Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 30. Nov. 2012 - 6 Sa 271/12

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2012:1130.6SA271.12.0A
bei uns veröffentlicht am30.11.2012

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 26.4.2012, AZ:, 5 Ca 4129/11, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Berechtigung zur Verwendung eines Belegschaftsfotos sowie etwaigen Schadensersatz wegen (vermeintlich) ungestatteter Nutzung.

2

Der Kläger war bei der Beklagten vom 1. Juni 2010 bis zum 15. März 2011 als gewerblicher Arbeitnehmer beschäftigt (Ablichtung des Arbeitsvertrags nebst Anforderungsprofil A-Monteur und weiteren Anlagen in Bl. 5-19 d.A.). Das Arbeitsverhältnis endete mit privatschriftlichem Aufhebungsvertrag vom 2. März 2011, der u.a. wie folgt lautete (Ablichtung in Bl. 57 f. d.A.):

3

„1. Beendigung

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Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 15. März 2011 einvernehmlich enden wird.

5

2. Freistellung

6

Der Arbeitnehmer wird mit sofortiger Wirkung unwiderruflich unter Anrechnung etwaiger Ansprüche auf Urlaubsgewährung, Freistellung und sonstiger Arbeitsbefreiung von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt.

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3. Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse

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4. Zeugnis

9

Der Arbeitnehmer erhält ein wohlwollendes qualifiziertes Zeugnis, welches dem beruflichen Fortkommen dienlich ist.

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5. Erledigungsklausel

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Die Parteien sind sich einig, dass mit Erfüllung dieser Vereinbarung sämtliche gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung, gleich aus welchem Rechtsgrund, erledigt sind.

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6. Salvatorische Klausel
…“

13

Am 24. März 2011 bestätigte der Kläger durch Unterzeichnung einer Ausgleichsquittung, die ihm zustehenden Lohn-/ Gehaltsansprüche abgerechnet und ausgezahlt erhalten zu haben und dass „sonstige Ansprüche - gleich welcher Art - aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung“ nicht bestehen (Ablichtung in Bl. 59 d.A.).

14

Während des Arbeitsverhältnisses hatte die Beklagte die Mitarbeiterschaft mit Aushang vom 22. Oktober 2010 um die Teilnahme an einem betrieblichen Fototermin für Samstag, den 13. November 2010, gebeten (Ablichtung des Schreibens in Bl. 56 d.A.). Der Kläger befand sich während dieser Zeit noch im Probestadium. Er wurde seitens eines Arbeitskollegen am 12. November 2010 an den Termin erinnert, und zwar mit Hinweis, möglichst in sauberer Arbeitskleidung und mit dem Betriebsfahrzeug zu erscheinen. Die Belegschaft erfuhr abermals während des Termins von der beabsichtigten Bildverwendung für die neue Internetseite.

15

Im Nachgang der Durchführung war das Foto im Internetauftritt der Beklagten („http://www.b..de/“) auf der Seite „Über uns“ abgelegt. Es zeigte entsprechend der Aufnahmeablichtung in Bl. 20 d.A. eine ca. 33 Personen umfassende in Dreierreihen angeordnete Gruppe von Menschen, von denen die unterste Reihe sitzet, die zweite Reihe steht und die dritte Reihe erhöht aufgestellt ist - bei im wesentlichen einheitlicher mit dunkel oder hell eingefärbter und auf der Brust möglicherweise dem Firmenlogo versehenen Poloshirt- oder Hemdkleidung. Zu einer in zweiter Reihe (mittig) abgelichteten Rumpf- und Kopfpartie führt ein handschriftlich aufgebrachter Pfeilzusatz in Bl. 20 d.A. unter Zusatz „Kl.“. Nach dem Screenshot in Bl. 76 d.A. enthielt die Internetseite „Über uns“ neben dem Foto den folgenden Text:

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„'Der Erfolg unseres Unternehmens ist die Summe der Erfolge unserer Mitarbeiter.' Unter diesem Leitmotiv entwickelt B seit über 30 Jahren Lösungen rund um Kälte-, Klima-, Getränketechnik. Ein modernes Arbeitsumfeld ermöglicht dabei Kommunikation auf kürzestem Wege. Im Teamwork werden Aufgaben diskutiert und Lösungen konzipiert. Mit Qualitätsprodukten namhafter Hersteller und erstklassigem Material werden dann diese Lösungen umgesetzt. Schnell vor Ort, präzise montiert, fachkundig gewartet, mit 24-Stunden-Bereitschaft. Das ist B.“

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Zusätzliches Entgelt gewährte die Beklagten keinem der Abgelichteten für die Bildfertigung oder -Nutzung. Auch vergütete sie die am 13. November 2010 aufgewendete Zeit nicht gesondert.

18

Mit Bevollmächtigtenschreiben vom 4. November 2011 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten den Widerruf einer möglicherweise erteilten Einwilligung zur Bildveröffentlichung. Zugleich bat er bis 13. November 2011 darum, das Bild von der Beklagtenhomepage zu entfernen und in der Öffentlichkeit nicht weiter zu verwenden (Ablichtung des Schreibens in Bl. 21 f. d.A.). Die Beklagte kam der Entfernungsaufforderung am 26. Januar 2012 nach und ließ sich im arbeitsgerichtlichen Kammertermin vom 26. April 2012 letztlich dahin ein, sich eine künftige Verwendung des Bildes, vorbehaltlich einer gerichtlichen Entscheidung, vorbehalten zu wollen (Niederschrift in Bl. 78 ff. d.A.).

19

Der Kläger hat erstinstanzlich - sinngemäß - vorgebracht:

20

Bei Abschluss der Aufhebungsvereinbarung habe er nicht gewusst, dass die Beklagte sein Bild weiter benutzen wolle. Er sei vielmehr davon ausgegangen, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses werde es automatisch von der Homepage gelöscht. Die Beklagte verfüge nach seinem Dafürhalten über kein Recht, nach Arbeitsverhältnisende Bilder ihrer ehemaligen Beschäftigten noch zu Werbezwecken zu verwenden. Der Aushang vom 22. Oktober 2010 habe den seinerzeitigen Eindruck vermittelt, die gemeinsame Aufnahme im Direktionsrechtsweg herbeizuführen, was eine unmittelbare Verbindung zwischen der arbeitsvertraglichen Pflichterfüllung und der Einwilligung in die Bildernutzung unterstreiche. Eine Weigerung des Aufnahmetermins hätte ggf. auch Druck von Beklagten- und möglicherweise Kollegenseite mit der Gefahr von Sanktionen wie Abmahnung, Versetzung oder gar Mobbingaktionen auslösen können und das Arbeitsverhältnis mithin belastet. (Unstreitig) gebe es im Betrieb keinen Betriebsrat. Weil letztlich keine andere Genugtuungsmöglichkeit für eine üblicherweise vergütete Lichtbildverwendung bestehe, sei die Beklagte zur Schmerzensgeldzahlung verpflichtet, und zwar im konkreten Fall im Umfang von drei Bruttomonatsverdiensten (13,50 EUR brutto je Stunde x 4,33 Wochen x 37,5 Wochenstunden x 3 Monate = 6.576,19 EUR).

21

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

22

1. der Beklagten zu untersagen, dass sich auf der Homepage http://www.b.de/ durch Anklicken des Links „Über uns“ gezeigte Bild, auf dem der Kläger zu sehen ist, weiterhin der Öffentlichkeit zugänglich zu machen,

23

hilfsweise: der Beklagten zu untersagen, das sich auf der Homepage http://www.b.de/ durch Anklicken des Links „Über uns“ gezeigte Bild, das als Anlage A 1 beigefügt ist, und auf dem der Kläger (durch Einkreisen gekennzeichnet) zu sehen ist, weiterhin der Öffentlichkeit zugänglich zu machen,

24

hilfsweise: der Beklagten zu untersagen, das Bild des Klägers, das durch Einkreisen auf dem als Anlage A 1 beigefügten Gruppenbild gekennzeichnet ist, und das auf der Homepage der Beklagten http://www.b.de/ durch Anklicken des Links "Über uns" gezeigt wird, weiterhin der Öffentlichkeit zugänglich zu machen,

25

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein Schmerzensgeld zu zahlen, das der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens aber 6.576,19 EUR betragen sollte nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2011.

26

Die Beklagte hat erstinstanzlich die Klageabweisung beantragt und hierzu - sinngemäß - vorgetragen:

27

Der Kläger sei in seiner Persönlichkeit nicht weiter betroffen. Insbesondere sei sein Gesicht auf dem Foto so gut wie gar nicht auszumachen. Repräsentiert sei vielmehr nur eine größere Gruppe i.S. einer Belegschaft. Die Art der Bildverwendung sei vorab mittels Aushang ordnungsgemäß angekündigt worden. Ihr habe der Kläger durch seine vorbehaltsfreie Teilnahme am Fototermin entsprochen. Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei das Einverständnis auch nicht automatisch entfallen. Zudem fehle es für einen nachträglichen Widerruf an tragfähigen Gründen und rechtzeitiger Verabfolgung. Weil keine Persönlichkeitsverletzung - und schon gar keine schwerwiegende - in Frage stehe, komme ein Schmerzensgeldanspruch im Ansatz bereits nicht in Betracht.

28

Das Arbeitsgericht Koblenz hat die Klage mit Urteil vom 26. April 2012 - Az. 5 Ca 4129/11 - (auf dessen Inhalt wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz ergänzend Bezug genommen wird, Bl. 82 ff. d.A.) abgewiesen und dabei im Wesentlichen ausgeführt (im Einzelnen Bl. 87 ff. d.A.), die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs seien nicht gegeben. Die ursprünglich erteilte - konkludente - Einwilligung habe nicht mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses ihre Wirkung verloren. Ein erst nachfolgender Widerruf sei aufgrund der Ausgleichsklausel im Aufhebungsvertrag nicht mehr relevant geworden. Neben dem typischerweise umfassenden Abgeltungszweck solcher Klauseln zeige die Wendung „gleich aus welchem Rechtsgrund“ die generelle Reichweite des beidseitigen Ausschlusswillens. Geltungszweifel aus Gründen des Rechts der allgemeinen Vertragsbedingungen bestünden nicht. Mangels Verletzung des Persönlichkeitsrechts, namentlich in schwerwiegender Form, scheide auch ein Schadensersatzanspruch aus. Der Kläger sei schließlich nur in einem kleinen Bildausschnitt, ohne negativen Eindruck und auch nur für unwesentliche Zeit nach Eingang seines Widerrufs im Internetauftritt erkennbar gewesen und habe zudem mit monatelangem Zuwarten die eigene Interesselosigkeit erkennen lassen.

29

Der Kläger hat gegen das ihm am 14. Mai 2012 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 11. Juni 2012, eingegangen am 13. Juni 2012, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 13. August 2012, eingegangen am 14. August 2012, innerhalb der verlängerten Frist begründet.

30

Der Kläger trägt zweitinstanzlich - zusammengefasst und sinngemäß - weiter vor:

31

Ein Belegschaftsfoto werde nach Ausscheiden einzelner Belegschaftsangehöriger wahrheitswidrig. Ein objektiver Betrachter verbinde mit ihm nicht nur ein Abbild der am Terminstag zufällig anwesenden Mitarbeiter (Beweis: Sachverständigengutachten). Da widerrechtliche Nutzungen fremder Bildnisse Persönlichkeitsrechtsverletzungen gleichkämen, könnten sie mit einer einfachen Erledigungsklausel keineswegs beseitigt werden. Besondere Widerrufsgründe seien nach Beendigung von Arbeitsverhältnissen nicht mehr zu verlangen. Spätestens nachdem die Beklagte das Bild aus der Internetseite herausgenommen habe, bedürfe sie jedenfalls für eine neuerliche Verwendung der Zustimmung. Da das Bild im Internet auch Reklamezwecke erfüllt habe, lägen hinreichende Umstände für einen Schadensersatzanspruch nahe.

32

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich - sinngemäß -,

33

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 26. April 2012 - 5 Ca 4129/11 - abzuändern und

34

1. der Beklagten zu untersagen, dass sich auf der Homepage http://www.b.de/ durch Anklicken des Links „Über uns“ gezeigte Bild, auf dem der Kläger zu sehen ist, weiterhin der Öffentlichkeit zugänglich zu machen,

35

hilfsweise: der Beklagten zu untersagen, das sich auf der Homepage http://www.b.de/ durch Anklicken des Links „Über uns“ gezeigte Bild, das als Anlage A 1 beigefügt ist, und auf dem der Kläger (durch Einkreisen gekennzeichnet) zu sehen ist, weiterhin der Öffentlichkeit zugänglich zu machen,

36

hilfsweise: der Beklagten zu untersagen, das Bild des Klägers, das durch Einkreisen auf dem als Anlage A 1 beigefügten Gruppenbild gekennzeichnet ist, und das auf der Homepage der Beklagten http://www.b.de/ durch Anklicken des Links "Über uns" gezeigt wird, weiterhin der Öffentlichkeit zugänglich zu machen,

37

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein Schmerzensgeld zu zahlen, das der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens aber 6.576,19 EUR betragen sollte nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2011.

38

Die Beklagte beantragt,

39

die Berufung zurückzuweisen.

40

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und trägt zweitinstanzlich - sinngemäß - ergänzend vor:

41

Das Belegschaftsfoto stelle eine nur Repräsentation der Arbeitnehmerschaft dar, die auch nach Verlassen des Unternehmens noch aktuell und vom ursprünglich erteilten Einverständnis getragen sei. Individuelle Persönlichkeiten oder spezielle Fachkompetenzen einzelner Beschäftigter seien vorliegend nicht weiter herausgestrichen worden. Der Kläger habe bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht weiter erkennen lassen, den gehandhabten Umgang mit seinem Recht am eigenen Bild nicht mehr zu wollen. Deshalb habe sein Verzicht auf etwaige Rechte genau das Gegenteil signalisiert und - weil die Einwilligung auch rechtsgeschäftlichen Gehalt habe - im Rahmen einer einfachen Erledigungsklausel behandelt werden können. Beachtlich sei zudem, dass es erheblichen Aufwands bedürfe, das Bildnis wie auch die Internetseite neu zu gestalten.

42

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands zweiter Instanz wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen (des Klägers vom 13. August 2012 [Bl. 115 ff. d.A.] und 29. Oktober 2012 [Bl. 155 f. d.A.] sowie der Beklagten vom 10. September 2012 [Bl. 147 ff. d.A.]), die zur Gerichtsakte gereichten Unterlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30. November 2012 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

43

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage mit zutreffenden Erwägungen abgewiesen.

I.

44

Die Berufung ist zulässig. Sie ist insgesamt statthaft (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b ArbGG) und wurde form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 519 ZPO) sowie rechtzeitig (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG) und insgesamt ordnungsgemäß begründet, wobei den gerichtlichen Ausführungen zu beiden Anträgen hinreichende Erwägungen i.S.d. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO entgegen gestellt wurden (näher etwa BAG 15.3.2011 - 9 AZR 813/09 - Rn. 11, NZA 2011, 767).

II.

45

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Dem Kläger stehen die behaupteten Ansprüche nicht zu. Die Kammer stimmt dabei den Ausführungen des Arbeitsgerichts mit den nachfolgenden Maßgaben zu.

46

1. Die Klage ist in beiden Anträgen zulässig.

47

a) Der Antrag zu 1 genügt bei gebotener Auslegung den Anforderungen aus § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

48

aa) Ein Unterlassungsantrag muss eindeutig erkennen lassen, was vom Schuldner verlangt wird. Die Prüfung, welche Maßnahmen vorzunehmen oder zu unterlassen sind, darf grundsätzlich nicht ins Vollstreckungsverfahren verlagert werden. Vielmehr sind künftig zu unterlassende Einzelhandlungen so genau zu bezeichnen, dass kein Zweifel besteht, welches Verhalten im Einzelnen gemeint ist (vgl. BAG 14.3.2012 - 7 ABR 67/10 - Rn. 9, EzA SGB IX § 95 Nr. 4). Allerdings dürfen die prozessualen Anforderungen nicht überspannt werden. Die Besonderheiten des anzuwendenden materiellen Rechts und die Umstände des Einzelfalls müssen bedacht werden, wobei das zu schützende Interesse eines Beklagten, sich gegen die Klage erschöpfend verteidigen zu können, sowie sein Interesse an Rechtsklarheit und Rechtssicherheit mit dem ebenfalls schützenswerten Interesse eines Klägers an wirksamem Rechtsschutz gegeneinander abzuwägen sind (BAG 26.7.2012 - 6 AZR 221/11 - Rn. 24, juris).

49

bb) Bei Ermittlung des Inhalts auslegungsbedürftiger Klageanträge kommt es nicht nur auf den buchstäblichen Antragswortlaut an. Es ist vielmehr auf den erklärten Willen insgesamt abzustellen, wie er aus Klagebegründung, Prozessziel und Interessenlage hervorgeht (§§ 133, 157 BGB; BAG 13.6.2012 - 7 AZR 459/10 - Rn. 14, juris). Neben der Klageschrift kann hierfür auch auf das schriftsätzliche Vorbringen der Partei zurückgegriffen werden (BAG 13.6.2012 - 7 AZR 537/10 - Rn. 28, juris).

50

cc) Vorliegend hat der Kläger Haupt- und Hilfsantragsformulierungen angebracht, ohne damit alternative oder eventuelle Klageziele zu bezeichnen. Im Kern gehen alle Antragsfassungen auf das Störungsbeseitigungsbestreben für „das auf der Homepage http://www.b..de/ durch Anklicken des Links 'Über uns' gezeigte Bild, auf dem der Kläger zu sehen ist“. Dessen Inhalt ist durch die Ablichtung in Bl. 20 d.A. deutlich hingewiesen sowie mittels Screenshot in Bl. 76 d.A weiter aufmerksam gemacht worden. Die hilfsantragsweisen Wendungen verdeutlichen den Bezug zu den aktengemäßen Ablichtungen nur jeweils weiter und ins Einzelne gehend, indem sie diesen Zusammenhang in beschreibende Worte fassen, wie: „das durch Einkreisen auf dem als Anlage A 1 beigefügten Gruppenbild gekennzeichnet ist“, oder „das als Anlage A 1 beigefügt ist, und auf dem der Kläger (durch Einkreisen gekennzeichnet) zu sehen ist“. Weil von anderen Bildern schriftsätzlich nirgends gehandelt ist, können diese Konkretisierungen nur ein und dasselbe schon im Hauptantrag angesprochene Bildnis meinen. Soweit die hilfsweise Antragsfassung die Bildeinstellung im Internet in zweiter Alternative in Gegenwartsform fasst („das auf der Homepage ... gezeigt wird“), dürfte sinngemäß nach erfolgter Entfernung nur noch auf das bereits vergangene Geschehen abgestellt sein (i.S.v. „das auf der Homepage ... gezeigt wurde“). Auch das Arbeitsgericht hat - unangegriffen - Bezüge allein zum vormaligen Internetauftritt hergestellt.

51

dd) Auslegungsbedürftig ist indes der Unterlassungsgegenstand „weiterhin der Öffentlichkeit zugänglich zu machen“. Dieser weicht wortlautgemäß in beachtlicher Weise vom gesetzlichen Regelungsgehalt in § 22 Satz 1 KuG („... verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt ...“) ab, und erfordert deshalb eine eigenständige Würdigung. „Zugänglich machen“ heißt umgangssprachlich „Zugang gewähren“, „erreichbar -“ oder „verfügbar halten“ (vgl. Wahrig Deutsches Wörterbuch 8. Aufl. Stichwort zugänglich). „Öffentlichkeit“ meint Weitreichendes wie etwa „die Leute“, „das Volk“ oder „alle anderen Menschen“ (Wahrig Deutsches Wörterbuch Stichwort Öffentlichkeit). Beide Wendungen zusammengenommen ergeben keinen klar eingrenzbaren sachlichen und personellen Gegenstand und stellen namentlich Verbindungen zu selbst vollkommen passiven oder rein duldenden Besitzverhaltensweisen her, deren Abwendung der Kläger zur Wahrung seiner wohlverstandenen Interessen weder benötigt noch verständigerweise erstrebt haben kann. Seine Abwehr zielt schriftsatzgemäß vielmehr nur auf die Abwendung eines wiederholenden Beibehalts der nach Arbeitsvertragsende noch geschehenen Gruppenbildeinstellung in die Beklagtenhomepage des Internet (Rubrik „Über uns“). Noch im Schriftsatz vom 29. Oktober 2012 (Bl. 155 f. d.A.) betont insofern, dass der Beklagten gerade versagt werden solle, das fragliche Bild „nochmals“ ohne neuerliche Einwilligung zu verwenden. Weil „nochmals“ auf ein „vormals“ abstellt, was vorliegend die gerügte Verwendung des Bildes im Netz war, konnte bis zuletzt nur gemeint sein, dass es dem Kläger um eben diese (Wieder-) Verwendungsform in der antragsgemäß beschriebenen Weise via Internet ging. Nur hierzu passte schließlich auch die im Rahmen des Schmerzensgeldbegehrens thematisierte öffentliche Reichweite von Internetdarstellungen überhaupt. Nur mit dem Inhalt einer derart zu untersagenden Fortnutzung des Belegschaftsfotos blieb der Streitgegenstand auch im Hinblick auf ein etwaiges Vollstreckungsverfahren hinreichend und zweifelsfrei abgrenzbar.

52

b) Hinreichend bestimmt bezeichnet i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist auch der Antrag zu 2. Dabei steht nicht entgegen, dass der Kläger die Höhe der begehrten Geldzahlung ins gerichtliche Ermessen stellte. Ein derartiger Klageantrag ist jedenfalls dann zulässig, wenn die Bestimmung des Betrages von einer gerichtlichen Schätzung oder billigem Ermessen abhängig ist und der Kläger Tatsachen, die das Gericht für eine Schätzung heranziehen soll, benennt und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angibt (BAG 15.2.2005 - 9 AZR 635/03 - zu A der Gründe, NZA 2005, 870). Letzteres ist geschehen, indem der Kläger die Größenordnung seines Verlangens skizzierte als auch andeutungsweise Umstände kenntlich gemacht hat, wie aus seiner Sicht eine Bemessung der Entschädigung ausfallen soll. Die Zubilligung einer Geldentschädigung wegen schwerer Persönlichkeitsverletzung gemäß § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG beruht insofern auf den angesprochenen Gesichtspunkten der Genugtuung und Prävention - bei tatrichterlicher Abwägung von Bedeutung und Tragweite etwaiger Eingriffe, von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie dem Grad des Verschuldens (BGH 5.10.2004 - VI ZR 255/03 - zu II der Gründe, BGHZ 160, 298).

53

2. Die Klage ist jedoch in beiden Anträgen nicht begründet.

54

a) Der zu 1 geltend gemachte Unterlassungsanspruch besteht nicht. Die Voraussetzungen der §§ 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog und § 22 KuG sowie Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG sind nicht erfüllt. Die Beklagte hat durch den Beibehalt des Belegschaftsbildes auf ihrer Internetseite zwischen dem Ausscheiden des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis zum 16. März 2011 und der Entfernung am 26. Januar 2012 nicht unzulässig in dessen Persönlichkeitsrechte eingegriffen. Das gilt einerseits aufgrund der Reichweite der vormals erteilten Einwilligung bis zum Zugang eines etwaigen Widerrufs sowie nachfolgend bis Mitte/ Ende Januar 2012, weil die Beklagte dem klägerischen Willen (soweit vorliegend von Belang) mit Entfernen des Bildes von ihrer Homepage vollumfänglich entsprach.

55

aa) Zwar geht der Kläger im Ansatz zutreffend davon aus, dass einem Betroffenen nach objektiv rechtswidrigem Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht ein vorbeugender Unterlassungsanspruch zusteht, sofern die Besorgnis künftiger Wiederholungen besteht (§ 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB) und eine ernstliche Besorgnis erneuter Beeinträchtigungen widerlegbar vermutet werden kann, wenn ein widerrechtlicher Eingriff bereits stattgefunden hat (im vorliegenden Zusammenhang zuletzt etwa LAG Hamm 20.7.2011 - 10 SA 747/11 - zu I 1 der Gründe, juris). Zum Persönlichkeitsrecht eines Arbeitnehmers i.S.d. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG zählt dabei auch das Recht am eigenen Bild (zuletzt etwa BAG 21.6.2012 - 2 AZR 153/11 - Rn. 30, NZA 2012, 1025), das gemäß § 22 Satz 1 KuG nicht ohne Einwilligung des Abgebildeten durch Verbreitung oder öffentliche Zur-Schau-Stellung gestört werden darf.

56

bb) Entgegen der Klägeransicht LAG im Beibehalt des Gruppenfotos auf der Beklagtenhomepage im Internet bis 26. Januar 2012 jedoch keine widerrechtliche Störung. Das auch den Kläger wiedergebende Bildnis war nicht ohne dessen Einwilligung zur Schau gestellt worden.

57

(1) Zugunsten des Klägers kann dabei angenommen werden, dass das im Internet dargebotene Bildnis sein Persönlichkeitsrecht i.S.d. Schutzbereich nach § 22 Satz 1 KuG i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG betraf.

58

(a) Bildnis ist jede erkennbare Wiedergabe des äußeren Erscheinungsbildes einer Person (Fricke in Wandtke/ Bullinger Urheberrecht 3. Aufl. § 22 Rn. 5). Für die Erkennbarkeit reicht aus, dass der Betroffene Anlass zur Befürchtung hat, seine Identität ergebe sich für einen Teil der Betrachter ohne weiteres oder lasse sich zumindest mühelos ermitteln (OLG Düsseldorf 26.10.2011 - I 15 U 101/11 - zu III 2 b der Gründe, juris). Die Identifizierbarkeit wenigstens im Bekanntenkreis kann neben abgelichteten Gesichtszügen auch aus Statur, Haltung, Kleidung usw. folgen (OLG Karlsruhe 6.7.2001 - 14 U 71/00 - zu I 2 d bb der Gründe, AfP 2002, 42).

59

(b) Der Kläger hat - ohne dass die Beklagte dem entgegentrat - seine Person durch Einkreisen mit Pfeilhinweis auf der zur Gerichtsakte gereichten Ablichtung in Bl. 20 d.A. gekennzeichnet und dabei zur Identifizierbarkeit auf die für diese Person erkennbaren Rumpf- und Gesichtszüge sowie das Ablichtungsumfeld aufmerksam gemacht (Firmenseite im Internet, einheitliche Kleidung, Firmenlogo auf Hemd oder Poloshirt). Der Beklagteneinwand vermeintlich geringer Erkennbarkeit blieb demgegenüber pauschal und ohne Bezug dazu, dass wenigstens nahestehende oder ihm bekannte Personen den Kläger auf dem Bild erkennen konnten. Nach Eindruck der Kammer sprach hierfür beispielsweise die ablichtungsgemäß eher gedrungene Statur, die Andeutung breite Gesichtszüge bei anscheinend zurückgekämmtem, dunklen Haar oder der Schimmer eines Oberlippenbarts. Der bereits vom Arbeitsgericht angenommenen Erkennbarkeit war die Beklagte im Rahmen der Berufung nicht weiter entgegengetreten, was die weitere Bindung nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.Vm. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG zeitigte.

60

(2) Die Einstellung des Belegschaftsbilds auf der eigenen Homepage im Internet kam auch einem öffentlichen Zur-Schau-Stellen i.S.d. § 22 Satz 1 KuG gleich. Bildnisse werden öffentlich zur Schau gestellt, wenn sie für eine nicht bestimmt abgegrenzte und nicht untereinander oder zu einem Veranstalter persönlich verbundene Mehrzahl von Personen sichtbar gemacht werden (OLG München 26.6.2007 - 18 U 2067/07 - zu II 3 b der Gründe, K&R 2007, 531). Weil es nicht darauf ankommt, ob die Übertragung von Sichtbarkeitsreizen analog oder digitalisiert erfolgt, unterfallen dabei auch Bildeinstellungen im Internet dem Tatbestand des § 22 KuG (vgl. nur Fricke in Wandtke/ Bullinger Urheberrecht § 22 KUG Rn. 9; Dreier in Dreier/ Schulze Urheberrechtsgesetz 3. Aufl. § 22 KUG Rn. 11). Ein Fall nicht öffentlicher Internetpräsentation kann allenfalls angenommen werden, wenn der Seitenzugang allein einer kleinen Anzahl von Personen vorbehalten ist, Dritten jedoch nicht (hierzu etwa Gass in Möhring/ Nicolini Urheberrechtsgesetz 2. Aufl. § 22 KuG Rn. 38). Da das Bild - wie vom Kläger unbestritten vorgebracht - bis zum Entfernungszeitpunkt ins Internet eingestellt und ohne Weiteres einsehbar war, LAG ein Fall nicht öffentlicher Präsentation nicht vor.

61

(3) Der Beibehalt des Bildnisses im Netz war aber auch über das Arbeitsverhältnisende von einer Einwilligung des Klägers getragen.

62

(a) Der Kläger hatte mit seiner Teilnahme an der Fertigung des Belegschaftsbildes in dessen Verwendung auf der Internethomepage der Beklagten (wirksam) eingewilligt.

63

(aa) Gemäß § 22 Satz 1 KuG steht die Verbreitung oder öffentliche Zur-Schau-Stellung von Bildnissen unter Einwilligungsvorbehalt. Einwilligungen können ausdrücklich oder stillschweigend, beschränkt oder unbeschränkt erteilt werden; sie müssen nur den Gestattungswillen für die Bildnutzung zum Ausdruck bringen (MünchKommBGB/ Rixecker 6. Aufl. Anhang zu § 12 BGB Rn. 51). Dabei ist für Umstand und Reichweite der Einwilligung zu fragen, wie der Erklärungsempfänger das Verhalten aus objektivierter Sicht nach Treu und Glauben auffassen konnte (vgl. LG Bielefeld 18.9.2007 - 6 O 360/07 -, NJW-RR 2008, 715). Bezüglich des „ob“ genügen im Einzelfall schon freundliche Blicke oder winkende Gesten (vgl. Fricke in Wandtke/ Bullinger Urheberrecht § 22 Rn. 15; MünchKommBGB/ Rixecker Anhang zu § 12 Rn. 51). Bezüglich der Reichweite („wie weit“) kann auf den urheberrechtlichen Zweckübertragungsgedanken abgestellt werden, nach dem der Abgebildete im Zweifel einer solchen Verwendung zustimmt, wie sie dem Aufnahmezweck entspricht und hierfür nachfolgend erforderlich scheint (näher Wanckel Foto- und Bildrecht 4. Aufl. Rn. 162; Fricke in Wandtke/ Bullinger Urheberrecht § 22 KuG Rn. 15; Dreier in Dreier/ Schulze Urheberrechtsgesetz § 22 KUG Rn. 21; von Strobl-Albeg in Wenzel/ Burkhardt/ Gamer/ von Strobl-Albeg Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung 5. Aufl. Kap. 7 Rn. 81; Götting in Schricker/ Loewenheim Urheberrecht 4. Aufl. § 22 KUG Rn. 44).

64

(bb) Vorliegend nahm der Kläger in Kenntnis der Verwendungsabsicht für die Internetpräsenz der Beklagten am Belegschaftsfototermin teil. Vorbehalte gegen die Bildverwendung äußerte er nicht. Sie sind nach positiv wirkender Erscheinung der Kopf- und Rumpfpartie im eingekreisten Bildausschnitts aus Bl. 20 d.A. auch optisch nicht zu folgern. Spätestens nach Erhalt des kollegialen Hinweises vom Vortag sowie der unstreitigen Wiederholung der Nutzungsabsicht bei Fertigung des Bildes war dem Kläger der Verwendungszusammenhang vollständig bekannt. Auch konnte die Beklagte aus dem Umstand, dass Belegschaftsfotos, die im Einvernehmen mit den abgelichteten Beschäftigten zum Zweck der Unternehmensaußendarstellung oder -Bewerbung erstellt werden, regelmäßig vom stillschweigenden Arbeitnehmereinverständnis in die beabsichtigte Verwendung getragen sind, auf den klägerseitigen Konsens schließen (vgl. LAG Schleswig Holstein 23.6.2010 - 3 Sa 72/10 - zu II 2 a der Gründe, K&R 2011, 69).

65

(cc) Entgegen der Klägeransicht LAG auch kein (zwangsbedingter) Willensmangel vor. Schon der Aushang vom 22. Oktober 2010 war weder direktiv noch bedrohlich, sondern bloß einladend gehalten („Gemeinschaftliches Frühstück und Fototermin“) bei höchstpersönlicher Anrede („Liebe Kolleginnen und Kollegen, ...“) und mit bittenden und wünschenden Worten abgefasst („bitten wir“, „bitte auch“, „wir wollen“). Die Beklagte hatte sich für den Terminstag zudem um „das leibliche Wohl“ der Beschäftigten besonders besorgt (so die Aushangablichtung in Bl. 56 d.A. weiter). Der Kläger hat zudem mit der Behauptung, den Aushang selbst gar nicht gesehen zu haben, etwaige Kausalzusammenhänge für sich zumindest ausgeschlossen. Zudem spricht der Umstand, dass der Aushang ohne Weiteres übersehbar war, weiter gegen die erwogene Zwangsteilnahme. Der Kläger selbst trug weiter unbestritten vor, dass es sich bei den aufgewendeten Stunden noch nicht einmal um Arbeits- oder sonst wie vergütete Zeit handelte. Was ihn dann zu der Annahme brachte, Maßregelungen wie kollegialem Druck, Mobbingaktionen, Abmahnungen und ggf. Kündigung ausgesetzt gewesen zu sein, erschloss sich nicht weiter. Entgegen seinem Dafürhalten lassen sich derartige Folgerungen auch nicht aus der Betriebsratslosigkeit ziehen. Weder gibt es einen Erfahrungssatz, dass Betriebsratsbildungen zu gänzlich störungsfreiem Betriebsklima führen, noch gilt das strikte Gegenteil. Es bedarf - weil ein solcher Fall vorliegend mithin nicht in Rede steht - auch keiner generellen Entscheidung, ob und unter welchen Voraussetzungen eine direktionsrechtsgemäße Teilnahmeaufforderung für Belegschaftsfotos ggf. Auswirkungen auf die Mangelfreiheit von Einwilligung haben kann.

66

(b) Die Bildnutzung der Beklagten verhielt sich auch im Rahmen der erteilten Einwilligung.

67

(aa) In sachlicher Hinsicht war der Verwendungsrahmen bereits mittels Aushang vom 22. Oktober 2010 für „ein gemeinsames Foto für die neue Internetseite“ bezeichnet. Über diesen Rahmen in Kenntnis gesetzt wurde der Kläger - in persönlicher Hinsicht - spätestens aufgrund der Mitteilung des Verwendungszweck im Laufe des Aufnahmetags. Auch entsprach das alsdann gewählte Präsentationsmedium - sachlich - dem zuvor angekündigten Umfang.

68

(bb) Der sachlich abweichenden Einschätzung des Klägers war nicht zu folgen. Der abgelichtete Belegschaftseindruck vom 13. November 2010 vermittelt eine unindividuelle Darstellung der typischen Beklagtenmitarbeiterschaft im Augenblick der Ablichtung. Das Bild selbst wiederspiegelte nichts Reißerisches oder aggressiv Werbendes. Der Gesamtzusammenhang ging - dem Screenshot nach - von einer Präsentation unter Traditions- und Selbstverständnisgesichtspunkten aus, und zwar mit konkretem Bezug auf „über 30 Jahren Lösungen“, dem „Erfolg unseres Unternehmens“ als „Summe der Erfolge unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ sowie dem positiven Wechselspiel von Servicekonzept, Produkten und Material - unter der abschließenden Wertung „Das ist B“. Mehr als ein Schlaglicht auf eine - lebensnah betrachtet - den üblichen Fluktuationen unterliegende Belegschaft ergab sich auch bezogen auf den Kläger nicht, der - wie alle anderen Abgelichteten auch - weder namentlich genannt war noch nach Lebensalter oder nach Betriebszugehörigkeit die über 30-jährige Beklagtentradition der Beklagten auch nur ansatzweise selbst verkörpern konnte. Mit Würdigung dieser augenscheinlich vermittelten und denkgesetzlich zu folgernden Verknüpfung bestand auch kein Grund für irgendwelchen Sachverständigenbeweis.

69

(c) Der Zweckbezug der erteilten Einwilligung war - entgegen der Annahme des Klägers - auch nicht termingenau mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses bereits erledigt.

70

(aa) Als Teil einer typischen Belegschaft (was das Bild dem vorstehenden nach gegenstands- wie zusammenhangsgemäß ergab) konnte der Kläger auf der Internetseite der Beklagten auch dann noch wahrheitsgemäß erscheinen, wenn er sich im freigestellten Kündigungsstadium befand oder bereits ganz aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden war. Allein die zeitnah zurückliegende Betriebszugehörigkeit ließ das datums- und namenslos ins Netz gestellte Bildnis weder aufgrund seines bloßen Inhalts noch aufgrund des aufgezeigten Zusammenhangs schon als falsch erscheinen. Weder behauptet noch ersichtlich war auch, dass das Bildnis tatsächlich und exakt alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Beklagten für den 13. November 2010 vollzählig hatte wiedergeben sollen bzw. wiedergab, was ggf. auch Erläuterungen zu Saisonkräften, Auszubildenden, Beschäftigten in Elternzeit, Altersteilzeit, Pflegezeit, während sozialer Jahre, in freier Mitarbeiterschaft, Familienbeschäftigten usw. bedurft hätte.

71

(bb) Es entspricht zudem der Rechtsprechung des entscheidenden Landesarbeitsgerichts (LAG Rheinland-Pfalz 25.4.2012 - 8 SaGa 3/12 - n.v.; 25.4.2012 - 8 SaGa 5/12 - n.v.; 18.7.2012 - 6 SaGa 2/12 - zu II 2 a der Gründe, juris) wie auch der übrigen publizierten landesarbeitsgerichtlichen Rechtsprechung, dass arbeitnehmerseits erteilte Einwilligungen in die Verwendung von Beschäftigtenfotos über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinausreichen können, wenn das Foto - wie hier - nur allgemeinen Illustrationszwecken dient und (ehemalige) Arbeitnehmer nicht besonders herausstellt werden (LAG Köln 10.7.2009 - 7 Ta 126/09 - zu II 2 der Gründe, RDV 2009, 283; LAG Schleswig-Holstein 20.6.2010 - 3 Sa 72/10 - zu II 3 a der Gründe, K&R 2011, 69; s.a. Wanckel Foto- und Bildrecht Rn. 133).

72

(cc) Dabei entfalten konkludent erteilte Einwilligungen keine geringere Wirkkraft als ausdrückliche, sondern sind gleichfalls in ihrer Reichweite nach dem Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) zu bestimmen (vgl. Götting in Schricker/ Loewenheim Urheberrecht § 22 KuG Rn. 43). Da die Beklagte unbestritten auf ihre Aufwendungen und Kosten für die Aufnahme hingewiesen hatte und aus ihrer Sicht auch angenommen werden kann, ein in Probezeit befindlich Beschäftigter sein Einverständnis in eine Bildfertigung nebst zweckgerechter Verwendung nicht unausgesprochen vom positiven Bestehen der Probezeit oder dem Ausbleiben alsbald folgenden Ausscheidens abhängig macht, blieb aus ihrer Sicht eine auch über den 15. März 2011 hinausreichende Bildnutzung vom Einverständnis des Klägers getragen.

73

(dd) Der Kläger selbst hatte schlussendlich auch keine weiteren Umstände näher konkretisiert, weshalb das vollkommen unverfängliche und in zeitlosen Kontext gestellte Bild schon schlagartig nach Fertigung und Netzeinstellung jeglichen Zweck- und Wahrheitsgehalt eingebüßt haben sollte.

74

(4) Die Beklagte hat das Bildnis auf Widerruf des Klägers zeitnah von ihrer Internetseite wieder entfernt, so dass auch hiernach keine Störung mehr eintrat.

75

(a) Dabei kann dahin stehen, ob die vom Kläger (ähnlich etwa Sauer K&R 2012, 404, 406 und Dahl jurisPR-ArbR 4/2011 Anm. 6 unter D) vertretene Ansicht, eine erteilte Einwilligung sei mit Ablauf des Arbeitsverhältnisses frei widerruflich, zutrifft oder nicht (hiergegen unter zutreffendem Hinweis auf § 42 UrhG und § 35 VerlG sowie den Gesichtspunkt mitübertragener Nutzungsbefugnisse tendenziell wohl von Strobl-Albeg in Wenzel/ Burkhardt/ Gamer/ von Strobl-Albeg Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung Kap. 7 Rn. 85; Götting in Schricker/ Loewenheim Urheberrecht § 22 KUG Rn. 41; MünchKommBGB/ Rixecker Anhang zu § 12 Rn. 56; Wanckel Foto- und Bildrecht Rn. 164; Dreier in Dreier/ Schulze Urheberrechtsgesetz § 22 KuG Rn. 35; Gass in Möhring/ Nicolini Urheberrechtsgesetz § 22 KuG Rn. 32).

76

(b) Dadurch dass die Beklagte dem klägerischen Widerruf letztendlich jedenfalls entsprach und das Bild am 26. Januar 2012 aus ihrem Internetauftritt entnahm, war der Eintritt einer Persönlichkeitsrechtsstörung zu keinem Zeitpunkt geschehen.

77

(aa) Ein Widerruf ist als rechtsgeschäftliche oder rechtsgeschäftsähnliche Handlung zugangsbedürftig (§ 130 BGB; vgl. BGH 17.9.1986 - IVb ZR 59/85 - zu I 2 a der Gründe, NJW 1987, 1546). Wann der Beklagten vorliegend indes ein Widerruf des Klägers zuging, war weder dargetan, noch für die Kammer aus sich heraus näher ersichtlich. Für das unter dem 4. November 2011 datierte Schreiben fehlte jeder datumsgemäße Zugangsnachweis. Auch das vom Kläger am 8. Dezember 2011 anhängig gemachte und vom Arbeitsgericht schlussendlich mit abweisendem Urteil vom 25. Januar 2012 - 5 Ga 95/11 - erledigte Verfügungsgesuch auf Bildnisentfernung ließ hierzu keine abschließenden Folgerungen zu (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 18.7.2012 - 6 SaGa 2/12 - juris).

78

(bb) Selbst wenn man unterstellt, der Widerrufswille sei der Beklagten jedenfalls mit Zustellung des Verfügungsgesuchs irgendwann Mitte Dezember 2011 bekannt geworden, entsprach die darauf mit sechswöchigem Abstand vorgenommene Bildnisentfernung dem Widerrufsinteresse des Klägers noch in vollständiger Form.

79

(aaa) Auch Widerrufsbefugnisse unterliegen - wie Rechtsausübungen im allgemeinen - dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Vorliegend war der Kläger aufgrund des von ihm mit Einwilligung gesetzten Vertrauenstatbestands und weiter der Kosten und des Aufwands der Beklagten wegen dazu angehalten, auf deren Belange bei Ausübung seines Widerrufs ergänzende Rücksicht zu nehmen (vgl. zum Treuevorbehalt nur Steffen in Löffler Presserecht 5. Aufl. § 6 LPG Rn. 127).

80

(bbb) Wenn die Beklagte schon zur Herstellung des Bildes ab 13. November 2010 drei Wochen allein die Unterrichtung der eigenen Belegschaft benötigte, konnte der Kläger kaum ernsthaft erwarten, dass ein reibungslose Einstellung eines aktualisierten Gruppenfotos binnen kürzerer Frist erreichbar sein konnte, namentlich nicht innerhalb der im Widerrufsschreiben überschlägig gesetzten Einwochenfrist. Im konkreten Zeitrahmen galt das umso mehr als zwischen dem (allenfalls nachvollziehbaren) Widerrufserhalt Mitte Dezember 2011 und der tatsächlichen Bildnisentfernung Ende Januar 2012 diverse Feier- und typischerweise auch Ferientage lagen, die der Beklagten das Nachfertigen zeitlich und logistisch zusätzlich erschwerten. Eine Handlungsfolge binnen etwa sechs Wochen erschien insofern geboten und keinesfalls unverhältnismäßig, um auf alle notwendigen Interessen der Beklagten Rücksicht zu nehmen.

81

(ccc) Unabhängig davon, ob die Ausschlussklausel im Aufhebungsvertrag vom 2. März 2012 ein Widerrufsrecht des Klägers rechtlich nicht sowieso schon ausschloss, und unabhängig auch davon, ob sich eine ähnliche Folge ggf. auch aus der am 24. März 2012 erteilten Ausgleichsquittung ergeben mochte, war der Kläger, nachdem er beide Freizeichnungserklärungen abgegeben und zudem nahezu neun Monate tatenlos geblieben war, wegen des Verbots widersprüchlichen Verhaltens weiterhin gehalten, der Beklagten jedenfalls soviel Zeit für den ordnungsgemäßen Bildertausch zu belassen, wie diese regelmäßig benötigte. Seinerseitige Interessen für eine sofortige Bildentnahme waren weder vorgebracht noch aufgrund der gänzlichen Unverfänglichkeit des Belegschaftsbildes irgendwie auch nur zu erahnen.

82

(c) Ob das Widerrufsrecht des Klägers von der aufhebungsvertragsgemäßen Ausgleichsklausel vollumfänglich erfasst war, bedurfte deshalb keiner Entscheidung. Den vom Kläger mit der Berufung eingewendeten Gesichtspunkten tritt die Berufungskammer allerdings nicht bei.

83

(aa) Weil der Kläger keinen Anhalt dargetan hat, dass die Vertragsklauseln im Aufhebungsvertrag für eine Vielzahl von Verträgen i.S.d. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB vorformuliert gewesen sein sollten, und die im Rahmen einer Verbrauchervertragskontrolle gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB durchzuführende Überprüfung § 305c Abs. 1 BGB nicht betrifft, kam es auf Fragen der überraschenden Gestaltung nicht an. Im Übrigen sind Ausgleichsklauseln bei Abschluss einer Beendigungsvereinbarung auch nicht etwa ungewöhnlich, sondern eher üblich, und bei kurzen und überschaubaren Aufhebungsvertragstexten - wie hier - auch nicht weiter versteckt, sondern leicht erkennbar angeordnet (vgl. zu ähnlichen Wendungen zuletzt etwa LAG Rheinland-Pfalz 14.9.2012 - 9 Sa 254/12 - zu II 2 b bb der Gründe, juris). Es besteht auch für Intransparenz i.S.d. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kein Anhalt, denn Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders aufgrund unklarer Vertragsformulierungen von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Eine solche Gefahr besteht aber bei großen Erledigungsklauseln nicht, denen ein Anspruchsausschluss in jeglicher Hinsicht leicht und ohne die Gefahr von Missverständnissen entnommen werden kann (LAG Rheinland-Pfalz 14.9.2012 - 9 Sa 254/12 - zu II 2 c cc der Gründe, juris; Thüringer LAG 17.4.2012 - 1 Sa 253/11 - LAGE BGB 2002 § 307 Nr. 30).

84

(bb) Zudem sind Ausgleichsklauseln - im Interesse klarer Verhältnisse - grundsätzlich weit auszulegen (BAG 8.3.2006 - 10 AZR 349/05 - Rn. 36, NZA 2006, 854). Hat ein Anspruch seinen Grund in der arbeitsvertraglichen Beziehung der Parteien, ist er ein „Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis“ - wovon vorliegend in Ziff. 5 der Vereinbarung vom 2. März 2012 die Rede ist. Gemeint sind damit auch Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung (BAG 19.1.2011 - 10 AZR 873/08 - Rn. 13, NZA 2011, 1159) - wie vorliegend in Gestalt deliktischer Persönlichkeitsrechtsfragen. Mit Ansprüchen „aus der Beendigung“ werden solche Verbindlichkeiten benannt, die aus einem Streit über den Beendigungstatbestand herrühren oder erst durch die Beendigung selbst entstehen - wie zum Beispiel Urlaubsabgeltungen (BAG 20.10.2008 - 10 AZR 617/07 - Rn. 26, NZA 2009, 139) oder vorliegend etwa nachfolgende Deliktsfragen. Der Umstand, dass das Recht am eigenen Bild eine gewisse grundrechtliche Relevanz hat, schließt die Verzichtbarkeit für dessen Nutzungsrecht keinesfalls per se aus (vgl. LAG Hamm 22.7.2011 - 10 Sa 747/11 - zu I 2 a der Gründe, juris). Vorliegend ist das Persönlichkeitsrecht des Klägers zudem wegen Unverfänglichkeit und Zeitlosigkeit der Ablichtung sowie fehlender namentlicher Zuordenbarkeit allenfalls marginal betroffen. Weil die Parteien in einem Aufhebungsvertrag das Arbeitsverhältnis aber in der Regel abschließend bereinigen und alle Ansprüche erledigen wollen, gleichgültig ob sie daran im Einzelnen denken oder nicht - jede andere Auslegung würde den angestrebten Vergleichsfrieden infrage stellen und den beurkundeten Vergleichswillen wieder wertlos machen (BAG 20.10.2008 - 10 AZR 617/07 - Rn. 30, a.a.O.; LAG Rheinland-Pfalz 15.4.2010 - 10 Sa 755/09 - zu II 3 der Gründe, juris) - hat weder die vom Kläger eingewendete Unbedachtheit noch der etwaige Grundrechtsbezug für die Wirksamkeit der Erledigungsklausel ausschlaggebende Bewandtnis. Die Unerheblichkeit fehlenden Bewusstseins ist in Ziff. 5 der Aufhebungsvereinbarung zudem mit dem Zusatz „gleich aus welchem Rechtsgrund" unterstrichen. Es dürfte folglich ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis vorliegen, die bezeichnete Vielzahl von bekannten oder unbekannten Ansprüchen gänzlich zum Erlöschen zu bringen (vgl. BAG 21.6.2011 - 9 AZR 203/10 - Rn. 23, NZA 2011, 1338).

85

(cc) Mit diesem Regelungsgehalt würde die Klausel in Ziff. 5 auch nicht gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB verstoßen. Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind hiernach zwar unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Das betrifft aber Erledigungsklauseln, die keinen einseitigen, nur eine Seite betreffenden Verzicht auf Ansprüche enthalten, sondern auch eventuelle Gegenansprüche erfassen, nicht von vorne herein (LAG Rheinland-Pfalz 14.9.2012 - 9 Sa 254/12 - zu II 2 c aa der Gründe, juris). Bei Berücksichtigung von Eigenart, Gegenstand und Zweck des Geschäfts gilt vielmehr, dass sie als Teil eines gegenseitigen Gebens und Nehmens wirtschaftlichen Nutzen für beide Seiten zeitigen können, und zwar auch dann, wenn dies für den einen oder anderen Vertragsteil im einzelnen nicht abschließend zu beziffern ist (Thüringer LAG 17.4.2012 - 1 Sa 253/11 - LAGE BGB 2002 § 307 Nr. 30). Der vorliegende Aufhebungsvertrag enthält zwar keine - regelmäßig als Indiz der Kompensation auffassbare - Abfindungsleistung, dennoch war der Kläger nicht vorteilslos gestellt, wie etwa die über den gesetzlichen Urlaubsanspruch aus 2011 hinausreichende und offensichtlich bezahlte Freistellung in Ziff. 2 sowie die vorbehaltsfreie Zusicherung eines - bei Kürze der Beschäftigungszeit Entgegenkommen kennzeichnenden - wohlwollenden, berufsfördernden Arbeitszeugnisses nach Ziff. 4 wiederspiegeln. Zudem ergab Ziff. 5 Vorteile in Gestalt des Ausschlusses etwaiger Gegenansprüche.

86

cc) Dem Kläger steht auch kein vorbeugender Abwehranspruch zu, weil sich die Beklagte im arbeitsgerichtlichen Kammertermin vorsorglich eine weitere Bildnutzung vorbehalten hatte. Hieraus allein lässt sich auf keine ernsthafte Begehungsgefahr i.S.d. verfahrensmaßgeblichen Streitgegenstands schließen (§ 1004 Abs. 1 BGB; vgl. BAG 22.6.1999 - 9 AZR 541/98 - zu I 2 a der Gründe, NZA 2000, 606). Der Verwendungsvorbehalt blieb so allgemein, dass er nicht weiter auf die Internetpräsentation der Beklagten bezogen werden konnte. Weitergehende Verwendungsabsichten dieser Gestalt ergaben sich auch nicht bis zum Verhandlungsschluss zweiter Instanz. Namentlich die gänzlich substanzlose Klägermutmaßung im Rahmen der Berufungsverhandlung („das Bild sei wieder im Internet“) ließ - nachdem die unmittelbar vor dem Termin gehaltener Einsicht ins Internet auf der Beklagtenhomepage nichts derartiges ergab - nichts weiter folgern.

87

dd) Die Kammer konnte wegen fehlender tatbestandlicher Voraussetzungen auf sich beruhen lassen, ob der Rechtsfolgenanspruch nicht nur auf teilweise Nutzungsuntersagung hätte lauten dürfen. Neben dem Verwendungsinteresse der Beklagten existierten weitere Darstellungsinteressen der mitabgelichteten sonstigen Belegschaftsmitglieder. Deren Disposition unterlag nicht der Willkür des Klägers. In derartigen Kollisionsfällen die Abwehr auf die Unkenntlichmachungen einzelner Personen (durch Schwärzung, „Verpixelung“ oder ähnliche Maßnahmen) zu beschränken, wird mit guten Gründen vertreten (so etwa ArbG Frankfurt a.M. 20.6.2012 - 7 Ca 1649/12 - zu II und III 2 der Gründe, juris).

88

b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Geldentschädigung.

89

aa) Die Zubilligung von Geldentschädigungen nach § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG gilt allein schweren Persönlichkeitsverletzungen und beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre von Menschen häufig ohne Sanktion blieben und der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern könnte. Gesichtspunkte der Genugtuung von Opfern wie der Prävention künftiger Störungen schlagen hierbei auf Tatbestands- und Rechtsfolgenseite durch (vgl. BGH 5.10.2004 - VI ZR 255/03 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 160, 298). Vorliegend indes betrifft die Bildnutzung zwischen dem 16. März 2011 und 26. Januar 2012 weder rechtswidrige Störung des klägerischen Persönlichkeitsrechts, noch in besonders schwerer Form, so dass ein deliktischer Anspruch schon im Ansatz ausscheiden muss.

90

bb) Dem Kläger steht auch kein Schadensersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt einer rechtswidrigen Verletzungen seiner kommerziellen Persönlichkeitsinteressen zu (§ 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG). Zwar können durch unerlaubte Verwertung fremder Persönlichkeitsmerkmale - etwa für Werbezwecke - häufig weniger ideelle als kommerzielle Interessen der Betroffenen beeinträchtigt werden, weil diese sich weniger in ihrer Ehre und ihrem Ansehen verletzt fühlen, als vielmehr finanziell benachteiligt sehen (BGH 1.12.1999 - I ZR 49/97 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 143, 214), der Kläger hat jedoch für seine eigene Person nicht weiter dargetan, dass und inwiefern er - namentlich unter Verwertung seines eigenen Bildnisses - irgendwelche geldwerten Erfolge feiert oder auch nur erstrebt. Er hat zudem auch jeden konkreten Vortrag dazu vermissen lassen, ob die Beklagte mit ihrer Seitenpräsentation „Über uns“ ihrerseits irgendwelche Wettbewerbsvorteile zeitigen konnte. Weder aufgrund des Geschäftsgegenstands (Kälte-, Klima-, Getränketechnik) noch deren Größe (ca. 50 Beschäftigte) versteht sich ein solcher Vorteil aus purer Präsenz im Netz schon von selbst. Es fehlt schlussendlich auch jeder Anhalt für einen konkreten oder in Lizenzanalogie zu berechnenden Verletzergewinn.

91

cc) Aus den vorgenannten Gründen (zu A II 2 b bb) scheidet gleichermaßen auch ein Bereicherungsanspruch wegen unbefugter Nutzung des Fotos „in sonstiger Weise“ aus (hierzu näher BGH 14.4.1992 - VI ZR 285/91 - zu II 2 der Gründe, NJW 1992, 2084).

B.

92

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Gründe, die die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG bedingt hätten, lagen nicht vor.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 30. Nov. 2012 - 6 Sa 271/12

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Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 30. Nov. 2012 - 6 Sa 271/12 zitiert oder wird zitiert von 11 Urteil(en).

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Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 14. Sept. 2012 - 9 Sa 254/12

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 26. Juli 2012 - 6 AZR 221/11

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 21. Juni 2012 - 2 AZR 153/11

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Tenor 1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 18. November 2010 - 6 Sa 817/10 - aufgehoben, soweit es ihre Berufung zurückgewiesen hat.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 13. Juni 2012 - 7 AZR 537/10

bei uns veröffentlicht am 13.06.2012

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 30. Juni 2010 - 3 Sa 96/09 - teilweise aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 13. Juni 2012 - 7 AZR 459/10

bei uns veröffentlicht am 13.06.2012

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Bundesarbeitsgericht Beschluss, 14. März 2012 - 7 ABR 67/10

bei uns veröffentlicht am 14.03.2012

Tenor Auf die Sprungrechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 29. September 2010 - 22 BV 294/09 - aufgehoben. Die Anträge des Schwerbeh

Bundesarbeitsgericht Urteil, 21. Juni 2011 - 9 AZR 203/10

bei uns veröffentlicht am 21.06.2011

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 20. Januar 2010 - 5 Sa 603/09 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 15. März 2011 - 9 AZR 813/09

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 19. Jan. 2011 - 10 AZR 873/08

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Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 08. Mai 2013 - 8 Sa 30/13

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Diese Entscheidung wird zitiert Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 07.12.2012 - 4 Ca 4364/11 - wie folgt abgeändert: Die Klage wird abgewiesen. Die Berufung des Klägers wird zurückgew

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(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 4. November 2009 - 6 Sa 18/09 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 17. Dezember 2008 - 4 Ca 1090 b/08 - als unzulässig verworfen wird.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags.

2

Die 1952 geborene Klägerin und die Beklagte verbindet ein Arbeitsverhältnis. Die Beklagte beschäftigt die Klägerin als Krankenschwester in einem Krankenhaus. Der kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme anwendbare Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit vom 5. Mai 1998 in der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 30. Juni 2000 (TV ATZ) gewährt Beschäftigten unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch gegen den Arbeitgeber, mit ihnen einen Altersteilzeitarbeitsvertrag abzuschließen. Einen solchen Anspruch sieht auch der zwischen dem Kommunalen Arbeitgeberverband Schleswig-Holstein und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di geschlossene Tarifvertrag „Arbeitszeit für Schleswig-Holstein“ (TV-ArbZ SH) vor.

3

Mit Schreiben vom 17. März 2008, das der Beklagten am 26. März 2008 zuging, forderte die Klägerin die Beklagte erfolglos auf, mit ihr einen Altersteilzeitarbeitsvertrag für den Zeitraum vom 1. Oktober 2009 bis zum 30. September 2017 zu schließen.

4

Die Klägerin hat die Rechtsauffassung vertreten, die ablehnende Entscheidung der Beklagten diskriminiere sie wegen ihres Alters. Die Tarifvertragsparteien, die an den grundgesetzlichen Gleichheitssatz gebunden seien, hätten den ihnen von Verfassungs wegen zustehenden Regelungsspielraum überschritten. Es verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, den Beschäftigten der Stadt Kiel, nicht aber den Beschäftigten in den Krankenhäusern den Zugang zur Altersteilzeit unter den TV-ArbZ SH spezifizierten Bedingungen zu gewähren.

5

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihr Angebot zum Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags in Form des Teilzeitmodells in der Zeit vom 1. Oktober 2009 bis zum 30. September 2017 anzunehmen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Ansicht gewesen, sie sei berechtigt, Altersteilzeitanträge von Arbeitnehmern, die das 60. Lebensjahr nicht vollendet hätten, aus Kostengründen abzulehnen. Das ihr zustehende Ermessen habe sie fehlerfrei ausgeübt.

7

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist unbegründet, da bereits die Berufung unzulässig gewesen ist. Das Landesarbeitsgericht hätte die Berufung als unzulässig verwerfen müssen; denn die Berufungsbegründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen.

9

1. Die Zulässigkeit der Berufung ist Prozessvoraussetzung für das gesamte weitere Verfahren nach Einlegung der Berufung (BAG 27. Juli 2010 -  1 AZR 186/09  - Rn. 17, NZA 2010, 1446). Sie ist deshalb vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen (BAG 17. Januar 2007 - 7 AZR 20/06 - Rn. 10, BAGE 121, 18). Fehlt es an einer ordnungsgemäßen Begründung iSd. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO, hat das Revisionsgericht die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Berufung verworfen wird(vgl. BAG 15. August 2002 -  2 AZR 473/01  - zu 2 der Gründe, AP ZPO § 519 Nr. 55 = EzA ZPO § 519 Nr. 14). Dass das Berufungsgericht das Rechtsmittel für zulässig gehalten hat, ist hierbei ohne Bedeutung (vgl. BAG 9. Juli 2003 -  10 AZR 615/02  - zu 1 der Gründe, AP ArbGG 1979 § 64 Nr. 33 = EzA ArbGG 1979 § 64 Nr. 37).

10

2. Die Berufungsbegründungsschrift genügt nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO. Die Klägerin hat sich nicht in ausreichender Weise mit den Erwägungen des Arbeitsgerichts, auf die es seine klageabweisende Entscheidung gestützt hat, auseinandergesetzt.

11

a) Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Begründung der Berufung auch im Urteilsverfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen anwendbar(BAG 10. Februar 2005 -  6 AZR 183/04  - zu 2 a der Gründe, EzA ArbGG 1979 § 64 Nr. 40). Erforderlich ist eine hinreichende Darstellung der Gründe, aus denen sich die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben soll (BAG 28. Mai 2009 -  2 AZR 223/08  - Rn. 14, AP ZPO § 520 Nr. 2). Die Regelung des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs ausreichend vorbereitet wird(vgl. BAG 11. März 1998 - 2 AZR 497/97 - zu I der Gründe, BAGE 88, 171). Deshalb hat der Berufungsführer die Beurteilung des Streitfalls durch den Erstrichter zu überprüfen und darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und mit welchem Grund er das angefochtene Urteil für unrichtig hält (vgl. BAG 6. März 2003 2 AZR 596/02  - zu II 1 a der Gründe, BAGE 105, 200). Dadurch soll bloß formelhaften Berufungsbegründungen entgegengewirkt und eine Beschränkung des Rechtsstoffs im Berufungsverfahren erreicht werden (BAG 15. August 2002 - 2 AZR 473/01 - zu 2 der Gründe, AP ZPO § 519 Nr. 55 = EzA ZPO § 519 Nr. 14). Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den Streitfall zugeschnitten sein (BAG 8. Mai 2008 - 6 AZR 517/07 - Rn. 30, AP BGB § 620 Aufhebungsvertrag Nr. 40 = EzA ZPO 2002 § 520 Nr. 6). Eine schlüssige Begründung kann zwar nicht verlangt werden; doch muss sich die Berufungsbegründung mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will (BAG 10. Februar 2005 -  6 AZR 183/04  - zu 2 a der Gründe, aaO ; 16. Juni 2004 - 5 AZR 529/03 - zu II 2 b der Gründe, EzA ZPO 2002 § 520 Nr. 3; 15. August 2002 - 2 AZR 473/01 - zu 2 der Gründe, aaO). Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (BAG 25. April 2007 -  6 AZR 436/05  - Rn. 14, BAGE 122, 190).

12

b) An diesem Maßstab gemessen, hat die Klägerin die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts nicht ausreichend begründet. Das Arbeitsgericht hat in seinem Urteil mit § 2 Abs. 1 TV ATZ(Seite 6 des Urteils) und § 7 TV-ArbZ SH(Seite 8 des Urteils) zwei Anspruchsgrundlagen in Betracht gezogen und deren Voraussetzungen im Ergebnis verneint.

13

aa) Zu § 2 Abs. 1 TV ATZ hat das Arbeitsgericht im Einzelnen ausgeführt, die Beklagte habe das ihr von den Tarifvertragsparteien eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Die von der Beklagten angeführten wirtschaftlichen Gründe rechtfertigten die Ablehnung des von der Klägerin unter dem 17. März 2008 gestellten Antrags. Eine Diskriminierung der Beschäftigten, die das 60. Lebensjahr nicht vollendet hätten, liege nicht vor, da diese nicht benachteiligt würden. Die Tarifbestimmung begünstige ältere Arbeitnehmer, ohne jüngere zu benachteiligen. Ausweislich der Präambel des Tarifvertrags solle älteren Beschäftigten ein gleitender Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand ermöglicht und dadurch vorrangig Auszubildenden und Arbeitslosen Beschäftigungsmöglichkeiten eröffnet werden. Die Tarifvertragsparteien verfolgten mit den Regelungen des TV ATZ arbeitsmarktpolitische Ziele und beschränkten die Begünstigung deshalb auf Arbeitnehmer, für die der gesetzliche Ruhestand alsbald anstehe.

14

Die Berufungsbegründungsschrift der Klägerin enthält keine argumentative Auseinandersetzung mit diesen Erwägungen. Soweit die Klägerin auf Seite 1 der Berufungsbegründung ausführt, ihr Anspruch ergebe sich aus § 2 des Arbeitsvertrags, paraphrasiert sie im Folgenden die Tarifnorm des § 2 TV ATZ und rügt „die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes“. Zudem „beruft (sie) sich auch auf das AGG, das jede Diskriminierung aus Altersgründen verbietet“. Hierbei handelt es sich um eine formelhafte Wendung, auf die die Klägerin in ähnlicher Form bereits in der Klageschrift vom 31. Mai 2008 zurückgegriffen hat. Dort hat sie die Ansicht vertreten, in der Regelung liege eine „rechtswidrige Diskriminierung aus Altersgründen, die mit Europa-, Verfassungs- und Bundesrecht unvereinbar“ sei. Die Klägerin legt weder dar, aus welchem Grund sie den Gleichbehandlungsgrundsatz für verletzt erachtet, noch, aufgrund welcher Umstände sie sich auf welche Vorschriften des AGG zur Stützung der Rechtsbehauptung, ihr stehe ein Anspruch auf Abschluss des begehrten Altersteilzeitarbeitsvertrags zu, berufen will. Der pauschale Hinweis auf den Gleichbehandlungsgrundsatz und die Vorschriften des AGG ersetzt nicht die erforderliche Auseinandersetzung mit der die angefochtene Entscheidung tragenden Erwägung des Arbeitsgerichts, es liege keine Ungleichbehandlung zulasten der jüngeren, sondern eine - diskriminierungsrechtlich gerechtfertigte - Begünstigung älterer Arbeitnehmer vor. Auf das weitere Argument des Arbeitsgerichts, die unterschiedliche Behandlung beider Arbeitnehmergruppen sei aufgrund arbeitsmarktpolitischer Erwägungen der Tarifvertragsparteien gerechtfertigt, geht die Klägerin nicht ein.

15

bb) Auch hinsichtlich der zweiten von dem Arbeitsgericht in Betracht gezogenen Anspruchsgrundlage, der Regelung des § 7 TV-ArbZ SH, fehlt es an einer der Form des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO entsprechenden Berufungsbegründung. Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, es sei Sache der Tarifvertragsparteien, die Gruppe derer zu bestimmen, auf die das zur Verfügung stehende arbeitsmarktpolitische Instrumentarium angewendet werde. Eine Diskriminierung sei nicht ersichtlich, da im Bereich der Krankenpflege keine erhebliche Arbeitslosigkeit bestehe. Angesichts dessen habe kein Bedarf zur Förderung von Arbeitslosen und Jugendlichen bestanden.

16

Dieser Urteilsbegründung setzt die Klägerin auf Seite 2 der Berufungsbegründung den pauschalen Hinweis entgegen, die Tarifvertragsparteien hätten ihre Regelungsbefugnis überschritten. Damit wird die Klägerin ihrer Begründungsobliegenheit nicht gerecht. Ihre ohne nähere Erläuterung aufgestellte Behauptung, „Rechtfertigungsgründe für die Ungleichbehandlung sind nicht ersichtlich“ (Seite 3 der Berufungsbegründung), ist nicht auf die Erwägungen, die das erstinstanzliche Gericht zur Klageabweisung bewogen haben, zugeschnitten. Das Arbeitsgericht hat auf die mit der Einführung von Altersteilzeit verfolgten arbeitsmarktpolitischen Zwecke abgestellt und ist davon ausgegangen, es bestehe angesichts der Arbeitsmarktlage kein Bedürfnis, Mitarbeitern in Krankenhäusern den Zugang zur Altersteilzeit zu eröffnen. Mit diesen sowohl rechtlichen als auch tatsächlichen Argumenten des Arbeitsgerichts befasst sich die Klägerin nicht. Sie erhebt weder Verfahrensrügen, noch stellt sie die rechtlichen Folgerungen des Arbeitsgerichts infrage. Wenn sie auf Seite 3 der Berufungsbegründung ohne nähere Erklärung auf eine Gleichstellung von Altenpflegern und Krankenpflegern im Krankenpflegegesetz verweist, steht dies mit den maßgebenden Tarifbestimmungen in keinem erkennbaren Zusammenhang.

17

C. Die Klägerin hat als Revisionsführerin die Kosten der ohne Erfolg eingelegten Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Düwell    

        

    Krasshöfer    

        

    Suckow    

        

        

        

    Faltyn    

        

    Kranzusch    

                 

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

Tenor

Auf die Sprungrechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 29. September 2010 - 22 BV 294/09 - aufgehoben. Die Anträge des Schwerbehindertenvertreters werden abgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten im Sprungrechtsbeschwerdeverfahren hauptsächlich darüber, ob der Schwerbehindertenvertreter gegenüber der Arbeitgeberin einen Anspruch auf Unterlassung des Abschlusses von Aufhebungsverträgen mit schwerbehinderten Menschen hat, wenn er nicht zuvor unterrichtet und angehört worden ist.

2

Die Arbeitgeberin betreibt städtische Krankenhäuser in Form eines Eigenbetriebs. Antragsteller ist der dort gewählte Schwerbehindertenvertreter. Die Arbeitgeberin schloss im Frühjahr 2009 einen Aufhebungsvertrag mit der schwerbehinderten Mitarbeiterin S ab, ohne den Schwerbehindertenvertreter davon vorher unterrichtet und angehört zu haben. Nach einer Beschwerde des Schwerbehindertenvertreters vom 19. Oktober 2009 über die unterbliebene Beteiligung bestritt die Arbeitgeberin eine entsprechende Verpflichtung.

3

In dem daraufhin eingeleiteten Beschlussverfahren hat der Schwerbehindertenvertreter die Auffassung vertreten, er sei beim Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit einem schwerbehinderten Menschen nach § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX zu beteiligen. Dieser Anspruch könne nur durch einen allgemeinen Unterlassungsanspruch gesichert werden. Die Sanktion des § 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX gehe ins Leere, weil der Aufhebungsvertrag trotz fehlender Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung wirksam sei.

4

Der Antragsteller hat beantragt,

        

1.    

der Arbeitgeberin zu untersagen, einen Aufhebungsvertrag mit einem im Eigenbetrieb Klinikum S beschäftigten schwerbehinderten Menschen abzuschließen, bevor nicht der Schwerbehindertenvertreter unterrichtet und ihm Gelegenheit gegeben wurde, dazu Stellung zu nehmen,

        

2.    

hilfsweise, für den Fall der Abweisung des Antrags zu 1.,

                 

die Arbeitgeberin zu verpflichten, ihn vor Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit im Eigenbetrieb Klinikum S beschäftigten schwerbehinderten Menschen zu unterrichten und ihm Gelegenheit zu geben, dazu Stellung zu nehmen,

        

3.    

für den Fall, dass die Arbeitgeberin der Verpflichtung aus Antrag Ziff. 1 nicht nachkomme, ihr für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 25.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, zu vollziehen am Geschäftsführer des Eigenbetriebs S, anzudrohen.

5

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX verlange keine Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung beim Abschluss von Aufhebungsverträgen.

6

Das Arbeitsgericht hat dem Unterlassungsantrag sowie dem Antrag auf Androhung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft entsprochen und demgemäß über den Hilfsantrag nicht entschieden. Es hat die Sprungrechtsbeschwerde zugelassen, mit der die Arbeitgeberin die Abweisung der Anträge des Schwerbehindertenvertreters begehrt. Dieser beantragt die Zurückweisung der Sprungrechtsbeschwerde.

7

B. Die nach § 96a ArbGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Sprungrechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Abweisung der Anträge des Schwerbehindertenvertreters. Zu Unrecht hat das Arbeitsgericht dem Hauptantrag stattgegeben. Dieser ist unzulässig, da er nicht hinreichend bestimmt ist. Der als Feststellungsantrag zu verstehende Hilfsantrag ist zulässig, aber unbegründet.

8

I. Der Unterlassungsantrag ist unzulässig. Er ist nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

9

1. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss ein Antrag auch im Beschlussverfahren so bestimmt sein, dass die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Beteiligten entschieden werden kann. Im Falle einer dem Antrag stattgebenden Entscheidung muss für den in Anspruch genommenen Beteiligten eindeutig erkennbar sein, was von ihm verlangt wird. Die Prüfung, welche Maßnahmen der Schuldner vorzunehmen oder zu unterlassen hat, darf grundsätzlich nicht in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden (BAG 12. August 2009 - 7 ABR 15/08 - Rn. 12, BAGE 131, 316; 27. Juli 2010 - 1 ABR 74/09 - Rn. 11, AP ZPO § 253 Nr. 51). Ein Unterlassungsantrag muss deshalb - bereits aus rechtsstaatlichen Gründen - eindeutig erkennen lassen, was vom Schuldner verlangt wird. Soll der Schuldner zur zukünftigen Unterlassung einzelner Handlungen verpflichtet werden, müssen diese so genau bezeichnet sein, dass kein Zweifel besteht, welches Verhalten im Einzelnen betroffen ist. Für den Schuldner muss aufgrund des Unterlassungstitels erkennbar sein, welche Handlungen oder Äußerungen er künftig zu unterlassen hat, um sich rechtmäßig verhalten zu können (vgl. BAG 17. März 2010 - 7 ABR 95/08 - Rn. 13, BAGE 133, 342).

10

2. Diesen Anforderungen genügt der Hauptantrag nicht. Der Arbeitgeberin soll es für alle denkbaren Konstellationen untersagt werden, Aufhebungsverträge mit im Klinikum beschäftigten schwerbehinderten Menschen abzuschließen, ohne dass der Schwerbehindertenvertreter zuvor unterrichtet wurde und er Gelegenheit zur Stellungnahme hatte. Damit ist zwar klar, dass von der Unterlassungsverpflichtung alle künftigen Aufhebungsverträge mit schwerbehinderten Menschen erfasst sein sollen. Unklar und unbestimmt ist aber, wie die Unterrichtung und Anhörung im Einzelnen ausgestaltet sein soll, bei deren Fehlen der begehrte Unterlassungstitel zur Anwendung kommen soll. Es fehlt an jeglicher Präzisierung, in welcher Form und Frist, mit welchem Inhalt und in welchem Umfang die Unterrichtung erfolgen und welche Zeit der Schwerbehindertenvertreter zu einer Stellungnahme haben soll. So bleibt ua. unklar, ob dem Schwerbehindertenvertreter nur der beabsichtigte Vertragsschluss selbst oder darüber hinaus die einzelnen Bedingungen oder sonstigen Umstände des beabsichtigten Aufhebungsvertrags mitzuteilen sind, und ob dies mündlich oder schriftlich geschehen soll. Die Beantwortung dieser Fragen darf nicht in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden. Der beantragte Tenor ließe offen, welches rechtmäßige Verhalten der Arbeitgeberin genau abverlangt würde.

11

II. Der Antrag auf Androhung von Ordnungsmitteln ist nur für den Fall des Obsiegens mit dem Unterlassungsantrag gestellt. Er fällt dem Senat damit nicht zur Entscheidung an (vgl. BAG 9. März 2011 - 7 ABR 137/09 - AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 63 = EzA BetrVG 2001 § 99 Einstellung Nr. 17).

12

III. Der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag ist zulässig, aber unbegründet.

13

1. Der als Feststellungsantrag zu verstehende Hilfsantrag ist zulässig.

14

a) Wie der Schwerbehindertenvertreter in der Anhörung auf den Hinweis des Senats, der auf eine zukünftige Leistung gerichtete Antrag begegne wegen § 259 ZPO Zulässigkeitsbedenken, erklärt hat, soll der Antrag als Feststellungsantrag verstanden werden. Darin liegt keine unzulässige Antragsänderung. Vielmehr ist in dem zuvor auf den Ausspruch einer Verpflichtung gerichteten Antrag der Feststellungsantrag enthalten (vgl. hierzu BAG 27. Oktober 2010 - 7 ABR 36/09 - Rn. 17 mwN, AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 61 = EzA BetrVG 2001 § 99 Einstellung Nr. 16).

15

b) Wie die Auslegung des Antrags ergibt, ist er auf die Feststellung des Bestehens von zwei Verpflichtungen der Arbeitgeberin gerichtet. Zum einen will der Schwerbehindertenvertreter festgestellt wissen, dass er vor dem Abschluss von Aufhebungsverträgen mit schwerbehinderten Menschen zu unterrichten sei. Darüber hinaus soll festgestellt werden, dass ihm Gelegenheit gegeben werden soll, vor dem Vertragsschluss Stellung zu nehmen.

16

c) Der Antrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Allerdings fehlt es auch insoweit an einer näheren Bestimmung, wie die Unterrichtung und Anhörung im Einzelnen aussehen soll. An die hinreichende Bestimmtheit eines Feststellungsantrags sind grundsätzlich keine geringeren Anforderungen zu stellen als an diejenige eines Leistungsantrags. Wenn allerdings bereits das Bestehen des (Mitbestimmungs-)Rechts als solches streitig ist und über dessen ggf. zu beachtende Ausgestaltung noch kein Streit besteht, kann dieses zum Gegenstand eines Feststellungsantrags gemacht werden, ohne dass die Modifikationen bereits im Einzelnen beschrieben werden müssten (vgl. BAG 8. Juni 2004 - 1 ABR 13/03 - zu B I 2 a aa der Gründe mwN, BAGE 111, 36). Dies ist hier der Fall.

17

d) Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Die Verpflichtungen, deren Bestehen festgestellt werden soll, sind Rechtsverhältnisse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Da die Arbeitgeberin die Verpflichtungen bestreitet, hat der Schwerbehindertenvertreter ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung.

18

2. Der Antrag ist weder insgesamt noch teilweise begründet. Der Schwerbehindertenvertreter hat jedenfalls nicht in allen Fällen einen Anspruch darauf, vor dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit einem schwerbehinderten Menschen unterrichtet zu werden. Ein Anspruch, vor dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags stets angehört zu werden, besteht ebenfalls nicht.

19

a) Nach § 95 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 SGB IX hat der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören. Damit normiert die Bestimmung zwei Verpflichtungen des Arbeitgebers, die sich nach Inhalt, Umfang und Zeitpunkt voneinander unterscheiden.

20

aa) Zum einen wird vom Arbeitgeber verlangt, die Schwerbehindertenvertretung umfassend zu informieren. Gegenstand der Unterrichtung sind alle Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren. Der weit gefasste Anspruch erstreckt sich nicht nur auf einseitige Maßnahmen des Arbeitgebers, sondern auf alle Angelegenheiten, die sich spezifisch auf schwerbehinderte Menschen auswirken. Die Unterrichtungspflicht besteht allerdings dann nicht, wenn die Angelegenheit die Belange schwerbehinderter Menschen in keiner anderen Weise berührt als nicht schwerbehinderte Beschäftigte (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 ABR 83/09 - Rn. 13, 18, BAGE 135, 207). Inhalt der Verpflichtung ist die Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung. Der Arbeitgeber muss dieser daher die zu der Angelegenheit gehörenden Informationen geben. Dabei muss die Unterrichtung, wie das Gesetz ausdrücklich betont, „umfassend“ sein. Die Unterrichtung hat „unverzüglich“ zu erfolgen. Der Arbeitgeber muss daher die Schwerbehindertenvertretung über eine die schwerbehinderten Menschen berührende Angelegenheit informieren, sobald er davon Kenntnis erlangt und ihm die Unterrichtung ohne schuldhaftes Zögern möglich ist. Dieser Zeitpunkt kann je nach den Umständen vor oder nach dem Abschluss der Angelegenheit liegen.

21

bb) Zum anderen hat der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung in Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, vor einer Entscheidung anzuhören. Diese Verpflichtung unterscheidet sich von der Pflicht zur Unterrichtung. Sie geht insofern darüber hinaus, als die Anhörung regelmäßig eine entsprechende Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung voraussetzt, sich darin aber nicht erschöpft, sondern darüber hinaus verlangt, dass dem Schwerbehindertenvertreter Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird und der Arbeitgeber eine entsprechende Stellungnahme auch zur Kenntnis nimmt. Die Anhörungspflicht bezieht sich nicht auf sämtliche, die schwerbehinderten Menschen betreffenden Angelegenheiten, sondern nur auf die diesbezüglichen Entscheidungen des Arbeitgebers. Entscheidungen in diesem Sinne sind die einseitigen Willensakte des Arbeitgebers. Das entspricht dem Wortsinn des Begriffs und wird dadurch bestätigt, dass das Gesetz in § 95 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 SGB IX von der „getroffenen“ Entscheidung spricht. Auch Sinn und Zweck des Anhörungsrechts zielen darauf, der Schwerbehindertenvertretung die Möglichkeit zu geben, an der Willensbildung des Arbeitgebers mitzuwirken. Die Schwerbehindertenvertretung soll Gelegenheit haben, den Arbeitgeber aus ihrer fachlichen Sicht auf mögliche, ggf. nicht bedachte Auswirkungen seiner Entscheidung hinzuweisen (BAG 17. August 2010 - 9 ABR 83/09 - Rn. 17, BAGE 135, 207; Düwell in LPK-SGB IX 3. Aufl. § 95 Rn. 35). Anders als die Unterrichtung hat die Anhörung nicht „unverzüglich“, sondern „vor“ der Entscheidung zu erfolgen. Der Arbeitgeber genügt daher seiner Pflicht zur Anhörung nicht, wenn er die Schwerbehindertenvertretung erst nach der Entscheidung anhört. Dies macht auch § 95 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 SGB IX deutlich.

22

b) Der Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit einem schwerbehinderten Menschen ist zwar eine „Angelegenheit“ iSv. § 95 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 SGB IX, aber keine „Entscheidung“ im Sinne dieser Bestimmung.

23

aa) Der Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit einem schwerbehinderten Menschen ist eine Angelegenheit, die einen einzelnen schwerbehinderten Menschen oder auch die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berührt. Die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen betrifft unmittelbar dessen rechtliche Stellung und sein Verbleiben im Betrieb. Betroffen sind die schwerbehinderten Menschen aber auch als Gruppe. So wird durch das Ausscheiden eines schwerbehinderten Menschen unmittelbar die nach § 71 Abs. 1 Satz 1 SGB IX vom Arbeitgeber zu erfüllende Quote berührt. Der Arbeitgeber hat daher die Schwerbehindertenvertretung über den Abschluss eines solchen Aufhebungsvertrags zu unterrichten. Dies hat er unverzüglich zu tun. Der konkrete Zeitpunkt richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Wird ein Aufhebungsvertrag mit einem schwerbehinderten Menschen ohne eine entsprechende Vorbereitung spontan geschlossen, wird eine Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung regelmäßig erst nachträglich erfolgen können. Insbesondere ist der Arbeitgeber wegen seiner Pflicht zur unverzüglichen Unterrichtung nicht verpflichtet, mit dem Abschluss des Aufhebungsvertrags abzuwarten. Führt der Arbeitgeber dagegen mit dem schwerbehinderten Menschen über einen bestimmten Zeitraum Vertragsverhandlungen über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags, kann darin möglicherweise bereits eine Angelegenheit iSv. § 95 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 SGB IX liegen, hinsichtlich derer die Schwerbehindertenvertretung zu unterrichten ist. Ob und unter welchen Umständen dies der Fall sein kann, bedarf hier keiner abschließenden Klärung.

24

bb) Der Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit einem schwerbehinderten Menschen ist keine „Entscheidung“ iSv. § 95 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 SGB IX. Der Vertragsschluss ist kein einseitiger Willensakt des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber ist daher nach § 95 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 SGB IX nicht verpflichtet, die Schwerbehindertenvertretung vor dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit einem schwerbehinderten Menschen anzuhören. Auch Sinn und Zweck des Anhörungsrechts verlangen in einem solchen Fall die vorherige Anhörung der Schwerbehindertenvertretung nicht. Der schwerbehinderte Mensch muss nicht vor den möglichen Folgen einer einseitigen Entscheidung des Arbeitgebers durch die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung geschützt werden. Vielmehr kann er selbst privatautonom über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags entscheiden. Durch den besonderen Beendigungsschutz nach §§ 85, 92 SGB IX befindet sich der schwerbehinderte Mensch bei der Verhandlung über einen Aufhebungsvertrag sogar in einer rechtlich stärkeren Position als andere Arbeitnehmer. Dass eine Verpflichtung des Arbeitgebers, die Schwerbehindertenvertretung vor dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags zu hören, überschießend wäre, wird insbesondere deutlich in Fallgestaltungen, in denen die Initiative zum Abschluss eines solchen Vertrags von dem Arbeitnehmer ausgeht.

25

c) Hiernach ist die Arbeitgeberin weder stets verpflichtet, den Schwerbehindertenvertreter vor dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit einem schwerbehinderten Menschen zu unterrichten, noch muss sie die Schwerbehindertenvertretung zuvor anhören. Der Abschluss eines solchen Vertrags ist zwar eine Angelegenheit iSv. § 95 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 SGB IX. Die Arbeitgeberin muss daher den Schwerbehindertenvertreter unverzüglich unterrichten. Der Zeitpunkt der Unterrichtung liegt aber nicht notwendig vor dem Abschluss des Aufhebungsvertrags. Jedenfalls in den Fällen, in denen ein Aufhebungsvertrag ohne zeitlich nennenswerte Vorverhandlungen geschlossen wird, genügt die Arbeitgeberin ihrer Unterrichtungspflicht, wenn sie den Schwerbehindertenvertreter unverzüglich nach dem Abschluss des Aufhebungsvertrags informiert. Eine Verpflichtung, den Schwerbehindertenvertreter vor dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags anzuhören, besteht schon deshalb nicht, weil der Abschluss keine Entscheidung iSv. § 95 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 SGB IX ist.

        

    Linsenmaier    

        

    Schmidt    

        

    Kiel    

        

        

        

    Willms    

        

    G.Metzinger    

                 

Die Träger der Eingliederungshilfe haben im Rahmen ihrer Leistungsverpflichtung eine personenzentrierte Leistung für Leistungsberechtigte unabhängig vom Ort der Leistungserbringung sicherzustellen (Sicherstellungsauftrag), soweit dieser Teil nichts Abweichendes bestimmt. Sie schließen hierzu Vereinbarungen mit den Leistungsanbietern nach den Vorschriften des Kapitels 8 ab. Im Rahmen der Strukturplanung sind die Erkenntnisse aus der Gesamtplanung nach Kapitel 7 zu berücksichtigen.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 19. November 2010 - 10 Sa 705/10 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 18. März 2010 - 1 Ca 3327/09 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte aufgrund der Verlegung von Arbeitsplätzen verpflichtet ist, zu versetzende Arbeitnehmer nach einem mit der klagenden Gewerkschaft ver.di geschlossenen Tarifvertrag auszuwählen und diese Auswahl in der vom Tarifvertrag vorgesehenen Paritätischen Auswahlkommission zu erörtern und zu beraten.

2

Die Beklagte ist ein Tochterunternehmen der Deutschen Telekom AG, das bundesweit Callcenter-Dienstleistungen erbringt. Sie schloss mit der Klägerin am 25. Juni 2007 einen Tarifvertrag Rationalisierungsschutz und Beschäftigungssicherung (TV Ratio DTKS). Dieser Tarifvertrag lautet auszugsweise:

        

„Abschnitt 1

        
        

Besondere Schutzregelungen für Arbeitnehmer in einem ununterbrochenen Arbeitsverhältnis von mindestens zwei Jahren

        
        

§ 1 Sachlicher Geltungsbereich

        
        

(1)     

Zur Erhaltung, Sicherung und Steigerung sowohl der Wettbewerbsfähigkeit als auch der Marktanteile der DTKS sind wirtschaftliche, organisatorische und personelle Maßnahmen erforderlich, um eine kontinuierliche Qualitäts- und Produktivitätsverbesserung sowie eine flexible Anpassung an technologische und nachfragebezogene Veränderungen sicherzustellen. Dieser Tarifvertrag dient der sozialverträglichen Umsetzung dieser Maßnahmen.

        
        

(2)     

Maßnahmen unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 sind

        
                 

(a)     

Änderungen der Aufbauorganisation,

        
                 

(b)     

Änderungen der Ablauforganisation,

        
                 

(c)     

Maßnahmen zur Nutzung des technischen Fortschritts,

        
                 

(d)     

andere personalwirtschaftliche Maßnahmen,

        
                 

soweit hierdurch der Arbeitsplatz eines Arbeitnehmers wegfällt oder verlegt wird.

        
        

Ausführungsbestimmungen zu Absatz 2:            

        
        

1.    

zu Buchstabe a):

        
                 

Unter Aufbauorganisation ist die Bildung von Organisationseinheiten, die Zuteilung von Aufgaben zu diesen Einheiten, die Aufgabenverteilung innerhalb der Einheiten sowie die Festlegung ihrer Zuständigkeiten zu verstehen. Sie umfasst z.B. die Einrichtung, Umwandlung oder Aufhebung von Niederlassungen, die Einrichtung, Umwandlung oder Aufhebung von Ressorts oder Abteilungen, die Aufgabenverteilung auf Niederlassungen oder Ressorts sowie die Arbeitsverteilung auf Funktionsträger.

        
        

2.    

zu Buchstabe b) und c):

        
                 

Die Ablauforganisation ist die Ordnung für das zeitlich-räumliche Hinter- und Nebeneinander von Arbeitsvorgängen zur Erfüllung der im Rahmen der Aufbauorganisation vorgesehenen Aufgaben. Sie umfasst die Gestaltung von Arbeitsverfahren, Arbeitsvorschriften, Arbeitsfeldern und Arbeitsplätzen sowie den Einsatz von Arbeitsmitteln.

        
        

3.    

Betrieblich veranlasste Maßnahmen, in deren Folge die Gesamttätigkeit, die der Arbeitnehmer nicht nur vorübergehend ausübt, einer niedrigeren Entgeltgruppe zuzuordnen ist (anforderungsändernde Maßnahmen), werden ebenfalls von diesem Tarifvertrag erfasst.

        
                                   
        

(3)     

Eine Verringerung des Personalbedarfes, die durch gesamtwirtschaftlich bedingten allgemeinen Verkehrsrückgang ausgelöst ist, zählt nicht zu Maßnahmen nach Absatz 2.

        
        

§ 2 Persönlicher Geltungsbereich

        
        

Dieser Unterabschnitt gilt für Arbeitnehmer,

        
        

(a)     

die unter den Geltungsbereich des MTV und des ERTV der DTKS fallen und

        
        

(b)     

die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur DTKS stehen,

        
        

soweit dieses Arbeitsverhältnis seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen besteht.

        
        

…       

        
        

§ 3 Auswahl

        
        

(1)     

Wenn von einer Gesamtheit gleicher Arbeitsplätze, die von einer Maßnahme im Sinne von § 1 betroffen sind, nur ein Teil der Arbeitsplätze wegfällt oder verlegt wird, so werden alle auf den gleichen Arbeitsplätzen beschäftigten Arbeitnehmer bei der Festlegung, welche Arbeitnehmer konkret vom Wegfall bzw. von der Verlegung des Arbeitsplatzes betroffen sind, mit einbezogen. Die erforderlich werdende Auswahl richtet sich abschließend nach Absatz 4 und der Anlage 1 zu diesem Tarifvertrag.

        
        

(2)     

Wenn von einer Gesamtheit gleicher Arbeitsplätze, die von einer Maßnahme im Sinne von § 1 betroffen sind, alle Arbeitsplätze wegfallen oder verlegt werden, so sind alle auf diesen Arbeitsplätzen bislang beschäftigten Arbeitnehmer betroffen und werden in die Beschäftigungs- und Qualifizierungseinheit der DTKS, den Betrieb BQE1 1 , versetzt.

        
        

(3)     

Wenn im Falle des Absatzes 1 und 2 innerhalb der Organisationseinheit andere vergleichbare Arbeitsplätze bestehen, die nicht von einer Maßnahme im Sinne des § 1 betroffen sind, so werden die darauf beschäftigten Arbeitnehmer bei der Festlegung, welche Arbeitnehmer konkret vom Wegfall bzw. der Verlegung des Arbeitsplatzes betroffen sind, mit einbezogen. Die erforderlich werdende Auswahl richtet sich abschließend nach Absatz 4 und der Anlage 1 zu diesem Tarifvertrag.

        
        

(4)     

Bei einer nach Absatz 1 und 3 erforderlich werdenden Auswahl unter mehreren Arbeitnehmern sind die persönlichen und sozialen Gesichtspunkte nebst Verfahren gemäß Anlage 1 und die Punktetabelle gemäß Anlage 2 heranzuziehen. Diese sind abschließend.

        
        

(5)     

Von der Auswahlentscheidung ausgenommen werden Arbeitnehmer, die zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Betriebs/der Organisationseinheit zwingend erforderliche, unverzichtbare Kenntnisse aufweisen und andere potentiell betroffene Arbeitnehmer diese nicht aufweisen.

        
        

(6)     

Von der Auswahlentscheidung ausgenommen werden weiterhin Arbeitnehmer, die sich zum Zeitpunkt der Zuleitung an die Paritätische Auswahlkommission I bereits in Altersteilzeit befinden beziehungsweise bei denen gemäß bereits geschlossenem Altersteilzeitvertrag der Beginn einer Altersteilzeit innerhalb von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt der Zuleitung an die Paritätische Auswahlkommission I liegt. Beginnt die Freistellungsphase des herausgenommenen Arbeitnehmers binnen zwölf Monaten, wird anstelle des herausgenommenen Arbeitnehmers kein anderer Arbeitnehmer in das Auswahlverfahren einbezogen.

        
        

Protokollnotiz zu § 3 Absatz 6:            

        

Bei Vollbetroffenheit im Sinne des Absatzes 2 findet die Herausnahmeregelung des Absatzes 6 Satz 1 keine Anwendung. Eine Versetzung in die BQE erfolgt jedoch nur, wenn bei einer vorrangigen Prüfung anderweitiger Unterbringung des Arbeitnehmers - begrenzt auf die TRZ-Grenze - nachweislich kein anderweitiger zumutbarer und gleichwertiger Arbeitsplatz gem. TV Ratio DTKS gefunden wurde.

        

Protokollnotiz zu § 3:            

        

1.    

Bei der nach den Absätzen 3 und 4 vorzunehmenden Auswahlentscheidung handelt es sich um eine Sozialauswahl im Sinne des KSchG zum Zwecke der Überführung gemäß § 5 Absatz 1 und 3 in den Betrieb BQE. Die Anlagen 1 und 2 dieses Tarifvertrags stellen für diesen Zweck eine Auswahlrichtlinie im Sinne des § 1 Absatz 4 KSchG dar.

        

2.    

Die einzubeziehenden Mitarbeiter erhalten mittels eines einheitlichen Formblattes die Möglichkeit, die Kriterien der Anlage 2 sowie etwaige soziale Härten geltend zu machen.

        

§ 4 Paritätische Auswahlkommission I

        

(1)     

Für eine nach § 3 erforderlich werdende Auswahl unter mehreren Arbeitnehmern wird in DTKS eine ständige Auswahlkommission im Betrieb eingerichtet.

        

(2)     

Die Auswahlkommission ist mit Arbeitgebervertretern und Mitgliedern des Betriebsrats des jeweils betroffenen Betriebes der DTKS paritätisch zu besetzen.

        

(3)     

In der Auswahlkommission ist mit dem Ziel einer Einigung eine umfassende Erörterung und Beratung vorzunehmen. Soweit schwerbehinderte Arbeitnehmer betroffen sind, ist im Rahmen der Beratung innerhalb der Auswahlkommission der Vertrauensmann der Schwerbehinderten zu hören.

        

(4)     

Die Auswahlkommission hat innerhalb von zwei Wochen nach Zuleitung eine Empfehlung abzugeben, welche Arbeitnehmer nach § 3 ausgewählt werden sollen. Kommt es zu keiner Empfehlung, entscheidet der Arbeitgeber alleine über die Auswahl; die Regeln des Betriebsverfassungsgesetzes gelten.

        

(5)     

Für die Auswahlkommission gilt abschließend die Geschäftsordnung der Anlage 3a zu diesem Tarifvertrag.

        

§ 5 Beschäftigungs- und Qualifizierungseinheit/BQE

        

(1)     

Der nach § 3 und § 4 ausgewählte Arbeitnehmer erhält ein Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrags. Inhalt dieses Vertrags ist die Bereitschaft, eine Tätigkeit im Betrieb BQE zu den in Abschnitt 1 (nebst Anlagen) genannten Bedingungen aufzunehmen. Im Übrigen bleibt das Arbeitsverhältnis unverändert. Für die Annahme des Änderungsvertrags wird dem Arbeitnehmer eine Frist von zwei Wochen eingeräumt. Nach Abschluss des Änderungsvertrags wird der Arbeitnehmer in den Betrieb BQE versetzt.

        

(2)     

Als Alternative zum Abschluss eines Änderungsvertrags kann der Arbeitnehmer einen Auflösungsvertrag mit Abfindungsregelung wählen. Die Höhe der Abfindung ergibt sich aus Anlage 6. Es gelten die Bestimmungen des § 11.

        

(3)     

Lehnt der Arbeitnehmer die Angebote nach Absatz 1 und Absatz 2 ab, so erfolgt eine Kündigung unter Aufrechterhaltung des Vertragsangebots zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen nach Absatz 1. Abweichend von § 22 MTV gilt hierfür eine Kündigungsfrist von drei Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats.

        

(4)     

Im Betrieb BQE erfolgt eine Betreuungs- und Vermittlungsphase. Die sich hierdurch ergebenden Aufgaben werden durch die Vivento der Deutschen Telekom AG bzw. ab dem 01.01.2009 durch die Vivento-Nachfolgeeinheit wahrgenommen.

        

…       

        
        

§ 8 Gleichwertige und zumutbare Weiterbeschäftigung auf einem Dauerarbeitsplatz

        

(1)     

Die DTKS ist verpflichtet, den nach den §§ 3 und 4 ausgewählten und von den Regelungen des § 5 erfassten Arbeitnehmern einen anderen gleichwertigen und zumutbaren Dauerarbeitsplatz innerhalb der DTKS anzubieten (interne Vermittlung).

        

…       

        
        

(7)     

Zumutbar ist ein Arbeitsplatz, wenn er die Anforderungen der Anlage 4 erfüllt. Eine Qualifizierungsmaßnahme ist für einen Arbeitnehmer in der Regel dann unzumutbar, wenn er das 55. Lebensjahr vollendet hat. Der Arbeitnehmer, der das 55. Lebensjahr bereits vollendet hat, kann eine ihm angebotene Qualifizierungsmaßnahme ablehnen. Der Arbeitnehmer kann auf freiwilliger Basis von den einschränkenden Regelungen der Anlage 4 abweichen. Der freiwillige Wechsel auf einen Dauerarbeitsplatz ist der Annahme eines Angebotes gleichgestellt.

        

…       

        
        

(9)     

Ein Dauerarbeitsplatz ist jeder Arbeitsplatz, der im Zeitpunkt der Vermittlung des Arbeitnehmers arbeitsrechtlich unbefristet ist. Angebot im Sinne des TV Ratio (mit den Folgen des Absatzes 10) ist der vom künftigen Arbeitgeber - nach Durchlaufen eines erforderlichen Auswahlverfahrens II - vor Durchführung des Beteiligungsverfahrens nach § 99 BetrVG angebotene Dauerarbeitsplatz im obigen Sinne.

        

(10)   

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, einen ihm angebotenen zumutbaren anderen Arbeitsplatz anzunehmen und sich gegebenenfalls einer Qualifizierungsmaßnahme zu unterziehen. Lehnt der Arbeitnehmer ein zumutbares Angebot oder eine Qualifizierungsmaßnahme bei DTKS bzw. ein zumutbares Angebot bei einem konzernweiten Unternehmen im Sinne des Absatzes 3 mit mindestens gleichem Jahresbezugsentgelt (gemäß Protokollnotiz zu § 6) ab, so verliert er die Ansprüche aus diesem Tarifvertrag. Lehnt der Arbeitnehmer auch ein zweites zumutbares internes Vermittlungsangebot bzw. ein zweites zumutbares Angebot bei einem konzernweiten Unternehmen im Sinne des Absatzes 3 mit mindestens gleichem Jahresbezugsentgelt (gemäß Protokollnotiz zu § 6) ab, so ist dies ein wichtiger Grund im Sinne des § 22 Absatz 5 und § 23 MTV, der zu einer Kündigung führen kann.

                 

…       

        

§ 9 Paritätische Auswahlkommission II

        

(1)     

Für eine erforderlich werdende Auswahl unter mehreren Arbeitnehmern bei der Versetzung beziehungsweise dem Wechsel auf einen Dauerarbeitsplatz werden im Betrieb BQE vier ständige Auswahlkommissionen eingerichtet.

        

…       

        
        

§ 10 Leistungen bei Wechsel auf einen Dauerarbeitsplatz

        

(1)     

Bei interner Vermittlung hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Leistungen gemäß Anlage 5 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1.

        

…       

        
        

§ 12 Betriebsbedingte Beendigungskündigungen

        

(1)     

In der Zeit bis zum 31. Dezember 2012 scheiden aus Anlass von Maßnahmen im Sinne von § 1 betriebsbedingte Beendigungskündigungen grundsätzlich aus. Dies schließt jedoch Änderungskündigungen nicht aus. Satz 1 gilt nicht, wenn die

Tarifvertragspartei ver.di betriebsbedingten Beendigungskündigungen zustimmt.

        

(2)     

Der Ausschluss der betriebsbedingten Beendigungskündigung nach Absatz 1 gilt nicht für Arbeitnehmer,

                 

(a)     

deren Arbeitsverhältnis zur DTKS seit weniger als zwei Jahren ununterbrochen besteht oder

                 

(b)     

die ein zumutbares Arbeitsplatzangebot oder eine Qualifizierungsmaßnahme ablehnen oder

                 

…       

        
        

Abschnitt 2

        

Besondere Schutzregelungen für Arbeitnehmer in einem ununterbrochenen Arbeitsverhältnis von weniger als zwei Jahren

        

§ 13 Geltungsbereich

        

Der Abschnitt 2 gilt für Arbeitnehmer, die von einer Maßnahme im Sinne von § 1 betroffen sind und deren unbefristetes tarifliches Arbeitsverhältnis zur DTKS weniger als ununterbrochen zwei Jahre besteht.

        

…       

        

§ 14 Schutzregelungen

        

(1)     

Die DTKS bemüht sich, für die in § 13 genannten Arbeitnehmer soziale Härten zu vermeiden.

        

(2)     

Ausgewählte Arbeitnehmer erhalten ein Angebot auf befristete Beschäftigung im Betrieb BQE für die Dauer von 12 Monaten mit dem Zweck der Vermittlung auf einen Dauerarbeitsplatz. §§ 5 und 6 einschließlich der jeweils dazugehörenden Protokollnotizen finden Anwendung.

        

(3)     

Soweit ein anderes Arbeitsverhältnis angenommen oder ein angebotener interner oder konzernweiter Dauerarbeitsplatz der Deutschen Telekom AG oder einem Unternehmen im Sinne des § 8 Absatz 3 abgelehnt wird, endet das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Befristung, gegebenenfalls mit Ablauf der Annahmefrist. Gleiches gilt bei Ablehnung von zwei externen Arbeitsplatzangeboten.

        

§ 15 Leistung bei Wechsel auf einen Dauerarbeitsplatz

        

(1)     

Bei interner Vermittlung hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Leistungen gemäß Anlage 5 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2.

        

…       

        
        

Abschnitt 3

        

Schlussbestimmungen

        

…       

        

§ 18 Kündigungsbestimmungen

        

…       

        
        

(3)     

§ 12 tritt unabhängig von Absatz 1 mit Ablauf des 31. Dezember 2012 außer Kraft. Die Nachwirkung ist ausgeschlossen.

        

Protokollnotiz zu § 18 Absatz 3:            

        

Einzelheiten dazu, welche Auswirkungen eine Nichtverlängerung des § 12 über den 31.12.2012 hinaus im Hinblick auf das Verfahren nach § 5 Absätze 1 bis 3 und eine dann notwendig werdende Sozialauswahl hat, sind in einer gesonderten schuldrechtlichen Vereinbarung festgelegt.“

3

Die in Anlage 3a zu diesem Tarifvertrag aufgenommene „Geschäftsordnung der Paritätischen Auswahlkommission I“ sieht in § 2 Abs. 1 vor, dass die Auswahlkommission mit zwei bis höchstens drei Mitgliedern des Arbeitgebers und des Betriebsrats besetzt wird. Nach § 3 Satz 1 der Geschäftsordnung tagt die Auswahlkommission, sobald die Auswahl nach § 3 TV Ratio DTKS notwendig ist.

4

Die Beklagte war durch einen mit der klagenden Gewerkschaft ver.di geschlossenen Zuordnungstarifvertrag vom 28. April 2008 (ZTV 2008) in acht Regionen und eine Zentrale untergliedert. Nach § 3 Abs. 1 Unterabs. 1 ZTV 2008 stellte jede selbständige Organisationseinheit mit ihren Betriebsteilen einen Betrieb iSd. § 1 BetrVG dar, bei dem ein Betriebsrat gebildet wurde. Selbständige Organisationseinheiten waren nach § 3 Abs. 2 ZTV 2008 die acht Regionen und die Zentrale. Mit der Anlage 1 zum ZTV 2008 wurden der Region 2 (Nord-Ost) der Standort Berlin Quelleinheit „T-Com“ und der Standort Berlin Quelleinheit „TMD“ zugeordnet. Die Region 2 erstreckte sich über die Länder Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Für sie war der Betriebsrat Nord-Ost gebildet.

5

Die Beklagte unterhielt in Berlin fünf Callcenter. Während die Callcenter in der Holzhauser Straße, der Lankwitzer Straße, der Buchberger Straße und der Köpenicker Allee Leistungen im Bereich Festnetz erbrachten, erbrachte das Callcenter in der Schätzelbergstraße ausschließlich Dienstleistungen im Bereich des Mobilfunks. Es besteht aus den Abteilungen Geschäftskundenkontaktcenter 42 und 43 (GK 42 und GK 43) sowie einem Teil des Kompetenzcenters 44 (KC 44). Die in den Abteilungen GK 42 und GK 43 bestehenden Arbeitszeitmodelle gelten ausschließlich für diese Abteilungen. Die im Callcenter Berlin Schätzelbergstraße zum Einsatz kommenden IT-Lösungen unterscheiden sich von denjenigen der Festnetz-Callcenter. Arbeits- und Entgeltbedingungen für die einzelnen Callcenter sind unternehmenseinheitlich festgelegt.

6

Am 28. November 2008 schlossen die Beklagte und der bei ihr gebildete Gesamtbetriebsrat in einem Einigungsstellenverfahren eine „Gesamtbetriebsvereinbarung zwischen der Geschäftsführung der Deutsche Telekom Kundenservice GmbH (DTKS) und dem Gesamtbetriebsrat der DTKS (GBR) über einen Interessenausgleich und Sozialplan nach §§ 111/112 BetrVG zur Umsetzung des Standortkonzepts in der DTKS“(GBV). Darin ist ua. bestimmt:

        

„I. Interessenausgleich

        

§ 2 Beschreibung der Maßnahme

        

(1) Die aktuellen Standorte der DTKS vor Umsetzung der Konsolidierung der Standorte (Maßnahme) ergeben sich aus Anlage 1 (Quellstandorte).

        

(2) Die sich in Umsetzung der Maßnahme ergebenden neuen Zielstandorte einschließlich der grundsätzlichen Mitarbeitermigrationspfade sind in Anlage 2a (Zielstandorte) beschrieben. In der Anlage 2b ist dargestellt, in welchen Fällen und an welchen Standorten Mitarbeiter abweichend vom Migrationspfad nach Anlage 2a an einen anderen Standort migrieren können.

        

(3) Die Maßnahme wird gemäß dem Zeitplan aus Anlage 3 (Umsetzungszeitplan/Placementprozess) nach Inkrafttreten dieser Vereinbarung umgesetzt. In der Anlage sind Beginn, Ende und der zeitliche Ablauf (Staffelung) der Maßnahme dargestellt. Abweichungen von dem in der Anlage 3 beschriebenen Umsetzungsplan können sich insbesondere aus dem Immobilienprozess ergeben. Gegebenenfalls erforderliche Qualifizierungsmaßnahmen (z.B. bei Segmentwechsel) können hierbei auch am Zielstandort durchgeführt werden. Die zur Herstellung der Arbeitsfähigkeit des Standortes erforderlichen technischen und infrastrukturellen Voraussetzungen müssen erfüllt sein.

        

Im Verlauf der Umsetzung der Maßnahme wird die Anzahl der bestehenden Standorte auf die in der Anlage 2a aufgeführten Zielstandorte reduziert. Einzelheiten zu den Standorten ergeben sich aus der Standortübersicht ‚Zielstandorte’ (Anlage 2a).

        

(4) Die Parteien sind im Rahmen der Verhandlungen von einem konstant bleibenden Callvolumen ausgegangen. Wie sich das Callvolumen tatsächlich über die Gesamtlaufzeit dieser Vereinbarung hinweg entwickeln wird, ist jedoch von einer Vielzahl geschäftlicher Einflüsse (z.B. Kundenverhalten, Regulierung, Wettbewerbsentwicklung etc.) abhängig und ist deshalb Gegenstand der jährlichen Personal- und Geschäftsplanung der DTKS.

        

Eine Nachbesetzung frei werdender Stellen findet daher grundsätzlich maximal bis zur Höhe der durch die jeweilige iPF Planung festgelegten Stellenanzahl statt.

        

Bei einer Nachbesetzung soll grundsätzlich folgende Reihenfolge möglicher geeigneter Bewerber eingehalten werden:

         ·▪     

Auszubildende, die im Rahmen von Konzernregelungen grundsätzlich für eine Übernahme in Betracht kommen

         ·▪     

Arbeitnehmer aus dem Konzern DTAG

         ·▪     

Leih- und Zeitarbeitnehmer, die in der DTKS eingesetzt sind.

        

Es gilt grundsätzlich das Prinzip der Bestenauswahl gemäß Konzernstellenbesetzungsrichtlinie, sofern nicht höherrangige Rechtsvorschriften (z.B. TV Ratio DTKS) etwas anderes vorsehen.

        

…       

        

§ 3 Grundsätze der Umsetzung der Maßnahme

        

(1) Alle von der Maßnahme betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Betroffene) in unbefristeten Arbeitsverhältnissen erhalten in entsprechender Anwendung von § 8 Abs. 7 Satz 1 TV Ratio ein Angebot auf einen Dauerarbeitsplatz an einem Zielstandort gemäßAnlage 2a bzw. Anlage 2b. Betroffene in befristeten Arbeitsverhältnissen erhalten in entsprechender Anwendung von § 8 Abs. 7 Satz 1 TV Ratio ein Angebot auf Fortführung des befristeten Arbeitsverhältnisses an einem Zielstandort gemäßAnlage 2a bzw. Anlage 2b.

        

…       

        

§ 11 Schlussbestimmungen

        

(1) Die Vereinbarung tritt mit Unterzeichnung in Kraft. Sie endet mit Durchführung der geregelten Maßnahme, spätestens am 31.12.2011. Alle aufgeführten Anlagen sind Bestandteil dieser Vereinbarung und stellen damit die gemeinsame Geschäftsgrundlage für die hier getroffenen Regelungen dar. Änderungen der Anlagen werden zwischen den Vertragsparteien beraten mit dem Ziel der Verständigung, ob die Änderungen vom Interessenausgleich abgedeckt sind oder der Interessenausgleich hierauf angewendet werden kann. Ist dies nicht der Fall, wird der GBR bei den Änderungen nach den allgemeinen Regelungen des BetrVG beteiligt. Die Nachwirkung der Vereinbarung ist ausgeschlossen.

        

…“    

        

„Anlage 1

        

Derzeitige Call Center Einheiten der DTKS GmbH

        

Die DTKS GmbH betreibt zur Zeit 83 Call Center in 63 politischen Gemeinden.

                 

Standort

        

Adresse

        

...     

…       

…       

…       

        

5       

Berlin

5       

Holzhauser Str. 4 - 8

                          

6       

Lankwitzer Str. 13 - 17

                          

7       

Buchberger Str. 3 - 4

                          

8       

Schätzelbergstr. 1 - 3 + 2 - 6

                          

9       

Köpenicker Allee 146 - 162

        

…       

…       

…       

…“    

                 
        

„Anlage 2a

        

Zuordnung Quellstandorte zu DTKS Zielstandorten

                 

Quellstandort

Zielstandort

        

…       

...     

...     

        

5       

Berlin, Schätzelbergstraße

Berlin

        

5       

Berlin, alle anderen STO

Frankfurt (Oder)

        

…       

…       

…“    

7

Mit Schreiben vom 9. Dezember 2008 benannte der Betriebsrat der Region Nord-Ost drei Betriebsratsmitglieder zur Entsendung in die Paritätische Auswahlkommission nach § 4 TV Ratio DTKS sowie drei Vertreter und bat die Beklagte, die Paritätische Auswahlkommission einzuberufen, um die Umsetzung der GBV vorzubereiten. Die Beklagte lehnte die Einberufung der Auswahlkommission mit E-Mail vom 7. Januar 2009 ab. Das vom Betriebsrat eingeleitete Beschlussverfahren, das auf umfassende Erörterung und Beratung der Auswahl der Arbeitnehmer, die zur Umsetzung der GBV vom 28. November 2008 nach Frankfurt (Oder) versetzt werden sollten, gerichtet war, blieb erfolglos (ArbG Rostock 27. Oktober 2009 - 1 BV 22/09 -).

8

Die Beklagte verlagerte bis auf den Standort Berlin Schätzelbergstraße alle Berliner Standorte nach Frankfurt (Oder). Sie schloss die Verlagerung am 9. Dezember 2009 ab.

9

Im Rahmen des Zustimmungsverfahrens nach § 99 BetrVG verweigerte der Betriebsrat der Region Nord-Ost seine Zustimmung zu den beabsichtigten 492 Versetzungen von Berlin nach Frankfurt(Oder) unter Hinweis auf einen Verstoß gegen § 3 TV Ratio DTKS wegen unterlassener Beratung und Erörterung in der Paritätischen Auswahlkommission. Das Arbeitsgericht Rostock wies den Antrag der Beklagten, die Zustimmung des Betriebsrats zu den Versetzungen zu ersetzen, mit Beschluss vom 4. Mai 2010 ab (- 1 BV 49/09 -). Zugleich stellte es fest, dass die vorläufige Versetzung der betroffenen Arbeitnehmer nach Frankfurt (Oder) aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war. Über dieses Beschlussverfahren ist noch nicht rechtskräftig entschieden. Es ist beim Bundesarbeitsgericht unter dem Aktenzeichen - 7 ABR 20/11 - anhängig.

10

Die Parteien schlossen am 17. März 2010 einen neuen Zuordnungstarifvertrag, nach dem die Standorte „Berlin (Schätzelbergstraße)“ und Frankfurt (Oder) der Region Nord zugewiesen wurden.

11

Mit ihrer am 26. November 2009 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat die Klägerin die Verpflichtung der Beklagten geltend gemacht, die Auswahl der betroffenen Mitarbeiter nach § 4 TV Ratio DTKS in der Paritätischen Auswahlkommission umfassend zu erörtern und zu beraten. Sie hat gemeint, bei der Verlagerung handle es sich um eine Änderung der Aufbauorganisation nach § 1 Abs. 2 Buchst. a TV Ratio DTKS. Da alle Berliner Standorte von der Maßnahme der GBV betroffen seien, sei eine Auswahl nach § 3 Abs. 1 TV Ratio DTKS notwendig. Die GBV regle nur die Betriebsänderung, nicht die Auswahl der Arbeitnehmer. Die Auswahl sei nicht auf Fälle eines Wechsels in die tariflich vorgesehene Beschäftigungs- und Qualifizierungseinheit (BQE) wegen Wegfalls des Arbeitsplatzes beschränkt. Sie betreffe auch räumliche Versetzungen. Die Arbeitsplätze in der Schätzelbergstraße gehörten zu einer Gesamtheit gleicher Arbeitsplätze nach § 3 Abs. 1 TV Ratio DTKS, weil kein Spezialwissen für die Tätigkeiten erforderlich sei. Das Callcenter Schätzelbergstraße sei kein eigener Betrieb. Der Personaleinsatz werde einheitlich überregional von Kontaktcentermanagern geplant.

12

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

        

die Beklagte zu verpflichten, die Auswahl der Arbeitnehmer der Deutschen Telekom Kundenservice GmbH (DTKS) am Standort Berlin, die im Rahmen der Umsetzung der Gesamtbetriebsvereinbarung zwischen der Geschäftsführung der DTKS und dem Gesamtbetriebsrat der DTKS über einen Interessenausgleich und Sozialplan nach §§ 111/112 BetrVG zur Umsetzung des Standortkonzepts in der DTKS vom 28. November 2008 nach Frankfurt (Oder) versetzt werden, in der Paritätischen Auswahlkommission gemäß § 4 des Tarifvertrags Rationalisierungsschutz und Beschäftigungssicherung zwischen der Deutschen Telekom Kundenservice GmbH und ver.di vom 25. Juni 2007 umfassend zu erörtern und zu beraten;

        

hilfsweise

        

die Beklagte zu verpflichten, es zu unterlassen, den bei ihr gebildeten Betriebsrat bei der Versetzung von Arbeitnehmern der Deutschen Telekom Kundenservice GmbH (DTKS) vom Standort Berlin nach Frankfurt (Oder) im Rahmen der Umsetzung der Gesamtbetriebsvereinbarung zwischen der Geschäftsführung der DTKS und dem Gesamtbetriebsrat der DTKS über einen Interessenausgleich und Sozialplan nach §§ 111/112 BetrVG zur Umsetzung des Standortkonzepts in der DTKS vom 28. November 2008 nach § 99 BetrVG anzuhören, ohne die Auswahl der zu versetzenden Arbeitnehmer zuvor in der Paritätischen Kommission gemäß § 4 des Tarifvertrags Rationalisierungsschutz und Beschäftigungssicherung zwischen der Deutschen Telekom Kundenservice GmbH und ver.di vom 25. Juni 2007 umfassend erörtert und beraten zu haben.

13

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Klage sei schon unzulässig, weil für sie das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Das Begehren der Klägerin sei auf eine unmögliche Leistung gerichtet. Die Verlegung sei bereits erfolgt. Eine Auswahlentscheidung sei, wenn überhaupt, vor der Umsetzung der Verlagerungsentscheidung zu treffen gewesen. Es sei nicht möglich, die Auswahl nachzuholen. Die gesamte Personalstruktur habe sich inzwischen erheblich und irreversibel geändert. Nach §§ 99, 100 BetrVG finde nur noch eine Rechtskontrolle statt. Die Klage sei wegen der Unmöglichkeit der geforderten Leistung jedenfalls unbegründet. Die Unmöglichkeit ergebe sich auch aus dem Umstand, dass zwischenzeitlich ein neuer Zuordnungstarifvertrag geschlossen worden sei. Der Anspruch stehe der Klägerin aber auch nach § 3 TV Ratio DTKS nicht zu. Der Tarifvertrag sehe nur im Fall einer Betriebsänderung eine Auswahl vor. Das sei nach der GBV vom 28. November 2008 nicht der Fall, weil das Callcenter Berlin Schätzelbergstraße nicht verlegt worden sei, also nicht betroffen gewesen sei. In § 2 Abs. 2 iVm. Anlage 2a GBV seien die Mitarbeitermigrationspfade abschließend geregelt. Jedenfalls sehe der TV Ratio DTKS keine Auswahl von Arbeitnehmern bei bloßen Versetzungen vor. Die verschiedenen Standorte bildeten keinen Betrieb iSd. Kündigungsschutzgesetzes. Zumindest begrenze die GBV den Anwendungsbereich des TV Ratio DTKS.

14

Das Arbeitsgericht hat der Klage im Hauptantrag stattgegeben. Die Klägerin hat vor dem Landesarbeitsgericht neben dem Antrag, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, die weiteren Hilfsanträge gestellt,

        

die Beklagte zu verpflichten, die Auswahl der Arbeitnehmer der Deutschen Telekom Kundenservice GmbH (DTKS), die im Rahmen der Umsetzung der Gesamtbetriebsvereinbarung zwischen der Geschäftsführung der DTKS und dem Gesamtbetriebsrat der DTKS über einen Interessenausgleich und Sozialplan nach §§ 111/112 BetrVG zur Umsetzung des Standortkonzepts in der DTKS vom 28. November 2008 nach Frankfurt (Oder) versetzt werden, unter Einbeziehung aller am 9. Januar 2009 an den Standorten des früheren Betriebs Nord-Ost gemäß Zuordnungstarifvertrag vom 28. April 2008 beschäftigten Arbeitnehmer in der Paritätischen Auswahlkommission gemäß § 4 des Tarifvertrags Rationalisierungsschutz und Beschäftigungssicherung zwischen der Deutschen Telekom Kundenservice GmbH und ver.di vom 25. Juni 2007 umfassend zu erörtern und zu beraten;

        

höchst hilfsweise

        

die Beklagte zu verpflichten, die Auswahl der Arbeitnehmer der Deutschen Telekom Kundenservice GmbH (DTKS), die im Rahmen der Umsetzung der Gesamtbetriebsvereinbarung zwischen der Geschäftsführung der DTKS und dem Gesamtbetriebsrat der DTKS über einen Interessenausgleich und Sozialplan nach §§ 111/112 BetrVG zur Umsetzung des Standortkonzepts in der DTKS vom 28. November 2008 nach Frankfurt (Oder) versetzt werden, unter Einbeziehung der Beschäftigten an den Standorten des Betriebs Nord gemäß Zuordnungstarifvertrag vom 17. März 2010, nämlich Berlin, Frankfurt (Oder), Westerstede, Kiel, Schwerin, Hannover, Hamburg und Bremen, in der Paritätischen Auswahlkommission gemäß § 4 des Tarifvertrags Rationalisierungsschutz und Beschäftigungssicherung zwischen der Deutschen Telekom Kundenservice GmbH und ver.di vom 25. Juni 2007 umfassend zu erörtern und zu beraten.

15

Zur Begründung hat die Klägerin angegeben, sie halte weiter eine Auswahl unter den Arbeitnehmern der Berliner Standorte für richtig. Hilfsweise sei eine Auswahl unter den Arbeitnehmern aller Standorte der früheren Organisationseinheit Nord-Ost vorzunehmen, höchst hilfsweise eine Auswahl unter den Arbeitnehmern der Standorte, die nach dem Zuordnungstarifvertrag 2010 die neue Organisationseinheit bildeten. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Klage ist entgegen der Auffassung der Vorinstanzen erfolglos. Die Leistungsanträge sind unbegründet. Der Unterlassungsantrag ist unzulässig.

17

A. Der Hauptantrag ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Der Beklagten ist es unmöglich iSv. § 275 Abs. 1 BGB, die mit ihm geforderten Leistungen zu erbringen.

18

I. Der Hauptantrag wahrt die prozessualen Erfordernisse.

19

1. Der Senat hat nicht zu überprüfen, ob das Urteilsverfahren nach § 73 Abs. 2, § 65 ArbGG die richtige Verfahrensart ist. Diese Prüfung wäre nur ausnahmsweise erforderlich, wenn das Arbeitsgericht über die Verfahrensart trotz ausdrücklicher Rüge nicht vorab durch Beschluss, sondern in der Entscheidung über die Hauptsache mitentschieden hätte (vgl. BAG 19. März 2003 - 4 AZR 271/02 - zu I der Gründe, BAGE 105, 275; 20. April 1999 - 1 ABR 72/98 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 91, 210). Die Parteien haben hier nicht beanstandet, dass das Arbeitsgericht das ursprünglich eingeleitete Beschlussverfahren in das Urteilsverfahren überführt hat.

20

2. Die Klägerin ist prozessführungsbefugt. Unabhängig von der Frage, ob dem Betriebsrat in §§ 3, 4 TV Ratio DTKS ein eigener Anspruch auf Durchführung der Auswahl in der Paritätischen Auswahlkommission eingeräumt ist, macht die Klägerin mit dem Hauptantrag geltend, sie habe als Tarifvertragspartei aufgrund von Art. 9 Abs. 3 GG Anspruch darauf, dass der Tarifvertrag durchgeführt werde(vgl. BAG 20. April 1999 - 1 ABR 72/98 - zu B I 3 a der Gründe, BAGE 91, 210).

21

3. Der Hauptantrag ist nach gebotener Auslegung hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Er ist dahin zu verstehen, dass die Beklagte verurteilt werden soll, drei Arbeitgebervertreter sowie drei Stellvertreter zu benennen und sie in die Paritätische Auswahlkommission I (Paritätische Auswahlkommission) zu entsenden, um das Gremium damit zu bilden.

22

a) Die Klägerin möchte mit dem Hauptantrag nach seinem eng verstandenen Wortlaut erreichen, dass die Beklagte verurteilt wird, die Auswahl der Arbeitnehmer, die im Rahmen der Durchführung der GBV vom 28. November 2008 nach Frankfurt (Oder) versetzt werden, in der Paritätischen Auswahlkommission umfassend zu erörtern und zu beraten. Der Hauptantrag nimmt den Wortlaut des § 4 Abs. 3 Satz 1 TV Ratio DTKS auf. Danach ist in der Auswahlkommission eine umfassende Erörterung und Beratung mit dem Ziel einer Einigung vorzunehmen.

23

b) Mit diesem wörtlichen Verständnis wäre der Hauptantrag nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

24

aa) Für die Prüfung, ob ein Klageantrag ausreichend bestimmt ist, sind die Besonderheiten des anzuwendenden materiellen Rechts und die Umstände des Einzelfalls maßgeblich. Dabei ist das zu schützende Interesse des Beklagten, sich gegen die Klage erschöpfend verteidigen zu können, sowie sein Interesse an Rechtsklarheit und Rechtssicherheit der Entscheidungswirkungen mit dem ebenfalls schützenswerten Interesse des Klägers an wirksamem Rechtsschutz abzuwägen. Generalisierende Formulierungen können im Einzelfall unvermeidlich sein. Sonst würde die Möglichkeit, gerichtlichen Rechtsschutz zu erlangen, durch prozessuale Anforderungen unzumutbar erschwert oder sogar beseitigt (vgl. BAG 14. Dezember 2011 - 10 AZR 283/10 - Rn. 14, NZA 2012, 501; 17. Mai 2011 - 1 AZR 473/09 - Rn. 21 mwN, AP GG Art. 9 Nr. 148 = EzA GG Art. 9 Nr. 105). Obwohl die prozessualen Anforderungen nicht überspannt werden dürfen, ist ein Leistungsantrag nur dann hinreichend bestimmt, wenn ein stattgebendes Urteil die Leistung so genau bezeichnet, dass der Schuldner ohne Weiteres erkennen kann, durch welche Verhaltensweisen er dem Urteilsspruch nachkommen kann, und das Urteil vollstreckungsfähig ist (vgl. BAG 25. Januar 2006 - 4 AZR 552/04 - Rn. 14, AP TVG § 1 Durchführungspflicht Nr. 6). Wird eine umfassende Erörterung und Beratung verlangt, ist dem Bestimmtheitsgebot genügt, wenn eine die Handlungen umschreibende Sammelbezeichnung gewählt wird, der jedenfalls durch Auslegung entnommen werden kann, welche einzelnen Verhaltensweisen innerhalb und außerhalb der auferlegten Pflicht liegen (vgl. BAG 17. März 1987 - 1 ABR 59/85 - zu B I 2 der Gründe mwN, BAGE 54, 278).

25

bb) Eine solche Auslegung wäre bei engem wörtlichen Verständnis des Hauptantrags nicht möglich. Der Klagebegründung ist nicht zu entnehmen, auf welche Gesichtspunkte und Arbeitnehmerdaten abzustellen ist und wie sich die Beklagte im Einzelnen verhalten soll, um dem Verlangen einer umfassenden Erörterung und Beratung der Auswahl zu entsprechen. Die nötige Konkretisierung geht auch aus dem Tarifgefüge nicht hervor.

26

(1) § 3 Abs. 3 Satz 2 iVm. Abs. 4 TV Ratio DTKS bestimmt, dass für die Auswahl abschließend die persönlichen und sozialen Gesichtspunkte, die sich aus Anlage 1 zum TV Ratio DTKS ergeben, heranzuziehen sind. Nach Anlage 1 zum TV Ratio DTKS sind die einzubeziehenden Arbeitnehmer in einem ersten Schritt Alterskategorien zuzuordnen. Innerhalb der Alterskategorie sind die persönlichen und sozialen Belange nach der in Anlage 2 zum TV Ratio DTKS enthaltenen Punktetabelle zu bewerten. Danach ist bei den ausgewählten Arbeitnehmern - dh. denjenigen mit den niedrigsten Punktwerten - eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, ob besondere soziale Härten bestehen (vgl. Nr. 3 der Anlage 1 zum TV Ratio DTKS). Zu diesem Zweck können die einzubeziehenden Arbeitnehmer mittels eines einheitlichen Formblatts die Kriterien der Anlage 2 zum TV Ratio DTKS und etwaige soziale Härten geltend machen (vgl. Nr. 2 der Protokollnotiz zu § 3 TV Ratio DTKS). § 4 Abs. 2 der in Anlage 3a zum TV Ratio DTKS enthaltenen Geschäftsordnung der Paritätischen Auswahlkommission I sieht vor, dass die Arbeitgeberseite die für die Auswahlentscheidung erforderlichen Unterlagen zur Verfügung stellt. Dabei nennt § 4 Abs. 2 der Geschäftsordnung der Paritätischen Auswahlkommission I als Beispiele erforderlicher Unterlagen Personallisten und Personalbedarfe. Damit wird klargestellt, dass sich die Paritätische Auswahlkommission auch mit diesen und weiteren Unterlagen zu befassen hat. Nach § 3 Abs. 5 TV Ratio DTKS sind Arbeitnehmer, die zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Betriebs/der Organisationseinheit zwingend erforderliche Kenntnisse aufweisen, von der Auswahlentscheidung ausgenommen.

27

(2) Die Frage, welche Pflichten die Beklagte treffen, um von einer umfassenden Beratung und Erörterung ausgehen zu können, könnte deshalb nicht allein aufgrund des Tarifvertrags geklärt werden, sondern erst mithilfe einer Vielzahl von Unterlagen zu den Sozialdaten der Arbeitnehmer. Hinzu kämen noch nachzuweisende soziale Härten sowie Personal- und Personalbedarfslisten sowie Informationen, um festzustellen, welche Arbeitnehmer nach § 3 Abs. 5 TV Ratio DTKS von der Auswahlentscheidung ausgenommen sind. Bei buchstabengetreuem Verständnis des Hauptantrags bliebe unklar, welche Verhaltensweisen der Beklagten im Einzelnen abverlangt wären. Es wäre zu erwarten, dass sich der Streit im Vollstreckungsverfahren fortsetzte.

28

c) Der Hauptantrag ist nach seinem aus der Klagebegründung hervorgehenden prozessualen Ziel so zu verstehen, dass die Beklagte verurteilt werden soll, drei Arbeitgebervertreter sowie drei Stellvertreter zu benennen und sie in die Paritätische Auswahlkommission zu entsenden, um die Kommission zu bilden und die durchzuführende Auswahl zu ermöglichen.

29

aa) Das Revisionsgericht hat prozessuale Willenserklärungen selbständig auszulegen. Maßgeblich sind die für Willenserklärungen des bürgerlichen Rechts entwickelten Grundsätze. Entsprechend § 133 BGB ist nicht am buchstäblichen Sinn des in der Prozesserklärung gewählten Ausdrucks zu haften, sondern der in der Erklärung verkörperte Wille zu ermitteln. Im Zweifel sind Prozesserklärungen dahin auszulegen, dass das gewollt ist, was aus der Sicht der Prozesspartei nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht. Dabei sind die schutzwürdigen Belange des Erklärungsadressaten zu berücksichtigen (vgl. nur BAG 16. März 2010 - 3 AZR 744/08 - Rn. 19 mwN, NZA-RR 2010, 610).

30

bb) Nach diesen Grundsätzen ist der Hauptantrag so auszulegen, dass die Beklagte verurteilt werden soll, nach § 4 TV Ratio DTKS iVm. § 2 Abs. 1 der Geschäftsordnung der Paritätischen Auswahlkommission I drei Arbeitgebervertreter sowie drei Stellvertreter zu benennen und sie in die Paritätische Auswahlkommission zu entsenden. Auf diese Weise soll die Paritätische Auswahlkommission gebildet werden, die in der Folge die zur Durchführung der GBV vom 28. November 2008 nach Frankfurt (Oder) zu versetzenden Arbeitnehmer auswählen soll.

31

(1) Ein solches Verständnis dient den in der Klagebegründung zum Ausdruck gekommenen Interessen der Klägerin am besten. Die Paritätische Auswahlkommission ist bisher nicht gebildet. Die nach dem Wortlaut des Antrags erstrebte umfassende Beratung und Erörterung setzt voraus, dass das Gremium konstituiert wird. Die Paritätische Auswahlkommission ist mit zwei bis drei Arbeitgebervertretern und ebenso vielen Vertretern des Betriebsrats paritätisch zu besetzen (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 der Geschäftsordnung der Paritätischen Auswahlkommission I in Anlage 3a zum TV Ratio DTKS). Der Betriebsrat hat bereits mit Schreiben vom 9. Dezember 2008 drei Vertreter zur Entsendung in die Paritätische Auswahlkommission benannt. Sobald drei Arbeitgebervertreter benannt und entsandt sind, kann die Paritätische Auswahlkommission ihre Tätigkeit aufnehmen, deren Leitung wechselseitig wahrgenommen wird (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 der Geschäftsordnung der Paritätischen Auswahlkommission I). Ein auf diese Weise ausgelegter Antrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die begehrten Handlungen ergeben sich aufgrund der verwendeten Tarifbegriffe ausreichend konkret aus ihm (vgl. BAG 8. November 2011 - 1 ABR 38/10 - Rn. 16).

32

(2) Das vom reinen Wortlaut gelöste Verständnis des Hauptantrags überschreitet die Grenzen des § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht. Die Beratung und Erörterung der Auswahl in der Paritätischen Auswahlkommission verlangt zwingend und vorrangig, dass das Gremium zuvor gebildet wird. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat in der Revisionsverhandlung zudem ausdrücklich bestätigt, dass eine solche Auslegung des Hauptantrags dem Prozessziel der Klägerin entspricht. Auch das zu schützende Interesse der Beklagten, sich gegen die Klage verteidigen zu können, ist gewahrt. Die vorrangig erstrebte Konstituierung der Paritätischen Auswahlkommission ist dem Vortrag der Klägerin zu entnehmen. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat in der Revisionsverhandlung ferner ohne vorherige Nachfrage des Senats ausgeführt, das prozessuale Ziel der Klägerin sei aus seiner Sicht darauf gerichtet, die Paritätische Auswahlkommission einzurichten, damit sie tätig werden könne.

33

4. Für den in dieser Weise ausgelegten Hauptantrag besteht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Die Klägerin nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, den TV Ratio DTKS durchzuführen. Bei einer solchen Leistungsklage folgt das Rechtsschutzbedürfnis schon aus dem von der Klägerin behaupteten Anspruch aus dem geschlossenen Tarifvertrag (vgl. zB BAG 25. Januar 2006 - 4 AZR 552/04 - Rn. 16, AP TVG § 1 Durchführungspflicht Nr. 6; 14. Juni 1995 - 4 AZR 915/93 - zu I 1 der Gründe, AP TVG § 1 Durchführungspflicht Nr. 4 = EzA TVG § 4 Bundespost Nr. 3).

34

II. Der Hauptantrag ist jedoch unbegründet. Der Senat kann offenlassen, ob der mit ihm verfolgte Anspruch der Klägerin aufgrund des TV Ratio DTKS entstanden ist. Die Beklagte ist von ihrer Leistungspflicht jedenfalls frei geworden. Ihr ist es unmöglich iSv. § 275 Abs. 1 BGB, drei Arbeitgebervertreter sowie drei Stellvertreter zu benennen und sie in die Paritätische Auswahlkommission zu entsenden, um die Auswahl der zu versetzenden Arbeitnehmer umfassend zu beraten und zu erörtern.

35

1. Der gewerkschaftliche Durchführungsanspruch begründet eine schuldrechtliche Verpflichtung des Tarifpartners. Für den Anspruch gilt das allgemeine Leistungsstörungsrecht. Nach § 275 Abs. 1 BGB ist der Anspruch auf die Leistung ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

36

2. Die Erfüllung des Anspruchs ist hier nicht schon durch Zeitablauf unmöglich geworden. Der Zweck der Leistung ist aber entfallen.

37

a) Unmöglichkeit ist nicht schon deshalb eingetreten, weil die Paritätische Auswahlkommission nicht unmittelbar nach Abschluss der GBV vom 28. November 2008 gebildet wurde.

38

aa) Wird die Leistungszeit bei einem sog. absoluten Fixgeschäft nicht eingehalten, wird die Leistung zwar unmöglich iSv. § 275 Abs. 1 BGB(vgl. BAG 21. März 2012 - 5 AZR 651/10 - Rn. 24, AP-Newsletter 2012, 125 = EzA-SD 2012 Nr. 11, 5; 15. September 2011 - 8 AZR 846/09 - Rn. 37, EzA BGB 2002 § 611 Krankenhausarzt Nr. 4). Ein absolutes Fixgeschäft erfordert aber, dass der Leistungszeitpunkt nach Sinn und Zweck des Vertrags und nach der Interessenlage der Parteien so wesentlich ist, dass eine verspätete Leistung keine Erfüllung mehr darstellt (vgl. nur BGH 28. Mai 2009 - Xa ZR 113/08 - Rn. 12, NJW 2009, 2743).

39

bb) Das ist bei der Erfüllung der Pflicht, Arbeitgebervertreter zu benennen und zu entsenden, um die Paritätische Auswahlkommission zu bilden, nicht der Fall. § 4 TV Ratio DTKS bestimmt nicht, wann die Paritätische Auswahlkommission zu konstituieren ist oder zusammentreten soll. Aus § 3 Satz 1 der Anlage 3a zum TV Ratio DTKS ergibt sich nur, dass die Paritätische Auswahlkommission tagt, sobald die Auswahl nach § 3 TV Ratio DTKS notwendig ist. Dass die Errichtung der Paritätischen Auswahlkommission mit dem Zeitpunkt einer notwendigen Auswahl nach § 3 TV Ratio DTKS „stehen und fallen soll“, folgt daraus nicht. Durch eine zeitliche Verzögerung der Bildung der Paritätischen Auswahlkommission und der Auswahl entfällt das kollektive Interesse der Belegschaft daran, die Auswahl vorzunehmen, noch nicht. Es handelt sich allenfalls um eine Pflicht mit relativem Fixschuldcharakter, wie sie für Pflichten, zu einem zeitlich bestimmten Anlass zu leisten, angenommen wird. Eine verzögerte Leistung begründet in einem solchen Fall keine Unmöglichkeit, sondern allenfalls Rücktrittsrechte aus § 323 BGB.

40

b) Der Zweck der von der Klägerin geforderten Leistung ist jedoch entfallen.

41

aa) Unmöglichkeit besteht auch dann, wenn die Leistungshandlung weiter möglich ist, sie den Leistungserfolg aber nicht mehr herbeiführen kann (vgl. zB Palandt/Grüneberg 71. Aufl. § 275 BGB Rn. 18 mwN). Die Leistung wird unmöglich, wenn der Leistungserfolg ohne Zutun des Schuldners eintritt (Zweckerreichung). Entsprechendes gilt ua. dann, wenn der Leistungserfolg nicht mehr bewirkt werden kann, weil das vom Gläubiger zu stellende sog. Leistungssubstrat wegfällt (Zweckfortfall; vgl. etwa Palandt/Grüneberg aaO Rn. 19 mwN).

42

bb) Nach diesen Maßstäben ist der Zweck der beanspruchten Leistung entfallen und sie damit unmöglich geworden iSv. § 275 Abs. 1 BGB. Das Leistungssubstrat der in der Paritätischen Auswahlkommission durchzuführenden Auswahl - der auswahlrelevante Personenkreis - ist in seiner Zusammensetzung weggefallen.

43

(1) Der TV Ratio DTKS findet nach seinem § 1 Abs. 2 bei konkreten organisatorischen Maßnahmen Anwendung, wenn durch sie der Arbeitsplatz eines Arbeitnehmers wegfällt oder verlegt wird. Zugunsten der Klägerin kann unterstellt werden, dass die Pflicht zur Auswahl durch die Verlegung von Arbeitsplätzen nach Frankfurt (Oder) im Jahr 2009 ausgelöst wurde.

44

(2) Die Pflicht, nach § 3 TV Ratio DTKS eine Auswahl durchzuführen, besteht im kollektiven Interesse der Belegschaft und dient auch dem Schutz des einzelnen Arbeitnehmers. Die Auswahl soll sicherstellen, dass der an die Stelle der Kündigung getretene Wechsel in die BQE nur für die sozial am wenigsten schutzwürdigen Arbeitnehmer in Betracht kommt. Zu diesem Zweck sieht § 3 TV Ratio DTKS iVm. der Anlage 4 zum TV Ratio DTKS soziale Kriterien vor, die der Auswahl zugrunde zu legen sind. Dazu gehört insbesondere eine Altersgruppenbildung, die Berücksichtigung der Betriebszugehörigkeit, von Unterhaltspflichten, der Schwerbehinderteneigenschaft und weiterer sozialer Gesichtspunkte. Um den Zweck der Auswahl, unternehmerische Organisationsentscheidungen sozialverträglich umzusetzen, zu erreichen, muss die Auswahl vor der Umsetzung der Unternehmerentscheidung durch personelle Maßnahmen erfolgen. Die Auswahl bezieht sich auf die von der unternehmerischen Entscheidung betroffenen Arbeitnehmer, die - zu diesem Zeitpunkt - auf gleichen Arbeitsplätzen beschäftigt werden, und nach § 3 Abs. 3 TV Ratio DTKS auf die Arbeitnehmer, die innerhalb der Organisationseinheit auf vergleichbaren Arbeitsplätzen beschäftigt werden. Der auswahlrelevante Personenkreis kann nicht ohne Rücksicht auf die konkrete Maßnahme und die Zusammensetzung der Belegschaft bestimmt werden. § 3 Abs. 1 TV Ratio DTKS bezieht sich auf die Arbeitnehmer, „die von einer Maßnahme im Sinne von § 1 betroffen sind“. Hat der Arbeitgeber die unternehmerische Entscheidung ohne Auswahl umgesetzt und hat sich die Belegschaft inzwischen wesentlich verändert, kann die Auswahl nicht nachgeholt werden.

45

(3) Die Beklagte hat hier unwidersprochen vorgetragen, dass sich die Zusammensetzung der Belegschaft seit der Umsetzung der Maßnahme im Dezember 2009 erheblich verändert hat. Neue Arbeitnehmer sind hinzugekommen, andere sind ausgeschieden. Die Klägerin bringt selbst vor, infolge der Durchführung der von der GBV vom 28. November 2008 vorgesehenen Maßnahmen hätten in der nun bestehenden Organisationseinheit Nord ca. 340 Arbeitnehmer das Unternehmen verlassen. Der auswahlrelevante Personenkreis als Teil der Belegschaft, auf den sich die Auswahl nach § 3 TV Ratio DTKS zu beziehen hatte, besteht nicht mehr. Das Leistungssubstrat der Auswahl ist damit entfallen. Die Leistung ist aufgrund des weggefallenen Zwecks unmöglich geworden.

46

c) Die Beklagte ist daher von ihrer - zugunsten der Klägerin unterstellten - Pflicht frei geworden, nach § 3 TV Ratio DTKS eine Auswahl durchzuführen und dazu Arbeitgebervertreter zu benennen und sie in die Paritätische Auswahlkommission zu entsenden.

47

d) Dieses Ergebnis ist nicht deswegen zu korrigieren, weil es damit bei einem tarifwidrigen Zustand bleibt. Die Klägerin hätte die - unterstellte - Beeinträchtigung ihrer Koalitionsfreiheit im einstweiligen Rechtsschutz verhindern oder zumindest verkürzen können. Sie hätte zu der Zeit, als sie Kenntnis davon erlangte, dass die Beklagte es ablehnte, eine Paritätische Auswahlkommission zu bilden, verlangen können, dass die Durchführung der GBV vom 28. November 2008 im Hinblick auf die Mitarbeitermigrationspfade unterblieb, solange die Beklagte keine Arbeitgebervertreter benannt und in die Paritätische Auswahlkommission entsandt hatte. Das genügt dem Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (vgl. BAG 17. Mai 2011 - 1 AZR 473/09 - Rn. 45, AP GG Art. 9 Nr. 148 = EzA GG Art. 9 Nr. 105).

48

B. Der hilfsweise gestellte Unterlassungsantrag ist unzulässig.

49

I. Er ist auszulegen. Die Beklagte soll verurteilt werden, es zu unterlassen, den bei ihr gebildeten Betriebsrat über die Versetzung von Arbeitnehmern von Berlin nach Frankfurt (Oder) im Rahmen der Durchführung der GBV vom 28. November 2008 nach § 99 Abs. 1 BetrVG zu unterrichten und ihn um Zustimmung zu den Versetzungen zu ersuchen, ohne zuvor drei Arbeitgebervertreter und drei Stellvertreter benannt und in die Paritätische Auswahlkommission entsandt zu haben. Mit diesem Inhalt ist der Unterlassungsantrag hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

50

II. Für den Unterlassungsantrag fehlt jedoch das Rechtsschutzbedürfnis.

51

1. Für die gerichtliche Entscheidung über die Verpflichtung aus einem konkreten Vorgang besteht kein Rechtsschutzbedürfnis mehr, wenn dieser Vorgang abgeschlossen ist und keine Rechtsfolgen mehr erzeugt. Für einen Unterlassungsantrag fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn ein in der Vergangenheit liegender abgeschlossener Vorgang begutachtet werden soll und eine stattgebende Entscheidung den Zweck eines Unterlassungsantrags, das Verhalten des Adressaten zu steuern, nicht mehr erfüllen kann (vgl. BAG 20. April 1999 - 1 ABR 70/98 - zu B I 2 a und b der Gründe).

52

2. Im Streitfall ist das Verhalten der Beklagten, das unterlassen werden soll, abgeschlossen.

53

a) Die Klägerin will durchsetzen, dass die Beklagte das Zustimmungsverfahren nach § 99 Abs. 1 BetrVG bei Versetzungen von Arbeitnehmern von den Berliner Standorten nach Frankfurt(Oder) im Rahmen der Durchführung der GBV vom 28. November 2008 unterlässt, ohne zuvor Arbeitgebervertreter benannt und in die Paritätische Auswahlkommission entsandt zu haben. Ihr Unterlassungsantrag bezieht sich dagegen nicht auf das noch nicht abgeschlossene Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG.

54

b) Die zu unterlassenden Zustimmungsverfahren sind bereits abgeschlossen.

55

aa) Der Betriebsrat hat seine Zustimmung zu den Versetzungen verweigert. Die Beklagte hat die Versetzungen als vorläufige personelle Maßnahmen nach § 100 BetrVG durchgeführt. Eine Unterlassung von Unterrichtungen und Zustimmungsanträgen nach § 99 Abs. 1 BetrVG, die erst erfolgen soll, nachdem die Beklagte ihre Vertreter benannt und in die Paritätische Auswahlkommission entsandt hat, ist deshalb nicht mehr möglich.

56

bb) Die GBV vom 28. November 2008 entfaltet zudem keine Wirkungen mehr. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 GBV endete sie mit Durchführung der geregelten Maßnahme, spätestens mit dem 31. Dezember 2011. Die Nachwirkung der GBV ist ausgeschlossen (§ 11 Abs. 1 Satz 6 GBV).

57

C. Über die weiteren in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsanträge hat der Senat auch ohne Anschlussberufung der Klägerin zu entscheiden (§ 264 Nr. 2 ZPO; vgl. BAG 21. Februar 2006 - 3 AZR 77/05 - Rn. 12, AP BetrAVG § 1 Auslegung Nr. 4 = EzTöD 100 TVöD-AT § 25 Nr. 2; 10. Dezember 2002 - 1 AZR 96/02 - zu A I der Gründe, BAGE 104, 155). Sie sind wie der Hauptantrag unbegründet, weil die geforderte Leistung jedenfalls unmöglich geworden und der - unterstellte - Anspruch der Klägerin nach § 275 Abs. 1 BGB erloschen ist.

58

D. Die Klägerin hat nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Wollensak    

        

    M. Jostes    

        

        

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 14. Juli 2010 - 5 Sa 83/09 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses aufgrund eines Wiedereinstellungsanspruchs.

2

Der Kläger war seit dem 1. September 1971 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin zuletzt als Fernmeldehandwerker beschäftigt. Im Zuge von Restrukturierungsmaßnahmen gliederte die Beklagte im Jahr 1999 ihr Breitbandkabelgeschäft - nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts „auf den K Konzern“ - aus. Ab dem 1. Oktober 1999 stand der - zunächst von der Beklagten beurlaubte - Kläger in einem Arbeitsverhältnis mit der K GmbH und zuletzt mit der K Vertrieb und Service GmbH & Co. KG (K) und war als allgemeiner Servicetechniker im Außendienst beschäftigt.

3

Die Beklagte, mehrere Kabelgesellschaften - ua. die K - und die Gewerkschaft ver.di trafen am 8. April 2005 eine sog. Schuldrechtliche Vereinbarung (SV). Sie lautet auszugsweise:

        

„1.     

Die Deutsche Telekom AG räumt den Arbeitnehmern einzelvertraglich ein Rückkehrrecht zur Deutschen Telekom AG ein

                 

a.    

innerhalb eines Zeitraums von 24 Monaten (berechnet ab dem 1. Januar 2004) ohne das Vorliegen besonderer Gründe (allgemeines Rückkehrrecht),

                 

b.    

nach Ablauf des allgemeinen Rückkehrrechts für weitere 36 Monate ein Rückkehrrecht unter besonderen Bedingungen (besonderes Rückkehrrecht).

                 

…       

        
        

2.    

Besondere Bedingungen (im Sinne des Absatzes 1.b) liegen vor, wenn

                 

a.    

das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Absatz 2 ff KSchG aus dringenden betrieblichen Gründen wirksam gekündigt wird

                          

oder   

                 

…       

        
        

3.    

Der Arbeitnehmer kann von seinem Rückkehrrecht nach der Ziffer 1 frühestens 6 Monate nach Beginn des Rückkehrzeitraums für das allgemeine Rückkehrrecht Gebrauch machen. Es ist bei dem Rückkehrrecht nach Ziffern 1 a. und b. eine Ankündigungsfrist von 3 Monaten einzuhalten. Im Falle des besonderen Rückkehrrechts nach Ziffer 1 b. i.V.m. 2 a. findet eine Rückkehr jedoch erst nach Ablauf der für den Arbeitgeber (Kabelgesellschaft bzw. Rechtsnachfolger) geltenden jeweiligen individuellen Kündigungsfrist statt, soweit diese länger ist als die dreimonatige Ankündigungsfrist.

                 

…       

        

4.    

Im Falle der Rückkehr finden ab diesem Zeitpunkt die Bestimmungen der jeweils geltenden Rationalisierungsschutz-Tarifverträge der Deutschen Telekom AG Anwendung. Der Arbeitnehmer wird hinsichtlich der zu vereinbarenden Arbeitsvertragsbedingungen und anzuwendenden tarifvertraglichen Regelungen so gestellt, als wäre er ohne Unterbrechung bei der Deutschen Telekom AG weiter beschäftigt worden.

                 

...     

        

5.    

Das Rückkehrrecht besteht nicht, wenn das Arbeitsverhältnis aufgrund einer Kündigung bzw. eines Aufhebungsvertrags beendet wird und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund verhaltensbedingter Gründe des Arbeitnehmers oder aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen erfolgt und ein eventueller Rechtsstreit nicht zu Gunsten des Arbeitnehmers entschieden hat.

                 

...     

        

6.    

Derzeit noch von der Deutschen Telekom AG zu einer Kabelgesellschaft beurlaubte Arbeitnehmer erhalten ein Angebot zur Annahme dieser schuldrechtlichen Vereinbarung bei gleichzeitiger Beendigung der Beurlaubung sowie Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Deutschen Telekom AG.“

4

Am 30. April 2005 schlossen der Kläger und die Beklagte einen Auflösungsvertrag, in dem es ua. heißt:

        

„§ 1 Beendigung des Arbeitsverhältnisses

        

Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31.12.2005 einvernehmlich beendet wird, um das bei der K Vertrieb & Service GmbH & Co. KG, Region Hamburg/Schleswig-Holstein/Mecklenburg-Vorpommern bestehende Arbeitsverhältnis fortzusetzen.

                 
        

§ 2 Regelungen zum Rückkehrrecht

        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält in Zusammenhang mit dem bei der K Vertrieb & Service GmbH & Co. KG, Region Hamburg/Schleswig-Holstein/Mecklenburg-Vorpommern bzw. deren Rechtsnachfolger bestehenden Arbeitsverhältnis ein zeitlich begrenztes Rückkehrrecht zur Deutschen Telekom AG, dessen Modalitäten sich abschließend aus der diesem Vertrag beigefügten Anlage 1 (Schuldrechtliche Vereinbarung vom 08. April 2005), die Bestandteil dieses Vertrages ist, ergeben.

        

…“    

        
5

Dem Vertrag war als Anlage 1 die SV beigefügt. Mit Schreiben vom 9. Dezember 2008 kündigte die K das Arbeitsverhältnis des Klägers aus betriebsbedingten Gründen außerordentlich unter Einhaltung einer sozialen Auslauffrist zum 31. Juli 2009. Der Ausschluss der ordentlichen Kündbarkeit des Klägers beruht nach den Angaben im angefochtenen Urteil auf „§ 24 MTV Telekom“. Der Kläger machte mit Schreiben vom 14. Dezember 2008 gegenüber der Beklagten ein Rückkehrrecht ab dem 1. August 2009 geltend. Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 16. Dezember 2008 ab.

6

Mit der am 23. Dezember 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger zunächst Kündigungsschutz- und Weiterbeschäftigungsklage gegen die K erhoben. Mit Klageerweiterung vom 24. Februar 2009 hat er die Feststellung eines („übergegangenen“) Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten erstrebt und mit einem weiteren Antrag verlangt, von ihr als Experte Bauüberwachung, Montage, Instandsetzung Kabellinien Team Technischer Service beschäftigt zu werden. Für den Fall des Unterliegens im Verhältnis zur Beklagten hat er hilfsweise den Kündigungsschutz- und den Weiterbeschäftigungsantrag gegenüber der K weiterverfolgt.

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ein Rückkehrrecht zur Beklagten zu. Bei dem einzelvertraglich vereinbarten Rückkehrrecht, das auf die SV Bezug nehme, handle es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die gebotene arbeitnehmerfreundliche Auslegung ergebe, dass durch die Ausübung des Rückkehrrechts unmittelbar ein Arbeitsverhältnis zustande komme. Die Beklagte könne sich jedenfalls nicht auf ihr eigenes treuwidriges Verhalten der verweigerten Abgabe der Willenserklärung berufen und den Kläger auf eine Vollstreckung nach § 894 ZPO verweisen.

8

Der Kläger hat zuletzt - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - beantragt

        

        

festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis mit der K aufgrund der fristgerechten Ausübung des Rückkehrrechts durch Schreiben vom 14. Dezember 2008 auf die Beklagte übergeht und mit dieser ein Arbeitsverhältnis besteht.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, zwischen ihr und dem Kläger sei kein Arbeitsverhältnis entstanden. Dem Kläger stehe auch kein Rückkehrrecht zu.

10

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben und den weiteren erstinstanzlich noch anhängigen (Beschäftigungs-)Antrag abgewiesen. Über die zwei weiteren in I. Instanz anhängigen - gegen die K gerichteten - Hilfsanträge hat es nicht entschieden. Sowohl die Beklagte als auch der Kläger haben zunächst Berufung eingelegt. Die Berufung der Beklagten hat sich gegen den festgestellten Bestand eines Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger gerichtet, die Berufung des Klägers war nicht näher begründet. Der Kläger hat die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil sodann zurückgenommen und nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist und Zustellung der Berufungsbegründung der Beklagten Anschlussberufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts im Verhältnis zur K eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts „auf die Berufung der Beklagten und unter Zurückweisung der Anschlussberufung des Klägers als unzulässig“ abgeändert und „die Klage auch im Übrigen“ abgewiesen. Nach Rücknahme der auf die Zurückweisung der Anschlussberufung gerichteten Revision verlangt der Kläger im Revisionsverfahren zuletzt noch die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht den in der Revisionsinstanz noch anhängigen Antrag abgewiesen.

12

A. Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.

13

I. Wie die gebotene Auslegung ergibt, ist der Antrag nicht darauf gerichtet, die Abgabe einer Annahmeerklärung der Beklagten zu einem in der Klage liegenden Vertragsangebot des Klägers zu erreichen. Der Kläger will vielmehr festgestellt wissen, dass zwischen ihm und der Beklagten bereits ein Arbeitsverhältnis besteht. Darauf deuten nicht nur der Feststellungsantrag, sondern die gesamten Schriftsätze des Klägers und sein Verhalten im Prozessverlauf.

14

1. Klageanträge sind so auszulegen, dass im Zweifel das gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der richtig verstandenen Interessenlage entspricht (vgl. nur BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 568/09 - Rn. 25, EzTöD 650 TV-Ärzte/VKA § 16 Entgeltgruppe III Nr. 13; BGH 12. Februar 2003 - XII ZR 324/98 - zu II 1 a der Gründe mwN, MDR 2003, 769). Für das Verständnis eines Klageantrags ist deshalb nicht am buchstäblichen Wortlaut des Antrags zu haften. Das Gericht hat den erklärten Willen zu erforschen, wie er aus der Klagebegründung, dem Prozessziel und der Interessenlage hervorgeht. Die für Willenserklärungen geltenden Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) sind für die Auslegung von Klageanträgen heranzuziehen. Das gilt auch im Revisionsverfahren (BAG 19. Februar 2008 - 9 AZR 70/07 - Rn. 16, BAGE 126, 26). Die Grenzen der Auslegung oder auch der Umdeutung eines Klageantrags sind jedoch erreicht, wenn der Kläger unmissverständlich ein bestimmtes Prozessziel verfolgt, auch wenn dieses Vorgehen seinem wohlverstandenen Eigeninteresse widerspricht.

15

2. Der Kläger hat stets die Auffassung vertreten, durch die Ausübung des Rückkehrrechts komme unmittelbar ein Arbeitsverhältnis zustande. Die Beklagte könne sich jedenfalls nicht auf ihr eigenes treuwidriges Verhalten der verweigerten Abgabe der Willenserklärung berufen und ihn auf eine Vollstreckung nach § 894 ZPO verweisen. An dieser Ansicht hat der Kläger noch in der Revisionsbegründung festgehalten, obwohl das Landesarbeitsgericht den Feststellungsantrag (auch deshalb) für unbegründet gehalten hat, weil keine übereinstimmenden Willenserklärungen zum Abschluss eines Arbeitsvertrags vorlägen. An diesem prozessualen Vorgehen wird deutlich, dass der Kläger auch nicht hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Feststellungsantrag einen auf Abgabe einer Annahmeerklärung gerichteten Leistungsantrag verfolgt. Es kann daher auf sich beruhen, ob es sich bei einem hilfsweise gestellten Leistungsantrag um eine ausnahmsweise zulässige Klageerweiterung in der Revisionsinstanz handelte.

16

II. Mit diesem Verständnis ist der Antrag zulässig, aber unbegründet.

17

1. Der Antrag ist zulässig. Er ist hinreichend bestimmt und erfüllt die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO.

18

a) Der Antrag ist ausreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

19

aa) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Der Kläger muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung er begehrt. Er hat den Streitgegenstand so genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO) keinem Zweifel unterliegt und die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung (§ 322 Abs. 1 ZPO)zwischen den Parteien entschieden werden kann. Bei einer Feststellungsklage sind grundsätzlich keine geringeren Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen als bei einer Leistungsklage (BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 471/10 - Rn. 20 mwN).

20

bb) Nach diesen Grundsätzen ist der Inhalt des festzustellenden Arbeitsverhältnisses ausreichend konkretisiert. Der Zeitpunkt der erstrebten Begründung des Arbeitsverhältnisses ist im Antrag zwar nicht ausdrücklich genannt. Er ergibt sich aber aus dem Schreiben des Klägers vom 14. Dezember 2008, mit dem er zum 1. August 2009 sein Rückkehrrecht gegenüber der Beklagten geltend machte. Unschädlich ist auch, dass der Antrag keine Angaben zum Umfang der Arbeitszeit enthält. Ohne andere Anhaltspunkte ist von einer Vollzeitbeschäftigung auszugehen. Die weiteren Modalitäten des festzustellenden Arbeitsverhältnisses sind jedenfalls unter Hinzuziehung des unstreitigen Parteivortrags hinreichend konkretisiert. Aus dem in der I. Instanz zur Entscheidung gestellten Beschäftigungsantrag kann geschlossen werden, dass der Kläger ein Arbeitsverhältnis mit einer von ihm geschuldeten Tätigkeit als „Experte Bauüberwachung, Montage, Instandsetzung Kabellinien Team Technischer Service“ festgestellt wissen will. Daraus kann die zutreffende Eingruppierung abgeleitet werden. Die übrigen Arbeitsbedingungen ergeben sich aus Nr. 4 Satz 2 SV. Danach wird der Arbeitnehmer hinsichtlich der zu vereinbarenden Arbeitsvertragsbedingungen und anzuwendenden tarifvertraglichen Regelungen so gestellt, als wäre er ohne Unterbrechung von der Beklagten weiterbeschäftigt worden.

21

b) Die Erfordernisse des § 256 Abs. 1 ZPO sind gewahrt. Der Bestand eines Arbeitsverhältnisses ist ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere Feststellungsinteresse ist gegeben. Aus der begehrten Feststellung, dass ein Arbeitsverhältnis besteht, ergeben sich konkrete Folgen für Gegenwart und Zukunft. Die verlangte Feststellung ist geeignet, die Streitfrage zwischen dem Kläger und der Beklagten abschließend zu klären (vgl. für die st. Rspr. BAG 22. Oktober 2009 - 8 AZR 286/08 - Rn. 19, EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Betriebsübergang Nr. 20).

22

2. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Der Kläger kann nicht allein bewirken, dass (wieder) ein Arbeitsverhältnis zwischen ihm und der Beklagten begründet wird.

23

a) Der erforderliche Vertragsschluss setzt nach §§ 145 und 147 Abs. 2 BGB Angebot und Annahme voraus, wie das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen hat. Das ergibt die Auslegung der SV. Nach ihrer Nr. 1 räumt die Beklagte den Arbeitnehmern „einzelvertraglich“ ein Rückkehrrecht zu ihr ein. Daran wird deutlich, dass die SV den Anspruch nicht normativ durch unmittelbare und zwingende Wirkung für die Regelungsunterworfenen begründen will. Sie trifft vielmehr nur eine vereinheitlichende Regelung für individualvertragliche Umsetzungsakte (BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 471/10 - Rn. 24 mwN). Die Abgabe der Annahmeerklärung durch die Beklagte könnte der Kläger lediglich mit einem Leistungsantrag erwirken (vgl. § 894 Satz 1 ZPO).

24

b) Die Beklagte verhält sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht treuwidrig, indem sie sich auf die verweigerte Abgabe einer Annahmeerklärung beruft. Wer zur Abgabe einer Willenserklärung verpflichtet ist, kann vom Gläubiger dafür im Klageweg in Anspruch genommen werden. Treu und Glauben gebieten es nicht, den Gläubiger so zu behandeln, als hätte der Schuldner die Willenserklärung bereits abgegeben.

25

B. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen. Auch die Kosten der Revision in dem zurückgenommenen Umfang fallen dem Kläger nach § 565 iVm. § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO zur Last.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Schmidt    

        

        

        

    Vorbau    

        

    Strippelmann    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 30. Juni 2010 - 3 Sa 96/09 - teilweise aufgehoben.

2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 24. September 2009 - 17 Ca 593/08 - wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Verurteilung der Beklagten zur Wiedereinstellung des Klägers richtet; das bezeichnete Urteil wird insoweit zur Klarstellung wie folgt gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, das Angebot des Klägers auf Abschluss eines Arbeitsvertrags als vollzeitbeschäftigter Fernmeldehandwerker zum 1. August 2009 anzunehmen.

3. Im Übrigen wird die Revision des Klägers zurückgewiesen.

4. Die Kosten des ersten Rechtszugs und der Revision haben der Kläger und die Beklagte jeweils zur Hälfte zu tragen. Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu zwei Dritteln, die Beklagte zu einem Drittel zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der - vormaligen - Beklagten zu 2. hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Wiedereinstellungsanspruch des Klägers.

2

Der am 3. Februar 1953 geborene Kläger war seit dem 1. April 1968 bei der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin als Fernmeldehandwerker beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung die Tarifverträge für Angestellte der Deutschen Telekom Anwendung, ua. der Manteltarifvertrag für den Bereich der Deutschen Telekom AG zuletzt idF vom 1. März 2004 (MTV). Nach § 26 MTV war das Arbeitsverhältnis mit Vollendung des 50. Lebensjahres nur noch außerordentlich kündbar, wenn es mindestens 15 Jahre bestand. Der Kläger wurde infolge von Restrukturierungsmaßnahmen von der Beklagten beurlaubt. Er wurde seit 1. Oktober 1999 von der K GmbH beschäftigt. In der Folge wurde er von der K Vertrieb und Service GmbH & Co. KG (K) „übernommen“.

3

Die Beklagte, mehrere Kabelgesellschaften - ua. die K - und die Gewerkschaft ver.di trafen am 8. April 2005 eine sog. Schuldrechtliche Vereinbarung (SV). Sie lautet auszugsweise:

        

„1.     

Die Deutsche Telekom AG räumt den Arbeitnehmern einzelvertraglich ein Rückkehrrecht zur Deutschen Telekom AG ein

                 

a.    

innerhalb eines Zeitraums von 24 Monaten (berechnet ab dem 1. Januar 2004) ohne das Vorliegen besonderer Gründe (allgemeines Rückkehrrecht),

                 

b.    

nach Ablauf des allgemeinen Rückkehrrechts für weitere 36 Monate ein Rückkehrrecht unter besonderen Bedingungen (besonderes Rückkehrrecht).

                 

…       

        
        

2.    

Besondere Bedingungen (im Sinne des Absatzes 1.b) liegen vor, wenn

                 

a.    

das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Absatz 2 ff KSchG aus dringenden betrieblichen Gründen wirksam gekündigt wird

                          

oder   

                 

…       

        
        

3.    

Der Arbeitnehmer kann von seinem Rückkehrrecht nach der Ziffer 1 frühestens 6 Monate nach Beginn des Rückkehrzeitraums für das allgemeine Rückkehrrecht Gebrauch machen. Es ist bei dem Rückkehrrecht nach Ziffern 1 a. und b. eine Ankündigungsfrist von 3 Monaten einzuhalten. Im Falle des besonderen Rückkehrrechts nach Ziffer 1 b. iVm. 2 a. findet eine Rückkehr jedoch erst nach Ablauf der für den Arbeitgeber (Kabelgesellschaft bzw. Rechtsnachfolger) geltenden jeweiligen individuellen Kündigungsfrist statt, soweit diese länger ist als die dreimonatige Ankündigungsfrist.

                 

…       

        

4.    

Im Falle der Rückkehr finden ab diesem Zeitpunkt die Bestimmungen der jeweils geltenden Rationalisierungsschutz-Tarifverträge der Deutschen Telekom AG Anwendung. Der Arbeitnehmer wird hinsichtlich der zu vereinbarenden Arbeitsvertragsbedingungen und anzuwendenden tarifvertraglichen Regelungen so gestellt, als wäre er ohne Unterbrechung bei der Deutschen Telekom AG weiter beschäftigt worden.

                 

...     

        

5.    

Das Rückkehrrecht besteht nicht, wenn das Arbeitsverhältnis aufgrund einer Kündigung bzw. eines Aufhebungsvertrags beendet wird und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund verhaltensbedingter Gründe des Arbeitnehmers oder aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen erfolgt und ein eventueller Rechtsstreit nicht zu Gunsten des Arbeitnehmers entschieden hat.

                 

...     

        

6.    

Derzeit noch von der Deutschen Telekom AG zu einer Kabelgesellschaft beurlaubte Arbeitnehmer erhalten ein Angebot zur Annahme dieser schuldrechtlichen Vereinbarung bei gleichzeitiger Beendigung der Beurlaubung sowie Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Deutschen Telekom AG.“

4

§ 5 Abs. 1 bis Abs. 3 des Tarifvertrags Rationalisierungsschutz und Beschäftigungssicherung(TV Ratio) zwischen der Beklagten und der Gewerkschaft ver.di idF vom 15. März 2004 lautet auszugsweise:

        

„(1)   

Der nach den §§ 3 und 4 ausgewählte Arbeitnehmer erhält ein Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrags. Inhalt dieses Vertrags ist die Bereitschaft, eine Tätigkeit im Vermittlungs- und Qualifizierungsbetrieb Vivento der Deutschen Telekom AG zu den in Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 (nebst Anlagen) genannten Bedingungen aufzunehmen. Im Übrigen bleibt das Arbeitsverhältnis unverändert. Für die Annahme des Änderungsvertrags wird dem Arbeitnehmer eine Frist von zwei Wochen eingeräumt. Nach Abschluss des Änderungsvertrags wird der Arbeitnehmer in Vivento versetzt.

                 

...     

        

(2)     

Als Alternative zum Abschluss eines Änderungsvertrags kann der Arbeitnehmer einen Auflösungsvertrag mit Abfindungsregelung wählen. …

        

(3)     

Lehnt der Arbeitnehmer die Angebote nach Absatz 1 und Absatz 2 ab, so erfolgt eine Kündigung unter Aufrechterhaltung des Vertragsangebots zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen nach Absatz 1. …“

5

Der Kläger und die Beklagte schlossen am 30. April 2005 einen Auflösungsvertrag zum 31. Dezember 2005. Dem Vertrag war als Anlage 1 die SV beigefügt. In ihm ist ua. geregelt:

        

„§ 2 Regelungen zum Rückkehrrecht

        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält in Zusammenhang mit dem bei der K Vertrieb & Service GmbH & Co. KG, Region Hamburg/Schleswig-Holstein/Mecklenburg-Vorpommern bzw. deren Rechtsnachfolger bestehenden Arbeitsverhältnis, ein zeitlich begrenztes Rückkehrrecht zur Deutschen Telekom AG, dessen Modalitäten sich abschließend aus der diesem Vertrag beigefügten Anlage 1 (Schuldrechtliche Vereinbarung vom 8. April 2005), die Bestandteil dieses Vertrages ist, ergeben.

        

...     

        
                          
        

§ 4 Einverständniserklärung zur Personaldatenweitergabe

        

Herr … ist damit einverstanden, dass im Falle der Inanspruchnahme des Rückkehrrechtes die K Vertrieb & Service GmbH & Co. KG, Region Hamburg/Schleswig-Holstein/Mecklenburg-Vorpommern der Deutschen Telekom AG die Daten mit Bezug auf sein Arbeitsverhältnis offenlegt sowie die entsprechenden Unterlagen zur Verfügung stellt, aus denen sich die Voraussetzungen für das und die Folgen aus dem geltend gemachten Rückkehrrecht ergeben. Im Falle der Rückkehr auf Grund Ziffer 2a der Schuldrechtlichen Vereinbarung erfasst dies auch die soziale Rechtfertigung, Wirksamkeit und Zulässigkeit der Kündigung.

        

Die Deutsche Telekom AG gewährleistet bezüglich der ihr von der K Vertrieb & Service GmbH & Co. KG, Region Hamburg/Schleswig-Holstein/Mecklenburg-Vorpommern übermittelten personenbezogenen Daten die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der personenbezogenen Daten.“

6

Die K kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger unter dem 9. Dezember 2008 nach Anhörung des Betriebsrats „aus betriebsbedingten Gründen“ außerordentlich unter Einhaltung einer „sozialen Auslauffrist“ von sieben Monaten zum 31. Juli 2009. Der Betriebsrat hatte zu der beabsichtigten Kündigung keine Stellungnahme abgegeben. Die Kündigung war Teil einer umfangreichen Restrukturierung im Bereich Technical Operations, in deren Verlauf ein Interessenausgleich und ein Sozialplan geschlossen wurden. Abschn. B § 1 Buchst. a des Sozialplans vom 12. November 2008 nahm von der Beklagten beurlaubte Mitarbeiter von dem Abfindungsanspruch aus, wenn sie nicht wirksam auf ihre Rechte aus der Rechtsbeziehung zur Beklagten, insbesondere ihr Rückkehrrecht nach Widerruf der Beurlaubung, verzichteten.

7

Mit Schreiben vom 15. Dezember 2008 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die K habe die Rückkehr des Klägers zu ihr angezeigt. Sie wies den Kläger darauf hin, dass ihm kein Rückkehranspruch zustehe. Unter dem 22. Dezember 2008 machte der Kläger dieses Recht gegenüber der Beklagten geltend.

8

Mit der am 22. Dezember 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger zunächst Kündigungsschutzklage gegen die K erhoben. Anschließend hat er mit Klageerweiterung vom 3. Februar 2009 ein Rückkehrrecht zur Beklagten geltend gemacht und den Kündigungsschutz- sowie Weiterbeschäftigungsantrag nur noch hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Hauptantrag gegenüber der K weiterverfolgt. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur noch der gegenüber der Beklagten geltend gemachte Rückkehranspruch.

9

Dazu hat der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Wiedereinstellung aus dem Vertrag vom 30. April 2005 iVm. der SV vom 8. April 2005. Die aus dringenden betrieblichen Gründen ausgesprochene Kündigung der K sei wirksam, auch bedürfe es keiner entsprechenden gerichtlichen Entscheidung. Er sei gegenüber der Beklagten auch nicht darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass die Kündigung der K wirksam sei.

10

Der Kläger hat zuletzt - soweit für die Revision noch von Bedeutung - beantragt

        

1.    

festzustellen, dass ihm ein Rückkehrrecht zur Beklagten entsprechend der Schuldrechtlichen Vereinbarung vom 8. April 2005 zusteht;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn entsprechend Ziffer 4 der Schuldrechtlichen Vereinbarung vom 8. April 2005 mit Wirkung vom 1. August 2009 wieder einzustellen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hält den Feststellungsantrag für unzulässig, weil dafür kein Feststellungsinteresse vorhanden sei. Der unbestimmte Wiedereinstellungsantrag bezeichne weder den Inhalt der vom Kläger geforderten Beschäftigung näher, noch enthalte er Angaben über die zu zahlende Arbeitsvergütung. Auch in der Sache stehe dem Kläger kein Rückkehrrecht zu. Er habe nicht bis 31. Dezember 2008 tatsächlich zu ihr zurückkehren können, weil er durch die Auslauffrist noch bis 31. Juli 2009 an das Arbeitsverhältnis mit der K gebunden gewesen sei. Durch die Beendigung des Kündigungsrechtsstreits mit der K werde zwar die Wirksamkeit der Kündigung nach § 13 Abs. 1 iVm. § 7 Abs. 1 KSchG fingiert, nicht aber das Vorliegen dringender betrieblicher Gründe nach § 1 Abs. 2 ff. KSchG. Dafür sei der Kläger im Wiedereinstellungsrechtsstreit darlegungs- und beweispflichtig. Stattdessen habe der Kläger eine Überprüfung der Kündigungsgründe dadurch unmöglich gemacht, dass er die Kündigungsschutzklage nur hilfsweise verfolge. Darin liege ein rechtsmissbräuchliches Verhalten. Schließlich bestehe eine Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger lediglich noch in der Vermittlungs- und Qualifizierungseinheit Vivento.

12

Das Arbeitsgericht hat nach den Klageanträgen erkannt. Über die gegen die K gerichteten Hilfsanträge erging keine Entscheidung. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Anträge abgewiesen und die gegen die K gerichtete Anschlussberufung des Klägers, mit der er für den Fall der Stattgabe der Berufung der Beklagten die Feststellung der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung der K begehrt hat, als unzulässig verworfen. Es hat dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und die Revision zugelassen, soweit die Berufung der Beklagten Erfolg hatte. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung, soweit sich diese gegen die Beklagte richtet. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision hat teilweise Erfolg. Sie ist erfolglos, soweit der Kläger das Klageziel der Wiedereinstellung mit einem Feststellungsantrag verfolgt. Für diesen Antrag fehlt das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Die Revision führt jedoch zur Wiederherstellung der Entscheidung des Arbeitsgerichts, soweit dieses dem Wiedereinstellungsantrag stattgegeben hat. Der Anspruch des Klägers folgt aus § 2 Nr. 1 des Vertrags der Parteien vom 30. April 2005 iVm. Nr. 1 Buchst. b, Nr. 2 Buchst. a SV. Die Voraussetzungen dieser Bestimmungen sind erfüllt. Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde von der K wirksam gekündigt. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts musste der Kläger nicht darlegen und beweisen, dass die Kündigung aus dringenden betrieblichen Gründen iSv. § 1 Abs. 2 KSchG gerechtfertigt war. Auf die entsprechenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zur Wirksamkeit der betriebsbedingten Kündigung kommt es nicht an. Der Kläger hat sein Rückkehrrecht nicht gemeinsam mit der K kollusiv zum Nachteil der Beklagten ausgeübt, indem er in erster Linie gegenüber der Beklagten einen Wiedereinstellungsantrag und einen Kündigungsschutzantrag gegenüber der K nur hilfsweise verfolgt hat.

14

A. Die Revision ist zurückzuweisen, soweit sie den Antrag zu 1. betrifft. Dieser Antrag, mit dem der Kläger die Feststellung eines Rückkehrrechts nach Maßgabe der SV reklamiert, ist unzulässig. Er genügt nicht den Erfordernissen des § 256 Abs. 1 ZPO.

15

I. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO ist jedes durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandene rechtliche Verhältnis einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache. Die Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sog. Elementenfeststellungsklage - (vgl. BAG 16. November 2011 - 4 AZR 834/09 - Rn. 34 mwN).

16

II. Hiervon ausgehend ist das Feststellungsbegehren unzulässig.

17

1. Allerdings handelt es sich bei dem „Rückkehrrecht“ um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Dem Kläger geht es um den Ausspruch einer Berechtigung der (Wieder-)Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten, nach welchem er als Fernmeldehandwerker tätig ist.

18

2. Der Kläger hat für seinen Antrag aber kein besonderes Feststellungsinteresse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO.

19

a) § 256 Abs. 1 ZPO verlangt ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung. Es ist in der Regel zu verneinen, wenn ein Kläger dasselbe Ziel mit einer Klage auf Leistung erreichen kann (vgl. BAG 28. September 2005 - 5 AZR 181/04 - zu I 4 der Gründe; 5. Juni 2003 - 6 AZR 277/02 - zu I 1 b der Gründe mwN, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 81 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 2).

20

b) Vorliegend kann der Kläger das von seinem Feststellungsbegehren umfasste Recht mit einer Leistungsklage auf Abgabe einer Willenserklärung verfolgen. Dies zeigt sein Antrag zu 2. Mit dem Antrag zu 1. kann er nichts Anderes oder Weitergehendes klären. Ein gesondertes Interesse an der mit dem Antrag zu 1. begehrten Feststellung ist nicht erkennbar.

21

c) Auch als Zwischenfeststellungsklage iSv. § 256 Abs. 2 ZPO wäre der Antrag unzulässig.

22

aa) Nach § 256 Abs. 2 ZPO kann der Kläger zugleich mit der Hauptklage auf Feststellung eines die Entscheidung bedingenden, dh. vorgreiflichen Rechtsverhältnisses klagen. Die Bestimmung trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die Rechtskraftwirkung bei der Leistungsklage nur auf die Entscheidung über den prozessualen Anspruch bezieht, nicht aber auf die den Leistungsbefehl tragenden Feststellungen. § 256 Abs. 2 ZPO ermöglicht die Ausdehnung der Rechtskraft auch auf das der Leistungsklage vorgreifliche Rechtsverhältnis und die tragenden Entscheidungsgründe. Voraussetzung für die Zwischenfeststellungsklage ist, dass ein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien streitig ist, von dem die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängig ist und das über den Streitgegenstand hinaus von Bedeutung sein kann (vgl. BAG 25. September 2003 - 8 AZR 446/02 - zu II 1 a bb der Gründe, AP BGB § 613a Nr. 256 = EzA ZPO 2002 § 50 Nr. 2). Die Vorgreiflichkeit ersetzt das ansonsten für die Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse (vgl. BAG 29. März 2001 - 6 AZR 652/99 - zu B II 2 a der Gründe mwN, ZTR 2002, 77; 11. Oktober 2000 - 5 AZR 240/99 - zu A I der Gründe, BAGE 96, 34). Die Zwischenfeststellungsklage ist aber dann unzulässig, wenn die Entscheidung über die gleichzeitig erhobene Leistungsklage die Rechtsbeziehungen der Parteien mit Rechtskraftwirkung erschöpfend klärt (vgl. BAG 15. Januar 1992 - 7 AZR 194/91 - zu I 2 der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 84 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 110; Reichold in Thomas/Putzo ZPO 33. Aufl. § 256 Rn. 29).

23

bb) Vorliegend hat das im Zusammenhang mit dem Antrag zu 2. inzidenter ohnehin zu klärende Rechtsverhältnis eines „Rechts zur Rückkehr“ keine über den Streitgegenstand der Verurteilung zur Wiedereinstellung hinausgehende Bedeutung. Es zeitigt keine weitergehenden Folgen als die mit dem Leistungsantrag zu 2. geltend gemachte Verpflichtung zum Arbeitsvertragsschluss.

24

B. Der zulässige Antrag zu 2. ist begründet.

25

I. Der Antrag des Klägers, ihn entsprechend Nr. 4 SV vom 8. April 2005 mit Wirkung vom 1. August 2009 „wieder einzustellen“, ist nach gebotener Auslegung zulässig. Er ist insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

26

1. Der Kläger erstrebt mit dem „Wiedereinstellungsantrag“ eine Verurteilung der Beklagten zur Abgabe einer Annahmeerklärung. Ihm geht es mit der erstrebten Fiktion der Abgabe der Annahmeerklärung nach § 894 Satz 1 ZPO um das endgültige Zustandekommen eines Arbeitsvertrags mit der Beklagten, das er mit übereinstimmenden Willenserklärungen - Antrag und Annahme( §§ 145 bis  147 BGB ) - erwirken möchte. Die auf Abgabe der Annahmeerklärung gerichtete Klage entspricht dem Regelfall des mit einer sog. Wiedereinstellungsklage bekundeten Willens des Arbeitnehmers. So ist auch der Wiedereinstellungsantrag im vorliegenden Fall zu verstehen. Bereits in der Klage ist regelmäßig die Abgabe des Angebots zu sehen (BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 743/10 - Rn. 16; vgl. auch zB 21. August 2008 - 8 AZR 201/07  - Rn. 54, AP BGB § 613a Nr. 353 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 95; 25. Oktober 2007 -  8 AZR 989/06  - Rn. 14, AP BGB § 613a Wiedereinstellung Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 80; 14. August 2007 - 9 AZR 943/06 - Rn. 11, BAGE 123, 358).

27

2. Der Antrag zu 2. ist in dieser Auslegung zulässig. Er ist insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

28

a) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Der Kläger muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung er begehrt. Er hat den Streitgegenstand so genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO) keinem Zweifel unterliegt und die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung (§ 322 Abs. 1 ZPO) zwischen den Parteien entschieden werden kann (vgl. BAG 18. Mai 2011 - 5 AZR 181/10 - Rn. 10 mwN, EzA BGB 2002 § 611 Mehrarbeit Nr. 4). Ein - wie vorliegend - auf die Abgabe einer Willenserklärung gerichteter Antrag ist nur dann bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn er so gefasst ist, dass der Inhalt der nach § 894 Satz 1 ZPO fingierten Erklärung klar ist. Zur Ermittlung des Inhalts einer mit der Klage erstrebten Willenserklärung können - wie auch bei anderen auslegungsbedürftigen Klageanträgen - die Klagebegründung und das schriftsätzliche Vorbringen des Klägers herangezogen werden. Geht es um den Abschluss eines Arbeitsvertrags, muss die nach der speziellen Vollstreckungsregel des § 894 Satz 1 ZPO als abgegeben geltende Willenserklärung den für eine Vertragseinigung notwendigen Mindestinhalt umfassen (essentialia negotii). Nach § 611 Abs. 1 BGB gehören hierzu die „versprochenen Dienste“, also Art und Beginn der Arbeitsleistung. Die Art der Arbeitsleistung kann sich - mittelbar - auch über die Angabe einer Eingruppierung in ein kollektives Entgeltschema erschließen, wenn dieses bestimmte Tätigkeiten einer Entgelt- oder Vergütungsgruppe zuordnet. Die weit gefasste Beschreibung einer Tätigkeit führt nicht zwingend zu deren Unbestimmtheit, sondern zu einem entsprechend weiten Direktionsrecht des Arbeitgebers. Der Umfang der Arbeitsleistung und die Dauer des Arbeitsverhältnisses bestimmen sich ggf. nach den üblichen Umständen. Eine Einigung über weitere Inhalte ist nicht erforderlich, sofern klar ist, dass die Arbeitsleistung überhaupt vergütet werden soll (vgl. Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 32 Rn. 4; Küttner/Röller Personalbuch 2012 19. Aufl. Arbeitsvertrag Rn. 7). Die Vergütung folgt ggf. aus § 612 BGB.

29

b) Nach diesen Grundsätzen ist der Inhalt des angestrebten Arbeitsvertrags ausreichend konkret bezeichnet. Zeitpunkt der begehrten Wiedereinstellung ist der 1. August 2009. Unschädlich ist, dass der Antrag keine Angaben zum Umfang der Arbeitszeit enthält. Ohne andere Anhaltspunkte ist von einer Vollzeitbeschäftigung auszugehen. Die weiteren Modalitäten des vom Kläger reklamierten Rechts sind nach seinem Sachvortrag klar. Der Kläger will zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Fernmeldehandwerker beschäftigt werden. Daraus kann die zutreffende Eingruppierung abgeleitet werden. Die übrigen Arbeitsbedingungen ergeben sich aus Nr. 4 Satz 2 SV. Danach wird der Arbeitnehmer hinsichtlich der zu vereinbarenden Arbeitsvertragsbedingungen und anzuwendenden tarifvertraglichen Regelungen so gestellt, als wäre er ohne Unterbrechung von der Beklagten weiterbeschäftigt worden (vgl. insoweit auch zur Antragsauslegung: BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 471/10 - Rn. 21). Die Vergütung bemisst sich nach § 10 des zum 1. Juli 2001 in Kraft getretenen Entgeltrahmentarifvertrags (ERTV), der die Grundzüge und Festsetzung der Vergütung regelt. § 10 Abs. 1 und Abs. 2 ERTV geben die Eingruppierungsgrundsätze vor. § 10 Abs. 2 ERTV verweist zudem auf das Entgeltgruppenverzeichnis der Anlage 1 zum ERTV(vgl. zum Tarifsystem: bspw. BAG 8. März 2006 - 10 AZR 129/05 - Rn. 5 ff., BAGE 117, 202). Ein Vertragsangebot dieses Inhalts könnte die Arbeitgeberin nach § 145 BGB mit einem einfachen „Ja“ annehmen(vgl. zum entsprechenden Maßstab: BAG 19. April 2005 - 9 AZR 233/04 - Rn. 17, BAGE 114, 206).

30

II. Der Antrag zu 2. hat in der Sache Erfolg. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger Anspruch auf Abgabe der mit dem Antrag verlangten Annahmeerklärung. Grundlage des Anspruchs ist § 2 Nr. 1 des Vertrags der Parteien vom 30. April 2005 iVm. Nr. 1 Buchst. b, Nr. 2 Buchst. a SV. Das ergibt eine Auslegung dieser Regelungen, die einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht standhalten. Nr. 2 Buchst. a SV benachteiligt den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Der Senat hat über die zu behandelnden Rechtsfragen großteils schon mit Urteilen vom 9. Februar 2011 (- 7 AZR 91/10 - AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2) und vom 19. Oktober 2011 (- 7 AZR 471/10 -, - 7 AZR 672/10 -, - 7 AZR 33/11 - sowie mit ähnlicher Antragsfassung - 7 AZR 743/10 -) entschieden und hält an den Ergebnissen fest. Die vorgebrachten Argumente rechtfertigen keine abweichende Entscheidung.

31

1. Die Klage ist nicht schon deswegen teilweise unbegründet, weil die Verurteilung der Beklagten zur Abgabe der Annahmeerklärung zum 1. August 2009 (rück-)wirken soll. Davon ist das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgegangen.

32

a) Die Abgabe der Annahmeerklärung als zweite der beiden nötigen übereinstimmenden Willenserklärungen soll den Vertragsschluss bewirken. Mit Rechtskraft eines obsiegenden Urteils gilt die Annahmeerklärung nach § 894 Satz 1 ZPO als abgegeben. Zu welchem Zeitpunkt die fingierte Abgabe der Annahmeerklärung wirkt, beurteilt sich nach materiellem Recht. Seit Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 BGB idF des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) kommt auch die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung in Betracht, die auf eine Vertragsänderung zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt gerichtet ist. Nach § 275 Abs. 1 BGB ist der Anspruch auf die Leistung zwar ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder jedermann unmöglich ist. Im Unterschied zum alten Recht ist in § 311a Abs. 1 BGB aber klargestellt, dass ein Vertrag selbst dann nicht nichtig ist, wenn er in der Vergangenheit tatsächlich nicht durchgeführt werden kann (vgl. für die st. Rspr.: BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 672/10 - Rn. 26, EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 10; 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 26, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2; 15. September 2009 - 9 AZR 643/08  - Rn. 15 mwN, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31).

33

b) Die rückwirkende Begründung eines Arbeitsverhältnisses durch Urteil ist daher zulässig. Ausgeschlossen ist lediglich eine gerichtliche Entscheidung, mit der ein Arbeitsverhältnis mit Rückwirkung zu einem Zeitpunkt vor der (fingierten) Abgabe des Angebots begründet werden soll (BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 672/10 - Rn. 27, EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 10; vgl. auch 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2; grundlegend 4. Mai 2010 - 9 AZR 155/09  - Rn. 17 und 35, BAGE 134, 223).

34

2. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, die in Nr. 2 Buchst. a SV enthaltene Anspruchsvoraussetzung, welche nicht nur eine wirksame Kündigung, sondern darüber hinaus dringende betriebliche Gründe unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG verlangt, sei wirksam. Die Regelungen zum Rückkehrrecht im Auflösungsvertrag vom 30. April 2005 und in der SV halten einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, der weder § 310 Abs. 4 Satz 1 noch§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB entgegenstehen, allerdings nicht stand.

35

a) § 2 Nr. 1 des Auflösungsvertrags der Parteien vom 30. April 2005 ist ein von der Beklagten vorformulierter Vertrag, den sie nach dem Erscheinungsbild mehrfach verwendet hat. Der Text der Vereinbarung enthält über die persönlichen Daten des Klägers hinaus keine individuellen Besonderheiten. Den Inhalt eines solchen typischen Mustervertrags kann der Senat selbst nach §§ 133, 157 BGB auslegen (BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 672/10 - Rn. 29, EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 10; 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 29 mwN, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2).

36

b) Die Regelung des besonderen Rückkehrrechts in § 2 Nr. 1 des Vertrags der Parteien vom 30. April 2005 iVm. Nr. 1 Buchst. b, Nr. 2 Buchst. a SV enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Auch Vertragsbedingungen, die vor ihrer Verwendung kollektivrechtlich ausgehandelt worden sind, können Allgemeine Geschäftsbedingungen sein (BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 672/10 - Rn. 30, EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 10; vgl. auch 19. März 2009 - 6 AZR 557/07  - Rn. 20 mwN, AP BGB § 611 Arbeitgeberdarlehen Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 17).

37

aa) Die Parteien haben hier in § 2 Nr. 1 des Vertrags vom 30. April 2005 auf die als Anlage 1 beigefügte SV verwiesen. Sie haben den Text der SV vollständig verwendet, sodass deren Charakter als Allgemeine Geschäftsbedingung erhalten geblieben ist.

38

bb) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Dabei kommt es nur dann auf das Verständnis des Wortlauts durch die konkreten Vertragspartner an, wenn sie den Inhalt der Regelung übereinstimmend abweichend vom objektiven Wortsinn interpretieren ( § 305b BGB ). Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, ist für die Auslegung entscheidend, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist. Der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner muss beachtet werden ( § 157 BGB ). Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, gilt das nur für typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele. Eine solche Auslegung nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab ist geboten, weil der Vertragspartner des Verwenders auf den Inhalt der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die für eine Vielzahl von Fallgestaltungen vorformuliert worden sind und gerade unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalls zur Anwendung kommen sollen, keinen Einfluss nehmen kann (BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 672/10 - Rn. 32, EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 10; 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 32, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2).

39

cc) Klauseln in arbeitsvertraglichen Vereinbarungen, die auf kollektivrechtlich ausgehandelte Vertragsbedingungen Bezug nehmen oder inhaltlich mit ihnen übereinstimmen, sind nach denselben Maßstäben auszulegen wie einseitig vom Arbeitgeber vorformulierte Klauseln. Auch sie betreffen eine Vielzahl von Fällen, die eine einheitliche Auslegung erfordern. Die Arbeitnehmer, die derartige Verträge unterzeichnen, waren zudem an der Aushandlung der Kollektivregelung nicht beteiligt und konnten sie nicht beeinflussen (vgl. BAG 28. Juli 2009 - 3 AZR 250/07 - Rn. 18, AP ArbGG 1979 § 45 Nr. 16). Die Gründe, die zu der später in die vertragliche Vereinbarung übernommenen Kollektivregelung geführt haben, sind ihnen unbekannt. Für die Auslegung solcher Klauseln kommt es deshalb nicht auf das Verständnis der an den Verhandlungen über die Kollektivregelung Beteiligten, sondern nach § 157 BGB auf die Verständnismöglichkeiten der Arbeitnehmer an, mit denen später die darauf verweisende arbeitsvertragliche Regelung vereinbart wird (BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 672/10 - Rn. 33, EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 10; 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 33, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2; vgl. auch 19. März 2009 - 6 AZR 557/07  - Rn. 22 mwN, AP BGB § 611 Arbeitgeberdarlehen Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 17).

40

c) § 2 Nr. 1 des Vertrags der Parteien vom 30. April 2005 iVm. Nr. 1 Buchst. b, Nr. 2 Buchst. a SV begründen ein sog. besonderes, bis 31. Dezember 2008 auszuübendes Rückkehrrecht des Klägers in die Dienste der Beklagten. Der Kläger hat diesen Wiedereinstellungsanspruch wirksam geltend gemacht.

41

aa) Die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen sind erfüllt. Der Kläger ist ehemaliger Arbeitnehmer der Beklagten. Er stand zum 1. Oktober 2002 in einem Arbeitsverhältnis mit einer der sog. Kabelgesellschaften und war von der Beklagten beurlaubt.

42

bb) Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der K wurde aus dringenden betrieblichen Gründen iSv. Nr. 2 Buchst. a SV gekündigt. Dem steht nicht entgegen, dass diese Bestimmung auf § 1 Abs. 2 ff. KSchG Bezug nimmt, die K wegen des tariflichen Sonderkündigungsschutzes des Klägers jedoch eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist erklärte. Die Wirksamkeit einer solchen außerordentlichen „betriebsbedingten“ Kündigung wird zwar nicht an § 1 KSchG gemessen, sondern an § 626 BGB. Zu prüfen ist nach § 626 Abs. 1 BGB aber, ob dem Arbeitgeber im Fall ordentlicher Kündbarkeit des Arbeitnehmers eine Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar wäre (vgl. nur BAG 18. März 2010 - 2 AZR 337/08  - Rn. 16 mwN, AP BGB § 626 Nr. 228 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 17). Die Voraussetzungen der außerordentlichen Kündigung sind dadurch mit denen einer ordentlichen Kündigung verknüpft. Bei einer außerordentlichen „betriebsbedingten“ Kündigung handelt es sich deswegen um eine Kündigung „aus dringenden betrieblichen Gründen“ iSv. Nr. 2 Buchst. a SV. Das Erfordernis einer „aus dringenden betrieblichen Gründen“ ausgesprochenen Kündigung dient der Abgrenzung von personen- und verhaltensbedingten Kündigungen, bei denen kein Rückkehrrecht besteht. Das macht insbesondere Nr. 5 SV deutlich. Aus der SV geht im Übrigen nicht hervor, dass dieses Regelwerk Arbeitnehmer, die tariflich gegen ordentliche Kündigungen geschützt sind, von ihrem persönlichen Geltungsbereich ausnehmen will. Wegen des besonderen Schutzes dieser Arbeitnehmergruppe hätte es hierfür eines klaren Anhaltspunkts im Wortlaut der SV bedurft (BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 36, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2).

43

cc) Der Kläger hat ein besonderes Rückkehrrecht iSv. Nr. 1 Buchst. b SV, obwohl sein Arbeitsverhältnis mit der K nicht schon mit dem 31. Dezember 2008, sondern erst am 31. Juli 2009 endete.

44

(1) Nach Nr. 1 Buchst. b SV räumte die Beklagte dem Kläger ein besonderes Rückkehrrecht „nach Ablauf des allgemeinen Rückkehrrechts für weitere 36 Monate“ ein. Das allgemeine Rückkehrrecht bestand nach Nr. 1 Buchst. a SV für einen Zeitraum von 24 Monaten, berechnet ab 1. Januar 2004, also bis 31. Dezember 2005. Der Zeitraum für das besondere Rückkehrrecht endete 36 Monate später mit dem 31. Dezember 2008.

45

(2) Nr. 1 Buchst. b SV ist auslegungsbedürftig. Aus dem Wortlaut der Regelung geht nicht eindeutig hervor, ob mit dem Rückkehrrecht „für weitere 36 Monate“ die Entstehung des Rechts bis 31. Dezember 2008, seine Geltendmachung oder die tatsächliche Rückkehr bis zu diesem Zeitpunkt gemeint ist. Der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner ( § 157 BGB ) spricht aber dafür, dass es jedenfalls genügt, wenn das Rückkehrrecht bis 31. Dezember 2008 durch den Zugang einer ordentlichen oder außerordentlichen „betriebsbedingten“ Kündigung entstand und gegenüber der Beklagten geltend gemacht wurde. Mit Ausübung des Rückkehrrechts bis 31. Dezember 2008 erlangte die beklagte Verwenderin Planungssicherheit hinsichtlich der tatsächlichen Rückkehr des einzelnen Arbeitnehmers. Die in Nr. 3 Satz 2 SV enthaltene Ankündigungsfrist von drei Monaten deutet zudem darauf hin, dass das Regelwerk zwischen dem Rückkehrrecht und der tatsächlichen Rückkehr unterscheidet (BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 672/10 - Rn. 39, EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 10).

46

(3) Der Kläger erfüllt diese Voraussetzung des besonderen Rückkehrrechts. Die K kündigte sein Arbeitsverhältnis mit ihr unter dem 9. Dezember 2008 außerordentlich „aus betriebsbedingten Gründen“. Der Kläger machte das besondere Rückkehrrecht mit Schreiben vom 22. Dezember 2008 gegenüber der Beklagten geltend.

47

dd) Nr. 2 Buchst. a SV verlangt nicht nur eine wirksame Kündigung. Nach der Regelung genügt insbesondere nicht der Eintritt der Fiktion in § 7 Halbs. 1, § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG. Erforderlich ist darüber hinaus, dass die Kündigung unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG ausgesprochen wurde. Die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB ist nicht anzuwenden.

48

(1) Bleibt bei der Auslegung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht er nach § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel setzt voraus, dass die Auslegung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht. Der Arbeitgeber, der die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendet, muss bei Unklarheiten die ihm am wenigsten günstige Auslegungsmöglichkeit gegen sich gelten lassen (BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 672/10 - Rn. 42, EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 10; 29. Juni 2011 - 7 AZR 6/10 - Rn. 20, EzA TzBfG § 15 Nr. 3; 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 42 mwN, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2).

49

(2) Die Voraussetzung zumindest zweier gleichrangiger Auslegungsergebnisse ist nicht erfüllt. Die Klausel in Nr. 2 Buchst. a SV lässt nach gebotener Auslegung ( §§ 133 157 BGB ) unter Beachtung eines objektiv-generalisierenden Maßstabs hinreichend klar erkennen, dass das Rückkehrrecht an eine Kündigung gebunden wird, die wirksam und darüber hinaus unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG aus dringenden betrieblichen Gründen ausgesprochen wird. Aus dem Erfordernis der Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG geht der Wille der verwendenden Beklagten hervor, das Rückkehrrecht davon abhängig zu machen, dass auch im Fall der außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines ordentlich Unkündbaren bestimmte Umstände - dringende betriebliche Gründe - tatsächlich gegeben sind. Es genügt daher nicht, dass die außerordentliche oder ordentliche Kündigung durch Unterlassen oder Rücknahme der Kündigungsschutzklage aufgrund der Fiktionen in § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO, § 7 Halbs. 1 iVm. § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG wirksam wird (BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 672/10 - Rn. 43, EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 10).

50

ee) Das in Nr. 2 Buchst. a SV begründete Erfordernis einer nicht nur wirksamen, sondern unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG ausgesprochenen Kündigung ist jedoch - entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts - unwirksam. Das Erfordernis benachteiligt den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Klausel unterliegt der Inhaltskontrolle. Dem stehen weder § 310 Abs. 4 Satz 1 noch§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB entgegen.

51

(1) § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB hindert die Inhaltskontrolle nicht.

52

(a) Nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB finden §§ 305 ff. BGB auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen keine Anwendung. Formularmäßig verwendete Klauseln in Arbeitsverträgen, die auf eine solche Kollektivregelung Bezug nehmen oder mit ihr übereinstimmen und lediglich deren gesamten Inhalt wiedergeben, unterliegen deshalb keiner Inhaltskontrolle (BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 672/10 - Rn. 46, EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 10; 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 46, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2; 19. März 2009 - 6 AZR 557/07  - Rn. 22 mwN, AP BGB § 611 Arbeitgeberdarlehen Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 17).

53

(b) Die Unterzeichner der SV haben dem Regelwerk nicht den normativen Charakter eines Tarifvertrags iSv. § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB beigelegt.

54

(aa) Entscheidend ist, ob die Vertragspartner ihren Willen zur Normsetzung hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht haben. Dazu müssen sie durch bindende, dh. normative Regelungen die Klärung von Rechtsanwendungsproblemen verbindlich vorwegnehmen ( BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 672/10 - Rn. 48, EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 10; 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 48, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2; vgl. auch 19. Mai 2010 - 4 AZR 903/08  - Rn. 37 und 39, AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 46).

55

(bb) Das trifft auf die SV nicht zu. Nach Nr. 1 SV räumt die Beklagte den Arbeitnehmern „einzelvertraglich“ ein Rückkehrrecht zu ihr ein. Daran wird deutlich, dass die SV den Anspruch nicht normativ durch unmittelbare und zwingende Wirkung für die Regelungsunterworfenen begründen will. Sie trifft vielmehr nur eine vereinheitlichende Regelung für individualvertragliche Umsetzungsakte. Das ist der typische Fall Allgemeiner Geschäftsbedingungen (BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 672/10 - Rn. 49, EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 10; 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 49, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2).

56

(c) Nr. 1 Buchst. b und Nr. 2 Buchst. a SV sind auch nicht deswegen durch § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB der sog. AGB-Kontrolle der §§ 305 ff. BGB entzogen, weil der SV der Charakter einer schuldrechtlichen Koalitionsvereinbarung zugunsten Dritter iSv. § 328 BGB zukäme(vgl. zum Begriff der schuldrechtlichen Koalitionsvereinbarung zugunsten Dritter: BAG 5. November 1997 - 4 AZR 872/95 - zu II 1.3 der Gründe, BAGE 87, 45; allgemein zu schuldrechtlichen Koalitionsvereinbarungen: BAG 26. Januar 2011 - 4 AZR 159/09 - Rn. 21 mwN, AP TVG § 3 Betriebsnormen Nr. 7 = EzA TVG § 1 Betriebsnorm Nr. 6). Der Arbeitnehmer erwirbt den Anspruch auf das Rückkehrrecht gegenüber der Beklagten nicht unmittelbar im Sinne eines echten Vertrags zugunsten Dritter nach § 328 Abs. 1 BGB aus der SV(vgl. zu dem Erfordernis eines unmittelbaren Leistungsrechts: bspw. Palandt/Grüneberg BGB 71. Aufl. Einf. v. § 328 Rn. 1). Nr. 1 Buchst. b SV verlangt vielmehr ausdrücklich den Zwischenschritt einer einzelvertraglichen Vereinbarung des besonderen Rückkehrrechts. Die Arbeitgeberin verpflichtet sich als Vertragspartnerin der SV gegenüber den Kabelgesellschaften und der Gewerkschaft ver.di, im Verhältnis zum Arbeitnehmer einzelvertraglich eine entsprechende Vertragsänderung vorzunehmen. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf die (Gegen-)Leistung des besonderen Rückkehrrechts gegenüber der Beklagten entsteht jedoch erst mit Abschluss des Aufhebungsvertrags aufgrund des dadurch begründeten Gegenseitigkeitsverhältnisses von Aufhebungsvereinbarung und Wiedereinstellungszusage (vgl. zu einem vergleichbaren Zwischenschritt: BAG 14. August 2007 - 9 AZR 18/07 - Rn. 52, BAGE 123, 337). Der Senat kann daher offenlassen, ob schuldrechtliche Koalitionsvereinbarungen zugunsten Dritter dem Tarifvertragsbegriff des § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB überhaupt unterfallen(BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 672/10 - Rn. 50, EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 10).

57

(2) § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB schließt eine Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht aus.

58

(a) § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB bestimmt, dass die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308, 309 BGB nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelten, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Eine fehlende ausdrückliche gesetzliche Regelung führt aber nicht dazu, dass ein Klauselwerk nicht nach §§ 307 ff. BGB zu kontrollieren wäre. Auch Vertragstypen, die gesetzlich nicht geregelt sind, können am Maßstab der §§ 307 ff. BGB gemessen werden (BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 672/10 - Rn. 52, EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 10; 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 51, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2; vgl. auch 18. Januar 2006 - 7 AZR 191/05  - Rn. 27 mwN, AP BGB § 305 Nr. 8 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 13).

59

(aa) Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind von der Inhaltskontrolle zum einen deklaratorische Vertragsklauseln ausgenommen, die in jeder Hinsicht mit einer bestehenden gesetzlichen Regelung übereinstimmen. Eine Inhaltskontrolle derartiger Klauseln liefe leer, weil an ihre Stelle im Fall ihrer Unwirksamkeit nach § 306 Abs. 2 BGB die inhaltsgleiche gesetzliche Bestimmung träte (BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 52 mwN, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2).

60

(bb) Zum anderen unterliegen Abreden, die ihrer Art nach nicht der Regelung durch Gesetz oder andere Rechtsvorschriften unterfallen, sondern von den Vertragsparteien festgelegt werden müssen, nicht der Inhaltskontrolle der §§ 307 ff. BGB. Das sind Abreden über den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistung (sog. Leistungsbeschreibung) und des dafür zu zahlenden Entgelts. Der gerichtlichen Kontrolle entzogene Leistungsbeschreibungen sind solche, die Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistung festlegen. Demgegenüber sind Klauseln, die das Haupt- oder Gegenleistungsversprechen einschränken, verändern oder ausgestalten, inhaltlich zu kontrollieren (vgl. BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 53 mwN, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2).

61

(b) Nach diesen Grundsätzen unterliegt die Regelung des besonderen Rückkehrrechts in Nr. 1 Buchst. b und Nr. 2 Buchst. a SV der Angemessenheitskontrolle des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Bestimmungen gestalten iVm. § 2 Nr. 1 des Vertrags vom 30. April 2005 das Gegenleistungsversprechen aus. Der Auflösungsvertrag enthält nach seinem Erscheinungsbild selbst Allgemeine Geschäftsbedingungen. Er verknüpft die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses der Parteien mit zeitlich begrenzten Rückkehrrechten. Die Zustimmung des Arbeitnehmers zu der Vertragsaufhebung steht im Gegenseitigkeitsverhältnis zu der Zusage der Wiedereinstellung (vgl. zu der Gegenleistung einer Abfindungszusage für die Einwilligung in die Vertragsaufhebung: zB BAG 26. September 2001 - 4 AZR 497/00 - zu I 2 b der Gründe mwN, EzA TVG § 4 Einzelhandel Nr. 51). Unmittelbarer Gegenstand des Haupt- und Gegenleistungsversprechens ist die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses gegen mehrere verschiedenartige Wiedereinstellungsansprüche, ein allgemeines und ein besonderes Rückkehrrecht unterschiedlicher Dauer. Das eng zu fassende, kontrollfreie Haupt- und Gegenleistungsversprechen beschränkt sich auf die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses gegen das Versprechen der Wiedereinstellung. Nr. 1 Buchst. b und Nr. 2 Buchst. a SV stellen das besondere (verlängerte) Rückkehrrecht unter zusätzliche Voraussetzungen, die Einhaltung der Erfordernisse des § 1 Abs. 2 ff. KSchG für eine von der K ausgesprochene „betriebsbedingte“ wirksame Kündigung. Die Klauseln gestalten damit das Gegenleistungsversprechen aus. Sie sind inhaltlich zu kontrollieren (BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 672/10 - Rn. 55, EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 10).

62

(3) Das in Nr. 2 Buchst. a SV begründete Erfordernis einer nicht nur wirksamen, sondern unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG ausgesprochenen Kündigung benachteiligt den Kläger unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

63

(a) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Unangemessen ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Die beiderseitigen Positionen müssen unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben umfassend gewürdigt werden. Bei der Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Abzuwägen sind die Interessen des Verwenders gegenüber den Interessen der typischerweise beteiligten Vertragspartner. Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts sind zu berücksichtigen (BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 672/10 - Rn. 57, EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 10; 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 56, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2; vgl. auch 18. Januar 2006 - 7 AZR 191/05  - Rn. 30 mwN, AP BGB § 305 Nr. 8 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 13).

64

(b) Eine unangemessene Benachteiligung ist nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. § 307 Abs. 2 BGB konkretisiert § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Sind die Voraussetzungen des § 307 Abs. 2 BGB erfüllt, wird eine unangemessene Benachteiligung vermutet (BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 672/10 - Rn. 58, EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 10; 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 57 mwN, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2).

65

(c) Gemessen daran wird hier unwiderlegt vermutet, dass das in Nr. 2 Buchst. a SV begründete Erfordernis einer von ihm zu beweisenden nicht nur wirksamen, sondern unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG ausgesprochenen Kündigung den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB benachteiligt.

66

(aa) Nr. 2 Buchst. a SV verkehrt zum einen die für den Kündigungsschutzprozess in § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG vorgesehene Darlegungs- und Beweislast. Die Regelung macht die Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG für eine von der K ausgesprochene „betriebsbedingte“ Kündigung zur Anspruchsvoraussetzung des Rückkehrrechts. Zum anderen beseitigt Nr. 2 Buchst. a SV die Fiktion in § 13Abs. 1 Satz 2, § 7 Halbs. 1 KSchG. Die Wirkung dieser Fiktion beschränkt sich darauf, dass eine bestimmte Kündigung wirksam ist. Ob der Kündigungsgrund tatsächlich zutrifft, ist nicht Gegenstand der Fiktion (BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 672/10 - Rn. 60 mwN, EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 10; 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 59, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2). Die Beseitigung der Fiktion geht über die bloße Umkehr der Darlegungs- und Beweislast im Wiedereinstellungsprozess hinaus (vgl. zu der Verkehrung der Behauptungs- und Beweislast: zB BAG 25. September 2008 - 8 AZR 607/07 - Rn. 38, AP BGB § 613a Nr. 355 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 98).

67

(bb) Diese in Nr. 2 Buchst. a SV enthaltene Voraussetzung ist nach § 307Abs. 2 iVm. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

68

(aaa) Für den Arbeitnehmer, der das Rückkehrrecht ausüben will, begründet sie die Obliegenheit, eine Kündigungsschutzklage nicht nur anzustrengen, sondern sie durch streitiges, klageabweisendes und rechtskräftiges Urteil zu beenden. Darin liegt eine unzumutbare Belastung des Arbeitnehmers, dh. eine Einschränkung, die es gefährdet, dass der Vertragszweck - die Verknüpfung der Aufhebung des Arbeitsverhältnisses mit dem Wiedereinstellungsanspruch - erreicht wird (vgl. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB ). Der Arbeitnehmer kann sich nicht frei entschließen, die Unsicherheiten und Belastungen eines Kündigungsschutzrechtsstreits auf sich zu nehmen, wenn er das besondere Rückkehrrecht - den Wiedereinstellungsanspruch - durchsetzen will. Er kann seine Klage gegen die Kabelgesellschaft nicht zurücknehmen, keinen Klageverzicht erklären, kein Versäumnisurteil gegen sich ergehen lassen und sich, ohne den Verlust des Wiedereinstellungsanspruchs zu riskieren, nicht vergleichsweise einigen. Er kann seine Entscheidung über die Einleitung und Fortführung des Rechtsstreits auch nicht von einer Beurteilung der Prozessaussichten abhängig machen. Er muss den Rechtsstreit vielmehr sogar dann führen, wenn er selbst der Auffassung ist, die klagebegründenden Tatsachen nicht schlüssig vortragen zu können (vgl. zu einer auf der Grundlage von § 75 Abs. 1 BetrVG überprüften Klageobliegenheit im Zusammenhang mit einer Sozialplanforderung: BAG 22. Juli 2003 - 1 AZR 575/02  - zu III 1 b cc (1) der Gründe, BAGE 107, 100 ). Der Prozesserfolg steht regelmäßig erst nach Jahren fest. Das widerspricht dem typischen Zweck eines Wiedereinstellungsanspruchs, der ua. darin besteht, Zeiten der Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken (BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 672/10 - Rn. 62, EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 10; 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 61, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2).

69

(bbb) Hinzu kommt die von § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG abweichende atypische Verkehrung der Darlegungs- und Beweislast im Wiedereinstellungsprozess. Der Arbeitnehmer muss hinsichtlich der Kündigungsgründe Tatsachen darlegen und beweisen, die er selbst idR nicht kennt und die jedenfalls nicht aus seiner Sphäre stammen. Diese atypische Überbürdung der Beweislast für die Kündigungsgründe auf den gekündigten Arbeitnehmer ist nicht etwa geboten, um die berechtigten Interessen der Beklagten zu wahren. Sie mag ein berechtigtes Interesse daran haben, den sich aufdrängenden Verdacht eines kollusiven Zusammenwirkens zwischen dem Arbeitnehmer und der Kabelgesellschaft bei Ausspruch der Kündigung erkennen zu können. Die berechtigten Belange der Beklagten gebieten es aber nicht, die Beweislast und das sog. non-liquet-Risiko für die Kündigungstatsachen auf den Arbeitnehmer zu übertragen. Die Interessen der Beklagten sind ausreichend durch § 4 Satz 2 des Vertrags vom 30. April 2005 gewahrt. Der Kläger hat ihr damit das Recht eingeräumt, sich die Fragen der sozialen Rechtfertigung und Wirksamkeit der Kündigung von der K offenlegen zu lassen (BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 672/10 - Rn. 63, EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 10; 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 62, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2).

70

ff) Das besondere Rückkehrrecht in Nr. 1 Buchst. b und Nr. 2 Buchst. a SV kann ohne das Erfordernis einer nicht nur wirksamen, sondern unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG ausgesprochenen Kündigung aufrechterhalten bleiben.

71

(1) § 306 Abs. 1 BGB weicht von der Auslegungsregel des § 139 BGB ab. Er bestimmt, dass der Vertrag bei Teilnichtigkeit grundsätzlich aufrechterhalten bleibt. Die Teilbarkeit der Klausel ist durch Streichung des unwirksamen Teils zu ermitteln (BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 672/10 - Rn. 65, EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 10; 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 64, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2). Maßgeblich ist, ob die Klausel mehrere sachliche Regelungen enthält und der unzulässige Teil sprachlich eindeutig abtrennbar ist. Ist die verbleibende Regelung weiter verständlich, bleibt sie bestehen (sog. blue-pencil-Test, vgl. für die st. Rspr.: BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 27, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 54; 6. Mai 2009 - 10 AZR 443/08  - Rn. 11 mwN, AP BGB § 307 Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 44). Handelt es sich um eine teilbare Klausel, ist die Inhaltskontrolle jeweils für die verschiedenen, nur formal verbundenen Bestimmungen vorzunehmen (vgl. BAG 11. April 2006 - 9 AZR 610/05  - Rn. 32, BAGE 118, 36 ).

72

(2) Die Klausel in Nr. 1 Buchst. b und Nr. 2 Buchst. a SV ist teilbar und kann ohne unzumutbare Härte für die Beklagte iSv. § 306 Abs. 3 BGB aufrechterhalten bleiben. Der wirksame Teil von Nr. 2 Buchst. a SV beschränkt sich auf die Voraussetzung einer wirksamen Kündigung, die auch bei Eintritt der Fiktion des § 7 Halbs. 1 KSchG (im Fall einer außerordentlichen Kündigung iVm. § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG ) erfüllt ist. Die sprachliche Teilbarkeit der Klausel kann sich darin ausdrücken, dass die Regelungen in unterschiedlichen Sätzen getroffen sind (vgl. zu einem solchen Fall: BAG 12. März 2008 - 10 AZR 152/07 - Rn. 29, AP BGB § 305 Nr. 10 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 33). Das ist jedoch nicht zwingend. Wird die Passage „unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG“ in Nr. 2 Buchst. a SV gestrichen, setzt das besondere Rückkehrrecht nur noch eine wirksame Kündigung voraus, die aus Gründen der betrieblichen Sphäre ausgesprochen wird (vgl. zu einer ähnlichen Streichung innerhalb desselben Satzes: BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 443/08  - Rn. 11 mwN, AP BGB § 307 Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 44). Die Klausel ist damit inhaltlich und sprachlich teilbar. Die Regelung bleibt verständlich (BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 672/10 - Rn. 66, EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 10).

73

3. Hiernach ist das Erfordernis einer aus betrieblichen Gründen ausgesprochenen „wirksamen“ Kündigung durch die K erfüllt. Eine wirksame Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers durch die K löst die Voraussetzungen des Rückkehranspruchs im Sinne von Nr. 1 Buchst. b und Nr. 2 Buchst. a SV aus. Die Prüfung des Landesarbeitsgerichts, das die Voraussetzungen einer Kündigung aus betrieblichen Gründen durch die K - insbesondere nach umfangreichen Ausführungen zur Darlegungs- und Beweislast - verneint hat, war nicht anzustellen. Es liegt kein rechtsmissbräuchliches Verhalten darin, dass der Kläger nicht - in erster Linie - eine Kündigungsschutzklage gegenüber der K verfolgt hat. Der Kläger muss sich nicht auf eine rückwirkende Einstellung zu Bedingungen verweisen lassen, die im Vermittlungs- und Qualifizierungsbetrieb Vivento gelten.

74

a) Es steht fest, dass die Kündigung vom 9. Dezember 2008 das Arbeitsverhältnis des Klägers wirksam beendet hat. Zwar hat der Kläger diese Kündigung mit der am 22. Dezember 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage rechtzeitig iSv. § 4 Satz 1 KSchG angegriffen. Er hat sich aber nicht dagegen gewandt, dass das Landesarbeitsgericht den - freilich ohnehin abzuweisenden, da im Wege einer unzulässigen subjektiven Klagehäufung angebrachten - Kündigungsschutzantrag iSv. § 321 Abs. 1 ZPO übergangen hat. Das Landesarbeitsgericht hat sich mit diesem Antrag nicht befasst. Er war ihm aber zur Berufungsentscheidung angefallen, nachdem es die das Prozessrechtsverhältnis der Beklagten betreffenden Anträge zu 1. und 2. (sowie den weiteren echten Hilfsantrag) abgewiesen hat. Für den Fall, dass in erster Instanz einem Hauptantrag des Klägers stattgegeben wurde, muss auf die Berufung des Beklagten das Berufungsgericht, das den Hauptantrag für unbegründet hält, über einen echten Hilfsantrag entscheiden, ohne dass es eines Antrags oder Anschlussrechtsmittels des Klägers bedarf (für die objektive Klagehäufung: vgl. BGH 24. September 1991 - XI ZR 245/90 - zu III der Gründe, NJW 1992, 117; Zöller/Heßler ZPO 29. Aufl. § 528 Rn. 20 mwN). Das Berufungsgericht hätte sich demnach nicht nur mit dem Hilfsantrag gegen die Beklagte, sondern auch mit dem Kündigungsschutzantrag gegen die K befassen (und diesen als unzulässig abweisen) müssen. Dies hat es nicht getan. In der Zurückweisung der Anschlussberufung des Klägers liegt keine Entscheidung über die gegen die K gerichteten (Hilfs-)Anträge. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit - zu Recht - das Anschlussrechtsmittel als unzulässig verworfen und nicht die Klageanträge abgewiesen. Nachdem der Kläger innerhalb der Zweiwochenfrist des § 321 Abs. 2 ZPO keinen Antrag auf Urteilsergänzung gestellt hat, ist die Rechtshängigkeit des Kündigungsschutzantrags entfallen(zum Entfall der Rechtshängigkeit eines übergangenen Anspruchs: vgl. BAG 29. Juni 2011 - 7 AZR 774/09 - Rn. 38 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 83 = EzA TzBfG § 14 Nr. 78; 24. Januar 1991 - 2 AZR 402/89 - zu B II 2 c der Gründe; BGH 16. Februar 2005 - VIII ZR 133/04 - zu II 2 der Gründe, NJW-RR 2005, 790). Der Kläger hat die Kündigung der K auch nicht etwa in einem anderen Rechtsstreit gesondert angegriffen. Damit steht - jedenfalls nunmehr - fest, dass diese Kündigung das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der K wirksam beendet hat.

75

b) Für ein kollusives Zusammenwirken des Klägers mit der K bei Ausspruch der Kündigung bestehen im Streitfall keine Anhaltspunkte. Dagegen sprechen schon der im Zusammenhang mit der Restrukturierungsmaßnahme geschlossene Interessenausgleich und Sozialplan. Dem Kläger war es nicht verwehrt, selbst zu bewerten, ob er die Klage gegen die K oder gegen die Beklagte für aussichtsreicher und welchen Schuldner er für „sicherer“ hielt. Der Kläger musste nicht in erster Linie eine Kündigungsschutzklage gegenüber der K betreiben.

76

c) Der Kläger ist schließlich nicht auf einen Vertrag zu den Arbeitsbedingungen verwiesen, die im Vermittlungs- und Qualifizierungsbetrieb Vivento gelten. Das folgt aus der Auslegung von § 4 Satz 1 und Satz 2 SV. Nach dieser Regelung richten sich die Wiedereinstellungsbedingungen.

77

aa) Nr. 4 Satz 1 SV sieht vor, dass im Fall der Rückkehr ab diesem Zeitpunkt die Bestimmungen der jeweils geltenden Rationalisierungsschutz-Tarifverträge der Deutschen Telekom AG Anwendung finden. Nach Nr. 4 Satz 2 SV wird der Arbeitnehmer hinsichtlich der zu vereinbarenden Arbeitsvertragsbedingungen und anzuwendenden tarifvertraglichen Regelungen so gestellt, als wäre er ohne Unterbrechung bei der Deutschen Telekom AG weiterbeschäftigt worden. § 5 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 TV Ratio bestimmen, dass „der nach den §§ 3 und 4 ausgewählte Arbeitnehmer“ ein Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrags für eine Tätigkeit im Vermittlungs- und Qualifizierungsbetrieb Vivento der Deutschen Telekom AG erhält. § 5 Abs. 3 Satz 1 TV Ratio lässt eine Änderungskündigung zu, wenn der Arbeitnehmer den Abschluss eines Änderungsvertrags ablehnt(BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 672/10 - Rn. 70, EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 10).

78

bb) Der Wortlaut von Nr. 4 Satz 1 SV bindet die Geltung der Rationalisierungsschutz-Tarifverträge an den Fall der Rückkehr, dh. die Neubegründung des Arbeitsverhältnisses durch übereinstimmende Willenserklärungen. Der Passus, wonach die Tarifverträge „ab diesem Zeitpunkt“ zur Anwendung kommen sollen, stellt klar, dass keine „automatische Überführung“ in den Vermittlungs- und Qualifizierungsbetrieb Vivento zeitgleich mit der Wiedereinstellung gemeint ist. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 bis Abs. 3 TV Ratio müssen erfüllt sein. Die Beklagte soll die Rechte aus § 5 Abs. 1 Satz 1 und § 5 Abs. 3 Satz 1 TV Ratio, dem betroffenen Arbeitnehmer ein Änderungsangebot zu unterbreiten und eine Änderungskündigung zu erklären, wenn der Arbeitnehmer das Änderungsangebot ablehnt, erst mit der Neubegründung des Arbeitsverhältnisses ausüben können. Dem steht Nr. 4 Satz 2 SV nicht entgegen. Würde die Bestimmung, nach der der Arbeitnehmer so zu stellen ist, als wäre er ohne Unterbrechung von der Beklagten weiterbeschäftigt worden, in der Weise verstanden, dass sie unmittelbar eine Versetzung zu Vivento zur Folge hätte, wäre Nr. 4 Satz 1 SV überflüssig. Der Regelung bliebe kein Anwendungsbereich. An dem Zusammenspiel von Nr. 4 Satz 1 und Satz 2 SV wird vielmehr deutlich, dass mit Nr. 4 Satz 2 SV sichergestellt werden soll, dass der erneut eingestellte Arbeitnehmer trotz der Beendigung des früheren Arbeitsverhältnisses weder arbeitsvertragliche noch tarifliche Nachteile erleidet. Die arbeitsvertraglich zu vereinbarenden Arbeitsbedingungen und die tariflichen Regelungen sollen nachgezeichnet werden, als wäre das frühere Arbeitsverhältnis nicht beendet worden (BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 672/10 - Rn. 71, EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 10).

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C. Die Kosten des Rechtsstreits sind nach § 92 Abs. 1, §§ 99, 100 ZPO im Verhältnis des wechselseitigen Obsiegens und Unterliegens zu teilen.

        

    Linsenmaier    

        

    Schmidt    

        

    Kiel    

        

        

        

    Vorbau    

        

    Strippelmann    

        

        

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 255/03 Verkündet am:
5. Oktober 2004
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Die Zubilligung einer Geldentschädigung wegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung
hat ihre Wurzel im Verfassungsrecht und Zivilrecht und stellt keine
strafrechtliche Sanktion dar.

b) Bei der Bemessung der Geldentschädigung stellen der Gesichtspunkt der Genugtuung
des Opfers, der Präventionsgedanke und die Intensität der Persönlichkeitsrechtsverletzung
Bemessungsfaktoren dar, die sich je nach Lage des Falles unterschiedlich
auswirken können (Ergänzung der Senatsurteile BGHZ 128, 1; vom
5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94 - VersR 1996, 339 und vom 12. Dezember 1995
- VI ZR 223/94 - VersR 1996, 341).
BGH, Urteil vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03 - KG Berlin
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Oktober 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 26. Mai 2003 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung einer Geldentschädigung für Bildveröffentlichungen in Anspruch. Die Beklagte ist Verlegerin der Zeitschriften "die aktuelle" und "die zwei". In der Zeit vom 28. Juli 1999 bis zum 10. Juli 2000 veröffentlichte sie in diesen Zeitschriften neun Artikel, die jeweils ohne Zustimmung der Eltern, Prinzessin Caroline von Hannover und Prinz Ernst August von Hannover, mit Bildern der im Sommer 1999 geborenen Klägerin illustriert wurden. Unter anderem handelte es sich dabei um einen im August 1999 veröffentlichten Artikel, der unter der Schlagzeile "Caroline. Die ersten Fotos. Das heimliche Babyglück" auf der Titelseite und im Innenteil des Heftes Fotos enthielt, die heimlich aus großer Ent-
fernung auf einem Anwesen der Eltern der Klägerin aufgenommen worden waren. Im Juli 2000 veröffentlichte die Beklagte auf der gesamten Titelseite unter der Schlagzeile "Caroline & Ernst August Scheidung?" ein Foto, welches die Klägerin nach dem Schwimmen mit Schwimmflügeln in ein Handtuch gewickelt auf dem Arm ihrer Mutter zeigte. Auf den Innenseiten folgten sechs weitere Fotos der Klägerin, die sie gleichfalls beim Baden mit ihren Eltern zeigten. Die Beklagte gab nach jeweils zeitnaher Abmahnung - teilweise unter dem Druck entsprechender einstweiliger Verfügungen - jeweils Unterlassungsverpflichtungserklärungen ab. Unter anderem wegen zwei der hier streitgegenständlichen Veröffentlichungen, darunter den im August 1999 veröffentlichten Fotos, wurde sie zur Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 125.000 DM an die Mutter der Klägerin verurteilt. Die Klägerin selbst hat u.a. wegen der Veröffentlichung dieser Fotos gegenüber zwei anderen Verlagen Geldentschädigungen erstritten. Das Landgericht hat der auf Zahlung einer Geldentschädigung von mindestens 300.000 DM gerichteten Klage in Höhe von 150.000 DM stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der vom Kammergericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht führt aus, der Klägerin stehe gegen die Beklagte wegen der durch die Veröffentlichungen erfolgten wiederholten Eingriffe in deren allgemeines Persönlichkeitsrecht eine Geldentschädigung aus § 823 Abs. 1
BGB, Art. 1 und Art. 2 GG zu. In Bezug auf sämtliche beanstandeten Fotos könne sich die Beklagte nicht auf die Abbildungsfreiheit gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG berufen, wobei im Ergebnis dahinstehen könne, ob die Klägerin als relative Person der Zeitgeschichte im Sinne der Vorschrift zu behandeln sei, nur weil ihre Mutter eine absolute Person der Zeitgeschichte sei. Selbst dann wäre im Rahmen der nach § 23 Abs. 2 KUG vorzunehmenden Abwägung zu beachten , daß das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin Vorrang genieße, zumal bei Minderjährigen wegen der sich erst entfaltenden Persönlichkeit und der Schutzbedürftigkeit ihres Entwicklungsprozesses regelmäßig ein strengerer Maßstab an die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen anzulegen sei. Sowohl die Veröffentlichung der heimlich aufgenommenen Fotos im August 1999 als auch die im Juli 2000 beeinträchtige das Persönlichkeitsrecht der Klägerin so schwerwiegend, daß eine Geldentschädigung erforderlich sei. Die weiteren Veröffentlichungen zeigten zwar heimlich, jedoch an öffentlich zugänglichen Orten entstandene Fotos, die für sich genommen keine Zuerkennung einer Geldentschädigung rechtfertigten, aber doch zeigten, mit welcher Hartnäckigkeit die Beklagte unerlaubt Fotos der Klägerin veröffentliche. Bei der Höhe der Geldentschädigung könne deren Genugtuungsfunktion auch bei einem Kleinkind nicht völlig außer Acht bleiben, weil die Veröffentlichungen geeignet gewesen seien, die Eltern-Kind-Beziehung zu stören und dabei unmittelbar auf die Lebensbedingungen der Klägerin negativen Einfluß zu nehmen. In erster Linie aber rechtfertige sich die Höhe der Entschädigung aufgrund ihrer spezialpräventiven Wirkung. Wegen der gesteigerten Bedeutung des Persönlichkeitsschutzes bei einem Minderjährigen müsse in derartigen Fällen eine Geldentschädigung für den Schädiger fühlbar sein und der Berichter-
stattung den wirtschaftlichen Vorteil nehmen. Dem stehe nicht entgegen, daß die Mutter der Klägerin ihrerseits bereits eine Geldentschädigung erstritten habe. In jenem Verfahren sei es um das Persönlichkeitsrecht der Mutter gegangen , vorliegend gehe es aber um das Persönlichkeitsrecht der Klägerin selbst. Daß die Beklagte nunmehr nur noch solche Fotos veröffentlichen wolle, die die Klägerin in Begleitung ihrer Eltern bei offiziellen Anlässen zeigten, stehe angesichts ihrer bisherigen Hartnäckigkeit der zugesprochenen Geldentschädigung nicht entgegen. Deren Herabsetzung sei auch nicht wegen der von der Klägerin bereits gegen andere Verlage erstrittenen Entschädigungen geboten, weil diese Veröffentlichungen eigenständige Persönlichkeitsrechtsverletzungen darstellten. Für die Höhe der Geldentschädigung sei auch die Wirtschaftsmacht der hinter der Beklagten stehenden Gruppe von Bedeutung. Diese gebe 500 Printmedien in verschiedenen europäischen Ländern heraus, darunter über 4 Millionen Exemplare einer Tageszeitung und verfüge über Umsatzrenditen in zweistelliger Prozenthöhe.

II.

Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. 1. Die Revision macht geltend, der Zubilligung einer Geldentschädigung an die Klägerin stehe das Grundrecht der Beklagten aus Art. 103 Abs. 3 GG entgegen, nicht wegen derselben Tat aufgrund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft zu werden. Es sei ein Strafklageverbrauch eingetreten, weil sechs der neun Bildveröffentlichungen bereits in anderen Verfahren mit einer Geldentschädigung geahndet worden seien.
Entgegen dem Ansatz der Revision handelt es sich bei der Zubilligung einer Geldentschädigung jedoch nicht um eine Strafe im Sinne des Art. 103 GG. Das Bundesverfassungsgericht und der Bundesgerichtshof sehen den Anspruch auf eine Geldentschädigung wegen einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts vielmehr als ein Recht an, das auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zurückgeht. Demgemäß wird der Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 und Art. 2 GG hergeleitet (vgl. BVerfGE 34, 269, 292 – Soraya = NJW 1973, 1221, 1226; Senatsurteile BGHZ 128, 1, 15; vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94 - VersR 1996, 339, 340 und vom 12. Dezember 1995 – VI ZR 223/94 – VersR 1996, 341, 342; so auch BGHZ 143, 214, 218 f.). Die Zubilligung einer Geldentschädigung im Fall einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung beruht auf dem Gedanken, daß ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, daß der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Bei dieser Entschädigung steht - anders als beim Schmerzensgeld - regelmäßig der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Außerdem soll sie der Prävention dienen (vgl. Senatsurteile, BGHZ 128, 1, 15; vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94 – aaO und vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - aaO). Auch unter Berücksichtigung kritischer Stimmen in der Literatur, die teilweise geltend machen, daß der Präventionszweck als Mittel der Verhaltenssteuerung ein pönales Element darstelle, und die deshalb die Frage aufwerfen, ob es sich nicht um eine Norm mit Strafcharakter handele (vgl. Deutsch, Anm. zum Urteil des Senats vom 5. Dezember 1995, LM § 823 (Ah) Nr. 122; Gounalakis, AfP 1998, 10, 14 ff.; Funkel, Schutz der Persönlichkeit durch Ersatz immaterieller Schäden in Geld, 2001, S. 164 ff.; Hoppe, Persönlichkeitsschutz durch Haftungsrecht, 2001, S. 123 ff., 133 ff.; Seitz, NJW 1996, 2848), hält der erkennende Senat an dem grundlegenden Ansatz fest, daß die Zubilligung einer Geldentschädigung ihre Wurzel im Verfassungsrecht
und Zivilrecht findet und keine strafrechtliche Sanktion darstellt (vgl. dazu auch Steffen, NJW 1997, 10; Körner, NJW 2000, 241 ff.). Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, daß die zivilgerichtliche Verurteilung zu einem immateriellen Schadensersatz bei einer Persönlichkeitsverletzung - mögen ihr auch "pönale Elemente" nicht ganz fremd sein - keine Strafe im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG ist (vgl. BVerfGE 34, 269, 293 – Soraya = NJW 1973, 1221, 1226). Im Gegensatz zum staatlichen Strafanspruch soll die Zubilligung einer Geldentschädigung im Zivilrecht in Fällen der vorliegenden Art den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG im Interesse des konkret Betroffenen gewährleisten. Dies wird bei der hier vorliegenden Verletzung des Rechts am eigenen Bild besonders deutlich, weil dem Verletzten - anders als in anderen Fällen , in denen er etwa den Widerruf oder die Richtigstellung einer sein Persönlichkeitsrecht beeinträchtigenden Äußerung verlangen kan n - gegen eine solche Rechtsverletzung keine anderen Abwehrmöglichkeiten als ein Anspruch auf eine Geldentschädigung zur Verfügung stehen (vgl. Senatsurteil vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - aaO). Deshalb unterliegt es keinem Zweifel , daß die Zivilgerichte zur Gewährleistung dieses Interesses des Betroffenen berufen sind. Der Präventionsgedanke stellt lediglich einen Bemessungsfaktor für die Entschädigung dar, der sich je nach Lage des Falles unterschiedlich auswirken kann. Soweit im Schrifttum für den "Strafcharakter" einer solchen Entschädigung auf eine Entscheidung zur Vollstreckbarerklärung eines USSchadensersatzurteils (BGHZ 118, 312, 344 ff.) verwiesen wird, betraf jenes Urteil einen ganz anders gelagerten Sachverhalt, der keine Parallele zum Streitfall aufweist.
2. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin sei nicht, jedenfalls nicht so schwerwiegend beeinträchtigt , daß dies eine Geldentschädigung rechtfertige.
a) Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß die Beklagte durch die Veröffentlichung der Fotos der Klägerin deren Recht am eigenen Bild und damit ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt hat. Bildnisse einer Person dürfen grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Ist der Abgebildete minderjährig, bedarf es der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters (vgl. Löffler/Steffen, Presserecht , Bd. I, 4. Aufl., Rdn. 125 zu § 6 LPG; Wenzel/von Strobl-Albeg, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 7, Rdn. 69 m.w.N.). Eine solche Einwilligung liegt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die die Revision nicht angreift, nicht vor.
b) In rechtlich nicht zu beanstandender Weise hat das Berufungsgericht den Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG verneint, wonach Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte ohne Einwilligung des Abgebildeten veröffentlicht werden dürfen. Daß die Klägerin selbst nicht zu einem Kreis von Personen gehört, deren Bildnisse allein schon der Person wegen grundsätzlich einwilligungsfrei verbreitet werden dürfen, zieht auch die Revision nicht in Zweifel. Unter den Umständen des vorliegenden Falles kann es auch auf sich beruhen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Klägerin dadurch zu einer Person der Zeitgeschichte werden könnte, daß sie auf Fotos zusammen mit ihrer Mutter abgebildet wird. Weil mit der Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG ein Rechtsverlust verbunden ist, ist es erforderlich, Kinder von Personen der Zeitgeschichte allenfalls dann in diesen Personenkreis einzubeziehen, wenn sie als deren Angehörige in
der Öffentlichkeit auftreten oder im Pflichtenkreis ihrer Eltern öffentliche Funktionen wahrnehmen (vgl. Senatsurteile vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - VersR 1996, 341 und vom 9. März 2004 - VI ZR 217/03 - VersR 2004, 863 - zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedürfen Kinder eines besonderen Schutzes vor den Gefahren, die von dem Interesse der Medien und ihrer Nutzer an einer Berichterstattung über sie oder an Abbildungen von ihnen ausgehen. Ihre Persönlichkeitsentfaltung kann durch die Berichterstattung in Medien empfindlicher gestört werden als diejenige von Erwachsenen , so daß der Bereich, in dem sie sich frei von öffentlicher Beobachtung fühlen und entfalten dürfen, umfassender geschützt sein muß. Dieser Schutz verwirklicht sich nicht nur über das elterliche Erziehungsrecht des Art. 6 Abs. 1 GG, sondern folgt auch aus dem eigenen Recht des Kindes auf ungehinderte Entfaltung seiner Persönlichkeit im Sinne von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 101, 361, 385 f. = NJW 2000, 1021, 1023; BVerfG, NJW 2000, 2191; NJW 2000, 2191 f. und NJW 2003, 3262 f.). Nach diesen Grundsätzen genießt im Streitfall das besondere Schutzbedürfnis der kindlichen Persönlichkeitsentwicklung der Klägerin grundsätzlich den Vorrang vor der Berichterstattung in den Medien. Die beanstandeten Fotos zeigen die Klägerin und deren Eltern im Alltagsleben, also bei rein privaten Tätigkeiten. Sie tragen in keiner Weise zu einer wichtigen öffentlichen Auseinandersetzung in einer demokratischen Gesellschaft bei, die den Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG in Anspruch nehmen könnte, sondern dienen nur dem Zweck, die Neugier eines bestimmten Publikums im Hinblick auf Einzelheiten aus dem Privatleben der Betroffenen zu befriedigen, wobei sich das Interesse an der Kläge-
rin ausschließlich aus der Einstufung ihrer Eltern als sogenannte Prominente ableitet. Auch wenn die Reichweite des Persönlichkeitsschutzes eines Kindes vom Schutzzweck her unter Berücksichtigung der Entwicklungsphasen des Kindes zu bestimmen ist, steht dem nicht entgegen, daß die Klägerin zum Zeitpunkt der Veröffentlichungen noch ein Kleinkind war. Eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts kann nämlich nicht nur dann vorliegen, wenn das Kind die persönlichkeitserheblichen Einwirkungen Dritter bemerkt, sondern auch dann, wenn andere Gründe den Schutz der Persönlichkeitsentwicklung erfordern (vgl. BVerfG, NJW 2003, 3262 f.). Hier kann die Persönlichkeitsentwicklung der Klägerin schon dadurch beeinträchtigt werden, daß wegen der ständigen Verfolgung durch die Presse eine natürliche Eltern-Kind-Beziehung gefährdet ist. Wenn sich die Eltern im Zusammenleben mit dem Kind nicht unbefangen verhalten können, weil sie befürchten müssen, daß auch gegen ihren Willen Fotos veröffentlicht werden, die den privaten Bereich betreffen, kann sich dies nachteilig auf die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes auswirken. Insoweit reicht bereits die Gefährdung aus, ohne daß es, wie die Revision meint, der Darlegung bedarf, daß tatsächlich bereits eine Störung des Eltern-KindVerhältnisses eingetreten sei.
c) Die Angriffe der Revision bleiben auch insoweit ohne Erfolg, als sie die Voraussetzungen für die Zubilligung einer Geldentschädigung in Zweifel zieht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats begründet eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf eine Geldentschädigung , wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Das hängt insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs,
ferner von Anlaß und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab (vgl. Senatsurteile BGHZ 128, 1, 12; 132, 13, 27 und vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - VersR 1996, 341; vgl. auch BVerfG, NJW 2004, 591). Eine wiederholte und hartnäckige Verletzung des Rechts am eigenen Bild, die um des wirtschaftlichen Vorteils willen erfolgt, kann sich als schwere , einen Anspruch auf Geldentschädigung rechtfertigende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Betroffenen darstellen, auch wenn die einzelne Bildveröffentlichung - jeweils für sich betrachtet - nicht als schwerwiegend einzustufen ist. Die Besonderheit einer Verletzung des Rechts am eigenen Bild besteht nämlich darin, daß dem Verletzten gegen eine solche Rechtsverletzung keine anderen Abwehrmöglichkeiten als ein Anspruch auf eine Geldentschädigung zur Verfügung stehen. Daraus folgt, daß in einem solchen Fall an die Zubilligung eines Entschädigungsanspruchs geringere Anforderungen als in anderen Fällen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung zu stellen sind (Senatsurteil vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - aaO, 342). Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht beachtet und unter den Umständen des vorliegenden Falles zu Recht die Voraussetzungen für die Zubilligung einer Geldentschädigung bejaht. Ebenso wie in dem dem vorstehend zitierten Senatsurteil zugrundeliegenden Fall läßt die Vorgehensweise der Beklagten eine besondere Hartnäckigkeit erkennen, indem sie die wiederholten Bildveröffentlichungen vorgenommen hat, obwohl sie nach dem Erscheinen der Fotos von den Eltern jeweils zeitnah abgemahnt worden ist, sie jeweils Unterlassungsverpflichtungserklärungen abgegeben hat und gegen sie mehrfach einstweilige Verfügungen erlassen worden sind.
d) Unter diesen Umständen ist auch die Höhe der zugebilligten Geldentschädigung , die in erster Linie Sache des Tatrichters ist, nicht unverhältnismäßig. In Fällen, in denen der Schädiger die Verletzung der Persönlichkeit seines
Opfers als Mittel zur Auflagensteigerung und damit zur Verfolgung eigener kommerzieller Interessen eingesetzt hat, ist die Erzielung von Gewinnen aus der Rechtsverletzung als Bemessungsfaktor in die Entscheidung über die Höhe der Geldentschädigung mit einzubeziehen. In solchen Fällen muß von der Höhe der Geldentschädigung ein echter Hemmungseffekt ausgehen; als weiterer Bemessungsfaktor kann die Intensität der Persönlichkeitsrechtsverletzung berücksichtigt werden, der hier angesichts der nachhaltigen Störung des Privatlebens ein hohes Gewicht zukommt. Zudem darf die Geldentschädigung nicht eine Höhe erreichen, die die Pressefreiheit unverhältnismäßig einschränkt (vgl. Senatsurteile BGHZ 128, 1, 16 und vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94 - VersR 1996, 339, 340). Im Hinblick darauf ist die Bemessung der Entschädigung durch das Berufungsgericht in Anbetracht der besonderen Hartnäckigkeit der Beklagten und der vom Berufungsgericht festgestellten Wirtschaftsmacht der hinter ihr stehenden Gruppe nicht zu beanstanden. Selbst wenn für diese keine rechtliche Verpflichtung besteht, etwaige Verluste wegen der Verurteilung zu einer Geldentschädigung zu ersetzen, dürfen die faktischen wirtschaftlichen Verhältnisse der Konzerngruppe hinter einem Presseorgan bei der Beurteilung, wie der Persönlichkeitsschutz gewährleistet werden kann, nicht außer Betracht bleiben. Im übrigen läßt der Beklagtenvortrag nicht erkennen, inwieweit die hier zuerkannte Geldentschädigung die Pressefreiheit gefährden könnte. Auch die weiteren Rügen der Revision stehen der zuerkan nten Entschädigung nicht entgegen. Wie vom Berufungsgericht zu Recht angenommen, stellen sowohl die Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht der Mutter der Klägerin als auch die Veröffentlichungen durch andere Verlage eigenständige Persönlichkeitsrechtsverletzungen dar. Die Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Mutter betrifft das Rechtsgut einer anderen Person, deren Persönlichkeitsschutz
ebenso wie der der Klägerin zu gewährleisten ist. Könnte sich ein später in Anspruch genommener Schädiger darauf berufen, daß bereits eine Entschädigung wegen einer Veröffentlichung durch einen anderen Verlag zuerkannt worden ist, bliebe eine eigenständige weitere Persönlichkeitsrechtsverletzung ohne ausreichenden Schutz des Betroffenen. Den Vortrag der Beklagten, sie wolle nunmehr nur noch solche Fotos der Klägerin veröffentlichen, die diese in Begleitung ihrer Eltern bei offiziellen Anlässen zeige, hat das Berufungsgericht berücksichtigt. Es hat jedoch gemeint, die Beklagte könne nur durch eine fühlbare Entschädigung in ihrem Verhalten beeinflußt werden. Diese tatrichterliche Wertung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 18. November 2010 - 6 Sa 817/10 - aufgehoben, soweit es ihre Berufung zurückgewiesen hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Die Beklagte betreibt ein bundesweit tätiges Einzelhandelsunternehmen. Die 1958 geborene Klägerin war bei ihr und ihrer Rechtsvorgängerin seit September 1990 als Verkäuferin, zuletzt als stellvertretende Filialleiterin, beschäftigt. Sie erhielt als Teilzeitkraft eine monatliche Bruttovergütung von etwa 1.400,00 Euro.

3

Mit Zustimmung des bei ihr gebildeten Betriebsrats installierte ein von der früheren Arbeitgeberin beauftragtes Überwachungsunternehmen in der Zeit vom 1. bis 22. Dezember 2008 Videokameras in den Verkaufsräumen der Filiale. Am 12. Januar 2009 wertete die Arbeitgeberin das ihr übergebene Filmmaterial im Beisein eines Betriebsratsmitglieds aus. Sie hielt der Klägerin anschließend vor, diese habe sich heimlich Zigaretten angeeignet.

4

Nach Anhörung des Betriebsrats und mit dessen Zustimmung kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 23. Januar 2009 fristlos, hilfsweise fristgerecht zum nächstzulässigen Termin.

5

Dagegen hat die Klägerin rechtzeitig Klage erhoben. Sie hat bestritten, Zigaretten entwendet zu haben. Sie habe lediglich ihre Aufgaben erledigt, zu denen es gehöre, Zigarettenregale ein- und auszuräumen und ggf. zu ordnen. Im Übrigen sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden. Ihm sei nicht das komplette Videoband, sondern lediglich ein Zusammenschnitt vorgespielt worden. Überdies verstoße die heimliche Videoaufnahme gegen ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Daraus folge ein Verwertungsverbot.

6

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die fristlose Kündigung vom 23. Januar 2009 sein Ende gefunden hat;

        

2.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die fristgerechte Kündigung vom 23. Januar 2009 sein Ende gefunden hat, sondern zu den Konditionen des abgeschlossenen Arbeitsvertrags unverändert fortbesteht;

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, sie als stellvertretende Filialleiterin in der Niederlassung K in vereinbarter Teilzeit bei 24 Stunden pro Woche tatsächlich zu beschäftigen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, aufgrund der vorliegenden Videoaufzeichnungen sei nachgewiesen, dass sich die Klägerin an zwei Tagen im Dezember 2008 jeweils mindestens eine Packung Zigaretten zugeeignet habe. Zumindest bestehe ein entsprechender Tatverdacht. Sie hat behauptet, Anlass für die verdeckte Videoüberwachung seien hohe Inventurverluste in der Filiale der Klägerin, insbesondere im Bereich Tabak, gewesen. Es habe der Verdacht bestanden, dass Mitarbeiterdiebstähle einen erheblichen Einfluss auf die Inventurdifferenzen gehabt hätten. Auf dem Filmmitschnitt sei zu sehen, wie die Klägerin am 6. und am 17. Dezember 2008, jeweils nach 20:00 Uhr, einen sog. Zigarettenträger einer Kasse öffne, ihm einige Schachteln Zigaretten entnehme, diese in den Fächern für (Einkaufs-)Tüten verstaue, den Zigarettenträger wieder verschließe, sich zunächst entferne, einige Minuten später wieder an die Kassen zurückkehre, den Tütenfächern die Zigarettenschachteln entnehme und diese in ihrer Bluse verstaue.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht nach erneuter Einnahme des Augenscheins in die Videoaufnahmen vom 6. und 17. Dezember 2008 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht vor dem 31. Juli 2009 beendet worden ist. Im Übrigen hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr gegen die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung gerichtetes Feststellungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht ( § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO ), soweit dieses die Klage gegen die ordentliche Kündigung vom 23. Januar 2009 abgewiesen hat. Zwar ist die Kündigung nicht gem. § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam(I.). Auch die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die ordentliche Kündigung sei auf der Grundlage des festgestellten Kündigungssachverhalts sozial gerechtfertigt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (II.). Es steht aber noch nicht fest, ob hinsichtlich der in Augenschein genommenen Videoaufzeichnungen ein Beweisverwertungsverbot wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin aus Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG bestand(III.).

10

I. Die Kündigung ist nicht nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, der Betriebsrat sei ordnungsgemäß angehört worden, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch die Revision erhebt insoweit gegen das Berufungsurteil keine Einwände.

11

1. Der Betriebsrat ist ordnungsgemäß angehört, wenn ihm der Arbeitgeber die aus seiner Sicht tragenden Umstände unterbreitet hat (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 45, AP BGB § 626 Nr. 236 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 36; 22. April 2010 - 2 AZR 991/08 - Rn. 13, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 163 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 26).

12

2. Danach ist die Anhörung im Streitfall nicht deshalb unvollständig, weil die frühere Arbeitgeberin dem Betriebsrat nur die von dem beauftragten Überwachungsunternehmen zusammengestellten Ausschnitte der Videoüberwachung zur Verfügung gestellt hat. Die Arbeitgeberin war selbst nicht im Besitz des vollständigen Materials. Soweit die Videoauswertung Grundlage ihres Kündigungsentschlusses war, hat sie sie dem Betriebsrat zugänglich gemacht.

13

II. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung vom 23. Januar 2009 sei gem. § 1 Abs. 2 KSchG aus verhaltensbedingten Gründen sozial gerechtfertigt, hält - auf Basis des vom Landesarbeitsgericht als bewiesen erachteten Sachverhalts - einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

14

1. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist eine Kündigung sozial gerechtfertigt, wenn sie durch Gründe, die im Verhalten des Arbeitnehmers liegen, bedingt ist. Sie ist durch solche Gründe „bedingt“, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat und eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht. Dann kann dem Risiko künftiger Störungen nur durch die (fristgemäße) Beendigung des Arbeitsverhältnisses begegnet werden. Das wiederum ist nicht der Fall, wenn schon mildere Mittel und Reaktionen von Seiten des Arbeitgebers geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - Rn. 34, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 37; 28. Oktober 2010 - 2 AZR 293/09 - Rn. 12, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 62 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 78; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 34, 37, BAGE 134, 349).

15

Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - Rn. 35, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 37; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 36, BAGE 134, 349). Einer Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 iVm. § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes demnach nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist(BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - aaO; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 37 mwN, aaO).

16

2. Danach ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die ordentliche Kündigung vom 23. Januar 2009 sei iSv. § 1 Abs. 2 KSchG durch Gründe im Verhalten der Klägerin bedingt, auf der Grundlage des von ihm festgestellten Sachverhalts nicht zu beanstanden.

17

a) Begeht ein Arbeitnehmer bei oder im Zusammenhang mit seiner Arbeit rechtswidrige und vorsätzliche - ggf. strafbare - Handlungen unmittelbar gegen das Vermögen seines Arbeitgebers, verletzt er zugleich in schwerwiegender Weise seine schuldrechtliche Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) und missbraucht das in ihn gesetzte Vertrauen. Ein solches Verhalten kann sogar einen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB darstellen, und zwar auch dann, wenn die rechtswidrige Handlung Sachen von nur geringem Wert betrifft oder zu einem nur geringfügigen, möglicherweise zu gar keinem Schaden geführt hat(BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 485/08 - Rn. 18, AP BGB § 626 Nr. 232 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 33; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 26, BAGE 134, 349). Maßgebend ist der mit der Pflichtverletzung verbundene Vertrauensbruch (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 485/08 - aaO; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 27, aaO).

18

b) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Klägerin am 6. und am 17. Dezember 2008 jeweils zumindest eine Zigarettenpackung aus dem Warenbestand der Rechtsvorgängerin der Beklagten entwendet. Sie hat damit wiederholt vorsätzlich gegen ihre arbeitsvertragliche Pflicht aus § 241 Abs. 2 BGB verstoßen, keine gegen das Vermögen ihrer Arbeitgeberin gerichteten rechtswidrigen Handlungen zu begehen. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, unter diesen Umständen sei die ordentliche Kündigung nicht unverhältnismäßig, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

19

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, durch die von der Klägerin begangenen Vermögensdelikte zulasten ihrer Arbeitgeberin sei ein irreparabler Vertrauensverlust entstanden, der dieser eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar gemacht habe. Das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Klägerin sei durch die vorsätzlichen Pflichtverletzungen objektiv derart erschüttert gewesen, dass seine Wiederherstellung und ein künftig wieder störungsfreies Miteinander der Parteien nicht mehr zu erwarten seien. Dem Interesse der Arbeitgeberin an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei auch unter Berücksichtigung des Lebensalters und der langen Betriebszugehörigkeit der Klägerin der Vorrang einzuräumen. Ungeachtet des geringen Werts der entwendeten Gegenstände habe die Klägerin die Basis für eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit zerstört.

20

bb) Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Die Klägerin hat - den vom Landesarbeitsgericht festgestellten Sachverhalt als wahr unterstellt - heimlich und vorsätzlich das in sie gesetzte Vertrauen als Verkäuferin und stellvertretende Filialleiterin zu einer Schädigung des Vermögens ihrer Arbeitgeberin missbraucht. Es ist angesichts dessen revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Landesarbeitsgericht angenommen hat, eine Wiederherstellung des Vertrauens sei auch angesichts der unbeanstandeten Betriebszugehörigkeit der Klägerin von 18 Jahren und des geringen Werts der entwendeten Gegenstände nicht zu erwarten gewesen. Für den Grad des Verschuldens und die Möglichkeit einer Wiederherstellung des Vertrauens macht es objektiv einen Unterschied, ob es sich bei einer Pflichtverletzung um ein Verhalten handelt, das insgesamt auf Heimlichkeit angelegt ist - wie nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts im Streitfall - oder nicht (vgl. BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 45, BAGE 134, 349).

21

3. Die Beweiswürdigung des Landesarbeitsgerichts lässt für den Fall, dass hinsichtlich der Videoaufzeichnungen vom 6. und 17. Dezember 2008 ein Beweisverwertungsverbot nicht bestand, keinen Rechtsfehler erkennen.

22

a) Eine vom Berufungsgericht nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorgenommene Beweiswürdigung kann durch das Revisionsgericht nur begrenzt überprüft werden. Dieses kann lediglich prüfen, ob das Berufungsgericht die Voraussetzungen und Grenzen des § 286 ZPO gewahrt und eingehalten hat. Revisionsrechtlich von Bedeutung ist nur, ob das Berufungsgericht den gesamten Inhalt der Verhandlung berücksichtigt und alle erhobenen Beweise gewürdigt hat, ob die Beweiswürdigung in sich widerspruchsfrei und ohne Verletzung von Denkgesetzen sowie allgemeinen Erfahrungssätzen erfolgt ist und ob sie rechtlich möglich ist. Ausreichend ist, dass das Berufungsgericht insgesamt widerspruchsfrei und umfassend hinsichtlich aller wesentlichen Aspekte zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung genommen hat (BAG 27. Juli 2011 - 7 AZR 402/10 - Rn. 51, EzA TzBfG § 17 Nr. 14; 18. Januar 2007 - 2 AZR 759/05 - Rn. 28, PatR 2008, 34; 1. Oktober 1997 - 5 AZR 685/96 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 86, 347; BGH 14. Januar 1993 - IX ZR 238/91 - zu B II 3 a der Gründe, NJW 1993, 935).

23

b) Danach ist die Beweiswürdigung des Landesarbeitsgerichts revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denkgesetze begründet, warum es für wahr erachte, dass die Klägerin am 6. und am 17. Dezember 2008 jeweils zumindest eine Zigarettenpackung aus dem Warenbestand der Rechtsvorgängerin der Beklagten entwendet habe.

24

aa) Soweit die Klägerin geltend macht, sie selbst habe eine derartige Feststellung auch bei intensiver Betrachtung der Aufnahmen nicht treffen können, schließt dies nicht aus, dass die Berufungskammer ohne Rechtsfehler zu einer anderen Überzeugung gelangt ist.

25

bb) Zur Überzeugung des Landesarbeitsgerichts ist nach dem Inhalt der Videoaufzeichnungen widerlegt, dass die Klägerin - wie von ihr behauptet - lediglich Aufräumarbeiten an dem Zigarettenträger durchgeführt hat. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts Bezug genommen. Dieses hatte das aus den Videoaufnahmen ersichtliche Verhalten der Klägerin näher beschrieben und im Einzelnen ausgeführt, warum es ein bloßes „Aufräumen“ in keiner Weise habe erkennen lassen.

26

cc) Das Landesarbeitsgericht hat in seine Würdigung einbezogen, dass es sich bei den in Augenschein genommenen Videoaufnahmen nicht um ungeschnittene Originalaufnahmen, sondern um Ausschnitte aus dem Gesamtmaterial handelte. Es hat angenommen, deren Beweiswert hinsichtlich der konkreten Tathandlungen sei dadurch nicht gemindert. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat es die Möglichkeit einer Manipulation zu deren Lasten nicht ohne Begründung, sondern wegen der im Bild mitlaufenden Zeit- und Datumsangaben ausgeschlossen. Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

27

III. Aufgrund der bisherigen Feststellungen kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob der Verwertung der Videoaufzeichnungen zum Beweis des Verhaltens der Klägerin ein prozessuales Verbot wegen einer Verletzung von deren allgemeinem Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG entgegenstand. Die Frage, ob ein Beweisverwertungsverbot auch aus einer möglichen Verletzung von § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG folgt, stellt sich hingegen für die Videoaufzeichnungen aus dem Jahr 2008 nicht. § 32 BDSG ist erst mit Wirkung vom 1. September 2009 in Kraft getreten.

28

1. Im gerichtlichen Verfahren tritt der Richter den Verfahrensbeteiligten in Ausübung staatlicher Hoheitsgewalt gegenüber. Er ist daher nach Art. 1 Abs. 3 GG bei der Urteilsfindung an die insoweit maßgeblichen Grundrechte gebunden und zu einer rechtsstaatlichen Verfahrensgestaltung verpflichtet(BVerfG 13. Februar 2007 - 1 BvR 421/05 - Rn. 93 mwN, BVerfGE 117, 202). Dabei können sich auch aus materiellen Grundrechten wie Art. 2 Abs. 1 GG Anforderungen an das gerichtliche Verfahren ergeben, wenn es um die Offenbarung und Verwertung von persönlichen Daten geht, die grundrechtlich vor der Kenntnis durch Dritte geschützt sind(BVerfG 13. Februar 2007 - 1 BvR 421/05 - Rn. 94 mwN, aaO). Das Gericht hat deshalb zu prüfen, ob die Verwertung von heimlich beschafften persönlichen Daten und Erkenntnissen, die sich aus diesen Daten ergeben, mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Betroffenen vereinbar ist (BVerfG 13. Februar 2007 - 1 BvR 421/05 - aaO).

29

a) Bei der Abwägung zwischen dem Interesse an einer funktionstüchtigen Rechtspflege und dem Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts hat das Interesse an der Verwertung der einschlägigen Daten und Erkenntnisse nur dann höheres Gewicht, wenn weitere, über das schlichte Beweisinteresse hinausgehende Aspekte hinzukommen, die ergeben, dass das Verwertungsinteresse trotz der Persönlichkeitsbeeinträchtigung überwiegt. Allein das Interesse, sich ein Beweismittel zu sichern, reicht nicht aus (BVerfG 13. Februar 2007 - 1 BvR 421/05 - BVerfGE 117, 202). Die weiteren Aspekte müssen gerade eine bestimmte Informationsbeschaffung und Beweiserhebung als schutzbedürftig qualifizieren (BVerfG 9. Oktober 2002 - 1 BvR 1611/96, 1 BvR 805/98 - zu C II 4 a der Gründe, BVerfGE 106, 28; BAG 13. Dezember 2007 - 2 AZR 537/06 - Rn. 36, AP BGB § 626 Nr. 210 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 20; vgl. zur Problematik auch BAG 23. April 2009 - 6 AZR 189/08 - BAGE 130, 347).

30

b) Das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistete, auch im Privatrechtsverkehr und insbesondere im Arbeitsverhältnis zu beachtende allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers ist - auch in seiner Ausprägung als Recht am eigenen Bild - nicht schrankenlos gewährleistet. Eingriffe können durch Wahrnehmung überwiegend schutzwürdiger Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt sein. Bei einer Kollision des allgemeinen Persönlichkeitsrechts mit den Interessen des Arbeitgebers ist durch eine Güterabwägung im Einzelfall zu ermitteln, ob dieses den Vorrang verdient (vgl. BVerfG 9. Oktober 2002 - 1 BvR 1611/96, 1 BvR 805/98 - zu C II 4 a der Gründe, BVerfGE 106, 28; BAG 13. Dezember 2007 - 2 AZR 537/06 - Rn. 36, AP BGB § 626 Nr. 210 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 20; 14. Dezember 2004 - 1 ABR 34/03 - zu B I der Gründe, AP BetrVG 1972 § 87 Überwachung Nr. 42 = EzA BetrVG 2001 § 87 Überwachung Nr. 1). Danach ist die heimliche Videoüberwachung eines Arbeitnehmers zulässig, wenn der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers besteht, weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachts ergebnislos ausgeschöpft sind, die verdeckte Videoüberwachung damit praktisch das einzig verbleibende Mittel darstellt und sie insgesamt nicht unverhältnismäßig ist (BAG 27. März 2003 - 2 AZR 51/02 - zu B I 3 b cc der Gründe, BAGE 105, 356). Der Verdacht muss in Bezug auf eine konkrete strafbare Handlung oder andere schwere Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers gegen einen zumindest räumlich und funktional abgrenzbaren Kreis von Arbeitnehmern bestehen. Er darf sich nicht auf die allgemeine Mutmaßung beschränken, es könnten Straftaten begangen werden, er muss sich jedoch nicht notwendig nur gegen einen einzelnen, bestimmten Arbeitnehmer richten (vgl. BAG 27. März 2003 - 2 AZR 51/02 - zu B I 3 b dd (1) der Gründe, aaO). Auch im Hinblick auf die Möglichkeit einer weiteren Einschränkung des Kreises der Verdächtigen müssen weniger einschneidende Mittel als eine verdeckte Videoüberwachung zuvor ausgeschöpft worden sein.

31

2. Nach diesen Grundsätzen stellten die verdeckte Videoüberwachung der Klägerin und die Verwertung der zum Beweis für ihr Verhalten angebotenen Videoaufnahmen vom 6. und 17. Dezember 2008 einen Eingriff in das Recht der Klägerin am eigenen Bild als Ausprägung ihres grundrechtlich gewährleisteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar. Ob der Eingriff gerechtfertigt war, steht dagegen noch nicht fest.

32

a) Das Landesarbeitsgericht hat bisher keine Feststellungen getroffen, aufgrund derer die Annahme berechtigt wäre, es habe der hinreichend konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten der Arbeitgeberin bestanden. Es hat nicht in einer den Senat gem. § 559 Abs. 2 ZPO bindenden Weise festgestellt, dass und welche Inventurdifferenzen tatsächlich vorgelegen haben. Soweit es ausführt, es habe der Verdacht bestanden, „dass Mitarbeiterdiebstähle erheblichen Einfluss auf die festgestellten Inventurdifferenzen“ gehabt hätten, ist nicht festgestellt, auf welche Tatsachen sich dieser Verdacht gründete und welcher zumindest eingrenzbare Kreis von Mitarbeitern hiervon betroffen war. Die von der Beklagten behaupteten Inventurdifferenzen hat die Klägerin bestritten. Das Landesarbeitsgericht hat hierzu keine eigenen Feststellungen getroffen. Ob zudem auf Tatsachen gegründete Verdachtsmomente oder Erkenntnisse vorlagen, die die Einschätzung rechtfertigten, weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung als die verdeckte Videoüberwachung seien nicht (mehr) in Betracht gekommen, lässt sich aufgrund der bisherigen Feststellungen ebenfalls nicht beurteilen.

33

b) Der Umstand, dass der Betriebsrat der Überwachungsmaßnahme zugestimmt hat, vermag die Feststellung der den Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin rechtfertigenden Tatsachen nicht zu ersetzen. Dass die Betriebsparteien die Voraussetzungen für eine Rechtfertigung des Eingriffs als gegeben ansahen, genügt nicht. Diese müssen vielmehr tatsächlich vorgelegen haben. Die Betriebsparteien haben höherrangiges Recht zu beachten (BAG 26. August 2008 - 1 ABR 16/07 - Rn. 14, BAGE 127, 276; Byers Die Videoüberwachung am Arbeitsplatz 2010 S. 54; Fitting BetrVG 25. Aufl. § 77 Rn. 55). Sie können die Grenzen eines rechtlich zulässigen Eingriffs nicht zulasten der Arbeitnehmer verschieben (Byers aaO; Haußmann/Krets NZA 2005, 259, 262; Richardi in Richardi BetrVG 12. Aufl. § 87 Rn. 529; GK-BetrVG/Wiese 9. Aufl. § 87 Rn. 487 f.).

34

c) Umgekehrt erscheint nach dem Vorbringen der Beklagten nicht ausgeschlossen, dass auf ihrer Seite ein überwiegendes Interesse an der vorgenommenen Videoüberwachung und der Verwertung der dadurch gewonnenen Erkenntnisse bestand. Die Beklagte hat unter Beweisantritt behauptet, in der Filiale der Klägerin hätten erhebliche Inventurverluste in Höhe von monatlich etwa 7.600,00 Euro bestanden, die im Rahmen der üblichen Maßnahmen zur Reduzierung von Inventurdifferenzen nicht hätten aus der Welt geschafft werden können. So seien unter anderem die Anzahl der Inventuren sowie der Früh- und Spätkontrollen erhöht und der Umfang der Warenabschreibungen stärker kontrolliert worden. Die Aufklärungsbemühungen über das Warenwirtschaftssystem hätten ergeben, dass insbesondere im Bereich Tabak erhebliche Verluste aufgetreten seien. Da Tabakartikel unter Haltbarkeitsgesichtspunkten nicht abgeschrieben würden, habe der Verdacht bestanden, dass Mitarbeiterdiebstähle einen erheblichen Einfluss auf die Inventurdifferenzen gehabt hätten. Die Videoüberwachung sei auf die besonders sensiblen Filialbereiche, insbesondere auf die Kassenzone mit Zigarettenschütte, beschränkt worden.

35

3. Soweit es sich bei den in Augenschein genommenen Aufnahmen um Videoaufzeichnungen öffentlich zugänglicher Räume iSv. § 6b Abs. 1 BDSG gehandelt haben sollte, folgt ein Beweisverwertungsverbot nicht schon aus einer Verletzung des Gebots in § 6b Abs. 2 BDSG, den Umstand der Beobachtung und die verantwortliche Stelle durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen.

36

a) § 6b BDSG wurde im Zuge der Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes im Jahr 2001 in das Gesetz aufgenommen und regelt die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen. Die Bestimmung gilt ua. für Videoaufzeichnungen in öffentlich zugänglichen Verkaufsräumen (BT-Drucks. 14/4329 S. 38). Unerheblich ist, ob Ziel der Beobachtung die Allgemeinheit ist oder die an Arbeitsplätzen in diesen Verkaufsräumen beschäftigten Arbeitnehmer (Bayreuther NZA 2005, 1038; Byers Die Videoüberwachung am Arbeitsplatz 2010 S. 73; Otto Anm. zu BAG 27. März 2003 - 2 AZR 51/02 - AP BetrVG 1972 § 87 Überwachung Nr. 36).

37

b) Im Streitfall haben die in Augenschein genommenen Videoaufzeichnungen möglicherweise deshalb keinen öffentlich zugänglichen Raum iSv. § 6b BDSG betroffen, weil die Verkaufsräume zum Zeitpunkt der der Klägerin zur Last gelegten Vorgänge bereits geschlossen und daher für die Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich waren. Nach dem Sachvortrag der Beklagten ging es um Handlungen der Klägerin „nach Geschäftsschluss“. Dies kann letztlich dahinstehen. Ein Verstoß gegen § 6b Abs. 2 BDSG führt nicht zu dem Verbot, eine im Verhältnis zum überwachten Arbeitnehmer ansonsten in zulässiger Weise beschaffte Information zu Beweiszwecken zu verwerten.

38

aa) Unter welchen Voraussetzungen eine Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume zulässig ist, bestimmt § 6b Abs. 1 BDSG. Dies ist nach § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG ua. dann der Fall, wenn und soweit sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Dass eine Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Räumen ausschließlich offen erfolgen dürfte, ergibt sich aus § 6b Abs. 1 BDSG nicht.

39

bb) Allerdings regelt § 6b Abs. 2 BDSG, dass der Umstand der Beobachtung und die verantwortliche Stelle bei Videoaufzeichnungen in öffentlich zugänglichen Räumen durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen sind. Daraus wird teilweise gefolgert, eine verdeckte Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Räumen sei ausnahmslos unzulässig (ArbG Frankfurt 25. Januar 2006 - 7 Ca 3342/05 - RDV 2006, 214; Bayreuther NZA 2005, 1038, 1040 f.; Lunk NZA 2009, 457, 460; Otto Anm. zu BAG 27. März 2003 - 2 AZR 51/02 - AP BetrVG 1972 § 87 Überwachung Nr. 36). Diese Auffassung überzeugt nicht. Falls die verdeckte Videoüberwachung das einzige Mittel zur Überführung von Arbeitnehmern ist, die der Begehung von Straftaten konkret verdächtig sind, kann vielmehr eine heimliche Videoaufzeichnung auch in öffentlich zugänglichen Räumen nach § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG zulässig sein (so auch Bergwitz NZA 2012, 353, 357 f.; Byers Die Videoüberwachung am Arbeitsplatz 2010 S. 79; Forst RDV 2009, 204, 209; Gola/Schomerus BDSG 10. Aufl. § 6b BDSG Rn. 28; Grimm/Schiefer RdA 2009, 329, 334 f.; Grimm/Strauf ZD 2011, 188; Maschmann FS Hromadka 2008, 233, 244 f.; Müller Die Zulässigkeit der Videoüberwachung am Arbeitsplatz 2008 S. 126 f.; Oberwetter NZA 2008, 609, 610; Thüsing Arbeitnehmerdatenschutz und Compliance 2010 Rn. 358; Vietmeyer DB 2010, 1462, 1463).

40

(1) Das Kennzeichnungsgebot gem. § 6b Abs. 2 BDSG ist weder in § 6b Abs. 1 BDSG noch in § 6b Abs. 3 BDSG als Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Verarbeitung oder Nutzung von nach § 6b Abs. 1 BDSG erhobenen Daten aufgeführt. Auch aus der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks. 14/4329 S. 28, 30 und 38) ergibt sich nicht, dass die Einhaltung des Gebots nach § 6b Abs. 2 BDSG Voraussetzung für die materiellrechtliche Zulässigkeit der Maßnahme wäre. Nach dem Bericht des Innenausschusses normieren die Absätze 1, 3 und 5 der Vorschrift die Zulässigkeitsvoraussetzungen in den verschiedenen Verarbeitungsphasen (BT-Drucks. 14/5793 S. 61), während die Kennzeichnungspflicht des Abs. 2 lediglich die nach dem Gesetz bestehenden allgemeinen Verfahrenssicherungen ergänzt (BT-Drucks. 14/5793 S. 62).

41

(2) Im Hinblick auf die ihrerseits durch Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Integritätsinteressen des Arbeitgebers begegnete ein absolutes, nur durch bereichsspezifische Spezialregelungen (vgl. etwa § 100c und § 100h StPO)eingeschränktes Verbot verdeckter Videoaufzeichnungen in öffentlich zugänglichen Räumen verfassungsrechtlichen Bedenken. Ob und inwieweit eine verdeckte Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Verkaufsräume zulässig ist, wenn sie dem Ziel der Aufklärung eines gegen dort beschäftigte Arbeitnehmer bestehenden konkreten Verdachts der Begehung von Straftaten oder anderer schwerwiegender Pflichtverletzungen dient, lässt sich nur durch eine Abwägung der gegenläufigen Grundrechtspositionen unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall beurteilen. Dem trägt auch die Formulierung in § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG Rechnung. Ein uneingeschränktes Verbot der verdeckten Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume würde dem nicht gerecht. § 6b BDSG ist deshalb - verfassungskonform - dahin auszulegen, dass auch eine verdeckte Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume im Einzelfall zulässig sein kann(zutreffend Byers Die Videoüberwachung am Arbeitsplatz 2010 S. 79 f.; Müller Die Zulässigkeit der Videoüberwachung am Arbeitsplatz 2008 S. 126 f.; Vietmeyer DB 2010, 1462, 1463 f.).

42

(3) Die nach § 6b Abs. 2 BDSG gebotene Erkennbarkeit der Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume ist auch für die Verarbeitung oder Nutzung der nach § 6b Abs. 1 BDSG erhobenen Daten nicht zwingende materielle Voraussetzung. Nach § 6b Abs. 3 BDSG sind Verarbeitung oder Nutzung dann zulässig, wenn dies zum Erreichen des verfolgten Zwecks erforderlich ist und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Von der Einhaltung des Kennzeichnungsgebots gem. § 6b Abs. 2 BDSG hängt beides nicht zwingend ab.

43

4. Im Hinblick auf eine Unionsrechtskonformität besteht kein Klärungsbedarf. Die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281 S. 31) enthält keine § 6b BDSG vergleichbare Regelung für die Videoüberwachung. Zweifel daran, dass diesbezüglich die Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes den allgemeinen Vorgaben für die Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten gem. Art. 7 RL 95/46/EG gerecht werden, sind nicht veranlasst. Art. 7 Buchst. f) RL 95/46/EG lässt die Verarbeitung personenbezogener Daten in der Sache ebenso wie das nationale Recht dann zu, wenn sie zur Verwirklichung eines berechtigten Interesses des für die Verarbeitung Verantwortlichen erforderlich ist und das Interesse oder die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person nicht überwiegen.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

        

        

    Beckerle    

        

    Torsten Falke    

                 

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Der Urheber kann ein Nutzungsrecht gegenüber dem Inhaber zurückrufen, wenn das Werk seiner Überzeugung nicht mehr entspricht und ihm deshalb die Verwertung des Werkes nicht mehr zugemutet werden kann. Der Rechtsnachfolger des Urhebers (§ 30) kann den Rückruf nur erklären, wenn er nachweist, daß der Urheber vor seinem Tode zum Rückruf berechtigt gewesen wäre und an der Erklärung des Rückrufs gehindert war oder diese letztwillig verfügt hat.

(2) Auf das Rückrufsrecht kann im voraus nicht verzichtet werden. Seine Ausübung kann nicht ausgeschlossen werden.

(3) Der Urheber hat den Inhaber des Nutzungsrechts angemessen zu entschädigen. Die Entschädigung muß mindestens die Aufwendungen decken, die der Inhaber des Nutzungsrechts bis zur Erklärung des Rückrufs gemacht hat; jedoch bleiben hierbei Aufwendungen, die auf bereits gezogene Nutzungen entfallen, außer Betracht. Der Rückruf wird erst wirksam, wenn der Urheber die Aufwendungen ersetzt oder Sicherheit dafür geleistet hat. Der Inhaber des Nutzungsrechts hat dem Urheber binnen einer Frist von drei Monaten nach Erklärung des Rückrufs die Aufwendungen mitzuteilen; kommt er dieser Pflicht nicht nach, so wird der Rückruf bereits mit Ablauf dieser Frist wirksam.

(4) Will der Urheber nach Rückruf das Werk wieder verwerten, so ist er verpflichtet, dem früheren Inhaber des Nutzungsrechts ein entsprechendes Nutzungsrecht zu angemessenen Bedingungen anzubieten.

(5) Die Bestimmungen in § 41 Abs. 5 und 7 sind entsprechend anzuwenden.

(1) Bis zum Beginne der Vervielfältigung ist der Verfasser berechtigt, von dem Verlagsvertrage zurückzutreten, wenn sich Umstände ergeben, die bei dem Abschlusse des Vertrags nicht vorauszusehen waren und den Verfasser bei Kenntnis der Sachlage und verständiger Würdigung des Falles von der Herausgabe des Werkes zurückgehalten haben würden. Ist der Verleger befugt, eine neue Auflage zu veranstalten, so findet für die Auflage diese Vorschrift entsprechende Anwendung.

(2) Erklärt der Verfasser auf Grund der Vorschrift des Absatzes 1 den Rücktritt, so ist er dem Verleger zum Ersatze der von diesem gemachten Aufwendungen verpflichtet. Gibt er innerhalb eines Jahres seit dem Rücktritte das Werk anderweit heraus, so ist er zum Schadensersatze wegen Nichterfüllung verpflichtet; diese Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verfasser dem Verleger den Antrag, den Vertrag nachträglich zur Ausführung zu bringen, gemacht und der Verleger den Antrag nicht angenommen hat.

(1) Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wird, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Sie wird nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht.

(2) Auf die Wirksamkeit der Willenserklärung ist es ohne Einfluss, wenn der Erklärende nach der Abgabe stirbt oder geschäftsunfähig wird.

(3) Diese Vorschriften finden auch dann Anwendung, wenn die Willenserklärung einer Behörde gegenüber abzugeben ist.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 25.04.2012, Az.. 4 Ca 2684/11 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Zahlung von Schadensersatz wegen unterbliebener Zielvereinbarung.

2

Der Kläger war auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 18.09.2009 (Bl. 23 ff. d. A.) bei der XY GmbH als Leiter Controlling beschäftigt. Neben einem festen, in 12 gleichen Teilbeträgen zu zahlenden Jahresgehalt sieht Ziffer 3 b des Arbeitsvertrages eine erfolgsabhängige Vergütung wie folgt vor:

"b.

3

Zusätzlich zum festen Gehalt erhält Herr A. eine erfolgabhängige Vergütung. Berechnungsgrundlage ist die Erreichung individueller Ziele als auch Ziele des Unternehmens. Die genaue Berechnungsgrundlage, wird mit Herrn A. bis spätestens April 2009 besprochen und vereinbart (generelles Berechnungsschema s. Anlage, wobei 20.000 EUR einem Zielerreichungsgrad von 100 % entsprechen). Die Ziele werden üblicherweise im November/Dezember des Vorjahres in Absprache mit dem Vorgesetzten vereinbart, die Auszahlung erfolgt jährlich innerhalb von vier Wochen nach Abschluss der geprüften Jahresbilanz."

4

Zum Abschluss einer Zielvereinbarung kam es nicht.

5

Am 01.12.2009 wurde über das Vermögen der XY GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Beklagte trat mit dem 08.12.2009 die Betriebsnachfolge dieser in Liquidation befindlichen Gesellschaft an.

6

Unter dem Datum "07.12.2009" unterzeichneten der Kläger und die Insolvenzverwalterin über das Vermögen der XY GmbH einen Aufhebungsvertrag, in dem es auszugsweise heißt:

7

„1. Die Parteien vereinbaren im gegenseitigen Einvernehmen, dass das Arbeitsverhältnis zum 31. März 2010 unter Einhaltung der Kündigungsfrist wegen Insolvenz der XY sein Ende findet.

8

2. Bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat Herr H. Anspruch auf die vertragliche, monatliche Vergütung bzw. dem ihm zustehenden Urlaubsanspruch von 2,5 Tagen monatlich.

9

[...]

10

5. Mit der Erfüllung dieses Aufhebungsvertrags sind sämtliche wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus dem Arbeitsverhältnis und aus Anlass seiner Beendigung abgegolten. Dies gilt für alle Ansprüche der Beteiligten gleich welcher Art bzw. aus welchem Rechtsgrund.“

11

Ziffer 2 des Aufhebungsvertrags wurde auf Wunsch des Klägers aufgenommen, nachdem die Insolvenzverwalterin gegenüber dem Kläger mit vertragswidriger Einstellung der Lohnzahlung gedroht hatte für den Fall, dass der Kläger den Aufhebungsvertrag nicht unterzeichnet.

12

Der Kläger focht den Aufhebungsvertrag am 13.04.2010 unter anderem wegen widerrechtlicher Drohung an und hielt ihn zudem wegen Umgehung des § 613 a BGB für unwirksam. Er hat ferner die Auffassung vertreten, dass die Beklagte bereits zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages Betriebsnachfolgerin der XY GmbH gewesen sei, so dass der von der Insolvenzverwalterin unterzeichnete Aufhebungsvertrag keine Rechtswirkungen zwischen den Parteien hätte entfalten können.

13

Über die Wirksamkeit dieses Aufhebungsvertrags führten die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits sodann einen Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Koblenz (- 4 Ca 591/10 -), der im Berufungsverfahren vor dem LAG Rheinland-Pfalz durch Vergleich vom 3. März 2011 (- 11 Sa 620/10 -) erledigt wurde. In dem Vergleich vereinbarten die Parteien, soweit hier von Bedeutung (Bl. 31 d.A):

14

„1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund des Aufhebungsvertrages vom 7. Dezember 2009 mit Ablauf des 31. März 2010 beendet worden ist.
2. Für den Verlust des sozialen Besitzstandes zahlt die Beklagte an den Kläger in entsprechender Anwendung der §§ 9,10 KSchG eine Abfindung in Höhe von 40.000,00 EUR brutto.
3. [Kosten des Rechtsstreits]
4. [Erledigung des Rechtsstreits]"

15

Der Kläger vertritt die Auffassung, die XY GmbH bzw. die Beklagte hätten mit ihm pflichtwidrig keine Zielvereinbarung getroffen. Die mutmaßlich gesetzten Ziele wären in vollem Umfang erreicht worden. Deshalb stehe ihm als Schadensersatz zeitanteilig die erfolgsabhängige Vergütung für 2009 und 2010 zu. Für diese Verbindlichkeit hafte die Beklagte nach § 613 a Abs.1 BGB.

16

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie des wechselseitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird im Übrigen Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 25.04.2012, Az: 4 Ca 2684/11 (Bl. 153 ff. d. A.).

17

Durch das genannte Urteil hat das Arbeitsgericht die auf Zahlung von 9.624,00 EUR brutto nebst gesetzlicher Verzugszinsen gerichtete Klage des Klägers abgewiesen und zur Begründung - zusammengefasst - ausgeführt:

18

Durch den gerichtlichen Vergleich vom 03.03.2011 hätten die Parteien auf den Aufhebungsvertrag mit Datum vom 07.12.2009 insgesamt und einschränkungslos und damit unter Einschluss der Abgeltungsklausel in Ziffer 5 des Aufhebungsvertrages Bezug genommen. Der gerichtliche Vergleich stelle sich als Bestätigung des Aufhebungsvertrages dar; er sei ungeachtet evtl. Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe erneut wirksam vereinbart worden. Ziffer 5 des Aufhebungsvertrages enthalte auch eine wirksame Abgeltungsklausel. Eine Kontrolle an den Maßstäben des AGB-Rechts finde bereits deshalb nicht statt, weil die Geltung des Aufhebungsvertrages im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs vereinbart und damit im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB ausgehandelt worden sei. Auch der Inhalt des ursprünglichen Aufhebungsvertrages sei zwischen den Parteien ausgehandelt worden, da Ziffer 2 des Aufhebungsvertrages auf Wunsch des Klägers hin aufgenommen worden sei. Die Abgeltungsklausel in Ziffer 5 erfasse auch die erfolgsabhängige Vergütung. Ziffer 2 des Aufhebungsvertrages erfasse nur die vertragliche monatliche Vergütung. Bei der erfolgsabhängigen Vergütung nach Ziffer 3 des Arbeitsvertrages handele es sich aber um eine jährliche Zahlung und nicht um eine monatliche Vergütung.

19

Das genannte Urteil ist dem Kläger am 04.05.2012 zugestellt worden. Er hat hiergegen mit einem am 04.06.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 04.07.2012, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen, begründet. Zur Begründung seiner Berufung macht der Kläger nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes sowie des weiteren Schriftsatzes vom 11.09.2012, auf die jeweils ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 186 ff., 237 ff. d. A.), im Wesentlichen geltend:

20

Im gerichtlichen Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht sei entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht die Aufhebungsvereinbarung insgesamt in Bezug genommen worden. Den Parteien sei es im Hinblick auf die Vereinbarung einer Abfindung lediglich darum gegangen, einen Rechtsgrund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien zu vereinbaren. Es sei den Parteien daher ausschließlich um die Beendigungswirkung des Aufhebungsvertrages gegangen. Da der Aufhebungsvertrag ungeachtet des in ihm enthaltenen Unterzeichnungsdatums tatsächlich erst am 08.12.2009 zustande gekommen sei, habe er schlichtweg keinerlei Rechtswirkungen zwischen den Parteien entfaltet. Die Parteien hätten mit dem Vergleich insoweit klargestellt, dass das Vertragsverhältnis unbeschadet der fehlenden Arbeitgebereigenschaft der Insolvenzverwalterin zum Zeitpunkt der tatsächlichen Unterzeichnung des Vertrages durch den Aufhebungsvertrag mit dem 31.03.2010 seine Beendigung gefunden hatte.

21

Zu Unrecht sei das Arbeitsgericht auch von der Wirksamkeit der Abgeltungsklausel ausgegangen. Der Aufhebungsvertrag sei im Termin vor dem Landesarbeitsgericht am 03.03.2011 selbst nicht noch einmal ausgehandelt worden. Es sei zwar zutreffend, dass seinerzeit Ziffer 2 des Aufhebungsvertrages auf Wunsch des Klägers aufgenommen worden sei. Ziffer 5 des Aufhebungsvertrages indessen sei nicht ausgehandelt worden. Da der Aufhebungsvertrag keinerlei Kompensation für den Verlust des Arbeitsplatzes enthalten habe, stelle die Ausgleichsklausel eine unangemessene Benachteiligung dar. Zudem verstoße sie gegen das Transparenzgebot, da sie nicht erkennen lasse, welche Ansprüche bereits wegen einer rechtlichen Unverzichtbarkeit von ihr nicht erfasst würden. Zudem sei der Kläger davon ausgegangen, dass mit Nr. 2 des Vertrages sämtliche Vergütungsansprüche bis zur Beendigung des Vertragsverhältnisses zu befriedigen seien. Ein Verzicht auch auf unstreitig bestehende Ansprüche entspreche nicht dem Willen der Parteien.

22

Der Kläger beantragt,

23

unter Abänderung des am 25.04.2012 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz -4 Ca 2684/11- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 9.624,-- € brutto nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2011 zu bezahlen.

24

Die Beklagte beantragt,

25

die Berufung zurückzuweisen.

26

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung mit Schriftsatz vom 02.08.2012, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 215 ff. d. A.), als zutreffend. Dem vor dem Landesarbeitsgericht am 03.03.2011 geschlossenen Vergleich lasse sich nicht entnehmen, dass der Aufhebungsvertrag nur hinsichtlich seiner Ziffer 1 in Bezug genommen werden sollte. Der Beklagten sei es gerade auch darum gegangen, alle gegenseitigen Ansprüche der Parteien zu erledigen. Zutreffend sei das Arbeitsgericht auch von einem Aushandeln der Vertragsbedingungen ausgegangen. Nicht nur Ziffer 2, sondern auch Ziffer 3 seien auf Wunsch des Klägers in den Aufhebungsvertrag aufgenommen worden. Aus den handschriftlichen Notizen auf dem ersten Entwurf eines Aufhebungsvertrages (Bl. 230 d. A.) ergebe sich, dass der Kläger sehr wohl erkannt habe, welche Konsequenz der Aufhebungsvertrag für den streitgegenständlichen Bonusanspruch haben würde. Selbst bei einer Kontrolle der Klausel an den Maßstäben des AGB-Rechts sei diese nicht zu beanstanden.

27

Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

28

Die Berufung ist zulässig, Das Rechtsmittel ist an sich statthaft. Die Berufung wurde auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

II.

29

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Ein eventueller Anspruch des Klägers ist in Folge des gerichtlichen Vergleichs vor dem Landesarbeitsgericht vom 3.3.2011 im Verfahren Az. 11 Sa 620/10 in Verbindung mit Ziff. 5 des Aufhebungsvertrags mit Datum vom 7.12.2009 ausgeschlossen. Es kann deshalb dahinstehen, ob dem Kläger die geltend gemachten Schadensersatzansprüche wegen unterbliebener Zielvereinbarung der Sache nach zustünden.

30

1. Ziff. 5 des Aufhebungsvertrags erfasst zunächst die vom Kläger nunmehr verfolgten Ansprüche. Bei diesen handelt es sich nicht um Bestandteile der in Ziff. 2 des Aufhebungsvertrags genannten vertraglichen, monatlichen Vergütung. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Kläger nicht die Zahlung der eigentlichen, von einer Zielvereinbarung abhängigen vertraglichen Bonuszahlung begehrt, sondern Schadensersatz wegen unterbliebener Zielvereinbarung. Das Arbeitsgericht hat ferner zutreffend darauf hingewiesen, dass selbst ein eigentlicher Bonus-Anspruch nicht Teil der monatlichen Vergütung wäre, sondern vertraglich als jährliche Sonderzahlung ausgestaltet ist.

31

2. Die Regelungen des Aufhebungsvertrages vom 7.12.2009 und auch Ziff. 5 sind Inhalt einer zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung geworden.

32

a) Selbst wenn die ursprüngliche Vereinbarung anfechtbar gewesen sein sollte oder die auf Seiten der ursprünglichen Arbeitgeberin des Klägers unterzeichnende Person aufgrund eines früheren Vollzugs des Betriebsübergangs keine mehr für die Beklagte bindenden Erklärungen mehr hätte abgeben können, ist sie zu einer vertraglichen Vereinbarung zwischen den Parteien geworden.

33

Das Arbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass durch den Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 3.3.2011 im Verfahren Az. 11 Sa 620/10 der Aufhebungsvertrag vom 7.12.2009 insgesamt in Bezug genommen worden ist. In diesem Rechtsstreit war die Wirksamkeit des Vertrags insgesamt und nicht nur hinsichtlich einzelner Bestimmungen in Abrede gestellt worden. Wenn Ziff. 1 des Vergleichs diesen Aufhebungsvertrag einschränkungslos in Bezug nimmt und -ergänzt um eine Abfindungszahlung- zur Grundlage der Beendigung des Arbeitsverhältnisses macht, haben die Parteien damit im Wege des gegenseitigen Nachgebens die Frage der Rechtswirksamkeit des Vertrags und der Rechtsverbindlichkeit zwischen Ihnen dem Streit entzogen und zum Ausdruck gebracht, dass dieser Vertrag zwischen ihnen gelten soll. Hierin liegt eine neue vertragliche Vereinbarung, wodurch nicht nur die Folgen einer eventuell begründeten Anfechtung nach § 141 Abs. 1 BGB beseitigt wurden, sondern Zweifel hinsichtlich weiterer Unwirksamkeitsgründe insgesamt beseitigt werden sollten.

34

b) Selbst wenn unterstellt wird, dass es sich bei Ziff. 5 des Aufhebungsvertrags um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt (dazu sogleich), scheitert deren Einbeziehung in den Vertrag nicht an § 305c Abs. 1 BGB.

35

aa) Durch die fragliche Klausel wollten die Parteien ihre Rechtsbeziehung bereinigen. Der Wille der Parteien war darauf gerichtet, alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis unabhängig von Art und Rechtsgrund zum Erlöschen zu bringen. Es handelt sich damit um ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis.

36

bb) Derartige Klauseln sind bei Abschluss einer Beendigungsvereinbarung nicht ungewöhnlich, sondern üblich (vgl. BAG 21.6.2011 -9 AZR 203/10- EzA § 307 BGB 2002 Nr. 53). Der Text des Aufhebungsvertrags ist kurz und leicht überschaubar. Die Klausel befindet sich nicht an versteckter Stelle. Sie ist leicht zur Kenntnis zu nehmen.

37

3. Bei Ziff. 5 des Aufhebungsvertrags handelt es sich zwar um eine Allgemeine Geschäftsbedingung oder jedenfalls um eine vorformulierte Vertragsbedingung im Sinne des § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB, so dass eine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stattfindet. Die Klausel hält aber dieser Inhaltskontrolle stand.

38

a) Ziff. 5 ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung. Es handelt sich insoweit gerichtsbekannt um eine Vertragsbedingung, die in einer Vielzahl von Fällen Verwendung findet. Jegliche, auf den vorliegenden Sachverhalt konkret abstellende Individualisierung fehlt. Jedenfalls liegt unstreitig eine arbeitgeberseitig vorformulierte Vertragsbedingung vor.

39

b) Die Inhaltskontrolle scheitert nicht daran, dass die Klausel zwischen den Vertragspartnern im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB im Einzelnen ausgehandelt wurde bzw. der Kläger im Sinne des § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB auf ihren Inhalt hätte Einfluss nehmen können. Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und -wie vorliegend- einem Verbraucher, gelten dabei Allgemeine Geschäftsbedingungen als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie vom Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden.

40

Die Formulierung des ursprünglichen, als auch des dann zur Unterzeichnung gelangten Aufhebungsvertrags erfolgten durch die seinerzeitige Arbeitgeberin des Klägers. Der Kläger hat zwar eingeräumt, dass Ziff. 2 des Aufhebungsvertrags vom 7.12.2009 auf seinen Wunsch hin aufgenommen wurde. Dass er aber auf den Inhalt der in Ziff. 5 enthaltenen Klausel Einfluss hätte nehmen können oder genommen hat und die vormalige Arbeitgeberin diese ernsthaft zur Disposition gestellt hätte, ist nicht ersichtlich. Ebensowenig hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte (vgl. PWW-BGB, 6. Aufl., § 305 BGB Rz. 15; § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB) darlegen können, dass im Rahmen der Verhandlungen über den gerichtlichen Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht über den Inhalt der Ziff. 5 des in Bezug genommenen Aufhebungsvertrags gesprochen oder verhandelt worden wäre und der Kläger auf deren Inhalt hatte Einfluss nehmen können oder deren Beibehalt gar von ihm verlangt worden wäre.

41

c) Die fragliche Klausel hält aber einer Inhaltskontrolle stand.

42

aa) Gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Zur Beurteilung der Angemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall gelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Beachtung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt (BAG 21.6.2011 -9 AZR 203/10-aaO.).

43

bb) Eine einseitige Vertragsgestaltung zur missbräuchlichen Durchsetzung eigener Interessen auf Kosten des Klägers in diesem Sinne liegt nicht vor.

44

Zunächst beinhaltet die Klausel anders als die Klausel, die dem Urteil des BAG vom 21.6.2011 (aaO.) zugrunde lag, keinen einseitigen, nur den Kläger betreffenden Verzicht auf Ansprüche, sondern erfasst auch eventuelle Gegenansprüche der Beklagten, u.a. auch solche, die von der ursprünglichen arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung (Ziff. 14 des Arbeitsvertrags) ausgenommen sein sollten.

45

Unter Berücksichtigung von Eigenart, Gegenstand und Zweck des Geschäfts stellt die Klausel unter Beachtung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise nicht generell eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners dar.

46

Wie bereits ausgeführt, wurde durch den gerichtlichen Vergleich im Verfahren des Landesarbeitsgerichts, Az. 11 Sa 620/10 der Aufhebungsvertrag insgesamt in Bezug genommen, dessen Wirksamkeit zwischen den Parteien streitig war. Für die Angemessenheitskontrolle macht es keinen Unterschied, ob die Klausel in den eigentlichen Vergleichstext oder in einer im Vergleich in Bezug genommenen Vereinbarung enthalten ist. Die Angemessenheitskontrolle kann daher nicht nur isoliert den Inhalt der ursprünglichen Aufhebungsvereinbarung zum Gegenstand haben, sondern muss den übrigen Inhalt des Vergleichs berücksichtigen.

47

Ziel der Vereinbarung im gerichtlichen Vergleich war die Herstellung von Rechtsverbindlichkeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Typischerweise verfolgen derartige Vergleiche auch den Zweck, die arbeitsvertragliche Rechtsbeziehung umfassend zu regeln, um Folgestreitigkeiten zu vermeiden und zu einer umfassenden Befriedung zu gelangen. Hierbei sind Klauseln wie die vorliegende üblich und die Regel (vgl. BAG 19.11.2008 -10 AZR 671/07- EzA § 448 ZPO 2002 Nr 2). Die Abfindung in einem derartigen Vergleich ist zwar primär Gegenleistung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, gleichwohl werden im Rahmen der Verhandlungen über die Abfindungshöhe aber auch andere Faktoren berücksichtigt, etwa behauptete, aber in ihren tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen zwischen den Parteien streitige Ansprüche. Der im Vergleich durch Inbezugnahme des Aufhebungsvertrags vorgesehene Anspruchsverzicht bei gleichzeitiger Vereinbarung einer Abfindung führt damit nicht zu einem kompensationslosen Verlust von Ansprüchen ohne sachlichen Grund. Der sachliche Grund liegt in dem von den Parteien regelmäßig und zulässigerweise verfolgten Zweck das Arbeitsverhältnis abschließend zu bereinigen und alle Ansprüche zu erledigen. Die Klausel bezog sich vorliegend auch nicht etwa auf unstreitig bestehende Ansprüche des Klägers. Es war keinesfalls in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unzweifelhaft, ob und vor allem in welcher Höhe der Kläger ggfs. als Schadensersatz aufgrund eines unterlassenen Zielvereinbarungsangebots Zahlungen verlangen könnte.

48

cc) Die Klausel beinhaltet auch nicht in Anwendung des sog. Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 Satz BGB eine unangemessene Benachteiligung.

49

Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung (BAG 14.9.2011 -5 AZR 526/10- EzA § 307 BGB 2002 Nr 54).

50

Eine gerade durch eine unklare Formulierung begründete Gefahr der Nichtwahrnehmung von Rechten wird durch die hier fragliche Klausel nicht begründet. Im Gegenteil ist ihr leicht und ohne Gefahr von Missverständnissen der Anspruchsausschluss zu entnehmen. Soweit das LAG Berlin-Brandenburg (5.6.2007 - 12 Sa 524/07- LAGE § 307 BGB 2002 Nr 13; hierauf Bezug nehmend auch LAG Berlin-Brandenburg 24.11.2011 – 5 Sa 1524/11- juris) die Auffassung vertreten hat, dem Transparenzgebot werde nur Genüge getan, wenn in der Klausel die ihr unterfallenden Ansprüche konkret bezeichnet würden, folgt dem die Kammer nicht. Diese Frage betrifft nicht die Frage der Transparenz, sondern die Wirkungen der Klausel im Rechtskreis des Betroffenen (LAG Thüringen 17.4.2012 -1 Sa 253/11- juris). Im Gegensatz zu den genannten Entscheidungen des LAG Berlin-Brandenburg handelte es sich vorliegend auch nicht um eine in einer Ausgleichsquittung enthaltene Ausschlussklausel, die nach unstreitig erfolgter Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorgelegt wurde. Zu berücksichtigen ist weiter, dass unschwer zu erkennen ist, dass vorliegend nicht die unverzichtbaren Urlaubs- und Altersversorgungsansprüche erfasst werden. Urlaubsansprüche sind in Ziff. 2 geregelt. Altersversorgungsansprüche bestehen ausweislich des Arbeitsvertrags, Ziff. 6, nicht.

III.

51

Die Berufung des Klägers war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Ein Revisionszulassungsgrund besteht nicht.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 25.04.2012, Az.. 4 Ca 2684/11 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Zahlung von Schadensersatz wegen unterbliebener Zielvereinbarung.

2

Der Kläger war auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 18.09.2009 (Bl. 23 ff. d. A.) bei der XY GmbH als Leiter Controlling beschäftigt. Neben einem festen, in 12 gleichen Teilbeträgen zu zahlenden Jahresgehalt sieht Ziffer 3 b des Arbeitsvertrages eine erfolgsabhängige Vergütung wie folgt vor:

"b.

3

Zusätzlich zum festen Gehalt erhält Herr A. eine erfolgabhängige Vergütung. Berechnungsgrundlage ist die Erreichung individueller Ziele als auch Ziele des Unternehmens. Die genaue Berechnungsgrundlage, wird mit Herrn A. bis spätestens April 2009 besprochen und vereinbart (generelles Berechnungsschema s. Anlage, wobei 20.000 EUR einem Zielerreichungsgrad von 100 % entsprechen). Die Ziele werden üblicherweise im November/Dezember des Vorjahres in Absprache mit dem Vorgesetzten vereinbart, die Auszahlung erfolgt jährlich innerhalb von vier Wochen nach Abschluss der geprüften Jahresbilanz."

4

Zum Abschluss einer Zielvereinbarung kam es nicht.

5

Am 01.12.2009 wurde über das Vermögen der XY GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Beklagte trat mit dem 08.12.2009 die Betriebsnachfolge dieser in Liquidation befindlichen Gesellschaft an.

6

Unter dem Datum "07.12.2009" unterzeichneten der Kläger und die Insolvenzverwalterin über das Vermögen der XY GmbH einen Aufhebungsvertrag, in dem es auszugsweise heißt:

7

„1. Die Parteien vereinbaren im gegenseitigen Einvernehmen, dass das Arbeitsverhältnis zum 31. März 2010 unter Einhaltung der Kündigungsfrist wegen Insolvenz der XY sein Ende findet.

8

2. Bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat Herr H. Anspruch auf die vertragliche, monatliche Vergütung bzw. dem ihm zustehenden Urlaubsanspruch von 2,5 Tagen monatlich.

9

[...]

10

5. Mit der Erfüllung dieses Aufhebungsvertrags sind sämtliche wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus dem Arbeitsverhältnis und aus Anlass seiner Beendigung abgegolten. Dies gilt für alle Ansprüche der Beteiligten gleich welcher Art bzw. aus welchem Rechtsgrund.“

11

Ziffer 2 des Aufhebungsvertrags wurde auf Wunsch des Klägers aufgenommen, nachdem die Insolvenzverwalterin gegenüber dem Kläger mit vertragswidriger Einstellung der Lohnzahlung gedroht hatte für den Fall, dass der Kläger den Aufhebungsvertrag nicht unterzeichnet.

12

Der Kläger focht den Aufhebungsvertrag am 13.04.2010 unter anderem wegen widerrechtlicher Drohung an und hielt ihn zudem wegen Umgehung des § 613 a BGB für unwirksam. Er hat ferner die Auffassung vertreten, dass die Beklagte bereits zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages Betriebsnachfolgerin der XY GmbH gewesen sei, so dass der von der Insolvenzverwalterin unterzeichnete Aufhebungsvertrag keine Rechtswirkungen zwischen den Parteien hätte entfalten können.

13

Über die Wirksamkeit dieses Aufhebungsvertrags führten die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits sodann einen Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Koblenz (- 4 Ca 591/10 -), der im Berufungsverfahren vor dem LAG Rheinland-Pfalz durch Vergleich vom 3. März 2011 (- 11 Sa 620/10 -) erledigt wurde. In dem Vergleich vereinbarten die Parteien, soweit hier von Bedeutung (Bl. 31 d.A):

14

„1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund des Aufhebungsvertrages vom 7. Dezember 2009 mit Ablauf des 31. März 2010 beendet worden ist.
2. Für den Verlust des sozialen Besitzstandes zahlt die Beklagte an den Kläger in entsprechender Anwendung der §§ 9,10 KSchG eine Abfindung in Höhe von 40.000,00 EUR brutto.
3. [Kosten des Rechtsstreits]
4. [Erledigung des Rechtsstreits]"

15

Der Kläger vertritt die Auffassung, die XY GmbH bzw. die Beklagte hätten mit ihm pflichtwidrig keine Zielvereinbarung getroffen. Die mutmaßlich gesetzten Ziele wären in vollem Umfang erreicht worden. Deshalb stehe ihm als Schadensersatz zeitanteilig die erfolgsabhängige Vergütung für 2009 und 2010 zu. Für diese Verbindlichkeit hafte die Beklagte nach § 613 a Abs.1 BGB.

16

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie des wechselseitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird im Übrigen Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 25.04.2012, Az: 4 Ca 2684/11 (Bl. 153 ff. d. A.).

17

Durch das genannte Urteil hat das Arbeitsgericht die auf Zahlung von 9.624,00 EUR brutto nebst gesetzlicher Verzugszinsen gerichtete Klage des Klägers abgewiesen und zur Begründung - zusammengefasst - ausgeführt:

18

Durch den gerichtlichen Vergleich vom 03.03.2011 hätten die Parteien auf den Aufhebungsvertrag mit Datum vom 07.12.2009 insgesamt und einschränkungslos und damit unter Einschluss der Abgeltungsklausel in Ziffer 5 des Aufhebungsvertrages Bezug genommen. Der gerichtliche Vergleich stelle sich als Bestätigung des Aufhebungsvertrages dar; er sei ungeachtet evtl. Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe erneut wirksam vereinbart worden. Ziffer 5 des Aufhebungsvertrages enthalte auch eine wirksame Abgeltungsklausel. Eine Kontrolle an den Maßstäben des AGB-Rechts finde bereits deshalb nicht statt, weil die Geltung des Aufhebungsvertrages im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs vereinbart und damit im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB ausgehandelt worden sei. Auch der Inhalt des ursprünglichen Aufhebungsvertrages sei zwischen den Parteien ausgehandelt worden, da Ziffer 2 des Aufhebungsvertrages auf Wunsch des Klägers hin aufgenommen worden sei. Die Abgeltungsklausel in Ziffer 5 erfasse auch die erfolgsabhängige Vergütung. Ziffer 2 des Aufhebungsvertrages erfasse nur die vertragliche monatliche Vergütung. Bei der erfolgsabhängigen Vergütung nach Ziffer 3 des Arbeitsvertrages handele es sich aber um eine jährliche Zahlung und nicht um eine monatliche Vergütung.

19

Das genannte Urteil ist dem Kläger am 04.05.2012 zugestellt worden. Er hat hiergegen mit einem am 04.06.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 04.07.2012, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen, begründet. Zur Begründung seiner Berufung macht der Kläger nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes sowie des weiteren Schriftsatzes vom 11.09.2012, auf die jeweils ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 186 ff., 237 ff. d. A.), im Wesentlichen geltend:

20

Im gerichtlichen Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht sei entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht die Aufhebungsvereinbarung insgesamt in Bezug genommen worden. Den Parteien sei es im Hinblick auf die Vereinbarung einer Abfindung lediglich darum gegangen, einen Rechtsgrund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien zu vereinbaren. Es sei den Parteien daher ausschließlich um die Beendigungswirkung des Aufhebungsvertrages gegangen. Da der Aufhebungsvertrag ungeachtet des in ihm enthaltenen Unterzeichnungsdatums tatsächlich erst am 08.12.2009 zustande gekommen sei, habe er schlichtweg keinerlei Rechtswirkungen zwischen den Parteien entfaltet. Die Parteien hätten mit dem Vergleich insoweit klargestellt, dass das Vertragsverhältnis unbeschadet der fehlenden Arbeitgebereigenschaft der Insolvenzverwalterin zum Zeitpunkt der tatsächlichen Unterzeichnung des Vertrages durch den Aufhebungsvertrag mit dem 31.03.2010 seine Beendigung gefunden hatte.

21

Zu Unrecht sei das Arbeitsgericht auch von der Wirksamkeit der Abgeltungsklausel ausgegangen. Der Aufhebungsvertrag sei im Termin vor dem Landesarbeitsgericht am 03.03.2011 selbst nicht noch einmal ausgehandelt worden. Es sei zwar zutreffend, dass seinerzeit Ziffer 2 des Aufhebungsvertrages auf Wunsch des Klägers aufgenommen worden sei. Ziffer 5 des Aufhebungsvertrages indessen sei nicht ausgehandelt worden. Da der Aufhebungsvertrag keinerlei Kompensation für den Verlust des Arbeitsplatzes enthalten habe, stelle die Ausgleichsklausel eine unangemessene Benachteiligung dar. Zudem verstoße sie gegen das Transparenzgebot, da sie nicht erkennen lasse, welche Ansprüche bereits wegen einer rechtlichen Unverzichtbarkeit von ihr nicht erfasst würden. Zudem sei der Kläger davon ausgegangen, dass mit Nr. 2 des Vertrages sämtliche Vergütungsansprüche bis zur Beendigung des Vertragsverhältnisses zu befriedigen seien. Ein Verzicht auch auf unstreitig bestehende Ansprüche entspreche nicht dem Willen der Parteien.

22

Der Kläger beantragt,

23

unter Abänderung des am 25.04.2012 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz -4 Ca 2684/11- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 9.624,-- € brutto nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2011 zu bezahlen.

24

Die Beklagte beantragt,

25

die Berufung zurückzuweisen.

26

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung mit Schriftsatz vom 02.08.2012, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 215 ff. d. A.), als zutreffend. Dem vor dem Landesarbeitsgericht am 03.03.2011 geschlossenen Vergleich lasse sich nicht entnehmen, dass der Aufhebungsvertrag nur hinsichtlich seiner Ziffer 1 in Bezug genommen werden sollte. Der Beklagten sei es gerade auch darum gegangen, alle gegenseitigen Ansprüche der Parteien zu erledigen. Zutreffend sei das Arbeitsgericht auch von einem Aushandeln der Vertragsbedingungen ausgegangen. Nicht nur Ziffer 2, sondern auch Ziffer 3 seien auf Wunsch des Klägers in den Aufhebungsvertrag aufgenommen worden. Aus den handschriftlichen Notizen auf dem ersten Entwurf eines Aufhebungsvertrages (Bl. 230 d. A.) ergebe sich, dass der Kläger sehr wohl erkannt habe, welche Konsequenz der Aufhebungsvertrag für den streitgegenständlichen Bonusanspruch haben würde. Selbst bei einer Kontrolle der Klausel an den Maßstäben des AGB-Rechts sei diese nicht zu beanstanden.

27

Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

28

Die Berufung ist zulässig, Das Rechtsmittel ist an sich statthaft. Die Berufung wurde auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

II.

29

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Ein eventueller Anspruch des Klägers ist in Folge des gerichtlichen Vergleichs vor dem Landesarbeitsgericht vom 3.3.2011 im Verfahren Az. 11 Sa 620/10 in Verbindung mit Ziff. 5 des Aufhebungsvertrags mit Datum vom 7.12.2009 ausgeschlossen. Es kann deshalb dahinstehen, ob dem Kläger die geltend gemachten Schadensersatzansprüche wegen unterbliebener Zielvereinbarung der Sache nach zustünden.

30

1. Ziff. 5 des Aufhebungsvertrags erfasst zunächst die vom Kläger nunmehr verfolgten Ansprüche. Bei diesen handelt es sich nicht um Bestandteile der in Ziff. 2 des Aufhebungsvertrags genannten vertraglichen, monatlichen Vergütung. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Kläger nicht die Zahlung der eigentlichen, von einer Zielvereinbarung abhängigen vertraglichen Bonuszahlung begehrt, sondern Schadensersatz wegen unterbliebener Zielvereinbarung. Das Arbeitsgericht hat ferner zutreffend darauf hingewiesen, dass selbst ein eigentlicher Bonus-Anspruch nicht Teil der monatlichen Vergütung wäre, sondern vertraglich als jährliche Sonderzahlung ausgestaltet ist.

31

2. Die Regelungen des Aufhebungsvertrages vom 7.12.2009 und auch Ziff. 5 sind Inhalt einer zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung geworden.

32

a) Selbst wenn die ursprüngliche Vereinbarung anfechtbar gewesen sein sollte oder die auf Seiten der ursprünglichen Arbeitgeberin des Klägers unterzeichnende Person aufgrund eines früheren Vollzugs des Betriebsübergangs keine mehr für die Beklagte bindenden Erklärungen mehr hätte abgeben können, ist sie zu einer vertraglichen Vereinbarung zwischen den Parteien geworden.

33

Das Arbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass durch den Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 3.3.2011 im Verfahren Az. 11 Sa 620/10 der Aufhebungsvertrag vom 7.12.2009 insgesamt in Bezug genommen worden ist. In diesem Rechtsstreit war die Wirksamkeit des Vertrags insgesamt und nicht nur hinsichtlich einzelner Bestimmungen in Abrede gestellt worden. Wenn Ziff. 1 des Vergleichs diesen Aufhebungsvertrag einschränkungslos in Bezug nimmt und -ergänzt um eine Abfindungszahlung- zur Grundlage der Beendigung des Arbeitsverhältnisses macht, haben die Parteien damit im Wege des gegenseitigen Nachgebens die Frage der Rechtswirksamkeit des Vertrags und der Rechtsverbindlichkeit zwischen Ihnen dem Streit entzogen und zum Ausdruck gebracht, dass dieser Vertrag zwischen ihnen gelten soll. Hierin liegt eine neue vertragliche Vereinbarung, wodurch nicht nur die Folgen einer eventuell begründeten Anfechtung nach § 141 Abs. 1 BGB beseitigt wurden, sondern Zweifel hinsichtlich weiterer Unwirksamkeitsgründe insgesamt beseitigt werden sollten.

34

b) Selbst wenn unterstellt wird, dass es sich bei Ziff. 5 des Aufhebungsvertrags um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt (dazu sogleich), scheitert deren Einbeziehung in den Vertrag nicht an § 305c Abs. 1 BGB.

35

aa) Durch die fragliche Klausel wollten die Parteien ihre Rechtsbeziehung bereinigen. Der Wille der Parteien war darauf gerichtet, alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis unabhängig von Art und Rechtsgrund zum Erlöschen zu bringen. Es handelt sich damit um ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis.

36

bb) Derartige Klauseln sind bei Abschluss einer Beendigungsvereinbarung nicht ungewöhnlich, sondern üblich (vgl. BAG 21.6.2011 -9 AZR 203/10- EzA § 307 BGB 2002 Nr. 53). Der Text des Aufhebungsvertrags ist kurz und leicht überschaubar. Die Klausel befindet sich nicht an versteckter Stelle. Sie ist leicht zur Kenntnis zu nehmen.

37

3. Bei Ziff. 5 des Aufhebungsvertrags handelt es sich zwar um eine Allgemeine Geschäftsbedingung oder jedenfalls um eine vorformulierte Vertragsbedingung im Sinne des § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB, so dass eine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stattfindet. Die Klausel hält aber dieser Inhaltskontrolle stand.

38

a) Ziff. 5 ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung. Es handelt sich insoweit gerichtsbekannt um eine Vertragsbedingung, die in einer Vielzahl von Fällen Verwendung findet. Jegliche, auf den vorliegenden Sachverhalt konkret abstellende Individualisierung fehlt. Jedenfalls liegt unstreitig eine arbeitgeberseitig vorformulierte Vertragsbedingung vor.

39

b) Die Inhaltskontrolle scheitert nicht daran, dass die Klausel zwischen den Vertragspartnern im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB im Einzelnen ausgehandelt wurde bzw. der Kläger im Sinne des § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB auf ihren Inhalt hätte Einfluss nehmen können. Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und -wie vorliegend- einem Verbraucher, gelten dabei Allgemeine Geschäftsbedingungen als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie vom Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden.

40

Die Formulierung des ursprünglichen, als auch des dann zur Unterzeichnung gelangten Aufhebungsvertrags erfolgten durch die seinerzeitige Arbeitgeberin des Klägers. Der Kläger hat zwar eingeräumt, dass Ziff. 2 des Aufhebungsvertrags vom 7.12.2009 auf seinen Wunsch hin aufgenommen wurde. Dass er aber auf den Inhalt der in Ziff. 5 enthaltenen Klausel Einfluss hätte nehmen können oder genommen hat und die vormalige Arbeitgeberin diese ernsthaft zur Disposition gestellt hätte, ist nicht ersichtlich. Ebensowenig hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte (vgl. PWW-BGB, 6. Aufl., § 305 BGB Rz. 15; § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB) darlegen können, dass im Rahmen der Verhandlungen über den gerichtlichen Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht über den Inhalt der Ziff. 5 des in Bezug genommenen Aufhebungsvertrags gesprochen oder verhandelt worden wäre und der Kläger auf deren Inhalt hatte Einfluss nehmen können oder deren Beibehalt gar von ihm verlangt worden wäre.

41

c) Die fragliche Klausel hält aber einer Inhaltskontrolle stand.

42

aa) Gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Zur Beurteilung der Angemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall gelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Beachtung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt (BAG 21.6.2011 -9 AZR 203/10-aaO.).

43

bb) Eine einseitige Vertragsgestaltung zur missbräuchlichen Durchsetzung eigener Interessen auf Kosten des Klägers in diesem Sinne liegt nicht vor.

44

Zunächst beinhaltet die Klausel anders als die Klausel, die dem Urteil des BAG vom 21.6.2011 (aaO.) zugrunde lag, keinen einseitigen, nur den Kläger betreffenden Verzicht auf Ansprüche, sondern erfasst auch eventuelle Gegenansprüche der Beklagten, u.a. auch solche, die von der ursprünglichen arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung (Ziff. 14 des Arbeitsvertrags) ausgenommen sein sollten.

45

Unter Berücksichtigung von Eigenart, Gegenstand und Zweck des Geschäfts stellt die Klausel unter Beachtung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise nicht generell eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners dar.

46

Wie bereits ausgeführt, wurde durch den gerichtlichen Vergleich im Verfahren des Landesarbeitsgerichts, Az. 11 Sa 620/10 der Aufhebungsvertrag insgesamt in Bezug genommen, dessen Wirksamkeit zwischen den Parteien streitig war. Für die Angemessenheitskontrolle macht es keinen Unterschied, ob die Klausel in den eigentlichen Vergleichstext oder in einer im Vergleich in Bezug genommenen Vereinbarung enthalten ist. Die Angemessenheitskontrolle kann daher nicht nur isoliert den Inhalt der ursprünglichen Aufhebungsvereinbarung zum Gegenstand haben, sondern muss den übrigen Inhalt des Vergleichs berücksichtigen.

47

Ziel der Vereinbarung im gerichtlichen Vergleich war die Herstellung von Rechtsverbindlichkeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Typischerweise verfolgen derartige Vergleiche auch den Zweck, die arbeitsvertragliche Rechtsbeziehung umfassend zu regeln, um Folgestreitigkeiten zu vermeiden und zu einer umfassenden Befriedung zu gelangen. Hierbei sind Klauseln wie die vorliegende üblich und die Regel (vgl. BAG 19.11.2008 -10 AZR 671/07- EzA § 448 ZPO 2002 Nr 2). Die Abfindung in einem derartigen Vergleich ist zwar primär Gegenleistung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, gleichwohl werden im Rahmen der Verhandlungen über die Abfindungshöhe aber auch andere Faktoren berücksichtigt, etwa behauptete, aber in ihren tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen zwischen den Parteien streitige Ansprüche. Der im Vergleich durch Inbezugnahme des Aufhebungsvertrags vorgesehene Anspruchsverzicht bei gleichzeitiger Vereinbarung einer Abfindung führt damit nicht zu einem kompensationslosen Verlust von Ansprüchen ohne sachlichen Grund. Der sachliche Grund liegt in dem von den Parteien regelmäßig und zulässigerweise verfolgten Zweck das Arbeitsverhältnis abschließend zu bereinigen und alle Ansprüche zu erledigen. Die Klausel bezog sich vorliegend auch nicht etwa auf unstreitig bestehende Ansprüche des Klägers. Es war keinesfalls in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unzweifelhaft, ob und vor allem in welcher Höhe der Kläger ggfs. als Schadensersatz aufgrund eines unterlassenen Zielvereinbarungsangebots Zahlungen verlangen könnte.

48

cc) Die Klausel beinhaltet auch nicht in Anwendung des sog. Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 Satz BGB eine unangemessene Benachteiligung.

49

Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung (BAG 14.9.2011 -5 AZR 526/10- EzA § 307 BGB 2002 Nr 54).

50

Eine gerade durch eine unklare Formulierung begründete Gefahr der Nichtwahrnehmung von Rechten wird durch die hier fragliche Klausel nicht begründet. Im Gegenteil ist ihr leicht und ohne Gefahr von Missverständnissen der Anspruchsausschluss zu entnehmen. Soweit das LAG Berlin-Brandenburg (5.6.2007 - 12 Sa 524/07- LAGE § 307 BGB 2002 Nr 13; hierauf Bezug nehmend auch LAG Berlin-Brandenburg 24.11.2011 – 5 Sa 1524/11- juris) die Auffassung vertreten hat, dem Transparenzgebot werde nur Genüge getan, wenn in der Klausel die ihr unterfallenden Ansprüche konkret bezeichnet würden, folgt dem die Kammer nicht. Diese Frage betrifft nicht die Frage der Transparenz, sondern die Wirkungen der Klausel im Rechtskreis des Betroffenen (LAG Thüringen 17.4.2012 -1 Sa 253/11- juris). Im Gegensatz zu den genannten Entscheidungen des LAG Berlin-Brandenburg handelte es sich vorliegend auch nicht um eine in einer Ausgleichsquittung enthaltene Ausschlussklausel, die nach unstreitig erfolgter Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorgelegt wurde. Zu berücksichtigen ist weiter, dass unschwer zu erkennen ist, dass vorliegend nicht die unverzichtbaren Urlaubs- und Altersversorgungsansprüche erfasst werden. Urlaubsansprüche sind in Ziff. 2 geregelt. Altersversorgungsansprüche bestehen ausweislich des Arbeitsvertrags, Ziff. 6, nicht.

III.

51

Die Berufung des Klägers war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Ein Revisionszulassungsgrund besteht nicht.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 6. August 2008 - 7 Sa 197/08 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Ansprüche aus einem Arbeitgeberdarlehen.

2

Der Kläger war ursprünglich bei der A AG beschäftigt, die ihm im Jahr 2000 ein Arbeitgeberdarlehen in Höhe von 60.000,00 DM (30.677,51 Euro) mit einem jährlichen Zinssatz von 6 % gewährte. Die Tilgung des Darlehens sollte unabhängig von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgen. Das Arbeitsverhältnis ging im Rahmen eines Betriebsübergangs auf die A GmbH über, auf die auch das Arbeitgeberdarlehen übertragen wurde. Mit Beschluss vom 1. August 2005 eröffnete das Amtsgericht Köln über das Vermögen der A GmbH das Insolvenzverfahren (- 71 IN 285/05 -) in Eigenverwaltung. Mit Beschluss vom 1. Januar 2006 bestellte das Insolvenzgericht den Beklagten zum Insolvenzverwalter.

3

Am 18. Dezember 2005 einigte sich der Kläger mit der Schuldnerin auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2005. Gleichzeitig vereinbarte er mit der Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft C GmbH einen sich unmittelbar daran anschließenden, auf ein Jahr befristeten Arbeitsvertrag. In Abschn. II der Vereinbarung ist ua. geregelt:

        

„1.     

In Kenntnis der in der Präambel genannten Fakten vereinbaren der Arbeitnehmer und A die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus den im Interessenausgleich und Sozialplan vom 18.10.2005 genannten betriebsbedingten Gründen einvernehmlich zum 31.12.2005.

        

2.    

Der Arbeitnehmer erklärt, dass er über die Folgen einer solchen einvernehmlichen Beendigung - insbesondere auch dem darin liegenden Verzicht auf das Führen von Bestandsstreitigkeiten gegen seinen Arbeitgeber - belehrt worden ist. Der Arbeitnehmer hatte auch Gelegenheit, sich über diese Folgen ausführlich beraten zu lassen.

        

3.    

Ist ein Übertritt in die C zum 01.01.2006 vorgesehen, wird das Arbeitsverhältnis mit A bis zum vereinbarten Beendigungstermin nach Maßgabe der insolvenzrechtlichen Vorschriften ordnungsgemäß fortgeführt und abgerechnet.

        

4.    

…       

        

5.    

Mit diesem Vertrag sind sämtliche aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung abzuleitenden wechselseitigen Ansprüche der Vertragsparteien, seien sie bekannt oder nicht bekannt, gleich aus welchem Rechtsgrund, geregelt und abgegolten, sofern es sich nicht um Insolvenzforderungen des Arbeitnehmers handelt und sich aus dem Sozialplan nichts anderes ergibt. Die Behandlung von betrieblichen Altersversorgungsansprüchen richtet sich nach den gesetzlichen Vorschriften.

        

…“    

        
4

Der Kläger zahlte die Darlehensraten bis Dezember 2006 weiter. Seitdem verweigert er Zahlungen unter Hinweis auf die Ausgleichsklausel in Abschn. II Ziff. 5 der Vereinbarung. Das Darlehen valutiert noch in Höhe von 20.448,60 Euro.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, aufgrund der Ausgleichsklausel in der Vereinbarung vom 18. Dezember 2005 bestünden aus dem Arbeitgeberdarlehen keine Ansprüche mehr.

6

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass dem Beklagten keine Ansprüche mehr aus dem Arbeitgeberdarlehen Nr. 281851201 gegen ihn zustehen.

7

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er ist der Ansicht, die Ausgleichsklausel erfasse nur Ansprüche aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis, zu denen die Ansprüche aus dem selbstständigen Darlehensvertrag nicht gehörten.

8

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Der Kläger ist weiterhin zur Zinszahlung und zur Rückzahlung des Darlehens bei Fälligkeit verpflichtet (§ 488 Abs. 1 Satz 2 BGB). Der Beklagte ist an der Geltendmachung dieser Ansprüche aufgrund der Ausgleichsklausel in Abschn. II Ziff. 5 der Vereinbarung vom 18. Dezember 2005 nicht gehindert.

10

I. Der Kläger ist nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB zur Zahlung des geschuldeten Zinses und bei Fälligkeit zur Rückerstattung des ihm zur Verfügung gestellten Darlehens aufgrund des zwischen der früheren Arbeitgeberin und ihm geschlossenen Darlehensvertrags an den Beklagten verpflichtet. Die ehemalige Arbeitgeberin des Klägers - die A AG - hat die sich aus dem Darlehensvertrag ergebenden Forderungen gemäß § 398 BGB auf die Schuldnerin übertragen. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und die Bestellung des Beklagten zum Insolvenzverwalter ist die Verwaltungs- und Verfügungsgewalt über das Vermögen der Schuldnerin nach § 80 Abs. 1 InsO auf diesen übergegangen. Der Beklagte ist als Insolvenzverwalter daher berechtigt, die sich aus dem Darlehen ergebenden Zahlungsansprüche im eigenen Namen geltend zu machen.

11

II. Entgegen der Auffassung der Revision sind die Ansprüche aus dem Arbeitgeberdarlehen aufgrund der Ausgleichsklausel in der Vereinbarung vom 18. Dezember 2005 nicht erloschen. Dies hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen (vgl. zur revisionsrechtlichen Überprüfung der Auslegung von Ausgleichsklauseln: Senat 24. Juni 2009 - 10 AZR 707/08 (F) - Rn. 23, AP HGB § 74 Nr. 81; 22. Oktober 2008 - 10 AZR 617/07 - Rn. 21, AP HGB § 74 Nr. 82 = EzA HGB § 74 Nr. 70; 8. März 2006 - 10 AZR 349/05 - Rn. 32, BAGE 117, 218; 19. November 2003 - 10 AZR 174/03 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 611 Konkurrenzklausel Nr. 50 = EzA BGB 2002 § 611 Aufhebungsvertrag Nr. 2).

12

1. Die sich aus dem Arbeitgeberdarlehen ergebenden Zins- und Rückzahlungsansprüche fallen nicht unter die von den Parteien in Abschn. II Ziff. 5 des Aufhebungsvertrags vereinbarte Formulierung, dass „mit diesem Vertrag ... sämtliche aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung abzuleitenden wechselseitigen Ansprüche ..., seien sie bekannt oder nicht bekannt, gleich aus welchem Rechtsgrund, geregelt und abgegolten“ sind.

13

a) Zu den „Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis“ gehören alle Ansprüche, die die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsbeziehung gegeneinander haben. Maßgeblich ist der Bereich, in dem der Anspruch entsteht, nicht seine materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage. Ob ein Anspruch dem Geltungsbereich einer Klausel unterfällt, die alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erfasst, bemisst sich danach, ob eine enge Verknüpfung des Lebensvorgangs mit dem Arbeitsverhältnis besteht (BAG 24. Juni 2009 - 10 AZR 707/08 (F) - Rn. 26, AP HGB § 74 Nr. 81; 19. März 2009 - 6 AZR 557/07 - Rn. 25, AP BGB § 611 Arbeitgeberdarlehen Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 17). Hat ein Anspruch seinen Grund in der arbeitsvertraglichen Beziehung der Parteien, ist er ein „Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis“ (BAG 19. März 2009 - 6 AZR 557/07 - Rn. 25, aaO; Senat 24. Juni 2009 - 10 AZR 707/08 (F) - Rn. 26, aaO; 22. Oktober 2008 - 10 AZR 617/07 - Rn. 24, AP HGB § 74 Nr. 82 = EzA HGB § 74 Nr. 70). Dementsprechend werden nicht nur die sich unmittelbar aus dem Arbeitsvertrag selbst ergebenden Ansprüche von der Ausgleichsklausel erfasst, sondern beispielsweise auch wechselseitige Ansprüche aus einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot (BAG 24. Juni 2009 - 10 AZR 707/08 (F) - Rn. 26, aaO; 18. Dezember 1984 - 3 AZR 383/82 - zu II 1 der Gründe, AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 87 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 61)oder Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung (BAG 30. Oktober 2008 - 8 AZR 886/07 - Rn. 21, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 192).

14

b) Hiervon abzugrenzen sind jedoch Ansprüche, die sich aus anderen, selbstständig neben dem Arbeitsvertrag abgeschlossenen zivilrechtlichen Verträgen ergeben, wie dies zB bei Forderungen aus Werkmietverträgen oder Kaufverträgen der Fall ist (vgl. BAG 20. Februar 2001 - 9 AZR 11/00 - zu I 2 a aa der Gründe, BAGE 97, 65; 27. November 1984 - 3 AZR 596/82 - zu II 1 b der Gründe, AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 89 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 64). Diese Ansprüche fallen regelmäßig nicht unter eine Ausgleichsklausel, die sich lediglich auf „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ bezieht.

15

c) Ansprüche aus einem Arbeitgeberdarlehen werden deshalb von einer Ausgleichsklausel, die nur die Ansprüche aus einem „bestehenden Arbeitsverhältnis“ regelt, nicht erfasst.

16

aa) Bei den Ansprüchen des Darlehensgebers aus einem Darlehensvertrag handelt es sich um solche aus einem selbstständig neben dem Arbeitsvertrag abgeschlossenen bürgerlich-rechtlichen Vertrag (vgl. BAG 4. Oktober 2005 - 9 AZR 598/04 - zu 3 a der Gründe, BAGE 116, 104; 23. Februar 1999 - 9 AZR 737/97 - zu 2 d bb der Gründe, AP BGB § 611 Arbeitnehmerdarlehen Nr. 4 = EzA BGB § 611 Inhaltskontrolle Nr. 7). Zwar werden Darlehensverträge zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zumeist mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis zu Sonderkonditionen abgeschlossen. Darlehensvertrag und Arbeitsvertrag bleiben jedoch gleichwohl grundsätzlich rechtlich selbstständig (BAG 23. Februar 1999 - 9 AZR 737/97 - zu 2 d bb der Gründe, aaO; 23. September 1992 - 5 AZR 569/91 - zu II 2 der Gründe, AP BGB § 611 Arbeitnehmerdarlehen Nr. 1 = EzA GewO § 117 Nr. 1; aA Schaub/Linck ArbR-Hdb. 13. Aufl. § 72 Rn. 8a bei Einräumen von Sonderkonditionen). Der Bestand des Arbeitsverhältnisses ist nur für den Abschluss des Darlehensvertrags, nicht aber für die sich daraus ergebenden Ansprüche maßgeblich. Etwas anderes kann bei Ausgleichsklauseln, die nicht auch Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, sondern lediglich „alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ umfassen, nur ausnahmsweise angenommen werden. Ein solcher Ausnahmefall kann gegeben sein, wenn aufgrund der konkreten Ausgestaltung des Darlehens eine darüber hinausgehende zusätzliche Verknüpfung zum Arbeitsverhältnis besteht (vgl. BAG 28. Juli 2009 - 3 AZR 250/07 - Rn. 16, AP ArbGG 1979 § 45 Nr. 16; 19. März 2009 - 6 AZR 557/07 - Rn. 26, AP BGB § 611 Arbeitgeberdarlehen Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 17).

17

bb) Eine besondere Verknüpfung zum Arbeitsverhältnis liegt im Streitfall nicht vor. Das Darlehen ist dem Kläger zwar mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis und im Verhältnis zum freien Markt mit günstigeren Konditionen (bspw. Verzicht auf weitere Sicherheiten oder eine Bonitätsprüfung) gewährt worden. Entscheidend ist jedoch, dass dem Kläger das Darlehen unabhängig vom weiteren Bestand und der Entwicklung des Arbeitsverhältnisses gewährt worden ist und es auch keiner Zweckbindung unterlag. Dies spricht entscheidend gegen eine zusätzliche Verklammerung mit dem Arbeitsverhältnis.

18

2. Entgegen der Auffassung der Revision werden die Ansprüche aus dem Darlehensvertrag auch von der Formulierung in der Ausgleichsklausel, dass die aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis „abzuleitenden wechselseitigen Ansprüche“ abgegolten sind, nicht erfasst.

19

a) Nach der Rechtsprechung des Neunten Senats des Bundesarbeitsgerichts können Ausschlussfristen Ansprüche aus einem Arbeitgeberdarlehen mit umfassen, wenn sie sich nicht nur auf Ansprüche „aus dem Arbeitsverhältnis“, sondern auch auf solche Ansprüche beziehen, die mit dem Arbeitsverhältnis „in Verbindung stehen“ (vgl. zu § 16 BRTV: 4. Oktober 2005 - 9 AZR 598/04 - zu 3 a aa der Gründe, BAGE 116, 104; 20. Februar 2001 - 9 AZR 11/00 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 97, 65). Derart weit gefasste Ausschlussfristen schließen alle Ansprüche in ihren Anwendungsbereich mit ein, die mit dem Arbeitsverhältnis tatsächlich oder rechtlich zusammenhängen. Es genügt ein nur entfernter Zusammenhang. Allerdings muss auch dann das Arbeitsverhältnis zumindest die tatsächliche Grundlage für den Darlehensvertrag gebildet haben. War das Arbeitsverhältnis für den Inhalt oder den Bestand des Darlehensvertrags ohne Bedeutung, findet die Ausschlussfrist selbst bei einer derart weit gefassten Formulierung keine Anwendung (vgl. BAG 4. Oktober 2005 - 9 AZR 598/04 - zu 3 a aa der Gründe, aaO; 20. Februar 2001 - 9 AZR 11/00 - zu I 2 a der Gründe, aaO).

20

b) Unter die „abzuleitenden wechselseitigen Ansprüche“ fallen aber nicht alle nur in Verbindung mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Ansprüche. Die Ausgleichsklausel erstreckt sich nur auf die sich aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis „abzuleitenden“ Ansprüche. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch bedeutet „ableiten“, dass sich etwas aus einem anderen „ergibt“ bzw. dass etwas aus einem anderen „folgt“ (vgl. Duden Das Bedeutungswörterbuch 3. Aufl. Stichwort „ableiten“). Dementsprechend können nur Ansprüche „aus dem Arbeitsverhältnis“ gemeint sein. Nur diese lassen sich aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis herleiten. Die Ansprüche aus einem zusätzlichen Darlehensvertrag ergeben sich nicht aus dem Arbeitsverhältnis, sondern aus einem anderen, selbstständig neben dem Arbeitsvertrag abgeschlossenen zivilrechtlichen Vertrag.

21

c) Im Übrigen lassen sich aus der vertraglich vereinbarten Ausgleichsklausel keine Anhaltspunkte für die Annahme entnehmen, dass mit ihr auch Ansprüche einbezogen werden sollten, die mit dem Arbeitsverhältnis „lediglich in Verbindung stehen“. Hiergegen spricht schon der eindeutige Wortlaut der Vereinbarung. Aus dem weiteren Vertragstext und dem mit dem Aufhebungsvertrag verfolgten Sinn und Zweck folgt kein anderes Verständnis der Ausgleichsklausel. Vielmehr spricht die weitere Systematik der Vereinbarung dafür, dass die Parteien das Arbeitgeberdarlehen nicht einbeziehen und ausgleichen wollten. Für sein Einverständnis zur einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Kläger einen befristeten Arbeitsvertrag bei der Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft erhalten. Eine weitere (Gegen-)Leistung für die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses sieht die Vereinbarung nicht vor. Der Ausgleich für den Verlust seines bisherigen Arbeitsplatzes erfolgte vielmehr über die Regelungen des Sozialplans. Dass der Kläger - und einige andere Arbeitnehmer - als Empfänger eines Arbeitgeberdarlehens im Vergleich zu den übrigen Mitarbeitern der Schuldnerin für den Verlust des Arbeitsplatzes eine weitere, im Sozialplan nicht vorgesehene Leistung in unterschiedlicher Höhe erhalten sollten, lässt sich aus der Vereinbarung nicht schließen. Der Verzicht auf die Rückerstattung des Arbeitgeberdarlehens würde zudem ein steuer- und sozialversicherungsabgabenpflichtiges Einkommen darstellen (vgl. Küttner/Schlegel Personalbuch 2010 Arbeitgeberdarlehen Rn. 13, 17). Dies verdeutlicht, dass die Schuldnerin durch die Ausgleichsklausel nicht auf die Rückerstattung des Darlehens hat verzichten wollen. Dies gilt umso mehr, als an die Feststellung eines Verzichtswillens hohe Anforderungen zu stellen sind. Steht fest, dass eine Forderung entstanden ist, verbietet dieser Umstand im Allgemeinen die Annahme, der Gläubiger habe sein Recht einfach wieder aufgegeben wollen (vgl. BAG 7. November 2007 - 5 AZR 880/06 - Rn. 22, BAGE 124, 349).

22

d) Schließlich kann aus dem Umstand, dass nach Abschn. II Ziff. 5 der Vereinbarung Insolvenzforderungen, die sich aus dem Sozialplan ergebenden Ansprüche und die Ansprüche aus betrieblicher Altersversorgung von der Ausgleichsklausel ausgenommen werden, nicht geschlossen werden, die Ausgleichsklausel habe die Darlehensansprüche des Beklagten mit erfasst. Werden in einer Vereinbarung bestimmte Ansprüche ausdrücklich von einer Abgeltungsklausel ausgenommen, spricht zwar Einiges für die Annahme, alle anderen Ansprüche sollten zum Erlöschen gebracht werden (vgl. BAG 28. Juli 2009 - 3 AZR 250/07 - Rn. 18, AP ArbGG 1979 § 45 Nr. 16; 24. Juni 2009 - 10 AZR 707/08 (F) - Rn. 27, AP HGB § 74 Nr. 81; 19. März 2009 - 6 AZR 557/07 - Rn. 34, AP BGB § 611 Arbeitgeberdarlehen Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 17). Dies kann aber nur für die Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, nicht für sonstige zivilrechtliche Forderungen gelten.

23

e) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich aus der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB kein anderes Ergebnis.

24

aa) Nach dieser Norm gehen Zweifel bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zulasten des Verwenders. Hierfür muss nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel verbleiben. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB setzt mithin voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (Senat 20. Januar 2010 - 10 AZR 914/08 - Rn. 17, AP BGB § 305c Nr. 12 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 18; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 44, BAGE 127, 185; 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 14, BAGE 124, 259).

25

bb) Die Ausgleichsklausel ist nicht unklar. Es bestehen keine erheblichen Zweifel an dem am Wortlaut orientierten Auslegungsergebnis. Allein der Umstand, dass der Richter am Arbeitsgericht als Vorsitzender in der Güteverhandlung eine andere Auffassung vertreten hat, rechtfertigt die Annahme von erheblichen Zweifeln nicht. Nichts anderes gilt für den Fall, dass der Beklagte zunächst selbst eine andere Rechtsauffassung vertreten haben sollte. Es spielt deshalb keine Rolle, ob der Beklagte mit einem der Arbeitnehmer einen von seinem jetzigen Standpunkt abweichenden Vergleich geschlossen hat.

26

III. Die Kostentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

        

    Mikosch    

        

    Mestwerdt    

        

    Eylert    

        

        

        

    Thiel    

        

    Petri    

                 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 20. Januar 2010 - 5 Sa 603/09 - aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 7. Mai 2009 - 3 Ca 3854/08 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte auf die Hauptforderung Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. Dezember 2008 zu zahlen hat.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Ausgleichszahlung für die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses vor Vollendung des 65. Lebensjahres.

2

Der am 3. Juni 1944 geborene Kläger war seit dem 1. August 1974 bei der Beklagten beschäftigt. Mit Vertrag vom 21./23. Dezember 2005 vereinbarten die Parteien, ihr Arbeitsverhältnis als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortzusetzen. In dem von der Beklagten vorformulierten und mindestens fünf Mal verwendeten Vertragsformular heißt es auszugsweise wie folgt:

        

„§ 1   

Beginn und Dauer der Altersteilzeit

                 

Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis wird hiermit im gegenseitigen Einvernehmen geändert und vom 01.11.2006 bis 31.10.2008 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortgeführt.

                 

…       

                          
        

§ 3     

Abfindung

                 

Das zwischen den Vertragsparteien bestehende Arbeitsverhältnis endet auf Veranlassung des Arbeitgebers zum 31.10.2008.

                 

Für den Verlust des Arbeitsplatzes erhält der Arbeitnehmer gemäß §§ 9, 10 KSchG, § 3 Nr. 9, § 24, § 34 EStG und auf der Grundlage (von) § 10 des Tarifvertrags über Altersteilzeit vom 22.09.2000 eine Abfindung in Höhe von brutto EUR 2.168,00 zum Austrittstermin abgerechnet.

                 

Darüber hinausgehende Abfindungs- oder Ausgleichsansprüche im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, gleich aus welchem Rechtsgrund, bestehen nicht.“

3

Hinsichtlich des Tarifvertrags über Altersteilzeit vom 22. September 2000 sind die Parteien tarifgebunden. Die Beklagte zahlte ab 1990 bzw. 1992 an Beschäftigte, welche nach mindestens 15-jähriger Betriebszugehörigkeit vorzeitig ausschieden, eine sog. „Ausgleichszahlung“ für jedes Jahr der Beschäftigung mit Steigerung bis zu einer 25-jährigen Beschäftigungsdauer. Dazu traf sie unter dem 25. Juli 1990 eine „Ausgleichsregelung wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor dem 63. Lebensjahr“ und unter dem 2. April 1992 eine „Ausgleichsregelung wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Vollendung des 63. Lebensjahres“. Ziff. 3 der Ausgleichsregelung vom 2. April 1992 begrenzt den Anspruch auf maximal 18.000,00 DM. Nach Ziff. 4 der Ausgleichsregelung vom 25. Juli 1990 sollte der Ausgleichsbetrag, falls steuerrechtlich möglich, gemäß „§ 3 Absatz 9 EStG“ steuerfrei ausgezahlt werden.

4

Die Beklagte lehnte gegenüber dem Kläger auf dessen Geltendmachungsschreiben vom 31. März 2008 mit Schreiben vom 4. November 2008 die Zahlung des vom Kläger geforderten Ausgleichsbetrags ab.

5

Mit seiner der Beklagten am 3. Dezember 2008 zugestellten Klage macht der Kläger diese Ausgleichszahlung geltend.

6

Er ist der Auffassung, die Beklagte sei zur Zahlung unter dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung verpflichtet. Die Ausgleichsklausel in § 3 Abs. 3 des Altersteilzeitarbeitsvertrags stehe dem erhobenen Anspruch nicht entgegen. Als überraschende Klausel iSd. § 305c Abs. 1 BGB sei die Klausel nicht Vertragsbestandteil geworden. Zudem lasse sich ihr der Wille, auf Rechte zu verzichten, nicht entnehmen. Schließlich fielen Ansprüche der betrieblichen Altersversorgung - wie der Klageanspruch - regelmäßig nicht in den Anwendungsbereich von Ausgleichsklauseln.

7

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.203,00 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Anspruch des Klägers sei aufgrund der Ausgleichsklausel in § 3 Abs. 3 des Altersteilzeitarbeitsvertrags erloschen. Als gewöhnliche Abgeltungsklausel fehle der Vertragsbestimmung das von § 305c Abs. 1 BGB vorausgesetzte Überraschungsmoment. Ihrem Inhalt nach beschränke sie sich auf Abwicklungsansprüche nach §§ 9, 10 KSchG und die streitgegenständliche Ausgleichszahlung.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger die Wiederherstellung der klagestattgebenden Entscheidung des Arbeitsgerichts.

Entscheidungsgründe

10

A. Die zulässige Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf eine Ausgleichszahlung iHv. 9.203,25 Euro. Hiervon hat der Kläger nur 9.203,00 Euro geltend gemacht.

11

I. Der Anspruch des Klägers auf die Ausgleichszahlung war aus betrieb-licher Übung entstanden.

12

1. Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen dürfen, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. Das als Vertragsangebot zu wertende Verhalten des Arbeitgebers wird von den Arbeitnehmern angenommen, indem sie die Leistung widerspruchslos entgegennehmen (vgl. BAG 18. März 2009 - 10 AZR 281/08 - Rn. 13, BAGE 130, 21). Der Zugang der Annahmeerklärung ist nach § 151 Satz 1 BGB entbehrlich. Durch die betriebliche Übung entstehen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Entscheidend für die Entstehung des Anspruchs ist nicht der Verpflichtungswille des Arbeitgebers. Maßgeblich ist, wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste. Der Arbeitgeber kann sich auch im Hinblick auf Einmalleistungen durch eine betriebliche Übung binden (BAG 17. November 2009 - 9 AZR 765/08 - Rn. 25, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 88 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 12).

13

2. Nach diesen Grundsätzen war hier eine betriebliche Übung entstanden. Die Beklagte zahlte seit 1990 vorbehaltlos an Arbeitnehmer, die vor dem 63. Lebensjahr, und seit 1992 auch an Arbeitnehmer, die später aus einem Arbeitsverhältnis mit ihr ausschieden, einen „Ausgleich“, wie ihn auch der Kläger geltend gemacht hat. Aus diesem regelmäßigen Verhalten durften die Arbeitnehmer auf einen entsprechenden Bindungswillen der Beklagten schließen (vgl. so schon in dem weitgehend parallelen Verfahren BAG 17. November 2009 - 9 AZR 765/08 - Rn. 21 ff., AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 88 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 12).

14

3. Der Kläger erfüllte die Voraussetzungen, von denen die Beklagte in der Vergangenheit die Ausgleichszahlung abhängig gemacht hat. Das ist zwischen den Parteien unstreitig. Das Arbeitsverhältnis endete am 31. Oktober 2008 und damit zu einem Zeitpunkt, zu dem der am 3. Juni 1944 geborene Kläger das 64., aber noch nicht das 65. Lebensjahr vollendet hatte. Er war bei der Beklagten seit dem 1. August 1974 und damit mehr als 15 Jahre beschäftigt. Bei dieser Beschäftigungsdauer von insgesamt 34 Jahren war der Ausgleich einschließlich der Steigerungssätze auf den Höchstbetrag für 25 Jahre iHv. 9.203,25 Euro (18.000,00 DM) begrenzt. Der Kläger hat die Zahlung von 9.203,00 Euro deshalb zu Recht gefordert.

15

II. Der aus betrieblicher Übung entstandene Anspruch des Klägers ist nicht untergegangen. Zwar ist in § 3 Abs. 3 des Altersteilzeitarbeitsvertrags vom 21./23. Dezember 2005 bestimmt, dass über die tarifliche Abfindung hinausgehende Abfindungs- oder Ausgleichsansprüche im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, gleich aus welchem Rechtsgrund, nicht bestehen sollen. Diese Klausel ist aber nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.

16

1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Ausgleichsklausel in § 3 des Altersteilzeitarbeitsvertrags sei weder überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB noch benachteilige sie den Arbeitnehmer unangemessen. Der von dem Kläger erhobene Anspruch sei deshalb untergegangen. Das hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

17

2. Die Ausgleichsklausel ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB und unterliegt damit der richterlichen Kontrolle nach § 305 ff. BGB.

18

Der mit dem Kläger geschlossene Altersteilzeitarbeitsvertrag enthält vorformulierte Vertragsbedingungen, die die Beklagte für eine Vielzahl von Arbeitsverträgen aufgestellt hat (§ 305 Abs. 1 BGB). Tatsächlich hat die Beklagte auch mindestens fünf Mal identische Vertragsformulare verwendet.

19

3. Nach seinem Wortlaut enthält § 3 Abs. 3 des Altersteilzeitarbeitsvertrags ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis. Dieses führt regelmäßig dazu, dass die betroffene Forderung nach § 397 Abs. 2 iVm. Abs. 1 BGB erlischt.

20

a) Welche Rechtsqualität und welchen Umfang die in einer sog. Abgeltungsklausel abgegebenen Erklärungen haben, ist durch Auslegung zu ermitteln. Der Wille der Parteien, ihre Rechtsbeziehung zu bereinigen, kann insbesondere durch Erlassvertrag, konstitutives oder deklaratorisches Schuldanerkenntnis ausgedrückt werden (vgl. nur BAG 24. Juni 2009 - 10 AZR 707/08 (F) - Rn. 24 mwN, AP HGB § 74 Nr. 81; 7. November 2007 - 5 AZR 880/06 - Rn. 17, BAGE 124, 349). Die Klausel in § 3 Abs. 3 des Altersteilzeitarbeitsvertrags der Parteien ist ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis des Klägers.

21

aa) Die Bestimmungen in einem Formulararbeitsvertrag sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen (vgl. für die st. Rspr. BAG 17. November 2009 - 9 AZR 765/08 - Rn. 45, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 88 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 12). Gemäß § 305c Abs. 2 BGB gehen Zweifel bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zulasten des Verwenders, dh. des Arbeitgebers, der die Klauseln in einen Formulararbeitsvertrag eingeführt hat.

22

bb) Obwohl das Landesarbeitsgericht den Altersteilzeitarbeitsvertrag nicht ausgelegt hat, ist das Revisionsgericht im Streitfall nicht gehindert, selbst die Auslegung vorzunehmen; denn die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in Formularverträgen hat wie die Auslegung von Normen zu erfolgen.

23

cc) Wollen Parteien ihre Rechtsbeziehungen abschließend bereinigen, kommen der Erlassvertrag, das konstitutive und das deklaratorische negative Schuldanerkenntnis in Betracht. Ein Erlassvertrag ist anzunehmen, wenn die Parteien vom Bestehen einer bestimmten Schuld ausgehen, diese aber übereinstimmend nicht mehr erfüllt werden soll. Ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis liegt vor, wenn der Wille der Parteien darauf gerichtet ist, alle oder eine bestimmte Gruppe von bekannten oder unbekannten Ansprüchen zum Erlöschen zu bringen (vgl. BAG 31. Juli 2002 - 10 AZR 558/01 - zu II 2 b bb der Gründe, AP BGB § 611 Konkurrenzklausel Nr. 48 = EzA HGB § 74 Nr. 64).

24

(1) Der Wortlaut von § 3 Abs. 3 des Altersteilzeitarbeitsvertrags, „Darüber hinausgehende Abfindungs- oder Ausgleichsansprüche im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses … bestehen nicht”, spricht für den Regelungswillen der Parteien, dass außer der in § 3 Abs. 2 des Altersteilzeitarbeitsvertrags geregelten tariflichen Abfindung keine weiteren gleichartigen Ansprüche, „gleich aus welchem Rechtsgrund“, mehr bestehen sollen. Mit der Regelung haben die Parteien bewirken wollen, dass alle denkbaren sonstigen Ansprüche, die den Zweck haben, den Verlust des Arbeitsplatzes abzufinden oder auszugleichen, nicht mehr bestehen und damit gegebenenfalls erlöschen sollen.

25

(2) Die Beschränkung des konstitutiven negativen Schuldanerkenntnisses auf diese Gruppe von Ansprüchen folgt nicht nur aus dem Wortlaut, „… im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses …“, sondern vor allem aus dem systematischen Zusammenhang der Klausel. Sie steht unter der Überschrift „Abfindung“ und nimmt erkennbar Bezug auf die im vorhergehenden Absatz für den Verlust des Arbeitsplatzes geregelte Abfindungszahlung. Sie knüpft auch sprachlich hieran an („Darüber hinausgehende …“).

26

(3) Auch ein Arbeitnehmer muss die Klausel in diesem Sinne verstehen. Das Verständnis wird nicht durch juristische Fachbegriffe sprachlich erschwert. Die Bedeutung der Worte „Darüber hinausgehende Abfindungs- oder Ausgleichsansprüche …, gleich aus welchem Rechtsgrund, bestehen nicht“, lässt für einen durchschnittlichen Arbeitnehmer erkennen, dass der Arbeitgeber nicht verpflichtet sein soll, über die tarifliche Abfindung hinaus weitere etwaige Abfindungs- oder Ausgleichsansprüche zu erfüllen.

27

(4) Eine solche Ausgleichsklausel ist im Arbeitsleben auch nicht ungewöhnlich, sondern durchaus üblich. Sie war in ähnlicher Form bereits Gegenstand einer Entscheidung des Senats, der sie in diesem Sinne ausgelegt hat (BAG 7. September 2004 - 9 AZR 612/03 - zu I 2 c der Gründe, AP HGB § 75 Nr. 11 = EzA HGB § 74 Nr. 66).

28

b) Aus der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB folgt kein anderes Ergebnis.

29

aa) Nach dieser Norm gehen Zweifel bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zulasten des Verwenders. Hierfür muss nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel verbleiben. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB setzt mithin voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die nur entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 873/08 - Rn. 24, AP BGB § 611 Arbeitgeberdarlehen Nr. 4 = EzA BGB 2002 § 611 Aufhebungsvertrag Nr. 9 ; 14. Dezember 2010 - 9 AZR 642/09 - Rn. 47, NZA 2011, 509).

30

bb) Der Inhalt der Ausgleichsklausel ist nach der hier gefundenen Auslegung, wie bereits ausgeführt, unzweifelhaft. Sie ist deshalb nicht unklar. Es wird schon nach ihrem Wortlaut ausreichend deutlich, dass keine weiteren Abfindungsansprüche des Arbeitnehmers bestehen sollen. Die Klausel ist zudem in ihrer Formulierung im Arbeitsleben üblich.

31

4. Die Klausel erfasst auch den aus betrieblicher Übung entstandenen Ausgleichsanspruch des Klägers. Tatsächliche Grundlage waren die Ausgleichsregelungen der Beklagten vom 25. Juli 1990 und 2. April 1992. Beide hatten die Überschrift „Ausgleichsregelung wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ...“ (vgl. hierzu BAG 17. November 2009 - 9 AZR 765/08 - Rn. 4 f., AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 88 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 12 ). Die Auszahlung sollte nach Ziff. 4 der Regelung vom 25. Juli 1990 „steuerfrei … gemäß § 3 Absatz 9 EStG“ erfolgen. Dabei handelte es sich um Abfindungen wegen einer vom Arbeitgeber veranlassten oder gerichtlich ausgesprochenen Auflösung des Dienstverhältnisses (§ 3 Nr. 9 EStG in der maßgeblichen Fassung). Das konstitutive negative Schuldanerkenntnis in § 3 Abs. 3 des Altersteilzeitarbeitsvertrags betrifft, wie bereits ausgeführt, solche für den Verlust des Arbeitsplatzes vorgesehenen Abfindungsansprüche, und damit auch den streitgegenständlichen Ausgleichsanpruch.

32

5. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger darauf, ein Verzicht auf Altersversorgungsansprüche müsse eindeutig und zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht werden (vgl. BAG 20. April 2010 - 3 AZR 225/08 - Rn. 50, AP BetrAVG § 1 Nr. 63). Bei der hier streitigen Ausgleichszahlung handelt es sich nicht um einen Anspruch der betrieblichen Altersversorgung. Ein solcher liegt vor, wenn Leistungen der Alters-, der Invaliditäts- oder der Hinterbliebenenversorgung aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugesagt sind. Die Zusage muss einem Versorgungszweck dienen und die Leistungspflicht nach dem Inhalt der Zusage durch ein im Gesetz genanntes biologisches Ereignis, nämlich Alter, Invalidität oder Tod ausgelöst werden (BAG 16. März 2010 - 3 AZR 594/09 - Rn. 23, AP BetrAVG § 7 Nr. 116 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 93). Die von der Beklagten im Wege der Gesamtzusage versprochenen Leistungen knüpften nicht an eines der genannten Risiken an, sondern dienten dem Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes.

33

6. Das konstitutive negative Schuldanerkenntnis ist entgegen der Auffassung der Revision Bestandteil des Altersteilzeitarbeitsvertrags geworden.

34

a) Bestimmungen in Formulararbeitsverträgen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Arbeitnehmer mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nach § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil(BAG 14. Dezember 2010 - 9 AZR 642/09 - Rn. 50, NZA 2011, 509). Klauseln im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB liegen dann vor, wenn ihnen ein Überrumpelungseffekt innewohnt, weil sie eine Regelung enthalten, die von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht und mit der dieser den Umständen nach vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Zwischen den durch die Umstände bei Vertragsschluss begründeten Erwartungen und dem tatsächlichen Vertragsinhalt muss ein deutlicher Widerspruch bestehen. Da sich das Überraschungsmoment auch aus dem Erscheinungsbild des Vertrags ergeben kann, ist es möglich, dass auch das Unterbringen einer Klausel an einer unerwarteten Stelle im Text sie deswegen als Überraschungsklausel erscheinen lässt. Das Überraschungsmoment ist um so eher zu bejahen, je belastender die Bestimmung ist. Im Einzelfall muss der Verwender darauf besonders hinweisen oder die Klausel drucktechnisch hervorheben (BAG 23. Februar 2005 - 4 AZR 139/04 - zu II 4 b cc (1) der Gründe, BAGE 114, 33).

35

b) Die Vereinbarung eines konstitutiven negativen Schuldanerkenntnisses war nach den Gesamtumständen nicht ungewöhnlich. Der Kläger musste damit rechnen.

36

aa) Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich der Überrumpelungseffekt nicht schon aus dem äußeren Erscheinungsbild des Altersteilzeitarbeitsvertrags. Es trifft zwar zu, dass die Ausgleichsklausel im Text unter der Überschrift „Abfindung“ enthalten und nicht drucktechnisch hervorgehoben ist. Dies war auch nicht notwendig. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Text des Altersteilzeitarbeitsvertrags nur auf zwei Seiten verteilt ist und insgesamt eine Länge von etwas mehr als einer Seite aufweist. § 3 des Altersteilzeitarbeitsvertrags hat nur drei kurze Absätze mit insgesamt drei Sätzen. Wegen dieser Kürze des Textes ist schon ausgeschlossen, den Arbeitnehmer mit einer versteckten Klausel zu überraschen. Zudem befindet sich die Klausel im Text unmittelbar hinter der geregelten Abfindungszahlung. Es ist deshalb kaum möglich, den Anspruch auf Abfindungszahlung ohne die Ausgleichsklausel zur Kenntnis zu nehmen.

37

bb) Ein Arbeitnehmer muss auch mit einer solchen Klausel rechnen. Die Parteien regelten in § 1 des Altersteilzeitarbeitsvertrags die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zum 31. Oktober 2008. Nur deshalb sollte die Abfindung nach § 3 Abs. 2 des Altersteilzeitarbeitsvertrags gezahlt werden. Es ist durchaus üblich und weder ungewöhnlich noch überraschend, in Beendigungsvereinbarungen Ausgleichs- oder Abgeltungsklauseln aufzunehmen (vgl. BAG 17. November 2009 - 9 AZR 765/08 - Rn. 49, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 88 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 12).

38

7. Die Bestandteil des Altersteilzeitarbeitsvertrags gewordene Klausel hält jedoch nicht der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand. Sie ist wegen unangemessener Benachteiligung des Klägers gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

39

a) Die Klausel ist nicht nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB einer Inhaltskontrolle entzogen.

40

aa) Diese Vorschrift bestimmt, dass ua. die Regelungen des § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB nur dann Anwendung finden, wenn durch Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Daraus wird die Kontrollfreiheit der vertraglichen Hauptleistungspflichten hergeleitet. Das Äquivalenzverhältnis im gegenseitigen Vertrag soll der Kontrolle entzogen werden (vgl. BGH 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10 - Rn. 26, BGHZ 187, 360). Abreden über den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistung unterliegen aus Gründen der Vertragsfreiheit regelmäßig ebenso wenig wie Vereinbarungen über das von dem anderen Teil zu erbringende Entgelt einer Inhaltskontrolle (vgl. BGH 9. Mai 2001 - IV ZR 121/00 - zu I 1 c der Gründe, BGHZ 147, 354).

41

bb) Nach diesen Maßstäben unterliegt die Ausgleichsklausel der gerichtlichen Inhaltskontrolle. Sie regelt weder Hauptleistungspflichten noch deren Teil, sondern ist kontrollfähige Nebenbestimmung.

42

(1) Ist die Beendigungsvereinbarung ein selbstständiges Rechtsgeschäft, bei dem die Hauptleistung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bzw. der Verzicht auf zukünftige Ansprüche ist, kann die Beendigung als solche keiner vertraglichen Inhaltskontrolle und einer entsprechenden Angemessenheitsprüfung unterzogen werden (BAG 3. Juni 2004 - 2 AZR 427/03 - zu B IV 3 der Gründe; 27. November 2003 - 2 AZR 135/03 - zu B IV 3 der Gründe, BAGE 109, 22). Im Äquivalenzverhältnis stehen im Falle einer Beendigung gegen Abfindungszahlung jedoch lediglich die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses und die Abfindungszahlung (Thüsing/Leder BB 2004, 42), nicht aber eine Ausgleichsklausel. Es kann dahinstehen, ob diese Kontrollfreiheit auch besteht, wenn die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses nur Teil der Änderung eines Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis ist. Als Teil eines Aufhebungsvertrags ist die Ausgleichsklausel nur Nebenabrede zur kontrollfreien Aufhebungsvereinbarung und Abfindungszahlung. Die eine Leistung nur begleitenden Klauseln, wie die Ausgleichsklausel, sind einer Kontrolle durch die Gerichte nicht entzogen (vgl. ErfK/Preis 11. Aufl. §§ 305 - 310 BGB Rn. 40).

43

(2) Die hier von der Beklagten aufgestellte Ausgleichsklausel stellt eine von Rechtsvorschriften abweichende Regelung dar.

44

Hierzu ist es nicht erforderlich, dass eine AGB-Bestimmung von dispositivem Gesetzesrecht abweicht. Rechtsvorschriften iSd. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind auch anerkannte, ungeschriebene Rechtsgrundsätze und Prinzipien(vgl. BGH 15. Juli 1997 - XI ZR 269/96 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 136, 261). Hierzu gehört das im Schuldrecht verankerte und anerkannte Äquivalenzprinzip. Es dient dazu, das ursprünglich von den Parteien festgelegte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung zu erhalten. Dieses Gleichgewicht wird durch einseitigen Anspruchsverzicht oder -erlass gestört. Der Arbeitnehmer verliert ohne kompensatorische Gegenleistung Ansprüche, unabhängig davon, ob sachliche Gründe dies rechtfertigen (vgl. Thies Der Schutz des Arbeitnehmers bei Abschluss arbeitsrechtlicher Aufhebungsverträge S. 314 f.). Zudem folgt aus den Verjährungsvorschriften des § 194 ff. BGB, dass ein Anspruchshindernis erst nach geraumer Zeit eintreten kann. Hiervon weicht ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis ab; denn es führt dazu, dass der Anspruch ohne zeitliche Verzögerung untergeht (vgl. zu Ausschlussfristen: BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 116, 66).

45

8. Die Ausgleichsklausel hält der Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB nicht stand.

46

a) Gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Zur Beurteilung der Angemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall gelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Beachtung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt (BAG 14. Dezember 2010 - 9 AZR 642/09 - Rn. 53, NZA 2011, 509).

47

b) Diese Voraussetzungen einer unangemessenen Benachteiligung sind erfüllt. Dies folgt daraus, dass der Arbeitnehmer einseitig und ohne kompensatorische Gegenleistung auf weitere Ausgleichsansprüche für die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses verzichten soll.

48

aa) Das Bundesarbeitsgericht hat zu einer einseitigen nur für Ansprüche des Arbeitnehmers geltenden Ausschlussfrist angenommen, der Arbeitgeber versuche damit missbräuchlich, sein eigenes Interesse an einer raschen Klärung offener Ansprüche ohne angemessenen Ausgleich durchzusetzen. Diese Benachteiligung des Arbeitnehmers sei sachlich nicht zu begründen. Es sei nicht ersichtlich, dass es für den Arbeitgeber schwerer möglich sei als für den Arbeitnehmer, Ansprüche durchzusetzen. Die einseitig den Arbeitnehmer treffende Erschwerung der Durchsetzung von Ansprüchen und der bei Fristversäumnis nur für den Arbeitnehmer vorgesehene völlige Anspruchsverlust widersprächen einer ausgewogenen Vertragsgestaltung (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 5 b dd (2) der Gründe, BAGE 115, 372).

49

bb) Diese Grundsätze gelten erst recht für Ausgleichsklauseln, die einen unmittelbaren Verlust von Ansprüchen bewirken sollen und damit den Arbeitnehmer noch stärker belasten als Ausschlussfristen. Bei Ausschlussfristen besteht für den Arbeitnehmer die Möglichkeit, während der Frist seine Ansprüche durchzusetzen; bei einer Verzichtserklärung, durch die die Frist „auf Null“ gesetzt wird (Preis DB 2006, 2812, 2815), besteht diese Möglichkeit nicht.

50

cc) Einen angemessenen Ausgleich gewährt der vorliegende Altersteilzeitarbeitsvertrag nicht. Die in seinem § 3 Abs. 2 angeführte Abfindung begründet keinen neuen Anspruch, sondern verweist nur deklaratorisch auf die „Grundlage von § 10 des Tarifvertrags über Altersteilzeit vom 22.09.2000“. Die Belange des Arbeitnehmers werden damit nicht angemessen berücksichtigt. Ihm werden Ansprüche genommen, ohne dass dem eine entsprechende Gegenleistung des Arbeitgebers gegenübersteht (vgl. für den Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage ohne notwendige Kompensation: BAG 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - Rn. 37, BAGE 124, 59).

51

dd) Dem lässt sich nicht mit Erfolg entgegenhalten, der Anspruchsverlust betreffe vorliegend nicht, wie regelmäßig bei Ausschlussfristen, alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, sondern nur Abfindungs- und abfindungsähnliche Ansprüche. Zwar kann eine unangemessene Benachteiligung ausgeschlossen sein, wenn eine Klausel nur geringfügige Ansprüche des Arbeitnehmers betrifft. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB zeigt allerdings, dass wesentliche Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, nicht geringfügig sein können. Gerade bei Beendigungsvereinbarungen sind Abfindungs- und Ausgleichsansprüche für den Verlust des Arbeitsplatzes von wesentlicher Bedeutung.

52

ee) Das konstitutive negative Schuldanerkenntnis belastet zudem einseitig nur den Arbeitnehmer. Nach § 3 Abs. 3 des Altersteilzeitarbeitsvertrags sollen über die im vorstehenden Absatz beschriebene tarifliche Abfindung keine darüber hinausgehenden Ansprüche im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestehen. Damit wird deutlich, dass nur Ansprüche des Arbeitnehmers betroffen sein sollen; denn Abfindungs- und abfindungsähnliche Ausgleichsansprüche des Arbeitgebers sind kaum denkbar. Eine Gegenleistung des Arbeitgebers ist, wie bereits dargelegt, nicht vereinbart. Es kann dahinstehen, ob Arbeitnehmer einseitig ihrem Arbeitgeber bestimmte Ansprüche auch formularmäßig und ohne Kompensation erlassen können. Dies würde aber zumindest voraussetzen, dass sich die Klausel auf die dem Arbeitnehmer bekannten Ansprüche beschränkt und diese konkretisiert sind. Zumindest an Letzterem fehlt es. Die Ausgleichsklausel benennt nicht den streitgegenständlichen aus betrieblicher Übung entstandenen Ausgleichsanspruch.

53

c) Die nach § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB gebotene Berücksichtigung der Besonderheiten im Arbeitsrecht führt zu keinem anderen Ergebnis. Zwar sind im Arbeitsrecht Ausgleichsklauseln in verschiedenen Formen üblich (vgl. BAG 19. November 2008 - 10 AZR 671/07 - Rn. 32, AP ZPO § 448 Nr. 7 = EzA ZPO 2002 § 448 Nr. 2). Es gibt aber keine Gründe, Ausgleichsklauseln generell trotz ihres möglichen Überraschungseffekts, ihrer unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers und ihrer möglichen Intransparenz für wirksam zu erachten. Aus der Üblichkeit allein folgt weder die Rechtmäßigkeit noch die Angemessenheit einer Klausel, die „an sich“ in Formularverträgen unzulässig ist. Ansonsten würde zu Unrecht die bisherige Üblichkeit von Ausgleichsquittungen rechtfertigend berücksichtigt, wenn dem Arbeitgeber als Verwender ohne begründete und billigenswerte Interessen und ohne Gegenleistung zugestanden würde, mit vorformulierten Klauseln bestehende Ansprüche des Arbeitnehmers zum Erlöschen zu bringen (vgl. LAG Düsseldorf 13. April 2005 - 12 Sa 154/05 - zu B II 3 der Gründe, LAGE BGB 2002 § 307 Nr. 7).

54

B. Der Kläger hat erst ab 4. Dezember 2008 Anspruch auf Zinsen. Er macht Prozesszinsen geltend („seit Klageerhebung“). Das Arbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, er könne schon seit dem 3. Dezember 2008 Prozesszinsen beanspruchen. Die Verzinsungspflicht für Prozesszinsen beginnt nach §§ 291, 187 Abs. 1 BGB erst mit dem Folgetag der Rechtshängigkeit, die hier am 3. Dezember 2008 eintrat (vgl. BAG 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 64 mwN, BAGE 127, 367).

55

C. Da die Berufung der Beklagten zurückzuweisen ist, verbleibt es im Ergebnis bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung. Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu tragen. Das teilweise Unterliegen des Klägers hinsichtlich der erhobenen Zinsforderung ist geringfügig und hat auf die Bildung der Kostenquote keinen Einfluss, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

        

    Krasshöfer    

        

    Suckow    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    Preuß    

        

    Merte    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 25.04.2012, Az.. 4 Ca 2684/11 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Zahlung von Schadensersatz wegen unterbliebener Zielvereinbarung.

2

Der Kläger war auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 18.09.2009 (Bl. 23 ff. d. A.) bei der XY GmbH als Leiter Controlling beschäftigt. Neben einem festen, in 12 gleichen Teilbeträgen zu zahlenden Jahresgehalt sieht Ziffer 3 b des Arbeitsvertrages eine erfolgsabhängige Vergütung wie folgt vor:

"b.

3

Zusätzlich zum festen Gehalt erhält Herr A. eine erfolgabhängige Vergütung. Berechnungsgrundlage ist die Erreichung individueller Ziele als auch Ziele des Unternehmens. Die genaue Berechnungsgrundlage, wird mit Herrn A. bis spätestens April 2009 besprochen und vereinbart (generelles Berechnungsschema s. Anlage, wobei 20.000 EUR einem Zielerreichungsgrad von 100 % entsprechen). Die Ziele werden üblicherweise im November/Dezember des Vorjahres in Absprache mit dem Vorgesetzten vereinbart, die Auszahlung erfolgt jährlich innerhalb von vier Wochen nach Abschluss der geprüften Jahresbilanz."

4

Zum Abschluss einer Zielvereinbarung kam es nicht.

5

Am 01.12.2009 wurde über das Vermögen der XY GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Beklagte trat mit dem 08.12.2009 die Betriebsnachfolge dieser in Liquidation befindlichen Gesellschaft an.

6

Unter dem Datum "07.12.2009" unterzeichneten der Kläger und die Insolvenzverwalterin über das Vermögen der XY GmbH einen Aufhebungsvertrag, in dem es auszugsweise heißt:

7

„1. Die Parteien vereinbaren im gegenseitigen Einvernehmen, dass das Arbeitsverhältnis zum 31. März 2010 unter Einhaltung der Kündigungsfrist wegen Insolvenz der XY sein Ende findet.

8

2. Bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat Herr H. Anspruch auf die vertragliche, monatliche Vergütung bzw. dem ihm zustehenden Urlaubsanspruch von 2,5 Tagen monatlich.

9

[...]

10

5. Mit der Erfüllung dieses Aufhebungsvertrags sind sämtliche wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus dem Arbeitsverhältnis und aus Anlass seiner Beendigung abgegolten. Dies gilt für alle Ansprüche der Beteiligten gleich welcher Art bzw. aus welchem Rechtsgrund.“

11

Ziffer 2 des Aufhebungsvertrags wurde auf Wunsch des Klägers aufgenommen, nachdem die Insolvenzverwalterin gegenüber dem Kläger mit vertragswidriger Einstellung der Lohnzahlung gedroht hatte für den Fall, dass der Kläger den Aufhebungsvertrag nicht unterzeichnet.

12

Der Kläger focht den Aufhebungsvertrag am 13.04.2010 unter anderem wegen widerrechtlicher Drohung an und hielt ihn zudem wegen Umgehung des § 613 a BGB für unwirksam. Er hat ferner die Auffassung vertreten, dass die Beklagte bereits zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages Betriebsnachfolgerin der XY GmbH gewesen sei, so dass der von der Insolvenzverwalterin unterzeichnete Aufhebungsvertrag keine Rechtswirkungen zwischen den Parteien hätte entfalten können.

13

Über die Wirksamkeit dieses Aufhebungsvertrags führten die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits sodann einen Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Koblenz (- 4 Ca 591/10 -), der im Berufungsverfahren vor dem LAG Rheinland-Pfalz durch Vergleich vom 3. März 2011 (- 11 Sa 620/10 -) erledigt wurde. In dem Vergleich vereinbarten die Parteien, soweit hier von Bedeutung (Bl. 31 d.A):

14

„1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund des Aufhebungsvertrages vom 7. Dezember 2009 mit Ablauf des 31. März 2010 beendet worden ist.
2. Für den Verlust des sozialen Besitzstandes zahlt die Beklagte an den Kläger in entsprechender Anwendung der §§ 9,10 KSchG eine Abfindung in Höhe von 40.000,00 EUR brutto.
3. [Kosten des Rechtsstreits]
4. [Erledigung des Rechtsstreits]"

15

Der Kläger vertritt die Auffassung, die XY GmbH bzw. die Beklagte hätten mit ihm pflichtwidrig keine Zielvereinbarung getroffen. Die mutmaßlich gesetzten Ziele wären in vollem Umfang erreicht worden. Deshalb stehe ihm als Schadensersatz zeitanteilig die erfolgsabhängige Vergütung für 2009 und 2010 zu. Für diese Verbindlichkeit hafte die Beklagte nach § 613 a Abs.1 BGB.

16

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie des wechselseitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird im Übrigen Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 25.04.2012, Az: 4 Ca 2684/11 (Bl. 153 ff. d. A.).

17

Durch das genannte Urteil hat das Arbeitsgericht die auf Zahlung von 9.624,00 EUR brutto nebst gesetzlicher Verzugszinsen gerichtete Klage des Klägers abgewiesen und zur Begründung - zusammengefasst - ausgeführt:

18

Durch den gerichtlichen Vergleich vom 03.03.2011 hätten die Parteien auf den Aufhebungsvertrag mit Datum vom 07.12.2009 insgesamt und einschränkungslos und damit unter Einschluss der Abgeltungsklausel in Ziffer 5 des Aufhebungsvertrages Bezug genommen. Der gerichtliche Vergleich stelle sich als Bestätigung des Aufhebungsvertrages dar; er sei ungeachtet evtl. Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe erneut wirksam vereinbart worden. Ziffer 5 des Aufhebungsvertrages enthalte auch eine wirksame Abgeltungsklausel. Eine Kontrolle an den Maßstäben des AGB-Rechts finde bereits deshalb nicht statt, weil die Geltung des Aufhebungsvertrages im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs vereinbart und damit im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB ausgehandelt worden sei. Auch der Inhalt des ursprünglichen Aufhebungsvertrages sei zwischen den Parteien ausgehandelt worden, da Ziffer 2 des Aufhebungsvertrages auf Wunsch des Klägers hin aufgenommen worden sei. Die Abgeltungsklausel in Ziffer 5 erfasse auch die erfolgsabhängige Vergütung. Ziffer 2 des Aufhebungsvertrages erfasse nur die vertragliche monatliche Vergütung. Bei der erfolgsabhängigen Vergütung nach Ziffer 3 des Arbeitsvertrages handele es sich aber um eine jährliche Zahlung und nicht um eine monatliche Vergütung.

19

Das genannte Urteil ist dem Kläger am 04.05.2012 zugestellt worden. Er hat hiergegen mit einem am 04.06.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 04.07.2012, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen, begründet. Zur Begründung seiner Berufung macht der Kläger nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes sowie des weiteren Schriftsatzes vom 11.09.2012, auf die jeweils ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 186 ff., 237 ff. d. A.), im Wesentlichen geltend:

20

Im gerichtlichen Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht sei entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht die Aufhebungsvereinbarung insgesamt in Bezug genommen worden. Den Parteien sei es im Hinblick auf die Vereinbarung einer Abfindung lediglich darum gegangen, einen Rechtsgrund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien zu vereinbaren. Es sei den Parteien daher ausschließlich um die Beendigungswirkung des Aufhebungsvertrages gegangen. Da der Aufhebungsvertrag ungeachtet des in ihm enthaltenen Unterzeichnungsdatums tatsächlich erst am 08.12.2009 zustande gekommen sei, habe er schlichtweg keinerlei Rechtswirkungen zwischen den Parteien entfaltet. Die Parteien hätten mit dem Vergleich insoweit klargestellt, dass das Vertragsverhältnis unbeschadet der fehlenden Arbeitgebereigenschaft der Insolvenzverwalterin zum Zeitpunkt der tatsächlichen Unterzeichnung des Vertrages durch den Aufhebungsvertrag mit dem 31.03.2010 seine Beendigung gefunden hatte.

21

Zu Unrecht sei das Arbeitsgericht auch von der Wirksamkeit der Abgeltungsklausel ausgegangen. Der Aufhebungsvertrag sei im Termin vor dem Landesarbeitsgericht am 03.03.2011 selbst nicht noch einmal ausgehandelt worden. Es sei zwar zutreffend, dass seinerzeit Ziffer 2 des Aufhebungsvertrages auf Wunsch des Klägers aufgenommen worden sei. Ziffer 5 des Aufhebungsvertrages indessen sei nicht ausgehandelt worden. Da der Aufhebungsvertrag keinerlei Kompensation für den Verlust des Arbeitsplatzes enthalten habe, stelle die Ausgleichsklausel eine unangemessene Benachteiligung dar. Zudem verstoße sie gegen das Transparenzgebot, da sie nicht erkennen lasse, welche Ansprüche bereits wegen einer rechtlichen Unverzichtbarkeit von ihr nicht erfasst würden. Zudem sei der Kläger davon ausgegangen, dass mit Nr. 2 des Vertrages sämtliche Vergütungsansprüche bis zur Beendigung des Vertragsverhältnisses zu befriedigen seien. Ein Verzicht auch auf unstreitig bestehende Ansprüche entspreche nicht dem Willen der Parteien.

22

Der Kläger beantragt,

23

unter Abänderung des am 25.04.2012 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz -4 Ca 2684/11- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 9.624,-- € brutto nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2011 zu bezahlen.

24

Die Beklagte beantragt,

25

die Berufung zurückzuweisen.

26

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung mit Schriftsatz vom 02.08.2012, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 215 ff. d. A.), als zutreffend. Dem vor dem Landesarbeitsgericht am 03.03.2011 geschlossenen Vergleich lasse sich nicht entnehmen, dass der Aufhebungsvertrag nur hinsichtlich seiner Ziffer 1 in Bezug genommen werden sollte. Der Beklagten sei es gerade auch darum gegangen, alle gegenseitigen Ansprüche der Parteien zu erledigen. Zutreffend sei das Arbeitsgericht auch von einem Aushandeln der Vertragsbedingungen ausgegangen. Nicht nur Ziffer 2, sondern auch Ziffer 3 seien auf Wunsch des Klägers in den Aufhebungsvertrag aufgenommen worden. Aus den handschriftlichen Notizen auf dem ersten Entwurf eines Aufhebungsvertrages (Bl. 230 d. A.) ergebe sich, dass der Kläger sehr wohl erkannt habe, welche Konsequenz der Aufhebungsvertrag für den streitgegenständlichen Bonusanspruch haben würde. Selbst bei einer Kontrolle der Klausel an den Maßstäben des AGB-Rechts sei diese nicht zu beanstanden.

27

Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

28

Die Berufung ist zulässig, Das Rechtsmittel ist an sich statthaft. Die Berufung wurde auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

II.

29

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Ein eventueller Anspruch des Klägers ist in Folge des gerichtlichen Vergleichs vor dem Landesarbeitsgericht vom 3.3.2011 im Verfahren Az. 11 Sa 620/10 in Verbindung mit Ziff. 5 des Aufhebungsvertrags mit Datum vom 7.12.2009 ausgeschlossen. Es kann deshalb dahinstehen, ob dem Kläger die geltend gemachten Schadensersatzansprüche wegen unterbliebener Zielvereinbarung der Sache nach zustünden.

30

1. Ziff. 5 des Aufhebungsvertrags erfasst zunächst die vom Kläger nunmehr verfolgten Ansprüche. Bei diesen handelt es sich nicht um Bestandteile der in Ziff. 2 des Aufhebungsvertrags genannten vertraglichen, monatlichen Vergütung. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Kläger nicht die Zahlung der eigentlichen, von einer Zielvereinbarung abhängigen vertraglichen Bonuszahlung begehrt, sondern Schadensersatz wegen unterbliebener Zielvereinbarung. Das Arbeitsgericht hat ferner zutreffend darauf hingewiesen, dass selbst ein eigentlicher Bonus-Anspruch nicht Teil der monatlichen Vergütung wäre, sondern vertraglich als jährliche Sonderzahlung ausgestaltet ist.

31

2. Die Regelungen des Aufhebungsvertrages vom 7.12.2009 und auch Ziff. 5 sind Inhalt einer zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung geworden.

32

a) Selbst wenn die ursprüngliche Vereinbarung anfechtbar gewesen sein sollte oder die auf Seiten der ursprünglichen Arbeitgeberin des Klägers unterzeichnende Person aufgrund eines früheren Vollzugs des Betriebsübergangs keine mehr für die Beklagte bindenden Erklärungen mehr hätte abgeben können, ist sie zu einer vertraglichen Vereinbarung zwischen den Parteien geworden.

33

Das Arbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass durch den Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 3.3.2011 im Verfahren Az. 11 Sa 620/10 der Aufhebungsvertrag vom 7.12.2009 insgesamt in Bezug genommen worden ist. In diesem Rechtsstreit war die Wirksamkeit des Vertrags insgesamt und nicht nur hinsichtlich einzelner Bestimmungen in Abrede gestellt worden. Wenn Ziff. 1 des Vergleichs diesen Aufhebungsvertrag einschränkungslos in Bezug nimmt und -ergänzt um eine Abfindungszahlung- zur Grundlage der Beendigung des Arbeitsverhältnisses macht, haben die Parteien damit im Wege des gegenseitigen Nachgebens die Frage der Rechtswirksamkeit des Vertrags und der Rechtsverbindlichkeit zwischen Ihnen dem Streit entzogen und zum Ausdruck gebracht, dass dieser Vertrag zwischen ihnen gelten soll. Hierin liegt eine neue vertragliche Vereinbarung, wodurch nicht nur die Folgen einer eventuell begründeten Anfechtung nach § 141 Abs. 1 BGB beseitigt wurden, sondern Zweifel hinsichtlich weiterer Unwirksamkeitsgründe insgesamt beseitigt werden sollten.

34

b) Selbst wenn unterstellt wird, dass es sich bei Ziff. 5 des Aufhebungsvertrags um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt (dazu sogleich), scheitert deren Einbeziehung in den Vertrag nicht an § 305c Abs. 1 BGB.

35

aa) Durch die fragliche Klausel wollten die Parteien ihre Rechtsbeziehung bereinigen. Der Wille der Parteien war darauf gerichtet, alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis unabhängig von Art und Rechtsgrund zum Erlöschen zu bringen. Es handelt sich damit um ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis.

36

bb) Derartige Klauseln sind bei Abschluss einer Beendigungsvereinbarung nicht ungewöhnlich, sondern üblich (vgl. BAG 21.6.2011 -9 AZR 203/10- EzA § 307 BGB 2002 Nr. 53). Der Text des Aufhebungsvertrags ist kurz und leicht überschaubar. Die Klausel befindet sich nicht an versteckter Stelle. Sie ist leicht zur Kenntnis zu nehmen.

37

3. Bei Ziff. 5 des Aufhebungsvertrags handelt es sich zwar um eine Allgemeine Geschäftsbedingung oder jedenfalls um eine vorformulierte Vertragsbedingung im Sinne des § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB, so dass eine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stattfindet. Die Klausel hält aber dieser Inhaltskontrolle stand.

38

a) Ziff. 5 ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung. Es handelt sich insoweit gerichtsbekannt um eine Vertragsbedingung, die in einer Vielzahl von Fällen Verwendung findet. Jegliche, auf den vorliegenden Sachverhalt konkret abstellende Individualisierung fehlt. Jedenfalls liegt unstreitig eine arbeitgeberseitig vorformulierte Vertragsbedingung vor.

39

b) Die Inhaltskontrolle scheitert nicht daran, dass die Klausel zwischen den Vertragspartnern im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB im Einzelnen ausgehandelt wurde bzw. der Kläger im Sinne des § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB auf ihren Inhalt hätte Einfluss nehmen können. Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und -wie vorliegend- einem Verbraucher, gelten dabei Allgemeine Geschäftsbedingungen als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie vom Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden.

40

Die Formulierung des ursprünglichen, als auch des dann zur Unterzeichnung gelangten Aufhebungsvertrags erfolgten durch die seinerzeitige Arbeitgeberin des Klägers. Der Kläger hat zwar eingeräumt, dass Ziff. 2 des Aufhebungsvertrags vom 7.12.2009 auf seinen Wunsch hin aufgenommen wurde. Dass er aber auf den Inhalt der in Ziff. 5 enthaltenen Klausel Einfluss hätte nehmen können oder genommen hat und die vormalige Arbeitgeberin diese ernsthaft zur Disposition gestellt hätte, ist nicht ersichtlich. Ebensowenig hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte (vgl. PWW-BGB, 6. Aufl., § 305 BGB Rz. 15; § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB) darlegen können, dass im Rahmen der Verhandlungen über den gerichtlichen Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht über den Inhalt der Ziff. 5 des in Bezug genommenen Aufhebungsvertrags gesprochen oder verhandelt worden wäre und der Kläger auf deren Inhalt hatte Einfluss nehmen können oder deren Beibehalt gar von ihm verlangt worden wäre.

41

c) Die fragliche Klausel hält aber einer Inhaltskontrolle stand.

42

aa) Gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Zur Beurteilung der Angemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall gelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Beachtung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt (BAG 21.6.2011 -9 AZR 203/10-aaO.).

43

bb) Eine einseitige Vertragsgestaltung zur missbräuchlichen Durchsetzung eigener Interessen auf Kosten des Klägers in diesem Sinne liegt nicht vor.

44

Zunächst beinhaltet die Klausel anders als die Klausel, die dem Urteil des BAG vom 21.6.2011 (aaO.) zugrunde lag, keinen einseitigen, nur den Kläger betreffenden Verzicht auf Ansprüche, sondern erfasst auch eventuelle Gegenansprüche der Beklagten, u.a. auch solche, die von der ursprünglichen arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung (Ziff. 14 des Arbeitsvertrags) ausgenommen sein sollten.

45

Unter Berücksichtigung von Eigenart, Gegenstand und Zweck des Geschäfts stellt die Klausel unter Beachtung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise nicht generell eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners dar.

46

Wie bereits ausgeführt, wurde durch den gerichtlichen Vergleich im Verfahren des Landesarbeitsgerichts, Az. 11 Sa 620/10 der Aufhebungsvertrag insgesamt in Bezug genommen, dessen Wirksamkeit zwischen den Parteien streitig war. Für die Angemessenheitskontrolle macht es keinen Unterschied, ob die Klausel in den eigentlichen Vergleichstext oder in einer im Vergleich in Bezug genommenen Vereinbarung enthalten ist. Die Angemessenheitskontrolle kann daher nicht nur isoliert den Inhalt der ursprünglichen Aufhebungsvereinbarung zum Gegenstand haben, sondern muss den übrigen Inhalt des Vergleichs berücksichtigen.

47

Ziel der Vereinbarung im gerichtlichen Vergleich war die Herstellung von Rechtsverbindlichkeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Typischerweise verfolgen derartige Vergleiche auch den Zweck, die arbeitsvertragliche Rechtsbeziehung umfassend zu regeln, um Folgestreitigkeiten zu vermeiden und zu einer umfassenden Befriedung zu gelangen. Hierbei sind Klauseln wie die vorliegende üblich und die Regel (vgl. BAG 19.11.2008 -10 AZR 671/07- EzA § 448 ZPO 2002 Nr 2). Die Abfindung in einem derartigen Vergleich ist zwar primär Gegenleistung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, gleichwohl werden im Rahmen der Verhandlungen über die Abfindungshöhe aber auch andere Faktoren berücksichtigt, etwa behauptete, aber in ihren tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen zwischen den Parteien streitige Ansprüche. Der im Vergleich durch Inbezugnahme des Aufhebungsvertrags vorgesehene Anspruchsverzicht bei gleichzeitiger Vereinbarung einer Abfindung führt damit nicht zu einem kompensationslosen Verlust von Ansprüchen ohne sachlichen Grund. Der sachliche Grund liegt in dem von den Parteien regelmäßig und zulässigerweise verfolgten Zweck das Arbeitsverhältnis abschließend zu bereinigen und alle Ansprüche zu erledigen. Die Klausel bezog sich vorliegend auch nicht etwa auf unstreitig bestehende Ansprüche des Klägers. Es war keinesfalls in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unzweifelhaft, ob und vor allem in welcher Höhe der Kläger ggfs. als Schadensersatz aufgrund eines unterlassenen Zielvereinbarungsangebots Zahlungen verlangen könnte.

48

cc) Die Klausel beinhaltet auch nicht in Anwendung des sog. Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 Satz BGB eine unangemessene Benachteiligung.

49

Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung (BAG 14.9.2011 -5 AZR 526/10- EzA § 307 BGB 2002 Nr 54).

50

Eine gerade durch eine unklare Formulierung begründete Gefahr der Nichtwahrnehmung von Rechten wird durch die hier fragliche Klausel nicht begründet. Im Gegenteil ist ihr leicht und ohne Gefahr von Missverständnissen der Anspruchsausschluss zu entnehmen. Soweit das LAG Berlin-Brandenburg (5.6.2007 - 12 Sa 524/07- LAGE § 307 BGB 2002 Nr 13; hierauf Bezug nehmend auch LAG Berlin-Brandenburg 24.11.2011 – 5 Sa 1524/11- juris) die Auffassung vertreten hat, dem Transparenzgebot werde nur Genüge getan, wenn in der Klausel die ihr unterfallenden Ansprüche konkret bezeichnet würden, folgt dem die Kammer nicht. Diese Frage betrifft nicht die Frage der Transparenz, sondern die Wirkungen der Klausel im Rechtskreis des Betroffenen (LAG Thüringen 17.4.2012 -1 Sa 253/11- juris). Im Gegensatz zu den genannten Entscheidungen des LAG Berlin-Brandenburg handelte es sich vorliegend auch nicht um eine in einer Ausgleichsquittung enthaltene Ausschlussklausel, die nach unstreitig erfolgter Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorgelegt wurde. Zu berücksichtigen ist weiter, dass unschwer zu erkennen ist, dass vorliegend nicht die unverzichtbaren Urlaubs- und Altersversorgungsansprüche erfasst werden. Urlaubsansprüche sind in Ziff. 2 geregelt. Altersversorgungsansprüche bestehen ausweislich des Arbeitsvertrags, Ziff. 6, nicht.

III.

51

Die Berufung des Klägers war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Ein Revisionszulassungsgrund besteht nicht.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 255/03 Verkündet am:
5. Oktober 2004
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Die Zubilligung einer Geldentschädigung wegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung
hat ihre Wurzel im Verfassungsrecht und Zivilrecht und stellt keine
strafrechtliche Sanktion dar.

b) Bei der Bemessung der Geldentschädigung stellen der Gesichtspunkt der Genugtuung
des Opfers, der Präventionsgedanke und die Intensität der Persönlichkeitsrechtsverletzung
Bemessungsfaktoren dar, die sich je nach Lage des Falles unterschiedlich
auswirken können (Ergänzung der Senatsurteile BGHZ 128, 1; vom
5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94 - VersR 1996, 339 und vom 12. Dezember 1995
- VI ZR 223/94 - VersR 1996, 341).
BGH, Urteil vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03 - KG Berlin
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Oktober 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 26. Mai 2003 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung einer Geldentschädigung für Bildveröffentlichungen in Anspruch. Die Beklagte ist Verlegerin der Zeitschriften "die aktuelle" und "die zwei". In der Zeit vom 28. Juli 1999 bis zum 10. Juli 2000 veröffentlichte sie in diesen Zeitschriften neun Artikel, die jeweils ohne Zustimmung der Eltern, Prinzessin Caroline von Hannover und Prinz Ernst August von Hannover, mit Bildern der im Sommer 1999 geborenen Klägerin illustriert wurden. Unter anderem handelte es sich dabei um einen im August 1999 veröffentlichten Artikel, der unter der Schlagzeile "Caroline. Die ersten Fotos. Das heimliche Babyglück" auf der Titelseite und im Innenteil des Heftes Fotos enthielt, die heimlich aus großer Ent-
fernung auf einem Anwesen der Eltern der Klägerin aufgenommen worden waren. Im Juli 2000 veröffentlichte die Beklagte auf der gesamten Titelseite unter der Schlagzeile "Caroline & Ernst August Scheidung?" ein Foto, welches die Klägerin nach dem Schwimmen mit Schwimmflügeln in ein Handtuch gewickelt auf dem Arm ihrer Mutter zeigte. Auf den Innenseiten folgten sechs weitere Fotos der Klägerin, die sie gleichfalls beim Baden mit ihren Eltern zeigten. Die Beklagte gab nach jeweils zeitnaher Abmahnung - teilweise unter dem Druck entsprechender einstweiliger Verfügungen - jeweils Unterlassungsverpflichtungserklärungen ab. Unter anderem wegen zwei der hier streitgegenständlichen Veröffentlichungen, darunter den im August 1999 veröffentlichten Fotos, wurde sie zur Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 125.000 DM an die Mutter der Klägerin verurteilt. Die Klägerin selbst hat u.a. wegen der Veröffentlichung dieser Fotos gegenüber zwei anderen Verlagen Geldentschädigungen erstritten. Das Landgericht hat der auf Zahlung einer Geldentschädigung von mindestens 300.000 DM gerichteten Klage in Höhe von 150.000 DM stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der vom Kammergericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht führt aus, der Klägerin stehe gegen die Beklagte wegen der durch die Veröffentlichungen erfolgten wiederholten Eingriffe in deren allgemeines Persönlichkeitsrecht eine Geldentschädigung aus § 823 Abs. 1
BGB, Art. 1 und Art. 2 GG zu. In Bezug auf sämtliche beanstandeten Fotos könne sich die Beklagte nicht auf die Abbildungsfreiheit gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG berufen, wobei im Ergebnis dahinstehen könne, ob die Klägerin als relative Person der Zeitgeschichte im Sinne der Vorschrift zu behandeln sei, nur weil ihre Mutter eine absolute Person der Zeitgeschichte sei. Selbst dann wäre im Rahmen der nach § 23 Abs. 2 KUG vorzunehmenden Abwägung zu beachten , daß das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin Vorrang genieße, zumal bei Minderjährigen wegen der sich erst entfaltenden Persönlichkeit und der Schutzbedürftigkeit ihres Entwicklungsprozesses regelmäßig ein strengerer Maßstab an die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen anzulegen sei. Sowohl die Veröffentlichung der heimlich aufgenommenen Fotos im August 1999 als auch die im Juli 2000 beeinträchtige das Persönlichkeitsrecht der Klägerin so schwerwiegend, daß eine Geldentschädigung erforderlich sei. Die weiteren Veröffentlichungen zeigten zwar heimlich, jedoch an öffentlich zugänglichen Orten entstandene Fotos, die für sich genommen keine Zuerkennung einer Geldentschädigung rechtfertigten, aber doch zeigten, mit welcher Hartnäckigkeit die Beklagte unerlaubt Fotos der Klägerin veröffentliche. Bei der Höhe der Geldentschädigung könne deren Genugtuungsfunktion auch bei einem Kleinkind nicht völlig außer Acht bleiben, weil die Veröffentlichungen geeignet gewesen seien, die Eltern-Kind-Beziehung zu stören und dabei unmittelbar auf die Lebensbedingungen der Klägerin negativen Einfluß zu nehmen. In erster Linie aber rechtfertige sich die Höhe der Entschädigung aufgrund ihrer spezialpräventiven Wirkung. Wegen der gesteigerten Bedeutung des Persönlichkeitsschutzes bei einem Minderjährigen müsse in derartigen Fällen eine Geldentschädigung für den Schädiger fühlbar sein und der Berichter-
stattung den wirtschaftlichen Vorteil nehmen. Dem stehe nicht entgegen, daß die Mutter der Klägerin ihrerseits bereits eine Geldentschädigung erstritten habe. In jenem Verfahren sei es um das Persönlichkeitsrecht der Mutter gegangen , vorliegend gehe es aber um das Persönlichkeitsrecht der Klägerin selbst. Daß die Beklagte nunmehr nur noch solche Fotos veröffentlichen wolle, die die Klägerin in Begleitung ihrer Eltern bei offiziellen Anlässen zeigten, stehe angesichts ihrer bisherigen Hartnäckigkeit der zugesprochenen Geldentschädigung nicht entgegen. Deren Herabsetzung sei auch nicht wegen der von der Klägerin bereits gegen andere Verlage erstrittenen Entschädigungen geboten, weil diese Veröffentlichungen eigenständige Persönlichkeitsrechtsverletzungen darstellten. Für die Höhe der Geldentschädigung sei auch die Wirtschaftsmacht der hinter der Beklagten stehenden Gruppe von Bedeutung. Diese gebe 500 Printmedien in verschiedenen europäischen Ländern heraus, darunter über 4 Millionen Exemplare einer Tageszeitung und verfüge über Umsatzrenditen in zweistelliger Prozenthöhe.

II.

Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. 1. Die Revision macht geltend, der Zubilligung einer Geldentschädigung an die Klägerin stehe das Grundrecht der Beklagten aus Art. 103 Abs. 3 GG entgegen, nicht wegen derselben Tat aufgrund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft zu werden. Es sei ein Strafklageverbrauch eingetreten, weil sechs der neun Bildveröffentlichungen bereits in anderen Verfahren mit einer Geldentschädigung geahndet worden seien.
Entgegen dem Ansatz der Revision handelt es sich bei der Zubilligung einer Geldentschädigung jedoch nicht um eine Strafe im Sinne des Art. 103 GG. Das Bundesverfassungsgericht und der Bundesgerichtshof sehen den Anspruch auf eine Geldentschädigung wegen einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts vielmehr als ein Recht an, das auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zurückgeht. Demgemäß wird der Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 und Art. 2 GG hergeleitet (vgl. BVerfGE 34, 269, 292 – Soraya = NJW 1973, 1221, 1226; Senatsurteile BGHZ 128, 1, 15; vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94 - VersR 1996, 339, 340 und vom 12. Dezember 1995 – VI ZR 223/94 – VersR 1996, 341, 342; so auch BGHZ 143, 214, 218 f.). Die Zubilligung einer Geldentschädigung im Fall einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung beruht auf dem Gedanken, daß ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, daß der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Bei dieser Entschädigung steht - anders als beim Schmerzensgeld - regelmäßig der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Außerdem soll sie der Prävention dienen (vgl. Senatsurteile, BGHZ 128, 1, 15; vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94 – aaO und vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - aaO). Auch unter Berücksichtigung kritischer Stimmen in der Literatur, die teilweise geltend machen, daß der Präventionszweck als Mittel der Verhaltenssteuerung ein pönales Element darstelle, und die deshalb die Frage aufwerfen, ob es sich nicht um eine Norm mit Strafcharakter handele (vgl. Deutsch, Anm. zum Urteil des Senats vom 5. Dezember 1995, LM § 823 (Ah) Nr. 122; Gounalakis, AfP 1998, 10, 14 ff.; Funkel, Schutz der Persönlichkeit durch Ersatz immaterieller Schäden in Geld, 2001, S. 164 ff.; Hoppe, Persönlichkeitsschutz durch Haftungsrecht, 2001, S. 123 ff., 133 ff.; Seitz, NJW 1996, 2848), hält der erkennende Senat an dem grundlegenden Ansatz fest, daß die Zubilligung einer Geldentschädigung ihre Wurzel im Verfassungsrecht
und Zivilrecht findet und keine strafrechtliche Sanktion darstellt (vgl. dazu auch Steffen, NJW 1997, 10; Körner, NJW 2000, 241 ff.). Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, daß die zivilgerichtliche Verurteilung zu einem immateriellen Schadensersatz bei einer Persönlichkeitsverletzung - mögen ihr auch "pönale Elemente" nicht ganz fremd sein - keine Strafe im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG ist (vgl. BVerfGE 34, 269, 293 – Soraya = NJW 1973, 1221, 1226). Im Gegensatz zum staatlichen Strafanspruch soll die Zubilligung einer Geldentschädigung im Zivilrecht in Fällen der vorliegenden Art den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG im Interesse des konkret Betroffenen gewährleisten. Dies wird bei der hier vorliegenden Verletzung des Rechts am eigenen Bild besonders deutlich, weil dem Verletzten - anders als in anderen Fällen , in denen er etwa den Widerruf oder die Richtigstellung einer sein Persönlichkeitsrecht beeinträchtigenden Äußerung verlangen kan n - gegen eine solche Rechtsverletzung keine anderen Abwehrmöglichkeiten als ein Anspruch auf eine Geldentschädigung zur Verfügung stehen (vgl. Senatsurteil vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - aaO). Deshalb unterliegt es keinem Zweifel , daß die Zivilgerichte zur Gewährleistung dieses Interesses des Betroffenen berufen sind. Der Präventionsgedanke stellt lediglich einen Bemessungsfaktor für die Entschädigung dar, der sich je nach Lage des Falles unterschiedlich auswirken kann. Soweit im Schrifttum für den "Strafcharakter" einer solchen Entschädigung auf eine Entscheidung zur Vollstreckbarerklärung eines USSchadensersatzurteils (BGHZ 118, 312, 344 ff.) verwiesen wird, betraf jenes Urteil einen ganz anders gelagerten Sachverhalt, der keine Parallele zum Streitfall aufweist.
2. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin sei nicht, jedenfalls nicht so schwerwiegend beeinträchtigt , daß dies eine Geldentschädigung rechtfertige.
a) Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß die Beklagte durch die Veröffentlichung der Fotos der Klägerin deren Recht am eigenen Bild und damit ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt hat. Bildnisse einer Person dürfen grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Ist der Abgebildete minderjährig, bedarf es der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters (vgl. Löffler/Steffen, Presserecht , Bd. I, 4. Aufl., Rdn. 125 zu § 6 LPG; Wenzel/von Strobl-Albeg, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 7, Rdn. 69 m.w.N.). Eine solche Einwilligung liegt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die die Revision nicht angreift, nicht vor.
b) In rechtlich nicht zu beanstandender Weise hat das Berufungsgericht den Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG verneint, wonach Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte ohne Einwilligung des Abgebildeten veröffentlicht werden dürfen. Daß die Klägerin selbst nicht zu einem Kreis von Personen gehört, deren Bildnisse allein schon der Person wegen grundsätzlich einwilligungsfrei verbreitet werden dürfen, zieht auch die Revision nicht in Zweifel. Unter den Umständen des vorliegenden Falles kann es auch auf sich beruhen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Klägerin dadurch zu einer Person der Zeitgeschichte werden könnte, daß sie auf Fotos zusammen mit ihrer Mutter abgebildet wird. Weil mit der Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG ein Rechtsverlust verbunden ist, ist es erforderlich, Kinder von Personen der Zeitgeschichte allenfalls dann in diesen Personenkreis einzubeziehen, wenn sie als deren Angehörige in
der Öffentlichkeit auftreten oder im Pflichtenkreis ihrer Eltern öffentliche Funktionen wahrnehmen (vgl. Senatsurteile vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - VersR 1996, 341 und vom 9. März 2004 - VI ZR 217/03 - VersR 2004, 863 - zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedürfen Kinder eines besonderen Schutzes vor den Gefahren, die von dem Interesse der Medien und ihrer Nutzer an einer Berichterstattung über sie oder an Abbildungen von ihnen ausgehen. Ihre Persönlichkeitsentfaltung kann durch die Berichterstattung in Medien empfindlicher gestört werden als diejenige von Erwachsenen , so daß der Bereich, in dem sie sich frei von öffentlicher Beobachtung fühlen und entfalten dürfen, umfassender geschützt sein muß. Dieser Schutz verwirklicht sich nicht nur über das elterliche Erziehungsrecht des Art. 6 Abs. 1 GG, sondern folgt auch aus dem eigenen Recht des Kindes auf ungehinderte Entfaltung seiner Persönlichkeit im Sinne von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 101, 361, 385 f. = NJW 2000, 1021, 1023; BVerfG, NJW 2000, 2191; NJW 2000, 2191 f. und NJW 2003, 3262 f.). Nach diesen Grundsätzen genießt im Streitfall das besondere Schutzbedürfnis der kindlichen Persönlichkeitsentwicklung der Klägerin grundsätzlich den Vorrang vor der Berichterstattung in den Medien. Die beanstandeten Fotos zeigen die Klägerin und deren Eltern im Alltagsleben, also bei rein privaten Tätigkeiten. Sie tragen in keiner Weise zu einer wichtigen öffentlichen Auseinandersetzung in einer demokratischen Gesellschaft bei, die den Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG in Anspruch nehmen könnte, sondern dienen nur dem Zweck, die Neugier eines bestimmten Publikums im Hinblick auf Einzelheiten aus dem Privatleben der Betroffenen zu befriedigen, wobei sich das Interesse an der Kläge-
rin ausschließlich aus der Einstufung ihrer Eltern als sogenannte Prominente ableitet. Auch wenn die Reichweite des Persönlichkeitsschutzes eines Kindes vom Schutzzweck her unter Berücksichtigung der Entwicklungsphasen des Kindes zu bestimmen ist, steht dem nicht entgegen, daß die Klägerin zum Zeitpunkt der Veröffentlichungen noch ein Kleinkind war. Eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts kann nämlich nicht nur dann vorliegen, wenn das Kind die persönlichkeitserheblichen Einwirkungen Dritter bemerkt, sondern auch dann, wenn andere Gründe den Schutz der Persönlichkeitsentwicklung erfordern (vgl. BVerfG, NJW 2003, 3262 f.). Hier kann die Persönlichkeitsentwicklung der Klägerin schon dadurch beeinträchtigt werden, daß wegen der ständigen Verfolgung durch die Presse eine natürliche Eltern-Kind-Beziehung gefährdet ist. Wenn sich die Eltern im Zusammenleben mit dem Kind nicht unbefangen verhalten können, weil sie befürchten müssen, daß auch gegen ihren Willen Fotos veröffentlicht werden, die den privaten Bereich betreffen, kann sich dies nachteilig auf die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes auswirken. Insoweit reicht bereits die Gefährdung aus, ohne daß es, wie die Revision meint, der Darlegung bedarf, daß tatsächlich bereits eine Störung des Eltern-KindVerhältnisses eingetreten sei.
c) Die Angriffe der Revision bleiben auch insoweit ohne Erfolg, als sie die Voraussetzungen für die Zubilligung einer Geldentschädigung in Zweifel zieht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats begründet eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf eine Geldentschädigung , wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Das hängt insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs,
ferner von Anlaß und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab (vgl. Senatsurteile BGHZ 128, 1, 12; 132, 13, 27 und vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - VersR 1996, 341; vgl. auch BVerfG, NJW 2004, 591). Eine wiederholte und hartnäckige Verletzung des Rechts am eigenen Bild, die um des wirtschaftlichen Vorteils willen erfolgt, kann sich als schwere , einen Anspruch auf Geldentschädigung rechtfertigende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Betroffenen darstellen, auch wenn die einzelne Bildveröffentlichung - jeweils für sich betrachtet - nicht als schwerwiegend einzustufen ist. Die Besonderheit einer Verletzung des Rechts am eigenen Bild besteht nämlich darin, daß dem Verletzten gegen eine solche Rechtsverletzung keine anderen Abwehrmöglichkeiten als ein Anspruch auf eine Geldentschädigung zur Verfügung stehen. Daraus folgt, daß in einem solchen Fall an die Zubilligung eines Entschädigungsanspruchs geringere Anforderungen als in anderen Fällen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung zu stellen sind (Senatsurteil vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - aaO, 342). Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht beachtet und unter den Umständen des vorliegenden Falles zu Recht die Voraussetzungen für die Zubilligung einer Geldentschädigung bejaht. Ebenso wie in dem dem vorstehend zitierten Senatsurteil zugrundeliegenden Fall läßt die Vorgehensweise der Beklagten eine besondere Hartnäckigkeit erkennen, indem sie die wiederholten Bildveröffentlichungen vorgenommen hat, obwohl sie nach dem Erscheinen der Fotos von den Eltern jeweils zeitnah abgemahnt worden ist, sie jeweils Unterlassungsverpflichtungserklärungen abgegeben hat und gegen sie mehrfach einstweilige Verfügungen erlassen worden sind.
d) Unter diesen Umständen ist auch die Höhe der zugebilligten Geldentschädigung , die in erster Linie Sache des Tatrichters ist, nicht unverhältnismäßig. In Fällen, in denen der Schädiger die Verletzung der Persönlichkeit seines
Opfers als Mittel zur Auflagensteigerung und damit zur Verfolgung eigener kommerzieller Interessen eingesetzt hat, ist die Erzielung von Gewinnen aus der Rechtsverletzung als Bemessungsfaktor in die Entscheidung über die Höhe der Geldentschädigung mit einzubeziehen. In solchen Fällen muß von der Höhe der Geldentschädigung ein echter Hemmungseffekt ausgehen; als weiterer Bemessungsfaktor kann die Intensität der Persönlichkeitsrechtsverletzung berücksichtigt werden, der hier angesichts der nachhaltigen Störung des Privatlebens ein hohes Gewicht zukommt. Zudem darf die Geldentschädigung nicht eine Höhe erreichen, die die Pressefreiheit unverhältnismäßig einschränkt (vgl. Senatsurteile BGHZ 128, 1, 16 und vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94 - VersR 1996, 339, 340). Im Hinblick darauf ist die Bemessung der Entschädigung durch das Berufungsgericht in Anbetracht der besonderen Hartnäckigkeit der Beklagten und der vom Berufungsgericht festgestellten Wirtschaftsmacht der hinter ihr stehenden Gruppe nicht zu beanstanden. Selbst wenn für diese keine rechtliche Verpflichtung besteht, etwaige Verluste wegen der Verurteilung zu einer Geldentschädigung zu ersetzen, dürfen die faktischen wirtschaftlichen Verhältnisse der Konzerngruppe hinter einem Presseorgan bei der Beurteilung, wie der Persönlichkeitsschutz gewährleistet werden kann, nicht außer Betracht bleiben. Im übrigen läßt der Beklagtenvortrag nicht erkennen, inwieweit die hier zuerkannte Geldentschädigung die Pressefreiheit gefährden könnte. Auch die weiteren Rügen der Revision stehen der zuerkan nten Entschädigung nicht entgegen. Wie vom Berufungsgericht zu Recht angenommen, stellen sowohl die Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht der Mutter der Klägerin als auch die Veröffentlichungen durch andere Verlage eigenständige Persönlichkeitsrechtsverletzungen dar. Die Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Mutter betrifft das Rechtsgut einer anderen Person, deren Persönlichkeitsschutz
ebenso wie der der Klägerin zu gewährleisten ist. Könnte sich ein später in Anspruch genommener Schädiger darauf berufen, daß bereits eine Entschädigung wegen einer Veröffentlichung durch einen anderen Verlag zuerkannt worden ist, bliebe eine eigenständige weitere Persönlichkeitsrechtsverletzung ohne ausreichenden Schutz des Betroffenen. Den Vortrag der Beklagten, sie wolle nunmehr nur noch solche Fotos der Klägerin veröffentlichen, die diese in Begleitung ihrer Eltern bei offiziellen Anlässen zeige, hat das Berufungsgericht berücksichtigt. Es hat jedoch gemeint, die Beklagte könne nur durch eine fühlbare Entschädigung in ihrem Verhalten beeinflußt werden. Diese tatrichterliche Wertung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.