alle tariflichen Leistungen nach dem BMT-G II und gab insbesondere die jeweiligen tariflichen Lohnerhöhungen an die Klägerin weiter. Die tariflichen Entgeltsteigerungen zum 1. Januar und 1. Mai 2004 gab sie nicht weiter, wandte jedoch nach wie vor die Regelungen des BMT-G II an. Hieran änderte sich auch durch das Inkrafttreten des TVöD am 1. Oktober 2005 nichts.

6

Mit Blick auf eine weitere geplante Umstrukturierung des Unternehmens schlossen die KLS FM GmbH, der bei ihr gebildete Betriebsrat, die A Klinik S GmbH (im Folgenden AKS) und die Beklagte am 18. Juni 2008 einen Interessenausgleich, wonach die KLS FM GmbH das Unternehmen aufspalten und bestimmte Betriebsteile in andere Gesellschaften innerhalb des A Konzerns ausgliedern werde. Die Klägerin ist in der Anlage zum Interessenausgleich als hiervon betroffene Arbeitnehmerin namentlich aufgeführt.

7

Dieselben Vertragsparteien schlossen am 18./20./23. Juni 2008 einen Personalüberleitungsvertrag (im Folgenden PÜV 2008), in dem die Beklagte als „ADG“ und die KLS FM GmbH als „FMG“ bezeichnet ist. Dort heißt es:

        

Präambel

        

…       

        

Zur Absicherung des Besitzstands der von der Ausgliederung betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die von der AKS bzw. der ADG übernommen werden, wird in Ergänzung zu dem betreffenden Interessenausgleich folgender

        

Personalüberleitungsvertrag

        

vereinbart.

        

§ 1     

        

Ausgliederung

        

1.    

        

Der Bereich ‚Reinigung Klinikum L‘ wird im Wege des Teilbetriebsübergangs in die ADG verlagert.

        

2.    

        

Die Bereiche ‚Reinigung Klinikum S und ‚Technik S‘ sowie ‚Technik L‘ inklusive Gärtner werden im Wege des Teilbetriebsübergangs in die AKS verlagert.

        

Die Arbeitsverhältnisse sämtlicher betroffener Arbeitnehmer, die in der Anlage zum Interessenausgleich namentlich aufgelistet sind, gehen am Stichtag gemäß § 613 a BGB im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf die AKS bzw. ADG über.

        

3.    

        

Die betroffenen Arbeitnehmer wechseln mit allen arbeitsvertraglichen Rechten und Pflichten aus dem zum Zeitpunkt des Teilbetriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnis in die jeweils übernehmende Gesellschaft. Damit gehen einzelvertragliche Regelungen, Gesamtzusagen und betriebliche Übungen über.

        

4.    

        

Zuschläge, insbesondere für Erschwernis und Schichtarbeit, werden entsprechend den Vorschriften des BAT und des BMT-G II in ihrer jeweils gültigen Fassung für die Mitarbeiter der Bereiche ‚Technik‘, die in die AKS wechseln, weiter gewährt, sofern die tatsächlichen Voraussetzungen der tariflichen Bestimmungen für die Zuschläge jeweils erfüllt sind.

        

…       

        

6.    

        

Betriebsvereinbarungen der FMG werden von ADG vollumfänglich anerkannt und angewandt. Dazu gehört auch der Personalüberleitungsvertrag von den Kreiskliniken L-S an die FMG.

        

…       

        

§ 3     

        

Bekanntgabe des Personalüberleitungsvertrags/ Schlussbestimmungen

        

Jedem betroffenen Arbeitnehmer wird ein Exemplar dieses Vertrags vor Betriebsübergang rechtzeitig ausgehändigt. Ein weiteres Exemplar dieses Vertrags wird zur Personalakte genommen und wird bei Zustimmung des Arbeitnehmers hinsichtlich der auf sie/ihn jeweils zutreffenden Vorschriften Bestandteil des jeweiligen Arbeitsvertrags.“

8

Mit Wirkung zum 1. Juli 2008 ging der Bereich „Reinigung Klinikum L“, dem auch die Klägerin namentlich zugeordnet war, auf die Beklagte über.

9

Die Beklagte wandte auf das nunmehr mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis weiterhin die Vorschriften des BMT-G II an.

10

In den Jahren 2007 bis 2009 fanden Tarifverhandlungen über den Abschluss eines Konzerntarifvertrags statt. Die Gewerkschaft ver.di forderte im Ergebnis erfolglos den Abschluss eines Tarifvertrags auf Basis des TVöD, der für alle A Kliniken gelten sollte.

11

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, auf ihr Arbeitsverhältnis seien der TVöD und der TVÜ-VKA in der jeweiligen Fassung anwendbar. Der PÜV 1997 habe den Arbeitnehmern die Wahlmöglichkeit zwischen der statischen und der dynamischen Weitergeltung des BMT-G II eingeräumt. Durch Aufnahme ihrer Tätigkeit bei der KLS FM GmbH habe sie die dynamische Fortgeltung gewählt. Sie habe ihr Recht, sich auf die Anwendbarkeit des TVöD und des TVÜ-VKA zu berufen, nicht verwirkt. Ihre Untätigkeit in den Jahren 2007 bis 2009 sei darauf zurückzuführen, dass sie das Ergebnis der Tarifvertragsverhandlungen abgewartet habe.

12

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass auf ihr Arbeitsverhältnis seit dem 1. Juli 2008 die Vorschriften des TVöD und der diesen ergänzenden Tarifverträge sowie des TVÜ-VKA in ihren jeweils gültigen Fassungen Anwendung finden.

13

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel sei als Gleichstellungsabrede auszulegen. Folglich komme nach Wegfall der Tarifgebundenheit durch den Übergang von der KLS GmbH auf die KLS FM GmbH im Jahre 1997 nur der BMT-G II zur Anwendung. Der PÜV 1997 habe lediglich den Besitzstand der Gleichstellungsabrede wahren sollen. Eine dynamische Tarifanwendung hätten die Arbeitsvertragsparteien nicht - auch nicht konkludent - vereinbart. Ein etwaiges Wahlrecht habe die Klägerin nicht, jedenfalls nicht rechtzeitig, ausgeübt. Der PÜV 1997 stelle damit einen Vertrag zu Lasten Dritter dar und verstoße überdies gegen das Gebot der Rechtsquellenklarheit. Die vorübergehende Weitergabe der Tariflohnerhöhungen bis zum Jahr 2003 sei nicht als Angebot auf eine dauerhafte dynamische Tarifanwendung zu verstehen. Die Annahme der Leistungen sei allenfalls als Einverständnis mit der jeweiligen Gehaltserhöhung zu verstehen gewesen. Ferner verstoße die Annahme eines Übergangs einer dynamischen Verweisungsklausel gegen Unionsrecht, namentlich Art. 3 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (RL 2001/23/EG) iVm. Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC). Vorsorglich hat sie sich auf die tariflichen Ausschlussfristen, Verjährung und Verwirkung berufen.

14

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision hat die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt. Der Senat hat dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mit Beschluss vom 17. Juni 2015 - 4 AZR 95/14 (A) - sinngemäß die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob Art. 3 RL 2001/23/EG iVm. Art. 16 GRC der dynamischen Anwendung von Tarifverträgen aufgrund einer - dynamischen - Bezugnahmeklausel nach einem Betriebsübergang entgegensteht, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsieht. Der EuGH hat diese Frage mit Urteil vom 27. April 2017 - C-680/15 und C-681/15 - verneint.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist zulässig und begründet.

16

A. Die Klage ist als sog. Elementenfeststellungsklage (sh. nur BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 26 ff., BAGE 131, 176; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, BAGE 128, 165) zulässig. Insbesondere besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Durch die gerichtliche Entscheidung kann der Streit der Parteien über die - dynamische - Anwendbarkeit des TVöD und der diesen ergänzenden Tarifverträge sowie des TVÜ-VKA auf ihr Arbeitsverhältnis insgesamt beseitigt und das Rechtsverhältnis der Parteien im Umfang des gestellten Antrags geklärt werden (zu diesem Erfordernis BAG 21. April 2010 - 4 AZR 755/08 - Rn. 21 mwN).

17

B. Die Klage ist auch begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der TVöD und der TVÜ-VKA in ihrer jeweiligen Fassung Anwendung finden.

18

I. Bereits vor dem Betriebs(teil)übergang auf die Beklagte am 1. Juli 2008 fanden auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme der TVöD nebst den diesen ergänzenden Tarifverträgen sowie der TVÜ-VKA in ihren jeweils gültigen Fassungen Anwendung.

19

1. Nach dem Arbeitsvertrag vom 19. März 1986 richtete sich das Arbeitsverhältnis der damaligen Vertragsparteien nach den Vorschriften des BMT-G II „und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen“. Bei dieser Bezugnahmeregelung handelt es sich um eine Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.

20

a) Nach dieser Rechtsprechung waren bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an den in einer arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel bezeichneten Tarifvertrag - anders als bei nicht tarifgebundenen Arbeitgebern - diese Klauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen, auch ohne dass dies im Wortlaut der Vereinbarung irgendeinen Niederschlag hätte finden müssen. Dies beruhte auf der Vorstellung, dass mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden soll, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags zu kommen und damit - bei deren genereller Verwendung - zu dessen Verbindlichkeit für die Arbeitsverhältnisse aller Beschäftigten (vgl. nur BAG 1. Dezember 2004 - 4 AZR 50/04 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 113, 40; 25. September 2002 - 4 AZR 294/01 - zu II 2 f bb der Gründe, BAGE 103, 9). Danach reichte die vereinbarte Dynamik des Tarifvertrags nur so weit wie die normative Geltung im Arbeitsverhältnis eines tarifgebundenen Arbeitnehmers. Sie endete daher dann, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden war. Gleiches galt für den Fall eines Übergangs des Arbeitsverhältnisses auf einen nicht tarifgebundenen Erwerber. Ab diesem Zeitpunkt waren die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch anzuwenden (st. Rspr., sh. nur BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 f. mwN).

21

Diese Auslegungsregel hält der Senat seit 2007 nicht mehr aufrecht. Er wendet sie aus Gründen des Vertrauensschutzes aber weiterhin auf die Verweisungsklauseln in Arbeitsverträgen an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 abgeschlossen worden sind (st. Rspr., vgl. nur BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 18, BAGE 138, 269; 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 18 und 22 jeweils mwN, BAGE 132, 261; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 45 ff., BAGE 122, 74).

22

b) Da die im Arbeitsvertrag der Klägerin enthaltene Verweisungsklausel im Jahr 1986 vereinbart worden ist und die damalige Arbeitgeberin tarifgebunden war, kam für dessen Auslegung weiterhin die frühere Senatsrechtsprechung zum Tragen. Danach handelte es sich bei der Bezugnahmeklausel - ursprünglich - um eine Gleichstellungsabrede. Sie verwies auf die fachlich einschlägigen Tarifverträge, die für die damalige Arbeitgeberin normativ galten. Die - dynamische - Bezugnahme stand damit unter der auflösenden Bedingung ihrer fortbestehenden Tarifgebundenheit.

23

2. Anlässlich der Ausgliederung des Wirtschafts- und Versorgungsbereichs der Klinik auf die - später als KLS FM GmbH firmierende - Rechtsvorgängerin der Beklagten zum 31. Dezember 1997 hat diese mit der Klägerin vereinbart, dass der BMT-G II einschließlich der ihn ersetzenden Tarifverträge auf ihr Arbeitsverhältnis weiterhin dynamisch anwendbar sein sollte.

24

a) In der Übergabe des Personalüberleitungsvertrags im Zusammenhang mit dem Übergang des Arbeitsverhältnisses der Klägerin auf die - spätere - KLS FM GmbH liegt das Angebot der Betriebsübernehmerin, die in diesem Schriftstück enthaltenen Regelungen über die auch künftige dynamische Anwendbarkeit des BMT-G II zum Gegenstand des Arbeitsverhältnisses zu machen.

25

aa) Der Zweck des PÜV 1997 war ausweislich der Präambel die „Absicherung des Besitzstandes“ für die Arbeitnehmer der übergehenden Arbeitsverhältnisse. Dieser Regelungsgehalt wurde durch § 2 Abs. 3 PÜV 1997 für die Arbeiter und Arbeiterinnen dahingehend spezifiziert, dass für sie - wie im bisherigen Arbeitsverhältnis - weiterhin der BMT-G II dynamisch anwendbar sein sollte.

26

bb) Die Klägerin durfte insoweit auch von einem auf eine konstitutive einzelvertragliche Vereinbarung gerichteten Rechtsbindungswillen der KLS FM GmbH ausgehen.

27

(1) § 2 Abs. 3 PÜV 1997 enthält eine Verpflichtung der KLS FM GmbH, auf die Arbeitsverhältnisse der Arbeiterinnen und Arbeiter auch weiterhin die Regelungen des BMT-G II in der jeweils geltenden Fassung einschließlich der diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge anzuwenden. Nach § 10 Abs. 1 PÜV 1997 war jedem betroffenen Mitarbeiter ein Exemplar des Vertrags rechtzeitig zum Stichtag, dh. mit Übergang des Arbeitsverhältnisses auszuhändigen. Gem. § 10 Abs. 2 PÜV 1997 sollten die jeweils auf den Mitarbeiter zutreffenden Vorschriften, dh. insbesondere die Verweisung auf den BMT-G II oder auf den BAT, unter dem Vorbehalt seiner Zustimmung Bestandteil des Arbeitsvertrags werden.

28

Damit ergibt sich bereits aus dem Wortlaut, dass die von der KLS FM GmbH eingegangene Verpflichtung zur weiteren Anwendung der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes nicht nur gegenüber den anderen Parteien des PÜV 1997, sondern auch und gerade unmittelbar gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern einzelvertraglich wirksam werden sollte, sofern diese zustimmen. Auch die Beklagte selbst hat dies letztlich in beiden Instanzen eingeräumt, indem sie es beispielsweise in der Berufungsbegründung als unstreitig bezeichnete, „dass die Aushändigung des Personalüberleitungsvertrages 1997 als Angebot zur Weiterführung des BAT/BMT-GII“ zu werten war und entsprechend auch praktisch durchgeführt wurde, wobei sich nach ihrer Auffassung die Dynamik jedoch nicht auf den TVöD und den TVÜ-VKA erstrecken sollte.

29

Auf die Frage, welche Rechtsqualität dem PÜV 1997 beizumessen (zB Vertrag zu Gunsten Dritter) und ob dieser wirksam zustande gekommen ist (insbes. betr. die hinreichende „Rechtsquellenklarheit“), kommt es daher nicht an. Er dient insoweit lediglich der Dokumentation des Inhalts der Willenserklärung und des hierauf bezogenen Rechtsbindungswillens der KLS FM GmbH gegenüber der Klägerin.

30

(2) Der in der Übergabe des PÜV 1997 im Zusammenhang mit seinen einzelnen Regelungen zum Ausdruck kommende Rechtsbindungswille der KLS FM GmbH bestand auch gegenüber der Klägerin. Diese war vom Anwendungsbereich des PÜV 1997 erfasst. Sie gehörte zum Bereich der Wäscheversorgung und war in der Anlage 2 zum PÜV 1997 namentlich aufgeführt.

31

cc) Der Antrag der KLS FM GmbH an die Klägerin erfolgte ohne die auflösende Bedingung ihrer eigenen Tarifgebundenheit im Sinne einer Gleichstellungsabrede. Der Antrag ist deshalb schon nach der alten Rechtsprechung des Senats zur Gleichstellungsabrede wie bei jedem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber auch schon vor dem 1. Januar 2002 nach seinem Wortlaut und dem Empfängerverständnis als „unbedingte“ dynamische Verweisung auszulegen.

32

Demgegenüber ist die Erwägung, der PÜV 1997 habe lediglich - statische - bestandsschützende Wirkung entfalten sollen, nicht durchgreifend. Zum einen hätte der PÜV 1997 - ungeachtet seiner Rechtsqualität - dann insoweit keinerlei eigenständige Bedeutung gehabt, da er sich bei dieser Auslegung auf die bloße Beschreibung der Rechtswirkungen des § 613a Abs. 1 BGB iVm. § 324 UmwG beschränkt hätte. Zum andern war die KLS FM GmbH zu keinem Zeitpunkt tarifgebunden. Wollte man die von der Revision vertretene Auslegung des Antrags zugrunde legen, hätte man eine ausdrückliche Vereinbarung unter eine auflösende Bedingung gestellt, die gar nicht erst zum Entstehen der Vereinbarung geführt hätte und - bildlich - schon vor dem Antrag „eingetreten“ war.

33

b) Die Klägerin hat den so verstandenen Antrag angenommen.

34

aa) Die Annahme eines Antrags ist eine einseitige Willenserklärung, die unter den Voraussetzungen des § 151 BGB nicht empfangsbedürftig ist. Nach § 151 BGB kommt der Vertrag durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder wenn der Antragende auf sie verzichtet hat. Im Streitfall hat die KLS FM GmbH auf die Erklärung der Annahme durch die Arbeitnehmer - so auch der Klägerin - verzichtet. Sie hat insbesondere weder eine Unterzeichnung der neuen Vertragsbedingungen verlangt noch hat sie ersichtlich in anderer Weise zum Ausdruck gebracht, sämtliche Arbeitnehmer müssten die nach § 10 Abs. 2 PÜV 1997 erforderliche Zustimmung ausdrücklich oder gar schriftlich erteilen.

35

bb) Das Landesarbeitsgericht ist ohne revisiblen Rechtsfehler zu der Auffassung gelangt, die Klägerin habe das Angebot einer unbedingten dynamischen Bezugnahme auf den BMT-G II konkludent angenommen.

36

(1) Allerdings liegt die Annahmehandlung entgegen der Auffassung der Klägerin nicht bereits in dem unterbliebenen Widerspruch gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses. Darin kommt lediglich zum Ausdruck, das Arbeitsverhältnis als solches mit der KLS FM GmbH fortsetzen zu wollen. Über die Vertragsbedingungen, zu denen das Arbeitsverhältnis fortgeführt werden soll, sagt dieses Verhalten nichts aus.

37

(2) Das Landesarbeitsgericht hat jedoch angenommen, durch die widerspruchslose Entgegennahme der durch die KLS FM GmbH bis zum Jahr 2003 weitergegebenen Tariferhöhungen habe die Klägerin das Angebot konkludent angenommen. Ein revisibler Rechtsfehler ist insoweit nicht zu erkennen (zu der eingeschränkten Überprüfbarkeit der Auslegung atypischer Willenserklärungen vgl. nur BAG 17. Mai 2011 - 9 AZR 189/10 - Rn. 26 mwN, BAGE 138, 48). Das Landesarbeitsgericht hat die Rechtsvorschriften über die Auslegung von Willenserklärungen (§§ 133, 157 BGB) richtig angewandt, Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet und den Tatsachenstoff vollständig verwertet. In dem Verhalten der Klägerin lag nicht nur ein - als Annahmeerklärung regelmäßig nicht ausreichendes - Schweigen auf den Antrag, sondern die tatsächliche Durchführung der geänderten Vertragsbedingungen (vgl. BAG 25. November 2009 - 10 AZR 779/08 - Rn. 27). Angesichts der von der KLS FM GmbH ausdrücklich unterbreiteten Offerte einer dynamischen Verweisung auf einen für sie normativ nicht geltenden Tarifvertrag liegt in der praktischen Umsetzung sowohl der zu dieser Zeit geltenden Tarifbestimmungen als auch gerade ihrer dynamischen Änderungen „in der Zeit“ nicht nur die Entgegennahme der einzelnen konkreten Tariferhöhung, sondern gleichzeitig die Annahme der angetragenen - dynamischen - Verweisungsklausel durch die Klägerin. Das Verhalten der Arbeitgeberin musste sich ihr gerade als Erfüllung der hieraus erwachsenen und schriftlich dokumentierten vertraglichen Verpflichtungen darstellen. Dies hat im Streitfall überdies deshalb eine besondere Bedeutung, weil die erste der nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts von der Arbeitgeberin weitergegebenen Tarifänderungen nach dem Betriebsübergang vom 31. Dezember 1997 bereits mit Wirkung zum 1. Januar 1998 eintrat. Zu diesem Zeitpunkt trat eine Erhöhung der Monatstabellenlöhne durch den den BMT-G II ergänzenden Monatslohntarifvertrag Nr. 25 vom 5. Mai 1998 rückwirkend in Kraft.

38

(3) Die Annahme durch die Klägerin ist auch rechtzeitig erfolgt. Nach § 151 Satz 2 BGB bestimmt sich der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden. Im Streitfall ergeben sich weder aus dem PÜV 1997 noch aus dem erkennbaren Verhalten der KLS FM GmbH Anhaltspunkte für eine Annahmefrist. Aus den Umständen folgt, dass der Antrag jedenfalls so lange aufrechterhalten bleiben sollte, bis die Vertragsänderung praktische Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis haben würde. Mit der tatsächlichen Durchführung hat die Klägerin den Antrag rechtzeitig konkludent angenommen.

39

c) Diese Arbeitsbedingungen sind entgegen der Revision vor dem weiteren Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte im Jahr 2008 nicht etwa konkludent dahingehend abgeändert worden, dass der BMT-G II nur noch mit seinem Stand vom Jahr 2003 anwendbar sein sollte. Vor dem Hintergrund des ausdrücklichen Angebots der Arbeitgeberin in § 2 Abs. 3 PÜV 1997 zur Vereinbarung einer dynamischen Bezugnahmeklausel und dessen Annahme durch die Klägerin konnte diese die bloße unterbliebene Weitergabe der Dynamik ab 2004, dh. ein lediglich faktisches Verhalten mangels abweichender Anhaltspunkte nur als nicht vertragsgemäße Erfüllung der arbeitgeberseitigen Leistungspflicht, nicht hingegen als Antrag auf Vertragsänderung verstehen. Dies gilt umso mehr, als die - geleistete - Entgelterhöhung im Jahr 2003 auf demselben Entgelttarifvertrag beruhte wie die - nicht geleisteten - Entgelterhöhungen des Jahres 2004. In § 4 des Monatslohntarifvertrags Nr. 28 zum BMT-G vom 31. Januar 2003 (MLT Nr. 28) sind stufenweise drei Lohnerhöhungen vorgesehen, die ab 1. Januar 2003, ab 1. Januar 2004 und ab 1. Mai 2004 erfolgen sollten. Die Umsetzung der ersten Stufe durch die KLS FM GmbH reihte sich aus verständiger Arbeitnehmersicht in die auch bislang erfolgten Entgeltanpassungen an die Tarifentwicklung ein und stellte damit eine weitere Erfüllung der dynamischen Verpflichtungen der Arbeitgeberin dar. Dass die auf derselben Tarifregelung beruhenden weiteren Entgelterhöhungen zum 1. Januar und 1. Mai 2004 von der Arbeitgeberin nicht mehr weitergegeben worden sind, konnte unter diesen Umständen nicht als eigenständiges Vertragsangebot gewertet werden, sondern lediglich als „Abbruch“ der bereits teilweise erfüllten Verpflichtung aus dem MLT Nr. 28 und damit als schlichte Nichterfüllung.

40

d) Die zwischen der Klägerin und der KLS FM GmbH vereinbarte dynamische Verweisungsklausel erfasst auch den TVöD und den TVÜ-VKA. Bei dem TVöD handelt es sich um einen den BMT-G II ersetzenden Tarifvertrag iSd. vertraglichen Bezugnahmeklausel. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Spiegelstrich 4 TVÜ-VKA ersetzt der TVöD/VKA den BMT-G II(vgl. zur entsprechenden Ersetzung des BAT ausf. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 22, BAGE 130, 286). Dabei bedarf es keines Rückgriffs auf die - hier tatsächlich fehlende - Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien für eine zwingende Auslegung der Verweisungsklausel. Diese steht einer solchen Auslegung, die im Einzelfall häufig naheliegen wird und auch im Streitfall zutreffend ist, allerdings auch nicht entgegen. Für eine ergänzende Vertragsauslegung fehlt es deshalb bereits an der Voraussetzung einer Regelungslücke, so dass nicht entschieden werden muss, ob nicht auch hier dasselbe Auslegungsergebnis einträte.

41

II. Die damit zwischen der KLS FM GmbH und der Klägerin arbeitsvertraglich vereinbarte dynamische Verweisungsklausel ist durch die Ausgliederung und Übertragung des Bereichs „Reinigung Klinikum L“ zum 1. Juli 2008 unverändert auf die Beklagte übergegangen.

42

1. Gem. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gehen die Rechte und Pflichten des Veräußerers aus einem zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis auf den Erwerber über. Der Erwerber wird so gestellt, als hätte er die dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegenden Willenserklärungen, also auch die, ein bestimmtes Tarifwerk in seiner jeweiligen Fassung zum Inhalt des Arbeitsvertrags zu machen, selbst gegenüber dem übernommenen Arbeitnehmer abgegeben (st. Rspr., vgl. nur BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - Rn. 23, BAGE 132, 169; 7. November 2007 - 5 AZR 1007/06 - Rn. 15, BAGE 124, 345). Nach § 324 UmwG bleibt § 613a BGB durch die Wirkung einer Spaltung unberührt. Dass im Streitfall die Tatbestandsvoraussetzungen von § 613a Abs. 1 BGB vorliegen, wird von den Vorinstanzen und den Parteien zu Recht nicht angezweifelt.

43

2. Damit ist auch die zwischen der KLS FM GmbH und der Klägerin vertraglich vereinbarte dynamische Verweisung auf den BMT-G II bzw. den TVöD und den TVÜ-VKA Bestandteil des ab dem 1. Juli 2008 zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses geworden. Eine dynamische Bezugnahmeklausel geht als vertragliche Vereinbarung zwischen dem Veräußerer und dem Arbeitnehmer regelmäßig auf das nach dem Betriebsübergang bestehende Arbeitsverhältnis mit dem Erwerber nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB unter Aufrechterhaltung der Dynamik über(st. Rspr., ausf. BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - Rn. 14 ff., BAGE 132, 169).

44

3. Diesem Ergebnis steht Unionsrecht nicht entgegen. Die Bindung des Erwerbers eines Betriebs an die von dessen Veräußerer mit dem Arbeitnehmer individualrechtlich vereinbarte dynamische Bezugnahme auf einen Tarifvertrag verstößt nicht gegen unionsrechtliche Regelungen, namentlich Art. 3 RL 2001/23/EG iVm. Art. 16 GRC.

45

a) Mit Urteil vom 27. April 2017 (- C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt]) hat der EuGH auf Vorlage des erkennenden Senats (BAG 17. Juni 2015 - 4 AZR 95/14 (A) -) entschieden, dass die RL 2001/23/EG iVm. Art. 16 GRC der dynamischen Fortgeltung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel im Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber nicht entgegensteht, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsieht.

46

b) Solche sowohl einvernehmlichen als auch einseitigen Anpassungsmöglichkeiten sieht die deutsche Rechtsordnung vor.

47

aa) Eine einvernehmliche Änderung der Arbeitsvertragsbedingungen ist - wie in jedem Arbeitsverhältnis - grundsätzlich auch nach einem Betriebsübergang möglich.

48

(1) § 613a BGB hindert Arbeitnehmer und Betriebsübernehmer nicht, nach einem Betriebsübergang die vertraglichen Arbeitsbedingungen einvernehmlich abzuändern. So kann auch einzelvertraglich die mit dem Betriebsveräußerer vereinbarte Dynamik der Bezugnahmeklausel abbedungen werden. Insbesondere bedarf eine nach dem Betriebsübergang getroffene Vergütungsvereinbarung nicht wegen möglicher Umgehung des § 613a BGB eines sie rechtfertigenden Sachgrundes(st. Rspr. seit BAG 7. November 2007 - 5 AZR 1007/06 - Rn. 12, BAGE 124, 345). Soweit das Gesetz in § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB eine Sperrfrist von einem Jahr für die - auch einvernehmliche - Verschlechterung der Arbeitsbedingungen vorsieht, gilt dies ausschließlich für diejenigen Rechte und Pflichten, die vor dem Betriebsübergang zwischen Veräußerer und Arbeitnehmer aufgrund eines normativ geltenden Tarifvertrags oder einer Betriebsvereinbarung verbindlich waren.

49

(2) Die Möglichkeit einer einvernehmlichen Vertragsänderung hat entgegen der Auffassung der Revision auch nicht nur theoretische Bedeutung. In der Praxis nimmt nicht selten ein Großteil der Arbeitnehmer einen aus deren Sicht nachvollziehbar begründeten - kollektiven - Antrag auf Vertragsänderung an. So haben etwa in dem der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 26. Juni 2008 (- 2 AZR 139/07 -) zugrunde liegenden Fall 439 der 447 betroffenen Arbeitnehmer und damit 97 vH der Belegschaft das vom Arbeitgeber unterbreitete Änderungsangebot mit dem Ziel der Realisierung eines Sanierungskonzepts angenommen (ähnlich bei BAG 1. April 2009 - 10 AZR 353/08 -: 96 vH der Arbeitnehmer für die Anhebung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 auf 40 Stunden ohne Entgeltausgleich). Auch in dem der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 7. Juni 2017 (- 1 ABR 32/15 -) zugrunde liegenden Sachverhalt hatten 96 vH der Arbeitnehmer einer Änderungsvereinbarung ua. mit einem Verzicht auf Leistungsentgeltanteile und Sonderzahlungen sowie einer Reduzierung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich gegen einen befristeten Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen zugestimmt.

50

bb) Auch die vom EuGH weiter geforderte Möglichkeit einer einseitigen Arbeitsvertragsänderung ist gesetzlich vorgesehen. Der Arbeitgeber kann gem. § 2 KSchG einzelne Arbeitsbedingungen durch die Erklärung einer Änderungskündigung abändern. Dass eine solche im Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes sozial gerechtfertigt sein muss (§ 1 Abs. 2 KSchG), ist mit der vom EuGH in den Rechtssachen Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt und Alemo-Herron ua. (EuGH 27. April 2017 - C-680/15 und C-681/15 - und 18. Juli 2013 - C-426/11 -) vorgenommenen Auslegung der RL 2001/23/EG vereinbar.

51

(1) Der EuGH verlangt, der Erwerber müsse in der Lage sein, die für die Fortsetzung seiner Tätigkeit „erforderlichen“ Anpassungen vorzunehmen (EuGH 18. Juli 2013 - C-426/11 - [Alemo-Herron ua.] Rn. 25; 27. April 2017 - C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 22). Damit unterliegen die vom Erwerber angestrebten Änderungen jedenfalls nicht seiner einseitigen freien Entscheidung, sondern müssen dem Kriterium der Erforderlichkeit genügen (so auch Bayreuther NJW 2017, 2158, 2159; Klein jurisPR-ArbR 20/2017 Anm. 1, D II). Hierzu hat der EuGH dem Unionsrecht keine bestimmten materiell-rechtlichen Kriterien entnommen, denen die Anpassungsmöglichkeit nach nationalem Recht genügen müsse. Für den Streitfall hat der Gerichtshof zudem ausdrücklich angenommen, die vom vorlegenden Senat dargestellte einseitige Änderungsmöglichkeit entspreche den durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs gesetzten Anforderungen (EuGH 27. April 2017 - C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 25). Es sei nicht seine Sache, über das Vorliegen oder die Wirksamkeit der betreffenden Anpassungsmöglichkeiten zu entscheiden. Für die Würdigung des Sachverhalts und die Auslegung des nationalen Rechts sei das nationale Gericht allein zuständig (EuGH 27. April 2017 - C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 27 f.).

52

(2) Die gesetzlichen Vorgaben für die Änderungskündigung genügen diesen Anforderungen.

53

(a) Die Änderungskündigung iSv. § 2 KSchG ist eine einseitige Anpassungsmöglichkeit. Daran ändert der Umstand nichts, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nur dadurch zustande kommen kann, dass der Arbeitnehmer das Änderungsangebot des Arbeitgebers annimmt (vgl. dazu Sagan ZESAR 2016, 116, 120). Gleichwohl ist das Änderungsangebot stets mit der einseitigen Willenserklärung einer Beendigungskündigung verbunden. Unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot ablehnt oder unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung annimmt (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 576/09 - Rn. 30; 15. Januar 2009 - 2 AZR 641/07 - Rn. 14 mwN), haben die Gerichte für Arbeitssachen lediglich zu prüfen, ob sich die angebotenen Änderungen nicht weiter vom Inhalt des bisherigen Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies zur Erreichung des angestrebten Ziels „erforderlich“ ist (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 576/09 - aaO; 26. März 2009 - 2 AZR 879/07 - Rn. 51 ff. mwN). Danach kann sich der Arbeitgeber - sofern die angestrebten Änderungen sozial gerechtfertigt sind - auch einseitig von den nicht gewünschten Arbeitsbedingungen lösen. Dass es dem Arbeitnehmer nach dem nationalen Recht unbenommen ist, das Arbeitsverhältnis für den Fall der sozialen Rechtfertigung der vom Arbeitgeber angebotenen Änderung gar nicht fortsetzen zu wollen, ist unerheblich. Ein schützenswertes Interesse des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer nur unter den von ihm gewünschten geänderten Bedingungen fortzusetzen, besteht nicht. Der Arbeitnehmer könnte für den Fall, dass ihm die geänderten Arbeitsbedingungen nicht (mehr) zusagen, jederzeit seinerseits eine Eigenkündigung erklären.

54

(b) Der Umstand, dass die Anpassungsmöglichkeit der Änderungskündigung nach dem nationalen Recht - sofern das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist - an die gesetzlich normierte Voraussetzung der sozialen Rechtfertigung geknüpft ist, steht den Vorgaben des EuGH ebenso wenig entgegen.

55

(aa) § 2 iVm. § 1 Abs. 2 KSchG ermöglicht eine Anpassung von Arbeitsbedingungen durch eine einseitige Willenserklärung des Arbeitgebers. Deren Wirksamkeit ist jedoch an bestimmte tatbestandliche Voraussetzungen geknüpft, insbesondere das Vorliegen von Umständen, die die angestrebte Änderung der Arbeitsbedingungen als „sozial gerechtfertigt“ erscheinen lassen. In der hierzu bisher ergangenen Rechtsprechung insbesondere des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts ist insoweit darauf abgestellt worden, ob sich das Änderungsangebot auf die für die Fortsetzung der Tätigkeit des Arbeitgebers „erforderlichen“ Anpassungen beschränkt (vgl. BAG 10. September 2009 - 2 AZR 822/07 - BAGE 132, 78).

56

(bb) Auch der EuGH verlangt für einen Betriebserwerber keine voraussetzungsfreien Änderungsmöglichkeiten, sondern lediglich die Möglichkeit von „erforderlichen“ Anpassungen (EuGH 27. April 2017 - C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 22; 18. Juli 2013 - C-426/11 - [Alemo-Herron ua.] Rn. 25; so auch Bayreuther NJW 2017, 2158, 2159). Ob und inwieweit sich diese beiden, zumindest im Wortlaut gleichlautenden Tatbestandsvoraussetzungen decken oder hier ggf. eine unterschiedliche Beurteilung angezeigt ist, muss der Senat nicht entscheiden. Es genügt insoweit die Feststellung, dass für die Berücksichtigung des Merkmals der „Erforderlichkeit“ bei der Beurteilung einer Änderungskündigung im Rahmen eines Änderungskündigungsschutzverfahrens ausreichend Raum besteht.

57

(cc) Soweit teilweise eingewandt wird, eine Änderungskündigung zum Zwecke der Beseitigung der Dynamik sei aussichtslos bzw. nur „theoretisch“ möglich, wie sich an der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Entgeltabsenkung durch Änderungskündigung zeige (vgl. zB Naber/Krois BB 2015, 1600; dies. ZESAR 2014, 121, 127; Latzel RdA 2014, 110, 116; Willemsen/Grau NJW 2014, 12, 15; Sagan ZESAR 2016, 116, 120; Haußmann ArbRAktuell 2017, 242), greift dieser Einwand schon deshalb nicht durch, weil es bei der Entdynamisierung der Verweisungsklausel nicht um eine Entgeltabsenkung geht, sondern - abgesehen von sonstigen Tarifinhalten - um die Aufrechterhaltung des bisherigen Entgeltniveaus. Die oa. Literaturauffassung übersieht darüber hinaus, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts selbst eine Entgeltabsenkung im Wege der Änderungskündigung möglich ist (sh. nur BAG 26. Juni 2008 - 2 AZR 139/07 - Rn. 18 ff.; 29. November 2007 - 2 AZR 789/06 - Rn. 13 ff.), an deren Wirksamkeit lediglich höhere Anforderungen gestellt werden, da sie einen nachhaltigen Eingriff in das arbeitsvertraglich vereinbarte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung bedeutet (BAG 26. Januar 1995 - 2 AZR 371/94 - BAGE 79, 159; 1. Juli 1999 - 2 AZR 826/98 -).

58

(3) Es ist auch ansonsten kein rechtlich begründeter Anlass dafür ersichtlich, einen Betriebsübernehmer hinsichtlich seiner Bindung an Arbeitsverträge im Vergleich zu anderen Arbeitgebern zu privilegieren. Einem Betriebsübernehmer steht es frei, den Inhalt der einzelvertraglichen Abreden der von ihm zu übernehmenden Arbeitnehmer - ebenso wie weitere vertragliche Bindungen des Veräußerers, zB Leasing-Verträge, Kundenverträge, Lieferantenbedingungen usw. - zu prüfen und bei dem Aushandeln seiner Gegenleistung angemessen zu berücksichtigen. Das rechtliche Instrument der Änderungskündigung dient dabei nicht der nachträglichen Korrektur einer unzureichenden Prüfung. Ließe man eine solche Korrektur ohne die Maßgabe der dafür nach § 2 KSchG vorgesehenen materiell-rechtlichen Kriterien zu, wäre es dem Erwerber eines Betriebs möglich, sich von bestimmten, von ihm für nachteilig gehaltenen vertraglichen Vereinbarungen nach anderen Kriterien zu lösen als sonstigen Arbeitgebern in einem laufenden Arbeitsverhältnis. Ob - ungeachtet des Verweises des EuGH auf die alleinige Kompetenz der nationalen Gerichte zur Auslegung des nationalen Rechts - und ggf. welche Kriterien bei der rechtlichen Beurteilung einer Änderungskündigung im Rahmen des Maßstabs der sozialen Rechtfertigung nach § 2 KSchG aus dem Unionsrecht zu berücksichtigen sein könnten(vgl. dazu etwa Jacobs/Frieling EuZW 2013, 737, 740 mwN), war vorliegend nicht zu beurteilen. Die Beklagte hat keine Änderungskündigung erklärt. Schon aus diesem Grund kommt entgegen der Revision eine Vorlage an den Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts nach § 45 Abs. 3 ArbGG nicht in Betracht.

59

(4) Der gelegentlich vorgebrachte und von der Revision aufgenommene Hinweis auf ein mögliches Vereinheitlichungsinteresse des Betriebserwerbers (vgl. etwa Willemsen/Grau NJW 2014, 12, 15) ist schon deshalb unbeachtlich, weil es im Entscheidungsfall nicht um die Anwendbarkeit eines eigenen Tarifvertrags des Erwerbers, sondern lediglich um die Frage der Dynamik des vereinbarten Tarifvertrags geht. Dass der TVöD und der TVÜ-VKA als solche den Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien bestimmen, ist unter unionsrechtlichen Gesichtspunkten zwischen den Parteien nicht im Streit. Auch in den von der Revision angeführten Urteilen des EuGH (EuGH 18. Juli 2013 - C-426/11 - [Alemo-Herron ua.] Rn. 27; 9. März 2006 - C-499/04 - [Werhof]) war weder eine absenkende Angleichung der Entgelthöhe noch die Anwendbarkeit eines anderen Tarifvertrags Gegenstand der Entscheidung; in beiden Fällen blieb es - bei „Obsiegen“ des Arbeitgebers - im Ergebnis bei der statischen Anwendung des „unternehmensfremden“ Tarifvertrags.

60

4. Die Annahme des Übergangs einer dynamischen Verweisungsklausel verletzt die Beklagte entgegen der Auffassung der Revision auch nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 9 Abs. 3 GG. Wie der Senat bereits wiederholt ausgeführt hat, berühren die Auslegung und die Wirksamkeit der individualrechtlichen Bezugnahme auf Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung als Ausdruck privatautonomer Gestaltungsmacht weder die negative Koalitionsfreiheit dessen, der das Arbeitsverhältnis vertraglich der einschlägigen tarifvertraglichen Ordnung unterstellen wollte und dies auch durch die Zustimmung des Arbeitnehmers erreicht hat, noch diejenige der Personen, die aufgrund privatautonomer Entschließung in diese Rechtsposition eingetreten sind. Die negative Koalitionsfreiheit kann schon begrifflich nicht durch einen Arbeitsvertrag berührt sein (BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - Rn. 21, BAGE 132, 169; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 17 ff., BAGE 128, 185). Dies hat das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt.

61

III. Die Parteien des Rechtsstreits haben auch keine von dieser Bezugnahmeregelung abweichende oder diese abändernde Vereinbarung getroffen.

62

1. Der PÜV 2008, der auch das Arbeitsverhältnis der Parteien erfasste, sieht in § 1 Abs. 3 vor, dass die betroffenen Arbeitnehmer mit allen arbeitsvertraglichen Rechten und Pflichten, insbesondere aus einzelvertraglichen Regelungen, Gesamtzusagen und betrieblichen Übungen auf die übernehmende Gesellschaft übergehen. Darin liegt keine abweichende Vereinbarung der Rechte und Pflichten, sondern lediglich eine Bestätigung der ohnehin geltenden gesetzlichen Regelung des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB.

63

2. Umgekehrt sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass - abweichend von der bislang bestehenden und nunmehr in gleicher Weise auf die Beklagte übergegangene Vereinbarung - ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs nur eine (statische) Bezugnahme auf den BMT-G II gewollt war. Soweit die Revision sich für die gegenteilige Annahme auf § 1 Abs. 4 PÜV 2008 beruft, bleibt sie erfolglos. Die Klägerin konnte diese Regelung nicht als gesonderten Antrag der Beklagten iSv. §§ 145 ff. BGB auffassen, erst recht nicht auf einvernehmliche Änderung des Bezugsobjekts ihrer vereinbarten und gelebten dynamischen Verweisungsklausel. Das ergibt sich schon daraus, dass die Klägerin nicht zu den dort allein angesprochenen Mitarbeitern der Bereiche „Technik“ gehört.

64

IV. Das Recht der Klägerin, sich auf die Anwendbarkeit des TVöD sowie des TVÜ-VKA zu berufen, ist weder verfallen noch verjährt oder verwirkt.

65

1. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass die Anwendbarkeit von Tarifverträgen auf ein Arbeitsverhältnis als solche weder den tarifvertraglichen Ausschlussfristen noch der gesetzlichen Verjährung unterliegt. Die Anwendbarkeit des Tarifvertrags ist ein „Stammrecht“, welches als solches an keinen Fälligkeitszeitpunkt geknüpft ist (vgl. BAG 15. September 2004 - 4 AZR 416/03 - zu II 1 der Gründe). Die Revision hat insoweit auch keine Rügen erhoben.

66

2. Das Recht der Klägerin ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht verwirkt.

67

a) Mit der Verwirkung als Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) wird eine illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, er wolle sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment) (st. Rspr., sh. nur BAG 7. November 2001 - 4 AZR 724/00 - zu I 3 a der Gründe, BAGE 99, 295). Hierbei muss das Vertrauen des Verpflichteten, nicht in Anspruch genommen zu werden, das Interesse des Berechtigten an Anspruchserfüllung derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist.

68

b) Ob und unter welchen Umständen die Geltendmachung eines bestimmten Inhalts eines Arbeitsverhältnisses als solche überhaupt der Verwirkung unterliegen kann - was wegen der rechtsgeschäftlichen Möglichkeit einer auch konkludenten Änderung des Vertragsinhalts fraglich erscheint -, kann hier dahinstehen. Die Beklagte hat lediglich auf den verstrichenen Zeitraum - sieben Jahre zwischen dem Inkrafttreten des TVöD und einer Geltendmachung der Klägerin - verwiesen. Ob damit das erforderliche Zeitmoment für eine Verwirkung schon erfüllt ist, kann gleichfalls offenbleiben. Der bloße Zeitablauf allein führt nicht zu einer Verwirkung. Für das Vorliegen des notwendigen Umstandsmoments hat die Beklagte über den bloßen Zeitablauf hinaus nichts vorgetragen. Entsprechende Umstände sind auch nicht ersichtlich.

69

C. Die Kosten der Revision sind von der Beklagten zu tragen, weil ihr Rechtsmittel erfolglos bleibt (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Eylert    

        

    Klose    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Gey-Rommel    

        

    Krüger    

                 

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 19. Oktober 2011 - 7 Sa 452/11 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe eines von der Beklagten zu zahlenden Zuschusses zum Krankenversicherungsbeitrag des Klägers.

2

Der Kläger und die Rechtsvorgängerin der Beklagten schlossen am 22. September/25. September 2003 einen Aufhebungsvertrag. In diesem heißt es ua.:

        

„Aufhebungsvertrag

        

1       

…       

                 

Das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis wird daher auf Veranlassung der B AG zum 31. Oktober 2004 aufgehoben.

        

3       

…       

                 

Unter Anrechnung von Leistungen Dritter, z. B. Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Krankengeld, Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung, gesetzlichen Rentenversicherung sowie Bezügen aus anderweitiger beruflicher Tätigkeit, garantieren wir Ihnen eine Gesamtleistung von insgesamt 138.672,87 EUR brutto.

                 

Diese Gesamtleistung setzt sich zusammen aus:

                          

einer Einmalzahlung im November 2004 von

                          

5.532,87 EUR brutto,

                          

sowie vom 1. November 2004 bis 31. Oktober 2009 Leistungen von monatlich 2.219,00 EUR brutto.

                 

Abweichungen von den monatlichen Beträgen können sich auf Grund der Anrechnung von Leistungen Dritter ergeben.

                 

…       

        

5       

Zusätzlich übernimmt die B AG - sofern hierzu nicht ein anderer Träger verpflichtet ist - die während des Ausgleichszeitraumes zu entrichtenden Krankenversicherungsbeiträge als Bruttobetrag, soweit sie sich aus den in diesem Vertrag zugesagten Leistungen ergeben, maximal bis zu der Höhe des Beitrages der zuständigen Betriebskrankenkasse der B AG.

        

…“    

        
3

Die Krankenkassenbeiträge wurden zunächst von der Rechtsvorgängerin der Beklagten unmittelbar an deren Betriebskrankenkasse, die B BKK, überwiesen. Ab November 2006 wurde das Einzugsverfahren durch die Rechtsnachfolgerin der B BKK, die p BKK, umgestellt. Dies hatte zur Folge, dass der Kläger seine Krankenversicherungsbeiträge selbst an die Krankenkasse abführen musste und der Krankenversicherungszuschuss unmittelbar an ihn ausbezahlt wurde. Da der Kläger in keinem Arbeitsverhältnis mehr stand, war er bei der p BKK als freiwilliges Mitglied versichert. Diese stellte sich auf den Standpunkt, dass für den von der Beklagten an den Kläger gezahlten Zuschuss ebenfalls Beiträge zur Krankenversicherung zu zahlen seien, er also ebenfalls der Verbeitragung unterliege. Mit Schreiben vom 22. Februar 2008 teilte sie dem Kläger ua. mit:

        

„…    

        

wie mit Ihnen besprochen, sind wir damit einverstanden, dass Sie für die Zeit ab dem 01.11.2006 die Beiträge nur in Höhe an uns entrichten, wie diese ohne Berücksichtigung des Zuschusses zur Krankenversicherung zu entrichten wären.

        

Den Beitrag, der aus dem Zuschuss anfällt, werden wir solange stunden, bis geklärt ist, wie die endgültige Beitragsberechnung zu erfolgen hat.

        

…“    

4

Am 25. Mai 2010 schrieb die p BKK an den Kläger:

        

„…    

        

Sie erhielten von der B GmbH eine monatliche Abfindung und einen Krankenkassenzuschuss. Mit Schreiben vom 21.02.2008 [richtig wohl: 22.02.2008] erklärten wir uns damit einverstanden, Ihnen den Beitrag insoweit zu stunden, als er auf den Krankenkassenzuschuss entfällt. Grund hierfür war, dass die Frage der Beitragspflicht aus in monatlichen Raten gezahlten Abfindungen bislang nicht höchstrichterlich geklärt ist.

        

Zwischenzeitlich steht fest, dass es zu der ursprünglich angestrebten gerichtlichen Klärung nicht kommen wird, da sich kein Mitglied gefunden hat, welches bereit war, einen Musterrechtsstreit zu führen. Unsere zu dieser Rechtsfrage vertretene Auffassung wird vom Spitzenverband Bund der gesetzlichen Krankenkassen geteilt. Auch das Bundesversicherungsamt beanstandet diese Beitragsberechnung nicht.

        

Wir heben daher die Stundung auf und berechnen für die Zeit vom 01.11.2006 bis 31.10.2009 die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung neu.

        

…       

        

Damit sind für die Zeit vom 01.11.2006 bis 31.10.2009 Beiträge in Höhe von 1.717,32 € nachzuzahlen.

        

…“    

5

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf. Dieser Rechtsstreit ist noch anhängig.

6

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Erstattung des von der p BKK geforderten Nachzahlungsbetrages in Höhe von insgesamt 1.717,32 Euro.

7

Er meint, die Beklagte habe sich im Aufhebungsvertrag dazu verpflichtet, die Krankenkassenbeiträge in voller Höhe zu übernehmen. Wenn die Beklagte nunmehr einen Zuschuss zu den Krankenversicherungsbeiträgen zahle und dies dazu führe, dass sich der von ihm zu zahlende Krankenversicherungsbeitrag erhöhe, so habe die Beklagte dafür zu sorgen, dass ihm keine zusätzlichen Kosten entstünden.

8

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.717,32 Euro nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 4. August 2010 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

10

Sie vertritt die Ansicht, dass sie, wie sich aus Ziff. 5 des Aufhebungsvertrages ergebe, die Übernahme der Krankenversicherungsbeiträge als Bruttobetrag schulde und nicht zusätzlich die Zahlung der auf diese Zuschüsse entfallenden Krankenversicherungsbeiträge. Die zugesagte Übernahme der Krankenversicherungsbeiträge beziehe sich nur auf die monatliche Abfindungszahlung von 2.219,00 Euro, nicht aber auf die zusätzlich gezahlten Krankenversicherungsbeiträge. Außerdem wäre ein etwaiger Anspruch des Klägers aufgrund der einmonatigen Ausschlussfrist des auf das Arbeitsverhältnis vereinbarungsgemäß anzuwendenden § 17 MTV verfallen. Die Fälligkeit des geltend gemachten Zahlungsanspruchs wäre mit dem Bescheid der p BKK vom 25. Mai 2010 eingetreten, so dass die erstmalige Geltendmachung des Anspruchs mit Schreiben der klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 21. Juli 2010 verspätet gewesen wäre.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Ihm steht der geltend gemachte Erstattungsanspruch gegen die Beklagte nicht zu.

13

I. Das Landesarbeitsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

14

Die Beklagte sei nur verpflichtet, dem Kläger die auf die in Ziff. 3 des Aufhebungsvertrages zugesagte monatliche Leistung in Höhe von 2.219,99 Euro [richtig wohl: 2.219,00 Euro] entfallenden Krankenkassenbeiträge zu erstatten. Dies ergebe die Auslegung der Ziff. 5 des Aufhebungsvertrages. Ausweislich dieser Bestimmung sei unmissverständlich geregelt, dass die Beklagte die zu entrichtenden Krankenversicherungsbeiträge „als Bruttobetrag“ übernehme. Sollte diese Leistung ihrerseits der Krankenversicherungspflicht unterliegen, so handele es sich dabei um eine gesetzliche Folge, die nicht die Beklagte, sondern den Kläger als Arbeitnehmer treffe. Dies sei für diesen auch erkennbar gewesen, weil bei der Zusage einer Bruttoleistung feststehe, dass hiervon Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung abgingen. Zu Recht weise die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich die gesetzlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen ändern könnten, welche auf die Voraussetzungen etwaiger Abzüge und deren etwaige Höhe Einfluss haben. Gerade durch eine Bruttovereinbarung werde deutlich, dass der vertragschließende Arbeitgeber das Risiko derartiger Veränderungen nicht tragen wolle. Soweit der Kläger behaupte, das Zustandekommen der Aufhebungsvereinbarung sei „von dem Wunsch beider Parteien“ geprägt gewesen, ihm eine feste monatliche Abfindungsleistung zur Verfügung zu stellen, welche ihm ein festes monatliches Einkommen habe ermöglichen sollen, sei diese von der Beklagten bestrittene Behauptung unsubstantiiert. Die Annahme eines derartigen „Wunsches“ finde in der Aufhebungsvereinbarung auch keinerlei Stütze, weil dort alle an den Kläger zu zahlenden Beträge als Bruttobeträge bezeichnet seien, wodurch hinreichend und auch für den Kläger erkennbar klargestellt sei, dass die hierauf entfallenden Steuern, Abgaben und zusätzlichen Krankenversicherungsbeiträge von ihm selbst zu tragen sein sollten.

15

Es könne auch nicht von einer Nettolohnvereinbarung der Parteien ausgegangen werden. So könne kein „klar erkennbarer Wille“ der Parteien zum Abschluss einer Nettolohnvereinbarung festgestellt werden. Vielmehr befänden sich in der Vereinbarung ausschließlich Anhaltspunkte für den „Normalfall“, nämlich eine Bruttolohnvereinbarung. Vom Kläger seien auch keine Umstände vorgetragen worden, warum die Beklagte von diesem „Normalfall“ abgewichen sei. Entgegen der Auffassung des Klägers sei die Beklagte auch nicht verpflichtet, die von ihr an den Kläger ausgezahlten Krankenkassenbeiträge so zu gestalten, dass für ihn ein Einkommen nach Maßgabe eines Bruttomonatsentgelts in Höhe von 2.219,00 Euro gewährleistet sei. Aus dem Aufhebungsvertrag selbst ergebe sich, dass der von der Beklagten übernommene Krankenversicherungsbeitrag höhenmäßig auf die Leistungen aus dem Aufhebungsvertrag begrenzt sein sollte. Dies ergebe sich hinreichend deutlich aus der Formulierung, dass die Beklagte die Krankenkassenbeiträge als Bruttobeträge übernehme, „soweit sie sich aus den in diesem Vertrag zugesagten Leistungen ergäben“. Damit hätten die Parteien in Ziff. 5 des Aufhebungsvertrages ersichtlich nicht auf die tatsächlich vom Kläger zu entrichtenden Krankenversicherungsbeiträge abstellen wollen, sondern nur auf die Krankenversicherungsbeiträge, die sich aufgrund der Leistungen aus Ziff. 3 der Vereinbarung ergeben.

16

Die streitgegenständlichen Regelungen seien auch unter dem Gesichtspunkt, dass es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen handele, wirksam. Die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB komme nicht zur Anwendung. Dafür genüge es nicht, dass Streit über die Auslegung bestehe. Voraussetzung sei vielmehr, dass nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel bleibe und mindestens zwei Auslegungen rechtlich vertretbar seien. Weise die Klausel bei objektiver Auslegung einen einheitlichen Inhalt auf oder hätten die Parteien sie übereinstimmend in einem bestimmten Sinne verstanden, sei für eine Anwendung von § 305c Abs. 2 BGB kein Raum. Dies sei vorliegend der Fall.

17

II. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

18

Die zulässige Klage ist unbegründet.

19

1. Ein Anspruch des Klägers ergibt sich nicht unmittelbar aus den getroffenen vertraglichen Vereinbarungen.

20

a) Dem Kläger steht aufgrund der mit der Beklagten getroffenen Vereinbarungen im Aufhebungsvertrag kein Anspruch auf Erstattung der Krankenversicherungsbeiträge zu, welche die p BKK als Beiträge auf den von der Beklagten gemäß Ziff. 5 des Vertrages geleisteten Krankenversicherungszuschuss verlangt hat. Die insoweit vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung der Vertragsvereinbarungen ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

21

b) Das Berufungsgericht ist ohne nähere Begründung davon ausgegangen, dass es sich bei den einschlägigen Regelungen im Aufhebungsvertrag um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Nach der Legaldefinition in § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt. Vertragsbedingungen sind für eine Vielzahl von Verträgen bereits dann vorformuliert, wenn ihre dreimalige Verwendung beabsichtigt ist (BAG 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - Rn. 14 mwN, AP BGB § 307 Nr. 48 = EzA BGB 2002 § 309 Nr. 6).

22

Davon, dass diese Voraussetzungen vorliegen, ist trotz fehlender ausdrücklicher Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht auszugehen. Zunächst tragen beide Parteien vor, dass der Ziff. 5 des Aufhebungsvertrages entsprechende Vereinbarungen auch in anderen Fällen von „Frühverrentungen“ verwendet worden sind, und zum anderen liegen auch den im Rechtsstreit vorgelegten Urteilen des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 21. September 2010 (- 5 Sa 193/10 -) und des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 18. Februar 2009 (- 7 Ca 3698/08 -) mit anderen Arbeitnehmern vereinbarte gleichlautende Vertragsklauseln zugrunde.

23

c) Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung der einschlägigen als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu wertenden Bestimmungen des Aufhebungsvertrages unterliegen der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung durch das Bundesarbeitsgericht (st. Rspr., vgl. BAG 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 23 mwN, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 88 Nr. 3).

24

d) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Maßgebend sind die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden nicht rechtskundigen Vertragspartners. Anhaltspunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut (BAG 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 24 mwN, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 88 Nr. 3).

25

e) Bereits der Wortlaut der im Aufhebungsvertrag getroffenen Vereinbarung spricht für das vom Landesarbeitsgericht gefundene Ergebnis. So heißt es in Ziff. 5 des Aufhebungsvertrages, dass die Beklagte die „Krankenversicherungsbeiträge als Bruttobetrag, soweit sie sich aus den in diesem Vertrag zugesagten Leistungen ergeben“, übernimmt. Aus der Verwendung des Begriffes „Bruttobetrag“ ergibt sich, dass der Kläger als Arbeitnehmer alle Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung, welche auf diesen Krankenversicherungszuschuss entfallen, tragen sollte. Der Begriff „Brutto“(-Entgelt) stellt nämlich rechtsterminologisch das Gegenteil von „Netto“(-Entgelt) dar. Unter einer Nettolohnvereinbarung ist eine Abrede zwischen den Parteien eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses des Inhalts zu verstehen, dass der Arbeitgeber - gegebenenfalls neben der Übernahme von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung - dem Arbeitnehmer dadurch zusätzlichen Lohn zuwendet, dass er auch die Lohnsteuer trägt (vgl. BFH 28. Februar 1992 - VI R 146/87 - zu 1 a der Gründe, BFHE 167, 507 = AP BGB § 611 Nettolohn Nr. 5). Im Ergebnis bedeutet der Begriff „netto“ nach allgemeinem Sprachgebrauch im Zusammenhang mit einer Vergütungsvereinbarung, dass der Arbeitnehmer den genannten Betrag in der angegebenen Höhe vom Arbeitgeber ausbezahlt erhält und keine Abgaben auf diesen ausbezahlten Betrag mehr zu leisten hat.

26

Letztlich verlangt der Kläger von der Beklagten, so gestellt zu werden, als hätte er mit dieser vereinbart, den Krankenversicherungszuschuss „netto“ auszuzahlen, dh. alle darauf entfallenden Krankenversicherungsbeiträge zu tragen. Gegen eine solche Auslegung der getroffenen Vereinbarung spricht auch, dass sich die Höhe des Krankenversicherungszuschusses ausschließlich an den im „Vertrag zugesagten Leistungen“ orientieren sollte. Darunter können aber nur die in Ziff. 3 aufgeführten Leistungen der Beklagten, nicht der in Ziff. 5 genannte Krankenversicherungszuschuss selbst gemeint sein.

27

Einem solchen Verständnis der Begriffe „brutto“ und „netto“ steht nicht entgegen, dass es sich im Streitfalle um Krankenversicherungsbeiträge handelt, welche aufgrund einer freiwilligen Krankenversicherung vom Kläger an die p BKK zu zahlen waren (vgl. BAG 26. August 2009 - 5 AZR 616/08 - Rn. 17, USK 2009-71).

28

Der grundsätzliche Unterschied zwischen den Begriffen „Nettobetrag“ und „Bruttobetrag“ ist den im Arbeitsleben Stehenden regelmäßig bekannt. Besondere Rechtskenntnisse sind für diese allgemeine Unterscheidung nicht erforderlich.

29

f) Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass für die Anwendbarkeit der so genannten „Unklarheitenregelung“ des § 305c Abs. 2 BGB kein Raum ist. Bleibt bei der Auslegung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dieser nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Dies setzt aber voraus, dass die Auslegung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung des § 305c Abs. 2 BGB nicht(BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 42, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2).

30

Das vom Berufungsgericht revisionsrechtlich nicht zu beanstandende Auslegungsergebnis lässt keine solchen Zweifel entstehen.

31

g) Für die Annahme, dass die Parteien etwas anderes vereinbaren wollten, als sich aus dem Wortlaut und der Gesamtschau der getroffenen Vereinbarungen ergibt, lässt sich aus dem Aufhebungsvertrag nichts ableiten. Dies hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis ebenfalls zutreffend entschieden.

32

h) Eine Inhaltskontrolle der getroffenen Abrede nach § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB scheidet aus. Eine solche würde voraussetzen, dass durch die Vereinbarung über die Zahlung des Krankenversicherungszuschusses eine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelung vereinbart worden wäre (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfange Arbeitnehmer auf ihnen vom Arbeitgeber geleistete Zuschüsse Sozialversicherungsabgaben leisten müssen, ist gesetzlich geregelt. Durch die Vereinbarung, dass die Krankenversicherungszuschüsse „brutto“ ausbezahlt werden, wollten die Parteien von den gesetzlichen Bestimmungen weder abweichen noch diese ergänzen.

33

Für die Anwendbarkeit des § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB, nach dem „andere Bestimmungen“ nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam sein können, ist kein Raum. Dies würde voraussetzen, dass „die Bestimmung nicht klar und verständlich“ (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) ist. Dies ist aber - wie oben dargelegt - nicht der Fall.

34

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Anpassung der getroffenen Vereinbarungen bzgl. des Krankenversicherungszuschusses.

35

Selbst wenn dem Kläger und möglicherweise auch der Beklagten die Problematik bei Abschluss des Aufhebungsvertrages nicht bewusst gewesen ist, dass der Krankenversicherungszuschuss seinerseits der Krankenversicherungsbeitragspflicht unterliegen könnte, ändert dies am Inhalt der getroffenen Vereinbarung nichts, insbesondere würde dies keinen Anspruch des Klägers auf Anpassung des Vertrages begründen. Ein solcher Anspruch auf Anpassung der arbeitsvertraglichen Regelungen im Sinne des klägerischen Begehrens könnte sich allenfalls dann ergeben, wenn eine Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) vorläge. Wird zu Gunsten des Klägers unterstellt, dass er den Aufhebungsvertrag nicht oder nur mit dem von ihm gewünschten Inhalt geschlossen hätte, wenn er von der Beitragspflicht bezüglich des Krankenversicherungszuschusses gewusst hätte, so scheidet eine Anwendbarkeit des § 313 BGB und damit ein Anspruch auf Anpassung des Aufhebungsvertrages allein deshalb aus, weil es dem Kläger unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nicht unzumutbar ist, am Aufhebungsvertrag in unveränderter Form festzuhalten(§ 313 Abs. 2 iVm. Abs. 1 BGB). Bei dem Gesamtvolumen der dem Kläger aufgrund des Aufhebungsvertrages von der Beklagten gewährten Leistungen (138.672,87 Euro nebst den Krankenversicherungszuschüssen) ist es dem Kläger - auch unter Berücksichtigung, dass er als Gegenleistung auf den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses verzichtet hat - nicht unzumutbar, insgesamt 1.717,32 Euro an Beiträgen für seine - letztlich nur ihm zugutekommende - Krankenversicherung zu zahlen.

36

3. Da bereits dem Grunde nach kein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Erstattung eines von ihm ggf. auf den Krankenversicherungszuschuss zu zahlenden Krankenversicherungsbeitrages besteht, kommt es nicht darauf an, ob die p BKK diesen Beitrag zu Recht vom Kläger gefordert hat, dh. ob dessen Klage vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit Erfolg hat.

37

III. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Bloesinger    

        

    St. Soost    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 12. Dezember 2016 - 8 Sa 43/15 - aufgehoben.

2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 30. Juni 2015 - 9 Ca 600/14 - wird zurückgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Zahlung eines weiteren halben Bruttogehalts in rechnerisch unumstrittener Höhe von 784,00 Euro als Sonderzahlung für das Jahr 2014.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten zunächst aufgrund des „Befristeten Anstellungsvertrags“ vom 1. Juli 1999 (im Folgenden Arbeitsvertrag) als Mitarbeiterin im Bereich Datenerfassung tätig. Im mit „Entgelt“ überschriebenen § 3 Arbeitsvertrag heißt es:

        

„Das Bruttogehalt für 30 Std./Woche - zahlbar am 1. des folgenden Monats - beträgt DM 1.800,00 zuzüglich einer Leistungszulage in der Datenerfassung und evt. anfallender Prämie. Zusätzlich zum Grundgehalt wird - nach Ablauf der Probezeit - als freiwillige Leistung eine Weihnachtsgratifikation gezahlt, deren Höhe jeweils jährlich durch den Arbeitgeber bekanntgegeben wird und deren Höhe derzeit ein halbes Monatsgehalt nicht übersteigt. Sofern das Arbeitsverhältnis vor dem 1. April eines Jahres begonnen hat, soll auf die vorstehende Gratifikation im Juni dieses Jahres ein Vorschuß in Höhe von bis zu einem halben Monatsgehalt gezahlt werden. Sofern zwischen Beginn des Arbeitsverhältnisses und dem 30. November eines Jahres weniger als 11 Monate liegen, beträgt die Gratifikation 1/12 für jeden Monat des Arbeitsverhältnisses.

        

Endet das Arbeitsverhältnis bis zum 31.03. des Folgejahres, ist das Unternehmen berechtigt, die geleistete Gratifikation von der letzten Gehaltszahlung im Rahmen der Pfändbarkeit einzubehalten. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, den dann noch offenen Restbetrag an die Gesellschaft zurückzuzahlen.“

3

In dem am 29. Juni/1. Juli 2000 vereinbarten „Nachtrag I zum Anstellungsvertrag vom 01.07.1999“ (im Folgenden Nachtrag I) ist ua. Folgendes geregelt:

        

„zu § 3

        

Das Bruttogehalt für 40 Std./Woche - zahlbar am 1. des folgenden Monats - beträgt DM 2.600,00.

        

Zusätzlich zum Grundgehalt wird als freiwillige Leistung (auch mehrmalige Zahlungen begründen keinen Rechtsanspruch) eine Weihnachtsgratifikation gezahlt, deren Höhe jeweils jährlich durch die Arbeitgeberin bekanntgegeben wird und deren Höhe derzeit ein volles Monatsgehalt nicht übersteigt.

        

Im übrigen verbleibt es bei den Bestimmungen des Anstellungsvertrages vom 01.07.1999.“

4

Am 17. Januar 2014 vereinbarten die Parteien im „Nachtrag II zum Anstellungsvertrag vom 01.07.1999“ (im Folgenden Nachtrag II) „zu § 3“ eine Erhöhung des monatlichen Grundgehalts ab Januar 2014. Über der Unterschriftszeile befindet sich der Text:

        

„Im übrigen verbleibt es bei den Bestimmungen des Anstellungsvertrages vom 01.07.1999 und dem Nachtrag I.“

5

Bis einschließlich des Jahres 2013 leistete die Beklagte an die Klägerin in jedem Kalenderjahr eine Sonderzahlung in Höhe eines ganzen Bruttogehalts. Eine Hälfte wurde als Vorschuss mit der Vergütung für Mai und die andere Hälfte mit der Vergütung für November abgerechnet und gezahlt. Außerhalb der Verdienstabrechnungen erfolgten seitens der Beklagten keine Mitteilungen über die Weihnachtsgratifikation.

6

In der Verdienstabrechnung der Klägerin für Mai 2014 war neben dem Monatsgehalt ein als „Abschl. J-gratifikat.“ bezeichneter Betrag in Höhe eines halben Bruttogehalts ausgewiesen, der nach Abzug der Steuern und Beiträge netto an die Klägerin ausgezahlt wurde.

7

Nachdem die Beklagte im August 2014 bei einem geschätzten Aufwand von 320.000,00 bis 350.000,00 Euro für die „zweite Hälfte“ der Weihnachtsgratifikation ein negatives Betriebsergebnis vor Steuern prognostiziert hatte, entschied sie im September 2014, keine weitere Gratifikation an die Belegschaft zu zahlen. Im Oktober 2014 unterrichtete sie die Klägerin schriftlich darüber, dass „aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Lage …[der Beklagten] die Zahlung des zweiten Teils der Jahresendgratifikation mit der Novemberabrechnung 2014 nicht erfolgen“ könne.

8

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die arbeitsvertragliche Gratifikationsregelung sei intransparent und daher so auszulegen, dass jährlich mindestens ein Monatsgehalt als Weihnachtsgratifikation gezahlt werden müsse. Die Beklagte habe überdies bereits durch die Abrechnung und Zahlung des Abschlags im Mai 2014 zum Ausdruck gebracht, dass eine zweite Zahlung in gleicher Höhe folgen werde. Der Anspruch bestehe aufgrund der langjährigen vorbehaltlosen Zahlungspraxis der Beklagten auch unter dem Gesichtspunkt einer betrieblichen Übung.

9

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 784,00 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten p.a. über dem Basiszins der EZB seit dem 1. Dezember 2014 zu zahlen.

10

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, § 3 Arbeitsvertrag idF des Nachtrags I räume ihr in Bezug auf die endgültige Anspruchshöhe ein Leistungsbestimmungsrecht ein, das sie im September 2014 aufgrund des damals prognostizierten Betriebsergebnisses nach billigem Ermessen ausgeübt habe. Das Geschäftsergebnis sei seit Jahren rückläufig gewesen und es habe im Jahre 2014 erstmals ein Abrutschen in die Verlustzone gedroht. Dies habe allein dadurch verhindert werden können, dass sie beschlossen habe, die zweite Hälfte der Weihnachtsgratifikation nicht auszuzahlen.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, die Klägerin könne von der Beklagten die Zahlung weiterer 784,00 Euro als Weihnachtsgratifikation für das Kalenderjahr 2014 verlangen. Die Klage ist unbegründet. Dies führt zur Aufhebung der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückweisung der Berufung gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts (§ 563 Abs. 3 ZPO).

13

I. Die Klägerin hat keinen arbeitsvertraglichen Anspruch auf den eingeklagten Betrag.

14

1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe gegenüber der Klägerin bereits durch die Abrechnung im Mai 2014 und die vorbehaltlose Zahlung eines halben Bruttogehalts bekannt gegeben, dass sie im November ebenso wie in den Vorjahren ein weiteres halbes Bruttogehalt als Weihnachtsgratifikation zahlen werde. Diese Auffassung beruht auf einer fehlerhaften Auslegung der Regelungen in § 3 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Arbeitsvertrag iVm. den diesbezüglich vereinbarten Nachträgen I und II.

15

a) Bei den Bestimmungen in § 3 Arbeitsvertrag handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. §§ 305 ff. BGB. Hierfür spricht bereits das formalisierte Erscheinungsbild des Vertragstextes. Überdies haben die Parteien übereinstimmend vorgetragen, dass über die Wirksamkeit der Klausel an diversen Standorten der Beklagten eine Vielzahl von Rechtsstreiten geführt wurden und werden.

16

b) Die Regelungen zur Gestaltung der Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen in der Fassung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes sind nach der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 5 EGBGB anzuwenden, obwohl der Arbeitsvertrag bereits im Jahr 1999 geschlossen wurde(vgl. zuletzt BAG 21. Februar 2017 - 3 AZR 297/15 - Rn. 18).

17

c) Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., zB BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 29 mwN, BAGE 147, 322).

18

d) Danach hat die Klägerin gemäß § 3 Arbeitsvertrag iVm. der „zu § 3“ in Absatz 2 getroffenen Regelung im Nachtrag I Anspruch auf eine Weihnachtsgratifikation, auf die im Juni ein Vorschuss zu leisten ist. Die Höhe der Weihnachtsgratifikation und des Vorschusses bestimmt die Beklagte nach billigem Ermessen (§ 315 BGB).

19

aa) Mit der Formulierung „Zusätzlich zum Grundgehalt wird … eine Weihnachtsgratifikation gezahlt“, wie sie in § 3 Abs. 1 Satz 2 Arbeitsvertrag idF des Nachtrags I verwendet wird, begründet der Arbeitgeber typischerweise einen Entgeltanspruch des Arbeitnehmers. Die Bezeichnung der Gratifikation als „freiwillige Leistung“ schließt wovon auch die Beklagte ausgeht - den Rechtsanspruch auf die Leistung ebenso wenig aus wie die Formulierung „derzeit“ (vgl. BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 22 mwN).

20

bb) Aus der Bezeichnung als „Weihnachtsgratifikation“ in § 3 Abs. 1 Satz 2 Arbeitsvertrag idF des Nachtrags I folgt, dass sie zum Ende des laufenden Kalenderjahres fällig wird. Dass sie nicht vor dem 30. November zu zahlen ist, ergibt sich aus der Regelung in § 3 Abs. 1 Satz 4 Arbeitsvertrag, wonach die Gratifikation 1/12 für jeden Monat des Arbeitsverhältnisses beträgt, „sofern zwischen Beginn des Arbeitsverhältnisses und dem 30. November eines Jahres weniger als 11 Monate liegen.“

21

cc) Zur Höhe der Weihnachtsgratifikation bestimmt § 3 Abs. 1 Satz 2 Arbeitsvertrag idF des Nachtrags I, dass diese „jeweils jährlich durch die Arbeitgeberin bekanntgegeben wird und … derzeit einvolles Monatsgehalt nicht übersteigt.“ Da nur der „derzeit“, dh. zur Zeit des Vertragsschlusses, ausgekehrte Betrag angegeben ist, der „ein volles Monatsgehalt nicht übersteigt“, lässt die Regelung erkennbar offen, ob die Gratifikation diese Höhe auch zukünftig erreichen, höher sein oder darunterbleiben wird. Damit kann die Beklagte die Höhe der Weihnachtsgratifikation einseitig nach billigem Ermessen festsetzen (§ 315 BGB).

22

dd) Nach der Regelung in § 3 Abs. 1 Satz 3 Arbeitsvertrag hat die Klägerin im Juni eines jeden Kalenderjahres Anspruch auf einen Vorschuss auf die Weihnachtsgratifikation von bis zu einem halben Monatsgehalt. Unter einem Vorschuss ist eine Vorauszahlung auf nicht verdienten Lohn zu verstehen. Der Vorschussnehmer erhält Geld für eine Forderung, die entweder noch nicht oder nur aufschiebend bedingt entstanden oder zwar entstanden, aber noch nicht fällig ist (BAG 21. Januar 2015 - 10 AZR 84/14 - Rn. 21, BAGE 150, 286). Die Höhe des Vorschusses, die § 3 Abs. 1 Satz 3 Arbeitsvertrag auf maximal ein halbes Monatsgehalt begrenzt, kann die Beklagte einseitig nach billigem Ermessen festsetzen(§ 315 BGB).

23

2. Dass die vertragliche Regelung der Beklagten sowohl in Bezug auf den Vorschuss als auch auf die endgültige Höhe der Weihnachtsgratifikation ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSv. § 315 BGB einräumt, ist grundsätzlich zulässig. Höhe und Art einer Sonderzahlung müssen nicht abschließend im Arbeitsvertrag festgelegt werden. Ob die vom Arbeitgeber vorgenommene Leistungsbestimmung billigem Ermessen entspricht, unterliegt dabei der vollen gerichtlichen Kontrolle (BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 42 mwN, BAGE 147, 322).

24

3. Die Bezeichnung des in der Vergütungsabrechnung für Mai 2014 als „Abschl. J-gratifikat.“ ausgewiesenen Vorschusses rechtfertigt nicht die Annahme des Landesarbeitsgerichts, wonach die Beklagte ihr Leistungsbestimmungsrecht in Bezug auf die Weihnachtsgratifikation bereits im Mai 2014 mit dem Inhalt ausgeübt habe, dass diese insgesamt ein Monatsgehalt betragen sollte. Mehr als die - konkludente - Erklärung der Beklagten, im Kalenderjahr 2014 jedenfalls ein halbes Gehalt als Weihnachtsgratifikation auszahlen zu wollen, lässt sich der Vergütungsabrechnung für Mai 2014 nicht entnehmen.

25

a) Lohnabrechnungen geben nur die Höhe der aktuellen Vergütung wieder. Sie dokumentieren den konkret abgerechneten Lohn, bestimmen aber nicht den Anspruch (vgl. BAG 19. Oktober 2011 - 5 AZR 359/10 - Rn. 19 zur Bezeichnung einer Vergütung als „Tariflohn“).

26

b) Überdies können „Abschläge“ zwar als Geldzahlungen auf den bereits verdienten, aber noch nicht abgerechneten Lohn verstanden werden (BAG 8. Dezember 1998 - 9 AZR 623/97 - zu I 4 d der Gründe). Sie sind jedoch dadurch gekennzeichnet, dass sie nur vorläufig bis zu einer im Wege der Abrechnung festzustellenden endgültigen Vergütung zu leisten sind, und bilden insoweit lediglich (unselbstständige) Rechnungsposten der abzurechnenden Gesamtleistung, ohne dass sie auf einzelne Teilleistungen bezogen werden können. Dabei kommt ein Anspruch auf Rückzahlung in Betracht, wenn die geleisteten Abschlagszahlungen nach dem Ergebnis der vereinbarten Endabrechnung einen entsprechenden Überschuss an Abschlagsbeträgen ergeben (BGH 23. Mai 2012 - VIII ZR 210/11 - Rn. 10 mwN). Dies zeigt, dass auch einer Abschlagszahlung - ebenso wenig wie einem Vorschuss - nicht zwingend noch eine weitere Zahlung folgen muss.

27

II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Dies führt zur Aufhebung der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (§ 562 Abs. 1 ZPO).

28

1. Dem vertraglich vereinbarten Recht der Beklagten zur Leistungsbestimmung steht nicht entgegen, dass die Beklagte in der Vergangenheit stets eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines vollen Monatsgehalts gezahlt hat. Allein die gleichbleibende Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts über einen längeren Zeitraum führt - anders als die Revision meint - nicht zu einer Konkretisierung mit der Folge, dass jede andere Ausübung des Ermessens nicht mehr der Billigkeit entspräche (ebenso zum Direktionsrecht BAG 30. November 2016 - 10 AZR 11/16 - Rn. 26 mwN). Andere Umstände hat die Klägerin nicht benannt.

29

2. Eine den Vertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen.

30

a) Der Umstand, dass die Beklagte die Zahlungen in der Vergangenheit vorbehaltlos erbracht hat, rechtfertigt keine andere Betrachtung. Soweit der Senat erkannt hat, der Arbeitnehmer könne aus der mehrmaligen vorbehaltlosen Auszahlung einer Gratifikation auf ein verbindliches Angebot des Arbeitgebers iSv. § 145 BGB schließen, in jedem Kalenderjahr eine Sonderzahlung zu leisten(BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 18), bezog sich dies auf eine Konstellation, in der es an einer ausdrücklichen Vereinbarung fehlte. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte indes durch die vorbehaltlose Zahlung der Weihnachtsgratifikation und des Vorschusses auf diese in den vergangenen Kalenderjahren nicht mehr und nicht weniger getan als die Vereinbarung im Arbeitsvertrag umzusetzen.

31

b) Dass der Vorschuss in der Vergangenheit stets mit der Vergütung für Mai abgerechnet und ausgezahlt wurde, ist gleichfalls nicht geeignet, eine den Vertrag abändernde Vereinbarung zu belegen. Nach § 3 Abs. 1 Arbeitsvertrag idF des Nachtrags I ist die Vergütung „zahlbar am 1. des folgenden Monats“. Dementsprechend wurde durch die Abrechnung des Vorschusses zusammen mit der Vergütung für Mai lediglich sichergestellt, dass dieser, wie in § 3 Abs. 1 Satz 3 Arbeitsvertrag vereinbart, tatsächlich „im Juni“ gezahlt wurde.

32

c) Die Klägerin kann sich schließlich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Beklagte bei der Zahlung des Vorschusses nicht darauf hingewiesen hat, sie behalte sich die Ausübung des ihr vertraglich eingeräumten Ermessens in Bezug auf die Weihnachtsgratifikation vor. Dass die Höhe der Gratifikation jeweils von der Beklagten festgesetzt und im Juni ein Vorschuss gezahlt wird, ergibt sich bereits aus § 3 Abs. 1 Satz 3 und aus § 3 Abs. 1 Satz 2 Arbeitsvertrag idF des Nachtrags I. Der vorbehaltlosen Auszahlung des Vorschusses ohne weiteren Hinweis konnte die Klägerin mithin nicht mehr als die konkludente Erklärung der Beklagten entnehmen, sie habe sich nach Prüfung aller Umstände (auch diesmal wieder) für einen Vorschuss in Höhe eines halben Monatsgehalts entschieden.

33

3. Der Klageanspruch kann auch nicht erfolgreich auf eine betriebliche Übung gestützt werden.

34

a) Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs ist nicht der Verpflichtungswille, sondern wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste und ob er auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen durfte. Erbringt der Arbeitgeber die Leistungen für den Arbeitnehmer erkennbar aufgrund einer anderen Rechtspflicht, kann der Arbeitnehmer nicht davon ausgehen, ihm solle eine Leistung auf Dauer unabhängig von dieser Rechtspflicht gewährt werden (BAG 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 43 mwN).

35

b) Im Streitfall hat die Beklagte die Entscheidung über die Zahlung und die Höhe der Weihnachtsgratifikation auf der Grundlage des Arbeitsvertrags getroffen. Nach dem Vortrag der Klägerin bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sie das Verhalten der Beklagten so verstehen durfte, als werde der mit der Vergütung für Mai geleisteten Zahlung unabhängig von der vertraglichen Vereinbarung oder erkennbar aufgrund einer daneben bestehenden anderen Rechtspflicht noch eine weitere Zahlung in derselben Höhe zum Jahresende folgen.

36

III. Einer Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht bedarf es nicht. Die Voraussetzungen des § 563 Abs. 3 ZPO liegen vor. Nach dem festgestellten Sachverhältnis ist die Sache zur Endentscheidung reif. Die erheblichen Tatsachen, insbesondere auch in Bezug auf die Ermessensentscheidung der Beklagten, sind unstreitig; weiterer Tatsachenvortrag ist nicht zu erwarten. Danach ist der Anspruch der Klägerin auf Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen erloschen (§ 362 Abs. 1 BGB). Die Beklagte hat das ihr aus § 3 Abs. 1 Satz 2 Arbeitsvertrag idF des Nachtrags I zustehende Bestimmungsrecht in Bezug auf die Festsetzung der Höhe der Weihnachtsgratifikation für das Kalenderjahr 2014 im September 2014 ausgeübt und der Klägerin im Oktober 2014 mitgeteilt, dass die Zahlung des zweiten Teils der Gratifikation aus wirtschaftlichen Gründen nicht erfolgen könne.

37

1. Ob eine einseitige Leistungsfestsetzung der Billigkeit entspricht, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB. Diese Sachentscheidung ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten (BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 42, BAGE 147, 322). Die Darlegungs- und Beweislast für die Einhaltung dieser Grenzen hat der Bestimmungsberechtigte. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ausübungskontrolle ist der Zeitpunkt, zu dem er die Ermessensentscheidung zu treffen hat (BAG 3. August 2016 - 10 AZR 710/14 - Rn. 26 mwN).

38

2. Das Landesarbeitsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent - nicht geprüft, ob die im September 2014 getroffene Entscheidung der Beklagten, im Jahr 2014 keine weitere Gratifikation zu zahlen, der Billigkeit entspricht. Der Senat kann diese grundsätzlich den Tatsachengerichten obliegende Prüfung im Streitfall jedoch ausnahmsweise selbst vornehmen, weil die für die Beurteilung maßgeblichen Tatsachen festgestellt sind (vgl. BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 42, BAGE 147, 322). Der insoweit maßgebliche Vortrag der Beklagten, auf den das Landesarbeitsgericht Bezug genommen hat, ist unstreitig.

39

3. Danach bestehen keine Bedenken gegen die Billigkeit der von der Beklagten getroffenen Entscheidung. Die Beklagte hat im Einzelnen dargelegt, welche wirtschaftlichen Umstände sie zu der im September 2014 getroffenen Entscheidung veranlasst haben, für das Kalenderjahr 2014 insgesamt nur ein halbes Bruttogehalt als Weihnachtsgratifikation zu zahlen. Nach ihren im August 2014 angestellten prognostischen Berechnungen hätte das Betriebsergebnis vor Steuern zum Jahresende im vierstelligen Bereich unter null gelegen, falls zusätzlich zu dem bereits an die Belegschaft gezahlten Vorschuss weitere 320.000,00 bis 350.000,00 Euro für die Weihnachtsgratifikation aufgewandt worden wären. Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung der Beklagten, keine weitere Weihnachtsgratifikation an die Belegschaft zu zahlen, nachvollziehbar. Die Klägerin hat weder die prognostischen Berechnungen angegriffen noch hat sie geltend gemacht, ihre Interessen hätten diejenigen der Beklagten überwogen. Sie hat auch keine sonstigen Umstände vorgetragen, die gegen die Billigkeit der Entscheidung der Beklagten sprechen würden.

40

IV. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

        

    Linck    

        

    Schlünder    

        

    Brune    

        

        

        

    Rigo Züfle    

        

    Stefan Fluri    

                 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde von ver.di gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 21. März 2012 - 3 TaBV 7/11 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Tariffähigkeit der Arbeitnehmervereinigung „medsonet. Die Gesundheitsgewerkschaft e. V.“ (medsonet).

2

Antragstellerin ist die Gewerkschaft ver.di, die Mitglied des beteiligten Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) ist. Medsonet ist Mitglied des beteiligten Christlichen Gewerkschaftsbundes Deutschland (CGB). Sie hat am 20. Oktober 2008 mit dem vom Arbeitsgericht beteiligten Bundesverband Deutscher Privatkliniken (BDPK) e. V. (BDPK) und darüber hinaus mit dem Arbeitgeberverband Pflege e. V., drei Stiftungen in Freiburg i. Br., dem Landesverband der Privatkliniken in Hessen e. V. sowie dem Landesverband der Privatkliniken in Rheinland-Pfalz e. V. als Tarifverträge bezeichnete Vereinbarungen geschlossen. Erstinstanzlich wurden des Weiteren die A Klinik GmbH sowie der dort gewählte Betriebsrat beteiligt, nachdem zwischen diesen Betriebsparteien vor dem Arbeitsgericht Siegburg ein anhängiges Beschlussverfahren bis zur Entscheidung über die Tariffähigkeit von medsonet ausgesetzt wurde und der Betriebsrat vor dem Arbeitsgericht Hamburg beantragt hatte, festzustellen, „dass die Gewerkschaft medsonet nicht für den Abschluss von Tarifverträgen fähig ist, die in Ausfüllung der Öffnung des § 7 ArbZG Abweichungen von diesem Gesetz auf betrieblicher Ebene ermöglichen sollen, soweit der Betrieb, für den er gewählt wurde, davon betroffen ist“(- 19 BV 15/10 -). Jenes Verfahren ist mit dem hier anhängigen nicht verbunden worden. Das Landesarbeitsgericht hat die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und die Bundesrepublik Deutschland als Beteiligte in das Verfahren einbezogen.

3

Medsonet wurde am 5. März 2008 gegründet. Nach der in der Gründungsversammlung beschlossenen Satzung handelt es sich hierbei um eine „Gewerkschaft“ der Arbeitnehmer in allen Bereichen des Gesundheitswesens und der sozialen Dienste, unabhängig von deren Trägerschaft. Sie ist nach eigenem Verständnis zuständig für die Arbeitnehmer in Krankenhäusern, Einrichtungen der Rehabilitation, stationären und ambulanten Alten-/Krankenpflege, Behinderteneinrichtungen, Rettungsdiensten und Transportunternehmen, Blutspendediensten und Einrichtungen der allgemeinen Wohlfahrtspflege. Medsonet verfolgt das satzungsmäßige Ziel, mit den Arbeitgebern und ihren Verbänden Tarifabschlüsse zu erzielen. Aufgrund einer vom Bundesgewerkschaftstag am 11. Februar 2012 beschlossenen und am 4. Januar 2013 in das Vereinsregister eingetragenen Satzungsänderung ist medsonet grundsätzlich nicht mehr zuständig für Einrichtungen in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft. Hierdurch hat sich nach eigenen Angaben der Zuständigkeitsbereich auf etwa ein Drittel der nach ihren Angaben ca. 2,4 Mio. Beschäftigten im Gesundheitswesen reduziert. Aufgrund einer mit der „DHV - Die Berufsgewerkschaft e. V.“ geschlossenen Vereinbarung erbringt diese für medsonet Dienstleistungen in den Bereichen Buchhaltung, Mitgliederverwaltung, Beitragseinzug und Mitgliederbetreuung. Hierfür zahlt ihr medsonet eine Bearbeitungspauschale iHv. 40 % ihres gesamten Mitgliedsbeitragsaufkommens, wobei sie davon ausgeht, dass der durchschnittliche Mitgliedsbeitrag 15,00 Euro monatlich beträgt. Nach eigenen Angaben hatte medsonet zum 31. Dezember 2011 7.439 Mitglieder gehabt.

4

Ver.di hat geltend gemacht, medsonet sei von Anfang an nicht tariffähig gewesen. Die Arbeitnehmervereinigung sei nicht in der Lage, eigenständig die Interessen ihrer Mitglieder wahrzunehmen. Sie sei nicht ausreichend durchsetzungsfähig und leistungsstark. Bei den von ihr abgeschlossenen „Tarifverträgen“ habe es sich um Gefälligkeitstarifverträge gehandelt.

Ver.di hat beantragt

5

        

1.    

festzustellen, dass medsonet keine tariffähige Gewerkschaft iSd. § 2 Abs. 1 TVG ist;

        

2.    

festzustellen, dass medsonet zum Zeitpunkt des Abschlusses des Bundesmanteltarifvertrags Nr. 1 für die Beschäftigten in Privatkliniken, abgeschlossen zwischen ihr und dem Bundesverband Deutscher Privatkliniken e. V., keine tariffähige Gewerkschaft iSd. § 2 Abs. 1 TVG war.

6

Medsonet und der Arbeitgeberverband Pflege e. V. haben Antragsabweisung beantragt und ausgeführt, bei medsonet handele es sich um eine noch in der Aufbauphase befindliche Gewerkschaft. Für die Leistungsfähigkeit ihrer Organisation müsse es daher genügen, wenn sie durch hauptamtliche Mitarbeiter eines gewerkschaftlichen Kooperationspartners unterstützt werde. Unter Berücksichtigung dessen sei sie ausreichend leistungsfähig gewesen. Ihre Durchsetzungsfähigkeit werde durch den Abschluss von über 100 Tarifverträgen belegt.

7

Das Arbeitsgericht hat den Anträgen stattgegeben. Auf die Beschwerden von medsonet und dem Arbeitgeberverband Pflege e. V. hat das Landesarbeitsgericht den Beschluss des Arbeitsgerichts abgeändert, soweit dieses dem Antrag zu 2. entsprochen hat, im Übrigen hat es die Beschwerden zurückgewiesen. Die Beschwerden der Stiftungen sowie des Betriebsrats der A Klinik GmbH hat das Landesarbeitsgericht als unzulässig verworfen, da diese - ebenso wie die A Klinik GmbH - nicht an dem Verfahren zu beteiligen waren. Gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts haben ver.di sowie medsonet und der Arbeitgeberverband Pflege e. V. im Umfang ihres Unterliegens Rechtsbeschwerde eingelegt. Medsonet und der Arbeitgeberverband Pflege e. V. haben vor der Anhörung im Rechtsbeschwerdeverfahren ihre Rechtsbeschwerden zurückgenommen. Das Verfahren ist daraufhin hinsichtlich des zu 1. gestellten Feststellungsantrags nach § 94 Abs. 3 Satz 2 ArbGG eingestellt worden.

8

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde von ver.di, mit der sich diese gegen die Abweisung des Antrags zu 2. richtet, ist unbegründet. Aufgrund der nach Rücknahme der Rechtsbeschwerden von medsonet und dem Arbeitgeberverband Pflege e. V. rechtskräftig gewordenen Feststellung des Landesarbeitsgerichts, dass medsonet keine tariffähige Gewerkschaft ist, ist auch rechtskräftig entschieden, dass medsonet zum Zeitpunkt des Abschlusses des Bundesmanteltarifvertrags Nr. 1 für die Beschäftigten in Privatkliniken keine tariffähige Gewerkschaft iSd. § 2 Abs. 1 TVG war. Ein Interesse an einer gesonderten Feststellung besteht insoweit nicht.

9

I. Die gebotene Antragsauslegung ergibt, dass ver.di mit dem noch anhängigen Feststellungsantrag zu 2. eine punktuelle Feststellung begehrt, nämlich dass medsonet zum Zeitpunkt des Abschlusses des Bundesmanteltarifvertrags Nr. 1 für die Beschäftigten in Privatkliniken keine tariffähige Gewerkschaft iSd. § 2 Abs. 1 TVG war. In der Anhörung vor dem Senat hat ver.di klargestellt, dass es ihr mit diesem Antrag darum geht, deutlich erkennbar zu machen, dass medsonet bei Abschluss auch dieser Vereinbarung nicht tariffähig war.

10

II. Für einen solchen Antrag besitzt ver.di die nötige Antragsbefugnis. Diese steht einer Vereinigung zu, deren Tarifzuständigkeit sich räumlich und sachlich zumindest teilweise auf das Gebiet der Vereinigung erstreckt, deren Tariffähigkeit bestritten wird (BAG 14. Dezember 2010 - 1 ABR 19/10 - Rn. 42, BAGE 136, 302). Diese Anforderungen erfüllt ver.di. Sie ist unbestritten selbst tariffähig. Nach Nr. 1.4 des Anhangs 1 ihrer Satzung erstreckt sich deren Organisationsbereich auch auf Betriebe und Einrichtungen des öffentlichen und privaten Gesundheitswesens.

11

III. Ver.di hat für die begehrte Feststellung das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Hierfür genügt es, dass medsonet nach ihrer Satzung im Bereich des Gesundheitswesens Tariffähigkeit beansprucht (vgl. BAG 17. April 2012 - 1 ABR 5/11 - Rn. 50). Daneben muss nicht noch geprüft werden, ob für den Antrag ein Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO besteht. Diese Vorschrift findet in den Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG keine Anwendung. Jene sind nicht auf das Bestehen eines Rechtsverhältnisses, sondern auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Eigenschaft gerichtet. Das Rechtsschutzinteresse von ver.di ist nicht deswegen entfallen, weil medsonet aufgrund einer behaupteten Satzungsänderung vom 9. März 2013 nun nicht mehr beabsichtigt, Tarifverträge zu verhandeln und zu schließen. Diese Satzungsänderung war zum Zeitpunkt der Anhörung vor dem Senat noch nicht ins Vereinsregister eingetragen und hat deshalb noch keine Wirksamkeit erlangt (§ 71 Abs. 1 BGB). Schon aus diesem Grund ist sie für die mit dem Antrag begehrte Feststellung unbeachtlich.

12

IV. Als Antragstellerin ist ver.di Beteiligte des Verfahrens. Die weiteren Beteiligten ergeben sich aus der durch § 97 Abs. 2 ArbGG bewirkten entsprechenden Anwendung von § 83 Abs. 3 ArbGG.

13

1. Hiernach bestimmt sich der Kreis der in den Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG anzuhörenden Personen und Stellen wie in den anderen in § 2a Abs. 1 ArbGG aufgeführten Verfahren nach materiellem Recht. Die Beteiligtenstellung setzt somit grundsätzlich voraus, dass die anzuhörenden Personen und Stellen von dem Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG in einer durch die Rechtsordnung geschützten Rechtsposition unmittelbar betroffen werden(vgl. BAG 14. Dezember 2010 - 1 ABR 19/10 - Rn. 58, BAGE 136, 302). Dabei ist grundsätzlich die Beteiligung der jeweiligen Spitzenverbände ausreichend (BAG 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 19, BAGE 117, 308). Erstreckt sich die Zuständigkeit der Vereinigung, deren Tariffähigkeit umstritten ist, auf das Gebiet mehrerer Bundesländer, ist an dem Verfahren auch die oberste Arbeitsbehörde des Bundes beteiligt (BAG 5. Oktober 2010 - 1 ABR 88/09 - Rn. 18, BAGE 136, 1). Eine nur mittelbare Betroffenheit von Personen und Stellen oder ein rechtlich nicht geschütztes Interesse, in das Verfahren einbezogen zu werden, reichen nicht aus.

14

2. Nach diesen Grundsätzen sind neben ver.di als Antragstellerin, medsonet als Tarifvereinigung, über deren Tariffähigkeit gestritten wird, der CGB, der DGB und die BDA als Spitzenverbände zu beteiligen. In das Rechtsbeschwerdeverfahren war darüber hinaus noch der Arbeitgeberverband Pflege e. V. allein deswegen einzubeziehen, weil er auch in diesem Verfahrensstadium einen Abweisungsantrag gestellt hatte. Dieser war geeignet, eine Beteiligtenstellung zu begründen, da im Falle der Antragsabweisung das kontradiktorische Gegenteil der vom Antragsteller begehrten Feststellung feststeht (BAG 14. Dezember 2010 - 1 ABR 19/10 - Rn. 57, BAGE 136, 302). Der BDPK war im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht mehr zu beteiligen, weil er hier keinen Antrag gestellt hat. Die vom Landesarbeitsgericht beteiligten Landesverbände der Privatkliniken in Hessen und Rheinland-Pfalz waren nicht Beteiligte des Rechtsbeschwerdeverfahrens, da sie hier keine eigenständigen Abweisungsanträge gestellt, sondern lediglich den Abweisungsantrag des Arbeitgeberverbands Pflege e. V. unterstützt haben. Dieses Antragsverständnis ergibt sich hinreichend deutlich daraus, dass sie in ihrem mehr als drei Monate nach Zustellung des Beschlusses des Landesarbeitsgerichts beim Bundesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz zur Begründung ihres Abweisungsantrags ohne eigene substantielle Darlegungen lediglich auf dessen Ausführungen Bezug genommen haben (vgl. hierzu BAG 25. August 1981 - 1 ABR 61/79 - zu B III 1 der Gründe, BAGE 37, 31). Die Stiftungen, die als Arbeitgeber „Tarifverträge“ mit medsonet geschlossen haben, sind nicht am Verfahren beteiligt. Deren Interessen sind ebenso wie die der weiteren Arbeitgeberverbände durch die Beteiligung der BDA auf Arbeitgeberseite als ausreichend gewahrt anzusehen (BAG 14. Dezember 2010 - 1 ABR 19/10 - Rn. 59, aaO). Ebenso wenig waren die vom Arbeitsgericht beteiligten Betriebsparteien der A Klinik GmbH in das Verfahren einzubeziehen. Dem steht die anderweitige Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) des mit dem Antrag zu 2. inhaltlich identischen Antrags aus dem Verfahren - 19 BV 15/10 - entgegen (vgl. dazu BAG 14. Dezember 2010 - 1 ABR 19/10 - Rn. 34, aaO).

15

V. Der Antrag von ver.di ist unzulässig. Über die mit dem Antrag zu 2. begehrte Feststellung ist bereits durch den in Rechtskraft erwachsenen Antrag zu 1. entschieden. Ein darüber hinausgehendes besonderes Interesse an der begehrten punktuellen Feststellung besteht nicht.

16

1. Der Umfang der Rechtskraft (§ 322 ZPO) des Beschlusses des Landesarbeitsgerichts ergibt sich aus der Beschlussformel und der Beschlussbegründung des Landesarbeitsgerichts.

17

a) Im Beschlusstenor hat das Landesarbeitsgericht dem Antrag zu 1. von ver.di entsprochen und festgestellt, dass medsonet keine tariffähige Gewerkschaft iSv. § 2 Abs. 1 TVG ist. In zeitlicher Hinsicht umfasst dieser Teil der Beschlussformel die Feststellung der fehlenden Tariffähigkeit von medsonet auf der Grundlage der zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Antrags bis zum Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Entscheidung geltenden Satzungen. Dies folgt aus dem Normzweck des § 97 Abs. 1 ArbGG. Die Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG dienen der Sicherung der durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Tarifautonomie. Entsprechend diesem Ordnungszweck soll eine nach § 97 Abs. 1 ArbGG antragsberechtigte Gewerkschaft oder Stelle klären können, ob die Vereinigung, deren Tariffähigkeit umstritten ist, in der Lage ist, für ihre Mitglieder eine normative Regelung von Arbeitsbedingungen herbeizuführen(BAG 17. April 2012 - 1 ABR 5/11 - Rn.  45). Durch einen Feststellungsantrag nach § 97 Abs. 1 ArbGG wird daher die Tariffähigkeit ab dem Zeitpunkt der Zustellung der Antragsschrift bis zu dem der letzten Anhörung zur gerichtlichen Entscheidung gestellt. Dies kann anders zu beurteilen sein, wenn der Antragsteller sein Begehren in zeitlicher Hinsicht beschränkt (vgl. BAG 14. Dezember 2010 - 1 ABR 19/10 - Rn. 33, BAGE 136, 302) oder eine ausschließlich vergangenheitsbezogene Feststellung erreichen will.

18

b) Eine derartige zeitliche Beschränkung der Antragstellung ist weder den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch den Beschlussgründen zu entnehmen. Bei Antragstellung galt bei medsonet die in der Gründungsversammlung vom 5. März 2008 beschlossene Satzung. Die nachfolgende Satzungsänderung ist nicht von ver.di, sondern von medsonet in das Verfahren eingeführt worden, ohne dass ver.di ihre Antragstellung geändert hat. Eine zeitliche Beschränkung des Antrags auf die im Februar 2012 beschlossene und erst nach Abschluss des Beschwerdeverfahrens durch Eintragung in das Vereinsregister am 4. Januar 2013 gem. § 71 Abs. 1 Satz 1 BGB wirksam gewordene geänderte Satzung hat ver.di nicht vorgenommen. Insoweit unterscheidet sich dieses Verfahren von der Antragstellung im „CGZP-Verfahren“, in dem die Antragsteller ihren Feststellungsantrag auf den Zeitraum ab der letzten Satzungsänderung beschränkt haben (dazu BAG 14. Dezember 2010 - 1 ABR 19/10 - Rn. 93, BAGE 136, 302). Der Beschlussbegründung des Landesarbeitsgerichts ist auch nicht zu entnehmen, dass dieses, abweichend vom Vortrag von ver.di und von dem allgemeinen Antragsverständnis, seine Entscheidung in zeitlicher Hinsicht auf den Zeitraum ab der beschlossenen, jedoch noch nicht eingetragenen Satzungsänderung vom Februar 2012 beschränken wollte. Damit steht rechtskräftig fest, dass medsonet ab dem Zeitpunkt seiner Gründung nicht tariffähig war.

19

2. Ein rechtlich geschütztes Interesse an der punktuellen Feststellung der Tarifunfähigkeit von medsonet zum Zeitpunkt des Abschlusses des Bundesmanteltarifvertrags Nr. 1 für die Beschäftigten in Privatkliniken am 20. Oktober 2008 besteht daher nicht. Die Entscheidung über die mangelnde Tariffähigkeit von medsonet ab dem Zeitpunkt ihrer Gründung ist hinreichend klar und verständlich, ohne dass es einer besonderen Feststellung für einzelne Tage bedarf.

        

    Schmidt    

        

    Koch    

        

    Linck    

        

        

        

    Manfred Gentz    

        

    D. Wege    

                 

Tenor

I. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 25. Oktober 2016 - 8 Sa 500/16 - aufgehoben.

II. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 25. Mai 2016 - 6 Ca 541/16 - abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 22.435,42 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 5.485,32 Euro seit dem 1. Februar 2016 sowie aus 16.950,10 Euro seit dem 15. April 2016 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem 1. Februar 2016 bis zum 31. Dezember 2016 nach der Entgeltgruppe 9 Stufe 4 der jeweiligen Entgelttabelle des TVöD/VKA zu vergüten.

III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anwendung des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD/VKA), hilfsweise des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) und sich daraus ergebende Entgeltansprüche.

2

Der im Jahr 1966 geborene Kläger ist seit dem 1. September 1991 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgänger als Masseur beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 30. September 1991 (im Folgenden Arbeitsvertrag 1991) heißt es ua.:

        

§ 2Vergütung

        

Der Arbeitnehmer erhält

        

eine monatliche Vergütung von DM 3.151,02 brutto

        
        

…       

        
        

§ 7 Arbeitsordnung

        
        

Die als Anlage beigefügte Arbeitsordnung ist Bestandteil des Arbeitsvertrages. Darüber hinaus gelten alle betrieblichen Regelungen, sofern in diesem Arbeitsvertrag keine andere Vereinbarung getroffen ist, sowie die Bestimmungen des allgemeinen Arbeitsrechts.

        
        

§ 8Ausschluß- und Einspruchsfristen

        
        

Alle Ansprüche, die sich aus diesem Vertrag ergeben, erlöschen 3 Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sofern sie nicht vorher schriftlich geltend gemacht worden sind.“

        
3

Am 16. Dezember 1992 schlossen die Arbeitsvertragsparteien eine Zusatzvereinbarung (im Folgenden Zusatzvereinbarung 1992), die auszugsweise wie folgt lautet:

        

„… wird mit Wirkung zum 01.01.1993 in gegenseitigen Einvernehmen folgende Vereinbarung getroffen:

        

1.    

Die wöchentliche Arbeitszeit in der 4,5-Tage-Woche beträgt 30 Stunden und setzt sich wie folgt zusammen:

                 

…       

        

2.    

Die Vergütung für die vereinbarte Tätigkeit beträgt monatlich in der Gruppe BAT Vc / 3 = DM 2.527,80 brutto.

        

…“    

        
4

Am 17. Februar 1993 schloss der Rechtsvorgänger der Beklagten mit dem bei ihm für den Betrieb gebildeten Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung zur Regelung der arbeitsrechtlichen Verhältnisse für die Angestellten, Arbeiter/-innen und Auszubildenden der Einzelfirma S (im Folgenden Betriebsvereinbarung 1993). Diese lautet auszugsweise:

        

§ 1 Geltungsbereich

        

Diese Betriebsvereinbarung gilt für alle Angestellten, Arbeiter/-innen und Auszubildenden des S, mit Ausnahme der geringfügig Beschäftigten.

                 
        

§ 2 Lohn- und Vergütungsrichtlinien

        

1. Für die Angestellten nach § 1 dieser Betriebsvereinbarung geltenanalog die für die Angestellten des Bundes und der Länder vereinbarten Bestimmungen des Lohn- und Vergütungstarifvertrages - BAT - vom 11. Januar 1961.

        

…       

        

4. Änderungen beziehungsweise Ergänzungen der Bestimmungen der Absätze 1 … treten zu dem Zeitpunkt in Kraft, in denen die Änderungen beziehungsweise Ergänzungen für Angestellte … des Bundes und der Länder wirksam werden.

        

5. Absatz 4 gilt sinngemäß für die in den Absätzen 1 … genannten Bestimmungen, die außer Kraft treten.

                 
        

§ 3 Sonderregelungen

        

1. Anwendung des Rahmentarifvertrages BAT (und die diesen ändernden Vorschriften) mit Ausnahme folgender Paragraphen:

        

§ 3, § 6, § 15a, § 16, § 17, § 25, § 35, § 36, § 37, § 39, § 40, § 41, § 42, § 43, § 44, § 46, § 49, § 55, § 56, § 62, § 63, § 64, § 65, § 69 und § 74.

        

…       

        

§ 4 Inkrafttreten und Laufzeit

        

1. Diese Betriebsvereinbarung ist unbefristet und tritt am 01.01.1993 rückwirkend in Kraft.

        

2. Die Betriebsvereinbarung kann mit einer Frist von 3 Monaten zum Quartalsende, frühestens zum 31.12.1993 gekündigt werden.

                 
        

§ 5 Schlußbestimmungen

        

Die Bestimmungen dieser Betriebsvereinbarung werden automatisch Bestandteil von Arbeitsverträgen, die vor dem Abschlußdatum dieser Vereinbarung geschlossen worden sind.

        

Die betroffenen Arbeitnehmer/innen erhalten einen entsprechenden Nachtrag zum Arbeitsvertrag.“

5

Im März 1993 erhielt der Kläger ein Schreiben des Rechtsvorgängers der Beklagten, das er unterzeichnete (im Folgenden Nachtrag 1993 AV). Dort heißt es ua.:

        

Betr.: Betriebsvereinbarung vom Februar 1993          

        

Nachtrag zum Arbeitsvertrag            

                 
        

Die Bestimmungen der o.g. Betriebsvereinbarung wurden mit deren Inkrafttreten automatisch Bestandteil Ihres Arbeitsvertrages.

        

Alle in der Betriebsvereinbarung getroffenen Bestimmungen setzen die entsprechenden Regelungen des Arbeitsvertrages außer Kraft. Alle Vertragsbestimmungen, die durch diese Betriebsvereinbarung nicht geregelt sind, werden durch diesen Nachtrag nicht berührt und behalten ihre Gültigkeit.

        

Die Betriebsvereinbarung hängt zur Zeit noch am Schwarzen Brett aus und kann später in der Personalabteilung eingesehen werden.

        

Zum Zeichen der Kenntnisnahme und Ihres Einverständnisses bitten wir Sie, die beigefügte Kopie unterschrieben an uns zurückzugeben.“

6

Am 22. März 1995 schlossen der Rechtsvorgänger der Beklagten und der Kläger eine weitere Zusatzvereinbarung (im Folgenden Zusatzvereinbarung 1995), in der es ua. heißt:

        

„1. Wöchentliche Arbeitszeit von 23 Stunden in der 5-Tage-Woche: …

        

…       

        

2. Die Vergütung für die vereinbarte Tätigkeit beträgt monatlich in der Gruppe BAT Vc 2.150,27 DM brutto.

        

3. Der Urlaub beträgt in der 5-Tage-Woche 26 Urlaubstage im Kalenderjahr.

        

4. Die Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag vom 16.12.1992 wird mit in Kraft treten dieser Zusatzvereinbarung unwirksam.

        

5. Alle anderen Vertragsbestandteile bleiben von dieser Zusatzvereinbarung unberührt und behalten ihre Gültigkeit.“

7

Die Betriebsvereinbarung 1993 wurde mit Schreiben vom 27. September 2001 zum 31. Dezember 2001 gekündigt.

8

Am 23. März 2006 vereinbarten die Parteien erneut eine Änderung zum Arbeitsvertrag. Dort heißt es ua.:

        

„1. Ab dem 01.06.2006 beträgt der Stellenanteil 0,78 VK, das entspricht einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden in der 5 Tage/Woche.

        

2. Das Gehalt wird entsprechend der 0,78 Stelle auf 1.933,90 € erhöht.

        

3. Die Zusatzvereinbarung vom 22.03.1995 wird mit dieser Änderung unwirksam.

        

4. Alle übrigen Bestandteile des bestehenden Arbeitsvertrages bleiben unverändert gültig.“

9

Von 2005 bis 2010 enthielten die Entgeltabrechnungen des Klägers einen Hinweis auf „Vb Stufe 09“. Seit Juni 2006 erhält der Kläger monatlich 1.933,90 Euro brutto, weitere Gehaltserhöhungen gab es nicht. Zudem gewährte die Beklagte Nachtzuschläge iHv. 1,28 Euro, Samstagszuschläge von 0,64 Euro, Sonntagszuschläge von 3,71 Euro und Feiertagszuschläge von 5,19 Euro je Stunde.

10

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 25. November 2015 machte der Kläger gegenüber der Beklagten Vergütung nach dem TVöD für den Zeitraum ab Mai 2015 geltend und bezifferte den monatlichen Mehrbetrag zunächst mit 479,55 Euro. Mit Schreiben vom 16. Dezember 2015 wies die Beklagte die Ansprüche zurück.

11

Mit seiner Klage hat der Kläger zunächst Entgeltansprüche iHv. 5.903,76 Euro brutto sowie die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Vergütung nach Entgeltgruppe 9 TV-L und hilfsweise Entgeltgruppe 9 Stufe 4 TVöD/VKA begehrt. Im weiteren Verlauf des Rechtsstreits hat er nach teilweiser Klagerücknahme und weiteren Klageerweiterungen für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Juli 2015 auf der Grundlage der Differenz zwischen dem monatlich gezahlten und dem tariflichen Entgelt in monatlich unterschiedlicher, aber rechnerisch unstreitiger Höhe die Zahlung von insgesamt 22.435,42 Euro brutto sowie - unter Austausch von Haupt- und Hilfsantrag in der Revision - die Feststellung der Vergütungsverpflichtung der Beklagten nach der Entgeltgruppe 9 Stufe 4 TVöD/VKA, hilfsweise der Entgeltgruppe 9 Stufe 4 TV-L geltend gemacht.

12

Der Kläger hat - zuletzt - die Auffassung vertreten, er habe Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 Stufe 4 TVöD/VKA, hilfsweise der Entgeltgruppe 9 Stufe 4 TV-L. Die Zusatzvereinbarungen 1992 und 1995 zu seinem Arbeitsvertrag enthielten mit ihrer dynamischen Bezugnahme eine Verweisung auf die Vergütungsordnung des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT) und nach deren Ablösung auf die des TVöD/VKA, dessen Tabelle die Beklagte auch zuletzt ihren Abrechnungen zugrunde gelegt habe, hilfsweise auf die des TV-L. Die dynamische Anwendung der Tarifwerke des öffentlichen Dienstes sei weder durch die Betriebsvereinbarung 1993 noch durch den Nachtrag 1993 AV beendet worden. Die freiwillige Betriebsvereinbarung 1993 sei unwirksam, da es im Pflegebereich tarifvertragliche Arbeitsbedingungen sowie mittlerweile die Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche gebe. Zudem habe sie zum 31. Dezember 2001 aufgrund der Kündigung ohne Nachwirkung geendet. Der Nachtrag 1993 AV habe keine konstitutive vertragliche Wirkung. Ausschlussfristen fänden keine Anwendung.

13

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 22.435,42 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 5.485,32 Euro seit dem 1. Februar 2016 sowie aus 16.950,10 Euro seit dem 15. April 2016 zu zahlen;

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem 1. Februar 2016 bis zum 31. Dezember 2016 nach der Entgeltgruppe 9 Stufe 4 der jeweiligen Entgelttabelle des TVöD/VKA zu vergüten, hilfsweise

                 

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem 1. Februar 2016 bis zum 31. Dezember 2016 nach der Entgeltgruppe 9 Stufe 4 der jeweiligen Entgelttabelle des TV-L Tarifgebiet West zu vergüten.

14

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat - zuletzt - die Auffassung vertreten, weder der Arbeitsvertrag 1991 noch die Zusatzvereinbarungen 1992 und 1995 enthielten eine dynamische Bezugnahme auf die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes. Diese Zusatzvereinbarungen seien aufgehoben und spätestens durch die Änderung des Arbeitsvertrags von März 2006 ersetzt worden, nach der der Kläger für seine Tätigkeit ein festes Bruttomonatsgehalt erhalten sollte. Die Erhöhungen in der Vergangenheit seien aufgrund der von der Beklagten eingegangenen Verpflichtungen nach der Betriebsvereinbarung 1993 und nicht freiwillig erfolgt. Im Übrigen habe die Betriebsvereinbarung 1993 mögliche einzelvertragliche Regelungen dauerhaft verdrängt und zulässigerweise die - vertraglich vereinbarte - Vergütung abgeändert, womit der Kläger auch durch Unterzeichnung des Nachtrags 1993 AV sein Einverständnis erklärt habe. Ferner seien etwaige Ansprüche des Klägers verfallen.

15

Das Arbeitsgericht hat die Klage - auch hinsichtlich der erstinstanzlich zurückgenommenen Feststellungsanträge - abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren unter Austausch von - bisherigem - Haupt- und Hilfsfeststellungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Die Vorinstanzen haben die zulässige Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Kläger hat einen Anspruch auf die begehrte Feststellung und die geltend gemachte Zahlung einschließlich der Zinsen.

17

A. Die Klage ist hinsichtlich des zuletzt gestellten Haupt- und Hilfsfeststellungsantrags als sog. Elementenfeststellungsklage (sh. nur BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 26 ff., BAGE 131, 176; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, BAGE 128, 165) zulässig.

18

I. Die Feststellungsanträge betreffen vorrangig die Vergütungsverpflichtung der Beklagten nach den jeweiligen Entgelttabellen des TVöD/VKA bzw. TV-L und nicht die - im Anwendungsfall nicht umstrittene - Zuordnung der Tätigkeit des Klägers zu einem bestimmten Tätigkeitsmerkmal der jeweiligen Vergütungsordnung. Auch die Anwendung eines Teils eines Tarifvertrags, wie hier der Vergütungsordnung, kann Gegenstand eines Feststellungsantrags sein (vgl. zB zur Anwendung einer Arbeitszeitregelung eines Tarifvertrags BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 26 ff., BAGE 131, 176).

19

II. Die Umstellung von Haupt- und Hilfsantrag in der Revisionsinstanz steht der Zulässigkeit der Feststellungsanträge nicht entgegen.

20

1. Zwar ist eine Antragsänderung in der Revisionsinstanz grundsätzlich ausgeschlossen. Antragsänderungen können aber aus prozessökonomischen Gründen zugelassen werden, wenn es sich dabei um Fälle des § 264 Nr. 2 ZPO handelt und der neue Sachantrag sich auf den in der Berufungsinstanz festgestellten Sachverhalt und auf den unstreitigen Parteivortrag stützt. Dies trifft bei einem Wechsel von Haupt- und Hilfsantrag regelmäßig zu ( BAG 19. September 2006 - 1 ABR 58/05  - Rn. 11 ; 11. Februar 1992 -  1 ABR 49/91  - zu B I der Gründe, BAGE 69, 302 ). Mit ihm ist jedenfalls dann keine Erweiterung des bisherigen Prüfprogramms verbunden, wenn über den bisherigen Hilfsantrag in der Vorinstanz bereits entschieden worden ist ( BAG 17. November 2010 - 4 AZR 118/09 - Rn. 12 mwN).

21

2. Etwas anderes gilt im Streitfall auch nicht deshalb, weil das Arbeitsgericht dem Kläger die Feststellungsansprüche unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO aberkannt hatte.

22

a) Nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist ein Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Entsprechendes gilt, wenn das Gericht dem Kläger einen Anspruch abspricht, den dieser nicht erhoben hat ( BAG 15. April 2015 - 4 AZR 796/13  - Rn. 21 , BAGE 151, 235).

23

b) Der Kläger hat die Feststellungsanträge in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht wirksam zurückgenommen. Dadurch entfiel deren Rechtshängigkeit rückwirkend (§ 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Die gleichwohl erfolgte Abweisung der Anträge durch das Arbeitsgericht stellt daher einen Verstoß gegen § 308 ZPO dar.

24

c) Die Erweiterung der Klage um die Feststellungsanträge in der Berufungsinstanz war zulässig. Zwar hat das Landesarbeitsgericht in seiner Entscheidung übersehen, dass es sich bei den Feststellungsanträgen um eine Klageerweiterung handelt und entsprechend deren Zulässigkeit nicht geprüft. Über die Zulässigkeit der Klageänderung in der Berufungsinstanz ist jedoch auch im Revisionsverfahren nach dem Maßstab des § 533 ZPO zu entscheiden(BAG 14. Juni 2017 - 10 AZR 308/15 - Rn. 38; 12. Juli 2016 - 9 AZR 51/15 - Rn. 44).

25

aa) Nach § 533 ZPO ist eine Klageänderung nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und diese auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat.

26

bb) Die Einwilligung der Beklagten iSv. § 533 Nr. 1 ZPO zur Klageerweiterung liegt gem. § 525 Satz 1, § 267 ZPO vor, da sie sich rügelos auf die Klageerweiterung eingelassen hat.

27

cc) Die Klageerweiterung wird iSv. § 533 Nr. 2 ZPO auf Tatsachen gestützt, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hatte. Für den Erfolg des Leistungsantrags waren dieselben Tatsachen maßgebend wie für den Erfolg der Feststellungsanträge.

28

B. Die - zuletzt nur noch auf arbeitsvertragliche Ansprüche gestützte - Klage ist hinsichtlich des als Hauptantrag gestellten Feststellungsantrags begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, den Kläger nach der Entgeltgruppe 9 Stufe 4 der jeweiligen Entgelttabelle des TVöD/VKA zu vergüten. Der Hilfsantrag fällt deshalb nicht mehr zur Entscheidung an.

29

I. Im Ausgangspunkt hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen, Ziff. 2 der Zusatzvereinbarung 1992, nach der „die Vergütung … monatlich in der Gruppe BAT Vc / 3 = DM 2.527,80 brutto“ beträgt, sei als eine zeitdynamische Bezugnahme auf die Eingruppierungs- und Vergütungsregelungen des BAT zu verstehen.

30

1. Die Zusatzvereinbarung 1992 ist - ebenso wie der Arbeitsvertrag 1991 - ein Formularvertrag, dessen Bestimmungen nach den Regelungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen auszulegen sind (zu den Maßstäben sh. nur BAG 14. Dezember 2011 - 4 AZR 28/10 - Rn. 29 mwN). Die Auslegung von typischen Vertragsklauseln ist der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht zugänglich (st. Rspr. des BAG, zB BAG 7. Dezember 2016 - 4 AZR 414/14 - Rn. 21; 19. März 2003 - 4 AZR 331/02 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 105, 284).

31

2. Bei Anwendung dieser Auslegungsregeln ergibt sich aus der vertraglichen Vereinbarung eine dynamische Verweisung auf die entsprechenden Bestimmungen des BAT.

32

a) Die pauschale Bezugnahme im Arbeitsvertrag auf tarifliche Vergütungsbestimmungen ohne Angabe einer konkret nach Datum festgelegten Fassung des in Bezug genommenen Tarifvertrags ist regelmäßig dynamisch zu verstehen. Ein zusätzliches Indiz hierfür kann sein, wenn im Arbeitsvertrag der Entgeltbetrag aufgeführt wird, der dem Tarifgehalt bei Abschluss des Arbeitsvertrags im Wesentlichen entspricht. Nur wenn es eindeutige Hinweise für eine statische Bezugnahme gibt, kann von dieser Auslegungsregel abgewichen werden (st. Rspr., vgl. nur BAG 7. Dezember 2016 - 4 AZR 414/14 - Rn. 25; 25. Februar 2015 - 5 AZR 481/13 - Rn. 15, jeweils mwN).

33

b) Danach haben die Parteien in Ziff. 2 der Zusatzvereinbarung 1992 die Vergütung zeitdynamisch, orientiert an den Eingruppierungs- und Vergütungsbestimmungen des BAT vereinbart. Dazu gehört auch die Tarifautomatik, §§ 22, 23 BAT.

34

aa) Die Arbeitsvertragsparteien haben in der Zusatzvereinbarung 1992 die Vergütungsgruppe ausdrücklich bezeichnet und überdies - ohne dass dies entscheidend wäre - eine konkrete Summe genannt, die nach dem unbestrittenen Vortrag des Klägers dem Tabellenentgelt der angegebenen Vergütungsgruppe des BAT entsprach.

35

bb) Die Bezugnahmeklausel enthält nicht nur einen Verweis auf die ausdrücklich genannte VergGr. Vc BAT, sondern zugleich auf die gesamte Vergütungsordnung einschließlich der Tarifautomatik. Anhaltspunkte dafür, die Arbeitsvertragsparteien hätten dauerhaft eine Vergütung nach der VergGr. Vc BAT unabhängig von der konkreten Tätigkeit und gar ohne die tariflich vorgesehene Möglichkeit des Bewährungsaufstiegs vereinbaren wollen, sind nicht ersichtlich. Vielmehr hat die Beklagte den Kläger ausweislich der Entgeltbescheinigungen zumindest in den Jahren 2005 bis 2010, dh. auch noch lange nach Kündigung der Betriebsvereinbarung sogar nach der von ihm durch Bewährungsaufstieg erfüllten VergGr. Vb BAT vergütet.

36

II. Die dynamische Bezugnahme auf die Eingruppierungs- und Vergütungsregelungen des BAT aus der Zusatzvereinbarung 1992 ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts in der Folgezeit weder durch die Betriebsvereinbarung 1993 noch durch individuelle Vereinbarungen zwischen den Parteien abgelöst oder verdrängt worden.

37

1. Aus einer normativen Wirkung der Betriebsvereinbarung 1993 ergibt sich für den Streitzeitraum keine Änderung der vertraglichen Bezugnahmeregelung.

38

a) Die Betriebsvereinbarung 1993 war zum 31. Dezember 2001 gekündigt worden. Ihre unmittelbare und zwingende Wirkung (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG) endete zu diesem Zeitpunkt. Auf die Frage ihrer Wirksamkeit kommt es daher in diesem Zusammenhang nicht an.

39

b) Die beendete Betriebsvereinbarung entfaltete im Arbeitsverhältnis der Parteien auch keine Nachwirkung, die eine solche Änderung hätte bewirken können.

40

aa) Betriebsvereinbarungen wirken nach ihrem Ablauf nach, soweit sie Angelegenheiten der erzwingbaren Mitbestimmung betreffen (§ 77 Abs. 6 BetrVG). Freiwillige Betriebsvereinbarungen wirken nicht nach. Bei einer Betriebsvereinbarung mit teilweise mitbestimmten Regelungen sind die einzelnen Regelungskomplexe getrennt zu behandeln. Eine Nachwirkung erfolgt dann nur hinsichtlich der Angelegenheiten, die der zwingenden Mitbestimmung unterliegen (BAG 10. Dezember 2013 - 1 ABR 39/12 - Rn. 17 mwN, BAGE 147, 19). Sinn der Nachwirkung nach § 77 Abs. 6 BetrVG ist - zumindest auch - die kontinuierliche Wahrung betriebsverfassungsrechtlicher Mitbestimmungsrechte. Sind solche nicht betroffen, bedarf es der Nachwirkung nicht (BAG 26. August 2008 - 1 AZR 354/07 - Rn. 16, BAGE 127, 297).

41

bb) Soweit hier überhaupt eine zwingende Wirkung der Betriebsvereinbarung auf die vertragliche Abrede bzgl. der Anwendung der Vergütungsordnung des BAT in Betracht kommt, wäre sie als die Höhe des vertraglichen Entgelts unmittelbar bestimmende Regelung nicht einem Tatbestand des Katalogs von § 87 Abs. 1 BetrVG, insbesondere der Nr. 10, zuzuordnen(bspw. BAG 21. Februar 2017 - 1 ABR 12/15 - Rn. 23; 5. Mai 2015 - 1 AZR 435/13 - Rn. 15, jeweils mwN).

42

2. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist die vertragliche Verweisung auf die Eingruppierungs- und Vergütungsregelungen des BAT auch nicht durch eine auf vertraglicher Ebene wirkende Einbeziehung der Betriebsvereinbarung 1993 abgelöst oder abgeändert worden.

43

a) Das Landesarbeitsgericht ist zum einen davon ausgegangen, die Betriebsvereinbarung 1993 habe den Arbeitsvertrag der Parteien dahin geändert, dass die bis dahin geltende dynamische Verweisung auf die Vergütungsordnung des BAT durch die in der Betriebsvereinbarung 1993 enthaltene eigenständige betriebliche Vergütungsordnung abgelöst worden sei. Zum anderen hat es angenommen, mit dem Nachtrag 1993 AV hätten die Parteien sich rechtsgeschäftlich ausdrücklich auf die Anwendung der Betriebsvereinbarung 1993 auf ihr Arbeitsverhältnis geeinigt.

44

aa) Das Landesarbeitsgericht hat den Arbeitsvertrag dahingehend ausgelegt, dass die Parteien mit der Regelung in Ziff. 2 der Zusatzvereinbarung 1992 konkludent vereinbart hätten, die dynamische Anwendung des BAT solle grundsätzlich einer Änderung durch Betriebsvereinbarung unterliegen (UA S. 10 f., unter b aa). Es hat sich hierfür auf „Grundsätze nach BAG“ (BAG 5. März 20131 AZR 417/12 - Rn. 60) gestützt. Danach mache der Arbeitgeber mit der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Arbeitnehmer erkennbar deutlich, dass im Betrieb einheitliche Vertragsbedingungen gelten sollten. Der Abschluss von „betriebsvereinbarungsfesten Abreden“ schränke den Gestaltungsspielraum der Betriebsparteien für zukünftige Anpassungen von Arbeitsbedingungen mit kollektivem Bezug ein. Deshalb sei für einen „verständigen und redlichen Arbeitnehmer“ nicht zweifelhaft, dass die vom Arbeitgeber vertraglich gestellten Arbeitsbedingungen einer Änderung durch Betriebsvereinbarung zugänglich seien. Etwas anderes gelte lediglich dann, wenn die Arbeitsvertragsparteien ausdrücklich Bedingungen vereinbarten, die unabhängig von einer für den Betrieb geltenden normativen Regelung Anwendung finden sollten. Dies sei hier nicht geschehen. Die „Angleichung und Synchronisierung“ der betrieblichen mit einer tariflich vereinbarten, für den Betrieb aber nicht einschlägigen Vergütungsordnung besitze geradezu exemplarisch kollektiven Charakter.

45

bb) In der Sache hat das Berufungsgericht sich dann weiter auf eine rechtsgeschäftlich ausdrücklich vereinbarte Anwendung der Betriebsvereinbarung 1993 berufen, nachdem der Kläger mit der Unterzeichnung des Nachtrags 1993 AV sein Einverständnis hiermit erklärt habe. Dabei stützt sich das Landesarbeitsgericht in erster Linie auf den Wortlaut des Schreibens, wonach alle in der Betriebsvereinbarung 1993 getroffenen Bestimmungen die entsprechenden Regelungen des Arbeitsvertrags „außer Kraft“ setzten (UA S. 12, unter b cc). Auch sei die Vereinbarung nicht unklar iSv. § 305c Abs. 2 BGB, weshalb für die dort bestimmte Auslegungsregel kein Raum sei.

46

b) Beide Annahmen des Landesarbeitsgerichts sind rechtsfehlerhaft.

47

aa) Dies gilt zunächst für die Annahme, der Arbeitsvertrag der Parteien sei allein durch die gewählte Form eines Formulararbeitsvertrags „betriebsvereinbarungsoffen“, weshalb die vertragliche Verweisung auf die Vergütungsordnung des BAT durch die Betriebsvereinbarung 1993 abgelöst worden sei.

48

(1) Der Senat hat bereits grundsätzlich erhebliche Bedenken, in den Erklärungen und dem Verhalten der Parteien zwei sich auch hinsichtlich der vom Landesarbeitsgericht angenommenen konkludent vereinbarten „Betriebsvereinbarungsoffenheit“ deckende Willenserklärungen zu erkennen.

49

(a) Rechtsgeschäftliche Willenserklärungen sind nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich nach einem objektivierten Empfängerhorizont auszulegen. Dabei haben die Motive des Erklärenden, soweit sie nicht in dem Wortlaut der Erklärung oder in sonstiger, für die Gegenseite hinreichend deutlich erkennbarer Weise ihren Niederschlag finden, außer Betracht zu bleiben. Es besteht keine Verpflichtung des Erklärungsempfängers, den Inhalt oder den Hintergrund des ihm regelmäßig formularmäßig gemachten Angebots durch Nachfragen aufzuklären. Kommt der Wille des Erklärenden nicht oder nicht vollständig zum Ausdruck, gehört dies zu dessen Risikobereich. Die Regelung eines Vertrags über eine entgeltliche Leistung beschränkt sich im Allgemeinen auf die Bestimmung von Leistung und Gegenleistung. Die Motive, aus denen jeder der Partner den Vertrag schließt, sind für die Rechtsfolgen des Vertrags grundsätzlich unbeachtlich, weil sie nicht Teil der vertraglichen Vereinbarung selbst sind (BAG 25. Oktober 2017 - 4 AZR 375/16 - Rn. 35; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 30 mwN, BAGE 122, 74).

50

(b) In Anwendung dieser Grundsätze hat der erkennende Senat die frühere Rechtsprechung zur Auslegung von Verweisungsklauseln als sog. „Gleichstellungsabrede“ verworfen. Nach dieser - aufgegebenen - Rechtsprechung bedingte die „soziotypische Situation“ eines Arbeitnehmers bei Vertragsschluss mit einem tarifgebundenen Arbeitgeber das „Wissen“ darum, dass eine im Vertrag enthaltene dynamische Verweisung auf einen Tarifvertrag notwendig - konkludent - die auflösende Bedingung beinhaltete, diese Dynamik solle im Fall des Wegfalls der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers enden. Dieses „Wissen“ sei dann auch Inhalt der mit der Unterschrift von ihm selbst abgegebenen Willenserklärung. Diese Rechtsprechung hat der Senat mit der Begründung aufgegeben, dass der Bedeutungsinhalt von arbeitsvertraglichen Erklärungen in erster Linie anhand des Wortlauts zu ermitteln ist, und es bei dessen Eindeutigkeit im Grundsatz keiner weiteren Heranziehung von Auslegungsfaktoren bedarf (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 31, BAGE 122, 74; sh. auch Thüsing/Lambrich RdA 2002, 193, 198 f.; Annuß ZfA 2005, 405, 423; Bayreuther DB 2007, 166). Insbesondere kann aus der „soziotypischen Situation“ allein kein den Erklärungsinhalt bedingender Vorbehalt geschlossen werden, wenn er sich nicht auch im Wortlaut niedergeschlagen hat. Nur bei Vorliegen konkreter Tatsachen, die im Einzelfall Zweifel an der wortgetreuen Auslegung der getroffenen Vereinbarung begründen können, weil sie für beide Seiten erkennbar den Inhalt der jeweils abgegebenen Willenserklärungen in einer sich im Wortlaut nicht niederschlagenden Weise beeinflusst haben, könnte ein Anlass bestehen, die Wortlautauslegung in Frage zu stellen. Die möglichen Motive der Erklärung des Antragenden können - gerade bei vom Arbeitgeber gestellten Formularverträgen - nur dann zur Auslegung der Annahmeerklärung herangezogen werden, wenn sie zweifelsfrei und unmissverständlich für den Arbeitnehmer erkennbar sind und als Bestandteil seiner eigenen zustimmenden Erklärung angesehen werden müssen. Gerade im Licht der AGB-Kontrolle (§§ 305 ff. BGB) ist für die Auslegung nicht der jeweilige - unterstellte - Wille der am Rechtsgeschäft beteiligten Vertragspartner, sondern in erster Linie der Vertragswortlaut entscheidend (Preis Der Arbeitsvertrag 5. Aufl. I C Rn. 30a mwN).

51

(c) Für die Annahme, ein („redlicher und verständiger“) Arbeitnehmer müsse auch ohne irgendeinen Hinweis in einem ihm vorgelegten Arbeitsvertragsentwurf davon ausgehen, das Vertragsangebot des Arbeitgebers stünde in jeder Hinsicht unter dem Vorbehalt einer Abänderbarkeit - insbesondere auch einer Verschlechterungsmöglichkeit - durch eine Betriebsvereinbarung, weil er nicht damit rechnen könne, dass ihm andere Arbeitsbedingungen zugestanden würden, als sie im Betrieb „gelten“, gibt es keine Anhaltspunkte. Ein Arbeitnehmer, der einen vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag als Antrag iSv. § 145 BGB vorgelegt bekommt, kann zwar ggf. noch erkennen, dass es sich um einen Formularvertrag handelt. Dabei ist für ihn aber schon nicht mehr erkennbar, ob das vom Arbeitgeber verwandte Vertragsexemplar nur für ihn entworfen ist oder ob es den betriebsüblichen Vertragsformulierungen entspricht, die der Arbeitgeber in der Gegenwart oder Vergangenheit für andere und ggf. wieviele Arbeitsverhältnisse mit welchem Anteil an der gesamten Belegschaft oder eines Teils davon verwandt hat. Allein hieraus auf eine Vereinheitlichungsabsicht des Arbeitgebers schließen zu müssen, ist nicht einmal naheliegend, erst recht weder zwingend noch durch die Gesamtumstände geboten, zumal schon völlig unklar ist, ob und warum ein Arbeitgeber überhaupt eine eventuelle Vereinheitlichungsabsicht hat und diese allein durch die Verwendung von von ihm vorformulierten Arbeitsbedingungen zum - erkennbaren - Ausdruck bringen wollte, obwohl ihm als Verwender jede andere Möglichkeit offen gestanden hätte. Die Annahme, der Arbeitnehmer müsse davon ausgehen, ein ihm gegenüber nicht mitgeteilter, aber konkreter und im Ergebnis außerordentlich bedeutungsvoller „Vertragsinhalt“ sei Gegenstand seiner eigenen Willensbildung und durch die Unterzeichnung des Arbeitsvertrags auch Inhalt der von ihm selbst abgegebenen Willenserklärung, ist eine bloße Fiktion. Eine solche hätte überdies die paradoxe Folge, dass allein durch die Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, deren gesetzliche Kontrolle nach Maßgabe der §§ 305 ff. BGB dem schwächeren Vertragspartner gerade zusätzlichen Schutz gewähren soll, die ausdrücklich vereinbarten einzelnen Vertragsbedingungen konkludent zur Disposition der Betriebsparteien gestellt würden. Dass ein Arbeitnehmer dies - ggf. sogar hinsichtlich der Höhe der ihm versprochenen Vergütung und des Inhalts der von ihm zugesicherten Arbeitspflicht - allein durch die Entgegennahme und Unterzeichnung des vorformulierten Arbeitsvertrags und ohne jede Erwähnung bei den Vertragsverhandlungen oder schriftliche Aufnahme in den Arbeitsvertrag erklären will, erscheint dem erkennenden Senat nicht nachvollziehbar.

52

(d) Angesichts der mit dem Schutz der Betroffenen begründeten hohen Anforderungen an eine Individualabrede iSv. § 305b BGB(vgl. dazu nur HWK/Roloff 8. Aufl. § 305b BGB Rn. 1: „Dies ist dann der Fall, wenn sie zu den AGB in unmittelbarem oder direktem Widerspruch stehen“, mwN) fällt praktisch jeder Arbeitsvertrag als Allgemeine Geschäftsbedingung unter die Kontrolle der §§ 305 ff. BGB und erfüllt damit die Voraussetzungen der „soziotypischen Situation“ der Annahme einer „Betriebsvereinbarungsoffenheit“. Soweit nur Arbeitsbedingungen „mit kollektivem Bezug“ von der Veränderbarkeit durch Betriebsvereinbarungen erfasst sein sollen, ist diese Bedingung per definitionem auf der Vertragsseite bereits durch die Annahme der Bedeutung und Wirkungsweise Allgemeiner Geschäftsbedingungen erfüllt und ausdrückliche Voraussetzung für die Anknüpfung an eine Vereinheitlichungsabsicht des Arbeitgebers. Auf der anderen Seite müssen die die Vertragslage unmittelbar ändernden Betriebsvereinbarungen ohnehin kollektiven Charakter haben. Da nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts außerhalb von § 77 Abs. 3 BetrVG Arbeitsbedingungen aller Art, auch solche, die die Hauptleistungspflicht unmittelbar bestimmen, durch Betriebsvereinbarungen nach § 88 BetrVG festgelegt werden können(BAG 12. Dezember 2006 - 1 AZR 96/06 - Rn. 14 ff., BAGE 120, 308; Fitting 29. Aufl. § 77 Rn. 45 ff.; krit. Richardi BetrVG 16. Aufl. § 77 Rn. 74; Preis in Wlotzke/Preis/Kreft BetrVG 4. Aufl. § 77 Rn. 18), kann die grundsätzliche Annahme einer „Betriebsvereinbarungsoffenheit“ in diesem Rahmen zu dem Ergebnis führen, dass sämtliche im Arbeitsvertrag ausdrücklich vereinbarten Abreden der Parteien durch die Betriebsparteien abgeändert werden könnten. Das wiederum würde bedeuten, dass aus kollektiven Mindestarbeitsbedingungen im Ergebnis Höchstarbeitsbedingungen würden, die, soweit sie Hauptleistungspflichten betreffen, noch nicht einmal der Inhaltskontrolle ieS unterworfen wären (arg. § 307 Abs. 3 BGB; Art. 4 Abs. 2 RL 93/13/EWG).

53

(e) Auch mit Blick auf das Recht der AGB-Kontrolle unterliegt diese Sichtweise nach Auffassung des Senats erheblichen Bedenken.

54

(aa) Die „konkludente“ Vereinbarung einer „Betriebsvereinbarungsoffenheit“ - ihr Vorliegen unterstellt - wäre ihrerseits selbst eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. §§ 305 ff. BGB. Der Arbeitgeber legte danach dem Arbeitnehmer nicht nur die ausdrücklichen Arbeitsbedingungen in vorformulierter Form zur Unterzeichnung vor, sondern zusätzlich regelmäßig den in dieser Form enthaltenen, allerdings ungeschriebenen Vorbehalt einer Verschlechterung der ausdrücklich formulierten Arbeitsbedingungen durch eine Betriebsvereinbarung. Damit wäre auch die bei einer „Betriebsvereinbarungsoffenheit“ angenommene konkludente Vertragsklausel vom Arbeitgeber gestellt. Mit Unterzeichnung des Arbeitsvertrags durch den Arbeitnehmer würde sie zunächst - als ungeschriebene Klausel - Bestandteil jedes in der Form von Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarten Arbeitsvertrags. Sie unterläge damit der gesetzlich vorgesehenen Kontrolle nach Maßgabe der §§ 305 ff. BGB, wie es auch für eine mündlich vereinbarte Allgemeine Geschäftsbedingung allgemein angenommen worden ist (zB BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 12 ff., BAGE 141, 324; 27. August 2008 - 5 AZR 820/07 - Rn. 20 ff., BAGE 127, 319; Clemenz in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht § 305 BGB Rn. 20; vgl. für weitere Privatrechtsbereiche Ulmer/Habersack in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 12. Aufl. § 305 BGB Rn. 36, mit zahlr. Nachw. aus der Rspr. des BGH).

55

(bb) Ob diese ungeschriebene und unerwähnt gebliebene Vertragsklausel einer Überprüfung nach Maßgabe des § 305c Abs. 2 BGB (Unklarheitenregel) und des § 305c Abs. 1 BGB (Verbot überraschender Klauseln) standhielte, kann vorliegend offenbleiben. Jedenfalls würden sich im Hinblick auf die Anwendung der Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB ganz erhebliche Bedenken ergeben. Das Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein und verlangt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders klar und deutlich erkennen kann, welche Rechte und Pflichten er hat. Das Bestimmtheitsgebot ist verletzt, wenn eine Klausel vermeidbare Unklarheiten und Spielräume für den Verwender enthält (BAG 23. Januar 2014 - 8 AZR 130/13 - Rn. 23; 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 14, BAGE 135, 250; BGH 3. März 2004 - VIII ZR 151/03 - zu II 2 a bb der Gründe). Voraussetzungen und Umfang der Leistungspflicht müssen so bestimmt oder zumindest so bestimmbar sein, dass der Vertragspartner des Verwenders bereits bei Vertragsschluss erkennen kann, „was auf ihn zukommt“ (BAG 21. Januar 2015 - 10 AZR 84/14 - Rn. 33, BAGE 150, 286; 21. August 2012 - 3 AZR 698/10 - Rn. 18, BAGE 143, 30; vgl. allg. dazu Schaub ArbR-HdB/Linck 17. Aufl. § 35 Rn. 54 mit zahlr. weiteren Nachw. aus der Rspr.). Dies dürfte bei einem ungeschriebenen und lediglich aus den äußeren Umständen gefolgerten Verzicht auf das Günstigkeitsprinzip als tragendem Rechtsgrundsatz kaum gegeben sein. Der Vorbehalt einer ablösenden „Betriebsvereinbarungsoffenheit“ kann vielmehr nur dann in Betracht kommen, wenn der Arbeitgeber als Verwender der AGB einen solchen hinreichend klar und verständlich zum Ausdruck gebracht hat. Die Annahme, ein verständiger Arbeitnehmer müsse auch ohne einen entsprechenden ausdrücklichen Vorbehalt des Arbeitgebers von einer „Betriebsvereinbarungsoffenheit“ ausgehen, dürfte dem nicht genügen (für den Fall der Ablösbarkeit einer Sonderzahlung BAG 5. August 2009 - 10 AZR 483/08 - Rn. 15).

56

(2) Einer abschließenden Entscheidung über diese Fragen bedarf es im Streitfall nicht. Ginge man - entgegen den oa. Bedenken - davon aus, es liege grundsätzlich eine konkludente Einigung der Parteien über eine „Betriebsvereinbarungsoffenheit“ ihrer Arbeitsbedingungen vor, erfasste diese jedenfalls nicht die ausdrückliche Vereinbarung der Parteien über die Anwendbarkeit der Vergütungsordnung des BAT auf ihr Arbeitsverhältnis.

57

(a) Von einer konkludent vereinbarten „Betriebsvereinbarungsoffenheit“ individualvertraglich geregelter Arbeitsbedingungen ist schon dann nicht auszugehen, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausdrücklich Vertragsbedingungen vereinbaren, die unabhängig von einer für den Betrieb geltenden normativen Regelung Anwendung finden sollen (BAG 5. März 2013 - 1 AZR 417/12 - Rn. 60, aE).

58

(aa) Dies ist bei einer im Wortlaut zum Ausdruck kommenden einzelvertraglich vereinbarten dynamischen Verweisung auf einen Tarifvertrag stets der Fall. Die dynamische Verweisung auf einen Tarifvertrag in einem vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag hat immer einen „kollektiven Bezug“. Sollte sich tatsächlich allein aus der Formenwahl des Arbeitgebers das erkennbare Ziel einer Einheitlichkeit der Arbeitsbedingungen ergeben, wäre jedenfalls die Bezugnahme auf einen ausdrücklich genannten Tarifvertrag in der Regel so zu verstehen, dass dessen Regelungen im Rahmen ihrer vertraglichen Inbezugnahme die vom Arbeitgeber - unter der oa. Annahme - angestrebte und erreichbare kollektive Vereinheitlichung realisieren und gewährleisten. Von einer nur konkludenten Vereinbarung über einen bestimmten dynamischen Vertragsinhalt könnte deshalb bereits dann nicht mehr ausgegangen werden, wenn es für denselben Regelungsbereich eine sich aus dem Text des Vertrags ergebende dynamische Verweisung gibt, die ein gegenüber der Betriebsvereinbarung höherrangiges Regelungssystem in Bezug nimmt. Zwar bliebe auch einer solchen individualvertraglichen Bezugnahme die Betriebsvereinbarung im Rang übergeordnet, jedoch ausschließlich in ihrer normativen Wirkung bei gleichzeitiger Anwendung des Günstigkeitsprinzips (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG). Für eine - ohnehin unter problematischen Prämissen angenommene - konkludent vereinbarte vertragliche „Betriebsvereinbarungsoffenheit“ mit der Folge einer ansonsten nicht bestehenden Verschlechterungsmöglichkeit hinsichtlich konkret vereinbarter Vertragsbedingungen fehlt es an jedem Anhaltspunkt, wenn die Vertragsparteien den Inhalt ihres Arbeitsverhältnisses ausdrücklich (und gerade nicht nur konkludent) den tariflichen Vereinbarungen konkreter Tarifvertragsparteien anvertrauen. Hier ergibt sich die Nachrangigkeit einer solchen - konkludent getroffenen - Betriebsvereinbarungsoffenheitsabrede sowohl aus dem Vorrang der Vereinbarungsform als auch aus dem Vorrang der in Bezug genommenen dynamischen Rechtsquelle des Tarifvertrags gegenüber der Betriebsvereinbarung. Mit dem Zweck einer solchen dynamischen Bezugnahme auf Vergütungsregelungen des öffentlichen Dienstes, nach dem bei der Vergütung eine Gleichstellung mit den in diesem Bereich beschäftigten Arbeitnehmern erreicht werden soll, wäre eine Anwendung der allein für den Bereich der Beklagten maßgeblichen betrieblichen Regelungen nicht vereinbar (so auch BAG 21. August 2013 - 5 AZR 581/11 - Rn. 48).

59

(bb) Eine der konkludenten Vereinbarung einer „Betriebsvereinbarungsoffenheit“ widersprechende und sie damit ausschließende ausdrückliche Vertragsregelung kann auch darin bestehen, dass dem Wortlaut des Vertrags nach betriebliche Regelungen zwar grundsätzlich Anwendung finden sollen, aber nur nachrangig, also „im Übrigen“ oder nur „soweit keine anderen Vereinbarungen getroffen worden sind“. In diesem Fall haben die Arbeitsvertragsparteien ihren Willen im Wortlaut des Vertrags zum Ausdruck gebracht, dass sie den arbeitsvertraglichen Regelungen den Vorrang einräumen wollten, sofern die Betriebsvereinbarung hinsichtlich günstigerer Arbeitsbedingungen nicht ohnehin normativ gilt; insoweit gölten die günstigeren Regelungen unmittelbar und zwingend und unterlägen in ihrer Wirkungsweise nicht der Regelungsbefugnis der Arbeitsvertragsparteien (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG).

60

(b) Nach diesen Maßstäben haben die Parteien im Streitfall eine - konkludente - Betriebsvereinbarungsoffenheit vertraglich ausgeschlossen.

61

(aa) Die Parteien haben in ihrem Arbeitsvertrag in der Fassung der Zusatzvereinbarung 1992 auf die Eingruppierungs- und Vergütungsregelungen des BAT Bezug genommen, sie als vertragliche Grundlage vereinbart (vgl. oben unter B I 2) und damit eine vertragliche Einbeziehung - der ggf. normativ geltenden Betriebsvereinbarung - ausgeschlossen.

62

(bb) Dagegen spricht nicht die in § 7 des Arbeitsvertrags 1991 getroffene Bestimmung, nach der alle betrieblichen Regelungen gelten sollten. Diese Einbeziehung sollte nach dem ausdrücklichen Willen der Arbeitsvertragsparteien nur insoweit greifen, als in dem Arbeitsvertrag keine andere Vereinbarung getroffen worden ist. Das ist aber durch die Verweisung auf die Eingruppierungs- und Vergütungsregelungen des BAT geschehen. Damit haben die Parteien auch hier über die „Rangfolge“ von evtl. mehreren - dynamisch - in Bezug genommenen Rechtsquellen für ihr Arbeitsverhältnis eine ausdrückliche Vereinbarung zugunsten der Individualabrede getroffen.

63

bb) Auch die weitere Begründung des Landesarbeitsgerichts, die Unterzeichnung des von dem Rechtsvorgänger der Beklagten verfassten Nachtrags 1993 AV stelle eine ausdrückliche Abänderung des Arbeitsvertrags dahingehend dar, dass nunmehr die eigenständige Vergütungsordnung der Betriebsvereinbarung 1993 an die Stelle der bisher vereinbarten Vergütungsordnung des BAT treten solle, ist unzutreffend. Bei dem Nachtrag 1993 AV handelt es sich nicht um ein Vertragsangebot des Arbeitgebers, sondern lediglich um eine Information über die seiner Auffassung nach durch die Betriebsvereinbarung 1993 eingetretene Änderung der objektiven Rechtslage.

64

(1) Als von dem Rechtsvorgänger der Beklagten vorformulierte und damit typische Erklärung unterliegt die Auslegung des Schreibens der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht (st. Rspr. des BAG, zB BAG 7. Dezember 2016 - 4 AZR 414/14 - Rn. 21; 19. März 2003 - 4 AZR 331/02 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 105, 284).

65

(2) Diesem Maßstab hält das Berufungsurteil nicht stand. Bei dem Nachtrag 1993 AV handelt es sich ungeachtet der Unterschrift des Klägers nicht um eine Änderungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag, sondern um eine bloße Mitteilung des Rechtsvorgängers der Beklagten in Folge und Umsetzung der Betriebsvereinbarung 1993 (vgl. § 5 Abs. 2 Betriebsvereinbarung 1993). Die Annahme einer konstitutiven individualvertraglichen Vereinbarung der Parteien wäre nur dann gerechtfertigt, wenn es sich bei dem Nachtrag 1993 AV um einen Antrag des Rechtsvorgängers der Beklagten iSv. §§ 145 ff. BGB handelte, der zur Entfaltung der beabsichtigten Rechtsfolgen der Annahme durch den Kläger bedurft hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Der Rechtsvorgänger der Beklagten hat den Kläger vielmehr mit dem Nachtrag 1993 AV in Umsetzung der Betriebsvereinbarung 1993 lediglich von seiner Auffassung in Kenntnis gesetzt, dass diese Betriebsvereinbarung kraft Gesetzes normative Wirkung entfalte und deshalb auch für das Arbeitsverhältnis der Parteien wirksam sei.

66

(a) Das ergibt sich bereits aus der Eingangsformulierung. Danach wurden „die Bestimmungen der o.g. Betriebsvereinbarung … mit deren Inkrafttreten automatisch Bestandteil Ihres Arbeitsvertrages“. Diese Formulierung beinhaltet zunächst den - von dem Rechtsvorgänger der Beklagten angenommenen - Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Bestimmungen der Betriebsvereinbarung 1993, nämlich „deren Inkrafttreten“. Dies sollte nach § 4 Abs. 1 Betriebsvereinbarung 1993 rückwirkend zum 1. Januar 1993 geschehen. Von der rechtlichen Notwendigkeit einer Zustimmung des Klägers ist im Nachtrag 1993 AV insoweit keine Rede.

67

(b) Ferner wird der bloße Informationscharakter des Nachtrags 1993 AV aus der weiteren Formulierung im ersten Absatz deutlich. Dort wird darauf hingewiesen, dass die Betriebsvereinbarung „automatisch“, dh. gerade ohne eine entsprechende Willenserklärung der Parteien, Bestandteil des Arbeitsvertrags „geworden sei“.

68

(c) Dem entspricht auch der Betreff, der das Schreiben als „Nachtrag“ zum Arbeitsvertrag und gerade nicht als „Zusatzvereinbarung“ (so die Vertragsänderungen aus den Jahren 1992 und 1995) oder als „Änderung zum Arbeitsvertrag“ (so das Schreiben vom 23. März 2006) bezeichnet. Den daher anzunehmenden bloßen Verweis auf die bestehende Rechtslage darf und kann ein Arbeitnehmer dahin verstehen, es bleibe insoweit im Übrigen bei der gesetzlichen Regelung, insbesondere dem Günstigkeitsprinzip als Kollisionsregelung zwischen der normativen Wirkung einer Betriebsvereinbarung und der individuellen Vertragsabrede, das sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des § 77 Abs. 4 BetrVG, unbestritten aber aus dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Schutzprinzip ergibt(BAG 16. September 1986 - GS 1/82 - zu C II 3 der Gründe, BAGE 53, 42; 7. November 1989 - GS 3/85 - zu C II 1 der Gründe, BAGE 63, 211; Fitting 29. Aufl. § 77 Rn. 196; Richardi BetrVG 16. Aufl. § 77 Rn. 165, jeweils mwN).

69

(d) Im Übrigen hat die Arbeitgeberin mit dem Nachtrag 1993 AV lediglich die bereits in der Betriebsvereinbarung 1993 selbst vorgesehene Vorgehensweise umgesetzt. Dort ist nach dem erneuten Hinweis in § 5, wonach die Bestimmungen der Betriebsvereinbarung „automatisch Bestandteil von Arbeitsverträgen“ werden, aufgenommen, dass der Arbeitgeber den betroffenen Arbeitnehmer/-innen einen „entsprechenden Nachtrag“ übersendet.

70

(e) Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts kann diese Information über die nach Ansicht der Arbeitgeberin bereits durch den Abschluss der Betriebsvereinbarung 1993 herbeigeführte Rechtslage auch nicht deshalb als Vertragsangebot gewertet werden, weil der Kläger sie unterzeichnet hat. Das „Einverständnis“ bezieht sich allenfalls auf die mitgeteilte Rechtsauffassung des Arbeitgebers, ohne dass darin eine eigene Willenserklärung zur Abänderung des Arbeitsvertrags liegt.

71

(3) Soweit im zweiten Absatz des Nachtrags 1993 AV ausgeführt wird, dass „alle in der Betriebsvereinbarung getroffenen Bestimmungen ... die entsprechenden Regelungen des Arbeitsvertrages außer Kraft“ setzen, wird daraus jedenfalls nicht hinreichend deutlich, dass damit - abweichend vom ersten Absatz des Schreibens - ein Vorrang der Betriebsvereinbarung unter Verzicht auf das gesetzlich vorgesehene Günstigkeitsprinzip ausdrücklich individualvertraglich vereinbart werden sollte. Ein solcher Verzicht in einer vorformulierten Vertragsbestimmung muss klar und verständlich iSd. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB formuliert sein. Das wäre hier selbst dann nicht der Fall, wenn es eine derartige Absicht des Arbeitgebers gegeben hätte. Der erste Absatz des Schreibens sowie der Betreff suggerieren, dass es lediglich eine Mitteilung über die gesetzlich angeordnete normative Wirkung einer Betriebsvereinbarung enthält. Diese beschränkt sich jedoch auf die Verdrängung schlechterer einzelvertraglicher Arbeitsbedingungen; bessere bleiben bestehen. Hätte der Rechtsvorgänger der Beklagten dem Schreiben eine weiter gehende Bedeutung beimessen wollen, hätte er dies eindeutig formulieren müssen.

72

(4) Dafür, dass die Arbeitsvertragsparteien das Schreiben von März 1993 nicht als Vertragsänderung angesehen haben, spricht auch, dass sie jeweils mit dem Abschluss einer neuen Zusatz- oder Änderungsvereinbarung die vorherige Zusatzvereinbarung außer Kraft gesetzt haben. Die Zusatzvereinbarung 1995 nimmt dabei in Ziff. 4 die Zusatzvereinbarung 1992 und gerade nicht das Schreiben von März 1993 in Bezug.

73

cc) Auf eine mögliche Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung 1993 kommt es danach auch hier nicht mehr an.

74

c) Die vertragliche dynamische Verweisung auf die Vergütungs- und Eingruppierungsbestimmungen des BAT ist auch nicht durch eine andere Vereinbarung der Parteien abgeändert oder abgelöst worden.

75

aa) Selbst wenn die Zusatzvereinbarung 1995 die Zusatzvereinbarung 1992 „außer Kraft gesetzt“ haben sollte, enthält sie jedenfalls in Ziff. 2 ihrerseits eine entsprechende dynamische Bezugnahme und ändert damit an der grundlegenden Vertragssituation der Parteien im Hinblick auf die vorliegenden Streitgegenstände nichts.

76

bb) Die dynamische Bezugnahmeklausel ist schließlich nicht durch die Änderung des Arbeitsvertrags vom 23. März 2006 entfallen. Die Vereinbarung war ersichtlich durch eine Änderung der Arbeitszeit veranlasst. Das Arbeitsentgelt des Klägers wurde deshalb „entsprechend der 0,78 Stelle“ erhöht. Bereits dem Wortlaut nach liegt darin nur eine - relative - Anpassung des Arbeitsentgelts ohne eine grundlegende Änderung der bisherigen Entgeltvereinbarungen. Dieses Verständnis wird durch Ziff. 4 der Arbeitsvertragsänderung bestätigt, wonach alle übrigen Bestandteile des bestehenden Arbeitsvertrags - und damit insbesondere die Inbezugnahme der Eingruppierungs- und Vergütungsbestimmungen des öffentlichen Dienstes - unverändert gültig bleiben. Für dieses Auslegungsergebnis und gegen die Vereinbarung eines künftig festen Arbeitsentgelts unabhängig von den über Jahre in Bezug genommenen tarifvertraglichen Regelungen spricht zudem der Umstand, dass auch in den weiteren Entgeltabrechnungen bis 2010 ein Hinweis auf „Vb Stufe 09“ enthalten war, was der Vergütungsgruppe und -stufe bei der Eingruppierung nach der Vergütungsordnung des BAT entsprach. Der Nennung des nunmehr zu zahlenden Arbeitsentgelts kommt daher - wie auch schon in der Zusatzvereinbarung 1992 - lediglich eine klarstellende Bedeutung zu. Vor diesem Hintergrund ist auch Ziff. 3 der Vereinbarung, nach der die Zusatzvereinbarung 1995 mit dieser Vereinbarung unwirksam wird, beschränkt auf die Arbeitszeit zu verstehen.

77

cc) Allein der Umstand, dass die Beklagte anschließend das Arbeitsentgelt des Klägers nicht mehr erhöht hat, rechtfertigt nicht die Annahme, die Parteien hätten - entgegen den bisherigen Regelungen und der praktischen Vertragsdurchführung - eine lediglich statische Entgeltvereinbarung treffen wollen. Die tatsächliche Praxis des Vollzugs einer vertraglichen Regelung durch die Arbeitsvertragsparteien kann Anhaltspunkte für den tatsächlichen Willen der Vertragsparteien enthalten und somit für die Auslegung von Bedeutung sein. Der bei Vertragsschluss zum Ausdruck gebrachte objektive Gehalt der wechselseitigen Willenserklärungen kann aber durch die spätere tatsächliche Handhabung nicht mehr beeinflusst werden (vgl. BAG 24. Februar 2016 - 4 AZR 991/13 - Rn. 33 mwN). Es handelte sich vielmehr um die schlichte Nichterfüllung der arbeitgeberseitig vertraglich geschuldeten Leistung.

78

III. Die so verstandene arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die Eingruppierungs- und Vergütungsbestimmungen des BAT ist zwar zeitdynamisch, aber nicht inhaltsdynamisch ausgestaltet. Sie ist deshalb mit der Ablösung des BAT durch den TVöD und den TV-L lückenhaft geworden. Die mit der Ersetzung des BAT entstandene nachträgliche Regelungslücke ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Dies führt zur Anwendbarkeit der Entgeltordnung des TVöD/VKA auf das Arbeitsverhältnis der Parteien.

79

1. Die im Arbeitsvertrag enthaltene zeitdynamisch ausgestaltete Verweisung auf die Vergütungsordnung des BAT ist infolge der Ablösung dieses tariflichen Regelungswerks zu einer statischen geworden, weil das Bezugnahmeobjekt von den Tarifvertragsparteien nicht mehr weiterentwickelt wird. Ein damit verbundenes „Einfrieren“ der Vergütung auf diesem Stand entsprach jedoch nicht dem Willen der Parteien. Der Vertrag ist nachträglich lückenhaft geworden, weil die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf der Dynamik der tarifvertraglichen Vergütungsregelungen aufbaute (st. Rspr., vgl. nur BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 25 ff., BAGE 134, 283; 18. Mai 2011 - 5 AZR 213/09 - Rn. 16).

80

2. Diese nachträglich entstandene Regelungslücke ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Dabei tritt an die Stelle der lückenhaften Klausel diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Geschäftsbedingung bekannt gewesen wäre. Die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Maßgebender Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen typisierten Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, da die ergänzende Vertragsauslegung eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend schließt. Das gilt auch, wenn eine Lücke sich erst nachträglich als Folge des weiteren Verlaufs der Dinge ergeben hat (st. Rspr., BAG 18. April 2012 - 4 AZR 392/10 - Rn. 20, BAGE 141, 150; 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 31 mwN, BAGE 134, 283).

81

3. In Anwendung dieser Grundsätze ist für das Arbeitsverhältnis der Parteien seit dem 1. Oktober 2005 die Entgeltordnung des TVöD/VKA maßgebend.

82

a) Die ergänzende Vertragsauslegung bedeutet vorliegend in einem ersten Schritt, dass die Parteien redlicherweise für den Fall der hier vorliegenden Tarifsukzession des im Arbeitsvertrag benannten tariflichen Regelungswerks das nachfolgende Regelungswerk des öffentlichen Dienstes vereinbart hätten, weil eine statische Regelung der Arbeitsbedingungen auf den Zeitpunkt der bestehenden Tarifsukzession nicht ihren Interessen entsprach. Die Parteien haben mit der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das Tarifwerk des BAT die Regelungen der Arbeitsbedingungen für die Zukunft der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes anvertraut.

83

b) Wegen der Aufspaltung der bis zum 30. September 2005 gleichlautenden Regelungen für die Angestellten des öffentlichen Dienstes bei Bund, Ländern und Kommunen ist in einem weiteren Schritt zu bestimmen, welche Nachfolgeregelung für die Vergütung des Klägers maßgebend sein soll. Dabei ist zu ermitteln, welches der dem BAT nachfolgenden Tarifwerke die Parteien in Bezug genommen hätten, wenn sie eine Tarifsukzession bedacht hätten. Dies ist im Streitfall der TVöD in der im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geltenden Fassung, weil die Beklagte aufgrund ihrer Aufgaben am ehesten dem öffentlichen Dienst der Kommunen zuzurechnen ist (vgl. BAG 25. Februar 2015 - 5 AZR 481/13  - Rn. 18  ff., BAGE 151, 56). Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass die Unternehmensgruppe, der die Beklagte angehört, bundesweit tätig ist. Mehrere Unternehmen eigener Rechtspersönlichkeit einer Unternehmensgruppe bilden keine dem Bund als oberster territorialer Körperschaft des öffentlichen Rechts vergleichbare Einheit. Entscheidend ist vielmehr, welche Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts die Aufgaben wahrnehmen würde, also die Zuordnung der Aufgaben innerhalb der Gebietskörperschaften des öffentlichen Dienstes und nicht, dass die Beklagte Schwesterunternehmen in anderen Kommunen oder Ländern hat, die sich derselben Aufgabe widmen. Vorliegend sind das die Kommunen als Körperschaften des öffentlichen Rechts für Selbstverwaltungsangelegenheiten.

84

IV. Unter Zugrundelegung der so verstandenen Bezugnahmeklausel hat der Kläger einen Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 TVöD/VKA.

85

1. Gem. § 17 Abs. 1 TVÜ-VKA aF galten dabei die §§ 22, 23 BAT einschließlich der Vergütungsordnung bis zum Inkrafttreten entsprechender Regelungen des TVöD/VKA fort. Für die Überleitung in die neue Entgeltordnung von bereits vor dem 1. Oktober 2005 beschäftigten Arbeitnehmern wurden die Vergütungsgruppen der Vergütungsordnung (Anlage 1a zum BAT) den Entgeltgruppen des TVöD zugeordnet (§ 17 Abs. 7 TVÜ-VKA iVm. Anlage 1).

86

2. Danach ist die Beklagte verpflichtet, den Kläger nach der Entgeltgruppe 9 Stufe 4 TVöD/VKA zu vergüten. Der Kläger war zunächst in der VergGr. Vc BAT und sodann aufgrund Bewährungsaufstiegs in der VergGr. Vb BAT eingruppiert. Dies führt nach § 17 Abs. 7 TVÜ-VKA idF des ÄndTV Nr. 10 iVm. Anlage 1 für die Zeit bis zum 31. Dezember 2016 zu einer Überleitung in die Entgeltgruppe 9 TVöD/VKA. Darüber besteht zwischen den Parteien kein Streit. Die Zuordnung zur Stufe 4 der Entgeltgruppe hat die Beklagte ebenfalls zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt.

87

C. Die Klage ist auch hinsichtlich des Zahlungsantrags begründet.

88

I. Die sich aus der Entgeltgruppe 9 Stufe 4 TVöD/VKA ergebenden Einzelbeträge sowie die Gesamtsumme für den Streitzeitraum ist zwischen den Parteien nicht streitig. Der geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB iVm. § 24 Abs. 1 Satz 2 TVöD.

89

II. Die Zahlungsansprüche des Klägers sind auch nicht - teilweise - verfallen. Eine einzelvertragliche oder tarifliche Ausschlussfrist kommt für das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht zur Anwendung.

90

1. Die einzelvertraglich in § 8 Arbeitsvertrag 1991 vereinbarte Ausschlussfrist erfasst die geltend gemachten Zahlungsansprüche nicht. Dabei kann dahinstehen, ob die Vereinbarung überhaupt wirksam ist, wofür angesichts der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu einzelvertraglichen Ausschlussfristen (zB BAG 1. März 2006 - 5 AZR 511/05 - Rn. 14, BAGE 117, 165) wenig spricht. Die Ausschlussfristenregelung verlangt keine Geltendmachung von Ansprüchen während des laufenden Arbeitsverhältnisses, sondern nur für den Fall von dessen Beendigung.

91

2. Die tariflichen Ausschlussfristen des § 37 TVöD und des § 70 BAT kommen nicht zur Anwendung.

92

a) § 37 TVöD ist auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme anwendbar. Die Parteien haben lediglich die Eingruppierungs- und Vergütungsbestimmungen des BAT und des diesen ersetzenden TVöD in Bezug genommen. Dazu gehört im Streitfall nicht die tarifliche Regelung der Ausschlussfristen. Insoweit hatten die Arbeitsvertragsparteien im Übrigen ausdrücklich eine eigenständige vertragliche Regelung vorgesehen.

93

b) § 70 BAT findet nicht aufgrund einer ursprünglich normativ wirkenden Betriebsvereinbarung 1993 im Wege der Nachwirkung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Dabei kann auch hier dahinstehen, ob die Betriebsvereinbarung überhaupt wirksam war. Die in ihr als Verweisung ggf. enthaltene Ausschlussfristenregelung des § 70 BAT wäre von der Nachwirkungsanordnung des § 77 Abs. 6 BetrVG nicht erfasst. Als in einer allenfalls teilmitbestimmten Betriebsvereinbarung enthaltene Regelung ist die Ausschlussfristenbestimmung keinem der Tatbestände des § 87 Abs. 1 BetrVG zuzuordnen und auch nicht zwingend mit einer entsprechenden Regelung verbunden, sondern unterfällt dem Bereich der freiwilligen Mitbestimmung gem. § 88 BetrVG(BAG 5. Mai 2015 - 1 AZR 435/13 - Rn. 20). Sie wirkt damit nicht nach (vgl. oben B II 1 b).

94

D. Die Beklagte hat gem. § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Eylert    

        

    Creutzfeldt    

        

    Rinck     

        

        

        

    Steding     

        

    H. Klotz    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 24. September 2015 - 4 Sa 485/15 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin ein Anspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrags zusteht.

2

Die Klägerin war seit dem 1. September 1994 bei der Bayerischen Landesbank (im Folgenden Landesbank) beschäftigt. Die Landesbank, deren Träger der Freistaat Bayern und der Sparkassenverband Bayern sind, ist eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Zum 1. Januar 2013 ist das Arbeitsverhältnis der Klägerin aufgrund eines Betriebsübergangs auf die Beklagte übergegangen.

3

Die Landesbank hatte ihren Arbeitnehmern, die mindestens zehn Jahre bei ihr, ihren Rechtsvorgängerinnen, einer ihrer Tochtergesellschaften oder dem Bayerischen Sparkassen- und Giroverband tätig waren, nach Vollendung des 17. Lebensjahrs eine Versorgung über eine Unterstützungskasse - die Versorgungskasse der Bayerischen Gemeindebank (im Folgenden Versorgungskasse) - zugesagt. Die Richtlinien der Versorgungkasse sahen Versorgungsleistungen nach den jeweils für bayerische Staatsbeamte geltenden Vorschriften vor. Mit nahezu allen Arbeitnehmern, die 20 Jahre im Bankgewerbe, davon mindestens zehn Jahre bei der Landesbank oder ihren Rechtsvorgängerinnen tätig waren, vereinbarte die Landesbank ab dem Jahr 1972 Versorgungsverträge, sofern der jeweilige Mitarbeiter gute Beurteilungen erhalten hatte und sein Gesundheitszustand eine vorzeitige Zurruhesetzung nicht erwarten ließ. Der Versorgungsvertrag verpflichtet die Landesbank, den Arbeitnehmern bei Eintritt eines Versorgungsfalls Leistungen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen zu gewähren. Zudem regelt der Vertrag Ansprüche auf Beihilfe und Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall sowie einen besonderen Kündigungsschutz. Arbeitnehmer, die einen Versorgungsvertrag geschlossen haben, erhalten nach den Richtlinien der Versorgungskasse von dieser keine Leistungen mehr.

4

In einer allen Mitarbeitern zugänglichen Broschüre - auch bezeichnet als Mitarbeiterhandbuch - heißt es in der Fassung von Oktober 1988 unter der Überschrift „Altersversorgung“ zum Versorgungsvertrag ua.:

        

Alternative 2 (Versorgung durch die Bank)

        

Mitarbeiter, … die auf eine Dienstzeit von 20 Jahren im Kreditgewerbe, davon mindestens 10 Jahre bei der Bayerischen Landesbank oder einer ihrer Rechtsvorgängerinnen, zurückblicken können, erhalten - bei entsprechend guter Beurteilung durch ihre Vorgesetzten - einen Versorgungsvertrag. Voraussetzung für die Verleihung des Versorgungsrechts ist ferner, daß die gesundheitliche Verfassung eine vorzeitige Pensionierung nicht erwarten läßt. Der Versorgungsvertrag räumt Mitarbeitern und ihren Hinterbliebenen im Versorgungsfall einen Rechtsanspruch auf Ruhegehalt bzw. Witwen-, Witwer- und Waisengeld ein. Für diese Versorgungsleistungen gelten die gleichen Grundsätze, wie sie bereits bei der Alternative 1 beschrieben wurden.

        

Der Versorgungsvertrag bringt im übrigen noch folgende weitere Vorteile:

        

-       

Mit der Verleihung der Versorgungsrechte ist grundsätzlich eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung (und damit eine spürbare Erhöhung des Nettogehalts trotz der durch die gekürzte Vorsorgepauschale geringfügig höheren Steuerbelastung) verbunden.

        

-       

Im Krankheitsfall wird das Gehalt bis zu 6 Monaten weitergewährt (nach Ablauf dieser 6 Monate werden gekürzte Bezüge ausbezahlt, die dem Ruhegehalt entsprechen, das Sie erhielten, wenn Sie zu diesem Zeitpunkt in den Ruhestand treten würden).

        

-       

Sie haben die Möglichkeit - ungeachtet der Einkommenshöhe -, zwischen der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherung zu wählen. Dabei kommt Ihnen bei der Wahl des Versicherungstarifs die volle Beihilfeberechtigung im Krankheitsfall (siehe Kapitel ‚Beihilfen‘) zugute. Sie müssen allerdings den gesamten Krankenversicherungsbeitrag selbst bezahlen.

        

-       

Sie haben außerdem einen erweiterten Kündigungsschutz. Eine Kündigung seitens der Bank hat grundsätzlich die Versetzung in den (einstweiligen) Ruhestand zur Folge. Nur bei grob schuldhaftem Verhalten kann die Bank den Vertrag frist- und entschädigungslos kündigen.“

5

Für die Verbindlichkeiten der Landesbank bestand nach dem Gesetz über die Bayerische Landesbank (im Folgenden BayLBG) vom 27. Juni 1972 zunächst eine unbeschränkte Gewährträgerhaftung des Freistaates Bayern und des Bayerischen Sparkassen- und Giroverbandes. Seit dem 19. Juli 2005 lautet Art. 4 Abs. 1 BayLBG:

        

„Der Freistaat Bayern und der Sparkassenverband Bayern haften für die Erfüllung sämtlicher am 18. Juli 2005 bestehenden Verbindlichkeiten der Bank. Für solche Verbindlichkeiten, die bis zum 18. Juli 2001 vereinbart waren, gilt dies zeitlich unbegrenzt; für danach bis zum 18. Juli 2005 vereinbarte Verbindlichkeiten nur, wenn deren Laufzeit nicht über den 31. Dezember 2015 hinausgeht.“

6

Im Rahmen der Finanzmarktkrise 2007/2008 geriet die Landesbank in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten. Das Geschäftsjahr 2008 endete für sie mit einem Verlust von über drei Mrd. Euro. In diesem Zusammenhang kam es bis in das Jahr 2009 hinein zur Zuführung neuen Eigenkapitals iHv. rund zehn Mrd. Euro durch den Freistaat Bayern und einer staatlich garantierten Abschirmung bis zu einem Höchstbetrag von rund 4,8 Mrd. Euro. Diese Beihilfen wurden von der Europäischen Kommission am 18. Dezember 2008 genehmigt.

7

Am 21. Juli 2009 beschloss der Verwaltungsrat der Landesbank, zukünftig keine Versorgungsverträge mehr abzuschließen und die betriebliche Altersversorgung neu zu gestalten. In einer Intranet-Veröffentlichung vom 22. Juli 2009 wurden die Arbeitnehmer unter der Überschrift „Neugestaltung Betriebliche Altersversorgung/AT-Vergütungssystem“ hierüber unterrichtet. In der Veröffentlichung heißt es ua., die „Erteilung von Direktzusagen auf beamtenähnliche Versorgung (Versorgungsrecht)“ werde endgültig eingestellt und „die betriebliche Altersversorgung für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf ein marktübliches, beitragsorientiertes System umgestellt“. Der Entscheidung der Landesbank, zukünftig keine Versorgungsverträge mehr abzuschließen, lag ein anwaltliches Gutachten vom 20. Mai 2009 zugrunde, das - abweichend von früheren internen Stellungnahmen - die Auffassung vertrat, ein Anspruch hierauf bestehe nicht.

8

Im Rahmen eines Einigungsstellenverfahrens schlossen die Landesbank und der bei ihr gebildete Gesamtpersonalrat am 19. November 2009 eine zum 1. Januar 2010 in Kraft getretene Dienstvereinbarung „Vereinbarung zur Umstellung der betrieblichen Altersversorgung“ (im Folgenden DV 2009). Diese war im Intranet der Landesbank abrufbar. In der DV 2009 ist ua. Folgendes geregelt:

        

Präambel

        

Die BayernLB ist der Auffassung, dass aufgrund der nach ihrer Einschätzung schwierigen wirtschaftlichen Lage eine Weiterführung der betrieblichen Altersversorgung in der bisherigen Form und dem bisherigen finanziellen Aufwand nicht mehr tragbar ist. Aus diesem Grund haben Vorstand und Verwaltungsrat der BayernLB entschieden, die Systeme der betrieblichen Altersversorgung grundlegend umzustellen.

        

Diese Entscheidung umfasst auch, dass keine individuellen Versorgungszusagen mehr erteilt werden und in der Vergangenheit erteilte Versorgungszusagen unberührt bleiben.

        

In Konsequenz dessen werden die Richtlinien der Versorgungskasse von der BayernLB mit Ablauf des 31.12.2009 mit Wirkung für die Zukunft widerrufen.

        

Der Gesamtpersonalrat trägt diese Entscheidung nicht mit. Vor dem Hintergrund, dass nach Auffassung der Einigungsstelle hinsichtlich dieser Entscheidung Mitbestimmungsrechte des Personalrats nicht bestehen, werden in der vorliegenden Dienstvereinbarung ausschließlich die Grundsätze der Verteilung des für ein ablösendes System der betrieblichen Altersversorgung zur Verfügung gestellten Budgets geregelt.

        

…       

        

II.     

Versorgungsordnung 2010

        

Ab dem 01.01.2010 gilt in der BayernLB die ‚Versorgungsordnung 2010‘ (‚VO2010‘) mit folgendem Inhalt:

        

1.    

Träger der betrieblichen Altersversorgung

                 

Träger der betrieblichen Altersversorgung ist ab 01.01.2010 der BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a. G. …

        

2.    

Beitrag

                 

Mit Wirkung ab 01.04.2010 werden folgende Beiträge entrichtet:

                 

…       

        

III.   

Anwartschaften gegenüber der Versorgungskasse

        

Vor dem 01.01.2002 eingetretene Beschäftigte können ihre Anwartschaft gegenüber der Versorgungskasse nach Maßgabe der folgenden Regelungen in die VO2010 überführen. …

        

1.    

Die BayernLB errechnet für jeden betroffenen Beschäftigten eine Einmalzahlung nach folgendem Modus

                 

…       

                 

e)    

Berechnung der vorläufigen Einmalzahlung

                          

Zunächst wird das versorgungsfähige Gehalt, einschließlich Tarif- und Karrieretrend bis zum 65. Lebensjahr, ermittelt. Dieses dynamisierte Gehalt wird mit dem Versorgungssatz zum 65. Lebensjahr … multipliziert. Es erfolgt keine Anrechnung von Sozialversicherungsrenten oder Renten aus früheren Beschäftigungsverhältnissen. Dieser auf das 65. Lebensjahr berechnete Betrag wird nach dem m/n-tel-Verhältnis … gekürzt. Die fiktive Betriebsrente wird nach versicherungsmathematischen Grundsätzen analog der Pensionsrückstellungsberechnung nach IFRS … kapitalisiert. …

                          

…       

                 

h)    

Ausgleich für Beitragslücke

                          

Als pauschalierten Ausgleich für die zwischen der Schließung des Altsystems zum 31.12.2009 und des Starts der neu gestalteten Altersversorgung am 01.04.2010 entstehende Zinslücke erhöhen sich die Einmalzahlungen nach Nr. 1 a) bis f) um 1,0 %. …

        

2.    

Beschäftigte, die der Überführung ihrer Versorgungsanwartschaft durch schriftliche Erklärung gegenüber der Bank innerhalb der von der BayernLB gesetzten Frist, die mindestens 4 Wochen betragen soll, zustimmen, erhalten eine freiwillige Wechselprämie in Höhe von 25 % der angebotenen Einmalzahlung nach Nr. 1 a) bis f). Hierfür stehen 67,32 Mio. € zur Verfügung.

                 

Die Beschäftigten können wählen, ob dieser Betrag steuerpflichtig an sie ausgezahlt oder ob er der Einmalzahlung nach Nr. 1 zugerechnet werden soll.

        

3.    

Die Einmalzahlung nach Nr. 1 wird, sofern die betroffenen Beschäftigten der Überführung der Versorgungsanwartschaft zustimmen, einem externen Träger zum Aufbau einer individuellen Altersversorgung in Form einer rückgedeckten, insolvenzgesicherten Kapitalzusage zur Verfügung gestellt. …

        

4.    

Beschäftigte, die entgegen Nr. 1 bis 3 der Überführung ihrer Versorgungsanwartschaften nicht innerhalb der von der BayernLB gesetzten Frist, spätestens jedoch bis zum 31.12.2014, zustimmen, erhalten ab dem Zeitpunkt der späteren Zustimmung die Beitragsleistungen des Arbeitgebers zur VO2010 auf der Grundlage von Nr. II 2 b). Darüber hinaus wird die nach Nr. 1 errechnete Einmalzahlung zum Zeitpunkt der späteren Zustimmung dem externen Träger zur Verfügung gestellt. … Eine Wechselprämie nach Nr. 2 wird nachträglich nicht mehr gewährt.“

9

In einer am 20. November 2009 im Intranet der Landesbank veröffentlichten Erklärung der „Einigungsstelle“ heißt es ua.:

        

„Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,

        

wie bekannt, hat die Bank entschieden, die Systeme der betrieblichen Altersversorgung umzustellen. Das bedeutet insbesondere, dass für die Anwärter der Versorgungskasse BayernLB GmbH anstelle des beamtenähnlichen Versorgungssystems ein marktübliches System der betrieblichen Altersversorgung eingeführt wird. …“

10

Im Laufe des Jahres 2009 erhoben zahlreiche Arbeitnehmer der Landesbank vor dem Arbeitsgericht München Klage. Sie machten geltend, die Landesbank sei verpflichtet, mit ihnen einen Versorgungsvertrag zu vereinbaren. Mitte Januar 2010 gab das Arbeitsgericht München den Klagen zweier Mitarbeiter statt. Hierauf wies der Personalrat der Landesbank mit einer im Intranet der Landesbank veröffentlichten Mitteilung vom 13. Januar 2010 hin. Am folgenden Tag teilte die Landesbank im Intranet mit:

        

„Im Zusammenhang mit der gestrigen Entscheidung des Arbeitsgerichts München wurde uns mehrfach die Frage gestellt, ob die Bank an dem bereits kommunizierten Fahrplan zur Einführung der neuen betrieblichen Altersversorgung festhält. Da das Urteil des Arbeitsgerichts München eine erste, nicht rechtskräftige Aussage ist und mit einer abschließenden Entscheidung seitens der Arbeitsgerichte in den nächst höheren Instanzen voraussichtlich erst in vier bis fünf Jahren gerechnet werden kann, gibt es keine Änderungen beim geplanten Vorgehen zur Einführung der neuen betrieblichen Altersversorgung. Die Bank erwartet, dass die Entscheidung des Arbeitsgerichts München in den nächsten Instanzen aufgehoben wird.

        

Dies bedeutet, dass die Bank bei der Entscheidung bleibt, keine Versorgungszusagen zu erteilen, und die im Intranet kommunizierten Informationsveranstaltungen wie angekündigt stattfinden. Im Anschluss daran werden Sie Ihre individuellen Angebote erhalten.“

11

Die Landesbank lud ihre Mitarbeiter zu einer Informationsveranstaltung über ihr neues Versorgungswerk am 25. Januar 2010 ein. Für verhinderte Mitarbeiter gab es mehrere weitere Termine.

12

Mit Hilfe einer auf diesen Veranstaltungen verwendeten Präsentation zum Thema „Betriebliche Altersversorgung in der BayernLB - Neuordnung des Versorgungssystems“ informierte die Landesbank die Arbeitnehmer über ihr neues Versorgungswerk. Auf Folie 14 der Präsentation heißt es auszugsweise:

        

Zusageformen der Altsysteme in der BayernLB

        

•       

Anwartschaft Versorgungskasse:

                 

-       

Leistungszusage mit beamtenähnlicher Gesamtversorgung

                 

-       

Unterstützungskassenzusage (mittelbare Zusage)

        

•       

Versorgungsrecht:

                 

-       

Leistungszusage mit beamtenähnlicher Gesamtversorgung

                 

-       

Direktzusage (unmittelbare Zusage)“

13

Mit Schreiben vom 5. Februar 2010 teilte die Landesbank der Klägerin und den anderen betroffenen Arbeitnehmern Folgendes mit:

        

Neustrukturierung der betrieblichen Altersversorgung

        

Angebot zur Überführung Ihrer Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung

        

…       

        

wie Ihnen bereits bekannt ist, wurden die bisherigen Richtlinien der Versorgungskasse BayernLB GmbH mit Wirkung zum 31.12.2009 für die Zukunft widerrufen. Damit sind die bestehenden Versorgungsanwartschaften gemäß § 2 Abs. 1 BetrAVG auf den zum 31.12.2009 erreichten Stand eingefroren.

        

Die Bank will trotz der schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Möglichkeit bieten, in einem vertretbaren finanziellen Rahmen auch in der Zukunft Leistungen aus betrieblicher Altersversorgung zu erhalten. Mit diesem Schreiben bieten wir Ihnen daher an, Ihre Anwartschaft in die VO 2010 nach Maßgabe der Bestimmungen der Dienstvereinbarung zur Umstellung der betrieblichen Altersversorgung vom 19.11.2009 … zu überführen. Die Dienstvereinbarung sowie weitere Informationen können Sie im Intranet abrufen.

        

Wenn Sie sich bis spätestens zum 12.03.2010 (Eingang der Erklärung bei der BayernLB) für eine Überführung Ihrer Anwartschaft entscheiden, gilt für Sie Folgendes:

        

1.    

Unterstützungskasse der BayernLB: Neuer Versorgungsplan für den Past Service

        

Ihre bis zum 31.12.2009 erworbene unverfallbare Versorgungsanwartschaft wird nach Maßgabe der Ziffer III. der Dienstvereinbarung in eine Einmalzahlung (Ablösebetrag) umgerechnet. Dieser Ablösebetrag wird in einen neuen Versorgungsplan für den Past Service eingebracht, dessen Leistungen sich aus der Verwendung des jeweils maßgeblichen Tarifs einer Rückdeckungsversicherung ergeben. Die Versorgungsleistung für Sie wird von der Unterstützungskasse der BayernLB erbracht.

        

…       

        

Die BayernLB gewährt Ihnen bei Zustimmung innerhalb der oben genannten Frist zusätzlich einmalig eine Wechselprämie: Diese soll vorrangig als Versorgungsaufwand in voller Bruttohöhe zur Leistungserhöhung in den neuen Versorgungsplan für den Past Service eingebracht werden. Sie können allerdings ausnahmsweise dafür optieren, sich die Wechselprämie nach Vornahme der gesetzlichen Abzüge, auszahlen zu lassen.

        

Mit diesem Schreiben erhalten Sie Ihre individuellen Berechnungen, insbesondere zur Einmalzahlung, Wechselprämie und den Leistungen des neuen Versorgungsplans für den Past Service.

        

…       

        

2.    

Unterstützungskasse des BVV (Future Service)

        

Für künftige Dienstzeiten ab dem 01.01.2010 erhalten Sie vom Arbeitgeber Beiträge an die rückgedeckte Unterstützungskasse des BVV - (BVV Versorgungskasse des Bankgewerbes e. V.):

        

•       

5% des versorgungsfähigen Bruttomonatsgrundgehalts bzw. Bruttojahresfestgehalts bis zur Beitragsbemessungsgrenze (West) zur gesetzlichen Rentenversicherung (BBG RV) und zusätzlich

        

•       

10% des versorgungsfähigen Bruttojahresgrundgehalts bzw. Bruttojahresfestgehalts über der BBG RV.

        

In der Anlage finden Sie auch hierzu Ihre individuellen Berechnungen, die vom BVV zur Verfügung gestellt wurden. Basis für den Future Service ist ebenfalls die Dienstvereinbarung vom 19.11.2009.

        

3.    

Wenn Sie sich gegen eine Überführung Ihrer Anwartschaft in die VO2010 entscheiden, beachten Sie bitte Folgendes:

        

•       

Es bleibt lediglich Ihre bis zum 31.12.2009 erworbene unverfallbare Anwartschaft (UVA) im Sinne des BetrAVG bestehen.

        

•       

Ein Anspruch auf die Wechselprämie besteht nicht.

        

•       

Es erfolgen für künftige Dienstzeiten ab dem 01.01.2010 keine bankfinanzierten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung: D. h. konkret, dass für Sie keine Beiträge an die Unterstützungskasse des BVV entrichtet werden.

        

Eine Zustimmung ist nach Ablauf der regulären Angebotsfrist (12.03.2010) weiterhin bis zum 31.12.2014 möglich. Bitte beachten Sie aber die damit verbundenen Nachteile:

        

•       

Die Wechselprämie wird nicht mehr gewährt.

        

       

Past Service: Die Einbringung des Ablösebetrages in den neuen Versorgungsplan und somit auch die Verzinsung erfolgen erst zum ersten Tag des Quartals nach Eingang der Zustimmungserklärung. Wenn die Zustimmungserklärung weniger als 14 Tage vor Quartalsende eingeht, erfolgt die Umsetzung zum ersten Tag des übernächsten Quartals.

        

•       

Future Service: Bankfinanzierte Beitragsleistungen und die Anmeldung bei der Unterstützungskasse des BVV erfolgen in dem Monat, der dem Monat des Eingangs der Zustimmungserklärung folgt.

        

Bitte beachten Sie, dass wir in jedem Fall Ihre Rückmeldung benötigen: Bitte senden Sie das entsprechende Rückmeldeformular (Anlage 3a - grün oder 3b - rosé) bis zum 12.03.2010 vollständig ausgefüllt und unterschrieben an den Bereich Personal

        

Wenn Sie Fragen haben, schreiben Sie bitte eine E-Mail an den Postkorb. Bitte geben Sie Ihre Personalnummer und ggf. Ihre Telefonnummer an. Wir werden uns mit Ihnen in Verbindung setzen.“

14

Dem Schreiben waren mehrere Anlagen beigefügt. Diese enthalten ua. Angaben zur Höhe des der Klägerin bei einer Teilnahme an der VO 2010 im Alter 65 zustehenden Versorgungskapitals und der ab dem Alter 65 vom BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a. G. (im Folgenden BVV) gewährten Leistungen. Die Anlage 3a hat folgenden Inhalt:

        

„Angebot zur Überführung Ihrer betrieblichen Altersversorgung und zur Teilnahme an der VO 2010 (‚Zustimmung‘)

        

…       

        

Empfangsbestätigung

        

Ich bestätige hiermit, folgende Dokumente erhalten und von deren Inhalt Kenntnis genommen zu haben:

        

●       

Anschreiben ‚Angebot zur Überführung Ihrer betrieblichen Altersversorgung vom 05.02.2010‘

        

●       

Individueller Berechnungsbogen zum neuen Versorgungsmodell

        

●       

Informatorischer Leistungsausweis BVV

        

_________________

        

____________________

        

Ort, Datum

        

Unterschrift (Vor- und Nachname)

                 
        

Zustimmung zur Überführung

        

Ich habe vom Inhalt der mir zugegangenen schriftlichen Information zur Überführung meiner bisher erworbenen Anwartschaft in die VO2010 Kenntnis genommen und nehme das Angebot zur Überführung dieser Anwartschaft in eine rückgedeckte, insolvenzgesicherte Kapitalzusage im Durchführungsweg der Unterstützungskasse an. Die Wechselprämie wird brutto zur Erhöhung der Leistungen aus dem Versorgungsplan verwendet.

        

Ich bin mit der Einstellung der Erteilung von Direktzusagen auf beamtenähnliche Versorgung (Versorgungsrecht) einverstanden.

        

Ich nehme mit Wirkung ab 01.04.2010 am beitragsorientierten System der Versorgungsordnung 2010 teil.

        

[] Ich wünsche eine Netto-Auszahlung der Wechselprämie

                 
        

_________________

        

____________________

        

Ort, Datum

        

Unterschrift (Vor- und Nachname)“

15

Die mit „Angebot zur Überführung Ihrer betrieblichen Altersversorgung und zur Teilnahme an der VO 2010 (,Ablehnung‘)“ überschriebene Anlage 3b enthielt neben einer Empfangsbestätigung folgende Erklärung:

        

Ablehnung des Angebots

        

Ich habe vom Inhalt der mir zugegangenen schriftlichen Informationen zur Überführung der bisherigen Versorgung in die VO2010 Kenntnis genommen, lehne jedoch - trotz der damit für mich verbundenen Nachteile - das Angebot vom (05.02.2010) ab.

16

Mit Datum vom 17. Februar 2010 unterzeichnete die Klägerin sowohl die in der Anlage 3a enthaltene Empfangsbestätigung als auch die „Zustimmung zur Überführung“. Die ausgefüllte und unterzeichnete Anlage 3a übermittelte sie innerhalb der vorgegebenen Frist an die Landesbank.

17

Das Bundesarbeitsgericht entschied in mehreren Urteilen vom 15. Mai 2012 (ua. - 3 AZR 610/11 - BAGE 141, 222), dass bei der Landesbank eine betriebliche Übung auf Abschluss eines Versorgungsvertrags besteht. Danach hat jeder Mitarbeiter, der vor dem 1. Januar 2002 eingestellt wurde, über eine Beschäftigungszeit im Bankgewerbe vom mindestens 20 Jahren, davon zehn Jahre bei der Landesbank verfügt, eine gute Beurteilung durch seinen Vorgesetzten erhalten hat und in einer gesundheitlichen Verfassung ist, die eine vorzeitige Ruhestandsversetzung nicht erwarten lässt, einen Anspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrags.

18

Mit ihrer Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die Beklagte müsse bei Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen auch mit ihr einen Versorgungsvertrag vereinbaren. Die von ihr unterzeichnete Anlage 3a ändere hieran nichts. Damit habe sie lediglich das in dem Schreiben enthaltene Angebot der Landesbank zur Überführung ihrer Anwartschaften und zur Teilnahme an der VO 2010 angenommen. Ein Angebot zur einvernehmlichen Aufhebung des Versorgungsrechts habe das Schreiben der Landesbank nicht enthalten; daher gehe ihr diesbezüglich erklärtes Einverständnis ins Leere. Auch habe sie - die Klägerin - mit der Unterzeichnung der Anlage 3a keine rechtsgeschäftliche Erklärung über die Aufhebung des Versorgungsrechts abgegeben. Einer solchen Auslegung stehe § 305c Abs. 2 BGB entgegen. Eine ggf. in der Anlage 3a enthaltene Regelung über die Aufhebung des Versorgungsrechts sei nicht nur überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB, sondern auch intransparent iSd. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen, da sie einen kompensationslosen Verzicht auf weitreichende Versorgungsrechte zur Folge habe. Jedenfalls sei nach den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts aus Mai 2012 die Geschäftsgrundlage für die Vereinbarung entfallen.

19

Darüber hinaus sei die Beklagte unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes zum Abschluss eines Versorgungsvertrags verpflichtet. Die Landesbank - als ihre Rechtsvorgängerin - habe ihre Hinweis- und Aufklärungspflichten verletzt.

20

Die Klägerin hat sinngemäß beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, mit Wirkung zum 1. September 2014 in Ergänzung zum bestehenden Arbeitsvertrag dem Abschluss folgender Versorgungszusage mit der Klägerin zuzustimmen:

                 

§ 1. Zusage.

                 

Die Bank gewährt der Mitarbeiterin Leistungen bei Krankheit, Dienstunfähigkeit und im Alter sowie ihren Hinterbliebenen (Witwen und Waisen) Versorgungsleistungen nach Maßgabe dieses Vertrags.

                 

§ 2. Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall.

                 

Bei Krankheit hat die Mitarbeiterin Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Unfallfürsorge in entsprechender Anwendung der jeweils für die bayerischen Staatsbeamten geltenden Regelungen.

                 

§ 3. Langandauernde Krankheit.

                 

Bei langandauernder Krankheit kann die Mitarbeiterin in entsprechender Anwendung des Art. 65 Abs. 1 BayBG in den Ruhestand versetzt werden. Die Versetzung in den Ruhestand erfolgt zum Ende des Monats, in welchem die Dienstunfähigkeit festgestellt wird, frühestens jedoch mit Ablauf des 182. Kalendertages nach Krankheitsbeginn. Vom Beginn der Ruhestandsversetzung an erhält der Versorgungsberechtigte Versorgungsbezüge nach § 6 Abs. 1. Für eine erneute Berufung ins aktive Arbeitsverhältnis finden die für die bayerischen Staatsbeamten geltenden Regelungen entsprechende Anwendung.

                 

§ 4. Eintritt in den Ruhestand.

                 

(1) Das Arbeitsverhältnis ist auf unbestimmte Dauer geschlossen.

                 

(2) Das Arbeitsverhältnis endet mit der Folge des Eintritts der Mitarbeiterin in den Ruhestand, ohne dass es einer Kündigung bedarf, mit Ablauf des Monats, in dem die Mitarbeiterin das nach der jeweiligen gesetzlichen Regelung für die bayerischen Staatsbeamten geltende Lebensalter für die Erfüllung der Altersgrenze vollendet oder mit Ablauf des Monats, in dem die Mitarbeiterin nach den jeweils geltenden gesetzlichen Bestimmungen eine Rente wegen voller Erwerbsminderung oder eine Altersrente von der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht. Gewährt der Rentenversicherungsträger nur eine Rente auf Zeit, ruht der Arbeitsvertrag für den Bewilligungszeitraum dieser Rente, längstens jedoch bis zum Beendigungszeitpunkt nach diesem Absatz 2 Satz 1. Im Falle des Ruhens des Arbeitsvertrages nach Satz 2 gewährt die Bank Versorgungsbezüge nach § 6 dieses Vertrages.

                 

(3) Die Mitarbeiterin kann auf ihren Antrag zu einem früheren Zeitpunkt in den Ruhestand versetzt werden, wenn sie das in Art. 64 BayBG festgelegte Lebensalter vollendet hat (derzeit: 64. Lebensjahr, bei Schwerbehinderung 60. Lebensjahr).

                 

§ 5. Vertragskündigung.

                 

(1) Die Mitarbeiterin kann ihren Arbeitsvertrag mit der Bank mit 6monatiger Frist zum Monatsende kündigen. In diesem Falle erlöschen die Anwartschaften aus dieser Versorgungszusage; etwaige unverfallbare Anwartschaften des Versorgungsberechtigten und seiner Hinterbliebenen auf Versorgungsleistungen im Alter und bei Dienstunfähigkeit nach den Vorschriften des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung bleiben unberührt. Für die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund gelten die gesetzlichen Vorschriften.

                 

(2) Die Bank kann den Arbeitsvertrag mit der Folge der Vertragsbeendigung oder Ruhestandsversetzung nur aus folgenden Gründen und nur unter Beachtung folgender Regelungen kündigen:

                 

a) Kündigung aus wichtigem Grund:

                 

aa) Wenn der wichtige Grund in einem grob schuldhaften Verhalten der Mitarbeiterin liegt, kann die Bank den Arbeitsvertrag frist- und entschädigungslos kündigen. In diesem Falle erlöschen die Ansprüche aus dieser Versorgungszusage.

                 

bb) Wenn der wichtige Grund nicht in einem grob schuldhaften Verhalten der Mitarbeiterin liegt, kann die Bank die Mitarbeiterin durch Kündigung mit 6monatiger Frist zum Monatsende in den Ruhestand versetzen.

                 

b) Kündigung wegen organisatorischer Veränderungen:

                 

Bei einer Eingliederung der Bank in eine andere juristische Person, bei Zusammenschluss der Bank mit einer anderen juristischen Person oder bei einer anderen wesentlichen organisatorischen Veränderung der Bank kann die Bank die Mitarbeiterin durch Kündigung mit 6monatiger Frist zum Monatsende nach ihrem Ermessen entweder in den Ruhestand oder bis zu ihrer Wiederverwendung in einer gleich zu bewertenden, unter Umständen auch auswärtigen Stelle der Bank bzw. ihrer Rechtsnachfolgerin, in den einstweiligen Ruhestand versetzen.

                 

c) Wegen Dienstunfähigkeit:

                 

Die Bank kann die Mitarbeiterin durch Kündigung mit 3monatiger Frist zum Quartalsschluss in den Ruhestand versetzen, wenn sie infolge eines Gebrechens oder einer Schwäche ihrer körperlichen oder geistigen Kräfte zur Erfüllung ihrer dienstlichen Obliegenheiten dauernd unfähig ist. Die Regelungen des Art. 65 Abs. 2 und Abs. 4 sowie des § 29 BeamtStG gelten entsprechend.

                 

§ 6. Höhe der Versorgungsbezüge.

                 

(1) Die Bank verpflichtet sich, der Mitarbeiterin im Versorgungsfall (§ 3, § 4 und § 5 Abs. 2 a bb, b und c) ein Ruhegehalt zu gewähren, das entsprechend den jeweils für bayerische Staatsbeamte geltenden Vorschriften berechnet wird. Ruhegehaltsfähige Dienstbezüge im Sinne des Beamtenversorgungsgesetzes sind 1/12 des ruhegehaltsfähigen Jahresfestgehalts, das der Mitarbeiterin vor dem Eintritt in den Ruhestand zuletzt gezahlt wird. Laufende Zulagen sind nur dann versorgungsfähig, wenn diese ausdrücklich als versorgungsfähig bezeichnet sind.

                 

Als ruhegehaltfähige Dienstzeiten gelten

                 

a) die Zeit der Arbeitsleistung für die Bank, eines ihrer Vorgängerinstitute oder eine andere Bank im Sinne des Kreditwesengesetzes,

                 

b) die Zeit der Arbeitsleistung für einen anderen Arbeitgeber, sofern die dortige Tätigkeit mit der Tätigkeit in der Bank vergleichbar ist, zur Hälfte,

                 

c) vorher zurückgelegte Zeiten, soweit sie nach den für bayerische Staatsbeamte jeweils geltenden Vorschriften berücksichtigungsfähig sind.

                 

Der Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfalle in entsprechender Anwendung der für die bayerischen Staatsbeamten geltenden Vorschriften besteht fort. Beamtenrechtliche Vorschriften für allgemeine und strukturelle Anpassungen der Versorgungsbezüge, insbesondere § 70 Beamtenversorgungsgesetz oder eine diese Vorschriften ersetzende Regelung, finden keine Anwendung; § 11 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 dieser Versorgungszusage über die lineare Anpassung entsprechend dem Tarifvertrag bleiben unberührt.

                 

(2) Ein Doppelanspruch auf Versorgungsbezüge und Aktivbezüge ist ausgeschlossen. Bei einer Beschäftigung über das in § 4 Abs. 2 Satz 1 genannte Lebensalter hinaus ruht der Anspruch auf Versorgungsbezüge. Dienstzeiten nach Vollendung des in § 4 Abs. 2 Satz 1 genannten Lebensalters werden nicht angerechnet und führen somit nicht zu einer Erhöhung der Versorgungsbezüge.

                 

(3) Die Hinterbliebenen des Versorgungsberechtigten erhalten Hinterbliebenenversorgung in entsprechender Anwendung der für die Hinterbliebenen von bayerischen Staatsbeamten und Ruhestandsbeamten geltenden Vorschriften.

                 

(4) Die Versorgungsbezüge werden jährlich 12mal gewährt.

                 

§ 7. Anrechnung.

                 

(1) Auf das Ruhegehalt werden angerechnet:

                 

a) Leistungen aus der Renten- oder Gruppenrentenversicherung;

                 

b) Versorgungsbezüge aus unverfallbaren Versorgungsanwartschaften nach dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung sowie sonstige Renten und Versorgungsleistungen aus Zusatzversorgungseinrichtungen (z. B. des Versicherungsvereins des Bankgewerbes a. G. oder der Zusatzversorgungskasse der Bayerischen Gemeinden), wenn diese mindestens zur Hälfte auf Beiträgen oder Zuschüssen früherer Arbeitgeber beruhen und auf Zeiten entfallen, die in die Berechnung der ruhegehaltsfähigen Dienstzeiten einbezogen werden;

                 

c) Leistungen aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung oder einer befreienden Lebensversicherung, zu denen der Arbeitgeber mindestens die Hälfte der Beiträge oder Zuschüsse in dieser Höhe geleistet hat;

                 

d) Verletztenrenten in dem jeweils zur Zeit der Anrechnung höchstzulässigen Umfang.

                 

(2) Absatz 1 gilt für die Anrechnung auf die Hinterbliebenenbezüge entsprechend.

                 

(3) Soweit anrechenbare Renten oder Versorgungsleistungen deshalb nicht gewährt werden, weil

                 

a) ihnen zugrunde liegende Beitragsleistungen (insbesondere Beiträge, Zuschüsse) erstattet wurden,

                 

b) sie nicht beantragt worden sind oder auf sie verzichtet wurde oder an ihrer Stelle eine Kapitalleistung oder Abfindung gezahlt wurde,

                 

so tritt an die Stelle der Rente oder Versorgungsleistung der Betrag, der vom Leistungsträger ansonsten zu zahlen wäre.

                 

(4) Renten, Rentenerhöhungen und Rentenminderungen aufgrund eines Versorgungsausgleichs nach § 1587 BGB bleiben unberücksichtigt.

                 

(5) Auf die Hinterbliebenenbezüge werden die Hinterbliebenenrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung auch insoweit angerechnet, als sie nach den Bestimmungen des § 97 SGB VI in der jeweils geltenden Fassung ruhen.

                 

(6) Darüber hinaus werden andere Bezüge lediglich insoweit auf die Versorgungsbezüge nach diesem Vertrag angerechnet, als sie auch nach den für bayerische Staatsbeamte jeweils geltenden Ruhens-, Anrechnungs- und Kürzungsvorschriften auf die Versorgungsbezüge anzurechnen wären.

                 

§ 8. Unfallfürsorge.

                 

(1) Die Bank gewährt der Mitarbeiterin Unfallfürsorge in entsprechender Anwendung der für die bayerischen Staatsbeamten geltenden Unfallfürsorgevorschriften.

                 

(2) Die Mitarbeiterin verpflichtet sich, einen etwaigen gesetzlichen Schadensersatzanspruch, der ihr wegen einer Körperverletzung gegen einen Dritten zusteht, insoweit an die Bank abzutreten, als diese während einer auf Körperverletzung beruhenden Aufhebung der Arbeitsfähigkeit oder infolge der Körperverletzung zur Gewährung von Leistungen (Aktivitäts- und Versorgungsbezüge) verpflichtet ist.

                 

(3) Steht wegen einer Körperverletzung oder Tötung der Mitarbeiterin deren Hinterbliebenen ein gesetzlicher Schadensersatzanspruch gegen einen Dritten zu, so kann die Bank die Gewährung der Hinterbliebenenbezüge insoweit von der Abtretung des Schadensersatzanspruchs abhängig machen als sie infolge der Körperverletzung oder Tötung zur Gewährung einer Versorgung oder sonstigen Leistung verpflichtet ist.

                 

§ 9. Sozialversicherung.

                 

Die Mitarbeiterin wird sich unbeschadet der Versorgungszusage freiwillig weiterversichern, sofern dies nach § 7 SGB VI zulässig ist und solange und soweit die Bank dies verlangt. Die Bank übernimmt in diesem Fall den Arbeitnehmeranteil zur Rentenversicherung. Die auf diesen Anteil entfallende Steuer und evtl. Sozialversicherungsbeiträge gehen zu Lasten der Mitarbeiterin.

                 

§ 10. Unverfallbarkeit.

                 

Die Vorschriften des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung bleiben unberührt; die Unverfallbarkeitsfrist nach § 1b dieses Gesetzes beginnt mit dem Eintritt in die Bank, bei Unterbrechung des Dienstverhältnisses mit dem letzten Wiedereintritt in die Bank.

                 

§ 11. Ergänzende Bestimmungen.

                 

(1) Für die Anpassung der Versorgungsbezüge gelten die jeweils für die Bezahlung der Tarifangestellten maßgeblichen Festsetzungen des Tarifvertrages entsprechend. Die Anpassung der Versorgungsbezüge erfolgt, wenn die Gehälter des Tarifvertrages allgemein geändert werden. Im Übrigen gelten zusätzlich die jeweils für die Versorgung der bayerischen Staatsbeamten maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften mit Ausnahme der Vorschriften über das Übergangsgeld und das Besoldungsdienstalter entsprechend.

                 

(2) Wenn die in diesem Vertrag enthaltenen Bestimmungen keinen Aufschluss geben, wird der betreffende Punkt in einer zusätzlichen Vereinbarung zwischen dem Versorgungsberechtigten und der Bank geregelt. Über diesen Vertrag hinausgehende Vereinbarungen bedürfen zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form.“;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie sogenannte Nettovorteile iHv. 4.213,77 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten p.a. über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 16. August 2015 zu bezahlen.

21

Die Beklagte hat beantragt,

        

die Klage abzuweisen,

        

hilfsweise,

        

1.    

die Klägerin zu verurteilen, an sie 28.024,52 Euro nebst Zinsen daraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klageerwiderung vom 31. Januar 2014 zu zahlen,

        

2.    

die Klägerin zu verurteilen, an sie 643,46 Euro nebst Zinsen daraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung des Schriftsatzes vom 20. Februar 2015 zu zahlen,

        

3.    

die Klägerin zu verurteilen, ihren Erstattungsanspruch (gemäß § 26 SGB IV) gegen die zuständige Einzugsstelle iHv. 2.539,01 Euro an sie abzutreten.

22

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision, hilfsweise verfolgt sie ihre Widerklage weiter.

Entscheidungsgründe

23

Die Revision bleibt erfolglos. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen.

24

A. Der Feststellungsantrag zu 1. ist unbegründet. Dabei kann dahinstehen, ob der von den Parteien erstmals in der Revisionsinstanz gehaltene Sachvortrag zur Elternzeit der Klägerin nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu berücksichtigen ist.

25

I. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 3. April 2017 behauptet, sie habe sich in der Zeit von Mitte 2007 bis nach dem 5. Februar 2010 in Elternzeit befunden.

26

Die Beklagte hat geltend gemacht, hierbei handele es sich um neuen Sachvortrag in der Revision. Sie hat zudem vorgetragen, die Landesbank habe die Klägerin mit Schreiben vom 25. November 2009 unter der Überschrift „Informationen zur neuen betrieblichen Altersversorgung“ darüber unterrichtet, dass diese sich mit dem Personalrat über eine Neugestaltung der betrieblichen Altersversorgung für die Anwärter der Versorgungskasse ab dem Jahr 2010 verständigt habe. Dem Schreiben seien die Intranet-Mitteilung der Einigungsstelle vom 20. November 2009, die DV 2009 sowie eine Zusammenfassung der wesentlichen Inhalte des in ihr geregelten Versorgungssystems beigefügt gewesen. Das Schreiben habe mit dem Hinweis geendet, die Klägerin könne sich, sofern sich für sie nach Durchsicht der Unterlagen Fragen ergeben sollten, per E-Mail an die Landesbank wenden. Die Klägerin sei zudem von der Landesbank mit Schreiben vom 18. Januar 2010 zu der Informationsveranstaltung am 25. Januar 2010 eingeladen worden. In dem Schreiben heiße es ua., dass auf der Informationsveranstaltung „Eckpunkte“ zur Neukonzeption der betrieblichen Altersversorgung bei der Landesbank vorgestellt, Einzelheiten erläutert und Fragen beantwortet würden. Schließlich habe die Landesbank der Klägerin mit Schreiben vom 28. Januar 2010 im Nachgang zu der Informationsveranstaltung die Präsentationsunterlagen zu der Veranstaltung übermittelt. Auch dieses Schreiben enthalte den Hinweis, dass sich die Klägerin, sofern sich für sie nach Durchsicht der Unterlagen Fragen ergeben sollten, per E-Mail an die Landesbank wenden könne.

27

Die Klägerin hat unstreitig gestellt, die Schreiben vom 25. November 2009, vom 18. Januar 2010 und vom 28. Januar 2010 erhalten zu haben.

28

II. Selbst wenn der Senat dieses Vorbringen der Parteien seiner Entscheidung zugrunde legen würde, hätte die Klägerin keinen Anspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrags.

29

1. Ein nach Maßgabe der Entscheidung des Senats vom 15. Mai 2012 (- 3 AZR 610/11 - Rn. 64 ff., BAGE 141, 222) bestehender Anspruch der Klägerin aus betrieblicher Übung ist durch die von der Klägerin und der Landesbank abgeschlossene Änderungsvereinbarung „zur Überführung der betrieblichen Altersversorgung der Klägerin und zur Teilnahme an der VO 2010“ erloschen.

30

a) Die Klägerin und die Landesbank haben sich in der genannten Vereinbarung darauf geeinigt, dass die von der Klägerin bei der Versorgungskasse erworbenen Versorgungsanwartschaften in die VO 2010 überführt werden und ihr künftig Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nur noch nach Maßgabe der VO 2010 zustehen. Die Landesbank hat in der Anlage 3a zudem das Angebot unterbreitet, eine etwa bestehende Verpflichtung der Landesbank auf Abschluss eines Versorgungsvertrags aufzuheben. Durch ihre Unterschrift unter die Anlage 3a hat die Klägerin dieses Angebot angenommen. Ein Einigungsmangel liegt nicht vor. Dies ergibt die Auslegung.

31

aa) Die Anlage 3a enthält - soweit es die „Zustimmung zur Überführung“ betrifft - Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Dies ergibt sich bereits aus dem äußeren Erscheinungsbild. Die Landesbank hat den Inhalt der Anlage für eine Vielzahl von Änderungsverträgen vorformuliert und als Verwenderin der Klägerin gestellt. Unschädlich ist, dass die Arbeitnehmer auch die Möglichkeit hatten, die Anlage 3b zu unterschreiben und durch Ankreuzen auf dem Formular zu wählen, ob ihnen die Wechselprämie als Nettobetrag ausgezahlt werden soll. Dies ändert nichts daran, dass die Formulierungen in der Anlage 3a von der Landesbank stammen.

32

bb) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist zwar in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser jedoch nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragszweck aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (vgl. etwa BAG 19. Juli 2016 - 3 AZR 141/15 - Rn. 16 mwN).

33

Umstände, die allein den konkreten Vertragspartnern bekannt sind oder die den besonderen Einzelfall kennzeichnen, dürfen bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht herangezogen werden. Dies ergibt sich auch aus § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB, wonach die den Vertragsschluss begleitenden Umstände nur bei der Prüfung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB zu berücksichtigen sind(vgl. etwa BAG 15. November 2016 - 3 AZR 582/15 - Rn. 34). Dies bedeutet, dass ausschließlich konkret-individuelle Begleitumstände für die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen grundsätzlich nicht herangezogen werden können. Maßgebend sind vielmehr solche Umstände, die typischerweise den Abschluss vergleichbarer Abreden begleiten. Bei der Auslegung der Anlage 3a sind deshalb nicht nur die der Anlage beigefügten Schreiben, sondern auch die sonstigen im Unternehmen der Landesbank allgemein bekannten und für die betroffenen Arbeitnehmer erkennbaren Umstände zu berücksichtigen.

34

cc) Es kann dahingestellt bleiben, ob bei der Auslegung nur diejenigen Begleitumstände berücksichtigt werden können, die für die Arbeitnehmer, die sich im maßgeblichen Zeitraum in Mutterschutz oder Elternzeit befanden, erkennbar waren. Selbst wenn man dies annehmen sollte, ergäbe sich angesichts der diesen Arbeitnehmern - und damit auch der Klägerin - von der Landesbank übersandten Informationen kein anderes Ergebnis. Ob die betroffenen Arbeitnehmer diese zur Kenntnis genommen haben, ist unerheblich. Hierbei handelt es sich um konkret-individuelle Umstände, die bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht zu berücksichtigen sind.

35

Danach hat die Landesbank auch den in Mutterschutz und Elternzeit befindlichen Arbeitnehmern mit der Anlage 3a das Angebot unterbreitet, unter Überführung ihrer bereits erworbenen Versorgungsanwartschaften Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zukünftig nur noch entsprechend der VO 2010 zu gewähren und eine etwaige Verpflichtung der Landesbank auf Abschluss eines Versorgungsvertrags einvernehmlich aufzuheben.

36

(1) Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Anlage 3a.

37

Schon nach ihrer Überschrift - somit für die Arbeitnehmer erkennbar - enthält die Anlage 3a ein Angebot der Landesbank zur Überführung der betrieblichen Altersversorgung der angesprochenen Arbeitnehmer („Ihrer“). Dieses ist lediglich in seinem weiteren Inhalt aus der Sicht der das Angebot annehmenden Arbeitnehmer formuliert. Unerheblich ist, dass die Landesbank die Anlage 3a nicht unterschrieben hat. Eine rechtsverbindliche Willenserklärung kann auch ohne Unterschrift abgegeben werden.

38

Das von der Landesbank unterbreitete Angebot bezieht sich in seinem ersten Absatz auf die Überführung der bislang von den Arbeitnehmern bei der Versorgungskasse erworbenen Versorgungsanwartschaften in eine rückgedeckte Kapitalzusage nach der VO 2010. Wie der Verweis auf die VO 2010 zeigt, sollte damit die bisherige Zusage von beamtenähnlichen Leistungen der betrieblichen Altersversorgung im Durchführungsweg Unterstützungskasse durch eine Zusage von Kapitalleistungen nach Maßgabe der Regelungen in Nr. III DV 2009 - die der Klägerin mit Schreiben vom 25. November 2009 von der Landesbank übersandt worden war - abgelöst werden.

39

Der zweite Absatz des Änderungsangebots ist darauf gerichtet, eine etwaige rechtliche Verpflichtung der Landesbank zur Erteilung eines Versorgungsrechts und damit auf Abschluss eines Versorgungsvertrags zu beseitigen. Die Arbeitnehmer konnten ohne Weiteres erkennen, dass die Landesbank nicht lediglich ihr bei der Versorgungskasse bestehendes beamtenähnliches Versorgungswerk ablösen, sondern auch ihr bestehendes System zur Erteilung von Versorgungsrechten und damit eine etwa hierfür bestehende rechtliche Grundlage beseitigen wollte. Bereits die Formulierung „bin … einverstanden“ lässt darauf schließen, dass es der Landesbank mit diesem Teil des Vertragsangebots nicht darum ging, die Arbeitnehmer nur in Kenntnis zu setzen über ihre seit dem Jahr 2009 geänderte Praxis, keine Versorgungsrechte mehr zu erteilen und damit keine Versorgungsverträge mehr abzuschließen, sondern diese Vorgehensweise rechtsverbindlich abzusichern. Der Begriff „Einstellung“ bringt zum Ausdruck, dass dem Arbeitnehmer - auch bei Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen - künftig kein Versorgungsvertrag mehr angeboten werden soll. Vielmehr wollte die Landesbank, wie der Verweis auf die VO 2010 und damit die Regelungen in Nr. II und Nr. III DV 2009 für die betroffenen Arbeitnehmer zeigen, zukünftig nur noch Leistungen der betrieblichen Altersversorgung iSd. § 1 Abs. 1 BetrAVG und zwar lediglich nach Maßgabe der VO 2010 erbringen. Dementsprechend enthält die Änderungsvereinbarung auch die Regelung, dass für die Beschäftigungszeiten ab dem 1. April 2010 nur noch eine beitragsorientierte betriebliche Altersversorgung durch den BVV gewährt wird.

40

(2) Die der Anlage 3a beigefügten Schriftstücke bestätigen diese Auslegung.

41

Zwar erwähnt die Landesbank in ihrem Begleitschreiben zur Anlage 3a vom 5. Februar 2010 das Versorgungsrecht nicht ausdrücklich. Das Schreiben ist jedoch mit „Neustrukturierung der betrieblichen Altersversorgung“ überschrieben. Zudem bezieht sich die Landesbank in dem Anschreiben ausdrücklich auf die der Klägerin übersandte DV 2009, die in ihrer Präambel den Hinweis enthält, dass die Landesbank entschieden habe, die „Systeme der betrieblichen Altersversorgung umzustellen“ und damit auch „keine individuellen Versorgungszusagen“ mehr zu erteilen. Aus den beigefügten Anlagen konnte die Klägerin ebenfalls ersehen, dass das in der Anlage 3a enthaltene Angebot darauf abzielte, das bei der Landesbank bestehende System der beamtenähnlichen Versorgung nicht nur für den Durchführungsweg Unterstützungskasse, sondern auch in Bezug auf die durch die Versorgungsverträge gewährten Direktzusagen durch das neue in der DV 2009 vereinbarte Versorgungswerk - die VO 2010 - abzulösen. In den genannten Unterlagen wird den Arbeitnehmern mitgeteilt, welche Versorgungsleistungen sie im Fall einer Überführung ihrer Versorgungsanwartschaft und zukünftigen Teilnahme an der VO 2010 im Alter 65 voraussichtlich erhalten werden. Eine solche Berechnung wäre überflüssig, wenn das in der Anlage 3a enthaltene Angebot der Landesbank lediglich bezweckt hätte, nur die Ablösung der bereits erworbenen Anwartschaften auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen bei der Versorgungskasse und nicht auch die Beseitigung einer etwaigen rechtlichen Verpflichtung zum Abschluss eines Versorgungsvertrags nach 20jähriger Beschäftigungszeit zu regeln. Die Arbeitnehmer konnten nicht erwarten, eine Doppelversorgung zu erhalten.

42

(3) Der für die Arbeitnehmer erkennbare Zweck der Änderungsvereinbarung spricht ebenfalls für das vorliegende Verständnis.

43

Nach der Präambel der DV 2009 sowie dem Inhalt der - der Klägerin mit Schreiben vom 25. November 2009 übersandten - Erklärung der Einigungsstelle vom 20. November 2009 wollte die Landesbank die bei ihr bestehenden beamtenähnlichen Versorgungssysteme grundlegend umgestalten. Hierzu gehörte auch der Abschluss von Versorgungsverträgen. Zum Zeitpunkt der Übersendung des Überführungsangebots durch die Landesbank war unklar, ob sie berechtigt war, ihre bisherige Praxis auf Erteilung von Versorgungsrechten einseitig einzustellen. Zwar vertrat die Landesbank - gestützt auf ein Rechtsgutachten - die Ansicht, diese Entscheidung einseitig, also ohne Zustimmung der jeweils hiervon betroffenen Arbeitnehmer, umsetzen zu dürfen. Angesichts der über mehrere Jahrzehnte andauernden Praxis der Landesbank bei der Vergabe der Versorgungsrechte musste sich den betroffenen Arbeitnehmern - auch ohne Kenntnis der zahlreichen Klageverfahren und der beiden erstinstanzlich zugunsten der Arbeitnehmer ergangenen Entscheidungen - jedoch die Frage aufdrängen, ob die Landesbank befugt war, die Erteilung von Versorgungsrechten für die Zukunft einzustellen. Vor diesem Hintergrund hatte die Landesbank ein Interesse daran, die rechtliche Unsicherheit über die Zulässigkeit ihres Vorgehens abschließend zu beseitigen und ihr tatsächliches Handeln vorsorglich rechtlich absichern zu lassen. Diesem für die betroffenen Arbeitnehmer und damit die beteiligten Verkehrskreise erkennbaren Ziel diente die Vereinbarung über die „Einstellung des Versorgungsrechts“.

44

Aus Sicht der Empfänger hatte die Landesbank insoweit auch einen rechtsverbindlichen Erklärungswillen. Der Inhalt der Anlage 3a geht über die nach Nr. II 2 Buchst. b iVm. Nr. III 2 Abs. 1 DV 2009 erforderliche Zustimmung der Arbeitnehmer zur Überführung ihrer Versorgungsanwartschaft in die VO 2010 hinaus. Im Übrigen ist bei einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung grundsätzlich davon auszugehen, dass ihrem Inhalt rechtsgeschäftliche Wirkung zukommen soll. Sofern es sich ausnahmsweise nur um eine deklaratorische Angabe in Form einer sog. Wissenserklärung handeln soll, muss dies im Vertrag deutlich zum Ausdruck gebracht worden sein (vgl. BAG 8. Juli 2015 - 4 AZR 51/14 - Rn. 28 mwN). Hieran fehlt es vorliegend.

45

dd) Die Klägerin hat durch ihre Unterschrift das in der Anlage 3a liegende Angebot der Landesbank angenommen. Für die objektive Bedeutung einer empfangsbedürftigen Willenserklärung ist maßgeblich, wie der Erklärungsempfänger die Erklärung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste (vgl. BAG 19. März 2014 - 5 AZR 252/12 (B) - Rn. 46 mwN, BAGE 147, 342). Die Landesbank - als Empfängerin der Zustimmungserklärung - musste und durfte davon ausgehen, dass die Arbeitnehmer mit ihrer Unterschrift ihre Zustimmung und damit die Annahme des in der Anlage 3a liegenden Angebots mit Rechtsbindungswillen erklären. Ein Einigungsmangel liegt insoweit nicht vor. Für die Arbeitnehmer war erkennbar, dass sie eine rechtlich bedeutsame Erklärung und nicht lediglich eine Wissenserklärung abgeben. Durch den Abschluss der Änderungsvereinbarung hat sich die Klägerin eines möglichen Anspruchs auf Erteilung des Versorgungsrechts begeben.

46

ee) Die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB führt zu keinem anderen Ergebnis. Es bestehen keine nicht behebbaren Zweifel an der richtigen Auslegung (vgl. BAG 8. Dezember 2015 - 3 AZR 433/14 - Rn. 23 mwN). Allein die entfernte Möglichkeit, auch zu einem anderen Auslegungsergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung von § 305c Abs. 2 BGB nicht(BAG 15. April 2015 - 4 AZR 796/13 - Rn. 80 mwN, BAGE 151, 235).

47

b) Die Bestimmung über das Versorgungsrecht ist nicht überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB.

48

aa) Nach dieser Vorschrift werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht Vertragsbestandteil, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht. Dies setzt objektiv eine ungewöhnliche Klausel voraus, mit der der Arbeitnehmer subjektiv nicht zu rechnen brauchte (vgl. etwa BAG 24. Februar 2016 - 5 AZR 258/14 - Rn. 32 mwN).

49

bb) Gemessen an diesen Anforderungen ist die Bestimmung selbst dann nicht überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB, wenn man auch insoweit nur diejenigen Begleitumstände berücksichtigen würde, die für die Arbeitnehmer, die sich im maßgeblichen Zeitraum in Mutterschutz oder Elternzeit befanden, erkennbar waren.

50

(1) Die Klägerin musste bei Abschluss der Änderungsvereinbarung damit rechnen, dass diese auch eine Bestimmung zum Versorgungsrecht enthalten würde. Die Landesbank wollte aufgrund ihrer durch die Finanzkrise verursachten erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten das bei ihr bestehende beamtenähnliche Versorgungssystem - zu dem auch der Abschluss von Versorgungsverträgen nach einer Beschäftigungszeit von 20 Jahren zählte - durch ein neues kapitalfinanziertes System der betrieblichen Altersversorgung ablösen. Ob sie ihre bisherige Praxis auf Erteilung von Versorgungsrechten einseitig einstellen durfte, war rechtlich unklar. Eine umfassende und rechtssichere Ablösung des beamtenähnlichen Versorgungssystems konnte die Landesbank nur mit einer Vereinbarung erzielen, die auch etwaige Rechte der Arbeitnehmer auf Abschluss entsprechender Versorgungsverträge erfasste. Diese Umstände waren auch für die Klägerin erkennbar. Die Frage, ob die Landesbank berechtigt war, die Erteilung von Versorgungsrechten für die Zukunft einzustellen, drängte sich angesichts ihrer über mehrere Jahrzehnte andauernden anderweitigen Praxis auf. Angesichts dieser Umstände musste die Klägerin damit rechnen, dass die in der Anlage 3a vorformulierte Vereinbarung auch eine Regelung enthalten würde, mit der eine mögliche Verpflichtung der Landesbank auf Abschluss eines Versorgungsvertrags beseitigt und damit eine möglichst rechtssichere Ablösung des beamtenähnliche Versorgungssystems herbeigeführt werden sollte.

51

(2) Aus dem äußeren Erscheinungsbild der Anlage 3a folgt nichts anderes.

52

Die in der Anlage 3a unter der Zeile „Zustimmung zur Überführung“ enthaltenen Bestimmungen sind kurz und übersichtlich gestaltet. Die Vereinbarung über das Versorgungsrecht findet sich nicht an versteckter Stelle, sondern in der Mitte der rechtgeschäftlichen Erklärung. Zudem ist sie von dem vorangegangenen und dem nachfolgenden Absatz drucktechnisch abgesetzt.

53

Ein Überraschungseffekt ergibt sich auch nicht daraus, dass sich die Anlage 3a in ihrer Überschrift nur auf die „betriebliche Altersversorgung“ bezieht. Zwar enthielten die von der Landesbank abgeschlossenen Versorgungsverträge nicht nur Regelungen über die betriebliche Altersversorgung iSd. § 1 Abs. 1 BetrAVG; vielmehr waren hiermit weitere Vergünstigungen, etwa ein erweiterter Kündigungsschutz oder ein Anspruch auf Beihilfe, verbunden. Grund hierfür war jedoch, dass die Arbeitnehmer durch den Abschluss dieser Verträge möglichst weitgehend einem bayerischen Staatsbeamten gleichgestellt werden sollten. Der gesamte Inhalt der Versorgungsverträge war damit Teil des bei der Landesbank bestehenden „beamtenähnlichen Versorgungssystems“, das abgelöst werden sollte. Da ein zentraler Bestandteil die Direktzusage von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung war, waren die Versorgungsrechte - wie das Mitarbeiterhandbuch, die Präambel der DV 2009 und die - der Klägerin mit Schreiben vom 28. Januar 2010 übersandte - Präsentation auf der Informationsveranstaltung zeigen - bei der Landesbank für die Arbeitnehmer erkennbar thematisch der betrieblichen Altersversorgung zugeordnet.

54

(3) Die Bestimmung zum Versorgungsrecht ist auch nicht deshalb überraschend, weil das Versorgungsrecht in dem Begleitschreiben der Landesbank vom 5. Februar 2010 nicht erwähnt wird. Die Klägerin könnte vorliegend nur dann hieraus etwas zu ihren Gunsten ableiten, wenn zwischen den durch den Inhalt des Begleitschreibens bei den Arbeitnehmern begründeten Erwartungen und dem Inhalt der Anlage 3a ein deutlicher Widerspruch bestünde. Dies ist - auch vor dem Hintergrund der für die Klägerin erkennbaren Interessenlage der Landesbank - nicht der Fall.

55

c) Die Klägerin wird durch die Bestimmung über das Versorgungsrecht auch nicht gemäß § 307 Abs. 1 BGB unangemessen benachteiligt.

56

aa) Die DV 2009 steht einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB nicht entgegen. Zwar unterliegen nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB Dienstvereinbarungen nicht dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Zudem stehen sie nach § 310 Abs. 4 Satz 3 BGB Rechtsvorschriften iSv. § 307 Abs. 3 BGB gleich. Die DV 2009 gibt jedoch nur vor, wie sich die Leistungen der Arbeitnehmer nach der VO 2010 berechnen. Sie bestimmt nicht unmittelbar, dass eine Überführung in die VO 2010 stattzufinden hat. Dies bedarf vielmehr nach Nr. II 2 Buchst. b DV 2009 einer Zustimmung der Arbeitnehmer. Zudem zeigt die Präambel der DV 2009, dass die Betriebsparteien keine Regelungen darüber getroffen haben, dass Versorgungsrechte nicht mehr erteilt werden.

57

bb) Die Bestimmung zum Versorgungsrecht ist hinreichend transparent (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).

58

(1) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung schon daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Das Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Danach müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Die Voraussetzungen und der Umfang der Leistungspflicht müssen deshalb so bestimmt oder zumindest so bestimmbar sein, dass der Vertragspartner des Verwenders bereits bei Vertragsschluss erkennen kann, was auf ihn zukommt. Eine Klausel verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten enthält und Spielräume eröffnet. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB(st. Rspr., etwa BAG 21. Januar 2015 - 10 AZR 84/14 - Rn. 33 mwN, BAGE 150, 286).

59

(2) Daran gemessen ist die streitbefangene Regelung hinreichend klar und verständlich.

60

Der Begriff „Direktzusagen auf beamtenähnliche Versorgung“ ist in der Anlage 3a durch den Klammerzusatz „Versorgungsrecht“ näher definiert. Wie das Mitarbeiterhandbuch und die auch der Klägerin übersandte Präsentation auf der Informationsveranstaltung am 25. Januar 2010 zeigen, handelt es sich bei diesen beiden Formulierungen um bei der Landesbank gebräuchliche Begriffe. Sie bezeichnen - für die betroffenen Arbeitnehmer erkennbar - schlagwortartig das von der Landesbank nach einer bestimmten Beschäftigungszeit und unter bestimmten Voraussetzungen erfolgte Angebot an die Arbeitnehmer auf Abschluss des vorliegend begehrten Versorgungsvertrags. Auch der übrige Inhalt der Regelung ist hinreichend klar. Mit der Formulierung „Ich bin mit der Einstellung der Erteilung … einverstanden“ war für die unterzeichnenden Arbeitnehmer erkennbar, dass sie sich möglicher Rechte in Bezug auf den Abschluss eines Versorgungsvertrags begeben und ihnen zukünftig nur noch Ansprüche auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach Maßgabe der VO 2010 zustehen.

61

Unschädlich für die erforderliche Bestimmtheit der Klausel ist, dass sich ihr Inhalt für die Arbeitnehmer ggf. erst im Wege der Auslegung ermitteln lässt. Die Gefahr, dass die betroffenen Arbeitnehmer wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen ihre Rechte nicht wahrnehmen, bestand dadurch vorliegend nicht.

62

cc) Die in der Änderungsvereinbarung enthaltene Bestimmung zum Versorgungsrecht benachteiligt die Klägerin auch nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).

63

(1) Die Bestimmungen in der Änderungsvereinbarung sind uneingeschränkt kontrollfähig.

64

(a) Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB findet eine uneingeschränkte Inhaltskontrolle nur statt, wenn durch Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Danach sind formularmäßige Abreden zu den Hauptleistungspflichten aus Gründen der Vertragsfreiheit gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB regelmäßig von der gesetzlichen Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgenommen(st. Rspr., vgl. nur BAG 24. Februar 2016 - 5 AZR 258/14 - Rn. 37 mwN). Auch Klauseln, die Rechtsvorschriften nur wiederholen oder in jeder Hinsicht mit ihnen übereinstimmen (sog. deklaratorische Klauseln), sind einer Inhaltskontrolle entzogen (vgl. etwa BAG 15. September 2009 - 3 AZR 17/09 - Rn. 35, BAGE 132, 100).

65

(b) Die Änderungsvereinbarung enthält Rechtsvorschriften ergänzende Bestimmungen.

66

(aa) Zu den Rechtsvorschriften iSd. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB gehören neben dem dispositiven Gesetzesrecht auch anerkannte, ungeschriebene Rechtsgrundsätze und Prinzipien sowie die Gesamtheit der wesentlichen Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben(vgl. etwa BAG 19. Februar 2014 - 5 AZR 920/12 - Rn. 22 mwN; 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 20 mwN, BAGE 140, 231; BGH 14. Oktober 1997 - XI ZR 167/96 - zu I 2 a der Gründe mwN, BGHZ 137, 27). Hierzu zählt auch das sich aus § 779 BGB ergebende gesetzliche Vertragsleitbild. Danach ist eine Ungewissheit über die Rechtslage oder ein Rechtsverhältnis durch gegenseitiges Nachgeben zu beseitigen. Die Regelung des § 779 BGB bestimmt nicht nur, wann Vergleiche unwirksam sind, sondern enthält zudem ein gesetzliches Leitbild für Vereinbarungen, mit denen ein im Hinblick auf ein Schuldverhältnis insgesamt oder in einzelnen Punkten bestehender Streit oder eine rechtliche Ungewissheit beseitigt werden soll. Voraussetzung ist, dass tatsächlich eine Rechtsunsicherheit beseitigt werden soll. Dies erfordert, dass sich der Arbeitgeber als Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen im Vorfeld der Vertragsänderung im Hinblick auf die geänderten Regelungen einer Rechtsposition berühmt. Die bloße Rechtsgestaltung ist dagegen nicht am Leitbild des § 779 BGB zu messen(vgl. auch BAG 13. Mai 1998 - 7 ABR 65/96 - zu B I der Gründe).

67

(bb) Danach unterliegen die Bestimmungen in der Änderungsvereinbarung der uneingeschränkten Inhaltskontrolle. Die Landesbank hatte vor Abschluss der Vereinbarung geltend gemacht, die Richtlinien der Versorgungskasse über eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen mit Ablauf des 31. Dezember 2009 mit Wirkung für die Zukunft widerrufen zu dürfen und den Arbeitnehmern daher bei Eintritt eines Versorgungsfalls Leistungen nur noch entsprechend § 2 Abs. 1 BetrAVG gewähren zu müssen. Zudem hatte sie sich des Rechts berühmt, die Erteilung von Versorgungsrechten einseitig einstellen zu dürfen. Ob die von ihr eingenommenen Rechtspositionen zutreffend waren, war unklar. Diese rechtliche Unsicherheit wurde durch die Änderungsvereinbarung beseitigt.

68

(2) Die Klägerin wird durch die Bestimmungen in der Änderungsvereinbarung nicht unangemessen benachteiligt iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 BGB.

69

(a) Unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 BGB ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Dabei bedarf es einer umfassenden Würdigung der beiderseitigen Positionen unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Bei der Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Abzuwägen sind die Interessen des Verwenders gegenüber den Interessen der typischerweise beteiligten Vertragspartner. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell und unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt (st. Rspr., vgl. etwa BAG 21. April 2016 - 8 AZR 474/14 - Rn. 67; 10. Dezember 2013 - 3 AZR 796/11 - Rn. 41 mwN, BAGE 147, 1).

70

Nach § 307 Abs. 2 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist(§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) oder sie wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB).

71

Bei Verbraucherverträgen - zu denen auch vom Arbeitgeber vorformulierte Verträge mit Arbeitnehmern gehören (vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu V der Gründe, BAGE 115, 19) - sind bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB nach § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung dieser Umstände kann sowohl zur Unwirksamkeit einer nach generell-abstrakter Betrachtung wirksamen Klausel als auch zur Wirksamkeit einer nach typisierter Inhaltskontrolle unwirksamen Klausel führen (vgl. BAG 21. April 2016 - 8 AZR 474/14 - Rn. 69; 21. August 2012 - 3 AZR 698/10 - Rn. 27, BAGE 143, 30).

72

(b) Danach liegt keine unangemessene Benachteiligung der Klägerin vor.

73

(aa) Die Bestimmungen in der Änderungsvereinbarung sind mit dem gesetzlichen Leitbild des § 779 BGB nicht unvereinbar.

74

§ 779 BGB geht davon aus, dass ein im Hinblick auf ein Rechtsverhältnis bestehender Streit oder eine rechtliche Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt werden soll. Eine lediglich einseitige Umgestaltung eines Rechtsverhältnisses steht mit diesem Modell in Widerspruch, weil ihr kein gegenseitiges Nachgeben zugrunde liegt (vgl. auch BAG 21. April 2016 - 8 AZR 474/14 - Rn. 74; 15. März 2005 - 9 AZR 502/03 - zu II 2 c bb (3) der Gründe, BAGE 114, 97). Entscheidend ist, ob bei wertender Betrachtung unter Einbeziehung auch der den Vertragsschluss begleitenden Umstände eine unangemessen benachteiligende einseitige Festsetzung der Bedingungen vorliegt (vgl. BAG 21. April 2016 - 8 AZR 474/14 - Rn. 76).

75

Das ist vorliegend nicht der Fall. Die Landesbank befand sich in den Jahren 2008 und 2009 in einer ihre Existenz bedrohenden wirtschaftlichen Lage. Angesichts dieser Umstände war ihre Annahme, die Zusage einer Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen durch die Versorgungkasse hinsichtlich der zukünftigen Zuwächse widerrufen zu können, rechtlich nicht fernliegend. Auch die Frage, ob die Landesbank ihre bisherige Praxis, unter bestimmten Voraussetzungen Versorgungsrechte zu erteilen, einseitig einstellen durfte, war bei Abschluss der Änderungsvereinbarung höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt. Aufgrund ihrer erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten hatte die Landesbank zudem ein Interesse daran, ihr bislang geltendes beamtenähnliches Versorgungssystem insgesamt rechtssicher abzulösen. Vor diesem Hintergrund enthält die Änderungsvereinbarung - gemessen am Grundsatz gegenseitigen Nachgebens - keine unangemessen benachteiligende einseitige Festsetzung der Versorgungsbedingungen. Durch die Änderungsvereinbarung werden das bisherige beamtenähnliche Versorgungssystem und damit auch eine mögliche Verpflichtung der Landesbank auf Abschluss eines Versorgungsvertrags nicht ersatzlos aufgehoben. Vielmehr gewährt die Landesbank den betroffenen Arbeitnehmern auch für die Zukunft weiterhin Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach Maßgabe der VO 2010. Damit haben die Arbeitnehmer, die das Angebot angenommen haben, noch immer die Möglichkeit, für zukünftige Beschäftigungszeiten Versorgungsanwartschaften zu erwerben.

76

Der Einwand der Klägerin, sie habe im Fall der Ablehnung des Angebots der Landesbank eine Versorgungslücke für sich und ihre Familie befürchtet, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Es bestand nicht nur für die Arbeitnehmer, sondern auch für die Landesbank zum Zeitpunkt des Änderungsangebots eine unklare Rechtslage, die für beide Seiten mit wirtschaftlichen Risiken verbunden war. Die Landesbank hat auch nicht dadurch unangemessenen Druck auf die Arbeitnehmer ausgeübt, dass sie sich einer eindeutig nicht berechtigten Rechtsposition berühmt hat. Vor diesem Hintergrund diente daher der Abschluss der Änderungsvereinbarung der Planungssicherheit sowohl der Klägerin als auch der Landesbank. Durch die Annahme des Angebots hat die Klägerin es vorgezogen, Gewissheit über den Umfang ihrer Versorgungsansprüche zu erlangen.

77

(bb) Das im Schuldrecht verankerte und anerkannte Äquivalenzprinzip gebietet vorliegend kein anderes Ergebnis.

78

Das Äquivalenzprinzip, das zu den Rechtsgrundsätzen iSd. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB gehört, dient dazu, das ursprünglich von den Parteien festgelegte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung zu erhalten(vgl. etwa BAG 19. Februar 2014 - 5 AZR 920/12 - Rn. 22 mwN). Vereinbarungen, durch die der Arbeitnehmer durch einseitigen Verzicht oder Erlass ohne rechtfertigende sachliche Gründe und kompensatorische Gegenleistung bereits entstandene Ansprüche verliert, sind hiermit nicht in Einklang zu bringen (vgl. BAG 19. Februar 2014 - 5 AZR 920/12 - Rn. 22 ff.; 21. Juni 2011 - 9 AZR 203/10 - Rn. 44 mwN, BAGE 138, 136). Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn zwischen den Parteien Streit oder eine rechtliche Ungewissheit über das Rechtsverhältnis besteht. Eine derartige Unsicherheit kann - wie vorliegend - entsprechend dem Rechtsgedanken des § 779 BGB im Wege des gegenseitigen Nachgebens bereinigt werden.

79

(cc) Eine unangemessene Benachteiligung durch die Änderungsvereinbarung ergibt sich auch weder daraus, dass die betroffenen Arbeitnehmer nicht hinreichend deutlich darüber aufgeklärt wurden, wie sich eine Ablehnung des Angebots auf ihre Versorgung auswirkt, noch daraus, dass die Landesbank die Möglichkeit zur Annahme des Angebots zeitlich befristet hat.

80

Die Landesbank hat die betroffenen Arbeitnehmer in dem Begleitschreiben vom 5. Februar 2010 über die ihrer Ansicht nach eintretenden Folgen bei einer nicht innerhalb der Frist erfolgenden Annahme des Angebots ausreichend unterrichtet. Die den Arbeitnehmern eingeräumte Annahmefrist von über vier Wochen war hinreichend lang. Im Übrigen bestand noch nach Ablauf der Frist bis zum 31. Dezember 2014 die Möglichkeit, dem Wechsel in die VO 2010 zuzustimmen.

81

(dd) Entgegen der Annahme der Revision rechtfertigt der Umstand, dass die Klägerin aufgrund ihrer Elternzeit nicht von allen im Intranet der Landesbank veröffentlichten Informationen Kenntnis genommen hat oder nehmen konnte, kein anderes Ergebnis. Die Klägerin hatte aufgrund der ihr von der Landesbank übermittelten Informationen Kenntnis davon, dass die Landesbank die beamtenmäßige Versorgung ihrer Arbeitnehmer abschaffen wollte. Zudem hat die Landesbank ihr in den Schreiben vom 25. November 2009, vom 28. Januar 2010 und vom 5. Februar 2010 angeboten, sich bei einem weiter gehenden Informationsbedarf an die eigens hierfür von der Landesbank eingerichtete E-Mail-Adresse zu wenden. Die Inanspruchnahme dieser Informationsmöglichkeiten war für die Klägerin zumutbar. Damit liegt auch insoweit keine unangemessene Benachteiligung vor.

82

d) Die Änderungsvereinbarung verstößt nicht gegen § 3 BetrAVG. Die Vorschrift findet nur auf Vereinbarungen Anwendung, die im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses getroffen werden. Vereinbarungen im laufenden Arbeitsverhältnis - wie im Streitfall - werden nicht erfasst (vgl. BAG 19. Juli 2016 - 3 AZR 88/15 - Rn. 34 mwN).

83

e) Die Landesbank hat nicht gegen den aus § 242 BGB folgenden Grundsatz des Verbots widersprüchlichen Verhaltens („venire contra factum proprium“) verstoßen. Auch wenn sie die Rechtsposition eingenommen hat, sie dürfe die Erteilung von Versorgungsrechten einseitig einstellen, ist es nicht missbräuchlich, wenn sie zur Absicherung ihrer Rechtsauffassung eine Klärung im Wege einer vergleichsweisen Einigung herbeiführt. Die Rechtsordnung lässt widersprüchliches Verhalten grundsätzlich zu. Eine Partei darf ihre Rechtsansicht ändern (vgl. BAG 11. November 2014 - 3 AZR 849/11 - Rn. 64 mwN). Widersprüchliches Verhalten ist nur dann missbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand entstanden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (BAG 19. Juli 2016 - 3 AZR 134/15 - Rn. 57 mwN). Beides ist nicht der Fall.

84

2. Die Klägerin kann nicht wegen einer wesentlichen Änderung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 BGB wirksam von der Änderungsvereinbarung zurücktreten. Durch die Entscheidungen des Senats vom 15. Mai 2012 (ua. - 3 AZR 610/11 - BAGE 141, 222) ist die Geschäftsgrundlage für die Vereinbarung nicht nach § 313 Abs. 1 iVm. Abs. 2 BGB weggefallen. Deren Zweck bestand vielmehr darin, die bestehende rechtliche Unsicherheit über die Berechtigung der Landesbank, die Erteilung von Versorgungsrechten einseitig einzustellen, abschließend zu beseitigen.

85

3. Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Aufhebung der Änderungsvereinbarung unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 249 BGB zu. Entgegen der Ansicht der Revision hat die Landesbank keine Nebenpflichten iSd. § 241 Abs. 2 BGB verletzt.

86

a) Der Arbeitgeber ist aufgrund einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht verpflichtet, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitnehmers so zu wahren, wie dies unter Berücksichtigung der Interessen und Belange beider Vertragsparteien nach Treu und Glauben verlangt werden kann. Die Schutz- und Rücksichtnahmepflicht des Arbeitgebers gilt auch für die Vermögensinteressen der Arbeitnehmer. Daraus können sich Hinweis- und Informationspflichten des Arbeitgebers ergeben (vgl. BAG 21. Januar 2014 - 3 AZR 807/11 - Rn. 15 mwN, BAGE 147, 155).

87

Die arbeitsvertraglichen Nebenpflichten des Arbeitgebers beschränken sich zwar nicht darauf, den Arbeitnehmern keine falschen und unvollständigen Auskünfte zu erteilen. Der Arbeitgeber kann zur Vermeidung von Rechtsnachteilen auch gehalten sein, von sich aus geeignete Hinweise zu geben. Grundsätzlich hat allerdings jede Partei für die Wahrnehmung ihrer Interessen selbst zu sorgen und sich Klarheit über die Folgen ihres Handelns zu verschaffen. Hinweis- und Aufklärungspflichten beruhen auf den besonderen Umständen des Einzelfalls und sind das Ergebnis einer umfassenden Interessenabwägung. Die erkennbaren Informationsbedürfnisse des Arbeitnehmers einerseits und die Beratungsmöglichkeiten des Arbeitgebers andererseits sind stets zu beachten. Wie groß das Informationsbedürfnis des Arbeitnehmers ist, hängt insbesondere von der Schwierigkeit der Rechtsmaterie sowie dem Ausmaß der drohenden Nachteile und deren Vorhersehbarkeit ab (vgl. BAG 21. Januar 2014 - 3 AZR 807/11 - Rn. 16 mwN, BAGE 147, 155).

88

b) Nach diesen Grundsätzen liegt kein pflichtwidriges Verhalten der Landesbank vor.

89

aa) Entgegen der Ansicht der Revision musste die Landesbank die Klägerin nicht über das rechtliche Risiko bei der einseitigen Einstellung der beamtenähnlichen Versorgung oder eine mögliche Erforderlichkeit der individuellen Zustimmung hierfür unterrichten. Die Frage der Zulässigkeit des Vorgehens der Landesbank war Gegenstand zahlreicher gerichtlicher Verfahren. Im Hinblick auf diese laufenden Verfahren bestand für die Landesbank keine Obliegenheit, auf eine mögliche Fehlerhaftigkeit ihrer sowohl in als auch außerhalb der Verfahren vertretenen Rechtsauffassung hinzuweisen.

90

Zudem war für die Landesbank nicht erkennbar, dass bei der Klägerin insoweit ein Informationsbedürfnis bestand. Angesichts der jahrzehntelangen Handhabung der Landesbank, nach einer gewissen Beschäftigungszeit und bei Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen, mit den Arbeitnehmern Versorgungsverträge abzuschließen, musste sich die Frage, ob die Landesbank berechtigt war, diese Praxis einseitig einzustellen, für die Klägerin aufdrängen. Entsprechend hatten auch zahlreiche Arbeitnehmer Klagen gegen die Landesbank auf Erteilung eines Versorgungsrechts erhoben. Die Landesbank hatte der Klägerin darüber hinaus mit Schreiben vom 25. November 2009 Informationen zur Ablösung des beamtenähnlichen Versorgungssystems übersandt und sie mit Schreiben vom 18. Januar 2010 zur Informationsveranstaltung eingeladen, auf der - ausweislich des Inhalts des Schreibens - weitere Fragen beantwortet werden konnten. Zudem hat sie sowohl im Schreiben vom 25. November 2009 als auch in den weiteren Schreiben vom 18. Januar 2010 und vom 5. Februar 2010 darauf hingewiesen, dass die Klägerin die Möglichkeit habe, sich bei Fragen an die eigens hierfür von der Landesbank eingerichtete E-Mail-Adresse zu wenden. Angesichts dessen durfte die Landesbank davon ausgehen, dass die Klägerin sich bei einem durch ihre vorübergehende Nichtbeschäftigung im Betrieb bedingten weiteren Informationsbedürfnis an sie wenden würde.

91

bb) Die Landesbank war auch nicht gehalten, die Klägerin noch weiter über den Inhalt und die Bedeutung der beamtenähnlichen Versorgung sowie über die Unterschiede zwischen dem System nach der VO 2010 und der alten beamtenähnlichen Versorgung zu unterrichten. Für die Landesbank bestand keine Veranlassung anzunehmen, dass die Klägerin insoweit noch ein individuelles Informationsbedürfnis hatte. Der Inhalt des „neuen“ Systems nach der VO 2010 war der Klägerin mit der DV 2009 übersandt worden. Die Landesbank durfte sich darauf verlassen, dass die Klägerin diesen zur Kenntnis nehmen würde. Selbst wenn man zugunsten der Klägerin annähme, dass ihr nicht alle mit dem Abschluss eines Versorgungsvertrags verbundenen Vorteile bekannt gewesen sind, musste die Landesbank nicht mit einem weiter gehenden Unterrichtungsbedarf bei der Klägerin rechnen. Der Inhalt der beamtenähnlichen Versorgung ergab sich aus dem Mitarbeiterhandbuch. Angesichts der in den drei Schreiben enthaltenen Hinweise, dass die Klägerin sich bei Fragen an die Landesbank wenden könne, durfte diese darauf vertrauen, dass sich die Klägerin bei einem weiter gehenden Informationsbedürfnis zu den Inhalten des Versorgungsrechts bei ihr melden würde.

92

cc) Die Landesbank musste die Klägerin nicht darauf hinweisen, dass es sich bei der Vereinbarung der Parteien um eine Art „Klageverzichtsvertrag oder Vergleich“ handelte. Vor dem Hintergrund der bei der Landesbank bestehenden Situation war angesichts des Inhalts der Anlage 3a für die Klägerin erkennbar, dass der darin angebotenen Vereinbarung eine entsprechende Wirkung zukam.

93

dd) Anders als von der Revision angenommen, hat die Landesbank der Klägerin keine Falschauskünfte erteilt noch sie „ins Blaue hinein getäuscht“. Soweit sich die Landesbank trotz der damit verbundenen rechtlichen Risiken für berechtigt gehalten hat, den Abschluss von Versorgungsverträgen für die Zukunft einseitig und damit ohne Einverständnis der Arbeitnehmer einzustellen, hat sie erkennbar lediglich eine - wenn auch letztlich unzutreffende - Rechtsmeinung vertreten, nicht jedoch die Arbeitnehmer über eine bestimmte - objektive - Rechtslage unterrichten wollen. Die Landesbank hat diese Rechtsauffassung auch nicht wider besseres Wissen kundgetan. Zwar gab es bei ihr interne Stellungnahmen, die gegen die Rechtsansicht der Landesbank sprachen. Die Landesbank hat jedoch ein externes Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, welches im Mai 2009 zu dem Ergebnis kam, die Landesbank könne ihre bisherige Praxis zur Erteilung von Versorgungsrechten beenden. Die Landesbank war berechtigt, sich diese Rechtsansicht des externen Gutachters zu eigen zu machen. Die zahlreichen hiergegen eingeleiteten Gerichtsverfahren zeigen, dass eine Reihe von Arbeitnehmern diese Auffassung der Landesbank nicht teilten. Auch die Klägerin hätte daher in Erwägung ziehen können, dass die Ansicht der Landesbank unzutreffend sein konnte.

94

B. Der Klageantrag zu 2. ist ebenfalls erfolglos. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, der Klägerin für die Monate September 2014 bis einschließlich Juni 2015 eine weitere Nettovergütung iHv. 4.213,77 Euro zu zahlen. Es kann dahinstehen, ob bei einem rückwirkenden Abschluss des Versorgungsvertrags die Sozialversicherungspflicht der Klägerin in dem vor dem Vertragsabschluss liegenden Zeitraum nachträglich entfallen würde. Denn die Beklagte ist nicht verpflichtet, das Angebot der Klägerin auf rückwirkenden Abschluss des Versorgungsvertrags anzunehmen.

95

C. Die von der Klägerin gerügten Verfahrensmängel hat der Senat geprüft und als nicht durchgreifend erachtet (§ 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 564 Satz 1 ZPO).

96

D. Einer Vorlage an den EuGH nach Art. 267 AEUV bedarf es nicht(dazu ausf. BAG 15. November 2016 - 3 AZR 582/15 - Rn. 104).

97

E. Die Hilfswiderklage der Beklagten ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen.

98

F. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Spinner    

        

    Ahrendt    

        

    Wemheuer    

        

        

        

    Wischnath     

        

    Brunke    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 25. September 2013 - 2 Sa 253/12 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Wesentlichen darüber, ob die Vergütung des Klägers durch griechische Gesetze gekürzt worden ist.

2

Die beklagte Republik Griechenland betreibt in N eine nach bayerischem Schulrecht als Ersatzschule genehmigte private Grund- und Teilhauptschule. An dieser ist der Kläger als Lehrer beschäftigt. Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist zuletzt der Formulararbeitsvertrag vom 29. September 1998, in dem es auszugsweise heißt:

        

㤠1

        

…       

        

Das Arbeitsverhältnis lehnt sich an den Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23.02.1961 und an die diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträge und Sonderregelungen an.

        

…       

        

§ 4

        

Tätigkeit:

Unterrichtserteilung im Rahmen der Lehrbefähigung in deutscher/griechischer Sprache nach Maßgabe der hierfür bestehenden Gesetze, Verordnungen, Dienstvorschriften und Lehrpläne.

        

Die volle Vergütung steht der Lehrkraft bei Erteilung von 28 Wochenstunden im Grundschulbereich und 27 Wochenstunden im Hauptschulbereich zu. VergGr. nach BAT: IVb.

        

Hinsichtlich des Anspruchs auf Zahlung einer Weihnachtsgratifikation gelten die entsprechenden Bestimmungen des BAT in der jeweils gültigen Form, sei es dem Grunde wie der Höhe nach.“

3

Am 9. April 2008 schlossen die Parteien eine „Nachtragsvereinbarung“, die lautet:

        

„Die Parteien hatten im Arbeitsvertrag vom 02.06.1997 vereinbart, dass sich ihr Arbeitsverhältnis an den Bundes-Angestelltentarif (BAT) anlehnen soll.

        

Angesichts der Novellierung des Tarifrechts für den öffentlichen Dienst vereinbaren die Parteien hiermit deklaratorisch, dass sich ihr Arbeitsverhältnis ab dem 01.11.2006 an den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) anlehnen soll.“

4

Die monatliche Vergütung des Klägers betrug ab März 2010 3.861,94 Euro brutto. Abrechnungen des gezahlten Arbeitsentgelts nach § 108 GewO erteilte ihm die Beklagte nicht.

5

Die Republik Griechenland erließ aufgrund der mit der Europäischen Union (EU), der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfond (IWF) getroffenen Vereinbarungen ua. das Gesetz Nr. 3833/2010 über dringende Maßnahmen zur Bewältigung der Krise der Staatsfinanzen, das in den hier wiedergegebenen Teilen zum 1. Januar 2010 in Kraft gesetzt wurde (Regierungsblatt der Republik Griechenland Teil I Blatt Nr. 40 vom 15. März 2010). Nach der dem Berufungsgericht vorgelegten Übersetzung des Normtextes enthält es ua. folgende Regelungen:

        

„Artikel 1

        

Kürzung der Bezüge im weiteren öffentlichen Sektor

        

…       

        

§ 2

        

Die Zulagen jeder Art, die Entschädigungen und Entgelte im allgemeinen, sowie alles mit jeder anderen Bezeichnung Bestimmte und alles in welcher auch immer allgemeinen oder besonderen Bestimmung Vorgesehene für die Amtsträger und Angestellten der öffentlichen Hand, der juristischen Personen des öffentlichen Rechts und der kommunalen Gebietskörperschaften, der ständigen Mitglieder der Streitkräfte und der griechischen Polizei sowie auch der Feuerwehr und der Hafenpolizei werden um einen Anteil von zwölf vom Hundert (12%) gekürzt.

        

Die Zulagen der Paragraphen A3 der Art. 30 und 33 des Gesetzes 3205/2003 (Regierungsblatt 297 Teil A) in der geltenden Fassung, werden um einen Anteil von zwanzig vom Hundert (20%) gekürzt und die Zulagen für Weihnachten, Ostern und Urlaub werden um einen Anteil von dreißig vom Hundert (30%) gekürzt.

        

Die Bestimmungen des vorliegenden Paragraphen werden auch auf das Personal angewendet, welches sich in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis mit der öffentlichen Hand, den juristischen Personen des öffentlichen Rechts und der kommunalen Gebietskörperschaften, den Streitkräften, der griechischen Polizei, der Feuerwehr und der Hafenpolizei befindet und haben Vorrang vor jeder allgemeinen oder besonderen Bestimmung oder Klausel oder Bedingung eines Tarifvertrags, eines Schiedsspruchs oder eines Arbeitsvertrags oder einer (sonstigen) Vereinbarung.

        

…       

        

§ 4

        

Bei dem Personal mit einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis des § 2, auf welches die Bestimmungen des Gesetzes 3205/2003 nicht anzuwenden sind, sind von der in § 2 vorgesehenen Kürzung die Zulagen ausgenommen, die mit dem Familienstand oder der dienstlichen Laufbahn zusammenhängen, sowie auch die an die Gesundheitsschädlichkeit oder Gefährlichkeit der Arbeit oder mit postgradualen Studienabschlüssen verbundenen. Wenn an das vorgenannte Personal keine Zulagen, Entschädigungen oder Entgelte im Sinn des ersten Absatzes des § 2 des vorliegenden (Artikels) geleistet werden, sind die Bezüge jeder Art um sieben vom Hundert (7%) zu kürzen.“

6

Darüber hinaus erließ die Republik Griechenland das Gesetz Nr. 3845/2010 über Maßnahmen für die Anwendung des Stützungsmechanismus für die griechische Wirtschaft von Seiten der Mitgliedsländer der Eurozone und des Internationalen Währungsfonds, das in den hier wiedergegebenen Teilen zum 1. Juni 2010 in Kraft gesetzt wurde (Regierungsblatt der Republik Griechenland Teil I Blatt Nr. 65 vom 6. Mai 2010). Nach der dem Berufungsgericht vorgelegten Übersetzung des Normtextes heißt es in diesem ua.:

        

„Dritter Artikel

        

Maßnahmen für die Kürzung der öffentlichen Ausgaben

        

…       

        

§ 3

        

Bei dem Personal mit einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis des § 2 des Artikels 1 des Gesetzes 3833/2010, auf welches die Bestimmungen des Gesetzes 3205/2003 nicht anzuwenden sind, sind von der in § 1 vorgesehenen Kürzung die Zulagen ausgenommen, die mit dem Familienstand oder der dienstlichen Laufbahn zusammenhängen, sowie auch die an die Gesundheitsschädlichkeit oder Gefährlichkeit der Arbeit oder mit postgradualen Studienabschlüssen verbundenen. Wenn an das vorgenannte Personal keine Zulagen, Entschädigungen oder Entgelte im Sinn des § 1 geleistet werden, sind die Bezüge jeder Art um drei vom Hundert (3%) zu kürzen. Die ordentlichen Bezüge, die Zulagen, Entschädigungen und Entgelte im allgemeinen, sowie alles mit jeder anderen Bezeichnung Bestimmte und alles in welcher auch immer allgemeinen oder besonderen Bestimmung oder Klausel oder Bedingungen eines Tarifvertrags, eines Schiedsspruchs oder eines Arbeitsvertrags oder einer (sonstigen) Vereinbarung vorgesehene für ausnahmslos alle Arbeitstätigen bei Rechtsträgern des ersten Absatzes des § 5 des Art. 1 des Gesetzes 3833/2010 in der geltenden Fassung, werden um einen Anteil von drei vom Hundert (3%) gekürzt.

        

Von der Kürzung des vorausgegangenen Absatzes sind ausgenommen die Zulagen, die mit dem Familienstand oder der dienstlichen Laufbahn zusammenhängen, sowie auch die an die Gesundheitsschädlichkeit oder Gefährlichkeit der Arbeit oder mit postgradualen Studienabschlüssen verbundenen.“

7

Die Beklagte kürzte unter Berufung auf die vorgenannten Gesetze für die Zeit ab August 2010 die Vergütung des Klägers einschließlich der Jahressonderzuwendungen.

8

Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung hat der Kläger mit der am 31. Dezember 2010 eingereichten und mehrfach - zuletzt in der Berufungsinstanz - erweiterten Klage für den Zeitraum August 2010 bis Dezember 2012 die Differenz zwischen der arbeitsvertraglich vereinbarten und der tatsächlich gezahlten Vergütung verlangt. Er hat gemeint, die griechischen Gesetze könnten den Inhalt seines in Deutschland zu erfüllenden, deutschem Recht unterliegenden Arbeitsverhältnisses nicht ändern. Die Beklagte habe ihm für die geleisteten Zahlungen Abrechnungen nach § 108 GewO zu erteilen.

9

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 20.232,32 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter Staffelung zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihm für den Zeitraum Mai 2010 bis Dezember 2012 für jeden einzelnen Monat jeweils eine Abrechnung des Entgelts in Textform zu erteilen, die Angaben über den Abrechnungszeitraum und die Zusammensetzung des Arbeitsentgelts, insbesondere über Art und Höhe von Zuschlägen, Zulagen, sonstigen Vergütungen, Art und Höhe von Abzügen, Abschlagszahlungen und Vorschüssen enthält;

        

3.    

die Beklagte für den Fall, dass sie die Verpflichtung nach Ziff. 2 nicht innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung erfüllt, zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 50,00 Euro je nicht erteilter Abrechnung zu verurteilen.

10

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Die Klage sei unzulässig, weil sie wegen ihrer Staatenimmunität nicht vor deutschen Gerichten verklagt werden könne. Die Gesetze Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 wirkten unmittelbar auf das Arbeitsverhältnis des Klägers ein und führten ohne jeden weiteren Umsetzungsakt zu einer Verminderung seiner Vergütung. Zudem finde der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) auf das Arbeitsverhältnis sowie § 108 GewO auf ausländische Staaten keine Anwendung.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr - soweit sie in die Revisionsinstanz gelangt ist - stattgegeben. Der Kläger hat nach Verkündung des Berufungsurteils mit Einwilligung der Beklagten die Klage in Höhe eines Teilbetrags von 560,30 Euro brutto nebst Zinsen zurückgenommen. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Senat hat mit Beschluss vom 25. Februar 2015 (- 5 AZR 962/13 (A) - BAGE 151, 75) dem Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV Fragen zur Anwendung der Rom I-VO und dem in Art. 4 Abs. 3 EUV verankerten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit vorgelegt, die dieser mit Urteil vom 18. Oktober 2016 (- C-135/15 -) wie dort ersichtlich beantwortet hat.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist unbegründet. Die Klage ist zulässig und in dem in die Revisionsinstanz gelangten Umfang begründet. Das hat das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt.

13

I. Im Umfang der mit Einwilligung der Beklagten (§ 269 Abs. 1 ZPO) erfolgten Teilklagerücknahme ist das Berufungsurteil wirkungslos geworden, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf, § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO.

14

II. Die Klage ist zulässig.

15

1. Die beklagte Republik Griechenland genießt in Bezug auf das Arbeitsverhältnis des Klägers keine Staatenimmunität.

16

a) Nach § 20 Abs. 2 GVG iVm. dem als Bundesrecht geltenden Allgemeinen Völkergewohnheitsrecht (Art. 25 GG) sind Staaten der Gerichtsbarkeit anderer Staaten insoweit nicht unterworfen, als ihre hoheitliche Tätigkeit von einem Rechtsstreit betroffen ist. Es ist mit dem Prinzip der souveränen Gleichheit von Staaten (sovereign equality of states) und dem daraus abgeleiteten Rechtsprinzip, dass Staaten nicht übereinander zu Gericht sitzen, nicht zu vereinbaren, wenn ein deutsches Gericht hoheitliches Handeln eines anderen Staates rechtlich überprüfen würde. Die insoweit für den Senat maßgebliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterscheidet allerdings zwischen der völkerrechtlich allgemein anerkannten Immunität von Hoheitsakten ausländischer Staaten und nicht-hoheitlichen Akten ausländischer Staaten. Danach unterfallen Hoheitsakte ausländischer Staaten (sog. acta iure imperii) grundsätzlich immer der Staatenimmunität. Dagegen ist es keine allgemeine Regel des Völkerrechts mehr, dass ein Staat Immunität auch für nicht-hoheitliches Handeln genießt. Allerdings ist dem allgemeinen Völkerrecht - so das Bundesfassungsgericht - eine Kategorisierung staatlicher Tätigkeiten als hoheitlich oder nicht-hoheitlich fremd, weshalb diese Abgrenzung grundsätzlich nach nationalem Recht zu erfolgen hat (BVerfG 17. März 2014 - 2 BvR 736/13 - Rn. 19 ff.).

17

b) Geht es - wie hier - um eine Streitigkeit aus einem privatrechtlich begründeten Arbeitsverhältnis, kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich darauf an, ob die dem Arbeitnehmer übertragenen Aufgaben ihrer Natur nach hoheitlich oder nicht-hoheitlich sind; entscheidend ist der Inhalt der ausgeübten Tätigkeit (BAG 18. Dezember 2014 - 2 AZR 1004/13 - Rn. 18 mwN; 10. April 2013 - 5 AZR 78/12 - Rn. 16 mwN). Diese Sichtweise steht im Einklang mit Art. 11 des noch nicht in Kraft getretenen UN-Übereinkommens zur Staatenimmunität vom 2. Dezember 2004, der nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aber als Völkergewohnheitsrecht auch für einen Staat gilt, der die Konvention nicht ratifiziert hat, es sei denn, er hätte dem widersprochen (EGMR 29. Juni 2011 - 34869/05 - Rn. 54; vgl. auch BAG 18. Dezember 2014 - 2 AZR 1004/13 - Rn. 18).

18

c) Nach diesen Grundsätzen ist die beklagte Republik Griechenland im Streitfall nicht wegen ihrer Staatenimmunität von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit. Nach den von der Beklagten nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und den Senat daher nach § 559 Abs. 2 ZPO bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nimmt der Kläger als Lehrkraft an der griechischen Schule in N nach dem für die Beurteilung seiner Tätigkeit maßgeblichen deutschen Recht keine hoheitlichen Aufgaben wahr. Vielmehr handelt die Beklagte wie eine inländische Privatperson. Dies entspricht zudem der Rechtsprechung der Senate des Bundesarbeitsgerichts zum Inhalt der Arbeitsverhältnisse der von der Beklagten in Deutschland im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses an ihren Inlandsschulen beschäftigten Lehrkräften (etwa BAG 10. April 2013 - 5 AZR 78/12 - Rn. 17 ff.; 25. April 2013 - 2 AZR 960/11 - Rn. 16 ff.). Hiervon ist - zumindest in der Vergangenheit - auch die Beklagte ausgegangen, die sich gegenüber den erhobenen arbeitsrechtlichen Ansprüchen nicht auf eine Staatenimmunität berufen hat.

19

d) Der vorstehenden Auffassung steht auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. März 2014 nicht entgegen. Gegenstand des dieser zugrunde liegenden Rechtsstreits war - jedenfalls aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts - die Besteuerung des dortigen Klägers mit der griechischen Quellensteuer durch den griechischen Staat, nicht die unterbliebene vollständige Auszahlung eines im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber geschuldeten (Brutto-)Gehalts (BVerfG 17. März 2014 - 2 BvR 736/13 - Rn. 22).

20

aa) Um einen solchen actus iure imperii geht es nach den Wertungen der insoweit maßgeblichen deutschen Rechtsordnung indes im Streitfall nicht. Die griechischen Gesetze Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 erheben keine Steuer, sondern kürzen das Entgelt der im öffentlichen Dienst der Republik Griechenland Beschäftigten um bestimmte Prozentsätze, wobei den Kürzungsbestimmungen Vorrang vor jeder individual- oder kollektivrechtlichen Vereinbarung verliehen wird. Dementsprechend wehrt sich der Kläger nicht gegen eine Besteuerung (zur Prägung des zivilrechtlichen Entgeltanspruchs durch das Steuerrecht vgl. BAG 21. Dezember 2016 - 5 AZR 273/16 - Rn. 12 ff.), sondern ausschließlich gegen die Kürzung des arbeitsvertraglich vereinbarten und von der Beklagten als Arbeitgeberin geschuldeten Bruttoentgelts. Für solche Streitigkeiten um die Gegenleistung aus einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis geht offenbar auch das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass es keine allgemeine Regel des Völkerrechts gebe, wonach ein Staat Immunität für nicht-hoheitliches Handeln genießt (BVerfG 17. März 2014 - 2 BvR 736/13 - Rn. 22).

21

bb) Entgegen der Auffassung der Revision ist die Kürzung der Vergütung des Klägers nicht deshalb als der Staatenimmunität unterfallender actus iure imperii zu qualifizieren, weil diese unmittelbar durch Hoheitsakt erfolgt sein soll. Der Gegenstand des Rechtsstreits berührt nicht die Souveränität der Republik Griechenland oder ihrer Gesetzgebung und damit den allgemein anerkannten Bereich hoheitlicher Tätigkeit (BVerfG 17. März 2014 - 2 BvR 736/13 - Rn. 21). Streitgegenständlich sind allein Ansprüche aus einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis. Vielmehr hat der Senat lediglich zu beurteilen, ob die von der Republik Griechenland erlassenen Gesetze Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 unmittelbar den Inhalt eines auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland begründeten und durchgeführten privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses ausgestalten können. Wäre dies anders zu beurteilen, könnte ein anderer Staat im Bereich seiner nicht-hoheitlichen Tätigkeit allein durch seine legislativen Akte und ungeachtet des inländischen Rechts den Inhalt der von ihm in der Bundesrepublik Deutschland eingegangenen Verpflichtungen ausgestalten.

22

e) Eine Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes nach § 2 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes ist nicht veranlasst. Der Senat weicht nicht von der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25. Juni 2014 (- VII ZB 23/13 -) ab. Dessen Qualifikation der griechischen Schule in N als kulturelle Einrichtung, die hoheitlichen Tätigkeiten dient, besagt nichts über die Einordnung des Vertragsverhältnisses der Parteien und der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit. Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof seinerseits angenommen, eine Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liege nicht vor (BGH 25. Juni 2014 - VII ZB 23/13 - Rn. 17).

23

2. Andere Zulässigkeitshindernisse bestehen - auch nach dem Vorbringen der Beklagten - nicht. Insbesondere sind die deutschen Gerichte für die Klage international zuständig nach Art. 18, Art. 19 Nr. 2 Buchst. a Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO, nunmehr - inhaltsgleich - Art. 20, Art. 21 Abs. 1 Buchst. b i) der durch die Verordnung Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 neu gefassten EuGVVO; nach deren Art. 66 Abs. 2 gilt die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 für vor dem 10. Januar 2015 eingeleitete gerichtliche Verfahren weiter). Gewöhnlicher Arbeitsort des Klägers ist N. Der für die Anwendung der EuGVVO erforderliche Auslandsbezug (dazu EuGH 17. November 2011 - C-327/10 - [Lindner] Rn. 29, Slg. 2011, I-11543; BAG 13. Dezember 2012 - 6 AZR 752/11 - Rn. 21) ergibt sich daraus, dass die Beklagte ein ausländischer Staat ohne „Sitz“ im Inland ist (BAG 10. April 2013 - 5 AZR 78/12 - Rn. 21).

24

III. Die Klage ist begründet.

25

Die griechischen Gesetze Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 haben die arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung des Klägers nicht gekürzt. Dementsprechend steht ihm für den Streitzeitraum die Differenz zwischen der vereinbarten und der von der Beklagten tatsächlich gezahlten Vergütung zu. Außerdem hat er Anspruch auf Gehaltsabrechnungen.

26

1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet deutsches Recht Anwendung. Das steht zwischen den Parteien außer Streit, davon ist der Senat schon im Vorlagebeschluss vom 25. Februar 2015 (- 5 AZR 962/13 (A) - Rn. 2, BAGE 151, 75) ausgegangen (vgl. auch - zu einem Parallelverfahren - BAG 10. April 2013 - 5 AZR 78/12 - Rn. 24). Eine ausdrückliche Abrede über die Rechtswahl haben die Parteien nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht getroffen. Mit der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf einen deutschen Tarifvertrag haben sie konkludent die Anwendung deutschen Rechts vereinbart (BAG 25. April 2013 - 2 AZR 960/11 - Rn. 26). Die auf diese Weise getroffene Rechtswahl entspricht im Ergebnis sowohl der Regelung des Art. 30 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB aF als auch der des Art. 8 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I). Nach beiden Bestimmungen unterliegen Arbeitsverträge bei Fehlen einer Rechtswahl dem Recht des Staates, in dem der Arbeitnehmer in Erfüllung des Vertrags gewöhnlich seine Arbeit verrichtet (zum „gewöhnlichen Arbeitsort“ vgl.: EuGH 15. März 2011 - C-29/10 - [Koelzsch] Rn. 43 ff., Slg. 2011, I-1595; BAG 19. März 2014 - 5 AZR 252/12 (B) - Rn. 25, BAGE 147, 342). Arbeitsort des Klägers ist ausschließlich die Schule der Beklagten in N.

27

2. Der Kläger hat nach § 611 Abs. 1 BGB Anspruch auf die vereinbarte Vergütung. Diese ist durch die griechischen Gesetze Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 nicht gekürzt worden.

28

a) Das deutsche Recht lässt - für sich betrachtet - eine einseitige Änderung arbeitsvertraglich vereinbarter Arbeitsbedingungen ohne Änderungsvertrag oder Änderungskündigung nicht zu (BAG 25. Februar 2015 - 5 AZR 962/13 (A) - Rn. 10, BAGE 151, 75). Es gilt der Grundsatz pacta sunt servanda. Auch in einer finanziellen Notlage kann der Arbeitgeber die vereinbarte Vergütung nicht einseitig kürzen.

29

b) Selbst wenn die Republik Griechenland den Staatsnotstand wegen Zahlungsunfähigkeit erklärt hätte, gibt es keine nach Art. 25 GG als Bundesrecht zu berücksichtigende Regel des Völkerrechts, die sie berechtigte, die Erfüllung fälliger Zahlungsansprüche in Privatrechtsverhältnissen gegenüber privaten Gläubigern (zeitweise) zu verweigern(vgl. BVerfG 8. Mai 2007 - 2 BvM 1/03 ua. - Rn. 29 ff., BVerfGE 118, 124; BGH 24. Februar 2015 - XI ZR 47/14 - Rn. 17).

30

c) Die griechischen Gesetze Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 haben entgegen der Auffassung der Revision das Entgelt des Klägers nicht unmittelbar gekürzt. Denn sie gelten auf dem Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland nicht, ihre zwingende Wirkung ist grundsätzlich auf das Staatsgebiet der Republik Griechenland beschränkt. Dass ihre Schule in N sich auf griechischem Territorium befände, hat die Beklagte indes nicht behauptet.

31

d) Weil die genannten Gesetze weder der Rechtsordnung, die das Vertragsstatut stellt, noch der lex fori angehören, können sie nur als sog. drittstaatliche Eingriffsnormen Beachtung beanspruchen.

32

aa) Die Anwendung drittstaatlicher Eingriffsnormen bemisst sich im Streitfall nicht nach Art. 9 Rom I-VO, sondern nach Art. 27 ff. EGBGB aF. Denn die Rom I-VO findet nach ihrem Art. 28 erst auf Verträge Anwendung, die ab dem 17. Dezember 2009 geschlossen worden sind oder nach diesem Zeitpunkt im gegenseitigen Einvernehmen der Vertragsparteien in einem solchen Umfang geändert wurden, dass davon auszugehen ist, dass ab diesem Zeitpunkt ein neuer Arbeitsvertrag geschlossen wurde (EuGH 18. Oktober 2016 - C-135/15 - Rn. 31 ff.). Eine solche wesentliche Vertragsänderung haben die Parteien nach dem maßgeblichen Zeitpunkt nicht vereinbart.

33

bb) Art. 34 EGBGB aF schloss nach Rechtsprechung und Lehre die Anwendung ausländischer Eingriffsnormen nicht gänzlich aus, sie konnten zumindest als tatsächliche Umstände im Rahmen ausfüllungsbedürftiger Rechtsnormen berücksichtigt werden(BAG 25. Februar 2015 - 5 AZR 962/13 (A) - Rn. 5 mwN; BGH 24. Februar 2015 - XI ZR 47/14 - Rn. 52 ff. mwN; vgl. auch die Rechtsprechungsübersicht bei Siehr RdA 2014, 206, 209 ff.; zur Rechtslage nach Art. 9 Rom I-VO sh. EuGH 18. Oktober 2016 - C-135/15 - Rn. 50; insoweit kritisch Maultzsch EuZA 2017, 241).

34

cc) Als „Einfallstor“ für die griechischen Gesetze Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 kommt im Streitfall allenfalls § 241 Abs. 2 BGB in Betracht. Danach ist jeder Teil eines Schuldverhältnisses zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichtet. Deshalb kann eine Pflicht zu leistungssichernden Maßnahmen - bis hin zur Vertragsanpassung - bestehen, insbesondere, wenn anderenfalls in Dauerschuldverhältnissen Unvermögen des Schuldners droht (BAG 28. September 2016 - 5 AZR 224/16 - Rn. 28 mwN; 24. September 2015 - 2 AZR 3/14 - Rn. 29, BAGE 152, 337). Dabei ist aber keine Vertragspartei verpflichtet, gleich- oder höherrangige Interessen hinter die des anderen Teils zurückzustellen (BGH 24. Februar 2015 - XI ZR 47/14 - Rn. 45).

35

dd) Die Berücksichtigung der Umstände, dass die Griechische Republik zur Vermeidung eines Staatsbankrotts massiv auf Hilfsgelder von außen angewiesen war (und noch immer ist) und sie auf Druck der sog. Troika mit den Gesetzen Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 die Entgelte im griechischen öffentlichen Dienst gekürzt hat, führt nicht dazu, dass der Kläger in seinem deutschen Arbeitsrecht unterliegenden Arbeitsverhältnis nach § 241 Abs. 2 BGB einseitige Gehaltskürzungen ohne entsprechende Änderungskündigung hinnehmen müsste.

36

(1) Ob die Rücksichtnahmepflicht so weit gehen kann, dass der Arbeitnehmer gleichsam einen Sanierungsbeitrag für den in der Fortexistenz bedrohten Arbeitgeber leisten muss (zu einem „Bonus Null“ in der Bankenkrise als billigem Ermessen entsprechend vgl. BAG 29. August 2012 - 10 AZR 385/11 - Rn. 44 ff.), braucht der Senat nicht abschließend zu entscheiden. Jedenfalls kennt das deutsche Arbeitsrecht keine Verpflichtung des Arbeitnehmers, aus Rücksicht auf die finanzielle Lage des Arbeitgebers dauerhafte Gehaltskürzungen ohne eine wirksame Vertragsänderung hinzunehmen. Vielmehr stellt es dem Arbeitgeber mit der betriebsbedingten Änderungskündigung ein Mittel zur einseitigen Vertragsänderung zur Verfügung. Zudem dürfte in einer solchen Situation aufgrund der auch den Arbeitgeber treffenden Rücksichtnahmepflicht allenfalls eine in ihrer Höhe dem Arbeitnehmer zumutbare Stundung bis zur Überwindung der Krise, nicht jedoch ein dauerhafter „Gehaltsverzicht“, in Betracht kommen.

37

(2) Gemessen daran kann der Kläger nicht über § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet werden, die streitgegenständliche Kürzung seines Entgelts hinzunehmen. Der Beklagten steht die - gegebenenfalls außerordentliche - Änderungskündigung als Mittel zur einseitigen Änderung des Inhalts des Arbeitsverhältnisses zur Verfügung. Dieses nimmt mit dem Erfordernis des wichtigen Grundes (§ 626 BGB) bzw. der sozialen Rechtfertigung (§ 2 KSchG) zugleich auf die berechtigten Belange des betroffenen Arbeitnehmers Rücksicht (vgl. zur Änderungskündigung zum Zwecke der Gehaltsreduzierung etwa: BAG 23. Juni 2005 - 2 AZR 642/04 - BAGE 115, 149; 26. Juni 2008 - 2 AZR 139/07 -).

38

ee) Der in Art. 4 Abs. 3 EUV niedergelegte Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Dieser Grundsatz gestattet es dem Senat nicht, entgegen Art. 34 EGBGB aF aus interlokaler Sicht „ausländische“, nicht der lex fori angehörende Eingriffsnormen anzuwenden und anders denn als tatsächliche Umstände zu berücksichtigen(zu Art. 9 Abs. 3 Rom I-VO: EuGH 18. Oktober 2016 - C-135/15 - Rn. 54; Duden EuZW 2016, 943).

39

e) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass sich das Arbeitsverhältnis der Parteien nach dem TV-L in seiner jeweiligen Fassung bestimmt.

40

aa) Die Parteien haben arbeitsvertraglich die Geltung des BAT und die diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträge vereinbart und den Kläger in VergGr. IVb eingereiht. Damit haben sie eine dynamische Vergütung auf die Vorschriften des BAT vereinbart (vgl. BAG 17. November 2011 - 5 AZR 409/10 - Rn. 13), die nach der Tarifsukzession im öffentlichen Dienst im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung die den BAT ersetzenden Tarifverträge erfasst (im Einzelnen BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 -, seither st. Rspr.).

41

bb) Dem steht nicht entgegen, dass sich das Arbeitsverhältnis nach § 1 Arbeitsvertrag an den BAT „anlehnen“ soll. Dies stellt keine Einschränkung dar, sondern ist dahin zu verstehen, dass die Beklagte als nicht tarifgebundene Arbeitgeberin auf ein intern von ihr praktiziertes System verweist, welches sich in seiner Struktur an den genannten Tarifverträgen ausrichtet (BAG 17. November 2011 - 5 AZR 409/10 - Rn. 16; 17. November 2010 - 4 AZR 127/09 - Rn. 38).

42

cc) Wegen der Aufspaltung der bis zum 30. September 2005 gleichlautenden Regelungen für die Angestellten des öffentlichen Dienstes bei Bund und Ländern ist durch ergänzende Vertragsauslegung weiter zu bestimmen, welche Nachfolgeregelung für die Vergütung des Klägers maßgebend sein soll; es ist zu fragen, welches der dem BAT nachfolgenden Tarifwerke die Parteien in Bezug genommen hätten, wenn sie eine Tarifsukzession bedacht hätten (BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 25 f.). Die Nachtragsvereinbarung vom 9. April 2008 bestätigt, dass dies der TV-L und nicht der TVöD in einer seiner Fassungen ist. Wenn dort im zweiten Absatz von „deklaratorisch“ die Rede ist, bedeutet dies nicht „unverbindlich“, sondern hält in Zusammenschau mit dem ersten Absatz gleichsam als Ergebnis einer ergänzenden Vertragsauslegung fest, dass das Arbeitsverhältnis - und insbesondere auch das Entgelt - sich nunmehr nach dem TV-L richten soll. Dementsprechend hat die Beklagte den Kläger unstreitig bis zur Entgeltkürzung nach dem TV-L vergütet. Ein „Einfrieren“ der Vergütung auf dem Niveau des (letzten) Vergütungstarifvertrags Nr. 35 zum BAT vom 31. Januar 2003 ist weder erfolgt, noch hätte dies dem Interesse der Beklagten entsprochen. Sie hätte befürchten müssen, den Vorgaben des Art. 7 Abs. 4 GG iVm. Art. 97 BayEUG, wonach die Gehälter und Vergütungen hinter den Gehältern der Lehrkräfte an vergleichbaren öffentlichen Schulen nicht wesentlich zurückbleiben dürfen, nicht mehr gerecht zu werden(zu den Folgen BAG 19. August 2015 - 5 AZR 500/14 - BAGE 152, 228).

43

dd) Dass dem Berufungsgericht bei der Berechnung der Entgeltdifferenzen Fehler unterlaufen sind, wird von der Revision nicht aufgezeigt und ist auch sonst nicht ersichtlich.

44

f) Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

45

3. Der Kläger hat für das gezahlte Arbeitsentgelt Anspruch auf Abrechnungen nach § 108 Abs. 1 GewO.

46

a) Der Abrechnungsanspruch ist klagbar. Denn die Beklagte hat im insoweit in die Revisionsinstanz gelangten Streitzeitraum Mai 2010 bis Dezember 2012 Vergütung an den Kläger gezahlt, ihm aber nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keine Abrechnungen erteilt (vgl. BAG 16. Dezember 2015 - 5 AZR 567/14 - Rn. 34 ff., BAGE 154, 8; 13. Oktober 2015 - 1 AZR 130/14 - Rn. 29).

47

b) § 108 GewO ist Bestandteil des auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren deutschen Rechts. Die Verpflichtung zur Abrechnung trifft jeden im Inland tätigen Arbeitgeber, unabhängig davon, ob er ein privater oder öffentlicher ist. Die Republik Griechenland ist entgegen der nicht näher begründeten Auffassung der Revision davon nicht ausgenommen.

48

c) Der Abrechnungsanspruch besteht für alle Monate, für die die Beklagte Arbeitsentgelt gezahlt hat. Zwar entfällt nach § 108 Abs. 2 GewO die Pflicht des Arbeitgebers zur Abrechnung, wenn sich die Angaben gegenüber der letzten ordnungsgemäßen Abrechnung nicht geändert haben. Doch begründet die Norm eine Einwendung des Arbeitgebers. Eine solche hat die Beklagte nicht erhoben und nicht dargetan, für welche Monate des Streitzeitraums ihre Verpflichtung zur Abrechnung nach § 108 Abs. 2 GewO entfallen sein könnte.

49

4. Gegen die auf § 61 Abs. 2 Satz 1 ArbGG beruhende Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Entschädigung für den Fall, dass sie der Verpflichtung zur Erteilung von Abrechnungen nicht nachkommt, hat die Revision keine Angriffe erhoben. Sie ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (zur eingeschränkten Überprüfbarkeit der Festsetzung einer Entschädigung nach § 61 Abs. 2 ArbGG BAG 28. Juli 2004 - 10 AZR 580/03 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 111, 302).

50

IV. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Koch    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Jungbluth    

        

    Zorn    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 12. April 2013 - 6 Sa 2000/12 - hinsichtlich der Ziff. 3. und Ziff. 4. aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

3. Die weitergehende Revision der Beklagten sowie die Revision des Klägers werden zurückgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 2/3, die Beklagte 1/3 zu zahlen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anwendbarkeit der Tarifverträge der D T AG auf ihr Arbeitsverhältnis, den Umfang der vom Kläger zu leistenden Wochenarbeitszeit sowie weitergehende Vergütungsansprüche.

2

Der Kläger, Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), und Betriebsratsmitglied, ist seit 1986 bei der Beklagten und ihren Rechtsvorgängerinnen in Vollzeit beschäftigt. Im noch mit der D B abgeschlossenen Arbeitsvertrag vom 1. Februar 1991 heißt es ua.:

„Für das Arbeitsverhältnis gelten die für das in Art. 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet vereinbarten Bestimmungen des Tarifvertrages für die Angestellten/Arbeiter der D B T (TV Ang. (Ost) bzw. TV Arb (Ost)) und der sonstigen für das genannte Gebiet vereinbarten Tarifverträge der D B T in ihrer jeweiligen Fassung als unmittelbar zwischen den Vertragsparteien vereinbart.“

3

Zum 1. Januar 1995 wurde das Arbeitsverhältnis des Klägers im Zuge der Postreform und der Privatisierung der T auf die D T AG (im Folgenden: DT AG) übergeleitet. In der Folgezeit wurden auf das Arbeitsverhältnis die jeweiligen Tarifverträge der D B und später die der DT AG, insbesondere der Manteltarifvertrag (MTV DTAG), der Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV DTAG) und die Entgelttarifverträge (ETV DTAG) angewandt. Danach betrug die tarifvertragliche wöchentliche Arbeitszeit für Vollzeitbeschäftigte 34 Stunden. Auf der Grundlage der tarifvertraglichen Regelungen der DT AG belief sich das Entgelt des Klägers im Jahr 2007 auf 40.911,80 Euro brutto. Am 25. Juni 2007 ging sein Arbeitsverhältnis im Wege des Betriebsübergangs auf die Beklagte über.

4

Ebenfalls am 25. Juni 2007 schloss die Beklagte mit der Gewerkschaft ver.di ua. einen Manteltarifvertrag (MTV DTTS), einen Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV DTTS) und einen Entgelttarifvertrag (ETV DTTS 2007). Diese Haustarifverträge enthalten insbesondere hinsichtlich der Arbeitszeiten sowie der Zusammensetzung und Höhe der Vergütung Abweichungen von den bei der DT AG geltenden Tarifverträgen. Der ETV DTTS wurde seither mehrfach geändert. Im Jahr 2011 belief sich das Jahreszielentgelt des Klägers bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden auf 43.753,00 Euro, das tatsächlich erzielte Jahresentgelt auf 43.658,98 Euro brutto. In den Jahren 2012 und 2013 betrug das Jahreszielentgelt des Klägers 44.760,00 Euro und 45.700,00 Euro.

5

Mit Schreiben vom 13. November 2011 forderte der Kläger die Beklagte unter Bezugnahme auf mehrere Urteile des Bundesarbeitsgerichts vom 6. Juli 2011 auf, für sein Arbeitsverhältnis wieder die Tarifverträge der DT AG anzuwenden, soweit diese günstiger seien als die tarifvertraglichen Regelungen der Beklagten. Insbesondere forderte er, ihn wieder mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 34 Stunden zu beschäftigen und die sich für die letzten sechs Monate ergebende Arbeitszeitdifferenz seinem Arbeitszeitkonto gutzuschreiben. Mit Schreiben vom 12. Januar 2012 wies die Beklagte die Forderungen zurück.

6

Mit seiner Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und geltend gemacht, die Tarifverträge der DT AG seien - soweit sie günstiger seien - auf sein Arbeitsverhältnis weiter anzuwenden. Als Vollzeitbeschäftigter sei er im Hinblick auf den zwischen den beiden Manteltarifverträgen vorzunehmenden Günstigkeitsvergleich lediglich mit der im MTV DT AG vorgesehenen regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 34 Stunden zu beschäftigen. Die Beklagte habe die von ihm in der Zeit vom 16. Mai bis 31. Dezember 2011 darüber hinaus geleisteten Stunden zu vergüten. Insoweit hat er zuletzt 3,5 Stunden wöchentlich bei einem Stundensatz von 23,06 Euro brutto zuzüglich eines Mehrarbeitszuschlags von 25 vH geltend gemacht.

7

Der Kläger hat - soweit für die Revision noch von Belang - zuletzt beantragt,

1. festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Bestimmungen der Tarifverträge der D T AG mit Tarifstand 24. Juni 2007 kraft einzelvertraglicher Bezugnahme Anwendung finden, soweit sie günstiger sind als die tarifvertraglichen Regelungen der Beklagten,

2. festzustellen, dass seine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit gem. § 11 Abs. 1 MTV der D T AG (Tarifstand 24. Juni 2007) 34 Stunden beträgt,

3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für die Zeit vom 16. Mai 2011 bis 31. Dezember 2011 einen weiteren Betrag in Höhe von 3.329,29 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2012 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger könne sich nicht auf die für das Arbeitsverhältnis der Parteien statisch fortwirkenden Tarifverträge der DT AG stützen. Durch die widerspruchslose Weiterarbeit über mehr als vier Jahre habe er die praktizierte Vertragsänderung in die Anwendbarkeit der Haustarifverträge akzeptiert. Er habe sein Recht verwirkt, sich auf die Anwendbarkeit der Tarifverträge der DT AG zu berufen. Diese Tarifverträge mit dem Stand des 24. Juni 2007 seien auch nicht günstiger als die zwischen den Parteien normativ geltenden Haustarifverträge der Beklagten.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat dem Antrag zu 1. und 2. (im Tenor unter 2. und 3.) vollständig sowie dem Antrag zu 3. (im Tenor unter 4.) iHv. 582,11 Euro brutto stattgegeben. Im Übrigen hat es die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht für beide Parteien zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren in Höhe von 2.747,18 Euro brutto nebst Zinsen weiter. Die Beklagte begehrt mit ihrer Revision weiterhin die Klageabweisung in vollem Umfang.

Entscheidungsgründe

10

Auf die Revision der Beklagten war das angefochtene Urteil teilweise aufzuheben. Soweit das Landesarbeitsgericht der Berufung des Klägers hinsichtlich des Feststellungsantrags zu 2. und des Zahlungsantrags iHv. 582,11 Euro brutto stattgegeben hat, war die Entscheidung aufzuheben und die Berufung des Klägers zurückzuweisen. Im Übrigen waren die Revision der Beklagten ebenso wie die Revision des Klägers, mit der er weitere Zahlungen für Mehrarbeit gefordert hat, zurückzuweisen.

11

A. Die Revision der Beklagten ist unbegründet, soweit das Landesarbeitsgericht dem Feststellungsantrag zu 1. stattgegeben hat. Das Landesarbeitsgericht hat den zulässigen Feststellungsantrag zu Recht als begründet angesehen.

12

I. Der Klageantrag zu 1. ist zulässig.

13

1. Der Antrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dem steht der Zusatz „soweit sie günstiger sind als die tarifvertraglichen Regelungen der Beklagten“ nicht entgegen. Der Kläger verfolgt mit seinem Feststellungsantrag das Ziel, eine rechtskräftige Grundlage für die Vornahme eines Günstigkeitsvergleichs zu erlangen. Damit handelt es sich bei dem Zusatz nicht um einen einschränkenden - möglicherweise nicht hinreichend bestimmten - Teil eines Feststellungsantrags, sondern lediglich um ein - als Antragsbestandteil rechtlich nicht erforderliches (vgl. BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 494/09 - Rn. 19) - Begründungselement.

14

2. Für den Antrag besteht auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.

15

a) Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Dieses besondere Feststellungsinteresse muss als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens, auch noch in der Revisionsinstanz, gegeben sein. Sein Vorliegen ist von Amts wegen zu prüfen (st. Rspr., etwa BAG 27. August 2014 - 4 AZR 518/12 - Rn. 15; 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 14, BAGE 124, 240). Dabei kann sich die Feststellungsklage auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (sog. Elementenfeststellungsklage). Auch die Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrags oder Tarifwerks auf ein Arbeitsverhältnis kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein (st. Rspr., s. nur BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, BAGE 128, 165).

16

b) Durch eine Entscheidung über die begehrte Feststellung wird jedenfalls die zwischen den Parteien streitige Frage abschließend geklärt, ob die tariflichen Regelungen der DT AG aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme überhaupt heranzuziehen sind. Dies rechtfertigt die Annahme eines rechtlichen Interesses selbst dann, wenn es nachfolgend doch noch zu weiteren Rechtsstreitigkeiten darüber kommen sollte, ob sich einzelne Rechte und Pflichten aus den Tarifverträgen der DT AG als günstigere einzelvertragliche Regelung im Arbeitsverhältnis der Parteien durchsetzen oder ob sie durch die firmentarifvertragliche Regelung verdrängt werden(vgl. BAG 10. Dezember 2014 - 4 AZR 991/12 - Rn. 12; 6. Juli 2011 - 4 AZR 494/09 - Rn. 23 mwN).

17

II. Der Feststellungsantrag zu 1. ist begründet.

18

1. Die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag vom 1. Februar 1991 verweist - nach gebotener Auslegung - auf die Tarifverträge der DT AG (Tarifstand 24. Juni 2007).

19

a) Bei der vorliegenden vertraglichen Bezugnahmeklausel handelt es sich um eine sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung des Senats. Sie verweist auf die fachlich einschlägigen Tarifverträge, an die die damalige Arbeitgeberin, die D B, gebunden war (ausf. zu einer nahezu gleich lautenden Regelung BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 17 ff., BAGE 138, 269).

20

b) Die Anwendbarkeit der Tarifverträge der DT AG ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus der Bezugnahmeregelung, sie folgt aber aus deren ergänzender Auslegung. Das hat der Senat in zahlreichen tatsächlich und rechtlich gleichgelagerten Fallgestaltungen bereits mehrfach entschieden und ausführlich begründet. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen ( BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 22 ff. mwN, BAGE 138, 269; weiterhin 22. Februar 2012 - 4 AZR 579/10 - Rn. 39 f. mwN; 14. Dezember 2011 - 4 AZR 179/10 - Rn. 28 ff.; 16. November 2011 - 4 AZR 822/09 - Rn. 21 ff.).

21

c) Der Senat hat auch in zahlreichen vergleichbaren Fällen entschieden und ausführlich begründet (vgl. BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 36 ff. mwN, BAGE 138, 269; weiterhin 6. Juli 2011 - 4 AZR 494/09 - Rn. 45 ff. mwN; 16. November 2011 - 4 AZR 822/09 - Rn. 21, 42 ff.; 14. Dezember 2011 - 4 AZR 179/10 - Rn. 38 ff.), dass die von der Beklagten geschlossenen Haustarifverträge von der Bezugnahmeklausel nicht erfasst werden. Sie ist keine sog. Tarifwechselklausel und kann auch nicht als eine solche verstanden werden.

22

2. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Kläger sein Recht, sich auf den Inhalt der vertraglichen Abrede zu berufen, nicht verwirkt hat (§ 242 BGB). Dabei kann offenbleiben (siehe bereits die Entscheidung des Senats 22. Februar 2012 - 4 AZR 580/10 - Rn. 43), ob gegen die Geltendmachung der vertraglichen Grundlage des Arbeitsverhältnisses bei einer einseitigen Änderung seiner praktischen Durchführung überhaupt der Einwand der Verwirkung erhoben werden kann oder ob in diesem Fall nicht allein die Grundsätze einer - möglicherweise konkludenten - Vertragsänderung anzuwenden sind. Das Landesarbeitsgericht ist jedenfalls zutreffend davon ausgegangen, sowohl das im Rahmen einer Verwirkung nach Treu und Glauben neben dem Zeitmoment erforderliche Umstandsmoment als auch das Zumutbarkeitsmoment (zu diesen Voraussetzungen etwa BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 579/10 - Rn. 43 mwN) seien in keinem Fall gegeben. Schon deshalb scheidet eine Verwirkung aus.

23

a) Der Kläger war nicht verpflichtet, die Beklagte darauf hinzuweisen, dass er sich vorbehält, seine Rechte geltend zu machen. Auch aus der widerspruchslosen Durchführung des Arbeitsverhältnisses auf Basis der Haustarifverträge der Beklagten ergibt sich keine besonders vertrauensbegründende Verhaltensweise des Klägers (ausf. in einem ähnlichen gelagerten Sachverhalt BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 579/10 - Rn. 44 ff.). Entgegen der Auffassung der Beklagten gilt auch nicht deshalb etwas anderes, weil er in seiner Eigenschaft als Mitglied des bei ihr bestehenden Betriebsrats die Höhergruppierung nach den Tarifverträgen der Beklagten akzeptiert hat. Auch insoweit fehlt es an einem „aktiven Verhalten“ des Klägers und damit an Anhaltspunkten, dass die Beklagte als Schuldnerin davon ausgehen konnte, er kenne als Gläubiger seine Rechte und mache sie gleichwohl über längere Zeit hinweg bewusst nicht geltend (vgl. BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 579/10 - Rn. 47; 13. August 2008 - 7 AZR 269/07 - Rn. 34 mwN).

24

b) Den Kläger trifft auch weder eine Pflicht, das Unterrichtungsschreiben zu überprüfen noch eine solche, den Arbeitgeber auf dessen möglicherweise fehlerhafte Rechtsauffassung hinzuweisen (vgl. BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 580/10 - Rn. 50 f. mwN). Für die Annahme, ihm seien die fehlerhaften Angaben in den Unterrichtungsschreiben vor Veröffentlichung der Entscheidungen des Senats vom 6. Juli 2011 (- 4 AZR 706/09 - ua.) bekannt gewesen und er sei „in Kenntnis seiner Rechte treuwidrig gegenüber der Beklagten untätig geblieben“, fehlt es an Anhaltspunkten.

25

c) Die Rüge der Beklagten, das Landesarbeitsgericht habe ihren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, indem es die Kenntnis des Klägers um die Problematik der Bezugnahmeklausel in seiner Funktion als Betriebsratsmitglied nicht berücksichtigt habe, ist unzulässig. Es fehlt schon an einem Vortrag der Beklagten zur Kausalität zwischen Verfahrensmangel und Ergebnis des Berufungsurteils als Bestandteil einer zulässigen Verfahrensrüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO (vgl. nur BAG 2. Mai 2014 - 2 AZR 490/13 - Rn. 16; 13. November 2013 - 10 AZR 639/13 - Rn. 12).

26

B. Soweit das Landesarbeitsgericht dem zulässigen (zu den Voraussetzungen oben A I 2 a) Feststellungsantrag zu 2. sowie dem Zahlungsbegehren teilweise stattgegeben hat, ist die Revision der Beklagten begründet. Demgegenüber ist die Revision des Klägers, soweit er weitere Vergütung für den Zeitraum vom 16. Mai bis zum 31. Dezember 2011 begehrt hat, unbegründet. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Aus den auf sein Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträgen der DT AG ergibt sich weder, dass seine regelmäßige Wochenarbeitszeit als Vollzeitbeschäftigter 34 Stunden beträgt, noch kann er aus ihnen weitergehende Zahlungsansprüche für den genannten Zeitraum herleiten. Die Tarifverträge der DT AG sind insoweit nicht günstiger iSv. § 4 Abs. 3 TVG als die Haustarifverträge der Beklagten.

27

I. Eine Kollision zwischen den kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit für das Arbeitsverhältnis der Parteien normativ geltenden und den aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme anwendbaren Tarifvorschriften ist nach dem Günstigkeitsprinzip (§ 4 Abs. 3 TVG) zu lösen (vgl. nur BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 43). Hiernach treten unmittelbar und zwingend geltende Tarifbestimmungen hinter einzelvertraglichen Vereinbarungen mit für den Arbeitnehmer günstigeren Bedingungen zurück. Ob ein Arbeitsvertrag abweichende günstigere Regelungen gegenüber dem Tarifvertrag enthält, ergibt ein Vergleich zwischen der tarifvertraglichen und der arbeitsvertraglichen Regelung (sog. Günstigkeitsvergleich).

28

1. Zu vergleichen sind dabei die durch Auslegung zu ermittelnden Teilkomplexe der unterschiedlichen Regelungen, die in einem inneren Zusammenhang stehen (sog. Sachgruppenvergleich, s. nur BAG 21. April 2010 - 4 AZR 768/08 - Rn. 39, BAGE 134, 130; 30. März 2004 - 1 AZR 85/03 - zu II 4 b bb der Gründe mwN; ErfK/Franzen 15. Aufl. TVG § 4 Rn. 38; Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 4 Rn. 532; Wiedemann/Wank TVG 7. Aufl. § 4 Rn. 470 ff.; JKOS/Jacobs 2. Aufl. § 7 Rn. 38). Ein sog. Gesamtvergleich, dh. die Gegenüberstellung des vollständigen Arbeitsvertrags auf der einen und des gesamten Tarifvertrags auf der anderen Seite, kommt ebenso wenig in Betracht wie ein punktueller Vergleich von Einzelregelungen, auch wenn aufgrund einer umfassenden arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel der Sache nach zwei Tarifverträge miteinander zu vergleichen sind (vgl. BAG 12. Dezember 2012 - 4 AZR 328/11 - Rn. 46; 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 20, BAGE 124, 34; aA Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 4 Rn. 543; ErfK/Franzen TVG § 4 Rn. 37; Wiedemann/Oetker TVG 7. Aufl. § 3 Rn. 291). Die aufgrund einzelvertraglicher Verweisungsklausel auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvorschriften haben auch bei einer umfassenden Inbezugnahme lediglich individualvertraglichen Charakter. Der Durchführung eines Gesamtvergleichs steht bereits der Wortlaut des § 4 Abs. 3 TVG („Regelungen“) entgegen, der nicht auf eine Gesamtregelung oder einen Tarifvertrag abstellt(JKOS/Jacobs 2. Aufl. § 7 Rn. 37). Abweichende Abmachungen sind danach nur zulässig, „soweit“ sie ua. eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten. Es kommt deshalb nicht auf die Günstigkeit der Gesamtheit der abweichenden Regelungen, sondern vielmehr nur der einander entsprechenden Teile, dh. Sachgruppen, an. Im Übrigen wäre ein Gesamtvergleich mangels einheitlicher Vergleichsmaßstäbe praktisch kaum durchführbar (vgl. BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 60, BAGE 131, 176; Löwisch/Rieble § 4 TVG 3. Aufl. Rn. 531; JKOS/Jacobs 2. Aufl. § 7 Rn. 37).

29

2. Für die Durchführung eines Günstigkeitsvergleichs sind die abstrakten Regelungen maßgebend, nicht das Ergebnis ihrer Anwendung im Einzelfall. Hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, ob die betreffende Regelung günstiger ist oder nicht (sog. ambivalente Regelung), ist keine „Günstigkeit“ iSv. § 4 Abs. 3 TVG gegeben(BAG 17. April 2002 - 5 AZR 644/00 - zu II 4 b der Gründe; 12. April 1972 - 4 AZR 211/71 - BAGE 24, 228; für den Vergleich einzelvertraglicher und gesetzlicher Kündigungsfristen zuletzt: BAG 29. Januar 2015 - 2 AZR 280/14 - Rn. 19; weiterhin Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 4 Rn. 562; ErfK/Franzen 15. Aufl. TVG § 4 Rn. 40; Däubler/Deinert TVG 3. Aufl. § 4 Rn. 690). Dies gilt unabhängig davon, ob die Parteien des Arbeitsvertrags die vertraglichen Regelungen vor oder nach Inkrafttreten des Tarifvertrags vereinbart haben (BAG 17. April 2013 - 4 AZR 592/11 - Rn. 14, BAGE 145, 37; 25. Juli 2001 - 10 AZR 391/00 - zu II 2 a bb (2) der Gründe).

30

3. Der Günstigkeitsvergleich ist anhand eines objektiven Beurteilungsmaßstabs vorzunehmen. Maßgebend ist die Einschätzung eines verständigen Arbeitnehmers unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung (Schubert/Zachert in Kempen/Zachert TVG 5. Aufl. § 4 Rn. 405; Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 4 Rn. 553; Däubler/Deinert TVG 3. Aufl. § 4 Rn. 689; JKOS/Jacobs 2. Aufl. § 7 Rn. 44; Wiedemann/Wank TVG 7. Aufl. § 4 Rn. 451; für eine Kollision von Betriebsvereinbarung und einzelvertraglicher Abrede: BAG 27. Januar 2004 - 1 AZR 148/03 - zu II 2 b aa der Gründe, BAGE 109, 244). Auf die subjektive Einschätzung des betroffenen Arbeitnehmers kommt es nicht an. Ist die einzelvertragliche Regelung bei objektiver Betrachtung gleich oder gleichwertig (sog. neutrale Regelung), ist sie nicht günstiger iSv. § 4 Abs. 3 TVG.

31

4. Die Günstigkeit einer einzelvertraglichen Regelung gegenüber einer normativ geltenden Tarifnorm muss bereits im Voraus - also unabhängig von den konkreten Bedingungen des jeweiligen Anwendungsfalls - feststehen (BAG 10. Dezember 2014 - 4 AZR 503/12 - Rn. 42; 12. April 1972 - 4 AZR 211/71 - BAGE 24, 228; 27. Januar 2004 - 1 AZR 148/03 - zu II 2 b aa der Gründe). Der Günstigkeitsvergleich ist erstmals in dem Zeitpunkt durchzuführen, in dem die normativ geltende tarifvertragliche Regelung mit der abweichenden vertraglichen Regelung kollidiert (BAG 12. April 1972 - 4 AZR 211/71 - BAGE 24, 228; JKOS/Jacobs 2. Aufl. § 7 Rn. 47; Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 4 Rn. 558). Dabei ist ein repräsentativer Zeitraum zugrunde zu legen. Bestimmt sich das Arbeitsentgelt nach einer einzelvertraglichen oder tarifvertraglichen Regelung etwa als Jahresentgelt und schwankt die monatliche Auszahlung, ist auf das Kalenderjahr abzustellen. Ändert sich mindestens eine der zu vergleichenden Regelungen - etwa der arbeitsvertraglich (dynamisch) in Bezug genommene oder der normativ geltende Tarifvertrag -, ist ein erneuter Günstigkeitsvergleich durchzuführen (Schubert/Zachert in Kempen/Zachert TVG 5. Aufl. § 4 Rn. 419; Thüsing/Braun/Forst Kap. 7 Rn. 47; JKOS/Jacobs 2. Aufl. § 7 Rn. 48; aA Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 4 Rn. 558). Dies kann - insbesondere bei Zusammentreffen eines statisch in Bezug genommenen Tarifwerks mit einem normativ geltenden Tarifvertrag - dazu führen, dass sich die einzelvertragliche Regelung zunächst als günstiger erweist, dies sich aber aufgrund von Anpassungen der kraft Tarifgebundenheit geltenden Regelungen ändert.

32

5. Ist nach diesen Maßstäben objektiv nicht zweifelsfrei feststellbar, dass die vom normativ geltenden Tarifvertrag abweichende Regelung für den Arbeitnehmer günstiger ist - sei es, weil es sich um eine „ambivalente“, sei es, weil es sich um eine „neutrale“ Regelung handelt -, verbleibt es bei der zwingenden Geltung des Tarifvertrags (BAG 10. Dezember 2014 - 4 AZR 503/12 - Rn. 43; 12. April 1972 - 4 AZR 211/71 - BAGE 24, 228; JKOS/Jacobs 2. Aufl. § 7 Rn. 39, 45; Thüsing/Braun/Forst Kap. 7 Rn. 46; Henssler/Moll/Bepler Teil 9, Rn. 178). Das folgt sowohl aus dem Wortlaut als auch aus der systematischen Stellung von § 4 Abs. 3 Alt. 2 TVG als gesetzlichem Ausnahmetatbestand. Der Gesetzgeber hat eine Abweichung vom Grundsatz der zwingenden Wirkung geltender Tarifnormen (Regel) nur für den Fall vorgesehen, dass die betreffende Regelung „günstiger“ ist als die tarifliche Norm (Ausnahme). Ist die Günstigkeit der abweichenden Regelung nicht sicher feststellbar, greift § 4 Abs. 3 Alt. 2 TVG nicht ein (vgl. Schubert/Zachert in Kempen/Zachert TVG 5. Aufl. § 4 Rn. 420; Wiedemann/Wank TVG 7. Aufl. § 4 Rn. 478; Däubler/Deinert TVG 3. Aufl. § 4 Rn. 690; Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 4 Rn. 562; JKOS/Jacobs § 7 Rn. 48 mwN). Nach dem in § 4 TVG zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Willen gebührt den normativ geltenden Tarifverträgen Vorrang vor dem individuell vereinbarten Arbeitsvertrag. Dementsprechend trägt der Arbeitnehmer nach den allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, aus denen sich die Günstigkeit der abweichenden Regelung ergibt.

33

II. In Anwendung dieser Grundsätze sind die aufgrund der vertraglichen Bezugnahmeklausel auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbaren Tarifverträge der DT AG - jedenfalls für die streitgegenständlichen Zeiträume - hinsichtlich der in beiden Tarifwerken geregelten „Vollzeitarbeitsverhältnisse“ nicht günstiger als die normativ geltenden Tarifbedingungen der DTTS.

34

1. Das Landesarbeitsgericht hat im Ausgangspunkt zu Recht die Dauer der Arbeitszeit und das dem Kläger als Gegenleistung zustehende Entgelt zu einer Sachgruppe zusammengefasst.

35

a) Die Dauer der vom Arbeitnehmer zu erbringenden Arbeitsleistung und das ihm dafür zustehende Arbeitsentgelt stehen als Teile der arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflichten in einem engen, inneren sachlichen Zusammenhang (BAG 12. Dezember 2012 - 4 AZR 328/11 - Rn. 46; vgl. auch BAG 10. April 2014 - 2 AZR 812/12 -; 10. Februar 1999 - 2 AZR 422/98 - zu III 2 der Gründe, BAGE 91, 22). Die Günstigkeit einer kürzeren oder längeren Arbeitszeit eines Vollzeitarbeitsverhältnisses lässt sich ebenso wenig isoliert beurteilen, wie das Arbeitsentgelt ohne Rücksicht auf die hierfür aufzuwendende Arbeitszeit.

36

Allein der Umstand, dass Arbeitszeit und Arbeitsentgelt zwei unterschiedliche Regelungsgegenstände betreffen, führt nicht zu einer unterschiedlichen Sachgruppenzuordnung (so aber LAG Baden-Württemberg 14. Juni 1989 - 9 Sa 145/88 -). Es geht nicht darum, Arbeitszeit auf der einen und Arbeitsentgelt auf der anderen Seite miteinander zu vergleichen. Zu vergleichen sind vielmehr die - sachlich in untrennbarem Zusammenhang stehenden - Regelungen von Arbeitszeit und Arbeitsentgelt in dem einen in Anspruch genommenen Regelwerk mit denen in einem anderen kraft Tarifgebundenheit geltenden Regelwerk.

37

aa) Eine längere Arbeitszeit ist nicht per se deshalb „ungünstiger“, weil mit ihr ein Verlust an Freizeit einhergeht (so aber Däubler Tarifvertragsrecht 3. Aufl. Rn. 218; ähnlich Schubert/Zachert in Kempen/Zachert TVG 5. Aufl. § 4 Rn. 428). Ist nämlich die verlängerte Arbeitszeit mit einer Erhöhung des Arbeitsentgelts verknüpft, führt die Arbeitszeitverlängerung gleichzeitig zu einer Steigerung der Verdienstmöglichkeit, die für einen Arbeitnehmer, der aus welchen Gründen auch immer an einem höheren Entgelt interessiert ist, insgesamt betrachtet günstiger sein mag. Ungünstiger kann sie hingegen für den Arbeitnehmer sein, dem es wichtiger ist, diese Zeit zur freien Verfügung zu haben. Umgekehrt kann eine - einzelvertragliche - Verlängerung der Arbeitszeit nicht mit der Begründung als günstiger angesehen werden, die Arbeit diene zur „Persönlichkeitsentfaltung“ (vgl. dazu Schweibert, Die Verkürzung der Wochenarbeitszeit durch Tarifvertrag, S. 201). Das wird bereits daran deutlich, dass ein Arbeitnehmer regelmäßig nicht bereit sein wird, um der „Selbstverwirklichung“ willen unentgeltlich länger zu arbeiten (Kühnast, Die Grenzen zwischen tariflicher und privatautonomer Regelungsbefugnis, S. 287). Vielmehr hängt die Beurteilung, ob eine kürzere oder längere Arbeitszeit günstiger ist, immer auch davon ab, welche Gegenleistung der Arbeitnehmer für seine Arbeitsleistung erhält.

38

bb) Aus dem Zusammenhang zwischen zu zahlendem Entgelt und der hierfür aufzuwendenden Arbeitszeit folgt entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht, dass der Günstigkeitsvergleich ausschließlich auf der Grundlage eines zu ermittelnden Arbeitsentgelts pro Stunde durchzuführen wäre. Die Annahme, ein höheres Stundenentgelt sei stets als für den Arbeitnehmer günstiger anzusehen, trifft nicht zu. Die Arbeitszeit ist nicht lediglich ein unselbständiger Berechnungsfaktor des Arbeitsentgelts. Vielmehr ist beim Vergleich von „Vollzeitarbeitsverhältnissen“ auch die Anzahl der maßgebenden Stunden in die Betrachtung einzubeziehen, weil anderenfalls eine mit der geringeren Arbeitszeit einhergehende Entgeltabsenkung unberücksichtigt bliebe. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn man dem Arbeitnehmer gestattete, die höheren Arbeitszeiten des einen Regelwerks mit dem höheren Stundenentgelt des anderen Regelwerks zu kombinieren. Dies liefe aber auf einen Einzelvergleich hinaus. Ein solcher ist abzulehnen, weil er sachliche Regelungszusammenhänge auseinander risse (vgl. zB JKOS/Jacobs 2. Aufl. § 7 Rn. 36).

39

cc) Ferner verdeutlichen die Fälle, in denen in einem höheren Arbeitsentgelt eine pauschale Abgeltung von Überstunden enthalten ist, den sachlichen Zusammenhang zwischen Arbeitszeit und Arbeitsentgelt. Selbst wenn eine solche (arbeitsvertragliche) Regelung nur dann klar und verständlich ist, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden sollen (vgl. nur BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10 - Rn. 16), lassen sich Arbeitszeit und Entgelt gleichwohl nicht voneinander trennen, weil unklar bleibt, ob die pauschal vergüteten Überstunden tatsächlich anfallen. Den Günstigkeitsvergleich in der Weise durchzuführen, dass der Arbeitnehmer nur die reguläre Arbeitszeit zu erbringen hätte, dafür aber das höhere Entgelt fordern könnte, würde hierbei zu unsachgerechten Ergebnissen führen.

40

b) Zur Sachgruppe „Arbeitszeit und Arbeitsentgelt“ gehört - wie das Landesarbeitsgericht ebenfalls zu Recht angenommen hat - regelmäßig neben der festgelegten Arbeitszeit das Arbeitsentgelt im engeren Sinne. Soweit sich dieses aus einem fixen und einem variablen Teil zusammensetzt, sind beide Bestandteile zu berücksichtigen. Nicht zur Sachgruppe „Arbeitszeit und Arbeitsentgelt“ gehört, entgegen der Auffassung der Beklagten, hingegen eine Beschäftigungsgarantie. Die Hauptleistungspflichten auf der einen und eine Beschäftigungsgarantie auf der anderen Seite sind unterschiedlich geartete Regelungsgegenstände, für deren Bewertung es keinen gemeinsamen Maßstab gibt. Eine Beschäftigungssicherung durch den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen ist daher nicht geeignet, Verschlechterungen bei der Arbeitszeit oder dem Arbeitsentgelt zu rechtfertigen (st. Rspr. BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 60, BAGE 131, 176; 24. September 2008 - 6 AZR 657/07 - Rn. 29, BAGE 128, 63; 6. November 2007 - 1 AZR 862/06 - Rn. 24, BAGE 124, 323; 7. November 2002 - 2 AZR 742/00 - zu B I 1 d bb (2) der Gründe, BAGE 103, 265).

41

2. Der im Wege einer wertenden Gesamtbetrachtung vorzunehmende Sachgruppenvergleich führt hiernach dazu, dass die für das Arbeitsverhältnis der Parteien einzelvertraglich weiterhin - statisch - anwendbaren Regelungen der Tarifverträge der DT AG betreffend die Arbeitszeit und das Arbeitsentgelt für den Zeitraum vom 16. Mai bis 31. Dezember 2011 nicht günstiger iSv. § 4 Abs. 3 TVG sind.

42

a) Soweit der Kläger Zahlungsansprüche geltend macht, ist der Günstigkeitsvergleich nach Maßgabe der das Arbeitsverhältnis der Parteien im Zeitraum vom 16. Mai bis 31. Dezember 2011 bestimmenden Regelungen vorzunehmen.

43

aa) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger im Jahr 2007 bei einer Vollzeittätigkeit von 34 Stunden pro Woche ein Jahresentgelt von 40.911,80 Euro erhalten. Im Jahr 2011 betrug das Jahreszielentgelt des - weiterhin vollzeitbeschäftigten - Klägers auf der Grundlage der bei der Beklagten geltenden Haustarifverträge 43.753,00 Euro.

44

bb) Ob für die Durchführung des Günstigkeitsvergleichs bei einem variablen Entgelt auf das für einen vergleichbaren Arbeitnehmer erzielbare Entgelt oder auf das festgelegte oder durchschnittliche Jahreszielentgelt abzustellen ist, musste der Senat vorliegend in Anbetracht des im Jahre 2011 tatsächlich gezahlten Entgelts von 43.658,98 Euro nicht abschließend entscheiden. Das Jahreszielentgelt war objektiv und subjektiv - jedenfalls im Prinzip - erreichbar. Besondere Umstände, die - wenn überhaupt - zu einer anderen Bewertung führen könnten, hat der Kläger nicht dargetan.

45

cc) Damit lag das Entgelt des Klägers nach den bei der Beklagten geltenden Tarifverträgen im streitgegenständlichen Zeitraum in jedem Fall höher als dasjenige, das er nach den Tarifregelungen der DT AG (Stand 24. Juni 2007) erhalten hätte. Aufgrund des höheren Gesamtverdienstes im betreffenden Zeitraum bei einer erhöhten Arbeitszeit als vollbeschäftigter Arbeitnehmer lassen sich die arbeitsvertraglichen Regelungen im Vergleich zu den tarifvertraglichen Regelungen nicht als günstiger, sondern - lediglich - als ambivalent qualifizieren. Anhaltspunkte dafür, dass das höhere Jahreszielentgelt des Klägers auf anderen Faktoren als den tarifvertraglichen Entgeltbestimmungen beruht, sind nicht ersichtlich. Die statisch auf das Arbeitsverhältnis der Parteien weiterhin anwendbaren Tarifverträge der DT AG mit Stand vom 24. Juni 2007 vermögen deshalb die normativ geltenden tariflichen Regelungen nicht zu verdrängen. Da der Kläger danach auf der Grundlage der bei der Beklagten geltenden Tarifverträge ordnungsgemäß vergütet worden ist, kann er insoweit keine weitergehenden Zahlungsansprüche geltend machen.

46

dd) Die vom Kläger beanspruchten Mehrarbeitszuschläge iHv. 25 vH stehen ihm unabhängig von einem vorzunehmenden Günstigkeitsvergleich bereits deshalb nicht zu, weil es sich bei den betreffenden Stunden nicht um Mehrarbeit im tariflichen Sinne handelt. Gem. § 13 Abs. 1 MTV DTAG ist Mehrarbeit die über die für den Arbeitnehmer betrieblich festgelegte wöchentliche Arbeitszeit hinausgehende Arbeitszeit. Die betrieblich festgelegte Arbeitszeit betrug seit dem Betriebsübergang auf die Beklagte nicht mehr 34, sondern 38 Stunden in der Woche. Soweit die - nicht tragenden - Ausführungen im Urteil vom 21. November 2012 (- 4 AZR 231/10 -) ein anderes Ergebnis entnommen werden könnte, hält der Senat - klarstellend - daran nicht fest.

47

b) Hinsichtlich des mit dem Antrag zu 2. verfolgten Feststellungsbegehrens, dass die regelmäßige Arbeitszeit des Klägers 34 Stunden wöchentlich beträgt, ist der Günstigkeitsvergleich getrennt nach Zeitabschnitten vorzunehmen.

48

aa) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lag das Jahreszielentgelt des Klägers 2011 bei 43.753,00 Euro, 2012 bei 44.760,00 Euro und 2013 bei 45.700,00 Euro. In jedem Zeitraum lag das Entgelt damit über dem Jahresentgelt, welches der Kläger auf der Grundlage der nach der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel anwendbaren Tarifverträge der DT AG mit Stand 24. Juni 2007 erhalten hätte.

49

bb) Danach führt der Günstigkeitsvergleich nach den dargestellten Maßstäben auch bezüglich der weiteren Zeiträume dazu, dass die arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Tarifbestimmungen ambivalent und folglich nicht günstiger sind als die normativ geltenden. Anhaltspunkte dafür, dass das höhere Jahreszielentgelt auf anderen Faktoren als den tarifvertraglichen Entgeltbestimmungen beruht, hat der darlegungspflichtige Kläger auch insoweit nicht vorgetragen.

50

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

        

    Eylert    

        

    Treber    

        

    Rinck    

        

        

        

    Hannig    

        

    Kriegelsteiner    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 28. Mai 2008 - 6 Sa 1690/07 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Entgeltansprüche des Klägers und in diesem Zusammenhang über die Anwendbarkeit tariflicher Regelungen auf das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis.

2

Der Kläger, Mitglied der Gewerkschaft ver.di, war seit dem 1. Januar 1997 als Kassierer bei der Travelex Deutschland GmbH (nachfolgend: Travelex) beschäftigt. Diese betrieb aufgrund eines Dienstleistungsvertrages mit der Fraport AG deren Wechselstuben in den Terminals 1 und 2 des Flughafens Frankfurt am Main. Die Arbeitnehmer waren weder einer bestimmten Wechselstube noch einem der beiden Terminals fest zugeordnet, sondern rollierend tätig. Die Travelex schloss am 21. Januar 2003 mit der Landesbezirksleitung Hessen der Gewerkschaft ver.di ua. einen Manteltarifvertrag (MTV) und einen Gehaltstarifvertrag (GTV). Nach einer Neuausschreibung des Dienstleistungsauftrages für die bisher von der Travelex betriebenen fünf Wechselstuben im Terminal 2 erhielt die nicht tarifgebundene Beklagte den Zuschlag. In einem Formularvertrag vom 25. November 2003 vereinbarten der Kläger, die Travelex und die Beklagte ua. Folgendes:


        

        
zwischen
        
, …
        
(im folgenden „TRAVELEX“)
        
und
        
, …
        
(im folgenden „INTEX“)
        
und
        
H W
        
        
1.   

TRAVELEX betreibt derzeit in Terminal 1 und 2 des Frankfurter Flughafens jeweils auf Basis befristeter Verträge mit der Fraport AG Büros für Geld- und Währungswechsel. Die Lizenz für das Betreiben der fünf Wechselstuben in Terminal 2 wurde TRAVELEX befristet bis zum 31.12.2003 erteilt. Bei der Neuausschreibung des Betriebs der Wechselstuben in Terminal 2 erhielt das Angebot der INTEX von der Fraport AG den Zuschlag. Ab dem 15.01.2004 werden die Wechselstuben in Terminal 2 folglich nicht mehr von TRAVELEX, sondern von INTEX betrieben.
        
2.   

Die TRAVELEX-Mitarbeiter rotieren zwischen den Wechselstuben in Terminal 1 und 2, so dass den Wechselstuben in Terminal 1 und 2 kein Personal fest zugeordnet war. Entsprechend muss der Personalstand seitens der TRAVELEX auf 36 Mitarbeiter reduziert und seitens INTEX für das Betreiben von Terminal 2 um 24 Mitarbeiter aufgebaut werden. Der Betriebsrat der TRAVELEX wurde hierüber im Rahmen von Interessenausgleichsverhandlungen umfassend unterrichtet. Die Parteien sind sich einig, dass kein absoluter oder relativer Schwerpunkt der Tätigkeit der TRAVELEX-Mitarbeiter, insbesondere von Herrn/Frau _______________ für Terminal 1 oder 2 feststellbar ist. Die Parteien gehen daher davon aus, dass es sich bei den Wechselstuben in Terminal 2 nicht um eine selbständige organisatorische Untergliederung der TRAVELEX handelt, welche unter Wahrung ihrer Identität von INTEX fortgeführt wird.
        
3.   

Zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen seitens TRAVELEX und zum reibungslosen Betreiben der Wechselstuben durch INTEX in Terminal 2 schließen die Parteien daher nachfolgende dreiseitige Vereinbarung:
        
     

                 
TRAVELEX und Herr/ Frau ________________ sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Anstellungsverhältnis mit Ablauf des 14.01.2004 auf Veranlassung der TRAVELEX aus betriebsbedingten Gründen einvernehmlich enden wird. Bis zum Beendigungsdatum wird das Arbeitsverhältnis beiderseits vertragsgemäß abgewickelt.
        
…       
        
        
     

        
(1)

Herr/ Frau ___________ erhält bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses von TRAVELEX ein wohlwollendes qualifiziertes Zeugnis sowie sämtliche Arbeitspapiere.
        
…       
        
        
     

        
(1)

INTEX und Herr/ Frau _________ bestätigen, dass ihnen jeweils eine schriftliche Ausfertigung des Arbeitsvertrages zwischen TRAVELEX und Herrn/Frau ______________ vom ____________ vorliegen.
        
(2)

INTEX und Herr/ Frau _______________ sind sich einig, ab dem 15.01.2004 das ursprünglich mit TRAVELEX bestehende Arbeitsverhältnis zu den bisherigen Bedingungen fortzusetzen. Die Betriebszugehörigkeit wird vollumfänglich angerechnet. Arbeitsort ist Terminal 2 des Frankfurter Flughafens. Die übrigen Arbeitsbedingungen, insbesondere Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts, die Arbeitszeit, die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses bleiben unverändert (‚Übernahme 1 : 1’). Es besteht Einvernehmen, dass das KSchG vom ersten Tag an (15.01.2004) des mit Herrn/Frau ______________ begründeten Arbeitsverhältnisses Anwendung findet.
        
     

        
(1)

INTEX und TRAVELEX sind sich darüber einig, dass TRAVELEX für solche Verbindlichkeiten gegenüber Herrn/Frau ______________ als Gesamtschuldner neben INTEX für solche Verbindlichkeiten haftet, die bis zum 14.01. 2005 bereits entstanden sind und vor Ablauf eines Jahres fällig werden.
        
…“   
        
3

Der Kläger ist seit dem 15. Januar 2004 bei der Beklagten tätig. Auch weitere 23 vormals bei der Travelex beschäftigte Arbeitnehmer sind bei der Beklagten im Terminal 2 tätig.

4

Die Beklagte schloss am 2. Mai 2005 mit dem bei ihr bestehenden Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung (BV 2005) „zur Lohngestaltung“. Darin heißt es ua.:


        

„§ 4 Sonderregelung für ‚Ex-Travelex-Mitarbeiter’
        
Die vertragliche Situation derjenigen Mitarbeiter, die im Januar 2004 von der Firma Travelex Deutschland GmbH übernommen wurden, bleibt erhalten. Daher gelten für diese Mitarbeiter die Regelungen des § 3 nicht.
        
Die vertraglich vorgesehenen Gehaltssteigerungen für 2005 werden gezahlt. Eine weitere Erhöhung ist während der Laufzeit dieser Betriebsvereinbarung ausgeschlossen.
        
Die Geschäftsleitung kann auch diese Mitarbeiter an Bonussystemen teilnehmen lassen, etwa dergestalt, dass für Terminal 2 ein monatliches Umsatzziel ausgegeben wird, bei dessen Überschreiten diese Mitarbeiter prozentual am Überschuss beteiligt werden.“
5

Die Beklagte zahlte an den Kläger bis zum Ende des Jahres 2005 eine Vergütung nach den Bestimmungen des MTV und des GTV. Mit Schreiben vom 18. Oktober 2006 machte der Kläger gegenüber der Beklagten erfolglos eine höhere Vergütung geltend, weil er nach § 2 Abs. 3 GTV seit Beginn des Jahres 2006 ein höheres Entgelt nach der Tarifgruppe 1 im 10. Jahr der Betriebszugehörigkeit beanspruchen könne.

6

Mit seiner Klage verlangt der Kläger die Vergütungsdifferenz zum Entgelt im 9. Jahr der Betriebszugehörigkeit und macht weitere, sich aus dem höheren Entgelt ergebende Ansprüche hinsichtlich des tariflich vorgesehenen Urlaubs- und Weihnachtsgeldes sowie der Feiertagsvergütung geltend. Die Ansprüche ergäben sich aus § 7 Abs. 2 des Übernahmevertrages. Nachdem der Kläger zunächst geltend gemacht hatte, ein Betriebsübergang auf die Beklagte liege nicht vor, hat er sich in der Berufungsinstanz den dahin gehenden Vortrag der Beklagten zu eigen gemacht. Deshalb sei sein Anspruch auch nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB berechtigt. Ein anderes Ergebnis folge nicht aus der BV 2005. Die Regelung in § 4 Abs. 2 BV 2005 verstoße gegen § 77 Abs. 3 BetrVG. Diese Betriebsvereinbarung könne auch nicht in arbeitsvertragliche Ansprüche eingreifen.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,


        

1.   

die Beklagte wird verurteilt, an ihn 675,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. Mai 2007 zu zahlen,
        
2.   

die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 45,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. Mai 2007 zu zahlen,
        
3.   

die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 40,32 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. Mai 2007 zu zahlen,
        
4.   

die Beklagte wird des Weiteren verurteilt, an den Kläger weitere 180,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. Juli 2007 zu zahlen,
        
5.   

die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 35,64 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. August 2007 zu zahlen.
8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Bei der Fortführung der Wechselstuben im Terminal 2 handele es sich um einen Betriebsübergang. Sie habe zur nahtlosen Fortführung des Geldwechselgeschäfts Arbeitnehmer der Travelex übernommen und unverändert weiterbeschäftigt. Vorliegend sei die Übernahme im Wege eines dreiseitigen Rechtsgeschäftes zur Übertragung der Arbeitsverhältnisse auf die Beklagte vereinbart worden, nicht aber die Fortgeltung der Bestimmungen des MTV und des GTV. Die Beklagte sei von einem Betriebsübergang ausgegangen und habe nur die gesetzlichen Vorgaben vollzogen. Die nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB transformierten tariflichen Regelungen seien nach Ablauf der einjährigen Veränderungssperre durch die BV 2005 geändert worden. Die Sperre des § 77 Abs. 3 TVG greife nicht ein, weil die BV 2005 vom Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Ziffer 10 BetrVG gedeckt sei.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht ihr stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgeben.

11

I. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist entgegen der Auffassung des Klägers zulässig und daher nicht nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 552 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu verwerfen.

12

1. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Revision müssen die Revisionsgründe angegeben werden, § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO. Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände bestimmt zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) ZPO. Die Revisionsbegründung muss die Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Daher muss die Revisionsbegründung eine Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils enthalten. Die bloße Darstellung anderer Rechtsansichten ohne jede Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils genügt den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung nicht(s. nur BAG 28. Januar 2009 - 4 AZR 912/07 - Rn. 11 mwN, AP ZPO § 551 Nr. 66 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 10).

13

2. Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung der Beklagten im Schriftsatz vom 25. November 2008 noch gerecht. Die Beklagte führt an, das Landesarbeitsgericht habe eine beiderseitige Tarifgebundenheit des Klägers und der Travelex angenommen, obwohl deren Verbandsmitgliedschaft vom Kläger nicht behauptet worden sei. Zudem unterlägen nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB transformierte tarifliche Regelungen nur einer einjährigen Veränderungssperre, weshalb die BV 2005 individualvertragliche Ansprüche des Klägers habe abändern können. Die Revisionsbegründung lässt in ausreichender Weise erkennen, dass und aus welchen Gründen die Beklagte die rechtliche Würdigung des Landesarbeitsgerichts für fehlerhaft hält. Ob diese Rechtsauffassungen zutreffend sind, ist für die Zulässigkeit der Revision ohne Belang.

14

II. Die danach zulässige Revision ist jedoch unbegründet. Der Kläger kann von der Beklagten gemäß § 2 Abs. 3 GTV eine Vergütung nach der Tarifgruppe 1 im 10. Jahr der Beschäftigung und deshalb für den streitgegenständlichen Zeitraum von der Beklagten die rechnerisch unstreitigen Vergütungsdifferenzen im beantragten Umfang verlangen.

15

1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dass die Regelungen des MTV und des GTV nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB aufgrund eines Betriebsübergangs oder jedenfalls eines Betriebsteilübergangs der Wechselstuben im Terminal 2 in das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis transformiert worden seien. Zudem hätten die Parteien im Übernahmevertrag einvernehmlich die Rechtsfolgen eines Betriebsübergangs herbeiführen wollen. In der Folge stehe dem Kläger ein Anspruch auf ein tarifliches Entgelt nach der Tarifgruppe 1 im 10. Jahr der Betriebszugehörigkeit zu. Die BV 2005 habe die arbeitsvertragliche Rechtsposition des Klägers nicht beeinträchtigen können. Eine Ablösung transformierter tarifvertraglicher Regelungen durch eine Betriebsvereinbarung im Wege einer sogenannten Über-Kreuz-Ablösung nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB sei nicht möglich.

16

2. Dem folgt der Senat im Ergebnis und in Teilen der Begründung.

17

a) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass sich der Anspruch des Klägers bereits aufgrund der in § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB vorgesehenen Transformation der bei der Travelex geltenden tariflichen Regelungen ergibt. Das würde voraussetzen, dass es sich bei der Fortführung der Wechselstuben im Terminal 2 durch die Beklagte um einen Betriebsübergang oder jedenfalls um einen Betriebsteilübergang handelt, infolgedessen das Arbeitsverhältnis des Klägers entsprechend der Regelung in § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Beklagte übergegangen ist. Voraussetzung hierfür ist allerdings ein mit einem Veräußerer bestehendes Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs. Dabei hat das Landesarbeitsgericht jedoch zu Unrecht den ua. zwischen den Parteien geschlossenen Übernahmevertrag nicht berücksichtigt.

18

b) Nach dem Inhalt der vertraglichen Vereinbarung vom 25. November 2003 sollte das mit der Travelex bestehenden Arbeitsverhältnis des Klägers zum Zeitpunkt des vom Landesarbeitsgericht angenommenen Betriebsübergangs vertraglich beendet und ein neues Arbeitsverhältnis mit der Beklagten begründet werden. Nach dem Inhalt der Regelung sollte es gerade nicht zu einem sich kraft Gesetzes vollziehenden Übergang des Arbeitsverhältnisses kommen. Das ergibt die Auslegung des Übernahmevertrages.

19

aa) Nach dem Formularvertrag vom 25. November 2003, der der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt(st. Rspr., etwa BAG 30. August 2000 - 4 AZR 581/99 - zu I 1 b der Gründe mwN, BAGE 95, 296), endete nach dessen § 2 das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Travelex mit Ablauf des 14. Januar 2004 und damit zum Zeitpunkt eines etwaigen Betriebsübergangs.

20

bb) Der weitere Inhalt des Übernahmevertrages spricht dagegen, dass die Parteien von einem Betriebs- oder Betriebsteilübergang ausgegangen sind und die Abreden dieses Vertrages lediglich die sich aus § 613a BGB ergebenden Rechtsfolgen nochmals vertraglich festhalten wollten. Zwar bestimmt § 7 Abs. 2 des Übernahmevertrages, dass die Parteien das „ursprünglich mit TRAVELEX bestehende Arbeitsverhältnis zu den bisherigen Bedingungen“ fortsetzen. Diese Regelung könnte dahin verstanden werden, die Parteien seien von einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ausgegangen, weil es bereits infolge der Regelung des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Beklagte übergehen würde. In diesem Fall wären allerdings die Bestimmungen in § 1 Abs. 3(„zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen“) und § 2 des Übernahmevertrages(„aus betriebsbedingten Gründen einvernehmlich enden wird“) ebenso entbehrlich gewesen wie diejenige über die sofortige Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes in § 7 Abs. 2 Satz 1 des Übernahmevertrages. Ebenso spricht die in § 1 Abs. 2 des Übernahmevertrages niedergelegte Annahme - unabhängig von ihrer Unwirksamkeit wegen eines etwaigen Verstoßes gegen das Klauselverbot in § 309 Nr. 12 Buchst. b) BGB -, es handele sich „bei den Wechselstuben im Terminal 2 nicht um eine selbständige organisatorische Untergliederung der TRAVELEX“, „welche unter Wahrung ihrer Identität von INTEX fortgeführt“ werden, gegen ein Verständnis der Parteien, es sollten lediglich die gesetzlichen Rechtsfolgen eines Betriebsübergangs zusätzlich vertraglich festgelegt werden. Gleiches lässt sich für die in § 3 Abs. 2 des Vertrages vereinbarte Zahlung eines „Sonderbonus aus dem sogenannten Sozialfond“ durch die Travelex an den Kläger anführen.

21

c) Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich im Ergebnis jedoch als zutreffend. Dabei muss der Senat nicht abschließend entscheiden, ob aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts tatsächlich von einem Betriebs- oder einem Betriebsteilübergang auf die Beklagte ausgegangen werden kann(dazu ausf. BAG 17. Dezember 2009 - 8 AZR 1019/08 - Rn. 17 ff., NZA 2010, 499), in dessen Folge das Arbeitsverhältnis des Klägers nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf sie übergegangen sein könnte.

22

Hat ein Betriebsübergang oder Betriebsteilübergang auf die Beklagte nicht stattgefunden, ergibt sich der Anspruch des Klägers vorliegend aufgrund der zwischen den Parteien und der Travelex getroffenen dreiseitigen Vereinbarung vom 25. November 2003, dem dadurch mit der Beklagten begründeten Arbeitsverhältnis und der dortigen Regelung in § 7 Abs. 2(unter aa).

23

Ist es infolge der Fortführung der Wechselstuben im Terminal 2 durch die Beklagte zu einem Betriebsübergang oder einem Betriebsteilübergang gekommen, infolgedessen das Arbeitsverhältnis des Klägers kraft Gesetzes - gegebenenfalls unter Zuordnung seines Arbeitsverhältnisses zu dem übernommenen Betrieb oder Betriebsteil(s. dazu etwa BAG 25. September 2003 - 8 AZR 446/02 - zu II 2 b der Gründe, AP BGB § 613a Nr. 256 = EzA ZPO 2002 § 50 Nr. 2) - auf die Beklagte übergegangen wäre, ist sein Anspruch auch dann begründet. Es kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob die mit einem Aufhebungsvertrag verbundene vertragliche Übernahmevereinbarung im Falle eines an sich nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB bereits kraft Gesetzes vollziehenden Übergangs des Arbeitsverhältnisses gemäß § 134 BGB nichtig ist, weil sie der Umgehung der zwingenden Rechtsfolgen des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gedient hätte(für einen Aufhebungsvertrag vgl. BAG 18. August 2005 - 8 AZR 523/04 - Rn. 27, BAGE 115, 340). Dies könnte etwa dann der Fall sein, wenn deren objektive Zielsetzung in der Beseitigung der Kontinuität des Arbeitsverhältnisses bei einem gleichzeitigen Erhalt des Arbeitsplatzes besteht (vgl. dazu BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 917/06 - Rn. 43, AP BGB § 613a Nr. 333 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 82)oder die Vereinbarung verhindern soll, dass der künftige Betriebserwerber in sämtliche bestehende Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis eintritt (vgl. BAG 19. März 2009 - 8 AZR 722/07 - Rn. 27, AP BGB § 613a Nr. 369 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 108). Ist der Übernahmevertrag wirksam, ergibt sich der Anspruch des Klägers aus dessen § 7 Abs. 2(unter aa). Ist er nach § 134 BGB unwirksam, folgt der Anspruch aus § 611 Abs. 1 iVm. § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB(unter bb).

24

aa) Der Anspruch des Klägers auf die begehrten Entgeltdifferenzen ergibt sich im Falle der Wirksamkeit der Vereinbarung vom 25. November 2003 aus deren § 7 Abs. 2.

25

(1) Bei der Regelung in § 7 Abs. 2 des Übernahmevertrages handelt es sich nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts um eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB, die der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung unterliegt(etwa BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06  - BAGE 124, 259 ). Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., etwa 24. Oktober 2007 -  10 AZR 825/06  - Rn. 13 mwN, aaO).

26

(2) Die Parteien haben mit dem Übernahmevertrag eine Vereinbarung getroffen, dass trotz der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit der Travelex und der Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten ihm zumindest diejenigen Arbeitsbedingungen erhalten bleiben sollten, die bereits bei der Travelex für ihn galten. Danach sind für das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis die Regelungen des GTV und des MTV maßgebend. Das beinhaltet auch eine zum Zeitpunkt des 15. Januar 2004 im GTV bereits fest vereinbarte Dynamik der Erhöhung des Tarifentgelts bei einer längeren Dauer der Betriebszugehörigkeit, wie sie in § 2 Abs. 3 GTV vorgesehen ist.

27

(a) Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 des Übernahmevertrages haben die Parteien vereinbart, dass das „ursprünglich mit TRAVELEX bestehende Arbeitsverhältnis zu den bisherigen Bedingungen“ mit der Beklagten fortgesetzt werden soll. In Satz 2 wird hinsichtlich der „Zusammensetzung“ und der „Höhe“ des Entgelts nochmals ausdrücklich festgeschrieben, dass die darauf bezogenen Arbeitsbedingungen unverändert bleiben sollen.

28

Zu den „bisherigen Arbeitsbedingungen“ des Klägers im Arbeitsverhältnis mit der Travelex gehörten kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit auch die durch den MTV und den GTV festgelegten Entgeltregelungen. Soweit die Beklagte die Tarifgebundenheit der Travelex in Abrede stellt, weil sie deren Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband bestreitet, übersieht sie, dass es sich bei den beiden in Frage stehenden Tarifverträgen um Firmentarifverträge handelt. Die Tarifgebundenheit folgt als Tarifvertragspartei des GTV und des MTV unmittelbar aus § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 TVG. Einer Mitgliedschaft der Travelex in einem Arbeitgeberverband bedarf es nicht.

29

Die Regelung umfasst auch bereits vereinbarte Entgeltsteigerungen. Die Regelungen des GTV gelten als „bisherige Arbeitsbedingungen“ zwar lediglich mit dem Inhalt, der zum 15. Januar 2005 maßgebend war. Eine zu diesem Zeitpunkt bereits in dessen Normen selbst angelegte Dynamik bleibt aber für das Arbeitsverhältnis der Parteien aufrecht erhalten. Eine Begrenzung des nominalen Entgeltniveaus auf dasjenige zum Beginn des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien kommt in der vertraglichen Abrede nicht zum Ausdruck. Dieses Verständnis der vertraglichen Regelung, wonach der Kläger keine Schlechterstellung hinsichtlich der nunmehr mit der Beklagten geltenden Arbeitsbedingungen erfahren soll, wird auch durch den Klammerzusatz in § 7 Abs. 2 Satz 3 des Vertrages - „Übernahme 1 : 1“ - verdeutlicht. Danach sollen in dem neuen Arbeitsverhältnis die bisherigen Arbeitsbedingungen vollständig übernommen werden und weiterhin gelten.

30

(b) Für ein solches Verständnis spricht auch die Vertragspraxis sowie die Regelung in § 4 Abs. 2 BV 2005.

31

(aa) Bei den Begleitumständen, die Rückschlüsse auf den erklärten Geschäftswillen haben können, sind bei der Auslegung grundsätzlich nur diejenigen zu berücksichtigen, die bei Abschluss des Rechtsgeschäfts erkennbar waren. Soweit gleichwohl ein nachträgliches Verhalten der Parteien bei der Auslegung berücksichtigt wird, muss es „Rückschlüsse auf den tatsächlichen Willen und das tatsächliche Verständnis der an dem Rechtsgeschäft Beteiligten zulassen“(BAG 28. Januar 2009 - 4 AZR 904/07 - Rn. 35 mwN, AP BGB § 133 Nr. 56).

32

(bb) Die Beklagte zahlte auch in den Jahren 2004 und 2005, nachdem sie zunächst eine Entgeltsteigerung aufgrund einer längeren Betriebszugehörigkeit nicht vorgenommen hatte, nach Aufforderung des Klägers und weiterer von ihm benannter Arbeitnehmer, die zuvor bei der Travelex beschäftigt waren, ein Entgelt einschließlich der im GTV vorgesehenen Vergütungssteigerungen infolge längerer Betriebszugehörigkeit.

33

Die Beklagte ging auch beim Abschluss der BV 2005 davon aus, dass den vormals bei der Travelex beschäftigten Arbeitnehmern aufgrund der Bestimmung in § 7 Abs. 2 des Übernahmevertrages ein vertraglicher Anspruch auf die nach dem GTV vorgesehenen Entgeltsteigerungen infolge längerer Betriebszugehörigkeit zusteht. Das zeigt § 4 Abs. 2 Satz 1 BV 2005, in dem von „vertraglich vorgesehenen Gehaltssteigerungen“ die Rede ist, die ab dem Jahre 2006 für die Laufzeit der Betriebsvereinbarung ausgeschlossen sein sollen. Dementsprechend hat die Beklagte im Jahre 2005 dem Kläger das höhere Entgelt noch geleistet, nicht aber im darauf folgenden Jahr.

34

(3) Das Vorbringen der Beklagten steht dieser Auslegung nicht entgegen.

35

(a) Der Einwand der Beklagten, die Regelung in § 7 Abs. 2 des Übernahmevertrages sei nicht geeignet, eine individualvertragliche Inbezugnahme auf die bei der Travelex geltenden Tarifverträge zu begründen, ist unerheblich. § 7 Abs. 2 des Übernahmevertrages regelt nicht die vertragliche Inbezugnahme eines bestimmten Tarifvertrages. Bezugnahmeobjekt der dort getroffenen Vereinbarung, die den Inhalt des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsverhältnisses regeln soll, sind die „bisherigen Arbeitsbedingungen“. Zu diesen gehören auch der GTV und der MTV. Einer ausdrücklichen Inbezugnahme der beiden Tarifverträge bedarf es danach nicht.

36

(b) Ohne Erfolg ist auch der Einwand der Beklagten, die Formulierung in § 7 Abs. 2 des Vertrages sei unklar. Sie ist Verwender iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB, da nach § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB die Allgemeinen Geschäftsbedingungen als von ihr gestellt gelten.Die Unklarheitenregel beruht auf dem Gedanken, dass es Sache des Verwenders ist, die von ihm vorgegebenen Vertragsbedingungen klar und unmissverständlich zu formulieren. Der Verwender kann sich nicht darauf berufen, er habe dieser Pflicht nicht genügt, weshalb die betreffende Regelung nicht zu seinem Nachteil angewendet werden dürfe. Ihm ist deshalb die Berufung auf die Unklarheitenregelung des § 305c BGB versagt(BAG 9. November 2005 - 5 AZR 128/05 - Rn. 16, BAGE 116, 185). Zudem kann auf diese Regel nur zurückgegriffen werden, wenn nach Ausschöpfung aller anerkannten Auslegungsmethoden „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen (BAG 21. Oktober 2009 - 4 AZR 880/07 - Rn. 34 mwN; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Derartige Zweifel sind, wie die Auslegung zeigt, vorliegend nicht gegeben. Allein die entfernte Möglichkeit, auch zu einem anderen Auslegungsergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung von § 305c Abs. 2 BGB nicht(BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - aaO).

37

(4) Die individualvertraglich vereinbarten Entgeltbedingungen konnten durch die BV 2005 nicht zum Nachteil des Klägers verändert werden. Die Regelungen in § 4 Satz 2 der BV 2005 entfalten im Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund des Günstigkeitsprinzips keine Wirkung.

38

(a) Im Verhältnis von vertraglich begründeten Ansprüchen und anspruchsgewährenden Normen einer Betriebsvereinbarung gilt grundsätzlich das Günstigkeitsprinzip(BAG GS 16. September 1986 - GS 1/82 - zu C der Gründe, BAGE 53, 42; BAG 6. November 2007 - 1 AZR 862/06 - Rn. 23, BAGE 124, 323). Die Betriebsparteien können vertragliche Rechtspositionen der Arbeitnehmer nicht wirksam verschlechtern. Günstigere einzelvertragliche Vereinbarungen sind gegenüber belastenden Regelungen einer Betriebsvereinbarung vorrangig (BAG 12. Dezember 2006 - 1 AZR 96/06 - Rn. 21, BAGE 120, 308). Etwas anderes kommt nur in Betracht, wenn vertragliche Ansprüche, die bestimmte Sozialleistungen betreffen, auf eine vom Arbeitgeber gesetzte Einheitsregelung oder eine Gesamtzusage zurückgehen und die Neuregelung durch eine Betriebsvereinbarung insgesamt bei kollektiver Betrachtung nicht ungünstiger ist (BAG GS 16. September 1986 - GS 1/82 - aaO). Das ist hier nicht der Fall.

39

(b) Die mit der Regelung in § 7 Abs. 2 des Übernahmevertrages verbundenen individualrechtlichen Ansprüche des Klägers auf ein den Regelungen des GTV entsprechendes Entgelt konnten danach durch die BV 2005 nicht verkürzt werden. Die Verschlechterung der vertraglichen Vergütungsregelungen wird auch nicht dadurch ausgeglichen, dass die in der Betriebsvereinbarung vorgesehene Regelung nach deren § 2 auch dazu dient, die Schließung von Betriebsstätten zu verhindern und nach § 6 BV 2005 betriebsbedingte Kündigungen bis zum 31. Dezember 2006 ausgeschlossen werden. Bei einem Günstigkeitsvergleich können nur die Regelungen miteinander verglichen werden, die in einem sachlichen Zusammenhang stehen - „Sachgruppenvergleich“. Arbeitsentgelt einerseits und eine Beschäftigungsgarantie andererseits sind unterschiedlich geartete Regelungsgegenstände, für deren Bewertung es keinen gemeinsamen, einen wertenden Vergleich ermöglichenden Maßstab gibt. Eine Beschäftigungssicherung durch den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen ist daher nicht geeignet, Verschlechterungen bei der Arbeitszeit oder dem Arbeitsentgelt zu rechtfertigen(st. Rspr., s. nur BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 60 mwN, AP TVG § 3 Verbandsaustritt Nr. 14 = EzA TVG § 3 Verbandsaustritt Nr. 3).

40

(c) Der Einwand der Revision, sowohl der Arbeitsvertrag des Klägers vom 2. Januar 1997 als auch der Übernahmevertrag seien „betriebsvereinbarungsoffen“ gestaltet worden, ist ohne Erfolg.

41

(aa) Soweit sich die Beklagte auf den in der Revisionsinstanz vorgelegten Arbeitsvertrag des Klägers vom 2. Januar 1997 bezieht, handelt es sich um einen in der Revisionsinstanz nach § 559 Abs. 2 ZPO unzulässigen neuen Tatsachenvortrag. Zudem bleibt offen, aufgrund welcher Abreden die arbeitsvertraglichen Regelungen unter dem Vorbehalt einer späteren Änderung durch eine betriebliche Regelung(zu diesem Erfordernis etwa BAG 3. November 1987 - 8 AZR 316/81 - zu II 3 der Gründe, BAGE 56, 289) stehen sollen. Dem Arbeitsvertrag können sie nicht entnommen werden.

42

(bb) Gleiches gilt für den Übernahmevertrag. Die Revision führt letztlich auch keine darin enthaltene Regelung für ihre Auffassung an, sondern behauptet nur pauschal die für sie günstige Rechtslage. Auch § 7 des Übernahmevertrages kann nicht entnommen werden, die vertraglich mit der Beklagten vereinbarten Arbeitsbedingungen könnten, soweit sie in dem Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Travelex kraft unmittelbarer Tarifgebundenheit galten, bei der Beklagten durch eine tarifliche oder betriebliche Regelung entsprechend der in § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB vorgesehenen Regelung auch zum Nachteil des Klägers abgelöst werden.

43

(d) Selbst wenn man zugunsten der Beklagten davon ausgehen würde, die „Übernahme“ der bisherigen Arbeitsbedingungen des Klägers seien dergestalt vereinbart worden, dass die vormals durch Tarifvertrag geregelten Arbeitsbedingungen entsprechend § 613 Abs. 1 Satz 3 BGB durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrages oder durch eine andere Betriebsvereinbarung abgelöst werden könnten, würde die Regelung in § 4 BV 2005 vorliegend zu keinem anderen Ergebnis führen. Dabei kann es dahinstehen, ob hinsichtlich der BV 2005 nicht bereits die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG eingreift. Eine Ersetzung der Bestimmungen des GTV durch die Regelungen einer Betriebsvereinbarung scheidet aus.

44

(aa) Der Erste Senat hat mit Urteil vom 6. November 2007 entschieden, dass im Rahmen von § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB Regelungen einer beim nicht tarifgebundenen Betriebserwerber geltenden Betriebsvereinbarung nicht geeignet sind, Rechtsnormen eines zwischen Veräußerer und Arbeitnehmer aufgrund beiderseitiger Tarifbindung geltenden Tarifvertrages verschlechternd abzulösen. Dies gelte auch dann, wenn mangels Sperrwirkung eines Tarifvertrages nicht schon § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG einer solchen Ablösung entgegensteht. Jedenfalls außerhalb des Bereichs der erzwingbaren Mitbestimmung des Betriebsrats sei für eine sog. Über-Kreuz-Ablösung der Rechtsnormen eines Tarifvertrages durch Regelungen einer Betriebsvereinbarung kein Raum. Zur Begründung hat der Erste Senat sich auf systematische und teleologische Gründe berufen. Die Möglichkeit einer Über-Kreuz-Ablösung würde gegen den Schutzzweck von § 613a Abs. 1 BGB und der ihm zugrunde liegenden Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 in ihrer Fassung durch die Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 verstoßen. Art. 3 der Richtlinie und § 613a Abs. 1 BGB verfolgten ersichtlich das Ziel, die Rechtsstellung der Arbeitnehmer vor Verschlechterungen aus Anlass eines Betriebsübergangs weitgehend zu schützen. Dem widerspräche es, wenn es dem Erwerber ermöglicht würde, ursprünglich tarifvertraglich begründete Rechtsansprüche der Arbeitnehmer nach dem Betriebsübergang durch ungünstigere Regelungen einer Betriebsvereinbarung abzulösen. Außerhalb eines Betriebsübergangs könnten die Betriebsparteien allein wegen § 4 Abs. 3 TVG tarifliche Regelungen nicht durch Betriebsvereinbarung verschlechtern. Auch eine gemäß § 4 Abs. 5 TVG nur nachwirkende Tarifnorm könnte zumindest außerhalb des Bereichs der zwingenden Mitbestimmung nicht durch eine ungünstigere Betriebsvereinbarung abgelöst werden(ausf. BAG 6. November 2007 - 1 AZR 862/06 - Rn. 32 ff., BAGE 124, 323).

45

Dem hat sich der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts für tariflich geregelte Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung angeschlossen. Solche könnten nicht im Wege der sogenannten Über-Kreuz-Lösung durch eine beim Erwerber bestehende Betriebsvereinbarung abgelöst werden. Zwar habe der Betriebsrat auch bei Leistungen der betrieblichen Altersversorgung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 8 bzw. Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen. Entscheidend sei jedoch, dass der Regelungsgegenstand „Altersversorgung“ nur teilmitbestimmt ist. Der Arbeitgeber bestimme eigenverantwortlich, ob er eine betriebliche Altersversorgung schaffen, wie viele Mittel er hierfür bereitstellen und welchen Personenkreis er begünstigen will. Demgegenüber beziehe sich das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats im Wesentlichen auf den Leistungsplan und die Heranziehung der Arbeitnehmer zu Beiträgen. Damit fehle es für den Regelungsgegenstand der betrieblichen Altersversorgung an der erforderlichen Kongruenz des Umfangs der „erzwingbaren“ Regelungsmacht der Tarifpartner auf der einen und der Betriebspartner auf der anderen Seite(BAG 13. November 2007 - 3 AZR 191/06 - Rn. 31, BAGE 125, 1).

46

(bb) Für die hier vorliegende Betriebsvereinbarung gilt nichts anderes. Betriebsvereinbarungen wie die BV 2005 über finanzielle Leistungen des Arbeitgebers und damit verbunden die betriebliche Lohngestaltung sind teilmitbestimmt. Während der Arbeitgeber den Dotierungsrahmen mitbestimmungsfrei vorgeben kann, bedarf er für die Ausgestaltung, also für den Verteilungs- und Leistungsplan nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, der Zustimmung des Betriebsrats. Ist der Arbeitgeber nicht tarifgebunden, kann er - jedenfalls kollektivrechtlich - das gesamte Volumen der von ihm für die Vergütung der Arbeitnehmer bereitgestellten Mittel mitbestimmungsfrei festlegen(BAG 26. August 2008 - 1 AZR 354/07 - Rn. 15, 21 mwN, BAGE 127, 297). Damit fehlt es auch hier an der kongruenten Regelungsmacht des Betriebsrats. Ob es sich bei der speziellen Regelung in § 4 Abs. 2 Satz 2 BV 2005 überhaupt um eine mitbestimmungspflichtige Frage der betrieblichen Lohngestaltung handelt(dazu BAG 2. März 2004 - 1 AZR 271/03 - zu IV 1 a der Gründe, BAGE 109, 369), muss der Senat daher nicht entscheiden.

47

bb) Sollte ein Betriebsübergang oder ein Betriebsteilübergang auf die Beklagte vorliegen, infolge dessen das Arbeitsverhältnis des Klägers kraft Gesetzes auf die Beklagte übergegangen ist, weil sich der Übernahmevertrag nach § 134 BGB als unwirksam erweist, ist der Anspruch gleichfalls begründet. Der Kläger hat dann gegen die Beklagte einen vertraglichen Anspruch nach § 611 Abs. 1 iVm. § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB auf Zahlung einer Vergütung nach der Tarifgruppe 1 im 10. Jahr der Beschäftigung gemäß § 2 Abs. 3 GTV.

48

(1) Die Rechtsnormen des GTV, in dem ua. eine Vergütungserhöhung mit steigender Betriebszugehörigkeit geregelt ist, waren zum Zeitpunkt eines etwaigen Betriebsübergangs Inhalt des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, die beide normativ tarifgebunden waren, § 3 Abs. 1 TVG.

49

(2) Die tariflichen Verpflichtungen aus dem GTV sind mit einem Betriebsübergang auf die Beklagte gemäß § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB Inhalt des nunmehr zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses geworden. Da die Beklagte nicht tarifgebunden ist und eine anderweitige kollektivrechtliche Geltung dieser Tarifnormen ausscheidet, greift für die bis dahin normativ geltenden Rechte und Pflichten die Auffangregelung des § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB ein. Zu den auf die Beklagte nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB übergegangenen Pflichten des GTV gehört auch die Weitergabe des höheren Entgelts infolge längerer Betriebszugehörigkeit.

50

(a) Die entsprechend der Grundregel in § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB zum Zeitpunkt des Übergangs des Arbeitsverhältnisses bestehenden Rechte und Pflichten beschreiben das Arbeitsverhältnis umfassend, wie es zu diesem Zeitpunkt existiert. Dazu gehören nicht nur die aktuell realisierten Rechte und Pflichten, sondern alle, auf die sich eine der Vertragsparteien bei unveränderter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses berufen könnte. Dabei tritt der Erwerber an die Stelle des Veräußerers und nimmt dessen Rechtsstellung unverändert ein. Diese umfasst alle Rechtspositionen aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, die zu dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs den Inhalt des Arbeitsverhältnisses bestimmen. Daher gehen auch diejenigen Rechte und Pflichten des Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber über, die in Kollektivnormen geregelt sind, ohne dass spätere Änderungen der Kollektivnormen selbst Einfluss auf die Weitergeltung nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB haben. Auch diese gehen in dem Zustand über, in dem sie sich zum Zeitpunkt des Übergangs befinden. Sie gelten zwar statisch fort, aber eine in der - statisch - fortgeltenden Norm selbst angelegte Dynamik bleibt aufrechterhalten. Das hat der Senat bereits mehrfach entschieden und ausführlich begründet(grdl. BAG 19. September 2007 - 4 AZR 711/06 - Rn. 23 ff., BAGE 124, 123; s. auch BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 82 ff., AP BGB § 613a Nr. 371 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 110). Daran hält der Senat fest.

51

(b) Diese Auslegung des § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB verstößt nicht gegen die verfassungsrechtlich geschützte negative Koalitionsfreiheit der Beklagten(ausf. BAG 19. September 2007 - 4 AZR 711/06 - Rn. 31, BAGE 124, 123). In der Bindung an einen im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bereits vereinbarten und in Kraft getretenen Tarifvertrag liegt auch weder eine Beeinträchtigung der negativen Koalitionsfreiheit iSd. Art. 11 EMRK vor noch verstößt die vorliegende Auslegung gegen die Grundsätze, auf die sich der EuGH insbesondere in seiner Entscheidung vom 9. März 2006 bezogen hat (- C-499/04 - [Werhof] - insb. Rn. 34 ff., Slg. 2006, I-2397). Das hat der Senat bereits ausführlich begründet (BAG 19. September 2007 - 4 AZR 711/06 - Rn. 23 ff., aaO). Auch daran hält der Senat fest.

52

(3) Eine Ablösung der nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB transformierten vormaligen tariflichen Regelungen durch die BV 2005 scheidet aus den bereits genannten Gründen(unter aa [4] [d]) ebenso aus wie eine nachteilige Veränderung des Vertragsinhalts durch diese Betriebsvereinbarung (oben unter aa [4] [a] bis [c] [bb]).

53

d) Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 291 Satz 1, § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB.

54

III. Die Kosten der erfolglosen Revision hat nach § 97 ZPO die Beklagte zu tragen.


        

    Bepler    

        

    Creutzfeldt    

        

    Treber    

        

        

        

    Hannig    

        

    Drechsler    
                 

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 10. Mai 2016 - 7 Sa 202/14 - aufgehoben, soweit es der Klage stattgegeben hat.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 5. Februar 2014 - 5 Ca 1127/13 - wird auch insoweit zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe einer Theaterbetriebszulage für den Zeitraum von November 2011 bis einschließlich April 2013.

2

Der Kläger ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di und war vom 15. April 1998 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand am 1. Mai 2013 bei dem Theater M beschäftigt. Das Theater ist ein Eigenbetrieb der beklagten Landeshauptstadt. Diese ist Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Sachsen-Anhalt e. V.

3

Das Arbeitsverhältnis gründete sich zunächst auf einen bis zum 31. Juli 2000 befristeten Arbeitsvertrag vom 7. April 1998. Dieser lautet auszugsweise wie folgt:

        

„Zwischen …

        

wird der folgende

        

DIENSTVERTRAG

        

im Sinne des Bühnentechniker-Tarifvertrages (BTT) abgeschlossen:

                 
        

§ 1

        

Herr   

W       

wird   

        

als Mitglied des

Theaters der Landeshauptstadt M

        

in    

        

der Technik

        

für die Kunstgattung/Kunstgattungen

        
        

als     

Assistent des Technischen Direktors

        

eingestellt.

        

…       

        

§ 4

        

Das feste monatliche Gehalt beträgt

.510,00

DM,     

        

…       

                 
        

§ 5

        

Neben dem festen monatlichen Gehalt erhält das Mitglied eine Theaterbetriebszulage in Höhe von

        

monatlich

90,00 

DM    

        

…       

        

8 %     

v. H. des nach § 6 Abs. 1 BTT zulässigen Höchstbetrages.

        

…       

        

§ 8

        

Im übrigen bestimmt sich das Dienstverhältnis nach dem Bühnentechniker-Tarifvertrag (BTT) vom 25. Mai 1961 und den nach § 4 BTT anzuwendenden Vorschriften des Normalvertrages Solo in den jeweils geltenden Fassungen und den den BTT ändernden und ergänzenden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträgen sowie nach den sonstigen zwischen dem Deutschen Bühnenverein - Bundesverband deutscher Theater und der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger für die nach dem Bühnentechniker-Tarifvertrag Beschäftigten vereinbarten Tarifverträgen.

        

…       

        

§ 11

        

Über alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten im Sinne des § 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes entscheiden unter Ausschluss der Arbeitsgerichtsbarkeit die nach Maßgabe der zwischen dem Deutschen Bühnenverein - Bundesverband deutscher Theater und der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger vereinbarten Bühnenschiedsgerichtsordnung eingesetzten Bühnenschiedsgerichte.“

4

§ 6 des Arbeitsvertrags enthielt eine stichwortartige Aufgabenbeschreibung des Klägers. Demnach oblag ihm ua. die Leitung der Betriebs- und Haustechnik sowie die Hochbauunterhaltung und Planung.

5

Der vertraglich in Bezug genommene Tarifvertrag für technische Angestellte mit künstlerischer oder überwiegend künstlerischer Tätigkeit an Bühnen - Bühnentechniker-Tarifvertrag (BTT) vom 25. Mai 1961 lautete in der Fassung vom 23. September 1996 auszugsweise wie folgt:

        

§ 2 Persönlicher Geltungsbereich

        

(1)     

Unter diesen Tarifvertrag fallen:

                 

1.    

Technische Direktoren und technische Leiter,

                 

…       

        
                 

7.    

Assistenten der technischen Leiter …

                 

…       

        
        

§ 6 Theaterbetriebszulage

        

(1)     

Der Angestellte, der nicht nur gelegentlich Sonn- und Feiertagsarbeit leisten muß und üblicherweise unregelmäßige tägliche Arbeitszeiten hat, erhält eine monatliche Theaterbetriebszulage bis zu 14 v.H. des jeweiligen Höchstbetrages der Grundvergütung, die den Angestellten der Vergütungsgruppe IV b BAT des Arbeitgebers zusteht. … Die Höhe der Zulage ist im Dienstvertrag zu vereinbaren.

                 

Die mit einem festen Betrag im Dienstvertrag vereinbarte Theaterbetriebszulage ist jeweils nach Maßgabe der Durchführungstarifverträge zu § 2 Abs. 1 des Anpassungsrahmentarifvertrages vom 3. Juni 1966 anzupassen. …

        

(2)     

Durch die Theaterbetriebszulage werden abgegolten:

                 

a)    

die mit dem Dienst am Theater verbundenen Aufwendungen und die besonderen Erschwernisse, die die nicht nur gelegentliche Sonn- und Feiertagsarbeit und die üblicherweise unregelmäßige tägliche Arbeitszeit mit sich bringen;

                 

b)    

Sonn- und Feiertagsarbeit;

                 

c)    

Nachtarbeit.

        

…       

                                   
        

§ 12 Schiedsgerichtsbarkeit

        

Für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten im Sinne des § 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes zwischen dem Theaterveranstalter und dem Angestellten sind unter Ausschluß der Arbeitsgerichtsbarkeit ausschließlich die von den vertragsschließenden Parteien dieses Tarifvertrages nach Maßgabe der vereinbarten Bühnenschiedsgerichtsordnung eingesetzten Schiedsgerichte zuständig.“

6

Am 3./5. August 1999 schlossen die Parteien einen „Änderungsvertrag mit BAT-O-Angestellten“. Hierbei handelt es sich um einen Formularvertrag, welcher Änderungen der §§ 1 und 4 des Arbeitsvertrags vom 15. April 1998 vorsieht. Demnach wird der Arbeitsvertrag mit Wirkung zum 1. August 1999 dahingehend abgeändert, dass der Kläger ab diesem Zeitpunkt als vollbeschäftigter Angestellter auf unbestimmte Zeit mit einer Vergütung nach VergGr. Vb BAT-O statt dem bislang vereinbarten Festgehalt beschäftigt wird. Das in dem Formular für eine Änderung von § 5 des ursprünglichen Arbeitsvertrags vorgesehene Feld wurde nicht ausgefüllt.

7

Der Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 wurde ergänzt durch Sonderregelungen für Angestellte an Theatern und Bühnen (SR 2k BAT-O). Nr. 6 SR 2k BAT-O sah zu § 35 BAT-O, welcher Zeitzuschläge und Überstundenvergütung regelte, die Zahlung einer Theaterbetriebszulage vor. Diese erhielten Angestellte, die nicht nur gelegentlich Sonn- und Feiertagsarbeit leisten mussten und üblicherweise unregelmäßige tägliche Arbeitszeiten hatten.

8

Zum 1. Oktober 2005 wurde der BAT-O durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) vom 13. September 2005 abgelöst. In § 8 TVöD-AT wird der Ausgleich für Sonderformen der Arbeit geregelt. Nach § 8 Abs. 1 TVöD-AT haben die Beschäftigten zB für Überstunden oder Nachtarbeit einen Anspruch auf sog. Zeitzuschläge. § 8 Abs. 5 und Abs. 6 TVöD-AT sehen Zulagen für Wechselschicht- und Schichtarbeit vor. § 55 TVöD - Besonderer Teil Verwaltung - (TVöD-BT-V) enthält wiederum Sonderregelungen für Beschäftigte an Theatern und Bühnen und sieht „Zu Abschnitt II. Arbeitszeit“ unter Nr. 4 Abs. 5 Satz 1 vor, dass § 8 Abs. 1 und § 8 Abs. 5 und Abs. 6 TVöD-AT nicht für Beschäftigte gelten, die eine Theaterbetriebszulage nach einem landesbezirklichen Tarifvertrag erhalten. Landesbezirklich könne jedoch Abweichendes geregelt werden (§ 55 Nr. 4 Abs. 5 Satz 2 TVöD-BT-V).

9

Am 30. November 2006 schlossen der Kommunale Arbeitgeberverband Sachsen-Anhalt e. V. und die Gewerkschaft ver.di einen „Tarifvertrag nach § 55 Nr. 4 Absatz 5 TVöD/BT-V für Beschäftigte an Theatern und Bühnen“ (im Folgenden TV Theaterbetriebszulage). Dieser lautet auszugsweise wie folgt:

        

§ 1   

        

Geltungsbereich            

        

Dieser Tarifvertrag gilt für die Beschäftigten,

        

-       

deren Arbeitgeber Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband Sachsen-Anhalt e. V. sind und

        

-       

deren Arbeitsverhältnisse unter den Geltungsbereich der Nr. 1 Absätze 1 und 2 des § 55 TVöD/BT-V fallen.

        

§ 2     

        

Anspruchsvoraussetzungen            

        

für die Theaterbetriebszulage            

        

(1)     

Die Theaterbetriebszulage erhalten

                 

a)    

Beschäftigte der Beleuchtungs-, Bühnen- und Tontechnik, des Ausstattungs- und Kostümwesens, der Maskenbildnerei und Orchesterwarte im ständigen Proben- und Vorstellungsdienst.

                 

b)    

Beschäftigte in den Maler-, Schlosser-, Kascheur-, Schreiner- oder Schneiderwerkstätten sowie Beschäftigte in der Gebäudeleit- und Haustechnik, wenn sie regelmäßig zum Proben- und Vorstellungsdienst eingesetzt werden.

                 

c)    

sonstige Beschäftigte (z. B. Beschäftigte im Eintrittskartenverkauf, im Hausverwaltungsdienst, im Telefondienst bzw. in der Gebäudeleit- und Haustechnik), wenn sie regelmäßig Sonn- und Feiertagsarbeit leisten müssen und üblicherweise eine unregelmäßige tägliche Arbeitszeit haben, sofern sie nicht bereits unter Buchstabe b fallen.

        

…       

        

§ 4     

        

Höhe der Theaterbetriebszulage            

        

(1)     

Die/der Beschäftigte, der unter § 2 Absatz 1 Buchstaben a oder b fällt, erhält monatlich eine Theaterbetriebszulage in Höhe von 139,12 Euro.

                 

…       

        

(2)     

Die/der Beschäftigte, der unter § 2 Absatz 1 Buchstabe c fällt, erhält eine Theaterbetriebszulage in Höhe von 50 v. H. des Betrages gemäß Absatz 1.

        

(3)     

1Mit jeder allgemeinen Tariferhöhung und/oder Anpassung der Tabellenentgelte Ost an die Tabellenentgelte West erhöht sich in gleichem Umfang und zum gleichen Stichtag die Theaterbetriebszulage entsprechend. …

        

…       

        
        

(5)     

1Beschäftigte, die einen Anspruch auf Theaterbetriebszulage nach § 2 Absatz 1 Buchstabe a oder b haben, erhalten einen Arbeitstag Sonderurlaub im Kalenderjahr. …

        

(6)     

1Mit den Regelungen der Absätze 1 bis 5 werden die für die Theaterschichtbetriebe zu zahlende Schichtzulage gemäß § 8 Abs. 6 TVöD und der Zusatzurlaub für Schichtarbeit gemäß § 27 TVöD abgegolten.

                 

2Ebenfalls werden mit der Theaterbetriebszulage die mit der Arbeit im Theater verbundenen Aufwendungen und die besonderen Erschwernisse, die die nicht nur gelegentliche Sonn- und Feiertagsarbeit und die üblicherweise unregelmäßige tägliche Arbeitszeit mit sich bringen, abgegolten.

        

(7)     

In Abänderung von § 55 Nr. 4 Absatz 5 Satz 1 TVöD/BT-V gilt § 8 Absatz 1 TVöD uneingeschränkt.

        

(8)     

1Die Zeitzuschläge nach § 8 Absatz 1 TVöD können im Interesse der Verwaltungsvereinfachung einzelvertraglich pauschaliert werden. 2Dabei ist der individuelle Durchschnitt aller im Rahmen des § 8 Absatz 1 TVöD gezahlten Zuschläge für ein Jahr (in der Regel für das vorangegangene Jahr) zu Grunde zu legen. 3Diese schriftliche Vereinbarung kann von jeder Seite mit einer Frist von 4 Wochen zum Monatsende gekündigt werden. Eine Nachwirkung ist ausgeschlossen.

        

…       

        

§ 7     

        

In-Kraft-Treten, Geltungsdauer            

        

(1)     

Dieser Tarifvertrag tritt am 01. November 2006 in Kraft.

        

(2)     

Mit dem In-Kraft-Treten gemäß Absatz 1 treten die Regelungen des BAT-O (SR 2k) und BMT-G-O (SV 2f) außer Kraft.“

10

Mit Schreiben vom 7. Dezember 2010 teilte das Theater M dem Kläger mit, dass er nach dem TV Theaterbetriebszulage die Voraussetzungen einer vollen Theaterbetriebszulage nicht erfülle und die bislang erfolgte Zahlung einer vollen Theaterbetriebszulage mithin ab dem 1. Januar 2011 entfalle. Bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nach § 2 Abs. 1 Buchst. c TV Theaterbetriebszulage werde ihm eine halbe Theaterbetriebszulage gezahlt.

11

Am 20. Januar 2011 schlossen die Parteien eine „Vereinbarung über die Pauschalierung von Zeitzuschlägen i.S.v. § 4 (8) ‚TV nach § 55 Nr. 4 Abs. 5 TVöD/BT-V für Beschäftigte an Theatern und Bühnen‘ für Beschäftigte nach dem TVöD“. Diese Vereinbarung kündigte der Kläger mit Schreiben vom 7. Oktober 2011.

12

Die Beklagte zahlte an den Kläger vom 1. November 2011 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30. April 2013 eine halbe Theaterbetriebszulage. Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung hat der Kläger die Differenz zu einer Theaterbetriebszulage in voller Höhe für diesen Zeitraum eingeklagt.

13

Nach seiner Ansicht ist die Arbeitsgerichtsbarkeit zur Entscheidung des Rechtsstreits berufen. Nach dem Änderungsvertrag vom 3./5. August 1999 sei auf das Arbeitsverhältnis ab dem 1. August 1999 nicht mehr der BTT, sondern der BAT-O anzuwenden gewesen. Für eine Geltung der Bühnenschiedsgerichtsordnung habe es ab August 1999 keine Grundlage mehr gegeben. Seine Tätigkeit sei auch nicht mehr vom Geltungsbereich eines Bühnentarifvertrags erfasst gewesen. Die zuletzt gültige Stellenbeschreibung habe seine Funktion als „Betriebstechniker Opernhaus“ bezeichnet. Eine überwiegend künstlerische Tätigkeit sei nicht vereinbart worden.

14

Der Anspruch auf eine Theaterbetriebszulage in voller Höhe folge aus § 4 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Buchst. b TV Theaterbetriebszulage. Er sei während des gesamten streitgegenständlichen Zeitraums regelmäßig zum Proben- und Vorstellungsdienst als Gebäudeleit- und Haustechniker eingesetzt worden. Für die Zeit von November 2011 bis einschließlich November 2012 ergebe sich ein Differenzanspruch von insgesamt 1.051,84 Euro. Für die Folgezeit bis einschließlich April 2013 seien insgesamt 413,40 Euro zu entrichten.

15

Hilfsweise bestehe ein Anspruch auf Zahlung von 1.269,03 Euro für den streitgegenständlichen Zeitraum. Dies folge aus der nicht abgeänderten Vereinbarung in § 5 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998, welche einen Anspruch auf eine Theaterbetriebszulage iHv. 290,00 DM (nunmehr 148,27 Euro) vorsehe.

16

Der Kläger hat daher beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

        

1.    

an den Kläger 1.051,84 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

        

2.    

an den Kläger 413,40 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

        

3.    

hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit den Anträgen zu 1. und 2. an den Kläger 1.269,03 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

17

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag mit der Behauptung begründet, die Klage sei unzulässig. Für die Entscheidung des Rechtsstreits sei die Bühnenschiedsgerichtsbarkeit zuständig. Die Parteien hätten in § 8 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 die Anwendbarkeit des BTT vereinbart. Dieser sei zum 1. Januar 2003 durch den Normalvertrag (NV) Bühne vom 15. Oktober 2002 ersetzt worden. Nach § 53 NV Bühne sei die Bühnenschiedsgerichtsbarkeit nach Maßgabe der Bühnenschiedsgerichtsordnung für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig. Dies entspreche der Vereinbarung in § 11 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998. Diese Inbezugnahme sei durch den Änderungsvertrag vom 3./5. August 1999 nicht abgeändert worden. Die Abänderungen hätten sich nur auf die in § 1 und § 4 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 getroffenen Regelungen bezogen.

18

Der Geltungsbereich des NV Bühne sei eröffnet gewesen. Nach § 1 Abs. 1 NV Bühne unterfielen dem Tarifvertrag auch Bühnentechniker. Bühnentechniker im tariflichen Sinne seien nach § 1 Abs. 3 NV Bühne ua. technische Leiter. Ausweislich § 6 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 habe die Leitung der Betriebs- und Haustechnik zu den Aufgaben des Klägers gehört. Er sei damit ein technischer Leiter iSd. § 1 Abs. 3 NV Bühne gewesen. Die seitens des Klägers vorgelegte Stellenbeschreibung sei nicht zum Vertragsinhalt geworden. Wegen der unverändert gebliebenen Vereinbarung in § 6 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 komme es nicht darauf an, welche Tätigkeiten dem Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum tatsächlich übertragen wurden. Der Kläger sei bis zu seinem Ausscheiden verpflichtet gewesen, Leitungsaufgaben in der Betriebs- und Haustechnik auszuführen.

19

Jedenfalls sei die Klage unbegründet. Ein Anspruch auf die begehrte Differenzvergütung nach § 2 Abs. 1 Buchst. b TV Theaterbetriebszulage bestehe nicht, da der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum nicht regelmäßig im Proben- und Vorstellungsdienst eingesetzt worden sei. Der streitgegenständliche Anspruch ergebe sich auch nicht aus § 5 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998. Nach dem Änderungsvertrag vom 3./5. August 1999 sei zunächst der BAT-O und später der TVöD statt des BTT in Bezug genommen worden. Der dem Kläger aus § 2 Abs. 1 Buchst. c TV Theaterbetriebszulage zustehende Anspruch auf eine halbe Theaterbetriebszulage sei erfüllt worden.

20

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Sie sei wegen der ausschließlichen Zuständigkeit des Bühnenschiedsgerichts unzulässig. Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat die Beklagte unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung zur Zahlung von 1.203,62 Euro brutto nebst Zinsen verurteilt und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Die Klage sei zulässig, aber nur in der Höhe begründet, die sich aus dem in § 5 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 vereinbarten Anspruch auf eine Theaterbetriebszulage ergebe. Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zugelassen. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die vollständige Zurückweisung der Berufung des Klägers.

Entscheidungsgründe

21

Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zwar im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die Klage nicht wegen der von der Beklagten erhobenen Einrede des Schiedsvertrags nach § 102 Abs. 1 ArbGG unzulässig ist. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann der Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum jedoch keine Theaterbetriebszulage nach § 5 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 beanspruchen. Ein Anspruch auf eine Theaterbetriebszulage bestand nur nach den normativ geltenden Regelungen des TV Theaterbetriebszulage. Ob die Voraussetzungen für eine Theaterbetriebszulage in voller Höhe nach § 4 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Buchst. b TV Theaterbetriebszulage erfüllt waren, kann jedoch dahinstehen. Die aus einer tariflichen Anspruchsgrundlage abgeleiteten Differenzvergütungsansprüche waren in den Vorinstanzen Streitgegenstand der Hauptanträge. Der Kläger hat gegen deren Abweisung durch das Landesarbeitsgericht keine Revision oder Anschlussrevision eingelegt. Die vormaligen Hauptanträge sind daher nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens.

22

I. Die Klage ist zulässig. Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit ist nicht gemäß § 101 Abs. 2 ArbGG ausgeschlossen.

23

1. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis. Diese Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit kann nach § 4 ArbGG durch einen Schiedsvertrag nach Maßgabe der §§ 101 bis110 ArbGG ausgeschlossen werden.

24

Nach § 101 Abs. 2 Satz 1 ArbGG können die Tarifvertragsparteien für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten aus einem Arbeitsverhältnis, das sich nach einem Tarifvertrag bestimmt, die Arbeitsgerichtsbarkeit durch die ausdrückliche Vereinbarung ausschließen, dass die Entscheidung durch ein Schiedsgericht erfolgen soll, wenn der persönliche Geltungsbereich des Tarifvertrags überwiegend Bühnenkünstler, Filmschaffende oder Artisten umfasst. Wird das Arbeitsgericht wegen einer Rechtsstreitigkeit angerufen, für die die Tarifvertragsparteien einen Schiedsvertrag nach § 101 Abs. 2 ArbGG geschlossen haben, hat das Gericht die Klage nach § 102 Abs. 1 ArbGG als unzulässig abzuweisen, wenn sich der Beklagte auf den Schiedsvertrag beruft.

25

Die in dem Tarifvertrag getroffene Schiedsvereinbarung gilt nach § 101 Abs. 2 Satz 2 ArbGG grundsätzlich nur für Tarifgebundene, dh. für Mitglieder der vertragsschließenden Tarifvertragsparteien (§ 3 Abs. 1 TVG). Die Vereinbarung der Tarifvertragsparteien erstreckt sich nach § 101 Abs. 2 Satz 3 ArbGG jedoch auch auf Parteien, deren Verhältnisse sich aus anderen Gründen nach dem Tarifvertrag regeln, wenn die Parteien dies ausdrücklich und schriftlich vereinbart haben. Die nicht tarifgebundenen Parteien eines Arbeitsverhältnisses müssen gerade die Schiedsabrede ausdrücklich und schriftlich in Bezug nehmen (BAG 28. Januar 2009 - 4 AZR 987/07 - Rn. 38, BAGE 129, 225). § 101 Abs. 2 Satz 3 ArbGG ermöglicht es, die fehlende Tarifbindung durch einzelvertragliche Bezugnahme zu ersetzen. Diese Möglichkeit geht allerdings nicht weiter als die entsprechende Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien (BAG 25. Februar 2009 - 7 AZR 942/07 - Rn. 18). Es muss sich deshalb um ein Arbeitsverhältnis handeln, das nach dem konkreten Inhalt der ausgeübten Tätigkeit einer Berufsgruppe zuzuordnen ist, für die nach § 101 Abs. 2 Satz 1 ArbGG bei Tarifgebundenheit der Vorrang der Schiedsgerichtsbarkeit wirksam geregelt werden kann(vgl. BAG 15. Februar 2012 - 7 AZR 626/10 - Rn. 22; 6. August 1997 - 7 AZR 156/96 - zu I 2 der Gründe, BAGE 86, 190; GMP/Germelmann 9. Aufl. § 101 Rn. 29; GWBG/Greiner ArbGG 8. Aufl. § 101 Rn. 18; ErfK/Koch 17. Aufl. § 110 ArbGG Rn. 3; GK-ArbGG/Mikosch Stand April 2017 § 101 Rn. 27; AR/Reinfelder 8. Aufl. § 110 ArbGG Rn. 3; Düwell/Lipke/Voßkühler 4. Aufl. § 101 Rn. 54; Schwab/Weth/Zimmerling 4. Aufl. ArbGG § 101 Rn. 56).

26

2. Die Voraussetzungen für einen wirksamen Schiedsvertrag sind hier nicht erfüllt. Die Parteien sind bezogen auf den NV Bühne unstreitig nicht tarifgebunden. Es liegt auch keine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die Schiedsabrede des § 53 NV Bühne vor. Daher kann dahingestellt bleiben, ob die Tätigkeit des Klägers dem persönlichen Geltungsbereich des NV Bühne unterfiel.

27

a) Der NV Bühne hat den BTT sowie den Normalvertrag Solo zum 1. Januar 2003 abgelöst (vgl. Assmann in Ganß/Assmann Arbeitsrecht der Bühne Teil I Kap. 2 Rn. 22). § 53 NV Bühne enthält eine den Anforderungen des § 101 Abs. 2 Satz 1 ArbGG genügende, die Arbeitsgerichtsbarkeit ausschließende Schiedsvereinbarung(BAG 25. Februar 2009 - 7 AZR 942/07 - Rn. 20 ff.; 28. Januar 2009 - 4 AZR 987/07 - Rn. 14 ff., BAGE 129, 225). Für die in § 1 Abs. 1 NV Bühne genannten Berufsgruppenbezeichnungen, die jeweils in den folgenden Absätzen der Regelung präzisiert werden, steht fest, dass die ihnen zuzuordnenden Personen als Bühnenkünstler iSv. § 101 Abs. 2 Satz 1 ArbGG anzusehen sind(BAG 28. Januar 2009 - 4 AZR 987/07 - Rn. 20, aaO).

28

b) Die Parteien sind bezogen auf den NV Bühne nicht tarifgebunden. Der NV Bühne wurde zwischen dem Deutschen Bühnenverein - Bundesverband deutscher Theater - und der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger bzw. der Vereinigung deutscher Opernchöre und Bühnentänzer e.V. abgeschlossen. Eine beiderseitige Tarifbindung aufgrund Mitgliedschaft in diesen Vereinigungen wird von den Parteien nicht behauptet und ist nicht ersichtlich.

29

c) Die Geltung des NV Bühne einschließlich der Schiedsabrede des § 53 NV Bühne wurde von den Parteien auch nicht vertraglich vereinbart.

30

aa) Der zwischen den Parteien am 7. April 1998 geschlossene Arbeitsvertrag sah in § 8 die Anwendbarkeit des BTT in der jeweils geltenden Fassung sowie der den BTT ändernden und ergänzenden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträge vor. Hiervon war auch die Schiedsvereinbarung in § 12 BTT erfasst. Zudem wurde in § 11 des Vertrags vereinbart, dass die Bühnenschiedsgerichte nach Maßgabe der Bühnenschiedsgerichtsordnung über etwaige Rechtsstreitigkeiten unter Ausschluss der Arbeitsgerichtsbarkeit entscheiden sollten.

31

bb) Bei unveränderter Fortgeltung der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen hätte ab dem 1. Januar 2003 der NV Bühne auf das Arbeitsverhältnis Anwendung gefunden, denn die Verweisungsklausel in § 8 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 hätte den NV Bühne als den an Stelle des BTT tretenden Tarifvertrag erfasst. Das Arbeitsverhältnis des Klägers wäre wegen seiner Funktion als Assistent des Technischen Direktors vom persönlichen Anwendungsbereich des NV Bühne erfasst worden, denn nach § 1 Abs. 3 iVm. Abs. 1 NV Bühne gilt der Tarifvertrag ua. für die Assistenten der Technischen Direktoren (vgl. zur Gruppe der Bühnentechniker BAG 28. Januar 2009 - 4 AZR 987/07 - Rn. 23 ff., BAGE 129, 225).

32

cc) Der Änderungsvertrag vom 3./5. August 1999 ist aber dahingehend auszulegen, dass das Arbeitsverhältnis sich seit dem 1. August 1999 nur nach den Bestimmungen des BAT-O richten sollte und nicht mehr nach dem BTT. In der Konsequenz kann sich die Beklagte auch nicht auf die Schiedsvereinbarung in § 53 NV Bühne als Nachfolgetarifvertrag des BTT berufen. Der Verweis auf die Bühnenschiedsgerichtsbarkeit in § 11 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 ist durch den Änderungsvertrag ebenfalls aufgehoben worden.

33

(1) Bei dem Änderungsvertrag vom 3./5. August 1999 handelt es sich schon nach dem äußeren Erscheinungsbild um einen Formularvertrag und damit um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Der Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu ermitteln. Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen (BAG 23. März 2017 - 6 AZR 705/15 - Rn. 14 mwN). Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen obliegt auch dem Revisionsgericht (BAG 21. April 2016 - 8 AZR 753/14 - Rn. 30 mwN).

34

(2) Die Parteien haben unter dem 3./5. August 1999 einen Änderungsvertrag geschlossen, der schon in seiner Bezeichnung darauf schließen lässt, dass nunmehr der BAT-O auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden soll („Änderungsvertrag mit BAT-O-Angestellten“). Mit dieser Vereinbarung lösten die Parteien sich umfassend von dem Regime des BTT. § 1 des Änderungsvertrags sieht vor, dass der Kläger ab dem 1. August 1999 auf unbestimmte Zeit beschäftigt wird. Demgegenüber sah der ursprüngliche Arbeitsvertrag vom 7. April 1998 eine spielzeitbezogene Befristung des Arbeitsverhältnisses vor. Dies entsprach § 4 Abs. 1 BTT iVm. § 2 Nr. 1 Buchst. c Normalvertrag Solo. Der Änderungsvertrag hat auch die Vergütungsstruktur grundlegend modifiziert. Nach § 1 des Vertrags vom 3./5. August 1999 trat mit Wirkung zum 1. August 1999 an die Stelle des bisherigen Festgehalts die Vergütung nach Vergütungsgruppe Vb BAT-O für eine Tätigkeit als „vollbeschäftigter Angestellter“. Ein Bezug zu den spezifischen Berufsgruppen und dem Vergütungssystem der Bühnentarifverträge ist damit nicht mehr erkennbar. In der Gesamtschau haben die Arbeitsvertragsparteien den BAT-O nicht nur punktuell in Bezug genommen, sondern vollumfänglich.

35

(3) Damit wurde auch die Bezugnahme auf die Schiedsvereinbarung in § 12 BTT und die Bühnenschiedsgerichtsordnung in § 11 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 aufgehoben. Anderenfalls hätte die Bühnenschiedsgerichtsbarkeit über Rechtsstreitigkeiten entscheiden müssen, deren Beurteilung sich nicht mehr nach dem BTT, sondern seit dem 1. August 1999 nach dem BAT-O richtet. Dies wäre angesichts der Unterschiedlichkeit der Tarifwerke mit dem Willen der Vertragsparteien zur Ablösung des BTT durch den BAT-O als vertragliches Bezugsobjekt nicht vereinbar.

36

dd) Die weitere Entwicklung bestätigt diesen Willen zur umfassenden Lösung von den Bühnentarifverträgen. Nach dem Inkrafttreten des TVöD-BT-V wurden dessen Regelungen auf das Arbeitsverhältnis angewandt. Dies ergibt sich aus der Vereinbarung vom 20. Januar 2011 über die Pauschalierung von Zeitzuschlägen, welche sich ausdrücklich auf § 55 TVöD-BT-V und dessen Sonderregelungen für Beschäftigte an Theatern und Bühnen bezog. Hierbei ist unbeachtlich, dass diese Vereinbarung schließlich vom Kläger gekündigt wurde. Sie verdeutlicht dennoch, dass sich das Arbeitsverhältnis seit dessen Inkrafttreten nach dem TVöD-BT-V richtete. Dies entsprach auch der Tarifbindung beider Parteien. Die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes galten gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG unmittelbar und zwingend für das Arbeitsverhältnis des Klägers. Sowohl die Beklagte als auch der Kläger sind unstreitig Mitglieder der Tarifvertragsparteien (§ 3 Abs. 1 TVG). Die Ausnahme des Geltungsbereichs des TVöD für technisches Theaterpersonal nach § 1 Abs. 2 Buchst. n TVöD-AT in der bis zum 31. Mai 2013 geltenden Fassung griff ebenso wie die wortgleiche Vorgängerregelung in § 3 Buchst. c BAT-O nicht ein. Demnach galt der BAT-O bzw. TVöD ua. nicht für technisches Theaterpersonal mit überwiegend künstlerischer Tätigkeit. Eine solche wurde zwischen den Parteien in beiden Verträgen nicht vereinbart und wird auch von keiner Seite behauptet.

37

II. Die Klage ist unbegründet, soweit sie im Revisionsverfahren noch anhängig ist. Die mit den vormaligen Hauptanträgen geltend gemachten tariflichen Ansprüche sind nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens. Einen vertraglichen Anspruch auf eine Theaterbetriebszulage nach § 5 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 hat der Kläger bezogen auf den streitgegenständlichen Zeitraum nicht. Dies führt zur teilweisen Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts und zur vollumfänglichen Zurückweisung der Berufung des Klägers.

38

1. Der Kläger stützt die mit den Hauptanträgen zu 1. und 2. erhobenen Forderungen von 1.051,84 Euro und 413,40 Euro auf § 2 Abs. 1 Buchst. b TV Theaterbetriebszulage. Über diese tariflichen Ansprüche hat der Senat nicht zu entscheiden.

39

a) Grundsätzlich richtet sich der Umfang der revisionsrechtlichen Nachprüfung nach dem Anfall des Streitgegenstandes in der Revisionsinstanz. Der Umfang der Anfallwirkung ist nicht anders zu bestimmen als im Berufungsverfahren. Dementsprechend fällt ein Hauptantrag beim Revisionsgericht nicht an, wenn der Beklagte gegen ein Urteil, durch das unter Abweisung des Hauptantrags nach dem Hilfsantrag erkannt ist, Revision einlegt. Das Revisionsgericht kann über den Hauptantrag nur dann entscheiden, wenn der Kläger - zulässigerweise - die Revision oder Anschlussrevision verfolgt. Wird der Hauptantrag abgewiesen und nach dem Hilfsantrag erkannt, liegt eine Entscheidung über beide Anträge vor. Der Kläger ist durch die Abweisung seines Hauptantrags, der Beklagte durch seine Verurteilung nach dem Hilfsantrag beschwert. Jede Partei kann dann im Rahmen der Zulassung Revision einlegen. Ist die Revision nicht zugelassen oder macht die Partei hiervon keinen Gebrauch, so wird die Entscheidung in diesem Umfang rechtskräftig (BAG 8. August 2002 - 8 AZR 647/00 - zu B I der Gründe).

40

b) Der Kläger hat bei der Geltendmachung seiner Ansprüche zutreffend danach unterschieden, ob sie auf eine tarifliche oder vertragliche Anspruchsgrundlage gestützt werden. Dabei handelt es sich um zwei verschiedene Streitgegenstände, denn die Ansprüche sind unterschiedlich ausgestaltet und erfordern unterschiedlichen Tatsachenvortrag zu dem jeweiligen Lebenssachverhalt (vgl. BAG 23. November 2006 - 6 AZR 317/06 - Rn. 15, BAGE 120, 239; zum Verhältnis gesetzlicher, tariflicher und vertraglicher Ansprüche: vgl. BAG 25. Januar 2017 - 4 AZR 517/15 - Rn. 74 mwN; 28. September 2016 - 5 AZR 219/16 - Rn. 22 ff.). Die tariflichen Ansprüche wurden mit den Anträgen zu 1. und 2. geltend gemacht, der etwaige vertragliche Anspruch mit dem ausdrücklich als Hilfsantrag bezeichneten Antrag zu 3. Der Kläger hat damit die Eigenständigkeit der Anträge und ihr Verhältnis zueinander bestimmt. Der Hilfsantrag sollte nur für den Fall des Unterliegens mit den Hauptanträgen zur Entscheidung anfallen.

41

c) Das Landesarbeitsgericht hat tarifliche Ansprüche wegen eines angenommenen Vorrangs der ursprünglichen Abrede in § 5 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 abgelehnt und folglich insoweit die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Hiergegen hat der Kläger weder Revision noch Anschlussrevision eingelegt. Die Abweisung der Hauptanträge wurde damit rechtskräftig. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist daher nur noch der auf vertragliche Ansprüche bezogene Hilfsantrag.

42

2. Dieser ist unbegründet. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ergibt sich aus § 5 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 kein Anspruch des Klägers auf Leistung einer Theaterbetriebszulage für den streitgegenständlichen Zeitraum.

43

a) Dies lässt sich allerdings entgegen der Revisionsbegründung nicht aus der zwischen den Parteien am 20. Januar 2011 geschlossenen Vereinbarung über die Pauschalierung von Zeitzuschlägen ableiten. Diese steht in keinem Zusammenhang mit der begehrten Theaterbetriebszulage und kann schon deshalb die Regelung in § 5 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 nicht aufgehoben haben. Die Vereinbarung vom 20. Januar 2011 bezieht sich ausdrücklich auf § 4 Abs. 8 TV Theaterbetriebszulage und damit nur auf die dort vorgesehene Möglichkeit der Pauschalierung von Zeitzuschlägen.

44

aa) § 55 Nr. 4 Abs. 5 Satz 1 TVöD-BT-V sieht vor, dass ua. Zeitzuschläge nach § 8 Abs. 1 TVöD-AT (zB für Überstunden oder Nachtarbeit) nicht zu zahlen sind, falls Beschäftigte eine Theaterbetriebszulage nach einem landesbezirklichen Tarifvertrag erhalten. Nach § 55 Nr. 4 Abs. 5 Satz 2 TVöD-BT-V kann landesbezirklich jedoch Abweichendes geregelt werden. Insoweit enthält der TVöD-BT-V eine Öffnungsklausel für landesbezirkliche Tarifverträge (vgl. BAG 12. Februar 2015 - 10 AZR 50/14 - Rn. 15). Hiervon haben der Kommunale Arbeitgeberverband Sachsen-Anhalt e. V. und die Gewerkschaft ver.di durch den TV Theaterbetriebszulage Gebrauch gemacht. Nach § 4 Abs. 7 TV Theaterbetriebszulage gilt § 8 Abs. 1 TVöD-AT - ausdrücklich in Abänderung von § 55 Nr. 4 Abs. 5 Satz 1 TVöD-BT-V - uneingeschränkt. Allerdings können die Zeitzuschläge nach § 8 Abs. 1 TVöD-AT gemäß § 4 Abs. 8 TV Theaterbetriebszulage im Interesse der Verwaltungsvereinfachung einzelvertraglich pauschaliert werden.

45

bb) Dies haben die Parteien mit ihrer Vereinbarung vom 20. Januar 2011 getan. Sie haben damit keine Regelung geschaffen, welche einen Anspruch des Klägers auf die Theaterbetriebszulage abbedingt. Nach der Konzeption des landesbezirklichen Tarifvertrags besteht der Anspruch nach § 8 Abs. 1 TVöD-AT neben dem Anspruch auf eine Theaterbetriebszulage.

46

b) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann der Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch auf eine Theaterbetriebszulage nach § 5 des ursprünglichen Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 geltend machen.

47

aa) Dies folgt aus der Inbezugnahme des BAT-O durch den Änderungsvertrag vom 3./5. August 1999. Die Parteien haben damit ersichtlich das gesamte Vergütungssystem des BAT-O und damit später auch des TVöD-BT-V einschließlich der Regelungen bzgl. einer Theaterbetriebszulage in einem landesbezirklichen Tarifvertrag (TV Theaterbetriebszulage) zur Anwendung gebracht. Dies gilt auch angesichts des Umstands, dass eine Änderung von § 5 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 nicht ausdrücklich vorgenommen wurde, obwohl das Formular des Änderungsvertrags diese Möglichkeit vorgesehen hat. Der Wille zur Aufhebung von § 5 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 ergibt sich daraus, dass die dortige Regelung des Anspruchs auf eine Theaterbetriebszulage ausdrücklich an die Vorgaben des damals geltenden BTT gebunden war. Der Betrag von 290,00 DM belief sich auf acht Prozent des nach § 6 Abs. 1 BTT zulässigen Höchstbetrags. Daraus wird deutlich, dass die ursprünglich vereinbarte Theaterbetriebszulage im Tarifsystem des BTT verankert war und keine von tariflichen Vorgaben losgelöste Einzelvereinbarung darstellte. Mit der Umstellung der Vergütung auf das Tarifsystem des BAT-O wäre die Fortgeltung einer aus dem BTT folgenden Theaterbetriebszulage unvereinbar.

48

bb) Zudem wäre die normativ geltende Regelung der Theaterbetriebszulage in §§ 2, 4 TV Theaterbetriebszulage gegenüber § 5 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 vorrangig. Der Günstigkeitsvergleich des Landesarbeitsgerichts ist rechtsfehlerhaft.

49

(1) Der TVöD-BT-V und der TV Theaterbetriebszulage galten im streitgegenständlichen Zeitraum unstreitig aufgrund beiderseitiger Tarifbindung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG unmittelbar und zwingend für das Arbeitsverhältnis des Klägers. Hiervon geht auch das Landesarbeitsgericht aus. Für das Verhältnis von tarifvertraglichen und arbeitsvertraglichen Regelungen gilt die gesetzliche Kollisionsregel des § 4 Abs. 3 TVG. Hiernach treten unmittelbar und zwingend geltende Tarifnormen hinter einzelvertragliche Vereinbarungen mit für den Arbeitnehmer günstigeren Bedingungen zurück. Ob ein Arbeitsvertrag abweichende günstigere Regelungen gegenüber dem Tarifvertrag enthält, ergibt ein Vergleich zwischen der tarifvertraglichen und der arbeitsvertraglichen Regelung ( BAG 15. April 2015 - 4 AZR 587/13  - Rn. 27 , BAGE 151, 221 ). Zu vergleichen sind nur Regelungen, die in einem sachlichen Zusammenhang stehen (sog. Sachgruppenvergleich; vgl. BAG 14. Februar 2017 - 9 AZR 488/16 - Rn. 27 mwN; 12. Mai 2016 - 6 AZR 259/15 - Rn. 26). Für die Durchführung eines Günstigkeitsvergleichs sind die abstrakten Regelungen maßgebend, nicht das Ergebnis ihrer Anwendung im Einzelfall. Hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, ob die betreffende Regelung günstiger ist oder nicht (sog. ambivalente Regelung), ist keine „Günstigkeit“ iSv. § 4 Abs. 3 TVG gegeben. Dies gilt unabhängig davon, ob die Parteien des Arbeitsvertrags die vertraglichen Regelungen vor oder nach Inkrafttreten des Tarifvertrags vereinbart haben (BAG 15. April 2015 - 4 AZR 587/13 - Rn. 29 mwN, aaO).

50

(2) Ausgehend von diesen Grundsätzen verbliebe es hier bei der zwingenden Geltung der tariflichen Anspruchsvoraussetzungen für die Theaterbetriebszulage. Der vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Vergleich zwischen § 5 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 mit den tariflichen Regelungen in §§ 2, 4 TV Theaterbetriebszulage lässt unberücksichtigt, dass die Frage der Günstigkeit letztlich vom Ergebnis der Regelungsanwendung im Einzelfall abhängig ist.

51

(a) Mit dem Landesarbeitsgericht ist davon auszugehen, dass die volle Theaterbetriebszulage nach § 4 Abs. 1 TV Theaterbetriebszulage im streitgegenständlichen Zeitraum höher als die Theaterbetriebszulage nach § 5 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 gewesen wäre. Dies entspricht dem Vortrag des Klägers, der mit den Hauptanträgen einen höheren Gesamtbetrag als mit dem Hilfsantrag geltend gemacht hatte.

52

(b) Bei einem Anspruch auf eine Theaterbetriebszulage in voller Höhe nach § 4 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Buchst. b TV Theaterbetriebszulage hätte die tarifliche Theaterbetriebszulage daher die günstigere Regelung dargestellt. Anders verhält es sich, wenn der Kläger nur eine hälftige Theaterbetriebszulage nach § 4 Abs. 2 iVm. § 2 Abs. 1 Buchst. c TV Theaterbetriebszulage hätte beanspruchen können. Letztlich hängt die Höhe der tariflichen Theaterbetriebszulage für die Beschäftigten in der Gebäudeleit- und Haustechnik von ihrer Verwendung ab. Werden sie regelmäßig zum Proben- und Vorstellungsdienst iSv. § 2 Abs. 1 Buchst. b TV Theaterbetriebszulage eingesetzt, haben sie den Anspruch auf die volle Theaterbetriebszulage. § 5 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 wäre daher für den Kläger keine günstigere Regelung iSd. § 4 Abs. 3 TVG gewesen und hätte die zwingenden Tarifregelungen nicht abbedingen können.

53

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    RiinBAG Spelge ist verhindert,
ihre Unterschrift beizufügen.
Fischermeier     

        

    Krumbiegel     

        

        

        

    Uwe Zabel    

        

    Augat     

                 

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen.

(2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 16. Januar 2009 - 7 Sa 75/08 - teilweise aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 9. Juli 2008 - 14 Ca 894/08 - teilweise abgeändert und insgesamt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die Klägerin mit Wirkung ab Juni 2007 unter Berücksichtigung von § 20 TVÜ-Länder aus Entgeltgruppe 13 Stufe 5 TV-L zu vergüten.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Im Übrigen werden die Berufung und die Revision zurückgewiesen.

4. Das beklagte Land hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten aus einem vorherigen Arbeitsverhältnis bei der Stufenzuordnung im Entgeltsystem des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L).

2

Die Klägerin ist ausgebildete Lehrerin und arbeitete über 20 Jahre in ihrem Beruf, zuletzt beim Internationalen Bund in dessen Bildungszentrum St. Seit dem 18. Dezember 2006 ist sie für das beklagte Land als Lehrerin an der Gewerblichen Schule H in St tätig. Auf das mit Arbeitsvertrag vom 13. Dezember 2006 begründete Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der TV-L Anwendung. Die Einstellung der Klägerin erfolgte zur Deckung des durch den Tod eines an der Schule H beschäftigten Lehrers im Oktober 2006 eingetretenen Personalbedarfs. Die Klägerin bewarb sich am 21. November 2006 und hatte am 28. November 2006 ein Vorstellungsgespräch. Am 6. Dezember 2006 teilte ihr der zuständige Personalreferent des Regierungspräsidiums auf ihre Bitte vom 1. Dezember 2006 zum Zwecke des Gehaltsvergleichs nach Rücksprache mit dem Landesamt für Bezüge und Versorgung (LBV) eine Gehaltspanne von 3.668,89 Euro bis 3.994,96 Euro brutto mit. Genaueres könne er wegen des neuen TV-L nicht angeben, aber das sei sicher. Die Klägerin könne jetzt ihr bisheriges Arbeitsverhältnis kündigen. Daraufhin kündigte die Klägerin noch am selben Tag ihr Arbeitsverhältnis. Im Arbeitsvertrag mit dem beklagten Land ist eine Vergütung nach der Entgeltgruppe E 13 vereinbart.

3

Im Zeitpunkt der Einstellung der Klägerin regelte § 16 TV-L die Stufenzuordnung wie folgt:

        

„...   

        

(2) 1Bei der Einstellung werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. 2Verfügen Beschäftigte über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr aus einem vorherigen befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zum selben Arbeitgeber, erfolgt die Stufenzuordnung unter Anrechnung der Zeiten der einschlägigen Berufserfahrung aus diesem vorherigen Arbeitsverhältnis. 3Ist die einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr in einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber erworben worden, erfolgt die Einstellung in die Stufe 2, beziehungsweise - bei Einstellung nach dem 31. Januar 2010 und Vorliegen einer einschlägigen Berufserfahrung von mindestens drei Jahren - in Stufe 3. 4Unabhängig davon kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist.

        

Protokollerklärungen zu § 16 Absatz 2:           

        

1.    

Einschlägige Berufserfahrung ist eine berufliche Erfahrung in der übertragenen oder einer auf die Aufgabe bezogen entsprechenden Tätigkeit.

        

…“    

4

Das Finanzministerium des beklagten Landes hat in den Durchführungshinweisen zu Abschnitt III des TV-L unter dem 27. November 2006 (Az.: 1-0341.0/22) unter 16.2.6 bestimmt, dass von der Regelung in § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L nur mit Zustimmung des Finanzministeriums Gebrauch gemacht werden könne.

5

Das beklagte Land ordnete die Klägerin der Stufe 2 der Entgeltgruppe 13 TV-L zu und zahlte ihr die daraus resultierende Bruttomonatsvergütung von 3.058,00 Euro.

6

Die Klägerin beanstandete mündlich die Höhe der ihr gezahlten Vergütung. Der Leiter der Schule H bat mit Schreiben vom 23. April 2007 darum, die Klägerin der Stufe 3 bzw. 4 ihrer Entgeltgruppe zuzuordnen. Mit Schreiben vom 12. Juni 2007 wandte sich der Bezirkspersonalrat an das Regierungspräsidium und teilte mit, dass die Klägerin sich mit der Bitte an ihn gewandt habe, ihre Stufenzuordnung zu überprüfen. Er schloss mit den Worten „Der BPR bittet aus den genannten Gründen die Einstufung zu überprüfen und Frau S … eine Einstufung in Gruppe 4 zu gewähren“. Mit Anwaltsschreiben vom 27. Dezember 2007 machte die Klägerin den Vergütungsanspruch aus der Stufe 5 ihrer Entgeltgruppe schriftlich geltend.

7

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Äußerung des Personalreferenten im Gespräch vom 6. Dezember 2006 über die zu erzielende Gehaltsspanne sei dahin zu verstehen, dass sie einer Vergütungsstufe zugeordnet werden sollte, die möglichst die ihr genannten Beträge hergebe. Dabei könne es sich nur um die Stufen 4 oder 5 der Entgeltgruppe 13 handeln. Jedenfalls erfülle sie die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L. Darum seien die festgestellten erforderlichen Zeiten bei der Stufenzuordnung zu berücksichtigen. Alles andere entspreche in Fällen wie dem vorliegenden, in dem die Höhe des Verdienstes für den Arbeitgeberwechsel von Bedeutung gewesen sei, nicht billigem Ermessen.

8

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die Klägerin mit Wirkung vom 18. Dezember 2006 aus der Entgeltgruppe 13 Stufe 5, hilfsweise 4, hilfsweise 3 zu vergüten.

9

Das beklagte Land stützt seinen Klageabweisungsantrag darauf, dass Zeiten einschlägiger Berufserfahrung nicht gleichzeitig als förderliche Zeit iSv. § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L angerechnet werden könnten. Aus § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L ergebe sich selbst bei Erfüllung der Voraussetzungen dieser Norm für die Beschäftigten kein tariflicher Anspruch auf Berücksichtigung solcher Zeiten bei der Stufenzuordnung. Vielmehr komme dem Arbeitgeber insoweit ein einseitiges Bestimmungsrecht zu.

10

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Allerdings erhält sie seit Dezember 2008 eine Vergütung aus der Stufe 3 ihrer Entgeltgruppe. Insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit in der Revisionsinstanz für erledigt erklärt.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist überwiegend begründet.

12

I. Das beklagte Land ist verpflichtet, das ihm durch § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L eröffnete Ermessen zugunsten der Klägerin auszuüben und diese mit Wirkung ab Juni 2007 der Stufe 5 der Entgeltgruppe 13 zuzuordnen und sie unter Berücksichtigung des § 20 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts(TVÜ-Länder) aus dieser Stufe zu vergüten. Der für die davor liegende Zeit bestehende Anspruch der Klägerin auf eine solche Vergütung ist gemäß § 37 TV-L verfallen.

13

1. Die Klägerin hat keinen vertraglichen Anspruch auf eine übertarifliche Stufenzuordnung zu der Stufe 3 oder einer höheren Stufe der Entgeltgruppe 13. Der zuständige Personalreferent hat der Klägerin in dem Gespräch vom 6. Dezember 2006 keine Vergütung aus einer bestimmten Stufe zugesagt, sondern lediglich nach Rücksprache mit dem LBV eine Gehaltsspanne genannt, die mit den Stufen der Entgelttabelle des TV-L auch unter Berücksichtigung der Vorschrift des § 20 Abs. 1 TVÜ-Länder nicht korrespondiert.

14

2. Die Klägerin hat jedoch aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls einen Rechtsanspruch auf die Ausübung des durch § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L eröffneten Ermessens durch das beklagte Land dahin, dass dieses sie rückwirkend für die Zeit seit Juni 2007 der Stufe 5 ihrer Entgeltgruppe zuordnet.

15

a) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L sind erfüllt. Das Landesarbeitsgericht hat in Anwendung der Rechtsprechung des Senats zu den Voraussetzungen des Begriffs „zur Deckung des Personalbedarfs“ in § 21a Abs. 2 BMT-G(26. Juni 2008 - 6 AZR 498/07 - Rn. 29, AP BMT-G II § 6 Nr. 2 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 7 Nr. 2) festgestellt, dass die Klägerin zur Deckung eines solchen Bedarfs eingestellt worden ist. Es hat ferner angenommen, dass die frühere berufliche Tätigkeit der Klägerin förderlich für ihre aktuelle Tätigkeit ist. Das beklagte Land hat dies nicht mit Gegenrügen angegriffen.

16

b) Entgegen der Auffassung des beklagten Landes begehrt die Klägerin keine unzulässige doppelte Berücksichtigung von Zeiten einschlägiger Berufserfahrung. Bei der Zuordnung der Klägerin zur Stufe 2 ihrer Entgeltgruppe ist lediglich ein Jahr ihrer mehr als 20-jährigen Berufserfahrung berücksichtigt worden. § 16 Abs. 2 Satz 3 TV-L hindert die Berücksichtigung der nicht anerkannten Berufsjahre nicht. Im Übrigen dürfte diese Vorschrift auch einer abermaligen Berücksichtigung des einen Jahres bei der Entscheidung gem. § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L nicht entgegenstehen, denn Satz 4 gilt ausdrücklich „unabhängig davon“, dh. unabhängig von Satz 3 (aA Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand August 2010 § 16 (VKA) Rn. 41 für den wortgleichen § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA); Assheuer TV-L 2. Aufl. § 16 Rn. 42, der nur Tätigkeiten berücksichtigen will, die nicht bereits als einschlägige Berufserfahrung berücksichtigt werden können).

17

c) Es kann dahinstehen, ob § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L auf der Rechtsfolgenseite dem Arbeitgeber ein billiges Ermessen nach § 315 BGB eröffnet(in diesem Sinn BeckOK B/B/M/S/Felix TV-L § 16 Rn. 22; für die Vorweggewährung von Lebensaltersstufen zur Deckung des Personalbedarfs in § 27 Abschnitt C BAT Senat 31. Januar 2002 - 6 AZR 508/01 - EzBAT BAT § 27 Abschnitt A-VKA Nr. 7; 26. Mai 1994 - 6 AZR 955/93 - AP BAT § 27 Nr. 5 = EzBAT BAT § 27 Abschnitt C Nr. 2)oder ob dieser bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der Norm in der Entscheidung frei ist, bei Neueinstellungen von § 16 Abs. 2 Satz 1 bis 3 TV-L abweichende Stufenzuordnungen vorzunehmen(vgl. BVerwG 13. Oktober 2009 - 6 P 15.08 - Rn. 39, EzTöD 200 TV-L § 16 Stufenzuordnung Nr. 5; Fieberg GKÖD Stand Juli 2010 § 16 TVöD/TV-L Rn. 30; Bredemeier/Neffke/Neffke TVöD/TV-L § 16 Rn. 22). Aufgrund der Äußerungen des Personalreferenten in dem Gespräch vom 6. Dezember 2006 war allein die Zuordnung der Klägerin zur Stufe 5 ihrer Entgeltgruppe ermessensfehlerfrei. Eine tarifgerechte Vergütung in der in diesem Gespräch zugesagten Höhe war nur durch eine derartige Ausübung des Ermessens möglich.

18

aa) Am 1. Dezember 2006 hatte die Klägerin telefonisch um Mitteilung der zu erwartenden Vergütungshöhe gebeten. Nach Rücksprache mit dem LBV hatte ihr der Personalreferent am 6. Dezember 2006 eine Gehaltsspanne von 3.668,89 Euro bis 3.994,96 Euro brutto mitgeteilt. Genaueres könne er wegen des neuen TV-L nicht sagen, aber das sei sicher. Die Klägerin könne jetzt ihr bisheriges Arbeitsverhältnis kündigen. Das beklagte Land hat also die Klägerin unter Zusage einer bestimmten Gehaltsspanne ausdrücklich zur Kündigung ihres bisherigen Arbeitsverhältnisses veranlasst, um seinen Personalbedarf durch Einstellung der Klägerin zu decken. Tatsächlich war aufgrund der Regelung in § 16 Abs. 2 Satz 1 bis 3 TV-L nur eine Zuordnung der Klägerin zur Stufe 2 der Entgeltgruppe 13 und damit eine monatliche Vergütung von 3.058,00 Euro brutto möglich, die die auf der Auskunft des LBV basierende zugesagte Gehaltsspanne deutlich unterschritt.

19

bb) Die aufgrund dieser besonderen Umstände des Einzelfalls bestehende berechtigte Gehaltserwartung der Klägerin war tarifgerecht nur durch deren Zuordnung zur Entgeltstufe 5 ihrer Entgeltgruppe auf Grundlage der Bestimmung in § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L zu erfüllen. Es blieb darum aus von den Arbeitsgerichten nachprüfbaren Rechtsgründen für eine Ermessensentscheidung des beklagten Landes kein Raum mehr. In dieser besonderen Situation hatte die Klägerin darum nicht nur einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, sondern einen Rechtsanspruch auf die Ausübung des Ermessens dahin, dass sie der Stufe 5 ihrer Entgeltgruppe zugeordnet wurde. Erst aus dieser Stufe erzielte sie - unter Berücksichtigung des § 20 Abs. 1 TVÜ-Länder - mit 4.018,00 Euro brutto monatlich ein Entgelt, das die ihr zugesagte Gehaltsspanne nicht unterschritt. Das beklagte Land war verpflichtet, diese einzig ermessensfehlerfreie Entscheidung zu treffen (vgl. zu dieser Rechtsfolge einer Ermessensreduzierung auf Null BVerwG 18. August 1960 - I C 42.59 - BVerwGE 11, 95, 97; BGH 26. April 1979 - III ZR 20/78 - zu III 4 der Gründe, MDR 1980, 127).

20

cc) Der Vorbehalt in 16.2.6 der Durchführungshinweise zu Abschnitt III des TV-L vom 27. November 2006, von der Regelung des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L nur mit Zustimmung des Finanzministers Gebrauch machen zu können, steht dem nicht entgegen. Dieser verwaltungsinterne öffentlich-rechtliche Zustimmungsvorbehalt entfaltet im Arbeitsverhältnis der Klägerin keine unmittelbare Wirkung.

21

3. Der Anspruch der Klägerin auf eine Zuordnung zu der Stufe 5 ihrer Entgeltgruppe und Zahlung der sich daraus ergebenden Vergütung ist für die Zeit seit ihrer Einstellung bis einschließlich Mai 2007 verfallen. Darauf hat bereits das Landesarbeitsgericht hingewiesen.

22

a) Die Schreiben des Schulleiters vom 23. April 2007 und des Bezirkspersonalrats vom 12. Juni 2007 genügen den Anforderungen des § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L nicht. Danach verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb von sechs Monaten von den Beschäftigten oder dem Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. Geltendmachungen durch Dritte wahren die Frist des § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L also nur, wenn diese erkennbar in Vollmacht für den Beschäftigten handeln(Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand August 2010 § 37 Rn. 175). Das ist bei den Schreiben vom 23. April 2007 und vom 12. Juni 2007 nicht der Fall. Sowohl der Schulleiter als auch der Bezirkspersonalrat haben nicht für die Klägerin, sondern für die Schule bzw. das Vertretungsgremium selbst gehandelt. Es kann daher dahinstehen, ob der Bezirkspersonalrat wegen seiner kollektivrechtlichen Aufgaben überhaupt befugt sein kann, Forderungen eines Beschäftigten vertretungsweise gegenüber dem Arbeitgeber zur Wahrung tarifvertraglicher Ausschlussfristen geltend zu machen (offengelassen auch von BAG 5. April 1995 - 5 AZR 961/93 - zu 2 b der Gründe, AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 130 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 111).

23

b) Das Geltendmachungsschreiben des Bevollmächtigten der Klägerin vom 27. Dezember 2007 wahrt die Frist des § 37 TV-L erst für die Zeit ab Juni 2007.

24

II. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91a, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

25

1. Dem beklagten Land waren die Kosten auch insoweit aufzuerlegen, als der Rechtsstreit teilweise erledigt ist. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Klägerin von Beginn des Arbeitsverhältnisses die höchste Stufe ihrer Entgeltgruppe zustand.

26

2. Zur Ermittlung der Kostenquote war ein fiktiver, den gesamten Streitgegenstand abbildender Streitwert zu bilden. Dabei waren für jede Instanz bezogen auf den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung der von der Feststellungsklage umfasste, vergangenheitsbezogene Zeitraum einschließlich der eingeklagten Rückstände einerseits und der zukunftsgerichtete Teil der Klage andererseits zu berücksichtigen. Letzterer war wegen der Ungewissheit der künftigen Entwicklung in Anlehnung an § 42 Abs. 3 Satz 2 GKG mit dem 36-fachen der begehrten Vergütungsdifferenz zu bewerten. Ausgehend von dieser Berechnungsweise ist die Klägerin in allen Instanzen zu weniger als 10 % unterlegen. Ihre Zuvielforderung war damit verhältnismäßig geringfügig iSd. § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO(Hüßtege in Thomas/Putzo 30. Aufl. § 92 Rn. 8; zweifelnd Zöller/Herget ZPO 27. Aufl. § 92 Rn. 10 mwN zum Streitstand; für eine Würdigung nach den Umständen des Einzelfalls MünchKommZPO/Giebel 3. Aufl. § 92 Rn. 17). Höhere Kosten sind wegen der Deckelung des Streitwerts durch § 42 Abs. 3 Satz 2 iVm. § 42 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 GKG nicht angefallen.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    B. Stang    

        

    Augat    

                 

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.